Transkription

Gräfl. Schwartzb. Hoff- und Cammer-Raths Theatrum Poenarum
[Inhaltsverzeichnis]
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JACOBI DöPLERI, Gräfl. Schwartzb. Hoff- und Cammer-Raths THEATRUM POENARUM, SUPPLICIORUM ET EXECUTIONUM CRIMINALIUM, Oder Schaü-Platz / Derer Leibes und Lebens-Straffen / Welche nicht allein vor alters bey allerhand Nationen und Völckern in Gebrauch gewesen / sondern auch noch heut zu Tage in allen Vier Welt-Theilen üblich sind. Darinen zugleich der gantze Inquisitions-Process, Captur, Examination, Confrontation, Tortur, Bekäntnis und Ratification derselben; item die Abstraffung der Verbrecher / auch endliche Hinrichtung der Malefiz-Personen / und wie bey jedweden legaliter und gewissenhaft zuverfahren / enthalten. Mit vieln Autoritatibus, Decisionibus und Urtheln derer vornehmsten Criminalisten / Schöppen-Stühle und Facultäten bekräftiget. Anbey mit unterschiedlichen Protocollen, sonderlich bey den Zauber- und Hexen-Torturen: Item Steckbrieffen / Urpheden / Beeydigungen / Urgichten / auch Heg- und Haltung der hoch-noth-peinlichen Hals-Gerichte / und andern dergleichen nöthigen Dingen mehr angefüllet. Alles nach dem heutigen Stylo Curiae, und üblichen Praxi, zuförderst denen peinlichen Gerichts-Herren und dero Beambten / Verwaltern / Actuarien und Gericht-Schreibern sehr nützlich und nöthig. Mit Chur-Sächs. Privilegio. Sondershausen / In Verlegung des Autoris. Druckts Ludwig Heinrich Schönermarck / Hof-Buchdrucker daselbst. ANNO M. DC. XCIII.
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Beneigter Leser.
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GEgenwärtiges Theatrum Poenarum, Suppliciorum & Executionum Criminalium ist in zwey unterschiedliche Tractatus und Handlungen abgetheilet / als in Leibes- und Lebens-Straffen / deren jede einen besondern Band gibet / weil wegen Vielheit derselben es unmüglich gewesen / solche alle kurtz in eins zu fassen. Vor jetzt praesentiret sich der Schau-Platz derer Leibes-Straffen. Sehe ich / daß dieser abgehet / so soll auch der andere von Lebens-Straffen künfftige Michaels-Messe folgen / und zum Vorschein kommen: Derselbe bestehet in folgenden Capituln [1.] von Hinrichtung mit dem Messer [2.] von Hinrichtung mit den Beil [3.] vom dem Schwerdt ingemein [4.] insonderheit von des Scharffrichters Schwerdt / und was damit vor Aberglauben getrieben werde [5.] von Hinrichtung mit dem Schwerdt [6.] von Schickung des Kopffs / und [7.] von Abstossung [ID00006] Kopffs und Halses mit einer Dielen [8.] von Abährung des Halses mit einen Pflug [9.] von Schlagung eines spitzigen Nagels durch den Kopff / Augen / Schultern und Knie [10.] von Ersticken [11.] von Stranguliren (12.) von Aufhencken (13.) von Haupt-Fleisch / Knochen und Haaren der Gehenckten: Item von den Galgen- oder Diebes-Ketten / Stricken und Nägeln / und wozu dieselben gemisbrauchet werden (14.) von der Mandragora und Galgen-Männlein (15.) de Uncis, oder von den eisernen Hacken / daran man die zum Tode verdammete entweder gehencket / oder sie damit in die Cloaken / Canäle oder Wasser-Flüsse gezogen. (16.) von Ersäuffen (17.) von Aufhauen der Adern / und zu tode bluten (18.) von Aufschneidung der Leiber und Bäuche (19.) von Rädern und Radebrechen (20.) von Reissen mit glüenden Zangen (21.) von Schleiffen mit unvernünfftigen Thieren zur Fehnstatt (22.) von Viertheilen (23.) von Riemen-Schneiden aus der Missethäter Rücken und andern Orten des Leibes (24.) von Spiessen (25.) von Schinden der lebendigen Menschen (26.) von Zerreißung der menschlichen Leiber mit eisernen Kämmen und Striegeln (27.) von Zerschneidung der menschlichen Leiber mit eisernen und höltzernen Sägen (28.) von Schlagung eines spitzigen Pfahls durch den Leib. (29.) von Zerreissung der [ID00007] Ubelthäter mit niedergebogenen und wieder zurückschlagenden Gipffeln der Bäume (30.) von Zerreissung der Missethäter Leiber mit Wagen und Pferden. (31.) von Niederseblen (32.) von Erschlagung mit eisernen Flegeln (33.) de Cyphonismo (34.) de Scaphismo (35.) de Scalis sive Gradibus Gemoniis. (36.) von Herabstürtzung der Maleficanten von hohen Klippen / Thürmen und andern erhabenen Orten: Item de Defenestratione. (37.) von Einmauren der lebendigen Menschen. (38.) von der Straffe des Steinigens (39.) von lebendigen Begraben der Missethäter [40.] von Einspündung der maleficanten in Fässer mit spitzigen eisernen Zacken / Stacheln und Nägeln durchschlagen. (41.) von Hinrichtung mit Gift (42.) von Ertödtung der Menschen durch Hunger u. Durst (43.) de Damnatione ad Bestias, & Objectione Bestiarum (44.) von Schmieden der Raubschützen und Wildbrets-Diebe auf lebendige Hirsche (45.) von der Creutzigung. (46.) von der Straffe des Verbrennens (47.) von Braten der lebendigen Menschen an Spiessen (48.) von den Ehrnen Ochsen des grausamen Tyrannen Phalaridis, und von metallinen Löwen zu Clinsam in der Barbarey. (49.) von Schmeuchen (50.) de Poenis civitatum, & aratri in urbes eversas inductione (51.) von den Soldaten [ID00008] Straffen sowohl wie sie vor alters üblich gewesen / als auch jetzo noch in Gebrauch sind. (52.) von der Schiff-Justitz oder Straffen auf den Schiffen. (53.) de Executione in effigie (54.) de Damnatione memoriae. Den Inhalt der Capitel in den jetzo herausgegeben zeiget der gleich nach dieser Vorrede folgende Index Generalis. Zwar bekenne ich gerne / daß das Werck nicht so accurat nach der in den Schulen gebräuchlichen Methode eingerichtet / auch ein und anderes noch besser hätte ausgeführet werden können und sollen; allein weil der Materien gar zu viel / ich mich auch der Kürtze beflissen / nur den alten und jetzigen Zustandt der Straffen gegen einander halten / und zeigen wolle̅ / was davon noch heut zu Tage in praxi üblich / als habe ich mich nicht so genau an die Kunst-Regeln binde kön̅en. Ich hätte auch mit leichter Mühe noch viele Exempel aus denen Historicis jeden Capitel anzufügen vermocht / es wäre aber das Werck nur dadurch vergrössert / u. mehr Unkosten gemacht worde̅. Drum ich nur bey allen den rechten Kern behalten / die Hülsen aber mit Fleiß zurück gelassen und weg geworffen / auch das Wenige / was in meinen fünf und zwantzig-jährigen Fürstl. und Gräfl. Ambts-Bedienungen / bey so unzehlich viel vorgekommenen peinlichen Fällen / Torturen und Hinrichtunge̅ der Maleficanten ich observiret / hinzugethan. [ID00009] Der geneigte Leser glaube mir / daß ich in Herausgeb- und Darstellung dieses Theatri Criminalis nicht eiteln Ruhm (als dem ich mein Lebtage feind gewesen) suche / wie denn auch vielleicht nicht viel daran zurühmen seyn wird / sondern nur GOtt die Ehre zugeben / und meinem Nehesten zu dienen. Ich hätte auch solches der gelehrten Welt durch den Druck nicht gezeiget / indem ich alles nur zu meiner privat information, wiewohl nicht ohne grosse Mühe / und meistens nur bey Nacht-Stunden / aus so vielen Crimialisten und andern bewerthen Autoribus colligiret / und unter gewisse Capitel zusammen getragen / damit ich / ohne vieles und lang-verweilendes Nachschlagen / strack in einen Blick gleichsam haben und sehen könne / was bey jedweden Falle zu thun / und wie darin̅e legaliter und gewissenhafft zuverfahren / wenn nicht einige meiner treuen aufrichtigen Freunde / die das MS. bey mir gesehen / mich darzu beredet hätten. Ich getröste mich hierbey dessen / was Caspar Zillesius, in den Prooemio seines Tractats de Mulcta & jure mulctandi, n. 21. anführet / nemlich daß diejenigen / welche Materias singulares, practicas & quotidianas in Legum & interpretum Voluminibus sparsas unter gewisse Titul und Capitul tragen / und gleichsam in ein Bündlein zusammen fassen / von gelehrten / verständigen und aufrichtig-gesinneten [ID00010] Leuten vielmehr zuloben / als zuschelten und zu tadeln. Denn die überwitzige naseweise Klüglinge aestimire ich vor nichts / sie geben was bessers heraus / damit man sehe / wie sie ihre Zeit angewendet haben, secundum illud, si quid novisti rectius istis, candidus imperti; & Cum tua non edas, carpis mea carmina, Laeli, Carpere velnoli nostra, vel ede tua. Zwar bleibet wohl wahr / was Socrates dem Xenophonti sagte: Nullum est opus, in quo non accusentur homines, difficile namq; est, ita quidquam peragere, ut nihil erres, quod si etiam sine errore quisquam aliquid peragat, difficile est, non iniqvum Judicem reperire. lib. 2. de fact. & dict. Socrat. Doch weil kein Buch so schlimm ist / darin̅e nicht etwas zufinden / das noch nützlich und merckwürdig wäre / teste C. Plinio Secundo, lib. 3. Epistol. 5. So zweiffele ich auch dißfals an diesen meinen Theatro nicht. -- Cuncta legenti Forsitan occurret, vacuas quod mulceat aures, Poeniteatq; minus suscepti in fine laboris. Vale. Sondershausen / den 6. Maji Anno 1693.
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INDEX GENERALIS.
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CAPUT I.
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Von den Berichten ingemein: Insonderheit aber denen peinlichen Hals-Gerichten / wie dieselbe / vor Alters / bey allerhand Nationen und Völckern in Gebrauch gewesen / und gehalten worden / auch zum Theil noch heut zu Tage üblich sind. I. MAn saget / daß einsmahls die Mörder / Strassenräuber / Hexen / Diebe und ander dergleichen loses Gesindlein bey der hohen Obrigkeit üm Abschaffung der Galgen / Räder und Hexen-Stöcke angehalten / mit dem Vorwand / es wären fürchtliche Dinge / und solche Sachen / wofür die Reisende offt Nasen / Mund und Augen zuhalten müsten: Aber die Antwort gefiehl: Daß es nicht eher geschehen würde / Sie enthielten sich denn ihres Raubens / Mordens / Zaubern und Stehlens. Da fing einer aus Ihnen / der vor andern behertzt war / an und sprach: Gnädige Herren / wir haben die Mauserey / Würgen / Zaubern und Stehlen nicht erfunden / vielweniger gedencken wir es abzubringen / es ist vor uns gewesen / wird auch wohl nach uns bleiben. Ey so müsset ihr Bösewichter wissen / replicirten die Richter / daß wir gleicher gestalt weder Galgen oder Rad gebauet / noch auch die Hexen-Stöcke zu allererst setzen lassen / vielweniger dieselbe erdacht haben / geschweige euch zu Gefallen abschaffen werden. Johann Stiefler im geistlichen Historien-Schatz c. 36. p. 2232. II. Denn solche Zeichen der hohen Gerichtbarkeit werden eben um des Willen gesetzet und aufgerichtet / auch der justificirten Ubelthäter Cörper am Galgen und auf den Rädern denen Raben zur Speise gelassen / daß gottlose / [2] und frevelhaffte Buben sich davor scheuen und fürchten lernen / ein Exempel dran nehmen / und von ihren Unthaten ablassen.
Jodoc. Daemhouder. in Prax. Crim. c. 153. n. 13.
Petr. Gregor. Tholosanus, Syntagm. Jur. Univers. lib. 31. c. 14. num. 8.
Benedict. Carpzov. Pract. Crim. part. 3. qvaest. 101. n. 9. III. Und wo die Galgen und Räder wohl bespicket sind / ist es gemeiniglich eine Anzeigung / daß die hohe Obrigkeit scharf und strenge über die Justitz / auch das Land von bösen und schädlichen Leuten rein halte. IV. Immassen dann ohne dem das Ampt eines jedweden GOtt- und die Gerechtigkeit-liebhabenden peinlichen Richters solches erfordert.
L. congruit in pr. L. Praeses 3. in fin. ff. de offic. praesid.
L. 1. §. qvies 12. ff. de offic. Praetor. Urb.
c. dominus vers. justa autem bella 23. qv. 2.
c. administratores 23. qv. 5. §. si qvis.
Novell. 86.
Rudolph. Godofred. Knich. Oper. Polit. volum. 1. lib. 2. part. 1. c. 12. column. 632. V. Weil dem Allerhöchsten kein besser und angenehmer Opfer gebracht werden kan / als wenn grausame Ubelthäter / ihren Verdienste nach / abgestraffet / und aus dem Wege geräumet werden / juxta Senecam, -- Victima haut ulla amplior Potest, magisqve opima mactari Jovi, Qvam homo iniqvus.
Christoph. Crusius de Indiciis delictorum part. 1. c. 1. n. 39.
Casp. Zillesius in tr. de mulcta & jure mulct andi cap. 10. n. 47.
Wilhelm Anton Freüdenberg in coroll. Analect. ejus de Rescript. morator. postpos. Sect. ult. coroll. 2. ibi profecto Sanctissima pag. 35. VI. massen denn die Obrigkeit das Schwerdt darüm führet / daß Sie Gottes Dienerin / und eine Rächerin sey zur Straffe / über alle die böses thun.
Paulus Epist. ad Roman. 13. v. 4. Gladium habet à DEO ad Consolationem bonorum, & ad terrorem malorum. Si ergò malos non punit, qvando potest, nocet Reip. & bonis.
Gratian. Caus. 23 qq. 4. & 5.
Camerar. lib. 1. Medit. Hist. cap. 100. & mactat oves, qvi lupis parcit,
Besold. dissert. de poenis. cap. 3. §. 3. VII. Wachsen nun die Ubelthaten und nehmen zu / ey so ist ja billig und recht / [3] daß die Straffen / dem Bösen zu steuren und wehren / auch gescherffet und gemehret werden / juxta
L. 16. in sin. ff. de Poenis.
L. ult. C. de Episcop. & Cler.
Carpzov. Pract. Crim. p. 2. q. 77. n. 20. IIX. gestalt denn auch die öffentlichen Gerichte üm des Willen angestellet / und eingeführet sind / die Missethäter mit gebührenden Ernst abzustraffen / und allerhand Streit-Händel und Zwistigkeiten darinne zu entscheiden / zu erörtern und beyzulegen.
Cicero in Orat. pro Caecinna. IX. Doch haben die Judicia Criminalia und Straff-Gerichte eher als die Jud cia Civilia ihren Anfang genommen / welches Petrus Gregor. Tholosanus in Syntagm. Jur. Univ. lib. 22. c. 24. n. 2. artig zeiget / wenn er also setzet: Prius homo deliqvit, qvàm bona divisit, & damnatus primum Adam ipse, cum in communione degeret, Genes. c. 3. In Paradiso Judicíalis Ordo coepit, ibi enim ob escam homo deliqvit attentatam, se ipsum accusavit, & latere voluit, interpellatus à Deo, & vocatus, ubi esset? ibi per [Greek words], interrogationem & responsionem examinatus; dehinc confessione extortâ, cum sociis sceleris Evá & Serpente, Sententia punitus ejectus ex loco voluptatis. Coeperunt & postea possessiones distribui, ex qvibus orta sunt jurgia Civilia, & saepè Criminalia. add.
Clem. dudum de Sepult. c. 1. ne cler. vel monach.
L. proper andum ff. de Jud.
Can. qvo jure 8. dist. can. dilectissimus 12. q. 1. ex concupiscentiis enim hominum lites ortae sunt. Jacob. 4. X. Et constat, posse aliqvem delinqvere, anteqvam possit bona tractare, aut pro his litigare, ut & puerorum delicta sunt,
c. 2. de Delict. pueror.
c. Juvenis de Sponsal.
Can. Parvuli de consec. dist. 4.
L. 1. C. si advers. delict.
L. si arrogati ff. de tutel. & tamen in illos Judicia Civilia aut actiones, L. cum praetor de Jud. L. 2. de Reg. Jur. vel passivè non cadunt, qvia moventur eorum tutoribus vel Curatoribus.
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tit. qvi Legit. Person. Standi in jud. hab. ipsi enim qvid agant ignorare dicuntur. L. 2. de Reg. Jur. L. 1. §. impuberes C. de fals. monet. XI. Und ob wohl einige die Obrigkeit vor klug und fürsichtig halten / welche nicht alles zu Boltzen drehet / nicht zu scharf ist / sondern vielmehr mit Sanfftmuth / Gelind- und Freundligkeit regieret /
Plutarchus in Phocyon.
Plinius lib. 4. Epist. Und die / wie die Medici selten / oder doch nur in eussersten Nothfall / das Schneiden und Brennen vornimmt.
Dien. lib. 55.
Arnisaeus lib. 1. Polit. c. 16.
Reinking. de Regim. Secul. & Ecclesiast. lib. 2. class. 2. c. 6. num. 6. Sicuti enim Medico indecora sunt multa vulnera: ita etiam Principi multa supplicia.
Seneca 1. de Clementia 24. & de ira lib. 2. c. 33.
Ventur. de Valent. parthen. litigios. lib. 1. c. 14. n. 17. utitur qvippe bonus Princeps subditis ut liberis, Petr. Gregor. Tholosan. lib. 8. de Rep. c. 1. n. 20. estqve eorumqve pater, Homerus Odyß ???. Pro peccato autem magno parum supplicii satis est patri, Terent. in Heautontimor. Et bonus Princeps amorem apud populares, & timorem apud hostes sibi conciliare solet, Tacitus lib. 11. Annal. nec ulla ad DEUM homines propius accedunt ratione, qvam salutem hominibus dando, Cicero in Orat pro Ligario. XII. So muß doch dieselbige in Bestraffung des Bösen nicht zu weich / gelinde und furchtsam seyn / sondern ihr Schwerdt schneiden und Rache üben lassen: Denn es ist Ihr nicht drum gegeben / daß es immer in der Scheiden bleiben solle / und nur zum Ornat und Schmuck getragen werde / wie Johann Schelhammer in refut. Postill. Valentin. Weigel. cap. 13. pag. 202. redet. XIII. bevorab da dem gemeinen Wesen sehr viel dran gelegen ist / daß die Ubelthaten mit rechten Ernst abgestraffet werden.
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L. ita Vulneratus ad L. Aqviliam 14. C. de poenis.
L. si longius §. 2. ff. de Indiciis.
L. in delictis §. cum Dominus ff. de Action. XIV. Damit die Obrigkeit sich nicht selber frembder Sünden theilhafftig mache. D. Casp. Zigler. conclus. 47. §. 6. & 7. qvi enim punire potest Crimen, nec punit, non minus coram Deo reus est, qvàm si id ipse perpetrasset. Marc. Anton. Freudenberg. d. Sect. 7. coroll. 2. pag. 34. column. 2. XV. noch auch Blut-Schulden auf das Lande lade. Devteronom. 21. v. 7. 8. & 21. welche GOttes Feuer-brennenden Zorn und erschreckliche Straffen nach sich ziehen / daß offt gantze Königreiche / Fürstenthümer und Republiqven drüber zu Grunde gegangen.
Vid. Petr. Gregor. Tholosan. lib. 10. de Republ. cap. 2.
D. Joh. Gerhardi centur. qvaest. Polit. Decad. 6. qvaest. 1.
Middendorp. qvaestion. Politic. 4.
Besold. Class. 2. Disp. Polit. 2. n. 1.
Bodin. lib. 5. de Republ. n. 542. XVI. Ja grosse Herren und Potentaten weil sie die Ubelthäter nicht abstraffen wollen / erstochen und elendiglich ümgebracht worden / wie sonderlich das Exempel des Königs Philippi in Macedonien / welchen der Pausanias üm des willen entleibet / weil er die Sodomiterey an dem vornehmen Minister Attalo, die er an den Pausania begangen / auf vielfältiges Klagen und Erinnern / nicht rechen wolte / sondern nur drüber lachte / Curtius lib. 1. Supplement. und andere mehr ausweisen. XVII. So gebeut GOTT selbst Devteronom. c. 17. v. 7. &c. 19 v. 21. daß die Obrigkeit die Bösen und Ubelthäter von sich thun / und ihr Auge derselben nicht schonen / sondern Seele üm Seele / Auge um Auge / Zahn üm Zahn / Hand üm Hand / Fuß üm Fuß wieder hergegeben und gelassen werden solle. add. Jerem. c. 48. v. 10. XVIII. Und dienet die Abstraff- und Hinrichtung solcher Missethäter vornemlich darzu / daß diefelbe / als böse Gliedmassen abgeschnitten / der übrige Leib aber unangestecket verbleiben möge Carpzov Part. 3. Pract. Crim. qvaest. 101. num. 14. Poenarum irrogatione peccata coërcentur, tollitur improbitas, innocentia conservatur, consolationem hauriunt illi, qvi injuriam passi sunt.
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Oldradus Consil. 3. Nec domus ulla nec Respublica stare potest, si in ea nec rectèfactis praemia extent, nec supplicia peccatis. Cicero 3. de Natur. Deor. qvibus duobus, qvasi fulcris Rempubl. contineti Sapientissimus dicebat Solon, Idem Epist. 15. ad Brutum. Et in his duobus, praemiis scilicet & poenis Justitia versatur, qvâ remotâ Regna non nisi magna sunt Latrocinia. Augustin. lib. 4. de Civitate Dei cap. 4. Nisi enim per Justitiam distribuitivam praemia bonis, poenae malis ac facinorosis irrogentur, Leges in extremum deducuntur contemptum, ac conseqventia necessaria Resp. pessum ire cogitur. Carpzov. part. 3. qvaest. 101. num. 2. Pract. Crim. Hinc etiam poëtae finxerunt, ne Jovem qvidem sine justitia ultrice regnare & gubernare posse. Lactantius cap. 17. de ira DEI. XIX. In Ansehung dessen haben vor Alters die Regiments-Räthe in Griechenland / damit sie bösen und ruchlosen Leuten möchten Zucht und Erbarkeit lehren / in den Tempel ihres Abgotts zu Delphis allerhand schröckliche Bilder / wie die und jene Person / so nicht recht gethan / durch den Scharffrichter grausam sey vom Leben zum Tode gebracht worden / mahlen lassen / mit der Bedeutung / wolten sie ein besser Ende nehmen / müsten sie solche Unthaten nicht begehen. Marcellin. Pisc. Dom. 1. Quadrages. Stiefler in geistlichen Historien-Schatz cap. 36. pag. 2141. XX. Fast ein gleiches referiret Erasmus Francisci in seinen Neu-polirten Geschicht-Kunst- und Sitten-Spiegel / in Beschreibung der Sineser Gerichts-Säle / lib. 2. Discurs. 2. pag. 316. wenn er also setzet: In einen grossen Saal / so in Form eines Vor-Tempels gebauet / und von oben biß unten mit vielen Gemählden besetzet / waren allerhand schreckliche Straffen vorgestellet / so die Scharffrichter / in schreckhafter Gestalt / grausamer Positur und Geberdung / an Leuten von allerhand Stande vollzogen. Unter jedweder gemahlten Execution lase man eine solche Uberschrifft: Dieser wird mit einem solchen Tode gestrafft / weil er eine solche Mißhandlung verübet hat.
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War also an den Gemählden eine Erklärung entworffen / wes Todes eine jedwede Missethat schuldig wäre / auch wie strenge und scharf solche Lebens-Straffe würde exeqviret. XXI. Eben dahin hat der Römische Magistrat geziehlet / wenn Er Ihm durch die Lictores FASCES ET SECURES, Ruthen und Beile / als Straff-Zeichen der Delinqventen / vortragen lassen. XXII. Deßgleichen Basanus der Sicambrer König / vor welchen allezeit / wo Er gieng und stund / jemand ein bloses Schwerdt und Strick hertragen muste: Gestalt Er dann so strenge war / daß Er auch seinem Sohn / wegen begangenen Ehebruchs / ungeachtet aller Vorbitte / mit eigner Hand den Kopf abhieb / dabey sagende: Non Ego Te, Fill, Occido, Sed Lex Patria. Trithem. lib. 1. breviar. Hist. Franc. in VI. Rege Basano. XXIII. Diesem kömmet fast bey die Gewonheit der Areopagiten oder Blut-Richter zu Athen / welche so ernsthafft waren / daß bey Leibes-Straffe keiner in Ihrer Gegenwart lachen durffte. D. Johann. Philip. Pfeiffer Antiq. Graec. Gentil. lib. 2. c. 33. pag. 287. XXIV. Wie auch der Römer / welche ihre Gerichte gemeiniglich unter den blossen Himmel hielten / welches entweder darum geschahe / daß / wie Wesenbecius und andere davor halten / männiglichen der Verdacht aller Furcht und Schrecken benommen / oder / wie Melchior Junius tom. 2. Orat. de AEdificiis publicis will / jederman vor Augen gestellet werden möchte / daß gottlosen bösen Buben und Ubelthätern gerechte und schwere Straffen bereitet wären / andere aber sich vor Sünden / Schand und Lastern hüten lerneten. Oder nach des Gryphiandri Meynung / daß / wenn der Richter mit seinen Augen hinauf gen Himmel sehe / Er sich der Gegenwart des Höchsten GOttes erinnern / und üm so vielmehr recht zu richten angereitzet werden möchte. XXV. Mit welchen das Sächsische Lehn-Recht Cap. XXXV. §. 19. & LXV. übereinstimmet / ibi: Lehn-Recht soll nicht in einem verschlossenen Ort gehalten werden. XXVI. Es wird auch noch heut zu Tage an vielen Orten das peinliche Hals-Gericht unter blauen Himmel geheget und gehalten / eben wie im Kriege das Stant-Recht. XXVII. Und lieset man daß vor diesen die Teutschen Käyser / wenn sie ihren Zug gen Rom / der Krönung halber / gethan / und das gefährliche Alp-Gebirge / und die Berner-Clusen zurück geleget / ehe sie in jetzt gedachte Stadt ihren Einzug gehalten / erst in der schönen Gegend bey Placenz an den Po-Fluß / [8] in den weiten Gefielde ihre COMITIA SUBDIALIA gehalten / allwo von des Reichs Nothdurfft / Recht / Gesetzen / Krieg und Frieden deliberiret / auch ein jeder / welcher eine Gnade von den Käyser verlanget / allda sich einfinden / und seine Aufwartung thun müssen. Derjenige aber / so ohne erlangten Verlaub / ungehorsamlich aussen geblieben / ist als ein ingratus Cliens, der Lehn verlustigt gewesen / so wohl Geistlicher als Weltlicher.
Otto Frising. lib. 2. c. 12.
Marquard. Freber. ab. Constit. Caroli 111. de Feud.
Rittershus. lib. 1. part. Feud. cap. 1. n. 4. & lib. 2. c. 4. n. 36. & c. 5. n. 47. XXIIX. Dergleichen Zusammenkunfften haben auch die Churfürsten gehalten / nicht weit vom Schloß Lohn-Stein beym Rhein / als Käyser Wenceslaus wegen seiner Undüchtigkeit des Reichs entsetzet worden / daher noch ein Ort / der Königs-Stuhl genannt / zwischen Holtz und Büschen / so seither dem da aufgewachsen / gezeiget wird.
Henel. in otio Wratislav. cap. 24. pag. 198.
Gryphiand. de Weichbild Saxon. cap. 56. num. 3. & 4. XXXIX. Die Juden hielten ihre Gerichte in den Thoren / davon mancherley Ursachen gegeben werden. Erstlich daß nicht allein die Bürger / sondern auch die Land-Leute und Bauren einen desto füglichern Zutritt hätten / und nicht benöthiget wären / deßwegen gar in die Stadt hinein zu gehen / sondern bey ihren Ein- und Ausgang gleich ihre Sachen fürtragen / und nach dem sie verabschiedet / alsobald wiederum heim an ihre Arbeit reisen könten. So hat auch durch diese Gelegenheit des Orts die Gerichts-Handlung leichtlich allen Volck kund werden können. Uberdas werden die Richter dabey stillschweigends erinnert / daß sie keinen die Verhör verweigern / oder sauer machen / sondern jedweden gern und bald für sich gestatten / ja ihm gleichsam begegnen solten / und die Verabscheidung möglichstes Fleisses befordern / ohne Aufschub / Verzögerung und Aufhaltung derselben. Zudem sind solche Oerther bequem allerhand Verspähungen / Hinterlist und Verrätherey zu verhüten / welche sonst leichter ihren Unterschleif finden / wenn das Gericht mitten im Lager / oder in der Stadt gehalten wird / da man die Umstehende so genau nicht beobachtet / noch kennet / wie im Thor.
Zepper in Explanat. Legum Mosaic. lib. 5. cap. 12.
Erasm. Francisci in den Neupolirten Geschicht-Kunst- und Sitten-Spiegel lib. 2. disc. 2. p. 335.
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XXX. Sonsten aber hatten die Juden ihr Sanhedrin oder grosse Raths-Versam̅lung zu Jerusalem / welche von Moyse zu erst angeordnet / darinne waren siebentzig Beysitzer / hat auch zu der Richter / Könige und Hohenpriester Zeiten gewähret / biß an die letzte Verwüstung Jerusalems. Solche Versam̅lung ward in den Heiligthum (wie Cunaeus aus den Rabbinen erweiset) selbsten angestellet: Allwo die siebentzig Gerichts- und Raths-Herren beydes geist- und weltliche Sachen richteten / und diese waren von den Edelsten und Aeltesten Geschlechtern erwehlet / galt auch weiter keine Appellation von ihnen. Was die Obrigkeiten und Richter in den andern Israelitischen Land-Städten / ja auch die Unter-Richter in der Haupt-Stadt Jerusalem selbsten nicht schlichten kunten / das gelangte alles für dieses Ober-Gerichte. XXXI. In ihrem Mittel waren zween / so an Authorität und Ansehen den andern vorgiengen; deren einer das Haupt des gantzen Synedrii oder Consistorii gewesen / und von den Talmudisten der Fürst oder Fürnehmste aller Orten benamset wird. Nechst demselben war ein ander / von Ansehen etwas geringer / und hieß der Vater des Gerichts / unter den andern befand sich eine durchgehende Gleichheit. XXXII. Diese Raths- und Ober-Gerichts-Würde ward keinen / ohne gebührliche Ceremonien und Zierligkeit ertheilet. Vor allen Dingen musten den Neu-erwehlten die Hände aufgeleget werden: Gleichwie Moyses und Josua denen siebenzig Aeltesten thaten. Nach welcher feyerlichen Handlung alsobald der Geist der Weißheit von oben herab auf sie gefallen / und ihren Verstand erleuchtet hat / wie abermahl Cunaeus mit den Talmudisten redet. Und nachdem diese also geordiniret / haben sie hernach andern also wiederum die Hände aufgeleget: Doch konte solcher Gebrauch nicht ausserhalb des heiligen Landes verrichtet werden. XXXIII. Alle solche Beysitzer musten ungebrechlichen Leibes seyn: Denn der einen Mangel hatte / war solcher Ehren-Stelle nicht fähig. Frembde und Ausländische wurden auch nicht angenommen / sie waren dann von einer Jüdin gebohren. Ihnen lag ob das gantze Jüdische Land durchzuziehen / die Conventen und Versammlungen des Volck zu besichtigen / in den Städten Obrigkeiten und Beampten zusetzen: Auch die Cabala, oder Geheimnissen / so von Hand zu Hand von Anfang her ergangen / und in stetiger Gedächtniß beybehalten / zu authorisiren und zu deuten: Wie nicht weniger in geistlichen Dingen einige Satzungen und Gebräuche zu stifften / gewisse Weise / Lehr / Ordnung und Mittel an die Hand zu geben / wie man [10] das Gesetze am füglichsten könte lehren und auslegen. Wer in geistlichen Rechten und der Cabala erfahren / aber dennoch / bey einigen vorfallenden Zweiffel / dasjenige / was das gesambte Sanhedrin geschlossen / nicht fürgenehm halten wolte / der ward hernach von dem gantzen Consistorio zum Tode verdammet. Der Propheten und geistlichen Mißhandlungen wurden gleichfalls vor diesen hohen Gerichte beurtheilet. Eben dieselbe setzten den König ein / und berathschlagten alles / was zu Abtreibung des Feindes / oder Erweiterung des Reichs angesehen: Jedoch mit Zuziehung des Volcks / weil hieran die gemeine Wohlfahrt hing: Zu welchem Ende denn Reichs-Täge angestellet wurden / darauf unterweilen einige Schlüsse / nach Beliebung des gantzen Volcks / gemacht wurden. Das übrige alles haben die Rathsherren des Sanhedrin für sich allein expediret / und solches desto besser thun können / weil man in dieses Consistorium lauter wohlgeübte und kluge Leute gesetzt. XXXIV. Ohne das Sanhedrinische funden sich zu Jerusalem noch zwey andere Concilia, und in jeglichen 23. Richter. Gleichwie aber das grosse Concilium Sanhedrin in dem Theil des Tempels war / so man Gazich hieß: Also ist eines dieser beyden Richthäuser bey der Pforten des Eingangs oder Vorhallen des Tempels gestanden: Das andere neben der Pforten / dadurch man zum Tempel-Berge hinauf gieng. XXXV. Ausser jetzt gedachten dreyen Concilien-Rath- und Richthäusern in Jerusalem / haben auch andere Israëlitische Städte / jedwede ihre Rath- und Gerichts-Herren gehabt / in der Zahl drey und zwantzig Personen / die über der Einwohner Gut und Blut / und sonst in allen Sachen das richterliche Am̅t verweset: Etliche wenige Fälle ausgenommmen / welche / obberührter gestalt an den Sanhedrinischen Consess verwiesen wurden. cit. Francisci d. tr. lib. 2. disc. 4. pag. 347. 348. & 349. add. Petr. Gregor. Tholos. lib. 4. de Rep. cap. 5. n. 28. & 29. Allwo er anführet / daß drey- und zwantzig Beysitzer von obgedachten Siebenzigen die peinliche Gerichte bey den Juden exerciret. XXXVI. Bey den Bithyniern war der Richter-Stuhl gleich gegen der Sonnen gebauet / weil sie davor hielten die Sonne wäre gleichsam als ein Gott und Praesident des Gerichts zu gegen / die Streit-Sachen zu entscheiden / und Recht zu sprechen. Alexand. ab Alexandr. lib. 3. Genial. dier. c. 5. pag. 292. XXXVII. Zu Carthago sprachen alle Stadt-Obrigkeiten zugleich das Urthel.
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In AEgypten die Priester / unter denen der älteste Gerichts-Praesident war / ein Mann von unsträfflichen Sitten / der am Halse ein Saphiernes Bildlein hangen hatte / welches die Warheit genennet wurde. XXXIIX. Bey den Galliern waren die Druidae nicht allein dem Götzendienst vorgesetzet / sondern sie hatten auch so grosse Gewalt in weltlichen Sachen und Gerichten / daß ihnen auch die Könige zu Gebot stehen musten / ut Dio Prusaeus apud Suidam vult. Diodor. Siculus lib. 5. Bibliothec. De omnibus Controversiis, qvà publicis, qvà privatis constituebant, & si qvod fuerat admissum facinus, si caedes facta, si de hereditate, de finibus controversia, iidem decernebant, & ut eò purius sanctius ac castius administraretur Diva Justitia, certo anni tempore in finibus Carnutum, qvae regio totius Galliae media habetur, (amoenissima, sylvis ac nemoribus caesariata, hodie chartres nominatur) considebant in loco consecrato, qvo omnes undiqve, qvi controversias habebant, conveniebant, eorumqve judiciis ac Decretis, tanqvam Sacro-sanctis parebant. Conf. Jul. Caesar. lib. 6. comm. de bello Gallico. XXXIX. Wer ihren Schluß und Ausspruch sich nicht gemäß halten und demselben gehorsamen wolte / dem ward mit vielen vermaledeyen Wasser und Feuer verbothen / und als ein gottloser Mensch von den Opfern ausgeschlossen und bannisiret. Welches bey ihnen vor die höchste Straffe gehalten wurde / sintemahl keiner mit einen solchen Menschen / als der gleichsam in die Acht erkläret war / mehr ümgieng / noch redete / sondern von ihn flohen / gleich hätte er eine ansteckende Seuche an sich / ja es wurd ihm kein Recht mehr gesprochen / wenn er gleich drum bat / noch auch einige Ehre erzeiget. d. Caesar. d. lib. XL. Käyser Tiberius und Claudius aber haben nachgehends nebst dem Götzendienst auch ihre Gewalt cassiret und auf gehoben / zumahl da sie ihren vermeinten Göttern lebendige Menschen geopfert.
Sveton. in Claud. c. 25.
Diod. Sicul. d. lib. 5.
Aurelius Victor in Claud.
Lipsius in notis ad 12. Annal. Taciti.
Esaias Pufendöfer in Dissert. de Druidibus, Lips. 1650. bab. [Greek words] n. & O. XLI. Zu Athen wehleten jede Zünffte aus dem Volck füns wohlberüchtigte Männer / so über 30. Jahr alt waren / welche unter ihrer Zunfft das Rich [12] ter-Am̅t vertraten / und alle beym Apollo, Ceres und Jupiter schwuren / sie wolten in denen Sachen / so in gemeinen Stadt-Gesetzen entchieden / nach den Gesetzen sprechen / in denen aber / worüber kein Gesetze geschrieben / nach der Billigkeit richten. XLII. Der Tribunalen oder Richthäuser waren Zehen / nach Anzahl der Zünffte / und mit rothen Buchstaben bezeichnet. An dem ersten stund ???. am zweyten ???. und so fort biß auf ???. alle Richter hatten ihre besondere Schreib-Tafeln / und eine Ruthe / oder Stock / so mit eben demselbigen Buchstaben bemercket / der ans Richthauß gemahlet war.
Scholiast. Aristoph. in Plut.
Joh. Philipp. Pfeiffer Antiq. Grac. Gentil. lib. 2. c. 26. XLIII. Wenn die Zeit des Gerichts herbey nahete / kamen sie alle auf den Richtplatz / der mit Stricken ümher bezogen war / daß niemand / der nicht zu klagen hatte / sich hinbey dringen durffte / zusammen. Es ward auch ein Zeichen mit der Trompeten gegeben / daß das Volck welchen muste. Da wurden ihre Nahmen alsdann durchs Loß aus einen Geschirr gehoben / und nach Anweisung desselben trat einer nechst den andern auf / üm sein Votum zu geben. XLIV. Sonst sassen die Gerichts-Herren auch anderswo / als im AREOPAGO, welcher Ort mitten in der Stadt Athen auf einen Hügel lag / und ihrem Abgott Marti geweihet war / drum es auch [Greek words] genennet wurde. [Greek words] enim est Mars, & [Greek words] summitas petrosae aut acutae petrae exsurgens in Summitatem, ut vult M. Joh. Schedius in Areopago c. 1. §. 3. in fin. Hinc Interpres Euripidis [Greek words] per Martium collem vertit. Vide qvoqve Suid. in voce [Greek words]. In welchen nur von Schweren und wichtigen Sachen gehandelt wurde / und ihr höchster Rath oder Gericht war. D. Joh. Philip. Pfeiffer l. c. pag. 243. XLV. Es hatte aber solch Gerichts-Haus ein schlechtes Ansehen / denn es war gantz niedrig / und noch darzu mit Erden oder Leimen bedecket.
Vitruvius lib. 2. cap. 1.
Schedius d. c. 1. §. 5. Noluit enim populus Atheniensis locum Judicii sui similem esse AEgyptiorum Templis, qvae extus splendebant, intus verò horribilissimis Deastris referta erant: maluit potius optimos Judices, eosdemqve summa innocentia, virtute & prudentia praeditos, contineri in aedificio stramineo, [13] qvàm tam Monstrosos Deos, more AEgyptiorum, in auratis Templis colere. Theodoretus lib. 3. Graecanicarum affectionum. XLVI. Jedennoch sahe man darinne 2. silberne Steine / einen zur Lincken / auf welchen der Kläger / und den andern zur Rechten / auf welchen der Beklagte saß. Ille [Greek words] LAPIS INJURIAE seu CONTUMELIAE; hic [Greek words] LAPIS IMPUDENTIAE cognominabatur. Pausan. in Attic. Die Steine waren darum von Silber gemacht / damit die streitende Partheyen sich darbey erinnerten / daß sie in Anklagen und Widersprechen sich der Integrität und Auffrichtigkeit befleissigen / und nichts vorbringen solten / als was wahr wäre / denn gleich wie das Silber nicht rostet; also solten / auch die Partheyen von aller Falschheit und widrigen Affecten frey seyn. Hadrian. Jun. animad. lib. 1. cap. 3. Ab his lapidibus argenteis lapidem illum apud Romanos, ad qvem Praeco pronunciabat ad populum, rerumqve venalium sectio, itemqve distractio & permutatio instituebatur, originem duxisse Autor est Joh. Baptista Pius annot. poster. c. 55. XLVII. Es befand sich gleichfals des Plutonis und Mercurii, wie auch der Erden Bildnisse und Säulen / denen diejenige / so den Hals davon brachten / opferten / wie auch die Statua des Heldens Lyci in gestalt eines Wolfes. Schedius d. c. §. 7. XLIIX. Ferner war allda zu finden Ara Minervae Avenae, welchen Orestes, als er von der Todes-Straffe absolviret wurde / aufgebauet / und ein Asylum vor alle Missethäter / ausgenommen die vorsetzliche Todschläger / daselbst angerichtet hatte. Pausan. & Joh. Bapt. Pius dict. Loc. Deßgleichen templum Eumenidum, darinn die Richter selber opferten / wenn sie über Menschen Blut richten wolten. XLIX. Solcher Martis-Richter Anzahl kam biß auf funffzig / wiewohl etliche weniger setzen. vid. Schedius cit. tr. c. 3. Und war ihr Ansehen so groß und hochgeachtet / daß man sie vor halbe Götter hielte. Drum nennet es auch Demosthenes, Orat. in Aristocrat. omnium maximè venerandum Areopagi Judicium. Wie auch Lysias in Andocidem, Venerandum & Justissimum, Item Seneca de tranqvillitat. cap. 3. Religiosissimum judicium. Gestalt es dann bey solchem Gericht alles autoritätisch und ernsthafft / ja [14] gantz verschwiegen hergieng: Drum auch die Sprüchwörter entstanden / Areopagitâ severior, Areopagitâ taciturnior.
Suidas in voce [Greek words].
Erasm. Roterod. Chiliad. 4. cent. 10. adag. 6. wiewohl nachgehends / als sie von der Observanz der alten Gesetze abwichen / Geschencke nahmen / und das Recht beugeten / sie sich selber in Schimps und Schande gesetzet haben / auch ihre Judicia improbiret und ausgelachet wurden.
vid. Meursii tr. de Areopag. c. 5.
Schedium c. 3. §. 5. L. Areopagitae Sententiam ferebant sum̅o cum silentio: modus autemerat talis: Cadisci seu Urnae duae positae erant, in qvas calculos immittebant, ut cognosci minime posset, qvis, cujusqve judicis esset: & qvae absolventium erat, ea [Greek words]. h. e. Misericordiae, etiam posterior appellata; qvae damnantium, haec [Greek words] i. e. Mortis, alio nomine anterior dicta, teste praeter alios Scholiaste Aristoph. in Vespas. Qvi absolvebant, in posteriorem, qvi damnabant, in anteriorem urnam calculum suum conjiciebant. Insuper prior etiam [Greek words] i. e. propria nuncupabatur, posterior [Greek words] i. e. impropria adstruente iterum Comici ejusdem Scholiaste ad easdem Vespas. ille aeneus hic ligneus erat,
idem ad Eqvites & Jul. Pollux lib. 8. cap. 10.
Conf. Gesner. Lex. Graec. sub voce [Greek words]. LI. Saepè factum etiam, ut cum de causa cognovissent judices, loco surgentes in has Urnas ipsi Calculum immitterent, qvidam autem retinerent. Tum praeco circumibat & circumse rebat urnam, ut colligeret: sed cum nihilo minus animi gratiâ qvidam calculum retinerent nec immitterent, Praeco eos, qvi retinuissent fortè, immittere jubebat. Scholiast. Aristoph. in Vesp. Sed qvoniam, conjectis in has Urnas Calculis, clam omninò haberetur, qvae cujusqve Sententia esset, [Greek words] dicebatur i. e. occultum Suffragium serre. LII. Aliàs palàm suffragia ferebant, in duabus illic mensis calculos abjicientes. Qvantumvis & XXX. Tyranni, ut in potestate suâ Areopagitas haberent, & suffragia pro libidine ferre cogerent, novo more, non in urnis, qvod solebant, sed in mensis ejusmodi calculos suos mittere jusserunt, teste Lysia in Orat. contra Agoratum. Secus qvàm fiebat in urnis, in qvas insuper Calculos conjiciebant, tribus digitis eos tenentes, pollice, indice ac medio. Aristoph. in Vesp. & ejusdem Comment. Deniqve cum calculi essent projecti à Judicibus, promebantur ex suis qvide Urnis singu [15] lae, inq; aliam aeneam conjecti, numerabantur, teste Scholiaste Comici ibid. LIII. Dinumeratis calculis, si reperti essent plures nigri in tabella Cerâ obducta, ungue lineam longiorem faciebant; qvod si albi essent plures, breviorem: lineaqve longiore condemnabant; breviore absolvebant.
Meursius in Areopag. p. 61.
D. Joh. Philip. Pfeiffer Antiq. Graec. lib. 2. c. 30. LIV. Jetztgedachte schwartze Steinlein welche die Areopagiten in ihren Blut-Gerichte gebrauchten / und damit den armen Sündern das Leben aberkanten / waren durchlöchert / die weissen aber damit sie absolvirten und loßsprachen / waren gantz. Ulpian. in Timocratem Demosthenis f. 823. B. Etliche sagen gar / daß solche schwartze Calculi von Schweine-Knochen gemacht gewesen. Laudat. D. Joh. Philipp. Pfeiffer Antiq. Graec. lib. cap. 29. pag. 269. Vor dem brauchten sie darzu weisse und schwartze Bohnen. Plut arch. in Pericle. Andere Kreiten und Kohlen.
Alex, ab Alexand. lib. 3. Gen. dier. c. 5. pag. 295.
Hic illud Ovidii lib. 15. Met amorph. vers. 41. & 42. Mos erat antiqvis, niveis atrisqve lapillis His damnare reos, illis absolvere culpâ. & Horatij lib. 2. Serm. Satyr. 3. Qvorsum abeant sani? an Creta an Carbone notandi? nec non Persii Satyr. 5. Qvaeqve seqvenda forent, & qvae vitanda vicissim, Illa prius Cretâ, mox haec carbone notasti. Noch andere Meerschnecken / etliche kleine geschmiedete Stücklein Metall oder Ertz / welche calculi forenses genennet wurden. LV. Das Gefäß darinn man sie warf / hieß Urna, der Hals oder die Röhre / darinn sie hinab fihlen / hieß Camus.
Jul. Pollux Onomast. lib. 8. c. 6.
D. Pfeiffer d. c. 29. lib. 2. p. 269. LVI. In Palladio richtete man die Todschläge / so aus Irrthum und unversehens geschehen waren. LVII. In Delphinio denjenigen / welcher nach den Rechten und Gesetzen einen andern das Leben genommen / an welcher Richtstatt Theseus loß gesprochen / nachdem er den Palantem, sam̅tdessen Söhnen erwürget.
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LVIII. Im Prytaneo [war der fürnehmste Ort in Athentensischen Schloß / und bedeutet so viel als das öffentliche Korn- und Proviant-Hauß] stellete man gerichtliche Untersuchung an über die Schwerdter oder ander Gewehr / womit jemand entleibet worden / vermöge des Draconis und Erechthei Gesetzen / nach welchen solche Sachen öffentlich verdammet / und über die Grentzen weggeworffen wurden / als des Theognidis Bildniß / so einen Menschen befallen und erschlagen / wiederfuhr. LIX. In dem Gericht Heliaea, so aus vier andern bestund / un̅ den allerwichtigsten Sachen gewidmet war / sassen nach Gelegenheit der Sachen 50. oder 100. 200. auch wohl 500. Richter / welche [Greek words] genennet worden. Ita dictum hoc forum, qvod in loco subdiali esset & Soli exposito, qvi Graecis [Greek words]. LX. In Parabysto aber wurden die geringe Streitigkeiten entschieden / darinne waren 11. Richter.
Gesner. l. c. voc. [Greek words].
Erasm. Francisci in den Neu-polirten Geschicht-Kunst und Wunder-Spiegel Lib. 2. disc. 4. p. 346. LXI. Wenn die Richter die Sentenz gesprochen hatten / bekamen sie von dem Colocreta, oder Rentmeister / der die gemeine Gelder in Verwahrung hatte / ihre Gebühren / als einen Triobolum, welche hernach auf 2. biß 3. endlich Aristophanis, des Comoedien-Schreibens / Zeiten auf eine Drachmam gestiegen.
Aristoph. in Vespis. Suidas v. Colocreta.
Jul. Pollux Onomast. lib. 8. c. 8. num. 10. LXII. Bey den AEgyptiern war der Gebrauch / daß demjenigen / so von Leben zum Tode gebracht werden solte / ein Strick üm den Hals gebunden / und ein Zaum in den Mund geleget wurde / welches das Zeichen eines zum Tode Verdammeten war.
Plutarch. in Cleomene.
Alex. ab Alexand. lib. 3. Gen. dier. c. 5. pag. 293. Item wenn der König dem Gefangenen gute Leckerbißlein und Speisen von seiner Tafel schickte. Welches auch nachgehends bey dem Römischen Kaysern also aufkom̅en.
Sveton. in Domitiano c. 11.
Alex. ab Alex. d. l. ibiqve Tiraqvell. in annotat. pag. 293. LXIII. Die Mohren haben gleichfals vor Alters durch den Büttel das Bild des Todes ihren Gefangenen / die sie an güldene Ketten legten / zugeschickt. Drauf sie sich selbst entleiben müssen / auf was vor Art und Weise es jedweden beliebte.
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Pompon. Mela lib. 3. cap. 10.
Diod. Sicul. lib. 4. cap. 1.
Solinus cap. 33. Denn sie liessen niemand von ihren Unterthanen durch den Scharffrichter abthun / sondern es muste ein jeder sein eigner Nachrichter seyn / und sich selbst ümbringen / wie es ihm gut deuchte. Alex. ab Alexand. cit. loc. & pag. LXIV. Apud Babylonios, ubi Reges jura dabant, qvatuor aves è tecti culmine pendere dicuntur, qvae fortunae varietatem, & ne qvis supra hominem se efferret, admonerent, scribit Alex. ab Alexand. lib. 3. gen. dier. c. 5. pag. 292. LXV. Die Lacedaemonier strafften ihre Ubelthäter nicht bey Tage / sondern des Nachts ab /
Herodotus lib. 4.
Valer. Maxim. lib. 4. cap. 6. in fin.
Polyen. lib. 7. Stratagem. weil sie vor gefährlich hielten / der gemeinen Stadt die Vielheit der Ubelthäter öffentlich darzu stellen. Seneca 1. de Clementia D. Joh. Gerhard. decad. 6. qvaest. polit. 2. Ihre Richter waren auch eingeschlossen / daß weder sie die Partheyen / noch diese jene sehen konten / sondern sie judicirten aus dem Geschrey / was beyde vorbrachten. Alex. ab Alexand. d. l. p. 293. LXVI. Qvod aeqve apud Romanos ferè comperimus, qvibus ante horam decimam de absente judicare jus non erat, neqve intra trigesimum diem sortiri Dicam, qvod Lege Rupilia vetabatur. Tametsi noctu sumere supplicium de nocente non liceret, qvia nota esse Supplicia ad aliorum emendationem publicè censuere. LXVII. In den öffentlichen und peinlichen Hals-Gerichten zu Rom hat sich die Anzahl der Urthels-Sprecher auf fünff und siebenzig belauffen: Doch ist bey dem Praetore gestanden / so viele Rechts-Erkenner zu benennen / als ihm beliebet: Massen in der Sache des auf den Hals angeklagten Milonis, für welchen Cicero advocirte / ein- und funffzig derselben gesessen; In der Gerichts-Session über den Gabinum siebentzig / und eben so viel über den M. Saurum, nemlich 22. Raths-Herren / 23. Römische Ritter / und 25. Tribuni AErarii Schatz-Herren oder Renthmeister. LXVIII. Unterweilen ward in dergleichen Sachen auch wohl durch einhel [18] lige Beystimmung des Volcks ein Qvaestor (den man jetzo einen Inqvisitions-Praesidenten nennen möchte) erwehlet / welcher vor den Tribunal saß / gleichwie die übrige Urtheiler aus den Unter- und Neben-Stühlen des Gerichts / und das war kein gemeiner Qvaestor, welches sonst ein Rentmeister oder Schösser bedeutet / sondern Qvaestor rerum Capitalium, Oberster Untersucher und Verhörer Der Hals-Sachen / ungefehr wie jetziger Zeit in Niederland der Ober-Schultheiß ist. Delicta ne manerent impunita, à populo constituti sunt, qvi rebus Capitalibus praeessent, QVAESTORES PARRICIDII dicti, sive homicidii, qvi enim liberum hominem modò occidisset, licet non Patrem, matrem aut filium &c. parricida hìc intelligitur, qvae appellatio a L. 2. Numae Pompilij desumta. LXIX. Hisce minores erant Trium-Viri Capitales, qvorum meminit Pompon. in §. 30. qvi carcerum modò habebant custodiam. LXX. Adjuncti OCTO-VIRI qvi nocturno tempore praeerant, cum Qvaestoribus prodire nec tutum, nec decorum fuit. Hi summariè in delictis notoriis procedebant, praesertim in vilibus personis & nocturnis obambulatoribus flagellorum castigatione. arg. L. 1. §. 1. in fin. de offic. praef. Vigil. Hujus Magistratus meminit Sosia apud Plautum in Amphitr Act. 1. Qvi me alter audacior homo? aut qvi confidentior? Juventutis mores qvi sciam? qvi hoc noctis solus ambulem? qvid faciam nunc, si tres viri me in carcerem compegerint? inde cras ex promptuaria cella depromat ad flagrum? ita qvasi incudem me miserum homines octo validi caedant. vide plura in Joh. Sithmanni Specul. Imp. Romani c. 16. per tot. LXXI. Wenn über eine Malesiz-Person solte ein Urthel geschöpffet und ausgesprochen werden / musten die Richter ihre Vota, Stimmen und Gutdüncken auf eine lange Tafel hinschreiben / damit sie sich nicht etwa aus Unbedachtsamkeit übereilen / oder dem armen Unrecht thun möchten.
Alex. ab Alex. lib. 3. gen. dier. c. 5. pag. 294.
Stiefler in geistl. Historien-Schatz c. 13. pag. 932. Id videre qvoqve licet ex Cicerone 1. in Verrem act. & ibid. Asconio Pediano, & iterum act. 4. & 6. de qvo Vos Sententiam per tabellam fertis, & alibi saepe. Nec non Sueton. in Augusto c. 33. qvi non tantùm duas tabellas DAMNATORIAM & ABSOLUTORIAM simul cognoscentibus dedit, sed tertiam qvoqve [scil. AMPLIATIONIS] &c.
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LXXII. Welchem aufgesetzten Urtheil / wenn er von Leben zum Tode gebracht werden solte / sie folgenden Buchstaben ??? oder T vorzeichneten. Wurde er aber absolviret / schrieben sie ein A. davor / erforderte die Sache daß sie noch weiter untersuchet würde / setzten sie N. L. non liqvet.
Isidor. lib. 1. c. 20. & 23.
Pseudo Cornutus ad v. 13. Sat. 4. A. Persii. Et potis es nigrum vitiis prafigere Theta! Judices literam theta apponunt ad eorum nomina, qvos supplicio afficiunt merito, [Greek words], eo qvod qvasi habeat telum suum, ideoqve qvasi triste intelligitur vel mortis signum, unde qvidam ait: O merito ante alias infelix litera Theta. Martial. lib. 7. Epigr. 36. Nosti mortiferum praetoris, Castrice, Signum, Est operae pretium discere Theta novum! LXXIII. Ex qvo est etiam illud Ausonij in Paedagogum liguritorem, carmine Choliambico: Miselle Doctor & tibi sit obscoeno, Tuumqve nomen theta sectilis signet. ??? enim erat signum suspendii, refert qvippe laqveum collo involutum. Theta autem, ut dictum, litera condemnatoria, qvin & in castris militem ex cohorte dispunctum haec nota significabat. Tiraqvell. in annot. ad Alex. ab Alexand. lib. 3. gen. dier. c. 5. pag. 293. LXXIV. At Asconius Pedianus 3. in Verrem act. scribit, ut nonnulli legunt, ??? notam fuisse condemnationis T. absolutionis N. L. ampliationis, qvo significabatur non liqvere. Verum Codicibus, qvos hactenus vidimus, scribitur A fuisse notam absolutionis C. condemnationis. Hinc Alexand. ab Alexand. d. c. 5. scribit: in capitis Judicio per ??? seu K in urnam conjectas literas, signum mortis notatum fuisse: nam K Graecorum est C. Latinorum. Sed sive ??? sive K signum condemnationis fuerit, Tullius in Orat. pro Milone utramvis tristem vocat, & T sive A Salutarem: Livius autem illam tristiorem. LXXV. Porro apud Hebraeos litera Thau signum erat Salvationis, ut patet Ezech. c. 9. Signa Thau super frontes virorum gementium &c. & paulò post omnem autem, super qvem videritis Thau, nec occidatis, ubi D. Hieronymus ejus rei rationem reddit, de qvo & eundem vide c. 59. LXXVI. Nec omiserim, Jurisconsultum Ulpianum, sine ulla nota, sed ex [20] tensis literis in illa ampliatione, de qva ex Pediano locuti sumus, usum fuisse. In L. idem Pomponius ff. de arbit. Proinde si fortè urgetur à Praetore ad Sententiam, aeqvissimum erit, si juret, sibi de causa nondum liqvere, spatium ei ad pronunciandum dari. & Paulus in L. Pomponius ff. de re judicat. Si uni ex pluribus Judicibus de liberali causa cognoscenti, si is juraverit sibi non liqvere. &c. Et Cicero pro A. Cluentio Habito. Deinde homines sapientes ex Veteri illa disciplina Judiciorum, qvi neqve absolvere hominem nocentissimum possent, neqve eum, de qvo esset orta suspicio, pecunia oppugnatum, re illa cognita primo condemnare vellent, Non Liqvere dixerunt. Et rursus, Eorum verò, qvi non liqvere dixerunt, sapientiam laudo qvi absolvere eum, qvem nocentissimum cognorant, & qvem ipsi jam bis antea condemnarant, nullo modo poterant condemnare, cum tanta Consilii infamia, & tam atrocis rei suspicio esset injecta, paulò posterius patefactâ re maluerunt.
Tiraq. d. l.
Rosin. lib. 9. Antiq. Rom. c. 9. ibiqve Dempster. pag. 947. LXXVII. Preto Johannes oder der Abyssiner König / weil er immer von einen Ort zum andern ziehet / hält nebst seiner Hoffstatt das Gericht in ebenen Felde unter einen langen Gezelt / Calalla genannt. Erasm. Francisci in Neu-polirten Geschicht-Kusnt- und Sitten-Spiegel l. b. 2. disc. 2. pag. 303. LXXVIII. In der Insel Taprobane (welche jetzo Zeilan genennet wird) pflegten dreyssig Gerichts-Herren des Königs in peinlichen Hals-Sachen zu sitzen. Welchem nun durch die meisten Stimmen derselben das Leben abgesprochen ward / der berief sich auf die Gemeinde. Diese verordnete hierauf siebenzig Richter / so den Verurtheilten aufs neue verhören musten. Ward er durch dieselbe des Todes unschuldig erkant / gerieth es dem dreyssig Urthetssprechern zu hohen Schimpf / und war ihnen all ihr Lebetage verweißlich. Solchen Eifer haben dieser Barbarn üm Erhaltung eines Menschen angewandt / und manche Obrigkeit Christlicher Religion unser Zeiten darinne sehr beschämet / die offt üm ein schlechtes Verbrechen den Kopf wegnimmt / und aus Fehlern Majestät-Verletzungen machet. LXXIX. Die Moscowiter oder Russen haben vor diesen etliche wenige beschriebene Gesetze und Gewonheiten gehabt / so von unterschiedlichen Groß-Fürsten / und zwar nur wider die Verächter des Vaterlandes / und Verbrecher der beleidigten Majestät / wider Diebe / Todtschläger und Schuldener eingeführet worden. Im übrigen sind die Urthel / nach ihren eigenen [21] Gutdüncken / wie sie einen wohl oder übel gewolt / gesprochen worden / aber im Jahr 1647. haben / auf des Zaars Befehl / die klügeste Personen aus allen Ständen müssen zusammen kommen / etliche Gesetze und Statuten machen und beschreiben: Welche der Zaar sam̅t seinen Bojaren bekräfftiget / und in öffentlichen Russischen Druck ausgehen lassen. Welches das einhellige und gesam̅te Recht getituliret wird. Nach welchen sie nunmehr ihre Urthel abfassen / oder doch abfassen solten: und zwar alles in Nahmen ihres Haars. Daher muß es auch unwiedersprechlich darbey bleiben / und darf niemand darwider appelliren. LXXX. In der Residentz-Stadt Moscau sind dreyssig Cantzeleyen / so Pricas benamset werden / deren jede ihre gewisse Verrichtung hat. Rosboinoy Pricas heisset man die Cantzeley / wo alle Strassen-Räuberey / Mord / Dieberey und Gewalt / so in der Stadt und auf dem Lande geschicht / anhängig gemacht / examiniret / mit der Volter verfahren / und nach Beschaffenheit der Sachen / ein Urthel gesprochen wird. Adam Olearius lib. 3. Persianischer Reise-Beschreibung c. 19. & 20. LXXXI. Der Türcken Gesetz- und Rechts-Buch ist ihr Mahometischer Alkoran: Jedoch gibt es viele Erklärungen und Rechts-Gelehrten darüber / so gebohrne Türcken seyn müssen. Diese lassen ihre Söhne in den Tempeln aufwarten / und erziehen / wo die verfluchte Lehr des Alkorans vorgetragen wird / welche / wenn sie zu reifen Alter und Verstande gelanget / zu Cadi oder Richtern und Schultheissen gesetzet werden / und das Recht sprechen. Die Execution aber stehet bey denen / so das Schwerdt führen. LXXXII. Diodor. Tulden lib. 1. c. 5. de Princip. Jurisprud. meldet / daß bey den Türcken der Codex Justiniani in Arabischer Sprache versetzt / und von den Sultan denen Obrigkeiten seines Reichs übergeben sey / nebst ernstlichen Befehl / nach dessen Anweisung / bey Adel und Unadel / Bürgern und Bauren Urthel zu sprechen. Dahero ohne Zweiffel komme / daß man solch Buch Commune Jus, oder gemeines Recht / nennet. LXXXIII. Man behandelt in Türckey die Sachen kurtz und ernstlich: Also daß nichts so verworren / darinn nicht in einer oder andern Session das End-Urthel solte erfolgen. LXXXIV. Christlichen Zeugen wird vor Gericht kein Glaube zu gestellet: Den Juden eben so wenig. Hundert solcher Zeugen gelten so viel nicht / als ein einiger Türck. Beklagter wird nach der Verhör also fort entweder abgestrafft / oder loß gesprochen / und stehet zu solchem Ende der Nachrichter gleich an der Hand.
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Descriptio Imperii Turcici per Anonymum pag. 30. & 135. LXXXV. Wenn der König von Persien im Gerichte sitzet / hat er ingemein zu Beysitzern / neben zehen oder zwölff von den Hoffleuten und Officirern / den Seder / Minatzim und Hakim. Der Hakim ist der Leib-Medicus, der allezeit mit dem Könige zur Tafel sitzet / und demselben saget / welche Speisen zur Gesundheit dienen / oder schädlich sind. Der Minatzim ist der Astrologus, welcher gleichfals darbey seyn / und dem Könige die glückliche und unglückliche Stunden etwas zu thun oder zu lassen anzeigen muß. Ihm wird als einem Oraculo geglaubet / darum der König / ohne dessen Einrathen / selten etwas fürnm̅it. Der Seder ist das geistl. Oberhaupt / gleichwie in der Catholischen Kirchen der Pabst / der wird vom König und Kasi erwehlet / muß der Gelehrteste seyn / den Alkoran / und die Gesetze aus demselben wohl verstehen / und wenn er nicht allein in geistlichen / sondern auch in weltlichen Gerichte [am meisten aber in Criminal-Sachen] gefraget wird / seine Meynung sagen können. Nach dessen Ausspruch werden auch die Urthel gefället. Etliche Urthel verfasset der Seder selbst / und setzet sein Petschafft auf die andere Seite / und schicket es also zum Könige / welcher es unterschreibet: Diß ist die Meynung des Seders / welche wir bekräfftigen / und druckt sein Gerichts-Siegel drunter. LXXXVI. Sonst ist unter den alten Heydnischen Persianern / so wohl das Gericht / als das Regiments-Wesen durch die Magos oder Persianische Königliche Räthe / so lauter kluge / und sonderlich in der Stern-Schauerey gelehrte Leute waren / bestellet worden. Francisci d. tr. lib. 2. disc. 4. p. 331. LXXXVII. In der grossen Residentz-Stadt Morocco des Königreichs / auch also genannt / sind nur zween Richter / ein Cadis zu Bürgerlichen Händeln / und ein Hacqvin zu Criminal-Sachen. Der Cadis sitzet an dem Thor seines Hauses / oder in seinen Vorhoff / wo er jederman Gehör gibt / der zu ihm zu klagen kömmet / fertiget auch an der Stelle die Partheyen ab / und hat zu Vollziehung seines Auspruchs / welcher mündlich ergehet / dann man allda nichts schrifftlich handelt / unterschiedliche Citairis, welche Gerichts-Knechte sind / die alsobald gehen / und zusehen / daß der Ausspruch gebührlich vollzogen werde / oder im wiedrigen führen sie die verurtheilte Parthey in das Gefängniß / und ob man sich wohl verwundern möchte / wie der beklagte Theil so geschwind / ohne Erfordern bey der Straffe / vor den Richter zu bringen sey: So ist zu wissen / daß wann eine Person seinen Gegentheil auf offener Strasse mit lauter Stimme anschreyet: Agy fel chera, [23] kom̅ für Gericht / muß er so bald dahin gehen / oder er ist in Gefahr / daß er vom Volck gesteiniget werde / welche nichts billiger halten / als daß man vor Gericht erscheine. LXXXVIII. Betreffend den Hacqvin oder peinlichen Richter / ist vor dessen Hause ein grosser Platz / wo in der Erden unterschiedliche Pfähle mit grossen eisernen Haaken eingegraben stehen / an welche sie entweder die verurtheilte Personen abwerffen / oder nehmen ihn bey den Kopff und Füssen / hängen ihn an solche Haaken / und wo er darein gerathen / da lässet man ihn hängen / biß daß er stirbt / ist also dem Verurtheilten am besten / wenn er am sterblichsten Theil seines Leibes gehangen wird. LXXXIX. Dieser Hacqvin hat auch vor seinem Hause etliche Folter-Bäncke / an denen hängen Säbel / die Köpfe damit abzuhauen / oder Prügel / damit diese zu salben / welche das Leben nicht verwircket haben. Weil auch diese Stadt sehr groß / und dahero dieser Haqvin viel zu thun / hat er seinen zugeordneten Lieutenant / der in einen Zelt / gegen Al Caleba, oder des Königs Pallast / sich aufhält / und allda verrichtet er sein Am̅t. Asiatische und Africanische Denck würdigkeiten dieser Zeit pag. 567. & 568. XC. Die Chineser haben in alle ihren Städten viele und grosse Gefängnisse / bey welchen Lust-Gärten und Fischweiher sind / darinnen sich die geringe Mißhändler des Tages über erlustiren können / sind aber mit hohen Mauren und starcker Wache wohl versehen. Die so zum Tode verurtheilet / und aber wegen fürfallender Geschäffte alsbald nicht können hingerichtet werden / tragen des Tages eine weisse Tafel am Halse / darauf ihr Urthel verzeichnet / bey Nacht werden sie eingesperret / und auf den Boden für sich liegend / ausgestreckt / Hände und Füsse in Stöcke geschlagen / und eiserne Stangen / so zu beyden Seiten mit starcken Ringen verwahret / über sie hergezogen / darunter sie sich nicht regen können / und also müssen sie die die Nacht zubringen. XCI. Ehe die Richter zur Execution der Straffe schreiten / erwegen sie das gefällete Urthel zum drittenmahl: Unterdessen wird den Gefangenen / so auf Aschen-Hauffen niedergesetzt / Essen und Trincken gegeben. Da nun keine Entschuldigung des Tods befunden / wird mit Glocken geläutet / das Geschütze abgeschossen / und die Ubelthäter zum Tode geführet. XCII. Die Diebe werden gemeiniglich mit Ruthen ausgestrichen / und bekommen mannigmahl bey die 200. Streiche. Etliche werden in den Häusern auf folgende Weise geschlagen. Erstlich wird der Sünder auf das Angesicht zur Erden geworffen / darnach die Hände auf den Rücken ge [24] bunden / als dann mit 4. Finger breiten / und einen Finger dicken Bretern / so in Wasser geweicht sind / von zween Henckern auf die Waden der Schenckel also greulich geschlagen / daß nach sechs Streichen / er nicht auf den Füssen stehen kan / nach funffzig Streichen aber sterben muß / wie offtermahls geschicht. Lindschot part. 2. der Orient. Indien / in appendice der Fürbildung der frembden Völcker Fig. 30. Erasm. Francisci in Neu-polirten Geschicht-Kunst- und Sitten-Spiegel pag. 388. & 389. XCIII. In dem Königreich Indostan sitzt der grosse Mogol / oder ein ander an seiner Statt / und zwar alle Tage üm die vierdte Stunde / auf einen weiten und breiten Platze vorm Schlosse / auf einen Thron: Um der Unterthanen streitige Sachen zu entscheiden / und den Leuten zu ihren Rechten zu verhelffen / welches von ihnen mit aufgereckter Hand / und Darweisung eines Bittschreibens / begehret und erlanget wird. Um den Thron her stehen zwölff Männer / so die Suppliken alsobald durchlesen / und dem Mogol getreulich und fleissig allen Inhalt vortragen. Klagender Theil aber hat sich wohl fürzusehen / daß er nicht mit der Unwarheit ümgehe / oder es beköm̅t ihm sehr übel. Francisci d. tr. lib. 2. disc. 2. p 323. XCIV. Bey den Sinesischen Gerichten wird alles öffentlich abgehandelt / und nichts in geheim. Keiner darf einen Abtritt nehmen / noch dem andern etwas ins Ohr sagen; damit alles aufrichtig / ohne Betrug und Gefährde zu gehe. XCV. In peinlichen Hals-Sachen verfähret der Richter sehr langsam: Und ob er gleich spühret / daß der Schuldige sein Leben verwircket habe: Lässet er doch Urthel und Execution nicht eher ergehen / bevor die Sache ordentlicher Weise völlig erörtert / erkant / und die That unwiedersprechlich erwiesen ist. XCVI. Wiewohl hingegen in andern Straffen / die noch nicht ans Leben gehen / als nemlich in der peinlichen Frage / die Sinesische Richter grob und unbarmhertzig gnung mit den Gefangenen umgehen: Also daß unter den Schatten solcher Langsamkeit und Gelindigkeit eine langwierige harte Grausamkeit verborgen steckt / und die auf den Hals gefangen liegende lieber heut als Morgen den Todt wünschen / vielmah's auch / für schmertzlicher Ungedult und Verzweiffelung / sich selbst ümbringen. Maffejus lib. 6. Hist. Indic. pag. 264. edit. Colon. 1590.
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XCVII. Wenn ein vornehmer Befehlshaber bey ihnen sterben soll / wird ihm von Könige / als eine sonderliche Gnade und Ehre / verstattet / daß er ihm selbsten das Leben nehme / und von keines andern Hand / als welches vor eine Schmach gehalten wird / sterbe: Massen der König ihm alsdenn ein Schwerdt oder Strick in einen güldnen Trühlein / so mit dem Königlichen Insiegel verschlossen / zuschicket / nebst dem Befehl / er solle sich hencken oder niederhauen: Darbey zugleich angedeutet wird / solche Selbst-Erwürgung werde ihm aus besonderer Gunst zugelassen. Erasm. Francisci d. pag. 389. XCVIII. Der Richter-Stuhl der Inqvisition in Portugal ist anders nichts / als ein geistlicher Gerichtszwang / der zwar anfänglich nicht böße gemeint gewesen / hernachmahls aber in eine Werckstatt der Ungerechtigkeit und unmenschlichen Grausamkeit verwandelt worden. Er hat eine völlige Gewalt über vier Laster [nemlich die Ketzerey / die Polygamiam, Zauberey und Sodomiterey] das Recht und Urtheil zusprechen / und ist ungefehr üm das Jahr Christi 1475. als Ferdinandus der König von Castilen die Mohren oder Saracenen unter seinen Gehorsam gebracht / und sie gezwungen / aus dem Königreich Spanien zu weichen / oder den Christlichen Glauten anzunehmen und sich tauffen zulassen / eingesetzet und aufgerichtet worden / damit er auf solche Art diejenigen abstraffen möchte / welche unter den falschen Schein einer Bekehrung darinnen verbleiben würden. Und gleichwie unter diesen Vorwandt sich ihrer sehr viel in Portugal eine Zeitlang in geheim gehalten / als ist auch die Inqvisition darinnen schärffer / als in Spanien / befunden worden / weßwegen hiervon etwas mehrers zu melden. Es ist solche Inqvisition anfänglich den geistlichen Dominicanern / welche die Franzosen Jacobinen nennen / völlig anvertrauet worden; allein es haben sobald die Thum-Herren / Bischöffe und Ertzbischöffe ihre Authorität / als Richter in geistlichen Sachen / damit sie den Dominicanern / die schon allbereits die Freyheiten eines jedweden Kirchen-Gebiets zuschmälern sich unterstanden hatten / einige Schrancken setzen möchten / in diesem Ketzermeister-Collegio, wie mans nennen mag / von sich wollen verspüren und sehen lassen. Diesen folgten so balde die Könige aus Portugel selbsten nach / mit dem Titul eines Ober-Praesidenten der Inqvisition, auf daß sie dadurch theils diesen Richter-Stuhl ein desto grösseres Ansehen geben theils aber von den mehr als verdrießlichen Bitten und Flehen der Beschuldigten / die allezeit von Jhr. Majestät einige Gnade zuerlangen verhoffet / befreyet würden. Nachdem Exempel der Könige / haben sich [26] auch die vornehmsten Herren unter den Nahmen der Familiers oder Bekandten mit eingemenget / welcher Verrichtung in diesem beruhet / daß sie die Angeklagten allzeit in Verhafft müssen nehmen lassen. Die überaus grosse Ehren-Bezeugungen gegen die Familiern / nebenst der entsetzlichen Furcht der Marter / die der Beschuldigte sonst würde auszustehen haben / wenn er sich nicht so balde darstellen solte / befördern dergleichen gefängliche Einsetzungen dermassen gewaltig sehr / daß der Beklagte ohne eintzige Widersprechung / und gantz ungebunden sich in das Gefängnüß muß werffen lassen / so balde nur einer aus den Familieren nachfoldende Worte / de la parte de la Santa Inqvisition, zu ihm wird gesprochen haben / und scheinet als wenn diese Rede eine Magische Krafft in sich habe; sintemahl kein Nachtbar sich alsdenn widersetzet / noch deß wegen murmelt / und pflegen in dergleichen Begebenheiten die Eltern ihre Kinder / die Männer ihre Weiber selbsten der Inqvisition in die Hände zuliefern. Wenn auch im Fall einige Empöhrung darüber entstehen / und der Beschuldigte darauf entkommen solte / so werden alle diejenige in Verhafft genommen / welche nicht Gewalt gebraucht / sondern vielmehr den Verklagten haben entwischen und durchgehen lassen. Man setzet nachdem die Gefangenen / einen jedweden absonderlich / in ein grausam sehr finster Loch / in welchem sie manchmahl Jahr und Tag verbleiben müssen / ehe sie einmahl [in dem täglich erwartet wird / biß sie selbsten die Ursach ihrer Gefangenschafft offenbahren / und ihre eigene Verkläger abgeben / sintemahl man ihnen niemahl eintzige Zeugen entgegen stellet /] verhöret und examiniret werden. Alsbalden solches geschehen / ist man des Gefangenen Verlusts dermassen wohl versichert / daß auch seine Eltern und Befreunde von Stund an die Trauer anlegen / und seinen Todt kundbar zumachen pflegen / ja was noch mehr / so unterstehen sie sich niemahln / nachdem ins Gefängnüß zunähern / vielweniger um einige Gnade zubitten / also hefftig groß ist die Furcht / daß man hiedurch mit in Verdacht gezogen werde / und sich selbsten in die Unglücks-Grube des Verurtheilten stürtzen dürffte. Woher auch köm̅t / daß der meiste Theil seiner Befreunden hierauf in frembde Länder sich in Sicherheit begiebet. Denn wenn es mit dem Gefangenen so weit gekommen / daß er sich selbsten anklagen / und seine Mithelffer offenbahren muß / er aber zu seinem höchsten Unglück nur einen ausläst / als pflegt man daraus so balde seinen falschen Glauben und Untreu abzunehmen / weßwegen sich ein jeder befürchtet / er möchte mit Recht oder Unrecht von ihme gleicher gestalt angegeben werden. Wenn sichs nun zuträgt / daß ein [27] Gefangener / der seinen leiblichen Vater / oder selbst eigene Kinder / im Fallsie schuldig seynd / anzuklagen vergessen hätte / als beraubet man ihn so balde seines Lebens por Negativos, welches ihre gewöhnliche Redens-Art ist: Solte sichs aber begeben / daß wider den Beklagten nicht gnugsame Proben seines Verbrechens könten dargethan werden / so schickt man denselbigen / jeduch allererst nach einer langwierigen Gefängnüß / wenn ihm zuvor mehr als die Helffte seines Vermögens auf die Inqvisitions-Unkosten aufgangen / befreyet nacher Hauß. Man kan zum zweyten mahl / in dem man üm Verzeihung bittet / por Negativos loß gesprochen werden / jedoch verliehret der Beschuldigte gemeiniglich zum erstenmahl den meisten Theil seiner Güter / die zum Nutzen der Königlichen Cammer alsdenn / und die Unkosten der Inqvisition darmit zu bezahlen / eingezogen werden. Die gerichtlichen Proceduten ingesam̅t / werden dermassen geheim gehalten / daß auch / ob schon nur ein eintziger Tag im gantzen Jahr / üm den unglücklichen Ausspruch zufällen bestimmet / man jedoch denselbigen niemahlen wissen kan; zumahlen man sich noch über das / wegen des Argwohns / darnach zu fragen befürchtet. Das Urtheil der Verdammung wird genannt: Auto da fe, und gleich darauf an den Beschuldigten vollnzogen. Es geschicht ferners solcher Richterliche Ausspruch mit gantz ungemeinen Ceremonien: Man richtet ein grosses Theatrum, daß fast den gantzen offentlichen Marck einnim̅t / und mehr als 3000. Personen enthalten kan / von Bauholtz auf / und setzet an einem Ende desselbigen gleich einem Amphitheatra unterschiedliche Reihen Stühle. Diesen wird gegenüber ein sehr reich-bezierter Altar nebens einer überaus hohen Catheder zur Seiten des Evangelii gestellet / die Ceremonien fangen früh Morgens üm 6. Uhr an / und enden sich an eben denselben Tage gemeiniglich üm diese Stunde wiederüm gegen Abend. Einer aus denen Inqvisitorn oder Ketzermeistern betritt die Catheder / nennt je einen Beschuldigten nach dem andern bey Nahmen / welcher sobalden aufstehet / zwischen die Familiers / die auf dem Amphitheatro Achtung auf ihn geben / hervor trit / seine Laster und Mißhandlung / üm deren Willen er ist angegeben worden / verlesen anhöret / und alsdenn sein über ihn ausgesprochenes Urtheil empfähet. Unter andern ubelthaten / deren man sie beschuldigt / werden ihnen manchmahl auch diese zugeschrieben / daß sie die Cammern hinderst zuförderst / das ist / den Mist von der Thüren gegen dem Herd / da sie denselben vielmehr vom Herd gegen die Thüren werffen sollen / ausgekehret hätten; sintemahl man bey denen Mohren und Juden / so sich noch heimlich im Lande aufhalten / als sehr [28] abergläub???chen Leuten [weiche je / nachdem sie unterschiedliche gewisse Sachen / auf die sie absonderlich und gantz gewissenhafft Achtung haben / verrichten / gantz ohnfehlbahre Propheceyungen des guten so wohl als des bösen alsdenn daraus ziehen wollen] auch diese angenommene Weise hinter sich zufegen / vor eine Uberzeugung ihres Judenthums zuhalten pflegt / worüber ihnen ihr Proceß so balden von der Inqvisition gemacht und vollzogen wird. Ob wohl die Inqvisition dieses auch noch vor ein Verbrechen / wenn man des Sambstags ein weises Hembd anziehet / oder das Geschirr des Freytags ausspielet / alldieweil der Sonnabend von den Juden geheiligt wird / zuhalten pflegt; so beruhet doch der allervollkommenste und gröste Beweißthnmb meistentheils in nachfolgenden / wenn nemlich der Beklagte überzeuget ist / daß er sich des Schweinefl eisches und der Kaninnichen enthalten / oder etzlicher Massen das Gesetz mosis in acht genommen / welches den Juden in dem Lande / weiln sie die Schrifft nicht lesen dörffen [also genau wird die Policey im Königreich in acht genommen / daß man keine verdächtige Bücher darinne dultet /] in gröster Dunckelheit / gleichsam nur von andern Personen ihren Erzehlungen her bekandt gemacht worden ist. Die Gefangenen / die aus der Gefängnüß gelassen / und auf das Theatrum geführet werden / nehmen ihr böß oder gutes Geschicke aus dem Unterscheid der Kleider / welche man ihnen anlegt / so balden ab. Diejenigen / denen ihre gewöhnliche Kleidung verbleibet / werden mit einer gewissen Geld-Straffe erlassen / und seynd verbunden / sich in dem Catechismo wiederem von neuen gleichsam / als wenn sie nicht mehr als allererst 6. Jahr alt wären / unterrichten zulassen / die / welchen man einen gelben Uberrock ohne Ermel / auf dem ein rothes Creutz des Andreae genähet / angelegt / verliehren / wo nicht ihre Güter mit einander / doch zum wenigsten ein guten Theil derselbigen / und seynd des Lebens versichert. Die so auf ihren Uberrock oder San-Benito, (also nennen sie eben diesen Rock ohne Ermel /) hin und wieder von rothen Sarsche eingehefftetete Flammen ohne einiges Croutz / tragen / die sage ich / seynd überwunden / daß sie das Leben verwircket / dorbey aber zum erstenmahl Gnade empfangen haben. Die letztern aber denen noch über die Flammen auf ihren San-Benito ihr eigen Conterfeit / das mit allerhand garstigen Teufels-Figuren ümgeden / fest gemachet / seynd ohne eintzige Entschuldigung zum Tode verdam̅t. Diejenigen seynd der Straf zum zweytenmahl entlassen / die da versprochen / dem Judenthum abzusagen / und alle ihre ihnen bewuste Mitbeschuldigten getreulich entdecket haben / wenn sie aber zum drittenmahl angeklaget werden / so ist alsdenn weder Gnade noch Barmhertzigkeit mehr vor sie übrig.
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XCIX. Die Inqvisitores sprechen / wegen ihres geistlichen Standes / den Beschuldigten niemahlen das Leben ab / sonden setzen allein eine offentliche Schrifft auf / welche sie ihnen vorlesen / und darinnen anzeigen / das die Inqvisition mit ihrem grösten Mißfallen den Strafwürdigen / nach dem er von dergleichen Mißhandlung überwunden / wie er solches denn selbsten gestanden / der weltlichen Obrigkeit einhändige und übergebe / sie setzen noch über das hinzu / daß sie das weltliche Gerichte mit gantzen Eifer / so viel ihnen müglich / und um alle das geheiligte / was in dem Christenthum anzutreffen / inständig ersuchen und bitten / daß solches doch in aller Gelindigkeit und ohne Blutvergiessung mit dem Beschuldigten verfahren wolle. Die Schrifft wird alsdann denen sieben Richtern / die sich zur lincken Seiten des Altars befinden / eingehändiget / und der Beschuldigte hierauf / lebendig verbrandt zu werden / zum Tode verurtheilet: Damit sie aber die von der Inqvisition ihnen überreichte Acten in etwas respectiren / und kein Blut vergiessen lassen mögen / lindern sie das Urthel / und verdammen den Missethäter / im Fall er leugnet daß er ein Jude sey / zum Strick. Wenn sichs nun zutrüge / daß die sieben weltlichen Richter dem übergebenen Arrest der Inqvisition zu wider handeln solten / würden sie sich gewißlich selbst des Jüthums verdächtig machen. C. Die öffentlichen Plätze / auf welchen gemeiniglich dergleichen Executiones vollzogen werden / heissen die Portugiessen Russi. Man richtet aus zusammen gebundenen Reiß oder Wolle eine Art / gleichsam einer kleinen Hütten zu / woselbst hin eine Brüderschafft / Misericordia genannt / mit einer Fahnen / auf welche die liebe Frau der Barmhertzigkeit abgemahlet / zusammen köm̅t. Diesem folgen noch viele andere Priester / die unter dem Geläut eines Glöckleins den Ubelthäter auf das Hoch-Gericht führen / auf dem er / so bald er sich zu den Füssen eines Pfaats gesetzt / von dem Scharffrichter erwürget / und fo dann gleich drauf verbrandt wird. Allain Manesson Mallot in Beschreibung des alten und neuen Europae zu Franckfurt am Mayn Anno 1685. gedruckt L. VI. c. 12. à pag. 199. usqve 203. CI. Von der Hispanischen Inqvisition schreibet Dn. Benedict. Carpzov. Comment. in Legem Regiam Germanorum cap. 3. Sect. 5. n. 12. & seqq. usqve 27. also: Coepit haec inqvisitio primum in Hispania, teste Reginaldo Montano & Georgio Nigrino, ex qvo etiam Hispanica vocatur. Titus enim Vespasianus cum post Hierosolymae excidium Judaeos ut Mancipia in Hispaniam relegaverat, hiqve in summa libertate religionis vixe [30] rant, & Ferdinandus Arragonius ac Isabella, Rex & Regina Hispaniarum, finem bello imposuissent, adversus Mahometanos Monachis cura fuit commissa, ut pariter Mahometistas & Judaeos converterent, sub capitali supplicio, qvo plurimi affecti fuêre. Qvod inventum Regium postea à Sixto IV. Pontifice Apostolica autoritate firmatum est, Ern. Erem. de Orig. & hist. Belg. tumult. pag. 10. CII. De hoc invento ita loqvitur Georg. Frid. Liber Imperii Baro apud Frid. Achill. in consvet de Princ. in Prov. Europ. in Orat. contra Hispan. Religionis Hispanicae I???ustrissimum [Greek words] est Inqvisitio, qvae ubi primum comperit aliqvem in qvodam fidei Capite à Romana Ecclesia dissentire, confestim opponit ei Syllogismum ex IGNE, AQVA aut LAQVEO confectum, qvi fortius, qvàm qvi primae figurae dicuntur, concludat, atqve ubi MORS necessariò ingrediatur conclusionem. Eô namqve satis superfluè belluinam immanitatem ac crudelitatem suam testati sunt Hispani, qvi sitiunt esuriuntqve carnem & sangvinem humanum. Qvam horribilis enim & crudelissima fuit laniena adversus innocentissimos Americanos perpetrata? Qvam oculis se vidisse refert Franc. Bartol. de las Casas, Episcopus Hispanus in lib. de Persecut. Ind. inqve ea ultra XX. milliones hominum miserè fuisse occisos, ait Antonius Arnoldus in Act. habita pro Academia Parisiensi. Waremundus ab Ehrenberg de foeder. lib. 2. n. 82. Qvot millia Indorum canibus cesserunt in escam? saepius uno alterum ita compellante: Da mihi frustrum carnis pro Pastu canum meorum, qvod si unum ex meis occidero, id tibi restituam, vid. Thuan. lib. 55. Hist. circa fin. Ut propter hanc ferocitatem Indi putaverint, Hispanos non ut alios homines in terre natos, sed ex spuma maris concretos venisse ad perdendum Mundum; qva de causa Mare insectantur, qvod tàm immanem sobolem in terram immiserit, aliiqve vicini populi, qvi carnibus vescuntur humanis, ab Hispanorum Cadaveribus abhorrent. Hieron. Benzo in hist. nov. orb. lib. 1. c. 25. & hinc Matth. Cacicus ad ignem damnatus, à Monacho Franciscano admonitus, ut in Christum crederet, qvaesivit, num etiam Hispani venirent in Regnum Coelorum? Monacho affirmante, resposdit: se nolle petere Coelum, sed potius infernum, ne sibi domicilium cum Gente crudeli commune esset. cit. Georg. Frid. Baro in dict. or at. contra Hispan. p. 342.
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CIII. Atqve ex hac crudelitate inventum istud diabolicum Inqvisitionis promanavit: qvod propterea Anglis odiosum, Suecis horrendum, & Hungaris portentosum visum fuit. Cranzius de Pace relig. part. 2. problem. 2. Ideoqve & Veneti, cum Pontifex iis Inqvisitionem aliqvando obtrudere vellet, hoc responso Legatum remiserunt: VELLE SE IN RELIGIONE PECCANTES PUNIRE, SED NON HISPANORUM MORE. Joh. Sleidan. lib. 19. Hist. Prudentissimum sanè hoc Venetorum responsum, qvibus curae est conservare Rempublicam, cui maximè nocet haec Inqvisitio. CIV. Qvis enim nescit, hance Papalem Inqvisitionem causam fuisse, ut tot Provinciae Belgicae auspicatissimo & masculo ausu Hispanicae saevitiae jugum excuterent. Samuel à Remchinus de Pace Relig. dissert. 2. Felix fuisset Philippus II. Rex Hispanicarum, si pactum Patris Caroli V. de non inducenda Inqvisitione haud violasset. Felix fuisset, si non Anno 1559. post celebratum Festum aurei Velleris mense Augusto, in Urbe Gandavo cum Antonio Perenotto, Cardinale Granvellano de inducenda Inqvisitione deliberasset. Felix fuisset, si Maximiliani Imperatoris consilium, ut Clementiam sibi commendatam haberet, secutus, de novo Inqvisitionem non praecepisset. Felix fuislet, si consilio & svasu Margarethae Ducissae Parmensis & Gubernatricis Belgicae Inqvisitionem abrogasset: & Felicissimus, so non Ferdinandum à Toledo, Ducem Albanum, cum plenissima potestate, puniendi rebelles, & cogendi Subditos ad Religionem Catholicam in Belgium misisset Eman. Meter an. in hist. Belli Belgici. Ernest. Eremund. de orig. & hist Belg. tumult. CV. Von der Spanischen Inqvisition hat Reginaldus Gonsalvus ein gantz. Buch geschrieben / so Anno 1567. zu Heydelberg gedruckt / mit diesen Titul: Inqvisitionis Hispanicae artes aliqvot detectae ac palam traductae, add.
Casp. Klock. lib. 1. de AErario c. 6. n. 79. & seqq.
Joachim. Bering. c. 2. & 4. von der Spanischen Inqvisation Heimlichkeiten.
Innocent. Gentillet. lib. 4. exam. Concil. Trident. Sess. 22.
Vent. de Valent. Parth. litius lib. 2. c. 3. n 7. ubi dicit, qvid aliud est Inqvisitio Hispanica, qvàm mera & vera carnifici [32] na? In qva numerus occisorum penè innumerus est, absqve legitimis indiciis, absqve processu, absqve defensione, absqve Christiana veritate condemnatorum. Verè ergò illicitum est hoc litium Ecclesiasticarum remedium, verum Anti-Christi critirium, & Christianorum Martyrium. CVI. In Engelland hat niemand hohen oder niedern Gerichts-Zwang / als der König / und kan sonst keiner ein Gericht hegen. Dannenhero werden alle Processe, so jemands Leben oder Glieder angehen / Processe der Cron genennet / und können nicht in Nahmen einiger geringern Person gehalten werden / als die die Cron Engelland hält; Wie denn auch niemand deßhalber Perdon geben kan / als der König alleine. Wiewohl in vorigen Zeiten etliche Palatinische Graffchafften / als Ehester, Durham und Elishohe Justitiarii waren / und Edicta in ihren Nahmen ausgaben / als auch etliche Grund-Herren von Wahis gewesen / die dergleichen Privilegia praetendiret. Die sind aber nun längst verweset / und wird die höchste Justiz wieder allein in des Königs Nahmen / und durch dessen Authorität / gethan und vererrichtet. Author der eigentlichen Beschreibung des Parlaments von Engelland Anno 1689. gedruckt. CVII. Es sind aber in Engelland die Straffen der Verbrechen weit anders / als in andern Ländern. Denn allda ist erstlich der hohe Verrath / welcher grösser / abscheulicher und verhaffter ist / als alle andere / so noch hierunten erzehlet werden sollen: Denn der Verräther wird auf eine Schleiffe geleget / und biß an den Galgen geschleppet / allwo man ihn an den Hals aufhenckt; ehe er aber noch erstickt / häuet man den Strick entzwey / schneidet ihm den Bauch auf / ziehet das Eingeweide heraus / und verbrennet es. Nach diesem häuet man ihm den Kopf ab / und den Leib in vier Theile / welche auf Pfähle gesteekt werden / wohin es der König befiehlet. Uber dieses confisciret man ihm alle seine Güter / sie mögen seyn vor was Art sie wollen. Die Frau verlieret alles / was von dem Mann herrühret. Die Kinder werden unedel / und sind incapabel, ihre Eltern zu erben. Und dieses geschiehet denenjenigen / so sich unterstehen den König ümzubringen / oder seine Majestät von ihren Estat zu verjagen / weil der König / wie die Engelländer sagen / gleichsem die Lufft ist / davon die leben / drum auch bey ihnen nichts anmuthigers zu sehen / als wenn eines solchen Verräthers Leib zerstümmelt / seine Güter eingezogen / auch seine Nachkommen verjaget / und ausgerottet werden. CIIX. Ferner ob gleich das Laster der verfälschten Müntze auch unter [33] den hohen Verrath gehöret / dennoch ist man seither der Verordnung König Eduardi III. zu frieden gewesen / es solcher gestalt zu straffen / daß die Verbrecher nur zu den Galgen geschleppet / und allda gehenckt worden. CIX. Der kleine Verrath ist / wenn ein Knecht seinen Herrn oder Frau / oder eine Frau ihren Mann / oder ein Priester seinen Praelaten / welchen er gehorchen soll / erwürget und ümbringet; Dieser wird folgender gestalt abgestrafft: Man schleppet den Verbrecher zum Galgen / und hencket ihn auf / daß er dran erwürget. Ein Weib welche einen grossen oder kleinen Verrath begangen / und dessen überwiesen ist / wird geschleiffet und verbrandt. CX. Alle übrige Capital-Verbrechen heissen Felonien oder Abtrünnigkeiten / und hat man dieselbige nicht auf einerley Art gestrafft / biß König Henricus I. angeordnet / daß das Laster der Feloni solte mit dem Galgen gestrafft werden. CXI. Wenn aber ein Pair des Königreichs einen grossen oder kleinen Verrath oder Feloni begehet / so condemniret man ihn zwar wohl eben auf die Art / wie die andere gemeine Personen; allein der König thut ihm ordentlich die Gnade / daß er ihm den Kopf abschlagen lässet. CXII. Wenn ein Delinqvent, so eines kleinen Verraths / oder einer Feloni beschuldiget worden / dasselbe nicht gestehet / gleichwol aber nach den Gesetzen des Landes gerichtet werden soll / der muß alsbald die erschreckliche Straffe / welche man Painc fort & dure nennet / leiden / das ist so viel gesaget / er muß wieder ins Gefängniß / darinne man ihn in eine niedrige finstere Kammer auf den Rücken leget / die Hände und Füsse mit Stricken an alle vier Ecken der Kammer gebunden / end auf seinen Leid leget man ihm eben so viel von Eisen und Steinen / als er ertragen kan / und wohl mehr. Des andern Tages gibt man ihm drey Bissen von Gersten-Brodt / welches man ihn ohne Trincken lässet hinterschlucken / und den dritten Tag gibt man ihn Wasser zu trincken / welches nechst an der Thür des Gefängnisses vorbey fleust / es sey denn / daß das Wasser klar wäre / ohne Brodt / und diese Diät lässet man ihn / biß er stirbt / halten. Welche Art des Todes durch etliche ruchlose Leute erwehlet worden / damit wenn sie ihrer Laster nicht überführet / ihre Güter von dem Könige nicht confisciret / sondern vor ihre Kinder erhalten / und ihre Nachkommen nicht mit Schmach und Unehre beleget werden möchten. CXIII. In hohen Verrath aber wenn einer sich schon darinne als stumm [34] anstellen / und nichts gestehen wolte / unterläst man doch nicht / den Delinqventen zu verdammen / und seine Güter einzuziehen. CXIV. Nach der Execution des Schwerdts oder des Galgens / läst man gemeiniglich den Befreunden oder Frembden zu / die Justificirten / nach gewöhnlichen Ceremonien / zu begraben / wenn es ihnen gefällt: Es wäre den / daß die Missethat sehr grausam / als wenn einer einen Meuchel-Mordt oder Strassenraub begangen hätte / alsdann werden den Gehenckten eiserne Ketten zwischen den Beinen / und unter die Armen üm den Hals gethan / und der Leib an den Galgen gelassen / biß er verfaulet. CXV. Den Diegen wird mit einen brennenden Eisen ein T. oder M. welches bedeutet Thieft oder Mansladacier i. e. gestohlen oder getödtet / auf den Rücken gebrandt / oder ihnen wohl die lincke Hand abgehauen. Die Bettler und Landstreicher werden mit einen R. auf die Schultern gezeichnet. Vor diesen als die Könige / so von den Normandiern entstanden / regierten / verurtheilte man einen gar selten zum Tode / sondern man legte den Delinqventen grosse Geld-Bussen auf. Wenn aber das Verbrechen gar groß war / verurtheilte man sie zum Verlust ihrer Augen / oder Testiculorum, auf solche Weise ließ man ihnen öffentliche Zeichen ihrer Gottlosigkeit. Der kleine Stiebstahl nemlich der Werth von zwölff Sterlings-Pfennigen oder weniger / ward vor diesen gestrafft durch etliche Streiche mit einen Prilgel / zuweilen schnitte man ihn auch wohl ein Ohr ab / aber seither der Regierung Königes Eduardi des III. hat man sie mit Wippen gestrafft / und wenn der Delinqvent entläufft / wird sein Gut confisciret. CXVI. Der Meineydige oder falsche Zeuge / dessen Außsage mit den Eyde bekräfftiget / ward an einen Pilar, oder Pranger / so man auf Latein Collistrium nennet / gestellet / und mit einen P. durch ein brennend Eisen an die Stirn gezeichnet / und sein Gut confisciret. CXVII. Der Pranger oder Hals-Eisen ist auch die gemeine Straff der falschen Zeugen / Pasqvillanten und derer / so falsch Gewicht und Maaß haben / item welche ihre Eßwaaren auf den Marckt vor der Zeit verkauffen / und die so in Bier oder Brodt betrügen. Man hefftet sie offtmahl an einem Ohre / oder an allen beyden am Pranger / offtmahls schneidet man sie ihnen ab / oder durchsticht ihnen die Zungen mit einen brennenden Eisen. CXIIX. Derjenige / so einen Delinqventen von hoher Verrätherey hilffl / daß er durchgehet / und davon kömmet / oder ihn nur verborgen hält / wird mit [35] Confiscation seines Einkommens / wie auch aller Güter sein Lebelang gestraffet / und muß darzu in ewiger Gefangenschafft bleiben. CXIX. Wer jemand bey des Königs Hof blutrünstig schläget / dem wird die rechte Hand mit sehr prächtigen Ceremonien abgehauen. CXX. Wer aber einen in den Saal zu Westermünster schläget / wehrender Gerichts-Sitzung / der wird mit ewiger Gefangenschaft / und Consiscation aller seiner Güter gestrafft. CXXI. Wer sich verstärcket wider den König / wird von der Protection seiner Majestät gethan / man ziehet sein Guth ein / und behält ihn so lange im Gefängniß / biß es dem König beliebet / ihn wieder loß zu lassen. CXXII. Die Strafe der Unter-Richter / wenn sie überwiesen sind / wissentlich wieder die klaren Beweise oder Indicia ein Urthel gefället zu haben / ist strenge und erschrecklich: Denn man verurtheilet sie der Freyheit derer Gesetze oder Rechte verlustig / das ist so viel gesaget: Man erkläret sie vor infam und unwürdig aller Treue und Glaubens / und untüchtig Zeugen oder Richter zu seyn. Man giebet ihre Häuser / Land und Güter in die Hände des Königs / man reisset ihre Häuser biß auf den Grund ab / man ackert ihre Wiesen / und reisset ihre Bäume üm / und wirfft ihre Leiber ins Gefängniß. Eben dieser Strafe sind auch diejenigen unterworffen / welche conspiriren / eine unschüldige Person der Rebellion / fälschlich und bößlicher Weise / zu beschuldigen. CXXIII. Ein Mann oder eine Frau / welche der Ketzerey an den Bischofflichen Gericht ist überwiesen worden / wird dem Brachio-Seculari geliefert / und verbrandt. CXXIII. Ein Felo de se, das ist einer der sich selbst aus Vorsatz tödtet / kan nicht mit ordentlichen Ceremonien in die Gräber der Christen begraben werden / sondern man stösset ihm einen Pfahl durch den Leib / und confisciret seine Güter. CXXV. Die Trunckenbolde und Landstreicher leget man in die Gefängnisse / und ihnen schwere Ketten und Bande an die Füsse. CXXVI. Eine zänckische Frau stecket man in einen Kasten oder Korb / wie eine Wage gemacht / den man Cuckinus stool nennet / der ist über einen Canal oder sehr tieffen Graben gehencket / in welchen man sie dreymahl eintauchet / ihre Hitze und Zorn abzukühlen. CXXVII. Die übrigen Missethäter werden ordinair mit Gefängniß / oder mit Geld-Bussen / und bißweilen mit beyden gestraffet.
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CXXIIX. Das Rädern und andere schwere Pein halten die Engelländer allzu grausam vor Leute / die Profession machen / Christen zu seyn. CXXIX. Item daß die TORTUR und Extraordinair Qvaestion zu sehr mit der Sclaverey überein komme / ausgenommen wenn es geschicht wegen Laster des hohen Verraths. Hinc Angli tormenta Catholicis, qvi Majestatis Criminis suspecti erant, adplicabant, ut refertur in libello, qvi Justitiae Britannicae titulum praefixum habet, ad fin. adde Paul. Jovium in descriptione Britanniae. Und weil sie den Tod nicht groß achten / wollen sie sich lieber schuldig aller gröbsten Laster bekennen / als sich torqviren lassen. Und weil das Volck solcher Grausamkeit der Volter nicht gewohnt ist / würde es sehr mitleidend seyn mit demjenigen / welchen man so übel tractiren wolte / ja den Ober-Herrn mit allen seinen Richtern verfluchen: Auch der Richter seines Theils lieber den Ubelthäter loß lassen / als die Bekäntnis von ihm auf solche Art / Mittel und Wege erzwingen. Eduart Chamberlayne, L' Estat present de l' Angle terre Chap. 2. CXXX. Ferner der Hoff und das Hauß des Königs / wo er residiret / ist zu betrachten als ein heiliger Ort / allwo / wenn einer ertappet wird / daß er einen andern schläget / so daß das Blut hernach gehet / so hauet man ihn / wie auch schon oben gedacht / die rechte Hand ab / und verdammet ihn in ewige Gefängnisse / und darzu zu einer Geldstraffe. Nach den alten Gesetzen Engellandes condemnirte man ihn zum Tode mit Confiscirung aller seiner Güter. Es geschiehet aber solche Abhauung der Hand mit folgenden grossen Ceremonien und Solennitäten: CXXXI. Der Sergeant oder der Verwalter über des Königs Holtz-Vorraths-Haus träget auf den Platz / wo die Execution geschehen soll / einen viereckigten Klotz oder Bloch / einen Meissel / einen Haken und einen Strick / üm den Verbrecher die Hand anzubinden. Der Yeoman oder Sudlerey-Knecht / das ist des Orts wo man die Schüsseln verwahret / bringet ein grosses Kohlfeuer neben den Block / und der Oberste Schmiedemeister träget die Instrumenta, welcher man sich bey der Execution bedienen soll. Der Knecht von der Gewürtze- und Brüh-Cammer träget Wein-Essig und frisch Wasser zu. Die Vornehmsten der Dienste von den Bechern und von Backhause müssen sich auch bereit halten / der eine mit einem Glase rothen oder schielerfarben Wein / und der andere mit einen Bissen Brodt nach der Execution, und nachdem man den ersten Band auf die Wunde geleget hat. Der Segeant von Serdeau bringet die leinene Lappen / den Arm zu verbin [37] den und einzuwickeln. Der Knecht von Hüner-Hause bringet einen Hahn / ihm auf die Wunde zu legen. Der Knecht von den Lichten und Leuchtern bringet auch Lappen zur Wunde. Und der Küchenmeister / oder Mundkoch ein groß sehr scharffes Küchen-Messer / welches der Sergeant von der Speck-Kammer hoch in die Lufft hält / unterdessen daß die Execution geschiehet / durch einen Bedienten / welchen man darzu benennet. Nach diesen wirfft man den Verbrecher in ein ewig Gefängniß / und leget ihm eine arbitraire Geld-Strafe auf. idem Chamberlayne cap. 12. pag. 220. CXXXII. Der Author des Neu-geharnischten Groß-Britannien / Anno 1690. zu Nürnberg gedruckt / beschreibet die Gerichte in Engelland pag. 23. & 24. folgender gestalt: Dreyerley Gerichte sind in Engelland / nemlich der Stände / des Kampffs und der Gerichtlichen Zusammenkunfft; Das erste ist das Parlament / oder kömmet doch mit demselben überein. Das Haupt-Recht / ob es wohl nicht mehr im Gebrauch / ist doch das Kämpfen nicht allerdings verbothen / weil die Engelische davor halten / man solle es keinen ehrlichen Mann abschlagen / wenn er dessen sattsame Ursachen beybringet / die Formul des Aufbots und Kampfs findet man in des Britonis Schrifften. Anlangend die Gerichte / so die Königliche Sitze genennet werden / haben selbige den Nahmen daher / weil die Könige denselben vor Alters in der Person beygewohnet: Jetzo spricht der Obriste Justicier in Engelland Recht / sam̅t seinen Beysitzern. In der Bürgerlichen Gerichts-Cammer werden die streitige Sachen zwischen Privat-Personen erörtert: Allda ist ein Richter mit dreyen Beysitzern / der urtheilet nach Englischen Rechten. Das Urthel wird durch die Vitz-Grafen exeqviret. CXXXIII. Die Rechen-Cammer wird von den Engelländern Scaccarium genannt / von der viereckigten Tafel / daran die Rentmeister sitzen / und wird allda verhandelt / was zur Königlichen Renth-Cammer gehöret. CXXXIV. Was das peinliche Hals-Gerichte betrifft / ist in Engelland kein grosser Unterscheid / weil fast alle Malefitzien (ausgenommen das Laster der verletzten Majestät) mit dem Strange gestrafft werden. Mörder / Diebe / Strassenräuber / Fälscher werden alle aufgehenckt / und geschiehet wunderselten / daß man einen Menschen foltert oder köpfet / oder viertheilet oderädert / ja man höret kaum davon. Die Strassenräuber / und öffentliche Mörder lässet man an Galgen verfaulen / derer andern Cörper aber werden abgenommen und begraben. Ein Weib / so ihren Mann ümgebracht / und [38] dessen überwiesen wird / verbrennet man lebendig. Ein Knecht der seinen Herrn getödtet / wird auf einer Weiden-Flechten an die Richtstatt geschlieffet. Wer einem mit Gifft nachstellet / wird nicht gerichtet. Wann ein Todschlag begangen wird / so werden alle die vor Mörder gehalten / die demselben beygewohnet haben. Die Verräther des Königs / oder Vaterlandes / werden also gestrafft: Erstlich hencket man sie / thut sie aber herab / wenn sie noch Athem holen. Darnach schneidet man ihnen den Bauch auf / und nim̅t das Eingeweide heraus / hauet ihm mit einer Axt den Kopf ab / theilet den Cörper in vier Stücke / und henget sie auf die Strassen. CXXXV. Wenn sonst ein Missethäter zum Tode verurtheilet ist / so führet man ihn auf einen Karren zum Galgen / seine Freunde und Verwandten folgen ihm nach / als wenn sie mit der Leiche giengen / daselbst wird er an eine Ketten gehenckt / die beynahe drey Finger breit ist. Weil aber die Kette nicht einschneiden / noch dem armen Menschen den Athem so bald nehmen kan / so ziehen ihn seine Freunde starck mit den Füssen unter sich / damit er desto balder und geschwinder sterbe / und also der Marter abkomme. Es wehret auch kein Richter diesen Dienst / weil man Exempel hat / daß etliche von Morgen biß auf den Abend gehangen mit grossen Schmertzen / und doch nicht haben sterben können. CXXXVI. Die Hertzogen / Marggrafen / Freyherren / so einen Sitz im Parlement haben / geniessen dieses Privilegii, wann sie das Laster der verletzten Majestät begangen / daß sie von niemand als ihres gleichen / mögen geurtheilet werden. CXXXVII. Von dem Gericht zu Westmünster / darinne denen Recht gesprochen wird / welche von den Reichen und Mächtigen geschmähet / und unterdrücket werden; Item von der Weisen-Cammer / darinne der Pupillen Sache verhandelt / wie auch von der Gerichts-Cammer des Hertzogsthums Lancaster; Deßgleichen von der Reqvesten-Cammer / darinne den Knechten und sonst armen Leuten üm Gottes willen / ohne Geld Recht gesprochen / und also die Cammer des Gewissens genennet wird / und dann endlich von den Kirchen-Rath / oder Cammer der geistlichen Sachen / kan man gleichfalls bey diesen ungenannten Autore pag. 24. & 25. Nachricht finden. CXXXVIII. In Schottland ist nach dem Hohen oder Reichs-Rath / welches eine Art eines Parlements / die Cammer der Justitz / welche König Jacobus V. angestellet / und darbey einen Praesidenten sammt 14. Beysitzern verordnet hat. Sieben Geistliche und so viele Weltliche / [39] sammt dreyen Advocaten und dreyen Protocollisten. Allhier ist täglich Audientz / ausserhalb am Sontage / nnd von 1. November biß auf den 15. Martii / von ersten Sonntag Trinitatis biß auf den 1. Augusti. Nechst diesen sind in jeder Grafschafft gewisse Vice-Grafen / und ist die Würde erblich / ihr Ampt aber / daß sie Recht sprechen / so wohl in bürgerlichen / als peinlichen Sachen. Drittens ist das Commissariat / deren das fürnehmste in Edenburg ist / da vor vier Richtern gehandelt wird von Testamenten / geistlichen Pfründen / Zehenden / Ehescheidungen und dergleichen / welche Sachen sonst vors geistliche Gericht gehören. CXXXIX. Anlangend die hohe Malefiz-Rechte / so hat der Oberste Richter seinen Stuhl zu Edenburg / und haben dieses Am̅t vor Zeiten die Grafen von Argatelia vor erblich gehabt. Dieser und die andern Richter übergeben die Sachen zweyen oder dreyen Rechtsgelehrten / es treffe gleich Leben / Leib und Blut / oder die Confiscation der Güter an. CXL. Der Beklagte / wenn es schon das Laster der Majestät antrifft / mag sich eines Advocaten gebrauchen. Bißweilen verordnet der König / über die jetztgemeldten / etliche sonderbare Richter in Malefiz-Sachen. CXLI. Es mögen die Vice-Grafen in den Provinzen / und der Magistrat in den Städten ein Urthel über einen Todtschläger fällen / da derselbe innerhalb 24. Stunden ergriffen wird. Aber nach dieser Zeit gehöret solches vor des Königs Gerichte. Dieses Privilegium haben auch etliche von Adel / so ein Todtschläger / oder Strassenräuber in ihrem Gebieth ergriffen wird. idem Autor pag. 294. CXLII. In Irrland hat man folgende Gerichte / die Stern-Cammer / die Cantzeley / die Königliche Banck / die gemeine Banck und die Straff-Kammer. idem pag. 418. CXLIII. In Teutschland hat man gleichfalls von Alters her viele und mancherley Arten der Gerichte gehabt / davon auch noch unterschiedliche biß auf den heutigen Tag in Gebrauch sind. Wir wollen derselben etliche nach dem Alphabet hie anführen / als CXLIV. (I.) Das Acht-Gericht / welches sonst auch Bann-Recht genennet wird / bestehet bey Hegung des ordentlichen Hoch-Noth-Peinlichen Hals-Gerichts darinn / daß der Ankläger fürtritt und bittet / ihme den Frohnboten zu leihen / daß derselbe seine geschliffene Wehr ausziehe und ihm / dem Kläger dieselbe mit gewapneter Hand [i. e. mit einen Blech-Handschue] fürtrage / das vergönnet der Richter / und darnach gehet das Gerüffte / [40] das ist / das Zetter-Geschrey dreymahl / als nemlich: Zetter über N. als Thätern / daß er N. wider GOTT und Recht vom Leben zum Tode gebracht / oder diese und jene Unthat begangen hat! Und wenn das Zetter-Geschrey geschehen ist / so fraget der Kläger / ober sein Zetter-Geschrey oder Gerüffte vollführet habe / und damit vorkommen sey / wie recht und gewöhnlich ist? Darauf / nach Befragung des Richters / antwortet der fünffte Schöppe / er habe es vollführet / und sey fürkommen wie recht und gewöhnlich ist. So nimmt der Frohnbot das Schwerdt / und leget es nieder auf die Erde / oder auf eine Banck / die man setzen mag / entweder in der Schöppen-Bäncke / oder ins Gericht / da Richter und Schöppen sitzen.
Schilian König. in Prodess. c. 143.
Just. Georg Schottel. in tr. de singularibus qvibusdam & antiq. in German. Juribus c. 3. p. 65. & 66. CXLV. Dieses wird in den Städten also mit dem Schwerdt gehalten / in Dörffern und etlichen Gerichten auch geringen Städten träget der Kläger das Schwerdt selber für Gericht / und so er es niederlegen will / muß er solches mit Urlaub des Richters thun. An theils Orten hält der Richter das Schwerdt selbst an Statt des Gericht-Stabes / dieweil das Gericht währet. idem König. tir. Process. in peinlichen Noth-Hals-Gericht. pag. 793. CXLVI. Das auch vor diesem den Ankläger das Gerüfe und Zetter-Geschrey selber selber thun müssen / erhellet Lib. 1. Landrecht c. 63. vers. da sehe ich selber ihn selbst / und beschreye ihn mit dem Gerüfe. Der Frohnbot aber / so heutiges Tages gemeiniglich das Zetter-Geschrey verrichtet / wird der Blutschreyer genannt / weil auf solch / nach dem Bann-Recht oder Acht-Gericht erschollenes Mord- und Zetter-Geschrey / das Blut oder Leibes-Strafe des Thäters so fort zuerfolgen pfleget. Schottelius d. l. p. 66. In etlichen Städten hat man darzu gewisse bestellte Blutschreyer / oder Blut-Redner König. cit. Process. pag. 793. sonderlich zu Straßburg Berhard. Friese in disc. Jurisd. de clamore violentiae th. 11. Ja es geschicht solch Gerüffte und Zetter-Geschrey zu weilen wohl gar vom [41] Scharfrichter / als in den Fällen / da der Thäter gefangen für Gericht persönlich geführet wird / und sich vorhin in peinlicher Frage oder ausserhalben zu der Missethat bekant hat. Wo aber ein Thäter ein redlicher Mann ist / und hätte die That noch nicht bekant / ist auch noch nicht überwunden / da soll der Blut-Redner oder ein ander diß Zetter-Geschrey thun / und nicht der Scharfrichter. König. a. l. pag. 749. In Pommern / und sonderlich zu Gryphswalde ist üblich / daß der Scharfrichter dreymahl nach einander öffentlich vor das Gericht-Haus / oder auf den Marckt trit / und mit ausgezogenen Schwerdt und lauter Stimme ausruffet: Wer klagen wil / der klage feste! cit. Frisc. d. disc. th. 11. CXLVI. Des Zetterschreyens wird auch in Heil. Schrifft gedacht / als Jerem. c. 12. v. 6. Amos c. 3. v. 9. & 10. Judith. c. 14. v. 16. und halten einige davor / es käme von Zittern her / so daß es so viel bedeutete / als ein zitterndes Geschrey: Qvod scilicet per horrendam hans vocem & clamorem terror & tremor audientibus incutiatur.
Christian Biccius in tr. de clamore c. 2. th. 5.
Friese d. discurs. th. 1. Pet. Albinus aber deriviret es von dem Lateinischen Wort citare, citiren her / weil hiedurch die Thäter gleich als zur Verantwortung citiret werden. In Chron. Misn. tit. II. fol. 125. CXLVII. Dieses Acht- oder Bann-Gericht wird auch in der peinlichen Hals-Gerichts-Ordnung Caroli V. art. 87. approbiret / und zwar mit diesen Worten: Mit dem Beschreyen der Ubelthäter soll es im selben Stück in Gegenwärtigkeit / und auf Begehren des Anklägers / nach jedes Gerichts guter Gewonheit gehalten werden. Die Bambergische Hals-Gerichts-Ordnung art. 100. und die Brandenburg. Hals-Gerichts-Ordnung ebenmässig im 100. Articul thun desselben gleichfalls Meldung. Item
Col. p. 1. decis. 108.
Consult. Saxon. tom 3. p. 3. q. 97.
Fachs. Cons. 3. n. 63. & seqq. CXLVIII. Und ob wohl solch Gerüffte und Zetter-Geschrey nach den gemeinen Rechten nicht nöthig ist / c. evidentia 9. X. de Accusat. So ist es doch in den Sächsischen Landen also eingeführet.
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Lib. 2. Land-Recht 64.
Dan. Moller. lib. 4. somest. c. 33. n. 12.
Besold. Thes. Pract. v. Zetter - Geschrey. CXLIX. Ehe und bevor man aber solch Acht - Gericht anstellet / wird nach Alten / und annoch heut zu Tage üblichen Sachsen-Recht erfordert: [1.] Daß der Ubelthäter auf Handhaffter frischer That betroffen / oder daß zum wenigsten die Klage in continenti geschehen / und nicht übernächtiget worden sey. Land-R. lib. 1. art. 7. §. ult. & lib. 2. art. 64. Denn wenn die That übernächtiget / wird weder Acht - Gericht noch Zetter-Geschrey gehalten. Matth. Coler. Part. 1. Decis. 108. n. 12. Es heisset aber dieses eine handhaffte That / wenn man einen Mann begreifft in der That / nemlich wenn indem die That mit der Faust thätlich und mit Gewalt verrichtet wird / oder kürtz vorher verrichtet worden /
Land-R. lib. 2. art. 35.
Schottel. d. c. 3. pag. 67. Und wo keine handhafftige That ist / da mag man ohne Gerüffte klagen / ob man ohne Schaden bleiben wil. Ergò wo einer nicht eine redliche Ursach hat zu klagen / und beklaget einen darüber mit Zetter-Geschrey / so bleibet er nicht ohne Wandel / sondern muß Abtrag thun / & ea propter injuriarum conveniri potest. Land-Recht d. l. 2. art. 64. CL. [2.] Muß der Judex des Corporis delicti halber gewiß seyn. per L. 1. §. item illud ubi Bartol. ff. ad SCtum Silan. Drum auch entweder der verblichene Leichnam / oder ein Stück von seinen Kleidern / so mit Blut besprützet ist / vor das Gericht gebracht wird / welches letztere man das Leib-Zeichen nennet
Andr. Knich. de Sublim. territ. jure c. 3. n. 405. & seqq.
Schottel. cit. tr. c. 3. pag. 68. Qvomodo autem de corpore delicti constare debeat, non una eademqve omnium est sententia. Sicuti delicta non sunt unius ejusdemqve generic ac qvalitatis, dum qvaedam occultiora, alia manifestiora, arbitrio Judicis relinqvendum existimo, qvando delictum verè perpetratum esse sufficienter probatum existimare velit. arg. L. 1. ff. de jure delib. Et in praxi recepta est doctrina Angeli de aretino, qvod, qvando furtum [43] vel aliud maleficium committitur, Judex mittere debeat ad Iocum, pro reportanda oculata fide, an maleficium commissum sit, & si aliter processerit, teneatur in Syndicatu;
Angel. tr. de malef. verb: fama publica n. 108. & 114.
Hippol. de Marsil. Cons. 134. Vol. 2. n. 1. & cons. 8. Vol. 1. num. 1. Cons. 2. n. 34. Cons. 14. n. 12. Idemqve & multò magis fieri debet, qvando instituitur talis processus Banni & clamoris des Zetter-Geschreyes / cum per hoc multum gravetur fama & opinio rei, saltem apud bonos viros,
Lipsens. Decis. 84.
Wehner. obs. pract. v. Acht-Gericht. pag. 8. CLI. [3.] Die That auch Lebens-Straffe uf sich habe. Weiehb. art. 38. ubi Glossa expressè dicit, nullam accusationem eum clamore institui posse, nisi in tribus casibus, FURTI scilicet, HOMICIDII & RAPTUS. CLII. [4.] Item daß der Richter vorher den Thäter wisse / und [5.] dieser letztere abwesend sey: Denn wenn er zu gegen / ins Gefängniß und zur Hafft gebracht worden / ist unnöthig solch Gericht zu halten. vid. Carpzov. part. 3. prax. Crim. part. 3. qvaest. 136. n. 64. & multis seqq. CLIII. Es kan auch das gewöhnliche Zetter-Geschrey oder das Beschreyen des Ubelthäters / in denen noch nicht übernächtig gewordenen Thaten / weder von dem Richter selbst / salvo processu Criminali, noch auch auf Anhalten und Bitten des Thäters Befreunden ausgelassen werden. Weil dieses ein solenne reqvisitum des Acht-Gerichts / auch / die Bösen von solchen Unthaten abzuschrecken / erfunden und eingeführet ist. Carpz. d. p. 3. q. 136. n. 109. & 113. cum seqq. CLIV. Wenn aber ein Erschlagener gefunden wird / und man des Thäters halben keine Gewißheit haben kan / jedoch wieder ein und andere Person ein Verdacht obhanden: Alsdenn werden die Verdächtige gemeiniglich zu den Entleibten geführet / üm zusehen ob der Getödtete Blut vonsich geben / oder [wie man sonst redet] das Blut klagen möchte. CLV. Weil nun solche übel-betraute Leute vor die Baar / worauf der Umgebrachte lieget / gestellet / und benebenst ihres starcken Verdachts / der warhafften Bekäntnis ernstlich erinnert werden / wollen die Rechtsgelehrte / daß diese Handlung deßwegen Baar-Recht genannt werde. Sonst heisset es auch Jus cruentationis: Item Sandapilae & Feretri Schottel. de Sing. & Antiq. in German. Jur. c. 3. n. 4.
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Aber dieses Wort breitet sich noch weiter aus / und begreifft alles Recht / alle gerichtliche Anstalt / so über einen Ermordeten gehalten wird / dessen Todschläger entweder gantz unbekant / oder zwar bekant / aber entrunnen ist / oder aber noch an einen verborgenen Ort steck; und also nicht nur allein vorberührte Hinführung des Verdächtigen zu der Baar: Massen denn in Nieder - Teutschland etlicher Orten / Zieriz in not. ad Const. Crim. Caroli V. art. 149. Item in Bäyern / Georg Everhard. Vol. 1. Cons. 35. n 35. Der Gebrauch ist / daß wenn ein Getödteter wird angetroffen / es sey gleich in oder ausserhalb der Stadt / und man weiß entweder den Thäter noch nicht / oder kan seiner / weil er geflohen / nicht mächtig werden / der Richter in selbiger Stadt oder Gebiet / sam̅t etlichen Beysitzern / dem Gericht-Schreiber und Fiscal an der Stätte / wo der todte Cörper lieget / eine Session hält / und nach geschehener Anklage / auch Protestirung / daß dieselbe Stadt und Gemeinde / oder die Herrschafft an dem vergossenen Blut unschuldig sey / den Thäter durch den Nachrichter / mit dem blossen Richt-Schwerdt / dreymahl überlaut citiren und ruffen lässet / welches man selbiber Enden eben so wohl das Baar-Recht nennet. Ja da jemand unversehener Weise den andern erschösse / und davon flöhe / oder da einer durch einen ungefehren Zustand üms Leben käme: Als da ihn irgend ein von Dach herabfallender Stein oder Balcken zerschmetterte / wird der Leichnam der Orten / gleichfalls mit dem Baar-Recht / jedoch ohne Beyseyn des Scharffrichters / aufgehoben / und darff ihn keiner wegnehmen / bevor solches Baar-Recht darüber gehalten worden. CLVI. Mit Hinbeyführung des vermeynten Thäters oder anderer verdächtigen Personen aber / so mit bey der Schlägerey und Rauff-Handel gewesen / wird es folgender Gestalt gehalten: Wenn sie bey die Baar / drauf der Ertödtete lieget / gebracht / und ernstlich vom Richter / oder auch wohl einen Geistlichen / der darzu gebraucht wird / ermahnet worden / die That gutwillig zu gestehen / sie aber von der Enileibung nichts wissen wollen / müssen sie an etlichen Orten vorher einen gewissen verabfasten Eyd dreymahl nach einander schweren / und so dann ihre 2. forder Finger der rechten Hand erstlich auf des entseelten Cörpers Mund / hernach auf die Wunden / und endlich auf dessen Nabel legen / und gewisse Worte / so ihnen entweder der Richter / Gerichtschreiber oder Geistliche vorsaget / nachsprechen / ungefehr [45] also: Bin ich schuldig an de nen Tod / so thue ein Zeichen / oder hab ich Schuld an deinem Tod / so gib ein Zeichen von dir! Joh. Christoph. Hundeshagen, in Discurs. Physic. de Stillicidio sangvinis in hominis violenter occisi cadavere conspicui §. 49. circ. fin. üm zu versuchen / ob / wenn die berührte Wunde anhebt zu bluten / hierdurch der rechte Schuldner solches Bluts möge offenbahret werden.
Gerh. Feltmann, de Cadav. in spiciend. cap. 59. per tot.
Zeiler. Epist. 345.
Besold. Thes. pr. v. Baar-Recht pag. 69.
Erasm. Francisci in Neu-polirten Geschicht-Kunst- und Sitten-Spiegel lib. 2. Disc. 3. pag. 336.
Chirstian Conr. Oelsner Dissert. de Jure Feretri. c. 1. §. 4. CLVII. Doch geschiehet solch zeichnen und bluten nicht allemahl auf einerley Art und Weise aus der Wunden und sonsten / allermassen aus folgender Registratur / welche hiebevor von Wertheim aus Francken nach Tübingen an die Juristen Facultät geschicket worden / und bey dem Besold. in Thes. Pract. v. Baar-Recht zu finden ist / erhellet / also lautend: Nachdem auf fleissige Inqvisition der Thäter sicht befinden / noch angeben wollen / ist man deßwegen verursachet worden / ein Baar-Recht anzustellen; bey solchen hat Niclas und Balthasar kein Zeichen an den Cörper / welcher albereit 36. Stunden armordet gewesen / und theils im Gewölbe / theils etliche Stunden vor dem Actu unter dem freyen Himmel bey ziemlich kalten Wetter / mit aufgedeckter Brust und Bauch gelegen / erweisen wollen / und sind beyde auf ihrer ersten Aussage satis confidenter verharret. [NB. Es haben vier auf den Entleibten gewartet / da der Entleibte mit einer Helle-Parthen kommen / sind obermelte zwey hinweg gelauffen.] Auf Vorführung des Jörgens hat der Cörper aus dem Munde blutigen Schaum gegeben. (NB. Dieser ist praesens blieben / da der Occisus gestochen worden / hat aber nicht Hand angeleget.) Nach folgender Vorführung Clausen des Wächters [welcher ratione officii und auf Fordern zu gelauffen / auch Friede machen wollen / und dem Entleibten seine Helle-Parthen genommen] hat gedachter Cörper aus den Wunden Blut gegossen / und solche [welche über das Hertze gewesen] nicht anders gebebet / als wenn das Hertze noch lebte. Dessen ungeachtet / hat gedachter Wächter die ihm angehaltene Formulam juris jurandi dreymahl geleistet. [NB. Er hat [1.] zween Finger auf des Entleibten Mund / [2.] auf den Stich und [3.] auf den Nabel geleget / auch dem Pfarrer / so ihn seines Gewissens erinnert / nach [46] sprechen müssen / die That aber nicht bekennen wollen.] In Gegenwart Lorentzen / mit welchen der Entleibte / da er den Stich bekommen / zu thun gehabt und gerungen / hat der Cörper blutigen Schaum abermahl aus dem den Tages hat der Wächter selbst zu einem Thäter sich angegeben. Ex hoc apparet, vulnus corpus???ve mortui gradus culpae observasse. Da der Jörg praesens gewesen / ist recht natürlich Blut aus dem Munde gescheumet / [NB. dieser war fast der Anfänger des Handels / Ergo hat der Mund ex rancore gescheumet / sed non vulnus, weil er nicht der Thäter.] Da der Wächter gegenwärtig / hat sich beym Munde nichts ereignet / da er zween Finger auf den Nabel gethan / hat die Wunder wieder ebulliret / aufgejoren und gezuckt / gleich wie die Puls-Adern schlagen. Der Lorentz hat mit dem Occiso gerungen / im Nachsprechen ist dem Todten blutiger Schaum zum Maule ausgelauffen / als er auf die Wunden die Finger geleget / hat die Wunde wieder gezucket und sich gereget. Da Lorentz abgeschieden / hat sie nicht mehr gezuckt sc. CLIX. Woher nun dieses / welches in der offenbahren Experientz beruhet / eigentlich rühre / und ob es einer so wunderbahren verborgenen Feindschafft zwischen den todten Leichnam / un̅ den gegenwärtigen Thäter beyzumessen / wie
Martin. Delrio lib. 1. Disq. Magic. c. 3. q. 4. pag. 23. & in comment. ad Senecae Octavian. v. 127. p. 523.
add.
Thes. Critic. Gruteri, part. 2. pag. 1373.
Athan. Kircher. lib. 3 part. 7. c. 6. pag. 724. de arte Magnetica.
Binsfeld. de confession. Malef. Praelud. 12. dub. 4. concl. 8. und andere wollen / oder ob hierunter nur blosser Dinge Gottes Hand und Gerichte augenscheinlich zuspüren / davon mögen disputiren und dran zweiffeln wer wil / die hiervon verhandene / und bey den
Hippol. de Marsil. Pract. Crim. §. diligenter n. 181.
Joseph Sesse, in Decis. Arragoniae III.
Kornemann. de mirac. Mort. lib. 2. c. 24. & 29.
Erasmo Francisci in Neu-polirten Geschicht-Kunst- und Sitten-Spiegel. lib. 2. Disc. 3. per tot.
Just. Georg Schottelio, de singular. qvibusdam & antiq. in German. Jur. cap. 3.
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Cantipratano, lib. 1. mirac. c. 16. §. 2.
Crusio, part. 3. Annal. Suev. lib. 9. c. 16.
Zeilero, in der 16ten traurigen Geschicht.
Harsdörffer / c. 129. p. 3. der jämmerlichen Mord-Geschichte.
D. Becmanno, Prof. Francof. ad Viad. in Dissert. de judicio Dei.
Joh. Christiph Hundeshagen / in Discurs. Phys. de Stillicidio Sangvinis §. 47 48. 49. & 60. und andern befindliche vielfältige Geschichte und drauf erfolgte wunderbare Bekäntniß und gerechte Bestraffungen / [so anher zu setzen wir vor unnöthig erachten / damit das Capitel nicht gar zu lang und weitläufftig werde] sind also bewand / daß ein gewissenhaffter Mensch nicht anders sagen und bekennen kan / als hie sind Gottes Finger! Da nemlich GOTT der HErr heimliche / verborgene / ungestraffte Ubelthaten wil offen bahren und straffkündig machen. Schottel. à. tr. cap. 3. §. 13. pag. 89. & 90. CLX. Ob man aber einen deßwegen strack beym Kopf nehmen / und auf die Folter werffen lassen könne / wenn der Entleibte bey Legung der Finger auf die Wunde / Mund oder Nabel / und obgedachter Anrede / starck anzubluten fänget / ist die Frage? Antwort: Hierbey finden sich drey unterschiedliche Meinungen. CLXI. Etliche statuiren / daß dieses eintzige sufficientissimum indicium ad torturam sey / als.
Menoch. de praesumpt. 89. n. 128. & lib. 2. de A. I. Q. cent. 3. sas. 270. num. 16. & 17.
Mascard. de probat. vol. 2. conslus. 868. n. 24.
Boer. qvaest. 166. n. 1.
Matthias Berlich. part. 4. Concl. 11. n. 74. ubi in Academia Marpurgensi Anno 1608. ejusmodi easum refert accidisse, reosqve ea propter esse tortos, crimineqve confesso capite truncatos. Et tanti hanc praesumptionem faciunt, ut dicant, ab ea experientia non esse recedendum,
Paris de Puteo, tr. de Syndicat. verb. tortura cap. 3.
Chassanaeus in tr. de indiciis. cap. 3.
Nicolaus Florentin. Serm. 5. tr. 1. cap. 6. CLXI. Andere wollen die Mittel-Strasse gehen / und sagen / weil dieser Blur-Beweiß / so nach einen oder mehr Tagen / dem Entleibten entweder zum Munde / oder zur Nasen heraus schweisset / gar selten betriege; als [48] könne man es zwar billich für ein Indicium oder Anzergung mit annehmen: Es sey aber vor sich allein nicht gnung zur Tortur / sondern es müsten noch andere / non levia, sed probabilia & verisimilia indicia concurriren / worunter
Dn. Carpzov. part. 3. prax. crim. qvaest. 122. n. 36.
Zanger. in tr. de qvaest. seu tortur. c. 2. n. 160.
Treutler. Select. disp. vol. 2. disp. IV. th. 7. lit. E.
Erasm. Francisc. in Neu - polirten Kunst - Wunder - und Sitten - Spiegel Lib. 2. disc. 3. p. 344. & 345. mit begriffen. CLXII. Die Letztern aber negiren gantz und gar / daß es ein Indicium sey / als
Dn. Struve, Dissert. de Indiciis c. 3. indic. 2. §. 1.
Gomez. tom. 3. var. resol. c. 13. num. 15.
Arumaeus, Exerc. 20. thes. 19.
Goedd. disp. Juris part. 3. disp. thes. 11.
Ilico Ummius, disp. ad process. 15. n. 46.
Schnobel. disp. ff. 24. thes. 25. und viele andere mehr / deren Meinung auch die beste ist. CLXIII. Nam, ut judex legitimè utatur remedio torturae, D. Eckolt Comment. ff. de qvaestionib. §. 5 qvatuor notat reqvisita, qvae accuratissimè debet observare [1] ut causa & accusatio sit Criminalis, eaqve atrox & capitalis.
L. 8. ff. de qvaestion.
Ord. Crim. art. 8. in princ.
Wesenb. ad tit. de pvaest. num. 8. [2] ut deficiant aliae legitimae probationes, sic ut veritas aliter haberi neqveat, juxta Paulum in L. 8. ff. de qvaest. non enim à tortura inchoandum. L. 10. ff. eod. [3] ut de corpore delicti praeprimis constet, & qvidem certò, illudqve verè perpetratum fuisse appareat.
L. 1. §. 24. ff. ad S. C. Syllan.
L. 1. Cod. ubi Causa Fiscal. & [4] reqviritur, ut reus multis indiciis oneratus & argumentis propemodum convictus sit, si velit dictum remedium decernere.
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L. 1. §. 1. L. sin. ff. L. 3. & 8. §. 1. C. de qvaestion. qvo cum concordat Constit. Crim Caroli V. art. 20. verbis: So jemand einer Ubelthat durch gemein Leimuth berüchtiget / oder anderer glaubwürdiger Anzeigung / Verdacht und Argwohnung / und deßhalber durch die Obrigkeit von Am̅tswegen angenommen würde / der soll doch durch peinliche Frage nicht angegriffen werden / es seyn den zuvor redliche und deßhalben gnungsame Anzeigung und Vermuthung von wegen derselben Missethat auf ihn glaubwürdig gemacht. CLXIV. Praeterea Deus non vult extraordinariis remediis veritatem delictorum in homicidiis clandestinis proferre: nec absqve necessitate producit miracula; Et judices hujus mundi debent judicare secundum prudentiam, qvae cadit in hominem, relinqvendo coetera judicio Dei.
Heig. part. 2. q. 39. n. 116. & seqq.
Just. Oldekop. observ. Crim. tit. 4. obs. 16. n. 19. CLXV. Man findet auch kein Wort von diesen Blut-Beweiß in der peinlichen Hals-Gerichts-Ordnung Caroli V. die doch mit Zuziehung und Rath so vieler vortrefflicher / gelehrter und verständiger Männer aufgesetzet worden / die ohne Zweiffel solchen darum ausgelassen / weil sie es vor ein ungewiß / ja gar vor abergiäubisch Ding gehalten. Dan. Clasen, in Comment. ad dict. Const. Criminal. art. 33. pag. 178. CLXVI. Drum auch das Baar - Recht an den meisten Orten in Abgang kommen / und selten exerciret wird. Christian. Conrad. Oelsner, dissert. de Jure Feretri cap. 1. §. 11. in fin. CLXVII. Zumahl da man aus der Erfahrung hat / daß / wenn schon der Thäter bey des Entleibten Cörper gestellet worden / mannichmahl es gar kein Zeichen gegeben / Erasm. Francisc. d. l. pag. 339. Hingegen derselbe in Umstand seiner Freunde und anderer unschuldigen Leute häuffig Blut von sich gelassen.
vide B. Sperling. lib. 2. Instit. Physic. c. 3. q. 1. pag. 299.
Joh. Christoph. Hundeshagen, disc. Physic. de Stillicidio Sangvinis & hominis violenter occisi §. 109. & seqq.
& Georg. Horst, tr. de cruentat. Cadav. per tot. CLXIIX. Hinc rectissimè responderunt Scabini Lipsiens. teste Carpzov. Pract. Crim. part. 3. qvaest. 122. n. 35. ad reqvisit. Senat. Zwic Kaviens. mens. Jan. Anno 1606. p. p. Ob nun wohl des entleibten Cörper / so allbereit gar kalt und starrend gewesen / wie derselbe für Gericht getragen / und die drey [50] Gefangene für ihn gestanden / aber ihn nicht angreiffen wollen / an den empfangenen Schaden von deuen gar frisch Blut zu bluten angefangen / und so lange als die Gefangene darbey gestanden geblutet / ungeachtet daß das Blut / so aus der Wunden gelauffen / abgewischet worden / welches aber hernach / so bald die Gefangene vor Gericht abgetreten / sich gestopfft: So mag doch derowegen in Mangel anderer kräfftigen Indicien / wider die drey Gefangene noch zur Zeit nichts peinlich vorgenommen werden B. R. W. add. Herm. Goëhausen, in peric. Academ. de Jure publ. p. 3. pag. 540. CLXIX. Die Bann-Gerichte aber / bey welchen solch Baar-Recht noch üblich ist (wie denn in Italien dasselbe noch an ein und andern Ort exerciret wird / teste Dn. Conringio, in Disqvisit. Politic. de forma Judiciorum in Repretè instituenda, Helmstad. Anno 1667. habita. §. 265. & 294) haben sich wohl in acht zunehmen / und dabey behutsam zu verfahren / damit der todte Cörper zur selbigen Zeit nicht gerühret / gewendet / oder auf andere Masse moviret werde / sondern wenn derselbe eine gute Zeit stille gelegen / erkaltet / und also nicht zu vermuthen / daß er / natürlicher Weise / mehr bluten könne / alsdenn kan die verdächtige Person vorgestellet / und zum Anrühren angehalten werden. CLXX. Was sich auch hierbey vor Umstände ereignen / ist mit Fleiß zu registriren / der verdächtig befundene in Verwahrung zubringen / ümständlich zu examiniren / sernere Erkundigung einzuziehen / und die Acta hernach zum Verspruch Rechtens zu schicken. Autor Prax. Crim. Alteb. p. 146. & 147. CLXXI. Uber dieses hat man vor Alters auch eine Gewohnheit gehabt / daß wenn ein erschlagener und ümgebrachter Mensch gefunden worden / und niemand den Thäter gewust / die Obrigkeit alle Unterthanen eines gewissen Distriets / was Männlich gewesen / zuweilen auch wohl wegen mitunterlauffender Umstände / die Weibesbilder zusammen kommen laffen / da einer nach dem andern den Entleibten anrühren müssen / üm zusehen / ob er bey ein und des andern Anrühren ein Zeichen durch Bluten / oder sonsten von sich geben würde / den Thäter dadurch zu erkennen und zur Hafft zu bringen. Wenn man aber ein ümgebrachtes Kind gefunden / haben alle Mannbare Jungfern / und die Wittben hinbey kommen / und das todte Kind anrühren müssen. Hundeshagen, d. tr. §. 1. CLXXII. Andere haben solchen tod-gefundenen Menschen / da man keine Nachricht erlagen können / wer die That begangen / den rechten Daumen [51] gantz mit den Musculis abgeschnitten / in den Gerichten an einen gewissen Oet / oder auch wohl gar in die Gefängniß an einen Faden oder Band aufgehenckt und behalten / daß / wenn etwan der Thäter ungesähr dieser oder anderer Unthaten halber / in Hafft käme / solcher Daumen noch ein Zeichen geben möchte. CLXXIII. Etliche haben dem Entleibten wohl gar eine Hand abgehauen / und solche aufgeheben / gestalt denn Schottolius de sing. & antiq. in Germania Juribus c. 3. pag. 101. aus dem Chytraeo erzehlet / daß einem Ermordeten die Hand abgeschnitten / und nach Begrabnng des übrigen Leichnams in dem Gefänguiß zu Izehoe aufgehänget worden; woselbst sie auch gantzer zehen Jahr über an einen Faden gehangen. Endlich wird einer auf Dieberey erwischet / und dahin geführet / bey dessen ersten Eintrit die schier verdorrete Hand augefangen zu bluten. Worüber der Dieb hart befraget / auch beweget worden / zu bekennen / daß er vor zehen Jahren einen Mann auf der Strassen ümgebracht / dessen die Hand sey / deßhalber er auch den verdienten Lohn durch den Diebs-Hencker bekommen. CLXXIV. Wenn der Thäter durchgangen / pflegen etliche Richter den Entleibten / wenn sie zu ihn mit den Gerichts-Personen kommen / durch den Diener auf den Bauch und das Gesichte zu wenden / oder ihm den rechten Schue ausziehen / und auf das Antlitz legen zu lassen / den Aberglauben darbey habende / es könte alsdann der Thäter nicht aus der Stadt / Gerichtsoder Dorfs-Gräntze kommen / sondern müste drinn bleiben / und so lang herum gehen / biß er ertappet würde / welche Procedur aber keines Weges gebilliget wird. Wey dem Caspar Schotto, pag. 407. findet man hievon ein notabel Exempel / wenn er also setzet: Prodi inqvit, à Daemone occisores solere nec mirum est, nec novum, ut patet in iis, qvi cadavere occisi inverso fugere neqveunt, ut memini me legisse apud aliqvos, & hisce meis oculis aliqvando vidi adhuc puer. Ex urbe qvadam egrediebantur duo juvenes artifices gladiis accincti, & Sarcinulis onusti, peregrinaturi ad opificium in aliis Urbibus exercendum pro more patriae. Horum unus benè potus, nescio ob qvod verbulum licentiosius effusum antea in hospitio, alterum provocat ad duellum. Renuit hic. ut temulento parceret. Temulentus contra evaginato gladio irruit in alterum, & excusso primu̅ pileo laedit eum in vertice ad copiosum sangvinis defluxum. Coactus igitur congreditur cum temulento, post gladium per inguina transadigit, prostatoqve inimico in terram supino abit cum sarcinula [52] sua. Accurrunt statim ex Urbis vicinâ portâ multi ad occisum adhuc spirantem, interqve illos militis uxor protinus evertit spirans Cadaver, ut vultus ac Venter terram contingeret: Et Ecce! eodem statim momento, ut notatum ab excubitore milite supra Urbis portam fuit, fugiens retrahi se sentit, & post longam luctam inter abitum & reditum, tandem spontè redit ad Urbem, & Magistratui se sistit. Retractus igitur hic fuit non ab alio qvam à Diabolo ex pacto cum militis illius uxore seu explicito seu implicito, &c. CLXXV. Hinc pendet etiam ratio cujusdam moris antiqvi eorum, qvi caesorum à se corporum, per insidias maximè, summas partes recidere & secum sub alis appensas gestare consueverant, sperantes hoc modo infirmum reddi mortuum ad vindicandum facinus. Innuit & hoc Apollo Rhod lib. 4. Argonaut. additqve, TER SANGVINEM CAEDIS AUCTORES EORUM, QVOS INTEREMISSENT, LINGVERE consuevisse. Petr. Greg. Tholos. lib. 36. Synt. Juris univ. c. 20. n. 8. CLXXVI. Ferdinandus Gonzaga, Fürst zu Mantua erforschte den unbekanten Todtschläger auf diese Weise: Er ließ für sich kom̅en den gantzen Hauffen / unter welchen der Thäter vermuthet ward; Hieß einen jeden die Brust blössen / und begriff dieselbe mit eigner Hand / biß er endlich zu einen kam / welchen das Hertze mercklicher klopffte und zappelte / weder des vorigen; zu diesen sprach er alsobald: Du hast es gethan! Und derselbe gestund es auch alsobald / weil ihm die Angst seines bösen Gewissens solchesheraus trieb. Erasm. Francisc. d. lib. 2. disc. 3. pag. 336. CLXXVII. An etlichen Orten hält man dafür / wann einem / der bey einer Feuers-Brunst sich befindet / die Schuh an den Füssen anfahen zu brennen / derselbe der Thäter sey.
Just. Georg. Schottel. in der Teutschen Haupt-Sprache fol. 501.
Besold. in Thes. pract. v. Baar-Recht pag. 71. CLXXVIII. [II.] Das Acker-Gericht / darinn werden die Streitigkeiten wegen Rein und Stein / auch anderer Urkunden der Aecker / Wiesen und dergleichen Feld - Güter entschieden und erörtert / welches sonderlich zu Franckfurt am Mäyn üblich / wie mit mehrern aus derselben Reform. part. 9. tit. 3. zusehen / ibi: So sich die alten Steine in der Furchen / oder sonsten wiederum finden / so gelten die alten und nicht die neugesetzte Steine. Diejenigen / so die gesetzte Steine / sie seyen jung oder alt ausheben / auswerffen / oder dieselben sürsetzlich mit Wasamen [i. e. Rasen] Erden oder sonst De [53] cken / sollen zehen Gülden dem Acker-Gericht erlegen / und auf ihre Kosten die ausgeworffene Steine wiederum setzen lassen.
Dither. in addit. Thes. pract.
Besold. v. Marck / Marckstein fol. 624. CLXXIX. [III.] Das Aisch-Gerichte / dicitur corruptè pro Frais-Gericht. Aisch sumitur pro Information-Urthel. Und sind vor diesen gewisse Oerter benennet gewesen / von welchen man die Information Urthel hat einholen müssen. Dither. in Contin. Besold. h. v. pag. 65. CXXC. [IV.] APPELLATIONS-Gerichte / hievon handelt ausführlich Georg Engelhard von Lön-Eisen / in der Hoff-Staats- und Regierungs-Kunst von fol. 445. biß 465. add. Die Churfürstl. Sächs. Appellations-Ordnung / in Corp. Jur. Saxon. pag. 607. & seqq. CXXCI. [V.] Ampts-Rath oder Ampts-Gericht / von diesem Concicilio Qvaestorio kan man gleichfalls bey jetztgedachten Lön-Eisen von fol. 332. biß 374. lesen. CXXCII. [VI.] Das Bau- und [VII.] das Bauren-Gericht wird nebst andern zu Nürnberg gehalten.
vid. Reform. Noric. tit. 1. Lib. 3. & 4.
Wehner. obs. Pract. v. Gericht pag. 160. &
Dither. in Contin. Besold. v. Baurichter. CXXCIII. Von Bauren oder alt Weiber-Scheid kan man Nachricht finden bey Balth. Conr. Zahnen / in der Ichnographia Municipiali cap. 8. n. 33. & 34. CXXCIV. [VIII] Blut-Gericht oder Blut-Bann ist so viel / als die Ober- und Hals-Gerichte. Und wird in den Käyserlichen Lehn-Briefen gemeinlich der Bann über das Blut zu richten genennet. vid. Besold. in thes. Pract. v. Vlut-Bann p. 108. CXXCV. [IX.] Bürger Gericht. Wehner. v. Gericht p. 160. CXXCVI. [X.] Cammer-Schultz- und Voigt - Gericht ist zu Speyer üblich gewesen / vide Lehman. Chron. Spirens. lib. 4. c. 19. per 101. CXXCVII. [XI.] Das Cammer-Gericht. Vor uralters muste die höchste [54] Justiz bey dem Käyserlichen Hof-Lager gesucht werden / und gienge dieselbe mit dem von einem Ort zum andern / welches denen Ständen beschwerlich fiehl. Und werden die Käyserliche Räthe / welche in Justiz-Fällen / in Nahmen und aus Befehl Käyserl. Majestät erkanten / und denen Partheyen Bescheide ertheilten / Hof- und Platz-Grafen genennet / davon noch auf den heutigen Tage die Würde der Comitum Palatinorum mit gewisser Masse im Gebrauch ist. Nachdem aber hierdurch nicht allein die Sachen mercklich aufwuchsen / sondern auch mannichmahl in gefährlich- und wichtigen Vorfallenheiten / der Käyserl. Hof gar nicht zu erlangen war / auch dannenhero grosse Ungelegenheiten im Reich entstanden: Als hat Käyser Conrad der III. seinen Schwaben und andern Reichsständen / auch deren Unterthanen Anno 1147. ein beständiges Gericht zu Rotweil angeordnet / dessen Bezirck und Befreyung beym Limnaeo lib. 9. jur. publ. c. 3. die Verordnung aber beym Goldasto in den Reichs-Satzungen pag. 8. zu ersehen / welches von dem Grafen von Sultz / als Erb-Hofrichtern / und dem Rath zu Rotweil / als Schöppen / besetzt. Wie aber denen Sachen damit nicht geholffen; als hat man / (wie auch / schon zu Zeiten König Caroli des Grossen und dessen Sohns Ludwig des Frommen / vor gut befunden worden / jährlichen geistliche und weltliche Stände zusammen zu beruffen / des Reichs Nothdurfft berathschlagen und erledigen / auch darüber Verordnung thun zu lassen) jährlich alle Reichs-Stände convociret. In dem sich aber auch hiebey hervor gethan / daß durch solche Reichs-Täge / die einen Monat wehren sollen / denen Emergentien nicht gesteuret / und darbey grosse Unkosten und Versäumniß geklaget worden / hat man des Reichs Regiment Anno 1500. zu Augspurg von zwantzig Personen / auf gewisse Jahre angeordnet / welches eine Zeitlang gedauret / hernach wieder abgethan / und die jährliche Reichs-Tage eingeführet / anno 1521. aufs neue bestätiget / ihm aber doch die Gewalt / welche es Anno 1500. erlanget / mercklich abgekürtzet / und endlich gegen Anno 1530. gar getilget / hingegen das Cammer-Gericht gegründet worden. Und weil dessen Hegung ratione des Orts in Käyserl. Majestät Willkühr gestanden / doch daß es nicht über Cölln oder über Augspurg geschehe / R. A. zu Worms de Anno 1521. §. und soll obgenant sc. so ist solches in des H. Reichs Stadt Speyer beständig und bleiblich gesetzet / und zwar der gestalt / daß Käyserl. Majestät / auch Churfürsten und Stände des H. Reichs dasselbe durch einen Richter / und vermöge des Friedens-Schlusses / funfzig Assessores oder Urtheilere von beyderley Religionen / und zwar der Catholischen 26. deren Evangelischen aber 24. mit eingerechnet der vier Praesidum, so Grafen oder Herrn Standes / und [55] zween davon der Catholischen / die andern beyde aber der Evangelischen Religion bey gethan seyn sollen / bestellet / und denen in allen und jeden Sachen / die Stände betreffend / [doch diejenige worinn Käyserliche Jurisdiction allein fundiret / ausgeschieden] des H. Reichs Satz- und Ordnungen / auch gemeinen beschriebenen Rechten / und dero Stände redlichen Gewohnheiten und Statuten gemäß / zu urtheilen und zu judiciren eingeräumet. Wie die Zahl der Assessorum nach und nach gestiegen / und / wer dieselbe zu praesentiren / davon ist ausser obangezogenen zu Worms datirten Reichs-Abschiede der R. A. zu Speyer de Anno 1570. §. dieweil denn auch sc. wie nicht weniger das Instrumemum Pacis art. 5. §. sin. und zumahl aus der Cammer-Gerichts-Ordnung de Anno 1555. deren reqvisita, Pflichte und dergleichen zu ersehen. Darbey auch zu mercken / daß kein Gericht / so hoch das auch im Römischen Reich sey / entweder neue Gesetze und Ordnungen vor sich zu geben / oder die bereits von des Reichs wegen geschlossene und promulgirte zu expliciren Macht habe / sondern deren Gewalt blößlich in Recht geben / oder wie es die Griechen nennen / [Greek words] bestehe: Die [Greek words] und deren Erklärung aber Käyserl. Majestät und dem H. Reich ruhend bleibe. Ausser der Assessorum Zahl / ist auch ein Advocatus und Procurator Fisci Imperialis, welche Käyserl. Majestät zu benennen / und zu bestellen hat / deren Ampt und Verrichtung Denaisius in compend. Jur. Cameral. tit. Causae Fiscales erzehlet. Den Cantzeley-Verwalter / und die Secretarios, Protonotarios, Notarios, Lesere / Ingrossisten / Copisten / Pedellen und Bothen sc. pfleget Chur-Mayntz / als des H. Reichs durch Germanien Ertz-Cantzler an / und in Pflichte zu nehmen. Unter denen / wie auch allen Ministris Camerae soll paritas religionis in acht genommen werden. Und ist eines jeden Ampt an obgedachten Ort der Cammer-Gerichts-Ordnung ümständlich beschrieben / auch solcher Ordnung nach und nach angehengte Verbesser-Erleuter- und Enderungen beym Denaisio in seinen Compendio Jur. Cam. und den Reichs-Abschiede de Anno 1654. zu erlernen. Die Advocaten und Procuratores aber werden von der Cammer / wenn sie habiles und tüchtig erfunden werden / verpflichtet. Autor Jur. Publ. Rom. Germ von pag. 233. biß 237. add. Tob. Baurmeister de Jurisdict. pag. 444. n. 13. & seqq. usqve 20. Item pag. 445. n. 18. pag. 446. n. 19. & pag. 447. n. 22. Matth. Stephani de Jurisdict. lib. 2. part. 1. cap. per tot. Petr. Heigius lib. 1. qvaest. 9.
|| [56]

Joh. Calvinus in Process. fol. 152. & multis seqq.
Otto in Jur. Publ. pag. 152.
Limnaeus J. P. tom. 3. lib. 9. cap. 2. per tot.
Carpzov. in Capit. cap. 9. n. 13. & seqq. CXXCVIII. Von dem Churfürstl. Cammer-Gericht in der Marck-Brandenburg / und dessen Bestellung / kan gelesen werden D. Lambertus Distelmeyer / gewesener Churfürstl. Brandenb. Cantzlar / in Constit. March. tit. 2. & Joachim Schepliz ibidem, ubi dicit: Judicium Camerale unicum habetur in Marchia. Es soll nur ein Cammer-Gericht und Cantzeley im Lande gehalten werden. In Gallia similiter unam solummodò esse Cancellariam, qvae dependet ab officio & potestate Cancellarii Franciae, testatur Bartol. Chassanaeus, in Consuet. Burgund. rub. de gabell. verb. sous les se aux de la & c. n. 1. CXXCIX. Hinc is ibidem sumit occasionem qvaerendi, unde dicatur Cancellarius? & inqvit, qvod dicatur à cancellando, qvia Rescripta & Privilegia sigillo Regio munienda [qvod apud se est] priusqvam eo muniantur, corrigit & cancellat, adducens Politiani versiculos in Prologo, dum inqvit: Hic est, qvi leges Regum cancellat iniqvas, Et mandata pii Principis aeqva facit. Si qvid obest Populo, vel Legibus est inimicum, Qvicqvid obest, per eum desinit esse nocens. Qvod Pari modo confirmat Joh. Spiegel in Lexic. in verb. Cancellare, ubi inqvit: Illius officium esse, Rescripta vel Responsa Imperatoris & mandata Inspicere, & malè scripta cancellare, benè vero scripta signaculo suo obsigillare. Qvi ibidem qvoqve ex Budaeo in annot. ad rub. de offic. Praefect. Praetor. qvalis esse debeat Cancellarius, indicat: illum PROMUM CONDUM clementiae benignitatisqve Principalis factum esse declarans, id est, qvi illius aeqvitatis officinae, qvam CANCELLARIAM dicimns, liberam administrationem habet. Ubi etiam refert, qvamvis nonnulli velint, Cancellarii nomen non reperiri apud probatos Authores, nisi Flav. Vopiscum: attamen qvomodo vox illa probetur Oldendorpio, apparere ex Epistola scripta ad Cancellarium Hassiae, cujus verba qvoqve adducit, apud qvem qvilibet hoc videre potest. Et ibidem Spigelius ex Aurelio Cassidoro ostendit, etiam Justiniani Imperatoris Principatu, Cancellarii nomen tum officium fuisse amplissimum, sicuti Chassanaeus d. loc. n. 2. commemorat, qvod ipse Can [57] cellarius scilicet sit secunda Persona Galliae qvoad Jurisdictionis administrationem. CXC. Hinc etiam cernimus in Romano Imperio Cancellariatus officio fungi Electores Ecclesiasticos, qvi certè hâc ratione & dignitate antecedunt reliqvos Electores seculares, uti id manifestè etiam colligitur ex his, qvae traduntur ab Andr. Knichen, in eruditissimis suis commentariis, de Saxon. non Provocand. Jure & Privileg. verb. Electorum c. 1. n. 74. add. Crus. de Praecedentia lib. 4. c. 2. n. 9. ubi de CANCELLARIIS ita scribit: Olim Cancellarii dicebantur, qvi Cancellos servabant, fores enim Veterum erant cancellatae i. e. ex lignis reticulatis compositis textae. Sed paulò post Carini & Vopisci tempora, uti patet ex Cassiodoro in formula Cancellariatus lib. 11. Cancellarius non, ut olim, ostiarii munus sustinuit, verùm ex parte eorum, qvi hodie in Aulis communiter Principibus à Secretis & libellis supplicum sunt, stetit. In Constitutionibus Caroli M. Cancellarius simpliciter pro Scriba & Actuario usurpatur. vid. Goldast. Const. Imp. pag. 269. Sed postea sub nostris temporibus & Regibus Francorum eò ascendit Cancellarii dignitas, ut, qvo munere olim apud Romanos Qvaestor Sacri Palatii vel Logotheta apud Constantinopolit anos, eodem in Aulis Principum & Regum utatur Cancellarius. Gastell. de Statu publ. Europae p. 404. Bernh. Malinkrot. de Cancellariis & Archicancellariis. CXCI. [XII.] Cantzeley-Rath und Gerichte / hievon handelt ausführlich Georg Engelhard Löhn Eis in seiner Hof-Staats- und Regierungs-Kunst von fol. 396. biß 419. CXCII. [XIII.] Das Cent-Gericht oder Cent-Grafen-Gericht. Der Cent-Grafe ist des Gaw-Grafens oder Landrichters Stadthalter / in Verwaltung der mochentlichen gemeinen Verhör-Täge auf den Lande / zu Zeiten der Fränckischen Königen gewesen / den die Gaw- oder Grafschafften hat man in Centen abgetheilet / das ist in gewisse Dorfschafften / welche zusammen eines Cent-Grafen Gericht unterworffen / und von demselben Recht genommen. Capit. lib. 3. c. lib. 4. c. 23. Regiones per Centenas distinctae erant: unde Centenarii nomen. Is Magistratus qvi Centenae praesidebat, Comiti erat subjectus. Es hat aber der Zehnt-Graf allein Frevel geteidigt / Schuld und andere geringe Sa [58] chen entschieden. Was Malefiz oder eines Freyheit / Erbe und Eigen angelanget / das ist der Grafen Verrichtung zu gestanden / davon ein ausführlich Gesetz Capit. lib. 3. c. 69. CXCIII. So haben auch die Freie / das ist Adeliche Personen auf dem Lande und in Städten die Freyheit gehabt / daß sie vor der Cent-Grafen Gericht nicht erscheinen dürffen / sie seyen dann demselben als Richter / zugeordnet / oder Kläger / oder als Zeugen fürbeschieden gewesen; sonst hat jederman aus den Gemeinden auf den Dorfschafften vorm Gericht sich ein stellen müssen / wenn einer oder ander in seinen Sachen einen beklagen / und Zeugen führen wollen / daß der Beklagte und Zeugen gleich an der Hand seyn / und der Cent-Grafe mit seinen zugeordneten alsbald Bescheid geben können. CXCIV. Der Cent-Graf hat gleichen Eyd / immassen andere Richter / geschworen / und so er sich demselben ungemäß verhalten / und dessen in Gegenwart der Königlichen Gesandten auf dem Land-Gericht überwunden / haben dieselben den Cent-Grafen seines Ampts zu entsetzen / und einen andern an dessen Statt zu erwehlen Macht gehabt.
Capit. lib. 3. c. 11.
Lehmann. in Chron. Spirens. lib. 2. c. 23. CXCV. Denominationem vocis Cent vide apud Andr. Knichen de Sublim. & Regio Territ. Jure c. 4. n. 39. seqq. usqve 78. Schottel de Sing. & Antiq. in Germ. jur. c. 7. pag. 211. 212. & 213. CXCVI. Heut zu Tage aber haben sich die Centen gantz ümgewendet / und ist ihre Bürgerliche Jurisdiction in ein Malefiz- oder Hals-Gericht allerdings verwandelt. Acta Lindaviens. fol. 580. In dem Lande zu Francken gehören allein die vier Fälle Mord / Raub / Brand und Diebstahl zur Centlichen Obrigkeit.
vid. Knichen. d. tr. c. 4. n. 331.
Knipschild. de jure Civit. Imp. lib. 1. c. 6. n. 156. Besold. in thes. pract. v. Centbarliche Obrigkeit p. 148.
Dither. in Contin. Besold. pag. 134. Anderswo begreifft dieselbe in sich alle Fraiß / Malefiz-Fälle / hohe und Haupt-Rugen / alle Fälle und Rugen / so Leib und Leben / Hals und Hand / Haut und Haar / und dergleichen betreffen: Alle hohe und niedere Gebot / und Verbot auf der Gemeind ausserhalb und auf den häußlichen Lehn zu [59] Dorf und Feld / Gassen und Strassen / Engern / Plätzen alle so innerhalb der Land- und Cent-Gräntzen [haec enim diversa sunt] gesessen / auch alle Güter darinn begrentzt / bekreist / begriffen / bezirckt / gelegen: Alle Anlagen / Aufsatzung / welche in den Cent pro re natâ fürfallen / Cent-Pflicht / so alle Mündige an der Cent würcklich ablegen und leisten müssen. Centschrey / Centvolg / Kirchweih / Schutz und Schenckung / deren so wohl als der Hochzeit und Kindtauff Verlagen / deren Schutz und Friede gebothe auf der Gemeinde und Voigtheybahren Lehn / gemeine Aempter in Dörfern zu besetzen / enturlauben / beeydigen / deren Rechnung anhören und dispungiren / rectificiren / Abscheidung / Einzug / Niederlag / Handwercks-Bussen / Meister-Geld / Rein / Stein / Herd oder Beysitzer / und Schutzgeld / Rüge / Cent- und Vogteyhaber / Futter / Mahl- und Atzung aufder in der Cent gelegenen Gütern / Lager und Landwehr Geld / hohe und gemeine Land-Gericht zu besuchen & similia
vid. Petr. Leopoldi apud Arum. tom. 1. discurs. 24. th. 4. & seq.
Besold. in thes. pr. pag. 148. Ist demnach Cent / Cent-Gericht / Cent-Recht / Cent-Gerechtigkeit sc. so viel als die hohe Fraiß / Gerichts-Zwang / Hals-Gericht / peinliche Obrigkeit / Blut-Bann / Voigtey über das Malefiz sc. und wird ein Herr dem die Cent gebühret / Cent-Herr und Fraiß-Herr genannt / Zeiler. Epist. 345. Cent-Grafe aber ist hodie ein peinlicher Richter /
Acta Lindav. fol. 550. & 580.
Dither. add. Thes. Pract. Besold. v. Cent-Grafen 26. pag. 149.
Plura vide apud Wehnerum in observ. Pract. v. Zent / item Voigtey &
Matth. Bernegger. qvaest. 64. ex Tacito.
Speidel. in Spec. notab. pag. 209.
Theoph. Valent. Schubarti Disp. sub Praesidio D. Linkii de Centena. Altdorphii anno 1676. habita. CXCVII. [XIV.] Dorf-Gerichte wurden vor Alters darum auf den Lande und in den Dörfern angestellet / damit die Bauers-Leute nicht weit nach den Städten und Aemptern gehen / und viel an ihren Ackerbau und Feld-Arbeit versäumen / sondern / wenn sie was zuklagen / die Gerichte nahe bey sich haben möchten.
auth. agricultores C. qvae res pign. oblig. poss.
rubr. C. de Rustic. ad nullum obseq. devoc. L. XI.
Andreas Knich. de Superiorit. territ. c. n. 566.
|| [60]
Welches ihnen von der hohen Obrigkeit als eine sonderbare Gnade ertheilet worden. Polyb. lib. 4. cap. 43. CXCIIX. Solche Dorf-Gerichte aber wie sie vor Alters gewesen / sind mit der Zeit in Abgang kommen / daß davon nur noch wenig vestigia an ein und andern Ort übrig seyn. vid. Schifordegker, lib. 3. tract. jur. tract. 29. q. 2. & Speidel. in Specul. notab. verb. Dreyding. CXCIX. De judicio paganico Bavariae Wigulaeus Hund, im Bayrischen Stam̅buch Part. 2. pag. 401. ita scribit: Dorf-Gerichte ist nicht so viel / als Hof-Marck-Gericht / welches die Nieder-Gerichtliche Obrigkeit durchaus begreifft / laut der Bayrischen Landes-Enderung / diß ist allein über Meyen / über ägen und dergleichen geringen Sachen / hat auch nicht höher als um 72. Pfenning zu straffen. CC. Heut zu Tage sind die Dörfer zweyerley: Ampts-Dörfer und Gerichts-Dörfer. Die ersten belangend / haben dieselbe ihre gewisse Beampten / vor welche sie stehen / und den Rechtspruch erwarten müssen. Und obschon in den meisten Dörfern noch Richter oder Schultheissen zu finden sind / haben sie doch das wenigste mit den Gericht-Sachen zuthun / sondern sind nur zu Bestellung der Fröner / item daß sie acht auf der Herrschafft Intraden und Gefälle geben / imgleichen wenn was Straffbares vorgehet / daß sie es so bald höhern Orts anzeigen sollen / angenom̅en / haben auch ausser der Dienst-Freyheit offtmahls wenige / oder wohl gar keine Besoldung. In den Gerichts-Dörfern aber / so denen von Adel und andern zuständig / exerciren die Gerichts-Herren ihre Gerichte entweder selbst / daß sie bey den angestelten Gerichts-Tagen persönlich zu gegen sind / oder haben ihre Gerichts-Halter / Verweser / Verwalter / oder Gericht-Schreiber / die es verrichten. Doch wenn peinliche Fälle vorkommen / wird der Schultes nebst denen Gerichts-Schöppen auch darzu gezogen. Dn. Cancellar. Fritsch. de jure pagor. Germ. cap. 13. CCI. Es haben auch die Dörfer gemeiniglich ihre sonderliche Dorfs-Einungen oder Dorfs-Ordnungen / nach welchen gute Disciplin und Zucht erhalten / auch ein und ander geringes Verbrechen abgestraffet wird / sind gemeiniglich von der Landes-Herrschafft confirmiret CCII. [XV.] Erb-Gerichte / diese werden auch Unter- oder Nieder-Gerichte / Vogtey / das Vogt-Gericht / Vogtheiligkeit / Vogtheilische Gerichte genen̅et /
|| [61]
Schottel. de singul. & antiq. in German. jurib. c. 7. pag. 215. Vor welche die Bürgerlichen Sachen / auch Güld / Schuld / Güter liegend / stehend / fahrend / beweg- und unbeweglich; Item Abstraffung der geringen Verbrechen / als wenn einer den andern raufft / stösset / schläget braun und blau / Messer zucket; Item blutrüstig machet / ohne Fleisch und Kämpfer-Wunden / und andere dergleichen kleine Brüche / gehören / Schneidewin. de feud. part. 2. num. 88. Wer hievon gründlichen Unterricht haben wil / der lese
Coler. de Process. Executiv. part. 2. c. 1. à n. 16. usqve ad finem cap.
Carpzov. part. Pract. Crim. q. 109. n. 31. & seqq.
Sprenger. Jurisprud. Publ. p. 344.
Wehner. Obs. Pract. v. Gericht p. 160.
Speid. Specul. notab. h. v.
Besold. Thes. pr. pag. 969. & 97.
Dither. in contin. Besold. p. 609.
Adam Volckmanni tract. Crim. Sect. 1. Cons. 1. n. 4. pag. 3.
Author. Prax. Crim. Alteburg. pag. 16. 17. & 18. Fürstl. Sächs. Weymarische Landes-Ordnung de Anno 1589. c. 26. Item das von den Churfürstl. Sächs Schöppen-Stuhls zu Leipzig Anno 1620. Mens Febr. ad consultationem Senatus in Thumb gesprochene und bey dem Carpzovio part. 3. Pract. Crim. qvaest. 109. n. 33. 34. & seqq. befindliche Utheil ibi: Was aber kleinere und geringere Fälle seyn / als nemlich Haar-Raufen / Schläge / die nicht tödtlich sind / noch Lämde bringen / daraus auch keine Wunde wird / wenn sie gleich zerschwollen / auch braun und blau / Nasebluten / Maulschellen / Zahnbluten / so die nicht wackeln / auch andere Blutrunsten mit Nägeln gekratzt / oder sonst verletzt / draus keine Gefährlichkeit des Todes / Lämde / Fleisch / Kampfer / noch öffentliche Wunde entstehen / schlechte Lügen-Strafe / schlechte Schmähwort / die nicht an freyen Orten / oder hohen befreyeten Personen geschehen / und peinlich nicht geklaget werden / unzüchtig / muthwillig Geschrey / Messer-Züge / wenn niemand dadurch beschädiget wird / Messer / Armbrust / Schwerdt / oder andere verbothene Waffen tragen / in einer Stadt / oder auf einem Dorffe / verbothene Waare feil haben / verbothene Spiele spielen / einen der grosse und schwere Brüche / Ubelthat und Mißhandlung gethan / zu dem Ende gefänglich setzen / und halten / auf daß er ihn demjenigen / welchem das Ober- und Hals-Gericht zuständig / überantworten möge; Da einer den Gerichten ungehorsam wird / oder daselbst [62] etwas bewilliget / und solchem nicht nachköm̅t / Diebstahl unter drey Schilling / schlechte Hurerey / wenn beyde Personen / so dieselbe begangen / nachmals einander ehelichen / oder auch Braut und Bräutigam vor der Priesterlichen Copulation sich zusammen finden; Imgleichen alle Bürgerliche Sachen / als Schülde / Gülde / Schäden / Pfandung / Güter liegend / stehend und fahrend / beweglich oder unbeweglich / sie betreffen viel oder wenig; Diese Fälle und Sachen alle werden in die Erb-Gerichte gerüget / und durch dieselbe gerechtfertiget: Jedoch was die Sachen / Geld-Bussen oder Abtrag anreichen thut / so von peinlichen Sachen herfliessen / welches geschicht / wenn eine peinliche Sache mit Zulassung der Gerichte / und Bewilligung des verletzten klagenden Parts / oder aus andern Ursachen Bürgerlich würde / oder aber daß sich ein Mord / Lämde / oder anders nicht aus Vorsatz oder Argelist / sondern aus solchen Unfleiß oder Verwarlosung zutrüge / daß sie zu rechte / zu einen Bürgerlichen Abtrag gelassen würde; Solche Fälle / ob sie wohl zu Geld-Bussen gereichen / so werden sie doch gleichwohl durch die Ober-Gerichte gestrafft / und wird von ihnen die Straffe eingehoben. Und ist schließlichen hiebey in acht zu nehmen / wenn ein Am̅t- oder Gerichts-Herr durch sonderliche Vorbehaltung / Begnadung / Verschreibung / oder verwehrte beständige Verjährung es also gehalten und hergebracht / und etliche Fälle / so in die Ober-Gerichte gehörig / als Erbgerichte / und hinwiederum etliche so unter die Erb-Gerichte zu rechnen / als Ober-Gerichte erlanget und geübet / daß es dabey billig verbleibe / und ein jeder bey solchen erlangten / hergebrachten / und unverbrüchlich geübten Gerechtigkeit nochmahls gelassen werde alles V. R. W. CCIII. [XVI.] Ehe-Gerichte sind von den Alten darum angeordnet / weil sie aus der Erfahrung gelernet / daß viele Streit Zwist- und Uneinigkeit in Ehe-Sachen vorzugehen pflegen / welche offt schwer zu entscheiden / drum sie auch zu solchen Gerichten / welche bey unser Zeit die Consistoria sind / gewisse geist- und weltliche Personen bestellet / die sothane Dinge in Verhör ziehen / vergleichen oder entscheiden müssen.
Cypraeus de Sponsal. in praefat. n. 13.
Speidel. in Spec. jur. v. Gericht pag. 479.
Dither. in addit. ad Thes. Pract. Besold. v. Consistorium p. 179.
Carpzov. Defin. Consist. lib. 2. tit. 8. defin. 147. n. 1. 2. & 3.
Michaël Havemann. Gamolog. lib. 4. tit. 1. pos. 4. pag. 478. & seqq. add. Churfürstl. Sächs. Ehe-Ordnung Anno 1624. in Corp. Jur. Saxon. in Kirchen-Sachen p. 293. & seqq.
|| [63]
Hertzog Johann Georgens zu Sachsen Eisenach Ehe-Mandat Anno 1685. CCIV. Das Wort Ehe / oder Ehestand kömmet her von den alten teutschen Wort Ehe / welches ein Pactum oder Verbündniß heisset /
teste Goldasto, in Animadvers. ad Tyrolis Paraenesin fol. 367.
Vide qvoqve Speidel. in Speculo Jur. v. Ehe.
Rudolf. Godofred. Knichen, op. Polit. tom. 1. c. 1. th. 7. pag. 36. CCV. [XVII.] Das Fehmen-Gericht. Etliche schreiben das Wort Fehm mit einem V. Vehm / wie es denn auch auf beyderley Art in den alten Urkunden gefunden wird: und meinen es wäre zusammen gesetzet von Weh und My, Vae mihi! well es bey solchem Gericht sehr scharf zugangen / daß offt Haut und Haar / ja der Kopf wohl gar im Stiche geblieben; andere wollen Vehmicum judicium, Vetitum judicium gelesen haben: Da doch nach der alten Teutschen Rede-Art / Vehm so viel als Separationem ad certum aliqvem Actum bedeutet / und demnach Vehm-Gericht so viel ist als judicium separatim & ad certam normam constitutum. CCVI. Daher unterschiedene Worte / als die Vehm-Zeit / qvo actus certus & destinatus perficitur; Vehme-Ding / libera judicii Vemici sedes; Vehmer / Judex ipse Vemicus. Vehme-Schöppe-Assessores judicii Vemici. Vehm-Wröge / Delationes & causae ad judicium Vemicum pertinentes. CCVII. Ob man nun wohl bey unsrer Zeit so keine accurrate Norm und Form hat und findet / wie solch Fehm-Gericht eigentlich gehalten / so ist doch aus obangezognen teutschen Wort Fehm oder Vehm abzunehmen / daß es in geheim / besonders / und doch nicht ohne Solennitäten celebriret worden. Nachdem aber ein grosser Mißbrach darbey entstande / und ungeachtet ein und andermahligen Reformation, derselbe nicht aufhören wollen / sind solche Vehm-Gericht gäntzlich abgestrafft / und / wie einige davor halten / der Nahme der Westphalischen heimlichen Gerichte an deren Stelle kommen.
Schottolius desing. & antiq. in German. Jur. c. 29.
Winckelmann. in notit. Hist. cap. ult. n. 63. & seq. CCVIII. Doch müssen sie nicht untereinander confundiret werden: Zumahl mit denen alten Vehm-Gerichten / wie sie noch in ihren guten und richtigen Stand gewesen / als welche nicht allein in Westphalen / sondern auch durch gantz Sachsen exerciret und gehalten worden. vid. Gryphiand. de Weichbild. Saxon. c. 59.
|| [64]
CCIIX. De hoc jure Vemico scripsere
Marq. Freher peculiar. tract. Avent. lib. 4. Annal. Bojor.
cit. Winckelmann. in notit. Hist. Polit. vet. Saxon. Westphal. c. ult.
d. Gryphiander c. 59.
Herm. Conring. de Orig. Jur. Germ. c. 19.
Meibom. de Irmensul. Sax. c. 12. & aliis vid. infra Vehm-Gericht. CCIX. [XVIII] Feld-Gerichte / so auch das freye Feld-Gericht genennet wird. In demselben waren vor Alters sechzehen Personen / unter welchen der ältere Graf / das ist Oberrichter / und der jüngste Froner / das ist Knecht oder Frohnbot gewesen / die übrigen hat man Schöppen genennet. Diese 16. Personen / haben alle zugleich unberüchtiget / auch von ehrlicher und ehlicher Geburt seyn müssen / wann einer oder mehr verstorben / haben die Priester der Irmen-Seul / doch mit Rath und zuthun des Grafen und Froners / einen andern erwehlet. Solche Wahl aber hat der Frohner / wann er zu Hause wieder angelanget / in beysein des Grafen und zweyer Frey-Richter / vor des Mannes Hofe / welcher erwehlet / unter dem offenen Himmel siebenmahl nach einander vermelden / und ankündigen müssen. Und nach solcher Ankündigung ward derselbe von männiglichen vor einen Frey-Richter gehalten und geehret. CCX. Als sich die Sachsen zum Christlichen Glauben bekehret / und Christen wurden / und Ludovicus Pius das Kloster Corbey gestifftet / gebauet und ein weyhen lassen / auch nunmehr die Irman-Seul allerdinge zu Grunde zerstöret und abgeschaffet / und an derselbigen Stätte eine herrliche und geistliche Probstey anzurichten befohlen / hat er dieselbige Pröbstey / zusam̅t der althergebrachten Gerechtigkeit des freyen Feld-Gerichts / dem Stifft Corvey zugewandt und einverleibet. Man hat aber mit den vielbenandten Corbeischen freyen Feld-Gericht folgende Maaß und Ordnung gehalten: Wann einem Hauß-Vater der benandten Oerter an seinen Acker / Hofe / Garten / Wiesen und Weyden / so viel einer dessen vor Frey-Gut bekräfftigen können / Eintracht oder Abbruch geschehen / so hat derselbige das in Gegenwart zweyer Frey-Richter / dem Eltesten oder Gräfen klagende fürbringen müssen. Alsdann hat der Gräf / in beysein zweyer Frey-Richter / den Frohner oder Frohnboten befehlen müssen / bey scheinender Sonnen / und unter den offnen Himmel / allen Frey-Richtern / auch den Freyen / so viel deren daselbst / da der Irrthum ist / wohnen und dingpflichtig seyn / zu verkündigen / daß sie auf erstkommenden Sonnabend zu rechter Zeit Tages / an den Ort / da der Irrthum ist / vor den ordentlichen und [65] im alten Rechten erkandten freyem König-Stuhl im N. Felde gelegen / bey Poën und Straff der alten erkandten Busse ankommen solte. Die alte erkandte Busse aber war ein Pfund Wachs und 9. Werbergische Pfennige. Der König-Stuhl ist gewesen in einer jeglichen Art Feldes / oder Acker / so weit und ferne sich dieses freye Feld-Gericht erstrecken thut / ein viereckichter freyer und grüner Platz / sechzehen Schuh lang und breit / und anfänglich dadurch zum freyen König-Stuhl gemachet / daß der Frohnbote in der Mitte eine Gruben Ellen tief gegraben / dann haben alle sechzehen freye Richter / ein jeglicher besonders / eine Handvoll Asche / eine Kohlen / und ein Stück von Ziegelstein hineinwerffen müssen / und sie dann wieder zu gescharret. Und auf dieselbe Stätt hat allemahl / wann auf solchen Platz ein frey Feld-Gericht gehalten / der Frohne den Grafen den Stuhl setzen müssen. Wenn man aber an den jetztbemeldten Platz gezweiffelt / und man nicht eigentlich gewust / ob es ein rechter beständiger König-Stuhl wäre / oder nicht / so haben die Frey-Richter / in der des Orts Inwohnenden freyen Gegenwart / die Bestätigung / Urkund und Wahrzeichen [oben genandt] suchen müssen. Wann aber daselbst solche Erkand- und Wahrzeichen nicht befunden worden / so sind alle Urtheil / so zuvorn daselbst gesprochen / nichtig und unbündig gewesen. Wann dann nun der angesetzte Gerichts-Tag heran kommen / haben sich die Frey-Richter / und Freyen des Orts / da man Gericht halten wollen / vor des Ober-Richters Hause oder Herberge versam̅let. Dann ist der Ober-Richter heraus gangen / und hat sich zu dem des Orts gebräuchlichen König-Stuhl verfüget / welchem die Frey-Richter gefolget. Die beyden jüngsten aber von denselben haben der eine den Stuhl / der andere eine Stange getragen / dem sind die Freyen des Orts wohnhafftig alle gefolget in das Feld hinein / in welchem der Mangel gewesen / und worüber geklaget worden / biß vor desselbigen König-Stuhl / aber niemand hat ohne Erkäntniß / bey Straff der alten Buß / in den König-Stuhl / das ist / in den viereckichten grünen Platz treten mögen. Darüm dann / wann der Ober-Richter / und alle Frey-Richter üm den König-Stuhl herüm gestanden / hat der Frohne ein Stillschweigen geboten / und darauf angefangen und gesagt: Herr Gräffe / Met Orleve / Unde met behage / Eck jock frage / Segget my vor Recht /
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Eff eck juwe Knecht Düssen Stoel sette möge / Up den König-Stoel met Oorleve? Darauf antwortete der Ober-Richter oder der Gräffe also: Alldewiele die Sünne mit Rechte Beschienet Herrn und Knechte / Unde alle use Wercke / So sprecke eck dad Recht so stercke / Den Stoel tosetten even / Unde rechte matht thogeven / Den Kläger recht tho hören / Dem Beklagenden tho antworen. Hierauf wird alsobald von den Frohnen der Stuel mitten in den Platz des König-Stuhls gesetzt / und spricht der Frohne zum andernmahl. Herr Gräffe leve Herre / Eck vermahne jöck juwer Ehre / Eck sy juwe Knecht / Darüm segget my vorrecht / Eff düsse Mathe sie gelicke / Dem Armen alse dem Ricken / Thomethen Land und Stand / Bey juwer Seelen-Pand. Und indem legt der Frohne die Stangen vor den König-Stuhl an die Erden / dann tritt der Ober-Richter mit seinen rechten Fuß an das Ende derselben Stangen / und darnach auch die andern 15. Frey-Richter / nach graden und Ordnung / als sie nach einander zum Am̅t kommen sind / also das die Stange 16. Schuh lang seyn muß. Dann hebet der Frohne zum drittenmahl an / und spricht: Herr Gräffe Eck frage met Orlöve / Eff eck möge meten / Met juwen Medde weten / Openbar und unverhohlen / Diesen freyen König-Stoelen. Darauf antwortet der Ober-Richter und spricht also: Eck erlove recht /
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Unde verbde unrecht By Poen der Olten Erkandten Recht. Dann wird der König-Stuel in die qver und überqver in aller Gegenwart gemessen / also das er allenthalben 16. Schuh lang und breit seyn muß / so aber etwas daran mangelt / hat man dasselbige in denen daran liegenden Aeckern suchen müssen. In welchen Acker alsdann die Ubermasse befunden / hat der Herr desselben Ackers die alte Buß und Straff so bald in den König-Stuel erlegen und bezahlen müssen / hat es aber der Frey-Richter einen getroffen / hat er zweyfache Busse geben und erlegen müssen; Darüm hat ein jeglicher mit Fleiß darauf sehen müssen / daß er seinen Nachbarn mit den Pfluge nicht so nahe gegriffen. Wann sich der Ober-Richter in den König-Stuhl gesetzt / und durch die jüngsten beyde Frohnen / Klag und Antwort fürbracht / hat der Ober-Richter die Frey-Richter in Gegenwart aller Freyen mit folgenden Worten Recht und Urtheil zu sprechen ernstlich vermahnet: Alldieweil an diessem Tage / Mit juver allem Behage / Unter den hellen Himmel klar / Ein frey Feld-Gericht openbar Geheget byen lechten Sunnenschien / Met nochtern Mund kommen herin / De Stoel ock is gesettet recht / Dat math gefunden upgerecht / So precket ane With und Wonne / Up Klage und Antwort / wiel schient de Sunne. Darauf hat ein jeder Frey-Richter oder Schöppe seine Meynung sagen müssen / dann hat man der meisten Stimme Beyfall geben / und darauf ein Urtheil zu sprechen einträchtiglich beschlossen / an welchem sich beyde Theil ohne alle Ein- und Wieder-Rede genügen lassen müssen / auch davon nicht appelliren dürffen. Und da auf solchen Floren / Feldern und Aeckern in das Corbeyische frey Feld-Gerichts-Recht gehörend / ein Mord eines Menschen oder Viehes / oder ein Diebstahl / an Pflügen / Eggen / Wagen oder Viehe geschehen / musten die Frey-Richter nach obbemeldter Form darüm richten / und sprechen biß ans Blut / und alsdann den Ubertreter der ordentlichen hohen Landes-Fürstlichen Obrigkeit zum Blut-Urtheil / und zur peinlichen Execution überantworten. Wer aber vor diesen Gericht eine Klage fürbringen wolte / und seine Klage mit klaren gewissen [68] und gnugsamen Gründen nicht beweisen kund / dem ist zwiefache Buß und Straff erkandt und auferlegt worden; In Criminal-Sachen ist die Straffe nach Gelegenheit peinlich gewesen. Es hat auch kein Freyer einen Unfreyen / sondern einen Freyen sein Gut verkauffen und auftragen mögen / und wann das geschehen / so hat der Verkauffer den Kauffer das Gut vor den freyen Gericht auftragen müssen. Und damit war der Aufträger seiner Freyheits-Gerechtigkeit beraubt / und dienstbar. So hat auch kein Freyer sich mit einer Unfreyen verheyrathen mögen. Wann auch ein Frey-Richter mit Unthaten berüchtiget / hat er vierfache Straffe geben müssen / und ist seiner Würde und Freyheit beraubet worden. Darüm hat dieses Gerichte nicht weniger / als das Fehm-Recht in der Zucht gehalten das Volck / damit sie nicht üm ihre Freyheit kommen möchten. Endlich ist dieses Feld-Gericht / bey Hertzog Heinrichs des Löwen Zeiten / als die Grafen / so gemeiniglich Ober-Richter waren / und nunmehr zum Kriege gebrauchet wurden / in einen Mißbrauch und endlichen Abgang gerathen und kommen / und zuletzt gar gesallen. CCX. [XIX.] Das Frohn-Boten Gericht ist zu Nürnberg üblich / an welchen gering-schätzige Sachen auf sechs Gülden werth in Gold verrechnet werden.
Reform. Norica tit. 1. L. 1. & 2.
Wehner. obs. pract. v. Gericht pag. 160. CCXI. [XX.] Das Fünfer-Gericht wird gleichfalls zu Nürnberg gehalten / an welchen die Schmach-Sachen / remota appellatione, gehandelt werden.
d. Reform. Noric. tit. 1. L. 5.
Limn. in J. P. lib. 7. c. 35. n. 22. Und weil fünf Männer in diesem Gericht als Richter sitzen / wird es das Fünfer-Gericht genennet. Hinc trita vox, man sitzet vor der Fünfe; und derer / die da fürstehen / Nahmen werden ins Haderbuch geschrieben / welches manchen / der unschuldig ist / und doch erscheinen muß / sehr beschwerlich ist. Dither. in contin. Besold. v. Fünfer / Fünfe Gericht pag. 220. add.
Gastel. de Stat. Publ. Europae pag. 1208.
Fritsch. in Supplem. p. 122. vide infra unter Rüge-Gericht. CCXII. [XXI.] Das Gast-Gericht is sonderlich in den See- und andern grossen Handel-Städten eingeführet / daß zu Erhaltung Credits in Han [69] del und Wandel denen Fremden / so klagen / schleunige Hülffe wiederfahre / ohne weitläufftigen Process und Auffenthalt / welches auch darum das Gast-Recht genennet wird. Schottel. d. tr. c. 15. §. 1. Die Termine sind gantz kurtz von dreyen Tagen zu dreyen Tagen / zu weilen wohl gar nur de die in diem, von einen Sonnenschein biß zum andern / wird auch die Vollstreckung des Bescheides nicht länger aufgeschoben / Mevius ad Jus Lubec. lib. 5. pag. 282. & lib. 3. pag. 8. Judicii hujus formam & Processum accuratè determinarunt Rostockienses in der Gerichts-Ordnung lib. 2. tit. vom Gast-Rechte. CCXIII. Im Hertzogthum Würtenberg ist solches auch üblich / vid. Fürstl. Wüntenb. Land-Recht part. 1. tit. 5. §. fin. Item in Schlesien / sonderlich zu Breßlau. D. Schickfus in der Schlesischen Chronic. lib. 3. c. 22. p. 518. Denn da mag ein Fremder wider einen Fremden zu Gast-Recht seiner Anfoderung halber fürkommen / ein Bürger aber weder für sich / noch in Macht eines Fremden / dann er seine Zusprüche wider den Fremden bey den ordentlichen Stadt-Recht vorbringen muß / und in denselben sich rechtfertigen lassen: jedoch wo der Gast das ordentliche Recht zu erwarten Beschwer trüge / so ist ihm frey- und zugelassen / ein Gast-Recht / wie oben vermeldet / zu bestellen. Wann diß geschicht / so muß der Bürger zu Gast-Recht klagen und verfahren. Es trefe denn liegende Gründe und Pfände an / so müste der Process im Großding oder Stadt-Recht verfolget werden. Die Ursach aber mag wohl im Gast-Recht seine Rechtfertigung erlangen / wird alsdann dieselbige für rechtmässig angesehen / und erkandt / so muß nach Gelegenheit der Sachen / weiter in ordentlichen Rechten procediret werden / hätte aber ein Gast mit Klage / Antwort und dergleichen sich zu ordentlichen Stadt-Rechten eingelassen / so möchte er nochmahls die Sache in das Gast-Recht nicht ziehen. CCXIV. Jure Saxonico wenn ein Gast wider einen Bürger ein Gast-Recht / oder Gast-Gericht erlangen wil / so muß er schweren / daß er das Geding / [hoc est Gericht] in einem Tage nicht besuchen mag.
Weichbild. art. 47. in gloss. column. 4. circa finem.
Matth. Coler. de Process. execut. p. 3. c. 6. n. 11.
Matth. Berlich. p. 1. concl. 8. n. 21.
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Fürstl. Brandenb. neue Amts-Ordnung zu Onoltzbach tit. 9. §. 4.
Modest. Pistor. Cons. 58. n. 1. vol. 1.
Land-Ordn. der Fürstl. Grasschafft Tirol. lib. 2. tit. 39.
Manzius decis. 79. n. 13.
d. Casp. Zigler. dicast. concl. XIII. §. 30. & 31. CCXV. [XXII.] Geistlich Gericht / solches ist zu Fortpflantzung des heiligen Worts Gottes / Erhaltung reiner Lehre und Religion / sam̅t Christlicher Disciplin und Zucht eingeführet / Wehner. obs. pract. p. 160. CCXVI. Es gehören aber davor 1. Insgemein alle Sachen / so eigentlich geistlich sind / und die Handhabung der Lehre / des Glaubens-Bekäntnisses / nach der Warheit der heiligen Göttlichen Schrifft / der dreyen Haupt-Symbolorum der Christlichen Kirchen / als Apostolici, Nicaeni, und Athanasiani, und anderer Symbolischen Bücher / belangen und antreffen. 2. Welche anlangen den eusserlichen Gottesdienst / die Kirchen Agenden / Kirchen-Gebräuche und Ceremonien. 3. Die Beruffung / Annehm-Bestraff-Versetzung / Suspension, Ent-urlaubung / auch Am̅t / Lehr und Dienst der Kirch- und Schul-Diener. 4. Was denen eigentlich also genannten geistlichen Sachen anhängig / als da seynd alle Sachen / so der Kirchen / Schulen / Hospitälen / und gemeiner Gottes-Kästen-Güter / bewegliche und unbewegliche: Item ihre Rechte / Gerechtigkeiten und Freyheiten / Kirch- und Schuel-Gebäude / Pfarr-Schuel- und Kasten-Häuser / Weinwachs / Ackerbau / Wiesen / Holtzung / Fischwasser / Zinse / Lehen / Einkommen und Nutzung betreffen. 5. Alle Sachen / so Christliche Kirchen-Schuel- und Haußzucht / erbares Leben und Wandel / bey Obern und Untern / geist ichen und weltlichen / Lehrern und Zuhörern / Obrigkeiten und Unterthanen belangen / und solche Uberfahrung der ersten und andern Tafeln göttlicher Gebote / darauf entweder in weltlichen Gesetzen keine sonderbare Strafe verordnet / oder welcherhalben nechst der weltlichen Strafe eine Kirchen-Censur, oder Kirchen-Busse vonnöthen. Endlich und 6. alle Sachen / die zum Theil und auf gewisse Maaß geistlich / und zum Theil / und auf gewisse Maaß weltlich / oder doch / dem bey dem Evangelischen Ständen üblichen Brauch nach / vor die Consistoria und geistliche Gerichte zur Erörterung gewiesen sind / als Lehnschafften über geistliche Stifftungen / Pfründe / Stipendia und Allmosen / Decima [71] tiones, Gerechtigkeit des Patronats / Wucher und Aufsatz / wenn solcher vor der weltlichen Obrigkeit dargethan / und von dar / als eine geistliche Sache / remittiret worden / Eydschwur / wenn nicht Erlassung desselben zu dem Ende gesucht wird / daß derjenige / so mit einem Eyde sich gerichtlicher Klage / und rechtlicher Anthun verzihen / solche wieder eröffnet werden möge / von den Rechtsgelehrten juramenti ad effectum agendi relaxatio genennet. Denn auf diesen Fall bleibet das Erkäntniß der weltlichen Obrigkeit. Alle streitige Verlöbnissen und Ehe-Sachen / wie die Nahmen haben. Wenn Eltern oder Herrn üm schändlichen Gewinstes Willen ihre Kinder oder Gesinde zur Unzucht ziehen / oder doch ihnen hierinnen nachsehen. Erziehung weggelegter Kinder; Streitigkeiten über Begräbnisse in Kirchen / und auf den Kirchhöfen / wie auch über die Kirchen-Stühle. Wenn in Kirchen oder Kirchhöfen Frevel oder ander Ungebühr und Unzucht begangen wird / Auffsicht über Druckereyen / damit keine Bücher und Schrifften / wie klein und gering sie auch seyn mögen / ohne vorgehende Durchsehung derselben durch die hierzu Deputirte / und deren Approbation, in Druck gegeben werden möge. Fürstl. Gothaische Landes-Ordn. part. 1. c. 2. tit. 1. p. 17. CCXVII. Von Bestellung des Consistorial Raths hat ausführlich geschrieben Georg Engelhard Löhn-Eis in seiner Hof-Staats- und Regierungs-Kunst von fol. 258. biß 270. qvem vide. CCIIX. [XXIII.] Geistlich Unter-Gerichte. Dieses wird in obgedachter Fürstl. Gothaischen Landes-Ordnung part. 1. c. 2. tit. 6. pag. 23. 24 & 25. folgender Gestalt beschrieben: Damit die vorfallende Kirchen-Sachen desto beqvemer und beförderlicher in Consistorio mögen abgehandelt werden / als haben Wir für nützlich befunden / in unserm Städten und Aemptern / darinnen Superintendenten und Adjuncten sitzen / geistliche Unter-Gerichte dergestalt anzuordnen / daß dieselbige von denen Superintendenten und Adjuncten mit Zuziehung unserer Beampten in jeden Aemptern / in den Städten aber zweyer verständigen Raths-Personen gehalten / und jedesmahl von dem / welcher unter ihnen seinen Stand nach den Vorsitz hat / der Vortrag gethan werden solle / welchen Verordneten in dem Aemptern der Ampt-Schreiber / in den Städten aber der Stadt-Schreiber / an statt des Actuarii, zuzuordnen / auch sollen ihnen jedes Orts Gerichts- oder Gemein-Diener unweigerlich zur Hand gehen; An solche Verordnete sollen die in die Superintendent- oder Adjunctur gehörige [72] Pfarrer und Schul-Diener die vorfallenden unerörterten streitigen Pfarr-Ehe-Schul- und dergleichen Sachen berichten / und deren Versam̅lung etwa in der Superindentur oder in den Aemptern / oder auf den Rathhause / absonderlich gehalten / von dem Actuario das Protocoll und die Acta an den Ort der Gerichts-Stelle in Verwahrung beygelegt / und die Zeit zu ermeldten Zusammenkunfften / nach Gelegenheit und Menge der einkommenden Sachen / von den Superintendenten oder Adjuncto und den Beampten benennet / und auf solche auch die Partheyen citiret / oder da sie in loco weren / mündlich von den Kirchner und Schulmeister vorgefordert werden. Welcher verordneten Ampt ist: 1. Der Kirchen Nothdurfft / wegen der Kirchen-Gebäude / Pfarren / Schulhäuser / sc. zubetrachten / und / was nothwendig / anzuordnen. 2. Vorfallende geringe Strittigkeiten / oder Differentien zwischen Pfarren / Schul-Diener Gemeinden sc. in der Güte beyzulegen. 2. Die Aufsicht über die Disciplin mit gebührenden Fleiß zubeobachten / und gradus admonitionum mit öffentlichen Sündern vorzunehmen / ehe den die Sachen vor das Consistorium gebracht werden. 4. Den Examinibus der Schulen beyzuwohnen. 5. Klagen wegen der Kirchen- und Schul-Diener Besoldungen / Accidentien / und in dergleichen Sachen anzuhören / und denselben / wo möglich / abzuhelffen. 6. Die Ehe-Sachen mit gewisser und dieser Massen vorzunehmen / daß sie darinn allein für die Ehe / und dasjenige / was zu Vollziehung der geschlossenen Ehe-Gelöbnissen dienlich / gütlich zu handeln / und zwischen Eheleuten / welche in Uneinigkeit mit einander leben / gutes Vertrauen und Einigkeit wiederüm zustifften / keines weges aber Definitiv-Bescheide zu ertheilen / noch Ehescheidungen / auch mit Sonderung der Eheleute zu Tisch und Bette vorzunehmen / vielweniger in verbotenen Graden zu dispensiren / noch den Bann oder die Kirchen-Busse anzuordnen / sondern von allen dahin auslauffenden und andern dergleichen wichtigen Sachen allein in das Consistorium zuberichten / und von daraus fernere Verordnung darinne zu erwarten haben. 7. So sollen auch vor denselben in erster Instantz die in unsern Aemptern und Stätten gesessene Rectoren und Schul-Collegen / ingleichen die Dorf-Schulmeister / in persönlichen Bürgerlichen Sachen belanget werden / welche / wenn durch gütliche Handlung kein Vergleich zutreffen / darinn auch Sprüch- und Erkäntniß zu thun haben sollen / doch das dißfalls bey sitzende weltliche Personen / da sie gleich sonsten in diesen Gerichte nicht dirigirten / jedesmahl dieselbe Bescheide abfassen / wenn von denselben appelliret wird / die Ap [73] pellationen / gleich wie von Aemptern oder Räthen in Städten / an gehörige Orte erwachsen sollen / und die der Verbrechung halben gegen die Schul-Bediente etwan erkennete Geld-Straffen der Obrigkeit / welcher solche sonsten in gleichen Fällen gebühret / verbleiben. Aber bey denen / so verlihene Gerichte haben / lassen wir es wegen der Bottmäßigkeit über die unter ihnen gesessene Schul-Bediente allerdinges bey den Herkommen bewenden. Ingleichen haben die säm̅tliche Schul-Bediente auf dingliche Klagen für den Richtern gelegen / zu antworten / wie auch in Malefitz-Sachen sich mit keinen ausnehmen von den dißfalls jedes Orts ordentlichen Gerichts-Zwang zu behelffen. CCIX. [XXIV.] Gottes Gericht. Judicium DEI, Ordalium, Ardalium, Urtella, Ordel, Gades-Ordel / Gottes-Urthel ist vor Alters der vermeinte wunderbare Beweißthum durchs Feuer und Wasser gewesen / da man eine zweiffelhaffte irrige Sache beweisen / oder / wegen einer beschuldigten Ubelthat / seine Unschuld öffentlich bezeugen muste / entweder durchs Feuer / nemlich daß man ein glüend Eisen (Pflugschar oder Platte) in blosser Hand halten / auch wohl etliche Schritte tragen / oder glüende eiserne Handschuhe anziehen / oder glüende Kohlen in den blossen Busen schütten / oder mit blossen Füssen durchs Feuer / oder auf glüenden Eisen gehen muste. Wer hierbey unverletzt bliebe / ward unschuldig erkannt; Wer verletzt wurde / ward alsbald verdam̅t und abgestraffet.
Selden in Jano Anglor. lib. 2. fol. 112.
Covarruv. 4. var. resol. c. penult.
Hottomann. de Feudis. c. 44.
Besold. de praemiis & poenis c. 5. per tot. CCX. Oder auch geschahe der Beweißthum durchs Wasser / so entweder heiß oder kalt: In das heisse prodelnde Wasser muste man den Arm bloß biß an den Ellenbogen hinein stecken / und gewisse Zeit darinn halten; In das kalte Wasser ward der Beschuldigte geworffen / ging er zu Grunde / ward er unschuldig / wie auch derselbe / der seinen Arm aus den heissen Wasser unversehrt heraus zog / für unschuldig / der verletzt war / für schuldig geschätzet / und erfolgte gleichfalls sofort drauf die Loßzehlung oder Verdammung.
Lehmann. in Chron. Spirens. lib. 2. c. 30. pag. 119.
Schottel. de sing. & antiq. in Germ. Jur. c. 28. pag. 547. & 548.
Cameraer. tom. 1. op. succis. c. 53. in princip. CCXI. In promptu est exemplum Johannis Senis, nobilis, qvi sub Henri [74] co II. Anglorum Rege cùm imputatâ ipsi fratris Comitis de Ferrariis caede, aqveo hoc se non expediret judicio, poenas dedit patibuli. Selden. d. l. fol. 114. Occurrit qvoqve Gangolphi Burgundionis uxor, qvae adulterio commaculata, cum probare vellet, innoxiam se esse, demersâ in aqvam manu adjuravit, ne eam sine prodigii specie, si culpam ferret, inde posset levare. Qvae imprecatio haud fuit irrita. Nam cum ex aqva manum attoleret, desiccatam extraxit, non aliter, qvàm si in mediis eam tenuisset ignibus. Itaqve ob prodigium hoc à viro etiam postea fuit separata. Zvvinger. in Theat. vit. hum. vol. 3. lib. 4 fol. 363. CCXII. In den Sachsen-Spiegel lib. 1. art. 13. ist hiervon dieses zu lesen: Die ihr Recht mit Dieberey oder mit Raub verlohren haben / ob man sie Dieberey oder Raubens anderweit beschuldiget / sie mögen mit ihren Eyde nicht unschuldig werden / sondern sie sollen haben dreyerley Wahl: Das heisse Eisen zu tragen / oder in einen wallenden Kessel zu greiffen biß an die Ellenbogen / oder mit Kampf sich zu erwehren. Welches eben die drey Arten des Beweises zu der Zeit waren / und ist solche Gewonheit erst bey den Celtis aufkommen und üblich gewesen / welchen hernach die Teutsche / Longobarder / Gothen / Engländer / Frisen / Burgunder und andere gefolget / und dieselbe in Italien / Franckreich und Spanien nach und nach / wie sie ein und andere Provintz eingenommen / gebracht.
Besold. de praem. & poenis c. 5.
Selden. in Jano Anglor. lib. 2. fol. 112. CCXIII. Leges Franciae & Longobardicae jubebant per novem vomeres ignitos homicidii accusatum se expurgare. Slavi, postqvam veram amplexi sunt religionem, in arboribus, fontibus, lapidibus jurare desierunt, recepto usu examinandi per Sacerdotes suspectos, adhibito ferro vel vomere candenti. In Flandria qvoqve hanc legem Philippus Comes anno 1164. tulit: SI QVIS VULNUS IN NOCTE ACCEPTUM ALII IMPUTAVERIT, SI SCABINIS DIGNUM VIDETUR, FERRO CANDENTE SE EXCUSABIT. ACCUSATUS SI AUFUGERIT, MANUM PERDET, item: SI FUR VOCATUS ACCUSATUS FUERIT, FERRO CANDENTI SE EXCUSABIT. SI CULPABILIS PERMANSERIT, SVSPENDETVR.
ex Meieri Chron. Fland. lib. 5.
Martin. Delrio disq. Magic. lib. 4. q. 4. Sect. 3. pag. 685. CCXIV. Ehe und bevor aber der Angeklagte / oder Verdächtige solch glüend [75] Eisen in die Hand nahm / oder drüber mit blossen Füssen hinging / wurd durch einen Geistlichen nachgesetzte Formul / so bey dem Aventino lib. 4. annal. zu finden / drüber gesprochen: DEUS JUDEX JUSTUS, QVI AUCTOR PACIS ES, ET JUDICAS AE QVITATEM, TE SUPPLICITER ROGAMVS, VT HOC FERRVM ORDINATVM AD JVSTAM EXAMINATIONEM CVJVSLIBET DVBIETATIS FACIENDAM, BENEDICERE ET SANCTIFICARE DIGNERIS. ITA SI INNOCENS (de praenominata causâ, unde Purgatio qvaerenda est) HOC IGNITVM IN MANVS ACCEPERIT, ILLAESVS ADPAREAT; ET SI CVLPABILIS AT QVE REVS, JVSSITSSIMA SIT AD HOC VIRTVS TVA, IN EO CVM VIRTVTE DECLARANDVM, QV ATENVS JUSTITIAE NON DOMINETVR INI QVITAS, ET FALSITAS SVBDATVR AE QVITATI, PER DOMINVM NOSTRVM &c. das ist: GOTT du gerechter Richter! der du ein Friedens-Stiffter bist / und richtest / was billig ist / wir bitten dich demüthig / wollest dieses Eisen / welches / zu rechmässiger Erforschung allerley zweifelhaffter Sachen / verordnet ist / segnen und heiligen: Also daß / wofern ein Unschuldiger [hierbey ward die Sache nahmhafft gemachet] dieses feurige Eisen in die Hand nim̅t / keine Verletzung davon an ihm verspüret werde. Ist er aber schuldig und straffbar / so erweise deine gerechte Krafft / hierdurch zu offenbaren / daß das Unrecht über die Gerechtigkeit nicht herrsche / sondern die Billigkeit der Unwarheit zu gebiethen habe / durch unsern HErrn sc.
Selden, d. loc.
Zvvinger. in theat. vit. hum. vol. 3. lib. 4. fol. 362. CCXV. Es sind auch in den Historien viele wunderbare merckwürdige Exempel verhanden / wie verborgene Unschuld durch dieses Feuer- und Wasser-Mittel an den Tag gebracht / und heimliche Schuld und Ubelthat gestrafft worden. CCXVI. Das Königreich Dennemarck ist durch Ordalium ignis, oder das glüende Eisen- tragen / zum Christlichen Glauben bekehret / wie bey dem Olao Wormio. Danic. monum. lib. 1. c. 11. & Sax. Grammat. lib. 10. p. 189. Item Schottelio d. tr. c. 28. pag. 549. zu lesen. CCXVII. Nach tödtlichen Abtrit König Ludwigs in Teutschland / wolte [76] Käyser Carolus Calvus, gedachten Königs Bruder / dessen Söhnen ein Stück Landes am Rheinstrom entziehen / und mit Krieges-Gewalt zu sich reissen. König Ludwig der Jüngere ist / solches zu verwehren / mit seinen Krieges-Volck von Franckreich aufgebrochen / und hat sich andersseits des Rheins gegen seinen Vetter den Käyser / gelägert: Jedoch zuforderst die Güte versuchet / Gesandten zu ihn hinüber geschickt / und die Unbilligkeit solches Fürhabens demselben zu Gemüthe führen lassen / mit Bitte / sich feindseliger Handlung zu enthalten. Weil aber dieses bittliche Ersuchen nichts gefruchtet / hat er dreyssig andere Personen zum Käyser abgefertiget / deren Zehen durch siedend heisses / Zehen durch kaltes Wasser / und Zehen mit glüenden Eisen dargethan / erwiesen und bestätiget / daß ihme / König Ludwigen / das strittige Land / von seinen Vater her / Erb- und rechtmäßig gehöre / gegenseits der Käyser kein Theil / Fug noch Anspruch dran habe. Wiewohl nun die Sache durch solche gebräuchliche Mittel ausfündig gemacht / und der dreyßigen keiner verletzet worden: Hat dennoch der Käyser sein Fürnehmen nicht geändert / sondern den Krieg fortgesetzet; aber darbey schlechten Stern und Glück gehabt: Ist im Treffen unten gelegen / und mit seinen Heer geschlagen worden
Lehmann. in Chron. Spirens. lib. 2. c. 30.
Crus. Annal. Suevic. lib. 2. part. 2. in fin. allwo er mit diesen Worten schleust. Calvus profligatur Castris & bonis omnibus amissis. Vxor etiam, quae aelibi erat, fugit postridie, clade cognita, nocte infantem peperit, eum humeru suis portans, fugere non prius destitit, qvàm Attiniacum pervenerit. En fructus injustitiae & avaritiae! CCXIIX. Käyser Caroli des Dritten Gemahlin Richarda, wurd Ehebruchs beschuldiget / hat aber ihre Unschuld mit solchen glüenden Eisen tragen bewehret.
Annal. Bojor. lib. 4.
Delrio d. lib. 4. c. 4. q. 4. Sect. 3. pag. 686. CCXIX. Deßgleichen Kunigunda Käyser Henrici II. Gemahlin / wiewohl die Historici nicht allerdings übereinstimmen / indem etliche sagen sie wäre mit blossen Füssen 15. Schritt über die glüende Eisen gangen / andere aber wollen / sie hätte sechs glüende Pflugschare getragen: Doch kans seyn / daß eins nach dem andern geschehen.
Fulgos. lib. 8. c. 1.
Cranz. lib. 4. Saxon. c. 52. & lib. 4. Metrop. c. 4. junct. cap. 32.
|| [77]
Hoc factum duobus hisce comprehensum est versibus:
Judicio vomeris Cunegundis Virgo probatur;
Coetus at hoc procerum mirans, ipsam veneratur.
Besold. de praemis & poenis c. 5. CCXX. Emma eine Königin in Engelland / Königs Eduardi Mutter ist gleichfalls baarfuß über glüende Pflugschare / ihre Unschuld / und daß sie mit dem Bischoff Aduino nicht Unzucht getrieben / darzuthun gegangen. Polydor. Vergil. Hist. Angl. lib. 8. CCXXI. Verwunderns würdig ist auch / was Saxo Danus lib. 14. hist. Dan. von einer ??? in der Insel Rügen / so von ihren Mann mit Unrecht Ehebruchs beschuldiget worden / mit folgenden Worten setzet: Cum purgandae infamiae gratiâ, manum admovisset candenti laminae, subito ferrum, qvod erat exceptura, perinde atqve innoxae manus contactum fugiens, neglecto pondere, in sublime se extulit, penduloqve motu gradientis foeminae incessum comitans, cum ante aram jactandum esset, inter religiosam adstantium admirationem proprio impulsu humi decidit. CCXXII. Käyser Otto der Dritte / ließ auf Anstifften seiner geilen und untreuen Gemahlin Marien de Arrogonia, einen Grafen von Mutina den Kopf üm deß Willen abschlagen / weil die Gemahlin fälschlich vorgegeben / daß derselbe mit ihr Unzucht und Ehebruch treiben wollen / da doch sie den Grafen zum Beyschlaf nöthigen / dieser aber dem Käyser zum Schimpf es nicht offenbahren wollen / jedoch vor seinem Tod seiner eignen Gemahlin es gestecket / die nach Hinrichtung desselben / den Käyser vor der gantzen Reichs-Versam̅lung verklaget / und mit Tragung des glüenden Eisens ihres Ehe-Herrn Unschuld dargeleget / auch / wie die Käyserin es begonnen / öffentlich erzehlet / welche üm deßwillen verbrandt worden / die Wittbe aber vom Käyser 4. Schlösser in Hetrurien geschenckt bekommen.
vid. Crus. Annal. Suev. part. 2. lib 5. pag. 176.
Cranz. lib. 4. Saxon. c. 26.
Delrio, disqvis. Magic. pag. 686.
Schottel. c. 28. pag. 151. & seqq.
Joseph. Mascard. de prob. Vol. 1. q. 4. n. 9. & 10.
Godelmann. in tr. de Lamiis lib. 3. c. 5. n. 16.
Kornemann. de Miracul. vivorum fol. 262.
Besold. de praemiis & poenis c. 5. Welche noch mehr Exempel anführen. CCXXVIII. Anno 1349. ward zu Witterberg im Hertzogthum Meckeln [78] burg ein Mann beschuldiget / daß er solte etliche Häuser angesteckt haben. Er verneinte solches / entschuldigte sich dessen auch eydlich / als aber nichts helffen wolte / erbot er sich zu der gemeinen Probe des glüenden Eisens / welches ihm auch zu gelassen wurde. Worauf er das glüende Eisen ein ziemlich stück Weges getragen / und endlich aus der Hand geworffen / die ihm gantz unversehrt blieben. Das Eisen ist mit hoher Verwunderung allen Leuten aus de Augen verschwunden. Es verläufft schier ein gantzes Jahr / biß ein ander / so die öffentliche Stadtgassen mit Steinen zupflastern Willens / in den Sande des Orts selbiges Eisen noch glüend antrifft / und die rechte Hand dran verbrennet. Dessen sich die / so darbey gestanden / verwundert / und es dem Obersten Befehlshaber daselbst angedeutet / welcher alsobald Argwohn bekommen / dieser müste der That schüldig seyn / so vorhin dem Unschuldigen Schuld gegeben worden / und ihn albald zur scharffen Frage gezogen. Da er seine Missethat gestanden / und darum aufs Rad geleget worden /
Albert. Cranz. lib. 8. Wandal. c. 31.
Hans Peckmann / in der Lübeckischen Chronic. p. 22.
Hottom. de Feudis c. 44. CCXXIV. Ja es haben Vorzeiten die Geistliche selbsten nicht allein ihrer Kirchen und Clöster Befugniß durch diese Ordalia behaupten wollen / sondern man hat auch fast in der gantzen Christenheit in Europa zu sonderbarer Einrichtung solcher Ordaliorum, die Geistlichkeit herbey gezogen / und Gottes Wort darüber brauchen [oder vielmehr mißbrauchen] lassen / davon in antiqvissimis monumentis viel Dinges zu lesen. CCXXV. Die Form / Art und Weise derselben / item wie es darbey hergangen / beschreiben /
ex Legibus Adelstani, Regis Angliae, qvae est numero XXX.
Spelmannus in Concil. Decret. Anglic. pag. 404. circa annum Christi 928.
und Joh. Bromton, in Chron. ad annum 924. fol. 824. mit diesen Worten. Si qvis Judicium ferri vel aqvae subire vult, accedat tribus ante noctibus ad Presbyterum, qvi sanctificare debet eum, & pascat se pane & sale & aqva & herbis, & audiat Missas singulorum ipsorum trium dierum, & offerat, & eat ad Sacro-sanctam Communionem ipsa die, qva Ordalium examinari debebit, & juret, qvod jure publico sit innocens illius accusationis, anteqvam ad Ordalium veniat. Et si judicium aqvae frigi [79] dae sit, tunc mergatur ulna una & dimidia in fune. Si ferrum calidum sit, tres noctes transeant, anteqvam inqviratur, & videatur manus ejus & coetera &c. Et inter Leges Eduardi apud eundem Bromton, fol 856. n. 19. haec est: De Ordalio praecipimus in nomine Dei, praecepto Archiepiscopi & omnium Episcoporum, ne aliqvis intret Ecclesiam, postqvam ignis infertur, unde judicium calefacere debet, praeter Presbyterum & eum, qvi ad Judicium iturus est. Et sint mensurati noven pedes à Staca usqve ad Mercam ad mensuram pedum ejus, qvi ad judicium ire debet. Et si aqvae judicium sit, calefaciat, donec excitetur ad bullitum, & sit alfetum ferreum vel aeneum, vel plumbeum, vel de argilla, & immergatur manus post lapidem & si triplex occasio sit, usqve ad cubitum. Et qvando judicium paratum erit, ingrediantur ex utraqve parte duo homines, & certi sint, ut ita calidum sit, sicut praediximus, & introeant totidem ex amba parte, & consistant ex utraqve parte judicii de longo Ecclesiae, sint omnes jejuni, & ab uxoribus suis se continuerint ipsâ nocte, & aspergat Presbyter aqvam benedictam super eos omnes, & humilient se singuli ad aqvam benedictam, & det eis omnibus osculari textum Sancti Evangelii & signum Sanctae Crucis. Et nemo faciat ignem diutius, qvam benedictio incipiat. Sed jaceat ferrum super carbones usqve ad ultimam collectam, postea mittatur super staplas, & non sit illic alia locutio, qvam ut precentur sedulo Deum patrem omnipotentem, ut veritatem suam in eo manifestare dignetur, & bibat accusatus aqvam benedictam & inde conspergatur manus ejus, qva judicium portare debet, & sic adeat. Novem pedes mensurati distingvantur inter ternos. In primo signo secus Stacam teneat pedem suum dextrum. In secundo transferat dextrum pedem, in tertium signum qvando ferrum projiciet, & ad Sanctum Altare festinet, & insigilletur manus ejus, & inqviratur die tertia, si munda vel immunda sit intra sigillationem, & qvi Leges istas fregerit, sit ordalium i. e. judicium vel examen fractum in eo & reddat Regi centum viginti solidos Witae. [i. e. Mulctae.] CCXXVI. In vetustis Alemanicis & Francicis Legibus plura hinc inde de Ordaliis, eorum benedictionibus & forma inveniuntur, ubi Carolus M. & alii Imperatores varia sanxerunt.
vid. Leg. Salic. cap. 1. §. 1.
Leg. Longobard. II. tit. 10. §. 3.
Leg. Ripuar. tit. 30. §. 1. capit. Carolus & Ludov. lib. 4. tit. 13.
Longob. lib. 1. tit. 9. & tit. 33.
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Leg. Wisigoth. lib. 6. tit. 1.
Leg. Frisior. tit. 3. §. 4. & 5. 6. & tit. 14. §. 3. CCXXVII. Gallis etiam ritum hunc probandi per ignem olim fuisse usitatum, consuetudo ipsorum & communis loqvendi formula, qvâ dicunt: se purger par l’ eau & par ignise, probat manifestissimè. Unde qvidam. alicubi: Haec si qvisqvam vestrum aliter esse putet, meqve indignum, cui credatur, credat igni, ferventi aqvae, candenti ferro, faciant fidem tormenta, qvibus non sufficiunt mea verba.
Lindenb. in Glossar. suo verb. aqvae ferventis Judicium, Concil. Rhemens. c. 11. pag. 19.
Isaac Potan. lib. 6. orig. Francic. fol. 518.
Besold. de praemiis & poenis c. 5. CXXIIX. Ferner ist aus dem IV. Buch Mosis am V. Capitel das Poculum Zelotypiae, oder die Probe des bittern Wassers bekannt / da der Hohepriester einem Weibe / wenn sie beschuldiget wurde / daß sie ihrem Mann nicht treu gewesen / sondern mit einem andern geehebruchet / von dem verfluchten bittern Wasser zu trincken geben / und dabey gewisse Worte und Ceremonien gebrauchen muste / da es sich den begab / daß wenn ein solch Weib schuldig / ihr die Hüffte schwund / und der Bauch aufschwolle / daß jederman ihre Schande kund wurde; wo sie aber unschuldig / wiederfahr ihr nichts. Diesen Gebrauch / der doch allein die Mosaische Policey und die Kinder Israel anging / haben andere Völcker nachthun wollen mit ihrer heissen und kalten Wasser-Probe / nicht zwar daß die Angeschuldigte es trincken / sondern / wie allbereit oben gedacht / in das heisse prodelnde Wasser den Arm biß an den Ellenbogen stecken / und eine gewisse Zeit drinn halten müssen / in des kalte aber geworffen worden / üm zu sehen / ob sie oben schwimmen / oder untergehen würden. CCXXIX. Und hierbey gebrauchten sie allerhand Ceremonien / Gebete / Seegen und Beschwerungen / welche bey dem Delrio disq. lib. 4. c. 4. Sect. 4. von pag. 696. biß 707. nach der Länge gelesen werden können. CCXXX. Etliche haben die Hände wohl gar in siedend Oel stecken / und halten müssen / teste Zeiler. cent. 2. var. qvast. 97. CCXXXI. Man hatte auch noch andere Proben / als durch das Creutz / Loß / und Nehmung der heiligen Hostie / seine Unschuld zu erweisen / von welchen mit mehrern
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Gödelmannus d. tr. lib. 3. c. 5.
und Hottomannus in disp. Feud. c. 44. handeln / sonderlich aber findet man ein notabel Exempel wegen der Hostie / welche Pabst Gregorius VII. zu seiner Exculpation, halb mit vielen execrationibus genommen / und Käyser Heinrichen nöthigen wollen / bey der Communion die andere Helffte zunehmen / bey dem Lamberto Schafnaburgensi, und Erasm. Francisci in Neu-polirten Wunder-Kunst- und Sitten-Spiegel lib. 2. disc. 2. pag. 325. seq. CCXXXII. Wer aber seine Unschuld mit Zeugen oder obberührten Mitteln nicht erweisen konte / oder wolte / der hatte noch diesen Weg vor sich / daß er gegen den Kläger durch einen öffentlichen Kampf / seine Unschuld ausfündig machen können. Si actor venerit, & rem intentatam recipere renuerit, campo contendant. Capit. lib. 3. c. 46. L. Aleman. c. 43. Si qvis liber libero crimen aliqvod mortale imposuerit, & ad Regem vel ad Ducem eum accusaverit, & inde probata res non est, nisi qvod ipse dicit, liceat illi alio, cui Crimen imposuit, cum tractâ Spata mit blossen Schwerdt / se idoneare contra illum alium. CCXXXIII. Stumphius schreibet davon lib. 3. Hist. Helv. c. 92. also: Es haben die alten Francken / auch nach Bekehrung zum Christlichen Glauben / die Heydnische unmenschliche Art in Ubung gehabt / daß sie üm geringer Ursachen Willen / und fast in jeder Sache sich zum Kampf um Leib und Leben erbothen / und hiemit die Unschuld und Gerechtigkeit an Tag bringen wollen / gleich als hätte der Stärckere Recht / und der Schwächere Unrecht. CCXXXIV. In Alemanien hat es auch den Process gehabt / wenn Partheyen üm Aecker / und andern Feldbau streitig worden / und über eines oder des andern Befugniß und Recht an Beweiß Mangel fürgefallen / ist der Grafe und Gericht des Orts / sam̅t den Partheyen an den streitigen Ort gangen / und nach dem sie den Augenschein wohl eingenommen / hat ein jeder Theil von dem Ort / da er berechtiget zu seyn vermeynet / eine Hand voll Grund oder Erde ausgegraben / und dem Grafen zugestellet / derselbe hat es in ein Tuch verwahret und versiegelt / und einem andern biß zu nechsten Gerichts-Tag zu behalten geben. Wann man den Gericht gesessen / haben die Partheyen sich eingestellet / und angelobet / daß ein jeder seine Gerechtigkeit / an den streitigen Orte / mit dem Schwerdt / ge [82] gen seinen Gegentheil wolle ausfechten. Wann sie nun sich darzu / wie bräuchlich / mit einem Schild und Schwerdt ausgerüstët / hat man den verwahrten Grund aufm Platz in die Mitte gelegt / welchen die Kämpfer jeder mit seinme Schwerdt zuförderst berühret / und daneben GOTT angeruffen / daß er dem / der die Gerechtigkeit für sich hätte / den Sieg geben wolle. Welcher nun den Kampf erhalten / dem hat man das Gut zu gesprochen / der ander Theil und sein Beystand aber haben den Unfug mit Geld gebüsset und abgetragen. L. Aleman. c. 83. CCXXXV. Ehe die Partheyen den Kampf angefangen / hat man sie insonderheit versucht und probiret / daß keiner den andern mit Beschwerungen und andern Künsten verzaubern und überlisten können. Exempla hat man in Annall. Franc. und bey dem Nithardo. vid. Lehmann. in der Speyrischen Chronic. lib. 2. c. 30. pag. 119. & 120. CCXXXVI. Die Japaner gebrauchen sich wider die Diebe / so der That noch nicht völlig überwiesen sind / einer besondern Feuer-Probe / oder wie sie es nennen strengen Frage / folgender gestalt-Man läst ein vierecktes Stück Eisen / so ungefehr eines Fingers dick / und ein Viertel von der Ellen lang ist / im Feuer recht glüend werden / hernach die Hitze ein wenig abnehmen / biß das Eisen den feurigen Glantz verleuret / und blaue Farbe gewinnet. Alsdenn legt mans denjenigen / auf welchen der Argwohn hafftet / in beyde flache Hände: Wirfft doch gleichwohl ein und andres Blätlein Papiers darzwischen / auf welchen etliche Bildnisse der bösen Geister gemahlet stehen / üm die Hand unverletzt zuerhalten. Dafern nun das Papier alsobald verbrennt / und dennoch / nach dem das Eisen zurück geworffen / die Hand unversehret geblieben ist / wird der Beklagte absolviret. Spüren sie aber daß die Hand nur ein wenig gebrandt / oder auch nur die Haut in etwas zusammen geschrumpfet / so muß er Schuld haben und ans Creutz. Erasm. Francisci in seinen Neu-polirten Geschicht-Kunst- und Sitten-Spiegel lib. 2. disc. 8. pag. 408. CCXXXVII. In dem Reich Siam ist die Wasser- und Feuer-Probe noch im Gebrauch: Denn wenn eine Sache [so wohl bürgerlich / als peinlich] zweiffelhafft und dunckel fält / daß es nemlich an scheinbahren Anzeigungen mangelte / und daher die Richter auf keines Seite nicht leichtlich [83] sprechen könten: Ist Klägern oder Beklagten / nach erlangter Bewilligung des Gerichts / erlaubt / auf andere Weise und Wege die Unschuld und Billigkeit ihrer Sachen darzuthun: Indem er nemlich sich ins Wasser senckt / oder die Hände in siedendes Oel steckt / oder mit blossen Füssen mitten durchs Feuer gehet / oder auch einen Klumpen mit harten Flüchen beschwornen Reises aufisset. Wie denn diese und andere dergleichen Proben / vor dem Gericht und allen Volck auf öffentlichen Platz / entweder durch die Partheyen selbst / oder durch deren Gevollmächtigte geschehen. Mit der Wasser-Probe gehet es also zu: Am Grunde des Wassers stecken zween Stäbe / vermittelst deren fahren beyde Theile in den Grund hinab zu gleicher Zeit. Welcher aber von beyden am längsten unter dem Wasser dauren kan / und am spätesten wieder empor kömmt: der wird loßgesprochen / oder gewinnt die Sache. Also auch wer seine ins heisse Oel gedauchte Hände gar nichts / oder weniger als des Gegners seine verbrandt wieder heraus zeucht: oder wer dreymahl nach einander / vier oder fünf Schritte weit blosses Fusses / unverletzt über glüende Kohlen gehet / der sieget gleichfalls ob: Jedoch gibt man bey solcher Feuer-Probe wohl Achtung / daß der durchgehende mit leichten Füssen nicht etwa nur überhin hüpffe / noch die Glut gelinde berühre / gestalt denn zu beyden Seiten dißfalls einer darbey stehet / und ihm die Schultern fein hart niederdrücket. Denn mit vielen Beschwerungen gleichsam durchgewirckten Reiß-Teig aber reichen die Priester den rechtenden Theilen mit vielen Gebräuchen und Ceremonien / wer denselbigen hinab schlingen / und ohne Erbrechen bey sich behalten kan / der behält den Sieg: Angesehen die Richter / sobald er durch dieses Mittel sein Recht oder Unschuld bewehret hat / ihn ledig sprechen / und die Freunde mit Frolocken und Triumphiren solchen in sein Hauß begleiten. Der falsche Ankläger aber / wie auch der Leugner des beschuldigten Verbrechens / werden in peinlichen Sachen / nach solcher Wunder-Probe / in casu succumbentiae, wenn sie die Bewehrung verlohren / des Lebens beraubt; sonst aber in andern Rechts-Sachen zur Folter oder Gefängniß condemniret. Jodoc. Schoute oder Schultze in Beschreibung des Reichs Siam, pag. 293. & 294. vide Erasmi Francisci in neu-polirten Geschicht-Kunst- und Sitten-Spiegel part. 6. disc. 2. pag. 1498. & seqq. allwo wegen einer in Siam mit Gifft vergebenen Königlichen Princeßin viele durchs Feuer gehen müssen.
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CCXXXIIX. Solche letzte Probe ist auch in Europa bey vielen gottlosen und abergläubischen Leuten im Gebrauch / nemlich daß sie / wenn im Hause etwas weggekommen / und vermuthlich gestohlen ist / üm den rechten Thäter zu erfahren / einander ein Bißlein Teigs / oder Käse zu essen darbiethen / so mit gewissen [Zweiffels ohne zauberischen] Zeichen bemercket sind. Wer schuldig ist / der kan dergleichen Bißlein nicht hinab bringen / sondern müste eher dran erwürgen. Weigert sich einer solches Hexen-Gefresses / so halen ihm die andere für schüldig. idem Erasm. Francisci lib. 2. disc. 2. pag. 324. & 325. CCXXXIX. Moris etiam olim fuit, panem certis qvibusdam destinatisqve sententiis consecratum reo gustandum offerre: habebant enim penitus insitam opinionem, non posse qvemqvam mali conscium panem hoc modo dedicatum glutire, OFFAM JUDICIALEM alii dixerunt.
Lambardus in priscis Anglorum Legibus in explic. verborum & rerum.
Schottel. saepè dict. tr. c. 28. pag. 558. CCXL. Es befindet sich auch noch einander Process, damit die alten Teutschen die Wahrheit bezeuget und bestätiget / nemlich daß sie einen Büschel Aehren in der rechten Hand gehalten / GOTT und die Engel sam̅t den Umstand über dem / was sie gesaget / zu Zeugen angeruffen / und darauf die Büschel aus den Händen in die Höhe geworffen. idem Schottel. pag. 557. CCXLI. Hernach ist der Gebrauch aufkommen / daß man alle Eyde in Kirchen geschworen / und in Schweren die Finger auf ein Kästlein mit Reliqvien gelegt / und die Worte darzu gebraucht: So wahr mir GOTT helffe und die Heiligen / deren die Reliqviae sind / daß ich die Wahrheit sagen könne. CCXLII. Die Alemanier / als streitbare Völcker / haben in der Verhör und wenn die Zeugen ihre Deposition gethan / die Knöpfe ihrer an der Seiten habenden Degen angegriffen / und damit zu verstehen gegeben daß sie auch mit dem Schwerdt die Wahrheit / die sie ausgesaget / wolten versechten / inmassen denn geschehen / wenn die Zeugen / die der Kläger und Beklagte geführet / nicht zusammen gestimmet / und kein Theil den andern Recht geben wollen / daß alsdann ein jeder Theil einen ausgeschlossen / die auf freyen Feld mit Prügeln über die Wahrheit gekämpfet / und haben die Kämpfer keine andere Rüstung / dann einen Schild gehabt / welcher unter den beyden überwunden worden / den hat man / wie auch allen seinen Bey [85] stand für meineydig und falsche Zeugen gehalten / und ihm hierüm die rechte Hand abgehauen. Lehmann. in der Speyrischen Chronic. lib. 2. c. 30. CCXLIII. Hieher gehören auch die Sortilegia, wenn sie den Diebstahl ausmachen wolten vel per Astrolabii inspectionem, vel per CRIBRUM ET FORFICES, wenn sie das Sieb lauffen lassen / invocatis perperam Divis, qvibus vulgus maximè abutitur.
Petr. Gregor. Tholosan. Syntagm. Jur. Univ. lib. 48. c. 14. n. 8.
vide qvoqve, qvae habet Michael Freudius in Gewissens-Fragen von Hexen qvaest. 363. & 364. CCXLIV. Dionysius Halicarnassaeus lib. 2. Antiqvit. Roman. pag. 195. gedencket einer Vestalischen Nonnen / Tucia genannt / welche ihre Unschuld darzuthun in einen durchlöcherten Siebe Wasser aus der Tyber geschöpffet / solches ein ziemlich Fleck fort getragen / daß kein Tropfen heraus gegangen / und solches zu den Füssen der Pontificum ausgegossen. Es hat sich aber / wie dieses geschehen / ihr Ankläger nirgends mehr finden oder antreffen lassen. Q. Claudia. auch eine aus obiben Orden / ward berüchtiget / als ob sie unkeusch gelebet hätte / die bewiese ihre Unschuld dergestalt / daß sie ein grosses Schiff zu Rom / welches weder von Menschen noch Vieh aus der Tyber ans Land gebracht werden konte / gantz leicht mit ihren Gürtel herbey zog. Livius lib. 2. de bello Punico. Ovid. in Faltis. Und Cicero lib. 1. de divinatione schreibet von dem Actio Navio Augure, daß derselbe zu seiner Exculpation einen Wetzstein mit einen Messer von einander geschnitten. CCXLV. Endlich ist auch die Wasser-Probe der Hexen nicht zu vergessen / welche vor diesen in Italien / Hispanien / Franckreich / Nieberland / und gantz Teutschland üblich gewesen / mit der es also zugieng: Wenn eine Manns-Person oder Weibesbild / der Hexerey halber / verdächtig war / nahm man dieselbe / ohne weitere Nachforschung / beym Kopf / führete sie ausserhalb der Stadt / oder des Dorfs / band ihnen den rechten Daumen an den lincken grossen Zehen / und den lincken Daumen an den rechten grossen Zehen / und also Creutzweise über einander / legte sie gantz leise oder mählig in ein kaltes fliessendes Wasser / oder in einen Teich / suncken sie unter / hielte man sie vor unschuldig / schwummen sie aber / als die Gänse oder Endten empor / wurden sie vor Hexen gehalten / auf die Voller geworffen / und gepeiniget / biß sie bekandten.
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Speidel. in spec. Jur. v. glüend Eisen tragen. Item Wasser-Urthel. Michaël Paris Walburger de Lamiis c. 8. §. 8. pag. 100. Joh. Christoph. Nehring. disp. de indiciis & proba per aqvam frigidam sagarum, Wasser-Probe der Hexen circa finem. CCXLVI. Ob nun wohl unterschiedliche gelehrte Leute wider solche betriegliche / und von abergläubischen Henckern vermuthlich Anfangs erdachte Probe ihre Feder geschärffet / ist dieselbe doch noch etlicher Orten / sonderlich in Westphalen / gebräuchlich / unter den Vorwandt / es wäre bey ihnen so ein alt Herkommen / und nehmen die Richter allda aus solchen Baden und Schwimmen eben kein Indicium, sondern thäten es nur darum / daß man die Schuldigen etwas leichter zum Bekäntniß bewegen möchte. Qvasi non alia media extorqvendi confessionem superessent, ut proinde confugiendum sit ad oraculum Daemonis! Fieri enim facilè posset, ut diabolus criminis hujus certissime reum submergeret, innocentem vero sublevaret, ut judices hac ratione ab inqvisitione & condemnatione absterreret, ac ita in condemnando & absolvendo, non sine enormi peccato, ludificaret. Walburger. d. c. 8. & §. pag. 102. Cujusmodi Exemplum ipsemet vidit & recenset Gödelmann. lib. 3. de Lamiis c. 6. n. 35. CCLXLVII. Es haben auch etliche / darunter Scribonius, in Philologia, de natura sagarum fol. 115. & 130. nec non in Epist. ad Lemgovienses. Jacob Rickius, in seinen zu Cölln am Rhein Anno 1597. gedruckten Tractat / dessen Titul ist Defensio compendiosa, certisqve modis adstricta probae, ut loqvuntur, aqvaefrigidae & c. Johann. Albrecht, in disput. polit. de forma judicior. in Rep. rectè instituenda thes. 291. 292. & 293. habita sub praesidio Conringii. solche Hexen-Probe / als gut und rechtmässig / noch defendiren wollen; allein
Gödelmannus, lib. 3. de Lamiis c. 4.
Delrio, disqv. Magic. lib. 4. c. 4. q. 5. Sect. 1. 2. 3.
Goëhausen, in proc. contrasagas, qvaest. 1. per tot. und viele andere mehr haben ihre vermeintliche argumenta und Schein-Gründe solidè refutiret / und diese Probe gäntzlich yerworffen. [1] Qvia diaboli invidiâ & instinctu est inventa & excogitata. [2] Qvod tentetur Deus, & sic committatur peccatum mortale.
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per text. in c. monomachiam 2. q. 4. fin. de purg. vulg. [3] Qvod multi innocentes hac ratione condemnationem incurrere qveant. [4] Qvod neqve in Dei neqve Caesaris Codice haec proba approbata inveniatur.
Damhoub. in Pr. crim. c. 43. n. 2.
Joh. Borcholt. de feud. c. 7. n. 12. & alii, qvorum fundamentis innixae omnes Facultates Juridicae in Academiis Germaniae hanc prodam rejiciunt & improbant. de qvo testatur Gödelmann. d. loco. CCXLVIII. Nec in Germania solùm in desvetudinem abiit haec proba, sed & in Italia, Hispania, in Francia & Belgio. Proinde cum in tota fermè Europa hic mos per aqvam frigidam sagas probandi exoleverit, non potest non fieri, qvin solus Westphaliae circulus eo solo nomine contumaciae & superstitionis notam incurrat, sunt verba Walburgers d. tr. pag. 101. CCXLIX. Es sind aber nachgehends solche PURGATIONES VULGARES, [sic dictae, qvia à vulgo erant inventae vel servatae, Petr. Greg. Tholos. in Syntagm. Jur. Univ. lib. 48. c. 15. n. 2.] als mit dem Feuer / glüenden Eisen / kalten und heissen Wasser / Kämpfen / Creutz / Hostien / Loß und in Summa alle andere durch die Christliche Käyser sonderlich Carolum M. Constit. c. 25. Fridericum II. Constit. Neap. lib. 2. tit. 31. Carolum IV. Const. Regni Bohem. rub. 39. ut pluribus ostendit
Becman. de judicio Dei c. 6.
& Lambec. lib. 2. de orig. Hamburg. p. 126. & seqq. abgeschaffet und ernstlich verbothen / in qvibus potius Deus tentaretur, & ad iracundiam provocaretur, qvam verum haberetur innocentiae testimonium.
c. fin. de purg. can.
c. qvaeritur 22. q. 2. c. si nulla 23. q. fin. Hingegen aber Purgatio Canonica, oder der Reinigungs-Eyd eingeführet und behalten worden. dict. Petr. Georg. Tholos citat. lib. 48. c. 15. n. 11. Sicuti enim nec omnia Deus punit in hoc seculo delicta, sed suo Judi [88] cio qvaedam reservat: Sic & non omnia vult ad punitionem, vel ad temerariam accusationem revelare.
c. si omnia 6. q. 1.
Just. Oldekop. Obs. Crim. tit. 4. observ. 16. n. 19. Et occulta non sunt fori hujus seculi, sed solius Dei.
c. compescant 32. dist.
c. Christi. ma religio 22. q. 7.
D. Maranta de jurisdict. Ecclesiast. part. 4. c. 44. n. 3.
Nevizan. in Sylv. nupt. lib. 3. n. 37. Saepè etiam fallax hoc judicium vulgare, & tentato Deo ex praesumtionibus innocens damnabatur impie, c. significantibus de purg. Vulg. P. & Daemones miraeula imitabantur & perstringebant oculos, ut vel innocenti illuderent, vel impium liberarent meritis poenis. Praeterea multi corriguntur, ut Petrus, multi tolerantur ut Judas, multi nesciuntur, donec veniat Deus, qvi illuminabit abscondita tenebrarum. Gödelmann. lib. 3. de Lamiis c. 3. n. 29. Huc commodissimè & eleganter qvadrat constitutio Caroli M. inter veteres ejus Leges, teste Annaeo Roberto lib. 1. Rerum judicat. c. 4. pag. 52. reperta, sic sonans: In ambiguis Dei judicio semper reservetur sententia. Qvod judices certè agnoscunt, suo, qvod nesciunt, divino reservent judicio. Qvoniam non potest humano condemnari examine, qvem Deus reservavit suo judicio. CCL. Hieher gehöret auch letzlich die Fürladung vor Gottes Gericht / oder die Citation ins Thal Josaphat für dem Richterstuhl GOttes / welches geschicht / wenn einer wider alles Recht und Billigkeit beschweret / ungehörte Dinge / ja unschuldiger Weise / condemniret und zum Tode verurtheilet wird / da ein solcher armer verlassener Mensch / wenn er siehet / daß niemand auf dieser Welt sich seiner annehmen / noch auch seine Unschuld retten wil / sich endlich zu GOTT dem allgerechten Richter wendet / an demselben appelliret / und den ungerechten Welt-Richter vor das gestrenge Göttliche Gericht citiret und fodert / allda mit ihm zu erscheinen / und wegen seines unschuldig vergossenen Bluts / oder sonst angethanen Todes / Rede und Antwort zu geben. CCLI. Von den Ursprung solcher Citation findet man unterschiedliche Meinungen. Chrysostomus tom. 5. hält davor / daß das Jüngste Gericht im [89] Thal Josaphat werde gehalten werden / weil bey dem Propheten Joël. c. 111. v. 1. & 2. also stehet: Dann siehe in den Tagen und zur selbigen Zeit / wann ich das Gefängniß Juda und Jerusalem wenden werde / wil ich alle Heyden zusammen bringen / und wil sie ins Thal Josaphat hinab führen / und wil mit ihnen daselbst rechten / von wegen meines Volcks / und meines Erbtheils Israel / das sie unter die Heyden zerstreuet / und sich in mein Land getheilet. sc. und daß üm des willen die ungerechte Richter billich dahin citiret werden. Thomas de Aqvin. und mit ihm andere sind in dem Wahn / als ob das Jüngste Gericht auf den Oelberge / ad cujus radices das Thal Josaphat gelegen / würde gehalten werden / und beziehen sich auf das 1. Capitel in der Apostel-Geschicht v. 11. Aber Johannes Nordermann in dissert. de Jure Principatus Volum. 4. disp. Basil. Thes 51. trifft es vielleicht wohl am besten / wenn er die Ursache dieser Citation der Erlöß- und Befreyung des Josaphats von der Verfolgung der Syrer zuschreibet / wovon im andern Buch der Chronic am 18. Capitel zu lesen; Da er bey der Zurückkunfft von der Schlacht / in diesem Thal GOTT vor den wundersamen Sieg hertzlich gedancket / und die Beute ausgetheilet hat / daher es auch das Lobe-Thal genennet worden. Ferner ist der HErr Christus / als Er sein Leyden angetreten / durch das Thal Josaphat auf den Oelberg gegangen / und hat allda die ankommende Rotte / so ihn suchte / aus Göttlicher Krafft fast nur mit einem eintzigen Wort zu Boden geschlagen / und seine erschrockene Jünger aus ihren Händen errettet. Sey demnach das Fürladen eines ungerechten Richters ins Thal Josaphat so viel / als daß GOTT an demselben Rache üben wolle / wie Er zu Zeiten Josaphats an den Syrern gethan: Item / daß gleichwie seine Allmacht den Josaphat / und Christus seine Jünger / aus der Feinde Hände errettet / derselbe auch ihn / den unschuldig verdam̅ten Menschen / wenn Er wolte / zu rechter Zeit liberiren / oder aber seine Unschuld an den Tag bringen und drüber Rache üben werde. CCLII. Atqve hoc modo saepè deterrentur iniqvi homines [addit idem Norderman. d. loc.] praesertim si ipsis terror incutiatur futuri Judicii & aeterni cruciatus, qvi terror in ipsis augetur, si proximam Vallem GEHINNON [qvae à Christo passim in Evangelio Gehenna nominatur] in memoriam revocaverint. Est autem haec Vallis ad montis Moriae [in qvo olim jussus Abraham immolare filium Isaacum Gen. 22.] radices propè Jerusalem, non longè à valle Josaphat, ubi olim Judaei Molocho, seu Saturno, Ammonitarum Idolo filios suos sacrificabant. Qvod Al [90] tare pius Rex Josias destruxit, & deteltandum cultum sustulit, illuc transferendo ingentem ossium mortuorum acervum, ut ita subditos ab immanissima Idololatria deterreret. Postmodum omnes Urbis sordes illuc deportarunt; unde, ad similitudinem, infernus fuit appellatus, Gehenna à terribili aspectu; qvemadmodum Vallis Josaphat divinum judicium & vindicta, à miraculoso auxilio. CCLIII. Einige führen aus der Bibel das Exempel Sarae an / welche ihren Mann Abraham / wenn er ihr wider die Magd Hagar nicht helffen wolte / für GOTT citirte. Genes. c. 16. Item des verfolgten Davids / welcher den König Saul / 1. Sam. c. 24. deßgleichen des Propheten Zachariae / der den König Joas / 2. Chron. 24. Jeremiae / so seine Zuhörer / c. 11. & 20. Pauli des Apostels / welcher seine Verleumbder / 1. Corinth. 4. und nahmentlich den Schmidt Alexandrum, 2. Timoth. 4. wie auch der Märtyer Seelen die Tyrannen / Apocal. 6. vor den Richter-Stuhl Gottes geladen. CCLIV. Es hat auch GOTT der HERR folche Provocation nicht allemahl ohne Effect seyn lassen / wie die viele verhandene Exempel klar ausweisen. Ein und anders nur anzuführen / so ist aus dem Fulgosio lib. 1. cap. 6. bekandt / daß Ferdinandus IV. König in Spanien zween Ritter / so fälschlich angegossen waren / als wenn sie Land und Leute verrathen wollen / von einen hohen Thurm herab stürtzen lassen / welche auch kurtz vor ihren Tod / ermeldten König auf einen gewissen Tag vor GOttes Gericht zu erscheinen vorgefordert. Da denn / wie derselbe Tag herbey kommen / der König in seinem Bette tod gefunden worden. Ebenmäßig erzehlet Fulgosius an bemeldten Ort / daß als ein Tempels-Herr von Neapolis bürtig zu Burdegal ohne Ursach zum Feuer verdammet worden / derselbe aber / wie er jetzt verbrandt werden sollen / den Pabst Clementem und König Philippum pulchrum in Franckreich beysammen an einen Fenster stehen gesehen / den Pabst mit lauter Stimme also angeredet: Saevissime Clemen [91] tissime Tyranne, posteaqvam mihi inter mortales nullus jam superest, ad qvem appellare qveam, pro gravi mole, qva me per injuriam afficis, ad justum Judicem Christum meum appello Redemtorem, ante cujus tribunal te voco unà cum Philippo rege, ut intra annum diemqve ambo illic compareatis, ubi causam meam exponam, & jus sine pravo affectu administratur. Und ist gegen selche Zeit der Pabst Clemens plötzlich dahin gestorben / welchen König Philippus auch bald gefolget. Besold. de Appellat. c. 2. §. 3. Simile exemplum ex Olao magno lib. 14. c. 20. de Johanne Turson refert D. Danhauer in Evangelischen Memorial. fol. 880. qvi cum qvendam, sine dubio innocentem, capite plecti juberet, genibus innitebatur reus: en morior, inqvit, injuste, teqve voco hâc horâ ante Tribunal Dei, ut respondeas, cur me innocentem condemnes. Vix autem miser ille manu carnificis obtruncatus erat, & corruebat judex exanimis. Und Georg Lauterbeck im Regenten-Buch part. 5. c. 4. erzehlet: Daß als ein Richter mit seinen Schöppen einen Lands-Knecht zum Tode fälschlich verurtheilet / derselbe aber sie auch für das Jüngste Gericht ins Thal Josaphat lude / sie drüber gelachet / ein Gespött damit getrieben / und gesaget / er solte nur voran gehen / sie wolten schon folgen. Aber ehe ein Jahr üm kam / gingen ihrer viere schrecklich dahin / einer ward vom Donner erschlagen / der ander in einer Zeche erstochen / der dritte wegen Diebstahls gehenckt / der vierdte schwerlich kranck / und da er sterben solte / sagte er: Was säumest und verzeuchst de / Satan / meine Seele hinweg zuführen / dir habe ich treulich gedienet / derohalben bin ich auch dein! Aber daß ich soll mit dem Lands-Knecht im Thal Josaphat vor Gericht stehen / wie gerne wolte ich des überhaben seyn / den da wird ein erschrecklich Urthel über und wider mich gestellet und gefället werden! Mehr Exempel können gelesen werden bey den
Carol. von Hagen / Lib. 1. J. P. c. 4. pag. 103.
Petav. in ration. Temp. l. 9. c. 4.
Marc. Zuer. Boxhorn. Hist. univers. p. 824.
Balaeo in vit. Pontif. pag. 301. & 302.
Scipion. Aurel. lib. 4. c. 26. de Reb. gest. Gall. p. 316.
Aventin. lib. 4. Annal. Bojor.
Wolfio lection. memorab. cent. 12. p. 331. & 332.
Joh. Wilan. lib. 8. Hist. Florent. c. 29. p. 640.
Cent. Magdeburg. VII. c. 6. p. 937.
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Majol. tom. 2. dier. Canic. colloq. 2. pag. 524.
Bacon. Tom. 11. Annal. anno 1509. n. 81. & 82.
Joseph. Marian. lib. 15. Annal. Hispan. c. 11. Besold. in Polit. lib. 2. c. ult. n. 55. & de Poenis fol. 313. dee rep. curanda c. ult. 9. 10. Philipp. Harsdörffer / im Schauplatz Lust- und Lehrreicher Geschichte p. 3. pag. 251. & part. 8. pag. 255. & 256.
Camerar. Hor. successiv. part. c. 38. pag. 130. & seqq.
Just. Lips. in monuit Polit. lib. 2. c. 11. pag. 281.
Abraham à Krechwiz, in Sylvula Polit. Hist. sub rubr. was die Erfoderung vor GOttes Richterstuhl für Krafft habe fol. 356. & seqq.
Zwinger. in theat. Vol. 5. lib. 4. fol. 1354.
Adam Cortrejo in dissert. Jurid. de Extrema Provocatione ad constantissimum & innocentissimum Tribunal JEsu Christi c. 5. th. 12. 16. & 17.
Zeiler. Epist. 324. CCLV. Worbey aber zu mercken daß in Bürgerlichen Sachen / da einer sein Recht von der Obrigkeit / wie er vermeinet / daß er es haben möchte / nicht erlangen kan / oder wenn ihm die Sache gantz abgesprochen würde / solche frevele und boßhaffte Fürladung vor Gottes Gericht ohne Straffe zu unterfangen sich nicht erkühnen darff / weil er noch immer an einen höhern Richter / und endlich gar an die Landes-Herrschafft selbst appelliren kan. Denn wenn diesen also nachgesehen würde / dürffte viele Boßheit und eigne Rache mit unterlauffen / auch die Obrigkeit endlich gar für nichts gehalten werden / sondern ihre Autorität mercklich fallen / und mancher es den Advocaten / dessen Georg Valent. Winther. in parth. litig. lib. 2. cap. 14. num. 19. gedencket / nachthun wollen / welcher dieser unzulässigen Provocation sich vielmahl freventlicher Weise bedienet hatte / als er aber tod kranck / und darbey erinnert wurde / daß er nun seiner Seelen wahr nehmen solte / daß sie wohl führe / blieb er bey seinem alten Lied Appello! Appello! und damit starb er elendiglich dahin / absqve dubio sententiam immutabilem atqve inappellabilem expertus. Drum setzet auch ermeldter Winther in angeführten Tractat Lib. 3. c. 31. klar / daß solche Art zu appelliren keines weges aus den Rechten defendiret werden könne. Welchem geichfals
Menoch. Lib. 2. de A. I. Q. cent. 4. p. 556.
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und Jul. Clarus lib. 5. sentent. §. final. Pract. Crim. q. 88. n. 17. beystimmen / allwo der letztere setzet / daß zwey / so sich solcher Fürladung für GOttes Gericht freventilcher Weise unterfangen / von dem Senat zu Meyland willkürlich gestraffet worden / dergestalt daß der eine / Carlettus genandt / an den Pranger gestellet / und ihm das Hals-Eisen ümgethan worden / den 10. April 1553. der andere aber / Thomas Mantellus hat solche Provocation öffentlich widerruffen / und drauf den Staupenschlag den 10. Sept. 1556. erleiden müssen. CCLVI. In Ansehung dessen ist an. 1656. im Majo zu Jena / ad reqvisitionem Innoc. Freywalds zu Leipzig / mit folgende̅ Formalien zu recht erkandt worde̅: Daß Rector Academiae angezogene grobe Injurien / und die aus Leichtfertigkeit unnöthiger Weise angedrohete Fürladung vor GOttes Gericht gebührlich zu vindiciren / und insonderheit die Universität / bey so gestalten Sachen / üm Schutz anzusuchen wohl befuget / und wofern es oberzehlter Massen also bewand / so ist Injuriant, wegen seiner groben und ärgerlichen Verbrechens nicht allein die niedergeschriebene Droh- und Beschuldigungs-Worte / als wolle er deßwegen den Rectorem wiederum vor das Jüngste Gericht citiren / weil ihme Justitia denegiret / und er gedruckt würde / uf vorhergehende recognition, coram Senatu Academico zu revociren / und dem Rectori eine Abbitte zuthun schüldig / sondern er wird auch hierüber / andern zum Abscheu / cum exclusione & amissione privilegiorum, oder einer ziemlichen Geld-Strafe / seinen Vermögen nach / nicht unbillich willkürlich beleget V. R. W. CCLVII. In peinlichen Sachen aber / zumahl wenn ein armer Sünder / ohne gnungsame Erforschung des Verbrechens / und Untersuchung seiner Unschuld / zum Tode verdammet wird / und weder die niedere noch hohe Obrigkeit sich seiner annehmen / noch ihn gnugsam hören wil / und er also siehet / daß er von aller Welt verlassen sey / kan solche nicht allerdings improbiret werden. De qvo satis testatur Martin. Rumelin. ad Aur. Bullam, ubi, posteaqvam hanc in civilibus consvetudinem reprehenderat, tandem disertè concludit: QVOD TAMEN NON ITA ACCIPI VELIM, QVASI NULLO OMNINO CASU TALIS AD TRIBUNAL DEI APPELLATIO LICITA ESSET. QVID ENIM IN CAUSIS CRIMINALIBUS? QVID INQVAM, SI JUDEX VEL EX ERRORE AUT FALSO TESTIMONIO PERSVASUS, AD ULTIMUM SUPPLICIUM CONDEMNET ETIAM INNOCENTISSIMUM? QVEM [94] ALIUM HIC MISER INNOCENTIAE TES TEM, PRAETERQVAM JUSTISSIMUM ET OMNIUM RERUM GNARUM JUDICEM DEUM APPELLARET. Haec Citatio tamen nec indistinctè rejicienda, nec admittenda; Sed videndum, ne contra patientiam Christianam peccetur. Dither. in contin. Thes. Pract. Besold. v. ins Thal Josaphat laden pag. 305. CCLVIII. Am sichersten ist es / daß bey solcher Begebenheit der Judex die gantze Sache nochmahls aufs beste untersuche / und alle Umstände wohl ponderire und erwege / damit den armen Gefangenen nicht Gewalt und Unrecht geschehe / und ist in solchen Fall / wenn einiger Zweifel noch obhanden / besser / einen Schuldigen loß lassen / als einen Unschuldigen verdammen. Denn es sind notabele Wort hievon in Gloss. Germanic. in art. 60. lib. 1. Landrecht n. 3. zu finden / nemlich: Ich sage dir auch du Richter / legestu einem überwundenen Mann einen andern Tod an / als den / welchen ihm das Recht giebet und zutheilet / ob er auch wohl drum bittet / so bistu an seinem Blut und an seiner Seelen schuldig / darum daß du ihn aus seinen selbsteigenen Willen oder Rath tödtest / und nicht daß du ihn aus seinen selbsteigenen Willen oder Rath tödtest / und nicht durch das Urthel. CCLIX. [XXV.] Das Grafen-Gericht / das gantze Königreich der Teutschen Francken war vor Alters in gewisse Gaw / Pagos Comitatus oder Grafschafften abgetheilet / und sind die Grafen des Königs und Reichs Beampte und Land-Richter gewesen / und werden bey den Historicis Principes, Proceres, Optimates und Primores geheissen. Anges. leg. Franc. lib. 2. c. 6. Regis veri Adjutores & populi Conservatores. CCLX. Käyser Ludwig der Erste nennete sie seine getreue Mitgehülffen / und des Volcks Schutz- und Schirm-Herren. Deren sind nur dreyerley unter der Carolinorum Regierung / als Pfaltz-Grafen / Grafen und Zehnt-Grafen / und weder Marggrafen noch Landgrafen in Teutschen Reich zu befinden gewesen. CCLXI. Jhr Ampt ist gantz auf der Justitz bestanden / daß sie in Malefitz- und Bürgerlichen Sachen / geistlichen und weltlichen in dem gantzen Gaw oder Grafschafft / darinn sie gesessen / Recht gesprochen / und gegen die Missethätige / nach Ausweisung des Reichs-Gesätzen und Ordnungen / mit gebührender Straff verfahren. Jhr Bestallungs-Brief hat dahin gelautet: Daß sie von gantzen Hertzen die Justiz lieben / und nach ihren Kräfften dieselbe verrichten und vollstrecken / der Kirchen / [95] Armen / Wittben und Wäysen / und aller / die in ihrer Ampts-Verwaltung begriffen / Recht und Gerechtigkeit schirmen / und sich derselben mit wachender Sorgfältigkeit annehmen sollen. Was für Sachen und Klagen für sie kommen / oder gebracht werden / solche reiflich / bedächtig und rechtmäßig erwegen und entscheiden / und alles das thun / was recht und gerecht ist. Wenn sie zum öffentlichen Gericht sitzen / zu erst und vor allen andern der Wittiben / und Wäysen und Armen Klagen und Beschwerden verhören / und alsbald und ohne Aufschub und Verweilung denselben ihre Erledigung geben. Anges. lib. 4. c. 93. sub Ludov. & Lothar. Impp. Comites pleniter Justitiam diligant, & juxta vires eorum expleant & justitiae sanctae DEI Ecclesiae vigilanti cura insistant; Orphanorum, viduarum, nec non pauperum Causae deliberentur, nec propter aliqvam dilationem eorum Justitia à Judicibus dilatetur. Ibid. lib. 2. c. 6. Monemus vestram fidelitatem, ut memores sitis fidei Nobis promissae, & in parte Ministerii vestri vobis commissi, in pace scilicet & justitia facienda, vosmet ipsos coram DEO & hominibus tales exhibeatis, ut & nostri veri Adjutores & populi conservatores justè dici & vocari possitis, & nulla qvaelibet causa, aut munerum acceptio, aut amicitia cujuslibet, vel odium vel timor vel gratia à Statu rectitudinis vos deviare compellat, vel odium vel timor vel gratia à Statu rectitudinis vos deviare compellat, qvia inter proximum & proximum semper justè judicetis, pupillorum verò & viduarum & coeterorum pauperum adjutores & defensores, & sanctae DEI Ecclesiae, vel servorum ejus honoratores, juxta vestram possibilitatem sitis. Illos qvoqve, qvi temeritate & violentia in furto & latrocinio sive rapinis communem pacem populi perturbare moliuntur, vestro studio & correctione, sicut decet, compescite. Et si aliqva persona i aliqvo vobis impedimento fuerit qvin ea qvae dicimus, facere non valeatis, nobis ad tempus illud notum fiat, ut nostrâ Authoritate adjuti, ministerium vestrum digne adimplere possitis. Lehmann. Chron. Spir. lib. 2. c. 17. pag. 86. CCLXII. [XXVI] Hals-Gericht / Jure Saxonico distingui Judicia dupliciter, secundum Jurisdictionem, notum est. Alia enim est Imperii, sub qva comprehenduntur omnes gradus meri & mixti Imperii, Altae videlicet Justitiae, qvae vulgò appellatur Jurisdictio Poenalis & superior, seu judicium Criminale, jurisdictio suprema das Hoch-Ge [96] richt / die Ober-Gerichte / Hals-Gerichte / peinliche Gerichte / die hohe Frais- oder Zent. Qvando poena concernit diminutionem vitae, amputationem manus, aut alterius membri & c. Et pertinent ad hanc Jurisdictionem omnes qvaerelae & accusationes, super qvibuscunqve delictis & Maleficiis, qvae Ungericht vocantur in Jure Saxonico. Altera species Jurisdictionis seu Judicii Saxonici vocatur simplex jurisdictio, seu Bassa, vulgò die Erb-Gerichte / Nieder-Gerichte / Mittel-Gerichte / Unter-Gerichte / Voigtey / das Voigt-Gericht / Voigtheiligkeit / Voigtheyliche Gerichte; In hanc speciem Jurisdictionis includuntur causae pecuniariae & Civiles, & vocantur Güld und Schuld.
Coler. de Process. executiv. part. 1. c. t.
Wehner. Observ. Pract. voc. Gericht.
Schottel. d. tr. c. 7. §. 4. pag. 215. CCLXIII. Es ist aber das Hals-Gericht ein peinlicher Actus über Haut und Haar / Hals und Bauch / wie der Sachse spricht / hoc est, qvando ad poenam corporis afflictivam agitur. Daß man einen zur Staupe schlage / und da an Leib und Leben gesprochen worden.
Peinl. Hals-Gerichts-Ordn. art. 81. 82. & 87.
Sächß. Landrecht lib. 1. art. 59. in fin. text.
Wehner. in Observ. Pract. lit. Z. zu Haut und Haar.
D. Georg. von Priezen in Compen. Jur. Civ. & Saxon. lib. 5. tit. 8.
Volckmann. in Process. Crim. Part. 1. tit. 2. c. 6. n. 1. CCLXIV. Was vor Mißhandlungen und Bestraffungen zu den Ober- und Hals-Gerichten gehören / ist aus jedwedes Landes- und Gerichts hergebrachter Gewonheit zu erlernen: In des kan doch zur Information gelesen werden
Arnold. de Re Reyger, in Thesaur. Juris tom. 1. pag. 2007.
Theodor. in Colleg. Crim. pag. 2361. n. 9. Die Churfl. Sächs. Landes-Ordnung de anno 1555. sub tit. was zu Ober-Gerichten gehörig. Fürstl. Sächs. Weymarische Landes Ordnung de anno 1589. tit. 26. Fürstl. Sächs. Gothaische Landes-Ordnung part. 2. c. 1. tit. 9. pag. 108. & 109. add.
Speidel. in specul. Jur. v. Hals-Gericht pag. 560.
Dan. Moller. lib. 4. Semest. c. 45. n. 3. & seqq.
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Matth. Berlich. part. 1. qvaect. pract. 1. & part. 1. conclus. 3.
Volckman. Consil. Crim. 1. n. 1.
Alteburg. Prax. Criminal. pag. 14. 15. & 16. Item Das Urthel der Churfürstl. Sächs. Schöppen zu Leipzig Mens. Febr. 1620. ad consultationem Senatus im Thum gesprochen / bey dem Carpzov. p. 3. q. 109. von n. 31. biß 36. befindlich / folgenden Inhalts: Als ihr uns Copeyen zweyer Urthel / und eines Churfürstl. Sächs. gndst. Befehls mit Lit. A. & B. signiret / beneben einer Frage zugeschickt / und euch zu berichten gebethen habet / was eigentlich zu den Ober-Gerichten gehörig sey: Demnach sprechen Wir Churfürstl. Sächs. Schöppen zu Leipzig darauf vor Recht: Daß diejenige / welchen Ober- und Hals-Gerichte zustehen / ungefährlich folgende Ubelthaten und Mißhandlungen zu straffen und rechtfertigen befugt / nemlich Ketzerey / Zauberey / Teufels-Seegen und Wahrsagen / Gottes-Lästerung / Kirchen-Ehe- und Landfriede-Bruch / Mord / Todschlag / Nothzucht / Blut-Schande / Mordbrand / Vergifftung / Sodomiterey und Unkeuschheit mit unvernünfftigen Thieren / Abtreibung der Leibes-Früchte / unmenschliche Vermischung mit verstorbenen Weibes-Personen / Kuplerey ehlicher und lediger Personen / Entführung der Jungfrauen und Wittiben / Verlobung und Heyrath mit zweyen Weibern / Aufruhr / Verrätherey / Meineyd / wissentliche Beherbergung geächtigter Ubelthäter oder Mißhändler / Verursachung eines Auflaufs oder Zwietrachts / Verhetzung der Gemeinde wieder ihre Herrschafft / Absage der Vehden / und Steckung der Brandzeichen / Deube / die drey Schilling [das ist 4. Groschen] oder mehr werth seyn. Verhelung oder Mitgeniessung des Diebstahls / Abschneidung und Verderbung Männlicher Glieder und Weibes-Brüste / Rath und Hülffe wieder die Obrigkeit oder Erb-Herren / Verkauffung der Leute und Wegführung derselben wider ihren Willen / Aufgrab- und Spolierung der Todten / Bestehlung der gerechtfertigten Missethäter an den Galgen oder auf dem Rade / und Abnehmung derselben von den Gerichten / Beraubung der Pflüge / Mühlen und Bienstöcke / Suchung eines andern mit gewapneter Hand in den Seinen / zu dem Ende ihn zu übergeben und zu tödten / Haus-Friedebruch / freventliche Beschädigung der Thüren / und Ausschlagung oder Auswerffung der Fenster / Schmähung an befreyeten Oertern / als Schlössern / Rathhäusern / oder Kirchen / ufn Marckte oder Landstrassen / [98] Erdichtung schändlicher Schmäh-Schrifften / und wenn man dieselbe anschlägt / ober die findet / und andern offenbahret. Schmähungen / die peinlich geklaget werden / und Injurien hoher befreyeten Personen / die im Regiment sind. Fertigung falscher und schändlicher Briefe / Siegel und Petschafft / und Verfälschung der Briefe mit Ausleschung / oder ander Gestalt / auch ungebührliche Eröfnungen der Briefe / und Offenbahrung des Inhalts eines Briefes / so desjenigen / deme er zustehet / Gegentheil gethan wird / Verkauffung oder Versetzung eines Dinges / so zweyen geschicht / falsches Gezeugniß / und wenn ein Richter oder Zeuge zu eines Nutz zu rathen / oder Gezeugen corrumpiret werden / Bereitung falscher Müntze / derselben wissentliche Ausgabe / Schmeltzung / Geringerung und Beschneidung / sie sey groß oder klein / falsche Gewichte oder Maaß / so zu kaufen und verkauffen gebraucht wird / Zerhauung oder Auswerffung der Mahlbäume und Mahlsteine / Ufsetzung neuen Zolles / Abstech- und Vergrabung der Teiche / Theuermachung des Korns und andern Geträydichs / Ufhebung todter Cörper / Verwahrung unsinniger Leute durch die Freunde oder aus Richterlichem Ambte / Zerbrechung der Stadt- und Schloßmauren und Verderbung eines Ackers / so bey nächtlicher Weile vorgenommen / Handanlegung an die Eltern. Und wird unter des Ober-Richters Strafe ferner gezogen / wenn sich jemand für einen Fürsten / Grafen / Frey-Herrn / Ritter oder eines würdigen Standes ausgibt / auch sich einen Kunstmeister / der er doch nicht ist / betrieglich rühmet / und wenn einer seinen Nahmen / Wapen / Gewerck oder Zeichen dem andern zu Schaden verändert / und ein Amptmann üm Gifft / Gaben oder Verheissung willen etwas thut / das nicht recht ist / oder das lässet / daß er hätte thun sollen / wie den auch heimlich Gifft und Gabe darum gegeben / daß er zu einem Amptmann erkohren und erwehlet worden. Hierüber gebühret ihm zu rechtfertigen die Kampfer-Fleisch- und offene Wunden. Item die Wunden / so erstlich Beulen seyn / und darnach aufbrechen und Wunden werden / gezogene Messer oder Waffen / damit einer den andern verwundet / gelämt oder erwürget / Mord- und Zeter-Geschrey / wenn einer den andern morden / oder ein Weib oder Magd nothzögen wolte / Haußsuchung / wenn jemand den andern gefänglich entsetzt und hält / stossen / treten / braun und blau werffen / Schwächung der Jungfrauen / Beschlaffung der Wittiben / schlechte Hurerey / und da dieselbe mit Gefangenen in anbefohlenen Custodien / oder mit wanwitzigen sinnlosen Weibes-Personen begangen. Alle solche und dergleichen Brüche und Mißhandlun [99] gen / neben der scharffen und peinlichen Frage / Verbiethung einer Stadt und Dorfs gehören die Ober-Gerichte / und werden durch sie gerüget / wie den auch die Folger und Helffer oberzehlter Missethaten / so darzu Beystand gethan / von ihnen gestrafft werden sc. V. R. W. CCLVX. [XXVII] Der Käyserliche Reichs Hof-Rath / ausser dem Käyserlichen Cammer-Gericht / welches in Nahmen eines jeden regierenden Käysers verwaltet / und jeder Process und Befehl unter demselben / wie auch dessen Käyserlichen Secret, erkannt und ausgefertiget wird / ist das höchste Gericht im Reich der Käyserliche Hof-Rath / welcher mit obigen Concurrentem jurisdictionem, oder gleichgewaltige Bothmäßigkeit hat: Doch dergestalt / daß / wo unter diesen beyden Gerichten eine dahin gehörige und der Käyserlichen Majestät unmittelbahren Decision nicht reservirte Sache einmahl anhängig gemacht / ihr Lauf daselbsten nicht gehindert werden / sondern stärcklich fortlauffen muß. CCLXVI. Dessen Anfang / vermuthlich von anno 1512. rühret. Da dem Käyser Maximiliano I. auf sein Begehren / und aus hochwichtigen Ursachen / zu des Reichs-Sachen Acht Räthe gehalten / besoldet / und mit gewisser Instruction versehen / auch viere davon von dem Churfürsten / die andere viere aber von den übrigen Fürsten und Ständen gegeben und benamet worden. R. A. zu Trier und Cölln de anno 1512. §. Item haben uns Churfürsten sc. Es ist aber nach solches Löbl. Käysers Ableben diese Verordnung gantz verkehret / und / bey zumahl entstandenen Religions-Zwiespalten (da man aus Haß gegen die Evangelische alles im Reich nahend über und über gehen lassen / und gegen deren Austilgung sich der schweren servitut willig unterworffen hätte) dem Käyser Spanische Räthe vor sich in Reichs-Sachen zu bestellen / denen solche zu committiren / und die auf seine Kosten zu halten / zugesehen worden. Wiewohl nicht ohne / daß bey Reichs-Tägen denen von den Käysern ordentlich bestellten Reichs-Hof-Räthen aus der Stände Mittel etliche adjungiret / und die dabey vorgefallene Geschäffte zuerledigen / zugesellet werden. CCLXVII. Heutiges Tages bleibet es noch darbey / und ist beym jüngsten Frieden-Schluß noch nich geschlossen worden / daß die Stände / ob sie es schon eiferig urgiret / und deren Besoldung übernehmen wollen / bey Praesentation der Reichs-Hoff-Räthe / concurriren sollen: sondern Käyserl. Majestät mögen zu den Reichs-Hoff-Rath aus dem H. Reich gelehrte und der Sachen erfahrne Leute / nach Belieben / bestellen; doch daß darunter so viel der Evangelischen Religion beygethane seyn / deren Anzahl zu [100] Berathschlag- und Erledigung solcher Glaubens-Verwandten daselbst vorfallenden Sachen gnungsam / und also beydes aus denselben / als auch aus denen Catholischen ein Käyserlich Gericht von gleicher Anzahl der Personen niedergesetzet werden möge. Die Cantzeley aber muß dem Churfürsten zu Mayntz / als Ertz-Cantzlern / schweren / dahero auch der Reichs-Vice-Cantzlar die Haupt-Diplomata vice Reveren dissimi Electoris Moguntini subsigniret / und dessen Stelle vertrit. CCLXIIX. Es bestehet aber solches Collegium auf einem Praesidenten / Vice-Cantzlar / Vice-Praesidenten / und etlichen Reichs-Hoff-Räthen / welche in ungewisser Anzahl sich in zwo Bäncke / nemlich die Herren oder Ritter / und die Gelehrte Banck theilen; deren jene von Grafen / Herren und von Adel [welcher letztere doch selten etliche darzu kommen] diese aber von Gelehrten besetzet / und aus denen ein und ander zum Referendario gebraucht wird / denen etliche Secretarii, ein Taxator, Registrator, Protocollisten / Ingrosisten und Cantzelisten von Lateinischer und Teutscher Expedition untergeben sind. Plura vid. apud Autorem Jur. publ. Roman. German. cap. 5. p. 238. & seqq. usqve 246. Item Georg Engelhard Löhn-Eisen in der Hof-Staats- und Regierungs-Kunst von fol. 744. biß 777. wie auch Joh. Christoph von Uffenbach / in seinen Tractat von Käyserl. Reichs Hof-Rath. CCLXIX. [XXVIII.] Hof-Gericht / das Käyserliche Hof-Gericht zu Rotweil ist / wie droben beym Cammer-Gericht auch erwehnet / von Käyser Conrado den III. anno 1146 / oder wie etliche wollen anno 1147. in derselbigen Reichs-Stadt gegründet und deme ein gewisser Bezirck [der sich auf die Oestereiche / Fränckische / Schwäbische und Rheinische Kräyse / doch nur zum Theil / aber auf die Sächsische / Bäyrische / Westphäl- und Burgundische Kräyse gar nicht erstrecket] untergeben. Von dem ist auch zu mercken / daß es von Käyserl. Majestät allein herrühre / und der älteste Graf von Sultz dessen Erb-Richter aus Käyserl. Reichs-Belohnung sey / es aber an sich selbst / wie vor Alters durch dreyzehen von Adel / also heutiges Tages durch so viel Assessores aus dem Stadt-Rath / welche vorhero von Richtern und übrigen Assessoren examiniret werden / besetzet werde. Münster. lib. 3. Cosmog. c. 321.
|| [101]

Christoph. Peller, in annot. ad Klock. tr. de AErario c. 50. pag. 703.
Rud. Godofred. Knich. Op. Polit. tom 2. lib. 2. part. 3. Sect. 1. thes. 5. expl. 1. n. 5. pag. 189. & Sect. 4. pag. 551.
Paurmeister, de Jurisdict. p. 773. n. 6.
Rudinger. cent. 4. observ. Cam. 39. CCLXX. Diesem Gerichte stehen nicht nur actus contentiosae, sondern auch Voluntariae Jurisdictionis, als Vormundsetzung / und dergleichen zu; weiln aber dasselbe / sonderlich bey Anrichtung des Käyserlichen Cammer-Gerichts / mercklich abgenommen / und wegen dessen Beysitzere in ein schlecht Ansehen gerathen: Zumahl man es vor kein höchstes Gericht mehr zu achten / in dem von dessen ergehenden Bescheiden an das Cammer-Gericht appelliret werden kan / dieselbe Appellationes auch daselbsten recipiret und ventiliret werden: Als haben sich viele hohe und geringe Standes-Personen [dann die Churfürsten seynd ohne davon exemt] ja wohl auch Particular Reichs von Adel / vor und nach Constitution des Käyserl. Cammer-Gerichts / darwieder privilegiren lassen: Welche dann auch solches Orts / ausser was Ehehafften betreffen / weder Recht geben / noch nehmen. CCLXXI. Und hat man bey denen General-Friedens-Handlungen davor gehalten / weil dieses und andere Käyserliche Cammer-Gerichte / welcher Urtheile der Appellation und anderwärtigen Cognition an höhern Ge-Gerichten untergeben / die Stände und deren Unterthanen nur in Weitläufftigkeit und grosse Unkosten führen / auch Zeit und Weil hinweg nehmen / daß man dieselbe / so weit sie über frembde ihre Bothmäßigkeit erstrecken wollen / cassiren / und sie weiler nicht greiffen lassen solle / als sofern sich derer Gerechtigkeit oder Weichbild extendiret / worauf es dann noch stehet. Autor Jur. Publ. Roman. German. c. 5. pag. 246. & 347 vid. Rud. Godofred. Knichen op. Polit. tom. 2. lib. 2. part. 3. sect. 4. c. 1. pag. 551. & 552. Georg Englhard Löhn-Eisen in der Hof-Staats- und Regierungs-Kunst von f. 744. biß 777. CCLXXII. De Jure Dicasteriorum & Judiciorum Provincialium eringendorum, Statibus Imperii competente, notanda sunt seqventia: [I] Illa à Statibus ad imitationem Camerae Imperialis introducta esse, adeoqve illa Ordinariam habere Jurisdictionem, ut benè observat Vultejus de Jud. lib. 1. c. 4. n. 62.
|| [102]
& proinde [2] illorum erectionem signum infallibile esse Superioritatis Territorialis. Myler. & alii ab illo allegati, de Princip. & Statib. Imperii c. 42. & §. 2. & seqq. [3] Ab illis ad Cameram & Aulicum Judicium appellari posse, nisi Privilegia id inhibeant. Rudolph. Godofred. Knichen op. Polit. vol. 2. lib. 2. part. 3. sect. 1. thes. 10. pag. 194. CCLXXIII. In den Chur- und Fürstl. Häusern Sachsen findet man jetzo drey Hof-Gerichte / als eins zu Leipzig / welches das Ober-Hof-Gericht genennet wird / das andere ist zu Wittenberg / und das dritte zu Jena. vid. Churfürstl. Sächs. Ordnung des Ober-Hof-Gerichts zu Leipzig de anno 1549. Item Die Churfürstl. Sächs. Hof-Gerichts-Ordnung zu Wittenberg anno 1550. wie auch Die erneuerte Fürstl. Sächs. gemeine Hof-Gerichts-Ordnung zu Jena anno 1653. Vor diesen ist zu Coburg das Hof-Gericht gewesen. vid. Hertzog Johann Casimiri und Hertzog Johann Ernstens zu Sachsen Hof-Gerichts-Ordnung daselbsten anno. 1598. CCLXXIV. Das Chur-Pfältzische Hof-Gericht ist zu Heydelberg / de qvo legi potest ejus Ordinatio. CCLXXV. Im Hertzogthum Würtenberg ist solches zu Tübingen. Zeiler. in Itin. German. c. 8. pag. 201. CCLXXVI. Ferner in Hertzogthum Brauschweig und Lüneburg zu Hannover. vid. Hertzog Georgens Hof-Gericht Ordn. anno 1639. daselbst gedruckt. Item zu Wolffenbüttel / Hertzog Augusti Hof-Gerichts-Ordnung anno 1662. Privil. Ferdin. I. apud Limn. lib. 5. c. 6. n. 26. CCLXXVII. Zu Marpurg ist das gesam̅te Hof-Gericht des Fürstl. Hauses Hessen. de qvo legi potest der Fürstl. Heßische Vergleich de anno 1627. den 24. Sept. so ein appondix ist des Haupt-Vergleichs / n. 29.
|| [103]
CCLXXIIX. In Hertzogthum Pommern sind derselben zwey / als eines zu Stetin / das andere zu Wolgast / ut refert Micraelius in der Pommerischen Chronic. lib. 6. pag. 432. CCLXXIX. In Hollstein das Hof und Land-Gericht / dessen gedacht wird in Privilegio Ferdinandi. II. anno 1621. d. 14. Julii Domui illi dato, an. 1641. d. 2. Julii à Ferdinando III. confirmato, ac in Camera 1651. d. 11. Febr. acceptato. Roding. in Pandect. Cam. lib. 1. c. 20. Sect. in not. p. 325. CCLXXX. In Meckelnburgischen ist eins zu Parcheim / cujus Ordinatio anno 1569. M. Febr. ab Imperatore Maximiliano II. confirmata, ac seqventi anno 20. Septemb. in Camera acceptata fuit. Roding. d. l. pag. 326. in not. CCLXXXI. Und weil solche Hof-Gerichte Asyla aller Bedrängten / und die das rechte Recht in den andern Gerichten nicht erlangen können / seyn sollen; als ist nöthig / daß dieselbe mit redlichen / tapfern / aufrichtigen / verständigen / gelehrten und geschickten Männern besetzt werden / welche die Justiz gleich durchgehends / ohne Ansehung der Personen / Annehmung der Geschencke / oder andern Respecten und Ursachen administriren. Fürstl. Hof-Gerichts-Ordnung zu Jehna cap. 1. CCLXXXII. [XXIX.] Hof- und Rittermann-Lehn-Gericht / wird zu Würtzburg gehalten / die Lehn-Sachen darinn vorgenommen und erörtert. Wehner. observ. Pract. v. Gericht pag. 160. CCLXXXIII. [XXX.] Das Hauß-Genossen-Gericht / ist Vorzeiten in der Stadt Speyer gebräuchlich gewesen / und beschreibet solches Lehmann. in der Speyrischen Chronic. lib. 4. c. 20. qvem vide. CCLXXXIV. [XXXI.] Das heimliche Gericht. vide supra Fehm-Gericht / & infra Westphalisch heimlich Gericht. CCLXXXV. [XXXII.] Das Helff-Gericht. Wehner. obs. Pract. v. Gericht pag. 160. CCLXXXVI. [XXXIII.] Die Hohe-Gerichte. vide supra Hals-Gerichte. CCLXXXVII. [XXXIV.] Das Huben-Gericht. Wehner. v. Houb / Hueb / Hueb-Geld & c. p. 215. CCLXXXIIX. [XXXV] Kampf Gericht / die alten Teutschen hatten in Gebrauch / daß sie ihre Klag- und Streit-Sachen lieber mit den Degen [104] und andern Waffen / als der Feder / ausgeführeten und endigten. Volebant magis belli-potentes qvam Sapienti-potentes esse, wie Pet. Heigius part. 1. qvaest. 7. n. 32. ex ore Ennii redet / drum sie auch öffters duellirten / so / daß wer unten lag / oder sich gefangen geben / und üm Perdon bitten muste / die Sache verlohr / oder sonst vor schuldig erkant wurde. Absonderlich aber provocirte der Kläger zum Zweykampf / wenn er keine Zeugen hatte / womit er seine Klage beweisen konte. Gryphiand. de Weichb. Sax. c. 45. n. 16. CCLXXXIX. Und gaben sich die Sachsen aus vor Erfinder und Anstiffter solches vermeinten Rechts / so sie Kampf-Faust- oder Kolden-Recht nenneten. Gloss. ad art. 35. Weichbilds ibi: Kämpfen ist sonderlich den Sachsen Eigenthum / des sie sich ziehen an ihr Privilegium. CCXC. Item die alten Schwaben und Francken / Schottelius in tr. de singular. & antiq. in German. jurib. c. 28. §. 9. Welche gewisse Ordnungen und Gesetze gemachet / auf was Art und Weise / aus was vor Ursachen / mit wem / und mit was vor Waffen sie solchen Kampf antreten und vollenden solten / wie nach der Länge im Sachsen-Spiegel. lib. 1. art. 63. Item in Weichbild art. 35. und Schwaben-Spiegel cap. 70. 71. 72. & 73. Deßgleichen bey dem Goldasto part. 2. der Reichs-Satzungen sub annum 1410. zulesen. So daß man sich nicht gnung verwundern kan / mit was vor Ernst und Eifer sie über solch Kampf-Recht gehalten. CCXCI. Majores illi nostri religiosissimi mortales [inqvit Aventinus Annal. Bojor. lib. 4 pag. 248.] magis Deo, qvam sibi confisi, plus divinae justitiae ejusqve promissis, qvam suo ingenio aut Sapientiae innitebantur: potiusqve Coelestibus decretis, qvam suis opinionibus stabant. Officiis omnibus atqve Actis Numen supremum interesse voluerunt, eaqve demum rata haberi, qvum divinum auspicium addixisset. Cuncta qvasi in Theatro superum despectantium, in conspectuqve Dei optimi maximigeri statuerunt. Proinde in causis ambiguis. maximè criminibus, quae nullo humano testimonio probari poterant, ad coelestia beneficia, ad summam Majestatem, qvae falli non potest, tanqvam ad arbitrium honorarium, & judicem omnium confugiebant.
|| [105]

vid. LL. Alemann. tit. 44. & tit. 84. Recurrebant ad gladium [sunt verba Dantis Aligherii lib. 2. de Monarch. pag 186] ne justitia derelicta maneret, ubicunqve humanum judicium deficeret, vel ignorantiae tenebris involutum esset, adeoqve per eum de libero assensu partium non odio, sed amore justitiae, per virium tam animi qvam corporis mutuam collisionem divinum judicium postulabant. CCXCII. Bey den Longobardern ist das Kampf-Recht auch gebräuchlich gewesen / wie man noch davon Nachricht in Us. Feud. lib. 2. c. 27. findet add. Alciat. de duello c. 4. ibi Longobardi, qvotiescunqve ipsis deesset probatio, judici per duellum fidem faciebant. Massen den auch einige davor halten / daß die Monomachia von denselben zu erst eingeführet worden Camerar. cent. 3. Medit. Hist. op. Succis. c. 30. CCXCIII. Deßgleichen in Island / Aringrinus Jonas rer. Island. lib. 1. c. 9. Schottel. d. tr. c. 28. pag. 727. Allwo er die Art ihres Kampfs aus den Armgrino beschreibet. CCXCIV. Item in Dennemarck. Olaus Wormius lib. 1. c. 10. monument. Danic. CCXCV. Wie auch in der Moßkau.
Bodin. lib. 14. de Rep. c. ult.
Camerar. 2. Hor. Succis. c. 19. p. 76.
Tiraq. de jur. prim. q. 40.
Grammat. Decis. 1. n. 24.
Borcholt. c. 7. n. 50. lib. Feud.
Hottom. Illust. qvaest. 3. CCXCVI. Und in Engelland. Thom. Schmit. lib. 2 de Rep. Angl. c. 6 & 8. Und fast bey allen Europaeischen Völckern / dergestalt und also / daß auch Käysere / Könige / Fürsten und Herren die solches Kampf-Rechts halber gemachte Leges und Verordnungen selber confirmiret. Ideoqve tam multae Francorum, Longobardorum, Baiwariorum, Saxonum, aliorumqve populorum sanctiones de duellis, duellandi modis & effectibus constitutae leguntur.
Schottel. d. tr. c. 28 pag. 523.
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Petr. Papp. in Corp. Jur. milit. pag. 393. CCXCVII. Man hat sich aber dessen so wohl in bürgerlichen / als peinlichen [an statt der Volter / Grat. cons. 4. lib. 2. Boekel. disq. de publ. jud. 6. pag. 142.] ja gar in Ehe-Sachen bedienet.
Cujac. in c. un. de Feud. lib. 1.
Parthen. litig. lib. 2. c. 2. n. 5. Item in allen irrigen / verworrrenen / Zweiffelhafften Dingen / da man weder durch Zeugen / noch andere Urkunden die rechte / gründliche Warheit heraus bringen können / sonderlich In Puncto Venificii. Lex Angl. tit. XIV. Homicidii. Lex Longob. lib. 1. tit. XXXII. c. 4. Furti. Lex Bojor. tit. VIII. §. 3. Incendii. Lex Bojor. tit. IX. c. 4. §. 4. Cum de agrorum terminis disceptaretur, etiam huc recurrebant. Lex. Bojor. tit. XI. c. 5. Item in deposito sibi vindicando ibid. c. 35. in falsa accusatione diluenda, Leg. Longob. lib. 1. tit. 1. c. 7. in libertate??? probanda, Leg. Long???h lib. 2. tit. 55. c. 39. in puncto injuriarum, aestimationis & famae. Schottel. de singular. & antiq. in Germ. jurib. c. 28. §. 8. Allwo er Käyser Ludwigs Kampf-Brief / einem Vornehmen von Adel Hector von Trautmannsdorf anno 1336. ertheilet / anführet / so einen andern von Adel Seyfried von Frauenberg / üm des willen daß er von vornehmern und Eltern Geschlecht / als jener feyn wollen / und sich dessen gerühmet / im Kampf überwunden / und der von Trautmannsdorf nebst seinen Erben den Rang oder Vorgang vor des Frauenbergers Geschlecht acqviriret und erlanget. Also erwehnet auch Crusius Annal. Suev. lib. 7. part. 3. c. 5. daß zwene von Adel die Kraffte und von Stegen / wegen Gleichheit des Wapens / uneinig und ihre Streitigkeit vor höchste Gerichte [107] gebracht worden / man hat aber die Sache nur durch Kampf wollen endigen / authoritate Imperiali litem duello finiendam esse, decretum est, ut sunt verba Authoris. Frotho König in Dennemarck hat ein Gesetz gegeben / daß alle Streit-Sachen durch ein Duel erörtert und abgethan werden solten /
Saxo Grammat. lib. 4. hist. Dan. c. ult.
Parth. litig. lib. 2. c. 2. n. 4. velut innocentiae testimonio, experimento certo atqve invictae subsidio. Dec. Consil. 487. n. 7. Guid. Pap. Decis. 617. Et idem Grammaticus lib. 14. testatur, Suenonem lites non prudenti judicio, sed Athletarum robori commisisse. Sic Princeps Melfitanus dum conatur immane duellandi remedium constringere ac tollere, necessitatem imposuit & coëgit, qverulos & temerarios mendaciorum insimulatores congredi, ac pugnare cum adversariis in ponte intra 4. Lanceas, sub periculo decidendi in aqvam, si retrocederent. P. Matthieu lib. 2. Hist. Henr. IV. n. 2. Et Taurini praefectus Regius Joan Langius duellaturos super ponte solos inclusit usqve ad noctem, nemine adspectante, ut ejusmodi inglorium aspernarentur duellum Molin. ad Dec. Consil. 686. CCXCHX. Ja es haben auch wohl grosse Herren und tapffere Helden dergleichen Zwey-Kampf gehalten / als 1. Bey dem Griechen. Menelaus mit dem Paride wegen Entführung der schönen Helenen / Achilles mit dem Hectore, und dieser mit dem Ajace, Diomedes mit dem AEnea, und dieser mit dem Turno, wie bey dem Homero und Virgilio zu lesen. 2. Bey den Römern Romulus mit dem Acrone, Manlius Torqvatus mit dem Gallo, die Horatii und Curiatii [Hinc refert Procopius, ad Urbem Romam in campis Neronianis stadii locum patentem & planum fuisse, in qvo inierunt Monomachiam.] Käyser Heraclius mit dem Persischen König Cosroe. Guil. Bockel. disq. Crim. 6. pag. 138. 3. Bey den Persern Artarxerxes und Cyrus wegen des Königreichs. Diod. Sicul. lib. 14. 4. Bey den Spaniern Petrus Torellus mit dem Hieronymo Anca in Gegenwart Käyser Caroli V.
vid. Camerar. hor. succisiv. cent. 2. c. 21. per tot.
Heuter. Delf. in vita Caroli V. Caesar. lib. 8.
|| [108]
5. Bey den Italienern Ludovicus Martellus und Bandinus, cui adjunctus fuit Albertinus Aldobrandus pugnans cum Dante à parte Martelli Jovius hist. lib. 28. Welcher gestalt 13. Italiener mit 13. Franzosen üm die Ehre ihrer Nation gekämpfet / da gleichwohl die Italiener obgesieget / ist zu lesen beym Guicciardino lib. 5. Hist. Italic. 6. Bey den Franzosen ist notabel das Exempel / welches sich bey Regierung Königs Caroli VI. begeben / als Johannes Carongius Jacobum Grifium beschuldiget und verklaget / daß er in seiner Abwesenheit ihm die Gemahlin genothzüchtiget / dieser es aber geleugnet / und also die Sache durch ein öffentlich Duel ausgeführet / darinn Grisus getödtet / und durch den Nachrichter zum Galgen geschleppet / Carongius aber mit tausend Francken baar / und über dieses noch mit einer Jährlichen Provision von zweyhundert Francken von dem Könige beschencket worden. Gaguin. lib. 9. Hist. Franc. Frossard. lib. 3. Hist. Memorabile qvoqve est duellum, confentiente & inspectanto Henrico II. Rege Galliae inter Cabotium & Castaneum, viros nobiles, qvod Thuan. lib. 3. in anno 1547. recenset, ubi qvùm praeter opinionem Castaneus cecidisset, ait Thuanus, Rex ex eo tantum cepit dolorem, ut, se nunqvam in duella consensurum, religiosissimo jur amento obstrinxerit. Haec Regni funesta auspicia in funestum exiisse finem à multis observatum est, Rege ipso, qvi in serium certamen consenserat, qvod minimè debuit, in ludicro certamine inter plausus & publicam laetitiam postea occiso. Was gestalt arch König Franciscus I. Käyser Carln den V. zum Duell ausgefodert / ist bey dem Sleidano lib. 6. comment. Hist. zu lesen. Es hat aber solches der Käyser mit guten Fug und Recht / auch ohne Schimpf und Verkleinerung seiner hohen Authorität / billig abgeschlagen. Schönborn. lib. 6. polit. c. 23. in fine. 7. Bey den Engeländern findet man / daß ihr König Edmundus mit den Dähnischen Könige Canuto gekämpfet.
Polyd. Vergil. lib. 7. Hist. Angl.
Joh. Isaac Pontan. rer. Dan. hist. lib. 5. und Thomas Schmid schreibet Lib. 2. de Rep. Angl. c. 6. & 8. also: Angliae consvetudine invaluit, ut tribus potissimum modis sententiae, qvae summum litibus finem imponunt, pronuncientur: In Comitiis Parlamentariis, in certamine singulari, & in juridicis conventibus. Et fuit [109] in Anglia aliqvando tempus, qvo testimonia utrinqve pari numero dicerentur, & judices ob id suspensi ipsos testes more pugilum inter se pugnare cogerent, atqve inde victores demum, uti fide praestantiores, secundus litis eventus seqveretur. Jov. in Britan. Parth. litig. d. lib. 2. c. 2. pag. 365. Anno 1609. empfing der älteste Sohn des Freyherrn Warthons im Spielen eine Maulschelle von Johann Stuarden / einen jungen Herrn aus Schottland / weil er diesen seinen sonst besten Freund liegen geheissen. Drauf sind sie des andern Tages eine Meile Weges von Londen hinweg geritten / daselbst auf die Knie niedergefallen / ihr Gebet verrichtet / einander ümfangen / Wund-Aertzte bestellet / die Rappiere besichtiget / und sich darnach gebalget: Wie sie dann beyde nach zweyen oder dreyen Stichen ohne einige Rede tod dahin gefallen / und darauf ohne alles Gepränge / auf des Königs Befehl / in ein Grab geleget worden seyn. Sam. Metteran. lib. 29. der Niederländischen Historien. 8. Von Schottland führet Georg. Buchananus dieses an: Rex nobiles ulcisci cupiens, eos inter se committere jubet. Guil. Bockel. disq. de publ. jud. 6. pag. 139. 9. In Königreich Neapolis und Sicilien haben Carolus und Petrus, Könige in Sicilien und zu Neapolis / auch mit einander duelliren wollen / welches ihnen auch Pabst Martinus IV. zu gelassen. Als aber Petrus solches rückgängig gemacht / hat ihn der Pabst in Bann gethan.
Collenut. lib. 5. Hist. Neap. pap. 228. & seq.
vide tamen Fazellum de reb. Sic. dec. post. lib. 3. c. 1. 10. In den Nordischen Königreichen hat Atislar König in Schweden mit dem Folcone, Saxo Grammat. lib. 4. Hist. Dan. Corellus König in Norwegen mit dem Herwendillo, idem lib. 3. Hist. Dan. Haraldus mit dem Normanno, Pet. Bizar hist. Pers. pag. 137. n. 53. und Atiolus der Schweden König mit Frowino dem König in Jütland duelliret. Parth. litig. lib. 2. c. pag. 365. König Carolus IX in Schweden provocirte König Christian den IV. in Dennemarck anno 1611. im Anfang des Krieges / als er ihm die Stadt Colmar in Schweden weggenommen / zum Duell; das Cartel und die Ant [110] wort drauf stehet in R. lustigen Rhetoric oder kurtzweilen Redner part. I. pag. 183. & seqq. usqve 188. II. Des berühmten Sckanderbegs-Kampf mit einen grausamen Tartar ist bekant / der den gantzen Hof des Türckischen Käysers Amuratis gepochet / und weil der mordliche Kampf Mutter nackt geschehen solte / und daher nirgends ein Türck zu solcher Kampf-Art verhanden / hat der Sckanderbeg endlich die Haus-Ehr gerettet / den greulichen nackten Feind / wie er dessen Hieb mit der Lincken ausgeschlagen / mit erfolgten Gegenstreich darnieder geleget / auch nackent und blutig des Tartarn-Haupt dem Türckischen Käyser praesentiret. Schottel. d. tr. c. 28. pag. 541. Hanß Döllingers Kampf mit einen Saracenen Craco genannt / welcher ein Zauberer und zehen Werckschuhe lang / worinn doch der Döllinger endlich obsieget / beschreibet Gotofred. in den Monarch. p. 481. Von einen sonderlichen Kampf zwischen einem Manne und Weibe zu Bern anno 1288. den 5. Januarii, worinne das Weib den Sieg erhalten vid. Stumpf in der Schweitzerischen Chronic. lib. 8. c. 6. Laudatur qvoqve plurimum factum Joannis Sonnenbergii, Comitis, in duellum provocantem Anton Mariam Italum adeò vulnerantis, ut clamaverit Italus in signum deditionis, O SANCTA CATHARINA! Camerar. hor. Succis. cent. 2. c. 22. Der Herr Autor Monatlicher Unterredungen hat ad Annum 1690. mense Novembr. pag. 1060. zwey Exempel wunderbarlicher Kämpfe / so Käyser Maximiliani 11. Hof- und Krieges-Rath Andreas Eberhard Rauber gehalten / angeführet / welche wohl werth sind daß sie auch anhero gesetzet werden / nemlich es war ermelter Rauber länger als 3. Ellen / und mit einen wunderlangen Bart begabet / der ihm biß über die Füsse hinab hing / und jedermans Augen nach sich zog / daher er auf der Gassen den Bart auf beyden Seiten gleichsam als 2. Fähnlein fliegen ließ. Uber diß hatte er eine wunderbahre Leibes-Stärcke / welcher wit 2. Exempeln / einem Traurigen / und einem Lustigen bewähret wird. Jenes betrifft den Kampf mit einen getaufften Juden / der einen Riesen fast ähnlich schien. Ertz-Hertzog Carl wolte einsten probiren / welcher unter diesen beyden der Stärckeste wäre / und welcher dem andern eine Maulschelle aushalten würde. Da sie nun üm den Vorstreich spielten / gewann der Jude / und gab dem Rauber einen so harten Schlag / daß dieser darüber zu Boden fiel / wol acht [111] Tage deßwegen zu Bette liegen / und noch viel länger zu Hause bleiben muste. Nachdem er sich aber wieder erholet / und die Zeit bestimmet / da er dem Juden wieder eins versetzen solte / ergrif er ihn beym Bart / so auch ziemlich lang war / wickelte solchen zweymahl üm die lincke Hand / und schlug mit der rechten / so hart drauf / daß er nicht allein den Bart / sondern auch den untern Kinbacken in der Hand behielt / worüber der Jude bald sein Leben endete. Aber so böse war die andere Probe der Stärcke nicht gemeinet / welche Herr Rauber mit einen Spanier / der auch ein wacker Held / und länger als er war / übernehmen muste. Sie hätten beyde gerne ein schönes Fräulein / die das Käysers Maximiliani natürliche Tochter war / zur Gemahlin gehabt. Der Käyser ließ zwey nach ihrer Grösse gemachte Säcke ihnen in die Hand geben / mit dem Bedinge / welcher den andern in seiner Majestät Gegenwart hinein stecken würde / der solte das Fräulein bekommen. Sie streckten beyde ihre Kräffte weidlich dran / aber endlich zog der gute lange Spanier den kürtzern / und muste / alles Wiederstrebens ungeachtet / in den Sack hinein / verlohr sich aber bald drauf heimlich von Hofe / damit er nicht zur täglichen Kurtzweil und Gelächter dienen müste. Hingegen bekam Rauber die Braut / wiewohl er keine Erben mit ihr zeugete / welchen Verlust doch die andere Gemahlin / die ihm der Käyser gleichfalls aus seinem Frauenzimmer gab / mit acht Paar Zwillingen reichlich ersetzte. Plura exempla legi possunt apud Modium in Pandect. Triumph. tom. 2. lib. 3. ubi ex professo hanc materiam tractat. De qvo etiam legendus Bernhard. Saccus lib. 9. Ticin. Histor. c. 8. & seq. ubi de Longobardorum duellis agit. De his qvoqve multa utilia & scitu digna consignavit
Bangert. in not. ad Chron. Sclavor. Arnold. Abbat. lib. 2. c. 24.
Item Guil. Boëkel. disq. de publ. judic. disqvisit. 6. p. 139. 140. & seqq. CCXCIX. Es haben auch wohl einige ihre Bräute mit dem Schwerdt erwerben müssen. Petr. Papp. in corp. Jur. Milit. pag 393. Wie Haraldus König in Dennemarck / der dadurch des Königs in Norwegen Princeßin erlanget / wie mit mehrern Cranzius lib. 1. Dan. c. 3. beschreibet. Pugnam Starcuteri pro Rege Helgone, ut filiam Ingelli Danorum Regis uxorem haberet, ubi novem fratres stravit, memorat
|| [112]
d. Cranz. Norveg. lib. 1. c. 22. add. Gödelmann. lib. 3. de mag. lam. & venef. c. 4. ubi putat, fabulas Amadisiacas exinde ortas, qvarum Author nominatur GORRAEUS PARISIENSIS.
Salmuth. in nov. repert. Panciroll. tit. 12. p. 566.
Dither. in add. ad Thes. pract. Besoldi v. Amadis pag. 31. ubi addit Parochum von Kalenberg in Austria ad Danubium, aliàs vocatum Wigand à Theben. CCC. Und ist zu Verhütung grosses Blut-Vergiessens / offtmahls der Ausschlag des Krieges auf einen Zwey-Kampf ausgestellet worden / wie das Exempel Davids und Goliaths
Lib. 1. Sam. c. 17. ausweiset.
vid. Rittershus. in partit. feud. pag. 187. Et Cranzius lib. 1. Saxon. c. 4. describit duellum inter Hundingum, Saxoniae Ducem, & Regem Daniae Roe, ubi Saxo victus, & Saxones Chersonesum Cimbricam perpetuò amiserunt. Uffo Saxoniam cum Dania glorioso duello acqvisivit idem Cranz. 2. Danic. c. 22. CCCI. Rationem hujus remedii adducunt [1] ab eventu belli, qvi velut aeqvus judex, unde jus stat, ei dat victoriam, Liv. lib. 21. [2] Minori Reipub. jacturâ fieri, ut duo tantum pugnent & litigent, qvàm universa Civitas aut provincia sangvine civili perfundatur, & ita è duobus malis minus eligatur. Arnis. lib. 2. doct. polit. c. 5. Deinde si totum Exercitum in bello confligere peccatum non sit, qvid vetet, solum cum solo manus conserere, & litem definire? Unde Fridericus Imperator de pace tenend. §. si qvis hominem & seqq. certis in Casibus duella permittenda putat, qvod & fieri ex usu Reip. esse censet gl. feud. §. injuria de pac. jur. firm. §. non est. de alien. Feud. qvanqvam Legibus ea praescribi non oportet. Multa enim vel ex necessitate, vel boni publici causâ permittuntur, qvae aliàs non probarentur. Jung. Valent. Winther. Parthen. litig. lib. 2. c. 2. pag. 360. CCCII. Man hat auch wohl gewisse Oerter zu solchen Kämpfen- und Kampf-Gerichten bestellet / massen den in der Stadt Hall in Schwaben ein solch [113] Kampf-Gericht gewesen / wenn zween Edel Rittermäßige mit einander Kämpfen wollen um Ehr / und Glimpf / worbey diese Ordnung gehalten worden: Nach dem der Rath daselbst von Käysern und Königen vor vielen Jahren gefreyet ist / so sich also zween Edel Rittermeßig mit einander verunwilligen / und bey dem Rath üm Platz und Schirm bitten / schreibt ihnen der Rath folgender Gestalt: Ihr schreiben und begehr hab ein Rath gehöret / und der Unwill zwischen ihnen sey ihm leid / wolten gerne daß sie von ihren Fürnehmen abstünden / und bitte sie mit allen Fleiß des zu überheben / und sich sonst in ander ehrlicher und zimlicher weiß Mittel und Weg zu vereinigen / des wolle sich ein Erbar Rath zu ihnen versehen / das begehre ein Rath üm sie zu verdienen. Und da sie beyde wieder schrieben und bethen der Meinung / wie vor / und wolten nicht abstehen / auf das schreibet ihnen wieder ein Rath / wie vor. Wen sie aber weiter auf ihren Fürnehmen beharren / benennet ihnen der Rath einen Tag / drauf zu erscheinen / ihr beyder Klag / Anspruch und Anliegen gütlich zu verhören / und so sie dem Tag annehmen zu kommen / so hört ein Rath ihr Anliegen / und nach Verhörung thut der Rath möglichen Fleiß / sie auf andere Art und Weise gütlich oder aufs Recht zu vereinigen. Wenn aber solches fruchtlos abgehet / und sie von ihren Vorsatz nicht abstehen wollen / so saget ein Rath ihnen Platz und Schirm zu / und benennet ihnen einen Tag zukommen. Und wen̅ sie erscheinen / und ihr Begehren wiederholen / müssen sie zu GOtt schweren / ihren Fürnehmen stracks auf den bestimten Tag folge zu thun / und benennet jeden eine Anzahl Leuthe / so er mit bringen möchte / aber mehr nicht / als ihnen vom Rath verwilliget wird. Auf solchen Tag lässet der Rath den Marckt oder Platz mit Sand beschütten / denselben ümschrencken / und ieden eine Hütte / da Er mit den Grieswarten und seinen Verwandten seyn möge / machen / und ieden eine Toden-Baar mit Kertzen / Baar-Tüchern / und andern Dingen / die zu einer Leiche gehören / setzen. Es wird auch einem ieden seines Gefallens ein Beichtvater / zween Grieswarten / und einem als den andern gleiche Harnisch und Wehr zugelassen / oder mögen sich desfals selbst zu Roß oder Fuß vereinen / wie sie deshalber in Schrifften versprochen und zugesaget haben. Und alsdann in Gegenwart ihren beyden läst ein Rath gleichen Schutz und Schirm öffentlichen ausruffen und verkündigen / daß niemand schreye / deüte oder wincke / oder sonst Zeichen thue oder gebe. Und welcher dem nicht also nachkehme und hielte / dem wolte der Rath durch den Nachrichter [so gleich da stehet und aufwartet] mit einem Hand-Beil auf einen Bloch die rechte Hand und den [114] lincken Fuß abhauen lassen ohne Genade. Es werden alle Thor verschlossen / alle Thürm / Wehr und Mauren besetzet / und alle Gassen mit eisernen Ketten durchzogen / bewahret und versehen. Weiter wird verbothen und bestellet / daß kein Frauen-Bild noch Knabe unter dreyzehen Jahr alt darbey sey / oder ihm zuzusehen gestattet werde. Alsdan̅ bestimmet der Rath ihnen beyden eine gewisse Stunde auf den Platz / in ihre Hütten mit ihren Beicht-Vater und Grieswarten zu kommen / und verwechselt alsdann einen Grieswarten / und befiehlet ieden in seine Hütten zu gehen / und auf das allerhefftigste mit allen Fleiß Aufmercken zu haben / daß keiner wieder den andern Untreu / noch Gefährde noch Vortheil der Wehr und Waffen suche oder habe / in keine Wege. So das alles geschicht / alsdenn läst man Sie gegen einander austreten / und wird bestellt / mit lauter Stim̅ drey mahl zu ruffen / zum ersten / zum andern und zum dritten mahl. Alsdenn wenden sie sich gegen einander / und heben den Kampf an. Welcher verwundet wird / und sich dem andern ergiebe / der soll hinfüro geachtet werden Ehrloß / auf kein Pferd mehr sitzen / keinen Bart bescheren / noch Waffen oder Wehr tragen / auch zu allen Ehren untüchtig seyn. Wer aber tod bleibet / und also überwunden wird / der soll ehrlich zur Erden bestattet werden. Und dieser der also obsieget / der soll seine Ehre gnugsamlich bewehret haben / auch forthin ehrlich gehalten werden. Zu Würtzburg in Francken; Item / zu Anspach sollen vor Alters auch solche Kampf-Plätze gewesen seyn.
Münster lib. 3. Cosmograph. c. 305. pag. 820. & 821.
Joachim Schepliz ad Consvetud. March. part. 4. tit. 13. n. 26.
Wehner ad tit. 4. p. 5. ordinat. Rottwil.
Goldast. in Reichs-Satzungen / fol. 236. & 314. CCCIII. Einige halten davor / daß solche Duella nur zu Fuß / und nicht zu Pferde geschehen / prout refertur in Histor. Graeca Laonici Chalcondylae, apud Freher. tom. 2. Germ. script. in princ. Aber Petrus Greg. Tholosanus lib. 48. Syntagm. Jur. univ. c. 16. n. 2. setzet / daß solche Kämpffe auf beiderley Arth angestellet und vollbracht worden. Welches auch aus den Tournier-Halten gnugsam erhellet. CCCIV. Summa Kampf-Recht ist bey den Teutschen in spänigen / verworrenen und zweifelhafftigen Sachen von ieder Welt her in gerichtlichen Brauch und Ubung gewest / und ist auch keine Kayserliche oder Königliche Satzung von Alters zu finden / in welchen das Kampf-Recht abgesetzt.
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CCCV. Was in der Hoff-Gerichts-Ordnung zu Rotweil part. 5. tit. 3. §. 3. Von prohibition des Kampf-Rechts gelesen / ist per incuriam aus dem Rand in den Text gesetzet. Jackier. pol. in prompt. Juris ait: duellum abrogatum jure Municipali, art. 33. Sed illud intelligendum de rusticis, welche des Kampf - Rechts nicht fehig. Kampf-Recht ist noch Anno 1450. im Hof-Gericht zu Rotweil Gerichtlich erkant / zu Würtzburg / Anspach und mehr Orten in Francken gebräuchlich gewesen / schreibet
Heimsfeld. tom. 1. const. Imp. pag. 315. ubi testatur se vidisse.
Vent. de Valent. parth. Litig. lib. 2. c. 2. n. 3. So hat auch Hertzog JULIUS zu Braunschweig und Lüneburg der Heinrich-Stadt bey der Vestung Wolfenbüttel noch Anno 1579. ein Privilegium solches Balgens halber ertheilet / also lautend: P. P. Da sich iemand mit den andern aus billigen nothwendigen Ursachen Balgen und Schlagen will und müste / zu Dero Behuf sollen sonderliche und beschrenckte Plätze in der neuen Heinrich-Stadt an gelegenen sichtigen Oerthern / nach Wohlgefallen des Fürsten geordnet / und das Balgen keinen Trunckenen oder Vollen / sondern gantz nüchtern und freudigen beleidigten Leuthen / auf nüchtern Morgen gestattet / und sonderliche Schiedes-Leuthe / damit niemand zu sehr verderbet / darzu gezogen werden. Und wer also voller Weise gefodert wird / soll nüchtern bey Verletzung seiner Ehren kommen / und seinen Escher [i e. Provocanten] warnehmen / und sich also mit gleichmäßigen Landesknechtischen Degen / oder schneidigen Wehren / und mit keinen Rappier balgen / darauf denn gesehen werden soll / daß keiner überwehret werde. Schottel d. tr. c. 28. p. 546. CCCVI. Ob nun wohl die Gewonheit des Kampf-Faust- und Kolben-Rechts biß in das funfzehen - hunderte Seculum nach Christi Geburth gewähret: Ist es doch / als ein dem natürlichen und Völcker-Recht:
L 3. ff. de Just. & Jur.
Rudolph. Gotofr. Knichen L. 2. op. polit. part. I. cap. 13. pag. 687. Ja der H. Schrifft
Deut. 32. v. 35.
Rom. 12. v. 19.
Matth. 5. v. 44. & Lucae. 6. v. 27.
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Wie auch der Göttlichen Ordnung und Weltlichen Obrigkeit Authorität zu wieder-lauffendes Unwesen
Paul. ad Rom. c. 13. v. 4.
L. ult. C. de vi privata.
L. 14. c. de Jud. Caelicol.
Viet. de duellis c. 32.
Struv. de vind. priv. c. 2. aph. 2. Welches der Teufel erfunden und eingeführet / der Menschen Seelen desto eher und mehr zu fangen / und in sein Netz zu ziehen / Quod benè agnovit Jus Canonicum In c. monomachiam 22. caus. 2. Quest. 5. Et Sacer ordo in Comitiis Galliae A. 1615. congregatis Regem inter alia ita allocutus: Regnum hoc jam est istarum abominationu̅ templum: Ara est area seu arena illa, in qua fit conflictus: Idolum est honos: Sacrificium pugna: Popae sunt Gladiatores illi, qui se mutuo conficiunt: Hostia est ipsorum vita & anima, quam Princeps inferorum hujus certaminis agonotheta ad se rapiat: quid? quod hae pugnae Regno detrimentosae, à natura & omni humanitate alienae, & Deo summè invisae, conscientiam tuam non parum onerant & gravant &c. Ut videri potest In contin. Thuani lib. 8. p. 480. Elegantur quoque invehitur in illud crudele & absonum vindictae & gloriae genus Silhon. in Ministro Status p. 2. disc. 1. pag. 26. add. Cothmann. Vol. 5. Resp. 2. n. 66. & seqq. Von den grossen Potentaten nunmehro gäntzlich aufgehoben Dither. in cont in. Besold. v. duellum. p. 160. Und zugleich alle andere Duella bey Straffe des Schwerds / Stricks / Verlust aller Dignität und Ehrenstandes: Ja Confiscation und Entziehung der Lehn- und andern Güther / verbothen worden / welches schon vorlängst Käyser Carolus V. in Meilandischen Stat gethan / teste Guil. Boekel. disq. publ. 6. pag. 139. Item in Hispanien Bodin. Bellug a Bonavent. Gauer de duell. concl. 30.
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Dergleichen ist auch in Franckreich / durch ein Königlich Edict, dessen Guid. Pap. decis. 617. gedencket / geschehen / welches nach dem unglücklichen Turnier Königs Henrici II. erneuert worden. Jac. Thuan. lib. 22. tom. 2. pag. 463. Ludovicus XI. und Henricus IV. Könige in Franckreich haben ebenmäßig solche Verbothe ausgehen lassen / sonderlich der letztere Anno 1602.
Vid. Thuan. lib. Hist. 129. sub An. 1602.
et Reinking. Bibl. Policey / lib. 2. axiom. 199. pag. 168. allwo dessen Edicts Abschrifft zu befinden. Wie auch der ietzt regierende König Ludovicus XIV. Joh. Gothofred. Schönwetter, in Historia de Cardin. Richelieu pag. 232. & seqq. Allwo er viele Exempel vornehmer Herren in Franckreich anführet / die also abgestrafft worden / und setzet endlich hinzu / daß der König keinen Menschen hierunter verschone. Weil / dem Bericht nach / Er bey seiner Krönung einen Eyd soll geschworen haben / denen Duellisten / Meuchelmördern und Strassen-Räubern keinen Perdon zu geben. Corp. Jur. milit. cum annot. Petr. Pappi von Tratzberg / pag. 398. & 399. Drüm wenn sich ein Paar in einen förmlichen Duell in Franckreich schlagen / und dessen überführet werden / ist es ohne Gnade der Tod / und confisciret man noch darzu ihre Güther. Sind es von Adel / verliehren auch ihre Kinder dadurch den Adel-Stand. Die dißfalls von den Römischen Käysern gemachte Verordnungen / sonderlich die Alten / hat Goldastus colligiret / bey dem man sie lesen kan. Käyser Matthias hat Zeit seiner Regierung ein solch Edict Anno 1617. auf dem Königlichen Schloß zu Prage publiciren lassen / welches Copei gleichfals in ermeldten Biblischen Policey pag. 665. anzutreffen. Käyser Ferdinandus III. ebenmäßig Anno 1651. welches der ietzige glor-würdigste Käyser Leopoldus I. Anno 1667. renoviret. Hieher gehöret auch die Käyserliche Resolution über des Reichs Gutachten wegen der Duellen Anno 1668. Item: Chur-Fürstl. Sächß. Mandat wegen des Unchristlichen Ausforderns / Balgens und dessen Bestrafung den 30. Jun. Anno 1650. Vid. Corp. Jur. Sax. pag. 254.
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Ferner Edict. Elect. 19. Julii 1665. 20. Sept. 1665. & 5. Octob. 1670. Chur-Fürstl. Brandeburgisches Edictum wieder die Duella vom 17. Septembr. 1652. und 6. Augusti, 1688. Fürstl. Sächß. Gothaische Landes-Ordnung part. 2. c. 4. tit. 8. p. 237. Hertzog Augusti zu Braunschweig und Lüneburg Edict wegen des Ausforderns / Rauffens / Balgens und Kugel-Wechselns sub dato den 29. Decembr. 1646. add. Mansfeld in Magistro militari c. 18. pag. 304. Ubi aliquot Constitutiones pontificum & Belgarum principum contra monomachiam refert.
Rachel. de duellis in fine.
Derschow. & Voet. de iisdem. Scheitmeier. in Spec. Polit. quaest. 28.
Rud. Gotof. Knichen, op. polit. lib. 2. p. 1. c. 13. pag. 688. & seqq.
Reinking. Bibl. Policey lib. 2. ax. 199. per tot.
Georg. Ludw. Lindenspür / ad Ord. polit. Würteb. pag. 318. & seqq. usque 326. Wie die Turnire abgeschaffet worden / kan man lefen bey dem Petr. Gregor. Tholosan. Synt. Jur. univ. lib. 48. c. 16. n. 24. CCCVII. [XXXVI.] Der Ketzermeister INQUISITION und Gericht. Anno 1231. gieng eine seltzame Inquisition in Teutschland vor / denn Conradus Dorso, ein Prediger Münch von Marpurg / führete einen lahmen Schüler mit sich / Johannes genant / und gaben beyde vor / sie kenneten die Ketzer und Zauberer gantz wohl. Erlangten derowegen vom Ertz - Bischoff Gewalt wieder dieselbe zu procediren. Sie fiengen an / und verbrandten etliche / die dessen mit Recht überzeuget waren / machten ihnen dadurch ein Ansehen / und weil sie der Obrigkeit der Verbrandten Güther zuerkenneten / bekahmen sie Hülffe und Handbiethung. Da sie diesen Favor erlanget hatten / griffen sie üm sich / und verbrandten Unschuldige mit den Schuldigen / sonderlich reiche Leuthe üm des Guths willen / hengeten auch an sich Bruder Conraden, der S. Elisabethen Beicht - Vater gewesen war / und andere mehr / damit sie desto mehr Authorität hätten. Wenn die gute Leuthe leugneten / sie wären keine Zauberer oder Ketzer / so musten sie ihre Unschuld durch Tragung das glüenden Eisens beweisen / das doch gar ein ungewiß Ding war. Die gebrant wurden / verurtheilten diese Lecker alsobald zum Tode. Da sie nun also unsinniger weise grassirten / kahmen sie auch zuletzt an Graf Heinrichen zu Sayn / und ängstigten Ihn / daß er an den Pabst appelliren [119] muste. Da der Pabst der vier Münche Procedur verstanden / lachte er und sprach: Die Teutschen sind Narren: Drum müssen sie auch Narren zu Richtern haben. Aber bald hernach [wiewohl manchen ehrlichen Mann viel zu späth] bekahmen diese vier Ertz-Bösewichter ihren Lohn: Dann Bruder Conrad der Beichwater / und seiner Gesellen einer wurden von etlichen Reuthern auf den Weg nacher Marpurg erschlagen / Bruder Dorso ward bey Straßburg erstochen / und Johannes der lahme Schüler bey Friedberg an den Galgen gehenckt. Ein solch Ende nahm die Ketzer-Meisterey. Gottefrid. in der Hist. Chron. part. 6. pag. 585. CCCIIX. [XXXVII.] Krieges-Gericht oder Krieges-Recht / wie dasselbe heut zu Tage angestellet / besetzet und gehalten / auch was für Sachen davor erörtert werden / lehren ausführlich Petr. Pappus von Tratzberg / in Corp. Jur. milit. pag. 1. biß 7. Item 35. biß 41. 94. 108. 109. 195. biß 205. Und Eberh. Hoyer. in Corp. Jur. milit. pag. 291. biß 300. 302. 351. 352. 442. biß 447. De Concilio militari vide quoque Georg. Engelhard Löhneisens Hoff-Stats- und Regier-Kunst / fol. 675 & seqq. usque 742. Leonhard Fronsperger hat auch Anno 1571. in folio einen Tractat von Käyserlichen Kriegs-Rechten / Malefiz und Schuld-Händeln zu Franck furth am Mäyn ausgehen lassen / darinn zu sehen / wie vor Alters darin̅e procediret worden / vid. in specie lib. 1. per tot. CCCIX. [XXXVIII.] Land-Gericht / das Land-Gericht des Burg-Grafthums Nürnberg / damit das Chur- und Fürstl. Hauß Brandenburg belehnet / hat vor diesen seinen Gerichts-Stab durch gantz Teutschland / ja wohl fast ausserhalb gewendet / und ist vordessen in der Stadt Nürnberg gehalten worden / ietzo aber wird es zu Onoltzbach exerciret. Dieses Gericht wird von des Hauses Brandenburg bestellten Räthen und Assessoren alle Virtel-Jahr geheget / dene̅ / Teutschen Ordens halber / gemeiniglich der Land-Comtor von Elbingen / und zwey des Raths zu Nürnberg / als Mit-Besitzere [weil beyder Stände Unterthanen mit darein gezogen werden] zugesellet / und die Appellationes von dar an das Käyserliche Cammer-Gericht gebracht werden. Von solchem und dem vordessen üblich gewesenen Kampf-Gericht / item dem Schrancken-Lauffen / so denen / welche sich in Peinlichen / sonderlich ohngefähren Tod-Schlages-Fällen / zu exculpiren [120] gedacht / verkappet zu thun vergünstiget gewesen / ist beym Limaeo in seinem Jure publico, sub tit. Fam. Brandeburg ein mehrers zu sehen. CCCX. Ein dergleichen Käyserlich Land-Gericht wird auch zu Bamberg / Würtzburg und an andern Ohrten mehr gebrauchet / welche sich ihrer Jurisdiction Verstärckung halber / zwar etwas / doch bey weiten so ferne nicht / als obige / erstrecken / dennoch aber künfftig deren abolition wegen / respectu derer denen Stifftern ohne Mittel nicht angehörigen Unterthanen / des H. Reichs Ausspruch erwarten müssen. Und wird von denen nicht ad Cameram, sondern Episcopos appelliret. CCCXI. Wie nun diese und dergleichen Gerichte ihren Ursprung und Gewalt von der Zeit hero haben / da die Stände vor sich noch keine eigene weltliche Gerichte / die sie vor sich geheget / geführet; sondern alles / was fast auf allerley weise und Wege / der Justiz halber / vorgelauffen / durch iemanden an statt und in Nahmen eines iederzeit regierenden Römischen Käysers administriret worden: Also und nachdem die Römischen Käyser / und deren verschiedener Orthen gesetzte Graffen oder Richter / ieder in seiner Qualität des übermäßigen an- und deren sich nach Ertheilung Rechtens sehnenden Parteyen nach-laufens müde worden / haben hiernechst die Römische Käyser / obangezogener massen / nicht allein den Fürsten / Graffen und Herren neben den Fürstenthümern / Graff- und Herrschafften / sondern auch nach und nach denen unmittelbaren Reichs-Städten die Jurisdiction, welche sie in denenselben noch in kurtz - verrückten Seculo durch ihre Reichs - Voigte und Schultheissen exerciret / über ihre Land-Stände / Unterthanen und respectivè Mit-Bürger verliehen und überlassen; doch mit Vorbehalt der Provocation und Appellation. Darmit nicht die Unter-Gerichte [welche man resp. der Höchsten im Reich also nennen mag] alles ohne Beyforge / daß sie einem höhern Haupt über ihre Actiones Rechenschafft zu geben hätten / ihres Beliebens / bey den Ihrigen / als des Reichs / wiewohl mittelbar zugethanen Gliedern disponiren möchten. Zu welchem Ende dann nicht allein in der Käyserl. Cammer-Gerichts-Ordnung / sondern auch fast allen und ieden Reichs-Abschieden / da von Anricht- oder Verbesserung der Justiz gehandelt wird / versehen / daß an der Stände Gerichten / ordent- und förmlich / vermöge gemeiner Rechte / und des H. Reichs löblichen Constitution und Satzung / verfahren / und zumahlen / ratione Processus, sich mit dem Cammer-Gericht / so viel möglich / einer Gleichheit beflissen werden solle. Autor. Jur. Publ. Rom. German. c. 5. pag. 249. 250. & 251.
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CCCXII. In den Hertzogthum Braunschweig und Lüneburg ist auch ein sonderlich Land-Gericht üblich / bey welchen es also herzugehen pfleget. Es werden alle Unterthanen des Amts auf ernandte Zeit des Land-Gerichts zusammen gefordert / woselbst niemand ohne Straff / oder genungsam erhebliche Ursache ausbleiben darf / müssen ihr bestes Gewehr bey sich haben / auch ieder seine Leuchte mit bringen / damit man sehe / ob zu Verhütung Feuers-Gefahr / ein ieder Hauß-Vater damit versehen sey. Auf offenen Platz / oder so es Ungewitters halber unthunlich / in einem eröffneten grossen Gemache werden zwey Tische gesetzt / bey dem einen setzen sich diejenige / so zu dem Land-Gerichte von hoher Obrigkeit deputiret worden / nebst denen Beampten / und einen unter den Land-Leuthen also genandten Richter / bey den andern Tisch setzen sich die Schöpffen / Achts-Leuthe oder Urtheils-Finder / derer gemeiniglich zwölf / und aus den Eltesten und Achtbaresten der Unterthanen desselben Ampts genommen / auch bey Annehmung zu diesen Schöppen-Stuhl beeidiget seyn. Dabeneben stehen vor den Tische zwey Bauer-Leuthe / also genandte Urtheil-Trägere / und dann zum wenigsten ein oder mehr Procuratores. Wann nun im Nahmen der hohen Obrigkeit das Land-Gericht anzufangen von den Deputirten befohlen wird / dann stehet der also genandte Richter auf / wenn sich alle Anwesende in einen Kreyß um die Tische gestellet haben / damit alles was vorgehet von ieden kan gesagt und angehöret werden / und spricht mit lauter Stimme zu dem / von den Amte hierzu bestellten Procuratore also: Herr Gerichts-Procurator ich frage euch üm ein Urtheil zu Recht / ob es wohl so ferne Tages ist / daß ich im Nahmen GOTTes und von wegen des Durchlauchtigsten Fürsten und Herrn sc. Unsers aller seits gnädigsten Landes-Fürsten und Herrn sc. Dann wegen Seiner Hoch-Fürstlichen Durchläuchtigsten abgeordneten Herren Deputirten / und auch Dero Beampten dieses Fürstl. Ampts / anietzo ein öffentliches Land-Gericht anheben / halten / und högen möge / GOtt zu Ehren / zu Erhaltung der lieben Gerechtigkeit / und den Unterthanen mit selbst zum besten? Darauf der Procurator antwortet. Dieweil der Richter die Genade von GOtt den Allmächtigen hat / und die Macht und Gewalt von den Durchleuchtigsten Fürsten und Herren / Unsern allerseits gnädigsten Landes-Fürsten und Herren / dann seiner Hoch-Fürstlichen Durchl abgeordneten Herren Deputirten / und Dero Beambten dieses Fürstlichen Ampts-Hausses; So ist es wohl so ferne Tages und der Zeit / daß ihr könnet ein öffentliches Land-Gerichte anheben / högen [122] und halten / GOtt zu Ehren / zum Schutz der Frommen / und zu bestraffen die Bösen. Der Richter saget weiter. Herr Procurator ich frage auch ferner um ein Urtheil / wann mir dieser Vormittag zu Endung dieses Gerichts solte zu kurtz fallen / ob ich auch möge den Nachmittag dazu anwenden? Der Procurator. Wird den Richter der Vormittag zu kurtz / kan er den Nachmittag mit anwenden / er kan richten von der Sonnen Aufgang / biß zu der Sonnen Niedergang. Der Richter. So frage ich euch in demselbigen Urtheil / was ich hiebey heissen und verbieten soll? Procurator. Der Richter soll zum ersten / andern und dritten mahl gebiethen Recht / auch zum ersten / andern und dritten mahl verbiethen das Unrecht / auch hastigen Muth und Scheltworte / und daß niemand vor dieses Fürstliche Land-Gerichte mit tödlichen Gewehr treten / noch davor durch seine eigene Wort rede / werbe oder gewinne / es werde ihn dann von den anwesenden Herren erlaubet / besondern seine führende An- und Gegen-Klage durch verordnete Procuratores lasse vertragen / und darauf Bescheits abwarte. Der Richter. So befehle ich hierauf also zuthun / und hege das Gericht im Nahmen Gottes / und wegen hoch-gedachter seiner Hoch-Fürstl. Durchl und dero Abgeordneten und Beambten allhier / Recht gebiethe ich / Unrecht verbiethe ich / zum ersten / andern und dritten mahl / und das niemand mit tödlichen Gewehr vor dieses Fürstl. Land-Gerichte trete / noch keine Ehren-rührige Worte / Frevel oder wiedrige Reden führe / oder sein eigen Wort vorbringe / sondern alles mit guter Bescheidenheit durch einen Vorspruch thuen lasse / oder in Schrifften kürtzlich thue / und darauf Bescheides abwarte / wornach sich ein ieder zu achten / und will hiemit dieses Gericht in seine Krafft und Würckung gesetzt haben. Hierauf setzet sich der Richter nieder / und pflegt der Deputirte im Nahmen der hohen Obrigkeit den Schöpffen oder Achts-Leuthen zubefehlen / daß sie auf die öffentlich zuverlesende Wrogen / nach Inhalt der Land-Ordnung / des Landes Constitution und Land-Tages-Abschiede / wie auch / des Orths Herkommen und Gewohnheit gemäß / das Urtheil sprechen sollen. Wann nun hierauf die bey dem Ampte das gantze Jahr durch ein [123] gebrachte und Verzeichnete Klagten und Wrogungen ordentlich nach einander verlesen werden / so müssen die Urtheil-Träger auf eine iede Wroge oder Klage / wie sie verlesen wird / so fortzu der Schöpffen Tisch treten / und wann die Schöpffen oder die Achts-Leute sich der Erkäntnis verglichen / und den Urtheils-Trägern eröffnet / treten dieselbe zu den Tische der Deputirten / pflegen den dabey sitzenden Richter zu fragen: Herr Richter wollet ihr das Urtheil hören? der so fort antwortet: gar wohl; Darauf denn die Urtheil-Träger aussagen: die ehrlichen Schöpffen erkennen so und so / oder diß oder das / welches dann so fort / als eine öffentliche zuerkandte Straffe / ad Protocollum verzeichnet wird. Ist aber die Klage etwas schwehr / grob oder sonst bedencklich / alsdenn erkennen die Schöpffen den Reum in Herren Gnade. Da dann den Deputirten über solchen Casum nach Befindung zu cognosciren frey stehet / und solches auf den Nachmittag / mit Zuziehung der Beambten / berichten: Wie dann auch ohne das denenselben frey und bevorstehet / alles / was die Schöppen zuerkand / nochmahls zu erwegen / und nach gründlicher Bewandniß also solche Bekäntniß praeviâ aliquali cognitione zu moderiren / oder auch wohl zu schärffen und zu vermehren. Es wird auch von solchen Erkäntnissen un̅ Decisis auf den Land-Gerichten Appellation an das Hof-Gericht nicht verstattet / es könte dann eine sonderliche nullität oder iniquität erweißlich gemacht werden. Wann das Gerichte soll aufgehoben werden / nemlich / wann die Wrogen ingesamt abgelesen seyn / sagt der Richter ferner: Demnach nun ein iedweder vernommen / wessen er beschuldiget und verurtheilet / als wird denselben Ampts halber angedeutet / wer sich gedencket auszuklagen / daß derselbe sich gebührlich durch verordnete Ansprachen anfinde / sollen alsdann damit gehöret / und ihm zu Recht verholffen werden / und wird hiemit das Fürstl. Land-Gerichte wieder aufgegeben / und biß zu der Zeit / wann es seine Hoch-Fürstliche Durchl. und das Ampt wieder erfordern / und Land und Leuthe vonnöthen haben werden / verschoben. Wann nun die gesamten Wrogen den Vormittag können verlesen / und die Erkäntniß auf eine Wroge / so bald sie öffentlich verlesen / und von den Urtheils-Trägern hinterbracht worden / geendet werden / so werden die gesamten Unterthanen / so zuförderst gezehlet werden / ob sie auch sich alle haben bey den Land-Gericht eingefunden / auch wann ihnen vorher die Land-Ordnung von Puncten zu Puncten durch iemanden / den es befohlen wird / ist deutlich vorgelesen / wiederüm dimittirt / und nach Hausse zugehen ihnen zugelassen: Jedoch müssen diejenige verbleiben / oder so fern sie nicht gegenwärtig / alsbald zum Gericht erfordert werden / welche von den Schöpffen [124] erkandt sind in Herren Gnade: Gleichfals ist allen denen zuverbleiben erlaubet / welche sich gedencken auszuklagen / und ihre Unschuld / der Zuerkäntniß halber / beyzubringen vermeinen. Wie dann solches sofürder den Nachmittag / oder / so fern wegen Menge der Wrogen und Bewantniß der Casuum es nicht möglich / folgendes Tages verrichtet wird. Ob nun wohl sehr nützlich und nöthig / daß diese Land-Gerichte also öffentlich und alljährlich gehöget und gehalten werden / zumahl die Unterthanen sich dafür nicht wenig zufürchten pflegen / indem alles / was vorgangen an Schlägereyen / Zänckereyen / Frevel / Scheltworten / Fluchen / Huren / Buben / Unfläthereyen und sonst von ungebührlichen / ärgerlichen Händeln / öffentlich mit den Nahmen der Täyter verlesen / die eingewrogte also ausdrücklich genandt / so fort darauf die öffentlich erkandte und dictirte Straffe bald exequiret / und die Geld-Busse ohne sonderliche Verzögerung eingefordert wird / nicht weniger auch die Unterthanen also mit ihren Gewehr und Leuchten erscheinen müssen / auch der Landes-Ordnung / und anderer ihrer Schuldigkeit als öffentlich und jährlich erinnert werden / so lauffet doch darbey gemeiniglich eins und anders vor / darüber bessere Anstalt und Verordnung dienlich wäre. Dann der nunmehr unnöthigen und unschicklichen Formalien und Solennitäten bey anstellender Hegung des Land-Gerichtes nicht zugedencken / so ist es nicht wohl müglich / was in einen Jahr an der Unterthanen Excessen und Wrog-würdigen Sachen vorgangen / in so kurtzer Zeit nach Geheiß der Rechten recht zu erörtern und abzustraffen / die niedergesetzte Schöpffen und Bauers-Leuthe erken̅en auch nach geschwinden Gutdüncken / alle Umstände und Verursachungen können unmüglich recht erörtert werden. Die Leuthe / die sich wollen ausklagen [wie sie es nennen] müssen vorher den Richter und den Anwalde Geld geben / ehe sie dürffen ihre Nothdurfft vortragen / und also mit Gelde erkauffen / daß sie dürffen innocentiam suam allegare, und solches Geld laufft oft so hoch / als die Straffe selbst / deshalber offtmahls ein Unschuldiger lieber stille schweiget. Wiederspricht der Gegentheil / und die Sache wird zweiffelhafft / kan keine sonderliche Erörterungs-Frist vorhanden seyn / und zu Abhelffung der Sache müssen [an etzlichen Oertern mit höchsten Mißbrauche] Kläger und Beklagter sich in die Straffe theilen / und werden also über einen Leist gezogen / Excesse und Thätlichkeiten / so billig hoch der Umstände halber / zu bestraffen / können in Mangelung der Zeugen nicht recht untersuchet werden / weil dieselbe vor einen viertheil / oder halben / oder gantzen Jahr geschehen: Die meisten schädlichen Feld-Wrogen werden durch Untreu und Unfleiß der Pfänder verschwiegen / und derglei [125] chen Mängel vielmehr / wodurch so wohl die Fürstl. Cammer an gebührlicher Hebung / als der Unschuldige offtmahls an seiner Defension, und der Schuldige an rechter Straffe / so zureden / auch verkürtzet wird. CCCXIII. De Concilio Provinciali oder vom Land-Rath kan man ausführliche Nachricht finden bey dem Georg. Engelhard Löhneiß / in der Hoff-Stats- und Regierungs-Kunst / von fol. 271. biß 332. add. Des Herrn von Seckendorf Fürsten-Staat part. 2. c. 9. n. 5. pag. 226. & seqq. CCCIV. [XXXIX.] Lehn-Gericht / in diesen werden die Streitigkeiten zwischen den Lehn-Herren und Vasallen von den Paribus curiae erörtert und entschieden. Schrader. Consil. 1. n. 685. vol. 1. Christian. Gastel. de statu publ. Europ. c. 32. pag. 1190. Von welchen man mehren Unterricht bey dem Besoldo in Thes. pract. v. Lehn-Gericht p. 571. & Mann- oder Lehn-Gericht Männer p. 617. & seqq.
Rittershusio lib. 2. partit. Jur. Feud.
Finckelthus. Illustr. controv. Feud. 23. in fin.
Arnold. Reyger in thes. jur. lit. P. verb. Pares Curiae Insonderheit aber bey dem Schottelio de Sing. & antiq. in Germ. jurib. c. 4. von pag. 115. biß 146. Item Georg. Engelhard Löhneiß / fol. 747. l. c. & 743. findet / andere vor ietzt zugeschweigen. CCCXV. [XL.] Mann-Gericht / Delicta Nobilium, Eqitum, Ministerialium olim alio modo apud Germanos puniebantur, quam plebejorum: Institutum ergo fuit solenne judicium, in quo Nobiles seu Milites Ministeriales accusabantur & condemnabantur; Dominus Territorii hoc judicium formabat, Praeside & Assessoribus constitutis. Judicii praeses vocabatur JUDEX CASTRENSIS, der Mann-Richter. Assignabantur eicerti Assessores, qui itidem erant Manni: i e. Nobiles, Milites, Ministeriales, Equestris Ordinis viri, & hoe ita constitutum judicium vocabatur Mann-Recht. CCCXVI. In Gallia non subeunt etiam Nobiles indistinctè illas poenas, quas plebeji. Et habet hoc locum non solùm respectu condemnationis, sed etiam respectu generis poenae. Sunt enim poenae, quibus Nobiles [126] nunquam subjiciuntur, ut est fustigatio & suspendium. Excipiuntur tamen delicta Nobilitati repugnantia. Vid. Tiraq. de Nobil. c. 20. Limn. not. regni Franc. l. 4. c 3. CCCXVII. MANNUS die Manne / propriè olim vocabantur ob virilitatem & animositatem NOBILES. Sic in Constitutionibus & publicis negotiis vocantur Electores, Principes, Comites die Reichs-Manne. Pares Curiae dicebantur etiam die Manne. Sic provinciae in Germania adhuc constant Praelatis, Nobilibus, Civitatibus; sie bestehen in den Prälaten / Mannen oder Ritterschafft / und Städten. Et honestissima erant, solisque Ministerialibus Nobilibus & viris Equestribus competebant illa vetustissima vocabula Germanica Haupt-Man̅ / Feld-Haupt-Man̅ / Krieges-Man̅ Ritters-Mann / Lehn-Mann / Hof-Mann / sc. Quae saepè jam, contemtu avitae virtutis, fastidimus, dum peregrina vocabula unà cum peregrinis vitiis allubescunt. CCCXVIII. Fuit ergo JUDICIUM MANNI seu MALLI JUDICIUM Criminale medii generis hominum, nimirum NOBILIUM, das Mann-Recht. Vid. Steph. de jurisd. lib. 2. part. 1. c. 7. menb. 6. CCCXIX. Citati ad MANNUM vel MALLUM Milites, Nobiles & Equestres praesentiam suam exhibere tenebantur sub certa poena. MALLARE significabat ad judicium vocare, & MANNIRE fuit citare. Sic Iegitur in libro Legis Salicae, tit. 1. § 3. ille, qui alium MANNUIT, cum testibus ad domum illius ambulare debet, & sic eum MANNIRE debet, ut ei faciat notum, quomodo ab illo MANNITUS sit: nam si in dominica Ambascia fuerit occupatus, MANNIRI non potest. In libro Legis Ripuariae tit. 4. §. 1. si, qui legibus ad MALLUM MANITUS fuerit, non venerit, si eum SUMIS [est Germanicum Säumniß / impedimentum legitimum] non detinuerit, XII. Solid. culpabilis esto. In libro legis Franciae, lib. 4. c. 14 si post unam & alteram Comitis admonitionem quis ad MALLUM venire noluerit, rebus ejus in bannum missis, venire & justitiam facere compellatur.
De voce SUMNIS vid. Martin. Lexic. in voce ipsâ Sumnis.
Item Lindenbr. in gloss. & hinc inde in ipsis LL. alleg. Namsaepius hujus vocis fit in antiq. LL. mentio. CCCXX. MALLUS in legibus antiquis est judicii locus: Vox per se Germanica Mahl significat signum, item metam, terminum: MALLIRE est in jus vocare ad judicem q. d. ad Signum illud, quod denotat locum judicii, Mahl-Stat / judicii exequendi locum. Hincmar. Epist. 4.
|| [127]
Zeiler. Epist. 349. pag. 398. CCCXXI. Ejusmodi publica Malli Judicia olim sub Dio celebrabantur, unter dem blauen Himmel / auf offenen freyen Felde / auf einem grünen Platze / ad removendam omnem timoris, metusve suspicionem, & ut judex oculis in coelum erectis Dei praesentiae admoneretur, & ad judicandum induceretur. Gryphiand. de Weichbild. Sax. cap. 66. n. 2. CCCXXII. Certitudo loci requirebatur ad quem comparendum erat: Ergo signum aliquod adesse oportebat, ein Mahl / unde MALLUS denominatus. Signum hoc erat in campo, & loco patente LAPIS, ARBOR, PERTICA, CRUX LIGNEA CUM GLADIO, aliisque signis appensis. Satis ergò constat, quid MALLUS, & unde, quid MALLARE, IRE ad MALLUM, MALLATUS sit. Schottel. de Singul. & Antiq. in Germ. Jurib. c. 4. pag. 109. & seqq. usque 115. CCCXXIII. [XLI.] Marck-Gericht / Wehner. observ. pract. v. Gericht / pag. 160. CCCXXIX, [XLII.] Meyen-Gericht / dieses beschreibet Wehner. pract. observ. voc. Schaurn / Beschaurn / pag. 434. also. In Franconia prope Kittingam sunt sex pagi, vulgò die sechs Meyen-Dörffer / praefecturae Greglingensis, olim Dominatûs Braunecks / hodie Marchionat. Brandeburg seu Burggraviatûs Norimberg. Als: Sickershausen / Stefft / Obernbreit / Gnotstat / Mertesheim und Ober-Ickelsheim. In his pagis decimae debentur dem Dom-Probsten zu Würtzburg & è contra giebt der Dom-Probst dem Marg-Graffen jährlich zwölf Malter Schirm-Hafer / und dreyßig Pfund Untz-Pfennige zu Schirm-Geld / die Unterthanen dafür zu beschauren / hoc est zu beschützen und beschirmen. So offt auch die Hoch-Gericht in berührten sechs Flecken vom Ambtmann zu Weglingen besuchet und gehalten werden / quod quolibet anno ter fieri solet, als im Herbst / Februario und Meyen / so mag der Ambtmann mit so viel Personen und Pferden / als ihm beliebt / und deren Zahl man nicht wissen mag / darzu auch mit schönen Frauen und Spiel-Leuthen sc. des Abends ankommen / und des folgenden Tages / nach gehaltenen Hoff-Gericht / um die Zeit und Stunde da er vorigen Tages angelanget / und also nach vier und zwantzig Stunden wieder abziehen. Was damahls verzehret / muß der Dom-Probst zu Würtzburg ausrichten.
|| [128]
add.
Limn. in Jur. Publ. lib. 3. c. 7. addit. tom. 1. pag. 818.
Mager. de Advoc. Armat. c. 10. n. 277.
Zeiler. Epist. 349. pag. 398. CCCXXV. [XLIII.] Mittel-Gericht / ist eben so viel als Erb-Gericht / Nieder-Gericht / Unter-Gericht. Schottel. saepè dict. tract. cap. 7. pag. 215. CCCXXVI. [XLIV.] Nach-Gericht / wann an etlichen Orthen das Stand-Gerichte gehalten / alsdenn wird über 14. Tage ein Nach-Gericht gehalten / darinnen ein ieder / was er annoch will vorbringen / erinnern kan. Schottel. de ling. German. pag. 640. CCCXXVII. [XLV.] Nieder-Gerichte / Jurisdictio Bassa, vide suprà Erb-Gerichte. add. Dither. in contin. Besold. pag. 442. & 909. CCCXXIIX. [XLVI.] Noth-Hals-Gericht / vide infrà Hoch-Nothpeinlich Hals-Gericht. & Schottel. d. tr. cap. 14. per tot. CCCXXIX [XLVII.] Ober-Gerichte / so auch peinliche Gerichte / Item Hals-Gerichte / Blut-Bann genennet werden / begreiffen alle die Brüche / welche Leib- und Lebens-Straffe / Hals / Hand / Staupenschlag und andere Leibes-Straffe / oder auch Landes-Verweisung / Verbiethung der Gerichte / Städte oder Dörffer / wie auch peinliche und scharfe Fragen nach sich ziehen. Author. Prax. Crim. Alteb. p. 12. & 13. CCCXXX. Was aber vor Verbrechen eigendlich zu den Ober-Gerichten gehören / ist aus iedwedes Landes und Gerichts hergebrachter Gewohnheit zu erlernen.
Theodor. in Colleg. crim. pag. 2361. n. 9.
Carpz. part. 3. prax. Crim. quaest. 109. n. 38. Vid. Churf. Sächß. Landes-Ordnung de Anno 1555. sub tit. was zum Ober-Gericht gehörig / sc. Item Fürstl. Sächß. Goth. Landes-Ordn. part. 2. tit. 9. pag. 108. Volkmann. Criminal. Cons. 1. n. 1.
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CCCXXXI. [XLVIII.] Peinlich Gerichte / ist mit ietzt-gedachten eins. Peinlich dicitur vel à Pein / h. e. à cruciatu corporis, vel à Poena, ut sit quasi Poenalis, oder Poenal-Straffe.
Matth. Stephani, in praefat. ad Const. Crim. Caroli V.
& Christoph. Besold. Thesaur. pract. pag. 1055. CCCXXXII. [XLVIII.] Von dem Concilio Criminali oder Peinlichen Rath / und was darzu gehöre / kan gelesen werden Georg. Engelhard Löhneiß / in der Hoff-Stats- und Regierungs-Kunst von fol. 466. biß 510. CCCXXXIII. Rüge-Gericht / [XLIX.] Das Wort Rügen wird auf zeweyrley Arth gebrauchet / als einmahl vor denunciiren / anzeigen / hinterbringen und anklagen / zum andern vor Straffen. Wehner. in observ. Pract. pag. 424. CCCXXXIV. Und sind die Rüge-Gericht zu dem Ende eingeführet und angestellet / daß GOTTES Ehre befördert / gute Policey angerichtet / brüderliche Liebe gepflantzet / Christlicher und ehrlicher Wandel erhalten / und alle sündliche und ärgerliche Sachen und Untreu abgeschaffet werden möge.
Georg. Obrecht / in Politischen Bedencken / fol. 91.
Dither. in addit. ad. Besold. Thes. pr. voc. Rüge pag. 848. CCCXXXV. Weshalber auch gewisse Rüge-Gerichts-Ordnungen in öffentlichen Druck ausgangen / als: Die Fürstliche Sächsische Gothaische / Anno 1646. publiciret / so in der Landes-Ordnung von fol. 243. biß 283. und drin der Rüge-Richter / wie auch der Rügen Eyd / imgleichen das Verzeichniß der Laster und Verbrechen / drauf in den Rüge-Gerichten Nachfrage auzustellen / befindlich. Item in der Fürstlichen Würtenbergischen Land-Ordnung / sub rubr. Politische Censur und Rüg-Ordnung. Wie auch die Meckelnburgische Lands-Ordnung / tit 14. vom Rüge-Gericht. Ubi dicitur, damit die Mißhandlunge gebührlichen gestrafft / sollen NB. die Rüge-Gerichte in unsern Landen mit Fleiß erhalten / auch / wo bißher keine gehalten / aufgerichtet werden / denn hierdurch viel Ubels gestrafft / und mancher dadurch böses zu thun abgehalten werde. CCCXXXVI. In Bäyern hat man vor diesen allenthalben jährlich im Lande Rüg-Gericht gehalten / und auf anderer Leuthe Mißhandlungen inquiriret. Weil aber daraus grosser Unrath und Feindschafft erfolget / sind solche durch Herzog Albrechten Anno 1365. gäntzlich aufgehoben.
|| [130]
Wigulejus Hundius in den Bäyerischen Stamm-Buch fol. 408. Speidel. in Spec. Jur. v. Rüg / Rüg-Gericht p. 1086. CCCXXXVII. Es waren auch bey den alten Teutschen die Rüg-Grafen gleichsam als Advocati und Procuratores Imperatoris aut Regis, durch die / oder in welcher Nahmen die Fiscalische Sachen und Bussen in den Jahrzeitlichen Gerichten accusiret und fürgebracht wurden. Speid. d. v. Rüge-Recht / item Rulands-Bild & Graf. CCCXXXVIII. Das Rüg-Ambt oder Fünfer-Gericht zu Nürnberg ist mit fünf Raths-Herren besetzet / vor welchen Verläumbdung / Scheltwort / Frevel / Verwundung / Ungehorsam / Ubertretung der Gebot und Verbot / und dergleichen / geklaget / und gestrafft werden / wie solches Anno 1470. von Keyser Friderichen befreyet. Vid. Oesterreichisch. Spiegel der Ehren pag. 754. Schottel. v. tr. c. 9. p. 277. CCCXXXIX. An etlichen Orthen / wo die Rüge-Gerichte nicht eingeführet sind / haben die Schultheissen die Inspection, und müssen dasjenige / so strafbar / denen Ambt-Leuthen so bald anzeigen / wie in der Grafschaft Schwarzburg üblich ist. Teste Dn. Cancellario Ahasver. Fritsch. in tr. de jure pagorum c. 23. §. 1. n. 3. in sin. CCCXL. Es wird auch eine Rüge genennet / wenn iemand einen Todschlag / Ehebruch / Diebstahl / Strassen- oder Kirchen-Raub und dergleichen denen Ober-Gerichten angezeiget / welches fleißig und mit allen Umständen zu den Acten zu registriren / üm drauf mit der Inquisition und Captur zu verfahren / wovon in der Altenb. prax. Crim. pag. 41. & seqq. Meldung geschiehet / auch etliche Formulen solcher eingebrachten Rügen / als in puncto Homicidii pag. 73. Adulterii pag. 74. & Infanticidiip. 75. zu finden. CCCXLI. [L.] Saal-Gericht / Vid. Wehner. pract. observ. v. Gericht / pag. 160. SALA est Aula seu Basilica, hinc Saal-Bücher / item Urbar-Bücher / quod in illis praedia, quae Aulae Regiae censum praestant, fint inscripta.
Aventin. annal. Bojor. lib. 4. in princ.
Frid. Martin. de Jure Censuum lib. 1. t. 1. n. 4.
Zeil. Epist. 352. in pr. CCCXLII. Leges Salicae, quae de jure succedendi in SALA, hoc est regno seu Basilica, disponunt, foeminasque excludunt.
|| [131]

Vid. Covarruv. pract. quaest. c. 1. n. 8.
Limn. in Jur. publ. lib. 2. c. 2. n. 27. & seqq. n. 34.
Speidel. in spec. notab. lit. 5. n. 1. CCCXLIII. Saal-Leicht oder Saalman-Leichten fortè fuere Pares Curiae. Saal-Brieffe. Vid. Besold. in Thes. pract. v. Saal-Recht / p. 857. CCCXIV. Ur-Sal idem est, quod Erstattung. Den̅ im alten Sächsisch. Recht heist Sal so viel als Erstatte. Dicitur itaque Ursal / quasi dicas Irsal oder Irsoll oder Er soll. Hinc legitur im Lehn-Recht art. 58. Flucht-Sal / das ist so viel / als Erstattung seiner Flucht. Wehner. pract. obs. p. 491. v. Ursal. CCCXLV. [LI.] Send-Gericht / oder der Send / das Send-Recht / fuit annale Judicium Ecclesiasticum, ubi in villis & pagis Archi-Diaconi per Officiales cognoscebant de illis criminibus, quae erant in anno illo denuntiata, & ad hanc Jurisdictionem Synodalem pertinebant. Consistebat illa cognitio in inquisitione, correctione, punitione. CCCXLVI. Das Send-Recht oder Send-Gericht ward alle Jahr auf dem Lande zum wenigsten einmahl gehalten / über die Send-Wrogen [Send-Rügen] worzu auch gewisse Send-Schöpffen [Scabini Synodales] gezogen wurden. CCCXLVII. In den alten Sächsischen Land-Rechte lib. 1. art. 2. wird hievon dieses gemeldet: Ein ieglicher Christen-Mann der ist pflichtig den Send zubesuchen / dreymahl im Jahr / so er zu seinen Jahren kommen / in den Bistum darinnen er gesessen ist. Freyheit aber ist hieran dreyerley / Schöppenbare Leuthe die sollen der Bischöffe Send besuchen / die Pfleghaffte der Thum-Pröbste / die Landsassen der Ertz-Priester. CCCXLVIII. Schöppenbar / i. e. dignus munere, honore seu officio Scabini. Bar est in lingva nostra terminatio derivandi pertinentiam, proprietatem aut qualitatem rei, cui apponitur significans, ut Ehr / Ehrbar / Frucht / Fruchtbar / Dienst / Dienstbar. Schottel. d. tr. c. 6. p. 193. 194. & 195. CCCXLIX. Feld-Schaden / Schelt-Worte / Schlägerey und andere Unthaten wurden ins Land-Gericht / alle Haupt-Rugen und Ungericht aber ins Hals-Gericht gewroget. Was aber auf Feyertagen begangen / und sonst wieder die zehen Gebot geschahe / ward in den Send gerüget: Solches muste der Syndicus Villae [Baurmeister] aufzeichnen / und die Send-Schöppen [Scabini Synodales] erkenneten / nebst dem Official, darüber. Die [132] Send-Schöppen selbst musten auch dasselbe Rügen / was unter ihnen offenbar war. Vid. Gloss. col. 2. ad art. 2. Land-R. lib. 2. CCCL. In diesen geistlichen Gericht rügete und verurtheilete man auch nach dem Todte [1.] Die in Unglauben dahin gestorben. [2.] Welcher sein Erbe Ketzern verlassen / und [3.] Der / so in offenbahren Sünden ohne Beicht und Christliche Reue verstorben war. CCCLI. Send kom̅et her von Synodo, welches im reden contrahiret worden / Synd, Send. Plura vide apud Schottel. d. tr. 6. per tot. CCCLII. [LII.] Stad-Gerichte / sind die / welche bey iedweder Stad hergebracht und üblich sind.
Wehner. obs. pract. v. Gericht / p. 160.
Vid. Zahn. Ichnograph. municip. cap. 7. & 8. CCCLIII. Vocabulum Stadt à Romanis STATIVIS derivatum esse notat Johann. Herolt. in commentar. de Roman. in Rhetia litorali stationibus c. 11. atque in usum Germanicae lingvae receptum. Romani enim voces suas plerumque abbreviatas scribebunt, atque pro Stativa seu statione Syllabam illam STAT exsculpere solebant. Et haec, ut affertionibus multis confirmentur, opus non habent. Pauca enim Municipia reperies, paucas urbes, quae in Stat desinunt, quas non contingat esse antiquissimas, Romanorumque incolatu nobilitatas. Sicque Canstadi pro castris stativis usurpamus. Germani oppida & urbes Stäte vocant, quasi Stäth / scilicet firmè constituta. Martin. Naurath. in addit. ad Hipolyt. de Collib. tr. de increment. Urb. c. 1. lit. f pag. 13. CCCLIV. Wie aber das Concilium Civicum oder Stadt-Rath zu bestellen / und was vor Verrichtungen darbey vorlauffen / beschreibet Georg. Engelhard. Löhneiß / in seiner Hoff-Stats- und Regierungs-Kunst von fol. 511. biß 551. CCCLV. [LIII.] Spieß-Gericht / JUDICIUM HASTATUM CRIMINALE. Es ist ein alt teutsch Sprüchwort / einen durch die Spieße jagen / womit die äuserste Noth / Leib- und Lebens-Gefahr / so iemand zubereitet / angedeutet wird / rühret her aus den alten Krieges-Rechte der Teutschen / wo [133] mit es folgender gestalt zugieng: Wenn ein Feld-Herr mit dem Heer zu Felde gezogen / und dem gemeinen Krieges-Volcke das Recht übergeben und befohlen / das Ubel selbst zu straffen mit den langen Spießen / was wieder den Artickuls-Brief / und wieder das gantze Regiment gefrevelt: So hat der Obriste oder Hauptmann das Krieges-Volck zusammen fordern lassen / ihnen ordentlich vorgehalten / wie und welcher gestalt sie das Spieß-Recht führen und halten solten; darneben die Krieges-Knechte fleißig und treulich vermahnet / wofern günstige Straffe helffen wolte / daß einer den andern in guten straffen / wehren / einreden und warnen wolle / damit sich ein ieder darnach richten / und für Schaden hüten könte. In Mangelung der Straffe / und da solches nicht helffen wolte / muste den Aergerniß durch andere Mittel gewehret / Ernst gebrauchet / und durch Spieß-Recht abgestraffet werden. Es ist aber solches in diesen Articuln ordentlich bestanden. [1.] Sollen die Kriegs-Leuthe allesamt groß oder klein / einhelliglich einen ernsten und kräfftigen Eyd thun / zu GOtt und seinen heiligen Worte / ob einer oder mehr wieder solche Articul oder Regiment thun / handeln oder stifften würde / der solle gestraffet werden nach Laut der Ordinanz der Obrigkeit und Recht / und nicht ansehen Freundschafft und Feindschafft / Siepschafft / Gnade / Gunst / Gifft oder Gabe / auch nicht rächen alten Haß und Neid / sondern dencken / das Christus unser HErr am jüngsten Tage / wann er wird richten über die zwölf Geschlechte Israel über ihre arme Seelen / auch Urtheil sprechen wird wieder die / so das Ubel nicht gestraffet / oder selbst gethan haben. [2.] So dann einer oder mehr befunden würden / die solchen Articuls-Brief nicht hielten / sondern durch Verbrechung darwieder handelten / ohne Scheu oder Reu / so soll der Profos achtung auf ihn haben / und darzu beruffen seyn / daß er solche Missethäter gefänglich annimt / und wohl bewahret / darnach alsbald den Obersten anzeuget / was er verwircket habe / und darneben Bitte und Annahmung thue / daß der Oberste wolte die Gemeine des Volcks auf einen nüchtern Morgen zu rechter früher Tages-Zeit zusammen kommen lassen. Es soll auch der Profos mehr Gewalt und Aufsehen haben / als wo die Obrigkeit selbst richtet / wo es kein General-Profos ist. [3.] Item es soll auch der Profos keinen Gefangenen verkürtzen / in keinerley weise / ihm keine Klage oder Antwort vor der Gemeine zusprechen verbieten oder verbieten lassen / und ob einer Kundschafft hätte / die er geniessen möcht zum Recht / soll man auch nicht verbieten / sondern ihm sein bestes reden lassen / biß ihm das Zeugniß übertrifft / damit keinen zu kurtz geschehe. [4.] Wenn die Gemeine bey einander ist / und der Ring geschlossen wird / [134] so soll der Profos den Gefangenen in Ring bringen / und den gantzen Umstand einen guten Morgen bieten / und ferner sprechen: Liebe getreue und redliche Lands-Knechte / Adel und Un-Adel / wie uns GOTT zusammen gefügt hat / ihr traget gut Gewissen / wie wir anfänglich zusammen geschworen / daß wir wollen gut Regiment führen / den Armen als den Reichen / den Reichen als den Armen / durch ordentliche Recht das Ubel zustraffen an denen / die wieder unser Regiment thun und Eydbrüchig werden / darüm lieben Lands-Knechte / lieben Krieges-Leuthe ist mein Begehrn und Bitte / ihr wollet mir diesen Tag helfen ein Bewerb machen / solch Ubel zu straffen / daß wirs auch verantworten können bey andern Fürsten und Herren. Nun spricht der Profos einen Feldwebel an / daß er ihm wolt helffen beförderlich seyn der angefangenen Sachen. Darauf / lieben Landes-Knechte / spricht der Feldwebel: Ihr habt des Profosen Rede gehöret und vernommen / wann es euch lieb ist / denselben nachzukommen / so hebe ein ieder mit mir die Hand auf. [5.] Weiter begehret der Profos einen zum Beystand in seinen Rath / aus dem gemeinen Mann / damit die Sachen mit Rath und Recht vorzubringen / der Gefangene auch dergleichen einen Rath und Vorsprecher aus den gemeinen Mann / darnach düngen sie beyde Redner nach einander in das Recht vor den Krieges-Volck / wie denn gebräuchlich ist. [6.] Nun nimmt der Profos seinen Vorsprecher und Beystand / und gehet aus den Ringe / und hält Rath mit ihnen / zeiget ihnen die Sachen an / wie und was der Gefangene verwircket hat / und die Ursach seiner Gefängniß sey / und befiehlet den Vorsprecher / wie er soll den gemeinen Mann solche Mißhandelung vorbringen / und nachdem gehen sie wieder in den Ring / und der Vorsprecher sagt: Also lieben Knechte / wolt ihr mich hören / von wegen des Profosen? Antwort / Ja. [7.] Desgleichen nimmt der Gefangene auch seinen Vorsprecher und Rath an einen sondern Orth / und bittet / daß sie wollen Recht weisen un̅ werben / daß dem Profosen auf seine schwere Klage / so er mit ihme zuthun hat / möge Antwort gegeben werden. So giebet denn der Vorsprecher Antwort aufs beste / so er kan. [8.] So nimmt der Profos seinen Vorsprecher und Rath zu den andern mahl aus den Ringe / und bleibt auf seiner vorigen Klage; ob sich der Gefangene verantwortet / und auf die schwere Klage nichts geständig seyn will / so läst der Profos die Kuntschafft den Gefangenen vorlesen / wie er gehandelt hat / darnach muß der Gefangene Antwort geben / auf die verlesene Kundschafft / so wieder ihn ergangen ist. Weiter / so gehet der Profos zum dritten [135] mahl mit seinen Rath aus den Ringe / und tritt wieder in den Ring / bleibt bey seiner vorigen ersten und andern Klage / wiederhohlet es zum dritten mahl / auf verlesene Kundschafft / und setzet es damit vor den gemeinen Mann zu Recht. Hierauf muß der Gefangene den Profosen auch zum dritten mahl Antwort geben / und vor den gemeinen Mann zu Recht setzen / darauf üm ein gnädig Urtheil bitten. [9.] Nun schlagen die Fendriche ihre Fähnlein zusammen / und stecken sie mit den Spitzen in die Erden / darnach thut einer unter ihnen das Wort / und spricht: Also lieben redlichen Landes-Knechte / ihr habt gehöret und vernommen des Profosen schwere Anklage / mit augenscheinlich-beweißlicher verlesener Kundschafft / wieder N. N. von N. diesen Gefangenen vorbracht und zu Recht eingeführet / von wegen Regiments / darauf wir unsere Fähnlein zusammen gethan / und mit den Eysen in daß Erdreich gestecket / wollen sie auf dißmahl nicht mehr fliegen lassen / biß über solche Klage ein Urtheil gehet / auf daß unser Regiment aufrichtig gehalten werde: Hiebey / lieben Krieges-Leuthe / wollen wir euch ermahnet haben / ihr wollet im Rechten nicht partheyisch seyn / sondern urtheilen / so weit euer Verstand reicht und ausweiset / wann solches geschehen / so wollen wir unser Fähnlein in aller Maaß und Gestalt wieder fliegen lassen / wie vor / und bey euch thun / wie ehrlichen und redlichen Fendrichen zustehet. Item / ists Sache / daß nur ein Fendrich allein da sey / der spricht: Also lieben Landes-Knechte / lieben Krieges-Leuthe / ich stehe allhier als euer unschuldiger Fenderich / und werde mein Fähnlein mit der Spitze in die Erde stecken / über einen solchen Ehr-vergessenen / der den Articuls-Brief nicht gehalten / wie es redlich ist / sondern denselben gebrochen / und so schändlich Eyd- und Treu-loß worden / gedencke auch dasselbe forthin keines weges fliegen zulassen über einen solchen Ehrvergessenen / biß so lange und viel Urtheil und Recht über ihn erkandt / gesprochen und ausgehen mag / wie recht ist. [10.] Nun ruffet der Feldwebel einen alten verständigen Krieges-Man̅ im Ring / und fraget ihn bey seinen Eyd / so er gethan und geschworen hat / üm ein Urtheil über diesen Missethäter / auf gnugsame Anklage / darauf spricht der Krieges-Mann also: Lieben ehrlichen Landes-Knechte / ich bin gefraget worden bey meinem Eyd / üm ein recht Urtheil / über ietzt-erhörte Sachen / so bin ich zu diesen Dinge nicht weise noch verständig genung / derohalben begehre ich gute ehrliche Krieges-Leuthe / die dann im Ringe sind / in meinen Rath / nemlich so viel als viertzig Mann / Hauptleute / Befehlhaber / Gefreyte / Adel und Unadel / mit denselben will ich an einen sondern Orth gehen / und bey ihnen Rath suchen / treulich und ungefährlich / nach der Billigkeit / sofern es unser Verstand ausweiset.
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[II.] Nun gehen die viertzig Mann / und berahtschlagen sich / darnach gehen sie wieder in den Ring / da fähet der gefragte Krieges-Mann an / und erzehlet den gemeinen Mann den Rath / so sie beschlossen und erfunden haben / da nun der Rath den gemeinen Mann nicht gefallen würde / so mögen sie von den Ihren andere viertzig Mann zu einen Rathschlage nehmen / in gleicher Weise und Form / als der erste; ists dem gemeinen Mann noch nicht gefällig / sollen sie zum drittenmahl andere viertzig Mann nehmen / und gleicher gestalt rathschlagen / oder mögen die ersten vierzig Man̅ alle in dreymahl zu Rath gehen lassen. [12.] Wann nun die drey Räthe in gleicher massen einer nach den andern beschlossen hat / so muß man zu ieden Rath einen sondern Richter haben / darüm daß ieder Richter seinen Rath den gemeinen Manne vorbringen könne: Wann dann die drey Räthe ergangen und gesprochen seynd / so erzehlet man einen Rath nach den andern / vor den gantzen Volck / darnach läst man mit drey Trummeln umschlagen bey Ehr und Eyd / daß keiner den Rath über zwey- oder dreymahl zu wiederholen / repetiren oder zu straffen begehren soll / sondern zu Recht gäntzlich beschlossen seyn lassen. Darnach mag der arme Gefangene auf seine Knie fallen / und üm ein gnädig Urtheil bitten / hier auf der Welt / und auch bey GOtt im Himmel. [13.] Hier muß einer von den Richtern / oder der Feldwebel den Gefangenen das Urtheil vor den Volck mündlich verkündigen und öffentlich erzehlen / also: Lieber N. wiltu wissen / was dir durch Urtheil und Recht über deine begangene Missethat / wegen Regiments und den gemeinen Mann erkandt und auferleget worden? Antwort / Ja. Du solt nach alten Brauch und Recht zwischen die lange Spieß gestossen und damit an Leib und Leben gestrafft werden. Nemlich also: Es soll ein ieder redlicher Kriegs-Mann / von wegen seines Eydes / Ehr und Redligkeit / von wegen Regiments / und des Göttlichen / Käyserlichen Rechten / seinen langen Spieß in dich stossen / biß du von Leben zum Tode bracht wirst / so ist unser ehrlich aufrichtig Regiment gestärcket / und nicht geschwächet / auch dem Rechte sein Genüge geschehen. Darnach bedancket sich der Fendrich gegen den gemeinen Mann / daß sie so willig gewesen / und zu Stärckung der göttlichen Rechten gut Regiment gehalten haben / und weiter zu halten begehren / darnach schlagen sie ihre Fähnlein wieder auf / und lassen die fliegen gegen Aufgang der Sonnen / und die Befehlshaber machen eine ordentliche Gassen / dieweil lässet der Profos den armen Sünder beichten und berichten / und seine Sünde bekennen.
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[14.] Wann die Gassen gemacht / und alle Dinge ordentlich angestellet seynd / so kommet der Profos, und bringt den Gefangenen in die Gassen / und begehret / daß man mit drey Trummeln ümschlagen lasse / daß ein ieder die Gassen verwahren helffe / und in welcher Licken oder Statt der Gefangene hinaus kommt / oder welcher ihm darvon hilfft / soll in seine Fußstapffen treten. [15.] Wann solches geschehen ist / so führet der Profos den Gefangenen dreymahl in der Gassen hin und wieder / und vermahnet ihn / daß er soll Urlaub nehmen von den Krieges-Leuthen / und allen Menschen / und sie um Verzeihung bitten / und begehren / daß ein ieder ihm üm Gottes Willen wolle verzeihen und vergeben / und es nach seinen Tode in keinen argen mehr gedencken / noch seinen Freunden vorwerffen / desgleichen will er auch iedermänniglich vergeben und verzeihen / hie auf Erden und vor GOtt im Himmel / und sterben als ein Christ und frommer Krieges-Mann. Hierauf sollen ihm die Fänderich auch trösten / damit er nicht so gar verzweiffele / und sagen / er soll getrost und unverzagt seyn / sie wollen ihn auf halben Weg entgegen lauffen und erledigen / er soll nur auf sie zu kommen. [16.] Läst man wieder umschlagen / daß keiner keinen alten Haß oder Neid rechen wolle / nichts äusern / oder Meuterey anrichten / bey Leibes-Straffe / damit lassen sie die langen Spieß nieder / und kehren rings um die Spitzen gegen den armen Sünder / und die Fenderich kehren ihren Rücken gegen der Sonnen / da schleust ihn der Profos aus den Eisen / und nimmt Urlaub von ihn / daß er ihm wolle verzeihen / das / was er gethan habe / das habe er thun müssen / desgleichen sein Vorsprecher nimmt auch Urlaub / und so der arme Sünder nicht verzagt ist / und frisch reden kan / soll er sagen: Lieben Krieges-Leuthe / ich thu euch alle freundlich gesegnen / und befehle euch meinen Leib und Leben / GOtt und der heiligen Dreyfaltigkeit meine liebe Seele / und bitte mir die Pein zuverkürtzen / der mit den ersten Spieß durchs Hertze sticht / der ist mein bester Freund hie und in Ewigkeit Amen. Ist er aber zu verstockt / so mags der Profos seinet wegen also reden; Darnach stellet ihn der Profos gegen die Spitzen vor sich / und giebt ihm drey Streich mit dem Regiment auf die rechte Achsel / im Nahmen des Vaters / und des Sohns / und des heiligen Geistes / und stösset ihn von sich / da hilfft ihn GOtt / und sticht auf ihn / wer stechen kan. Wann nun der arme Sünder verschieden ist / so kniet man nieder und betet ein Vater Unser und Gebet / zu Trost seiner armen Seelen / darnach zeucht man mit einer Zug-Ordnung dreymahl üm den todten Leichnam / und die Schützen schiessen dreymahl im Nahmen des [138] Vaters / und des Sohns / und des heiligen Geistes / darnach ziehen sie zu Hauff / und machen einen Beschluß-Ring. [18.] Darnach tritt der Profos in den Ring / und bedancket sich gegen den gemeinen Mann / und den gantzen hellen Hauffen / bittet und vermahnet sie weiter / daß ein ieder wolle des andern Straff annehmen / und keiner den andern liederlich übergeben / auch soll ein ieder ein Exempel nehmen an diesen Verstorbenen / damit sie nicht in seine Bande und Eisen kommen / dann was er thue / das müsse er thun wegen Regiments / und Befehl der hohen Obrigkeit. [19.] So ermahnet der Profos weiter / ob etwa gute Gesellen weren / die etwas in Unguten zuschaffen hätten / das nicht Malefizische Sachen seyn / so mögen sie in einen Ring treten / und solches anzeigen / so kan man Mittel und Wege suchen / darnach die Handlung ist. [20.] Da ruffet der Richter aus / oder der Feldwebel: da was in allen Dingen were vergessen worden / daß es hätte sollen Rechtlichen zugehen / das solle dem Obersten und den gantzen Regiment vorbehalten seyn. Es soll auch keiner den andern was für übel halten / zum argen auslegen / noch bey Bier oder Wein vorwerffen / dann über Kriegesleute richten ist ehrlicher / als über Schelme und Diebe ausserhalb des Krieges / ist auch viel ander Recht / darnach schlägt man die Trummeln / und zeucht ein ieder in sein Losament. CCCLVI. Welcher gestalt in vorigen Seculo, die aufrührischen Bauern dieses grausame Spieß-Recht wieder die von Adel aus erbitterten Gemüth gebraucht / melden die Geschichte / und ist sonderlich denckwürdig was Joh. Lud. Gotfredi, in seiner Chronick von den vier Monarchien part. 7. p. 713. mit Anführung eines sonderbahren Exempels also meldet: Der dritte Hauff der Bauren zogen auf den Ostertag vor das Städlein Weinsberg in Francken / und nahmen dasselbe ein. Etliche von Adel / so darin̅ in Besatzung gelegen hatten / schlugen sie tod / und fiengen etliche / aus den Gefangenen jagten sie Graff Ludwigen von Helffenstein / beneben etlichen von Adel / durch die Spiesse / welches eine greuliche Arth des Todes ist. Diese Taht machte noch viel abscheulicher / daß die unmenschlichen Bösewichter des Graffen Gemahlin / welche Käysers Maximiliani natürliche Tochter war / und mit ihren kleinen Söhnlein den ungehobelten Rülpsen zu Fuß fiel / und erbärmlich bath / sie wolten doch den armen Kinde seinen Vater schencken / und leben lassen / gantz schmählich abtrieben. Hieranf theileten sie ihre Hauffen / und zogen ein Theil auf Ulm zu / wolten weder von Vertrag noch Friede hören / darauf zog ihnen obgemeldeter Herr Truchses [139] des Schwäbischen Bundes Obrister / starck unter Augen / zertrennete ihren Hauffen / erschlug ihrer etliche tausend / fieng gar viel / die er strengiglich abstraffete / ließ unter andern etliche / so an den Graffen von Helfenstein Hand angeleget hatteen / an lange Ketten schmieden / und ein Feuer von weiten üm sie her machen / daß sie also am Pfahl herum lauffen konten / und doch gebraten wurden / und hatten die von Adel kein Bedencken / Holtz zu diesen Feuer herbey zu tragen / so gar waren sie verbittert auf die unbarmhertzigen Schelme die Bauren. Conf. D. Just. Georg. Schottel. in tr. de singul. quibusdam & antiq. in German. Jur. c. 27. add. Leonhard. Fronsperger, Krieges-Recht lib. 1. fol. 21. usque 24. CCCLVII. [LIV.] Vehm-Gericht / Vehm-Recht / Vein-Recht / welche auch mit einem F geschrieben werden / deriviren etliche von dem Wort Venia, quasi dicas Jus Veniae, welche aber Schottelius in seinem gedachten Tr. de siing. & antiq. in German. Jur. c. 29. pag. 561. 562. 574. & 575. refutiret / und zeiget / daß es von dem alten Teutschen Wort Vehm oder Vehm / quod separationem ad certum aliquem actum denotat, herstamme. Vide supra Fehm-Gericht. CCCLVIII. Wenn nun dieses Gericht vor Alters angestellt wurde / musten in einem Ambt oder Gericht alle Einwohner / so über 12. Jahr alt waren / auf einer Heiden / oder auf einen grossen Platze unausbleiblich erscheinen / und sich auf die Erde nieder setzen. Da wurden dann in der Mitte etliche Tische gesetzet / dabey saß der Landes-Fürst / seine Räthe und Voigte / und musten dann die heimlichen Richter die Delinquenten und Delicta anmelden / die giengen mit einen weissen Stocke rings herum / und schlugen die Verbrecher auf die Beine / wer in dem ein böses Gewissen hatte / und sich einer Leibes-strafbahren Missethat schuldig wuste / dem war vergönnet aufzustehen / und in Tag und Nacht das Land zu räumen / und mochte auch wohl den andern Schlag aushalten. Wenn er aber zum drittenmahl getroffen ward / so war der Nach- oder Scharff-Richter darbey / und ein Pastor, reichte ihm das Sacrament / und zum nechsten Baum mit ihm zu. Wer aber nur ein oder zweymahl getroffen ward / das war eine väterliche Warnung / sich hinfort zu bessern. Daher etliche es Jus Veniae, daß noch Gnade dabey were / genennet. Hertzog Wilhelm zu Lüneburg soll in Persohn solches Vein-Recht zum letzten mahl bey Zelle geheget und gehalten haben.
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Schottel. c. l. cap. 29. pag. 574. & 575. CCCLIX. [LV.] Vlögel-Gericht / Sunt Tribunalia extra veteris Urbis Coloniensis Moenia, quasi caeteris alae appendentes. Limn. tom 2. J. P. addit. ad lib. 7. c. 10. pag. 186. Haec Tribunalia olim sub-urbicaria erant, nunc novis moeniis inclusa in suo Vigore & destrictu permanent. Besold. in Thes. pract. h. v. pag. 979. CCCLX [LVI.] Un-Gericht / ist eine Klage / die einem an den Leib / oder an die Haut gehet / oder zu Haut und Haar / als üm Todschlag oder Mord sc. ist also Un-Gerich eine iede böse That. Coler. decis. 107. n. 29. Pertinent ad Jurisdictionem supremam zu den Hoch-Gerichten / Ober- und Hals- oder Peinlichen Gerichten omnes querelae & acusationes super quibuscunque delictis & maleficiis, quae Ungericht vocantur in Jure Saxonico. Schottel. de Sing. & Antiq. in German. Jur. c. 7 pag. 215. & 216. CCCLXI. Und muste man vor Alters alles Ungerichte selb siebende beweisen / und also gnugsam vollführen. Weichbild. art. 110. Land-Recht / lib. 1. art. 63. & 66. CCCLXII. Es sind aber eigentlich die Ungericht-Recht genant worden / die vier Haupt-Wrögen oder Rügen / als Mord / Dieberey / Raub- und Noth-Zucht. Die andern Ungerichte sind von diesen unterschieden gewesen. Weichbild. art. 38. Gloß. Land-R. lib. 1. art. 57. Gloß. Es gehet ihm das Ungericht an den Hals / hoc est, capite plecti debet. Coler. decis. 163. n. 3. CCCLXIII. [LVII] Unter-Gerichte / Vide supra Erb-item: Nieder-Gerichte. CCCLXIV. [LVIII.] Wald-Gerichte / sind um des willen angeordnet und eingeführet / damit die von Fürsten / Graffen und Herrn gemachte und publicirte Forst-Wald- und Jagd-Ordnungen in guter Observanz und Schwange bleiben mögen.
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CCCLXV. Weswegen sie auch gemeiniglich des Jahres zweymahl / als im Frühling und Herbst / pflegen angestellet / und in den Aembtern gehalten zu werden / in Beyseyn des Beambten / auch der Forst- und Jagd-Bedienten. Da den̅ diejenige / die 1. im Walde oder der Wild-Ban gefrevelt / 2. Holtz gestohlen / ohne Anweisung abgehauen / verpartiret / verkaufft oder heim geschleppet. 3. Nicht die ordentliche Haltz-Tage gehalten / sondern ausser denen im Walde herum gekrochen. 4. Waffen / oder etwas hauendes bey dem Holtz-lesen mit genommen. 5. Grün Holtz abgehauen. 6. Nicht die gehörige Zahl der Hege-Reiser / noch auch die gesunde und wächsige Aspen und Linden / ingleichen junge Eichen- und Buchen-Reiser / ferner die wilden Obst-Bäume und derselben junge Stämme / item Elsbeer-Bäume / Eschen- und Quitschen-Reiser bey Schlagung des Malter-Holtzes stehen lassen. 7. Linden / Aspen und dergleichen Bäume und Reiser geschelet / Rümpfe / Bast und Schalen / ohne vorher-geschehenes Anweisen / und Vorwissen des Forst-Ambts gemachet / dadurch die Bäume gäntzlich verderben. 8. Mit dem Feuer unvorsichtig im Walde ümgangen. 9. In den jungen Gehäuen gegrasset / oder Laub gestrüffelt. 10. Oder mit den Pferden / Rind- und Schaaf-Vieh oder Ziegen in den jungen Schlägen gehütet; Oder von der Jagd / ohne erhebliche Ursache und Entschuldigung aussen geblieben / oder bey den Abzehlen nicht gewesen; Ihre Spann-Dienste bey den Jagten / wie sichs gebühret / nicht verrichtet; Hirsch- und Reh-Geweihe gefunden / und nicht nach Hoffe geliefert; Junge Hirsch- und Wild-Kälber / desgleichen junge Rehe / Hasen / Trappen / Hasel-Hüner / Reb-Hüner / Wachteln und Enden / junge Vogel und Eyer ausgenommen; An den Saltzläcken Schaden gethan / solche zerrissen oder zerbrochen; Die Hunde nicht / der Wald- und Jagd-Ordnung gemäß / beknüttelt / sondern dieselbe in der Wild-Bahn ledig herum lauffen / Wildpret fangen / zerreissen und fressen lassen; Item die so Dachse / Marder und wilde Katzen verbothener weise hetzen oder fangen / behalten verkaufen oder verparthiren; In gehegten Wassern und Bächen gesischet; Bienen ausgehauen / ohne Zettel Eicheln und Buch-Eckern gelesen; Unbefugter Dinge Wildpret gepirschet / Hasen gehetzet / verzehret / verkaufft oder verduppelt; Den Hasen Schlingen geleget / sie gefangen und dieselbe verpartieret; Ohne Verwilligung des Forst- und Jäger-Ambts Zogel-Schneiten gemachet; Drat- und Haar-auch Tritt-Schlingen geleget / oder Fallen in den Vogel-Schneiten gemacht / Aur- oder Birck-Hanen und Hennen / Hasel-Hüner und ander Feder-Wildpret darinn zu fangen; Desgleichen in den Gehegen des Nacht- und Streich-Garns sich gebrauchet; Oder in der Wild-Fuhr des Nachts mit Federlappen und Vortreten abgeschrecket / Hunde [142] vorgehalten / oder gar Tücher vorziehen lassen / die rechte bestimmte Zeit mit Pirschen / Jagen und Hetzen das Wildprets nicht in acht genommen; Und ander dergleichen Verbrechen mehr wieder die Wald-Forst- und Jagd-Ordnungen und Mandata begangen / mit der drin gesetzten / oder von der Herrschafft noch erkenneten Straffe angesehen werden. Müssen auch dem Forst oder Jagd-Bedienten der sie gepfändet noch darzu das Pfand-Geld / welches gemeiniglich 5. Groschen oder ein Kopff-Stücke ist / geben / dargegen bekommen die Verbrecher das Pfand wieder zurück. CCCLXVI. Im Hertzogthum Neuburg wird den Forst- und Jagd-Bedienten der dritte Theil von den Straffen oder-Wald-Bussen gereichet / daß sie desto fleißiger acht geben sollen. Juxta L. 25. ff. ad Syllanian. Wenn aber die Straffe zehen oder mehr Gülden antrifft / bekommen sie nur den sechsten Theil.
Ordin. Forest. Duc. Neoburg. part. 11. ars. 2.
Seb. Khraisser, ad Const. Forest. Elect. Bavar. art. 81. CCCLXVII. Wer von solchen Wald-Gerichten auch Straffen und Wald-Bussen mehrere Nachricht verlanget / der lese Die Churfürstl. Sächsische Jagd-Mandata sub dato den 9. Junii 1613. den 24. Febr. 1626. den 10. Martii 1626. den 8. April. 1629. den 12. Decembr. 1630. Item 1649. 1650. 1659. und den 25. Julii 1670. Ferner Hertzog Friedrich Wilhelms zu Altenburg höchst-seeligsten Andenckens Jagd- und Weid-Wercks-Ordnung den 1. Maij, 1653. Fürstl. Sächß Weimarische Forst- oder Wald-item Jagd- und Weidewercks-Ordnung / den 9. Junij 1646. sonderlich part. 2. den IX. Haupt-Punct. Fürstl. Sächß. Gothaische Forst- und Jagd-Ordnung Anno 1644. publiciret / im XI. Haupt-Punct. Item: das Jagd- und Weidewercks. Mandat den 4. Maij 1642. und Anno 1667. revidirt. Fürstl. Sächß. Eisenachische Forst- und Wald-Ordnung / auch Jagd- und Weidewercks-Mandat, Anno 1683. im IX. Haupt-Punct / pag. 56. & seqq.
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Fürstliche Hennebergische Wald- und Forst-Ordnung / de Anno 1615. Fürstl. Braunschweigische Lüneburg. Forst- und Holtz-Ordnung / de 1591. Serenissimi Hertzogen Augusti zu Braunschweig und Lüneburg Edictum wieder die Wild-Diebe sub dato den 6. Junii 1645. Item wegen des Jagen und Kuren / den 14. Augusti, Anno 1654. Des Hertzogthum Würtenbergs erneuerte Forst-Ordnung / den 15 Aprill, 1651. Fürstl. Heßische Jagd- und Forst-Ordnung / den 1. Januar. 1624. Item die Fürstl. Heßische Landes-Ordnung de Anno 1665. Fürstl. Mechlenburgische Landes-Ordnung. de Anno 1562. tit. 26. Gräfl. Schwartzb. Rudelstädische Forst-Ordnung / Item das Jagt Mandat, Michaëlis 1626. Gräfl. Schwartzb. revidirte Jagd-Ordnung Sondershäusische Linie de Anno 1673. Item die Forst-Ordnung 1686. & 1693. Gräfl. Stolbergische Forst-Ordnung de Anno 1642. Gräfl. Hohenloische Erneuerte und verbesserte Wildbahn Forst- und Holtz-Ordnung de Anno 1597. Reuß-Plauische verneuerte Wald-Ordnung in den Obern Herrschafften Schleiz / Lobenstein und Saalburg / den 7. Maji 1638. und andere mehr. CCCLXVIII. [LIX.] Das Westphalische Freyheimliche und Blut-Gericht. Als Käyser Carolus Magnus Westphalen und daß gantze Sachsen-Land zum Christlichen Glauben gezwungen / die Einwohner aber sich an keinen Eyd / den sie etwan dem Käyser geschworen hatten / kehreten / sondern offtmahls vom Glauben wieder abfiehlen / ist er genötiget worden / Heimliche Richter in das Land zu setzen / denen Er Gewalt gab / wo sie einen fünden / der seinen geschwornen Eyd des Glaubens halber / gebrochen / oder sonst ein Tod-würdig Laster begangen hätte / den möchten sie / alßbald sie Ihn betreten könten / nach ihren Gefallen tödten / ohne fürgehende citation, ohne Klage / Verhörung und Entschuldigung. Und darüber setzete er tapffere und gerechte Männer / die sich ihres Gewalts nicht eins brauchen würden gegen die Unschuldigen. CCCLXIX. Dieß Heimliche Gericht und Urthel erschreckte gar sehr die Westphalen / und behielt sie auch zu letzt beym Glauben: Dann sie funden offt in den Wäldern etliche vornehme und andere Leute von Mittelmäßigen [144] Stande / die man vorhin nicht angeklaget hatte / an den Bäumen hangen / und wenn man nachfragte / was sie verwircket hätten / fand man / daß sie den Glauben gebrochen hätten / oder sonst eine große Ubelthat begangen. Und hat solch heimlich oder verborgen Gericht nicht vor so gar langer Zeit auffgehöret. CCCLXX. Die so demselben vorgesetzet waren / hieß man Scheffen oder Schöppen / welche ihre eigene Satzungen hatten / nach welchen sie die Ubelthäter hinrichten ließen / gieng aber damit alles so geheim zu / daß man fast nichts davon erfahren konte. Wenn sie / oder ihre Spionen durch die Lande zohen / gaben sie acht auff die Ubelthäter / brachten dieselbe an und vor Gericht / und wenn einer zum Tode verdammet oder verurtheilet war / schrieben sie ihn ins Blut-Buch / und befohlen dem Jüngsten Scheffen die Execution, oder das Nachrichters Ambt. CCCLXXI. Weil aber zuletzt leichtfertige und unachtbahre Personen zu solchen Gerichte genom̅en / und manch ehrlicher unbescholtener Mann unschuldiger Weise von solchen / aus Rachgier Haß und Feindchafft / hingerichtet / ist es endlich abgeschaffet worden.
Münster. lib. 3. Cosmograph. cap. 451. pag. 1072.
AEneas Sylvius, Cardinal. Senens. de Statu Europae c. 29. CCCLXXII. Man hat es auch das Vehem-Recht / Item den Frey-Stuhl und das Frey-Gericht genennet. Wehner pract. obs. pag. 505. CCCLXXIII. Den Richter hieß man den Frey-Grafen / die Assessores Schöppen und Stul-Herren. Und ist sonderlich gehalten worden zwischen der Wäser und den Rein. CCCLXXIV. Es haben auch diese alte Westphalische Frey-Schöppen über gantz Teutschland ihren Gericht Zwang erstrecken / und mißbrauchen wollen: Gestalt sie den absonderlich in Preußen den Hochmeister und die Stadt Dantzig vielfältig importuniret. Damit man nun den damahligen Stylum ersehe / so wollen wir hie ein Schreiben / so sie an den Rath zu Dantzig abgehen lassen / und bey Casp. Schützen in histor. Rer. Prussicar. zu finden / anher setzen / lautend wie folget: Wie vor ihnen / vor den freyen Stuel zu Eldringshausen unter den Hagedorn / gespanneter und bekleideter Banck zu richten über Leib und Ehre nach Satzung der heimlichen Achte / in Beywesen vielen andern Bey-Grafen / Edelen und Erbahren Frey-Scheppen / die dasselbe Gericht bestunden / schwere Klage für ihnen ist gedienet / über Hanß Holloger / welche Klage ihn antreffende Wahr an seinn Leib und höchster Ehre / darum daß er solte das jenige gemeldet haben / das Er nicht melden [145] solte / antreffend das Heimliche Gerichte / unter andern mehr Klagen und Worten / als derselbe Brieff inne hielt / um welcher Sache willen die vorgeschriebene Frey-Grafen dem Rath zu Dantzig gebothen haben / in Krafft ihres Brieffes / von Gewalt des Heil. Römischen Reichs / bey den Poen funfzig Pfund feines Goldes / daß sie den vorbenanten Hanß Holloger / nachdem sie ihn beschlossen / in Nagel und Thüren haben / zu Hand und von Stund an / nach Angesicht deßelben Briefes darzu halten sollen / redliche Bestellung von ihn zu nehmen / daß er an solch vorgeschrieben Gericht käme / daß ihm dann von ihnen verkündiget wäre worden. Und thäte das der vorgeschriebene Rath der Stadt Dantzig nicht / so solten sie solches verantworten für den vorgeschriebenen Frey-Grafen zu Eldringshausen unter dem Hagedorn für dem Freyen Sthuel auf den nehesten Donnerstag für Pfingsten. Wo nun das nicht seyn solte / und wo das alles nicht geschehe / so würde ein Volgerichte gehende seyn über den vorgeschriebenen Rath / sie alle / und das gantze Land zu Preußen an Leib und höchster Ehre / daß es ihnen etwan zu schwer würde. Dieses alles vorgeschriebene haben der Rath der Stadt Dantzig dem eher genandten Holloger zu erkennen geben / fragende / wie er sich in diesen Sachen halten wolte / ob er solche Befehlniß thun könte / und sich solcher vorgeschriebenen Klage für den Vorbenendten Frey-Grafen auf den berührten Tag / als ihm das verkündiget war / zugestellen / und zu verantworten / oder nicht gesonnen wäre & c. lib. 4. pag. 160. CCCLXXV. Drum sich auch ihrer Tyranney zu entbrechen / die hohe Obrigkeiten vieler Orthen vom Päbsten und Käysern wider diese vermeinte Frey-Graffen des Heil. Römischen Reichs sonderbahre Exemptions-Brieffe ausbringen müssen / damit ihre Unterthanen befreyet seyn möchten. Schottel. d. l. pag. 572. vid. Georg. Ludov. Lindenspür ad Ordinat. Polit. Ducat. Würtenberg. pag 49. allwo er gleichfals eines Würtenbergischen Privilegii de Anno 1495. wider die Westphalische und andere heimliche Gerichte gedencket / und diese Worte hinzu setzet: exinde apparet, magnam olim potestatem ac latitudinem, simulqve horrorem intolerabilem horum Judiciorum fuiste. ad d. Marqvard. Freheri tr. de Secretis Judiciis olim in Westphalia, aliis??? Germaniae partibus usitatis, postea abolitis.
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ut & Angel. de Werderhagen de Rebus publicis Hanseat. part. 1 fol. 252. Item Joh. Gryphiand. in tr. de Weichbild. Saxon. c. 54. & seqq. CCCLXXVI. Johannes Agricola in der Außlegung gemeiner Teutschen Sprichwörter prov. 57. pag. 31. Er ist Gewißen! schreibet / daß man solches geredet von denen / die in das Westphalische Heimliche Gericht geschworen gehabt / nichts davon zu melden. Denn also hat man sie genennet / die Gewißen / das ist / die eine Gewissenschafft dieses Gerichts gehabt / und doch verschwiegen gewesen sind. Wo die Gewißenen sind zusammen kommen / ist das Zeichen gewesen / das Messer mit der Spitzen zu sich / und die Schalen nach der Schüßel von sich gekehret / dabey sie einander gekennet. CCCLXXVII. Weil aber diese Frey-Graffen und Schöppen es gar zu arg machten / daß ein Sprüchwort worden / Sie ließen die Inqvisiten erst an den Galgen hengen / hernach aber forscheten sie erst nach / ob sie schuldig oder unschuldig wären / auch zugleich des Anklägers / Richters und Executoris oder Nachrichters Stelle vertraten / hierüber nicht Rechtlicher Verordnung / sondern ihren cerebrinischen Guth-achten / belieben und Gefallen nach / procedirten / ist solch Blut-Gericht anfangs von Käyser Friederichen den III. Anno 1442. und nachgehends von Käyser Maximiliano I. auff den Reichstag zu Worms A. 1495. reformiret: Letztlich aber / da es dennoch in Mißbrauch wieder gerieth / und eine Tyranney draus wurde / und man es das verbothene Westphälische Gericht zu nennen begunte / ist daßelbe von allerhöchst-gedachten Käyser Maximiliano I. auf den Reichs-Tag zu Cöln durch ein öffentlich Decret Anno 1515. gäntzlich abgeschaffet worden:
Speidel. in Spec. Not ab. pag. 1360.
Wehner pract. observ. v. Westphalisch Gericht pag. 505. & 506. Daß also heute zu Tage von dessen Gebrauch wenig / oder wohl gar nichts mehr übrig ist / teste Sprenger. in jurisprud. publ. pag. 56. CCCLXXVIII. Wer hievon weitere Nachricht verlanget / der schlage auf Paul. AEmil. Veronens. lib. 3. de rebus Erancor. in Carolo Magno fol. 104. Cuspin. in vita Caroli Magni fol. 77. AEneam Sylvium, de statu Europae sub Friderico III. c. 29. Chytrei Orationem de Westphalia. Zeiler. Epist. 550. per tot.
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CCCLXXIX. Ein sonderlicher Gebrauch dieses heimlichen Gerichts ist / noch bey Menschen Gedencken / in der Graffschafft Wolpe / und in der Voigtei zum Rotenwalde im Brauch gewesen: Wann daselbst die heimlichen Richter und Schöppen in ihrem Gebieth einen gewust / der sich nicht alzurichtig in seinen Handel und Wandel verhielte / haben sie denselbigen für erst eine wohlmeinende und heimliche Warnung gethan / nemlich ihn bey Nacht schlaffender Zeit ein Zeichen an seine Thür gemacht / auch in Zechen und Gelagen die Kanne / Krug oder Glaß für ihm übergehen laßen. Wann er dann von seinem Unthaten nicht abgelaßen / und sich nicht gebessert / und man unversehens das Gerichte gehalten / haben sie alle an den Orth des Gerichts erscheinen / und sich unter den blauen Himmel niedersetzen müssen. Dann sind die Richter und Schöppen mit Stricken zu ihnen kommen / im Kreiß dreymahl herum gegangen / und alle zugleich folgende Worte gesprochen / wer ein fromm Mann ist / der sitze stille! Wer sich nur einer Mißhandlung schuldig gewust / der hat wohl mögen aufstehen / und davon gehen / und durfte ihm niemand folgen. Der hat aber damit sein Guth verwirckt / welches der hohen Obrigkeit / und ein Theil an das Gericht verfallen. Blieb er aber sitzen / und Richter und Schöppen kahmen zum drittenmahl / so warffen sie ihn den Strick an den Hals / treckten ihn hin an den nähesten darzu verordneten Bauin / kahmen wieder und verlasen / oder vermeldeten denen im Kreiß das Urthel / daß der / den sie ietzt hingeführet / recht gerichtet sey. Dieweil aber die Rotenwalder dieses Gericht gemißbrauchet / hat es ihnen der Durchlauchtige und Hochgebohrne Fürst / Herr Erich / Hertzog zu Braunschweig und Lüneburg / zugenant der Eltere / auf anhalten Justini Göblers / beyder rech Doctoris, aufgehaben und nieder gelegt / und haben sich an den gemeinen Landes-Gericht begnügen lassen müssen / wie andere Unterthanen desselbigen Landes. Schottel. saepè dict. Tr. c. 29. pag. 574. & 575. CCCLXXX. Wäisen-Gericht / solches ist an etlichen Orthen den pupillen und Kindern / deren Eltern ihnen frühzeitig absterben / zum besten angeordnet / daß ihnen beyzeiten getreue Vormünder bestellet werden / welche ihre Güther wohl verwalten / Jährlich richtige Rechnung darvon thun / und sonst auf allerley zuläßige Arth / Weise und Wege ihrer Unmündigen Nutzen und Frommen suchen und werben / auch ihnen mit Rath und That an die Hand gehen. CCCLXXXI. Dergleichen ist im Fürstenthum Würtenberg angeordnet / wie [148] aus deßen Land-Recht fol. 26. 34. 447. 455. 460. & 463. und Georg Ludwig Lündenspürs Commentario drüber pag. 158. n. 32. 33. & seqq. zu sehen. CCCLXXII. Es gedencket auch des Wäisen Gerichts Besoldus part. 5. Consil. 252. n. 2. 3. & seqq. & in Thes. pract. h. v. pag. 992. CCCLXXXIII. Zu Venedig ist gleichfals ein solch Gericht. Petr. Justinian. lib. 11. hist. Venet. fol. 215. CCCXXCIV. Von dar auch die Nürnberger ihre Leges Tutelares, in 35. capita redactas, der Vormund-Stuben A. Christi 1506. als Leonhardus Lauretanus Herzog zu Venedig gewesen / bekommen / und ist Conradus Im-Hof selbst dahin gereiset / hat solche abgeholet / und mit zurück gebracht. Besold. in comparat. Reip. Noricae cum Veneta lit. B. 3. Vide quoque die Chur-Fürstl. Sächs. confirmirte Wäisen-Ambts-Ordnung im Marg-Graffthum Ober-Laußnitz in Corp. Jur. Sax. p. 240. befindlich. Item die Fürstl. Sächs. Eisenachische Vormundschaffts Ordnung Anno 1686. publiciret. CCCLXXXV. [LXI] Wißenden Gericht. Was der Wißenden / oder Richter des heimlichen Westphalischen Gerichts Freyheit und Recht / welche auch in den Obern Teutschland eingerissen / und mit Privilegien der Fürsten bestetiget worden / gewesen / gibt nachfolgende Copei Marg-Graff Ludwigs von den Brandenburg / Hertzog zu Bäyern und Graffen zu Tyrol Freyheit-Brieff zu erkennen. WirLudwig & c. & c. verjehen / daß wir mit unsern Rath / und mit unsern Dienst-Leuthen überal zu Rath worden sind / daß wir in unserer Herrschafft zu Tyrol so gethan neu Recht setzen und bestätigen wollen / wo ein schädlicher Mann oder Frau ergriffen werden / ist er ein sotan Mann / das ihm zu glauben ist / der ihn berichten will / der soll dargehen / und ihm ein zween Finger in den Schopfflegen / und der Frauen die Scheitel / und soll ein Eyd schweren / daß er das war wiße / daß er ein schädlicher Mann sey Land und Leuthen / und die Frau eine schädliche Frau Land und Leuthen / da sollen 6 ihre Hände legen auf des ersten Arm / und die solle̅ auch Bieder-Leuthe seyn / und sollen schweren / daß der Eyd rein sey / und nicht Main. Damit soll man einen schädlichen Mann / und eine schädliche Frau übersagen. Diese Rechte setzen wir und bestätigen sie den nähesten Mannen Petern / Eberhardten und Eo???raden / den Liebenbergern unsern Landes-Herren in den Ynthal / als wir die in andern unsern Gerichten gesetzet haben / ihn oder wem sie in Unser Stadt zu Richtern setzen. Datum Inspruch Anno Domini [149] M. CCC XLIX. Sabbatho primo, ante Festum Nativitatis gloriosae Virginis Mariae. CCLXXXVI. Die Recht oder Beweisung der Wißenden ist hernach ausdrücklich verbothen / und nicht zugelaßen / hisce verbis: Circumscripta & exclusa attestatione illa, qvae vulgò Wißend nominatur. Wigul. Hund, in Bäyerischen Stam-Buch fol. 410. Speidel. in Specul. Notab. v. wißende p. 1368. Freher. de occult. Jud. p 3. Abbas Trithem. in polygraphia lib. 5. Schottel. de sing. & antiq. in German jurib. c. 29. pag. 568. und in der Teutschen Haupt-Sprache fol. 504. CCCLXXXVII. [LXII] Zaun-Gericht / Chur-Fürst Johann Georg zu Brandenburg hat ums Jahr Christi 1573. eine Constitution wegen des Unterscheids der Straßen-Gerichte und Gerichte binnen Zauns aufsetzen lassen / welche aber nicht publiciret worden / drin unter andern dieses stehet: p. p. Dieweil zum öfftern vorfält / daß einer etwa von Adel in einem Dorff das höchste und niedrigst Gericht hat / und einem andern von Adel einer oder mehr Höfe mit den Gerichten auch darinnen verliehen seyn / in welchen Fall dann der eine der Dörffer Strassen / Gerichte / der ander aber auf seinen Höffen die Gerichte binnen Zauns hat: So sol / wann in solchen Dörffern Verenderung mit den Höfen sich zutrüge / ein jeder die Leuth auf seinen Höfen anzunehmen / von dene̅ auch Auffart / so wohlauch den Abschoß / deßgleichen auch die Hülffe zu den belägern zu fordern und einzunehmen Macht haben. Also richtet auch der Herr des Hofes / was in denselben an Peinlichen und Brüglichen Sachen sich zuträget / der Dorffs-Herr / was im Dorffe / auf der Strassen und auf den gantzen Feld-Marck zu richten vorfället. Und wenn es aus den Lehn-Brieffen nicht klar / ob der Erb-Herr der sonderen Höfe die Gerichte binnen Zauns habe oder nicht / so soll der / welcher das Rauchhun und die Dienste auff einem Hoffe hat / vor den Gerichts Herrn geachtet und erkandt werden; ob ein ander gleich die Pächte hätte. CCCXXXLVIII. Zu Latein wird es genant JURISDICTIO CIRCUMSEPTA qvae est Juris dicendi potestas, intra limites certi praedii competens. Von welcher sub praesidio Dn. Sam. Strykii in illustri Academ. Viadrina Albertus Fridericus de Qvitzo, Nobilis March. Anno 1670. eine Disputation gehalten / welche aufgeschlagen und gelesen werden kan. CCCXXXLIX. Etlicher Orthen wird demjenigen / welcher die Zaun-Gerichte [150] hat / nicht gestattet / daß er Fälle / so in die Peinliche Gerichte gehörig / vor sich ziehe / untersuche / und abstraffe / sondern nur bloß die / so in die Erb-Gerichte lauffen. CCCXC. In der alten Marck Brandenburg und in der Prignitz ist es gemeinlich beyeinander / zumahl / wenn der / so die Zaun-Gerichte hat / auch befügt ist / die Raubhüner einzuheben / welches vor ein Zeichen der hohen Gerichte alda gehalten wird / weil sie hoch fliehen.
Joh. Köppen decis. 48. n. 23. & 24.
Kohl. Declarat. Const. March. q. 20. n. 23.
Prückmann. Vol. 1. Cons. 21. n. 83.
Frid. Husan de hom prop. c. 6. n. 64.
Tilemann. de Benign obs. Pract. Cam. Imp. pentec. 5. obs. 1.
Wehner. obs. pr. voc. Fastnachts-Hüner. CCCXCI. Und wird solche jurisd ictio circumsepta acquiriret 1. per Investituram. 2. per Privilegium. 3. per praescriptionem oder 4. per contractum CCCXCII Appellatio Zaun-Gerichte / vel Gerichte bin̅en Zauns à communiore praedia in pagisorum per sepes separatione deducta est. Ordinariè enim sepib??? utuntur: Hoc pacto tame̅ non excluduntur praedia, vel pariete, vel muro ab invice̅separata, quo minus & in his jurisdictio circumsepta obtinere possit; Cum & si planè nec sepem, nec murum, velaliud quippiã habeat praedium, adhuc tame̅ in illo circumsepta locu̅ habere potest juris dictio; modò de finibus praedii ex aliis signis vel indiciis sufficienter constiterit. cit. de O. vitzow. d. Disp. c. 2. n. 24. CCCXI. Et huic jurisdictioni particulari circumseptae communiter in Marchia Brandeb. opponitur jurisdictio illa universalis, quae in viis publicis competit die Land- oder Straßen Gerichte. Conf. Schepliz. ad consvet. March. part. 4. tit. 21. 9. 1. n. 1. Köppend. decis 48. de vocabulo Straßen vid. Knichen de Saxon. non prov. Jur. c. 5. n. 178. & seqq. CCCXCIV. Haec enim universalis dicitur, in respectu ad jurisdictionem sepibus inclusam, qvod sc. in omnibus locis ad illum pagum pertinentibus illa jurisdictio exerceri possit. Unde si alterius nobilis subditus extra sepem [151] sui praedii deliquerit, non jurisdictio circumsepta, sed ille, cui jurisdictio universalis seu viarum publicarum competit, de delicto inquirit, & delinquentem punit. CCCXCV. Wenn einer auf der Straßen ein delictum begangen hätte / und reterirte sich in solchen Hoff / drin der Eigenthums Herr die Zaun-Gerichte hat / darf zwar der / so jurisdictionem universalem deßelben Orths hat / in continenti diesen verfolgen / aber nicht aus jenes gewahrsam / unangemeldet und ohne ertheilten Revers, nehmen und abführen laßen / juxta illa, qvae tradit. Dambud. in prax. rer. Crim. c. 15. n. 35. Conf. Recess. Imp. de Anno 1555. §. So nun in solcher Nach Eyl. Reinking. de Regim. Secul. & Eccles. lib. 2. class. 2. c. 17. n. 101. Besold. Thef. pract. voc. Nach Eyl. & ibi Dither. in addit. CCCXCVI. Ob aber derselbe nur die Gerichte habe über dem Gehöffte / wo der Unterthan wohnet / oder auch die Aecker / so dem Unterthan zuständig / mit unter den Zaun-Gerichten begriffen? Antwort / hier ist zu unterscheiden ob die Aecker nahe an dem Gehöffte / oder weit davon unter ander Leuthe Aeckern liegen. im ersten Fal wird dafür gehalten / daß sie mit unter das Zaun-Gericht gehörig. Connexa enim & conjuncta habentur pro uno,
arg. c. cum singula 32. in med. de praebend. in 6.
L. eum actum 17. vers. planè si qvid connexum ff. de Negot. gest.
Jacob Menoch. de A. I. Q. lib. 2. cas. 95. n. 5. & 9. Et adhaerentia vel unita fiunt cum his, quibus accedunt, ejusdem conditio nis. Moevius part. 4. Decis. 106. n. 9. im andern Fall aber nicht. Hinc delictum in tali agro commissum non ad illum, qui circumseptam, sed qui universalem jurisdictionem habet, & ejus cognitio spectat. cit. de Qvizov. c. 4. n. 8. 9. & 11. CCCXCVII. Ferner fraget sicht / ob der so die Zaun-Gerichte hat / auch auf der Feld-Marck des Dorffs Jagen dürffe? Resp. daß solches aus den Concessions Lehn-Brieffen zu ersehen / wie und welcher Gestalt / auch auf was Arth und Weise ein solcher mit den Jagten beliehen. Wenn ihm auch auf den außerhalb Zauns gelegen Aeckern und Wiesen Schade geschiehet / darf er zwar wohl pfänden er muß aber das Pfand in der / so Jurisdictionem Universalem hat / Gericht liefern / und durch dieselbe den Schaden besichtigen und gebührlich schätzen lassen.
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Itapronunciatum d. 24. Octob. 1611. à Facult. Jurid. Academ. Francof. ad Viad. Et pari modo in Camera Electorali pronunciatum fuisse annotavit. Schepliz Part. 4. tit. 21. n. 9. CCCXCVIII. Abschoß oder Abzutz-Geld welches in der Marck der funfzehende Theil ist von einem ieglichen Märckischen Schock / nemlich vier Märckische Groschen / gebühret gleichfals dem so die Gerichte binnen Zauns hat / wenn jemand von seinen Unterthanen wegziehen will. Const. March. de Anno 1527. sub tit. von Kinder-Geld und Erb-Geld. Item der Fleischzehend uti pronunciatum est in Camera Elect. d. 16. Junii 1690. in Sachen Wartenbergs und des von Qvitzow. ad effectum circumsepta jurisdictionis refertur etiam jus exigendi collectas qvasdam ad elocationes filiarum, die Freulein Steuren einzutreiben. CCCXCVIII. Wenn sich begebe / daß eine lose Dirne ihr Kind hinlegte und davon gienge / welches alsdann der Obrigkeit so die hohe Gerichte hat zn alimentiren und aufferziehen zu lassen gebühret. Joh. Pet. Surdus de aliment. tit. 1. qvast. 81. Carpzov. Pract. crimin. p. 1. q. 11. n. 27. Daßelbige Kind aber auf oder innerhalb den Zaun gefunden würde / muß es der so die Zaun-Gerichte / und zugleich mit denselben die hohe Gerichte hat / aufnehmen / lieget es aber außerhalb des Zauns / kömmet es dem zu / welcher mit der universal jurisdiction beliehen ist. Dn. de Qvitzow. c. 4. n. 29, GCCXCIIIX. Ferner wenn ein Hauß dergestalt nach der Straßen heraus gebauet ist / daß man darunter weggehen und fahren kan / welches man sonst ein Wagenschaur oder Schuppe nennet / dergleichen in der Marck Brandenburg es viele in den Dörffern und sonderlich bey den Wirths-Häusern gibt / und es geschicht unter solchen auf die Gaße gebaueten Schuppen eine Entleibung oder andere Frevelthat / da man meinen möchte / es wären solche extra sepes gelegen / und also die Rechtliche vindication nicht dem / der die Gerichte binnen Zaun / sondern dem die universa Jurisdiction im Dorffe hat / zu komme; allein das Gegentheil ist von der Juristen Facultät zu Franckfurt an der Oder den 11. Aug. anno 1676. ad requisitionem Reverendisimi Capituli Havelbergensis erkant worden / hisce formalibus: Weil der Schuß unter ber Wagen-Schuppe / welche mit dem Hause / woselbst das Dohm-Capi-Capitel die Zaun-Gerichte hat / unter einem Dache begriffen / geschehen / und [153] bekandten Rechtens / quod forum delicti competens sit, ubi delictum inchoatum, So halten wir dafür / daß dem Dohm-Capitel den Inquisitions process zu formiren zustehe. Hoc enim casu qui delictum patravit sub tecto illius, qui jurisdictionem circumseptam habet, stetit, er ist zwischen seinen vier Pfälen gestanden. Et jurisdictio circumsepta se eo usque extendit, quousque ipsius praedii Limites; Limites verò non tantum per sepes, sed & per aedium situm designantur. CCCC. Porrò Casus, qui etiam in Facto contigit, hic esto: Titius in praedio certo intra sepes jurisdictionem habet: Opilio ejus in illo praedio habitans adulterino coitu congreditur cum ancilla sua, quae uterum ex eo gerens, de partu enec ando, sed ignaro opilione, consilium suscipit. Ubi enixa partum intra septa, opere ipso consilium malitiosum exequitur, & infantem modo genitum, in lacum sepibus vicinum, extra sepes tamen constitutum, projicit, mox intra septa se confert iterum. Post aliquot dies infans suffo catus in lacu reperitur, & à Mevio jurisdictionem Universalem habente solenniter extrahitur. Sceleris indicia contra opilionis ancillam militant, quae & ipsa mox confitetur facinus, & opilionem patrem prositetur. Duplex itaque delictum puniendum occurrebat infanticidium & adulterium. Titius in suo praedio factam esse impraegnationem, editum esse partum allegat; Mevius in loco sepibus exemto infanticidium esse patratum urget, & ita quisque animadversionem sibi incumbere praetendit. Sed decisum fuit pro Mevio, ut ut enim antecedentia delicti intra septa commissa erant, implementum tamen extra sepes secutum. Verum Mevius puniendo infanticidium contentus esse nolebat, sed opilionem adulterum. ob connexitatem criminis à se puniendum esse contendebat. Sed hoc in puncto pro Titio pronunciatum. Adulterium enim ab infanticidio separatum erat, & cum nitra septa tantum commissum esset, Titio soli animadversio relinquebatur in opilionem. CCCC. De eo quoque disputatur, si crimen intra sepes inchoatum, in via publica consummatum; cui competat jurisdictio? Sed hic primo amphibologia phraseos inchoati criminis enodanda. Alia qvaestio est; an delinquens intra septa quidem inchoaverit crimen, sed ut illud consummaret, extra septa se contulerit, E. g. Si intra sepes aliquem vulnerare ceperit, hic tamen in viam publicam se contulerit & ibi ulteriori vulnere illato decesserit. Hoc casu dubium non est quin habenti die Strassen-Gerichte executio competat. Homicidium enim ipsum non intra septa, sed in via publica admissum. Nec hic inchoatio criminis inspicienda, ubi consum [154] matio sceleris tam à parte occidentis, quam occisi sub aliena jurisdictione contingit. Vulnera intra septa illata, subsecuto homicidio non attenduntur. Quamvis enim cuivis delicto sua debeatur poena, id tamen in delictis successivis & inter se non compatibilibus non obtinet; Hic enim atro cioris delicti poena tantum imponitur, & minor poena à majori abforbetur.
Jul. Calr. pract. §. fin. Q. 84. n. 4.
Farinac. q. 22. n. 18 & seqq.
Carpzov. pr. crim. p. 1. q. 23. n. 48. CCCCI. Ergò & ex loco, ubi atrocius delictum commissum, fori competentia dijudicanda. Plures casus vide apud cit. Dn. de Qvitzow. c. 5. per tot. ubi n. 31. Coronidis loco addit, si jurisdictio circumsepta cum universali concurrat, in dubio pro universali pronunciandum. Circumsepta enim strictè interpretanda est, ne nimium deroget Jurisdictioni universali.
Köppen part. 1. quast. 48. n. 20.
Hieronym. Schürf. cent. 1. cons. 26. n. 7. Princeps quippe particularem jurisdictionem concedendo, tertii Jus laedere voluisse non praesumitur. argum. L. 2 §. 16. ff ne quid in loc. publ. CCCCII. Zu mehrer Erleuterung will ich einen Lehn-Brieff anher setzen / darin ein vornehmer von Adel und großer Minister / welcher bey seinem Ritter-Guth in Thüringen nur die Gerichte biß an des Dorffs Zäunen / drin es lag / hatte / aber hernach mit den hohen und nieder Gerichten auch in der darzu gehörigen gantzen Fluhr specialiter begnadiget wurde / also lautend: Wir &c. Uhrkunden hiermit und bekennen vor uns und Unsere künftige Lehnsfolgere / nachdem sich zwischen Unserm Ambte B. und denen Besitzern des Ritter-Guths und Dorffs A. ietzigerzeit dem Wohl Edlen Gestrengen und Vesten / Unsern lieben Getreuen und besondern Herrn S. G. von A zu A [praedicat.] wegen der Gerichte in besagten Dorffs A. Fluhr und Feldern unterschiedene Irrungen ereignet / indem es genandtes Unser Ambt B. die Gerichte Oberst und Niederst in der A. Fluch alleine haben / und sie den Besitzer des Ritter-Guths / vermöge Lehn-Brieffes weiter nichts als in den Dorff und Zeunen gestehen wollen / auch einige Actus possessorios angezogen. Hingegen der von A. den über das Ritter-Guth A habenden Lehn-Brieff auch allegiret / und daraus etliche Worte vor sich außgeleget / die man aber bey den [155] Lehn-Hoff / angebrachter maßen nicht verstanden haben wollen / also die Sache beyden theils controvers gewesen. Nachdem aber seither dem bey uns obgemeldter von A. in Schrifften gebethen / daß wir unsere bey diesen Gerichten habende starcke Befügnißen fallen laßen / und ihme solche mit zu Lehn conferiren wolten / welches er so dann vor eine Gnade anzunehmen / und zu erkennen erbötig wäre. So haben wir in Betracht / daß gegen uns der von A. als ein getreuen Vasal sich iederzeit bezeiget / und führo hin zuerzeigen willens ist / seinen suchen stat gegeben / und ihme die Gerichte zu A. auff nachfolgende Maße zu überlaßen / in Gnaden gewilliget. Derohalben conferiren und übergeben wir mehr bemeldten von A. und seinen künfftigen Lehns-Erben / oder andern Lehnsfolgern die Gerichte hohe und niedrige in der A. Fluhr und Felde / so weit solche Unserm Ambte bißher allein zugestanden / zu einen rechten Mann-Lehn / wollen auch selbige / als ein pertinenz-Stück des Ritter-Guths A. dem ietzigen und künfftigen Lehn-Brieff mit inserien laßen / und unsere Regierung darzu gemeßen befehligen / welche nach Recht und Billigkeit / und Landes-Gewohnheit bey denen sich ereigenden Fällen exerciren / hergegen ihme in dieser rechten Instanz von unsern Ambte kein Eintrag / geschehen soll / maßen dahin auch allbereit die Nothdurfft rescribiret worden / darbey wir uns aber vorbehalten / daß die Appellationes wir von denen andern im Dorff gehabten / also auch von diesen neuen concedirten Gerichten in unsere Cantzeley alhier gehen / und andere unsere hohen Jura & regalia unbeemtrechtiget bleiben sollen. Dan̅ weiter / daß es uns und unseren Nachkommen an der Koppeljagd in solcher Fluhr und Feldern wie auch an denen hiesigen Ambts zuständigen intraden Schuld-Geldern / und Erb-Zinsen auf theils stücken solcher Fluhr hafftend / und denen bey derer Verkauf / oder anderer Veränderung fallenden Lehn-Wahren unschädlich sey. Deßgleichen wollen wir / daß diese Gerichts Concession weder unsere Schäffereyen / noch den D. und andern an ihrer / wie auch dem Ritter-Guthe A. und deßen Inwohnern an ihren außerhalb diesen concedirten Gerichten habenden und bißanher exercirten Trifften und Hut-Gerechtigkeiten auf keinerley Weise hinderlich oder nachtheilig seyn solle. Nichts minder behalten wir uns bevor / daß die Gefangenen des Ambts B. durch diese Adliche Gerichte / auf vorher beschehenes anmelden / gratis geführet werden sollen. Alles treulich und ohne Gefehrde. Und wir &c. tot. tit. haben in Ansehung der von den &c. Unsern freundl. Geliebten Bruder beschehenen freund-Brüderlichen Ansuchens / Dann Unserer dem &c. Von A. zutragender sonderbahren Gnade / in die jenige Concession der Gerichte in der Fluhr zu A. die der &c. Unser freund [156] lich Geliebter Bruder obgenand ihme auf vorher beschriebene maße / wiederfahren laßen / hiermit consentiret / und wollen auch unsers Orths dasselbige in Zukunfft nachgelebet / und der von A. samt seinen Lehns-Erben / oder andern Lehnsfolgern geruhig darbey gelaßen werde. Uhrkündlich ist es von Uns beyderseits &c. Gebrüdern eigenhändig unterschrieben / und mit Unserm &c. Secreten besiegelt worden So geschehen den 20. Maj. anno 1687. N. N. N. N. [L. S.] [L. S.] CCCCIV. [LXIII.] Zeitel-Gericht / Solches wird auch das Forst-Gericht genennet / drin die Sachen wegen der Forsthuben / Zeitel-Güther / davon gemeiniglich ein gewisses an Wachs / wegen der Bienen gegeben wird: Item des Wald-Rechts / und dessen Pfandung halber / vorgenommen werden.
Vide Reform. Noric. tit. 1. L. 7.
Wehner observ. Pract. v. Gericht Pag. 160.
Goldast. de Constit. Imp. pag. 318.
Dither in Contin. Besold. Pag. 678.
Christian Gastel de Statu Publ. Europaec. 32. Pag. 1215, Endlich aber nach genommenen langen Umschweiff uud Erwegung aller in Teutschland sonst übligen Gerichts-Arthenauf unsern vorgesetzten Zweck / nemlich die Halt- und Hegung des Hoch-Noth-Peinlichen Hals-Gerichts / insonderheit wie solches bey uns in Teuschland / un̅ zumahl in Sachsen noch heut zu Tage üblich / zukommen / so ist zu wissen / daß man ein Hoch-Noth-Peinlich Hals-Gericht eigentlich dieses nennet / welches auf albereit erkandte Todes-Straffe / von wegen Eröffnung des End-Urthels / gehalten wird. Fürstl. Sächs. Gothaische Gerichts- und Process. Ordnung Part. 3. c. 10. §. 1. CCCCVI. Und heisset man es darum Hoch-Noth-Peinlich / weil nichts gewissers / als das Gericht und Straffe / so dem gefangenen an den Hals gehet / verhanden ist. Peinl. Sächs. Inquisition und Acht-Process. tit. 11. art. 1. pag. 161. & 162. Wan̅ aber ein ordentlicher oder Achts-Process wieder den delinquenten anzu [157] stellen / wir nur das Peinliche Hals-Gericht geheget / und das Wort Hoch-Noth-Peinlich / als unnöthig / ausgelassen: Alldieweil noch ungewis / ob Angeklagter der Verbrechung geständig sey oder überführet / und was für eine Straffe ihm zuerkant werden möchte. Carpzov. in Pract. Crim. Part. 3. quaest. 136. n. 53. & multis seqq. CCCCVII. Im Fürstenthum Gotha werden Noth-Peinliche Gerichte genennet / welche wegen Peinlicher Anklage / so entweder von Beleidigten Personen / oder von Fiscalen, so zu Peinlichen Sachen gewidmet sind / geschiehet / angestellet werden. Fürstl. Goth. Gerichts und Process-Ord. d. l. §. 2. CCCCVIII. Es wird aber das Peinliche Hals-Gericht allein in dem Fall geheget und gehalten / wann eine Todes-Straffe an Inquisito vollstrecket werden sol / oder doch in ordentlichen und Achts-Process wider den Verbrecher die Anklage uf eine Todes-Straffe gerichtet wird. CCCCIX. Wann man aber einen zur Staupen streicht / oder sonsten nur am Leibe oder mit der Landes-Verweisung / nicht am Leben straffen lassen wil / wird kein Peinlich Hals-Gericht hierzu sonderlich geheget. Denn ob schon auch der Staupenschlag oder abhauung der Finger und Fäuste / zu Haut und Haar gehet / und eigentlich eine Peinliche Straffe ist / daher auch das Gericht Peinlich genennet wird.
Matth. Coler. Part. 1. Decis. 22. n. 2.
Benedict. Reinhard. Part. 4. differ. 24.
Dan. Moller Lib. 2. Semest. 1. n. 1. So wird doch auf Sächsiischen Boden und Gerichten zur Execution solcher Straffen das Gerichte / Peinlicher Arth nach / nicht geheget / wie hievon zeuget. Carpzov. d. quaest. 136. n. 2. & n. 55. CCCCX. Und ist solches aus der täglichen Erfahrung bekant und offenbahr. Und wiewohl ohne sonderbahre Solennität und Hegung des Gerichts / die Todes-Straffe an Inquisito gebürlichen exequiret / auch bey dem ordentlichen / oder Achts Process die Anklage auff das Supplicium mortis gerichtet werden könte: So ist doch darum die gewöhnliche Heg- und Haltung des Peinlichen Hals-Gerichts nicht zu unterlassen / sondern es muß dieselbe als ein nothwendig Stück und requisitum des Peinlichen Processus, vorher gehen / [158] und daßelbe aus folgenden Ursachen: [1] Weil ausser Zweiffel vom Judice incompetente kein Missethäter zur Straffe verurtheilet / noch dieselbe an ihme exequiret werden mag / arg 1. & tot. tit. 1. si non à compet. Judic. I. 1. c. ubi decrim. agi oport cap. sidiligenti extr. de for. compet. Nun ist aber zu Sachsen-Recht / vor der Hegung des Hoch-Noth-Peinlichen Hals-Gerichts / der Richter pro Judice competente nicht zu achten / stehet ihme auch vor der Hegung des Gerichts keine Gewalt zu / den Gefangenen zu bestraffen und zu verurtheilen / Landr. lib. 1. art. 59. in verb. Ohne ob man uff ihn üm Eigen / oder auf einen andern Schöppenbaren freyen Mann Ungerichte klagete / daß mag der Richter nicht richten / denn allein zu rechter Ding Standt / und unter Königsban. Derowegen die Hegung des Peinlichen Gerichts nothwendig vorher gehen muß / welches auch die Gloß. German. an selbigen Orth des Sachsen-Rechtsmit diesen Worten klar und offenbahr machet / in verb. so klage ein jeglicher ibi. den̅ also dann ist das Gedinge geheget / und nicht ehe / und alsdann ist der Richter ein Richter / und nicht ehe / dann vorhin ist er einem andern Mann gleich geachtet. [2] so ist auch keine executio Poenarum vorzunehmen und zugestatten / ohne vorgehende Rechtliche Ordnung der Klage / litis Contestation, und anderer nothwendigen Solennitäten. l. si cum nulla ff. de re judic. lib. 1. ff. de exsecut. rei Jud. Vant. de nullit. tit. ex defect. Process. n. 49. Dergleiche̅ aber beym Inquisition Process nicht gehalten / sondern die Sache nur Summariè absq; strepitu & figura judicii tractiret wird / Johann Zanger. de except. Part. 1. cap. 1. num. 60. vers tricesimo primo & de quaest. seu tort. Reor. in prooem. num. 4. Damit nun selbiger Defect suppliret werde / muß die Haltung des Peinlichen Hals-Gerichts / darinnen nach Verordnung des ordentlichen Rechtens procediret wird / nothwendig vorgeben / Benedict. Carp. 2. dict. quaest. 136. n. 46. [3] Uberdiß erfordert auch das Bonum Publicum die Hegung und Haltung des Peinlichen Gerichts / damit nemlichen die Bestraffung der Ubelthaten / öffentlichen kundt gemacht / und da durch Jedermänniglichen von dergleichen Delictis abgeschrecket werde / worinnen ratio Poenarum irrogandarum fürnehmlich bestehet / Gell. lib. 6. Noct. Attic. capit. 12. Johann. Bodin. lib. 7. de Republ. cap. 4. num. 12. Petr. Heig Part. 2. quaest. 37. n. 27. CCCCXI. Es ist aber die Hegung des Peinlichen Hals-Gerichte an allen Orthen nicht einerley / in dem man hie weniger / anderswo mehr Ceremonien darbey gebraucht. Doch wil die Peinliche Hals-Gerichts-Ordnung art. 82. & 87. daß dasselbe nach Ländlichen Herkommen des Orths / und guter Gewohnheit eines jeden Gerichts / gehalten werde.
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CCCCXII. In den Sächsischen Gerichten ist eine gewisse Art und Gewohnheit eingeführet / wie dasselbe zu hegen und zu halten / sürnehmlich in vier Puncten / als auf die Besetzung des Gerichts / dessen Hegung / Haltung und Wieder aufgebung bestehet. Denn da wird anfangs das Peinliche Gericht mit einer gewissen Glocken in Städten und Flecken beleutet. P. H. O. Caroli V. art. 82. Welches darum geschicht / daß iederman zulauffe / die Heg- und Haltung des Peinlichen Hals-Gerichts vernehme / und sich durch erfolgende Bestraffung von dergleichen Ubelthaten abschrecken lasse. Arg. L. 6. §. 1. L. 10. ff. de Poen. Petr. Heig. Part. 2. quaest. 37. n. 27 Drauf verfüget sich der Judex oder der Land-Richter mit den Schöppen an die Stette / da man das Gerichte / nach guter Gewohnheit pfleget zu halten / und setzen sich miteinander nieder / und hält der Judex ein bloßes Schwerd und Stab in der Hand. Wenn nun der arme Sünder vor das Hoch-Noth-Peinliche Hals-Gerichte geführet ist / und da stehet / wird dasselbe CCCCXIII. Itu Chur-Fürstenthum Sachsen / folgender Gestalt geheget: Erstlich redet der Richter den nechsten Schöppen zur lincken Seiten also an: Herr Schöppe ich frage Euch / ob es an der Zeit sey / daß ich des Durchlauchtigsten Fürsten und Herrn / Herrn Johann Georgens des Dritten / Herzogen zu Sachsen / Jülich / Cleve und Berg / auch Engern und Westphalen / des Heil. Römischen Reiches Ertz-Marschalln und Chur-Fürsten / Land-Graffen iN Thüringen / Marg-Grafen zu Meißen / auch Ober und Nieder-Laußnitz / Burg-Grafen zu Magdeburg / Gefürsteten Grafen zu Henneberg / Grafen zu der Marck / Ravensberg und Barby / Herrn̅ zu Ravenstein &c: &c. Meines Gnädigsten Herrn Hoch-Noth-Peinlich Hals-Gericht hegen möge einem jeden zu seinen Rechten. Der Schöppe antwortet: Herr Richter / dieweil Euch die Gerichte befohlen / und Leuthe seyn / die Peinlich-Noth-Hals-Gerichte begehren / so ist es an der Zeit daß ihr Ihrer Churfürstl. Durchl. zu Sachsen und Burg-Grafens zu Magdeburg Hohe Peinliche Noth-Hals-Gerichte hegen möget. Ferner fraget der Richter den andern Schöppen
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Ich frage Euch N. N. wie ich des Durchlauchtigsten Fürsten und Herrn &c. [wie droben] Hohe Peinliche Noth-Hals Gerichte hegen sol? Der 2. Schöppe antwortet: Herr Richter gebiethet Recht / und verbiethet Unrecht un̅ Dinges Unlust / und daß niemand sein selbst / oder eines andern Wort für Euch in gehegter Banck Rede / er thue es dann mit Urlaube. Der Richter das bloße Schwerd und den Stab in seiner rechten Hand haltend stehet mit den Schöppen auf und spricht: ich hege des Durchlauchtigsien Fürsten und Herrn / Herrn Johann Georgens des III. tot. tit. ut supra Hohe Peinliche Noth-Hals-Gerichte zum erstenmahle! Ich hege es zum andernmahl! Ich heges es zum drittenmahl mit Urthel und mit Recht: Ich gebiethe Recht / und und verbiethe Unrecht / und Dinges Unlust / und das niemand sein selbst / oder eines andern Wort vor Gerichte rede / Er thue es dann mit Gerichts-Urlaub. Weiter fraget der Richter den dritten Schöppen: Ich frage Euch: N N. ob ich Ihrer Chur-Fürstl. Durchl. zu Sachsen &c. &c. Hohe Peinliche Noth-Hals-Gerichte einem jeden zu seinen Recht genugsam geheget habe: 3. Schöppe antwortet Herr Richter / ihr habts gnugsam geheget einem jeden zu seinem Recht. Der Richter. befiehlet hierauf dem Frohn-Boten oder Gerichts-Diener / auszuruffen / daß das Hoch-Noth-Peinliche Hals-Gericht geheget sey. Der Frohn-Both ruht hierauf also: Des Durchlauchtigsten Fürsten und Herrn / Herrn Johann Georgens des III. Hertzogen zu Sachsen / Jülich / Cleve und Berg / auch Engern und Westphalen / des Heil. Römischen Reichs Ertz-Marschallen und Chur-Fürsten &c. Tot. Tit. Meines Gnädigsten Herrn Hoch-Peinlich Noth-Hals-Gericht ist geheget mit Urtheil und mit Recht zum erstenmahl / zum andernmahl und zum drittenmahl. Hat jemand vor diesem Peinlichen Noth-Hals-Gericht zu klagen / der komme für / wie Recht ist / die Gerichte wollen einem ieden Rechtens verhelffen. Nach beschehenes des Frohn-Botens ausruffen und Provocation zu klagen / [161] tritt der Peinliche Piscal [so beym inquisitiion oder Achts-Process ex officio̅ hierzu verordnet / oder in Processu ordinario Ankläger ist /] herfür und spricht: Herr Richter / ich bitte um Urlaub vor das Hohe Noth-Peinliche Hals-Gericht zu treten / und mein eigen Wort zu reden. Der Richter vergönnet solches / Der Fiscal oder Ankläger fähret fort: Herr Richter / diese N. That oder Verbrechen ist von N. in euren Gerichten begangen worden / derowegen gedencke ich ihn mit Recht zu beklagen und bitte mir solches zu verstatten / und mich zu berichten / wie ich mit solcher meiner Peinlichen Klage für dieses Peinliche Noth-Hals-Gerichte soll vorkommen. Diese Frage beantwortet der Richter nicht selbst / sondern läst solche an den vierdten Schöppen / welcher drauf also antwortet: Er soll vorkommen mit gewapneter rechten Hand und ausgezogener gesch! iffener Wehre und mit Gerüfte / daß ist / mit Zeter-Geschrey zweyer und eins / wie recht und gewöhnlich ist. Nach diesen gehet das Gerufte oder Zeter-Geschrey am / damit es zwar uf Gegenwärtigkeit und Begehr des Anklägers / nach iedes Gerichtes guter Gewohnheit pfleget gehalten zu werden / besage des 87. art. der Peinlichen Hals-Gerichts-Ordnung. Aber uf Sächsischen Boden / gehet es fast aller Oerter damit also her: Daß Kläger fürtrit und bittet / ihm den Frohn-Bothen zu leihen / daß er / nemlich der Frohne / seine geschliffene Wehr ausziehe / und ihm dem Kläger dieselbe mit gewapneter Hand fürtrage / das vergönnet der Richter / und darnach gehet das Gerüfte / das ist / das Zeter-Geschrey dreymahl / als nemlich Zeter über N. als Thäter / daß er N. N. wider Gott und Recht vom Leben zum Tode gebracht / oder aber diese oder jene Unthat begangen hat. Und wenn das Zeter-Geschrey geschehen ist / so fraget der Kläger / ob er sein Zeter Geschrey und Gerüfte vollführet habe / und damit vorkommen sey / wie Recht und gewöhnlich ist. Darauf / nach Befragung des Richters / antwortet der fünffte Schöppe / oder welcher in der Ordnung folget: Er hats volführet / und und ist vorkommen / wie Recht und Gewohnheit ist. Hierauff proponiret der Peinliche Fiscal oder Anwalt seine Klage mündlich und bittet / daß Angeklagter zu der uf die begangene Mißethat in Rechten verordnete und verdiente Straffe condemniret werde. Angeklagter Wird drauf nochmals befraget / ob er die albereit bekan̅te That nochmals [162] gestehe / wird ihm auch seine Uhr-Gicht wieder vorgelesen. Wenn Er nun dieselbe nochmals bejahet / spricht Der Richter: Dieweil du N. bekennest / das du N. N. auf freyer Straße ermordet und beraubet hast / oder / was er sonst vor eine Unthat verübet: So erkenne ich N. N. Richter zu N. N. uf Belernung der Churfürstl. Sächstischen Schöppen zu Leipzig / daß du von wegen des begangenen Mordts und Raubes mit dem Rade vom Leben zum Tode gestrafft werdest. V. R. W. Wenn nun das Urtheil öffentlich durch den Gerichts-Schreiber verlesen worden / so zerbricht der Richter den Stab / welchen er in der rechten Hand hält / und übergibt den armen Sünder dem Scharff-Richter / mit Befehl / das Urtheil an ihm gebührlich zu vollstrecken. Und damit lendet sich das Peinliche Hals-Gerichte. Ehe und bevor aber solches wieder aufgegeben wird / muß der Frohn-Bot nochmals zu dreyenmahlen außruffen / ob jemand noch vor dem Peinlichen Hals-Gericht was zu klagen habe / denn sonst dasselbige wieder ufgegeben werden solte / ohngefehr mit diesen Formalien: Hat iemand mehr vor diesem Peinlichen Hohen-Noth-Hals-Gericht zu klagen / der mag es thun / sonst wollen die Herrn das Gerichte aufgeben. Welches er über eine kleine Weile zum andern und drittenmahl wiederum thum muß / damit solche Provocation zu dreyen unterschiedlichen mahlen geschehe. Drauf fraget Der Richter Den sechsten Schöppen / oder so der Schöppen so viel nicht verhanden / den jenigen / so nechst dem / welcher zuvor geredet / in der Ordnung folget / also: Dieweil niemand mehr vor dem Peinlichen Hohen Noth-Hals-Gericht klaget / frage ich Euch / ob ich solches Gericht möge ufgeben? Der Schöppe Antwortet: Herr Richter / dieweil niemand mehr verhanden / der uf dießmahl zu klagen bedacht / so möget ihr das Peinliche Hohe-Noth-Hals-Gerichte ufgeben. Der Richter. So gebe ich dieses Hohe-Noth-Peinliche Hals-Gericht auff / im Nahmen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes. Amen. Ist auch an etlichen Orthen der Gebrauch / daß hierauf die Bäncke / drauff Richter und Schöppen gesessen / umgestoßen werden / anzudeuten / daß sich das Hals-Gericht geendiget und wieder aufgegeben sey / welches doch vor keine Nothwendigkeit zu achten ist. Peinlicher Sächß. Inquisition- und Achts-Process. Tit. 11. Art. 2. & 3.
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CCCCXIV. Ein ander Formular findet man in des Volkmanni peinliche Process. part. 2. tit. 6. pag. 83. & 84. Im Fürstenthum Sachsen-Gotha / Wird auf gnädigste Anordnung des weyland Durchlauchtigsten Fürsten und Herrn / Herrn Ernsten / Hertzogen zu Sachsen / Jülich / Cleve und Berg / Höchst-seeligsten Andenckens / das Hohe-Noth-Peinliche Gerichte auf folgende Maaß und Weise geheget und gehalten / wie in der Gothaischen Gerichts- und Process-Ordnung part. 3. C. X. pag. 159. & seqq. us??? 163. zu sehen. Erstlich soll in unsern Aemtern unser Amts-Richter / neben noch dreyen Gerichts-Schöppen / und dem Amt-Schreiber / in denen andern Gerichten aber der Cent-Graff / oder sonsten ein ander Gerichts-Schöppe / so alsdenn Richters-Stelle zu halten / neben noch dreyen andern Gerichts-Schöppen / und denen Gerichts-Haltern / oder dem / welcher sonsten bey peinlichen Processen hierbey / als ein Actuarius, das Protocoll zu halten hat / oder wer sonst iedes Gerichts Gewohnheit nach pfleget gebraucht zu werden / dieses Gericht besitzen / und diesen allen das eingeholte peinliche Urtheil noch vor förmlicher Hegung des peinlichen Gerichts / iedoch an gewöhnlicher Gerichts-Stelle / vorgelesen werden. Darzu / ehe gesessen wird / dreymahl nach einander von Virtel-Stunden zu Virtel-Stunden geläutet / oder / wo es an Glocken mangelt / sonsten des Orths Gelegenheit nach ein öffentliches Zeichen gegeben werden. Darauf sollen erwehnte Personen an der Stelle / da dergleichen Gerichte / üblichem Gebrauch nach / pflegen gehalten zu werden / erbar und geziemend nieder sitzen. Derjenige / welcher Richter-Stelle vertritt / soll einen Stab / und weil es ein Hoch-peinliches Gericht ist / hierneben ein blosses Schwerd halten / iedermann zum Stillschweigen und Bescheidenheit vermahnen / Friede gebieten / und also das Gerichte hegen / ungefähr mit diesen Worten: Im Nahmen des sc. (Hier muß der Titul und Nahme deß / dem die Ober-Gerichte zustehen / genennet werden) gebiete ich / daß iedermann stille sey / und keinen Unfug anrichte / sondern dem Gerichte seinen gebührenden Lauf lasse / und gegen dasselbe sich ehrerbietig erweise. Absonderlich sollet ihr / beydes Officirer und Gemeine / die ihr mit enrem Gewehr allhier zu erscheinen / erfordert worden / [164] darüber halten / und das Gerichte mit seinen Dienern schützen und handhaben. Wenn solches geschehen / und also das Gerichte geheget ist / soll der Richter an die dabey sitzende Schöppen ungefähr diese Rede thun: Nach dem nicht allein Göttliche / sondern auch die Weltliche / und zumahlen dieses Landes Gesetze erfordern / daß andern zum Exempel und Abscheu / die Missethäter abgestrafft werden / und denn ietziger [dessen Nahmen sc. zu nennen] Maleficant, nicht allein der Missethat [welche zu nennen] beschuldiget / sondern auch / wie recht / überführet / und ihme auch durch eingehohltes / und von der Obrigkeit bekräfftigtes Urtheil die Straffe [des Schwerdts sc.] zu erkandt worden: So frage ich Euch / [nemlich den ersten Schöppen / zur lincken Hand / und so fort] Ob ihr dafur haltet / daß das erkante / nnd von der Obrigkeit bestätigte / auch Euch vorher vorgelesene Urtheil nunmehr dem armen Sünder vorzulesen / und an ihm zu vollstrecken sey? Wenn nun die Schöppen nach der Ordnung solches alles bejahet / und ieder sein Wort gegeben haben wird / soll darauf der arme Sünder durch den Scharfrichter fürgeführet / und weil in unsern Fürstenthumen und Landen dißfalls keine Anklage noch Zetter-Geschrey gebräuchlich ist / ihm alsobalden sein Bekäntniß / darauf das peinliche Urtheil gerichtet ist / fürgelesen und befraget werden / ob er nochmahls geständig / daß solches sein Bekäntniß sey? Leugnete er nun etwan / daß er dasjenige / was ihm fürgelesen wird / bekennet hätte / so sollen die Gerichts-Personen / welche das Bekäntniß von ihm angehöret / ihn deswegen ins Angesicht überzeugen. Wolte er aber dasienige selbst / welches er seinem Geständniß nach / bekennet / wiederruffen / so sollen sie ihm andeuten / wie solches Wiederruffen / indem sein Bekäntniß nunmehr zu Recht allerdings unwiederruflich wäre / ihme nichts helffen würde / auch die anwesende Geistliche beweglichste Erinnerung thun / daß er durch solches Wiederruffen sein Gewissen nicht von neuen beschwere / und selbst sein Leiden länger und schwerer mache. Verbliebe er aber gleichwohl auf solchen Wiederruffen / soller wieder in wohl-verwahrliche Hafft gebracht / alle Umstände / so hierbey vorlauffen / eigentlich nieder geschriben / und die Begebenheit eines solchen Falls von unsern Aemtern aus / neben Mitschickung der Acten, zuförderst zu unserer Regierung / berichtet: Bey denen Gerichten aber alsobalden fernere Belehrung darauf / bey dem Schöppen-Stuhl / eingeholet werden. Verbliebe er aber auf voriger seiner Aussage / soll das peinliche [165] End-Urtheil durch den / so Actuarii Stelle halt / abgelesen werden / solches aber folgender Gestalt eingerichtet seyn: Dienweil du N. N. nochmahls bekennet / daß du an dieser oder jener Person / an diesem oder jenem Orthe N. N. dieses begangen / so erkenne ich [N. N. der Gericht-Herr] Richter / auf Belehrung des Schöppen-Stuhls / zu N. N. daß du von wegen dieser That [Thaten] auf diese oder jene Art vom Leben zum Tode gebracht werden sollest. Hierauf soll der Richter / wenn Lebens-Straffe zuerkennt / den Stab zubrechen / und dem Scharfrichter befehlen / das ausgesprochene Urtheil / wie es ausgesprochen / zuvollziehen. Darneben aber in solchem Fall / da das Leben ab erkandt wäre / an den armen Sünder diese Wort gebrauchen: Weil du / wie billich / dem allwissenden gerechten GOtt die Ehre gegeben / und das Bekäntniß deiner verübten Missethaten vor diesem gehegten peinlichen Gerichte öffentlich wiederholet hast; So ist nichts mehr übrig / denn das dir vorgelesene Urtheil nunmehro zu vollziehen: Gestalt denn der gerechte GOTT selbst die Verordnung gemacht / daß diese und dergleichen Ubelthaten peinlich gestrafft / und das Böse aus dem Lande weg gethan werden soll / deßwegen Er auch der Obrigkeit das Schwerd gegeben / und anbefohlen hat / daß sie dasselbe zur Rache gegen dem / der Böses thut / gebrauchen soll. Um des willen hastu dich nicht allein gedultig in die dir zuerkandte Straffe zu ergebe̅ / in Betrachtung / daß GOtt selber durch die Obrigkeit dieselbe gegen dich ausüben läßt / sondern hastu auch dem lieben GOtt hertzlich zu dancken / daß du also zum Erkäntniß und Bekäntniß deiner Sünden gebracht worden bist: Denn / wenn du in wahrer Busse / und rechtem Glauben an JEsum Christum deinen Heyland und Seligmacher dein Leben enden wirst / dir / gleich allen gläubigen frommen Christen / die Thür zu der ewigen Seligkeit und derselben unaus prechlichen Freude / aufgethan werden wird. Auch soll der Gerichts-Frohne / oder Diener hierauf ausruffen / und von des Gerichts-Herren wegen bey Leibes- und Lebens-Straffe verbieten / daß niemand dem Scharfrichter an Vollstreckung des aus gesprochenen Urtheils verhinder / noch an ihn / ob es ihm gleich mißlingete / Hand anlegen / oder sich vergreiffen solle. Endlich soll der Richter / nach Abführung des armen Sünders / sagen: Nunmehr gebe ich dieses Hoch-Noth-Peinliche Hals-Gericht auf / im Nahmen GOttes des Vaters / des Sohnes und des hei [166] ligen Geistes; Und selbst neben andern Personen / welche nach iedes Orths Gewohnheit von Gerichts wegen mit zu reiten pflegen / zur Richt-Stätte folgen. CCCCXV. Im Fürstenthum Sachsen-Altenburg geschiehet es auf nachgesetzte maße: 1. Setzen sich die Gerichts-Personen an den / unter freyen Himmel / an etlichen Orthen aber auf dem Saal des Rath-Haußes gesetzten Tisch nieder / und wenn der arme Sünder bald herzu gebracht ist / ziehet der Richter sein Schwerdt aus / nimmet es entweder allein / oder nebst einem weißen Stäblein / in die rechte Hand / und redet den einen Schöppen zur lincken Hand auf diese Maaße an: Herr Land-Gerichts-Schöppe ich frage Euch / ob es an der Zeit und Stunde ist / daß ich des Durchlauchtigsten Fürsten und Herrn / Herrn Friedrichs / Hertzogs zu Sachsen / Jülich / Cleve und Berg / cum toto titulo &c. Meines gnädigsten Herrn Hoch-Noth-Peinliches Halß-Gerichte hegen möge / einen iedenzu seinen Rechten / nach peinlicher Arth? Hierauf antwortet der erste Schöppe zur lincken Hand: Herr Land-Richter / dieweil euch die Gerichte befohlen / und Leuthe vorhanden seynd / welche Hoch-Noth-Peinliche Halß-Gerichte und Recht begehren / so ist es an der Zeit und Stunde / daß ihr des Durchlauchtigsten Fürsten und Herrn sc. Hoch-Noth-Peinlich Hals-Gerichte anfahen und hegen möget / einem iedweden zu seinem Rechten nach peinlicher Arth. Der Land-Richter fragt so denn den andern Schöppen zur rechten Hand: Herr Land-Gerichts-Schöppe ich frage Euch / wie ich des Durchlauchtigsten Fürsten und Herrn / Herrn sc. Hoch-Noth-Peinlich Halß-Gerichte hegen soll / einem ieden zu seinen Rechten / nach peinlicher Arth? Der andere Schöppe Antwortet: Herr Land-Richter: Gebiethet Recht / und verbiethet Unrecht / und Dinges Unlust / und daß niemand vor gehegte Banck trete / er thue es denn mit Erlaubniß des Herrn Land-Richters / und seiner zugeordneten Land-Gerichts-Schöppen / und daß neimand sein selbst eigenes / oder eines andern Wort rede / er thue es denn gleichfals mit Uhrlaub und Vergünstigung seiner / seiner zugeordneten Land-Gerichts-Schöppen / es gehe ihm sonst an sein höchstes Recht / nach peinlicher Art.
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Hierauf stehet der Land-Richter auf / und heget das Gerichte mit folgenden Worten: Des Durchlauchtigsten Fürsten und Herrn / Herrn Friedrichs / Hertzogens zu Sachsen. Tot. Tit. Meines Gnädigsten Fürsten und Herrn / Hoch-Noth-Peinlich Hals-Gerichte hege ich mit Urthel und Recht / zum erstenmahl / ich hege es mit Urthel und Recht zum andernmahl / ich hege es mit Urthel und Recht zum drittenmahl / ich gebiethe Recht / und verbiethe Unrecht / und Dinges Unlust / und daß keiner vor gehegte Banck trete / er thue es denn mit Erlaubniß meiner und meiner zugeordneten Herrn Land-Gerichts-Schöppen / auch das keiner sein selbst eigenes oder eines andern Wort rede / er thue es denn gleichfals mit Uhrlaub und Vergünstigung meiner / und meiner zugeordneten Herren Land-Gerichts-Schöppen / es gehe ihm sonst an sein höchstes Recht nach peinlicher Arth. Alsdenn fraget der Land-Richter den dritten Schöppen / zur lincken Hand. Herr Land-Gerichts-Schöppe / ich frage Euch / ob des Durchlauchtigsten Fürsten und Herrn / Herrn Friedrichs &c. &c. Meines Gnädigsten Herrn Hoch-Noth-Peinlich-Hals-Gerichte ich zu Recht geheget habe / einem ieden zu seinen Rechten / mit Urthel und Recht nach peinlicher Arth? Der dritte Schöppe Antwortet: Herr Land-Richter; Ich erkenne und theile für Recht / daß ihr des Durchlauchtigsten Fürsten und Herrn / Herrn Friedrichs &c. Meines Gnädigsten Herrn Hoch-Noth-Peinlich Hals-Gerichte zu Recht gnugsam geheget habt / laßet es den Knecht abruffen. Der Land-Richter befiehlet so dann mit diesen Worten: ???Knecht! ruffe es ab. Der Land-Knecht braucht allhier diese Worte: Des Durchlauchtigsten Fürsten und Herrn / Herrn Friedrichs / Hertzogs zu Sachsen / Tit. Tot. Meines Gnädigsten Fürsten und Herrn Hoch-Noth-Peinlich Hals-Gerichte ist geheget mit Urthel und Recht zum erstenmahl / es ist gehegt zum andernmahl / es ist gehegt zum drittenmahl / hat iemand vor diesem Hoch-Noth-Peinlichen Hals-Gerichte zu klagen / der komme vor / wie recht ist / die Gerichte wollen iedweden Rechts verhelffen. Allhier kom̅t der Peinliche Ankläger / dessen Stelle der Scharff-Richter an vielen Orthen bey solchen Actibus vertrit / und redet: Herr Land-Richter ich bitte um Gunst und Uhrlaub / daß ich vor das Hoch-Noth-Peinliche Hals-Gerichte treten und reden möge.
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Der Land-Richter antwortet. Es sey dir erlaubt und vergönnet. Der Peinliche Ankläger oder Scharff-Richter sagt hierauf: Ich klage an diesen armen Sünder / daß er wider daß siebende [oder welches es ist] Geboth gehandelt / ich klage ihn an zum erstenmahl / ich klage ihn an zum andernmahl / ich klage ihn an zum drittenmahl / zu Hals und Bauch / und alles was er um und anhat / damit soll er bezahlen heute diesen Tag. Ferner redet er: Herr Land-Richter ich frage Euch / ob ich heute meine drey Anklagen vollbracht habe / wie sich solches zu Recht / und gewöhnlicher Arth gehöret? Der Land-Richter Antwortet. Ja du hast deine drey Anklagen gethan / wie es Recht ist / und sich nach gewönhlicher Arth gehöret. Der peinliche Ankläger oder Scharff-Richter sagt: Herr Land-Richter / ich bitte um Gunst / daß ich weiter reden mag. Der Land-Richter antwortet: Ja es sey dir vergönnet. Peinlicher Ankläger oder Scharff-Richter sagt: Herr Land-Richter / ich frage Euch / ob es nicht recht und billig sey / daß man dem armen Sünder das Urthel um seines bessern Verstandes willen vorlese / und höre ob er seine Missethat geständig / damit ich Recht thue und Unrecht lasse. Der Land-Richter Antwortet: Ja es soll geschehen / und saget hierauff zu dem Actuario, er soll das Urthel ablesen. Hierauf lieset der Actuarius daß eingeholte Urthel öffentlich und deutlich ab / jedoch weiter nicht / denn biß an die Wort: Woferne. Alsdenn hält er inne / und fragt den armen Sünder / ob er diese That noch geständig. Wenn der Verbrechung mehr denn eine ist / muß das Urthel nur von einem Delicto biß zum andern gelesen / und Inquisit gefraget werden / ob er es geständig? Wenn nun der arme Sünder ja antwortet / so dann werden die Worte des Urthels: Woferne uf diese Arth verwandelt / und von dem Actuario abgelesen: Diewell nun Inquisit vor dem Hoch-Noth-peinlichen Hals-Gerichte auf sei [169] ner Aussage nochmahls verharret / so wird er mit dem Strang vom Leben zum Tode bracht. V. R. W. Und alsdenn wird auch der darauf erfolgte Executions-Befehl gelesen. Der Scharff-Richter redet hierauf also: Herr Land-Richter / weil ich denn gehöret / daß gegenwertiger armer Sünder seine Missethat nochmals gestehet / und ich denselben anietzo vom Leben zum Tode bringen sol / wie das Urthel vermag / so will ich ihn auf und annehmen / und die Straffe vollziehen. Der Land-Richter sagt: Dieweil dieser gegenwertige arme Sünder seine in dem eingeholten Urthel enthaltene Missethaten nochmahls allerdings geständig / so bist du wol befugt / solchen nunmehr hinzunehmen / und an ihm die Straffe / wie Urthel und Recht mitbracht / zu vollziehen / will demnach dir solchen hiermit über geben / und / die Straffe an ihm zu vollziehen / anbefohlen haben. Der Scharff-Richter redet folgend: Herr Land-Richter! Ich bitte um ein frey sicher Geleit / so mir etwa meine Kunst mißlingen möchte / welches ich doch / ob Gott wil / nicht hoffe / damit ich meinen Eingang / so wohl alsden Außgang haben mag. Der Land-Richter antwortet: Ja es soll geschehen / und darauf sagt er zum Land-Knecht: Knecht / ruffe dem Scharff-Richter ein frey sicher Geleit aus. Der Land-Knecht ruffet das Geleit mit diesen Worte̅ ab: Es wird vor diesen Hoch-Noth-peinlichen Hals-Gerichte dem Scharff-Richter / und seinen bey sich habenden Leuten / ein frey sicher Geleit hiermit außgeruft / daß / wofern ihm etwa seine Kunst mißlingen möchte / er seinen Eingang so wohlals den Ausgang haben / und sich niemand an ihm vergreiffen solle / bey Leib und Lebens-Straffe. Der Scharff-Richter redet weiter. Herr Land-Richter! Ich bitte ihr wollet mir vergönnen / von diesen Hoch-Noth-Peinlichen Hals-Gerichte abzutreten / und den armen Sünder / mir nachzufolgen / von Rechtswegen. Der Land-Richter antwortet: Ja / es sey dir vergönnet / und fragt hierauf den 4 ten Schöppen mit diesen Worten: Herr Land-Gerichts-Schöppe! Ich frage Euch ob es an der Zeit und Stunde sey / daß ich des Durchlauchtigsten Fürsten und Herrn / Herr Friedrichs / Hertzogens zu Sachsen &c. Meines Gnädigsten [170] Fürsten Hoch-Noth-Peinlich Hals-Gerichte mit Urthel und Recht wieder aufgeben mag / wie es angefangen ist? Der 4te Schöppe antwortet: Ich befinde und theile vor Recht / daß weil niemand vorhanden / der vor diesen Hoch-Noth-peinlichen Hals-Gerichte wieter zu klage̅ hat / oder Gericht und Recht begehret / ihr dasselbe im Nahmen Gottes wiederum mit Urthel und Recht / wie ihr es angefangen habt / aufgeben möget Lasset es aber zuvor den Knecht nochmals abruffen / ob noch jemand vor handen seyn möchte / der vor diesen Hoch-Noth-Peinlichen Hals-Gerichte zu schaffen hätte. Der Land-Richter befiehlet hierauf mit diesen Worten: Knecht / ruffe es wiedrum ab. Der Gerichts-Knecht braucht alsdenn folgende Wort: Ob jemand vorhanden / der vor diesen Hoch-Noth-Peinlichen Hals-Gerichte zu schaffen hätte / der mag vortreten / denn die Herrn wollen das Gericht aufgeben. Wenn nun dieses geschehen / so hebet Der Land-Richter an und sagt: So gebe ich des Durchlauchtigsten Fürsten und Herrn / Herrn Friedrichs / Tot. Tit. Meines Gnädigsten Fürsten und Herrn Hoch-Noth-Peinlich Hals-Gerichte hiermit wieder auf / im Namen Gottes des Vaters / des Sohnes und des heiligen Geistes. Unser HErr Gott behüte uns vor einem bösen Gerichte / Amen. Und indem er diese Wort redet / zerbricht er den Stab / und wirfft ihn hinter sich / darauf werden die Bäncke umgestossen. CCCCXVI. In der Graffschafft Schwartzb. Sondershäusischer Linie wird das Hoch-Noth-Peinliche Hals-Gericht also gehalten und geheget: Der Land-Richter Fraget den ersten Schöppen: Herr Schöppe N. N. ich frage euch: ob es an der Zeit / Tag und Stunde sey / daß des Hochgebohrnen Graffen und Herrn Herrn Christian Wilhelms / oder Anthon Günthers / Der vier Graffen des Reichs / Graffen zu Schwartzburg und Hohnstein / Herrn zu Arnstadt / Sondershausen / Leutenberg / Lohra und Klettenberg / [171] meines Gnädigen Graffen und Herrn / Hoch-Noth-peinlich Hals-Gerichte / einen ieden zu seinen Rechten / ich hegen möge? Antwort Des ersten Schöppen: Herr Land-Richter / dieweil euch die Gericht befohlen / und Leute vorhanden sind / die Hoch Noth-Peinliche Hals-Gerichts / und Rechtens begehren / so ist es an der Zeit / daß ihr des Hochgebohrnen Graffen und Herrn / Herrn Christian Wilhelms / oder Anthon Günthers / Der vier Graffen des Reichs / Graffen zu Schwartzburg und Hohnstein / Herrn zu Arnstatt / Sondershausen / Leutenberg Lohra und Klettenberg / Meines Gnädigen Graffen und Herrn / Hoch Noth-peinlich Hals-Gericht hegen möget. Der Land-Richter fraget den andern Schöppen zu lincken Hand. Herr Schöppe. N. N. Ich frage Euch / wie ich des Hochgebohrnen Graffen und Herrn Herrn Christian Wilhelms / oder Anthon Günthers / Der vier Graffen des Reichs / Graffen zu Schwartzburg und Hohnstein &c. Meines Gnädigen Graffen und Herrn / Hoch-Noth-peinlich Hals-Gerichte hegen solle? Antwort des andern Schöppen: Herr Land-Richter / gebiethet Recht / und verbiethet Unrecht / und allen Tumult / und das niemand sein selbst oder eines andern Wort für euch in gehegter Banck rede / er thue es dann mit Urlaub. Hierauf heget der Land-Richter das Gerichte: So hege des Hochgebohrnen Graffen und Herrn / Herrn Christian Wilhelms / oder Anthon Günthers / Der vier Graffen des Reichs / Graffen zu Schwartzburg und Hohnstein / [172] Herrn zu Arnstadt / Sondershausen / Leutenberg / Lohra und Klettenberg / meines Gnädigen Graffen und Herrn / ich Hoch Noth-peinlich Hals-Gerichte von Gottes und meiner Herren Schöppen wegen. Ich hege es zum erstenmahl. Ich hege es zum andernmahl. Ich hege es zum drittenmahl. Ich gebiete in diesen Hoch-Noth-peinlichen Hals-Gerichte Friede / und verbiethe Unfriede / erstlich gebiethe ich Gottes Friede / und so dann meines Herrn Schöppen Friede. Wer diesen Frieden bricht mit Worten / dem gehe es an sein höchstes Recht / Ich bedinge mir auch in diesen Hoch Noth-peinlichen Hals-Gerichte / alle bedingliche Dinge / ich benenne oder benenne sie nicht / mit zwey oder eins / nach Urhel und Recht. Der Land-Richter fraget den 3. Schöppen zur lincken Hand. Herr Schöppe N. N. ich frage Euch: ob des Hochgebohrnen Graffen und Herrn Herrn Christian Wilhelms / oder Anthon Günthers / Der vier Graffen des Reichs / Graffen zu Schwartzburg und Hohnstein / Herrn zu Arnstadt / Sondershausen / Leutenberg / Lohra und Klettenberg / Meines gnädigen Graffen und Hern / Hoch Noth-peinlich Hals-Gerichte ich einem ieden zu seinen Rechten genugsam geheget habe? Antwort: Ja es ist geschehen. Hierauf befiehlet der Land-Richter dem Gerichts-Diener / daß er des Hochgebohrnen Graffen und Herrn / Herrn Christian Wilhelms / oder Anthon Günthers / Der vier Graffen des Reichs / Graffen zu Schwartzburg und Hohnstein / Herrn zu Arnstadt / Sondershausen / Leutenberg / Lohra und Klettenberg / Seines gnädigen Graffen und Herrn / Hoch Noth-peinlich Hals-Gerichte ausruffen soll.
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Gerichts-Diener. Höret zu ihr Bürger und andere: es ist ietzo des Hochgebohrnen Graffen und Herrn Herrn Christian Wilhelms / oder Anthon Günthers. Der vier Graffen des Reichs / Graffen zu Schwartzburg und Hohnstein Tot. Tit. Meines gnädigen Graffen und Herrn Hoch Noth-Peinlich Hals-Gericht geheget / einem ieden zu seinem Rechten / Es ist geheget zum erstenmahl / andernmahl / drittenmahl. Zweier und eins mit Urthel und Recht / und nach peinlicher Art / und daß niemand vor das Hoch Noth-Peinliche Hals-Gericht soll vor / oder abtrete̅ / er thue es den̅ mit Gerichts Urlaub un̅ Recht. Wer nun vor diesen Hoch-Noth-Peinlichen Hals-Gericht zu schaffen hat / der komme und trete hervor / nach peinlicher Arth / es soll einem ieden / nach Recht / geholffen werden. Hierauf trit der Scharffrichter vor / und spricht: Herr Land-Richter / ich bitte daß mir vergönnet werde vor das Hoch-Noth-Peinliche Hals-Gericht zu treten. Der Land-Richter antwortet: es sey dir erlaubt. Der Scharffrichter fragt! Herr Land-Richter / wie soll ich mit meiner peinlichen Klage vorkommen? Dem antwortet der Land-Richter: Wie sich das nach peinlicher arth gebühret. Der Scharff-Richter! Herr Land-Richter und Herren Schöppen / allhier klage ich N. N. [des armen Sünders Tauff- und Zunahmen wird hier genennet] Peinlich an / welcher dem andern Gebothe Gottes und denen beschriebenen Rechten zu wider / Hex- und Zauberey getrieben / [Nota: hat er ein ander Delictum, als Raub / Mord / Ehebruch / Diebstahl und dergleichen begangen / wird es mutatis mutandis hie angeführet:] welches er billig hätte unterlassen sollen. Dannenhero klage ich an zum erstenmahl / ich klage ihn an zum andernmahl / ich klage ihn an zum drittenmahl. [Vor diesen ist hinzu gethan worden zu Hals und Bauch / auch was er um und an hat / damit soll er bezahlen heut diesen Tag / welches aber ietzt außgelassen wird /]
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Scharff-Richter Bittet / ihm ferner zu verstatten zu reden. Land-Richter: Es sey dir vergönnet. Scharff-Richter Herr Land-Richter / ich frage Euch: ob ich heute diesen Tag meine drey Anklagen in einer Klage vollbracht habe / wie sich solches zu Recht / und nach Peinlicher Art gebühret? Land-Richter: Ja es ist geschehen. Scharff-Richter: Herr Land-Richter vergönnet mir ferner zu reden / und zu fragen / wie ich mich gegen den armen Sünder verhalten soll / damit ich Recht thue / und Unrecht lasse? Land-Richter: Wie es Urthel und Recht mit sich gebracht. Scharf-Richter: Ob es nicht billig sey / daß man diesen armen Sünder [oder Sünderin] die Urgicht und das Urthel vorlese / und vernehme / ob er der Thaten nochmals geständig? Land-Richter: Das geschicht billig. Drauf spricht der Land-Richter: Herr Gericht-Schreiber / leset dem armen Sünder seine Urgicht vor. Das geschicht. Weil man ausserhalb den Gerichten solche Urgichten selten zu sehne bekömmet / habe ich dem Curiösen Leser zur Nachricht etliche hiebey anführen wollen: Urgicht H. M. von N. vorn Peinlichen Hals-Gerichte vorzulesen. H. M. hat gestanden und bekant / daß er zeithero unterschiedliches gestohlen / und zwar einen Bauren zu Harhausen eine Flinten / dem G. Müller eine Ofenblase. HS. ein 16. Groschensttück 2. zinnerne Schüsseln und einen kupffernen Topff. Von den Creutzen auf dem Gottes-Acker die kupfferne Tächder S. Scheuren ein Schloß und Kloben; aus dem Rüsthause ein harnisch Brust-Stock / H. A. ein zinnern Tellerchen / aus der Hof-Stube einen zinner [175] nen Becher / aus der Kammer über der B. Stube auf dem Schloße 2. Vorhänge / aus des B. V. Stuben ein klein Schlößlein / etlich Geld aus dem Keller Geld-Kästlein / aus dem Wagenstein 10. gl. Ferner V. W. Kämladen zu unterschiedenen mahlen erbrochen / Wolle / Korn und Käse draus / wie auch aus dem Keller 2. halbe Thüren / und ein paar Bänder / nebst dem Schlosse genommen / aus der Hof-Schmide 13. Hufeisen entwendet / an den Feuer-Leitern 2. Schlosse abgemacht / auf den R. Türmgen in Schloß-Garten ein Thür-Schloß abgebrochen. Imgleichen ein paar lederne Hosen aus der Cammer in der Residenz. Item ein paar stück Leder von der alten Kutschen vor der Stall-Stuben geschnitten. Einen Böttcher Hammer vor dem Faßhause im Schloß-Platze. Ein stück Bleich-Leinwad von 20. Ellen zu M. und ein Schar-Eisen A. N. gestohlen / und alles zu feinen Nutzen verwendet. Noch eine andere Urgicht In Hexerey-Sachen. Maria S. hat in ihrer Urgicht / und hernach gütlich bekant / wiederholet und gestanden / daß sie mit dem Laster der Zauberey beschmitzt / sich mit dem bösen Feinde verbunden / der ihr versprochen / alles genug zu bringen / daß ihn auch ihren GOtt nennen müssen / den HErrn Christum hergegen und ihren Tauf-Bund verleugnet / von den Satan sich ümtauffen lassen / mit ihme unmenschliche Unzucht getrieben / und solches zu unterschiedlichen mahlen wiederholet / auch erstesmahl vier Kopf-Stück daher von ihm empfangen / die Hexen-Täntze besuchet / auch durch Ubergebung dem bösen Feinde J. R. Kind und U. W. bezaubert. H. R. ein Pferd gesterbet. Ferner daß sie ihre Beine und Arme mit Kräutig gewaschen / das Wasser hernach in des bösen Feindes Nahmen vor K. Thür gegossen / und dessen Weib dadurch bezaubert / und uf des Satans Geheiß früh ins Wasser gegangen / und solches mit den Händen übern Kopff geschlagen / üm dadurch das Kopf-Weh zu vertreiben / alles nach mehrern Inhalt der ergangenen Inquisition-Acten, &c. Noch eine / Elisabeth F. von R. hat bekant und gestanden / daß sie eine Hexin sey / von dem bösen Feind / der in Gestalt eines Kerls in schwartzen Kleid und Hute zu ihr kom̅en / und sich Hanß genennet / in seinen Nahmen sich ümtauffe̅ lassen / mit dem selben vielmahl unnatürliche Unzucht getrieben / auch einen Bund mit ihm gemacht / bey dem heiligen Abendmahl die Hostien zu dreymahlen wieder aus dem Munde genommen / und dem bösen Feinde gegeben. [176] S. L. Kuh bezaubert / daß solche garstige Milch und Raum gegeben / offtmahls denen Hexen-Täntzen beygewohnet / auch ihres Sohns Kind von 10. Jahren / Annen Catharinen F. verführet / daß der böse Feind dieselbe ümgetaufft / ihres Sohns Frauen ein Pülverlein / so sie von den bösen Feind bekommen / in einen Trunck Bier gegeben / daß sie sterben müssen. Ingleichen H. G. Kinde auch ein solch Pülverlein beygebracht / davon es sehr aufgelauffen / und auch gestorben / sc. Noch eine andere. B. W. hat gütlich gestanden und bekant / daß sie eine Hexin sey / sich dem bösen Feinde versprochen / ihme die Hand drauf gegeben / und einem Thaler von ihm zu B. zum Tranck-Geld bekommen. Zu Binderleben bey dem Saltzborn / hätte er sie in seinen Nahmen getaufft / den HERRN CHristum verleugnet / zweymahl auf dem Brocks-Berg bey den Hexen-Täntzen gewesen / und dahin auf einer Calesse / davor vier Böcke gespannet gewesen / gefahren / mit dem Satan zweymahl unnatürliche Unzucht getrieben / und dadurch ein schwartz Ding eines Maaß-Krügleins groß / gebohren. N. L. voll Läuse gemacht / die Frau von T. mit Hülffe des bösen Feindes / ümgestossen / daß sie ein Bein gebrochen. N. E. Tochter durch einen Butterfladen / worauf sie das von ihren Buhlen empfangene Pulver und Gesämig gestreuet / getödtet / auch von solchen Pulver etwas in Klösse gethan / und dadurch W. R. Katze gesterbet. R. Kind beschryen / daß es sterben müssen / auch ferner M. V. etwas von ob-gedachten Pulver in einem Trunck Bier beygebracht / wovon sie böse Würmer / und sonst allerhand Geschmeiß in den Leib bekommen / davor sie weder Tag noch Nacht Ruhe haben können. Alles nach mehrern Inhalt der ergangenen Inquisition-Acten, &c. CCCCXVII. Wenn nun die Urgicht abgelesen worden / fraget der Land-Richter den armen Sünder: Gestehest du dieses? Spricht der arme Sünder Ja! Fähret der Land-Rrichter fort / und saget zu dem Gerichts-Schreiber: Nun so leset dem armen Sünder auch sein Urtheil vor. Welches der Gerichts-Schreiber thut. An etlichen Orthen wird das Urtheil / wie es in den Schöppenstühlen gesprochen / und denen Beambten oder andern / welche die peinliche Gerichte zu exerciren haben / zugeschickt wird / nebst dem Executorial-Befehl ab [177] gelesen. Vielerwegen aber wird das End- oder Straff-Urtheil im Nahmen der Herrschafft publiciret / folgender maßen: Wir von GOttes Gnaden N. Herzog zu N. tot. Tit. Oder / Wir N. Graf zu N / sc. Erkennen auf eingeholten Rath des Schöppenstuhls zu N. Alldieweil O. T. Wittibe vor diesem gehegten peinlichen Gerichte nochmahls gestanden / daß sie 1. Eine Hexe und Zauberin sey / 2. Dem bösen Feind zugesaget und angelobet sein eigen zu seyn / 3. Die heilige Dreyfaltigkeit verschworen / auch 4. Mit dem bösen Feind etliche mahl ummenschliche Unzucht getrieben. 6. Die Hexen-Täntze offt besuchet: So wird sie / wegen solcher begangenen und gestandenen Missethaten / mit dem Schwerdt vom Leben zum Tode gerichtet / und hernach der Cörper ins Feuer geworffen und verbrand V. R. W. Urkundlich mit Unserm Cancelley-Secret bedrucket / und geschehen N. den 7. Octob. 1687. [L. S.] Noch eine andere Formul. Wir Anthon Günther / der vier Graffen des Reichs / Graff zu Schwartzburg und Hohnstein / tot. Tit. erkennen / auf eingeholte rechtliche Erkäntnis des Fürstl. Sächß. Schöppen-Stuhls zu Jena / alldieweil C. H. eine Wittibe von R. vor diesem gehegten peinlichen Gerichte nochmahls gestanden / und bekant / daß sie 1. Vor langer Zeit / als sie noch ein junges Weib gewesen / und ihr erstes Kind von ihren ersten Manne N. N. gehabt / von einem alten Weibe aus E. bürtig / sich allhier zu Arnstad / allwo sie sich wegen des Krieges-Wesens aufgehalten / zu Hexerey verführen lassen. 2. Hätte sie der Teufel / welcher sich Johan̅es genennet / in der Stuben in N. Hauß in der N. Gassen / mit Wasser aus der Ofenblasen / in sein Namen gemißtauffet. 3. Daß sie mit Aufreckung zweyer Finger an ihrer rechten Hand / die [178] heilige Dreysaltigkeit verschworen / und ihm allein zu folgen / und zu gehorsamen / mit einen Handschlag angeloben müssen. 4. Drauf sie die zeither so offt und vielmahl mit besagten ihrem Buhlen dem Teuffel unmenschliche Unzucht getrieben / daß sie die Zahlen nicht benennen könte. [Dieses Weib war bey die 74. Jahr alt / und hatte gantzer 50. Jahr mit dem Teuffel zugehalten.] So wird sie wegen solcher begangenen und gestandenen Missethat mit dem Feuer vom Leben zum Tode gestrafft. V. R. W. Urkundlich &c. &c. Arnstad den 7. Octobr. 1687. [L. S] Wenn das Urthel verlesen worden / bricht der Land-Richter den Stab / und spricht zu dem Scharff-Richter: Ich übergebe dir hiermit den armen Sünder / und befehle das gesprochene Urthel an ihr zu vollstrecken. Scharff-Richter. Nachdem ich heute diesen Tag das abgelesene Urthel an diesen armen Sünder vollstrecken / und ihn mit den Schwerd [oder mut. mutd.] vom Leben zum Tode bringen soll / so will ich um ein sicher Geleith gebeten haben / im Fall es mir wieder verhoffen mißlingen solte / daß sich niemand an mir oder den Meinigen vergreiffen mag. Land-Richter. Gerichts-Diener / ich befehle dir / daß du den Scharff-Richter ein frey sicher Geleite außruffen solst. Gerichts-Diener. Es lässet der Hochgebohrne Graff und Herr / Herr Christian Wilhelm / oder Anthon Günther / Der vier Graffen des Reichs &c. [Tot. Tit.] Mein gnädiger Graff und Herr / den Scharff-Richter hiermit ein frey sicher Geleite außruffen / dergestalt und also / da es über verhoffen / Ihm oder den Seinigen / an Vollstreckung des Urtheils mißlingen solte / daß sich niemand an ihn vergreiffen solle / bey Leibes-Straffe.
|| [179]
Scharff-Richter. Herr Land-Richter / erlaubet mir wider ab zutreten. Land-Richter. Es sey dir erlaubet. Land-Richter. Ich befehle dir Gerichts-Diener / daß du außruffen sollest / ob noch iemand vorhanden / der vor diesen Hoch-Noth-Peinlichen Hals-Gerichte zu klagen hätte / daß derselbige sich mit Erlaubnis angeben möge. Gerichts-Diener. Ist iemand noch vorhanden / der vor diesen Hoch-Noth Peinlichen Hals-Gerichte zu klagen hat / der mag es thun / sonsten soll meines gnädigen Herr Hoch-Noth-Peinliches Hals-Gerichte wieder aufgehoben werden. Hierauf folget die Aufgebung des Gerichts. Der Land-Richter fraget den 4. Schöppen. Herr Schöppe N. N. Ich frage Euch / ob es nunmehro an der Stunde ist daß des Hochgebohrnen Graffen und Herrn / Herrn Christian Wilhelms / oder Anthon Günthers / Der vier Graffen des Reichs / Graffen zu Schwartzburg und Hohnstein / Herrn zu Arnstad / Sondershausen / Leutenberg / Lohra und Klettenberg / meines gnädigsten Graffen und Herrn Hoch-Noth-Peinlich Hals-Gerichte ich wiederum aufheben solle? Antwort des 4. Schöppen. Ja / es ist an der Zeit / daß des Hochgebohrnen Graffen und Herrn / Herrn Christian Wilhelms / oder Anthon Günthers / Der vier Graffen des Reichs / Graffen zu Schwartzburg und Hohnstein Tot. Tit. Meines gnädigen Graffen und Herrn / Hoch-Noth-Peinlich Hals-Gericht wiederum auffgehoben werden möge.
|| [180]
Land-Richter. So gebe des Hochgebohrnen Graffen und Herrn / Herrn Christian Wilhelms / oder Anthon Günthers / Der vier Graffen des Reichs / Graffen zu Schwartzburg und Hohnstein / Herrn zu Arnstadt / Sondershausen / Leutenberg / Lohra und Klettenberg / &c. Meines gnädigen Graffen und Herrn / Hoch-Noth-Peinliches Hals-Gerichte auf in Nahmen Gottes des Vaters / Sohnes und heiligen Geistes Amen. Hierauf werden die Bäncke umgestossen / und die armen Sünder fortgeführet.

CAPUT. II
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Von den Peinlichen Richter / Item Den Inquisitions-Process, Tortur und Hinrichtung der Ubelthäter. I. DEr alte Philosophus Chrysippus, damit Er die Hochwürdige und Königliche Dame, die Justiz, männiglich wohl möchte fürbilden / pflegte dieselbe auch für den äusserlichen Augen abzumahlen / daß / wer sie nur ansahe / gnugsame Ursach hatte / sie nicht allein mit sonderlicher Liebe und Begierde in sein Hertz zu fassen / sondern sie auch fest und steif darinn zu behalten / als wenn sie ihm mit Gewalt darein gedruckt / oder eingegraben wäre. Er machte ein Bild einer schönen und reinen Jungfer / mit ernstlichen tapffern Anblick oder Gesichte / mit hellen Augen / die gleichsam funckelten / und liebliche Flammen von sich ga [181] ben. Die Kleidung war erbar und züchtig / und der gantze Stand und Bewegung nach einer gebührlichen und wohlanstehenden Gravität gerichtet In solchen Gemählde wolte dieser hochweise Philosophus anzeigen / wie die Richter und alle Personen / so der Gemeinschafft und Conversation mit dieser Edlen Damen gewürdiget werden / sollen beschaffen seyn / nemlich daß sie auch ihres Theils aufrichtige / fromme und unversehrte Jungfern seyn sollen / gütig / freundlich / tapffer / ernstlich / mit hellesehenden und flammenden Augen / die auch ein freundliches und liebliches Licht von sich geben / wie dann Gnade und Güte / oder Billigkeit wohl bey ernsten Rechte stehet / erbarlich bekleidet / und in allen ihren Gebärden und Actionibus also beschaffen / daß überal eine moderirte und beständige Gravität heraus leuchte / auff daß eine rechte und löbliche Convenienz unter ihnen beyden sey. Aul. Gellius lib. 14. Noct. Attic. cap. 4. Plato quoque lib 34 Dial. 12. de Legibus scribit: Judicium & Justitiam Virginem esse pudicam. Nec non Orpheus in Hymnis, & Hesiodus in Ergis: Ideo nulla corruptione pecuniae velgratiae esse tentandam, se??? ipsam ulcisci. Petr. Gregor. Tholos. Synt. Jur. univ. lib. 36. c. 28. n. 7. II. Denn es ist in Warheit nicht allein wohlständig / sondern auch hochnothwendig / daß ein Richter ein Gottesfürchtiges / reines / unversehrtes und aufrichtiges Hertz und Gemüthe habe / welches gnugsam sey / allen denen Dingen / die Ihm zuwider / und es schwächen / oder es nachtheilig versehren möchten / zuwider stehen: Daß Er sich mit Geld nicht lasse bestechen / durch Furcht nicht beugen / durch Liebe nicht erweichen / durch Unwissenheit nicht betriegen: Ja daß er sich also nimmermehr bewegen lasse / daß er sich um einigen Respects willen vergreiffe / noch die Ordnung der Justiz um einigen affects willen verkehre. Thom. Garzon. in Piazza Univers. Disc. 115. pag. 1029. III. Einen solchen rennete man vor Alters Sprichworts-Weise AEGYPTIUM JUDICEM i. e. integrum, non constupratum, sed sanctum, nihil praemio, nihil metu à Justitiae semita digredientem, & planè eum, quem vocant Graeci [Greek words], qui gratiae nihil prorsus tribuit, estque, ut ita dicam, Justitia ipsa justior, & vel Stachane aequior. Suggerunt quippe nobis Veterum monumenta, AEgyptiis Regibus, ex praescripto Legis antiquae, moris fuisse, judices mox futuros jure jurando adigere, ne, si Rex quidem injusti quippiam injunxisset, à virtutis medio declinarent, ne lineam omnino [quod dicitur] moverent. Adjicit Diodorus, in Simandii monumento parte quadam Judicum stetisse signa, eorumque principem ita [182] constitutum, ab ejus ut collo suspensa propenderet VERITAS, ipse autem esset oculis paulò minus clausis, librorum cumulo circumjecto, ceu veritas modò sit inspectanda. Quae res omnium censetur excellentissima. quando neque Hesperus neque Lucifer ita nitet, sicut justus vir, ut dixit Euripides. Et Theognis comprobat, justitiam continere virtutes omnes. Coel. Rhodigin. Lect. Antiq. lib. 23. c. 13. IV. Die nothwendige Eigenschafften aber eines Richters etwas ausführlicher darzustellen / ist ja bekant / daß der Judex sey potissima pars, Dux & Imperator Judicii, ut inquit Baldus, in Rubr. Cod. si â non compet. Judic. n. 2. Imò quasi lapis angularis, basis & fundamentum Judicii.
Seb. Vantius, de nullit. ex defect. Juris dict. n. 2.
Ludolph. Schrader, tr. de Feud. in praeamb. part. 10. n. 2.
Rudger. Ruland???tr. de commissar. lib. 2. c. 2. n. 1. Et oculus justitiae Bartholom. Blarer. in L. diffamari C. de ingen. manum. cap. 1. n. 9. Auf welchen iederman / der was zu klagen hat / siehet / und seiner rechtlichen Hülffe begehret. V. Drum auch derselbe ein vortreflicher Mann von guter Wissenschafft / langer Erfahrung / und vielen Tugenden seyn muß / unter welchen die Vornehmste die Gottesfurcht ist; denn wer GOtt fürchtet / der meidet das Arge / und hat die Gerechtigkeit lieb / er scheuet sich vor GOtt / von dem er sein Amt und Gewalt herschreibet / und weiß / was derselbe im Buch der Weißheit am sechsten Capitel saget: Euch ist die Obrigkeit gegeben vom HErrn / und die Gewalt vom Höchsten / welcher wird fragen / wie ihr handelt / und forschen / was ihr ordnet: Denn ihr seyd seines Reichs Amtleuthe. Und ist einem solchen nicht unbekant / was im 82. Psalm vers. 3. geschrieben stehet: Schaffet Recht den Armen / und den Wäisen / und helffet den Elenden und Dürfftigen zu rechte. Errettet den Geringen und Armen / und erlöset ihn aus der Gottlosen Gewalt. Und wenn grosse Herren dem Rath Jethronis folgen / und sich üm redliche Leuthe / die GOtt fürchten / bewerben / wird Recht wohl Recht bleiben! Denn es ist wahr / wo keine Gottesfurcht ist / da ist auch kein Recht / da gilt kein Recht / da bleibet kein Recht! Sintemahl wer GOtt nicht fürchtet / waß solte der Menschen / ja auch sein eigen Gewissen [183] fürchten? Daher spricht Salomon / Die Seele des Gottlosen wünschet Arges / und gönnet seinem Nehesten nichts. Von der Gottesfurcht aber saget der heilige Vater Ambrosius, Pietus justorum tribunal, egenorum portus, miserorum suffragium! Einen frommen Richter wirstu nicht bestechen / nicht beugen können / Er siehet keine Person / keine Gefahr / Gunst oder Ungunst an / sondern gehet gleich durch / thut Recht und scheuet niemand. Nunquam certè apud illum Legum Sanctitas valebit quicquam, qui DEum non veretur: nec justi Judicis partes sustinebit, qui Judicem supremum post hanc vitam non timebit. Dan. Clasen, ad art. 1. Const. Crim. Caroli V. pag. 43. Drum auch die alten Hohen-Priester zu Jerusalem / welche zugleich Richter mit gewesen / das Gesetz geschrieben oben auf dem Häupt zu tragen pflegten / zur Anzeige / daß das Gesetz höher sey / als sie. Steph. Guazzi, in seinen rechtschaffenen Richter und Ambtmann / in princip. Und war vor diesen der Gebrauch / daß auf den Richter-Stuhl allezeit die Bibel geleget wurde / den Richter zu erinnern / daß er nach Gottes Wort richten / sein Gewissen und letztes Ende bedencken solte. Franzke, lib. 2. var. resol. 13. n. 13. Add Novell. 90. cap. ult. in fin. Es setzet auch Joh. Schäffer in Beschreibung Lap-Landes c. 13. fol 180. daß daselbst ein Ambtmann in Gegenwart eines Richters und eines Priesters einem ieglichen Recht sprechen müsse. Vieleicht darum / daß durch des Priesters Praesenz die Ambt-Leute ihres Ambts desto besser warnehmen möchten. Bey den Römern waren vor alten Zeiten die Geistliche Personen / so man Pontifices nennete / auch zugleich mit weltliche Richter.
Pomponius in L. 2. §. 6. ff. de O. J.
Alex. ab Alex. Lib. 2. Gen. dier. c. 8. Eben wie bey den Gallis die Druides, Jul. Caesar lib. 6. Item bey den Egyptern die Priester. AElian. lib. Var. Hist. c. 34. VI. Aber es langet die Gottesfurcht allein nicht hin / der Richter muß auch gelehrt / weise / klug / vernünftig / vorsichtig / erfahren und rerständig seyn.
C. Status Dist. 61.
L. 14. §. Legum C. de judic.
Novell. 60. in fin.
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Peinl. Hals-Ger. Ordn. Caroli V. art. 1.
Schrader. de Feud. p. 10. Sect. 14. n. 2.
Herm. Vultej. 1. Discept. 8.
Rutger Ruland. de Commiss. Lib. 1. c. 13. n. 4.
Carpzov. p. 3. Prax. Crim. q. 116. n. 9.
Dan. Clasen, ad art. 1. Const. Crimin. Carl V. p. 43. Denn wo Kunst und Erfahrung / welches beydes die Rechte Klugheit zusammen machet / nich ist / da folget gern ein nüchtern Urthel / da man die Katze vor den Käyser ansiehet / und den Schatten vor dem Leib ergreifft. Zieriz ad art. 150. Const. Crim. Caroli V. Maximum proinde est vitium Reipublicae, non eis lites tradere, qui ex se. quid agendum sit, sciant, sed admittere eos, qui quaerere debent alios, à quibus discant, quae ipsos in judicando eloqui decet. Novell. 82. in pr. Hinc Judex non Practicus ad gubernandum planè est inhabilis. Petr. Greg. Tholos. lib. 16. de Rep. c. 6. Per experientiam enim Vera acquiritur & idonea Praxis Actionum forensium & rerum gerendarum in Republica. Adam Keller, de offic. Jurid. Polit. Lib. 1. c. 27. pag. 195. Et usus superat omnium Magistrorum praecepta, ut loquitur Cicero Lib 1. de Orat. Unde optimus & efficacissimus Magister esse dicitur ab eodem Pro C. Rabirio. Lips. lib. 1. Polit. 8. Plin. lib. 1. Epist. 20. & Practicam optimam Regum interpretem dicit Vent. de Valent. part. litig. lib. 2. c. 5. n. 41. Hinc ad perfectum JCtum non saltem scientia Juris, sed etiam usus requiritur. Decian. in Apol. c. 11. n. 20. quia illa non est propter scire, sed propter operari. Natta, Cons. 1. n. 1. Et theoria sine praxi, i. e. Scientia sine experientia non est magni momenti. Joh. And. in c. post translationem Extr. de renunc. Et Leges in Scholis diglutiuntur, in Palatiis verò digeruntur. Bald in L. AEmilius ff. de minor.
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Praxis quippe scientia est digestiva, ita ut, ubi desinit Theoricus, ibi incipiat Practicus, aut potius utrumque conjungatur.
Cacheran. Decis. n. 10.
Vent. de Valent. d. c. 1. n. 38. Nam Theoria sine Praxi digestam solidamque juris cognitionem praestare nequit. Et Praxis absque Theoria periculosa & manca evadit. Pinell. ad L. 2. C. de rescind. vend. part. 2. c. 4. n. 2. Plus tamen vel sine doctrina prudentia, quàm sine prudentia valet doctrina, teste
Quintiliano, Lib. 6. Instit. Orat.
Menoch. de A. J. Q. cent. 5. Cas. 420. & seqq. Ja die Geschickligkeit und Erfahrung sind 2. Seulen / welche eine gantze Gemeinde erhalten.
Zeil. Epist. 40.
Vid. Keller. d. c. 27. per tot. Gryphiand. Oecom. Legal. lib. 1. c. 1. àn. 2. us??? 22. Ist es also nicht genug / daß ein Richter die Institutiones Juris, die Digesta und Codicem gehöret und gelesen habe / sondern es wird hierüber auch erfordert / daß Er erfahren sey / das ist / in Gerichts- und Peinlichen Sachen sich geübet / entweder als eine Gerichts-Person / oder Expectant eine zeitlang in einem wohlbestalten Judicio, wo dergleichen Sachen vorgehen / gesessen / die Processe mit angehöret / gesehen und geschrieben / oder als ein Advocat solche unter die Hände bekommen habe / und darinnen bedient gewesen. Wie denn die tägliche Erfahrung lehret / daß offt ein Schreiber / welcher kaum den Donat mit aus der Schulen gebraucht / sich aber bey den Gerichts-Sachen brauchen lassen / und darinnen exerciret / einer gelehrten und graduir???en Person / die ad praxin schreitet / von Process solche Nachricht geben kan / die er nicht vermeinet / noch geglaubet / ein solcher Schreiber auch von besserer und nützlicher Expedition ist / denn einer / der / nach blosser Durchlesung vieler Rechts-Bücher / zu einem Amt sich genug zu seyn einbildet. Author. Prax. Crim. Altenb. pag. 32. & 33. So ist auch kein gering Ding um Erfindung der Warheit / bevorab wenn sie durch der Advocaten Plauderey und Schmiererey verdunckelt und verdrehet worden. Wer will unter so viel angestrichenen Lügen / Verführungen / Bemäntelungen und Umschweiffe anders durchbrechen / als ein gelehrter / erfahrner und verständiger Mann?
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Welches gleichfals der heilige Kirchen Vater Hieronymus, in den Commentario über den Propheten Esaiam / bezeuget / wenn er spricht: Non est omnium rectè judicare, sed eorum, qui sunt Prudentes. Und gehet es heut zu Tage nicht mehr so zu wie bey den Römern / welche Ungelehrten / ja wohl mannigmahl alten ausgedienten Soldaten und Officirern / als eine Gnade / das Richterliche Ambt auftrugen / etliche Assessores aber / welche auf etwas niedrigern Stühlen / als des Richters seiner war / sassen / Ihnen adjungirten / die Rath gaben / wie solche ungeschickte Richter urtheilen und Recht sprechen solten. Dannenhero auch ihren Bescheiden allemahl die Clausul: Auf genommenen Bedacht / und gehabten Rath / inseriret und mit eingerücket wurde / teste Besold. in Process. Jur. Thes. Pract. annex. c. 3. pag. 1061. Sondern ein ieder Fürst und Herr / trachtet darnach / daß er zu solchen wichtigen Ambt tüchtige / gelehrte und erfahrne Leute erlange und bestelle. Adam Keller. d. tr. c. 27. pag. 195. Allermaßen auch Käyser CARL der Fünffte / in der Peinlichen Hals-Gerichts-Ordnung / Art. I. ausdrücklich gebeut / in Verb. Daß alle / sonderlich aber die Peinliche Gerichte / mit frommen / erbarn / verständigen und erfahrnen Richtern / nnd andern Gerichts-Personen / so tungendlich und best dieselbe / nach Gelegenheit iedes Orths / zu haben / und zu bekommen sind / zu bestellen. Add. Praefat. Ord. Process. Jud. Sax. ibi Auch zu mehrern Verhuf dessen nicht allein nnsere Regierung / Appellation- und Hoff-Gericht / Consistoria, Juristen Faculteten und Schöppen-Stühle mit ehrlichen und die Gerechtigkeit liebhabenden Persohnen besetzet. Ignorantia enim judicis, plerumque est Calamitas innocentis, inquit Augustinus. Lib. 19. de Civit. Dei c. 6. Et judicandi munere indigni habentur qui imperiti sunt Legum, & usu rerum sunt destituti. Novell. 82. pr. Quia tales non possunt per se nosse, quid Justum sit, sed honestatem judicandi aliunde emendicare coguntur, Hoc autem nihil aliud est, quàm alienis oculis videre, & alienis auribus audire.
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Matth. Steph. add. Nov. 82. n. 2. Es machen auch grosse Herren / welche unverständige Richter / sonderlich in Peinlichen Sachen / verordnen / über die bey Gott habende schwere Verantwortung / sich der Straffen theilhafftig / die ein solcher Idiota verdienet. Blumblacher, in Comment. ad Const. Crim. Caroli V. art. 1. Maßen denn auch ein sothaner Midas-Richter parti laesae ad interesse & expensas, ob damnum imperitiâ datum, gehalten ist.
Innocent. in cap. saepe 44. X. de Appellat.
C. Sacros. 48. X. de commun.
L. filius-fam. 15. ff. de judic.
L. fin. ff. de Var. & extraord. cogn.
Philipp. in usu Pract. Inst. lib. 4. Ecclog. 39 n. 4. & 5. ibi??? allegg. DD. VII. Hierbey aber möchte man wohl fragen / welche sind denn gelehrt / tüchtig und erfahren? Und woran erkennet man sie? Käyser Justinianus antwortet in Novell. 161. c. 1. in pr. QUI IN EXERCENDA JUSTITIA PLURIMUM REPOSUERUNT SOLLICITUDINIS. Gott-fried Warlef, in Discurs. de abbrevianda lite part. 2. c. 1. pag. 131. aber saget / dieses sey eine schwere Frage / die sich so leicht nicht beantworten lasse. Er hatte auf der Hohen Schule zu Straßburg gesehen / und in acht genommen / daß man die vor gelehrt gehalten / die bey einem Professore ein paar Jahr zu Tische gangen / ein Collegium über die Institutiones, ferner über die Pandecten gehalten / und einmahl oder zwey disputiret / hernach Doctor worden. Wie man denn auch die vor gelehrte Professoren geschätzet / die viele Qnaestiones auf die Bahn bringen / pro & contra disputiren / viele Meinungen aus den Bartolo und Baldo anführen / dieselbe hernach widerlegen / und eine gantz funckel-neue dargegen erdencken können. Item die viele Bücher schreiben / darinnen das ridiculus est Gailius, falsus est Mynsinger, errat Menochius, sibi non constat Cujacius, delirat Zasius mit grossen Buchstaben gedruckt worden. Aber diese [sagt Er] meine ich nicht / die erste sind viel zu rohe / die andere richten nur innerliche Kriege und Meuterey an / womit den Partheien wenig geholffen / vielmehr aber zu Leutern und zu appelliren Thür und Thor aufgesperret wird. Denn es liessen sich solche eigensinnige Köpffe bey ihren Wahn erschlagen / und sind eben diejenigen / von welchen die so schädliche Ungewißheit der Rechte ihren Ursprung genommen / und noch täglich fortgepflantzet wird. Die recht Gelehrten aber sind / [188] die das honestum ex Ethicis studiret haben / und wissen / was da sey / suum cuique tribuere: Dessen Fundament anders nichts / als das von einem Holländer so hoch gepriesene Jus Naturale ist: Welche von dem Jure Divino nicht eines Nagels breit abweichen / sondern alle ihre Schlüste ex sana ratione hernehmen / ein gut Vernunffts-Licht bey sich haben / und mit einem Worte / qui veram, non simulatam Philosophiam sectantur. Und solches ist eben so schwer nicht / wenn man die aniles fabulas, so in den Corpore Juris Scharenweise herum schnurren / samt den eigensinnigen Glossen und zancksüchtigen Disputationen nach dem Pfefferlande schickte / und hingegen die vera Principia honesti, justi, aequi & boni den jungen Leuten einpflantzte. Ich lobe jenen reichen Bauren / welcher / nachdem er von seinen Sohn / so von der Universität kommen / auf vorhergethane Frage / vernommen hatte / daß die grosse Schrifft in seinem Corpore Juris der Text / Gesetz und Regeln / die Glosse aber an Rande die Kunst sey / den Text umzustossen / und zu verfälschen / mit seiner Schaff-Scheeren alle Glossen hinweg schnitte / und dem Sohn / der drüber erzürnet wurde / antwortete: Bleib du bey der Warheit und den Gesetzen / um der Lügen willen habe ich dir kein Geld zu Büchern geschickt. Hactenus Warlef. Henric. Morcelse, Dissertat. de Manuduct. Studiosi Juris per Academ. ad Remp. Ideam Juris Consulti hanc tradit: JCtus est Vir bonus, Studiis humanitatis primò edomitus, dein Sacri, Publici & Privati Juris peritia instructus, qui consilio, oratione & stylo justum ab injusto separando, aequum ab iniquo discernendo, Dei, populi & privatorum jura sarta tecta tueri, lapsa erigere, & fatigata possitreparare, qui, quameunque in Rep. politicam aut juridicam sortietur personam, eam decorè sustinere, & aà publicam omnium ac privatam singulorum salutem & tranquillitatem dirigere possit & velit. Eleganter Plinius Epist. 22. lib. 1. Nihil, inquit, Aristone gravius, sanctius, doctius, ut mihi non unus homo, sed literae ipsae omnes??? bonae artes in uno homine summum periculum in hujus valetudine adire vide antur. Quàm peritus ille & privati Juris & publici, quantum rerum, quantum exemplorum, quantum antiquit atis tenet? Nihil est, quod discere velis, quod ille docere non possit, mihi certè, quoties aliquid abditum quaero, ille thesaurus est. Joh. Brandes, in tr. de Vera & simulam Juris-Consult. Philosophia pag. 204.
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beschreibet solchen gantz kurtz also: JCtus est Vir bonus, Jus suum cui???, [Ecclesiae, Reip. proximo, sibi] publicè ac privatim tribuens. Welches an iedweden Richter sich billig auch finden solte / der sonst ingemein / und den Rechten nach / folgender Gestalt definiret wird: Judex est disceptator Juris, qui causas suscipit dirimendas, judicandi facultatem habens; seu, qui de negotiis vel controversiis litigatorum cognoscendi pronuntiandique jus habet. L. rem C. de Jud. L. de qua re. 74. pr. ff. de Judic. c. verus 10. X. de V. S. Und dessen Ambt und Pflicht-Schuldigkeit die Chur-Sächs. Process-Ordnung Tit. I. kürtzlich also besehreibet: Daß sich ein ieder Richter / mit administration gleich durchgehender Justiz, dermaßen redlich aufrichtig / fleißig und unpartheüsch erweisen solle / daß er es gegen Gott / seinem selbst Gewissen / und seiner hohen Landes-Obrigkeit verantworten könne.
Jung. cap. 9. der Fürstl. Magdeb. Process-Ordnung.
Ille sciat justum gemina suspendere Lance
Ancipitis librae, rectum discernat, ubi inter
Curva subit, vel cum fallit pede regula varo:
Sit??? potis nigrum vitio praefigere Theta.
Persius Satyra. 4. IIX. Obgedachter Warlef, in seinen Discurs, De abbrevianda lite p. 2. c. 1. pag. 142. & seqq. giebt diesen Rath / damit grosse Herren in Erwehl. und Beforderung eines rechtschaffenen Richters nicht fehl schlagen möchten / daß sie auf dessen Ankunfft / Sitten und Zuneigung forschen sollen: Denn ein grosses ist es / von ehrlichen Eltern erzogen seyn. Magnam vim, magnam possidet religionem paternus maternusque sanguis, sagt Cicero. Und wie einer sich zu Hause und in der Jugend gehalten / so wird er wohl Zeit seines Lebens fortfahren. Nam qui mentiri aut fallere insueverit patrem, aut audebit, tantò magis audebit coeteros. Die Füncklein lassen sich bald blicken / und brechen hernach / wenn sie Lufft kriegen / in eine volle Loh heraus. Meinestu [saget Er weiter] daß ein Schläger / Schorist / ein Säuffer und Müssiggänger auf Universitäten / wenn er in ein Ambt kömmt / gut thun solle? Naturam expellas furca, tamen usque recurret! Die auf hohen Schulen überflüßig zudisputiren / neue Meinungen zu verthädigen / und damit Iaureolam zu suchen sich bemühet / werden in den Gerichten Händel gnug ma [190] chen / viele wunderliche Bescheide geben / und überal noch darzu Recht haben wollen. IX. Insonderheit ist n̅icht zu rathen / daß man einen gewesenen Advocaten, [wie theils ietzo zänckisch und liederlich sind] leicht zu einem Richter bestelle: Denn die Katze lässet daß mausen nicht; dessen Gewissen / Zunge und Hand um den schnödesten Gewinst seil gewesen / der wird solch Handwerck nicht dahinten lassen / sondern ihm wird allezeit die Zuneigung zum Geschenck-nehmen / cavilliren / Recht verkehren / Weitläufftigkeit zu verstatten / ankleben. X. Ferner sey auch acht zu haben / ob eine solche Person / so angenommen werden soll / sich prächtig halte / über Stand und Vermögen aufziehe / schleckerhafft und wollüstig sey / viel von sich halte &c. Dann wie jenes einen grossen Verlag / und daher die Versilberung der Hände erfodert: Also wo große Einbildung ist / da folget gemeiniglich die Rache den Affecten hinten nach / wenn die geringste Beleidigung / deren doch ein Richter gewohnen / und viele verschlucken muß / etwa entstehet. Hat er Weib und Kinder / so erkündige man / wie er seine Haußhaltung führet / wie Er sich mit den Nachdarn beträget / waß er vor ein Lob und Gericht bey seinen Mit-Bürgern habe? Den̅ daraus würde man seinen Sinn / und Lebensarth urtheilen können / als worbey er es nicht allein lassen / sondern auch darinnen viel weiter um sich greiffen wird / wenn er die Macht in die Hände beköm̅t. Welchen Rath / unter vielen andern / auch der Author des Discursus von Justizien Werck vor wohlgethan schätzet. XI. Ob nun wohl Gottesfurcht / Geschickligkeit und und Weißheit bey einem Richter oben anstehen / und gleichsam den Gericht-Stab führen: So müssen sich neben diesen doch noch andere Tugenden mehr bey ihm finden / wiewohl keine genennet werden mag / so nicht aus benselben herstammen solte. Deren nun sind ferner die Ehrligkeit und Auffrichtigkeit / nicht allein / daß ein Richter vor sich selbst einen ehrlichen Wandel führe / kein ungerechter / eigennütziger / geitziger Mann: Ja kein Hurer / Ehebrecher / Dieb / Lästerer / Zäncker und Stäncker sey. Juxta D. Augustinum enim ille demum justè alios reprehendit, qui non habet, quod in se alius reprehendat. Et carere debet omni vitio, qui paratus est in alterum dicere. Gibt auch schlechten Respect und Gehorsam / wenn lasterhaffte Personen oben an sitzen / so / daß jener Jurist Recht und wohl schreibet: Quò excelsior est Judex, eò magis & turpius peccat. Et quomodo incorruptum Judicium de alterius delicto ferent illi, qui ipsi in eodem luto haeserunt: & quomodo alterum super eo delicto condemnabunt, qui de eodem nondum [191] sunt puniti: & quomodo integram pronunciabunt Sententiam, quam conscientia propria erga ipsos pronunciat quotidiè? Nec sufficit: Sum liberatus: delictum perpetratum est extinctum. Nam saucia conscientia monebit, se hoc promeruisse, quod in alium per Sententiam statuere cogitat. Carol. Ruinus, Cons. Vol. 3. Cons. 23. n. 153. Sondern auch der von allen Affecten frey. C. quatuor. c. 2. quaest 3. im Gericht sein Müthlein nicht kühle / ohne ansehen der Person richte / und bloß aus Liebe zur Gerechtigkeit ein gerechtes Urthel fälle. Von welchen Käyser Constantin??? also befiehlet: Wen̅ dein ärgster Feind Recht hat / so sprich ihm recht / und wenn dein bester Freund Unrecht hat / so sprich ihm unrecht. Gestalt von dem Römer Tito Manlio ein denckwürdiges Exempel erzehlet wird / nemlich daß / alß er auf eine Zeit zwischen den Macedoniern als Klägern / und seinen Sohn / als Beklagten / urtheilen sollen / Er folgende Sentenz gegeben: Cum probatum sit, Tilanum filium meum pecuniam accepisse, ipsum repudio, & prole meâ in dignum reputo. Bonus quippe Judex nihil ex arbitrio suo facit, nec ex proposito domesticae voluntatis, sed juxta Leges & Jura pronunciat. Drum auch Svetonius Tranquillus Käyser Augustum hoch rühmet / daß er niemals anders Recht gesprochen / dann es die Justiz und Gesetze erfodert: Allermaßen der Richter sich keine Verwand- noch Blut-Freundschafft verblenden lassen solle / daß / wenn es auch sein eigen Weib und Kinder betreffe / er ihm selbst die Schande anthun / daß Recht verbergen oder unterdrücken wolte. Damit ihm nicht vorgeworffen werden möge / was Johannis am 8. stehet: Vos secundum Carnem judicatis! Et personam Judicis exuit, quisquis amicum induit. Wiewohl ohne dem im Rechten nicht zugelassen wird / daß einer in seiner eigenen / oder der Seinigen / Item seiner nahen Bluts-Freunde Sache / Verdacht und böse Nachrede zu vermeiden / richten dürffe.
L. 17. in fin. ff. de Judic.
L. extat. 3. ff. quodmet. caus.
L. nullus 14. c. de Judoe.
L. 10. ff. de Jurisd.
L. unic. C. ne quis in propr. causa judic. Rationem dat Cicero, in Orat. pro Dejotaro c. 2. quod se sibi, quàm adversario aequiorem praebeat. Et nemo tam justus praesumitur, quin in propriâ & suorum causâ amore & affectibus ductus, pro se & suis potius, [192] quam alienis jus dicere velit. Cùm verò â judiciis & litibus omnis exulare debeat suspicio L. 16. C. de Judic. omnino iis haec potestas concedi non debet, & si fiat, periniqvum est. Adde his, quae latè habet Zigler. in Dicast. concl. 12. XII. In Ansehung dessen haben die Alten die Justiz oder Göttin der Gerechtigkeit mit verbundenen Augen gemahlet / daß sie niemand / weder Freund noch Feind / solle ansehen / sondern gleich durchgehen / und iedem / was ihm gebühret / zueignen. Die Thebaner bildeten sie ab mit gegen Himmel sehenden Augen. Die AEgypter aber dergestalt / daß sie ihr Gesichte in den Wolcken verborgen hielte.
Plutarch. in moral. lib. 1.
Zigler. Dicast. concl. 32. §. 16. Ja die Areopagiten [odes Blut-Richter zu Athen] hielten bey Nacht / ohne Licht und im Finstern Verhör / und entschieden die Sachen / damit sie nicht sehen möchten / wer die klagende und beklagte Personen wären / wohl wissende / daß das Ansehen der Personen / die Gestalt / Kleidung und Gebärden der Menschen zuweilen den guten Vorsatz und das Gemüthe des Richters zu bewegen pflegten. Drum sie auch verbothen / daß kein Ubelthäter mit Rhetorischer Wohlredenheit zu defendiren / noch auch mit sonderbahren zierlichen Reden die Affecten der Richter zur Barmhertzigkeit zu bewegen. Lucian. in Hermotimo. XIII. Insonderheit aber soll Er sich hüten / daß Er nicht durch Verleitung der Weiber ein ungerechtes Urthel fälle / wie Paris der Veneri zu Liebe wieder Palladem und Junonem: Denn die Weiber können mit einen geringen Winck den Richter zu Mitleiden bewegen / und unziemliche Liebe anzünden. Und ist war / wie man saget / daß viele Herren in einer Stadt / aber fast alle Knechte der Weiber sind. Drüm auch die Po???en bezeugen daß die Liebe viel stärcker und mächtiger sey / denn alle andere Götter / und ihnen alle ihre Waffen nehme / demm Jovi seinen Blitz und Donner-Keil / Apolloni den Bogen und Pfeil / Herculi die Keule / Marti seinen Helm / Mercurio seine Talaren / dem Bacho seinem Thyrsum, Neptuno seinen dreyfachtigen Zepter. Waß ist denn hoch zu verwundern / so Amor das Gehirn aus dem Kopffe / die Feder aus den Händen dem unkeuschen Richter nehme / und Abschiede oder Urtheil seines Gefallens mache. Adam, Samsonem, Loth, Davidem Salomonem Foemina de???pit, quis modo tutus erit?
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Nihil enim est, ad quod naturâ magis inducimur, praeterquam ad foeminarum amorem, & omnes, quotquot sumus, sumus à foeminis & ad foeminas scribit Guazzus, de Civil. convers. Diss. 4. p. 7. Sed Teste Oweno 1. Epigram. n. 160. Nulla sides Veneri, levis est, interque planetas Ponitur, haud inter siderafixa Venus. & Quod juvat exiguum est, plus est, quod laedit amantes. Ovid. 1. de Arte Amandi. Hinc optimum illud, manum de tabula! Nam ut oculus, in quem humor aut phlegma illapsum, parum videt, sic animi acies, quem amor inumbrat. Lipsius. lib. 1. Epist. 36. Er soll sich auch nicht durch ihre Heuchel-Trähnen zur unzeltigen Barmhertzigkeit bewegen lassen / oder deshalber ihnen zu Liebe etwas thun / was wieder sein Gewissen und die Rechte laufft / sondern mit dem Propertio, lib. 3. Eleg. ult. sagen: Nil moveor lacrymis; ista sum captus ab arte, Semper ab insidiis, Cynthia, flere soles. Denn die Weiber sind gleichsam zum Heulen und Weinen gebohren / daß es wohl heissen mag / wie Euripides in Medea anführet: - discunt lacrymare decenter, Quôque volunt plorant tempore, quôquemodô. Non omnis fides earum lacrymis adjungenda est [quas saepissimè simulatio & hypocrisis excutit] neque etiam eorundem verbis. Habent enim [ut ait Plautus, in Truculento] foeminae in lingua mel, sed corfelle contectum est, aceto imbutum, & amaritudine plenum. XIV. Ferner wird an Ihm erfordert die Vergnügligkeit / daß er mit dem / was seine Herrschafft und Obern ihm zur Besoldung / Deputat und Accidentien verordnet / zu frieden sey / und die Partheyen etwas mehrers zu thun nicht nöthige / noch durch andere denenselben es stecken lasse / prout Imperator Justinianus statuit
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Nov. 17. c. 1.
Vide etiam Nov. 25. c. 2. & Novell. 82. c. 9. in fin.
Zorer, quaest. 12. part. 1. n. 878.
Osvvald Hilliger, in Donell. enucl. lib. 14. c. 25. lit. c.
Joh. Brunneman, L. Sancimus. final. C. ad Leg. Jul. repetund.
Philippi, in Usu Pract. Inst. lib. 4. Ecclog. 94. n. 13. Viel weniger Geschencke nehme / das zu Recht zu beugen / denn damit verkauft er seine Libertät / seine Ehre / auch das Ansehe̅ und Kraft seines hohen Ambts / und muß wider seine Pflicht und Gewissen zulassen / daß der Reiche den Armen bedrenge / der Ungerechte und Schuldige den Gerechten und Unschuldigen beschwere / und giebt Ursach / daß beydes Gott und Menschen mit höchsten Betrübnis über ihn klagen. Wie man beym Propheten Esaia c. 1. v. 23. lieset / da GOtt der Allmächtige über die Richter seines Volcks selber Klage führet: Deine Fürsten sind Abtrünnige und Diebes-Gesellen / sie nehmen alle gerne Geschencke / sie trachten nach Gaben: Den Wäisen schaffen sie nicht Recht / und der Wittiben Sachen köm̅t nicht für sie. Daruß sie sehen können / waß sie für Ehre davon haben / nemlich daß sie Abtrünnige und Diebes-Gesellen / ja Feinde Gottes genennet werden / und folget denn darauf / wie Isiodorus in seinem Buch de Summo bono saget: Pauper, cum non habet, quod offerat, non solùm audiri contemnitur, sed etiam contra Justitiam opprimitur. Der heilige Antonius erzehlet ein artig Exempel von einem Richter / der von einer Partheyn ein Kalb hatte angenommen / welches die andere Parthey erfahren / und seiner Frauen eine Kuh verehret. Als sie aber für Gericht kommen / und der / so das Kalb geschenckt / wohl verspüret / daß seine Sachen nicht so wohl von statten gingen / als er verhoffet / und ihm vielleicht versprochen worden / hat er den Richter höfflich erinnern wollen / und gesagt: Seine Sache wäre so klar / daß ein Kalb darinne sprechen könte. Drauf der Richter geantwortet: Daß die Kuh so laut geschrien / daß man das Kalb nicht hören können. Damit er anzeigen wollen / wie die Geschencke im Gerichten so bald etwas gut / und auch böß machen können. Darüber aber Gott durch den Propheten Esaiam den Richtern seines Volcks das ewige Weh drohet / wenn er saget: Wehe euch / die ihr den Gottlosen um Geschencke rechtfertiget / und verkehret dem Gerechten seine Sache. Dafür sie denn Gott selbst ernstlich warnen lässet Exod. 23. v. 8. & Deuteron. c. 14. n. 19.
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Der Richter soll kein Geschenck nehmen / denn dieselbe verblenden die Augen der Weisen / und verkehren der Gerechten Wort. Add. Esaiae c. 5. v. 23. & Mich. 3. v. 11. Und wo Geld einziehet / da ziehet die Gerechtigkeit aus / und werden die Urthel verkaufft. Thebani, ut in corruptam signarent Justitiam, nec variari gratiâ, Judicum Imagines sine manibus, Principis verò sine oculis in foro proposuere. Plutarch. in lib. de Iside. Einer von Adel bath einen Ambtmann / daß er doch seiner Sachen / so etliche Jahr für ihm unentschieden angestanden / abhelffen und sie zum guten Ende bringen möchte. Der Ambtmann fragte / waß er wohl geben wolte / wenn er ihm die Sache innerhalb dreyen Tagen zum guten Ende bringen würde? Der von Adel sagte / er wolte ihm geben / was er begehrte / und nur haben wolte. Da hat der Ambtmann nicht mehr / als ein paar Handschue begehret / welches der von Adel schon verstanden / und ihm ein paar Handschue darinnen funfzig Ducaten in die ledige Finger gesteckt / verehret. Derowegen der Edelmann des folgenden Tages einen endlichen Abschied bekommen. Ferner lieset man / daß einem Ambtmann so viele Haasen verehret worden / daß er / damit sie nicht riechend würden / einen sonderlichen Verkäuffer dieselbe wiederum zu verkauffen zugeschicket / und hat der substituirte Verkäuffer berichtet / daß ihme einsmahls ein einziger Hase in einem Tage fünfmahl wiederum zu verkauffen von demselben Ambtmann durch seinen Diener unterm Mantel verborgen geschickt und zugebracht worden / welches daher kommen / daß kein ander Hase / als derselbe / auf den Marckt feil / oder zu kauffen kommen. Derowegen derselbe in einem Tage fünffmahl von fünf unterschiedenen Personen gekaufft / und dem Ambtmann praesentiret und verehret worden / und hat also derselbe sich auf drittehalben Thaler mit einem Hasen in einen Tage bereichert / und war kurtzweilig zu sehen / daß demjenigen / so mit krum̅en Arm vor seine Thür kahmen / dieselbe viel eher / als denenjenigen / die sonst mit dem Ring anklopfften / geöffnet wurde. XV. Etliche Richter stellen sich eußerlich gar fromm und heilig / wie die Pharisäer / rühmen sich / als ob sie gar kein Geld noch Geschencke von den Partheyen nehmen / haben aber ingeheim ihre Weiber und Kinder also abgerichtet / daß dieselbe zur Verehrung güldene Ketten / Arm-Bänder / silberne Becher und ander Geschenck / eben als wenn es ihnen / und nicht dem Mann oder Vater geschehen / mit williger Hand annehmen. Ja es pfleget anch wohl nahe [196] an der Stubenthür ein Neben-Tischlein gestellet zu seyn / auf welches der / so bey dem Richter gewesen / und um Beforderung seiner Sachen angehalten / beym Abscheid und im hinausgehen stilschweigend das eingewickelte Geschenck lynlegen könne / indes stellet sich der Richter / als ob er es nicht sehe. Uber dieses bestellet man wohl bey den Handels-Leuten / Cramern und andern / die vor Gericht was zu thun haben / sie möchten doch dem Beambten oder Richter dieses oder jenes um Bezahlung mit aus der Meße bringen / wenn sie es aber liefern / muß es geschenckt werden / sonst ist es finster im Hause. Eingewisser Scribent saget im Schertz / doch mit guten vernünfftigen nachdencken: Wenn man lässet hören den Klang des Geldes für den Ohren des Richters oder der Advocaten, derselbe Klang überteubet deß Orphei seine Harffen / des Amphionis Gesang / des Virgilii Musam, und wenn das Geld redt / so wird die helle und liebliche Trompete Tullii Ciceronis helscher / wo das Geld krieget / aldar werden alle Kräffte des strarcken Herculis mat. Wo das Geld kämpffet / wird die Tugend Herculis expugniret und überwunden. Ja / wie von etlichen gesaget wird / daß der Stein Diasper keine Krafft noch Würckung habe / er sey dann in Silber gefaßt: Also läst es sich ansehen / daß das Gericht und Gerechtigkeit keine Krafft noch Würckung mehr habe / so dieselben nicht mit Silber und Gold ümgeben werde. Und das gemeine Schrichwort saget: Man fischet ümsonst / woferne keine Speise am Angel ist. Placatur donis Jupiter ipse datis. Dieses sind die drey güldene Aepffel / mit welchen Hippomenes die eilsertige Atalante im Laus aufgehalten. Ovidius lib. 10. Metamorph. fab. 13. Daher ist auch entstanden das Geheimnis von den Strahlen oder Pfeilen Cupidinis, oder der Liebe: Denn gleich wie die von Bley formirte Pfeile einführen Haß / und Wieder-Willen bedeuten; also die güldene Strahlen erwerben Gnade / Gunst und allen guten Willen. Et genus & formam Regina pecunia donat. Dieses ist eben der güldene Regen / darein sich Jupiter / wie die Poeten fabuliren / verwandelt / als er die in einen eherne̅ Thurm verschlossene Danaen betrogen / daß er etliche Tropffen in ihren Schooß fallen ließ / durch welcher Krafft und Würckung sie geschwängert wurde. Horat. lib. 3. Carm. Od. 16. Allein Ehrliche / Aufrichtige und Gewissenhaffte Richter und Beambte [197] thun solches nicht / sondern sind viel zu genereus darzu / und bedencken / daß / ob gleich das Silber an sich selber weiß ist / den̅och wenn man damit auf einen garten und reinlichen Papier Linien ziehet / solche schwartz werden und erscheinen; Also werden auch der Richter Gesichte / wenn sie sonst schon weiß sind / durch Annehmung Gold und Silbers / schwartz und heßlich / ja ihre sonst gute Gemüther werden gantz und gar verkehret / es mag auch das Geschenck so gering seyn / wie es immer will. Nam & in minimis est affectio, & ex minimis, si permittantur, facilis ad majora optanda & capienda est via!
Jung. Valent. Winther. Parth. Litig. lib. 2. c. 10. n. 23.
Philip. ???. Pract. Inst. lib. 4. Ecclog. 49. n. 10. Gestalt denn die Gaben gleich sind den Schlangen unter den Blumen / welche das Hertze und Gewissen des Richters beschleichen / einnehmen / vergifften und dahin bewegen / daß er weit über die gebührliche. Grentzen und Schrancken eines guten Willens / und rechtschaffener Freundschafft schreitet / thut und handelt. Denn wer die Gerechtigkeit um seines eigenen Nutzens und Gewinstes halber befördert / liebet die Gerechtigkeit nicht anders / als der Zauberer den Gifft. Am besten ist es / wer es so machet / wie Horatius Flaccus lib. 4. od. 9. setzet. - bonus atque fidus Judex honestum praetulit utili, & Rejecit alto DONA nocentium Vultu - So kan ihm keiner was vorwerffen / sondern er getrost einem ieden in die Flanck en gehen / und muß der Teufel und seine Mutter ihn wohl mit Frieden lassen. Judex habeat oculos & manus continentes, veluti monuit Sophoclem Pericles, apud Valer. Maxim. lib. 4. c. 3. hoc est, ne se pecuniâ vel muneribus corrumpi patiatur, nisi turpiter facere, atque contra justitiam peccare exoptet. c. qui rectè 66. 11. q. 3. Imò si pecuniá vel muneribus corrupti Judices aliter judicent, quam reverà res se habet contra Deum, contra debitum officii sui faciunt, & denique contra humanam naturam & sic neque Deum timent, neque homines yerentur, & hoc ipso maledictionem sibi suisque comparant.
|| [198]

Matth. 12. v. 36. & 37. c. 16. v. 26. & seq. c. 18. v. 34. & c. 25. v. 19.
Deuteron. 27. v. 25.
Psalm. 14. v. 5.
&
Psalm. 62. v. 13. Et corruptio talismodi similis est praevaricationi: imo munerum acceptatio veritatis immutatio, c. qui rectè caus. 11. q. 3. oculorum & mentium occaecatio, Ecclesiast. c. 20. Libertatis & justitiae nundinatio, ipsius que Reipublicae pessima corruptela & proditio. Lud. Gunth. Martini Commentar. Forens in tit. 1. Ord. Jud. Sax. §. 1. n. 29. & 30. Praeterea Judex innocentem damnans, pecuniâ acceptâ, capitaliter punitur.
L. 1. §. 1. ad L. Cornel. de Sicariis.
Farinac. part. 3. Opp. Crim. Quaest. 111. n. 24.
Ventur. de Valent. Parthen. litig lib. 2. c. 12. n. 16. Ja wer mit Moyse in der That und Warheit sagen kan: Num. c. 16. v. 15. Ich habe nicht einen Esel von ihnen genommen / und habe ihr Keinen nie kein Leid gethan. Item mit Samuel: Lib. 1. c. 12. v. 3. Siehe hie bin ich / antwortet wieder mich für den HErrn und seinen Gesalbten / ob ich iemands Ochsen oder Esel genommen habe? Ob ich iemand habe Gewalt oder Unrecht gethan? Ob ich von iemands Hand ein Geschenck genommen habe / und mir die Augen blenden lassen? So will ichs euch wieder geben; Der ist vor aller Welt höchlich zu rühmen und zu preisen. add. D. Casp. Zigler. Dicast. Concl. 20. per tot. XVII. Sol aber nun ein Richter die Justiz unpartheyisch administriren / keine Geschencke nehmen / sondern sich mit seiner Besoldung begnügen lassen: So muß die selbe so austräglich seyn / daß er mit den Seinigen darbey ehrlich auskommen könne. In der Französischen Ordination de Blois, Chapitr. 18. findet sich dißfalls eine schöne Passage, folgender gestalt providiret: Sur tout est necessaire, que les Consilers soyent devement stipen [199] dies, pour feire leurs charges avec des mains nettes & impollues de corruption & du sang des parties. Und Gotfried Warlef in seinen Discurs, de abbrevianda lite, c. 4. erinnert solches auch mit folgenden Worten: Ein Richter kan nicht von den den Pfoten saugen / Weib und Kinder wollen ernehret und bekleidet / das Gesinde in Kost erhalten und belohnet / es will auch ein Ehren- und Noth-Pfennig vorhanden seyn. Manche Herren sind in den Wahn / wann sie nur Diener bekommen / die am wenigsten zur Besoldung nehmen / so hätten sie einen grossen Fisch gefangen / aber sie sie binden sich damit eine Ruthe über ihren eigenen Rücken: Sintemahl nothwendig daher kommen muß / daß die Diener stehlen / unrecht Guth zu sich ziehen / Geschencke nehmen / und alerhand gefährliche Sachen zuschmieden anfangen. Kluge Herren nehmen lieber desto weniger Diener an / die sie aber annehmen / müssen gut seyn / und ihr Amt verstehen. Drum empfangen sie auch billig einen reichen Lohn. Fragestu / woher? Denn die Fürstl. Renth-Cammer will das wissen / und meinet immer / was sie ausgiebt / das verlöhre sie? Antwort: Wenn auch gleich der Fürst etliche unnützte Diener / welche Fressen / Sauffen und Müßig-gehen ihre Aufwartung heissen / abschaffte / die Hoffstadt enger einzöge / etliche Pferde weniger auf der Streu hielte / die viele Operen Balette, Feuer-Wercke und unnöthiges kostbares Bauen theils zurücke setzte / und ein erkleckliches davon dem Richter und andern treuen Dienern / welche täglich ihre Last und Mühe haben / zuwendete / würde es an Handhabung der Justiz und andern Wohlstand in seinem Lande nicht mangeln. XVIII. Sonderlich würde auch ein Richter / und ander rechtschaffener Diener sich mit einem geringen begnügen lassen / wann sie wüsten / und versichert seyn möchten / daß nach ihrem Tode ihre hinterbleibende Witwe und Kinder versorget / und diese vor andern mit Beförderung begnadiget werden solten. Die Ost-Indianische Compagnie in den vereinigten Niederlanden / hält den Gebrauch / daß sie demjenigen Soldaten / so in ihren Dienst üm ihre Gesundheit kommen / eine jährliche Provision auf ihr Leben machet / daher flieget ihnen das Volck zu / welches dann tapffer und unverzagt ficht / und sich weder vor Wunden / noch dem Tode entsetzet. Vielmehr würden sich gelehrte Leuthe gerne gebrauchen lassen / und mit allen Kräfften aufrichtige Dienste thun / auch vor eine schlechte Besoldung / wofern sie sich nicht zu befahren hätten / daß die Ihrigen nach ihnen Mangel leiden dürfften.
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Es sind viele Herren in dem falschen Wahn begriffen / werden auch von ihren Cammer-Bedienten [welche nach der Gerechtigkeit gemeiniglich nicht viel fragen / und den Dienern ihre Besoldungen lieber verkürtzet / als vermehret sehen / damit sie nicht allein den Vorrath der Cammer vergrössern / sondern auch ihre grosse Besoldungen desto sicherer und beständiger erheben mögen] mit Anziehung allerhand fauler und nichts-würdiger Gründe darinnen verstärcket / ob sey ein Herr nicht eben schuldig / der Diener Weib und Kinder zu ernehren / weil diese keine Dienste thäten / sondern vielmehr den Herren allerhand Verdrießlichkeit und Beschwerung erweckten / daher macht man auch keinen Unterschied / es sey ein Beambter mit viel oder wenig Kindern von GOtt gesegnet / und dörffen auch wohl sagen / wann ein solcher / so vor andern häufig bekindert ist / üm die gewöhnliche Besoldung / darauf sein Vorfahr im Amt / der vielleicht eine eintzele Person gewesen / gelebet / und wohl auskommen können / nicht dienen wolle / so stünde ihm das Thor angel-weit offen / und weren zeeen Beambte und diener vor einen vorhanden / so die Finger nach solchem Amt und Besoldung leckten: Veranlassen daher entweder eine stete Enderung der Bedienten / mit grossen Schaden der Gerechtigkeit / oder verursachen / daß der Beambte / so Noth und Mangel leidet / seiner Schantze wahrnehmen / die Partheyen mit Gebühren überlegen / und die Beschelde vor Geld zu verkauffen / hingeben muß. Vielweniger können diese neidischen Cammeralisten vertragen / daß ein Herr gegen seine treue und geschickte Bediente einige Freygebigkeit sehen lasse / welches doch / wie Seneca saget / eine rechte königliche Tugend ist. Studiorum labor meretur, ut in publicis muneribus constituti spe praemiorum provocentur, bekennen die Käyser Diocletinnus und Maximinianus. Aber diese Tugend kommt heut zu Tage gantz ab / vielmehr höret man tägliche Klagen / daß auch diese beschnittene und abgekürtzte. Besoldungen fast keinen zu rechter Zeit gegeben werden. Wie kan nun bey solchem Mangel jemand sein Ambt mit Freuden verrichten? Ich halte davor / daß eintzig und allein die Hinlängligkeit der Besoldungen und daß reiche Außkommen der Römischen Gerichts-Herren das Band unparteyischer Administration der Gerechtigkeit gewesen. Es kömmet ferner hierzu / daß man mit Abschaffung der Diener / sonderlich der alten / allzufix ist / und sind hierin manche Fürsten dermaßen huy uud lüstern / daß sie immer was neues haben wollen. Wann nun die andern solche Exempel sehen / so beginnen sie mit eines andern Schaklug zu werden / dencken dann / wie sie pfeiffen schneiden mögne / weil sie noch im Rohr sitzen. Wenn aber die alten abgelebten und wolverdienten Beamb [201] ten mit guten Provisionen versehen würden / so hätten sie auch nicht nöthig / ihnen durch Recht und Linck zu rathen. Es kömmt ein Diener oft auf Reisen durch Diebstahl / Wasser- und Feuers-Noth in Unglück / da solten die Herren ihre milde Hand aufthun / wie der Gottesfürchtige Käyser Constantinus im Gebrauch gehabt / der auch deßhalber bey dem Eusebio hoch gerühmet wird. Es schencket oft ein Fürst einem Schalcks-Narren und Betrüger eine groß Summa Geldes / wie viel besser wäre es / wenn er solches unter seine treue und nothdürfftige Diener austheilete? Hactenus ille. Respublica duobus pedibus consistit, PRAEMIO & POENA, alterutro deficiente claudicat. Procliviorem decet esse Principem ad meritorum praemia, quam ad demeritorum supplicia. Obsequia praemio languescunt negato, vigescunt collato. Nam sub ingrato Principe nihil magnum geritur, nec ulla Heroica facinora patrantur. Et princeps utplurlmum non colitur ac suspicitur, quia Princeps est, sed quia praestita sibi obsequia remuneratur, & praemia tribuit magna magnis, minoribus minora. Joh. Adam Weber, in Spiritu Principali, cap. 58. XIX. Grosse Herren solten bedencken / daß die Freygebigkeit sey das Diamantene Band / wodurch ihre und dero Diener Hertzen verknüpfft werden / und daß man mit güldenen Hamen die Gemüther der Menschen fangen müsse. Wiewohl aller Uberfluß zu vermeiden. Denn gleich wie ein kleiner / doch anhaltender Regen das land besser durchweichet / als ein grosser Platz-Regen / der nur überhin läufft / also hinterläst auch die mäßige Freygebigkeit ein längerwerendes Andencken der Liebe und Huld in dem Hertzen derer / so die Wolthat empfangen / als die alzugrosse Verschwendung. Idem Weber d. tr. c. 22. Und saget Jener wohl recht / daß gute / treue und aufrichtige Dienste allemahl die Herrn unvermerckt ans Ohr zupften / solche extraodinariè zuerkennen / und es nicht allein bey der ordentlichen Besoldung zu lassen / gestalt den auch eine geringe Erkäntligkeit einen Diener zu mehrern Fleiß und Treue animiret. Adam Keller, de Offic. Jurid. Polit. lib. 3. c. 4. Est enim in minimis etiam affectio.
Brunnemann, ad L. 18. n. 2. ff. de Offic. Praesid.
Ven. de Valent. Parthen. litigios. lib. 2. c. 10. n. 23.
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Zumahl wenn es solchen Dienern geschiehet / die es allbereit meritiret haben / oder doch noch verdienen können / Juxta L. fin. C. de st at. & imagin. Joh. à Chokier, in Thes. Polit. Lib. 2. c. 17. 5. 6. & 7. Welches König Ludwig der XI. in Franckreich mit seinem Exempel / allen Herrn zur Nachfolge / dargethan: Denn als demselben einsmahls 12000. Gülden gebracht wurden / ließ er solche auf eine Taffel schütten / wol wissend / daß seine Hof-Leute und Bediente hinlauffen würden / in Hoffnung / was davon geschenckt zu bekommen / welches auch geschahe / und als alle das Geld mit begierigen Augen ansahen / fing der König an / dieses Geld ist uns als ein praesent gegeben worden / wir wollen davon auch unsere treue Diener bedencken. Wer ist nun da / der Uns fleißig und aufrichtig gedienet hat? Und als er gewahr wurde / daß sonderlich einer sich gar an den Hauffen Geldvergaffte / auch Maul und Augen drüber aufsperrete / redete er demselben an: Wer bistu? Und was hastu uns vor Dienste geleistet? Dieser gab zur Antwort: Er hätte viele Jahre her Ihrer Königl. Majestät Falcken gewartet und gefüttert / darbey seinen Fleiß und Sorgfald aufs beste herausstreichend und sich recommendirend. Dem folgeten andere mehr mit Vorstellung ihrer Treu und mühsamen Verrichtungen nach. Der Reichs-Canzlar stund von ferne / und schwieg gantz stille / den ließ der König herbey kommen / welcher aber / als ein vortreflicher kluger Mann / weder von seinen Meriten, noch auch wegen des Geldes das geringste erwehnete. Den endlich der König / also anredete: Foderstu allein nichts? Weistu nichts / daß du von deinem Uns und dem Königreich geleistet en Diensten vorbringen / und wie andere / aufschneiden köntest? Welcher antwortete: allergnädigster König Ew. Majstät Enade und Freygebigkeit gegen mich / ihrem Unwürdigsten Diener / ist schon so überschwenglich groß / daß ich nimmermehr mit meiner allerunterthänigsten Aufwartung mich derselben werde würdig machen können / geschweige daß von Ew. Maj. ich mit höchster Unbescheidenheit noch was mehrers begehren solte. Der König replicirte: So bistu unter so vielen nur der einzige / der kein Geld bedarff oder gebrauchet? Der Cantzlar antwortete abermahl / Ew. Königl. Majestät höchstrühmlichste Freygebigkeit hat mich schon so bereichert / daß ich dessen nicht bedarf. Der König sagte hierauf zu den andern Umstehenden Hoff-Bedienten; bin ich nicht ein grosser König / der einen solchen reichen Cantzlar hat? Als nun Jederman Zeit und Weile lang ward / wo doch das auf der Taffel liegende Geld noch endlich hinkommen würde / ließ nach langen Warten der König den Cantzlar wieder vor sich [203] kommen / und sagte: Weil du der einzige bist / der nichts begehret / noch auch von deinen Diensten einig rühmens gemacht / wir aber aller deiner Uns und der Cron Franckreich von vielen Jahren her geleisteten treuen und nützlichen Dienste Uns gnädigst erinnern / auch versichert sind / du werdest in solcher Treu / Aufrichtigkeit und Fleiß noch ferner beharren / so wollen / und befehlen wir dir hiermit gnädigst / daß du einzig und allein alles Geld / so hie auf der Taffel vor deinen Augen lieget / als ein Königlich Geschenck / zu dir nehmest / und zu deinem Beste̅ anwendest. Welches auch der Reichs-Cantzlar mit allen unterthänigsten Danck annahm / denen andern vergeblich gehofften aber wurd der Trost gegeben / daß sie künfftig auf Gelegenheit warten möchten / die ihnen auch was zutragen würde. Und soll der König bey Ubergebung des Geldes an den Reichs-Cantzlar diese Worte hinzugethan haben: QUI BENE SERVIT, ET TACET, ETIAM TACENS PETIT. Carpar Ens, Epidorpidum lib. 2. pag. 193. & 194. add. Den getreuen Rechnungs-Beambten part. 1. cap. per tot. Item / den ungetreuen Rechnungs-Beambten cap. 22. von n. 27. biß 57. alwo ausführlich von den Besoldungen der Diener gehandelt wird. XX. Der Judex soll auch seyn VIR CONSTANS, ein Mann standhafften Gemüths / und von dem man sagen könne / ein Wort ein Wort / ein Mann ein Mann! Kein VERTUMNUS, Wetterhahn und Wenneheyke / der den Mantel nach den Winde henge / und iedem Theil / wenn sie zu ihm kommen und was schencken / Recht gebe / und also die Partheyen dadurch verleithe / und in grosse Unkosten stürtze / sondern Er soll ohn einiges Bedencken / Zweiffel / Hinterhalt oder Ansehen der Person / nach den beschriebenen Rechten / Statuten und löbl. Gewonheiten iedes Orths urtheilen und richten.
§. 1. Instit. de Offic. Jud. ibi??? DD. Authent. Jubemus C. de Judic.
Novell. 82. c. 13.
Gail. lib. 1. Obs. 36. n. 12.
Richter / Decis. 136. n. 22. & seqq. Nec his deficientibus à communi opinione in litibus terminandis recedat.
Jason, in Authent. Noviss. n. 22. C. de in officios. Testam.
Nevizan. in Sylva Nuptial. lib. 5. n. 1.
Toming. Decis. 23. n. 15.
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Knich. ad Privileg. Saxon. de non appell. fol. 18.
Cothmann, Respons. 1. n. 545. XXI. So hat er sich auch vor niemand zu fürchten / sondern gleich durchzugehen / und den Armen so wohl / als den Reichen / den Fremden so wohl als den Einheimischen gleiches Recht mitzutheilen.
Levit. 19. v. 15.
Deuter. 1. v. 17. Judex debet examinare causas, non personas: hoc est, non attendere, quis & quasis in Judicio stet, sed quàm justam causam foveat.
Dan. Clasen ad art. 3. Const. Crim. Caroli V. Pag. 50.
Rudolph. Godofred, Knichen, Op. Polit. Vol. 1. lib. 2. part. 1. cap. 13. pag. 659. Denn bey einem tapffern Gemüthe sol Recht und Billigkeit allezeit mehr gelten / als Gewalt / drum sich auch dasselbe vor keine Drohungen fürchtet / sie mögen auch herkommen / von wem sie wollen. Garzon, d. Disc. 145. pag. 1031. Und wer furchtsam ist / dienet nicht zum Richter: Deßwegen Syrach c. 7 v. 4. recht und wohl saget. Laß dich nicht verlangen Richter zu seyn / du köntest denn durch dein Vermögen alles Unrecht zu rechte bringen: Daß du dich nicht vielleicht entsetzest für einen Gewaltigen / und das Recht mit Schanden lässest / wie dem Pilato wiederfahren / der zwar das Recht gewust / aber sich durch die Drohungen der Jüden also schrecken lassen / daß er mit Schanden davon abgewichen. XXII. D. Casp. Ziegler hat diese / und andere Virtutes Judicis, so er???an sich haben sol / gar artig zusammen gesetzet / wenn Er also schreibet: Judex debet esse FORTIS, ut non extimescat potentiam litigantis, & ut convitia, opprobria, libellos famosos, & quicquid denique adversi contingere possit, sebria, libellos famosos, & quicquid denique adversi contingere possit, serena fronte contemnat: TEMPERANS, ut sobriè rem agat, nec pleno gutture Sententias evomat: ab AVARITIA alienus, ne munera accipiat, neve corrumpi se patiatur. CONSTANS, ut omnes motus fortunae, mutationesque rerum, Personarum, temporum leves & imbecilles esse credat: PATIENS, sed cum ingenio, ne contemptibilis fiat. Non Iracundus, sed mansuetus, ne pravo in transversum rapiatur impetu: VERITATIS amans, ne quid omittat, quod ad Causae cognitionem plenè percipiendam facit. SEVERUS, ne histrioniam agere videatur, & ut Judicii autoritatem conservet: BENIGNUS, ne duriore interpretatione Leges extendat & pro [205] ducat in saevitiam: CONCORDIAE studiosus, ne lites faciat immortales: PRUDENS, ne quid temerè agat, neve seduci se patiatur. Breviter, AB OMNIBUS AFFECTIBUS VACUUS, cum Justus esse nequeat, qui ab affectibus regitur. In Dissert. praelim. Dicast. p. 8. 9. addatur
Francisc. Zypaeus de Judice lib. 1.
Rutger, Ruland. de Commiss. part. 1. Lib. 1. XXIII. Ferner wird erfordert / daß er sey Leutselig und freundlich / kein Misantropos, der sich nicht sehen oder antreffen lasse / oder wenn er ja endlich noch zum Vorschein kömmet / ein sauer und greßlich Gesichte / wie ein neunjähriger Wolff mache / und die Leute übel anfahre / daß sie drüber erschrecken / und lieber zum Hencker / als ihn gehen möchten / sondern daß er sich jeder mann / der bey ihm zu klagen / oder sonsten zu verrichten hat / willig zeige / und vor sich lasse / mit Gedult einem jeden gütig anhöre / auch mit freundlichen Minen die Klagen und Schrifften annehme / und was sich gebühret / drauf verfüge. Ord. Polit. August. de Anno 1548. tit. von Richtern / vers. daß sie den Partheyen. Ord. Polit. Francof. de Anno 1577. tit. 33. vers. und bey ihren Richten. Ord. Provinc. Vinar. Saxon. de Anno 1589. tit. 29. §. 2. vers. daß ihr die Leute in ihren Anliegen gerne und willig hören / nicht übel anfahren / die Partheyen ohne Verzug bescheiden / und sie in der Güte zu vertragen Fleiß anwenden &c. Ordin. Jud. Magdeb. c. 9. §. als wollen und befehlen wir. vers. in ihren Anliegen gutwillig hören / und ihnen die Billigkeit verfügen. Fibig. in Process. p. 1. c. 2. memb. 3. §. 2. reg. 5. In hoc enim instituta sunt ab initio Judicia. ut, quod injuria factum est, ex Jure corrigatur, & parti laesae satisfiat. Lud. Günth. Martini, Comment. For. in Ord. Pro 2. Jud. Sax. tit. 1. §. 1. n. 52. & 53. Dann welcher die Gerechtigkeit bedienen wil / sol einen guten Verstand haben zum erkennen / grosse Bescheidenheit in Ubersehen / guten Rath zu entscheiden / und einen guten Vorsatz und Neigung zum urtheilen; Nicht weniger ein tapfferes Hertz zum ausführen. Allermassen denn eines Gerechten Richters Ambt in folgenden vier Stücken bestehet: Mit Gedult verhören / [206] mit Bescheidenheit antworten / mit der Gerechtigkeit Urthel sprechen / und mit der Barmhertzigkeit alle Händel außführen:
Guevar, Epist. 8. &. 14.
Zeiler. Epist. 40. pag. 275. XXIX. Wenn auch ein Richter die Partheyen nicht anhören wil / haben sie Ursach / ihre Klagen an die höhere Obrigkeit zu bringen / und sich über die denegirte Justiz zu beschweren.
Mevius, part. 1. Decis. 162. per tot.
Richter / Decis. 103. n. 29.
Zigler. de offic. Jud. concl. 23. §. 28. Da denn zuweilen die Sache von einen solchen Richter abgefodert / oder ihm befohlen wird / die Justiz gebührend zu administriren / und den Process seine̅ Lauf zu lassen / oder / do Er den̅och nicht pariret / folget ein Mandatum Poenale,
Gail. lib. 1. Ob. 28. n. 1.
Petr. Gregor. de Appellat. lib. 2. c. 28.
Mevius, p. 3. Decis. 280. n. 17.
Mynsing. cent. 5. ols. 82. n. 3. item lib. 1. obs. 31. n. 7. Sed supplicans vel agens ante omnia probare debet, justitia̅ sibi denegata̅. Gail. d. Obs. 28 n. 3. item Lib. 1. Obs. 31. n. 7. Puta, idoneo aliquo documento. Richter d. Decis. 103. n. 32. XXV. Sonsten aber ist er schuldig / den Beklagten so wohl als den Kläger zuhören / denn bevor solches nicht geschehen / kan Er kein rechtmäßig Urthel sprechen.
Petr. Greg. Tholos. de Rep. Lib. 4. c. 5. n. 48.
Richter. Decis. 118. n. 12.
Carpzov. Resp. Elect. Lib. 3. tit. 4. resp. 32. n. 21 & seqq. Er muß es machen wie Alexander Magnus, der / als Ihm einer was klagte / daß eine Ohr zuhielt / sagende / daß solches zu Anhörung deß Beklagten Antwort vorbehalten werden müste. Den Gott eben darum dem Menschen zwey Ohren geschaffen / wie dorten der Poët saget: Cur geminas homini concessit Jupiter aures? Possit ut haec laesis, illa patere reis. Vor allen Dingen aber hat Er sich dahin zu bemühen / daß Er die lites abbreviire, und die Partheyen nicht zu grosser und kostbahrer Weitläufftigkeit lasse.
Jason, in L. fin. n. 5. C. de Edict. D. Hadrian. toll.
Bartolus, & coeteri DD. in L. 1. de R. C.
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Wesenb. Cons. 14. n. 51. & seqq.
Vent. de Valent. Parth. litig. Lib. 2. c. 10. num. 28. & Lib. 1. c. 15. n. 36. Denn es ist dem gemeinen Wesen viel dran gelegen / daß die Streit - Händel und Rechts-Sachen bald zum Ende gebracht /
Wesenbec. in paratit. ad ff. de procurat. n. 6.
Martini, in Comment. Forens. Sax. tit. 7. §. 3. n. o. und nicht vergeblich aufgehalten / oder verlängert werden. Wie vor alters der Richter Bunas es gemachet / der mit Fleiß alle vor ihm gebrachte Rechts - Sachen proteliret / und auf die lange Banck geschoben / so / daß auch ein Sprichwort von ihm worden / BUNAS JUDEX EST! Ubi lis in longum proferebatur. Gryphiander, Oeconom. legal. Lib. 1-c. 16. n. 402. XXVII. Worbey denn ein Richter viel thun kan / wenn es ihm ein rechter Ernst ist / Juxta L. properandum C. de Judic. §. 1. Si Judex ipse noluerit, nullus tam audax invenitur, quipossit eo invito litem pro trabere. und er nicht selber durch seine unrichtige Bescheide Anlaß giebt / daß aus einem Streit immer mehr werden / welches doch der Praetor in L. 4. §. 3. ff. de re jud. verbothen. Ober den zancksüchtigen Partheyen / und deren Advocaten, welche offte heterogenea homogeniis misciren / Zigler, dicast. Concl. 26. §. 12. und von denen es heisset: Lis Litium mater, Advoatus Pater,
Author Discurs. von Justizien-Werck pag. 23.
Vent. de Valent. parthen. litig. Lib. 1. c. 9. n. 14. allzusehr nachsiehet / ohne Noth weitläufftige Sätze und Schrifften einbringen / und bey die Acta legen / oder sonst nach eignen Muthwillen sie verfahren lässet / oder wohl gar nachsiehet / daß sie personalia mit einmischen / einander schimpflich und Ehrenrührig anstechen und aufziehen / da er doch vielmehr dieselbe drum bestraffen solte: Zumahl wenn es in seiner Gegenwart geschiehet. Speckhan. Cent. 2. Class. 4. Quaest. 40.
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Tib. Decian. Resp. 17. n. 19. vol. 1.
Goed. vol. 3. Cons. 32. n. 289. Ord. Cameral. part. 1. tit. 23. Sollen sich aller Schmehwort / Schimpffredens und unzüchtigen Gebärden enthalten. Fürstl. Braunschwl. Hoff - Gerichts - Ordn. tit. 8. §. 10. ibi: sich gäntzlich eußern / höhnlich / unbescheiden und schmälige Wort fürzubringen / bey ernstlicher Straffe. Weil solche anzügliche - Stachel-Reden mehr die Gemüther wieder einander verbittern / als der Sache abhelffen. Vent. de Valent. d. tr. Lib. 2. c. 7. n. 15. Est etiam boni Advocati officium, consultorem se praebere litigantibus, non etiam litium calumniarumque conflatorem.
Budoeus, in for. pag. 424.
Ventur. de valent. d. l. n. 14. Bey den Römern wurden dem Kläger sechs Stunden zu völliger Vorund Einbringung seiner Klage / dem Beklagten aber neun Stunden seine Antwort / und was er zu seinen Defension dienlich zu seyn vermeinte / drauf zu thun und einzuwenden verstattet / zu welchem Ende in den Gerichten ein Stundenglaß aufgestellet war / nach denselben die Stunden abzumercken. Plinius Secundus Lib. 4. Epist. Urso suo. Cn. Pompejus aber hat solches geendert / und dem Actori nur 2 / dem Reo aber 3. Stunden gesetzet / desto eher den Streit - Sachen abzuhelffen. Were gut / wenn man solches in Bürgerlichen Sachen wieder einführete / daß die Endigung der Processe nicht / wie leider! geschicht / auf Kindes - Kinder weg verschoben würde. Petr. Greg. Tholosan. Syntagm. Jur. Univ. Lib. 32. c. 24. n. 8. Drum soll Er die Advocaten in Zaum halten / daß sie in ihren gehörigen Schrancken bleiben / auch seine gröste Freude seyn lassen / wenn Er durch gütliches Zureden die streitende Partheyen vergleichen kan.
Zigler dicast, conc. 13. §. 18.
Martini d. Comment. tit. 1. §. 2. n. 3. Bevorab / wenn sich befindet / daß die Sachen von keiner sonderlichen Wichtigkeit sind / oder solche Personen betreffen / die Unvermögens halber langwirige Rechtfertigungen nicht zu vorlegen haben / wie auch / wenn sich zwischen Obrigkeit und Unterthanen / oder über solchen Sachen / die pias causas, Wittiben / Waisen / und andere dergleichen miserabiles personas betreffen / Streit entspönne.
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Ordin. Process. Saxon. tit. 1. §. 2. Resolut. Gravam. Johannis Georgii II. tit. von Justizien Sachen §. es wil auch zum 36. vers. setzen dernwegen / und wollen / daß in dergleichen Fällen die Güte vor allen Dingen gesucht werde. Rescript. Elect. Saxon. de Anno 1663. rubr. von Abfolgung der Gerichts Acten. §. wie nun dieses denen rechten. vers. Es werden unsere Beambte &c. in geringschätzigen Sachen / sonderlich unwermögenden und gemeinen Leuten nicht alsob alten muthwillige Processe verstatten / solchen durch gütliche Unterhandlung und Vergleich möglichst abhelffen. XXIIX. Et maximè incumbit judici, litigia in Principiis suis suffocare & extinguere, ne vitiis partium inquinentur, & justa licet alterutra parte sint, per longiorem processum injustitiae maculam attrahant.
Zigler, de officio Judicis, Concl. 22. 94.
Wilh. Anton Freiidenberg. de Rescript. morat. tit. 9. concl. 63. n. 222. & 223. lit. pp. & seqq. Solches geschiehet nun nicht allein ins gemein / durch Vorhaltung der Kostbarkeit der Processe, und alles andern Unfugs / so daraus entstehetdurch Ermahnung zum Friede und Einigkeit / und durch Einschärffung der Straffe / in welche sich der unterliegende Theil stürtzet / [wie dann auf denselben eine solche in alle Wege gesetzet werden soll] sondern auch und vornemlich durch heilfame / leichte und thuliche Vorschläge / durch examinir- und Prüfung eines jeden vermeinten Rechtens / und durch vernünfftige Wiederlegung dessen Gegen-einwendung / welches aber junge / ungeübte un̅ unerfahrne Studenten, so roh von der Universität / und Disputier - Banck kommen / wohl bleiben lassen werden: Denn wo ie eine Kunst und Gabe Gottes nöthig ist / so ist sie es bey der Persuasion zum Vergleich / und der Außrede des Rechts-Krieges. Dann ohne daß die Menschliche Natur zum wiedersprechen und Recht haben wollen geneigt / und ieder / wegen seines Interesse blind und taub auf remonstrationes und Vermahnungen ist / so langet bey solcher Gelegenheit eine gemeine Wissenschafft nicht hin / sondern der Richter muß die Sache / worüber gestritten wird / gantz inne haben / vernünfftig judiciren / und rationes pro & contra, ärger als ein Advocat, auf platler Stunde erfinden können. Darneben muß er auch authorithät haben / beliebt und angenehm / zutraulich und glaubwürdig seyn / daß man versichert lebe / er thue alles ohne Heucheley / partialität und Ehrsucht / bloß allein aus Liebe [210] zum Frieden / Gott zu Ehren / und den Partheyen zum besten. Denn wenn man ihn anders / als einen Vater und besten Freund anzusehen beginnet / so fället alles Vertrauen von ihm ab / und wird der Vergleich zu Wasser. Vid. Dn. Sam. Puffendorf. Lib. 5. de jure Nat. & Gent. c. 13. §. 4. XXIX. Ferner soll die Vermahnung zum Vergleich / sonderlich bey dem / der Unrecht zu haben vermuthet wird / am schärffsten klingen. Ja es soll dem / der Ursach an Zerschlagung solchen Vertrags ist / angedeutet werden / daß / wann er verliehret / Er der Obrigkeit mit eben so vielen in Straffe verfallen seyn solle / als die Summa der streitigen Sache austräget. Insonderheit soll diese Unterhandlung zwischen nahen Verwandten und Bluts-Freunden / zwischen Obrigkeit und Unterthanen / und zwischen den Armen und Unvermögenden [wie schon auch oben gedacht] fleißig getrieben werden. Bey den ersten beyden / damit Aergerniß verhütet werde / bey den letzten aber / daß sie nicht vollends gar an Bettelstab gerathen. Dann wann das Rechten schon nichts kostete / so macht es doch das Gemüthe unruhig / vertreibt den Seegen Gottes / hindert die Wercke des Burufs / und erwecket ruchlose und rachgierige Leute. Sonderlich wird sich heute zu Tage ein friedfertiger Mann darum desto eher zum Vertrag bereden lassen / wenn man ihm die gefährliche / aber leider! fast nicht mehr geachtete Eyde vor Gefehrde / den zweifelhafften Ausgang der Processe, [in dem die Bescheide und Urtheile / wie die Würffel im Brete / plumpsweise fallen] / die grosse Kostbarkeit bey so vielen Instanzien und Verschickungen der Acten, und Advocaten, so sich / wie die Barbierer und Bader auf Wunden / also auf Zanck und Hader freuen / abgefeimbde stücke vorhält. Wollen aber / über alles zu reden / vermahnen und warnen / keine Gründe helffen / und man wil / oder kan keinen Frieden erzwingen: so mercke der Richter wohl / welche Parthey halsstarrig ist / da vergesse er alsdann im Bescheide / wann sie auf dem fahlen Pferde befunden wird / das interesse, Unkosten und Straffen nicht. XXX. Wann nun die Partheyen sich zum Frieden erklären / soll der Richter geschwind und hurtig seyn / einen Receff aufzusetzen / solchen zu publiciren / unterschreiben zu lassen / selbsten zu confirmiren, oder durch die Regierungen und Cantzeleyen bestätigen zu lassen / und so dann fest drüber zuhalten / die Wiederspenstige aber un̅ Abtrünnige mit ihren kahlen Laesions-Klagen abweisen. Nullus quippe finis esset, si transactionum rescissio semel irruptionem in Rempublicam faceret.
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Warlef. d. Discurs. de abbrevianda lite, Part. 2. c. 5. pag. 176. & seqq. XXXI. Am allermeisten hilfft auch zu solchen Vergleich / sonderlich in schweren Sachen / da die Partheyen nicht leicht zu gewinnen / wenn die Landes-Herrschafft sebsten auf ihren Cantzeleyen und Consistorien gegenwertig ist / denn ihre Autorität dringet durch / und können sie mit wenig Worten / und einer einzigen Remonstration mehr ausrichten / als die Räthe und Richter mit vielen Vorstellen und langen Zureden. Jung. Valent. Winther. parth litigios. lib. 2. cap. 10. n. 5. So hat es gemachet Käyser Augustus, welcher nicht allein bey den Verhören in Bürgerlichen / sondern auch in Peinlichen Sachen / sich finden lassen. Item Keyser Severus. Svet. in August. c. 33. in Claudio c. 15. in Galba c. 7. 8. 9. in Domitiano c. 8. Desgleichen Trajanus, Adrianus, Antonius, Alexander, und viele andere Keyser mehr. Vid. Anti-Machiavell. lib. 3. Comm. theor. 35. Ebener maßen hat Lotharius Anno 820. befohlen / daß alle Richter vor ihm erscheinen müssen. Heiminsfeld. tom. 1. Constit. Imper. pag. 14. Carolus Magnus hat selbsten der Partheyen An- und Vorbringen mit angehöret / die Streitigkeiten entweder gütlich beygeleget / oder ex aequo & bono entschieden. Cit. Anti-Mach. d. Theor. 35. Ludovicus Pius und Lotharius haben in der Wochen einen eignen Tag ausgesetzet / an welchen sie selbst Gericht gehalten / ut ex Capitulari Anno 826. art. 83. de audientia Regis, & 832. art. 28. constat. König Rudolphus hat selbst zu Gericht / nach alten Herkommen der Teutschen Könige / gesessen / des Reichs Unterthanen Sachen verhöret und entschieden. Lehman. in der Speierischen Chronic. l. 5. c. 109. pag. 632. Keyser maximilianus hat im September Anno 1502. zu Augspurg zweymahl seine Session im Cammer - Gericht genommen / und unterschiedliche Rescripta, so auf die Supplicationes ertheilet worden / unterschrieben.
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Vid. lib. annot. de Person. Jud. Imp. Ingolstad. Anno 1557. impressum. Ant. Discurs. de concurrent. Jud. Aulae & Cam. pag. 48. & 49. Ubi simul refert, duos Camerales Maximiliano II. Anno 1570. baculum Justitiae, den Gericht-Stab / praesentasse, ut ipse ius diceret, quem reddidit, & jussit, ut nomine suo Justitiam administrarent. Philippus Augustus, Carolus Sapiens VII. & VIII. Ludovicus XII. Könige in Franckreich haben gleichfalls ihrer Unterthanen Streitigkeiten mit angehöret / und entschieden. Anti-Machiavell. d. Theor. 35. Und Renatus Choppinus, de doman. Gall. lib. 3. tit. 7. n. 16. bezeuget / Senatum Parisensem Anno 1458. rescripsisse ad Carolum VIII. moris suisse hactenus, quod de Patritio flagitii reo princeps ipse, comitantibus Patriciis, in Senatum venerit, ius dicturus. Von Lesco albo, Herzogen in Polen schreibet Cromerus, Lib. 7. Rerum Polonic. also: Obibat cunctas Regiones ditioni suae subjectas, causasque & controversias hominum omnibus in locis ipse per se cognoscebat & iudicabat. Hugo I. Churfürsti zu Brandenburg hat auch täglich gewisse Stunden bestimmet / darinnen Er sich bemühet / die Streitigkeiten seiner Unterthanen beyzulegen. M. And. Angelus, Lib. 2. Annal. March. pag. 59. XXXII. Die Barmhertzigkeit / wird gleichfals an einem Richter erfodert / daß er nicht als ein Tyrann / oder gar als ein Teufel sey. Bald. in L. 2. n. 7. C. de sentent. ex brevic. recitand. Carpzov. P. 3. Pract. Crim. Q. 119. n. 15- & Q. 143 n. ??? Sintemahl besser ist / die Barmhertzigkeit denn die Schärffe zuübertreten.
Jacob. 2. v. 13.
c. allegant. 26. Q. 7.
c. non satis 14. Distinct. 86.
Wesenbec. 1. cons. 19. n. 23. Und ist viel räthlicher gehandelt / der Richter lasse sich gütig und menheit die Gelindigkeit oder Barmhertzigkeit ist / wie der Text lautet
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In c. singulis, Dist. 86. L. 11. ff. de poenis. Jacob Otto, in Corp. Jur. criminal. pag. 212. Des Richters Ernst soll allezeit mit Güthe / Freundligkeit und Barmhertzigkeit oder Gnade temperiret / und ein Unterscheid zwischen des Richters ernstlichen / un̅ des Henckers grausamen Anblicke seyn / davon Grogorius in moralibus also schreibet: Omnis qui justè judicat, stateram in manu gestat, utroq; penso justitiam & Misericordiam portat. Sed per Justitia̅ & Misericordiam reddit peccatis Sententiam: Per Misericordiam verò peccati temperat poenam: Maßen denn hierinn ein weltlicher Richter dem obersten Richter / nemlich Gott selbsten / nachzufolgen hat / von dem der Prophet Habacuc saget: Cum iratus fueris, misericordiae recordaberis: Wenn du zürnest / wirst du doch an deine Gnade gedencken. Drum auch bey den Sinesern nebst dem Richter auf der einen Seiten ein Knabe mit einen Rosen-Strauß stehet / auf der andern aber ein Jüngling / dessen geblöster / und mit Zi nober roth gefärbter Arm einen blancken Sebel empor träget: Jener bildet die Barmhertzigkeit / dieser aber die Gerechtigkeit für. Stifler / in Geistlichen Historien-Schatz c. 36. pag. 2219. Erasm. Francisci. in Neu-Polirten Geschicht-Kunst und Tugend-Spiegel Lib. 2. Disc. 2. pag. 317. XXXIII. Allein es muß keine unzeitige Barmhertzigkeit seyn: Judex enim non mitior esse debet lege.
Novell 82. c. 10.
L. ult. C. de compens.
Barbosa, Thes. Pract. lib. 9. c. 88. axiom. 19. Wie denn auch GOtt selbsten solches verbeuth Exod. c. 21. v. 12. & 14. Num. 35. v. 31. Deuteronom. 13. v. 8. Dein Auge soll seiner nicht schonen / und solt dich seiner nicht erbarmen. Item c. 19. v. 13. & 21. Dein Auge soll sein nicht schonen / Fuß üm Fuß. Vide etiam Sächß. Land-Recht / lib. 2. art. 13. §. 4 & Weichleb. art. 17. ibi: Welcher Richter Ungericht nicht richtet / der ist desselben Gerichts selbst schuldig / daß über diesen soll gehen. Ubi Glossa Germanica: Hie höre zu Richter / lässest du einem Dieb loß / der gestohlen hat / so bist du ein Dieb. Et in Weichbild. Wo der Richter um Dieberey / Raub / oder solche Sachen / die [214] einem an den Leib oder Haut und Haar gehen / Rechts wegert / so were er sel ber des Ungerichts verfallen. Delictorum enim punitio iniquitatis & malorum medicina est. Aristot. 2. Ethic. L. nemo. & ibi Bald. C. de Episcop. & Judex qui percutit malos, & occidit pessimos, minister Dei est, non crudelis. c. non est crudelis 5. Reiher in Thes. Pract. p. 1. pag. 1904. n. 27. Lieffe auch wider des Richters Pflicht und Gewissen / wenn er dahin trachten / und sich bemühen wolte / einen Ubelthäter / so die Todes Straffe verdienet / beym Leben zu erhalten / und davon zu bringen: Denn dadurch machte er sich ja jenes Sünden theilhafft / lüde Gottes und der hohen Obrigkeit Straffe auf sich / und müste dem Ankläger fatisfaction geben.
Prov. Salomon. c. 19. v. 15.
L. 11. pr. ff. de poenis.
Dan. Clasen, in Comment. ad art. 150. const. Crim. Caroli V. pag. 651. Judices, qui dolosè palliant delicta, non evadent aeterm Judicis condemnationem.
Jul. clar. Quaest. 4. in fin. Lib. 5. §. fin. Vide etiam c. inferior 1. & facientis 3. Dist. 86.
Add. Cap. Lib. 3. Reg. v. ult. und er sprach zu ihm: So spricht der HErr: Darum daß du hast den verbanneten Mann von dir gelassen / wird deine Seele für seine Seele seyn / und dein Volck für sein Volck. Opus quippe pietatis est, delicta debito modo punire. Erid. Pruckmann. Vol. 2. Cons. 16. n. 7. Wie dann der selige Mann / D. Martinus Luther hievon in der Hauß-Postill diese nachdenckliche Worte führet: Der Hencker ist auch ein barmhertziger Prediger / sintemahl bösen Buben sonst weder zu rathen noch zu helffen ist. Sie verderbten sich und andere Leute mit ihnen / wo man die Barmhertzigkeit an ihnen nicht übete / und mit dem Schwerd nicht werete. Also ist daß Köpffen und Hencken / obs gleich schrecklich siehet / und wehe thut / ein Werck der Barmhertzigkeit: Denn wo es nicht were / würdestu keinen Bissen mit frieden essen / und keinen gantzen Fleck an deiner Haut behalten können.
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Et misericordia crudelis dicitur, parcere uni in discrimenmultorum, c. ult. distinct. 45. Quam nemo intempestivè exercere debet.
L. si hominem 7. ff. Depos.
add. Zigler. Dicast. concl. 32. §. 32. & 47. §. 6. & 7. Es werden [ait pulchrè Joh. Gigas, in explic. Evang Dominical.] grosse Schälcke und Buben selten frömmer / wenn sie außgebethen / und ledig gegeben werden / sondern heben gemeiniglich an / auf ein neues zurauben / stehlen und morden: Drum wenn Obrigkeit Ertzbuben gefangen hat / und siehet ihnen durch die Finger / oder lässet sie wieder loß / ist es gleich / als wenn du Bären und wilde Schweine aus deinen Weingarten vertrieben hättest / und ließest sie wiederum willig hinein kommen. Art läst von Art nicht / und wo weder Haut noch Haar gut ist / da wird kein guter Peltz aus. Wilh. Anton. Freudenb. corall. Sect. 7. §. 2. pag. 34. XXXIV. Jedoch ist am besten und verantwortlichsten / wenn man das strenge Recht mit Gelindigkeit temperiret / wie Keyser Trajanus gethan / den man deßhalben für einen Gerechten Herrn / gehalten / weil er Recht mit Gnade zu weßigen gewust / auch seine Beambte und Richter darzu vermahnet. Garzon. Piazza Univers. Disc. 145. pag. 1023. Humahl in Zweiffelhafften Sachen / in welchen ohne dem ber Judex mehr zur Gelindigkeit / als zur Schärffe incliniren soll /
L. absentem ff. de Poenis.
C. in Poenis. 49. de R. & in 6
Besold. part. 4. Consil. 189. n. 116. und die des Menschen Leib und Leben betreffen Drum auch die alten Rechtsgelehrten davor gehalten / es sey besser / einen Schuldigen loßlassen / als einen Unschuldigen condemniren. L. 5. ff. de Poenis. Ob illam rationem, quoniam Judex damnationem semel injustè factam non corrigere: per absolutionem verò nocentem vel ad meliorem frugem perducere, quo casu intentio absolventis finem assecuta est, vel illum denuò peccantem eò tutius damnare potest. Et haec ratio quoque est, cur favorabiliores Rei, quam Actoris sint partes. Actor enim praeparatus semper ad judicium venit, Reus verò defensionem suam, non semper ita, ut necetsitas raquirit, instruere petest, adeoque benignitate & fayore judicis dignus aestimatur.
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Rudolph. Godofred. Knichen. op. polit. vol. 1. lib. 2. part. 1. cap. 13. th. 15. column 699. Und gleichwie der Richter nicht gelinder seyn darf / als die Gesetze; also kömmet ihm auch nicht zu / daß er wolte schärffer seyn.
L. 3. infin. C. de Apostat.
L. 3. § fin. C. arbitr. tutel. Oder eine härtere Straffe einführen / und exequiren / als die Gesetze und Rechte erkennen. Menoch. de A. J. Q. Caes. 276. per tot. Nam ubi Jura Caesarea poenam capitalem, vel corporalem, quoad vitam, corpus, aut corporis membra, vel etiam poenam infamiae non irrogant, in istis Casibus judex neminem ita ad mortem condemnare, vel aliàs criminaliter punire debet. Inde, quae poena legibus non est definita, Judex delinquentibus ea̅ temerè non debet imfligere. Quod si verò poena in Lege est definita, illam Judex sequi, nec duriorem temerè irrogare tenetur: Mitior tamen quandoque Poena, ex consilio prudentum, delinquenti irrogari potest, si ita ipsi arbitrentur pro ratione circumstantiarum, ex se autem & pro suo lubitu hoc facere nequit, nisi sit Judex superior, qui habeat jus aggratiandi, quamvis ille hoc temerè facere non debeat, nisi justis & urgentibus causis ad id fuerit inductus.
Vid. Clar. lib. 5. Quaest. 85. n. 10. fol 853.
Gilhausen, ad art. 104. Const. Crim. Caroli V. fol. 30. Und ist notabel, daß der Cham, oder Sinesische Gerichts - Praesident ein Scapulier am Halse träget / in dessen Mitte ein güldenes Täfelein zu finden / drauf eine Hand mit einer richtigen und gleichen Wagschalen gestochen / und rings umher diese Schrifft: Des allerhöchsten Herrn Natur ist bey seiner Gerechtigkeit / das Gewichte / die Maße und die Rechnung zu beobachten. Darum gib acht auf dasjenige / was du thust: Denn so du dich hier versündigest / must du davor mit ewiger Straffe büssen. Erasm. Francisci, in obgedachten Neu - polirten Kunst - Wunder - Sitten - Spiegel lib 2. Disc. pag. 317. Tanta debet esse poena, quanta aequitas humanitasque patitur, debet esse mediocris, clemens & delicto congruens. §. illud autem, in Authent. de Triente & Semisse. XXXV. Es soll auch der Richter über seine Authorität und Respect. halten / und sich von niemanden beschimpffen lassen: Gestalt er denn wohl befugt ist / denjenigen / welcher ihn / als Obrigkeit und Richter / afrontiret, injuriret / [217] und verächtlich hält / sobald arbitrariè zu bestraffen / ut delictum Reipublicae, vel ejus dignitati factum.
Innocent. in c. ex parte 23. n. 1. de V. S.
Menoch. lib. 2. de A. J. Q. cas. 263. n. 7.
Scrader tr. Feud. p. 10. sect. 1. n. 110.
Gail lib. 1. obs. 36.
Harprecht §. atrox. 9. n. 12. Instit. de injur.
Vent. de Valenth. part. litig. lib. 2. c. 8. n. 30.
Carpzov. part. 3. Prax. Crim Quaest. 104. n. 66. 67. & 68. Doch / daß Er es nicht selber veranlasse / oder / aus Haß / Neid und Feindschafft sein Müthlein an ein und andern zu kühlen / thue: Maßen ohne dem gefährlich und beschwerlich istunter einen feindseligen / und verdächtigen / und erzürnten Richter zu litigiren.
Can. quia suspecti 3. quaest. 5.
Gloss. in cap. solitudinem, in verb. Episcopus de Appellat.
Carpzov. d. q. 104. n. 65. Welcher auch deßhalber recusiret werden kan; Richter. Decis. 1115. per tot. Sondern er hat sich vielmehr einer aufrichtigen Güthe gegen männiglich zubefleißigen / drüm Er auch VIR SAPIENS, BONUS & HONESTUS genennet wird.
L. Continus 137. §. cum ita 2. ff. de. V. O
L. Vir bonus ff. judic. Salv.
L. Penult. ff. de procurat. Et VIR BONUS & JUDEX convertuntur, nt ait Baldus in L. caet. ff. fam. Ercisc. Hinc illud Horatii: Vir bonus est quis? Qui consulta patrum, qui Leges Juraque servat, Quô multae magnaeque secantur judice lites. Dessen Güte und Aufrichtigkeit darin bestehet / daß er / nach dem Spruch Deuteronom. c. 17. v. 20. Recht richte / oder daß er / wie jener begehrte / einem jeden daß rechte Recht mittheile und zulege. Gryphiand. Oecom. Leg. Lib. 2. c. 22. n. 23. Welches dann / nach Isidori Meinung / Lib. 20. Etymol.
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der Lateinische Nahme Judex selber mit sich bringet; Denn / saget Er / Judex dicitur, quod populo jus dicat, so in Teutscher Sprache auch zimlicher massen zutrifft / daß er Richter heisset / weil Er den Leuten Recht spricht / und ihre Spähn richtet. Garzon. d. Disc. 145. pag. 1033. Judicis quippe sapientis est. semper verum sequi, habere in consilio fidem, religionem, ae quitatem. Libidinem autem, invidiam, metum, cupiditates omnes amovere, maximi aestimare conscientiam mentis suae, meminisse posse, quem oderit absolvere, quem non oderit condemnare; & semper non quae velit ipse, sed quid lex & religio cogat, cogitare, eorumq; omnium se Deum habere testem, cui administrationis reddenda sit ratio, ut scribit M. Tullius Cicero pro Cluentio. Imò summatim, & quasi in compendio universas comprehenderunt Juris-Consulti virtutes Judicem decentes, qui eum VIRUM BONUM dixerunt, inquit Zieler. in Dissert. praeliminar. Dicast. §. 8. Maßen er denn auch also beschrieben wird / quod sit vir bonus, prudens juris dicendi & aequitatis statuendae peritus & expertus, ad id muneris publicâ authoritate vocatus & juratus: Ein frommer ehrlicher Mann / der was recht und billig ist / zu sprechen und zu verordnen / gelehrt und erfahren / auch zu solchem Ambt öffentlich beruffen und verpflichtet ist. XXXVI. Denn daß Er ordentlicher Weise vociret und beruffen sey / ist auch ein nothwendig Requisitum mit. Denn gleich wie in einem ieglichen Ambte und Verrichtung Göttlicher Beruf zu erwarten / und nicht durch allerhand verbothene Mittel / durch Geld und Geschenck Schwägerschaft / und andere unrechtmäßige Arthen sich einzudringe: Also ist es auch bey bem Richterlichen Ambte sehr nöthig / daß ein Richter durch GOttes und seines Obern ordentlichen Beruf hierzu gelange / damit er sich in solchen so vielen Verfolgungen / Wiedrigkeiten und Beschwerungen unterworffenen Ambte Göttlichen Seegens / Beystands und Hülffe getrösten könne / wie denn der weise Hauß - und Zucht - Lehrer Syrach alle rechtschaffene und ordentlich - beruffene Diener mit folgenden Macht - Spruch aufrichtet und anredet: Mein Kind / in Wiederwärtigkeit seygetrost / und trotze auf dein Ambt / denn wer an seinem Amt verzaget / wer will deme helffen?
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XXXVII. Er soll auch zu dem Richterlichen Ambt mit Pflichtenbeleget werden.
Juxta Nov. 8. in princ. ac Novell. 17. c. 1.
Mastrill. de Magistrat. lib. 6. c. 8. Omnes enim omninò Judices, sive majores sive minores, sive ordinarii, sive delegati, tenentur praestare juramentum de rectè judicando.
Mynsing. cent. 2. obs. 76.
Casp. Manzius, in Comment. rational. ad Const. Crim. Caroli V. art. 3. n. 1. Ergò etiam, & multò magis Judices Causarum Criminalium jurati esse debent. Thomas Mezger. Consil. Crim. 15. n. 14. Is enim qui juratus, praesumitur juramenti & salutis suae debitam fidelitatem & industriam in officio habiturus. L. 6. C. ad L. Jul. repetund. Und dieser Eyd kan durch kein Landes-Statutum, noch Gebrauch remittiret und abgebracht werden / Christoph. Blumenbacher / in Commentar. ad Const. Crimin. art. 4. n. 3. Denn man würde dadurch dem Richter Anlaß geben / nach Gefallen über die Schnur zu hauen / da doch solcher Eyd von uhralten Zeiten her üblich gewesen / sintemahl bey den Atheniensern der Richter schweren muste / daß er nach den gesetzen richten / und das Recht zubeugen keine Geschencke nehmen wolte. Denen die Römer nachgefolget / bey welchen keiner das Obrigkeitliche Ambt führen durffte / wenn er nicht zuvor mit einen Eyd darzu verpflichtet war. Ja vor deß Käysers Caji Zeiten / als die Richter noch durchs Loß erwehlet wurden / musten sie über eine iedwede Sache schwehren / daß sie darinne recht richten wolten. Lud. Günth. Martini, in Comment. Forens. proc. Sax. ad tit. 1. §. 1. n. 69. pag 51. Es leget auch der Römische Keyser und König bey der Wahl und Crönung einen leiblichen Eyd / die Justiz gebührend zu administriren / und ein Vermehrer deß Reichs zu seyn / ab. Eitel Friedrich von Herden / in der Grund - Geste des H. Römischen Reichs p. 3. c. 2. Author Jur. Publ. Rom German. von pag 202. biß 212.
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Wie auch die Richter und Beysitzer am Keyserlichen Cammer-Gerichte. Ordin. Cameral. 1. c. 57. Und alle andere Richter / wie sie nur Nahmen haben. Adam Keller, de offic. Juridico-Polit. Lib. 1. c. 29. Nicol. ab Ehrenbach / Hyparcholog. c. 6. Sect. 2. n. 107. & 108. Wie denn die remission und Erlassung sothanen Eydes ausdrücklich im Rechten verbothen ist. XXXVIII. Die Eydes-Formul des Richters so zu Zeiten Keyser Justiniani üblich gewesen / findet man in Novell 8. ad sin. welche er in Novella 102. in praefat. nennet formulam horrendissimam, und lautet auf Teusch also: Ich schwere bey dem Allmächtigen Gott und seinem eingebohrnen Sohn / unsern HErr JEsu Christo / und dem heiiigen Geist / auch bey der Heiligen / Glorwürdigen Gottes-Gebährerin / und allezeit Jungfrauen Maria / auch bey den 4. Evangelien / die ich in meinen Händen halte; Imgleichen bey denen heiligen Ertz-Engeln / Michael und Gabriel / daß ich mit reinen Gewissen unserem Herrn Justiniano, und seiner Gemahlin Theodora, in dem von ihrer Landes Väterlichen Fürsorge mir aufgetragenen und anbefohlenen Ambte getreue Dienste thun wolle. Kraft dessen nehme ich auf mich / und gelobe hiemit / allen Fleiß und Schweiß / mit begierlicher Lust / ohne alle List und Gefehrde / in dieser Verwaltung anzuwenden / so mir von ihnen / über ihre Regierung / zum geneigten Wohlwesen vertrauet wird: Auch daß ich in der allerheiligsten und Catholischen Apostolischen Kirchen Gottes Gemeinschafft sey; Auch derselben iemahls zu keiner Zeit nicht wiederstreben / nach einem andern / so viel in meiner Macht ist / ihr zu wiederstehen / verstatten wolle. Ich schwere auch einen teuren Eyd / daß ich keinen Menschen etwas / zu erlangung dieses Ehren-Gürtels / und besonderlicher Gunst willen / gespendiret / noch zu verehren verheissen: Noch künfftig ihm etwas / aus meiner Land-Pflegeschafft / an Geschencken zu übermachen / versprochen: Auch weder denen hohen Befehlhabern und Reichs-Officialen, noch denen / die üm sie sind / noch sonsten einigen Menschen das geringste senden wolle / um dadruch eine beförderliche Stimme mir zuerwerben. Sondern wie ich den Richterlichen Gürtel durch ordentliche Benennung erlanget: Also wil ich mich auch gegen Unserer getreuen Landes-Väterlichen Ober - Herrschafft Unterthanen rein und lauter erweisen / mich einig und allein mit dem lassen befriedigen / was mir aus der Renth-Camer / zu ei [121] ner Jährlichen Besoldung vermacht ist. Vors erste will ich möglichen Fleiß brauchen / die Angelegenheit des Fisci wachsamlich zu beobachten. Die Ungehorsamen oder treuvergessene / und die so eines Zwangs bedürffen / mit aller Macht / zu Beytragung ihrer Schuldigkeit / anhalten: Wil mich nicht von meiner Pflicht neigen / noch deßfals einigen Gewinn ansehen: Weder durch Gunst noch Ungunst jemanden über ziemliche Gebühr / Recht und Billigkeit etwas ansinnen / oder Verhengen. Die Gehorsamen wie ein Vater tractiren / und die Unterthanen Unserer allergnädigsten Herren aller Orthen / so viel mir müglich / wieder Beleidigung schützen / beyden Theilen die Billigkeit wiederfahren lassen / und keinem / wider Recht / etwas verwilligen / sondern alle Verwirckungen beeifern / alle Billigkeit beobachten / nachdem mich recht und gut zu seyn bedüncken wird. Die Unschuldigen sollen durch mich bey ihrer Unschuld gehandhabet / und wider Gewalt beschirmet; die Schuldigen aber mit behöriger Straffe / dem Gesetzen nach / angesehen werden. Ich wil ihnen an ihren Rechten weder in öffentlichen / noch Privat-Contracten das geringste lassen zu nahe geschehen / sondern alle Gerechtigkeit pflegen. Solte ich auch in Erfahrung kommen / daß der Fiscus unrecht litte / [oder veruntreuet würde] weil ich nicht allein in selbst eigener Person mich alles Ernstes darwider setzen / sondern auch einen solchen Beysitzer zu mir nehmen / und sonst ins gemein redliche Gerichts - Diener um mich halten / damit ich nicht etwan allein unsträflich handele / hingegen die andern / so um mich sind / stehlen oder sonst mißhandeln. Solte aber ein solcher ungetreuer Mensch in meinen Dienst erfunden werden / wil ich gehalten seyn / denselben von mir zu schaffen / und den Schaden / so er gestifftet hat / gut zu machen [ita interpretanda censet Erasmus Francisci in Neu-Polirten Geschicht - Kanst - und Sitten-Spiegel pag. 360. verba illa textus: SI QUIS AUTEM INVENIATUR CIRCA ME TALIS, ET QUOD FIT AB EO, ME SANARE & EUM EXPELLERE. Quamvis etiam ita possent haec exponi, wil ich mein Gewissen salviren / und ihn von mir jagen.] Werde ich solches alles nicht halten: So straffe mich Gott in diesen und jenem Leben / an den erschröcklichen Gericht unsers grossen Herrn / Gottes und Heylandes JEsu Christi. Er lasse mich Theil haben mit Juda / schlage mich mit dem Aussatz Gehasi, und mit dem Zittern Cains! Uber das will ich den Straffen / so dießfals in den Käyserlichen Rechten enthalten / unterworffen seyn. Kayser Carolus v. in der Peinlichen Hals - Gerichts Ordnung setzet folgende Formul.
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Ich N. schwere / daß ich sol und wil in Peinlichen Sachen Recht ergehen lassen / richten und urtheilen dem Armen als den Reichen / und das nicht lassen / weder durch Lieb / Leid / Mieth / Gabe / noch keiner andern Sachen wegen: Und sonderlich so wil ich Keyser Carls des Fünfften / und des Heil. Reichs Peinlicher Gerichts - Ordnung getreulichen geleben / und nach meinen besten Vermögen halten und handhaben alles getreulich und ungefehrlich / also helffe mir Gott und die heiligen Evangelia. XXXIX. Vormals ist in Frießland eine Ordnung und Schluß gemachet worden: Daß die Richter nicht allein bey anfänglicher übernehmung ihres Ambts sich Eydlich verbinden solten / das Recht / ohne ansehen der Person / iedermänniglich zu ertheilen / und ihre Gebühr in allen zu erstatten / sondern auch nach Wieder - Abtretung solches ihres Richter - Ambts einen teuren Eyd schweren / daß sie nichts vorsetzlichen Wissens und Willens unterlassen / was ihre Schuldigkeit erfodert. Welche zwiefache Beeydigung darum aufgebracht / damit daß Gewissen / selbiger Richter mit einem doppelten Bande zu aufrichtiger Verwaltung der Justiz verstricket würde / und sie zwischen so vielen Verreitzungen desto weniger / von der geraden Schnur deß Rechtens abweichen möchten. Ubbo Emmius Lib. 14. Hist. Fris. XL. Juramentum, quod judices in comitatu Oetingenfi praestant, est tale: Daß sie niemand unrecht sprechen / und dran seyn wollen / daß nicht Unrecht geschehe dem Kind in Mutterleibe / dem Kalb in der Kuh / dem Vogel in der Lufft / dem Fisch im Wasser. Supplem. Pract. Wehn. u. Grafe Pag. 32. XLI. Bey den Griechen / sonderlich denen Atheniensern / musten die Richter / so in schweren Fällen urtheilen wolten / sechzig Jahr alt / darbey gerechte / aufrichtige nnd unpartheiische Leute seyn / welche folgenden Eyd / den Demosthenes in Timocrat. f. 796. B. anführet / schweren muster: Pronunciabo secundum leges & decreta populi Atheniensis & Senatus quingentorum. Tyrannidem verò, aut paucorum dominatum, mea sententia non comprobabo. Neque, si quis populi Atheniensis libertatem oppresserit, aut quicquam contra haec dixerit, aut decreverit, concedam neq; novas tabulas privatim, neque agrorum Atheniensium divisionem, nec aedium. Neq; exules revocabo, neque capitis damnatos, neq; eos, qui manent, expellam contra leges receptas, & decreta populi Atheniensis & Senatus. Neque egomet ipse, neque alium sinam, neque Magistratum creabo, ut is imperet, antequam de alio gesto Magistratu rationem reddiderit, sive sit Novem - [223] Vir, sive Pontifex, sive quicunque cum Novem-viris eâdem die creantur, sive Praeco, sive Legatus, sive Asseflor, neque bis eundem Magistratum, eundem virum, neque binos Magistratus eundem gerere sinam eodem anno, nec accipiam munera propter Heliaeam, vel ipse ego, vel alius meo nomine, vel alii me conscio; non fraude, non machinatione ulla. Et natus sum annos non pauciores triginta; audiamque cùm accusatorem, tùm reum, eodem modo utrumque, et Sententiam de eo feram, quod est ìn controversia positum. Adjuro Jovem, Netunum, Cererem, & ipse mihi exitium imprecor, & familiae meae, si quid horum neglexero, aut violâro. Sin bona fide praestitero, praeclara mihi & bona multa eveniant. D. Joh. Philip. Pfeiffer Antiqu. Graec. Gentil. Lib. 2. c. 33. pag 285. XLII. Die Kleidung eines Richters soll zugleich erbar / und g e chsam Majestätisch seyn / zur Anzeigung der Ehren / und Nobilität seines Ambts. XLIII. In seinen Geberden / Gang / Reden und Geschäfften muß gleichfals eine höfliche Majestät herfür leuchten / welches denn auch der fürnehmsten Stücke eins mit ist / so an einem Richter erfordert wird / aufdaß er weder sich / noch sein Ambt bey leichtsertigen Leuthen in Verachtung bringe. Thom. Garzon. in Piazza Univers. Discurs. 145. Darum Er beydes in der Aussicht / und in allen seinen Geberden eine gebührliche Gravität wisse zu halten / von wegen des hohen Ambts und der Dignität desselbigen / beneben einen ziemlichen Ernst / nach Gelegenheit der Sachen / so ihm vorkommen. Ita probanda est Mansvetudo & Clementia, ut adhibeatur causae severitas, sine qua civitas administrari non potest. Cicero lib. 1. de Offic. Grstald auch die Poëten solche Nothwendigkeit eines gebührlichen Ernstes durch die Fabel des MINOIS, der ein Richter in der Höllen seyn soll / andeuten wollen / welchen Virgilius deshalben rühmet / wenn er lib. 6. AEneid. also von ihn schreibet: Quaesitor Minos urnam movet, ille silentum Consiliumque vocat, vitasque & crimina discit. Desgleichen sagt auch Claudianus von Ihm / Quaesitor in alto Conspicuus Solio pertentat crimina Minos. AEACUS ist gleichfals von den Heyden / wegen seines Ernsts im Richten und Straffen / zu einem Richter in der Höllen gemacht / dessen Propertius in nachfolgenden Vers gedencket:
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Aut si quis positâ Judex sedet AEacus urnâ. Ebenmeßig RHADAMANTUS, Virgil. lib. 6. AEneid. v. 561. seqq. Gnosius haec Rhadamantus habet durissima Regna, Castigatque auditque dolos, subigitque fateri, Quae quis apud Superos, furto laetatus inani, Distulit in seram commista piacula noctem. Wie auch TRIPTOLEMEUS. Cicero lib. 1. Tuscul. Quaest pag. 131. edit. in fol. cum not. Lambini. Woselbst er sie alle viere zusammen setzet. XLIV. Insonderheit aber hat sich ein Richter in Peinlichen Sachen sehr wohl vorzusehen / weil darinn nicht de glande legenda, nec de oleo, vino, tritico legato, de lana caprina, aliâve re levicula, non de partibus lucri ex societatis contractu debiti, neque de tribus posthumi capellis, sondern von der Ehre und gutem Leumuth des Menschen / ja dessen Leib / Leben und Tod gehandelt wird.
Oldekop. Obs. Crim. tit. 5. obs. ult. n. 6.
Hippol. de Marsil. in Pract. Crim. §. decurionem n. 3.
Carpzov. Pract. Crim. part. 3. Q. 116. n. 20.
Ventur. de Valent. Parthen. litigios. lib. 1. c. 14. n. 19. Cujus tanta est jactura, ut major esse nequeat.
Arg. L. in serv. 10. ff. de Poenis.
L. in pecudum §. 1. in fin. de Usuris Novell. 8. Daher ein guter Verstand und tapfferer wohl-bedachter Fleiß / experienz und behutsame Vorsichtigkeit darzu erfodert wird. Peinl. Hals-Gericht. Ordn. Art. 1. & Art. 150. in fine; ibique Zieriz. Peinl. Sächß. Inqv. und Achts-Process. pag. 9. Und hat sich niemand / bey erfolgten Fehler / mit seiner Unwissenheit / Ungeschicklichkeit / oder andern kahlen Entschuldigungen zu behelffen. De̅ gleich wie ein Medicus im Gewissen nicht entschuldiget ist / welcher aus Unerfahrenheit oder Unwissenheit übel curiret: Also ist auch derjenige / welcher über Leib und Leben zu richten / und Recht zu sprechen hat / nicht excusiret / wenn er weiß / daß er in solchen nicht gnugsame Wissenschafft und Erfahrung hat / sondern er soll gedencken: MANUM DE TABULA!
Blumenblacher, in Comment. ad d. Art. 150. Const. Crim.
add.
Zigler. Dicast. concl. 1.
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& D. Ahasver. Fritsch. in Tract. de peccat. minist. Princ. concl. 1. Weil einem einmahl hingerichteten Menschen auf dieser Welt sein Leben und vergossenes Blut nicht wieder ersetzet / noch mit Gelde bezahlet werden mag.
Georg. Remus, in praefat. Nemes. Carolin.
Theodor. in Colleg. Crim. c. 1. lit. C. n. 7. Und kan man einen zwar bald das Leben nehmen / aber nimmermehr wieder geben.
Garzon. in Piazza, Univers. Disc. 145. pag. 1031.
Reinkink. lib. 2. in der Biblischen Policey / axiom. 55. circa finem. XLV. Derowegen eine iedwede Obrigkeit und Gerichts-Person / so mit dergleichen Sachen zu thun / desto behutsamer zugehen / und allen Fleiß anzuwenden hat / daß sie weder gelinder noch schärffer / denn des Delicti Beschaffenheit erfordert / sondern wie es die in denen Rechten / und der Billigkeit / insonderheit aber Käysers Caroli V. und des Heiligen Römischen Reichs Peinlicher Hals-Gerichts-Ordnung / item die in den Sächsischen Landen auf löblich-hergebrachte Gebräuche und Gerichts-Ge-wohnheiten gegründete Processe mit sich bringen / verfahre /
Carpzov. in Inquisitions- und Achts-Process. pag. 4. §. haben demnach sc.
Author der Altenb. Prax. Crim. in Praefat. pag. 9. & 10.
Peinl. Sächß. Inqv. und Achts-Process. pag. 10. Ihr Amt treulich verrichte / die anbefohlene Gerichte / wo nicht von bösen Thaten gäntzlich rein und befreyet erhalte / doch / bey ein und andern erfolgten Delicto, entweder auf beschehene Anklage den ordentlichen Process rechtmäßig verführe und befördere / Carpzov. Pract. Crim. part. 3. Quaest. 104 per tot. Oder ex officio den Inquisitions Process anstelle. P. H. O. art. 214. in verb. so soll die Obrigkeit &c. Churfl. Sächs. Landes-Ord. de Anno 1555. sub tit. Von Unkosten der Peinlichen Rechtfertigung. § welches auch. Carpzov. d. part. 3. quaest. 107. per tot. XLVI. Hiezu müssen aber zuvor rechtmäßige gnugsame Indicia und Anzeigungen vorhande̅ seyn / den̅ sonst ohne dieselbe der angestelte Process null und nich [226] tig ist / und zerfält / auch dem Reo, wenn er schon die That gestanden / unnachtheilig ist. Farinac. tom. 2. quaest. crim. 81. n. 13. INDICIA in genere dicuntur delicti perpetrati indicativa sive demonstrativa argumenta. Redliche Anzeigungen / redliche Warzeichen / Argwohn / Verdacht und Vermuthungen.
Dither. in continuat. Thes. Pract. Besoldi pag. 506. n. 22.
P. H. O. Caroli V. art. 6. 7. 8. 18. 20. 22. & 23.
Tabor. de tortur. pag. 105. & 106.
Brunus, de Indic. & tortur. part. 1. Quaest. 1.
Bald. ad rubric. C. de probat.
Bossius, in tit. de indic. & consil. ante tortur. n. 2. Nomen fortiuntur ab indicando.
L. solent. §. quod si solutum ff. de praescript.
Dan. Clasen, ad art. 19. Const. crim. Caroli V. pag. 105.
Volckmann. consil. Crim. 18. n. 5. Et licet indicium, praesumtio, conjectura, signum, adminiculum, suspicio & opinio reverà inter se differant,
Farinac. lib. 1. tit. 5. quaest. 36. Oper. Crim. part. 5.
Menoch. lib. 1. de Praesumt. Quaest. 7. p. 10. & seqq. in materia tamen Criminali nomine indiciorum haec omnia comprehenduntur.
Remus, ad dict. art. XIX. Const. Crim. pag. 32.
Zanger, de quaest. & tortur. c. 2. n. 13. Suntque vel communia omnibus delictis, vel certorum delictorum propria. COMMUNIA sunt, ex quibus non de unius, certi & specialis, sed de aliquorum delictorum commissorum veritate constare potest. Argwohn und Anzeigunge / so sich auf alle Missethat ziehen. Haec sunt iterum duplicia [1] VEROSIMILIA, seu probalia. L. 8. §. 1. C. de Quaestion. Haec quidem rem arguunt esse veram, non tamen semper, sed saltem plerumque, qua de causa quoque vocantur probabilia, utpote è quibus verosimiliter & praesumtivè delicti commissi veritas colligi potest. [2] CER [227] TA & indubitata, quae gravissima dicuntur, quaeque verè & in suo genere concludunt ad inferendum delictum, quaeque Judicem ita certum reddunt de delinquente, ut nihil aliud, quàm accusati confessio deesse videatur. L. 1. ff. de Quaestion. Coeterum ex VEROSIMILIBUS unumquodq; indicium per se sufficiens non est ad Torturam, nisi & alia, juxta arbitrium judicis, concurrant, quae ipsum commovere possint, ad reum torturae subjiciendum. Sed è CERTIS & INDUBITATIS unumquodque ad torturam sufficit.
Ord. Crim. art. 27.
Seb. Guazzin.
Tom. 2. c. 4. n. 12. pag. 79. ad defensionem incarcerat.
Carpzov. p. 3. q. 129. n. 12. 13. 14. & 15. Pract. Crim. PROPINQUA indicia sunt, quae certum aliquod delictum indicant, & è quibus proximè & immediatè certi delicti veritas colligi potest. Describuntur ita, quod sint argumenta, è quibus judex de accusati delicti existentia informari potest, ut de ejus certitudine nihil amplius dubitari possit.
Vid. Mascard. de probat. vol. 1. Quaest. 15. n. 9.
Menoch. de Praesumt. Lib. 1. Quaest. 7. n. 14.
Boer. Decis. 164. n. 4. XLVII. Indicia communiter probari solent per duos testes juratos, & hoc quidem secundum communem DD. Sententiam.
Jul. Clarus, Lib. Sent. §. ult. q. 22, n. 1.
Zanger, de tortur. c. 3. n. 21.
Menoch. Lib. 1. q. 89. n. 21. de praesumt.
Anton. Gomez. Lib. 3. c. 13. n. 18. Var. Resol. Isti testes tamen debent esse omni exceptione majores, id est, quibus nihil ad reprobandam illorum personam objici potest. Interdum tamen & per unum testem omni exceptione majorem, & de proprio visu deponentem indicium validum ad torquendum desumi potest. Bonifac. Vitalinus Lib. 3. 6. 8. n. 5. De Malefic. Praecipuè si plura Indicia simul concurrant, vel etiam testium alter de uno, alter de alio tertius ad huc de alio, sed ad idem delictum significandum & probandum concurrente indicio deponat. Tunc enim omnium [228] testificatio simul juncta fidem verisimiliter facit de reo, qui propterea sub tormentis interrogati potest. Carpzov. Part. 3. Pract. Crim. Q. 123. n. 55 Et quamvis Menoch. De praesumt. lib. 1. Q. 91. n. ult. Gomez. Tom. 3. c. 13. n. 18. var. resol. existiment, ejusmodi testes, tanquam singulares, conjungendos haut esse, cum singuli testes fidem non faciant: Verissimum tamen est, quod plures imperfectae probationes in causis capitalibus conjungendae sint ad faciendam plenam probationem, cumprimis quoad torquendi effectum; Zanger. de Quaestion. c. 3. n. 35. modô haec tria concurrant, [1] ut testes sint omni exceptione majores, seu tales, quibus nihil ad infringendam eorum habilitatem testificandi potest ob ici. [2] Ut depositio fiat super indiciis delicto proximis i. e. immediatè tale delictum inferentibus. [3] Ut indicia illa, de quibus testes juratè deponunt, sint talia, ut ex illorum conjunctione Judex certus reddi queat de veritate & certitudine delicti à reo perpetrati. Farinac. lib. 1. tit. 5. Quaest. 37. n. 38. Quamvis tamen per unicum testem indicia probari possint, quoad effectum terrendi, modo Judici, pro ratione circumstantiarum, iliud justum & aeqvum fuerit visum.
Zanger. c. 1. n. 89. de Quaestion.
Carpzov. p. 3. Q. 123. n. 59. P. C.
Clasen, in exeges. Art. 19. Constit. Crim. Caroli V. pag. 106. & 107. XLVIII. Diese Indicia / Anzeigungen und Verdacht soll der Judex mit allen Umständen durch den Actuarium zu den Acten registriren und verzeichnen lassen. Author. Prax. Crim. Alteburg. pag. 4. & 71. So dann die Beschaffenheit des Delicti daraus wohl erwegen / und nachforschen / ob solches auch warhafftig geschehen sey
L. 1. item illud. 24. ibi: liquere igitur debet, scelere esse interemtum ff. ad S. C. Syllan.
|| [229]

L. hoc autem §. non defendt, ??? verb. constare debet & liquere Praetori ff. quib. ex caus. in possess. eat.
P. H. O. Caroli V. art. 6. & 19. Ibique Dan. Clasen in exeges. 1. pag. 58.
Crusius, de indic. delict. p. 1. c. 1. n. 47.
Jacob. Otto, in Corp. Jur. Crim. pag. 199. lit. K.
Peinl. Sächß. Inquisit. und Achts-Process. tit. 3. art. 1. Und zu mehrer Gewißheit die Zeugen / so davon Nachricht haben / summarisch abhören.
Clarus in §. fin. Q. 28. vers. sciat autem
Thom. Mezger, de captura reor. thes. 18.
Nicol. Reiisner, lib. 1. Decis. 24. n. 15.
Til. Decian. in tr. Crim. lib. 5. c. 29. n. 41. XLIX. Ferner soll er wohl ponderiren und überlegen / ob die Indicia und der Verdacht wieder die angerügte Person gnugsam / beständig / und zur Captur sufficient sind.
Hippolyt. de Marsil. in Pract. crim. §. princip. n. 5.
Const. crim. Caroli V. art. 6. & 9. Item 11 & 218.
Arnold. de Reyher, in Thes. Jur. Tom. 1. fol. 409. n. 3.
Oldekop. observ. crim. tract. 2. dec. 1. Quaest. 9. n. 5. Antequam enim ad minimum verisimiliter constet, aliquod delictum esse perpetratum, ad capturam procedi nequit. Anton. Gomez, tom. 2. part. 3. cap. 9. n. 1. Var. resol. Jur. Quia nuda inculpatio [etiam Socii criminis] ad incarcerandum non sufficit;
Peinl. Sächß. Inquisitions - und Achts - Process, tit. 4. art. 2. §. 2.
Carpz. p. 3. Quaest. 111. n. 27.
Richter, part. 2. Deeis 91. per tot. aliàs in potestate cujusque vilis personae esset, curare rapi ad carcerem etiam probum & insignem virum.
Thomas Mezger, de captura Reor thes. 17.
P-H. O. Caroli V. art. 11. v. So der Kläger / & art. 218. v. Item daß durch die Obrigkeit. Sed adsint talia indicia, quae supicionem delicti prae se ferre, & Judicem quodammodo ad incarcerandum disponere vel informare possint.
|| [230]
Manzius, ad art. 6. der Peinl. Hals - Gerichts - Ordn. n. 13. pag. 30. Et licet leviora sint ad incarcerandum indicia, quam ad torquendum: Judex tamen cautus esse debet, ne ad solius adversarii querelam ac delationem diffamatum ad carcerem trahat, nisi aliae accedant conjecturae & praesumtiones. Imò dixerim, si Judex, omissa illa informatione ex indiciis sufficienter collectâ, diffamatum vel inculpatum incarceraverit, quod contra ipsum actio in uriarum inveniat locum. Ratio est quoniam Magistratibus nihil malitiosè agere licet. L. 32. ff. de injuriis. Gravis quoque injuria est, absque praecedentibus Indiciis, & omissâ circumstantiarum consideratione, aliquem in carcerem rapere, cum in carcerato exinde non levis famae & existimationis jactura contingat.
Bald. in L. per diversas C. mandati.
Dan. Clasen. in comment. ad art. 6. constit. crim. Carolin. pag. 59.
Damhoud. in prax. rer. crim. c. 10.
Farinac. in prax. crim. lib. 1. tit. 4. Q. 27. n. 135.
P. Sächß. Inquisit. unnd Achts-Process, tit. 4. art. 1. 2. & 3.
Clar. in Pract. §. fin. Q. 28. n. 5.
Hippol. de Marsil. in pract. crim. §. constante. n. 1. L. Wenn nun alles sich in der That und Warheits-Grund also befindet / soll er ohne Verzug / und ehe der Delinquent echappiret und durchgehet / mit der captur und Verhafftung verfahren. Nam quoties contra diffamatum ejusmodi praesumtiones & conjecturae militant, unde Judex probabiliter colligere possit, illum esse gravatum, utique ad capturam procedere potest, etiamsi de corpore delicti nondum satis constet. Zieriz, ad art. 6. const. crim. Carol. pag. 10. Et fieri potest, ut diffamatus ob delictum atrocissimum possit apprehendi, & in carcerem conjici, etiamsi nondum const. et an ille delictum istud commiserit, si periculum fugae adfuerit, & metuatur, ne delinquens aufugiat, atque is postea nec haberi, nec puniri queat, modò tamen aliqua indicia & suspiciones contra diffamatum subfuerint. Ubi notandum, indicia ad inquirendum legitima ad capturam quoque sufficientia esse. Carpzov. d. part. 3. Quaest. 111. n. 25.
|| [231]
LI. Am besten aber thut der Judex, wenn er in schweren / und sonderlich Hexerey-Fällen die Acta in einen Schöppenstuhl oder Juristen - Facultät schicket / und sich der Captur halber rechtlich belehren lässet / so ist er gantz sicher und ausser Verantwortung.
Per constit. crim. Caroli V. art. 7. & 219. quod idem vult Novell. 82. §. pen. & Novell. 113. §. 2.
Hahn. ad Wesenbec. tit. de Quaestion. n. 5.
Walburger, de Lamiis c. 8. §. 4. pag. 92. LII. Wann es sich auch etwan begebe / daß iemand erschossen / erstochen / ermordet / tod geschlagen / oder sonst entleibet würde / muß der peinliche Richter die Aufyeb- und Besichtigung / auch Section deß todten Cörpers eilend und ohne Verzug mit adhibirung 2. Gericht-Schöppen / item des Gerichts-Actuarii und des Dieners anstellen und vornehmen / und die Section so fort durch einen / oder wohl mehr geschickte Aertzte und erfahrne Barbierer / um der lethalität der Wunden desto gewisser zu seyn / in seiner und der andern obgedachten Gerichts Personen Gegenwart / verrichten / alles was vorgehet / und wie es sich befunden / durch den geschwornen Gerichts-Actuarium punctuel registriren und niederschreiben / auch der Medicorum und Chirurgorum Relation und Erkäntnis in Schrifften unter ihrer Hand und Siegel zu den Acten legen lassen. LIII. Und ob wohl deßhalber / und wie man bey solchen Besichtigungen und Sectionibus legaliter verfahren solle / Käyser Carolus V. in der Peinlichen Hals-Gerichts-Ordnung art 149. gesetzet / welches auch in Geldern / Braband / Holland / Zütphen und Ober-Isel also observiret wird; teste Gerhard Feldmann, in tr. de cadavere inspiciendo c. 3. n. 7. So ist doch deßhalber sonderlich notabel die jenige Constitution, welche ihre Churfürstl. Durchl. Herr Friedrich Wilhelm zu Brandenburg / Glorwürdigsten Andenckens / Anno 1665. zu Cleve publiciren lassen / folgenden Inhalts: P. P. Notum facimus Nostris Satrapis, Ministris, Judicibus, cunctisque, quibus Jurisdictio criminalis in Nostris Provinciis Clivia & Marcâ concessa, vel ea ab antiquis competit temporibus, nec non cuivis alteri; Cum ex pluribus ad Clivense & Marcanum Regimen transmissis relationibus, & de homicidiis confectis, per nostros Ministros, eosque, quibus Jurisdictio data, Actis constiterit, quod cum inspectione interemptorum non fuerit actum eo modo, quem Caesaris Caroli V. & Sacri Romani Imperii Consti [232] tutio criminalis observari praecipit, & quod per eam Ministrorum Nostrorum negligentiam ordinaria homicidii poena evitetur. Ideo clementissimè edicimus, ut Judex loci, in quo occisus est mortuus cum duobus Scabinis, vel judicii Scriba, etiam uno, vel si eorum copia haberi queat, pluribus Doctoribus Medicinae, aut Chirurgis, qui prius jurare debent, CAD AVER, tam citò, ut fieri possit inspiciant illatas noxias & vulnera aperiri, eorum qualitatem, locum & numerum cum omnibus circumstantiis consignari curet, an vulnus, noxia, vel ictus Lethalis sit, vel non, & quaenam Symptomata accesserint, etiamque causas, cur chirurgi vulnus censeant esse lethale aut non, enunciari & diligenter ad Acta publica referri jubeat. Qvod si contingeret, cadaver sepultum esse, priusquam inspectio ejus ritè peracta fuerit, id ministri Nostri iterum effodi curabunt, atque ex modo praescripto agent. Jubemus ergò vos omnes, ut secundum praedicta agatis, aliàs poena vos mane bit arbitria, & si memorata cuncta non observaveritis, expensarum eam in rem factarum onus feretis. Clivis die 28. Febr. 1665. LIV. Denn solche Inspectio & Sectio deß entleibten Cörpers / ehe er begraben wird / ist höchstnöthig / damit man wisse / ob der Schlag / Hieb / Stich und Wunde stracks anfangs tödlich gewesen sey / oder nicht: Denn wenn solches ungewiß / und die Oefnung unterlassen worden ist / können die Urthelsfasser auf die ordentliche Todes-Straffe nicht erkennen / sondern müssen den gelindern Weg gehen / welche Verantwortung vor GOtt und der ho hen Obrigkeit alsdenn den unvorsichtigen Beambten oder Richter zuwächset.
Carpzov. Pract. Crim. Part. 1. q. 26. n. 50. 51. & 52.
Clasen, art. 149. Const. Crim. Caroli V. pag. 642. LV. Findet sich aber bey der Section, daß die Wunde / Stich oder Schläge simpliciter & per se lethal, muß der Thäter davor hafften / weil alsdenn die Praesumtion ist / daß der Entleibte an den Wunden oder Schlägen gestorben.
Farinac. part. 5. q. 1 B 7. n. 10. crim.
Boer. decis. 323 n. 4. & seqq. LVI. Hilft auch bey solchen Zustand Ihm nicht / wenn schon ein unerfahrner / oder gar kein Medicus oder Chirurgus bey dem Verwundeten wäre adhibiret worden / oder der Patient sich nicht darnach gehalten hätte / denn vor allen Dingen die Frage ist von der Tödligkeit der Wunden oder Schlägen / und ob daraus immediatè der Todt erfolgen müssen. Und wenn dieses war / [233] gewiß und ausgemacht ist / wird der Thäter billig mit der ordentlichen Todes Straffe beleget.
Bajard. ad Jul. Clar. lib. 5. §. Homicid. n. 144. & seqq.
Gail. L. 2. Obs. 111. n. 20. seqq. LVII. Da aber die Wunde nicht lethal, ist die Vermuthung / daß der Verwundete nicht an der Wunde / sondern entweder aus ungeschickter Cur des Medici oder Chirurgi, oder daß er in Essen urd Trincken / auch sonst sich nicht in acht genommen / oder durch einen andern Zufall / so hernach erst darzu geschlagen / umkommen sey. Drum auch der Thäter nur der Wunden / nicht aber des Verwundeten Todes halber / hafften und seine Straffe leiden muß.
Hippolyt. de Marsil. in Pract. Crim. §. & quia. n. 20.
Boer. à. decis. 323. n. 4. & 7.
Menoch. lib. 2. A. J. Q. Cas 274. n. 3. und wird nicht mit dem Schwerd gerichtet. Carpzov. part. 1. q. 26. n. 89. 10. seqq. ??? 12. Pract. Crim. sondern extraordinariè, pro arbitrio, juxta qualitatem delicti & personae, bestrafft.
Clasen, in Comment. ad art. 149.
Const. Crim. Caroli V. pag. 643. LVIII. Wenn auch etwan der Judex es versehen / und dem enseelten Cörper ohne Besichtigung und Oefnung begraben lassen hätte / derselbe aber nicht gar zulange in der Erden gelegen / und noch nicht faul worden / daß man die Wunden noch erkennen kan / wird er wieder ausgegraben / und die inspectio & sectio noch / wie oben augeführet / vorgenommen.
Corrad. in Pract. tit. de Inquisit.
Damhoud. c 75. n. 1. Pract. Crim. Den̅ solche gehöret mit ad corp9 delicti, un̅ ist pars necessaria Inquisitionis. LIX. Drum muß auch der Judex selbst in Person / nebst 2. Gericht - Schöppen un̅ den Actuario, wie vor gedacht / darbey seyn / auch die Medici und Chirurgi, so man darzu adhibiret / wenn sie nicht in würcklichen Diensten oder Pflichten stehen / als Stadt-Physici, Land - Medici, Stad- und Land-Barbierer / mit einem Eyd beleget werden / ihren besten Verstand / Wissenschafft / Kunst und Erfahrung nach / der Wunden / Stiche und Schläge halber / so sich an den entleibten Cörper finden / zu judiciren / und dasselbige schrifftlich zudeduciren / und so dann volzogen zu den Acten zu legen / damit die Urthelsfasser in Sprechen drauf sehen / und sich darnach richten können.
|| [234]

Farinac. p. 5 q. 127. n. 118. Crim.
Boer. Decis. 323. n. 24.
Cavarruv. Lib. 2. c. 13. n. 4. Var. Resol.
Gail. lib. 2. Obs 111. n. 13. & 14.
Formulam juramenti vide in Prax. Alteb. pag. 89. Cum enim ad scientiam legalem non pertineat, judicare de vulneris lethalitate, sed hoc ad artem Medicam spectet, ideo ad inspectionem cadaveris adhibendi sunt Medici, vel etiam Chirurgi, eorumque judicium requirendum est, numquid vulnus inflictum fuerit lethale, nec ne? Illis namque, utpote qui in arte sua periti habentur, omninò fidem habere oportet.
Mascard. Vol. 3. Concl. 1034. n. 1.
Fulv. Pacian lib 1. c. 47 n 14. de probat. Doch verschläget es nichts / ob sie vor der Section beeydiget werden / oder hernach ihre Relation und Judicium Eydlich bestärcken. Clasen, add. art. 149. Const. Crim. Caroli V. pag. 644. LX. Bey der Section müssen sie alle Wunden / Stösse / Hiebe / Stiche und Schläge wohl und genau besichtigen / öfnen / und mit dem Instrumenten forschen und fühlen / wohin sich die Stiche gewendet / ob sie auf oder niederwärts / oder gleichzu in den Leib gegangen / und was vor äußerliche und innerliche Gliedmaßen damit getroffen und verletzet worden: Ja sie pflegen auch wohl den Degen / und andern Waffen / damit die Entleibung geschehen / in die Wunde zu stecken / und zu probiren / ob auch die Wunde damit gemachei worden / oder nicht / und schreibet der Actuarius mit Fleiß auf / wie groß / breit / weit und tief die Wunde sey / Item was vor Flecken / Stösse / Tritte und Schläge an diesen und jenen Glied des Cörpers befunden worden. add.
Gerhard. Feldman. tract. de Cadavere inspiciendo, c. 3. & 4.
Just. Oldekop decad. 1. quaest. 8. ----
Blumbacher / in Comment. ad Constit. Crim. art. 149. n. 8.
Fürstl. Sächs. Gothaische Gerichts- und Process-Ordnung part. 3 c. 2.
Autor der Altenb. Prax. Crim. pag. 80. & seqq. ??? 98. LXI. Solche Aufheb-Oefnung und Besichtigung geschiehet auch an denen / so mit Gifft vergeben / erschlagen / erhenckt / erwürget oder sonst tod gefunden worden.
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LXII. Und ist gleich viel / ob die Section in dem Gerichts- oder einem andern Hause vorgenommen werde / wenn nur die obgedachte Gerichts-Persohnen darbey sind.
Matth. Wesenb. vol. 1. Cons. 28. n. 24.
Clarus, quaest. 4. n. 4.
Carpzov. part. 1. q. 26. n. 30. Crim.
Praxis Crim. Altenb. pag. 81. Item 89 & 90. allwo das Formular einer registratur bey Besichtigung und Section eines todten Cörpers zu finden. Wie auch in D. Gottfried Welsch. Rational. vulnerum lethal. sonderlich c. 15. woselbst dergleichen mehr anzutreffen sind. LXIII. Ferner soll er den Inquisiten ohne Verzug / so bald er nur zur Hafft gebracht worden / über die beschuldigte That anfangs summariè vernehmen / nicht aber erst etliche Tage oder Wochen sitzen lassen / daß er Zeit habe / allerhand Lügen und Außflüchte zuersinnen / und hernach vorzubringen.
Peinl Sächs. Inquisit. und Achts-Process. tit. 6. art. 1. §. 1.
Autor. Prax. Crim. Alteburg. in Praefat. pag. 5. LXIV. Sodann das delictum mit allen Umständen in gewisse Inquisitional-Articul bringen / und dieselbe kürtzlich / deutlich und schlüßig abfassen. Peinl. Sächs. Inquis. u. Acht-Process. d. tit. & art. §. 1. & 2. Denn die sind das Hertz der gantzen Inquisition, und ist eine rechte Kunst / wenn man das Factum und alle Umstände: Item die Zeit und den Orth / wenn? wo? und wie es geschehen? kurtz und nervosè in Articul oder gewisse Fragen einschliessen kan. Ritè articulos Inquisitionales formare & benè examinare, schreibet Chartarius, in Practic. Interrog. Reor. Lib. 1. in Praefat. n. 3. & ex eo Tranquillus Ambrosinus, in Processu informativo Lib. 2. c. 2. pag. 71. est difficillimum negotium, & MAXIMI INGENII. Es bestehet auch darauf des Inquisiti Leib und Leben / Ehre und guter Nahme: Drum solche desto behutsamer zu concipiren.
Matth. Stephani, Commentar. ad Constit. Crim. Caroli V. art. 14.
AEgid. Bossius, in tit. de Inquisit. n. 75. & 76.
Carpzov. part. 3. quaest. 113. n. 28. & 29. Pract. Crim. LXV. Es sollen aber solche Inquisitional-Articul darum fein deutlich / kurtz und rund formiret werden / damit Inquisit die Fragen verstehen / und darauf antworten könne; durch dunckele oder weitläuftige Befragung aber nicht con [236] fundiret oder irre gemacht / und verführet / die Urtelsfassere auch so dann durch unnö thige Umscheiffe und überhäuffte Acta nicht beschweret werden.
Jul. Clarus, Lib. 5. Sentent. §. ult. quaest. 45. n. 11.
Peinl. Sächß. Inq. und Acht-Process d. tit. 6. art. 1. §. 2.
Author. Prax. Crim. Altenb. pag. 176.
Carpzov. cit. quaest. 113. n. 32. LXVI. Es wird auch erfodert / daß in einem Articul nicht mehr denn ein einzig factum gebracht / und Inquisito vorgehalten / auch mit Ja und Nein beantwortet werde / damit man nicht meine / er hätte den gantzen Articul mit allen darin enthaltenen factis bejahet / oder verneinet. LXVII. Wenn auch offte der Connexität halber in einem Articul mehr denn eine Frage gebracht werden muß / ist iedwede mit dem Puncto interrogationis? zu unterscheiden / und hat der Examinator darbey in acht zu nehmen / daß er Inquisito nur eine Frage auf einmahl vorhalte.
Flamin. Chartar. saepè dict. pract. cap. 1. n. 13.
Ambrosin. cit. Process. inform. Lib. 2. cap. 1. n. 4.
Carpzov. alleg. q. 113. n. 33. & seq. ??? praejudicia. LXVIII. In solchen Articuln aber darf weiter nichts angeführet werden / denn was das delictum betrifft / dessen Inquisit beschuldiget wird / oder weßhlber er verdächtig ist / und in Actis zufinden.
P. H. O. Caroli V. art. 20. in princip.
Farinac. in Prax. Crim. Lib. 1. tit. 1. quaest. 9. n. 21.
Peinl. Sächß. Inquisit- und Achts-Process. tit. 6. art. 1. § 3. Dannenhero keine Articul zu fingiren / noch auch aus den Gehirn zufertigen / und ungereimt zu schliessen: hat er diß get han / so hat er wohl mehr gethan / an solchen Fuchs bricht man keine Wildbahn. Ventur. de Valent. in Parthen. litig. lib. 1. c. 14. n. 34. Jedoch ist dieses nur zu verstehen / wenn / anderer Delictorum halber / keine Indicia wieder Inquisiten verhanden / v. g. Wenn eine Person einer gefährlichen Verwundung / oder eines Diebstahls halber in Hasst kommen / und es ereigneten sich indicia eines von ihm verübten Ehebruchs / auf diese Maße ist ein Richter allerdings befugt / auch schuldig / auf dergleichen / oder andere in Actis verhandene verdächtige Facta mit zu articuliren / und Inquisiten darüber zu examiniren / auch nach geendigten Examine wohl gar neue Articul deswegen abzufassen / wie solches / neben der täglichen Praxi, ehren
Carpzov. d. Q. 113. n. 26.
|| [237]

Peinl. Sächß. Inquisition- und Achts-Process, tit. 6. art. 1. §. 3. pag. 91. LXIX. Derowegen auch ein Richter den Inquisiten über diejenigen Facta und Delicta, so er vorher begangen / und ihm berichtet sind / ob er gleich darum bestraffet worden / wohl befragen kan / damit die Urthels-Fasser von seinem vorigen Leben und Wandel Nachricht bekommen. Brunnemann, in Process crim. cap. 8. n. 48. Imò Judex indagare obligatur, cujus primò vitae fuerit, & an talia, aut similia, de qu bus in praesentiarum inculpatur, facere consveverit, nam de unoquoque bonum vel malum praesumimus, consideratis primae aetatis suae moribus. L. desertorem §. 15. qui. L. non omnes §. à Barbaris ff. dere militar. Et ex gestis praeteritae vitae praesentia metimur.
Jodoc. Damboud. in prax. crim. cap. 10. n. 11. & 12.
Vid. Carpzov. part. 3 Quaest. 120. n. 17. LXX. Die Inquisitional-Articul sollen auch nicht captiosi, und also eingerichtet seyn / daß Inquisit dadurch verführet / und üm seine Defension gebracht werde. Vielmehr aber hat ein Richter dahin zu sehen / daß er auf solche Umstände mit articulire / wodurch Inquisiti angegebene Unschuld befördert werde. Peinl. Sächß Inq. und Achts-Proc. d. art. 1. §. 4. Judex enim debet etiam ea investigare, quae ad defensionem atque innocentiam Rei faciunt, & omnis inquisitio ita facienda est, ut non tantùm auferantur Inquisito defensiones suae, sed etiam, ut eae faciliores reddantur, & reus, fi innocens sit, se tueri facilius possit.
Jacob Schultes. ad Modest. Pistor. quaest. 25.
L. si non defendantur. 19. ubi Bartol. ff. de poenis.
L. 1. ff. de quest.
Authent qui semel C. quom. & quando Judex.
Nicol Reusaer Lib. 3. Cons 4 n. 9. & Lib. 2. Decis. 10. n. 13. Gestalt denn die Peinliche Hals-Gerichts-Ordnung art 47. einem jeden Richter ermahnet / daß er dem Inquisito Anleitung geben sol / wie er seine Defension vorbringen / und darthun könne. LXXI. Uber diejenige facta, so nicht klar und offenbahr sind / oder zur Gnüge zuerweisen / werden die Inquisitional-Articul nicht affirmativè: war / daß dieses und jenes geschehen? Sondern vielmehr per modum interrogatio [238] nis und also eingerichtet: ob nicht wahr / daß dieses und jenes geschehen sey? &c. &c. Vide die Fürstl. Gothaische Gerichts- und Process-Ordnung / part. 3. c. 6. per tot. allwo nicht allein unterschiedliche Inquisitional-Articul der Verbrechungen ins gemein / sondern auch in specie beym Todtschlag / Tödtung durch Gifft / Kinder Abtreibung und Tödtung / Diebstahl und Rauberey / Zaubern / Mordbrand / Falschen Müntzen / &c. zu finden. LXXII. So sind auch die Inquisitional-Articul zweyerley 1. GENERALES wenn [1 [nach des Inquisiti Nahmen [2] dessen Eltern [3] seinem Alter [5] wo er erzogen? [6] von seinem Leben und Wandel / Item [7] wovon er sich ernehret? und [8] waß er im Vermögen habe? articuliret und gefraget wird. 2. SPECIALES in welchen Inquisit um daß beschuldigte Delictum umständlich befraget wird. LXXIII. Und muß sich der Judex im articuliren nach des Inquisiti Gemüth richten / denn wenn dieser einfältig ist / kan er nach denen Articulis generalibus gar wohl zum delicto an sich selbst schreiten / und ihm vorhalten / ob er nicht dieß und jenes gethan? Wenn? wo? wie? &c. Wenn der Gefangene aber ein boßhafftiger / abgefeimter und verschmitzter Gast ist / muß man wissen / per ambages & circumstantias einen solchen bösen und verschlagenen Buben zubegegnen / und dahin zubringen / daß er per Contradictiones hinterkommen / und also zum Bekändtnis der Warheit gebracht werde. Vid. Joh. Brunnemann, in Process. Crim. cap. 8. m. 1. n. 43. 44. 45. 46. 47. 57. 58 59. 60. & 61. & talis diligentia & versutia Judicis in interrogando nonnunquam plus operatur, quam tortura, ad veritatem à reo exprimendam. Tranqnill. Ambrosin. in Process. informat. Lib. 2. cap. 2. n. 5. Dergleichen formirte Inquisitional Articul setzet / in puncto homicidii, der Autor der Alteb Prax. Crim. pag. 181. & seqq. ??? 158. In puncto Veneficii. Grilland. de Sortibus q. 7. n. 7.
|| [239]
LXXIV. Auf die abgefassete Inquisitional-Articul nun wird der Inquisit entweder an gewöhnlicher Gerichts-Stelle / beyseyns der Gerichts-Persone̅ / als des Richters / zweyer Schöppen und des Gerichts-Notarii, examiniret / oder / da Umstände sich ereignen / warum es an solchen Orth nicht geschehen kan / gehen obgedachte Gerichts-Personen zu dem Gefangenen in seine Custodie, und hören ihn alda ab. Da er denn selbst in Person auf gedachte Articul antworten muß / es mag ein Mann oder Weibes-Person seyn / und wird kein Advocat noch Curator darbey zugelassen. Carpz. Pract. Crim. p. 3. q. 105 n. 51. & seqq. & q. 113. n. 61. Olim quidem cum examen Rei etiam in torturâ fieret, poterant, imò debebant Advocati adesse. L. 12. ff de publ jud. L. 27. §. 7. ff. ad L. Jul. de adult. quod tamen hodiè non valet: nam neque accusati, neque accusatoris Advocatus ad examen admittitur.
Jul. Clar. Lib. 5. Sent. § fin. q. 45. n. 12. & q. 64. n. 35.
Dan. Clas. ad art. 13. P. H. O. pag. 92. LXXVI. Ehe man das Examen anhebet / muß der Richter / oder die Person / welche dem Judicio vorgesetzet / den an die Gericht-Stelle gebrachten Inquisiten anreden / und zu vernehmen geben / aus was Ursachen er dahin gebracht worden / mit fleißiger Ermahnung / wohl zuerwegen / daß er nicht an einen sch???echten Orth / und vor bloßen Menschen stehe / sondern vor Gericht / wo GOtt selbst zugegen / und durch die Gerichts-Personen sein Ambt vertreten lasse / diese be hätten ihre schwere Pflicht über sich / und müsten die bösen Thaten zu rechtmäßiger Bestraffung erkündigen / daher Inquisit sich wohl in acht zu nehmen / GOtt und seinen Dienern die Ehre zu geben / und was er gethan / gütlich zubekennen / so dann hätte er sich bey GOtt vergebung seiner Sünden zugetrösten / würde auch dadurch seine Gefängnis mindern / und die künftige Urtelsfasser zu einer erträglichern Straffe bewegen / die er sonst / durch boßhafftiges Verläugnen / vermehren könte.
Jul. Clarusi, n Pract. Crim. §. final. Q. 55 n. 9.
Adam Keller, de offic jurid. polit. lib. 2. c. 12.
Author Prax. Crim. Altenburg pag. 181. Judex nec severè nimis, nec familiariter nimis cum Inquisito loquatur.
Flamin. Chartar. in pract. interrog. reor. lib. 3. c. 1. n. 6. 8. & 11.
L. 19. ff. de offic. praesid.
L. 9. §. 2. ff. de offie, Pro-Cons.
|| [240]
Sed vultum debet prae se ferre gravem, & quasi terribilem, ut vult Imperator Justinian. Novell. 17. c. 5 §. ult. Qua parte tamen distingvendum est inter personas; alii enim aliis molliores sunt, alii duriores. Erga hos terribilem, erga illos humanum seostendere debet. LXXVII. Bey währenden Examine haben so wohl der Judex, als auch die Schöppen / und der Gerichts-Notarius oder Actuarius nicht allein auf die Antwort / sondern auch / und vornemlich / auf die Umstände zu sehen / mit was Angesichte / Gebärden / Reden und Anzeigungen solche geschicht / ob Inquisit sich darbey entfärbe / erschrecke / zittere oder frech anstelle / und also dadurch desto eher anmelde / ob er an der That schuldig oder unschuldig sey.
Nicol. Reusner, lib. 3. Consil. 4. n. 35. Peinl. Sächß. Inquisit. und Achts-Proceß, tit. 6 §. 4. & 5. pag. 100.
Carpzov. Pract. Crim. p. 3. q. 113. n. 61. 64. & 65.
Christoph. Frid. Schmalkalder. in Disp. inaug. de Physiognomia c. 3. §. 5. LXXVIII. Wenn Hexen und Zauberer vorgenommen werden / sol der Judex sich bey dem ersten Examine nicht hart oder unfreundlich / sondern glimpflich erweisen / mit guten Worten sie anreden / und sagen: Er bedaure / daß sie sich so schändlich durch den Satan hätten verführen lassen / hätte ein Mitleiden mit ihnen / und kan die Schuld guten theils auf den allgemeinen Menschen-Feind legen / sie ihres Tauf-Bundes erinnern / und vermahnen / daß sie / als ein verirretes Schäflein / sich wieder bey Christo den rechten Sündenbüsser / der keinen bußfertigen Sünder / welcher warhaffte Reue und Busse thäte / verstossen / sondern mit allen Gnaden wieder annehmen will / einfinde und wiederkehre sc. Durch welche und andere gütliche Zureden mannichmahl solche abgefallene Leuthe ohne Volter die That / und wie sie verführet worden / bekant haben. Es soll auch der Richter nicht starck drohen / sie auf den Scheiter-Hauffen werffen / und verbrennen zulassen / weil nichts mehr das Bekäntnis hindert / als die Furcht des Todes. LXXIX. Vielweniger stehet ihm an / per verba aequivoca, oder solche Worte / so man auf zweyerley Art verstehen kan / ihnen Gnade oder Linderung der Straffe zu versprechen / um die Warheit und das Bekäntnis desto eher von jhnen heraus zu bringe / wie Sprenger. in Malleo Malefic. quaest. 15. und Del-rio Lib. 5. Disq. Magic. Sect. 10.
|| [241]
wollen / e. g. daß man unter dem Wort Gnade / die Gunst und Gnade verstehe / welche dem bono publico und dem gemeinen Wesen wiederfähret / wenn böse Menschen und Ubelthäter abgestrafft / und aus dem Wege geräumet werden / oder wenn einer dem Reo verspreche / Er wolle ihm verhelffen / daß er länger leben solle / welches Er aber von der verdamten Zauberey zu dem seligen und ewigen Leben verstehet / oder daß er des Landes verwiesen / oder in ewige Gefängnis behalten werde. Oder es könte der Judex sein Amt einen andern Inquisitori resigniren und auftragen / von welchen er weiß / daß er es ihn nichtschencken werde. Item / wenn man einem Zauberer verspreche / ihm ein neu Hauß bauen zulassen / wenn er bekennen würde / aber den von Holtz zusammen gelegten Scheiterhauffen darunter verstünde und meinete sc. Denn solche per dolum extortae confessiones sind nicht von solcher Krafft / Nachdruck und Würckung / daß ein Mensch deshalber zum Tod condemniret werden kan / es wäre denn Sache daß er / compertâ fraude, freywillig sein Bekäntnis wiederholete / oder andere praegnantia indicia & argumenta hinzu kähmen. Binsfeld. de confeß. malefic. m. 2. concl. 7. dub. 3. Goehausen, in Proceß. contr. Sagas, tit. 5. §. 2. 3. & 4. pag. 243. & seqq. us??? 251. & in addit. lit. D. E. & F. ubi multa quo??? affert de Jesuitarum aequivocationibus mental. von pag. 271. biß 278.
Dan. Clasen, ad art. 46. Const. Crim. Caroli V. pag. 216.
Vent. de Valent. Parth. litigios. lib. 1. c. 6. n. 16. LXXX. Anfangs des Protocolls muß der Orth / Item der Tag und das Jahr / auch in wessen Beyseyn das Examen geschehen und gehalten / hernach die Inquisititional-Articul, und das Delinquentens Antwort / und zwar dergestalt / daß allewege die Seite eines Blats getheilet / oder gleichsam zerspalten / und auf einer halben Seiten / als zur lincken Hand / die Articul, auf der rechten aber gegenüber alsobald die Antwort des Inquisiti gesetzt werden / ungefehr auf folgende Arth / iedoch mutatis mutandis, nachdem die Fälle sind. ACTUM Scharffenheim / Donnerstags / den 7. September. Anno 1693. Heute früh 7. Uhr ward der Gefangene Hans Unnütz / von Keifhausen / aus dem Gefängnis in die Fürstl. Amts-Stube allhier gebracht / und [242] von den Herrn Ambtmann Gotfried Rechtlieb / in Beyseyn zweyer Gericht-Schöppen / als Herrn Christian Frommans / und Herrn Theophili Ehrlichs / und meiner des geschwornen Gerichts-Notarii und Actuarii Ernst Fleißigens / wegen der an Georg Ackermannen in der Schencke zu Feldhausen den 2. dieses Monats begangenen Mordthat / auf nachgesetzte Articul examiniret hat auf dieselbe geantwortet / wie gegen über stehet: Nach Endigung dieses Examinis ist Inquisit [der sich im geringsten nicht alteriret] wieder in seine vorige Custodia gebracht / alles nachrichtlich registriret / und von denen sämtlichen Anwesenden Gerichts-Personen eigenhändig unterschrieben worden. Ut supra. Gotfried Rechtlieb / p. t. Ambtmann hieselbst m. m.
|| [245]
Christian Frommann / Theophilus Ehrlich / Gerichts - Schöppen. Ernst Fleißig / N. P. C. und Gerichts-Actuarius, mm. LXXXI. Der Inquisit soll und muß / wie aus diesem Protocol zu ersehen / mit deutlichen unbewendenen Worten / entweder Ja oder Nein antworten. Und wenn er solches etwan nicht thun wolte / hat der Judex ihn darzu ernstlich anzumahnen / auch / wenn er auf seinen verstockten Sinn verharret / nach eingeholten Rechtlichen Erkäntnis / vermittelst der Tortur darzu anzuhalten.
Peinl. Sächß. Inquisition und Acht-Process, d. tit. 6. art 3. §. 3. pag 99.
Clarus, lib. 5. Sentent. § fin. q. 45.
Carpzov. cit. quaest 114. n. 54. 55. & 56. LXXXII. Doch soll diese des Gefangenen Aussage gütlich und ungezwungen / keinesweges aber durch Bedrohung des Scharff-Richters / weniger dessen Vorstellung / auch nicht durch Abfoderung eines Eydes /
L. I § si quis ultrò: ubi Gloss. in verb. nonnunquam ff. de quaest. L. 2. C. quos Appell. non recip.
Farinac. part. 3. Oper. Crim. quaest 81. n. 47. & 48.
Hippol. de Marsil. Pract. erim. §. secunda quaestio. n. 31 & seqq.
Peinl. Sächß. Inquisit- und Achts-Process. tit. 6. art. 2. §. 3.
Carpzov. Pract. Crim. quaest. 113 n 48. Vielweniger Versprechechung einigen perdons, oder mitigation der Straffe / wie droben auch schon berühret / geschehen / sondern es soll derselbe blosser Dinge ermahnet werden / die Warheit auf jeden vorgehaltenen Articul zusagen / und was er so dann bejahet oder verneinet / auch darbey vor Umstände anführet und berichtet / nieder geschrieben werden.
Jul. Clar. §. ult. quaest. 55. n. 9.
Vent. de Valent. in Parthen. litig lib. 1. c. 14. n. 25.
Carpzov. part. 3. Prax. Crim. quaest. 113. n. 42. & 47. & q. 149. n. 9.
Vid. Decis. Elect. 1661. Decis. 91.
Adam Keller, lib. 2. de Offic. Jurid. Polit. c. 12. LXXXIII. Nach gethaner Aussage auf die Articul wird dem Inquisiten seine Deposition wieder vorgelesen / und befraget / ob er noch ein und das andere zu erinnern habe? Was er nun darauf noch vorbringet / wird in fine annectiret / zu den Acten registriret / und das gehaltene Protocoll von allen Gerichts-Personen / so der Verhör beygewohnet / eigenhändig unterschrieben.
|| [246]
P. H. O. art. 184. verb. was daselbst gefraget. Churfl. Sächß. Policey Ord. de Anno 1612. tit. von Justizien Sachen. n. 5. Fürstl. Sächs. Gothaische Gerichts- und Process-Ordn. p. 3. c. 6. n. 5. Leugnet Er aber die That / oder einen und andern Umstand / werden die vorher in der Inquisition summarisch abgehörte Zeugen vorbeschieden / und in Beyseyn des Inquisiti, wie Joh. Zangerus, in Tract. de quaestion. & torturis cap. 3. n. 27. Justus Oldekop, Decad. I. quaest. 4. Christoph. Blumbacher / in Comment. ad art. 47. const. Crim. Caroli V. n. 8. Julius Clarus, § fin. quaest. 45. n. 13. und Brunnemann, in Process. crim. c. 8. n. 2. wollen / mit den Zeugen Eyde würcklich beleget. Dissentit. Carpzov. in Prax. Crim. part. 3. quaest. 114. n. 64. & lib. 6. tit. 9. Resp. 86. n. 18. welcher es nicht vor nöthig achtet / daß die Beeydigung der Zeugen allemahl in Gegenwart des Inquisiten geschehe. Man richtet sich aber dißfals billig nach eines iedweden Landes und Orths Herkommen: LXXXIV. Nach diesem wird ein jeglicher Zeuge absonderlich vorgenommen / und von dem Gerichts-Actuario jedweder Inquisitional - Articul, welchen Inquisit nogiret und verneinet / oder auch wohl gewisse von neuen abgefassete [Vide Gödelmann de Magis pag 147. & seqq. us??? 165.] ihm deutlich vorgelesen. Darauf die Zeugen nicht allein mit Ja oder Nein antworten / sondern auch alle und jede Umstände / ob er nemlich selbsten gesehen / daß die That geschehen? Wer mehr darbey gewesen? Wie? Welcher Gestalt? Auch auf waß Art und Weise es darbey hergegangen? Und so weiter / berichten müssen / welches mit eben den Worten / wie sie aus ihren Munde fallen / nieder zuschreiben: Allermaßen Brunnemannus, in Processu Criminali, cap, 8. n. memb. 2. n. 72.
|| [247]
auch erinnert / wenn er setzet: Admonendus est Judex & Notarius diligenter, ut omnia testium dicta diligentissimè verbis formalibus consignent literis. Reperiuntur, ut opinor, ejusmodi homines, qui solent ea tantùm dicta testium consignare vel scribere, quae pro Fisco faciunt, quae verò contra Fiscum faciunt, solent omittere, quô nihil magis barbarum & iniquum est. Alii fortè testes, qui pro Inquisito deponere incipiunt, statim repellunt, quasi suspectos. Cavendum etiam est Judicibus & Notariis, aequipollentia verba fingant, aut locutiones testium contrahant, quo ipso haud rarò, nec absque summo Inquisiti periculo, sensus attestatorum invertitur, sed locutiones testium singulaque verba à testibus prolata, prout sonant, diligentissimè sunt consignanda, quod, probè notandum dicit Dn. Carpzovius part 3. quaest. 114. n. 83. Imò Judices & Notarios, qui verba testium immutant, diabolicè agere, ac Crimen falsi committere, sanguinem humanum sitire, ac turpia lucra anhelare, conqueruntur
Jul. Clarus, quaest. 23. n. I. &
Ambrosinus, in Process. inform. lib. I. cap. 2. n. 9. & seqq. LXXXV. Dannenhero ist an einer guten / fleissigen und geschickten Zeugen-Verhör sehr viel / ja daß meiste gelegen. Consistit enim unicè in examine testium vis & robur causarum, & substantia condemnandi & absolvendi. Just. Oldekop, Decad. I. quaest 5. n. 50. & cum eo ibid. allegati. add. Constit. Crim. Caroli V. art. 70. ibi??? Manzii Comment. n. 17. & ad art. 71. n. 2. LXXXVI. Wenn dieselbe nun zum Ende / und mit des Inquisiti Antwort nicht übereinstimmet / wird er wieder an die Gerichts-Stelle gebracht / und ihm vorgehalten / was die Zeugen eydlich außgesaget / mit Ermahnen / sich nicht länger vergeblich in Unterdrückung der Warheit aufzuhalten / sondern GOtt die Ehre zu geben / die That in Güte zubekennen / und dadurch sein Gewissen zuerleichtern. Bekennet er / so dann ist es gut / wo nicht / wind ein Zeuge nach dem andern ihm vorgestellet / und mit ihm confrontiret / darbey gleichfals alles / was vorgehet / Item pro & contra geredet wird / auch wie sich der Inquisit bezeiget / mit höchsten Fleiß aufgezeichnet werden muß.
|| [248]

Jul. Clar. §. fin. quaest. 45. n 14.
Prosper Farinac. lib. 3. q. 72. n. 139.
Carpzov. q. 114. n. 80. & 83. Fürstl. Sächß. Gothische Gerichts- und Process-Ordn. p. 3. c. 6. n. 7. P. H. O. art. 186. in verb. so viel sich &c. Churfl. Sächß. Außschreiben Anno 1579. an die Schöppen-Stühle ergangen ibi: Darüber die Zeugen. Peinl. Sächß. Inq. und Achts-Process. tit. art. 4. §. 2. & 3. LXXXVII. Definitur Confrontatio, quod sit Commissio testium cum ipso Inquisito. Joh. Brunnemann. in Process. Crim. cap. 8. n. 79. Vel, ut vult Tabor, in tr. de Confront. D. 1. th. 9. pag. 8. Confrontatio est actus Judicialis, quo Judex vel testes inter se, vel reum cum testibus, vel etiam cum correo aut denunciante coràm componit, ad veritatem investigandam comparatus. Dicitur eine Gegen- und Zusammen-Stellung / & confrontare, ins Gesicht oder unter Augen stellen. Wehner. in Supplement. pag. 18. Und ist die Confrontation der Zeugen mit dem Inquisiten eine sehr nützliche und nothwendige Verrichtung / weil dadurch der Gefangene offtmahls zum gütlichen Geständnis gebracht / oder doch durch veränderliche Reden / unterschiedene Gestus, als entfärbung des Angesichts / Zittern der Gliedmassen / hin und her wenden / stammlende Reden / und dergleichen sich jemehr verdächtig machet / und die Urtels-Fasser sodann desto sicherer die Straffe / oder nach Befindung / die Tortur erkennen können.
Matth. Stephani, de Offic. Jud. lib. 9. c. 8.
Flam. Chartar. in Pract. interrog. reor. lib. 3. c. 1. n. 83.
Ambrosin. d. Process. inform. lib. 2. cap. 9. n. 6. ibi: Et ego quidem suadeo, ut quando testes habere potes, illos semper confrontare cures, quia reum magis urget. Praesentibus enim testibus reus vix poterit diffiteri veritatem, nam ubi testes singulas delictorum circumstantias commemoraverint, fieri non potest, quin titubet reus, nec posset commodas adducere responsiones. Facit quo??? ad innocentiam rei probandam. Licitum enim est reo, testes interrogare de una vel altera circumstantia, & falsitatis, si possit, convincere.
|| [249]
LXXXVIII. Solche confrontation geschiehet gleichfals / wenn zwey oder mehr Gefangene einer Missethat halber vorhanden sind / und einer auf den andern bekennet. Ingleichen wenn zwey Zeugen von einerley Sache / und bewusten Umständen / wiedrig aussagen / alsdenn werden solche Personen einander vorgestellet / und deßwegen gehöret.
Jodoc. Damhouder, in Prax. Crim. cap. 47. n. 3.
Tabor, de Confrontat. pag. 22. LXXXIX. Worbey zu mercken / daß wenn der Zeugen mehr als einer / Inquisitus iedesmahl mit einem nach dem andern zu confrontiren / damit er nicht / wenn sie alle auf einmahl auf ihn zustürmen / confundiret werde.
Chartar. d. lib. 3. c. 1. n. 95.
Ambrosin. c. 9. n. 15.
Tabor. de Confront. c. 1. th. 15. XC. Doch sollen nicht ohne Unterscheid alle Personen zur confrontation gebraucht werden: Maßen denn ein liederlicher / anrüchtiger und nichtswürdiger Mensch mit einem sonst ehrlichen Mann nicht zu confrontiren.
L. non debet. II. de dol. mal.
Tabor, dict. tract. pag. 23. thes. 32. & pag. 132. thes. 7. und wenn solches auch gleich geschehen / ist doch die confrontation von keinen effect. Joh. Brunnemann. Cent. 1. Decis. 48. n. 4. Und kan einer / welcher genöthiget worden / sich mit dergleichen Person confrontiren zu lassen / seine Beschimpffung zu anthen sich reserviren. Carpzov. part. 2. quaest. 114. n. 78. & 79. Sic quoque confrontatione abstinendum est, si filius contra patrem examinatus est, in casibus permissis, vel servus contra Dominum, vel vilis persona contra Nobilem, ac in dignitate constitutam, vel timidus ac pauper contra potentem, quia difficulter ejusmodi personae contra praedictos in eorum faciem sua dicta confirmare audebunt à confrontatione.
Chartar. lib. 3. c. 1. n. 94.
Ambrosin. cap. 10. n. 16. & seq. nisi exigat necessitas. Tabor, dict. tract. de Confront. part 1. th. 23. & 34. XCI. Sonst ist auch unter die confrontation mit zu rechnen / wenn in crimine diffidationis & minitationis, in Bevedungen und Bedrohungen / da einer sich unterstehet / einer gantzen Stadt / Dorffe / oder auch einer Person allein selbigen Orths zudrohen / dieselbe mit Feuer / oder auf andere Wege [250] zu verderben / darauf auch einen Brand- oder Bevehdungs-Brief anschläget / oder einwirfft.
Vid. Carpzov. p. 1. quaest 37. n. 14. usg??? 25. & 58. usg??? 68.
Joh. Laurent. Zubrodt, de Comparat. Literar. c. 6. §. 14. Ingleichen wenn Pasquille gefertiget / und außgeworffen / angehefftet oder angeschlagen worden / und der Thäter will das delictum nicht gestehen / alsdann wird der befundene Zettel Inquisito vorgeleget / und befraget: Ob es seine Hand sey? Negiret er es / muß er angehalten werden / daß er in Gegenwart der Gerichte schreibe / damit man ihn ex ductu literarum überführen könne.
Brunnemann, in Process. Inquis. cap. 8. m 7. p. 127.
Tabor, de Confront. p. 156. th. 7. iedoch hat man auf solche Gesellen wohl acht zuhaben / daß sie mit voller Hand und Feder schreiben / denn etliche dermaßen listig und verschlagen sind / daß sie die Buchstaben wohl auf 3. und mehrerley Arthen verziehen / auch wohl gar anderer Persohnen Handschrifft nachmahlen können. Drum müssen die Gerichts-Personen sich hierunter wohl in acht nehmen / daß sie durch solche Schrifften niemand unschuldig in Verdacht ziehen: Denn über dieses / daß / wie ietzt gemeldet / böse Gesellen andern Leuthen die Buchstaben nachzumahlen mit fleiß sich bemühen / bekant / daß viele Discipuli und Lehr-Knaben ihres Praeceptoris und Unterweisers Buchstaben und Handschrifft dermassen gleich schreiben lernen / daß vielmahl festiglich darauf geredet werden könte / es wäre dieser und jener Personen Hand. Wenn nun alßbald aus diesem fundamento allein zugefallen werden wolte / weil der ductus literarum einer solchen bösen Schrifft ähnlich / so würde mancher ehrlicher Mann in unschuldigen Verdacht kommen. Derowegen ohne sonderbahren wieder diese und jene Person verhandenen Verdacht mit solcher confrontation nicht zu verfahren.
Vid. Jacob Menoch. de A. J. Q. lib. 2. cas. 144.
Anton. Thesaur lib. sing. quaest. forens. decis. 24. n. 8.
Autor Prax. Crim. Altenb. p. 2. 19. & 220. XCII. Nach diesem / wenn der Judex alles gethan / was zu Erforschung des angeschuldigten delicti nöthig / und mit der Inquisition fertig ist / soll er den Verhafftete̅ es eröfnen / und fragen / ob er seine Defension führen wolle? Hat er nun Mittel / daß er einen Advocaten auf seine Kosten halten kan / werden demselben in dem Sächsischen Landen die Inquisitions Acta in loco judicii ad inspiciendum vel extrahendum, Beyseyns der Gerichts-Personen / vor [251] geleget. Geben sich auch seine Freunde / Vater / Muttier / Bruder / Schwester / Mann / Weib / Schwager / ja auch ein Fremder an / und wollen den Inquisitum defendiren / so ist der Richter schuldig / sie nebst ihren Rechtlichen Beyständen zu hören / und ihnen die Inquisitions-Acta vorzulegen.
Const. Crim. Caroli V. art. 47.
Carpz. part. 1. Const. 19. def. 17. & part. 4. Const. 8. & part. 3. prax. Crim. q. 115. n. 67.
Casp. Zigler. Dicast. concl. 31. § 6. do auch Inquisit bey perlustration und durchsehung der Acten nicht gewesen / oder der Acvocat sonst mit ihm zureden / und Umstände oder facta von ihm sich zuerkundigen vor nöthig befindet / muß der Richter den Advocaten und die Verwandten zum Inquisito lassen / doch nicht allein / sonder jedesmahl in Beyseyn einiger Gerichts-Personen / welche auf dasjenige / was geredet wird / und nicht heimlich / sondern laut geschehen soll / gute Achtung zugehen / auch dasselbe wohl gar zu notiren haben.
Brunnem. Process. Crim. pag. 8. memb. 3. n. 21. & 27.
Petr. Anguisius, Consil. 24. per tot.
Dan. Clasen, in Comment. ad art. 13. Constit. Crim. pag. 92. Ante torturam, etiam in atrocissimis, reus cum Advocato ponendus est AD LARGAM, ut loquitur Farinaceus, quaest. 13. 14. & 70. quod est ad locum publicum, ubi pro lubitu eum consulere, ac Procuratores & amicos alloqui possit.
Cothmann. Cons. 29. & 30. vol. 3.
Oldekop, tit. 1. Obs. Crim. 4. n. 6. nisi subsit timor subornationis, tunc enim allocutio non concedenda absque praesentia Notarii, vel Fiscalis, aut alterius personae ab ipsô deputandae. Farinac. quaest. Crim. 39. n. 70. Goehausen in Process. Contr. Sagas tit. 3. in addit. tit. pag. 148. & 149. XCIII. Es kan aber des Inquisiti Nothdurfft auf zweyerley Arthen angeführet / und beygebracht werden. [1.] Wenn der Advocatus des Inquisiti vorhergeführtes gutes Leben und Wandel beybringet / und dem Richter / oder künfftige Urtelsfasser dadurch so ferne moviret, daß er vor eine solche ehrliche Person gehalten wird / zu der man sich einer solchen beschuldigten That nicht zuversehen. [2.] Die wieder Inquifiten in Actis verhandene indicia colligiret / und nach der Ordnung erzehlet / hernach eines nach dem andern examiniret / auf was Grund solches bestehet / demonstriret / die abgehörte Zeu [252] gen so wohl ratione ihrer Person / und inhabilität / als ratione depositionis, und ihrer Aussage impugniret / und verwerflich machet / [3.] wohl gar andere Zeugen denominiret / und abhören lässet / welche das contrarium aussagen. [4] Den Process ex nullitatibus und befundener unrechtmäßigen procedur disputiret, dieses alles mit schönen Rechts-Gründen und bewährter Criminalisten Meinungen ausschmücket / durch eine solche Defension-Schrifft Inquisiten entweder von der Anschuldigung gantz zu absolviren / oder sonst pro re nata zu sententioniren bittet. Oder es fasset der Advocatus sowohl das jenige / was wieder / als vor Inquisiten ist / in gewisse Defensional-Articul, probiret zugleich jeden Articul per allegata Jura, in Actis befindliche Zeugen Aussagen / oder andere Umstände / auch vorher selbst eingeholte Attestata und Zeugnisse / welches gar eine feine beqveme Art ist / und die Herrn Urtelsfasser wohl informiren kan. Autor Prax. Crim. Alteb pag. 237. Worbey zu mercken / das Inquisito zu Beybringung seiner Unschuld / oder andern Nothdurfft / alle und jede Zeugen / wie er solche haben kan / es sey Kind / Weib / Mann / Vater / Mutter / Schwester / Knecht / Magd / und andere sonst zu Zeugen ungeschickte vorzustellen / nachgelassen.
Paul Grilan. de Relaxat. carcerat. in 3. q. princ. tit. de absolut. n. 2.
Farinac. de Testibus tit. 6. q. 63. n. 42.
Jul. Clar. §. fn. quaest. 24.
Carpzov. p. 3. q. 115. n. 75.
Barbos. in Thes. Jur. lib. 9. c. 64. ax. 1.
Cothman. Vol. 3. Resp. 13. n. 17. & seq.
Gail. de pace publ. lib. 1. c. 6. n. 22.
Berlich, p. 4. Concl. 14. n. 18.
Menoch. de A. J. Q. lib. 2. cas. 104. n. 6. Dissentit Fachin. Lib. 9. controv. c. 83. 2. pen. ff. & L. 2. C. de testib. cap. Accusatores. 12. Dist. 3. q. 5. XCIV. Wenn sich aber niemand des Inquisiti annimt / nach auch annehmen will / soll der Judex Officio ihm einen Advocaten zuordnen / der / was zu seiner Unschuld / oder Linderung der Straffe dienet / ausführe:
Hippolyt. de Marsil. in pract. §. nunc videndum n. 7.
Claud. de Batt andier, in Prax. Crim. reg. 21. n. 2.
Zigler, Dicast. concl. 31. §. 7.
|| [253]
Fürstl. Sächß. Gothaische Gerichts- und Process-Ordn. part. 3. c. 6. n. 11. Ja der Richter soll deßwegen selbst bemühet seyn / juxta text. egregium
in L. 19. ff. de poenis.
Gail. lib. 1. de pace publ. c. 18. n. 3.
Zanger. de quaest. & tortur. c. 3. n. 41.
Mevius part. 2. Decis. 321.
Rosbach, Prax. crim. tit. 5. c. 11. n. 12.
Manz. sing. in jur. commun. verb. innocentia n. 2. Est enim Judicis, ex se ipso, nemine licet defensionem petente, pro innocentia rei ejusque defensione vigilare. Dan. Clasen, in Comment. ad art 28. Const. Crim. pag. 152. ita ut, si hoc non fecerit, aedificet ad Gehennam, & animam occidat,
Hippol. de Marsil. Cons. 39. n. 27. & seqq.
Moller ad Const. Elect. 8. part. 4. n. 4. pag. 538. Und wenn gleich der Richter dafür hält / es habe der Captivus keine rechtmäßige Ursachen anzuführen: Item es sey das delictum notorium & manifestum, soll er ihn doch mit seiner Defension admittiren.
Carpzov. Pract. Crim. q. 115. n. 4.
Zigler, dict. concl. 31. §. 8. Ja die Criminalisten geben diese Lehre / daß / wenn es müglich wäre / daß der Teufel / dessen Boßheit mehr den zu wohl bekant / vor einem weltlichen Richter verklaget würde / derselbe nicht eher verdammet werden solte / er wäre denn mit seiner defension gehöret worden.
Hostiens. in cap. cum inter Extr. de Except.
Socin. Cons. 266. n. 46. vol. 1.
Natta, Cons. 451. n. 30. vol. 2.
And. Gail. in tr. de pace publ. lib. 2. c. 7. n. 8.
Suarez. Comm. Opin. in verb. defensio. n. 24.
Mev. part. 3. q. 200. n. 3.
Carpz. dict. part. 3. quaest. 115. n. 2. XCV. Und wenn der Inquisit auch schon das delictum gestanden hätte / aber nochmals um seine defension anhielte / ist ihm solche doch nicht abzuschlagen.
Jul. Clar. quaest. 49. n. 13.
Carpz. part. 3. q. 115. n. 30.
|| [254]
Denn auch hier noch viele zu derselben angeführet werden kan / daß nemlich [1] die Inquisition coram judice incompetente angestellet [2] das Judicium nicht mit Legalen Personen versehen / und der Actuarius entweder zum Gerichten nicht geschworen / oder kein Keyserlicher creirter Notarius sey. [3] Das Geständnis aus Irthum geschehen / [4] kein Corpus delicti vorhanden / und [5] Die Confessio spe impunitatis & gratiae von ihm heraußgelocket worden. [6] nicht also registriret / als er außgesaget. &c. Athor Prax. Crim. Alteb. p. 226. XCVI. Ja in den allergrausamsten Thaten kan man auch dem Inquisito die Defension nicht entzichen / sondern er muß gehöret. werden. Farinac. quaest 39. n. 41. & 43. Defensio quippe est Juris naturae,
L. 4. L. 45. §. 4. ff. ad L. Aquil.
L. 1 §. cum arietes 11. ff. si quadrupes paup.
L. 1. §. 27. ff. de vi arm. Scilicet respectu inclinationis, respectu verò moderationis inculpatae tutelae erit Juris Gentium L. 3. junct. L. 1. §. ult. ff. de just. & Jur. quod postmodum melius Jus Civile explicuit & confirmavit, sicque etiam Juris Civilis defensio erit,
argum. L. 1. C. unde vi
L. 2. & 3. C. de Sicar. Quod & Juris Divini sit, patet ex c. 22. Exod. vers. 2. quae nemini auferenda Jure. L. ut vim 3. ubi Jason de Justit. & Barbosa, in Thes. Loc. Comm. lib. 4. c. 9. axiom. 1. & 4. XCVII. Der Advocatus aber / den er brauchet / oder ihm zugegeben wird / soll ein Christlicher / bescheidener / GOtt- und Recht-liebender Mann / und so gesinnet seyn / Inquisiten wieder befindliches Unrecht zu defendiren / keines weges aber seine unrechtmäßige Himmel-anschreyende / und üm Rache ruffende Thaten zuverdunckeln / verkleistern / und ihn dadurch der verdienten Straffe zuentziehen. Christoph. Blumenblacher / Comment. ad Const. Carol. V. art. 88. n. 16. & 17. Drum auch einem Richter wohl zugelassen / einem solchen verdächtigen Advocaten zu removiren / und einen andern Christlichern / verständigern [255] und aufrichtigern zu erkiesen: Allermassen auch etlicher Orthen üblich / daß die Advocaten vorher / ehe man ihnen die Inquisitions-Acta vorleget / vereydet werden / daß sie / wieder Recht und Gewissen / nichts rathen / noch schreiben wollen.
Const. crim. Caroli V. art. 88. ibi??? Blumenblacher.
Carpzov. part. 3. prax. crim. Quaest. 127. n. 93.
Brunnemann, in Proc. crim. c. 8. memb. 1. n. 22.
Fürstl. Gothaische Landes-Ordn. pag. 237.
Vid. Autor. Prax. crim. Alteb. à pag. 227. usg??? 233. Es wären denn Hoff-Aavocati, die schon in Pflichten stünden. XCVII. Die Vorlegung der Acten aber geschicht entweder dem Advocato allein / oder daß der Inquisit zugleich darbey sey. Wiewohl
Jul. Clarus. §. fin. q. 49. n. 2. Und
Justus Oldekop. tit. 4. Observ. Crim. 2. n. 8. & Quaest. Decad. i. mit Anführung vieler Rechts-Gründe / vor besser halten / man gebe auf Begehren dem Gefangenen oder Angeschuldigten / und seinem Advocato völlige Abschrifft der Inquisitions-Acten, damit der Advocat solche zu Hauße mit desto bessern Fleiß durchlesen / und was er im extrahiren etwan versehen möchte / ie mehr und mehr zu des Inquisiti Besten bedencken könne. Welches auch nach den gemeinen Rechten keinen Zweiffel hat / als da einen ieden / der seine Unschuld auszuführen Willens / copia indiciorum & aliorum Actorum gegeben wird /
C. qualiter & quando §. debet igitur Extr. de Accusat.
Petr. Heigius, part. 2. Quaest. 35. per tot.
Göchausen, in Proc. contr. sagas tit. 3. in addit. pag. 151. & 17.
Dan. Clasen, in comment. ad art. 73. const. crim. Caroli V. pag. 313.
add. Richt. vol. 2. cons. 139.
Berlich. p. 2. Decis. 161. n. 2. & seqq. Item 15.
Mev. Decis. 321. part. 2. n. 8. In den Sächsischen Landen aber wird es / wie oben gedacht / gehalten / daß dem Advocato nur die Inquisitions-Acta ad inspiciendum vel extrahendum in loco judicii vorgeleget werden. Corpzov part 3. Q. 115. n. 101. &. 102. Peinl. Sächß. Inquisitions - und Achts-Process, tit. 8. art. 3. p. m. 121. Churfl. Sächß. Policey-Ordn. de An. 1612. tit; von Justitien-Sachen / n. 5.
|| [256]
Fürstl. Sächß. Gothaische Gerichts- und Proceß Ordn. p. 3. c. 6. n. 20. XCIX. Zu Einbringung der Defension giebt der Judex dem Inquisito und dessen Advocato eine gewisse Zeit / gemeiniglich eine Monats- oder Sächsische Frist: welche nach Beschaffenheit des Delicti, und anderer Umständer / auf Ansuchen auch wohl verlängert wird.
Idem Carpzov. d. p. 3. q. 115. n. 86.
Brunnemann, in Process. crim. cap. 3. memb. 3. n. 2. C. Wenn derselbe nun zu desto besserer Deducirung seiner Unschuld gewisse Defensional-Articul aufsetzen / und etliche Zeugen darbey denominiren lässet / mit Bitte / solche / dem dabey angeheffteten Directorio nach / eydlich abzuhören / Vide Formul. in Volkmanni Process. crim. part. 2. tit. 9. pag. 213. & 214. werden solche defensional-Zeugen citiret / gleichfals beeydiget / und abgehöret: Der Judex aber darf keine Interrogatoria auf solche Defensional-Articul machen / so wenig dem Inquisito zugelassen ist / dergleichen wieder die Inquisitional- oder Probatorial-Articul einzugeben. Fürstl. Sächß. Gothaische Gerichts- und Proceß-Ordn. p. 3. c. 6. n. 8. Wenn es der Inquisit begehret / wird zugelassen / daß seinetwegen ein Notarius Adjunctus bey Abhörung der Zeugen sey / und wenn solches zum Ende / wird dem Advocato die Aussage vorgeleget / ihm auch wohl Abschrifft davon gegeben / um die defension desto accurater darnach einzurichten. CI. Es ist der Angeschüldigte von Anfang der Inquisition biß zur endlichen execution mit seiner defension zu hören: Ja wenn er auch schon vor dem Hoch-Noth-Peinlichen Hals-Gerichte stünde / und vorgebe / er habe noch was zu seiner defension auzugeben und außzuführen / ist er damit zuzulassen und die execution zudifferiren. L. unius 18. §. cogniturum. L. 1. §. si quis ultra 27. ff. de Quaest. Farinac. q. 39. n. 1. & 82. Wesenb. in Th. n. 12. ff. de Accusat. Struv. Synt. Jurispr. exerc. 48. § 101. CII. Drum auch der Inquisit nicht nur ein / sondern befundenen Umständen und der Sachen Wichtigkeit nach / wohl. 2. 3. und 4 mahl damit admittiret werden muß.
|| [257]

Gomez. tit. de delict. c. 13. n. 33.
Cartar de Execut. Sentent. cap. 1. n. 29. & seq. Reo nunquam deneganda est defensio, nec provocatio à terminis, etiam statuto reclamante. Franc. Pfeil. Cons. 167. cent. 2. CIII. Und solche defension kan ihm weder Keyser / König / Fürst und Herr / noch auch einiges Recht / Statutum und Gewohnheit benehmen.
Gilhausen c. 2. tit. 12. n. 24. arb. Crim.
Clar. lib. 6. §. fin. q. 49. n. 14.
Farinac. lib. 1. q. 39. n. 18.
Reusner. lib. 2. Decis. 10. n. 10.
Seb. Guazzin. in tr. ad defensam. Inquisit. tom. 2. Defens. 29. c. 4. n. 3. ibi??? alleg. DD.
Zigler. Dic ast. concl. 31. §. 2. CIV. Ja der Inquisit selbst kan sich in den Fällen / so Leib und Leben angehen / deren beständig nicht begeben.
Gomez. part. 3. Var. resolut. c. 1. n. 66.
Thomas Metzger, Cons. 15. n. 102. etiamsi renunciationem fecisset cum juramento. Decian. lib. 9. c. 1. n. 26. Criminal. nisi fortean agatur de poena saltem corporis afflictiva, quaeve non tendat ad mortem.
Clar. lib. 5. §. sin. q. 49. n 16.
Dan. Clasen, ad art. 47. Const. Crim. Caroli V. pag. 320. Et defensio adeò est favorabilis, ut morte non extinguatur, hinc potest astificari post mortem, & maximè in crimine laesae majestatis. cit. Guazin. d. defens. 29. c. 4. n. 29. CV. Wenn aber die defension volführet / und die deduction-Schrifft überreichet worden / sol der Richter mit fleiß solche durchlesen / und wenn er befindet / daß das factum entweder mit andern Umständen angeführet / denn es in Warheit sich verhält / die abgehörte Zeugen etwa zur Ungebühr was beschuldiget / und sonsten zu dem Ende was vorbracht worden / daß die Acta, und wer solche zu lesen bekommen möchte / confundiret und irre gemachet / der Inquisit aber der verdienten Straffe entzogen werden könte; So ist nöthig / daß der Richter entweder die Zeugen anderweit über die angeführten Umstände / nebst den Inquisiten höre / und dadurch die rechte Warheit beybringe / auch was er sonst Pflichtmäßig thun kan / erinnere / oder durch den bestal [258] ten Fiscal wieder dergleichen defensios-Schrifft / an stat des Entleibten / die rechtmäßige Nothdurfft beybringen lasse. Auth. Prax. Crim. Alteb. pag. 243. CVI. Nachdem nun dieses alles seine Richtigkeit hat / und zum Ende gebracht worden / gebühret dem Richter die Acta völlig zu inrotuliren / nach Rechtlichen Erkäntnis zu schicken / und sich des Rechtens belernen zu lassen / was in der Sachen ferner zu thun? Const. Crim. Caroli V. art. 7. 91 147 151. 160. & 161. Churfl. Sächß. Policey Ord. de Anno 1612. tit. von Justizien Sachen. n. 5. Fürstl. Gothaische Gerichts-Ordn. part. 3. c. 6. §. 12. Henning Renneman, de transmissione Actorum cap. 4. CVII. Bey der inrotulation der Acten will Justus Oldekop, Decad 1. quaest. 7. daß der Inquisit, oder dessen Advocat zugegen sey / ihm auch die Urthels-Frage zulesen gegeben werde. Dn. Carpzovius, aber / in seinem Inquisitions- und Achts-Process, hält es vor unnöthig. tit. 9. art. 3. §. 3. pag. 131. Die Acta werden ordentlich geleget / gehefftet und foliiret / sodann zusammen gerollet / in maculatur verwahret und gebunden / mit dem Gerichts-Siegel bedruckt / und die mundirte Urthels-Frage [davon das Concept bey den Acten gehefftet verbleibet] drauf gebunden / und so fort in den Schöppen-Sthul oder Juristische Facultät geschicket. Rennemann, d. tr. c. 6. n, 21. Fürstl. Sächs. Gothaische Gerichts- und Process-Ordnung / part. 3. c. 6. n. 12. CVIII. Die Urthels-Frage sol unpartheyisch seyn / so daß der Judex nichts drein mische / oder Umstände anführe / so in Actis nicht befindlich / noch auch einen Neben-Brieff mitschicke / sondern derselbe thut am besten / wenn er generaliter sich auf die Acta beziehet / und bittet / daß man ihm des Rechten belehren wolle / wie er er sich in der Sache ferner verhalten solle? vid. Renneman, cit. cap. 6. n. 17. 19. 20. & 21. Etliche Formularia derselben sind zu finden in Prax. Crim. Alteb. pag. 247. & 248. Item in Herr Stielers Secretariat-Kunst / ersten Band pag. 1096. und im zweyten pag. 436. wie auch beym Rennemann, d. ir. c. 6. n. 17.
|| [259]
Endlich erinnert hierbey Joh. Brunnemann, In process. Crim. c. 8. memb. 7. n. 10. daß man dem Inquisito nicht allezeit wissen lassen solle / in welchen Schöppen-Stuhl / oder auf welche Universität man die Acta zuschicken willens / weil man exempla hat / daß denen abgeschickten Bothen / von des Inquisiti Freunden / oder sonst andern hierzu Vermochten / wenn er von / vornehmer Familie gewesen / aufgepasset / ihnen die Acta weggenommen / oder doch die Urthel erbrochen worden / ehe sie an gehörigen Orth gelanget. CX. Wenn nun die Acta mit dem Urtheil wieder zurück kommen / darf der Beambte / sonderlich in Sachsen / solche / ungeachtet die Uberschrifft an ihm hält / nicht aufbrechen / sondern beydes uneröfner der Herrschafft / oder dero Regierung zu schicken / die es aufmachen / und nebst den Urthel und Acten einen Executorial-Befehl an dem Beambten zurück senden lässet. Churfürstl. Sächß. Befehl an die Schösser und Beambte / den 9. Julii Anno 1609. Peinl. Sächß. Inquis und Achts-Process tit. 10. §. 2. in addit. Fürstl. Sächß. Gothaische Gerichts- und Process Ordn. dict. p. 3. c. 6. n. 13. XCI. Ist nun dem Inquisiten die Territion zu erkant / wird das Urthel ihm nicht publiciret / sondern in Geheim gehalten: Denn wenn dessen Advocatus oder Befreundte etwas davon erführen / würden sie es ihm bald stecken / oder durch andere zubringen lassen / daß er sich an diese Vorstell- und Bedrohung weniger denn nichts kehren würde. XCII. Jedoch geschicht solches / wann die Tortur selbst in Urthel erkant ist. Denn ob wohl Dn. Carpzovius, in den Inquisitions- und Achts-Process tit. X. art. 1. §. 1. davor hält / daß solche publicatio in processu Inquisitionis nicht stat habe / noch nöthig sey: So ist doch D. Justus Oldekop, Decad. 1. quaest. 7. per tot. socher Meinuung gantz zu wieder / und hat des Carpzovii rationes gründlich wiederleget / so daß auch in vielen Sächsischen Judiciis von des Carpzovii Meinung abgescheitten / und dem Inquisito das eingelangte Urthel vor der Execution eröfnet / er vor der Marter und Pein gewarnet / und fleißig ermahnet wird / in Güte die Warheit zubekennen. Da ihm denn nicht zuverwehren / daß er darwieder nachmahls mit seiner defension einkomme / und anderweitiges Rechtliches Erkändtnis drüber eingeholet werde. Arnold de Reyger, in Thes. Pract. V. Tortura, in addit. n. 5.
|| [260]
XCIII. Es wird aber die Tortur also beschrieben / daß sie sey: INQUISITIO, L. si quis 3. c ad Leg. Jul. Majest. five INVESTIGATIO
L. Edictum 8. ff. de Quaestion.
L. milites 8. §. 1. C. eod. vel INTERROGATIO L. 1. §. qui Quaestionem 21. & §. Divus 22. ff. eod. tit. VIOLENTA d. L. si quis C. ad Leg. Jul. Majest. cum CRUCIATU CORPORIS CONJUNCTA, d. L. 1. §. 23. ibi res est fragilis ff. de Quaest. SUPER DELICTO COMMISSO,
L. 1. pr. ibi in Crimin, eruend ff. d. tit.
L. enim aliter. 1. §. item illud. 24. ff. de SCto Sylan. & Claud. ad ERUENDAM DELICTI VERITATEM,
L. Divus 9. ff. de Quaestion. & L. milites 8. §. 1. C. eod.
Gilhausen, Arbor. Crim. part. 1. c. 6. n. 2. SI ALITER POTERIT INVESTIGARI, d. L. Divus ff. d. tit. à JUDICE LEGITIME INSTITUTA.
Hunnius, in Colleg. Crim. dissert. V. §. 69.
Dan. Clasen, ad Constit. Crim. art. 45. p. 212.
Jacob Frid. Schilling / in Disp. Inaug. de reiterat. Torturae c. 1. §. 2. CIV. Sie ist ohne redliche Anzeigen und Vermuthungen wieder niemanden vorzunehmen.
P. H. O. Caroli V. art. 6. & 20.
Volckmann / in Process. Crim. part. 2. tit. 9. pag. 215.
Zanger, de tortur. c. 2. n. 1.
Carpzov. pract. Crim. p. 3. q. 119. n. 1. und muß der Judex alles vorher sehr wohl und genau untersuchen / und die wieder den Inquisiten streitende Indicia reifflich überlegen / ehe und bevor er zu derselben schreltet: ne sub praetextu justitiae & vindictae legitimae illegitimum committatur homicidium
Richter. part. 2. Decis. 91. n. 1.
|| [261]

Dan. Clasen, ad art. 29. Const. Crim. pag. 154. & ne loco poenae adhiberi videatur, contra L Quaestionis 21. ff. de Quaestion. Tabor de Tortura c. 2. §. 9. Nam Indicia ad Torturam debent esse luce clariora in sua specie, certa, non dubia, non aequivoca concludentia, ad delictum inferentia, probabilia, verisimilia, à jure approbata, & concludenter probata in genere suo. Ambrosin. lib. 4. Process. inform c. 1. n. 6. Zumahl da die Tortur nur ein remedium subsidiarium ist / wenn man sonst auf keine andere Art und Weise die Warheit erforschen / noch an den Tag bringen kan / sondern es nur bloß und allein auf des Rei Geständ- und Bekäntnis beruhet.
L. Edictum 8. & L. divus 9. ff. de Quaestion. & L. quoties 12. C. eod.
Daniel Clasen, ad art. 45. Const. Crim. Caroli V. Nec paria sint, hominem torquere, & pila ludere, ut inquit Hering. de Fidejussor. c. 10. n. 454. CXV. Drum wird I. erfodert daß die Sache und Klage criminal, atrox und Capital sey.
L. 4. 56. & L. Edictum 8. I. si quis 12. §. 1. ff. de Quaestion.
P. H. O. Caroli V. art. 8 ibi So die Missethat einer Todes-Straffe halben kündlich &c.
Richter, part. 2. Decis. 91. n. 8.
Idem sentit. Struve in Syntagm. Jur. Civ. Exercit. 49. §. 98.
ubi attestatur, quod in Scabinatu Jenensi nemini adjudicetur Tortura, nisi qui poena corporali puniri potest.
Bocer, de Tortur. c. 2. n. 1.
Brunnemann, in Proc. Inquis. e. 8. membr. 5. n. 20.
Tabor, de Tortura c. 4. n. 8. Ein Capital verbrechen aber wird genennet / das Leib und Lebens-Straffe auf sich hat /
art. 8. Crim. Caroli V.
Damhouder, in Prax. rer. Crim. c. 35. n. 4.
Theodor in Colleg. Crim. c. 9. th. 11. n. 8. lit. ff. woraus abzunehmen / daß in gemeinen Bürgerlichen Sachen / da es nur auf eine Geldbuße hinaus läufft / oder auch in andern delictis, da das Gefängnis / Verweisung / Pranger und Halseisen pflegt erkant zu werden / keine Tortur stat habe.
|| [262]

L. 4. 5. & 6. ff. de quaest.
L. Levia 6. ff. de Accusation.
L. nes quicquam 9. ff. de Offic. Procons.
L. Divus 9 § fin. ff. de quaestionib.
Richter, part. 2. Decis. 93. n. 4.
ubi addit, saepissimè hoc in Scabinatu Jenensi observatum fuisse. Es wäre denn Sache / daß die Causa civilis & pecuniaria ein solch Verbrechen mit sich führete / weßhalber der Reus torquiret werden könte. Als die Banckerot-Spieler / um ihre Handels-Bücher / Rechnungen und Schuld-Brieffe denen Glaubigern vorzuzeigen und auß uhändigen.
L. inde Neratius. 23. § 4 ff. ad L. Aquil.
Tabor, de Tortura c. 4. n. 10. Hic enim Crimen falsi & furti subest, dum dolosè chirographa & rationes supprimunt.
Tabor. de Tortura c. 4. 10.
Theodoric. in Colleg. Crimin. c. 9. §. 13.
Carpzov. in Pract. Crim. p. 3. q. 119. n 38. 39. & seqq. Und ob wohl Carpzov an ietzt-gedachten Orth n. 25. & seqq. statuiret / daß in solchen Verbrechen / die keine Leibes-Straffe auf sich hätten / die blose Territion und Schreckung / oder auch wohl die Anlegung der Daumen-Stöcke oder Schrauben / ja gar das Schnüren / nach Gelegenheit der Umstände / erkennet und vollstrecket werden könte: So wiedersprechen doch Justus Oldekop, decad. 3. contr. Carpz. Quaest. 1. n. 6. und Brunnemann, in Proceß. criminal. c. 8. membr. 5. n. 21. solchem so gar / daß keine territio realis oder Angriff des Scharfrichters / noch Anleg- und Zuschraubung der Daumen-Stöcke / vielweniger Hinführung zur Leiter / noch Leg- oder Anbindung auf dieselbe / in solchen Fällen geschehen könne / weil dadurch dem Reo ein unauslöschlicher Macul, Schimpf und Vorwurf / als der in des Henckers Händen gewesen / zugefüget würde / und demnach sothane Territio realis härter / als die Straffe selber wäre. Sondern es müste nur eine Territio nuda seyn / so / daß der Scharfrichter zwar dem Inquisiten die zur Tortur gehörige Instrumenta vorlegen / zeigen / und deren effect mit Worten beschreiben möchte / aber nicht angreiffen soll: / weshalber auch gemeiniglich in den Urtheln diese Worte pflegen mit eingerückt zu werden: Daß ihr wohl befuget / den Gefangenen dem Scharfrichter fürzustellen / [263] und durch denselben / als solte und wolte erihn angreiffen / bedrauen / aber doch / unangegriffen / in der Güthe befragen zulassen. D. Sam. Stryke. in tr. de Jure Sensuum, Disp. J. cap. 4 n. 23. Drum hat sich ein Richter wohl in acht zunehmen und vorzusehen / daß er nicht strack dem Scharfrichter verstatte / einen Angeschuldigten anzugreiffen und zubeschimpffen. Schilling, de reiterat. Torturae c. 1. §. 11. Maximum enim famae & existimationis creat praejudicium, & continet irreparabile gravamen. Daniel. Clasen, in Comment. ad art. 45. const. crim. Caroli V. pag. 214. Damit er nicht von denselben belanget werden möge.
Per text. in L. apud Labconem. §. Quaestionem de injur.
And. Rauchbar / Quaest. 49. n. 1.
Joachim Schepliz., in notis ad tit. 44. prompt. Juris,
Balth. Clameri §. 1. n. 8. in fine. Ubicunque Inquisitus indiciis non satis aggravatus est, nudae territionis termini non facilè excedendi. Secus si delictum paulò gravius sit, tunc conceditur quidem apprehensio & adductio ad scalam, imò applicatio tormentorum, sed SINE COMPRESSIONE. Stryk, d. tr. Dissert. 7. c. 4. n. 23. CXVI. Zum II. wird erfodert daß man sonst keinen andern Beweiß durch Zeugen und Urkunden haben / noch auch auf andere Arth und Weise zu Erforschung der Warheit gelangen kan.
juxta Paulum in L. Edictum 8. ff. de Quaestion. n. 1.
Honded. vol. 1. consil. 108. n. 52. & 53.
Oldekop. tit. 4. obs. crim. 16. n. 5. Quia Tortura, ut supra quoque dictum, extremum & subsidiarium indagandae veritatis est remedium.
arg. L. 22. vers. ante omnia C. de Administ. Tutor. vel Curator.
Clarus, in pract. crim. §. fin. q. 64. vers. debet etiam. 5.
Bossius, in tit. de indic. & cons. ant. tort. n. 129.
Carer, in pract. crim. de Tortura. §. 9. n. 29. pag. m. 183. CXVII. III. Muß der Judex nicht praesumtivè & per conjecturas, sondern vollkommen gewiß und versichert seyn / daß die That warhafftig und würcklich geschehen / und von den In quisiten begangen worden / ehe er zur Tortur schreitet.
|| [264]

L. in crimin alibus §. 1. ff. de quaestionib.
L. 1. §. item illud. 24. ff. de Scto.
Sylan. L. non defensae 1. C. ubi caus. Fiscal. P. H. O. Caroli V. art. 6. vers. 6. darzu soll auch ein jeder Richter in diesen grossen Sachen. & art. 20. ejusd. Const.
Tabor, de Tortur. c. 4. §. 3. & 4.
Rosbach. in Process. crim. tit. 5. c. 13.
Brunnemann, in Process. crim. 2. 8. memb. 5. n. 18. Denn es könte einer wohl aus Verdruß des Lebens / oder damit er den Scharf-Richter nicht unter die Hände kähme / noch auch grosse Marter und Pein außstehen dürffte / fälschlich die That bekennen / so er doch nicht gethan / oder verübt / wie jene Edel-Frau in Schweden / die in Verdacht gerathen / als wenn sie ihren Ehemann ums Leben gebracht hätte / auch sehrgraviret war. Welche nachdem sie von etlichen Königlichen Räthen deßhalben vorgenom̅en / und examiniret wurde / zweymahl / als sie gevoltert werden solte / sagte: Ja sie gestünde es / sie habe es gethan / man solte ihr nur das Leben nehmen! Aber das drittemahl bekahm der Scharff-Richter Befehl / er solte / ungeachtet ihres Bekändnisses / sie mit der Tortur angreiffen; ehe sie nun in des Henckers Hände kahm / sagte sie abermahl! Ja sie gestünde es / man könte ja weiter nichts von sie begehren. Sobald sie aber der Nachrichter angriff / auf die Leiter legte / und sie in etwas aufzog / rief sie überlaut: sie hätte es nicht gethan / welches sie anietzo / recht bekennete / indem sie in des Henckers Händen albereit wäre / vorhin hätte sie nur deßh sie in des Henckers Händen albereit wäre / vorhin hätte sie nur deßhalber gesaget / daß sie es gethan / damit sie aher sterbe / als daß sie in des Henckers Hände kähme. Sie ist nachgehends von der Juristen Facultät zu Franckfurth an der Ober / dahin die Acten verschickt / absolviret worden. Bey dem Goedelmanno in tr. de Magis, Venes. & Lamiis lib. 1. c. 10. n. 7. & seq. findet man noch mehr solcher Exempel. Doch ist obiges zu verstehen / wenn das delictum ist facti permanentis, daß nemlich einige Spur und Nachricht davon zurück bleibet / als in Todt-Schlag u. Kinder-Mord / der Entleibte un̅ umgebrachte Cörper. Da aber das delictum ist facti transeuntis, da die Spuhr gleich mit der That vergehet / als in Ehebruch / Sodomiterey und Ketzerey / sind rechtmäßige Conjecturen gnug.
L. non omnes 5. §. 6. vers. sed hoc ff. de Romilit.
Zanger. de quaest. & Tort. in Prooe??? n. 35.
|| [265]

Tabor, de Tòrt. c. 4. § 3.
Carpzov. in Pract. Crim. p. 3. 911 n. 60. & seq. CXIIX. IV. Muß auch der Inquisit mit vielen indicien und redlichen Anzeigungen dergestalt graviret und besch weret seyn / daß er bey nahe der That überführet ist.
L. 1. §. 1. ff. de Quaestion. L. 8. C. eod. Nov. 134. c. 13.
c. qualiter & quando 24. X. de Accusat. P. H. O. Caroli V. art. 6. in verb. Der soll doch mit Peinlicher Frage nicht angegriffen werden / es seyn dann zuvor redliche / und derhalben gnugsame Anzeigungen und Vermuthungen von wegen derselben Missethat auf ihn glaubwürdig gebracht. Item art. 7. & art. 20. verb. wo nicht zuvor redliche &c. art. 23. Tortura igitur sine indiciis facta nulla est, & cuncta sequentia.
Francisc. Cason. de torment. c. 4. & 5.
Oldekop, tit. 4. Observ. Crim. 2. n. 10. 11. & 13. Dannenhero der Richter alle Umstände gantz genau und mit höchsten fleiß untersuchen und überlege̅ sol / um zuerken̅en / welches indicia verisimilia sind. Et profectò hoc opus, hic labor est, nec digitorum percusione fit, ut in quit Claud.
De Blatt an dier,
in Process. Crim. Reg. 28. n. 1. Theodor. in Colleg. Crim. cap. 9. Aphor. 11. n. 20. welche alle hie anzuführen viel zu weitläufftig werden würde / auch nicht müglich ist / indicia enim criminum omnia non possunt commentario comprehendi, attestantibus
Bocer. de Tortur. cap. 3. n. 123. &
Carpzov. p. 3. q. 123. n. 28. doch kan man hievon Unterricht finden bey dem Christoph Crunsio, in tr. de Indiciis Delictorum, per tot. Francisc. Cason, in tract. ne reus per aliqua Indicia convincatur, ut poena capitali damnetur, per tot. Alexand. Consil. 23. column. penult. vol. 2.
|| [266]
Farinac. Lib. 2. consil. 108. n. 69. & seqq. Joh. Christoph. Lipold. in Epit. delict. c. 15. à §. 4. us??? 20. Berlich. part. 4. concl. 4. n. 16. 17. & seq. 24. 64. 47. Thom. Mezger, de Tortur. reor. concl. 78. & seqq. 151. Oldekop, in Indicic. Obs. crim. v. Tortura & v. Indicia. Ilico Ummio, in Processu pag. 629. & seqq. Maurit. Meibaum, Disp. de tortuta, cap. 2. per tot. Mich. Paris Walburger, de Lamiis c. 8. §. 6. 7. & 8. ubi latè agit de indiciis in Crimine Veneficii. Arnold. de Reyger, in Thesaur. Jur. tom. 2. v. Tortura, pag. 1529. 1530. 1537. & seqq. Sebast. Meyer, Disp. inaug. de indiciis in Crimine Magiae quoad torturam reprobatis & approbatis, Altorffi habit. Anno 1684. Insonderheit aber in der Peinlichen Hals-Gerichts-Ordnung Caroli V. als Art. 33. Von Mord / der heimlich geschicht / Art. 34. Von öffentlichen Todtschlägen / so im Schlagen oder Rumorn unter vielen Leuten geschehen / das niemand gethan wil haben. Art. 35. Von heimlichen Kindhaben und tödten durch ihre Mutter. Art. 36. Eine andere Anzeigung begangener Kinder-Mord. Art. 37. Von heimlichen Vergeben / Art. 38. Von Verdacht der Räuber / Art. 39. Eine andere begangenen Raubes / Art. 40. Von Hausen / Hegen und Helffen der Käuber / Art. 41. Von heimlichen Brand / Art. 42. Von Verrätherey / Art. 43. Von der Dieberey / Art. 44. Von Zauberey / gnugsame Anzeigung:
|| [267]
und bey jedweden Articul die Commentatores, als den Remum, Stephani, Clasen, Manzium, Blumblacher und andere aufschlagen. CXIX. Wenn nun der Gefangenen mehr / als einer / wird von demjenigen / welcher der verdächtigste / und am meisten graviret ist /
L. 1. §. idem divus ff. de quaestion.
Decian. Resp. 115. n. 5. in fin. vol. 3.
Guazzin. ad defens. Inquisit. tom. 2. defens. 30. cap. 19. n. 4. ibi??? allegati DD. oder von den Schwächesten und Furchtsansten / und von dem man die Warheit am allerersten heraußzubringen vermeinet / der Anfang gemachet.
d. L. 1. §. 2. & in L. invitus ff. de quaestion.
Job. Zanger, de quaestion. & tortur. c. 4. n. 26.
P. S. Inquisition und Achts-Proseß, tit. X. art. 2. §. 2. oder auch von den / welcher vor andern eine böse Physiognomy und leichtfertig Gesichte / oder einen schändlichen Nahmen hat / concurrentibus tamen aliis indiciis.
L sciendum 7. in fin. L. facta 63. §. Si verò. ff. ad SCtum Trebell
Rosbach, in Proceß. crim. tit. 5. c. 15. n. 13.
Philip. Camerar. Hor. Succis. cent. 2. c. 3.
Christoph Frid. Schmakalder, in Disp. inaug. de Physiognom. c. 3. n. 5. & seqq. us??? 8.
Guazzin. d. defens. 30. c. 10. n 3. Und wenn Vater und Sohn zu Voltern sind / greift man gemeiniglich den Sohn in Gegenwart des Vaters zuerst an / damit dieser desto eher bekenne / weil er des Sohns halber mehr / als vor sich / Sorge träget: Drum wird auch die Mutter eher / als die Tochter torquiret.
L. 18. ff. de Quaestion.
L. isti quidem ff. quod. met. caus.
L. cum furiosus 7. c. de curat. Furios.
§. sed veteres. Instit. de Nox.
Bocer, de quaest. & tortura. c. 5. n. 6. & 7.
Freudius, in gewissens-Fragen von Zauberey / q. 307. Item ein Weibes-Bild eher / als eine Manns-Person vorgenommen / weil dieselbe leichter zum Bekändtnis zubringen / als ein Mann.
L. filia C. de inoffic. Testam. c. forus Extr. de V. S.
Tranquil. Ambrosin. in Proceß. inform. lib. 4. c. 6. n. 12. & 3.
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Carpzov. Pract. crim. Part. 3. q. 124. n. 14. 15. 14. &. 16.
Cardinal. Tusch, in lit. T. concl. 327. n. 2. [Sed alii tradunt foeminas minus timere torturam, quàm mares, & diutius in negativa persisitere, & ob id esse in arbitrio Judicis, â quibus sit inchoandum, ut tradit Cavalc. de Brach. Regio p. 3. n. 133. Guazzin. d. c 19. n. 3.] CXX. Worbey aber anzumercken / daß der Judex alle bey den Inquisiten befundene Umstände / so wohl seiner Condition und Alters / als auch Leibes-Zustandes / ob er nemlich starcker oder schwacher Natur / Jung / mittelmässig oder alt sey / ob er Wunden / Brüche oder andere Schaden an sich habe / und an welchen Orth des Leibes: Item ob ein Weibes-Bild schwanger sey / oder ein Kind säuge / und was sonst mehr vor Umstände sich darbey ereignen / stracks anfangs durch den Gerichts-Actuarium oder Notarium zu den Acten registriren lassen solle / ehe und bevor sie verschickt werden / damit die Schöppen-Stühle oder andere Urtelsfassere selbst erwegen und erkennen mögen / wie und auf was Art und Weise die Person mit der Tortur zubelegen.
P. H. O. Caroli V. art. 59.
Clar. in Pract. crim. lib. 5. §. fin. q. 64. n. 33.
Joh. Brunnem. in Proceß. crim. c. 8. m. 5. n. 27. & seqq. us??? 32.
Reyges, in Thes. Pract. tom. 2, col. 1546. n. 144. & col. 1550. n. 236. CXI. Denn es finden sich etliche Personen / so mit der Volter / [welches Wort darum mit einem V. geschrieben wird / weil es à Volvendo, oder von Wendung des Haßpels / damit die Rei aufgeszogen werden / herstammet / Dither, in addit. Thes. pract. Besoldi, p. 731. Ob es schon andere mit einen F schreiben /] entweder gar nicht / oder doch nicht so hart oder empfindlich angegriffen werden können / als I. Die IMPUBERES oder Unmündige / so noch nicht 14. Jahr alt sind.
Juxta L. de minore, inpr. ff. de Quaestion.
Guauzzin, ad defens. inq. defens. 30. c. 11. n. ibi??? alleg. DD. Welches doh so zuverstehen / daß man sie nicht mit der Schärffe torquiren / aber noch wohl terriren / oder / befundenen Umständen nach / entblößen / binden / und nach der Leither zuführen / nicht aber würcklich drauf legen lassen dürfe. Ulpian. in L. 1. §. impuberi autem ff. ad JCtum Sylan. ubi dicit impuberem TERRERI posse & HABENA, & FERULA CAEDI.
|| [266]

Zanger, de Quaest. & Tortur. c. 1. n. 35.
Carpzov. Pract. crim. part. 3. Quaest. 118. n. 14. & 15.
Michael Paris Walburg. de Lamiis c. 8. §. 10. Maßen denn auch der Chur-Fürstl. Sächß. Chöppen-Stuhl zu Leipzig einen Jungen von 13. Jahren die Territion mit den Daumen-Stöcken zuerkant hat / test Carpzov. d. q. n. 15. Wenn sie aber 14. Jahr / iedoch noch nicht 25. Jahr alt sind / haben sie von der Volter keine Befreyung / doch werden sie in etwas gelinder / als die Aeltere / torquiret. L. 1 L. 2. C. si advers. delict. & L. si ex causa 9. §. 2. ff. de minorib. CXXII. II. Sind exemt die FURIOSI, Tolle und Wanwizige / als die keinen Verstand daben / L. Divus, in pr. ff. de Officio Praesidis. sondern den kleinen Kindern / L. 3 §. furiosi. ff. de Quaestion. Ja denen Todten /
L. qui ad certum ff. Locat.
L. bonorum §. 1. ff. rem rati habert. und Abwesenden gleich geachtet werden.
L. 2. §. furiosi ff. de Jure Codicill.
Bocer. de Quaest. & Tortur. c. 4. n. 10. Jedoch wenn sich einer Wanwizig stellen wolte / wird solches durch die Tortur und Fragung auf gewisse Articul erforschet. XXIII. III. Die mit dem AFFECTU MELANCHOLICO im höchsten Grad beschwehret sind / welches doch zuvor ein geschickter Medicus untersuchen und erkennen muß / ne scilicet malefici homines, furorem & Melancholiam fingentes, torturam & poenam effugiant. Carpzov. d. Quaest. 118. n. 19. & 20. CXXIV. IV. Die von Natur stumm und taub sind.
Francisc. Cason. in tr. de Tormentis, c. 10. n. 5.
Zanger c. 1. n. 44.
Bocer. d. c. 4. n. 16. Wären sie aber durch einen Zufall taub und stumm worden / könten aber iedoch lesen und schreiben / werden sie durch Vorlegung der Inquisitional-Articul examiniret / drauf sie ihre Antwort schrifftlich thun / oder in wiedrigen der Tortur erwarten müssen.
|| [270]

Ambrosin. de modo form. proceß. inform. lib. 2. c. 10. n. 11.
Francisc. Brunus, de Indic. & Tortur. p. 2. Quaest. 4. n. 25.
Carpzov. d. q. 118. n. 21. & seqq. us??? 24. Freudius, in Gewissens-Fragen von Zauberey / q. 306. Wie auch ein Blinder / der ebenmäßig zu antworten schuldig / und hilfft ihm seine Blindheit dißfals nichts / wenn er sonst guten und völligen Verstand hat.
Zanger, de Quaest. & Tort. c. 1. n. 48.
Bocer. d. l. n. 20.
Stryk, de Jure sensuum, dissert. 2. c. 5. n. 13. & 14. CXXV. V. Alte / schwache / krafftlose / verlebte und kindische Leuthe / welche über 70. Jahr alt sind / und denen das Gedächtnis vergangen / werden mit der Volter verschonet.
L. 3. §. ignoscitur ff. ad JCtum Syllan.
Damhouder, in praxi crim. c. 41. n. 6.
AEgid. Bossius, tit. de Tortura n. 19.
Paul. Girland. de Quaest. & Tortur. q. 6. n. 5. & 6.
Menoch. de A. J. Q. cent. cas 59. [Hoc tamen fallit in FALSARIIS MONETARUM, ubi etiam Septuagenarius torturae, licet leniori, subjici potest. Et ita bis pronunciarunt Scabini Coburgenses ad consultationem Johnn. Pregers / Adelichen Wangenheimischen Richters zu Sonneborn d. 17. Nov. 1615. & 23. Decemb. 1615. quae Sententia Mense April, 1616. Jenae confirmata est Sebast. Simon Eichsfeld / Disp. Inaug. de falsis. Erffurt. 1684. habit. c. 4. th. 2.] Da sie aber noch starck und von richtigen Verstand sind / schützet sie das Alter nicht: Drum auch der Churfl. Schöppen-Stuhl zu Leipzig einem Dieb von 64. Jahren die Tortur, ziemlicher maßen / Anno 1605. Jun. zuerkant hat / der / nachdem er die Deüben bekant / gehenckt wordem.
Carpz. d. Quaest. 118. n. 41.
Walburger, de Lamiis, c. 8. § 10. Wiewohl zuweilen geschicht / daß / wenn sie nicht gar zu schwach / unvermüglich und kindisch sind / die Warheit von ihnen heraus zutreiben / ad exemplum impuberum sie nur terriret / und mit Daumen-Stöcken angegriffen werden.
Julius Clarus, in pract. Crim. § fin. q. 64. n. 22.
|| [271]

Farinac. in prax. crim. q. 4. n. 24. & seqq. Carpzov. d. Quaest. allwo er n. 43. & 44. unterschiedliche Urthel anführet / daß an Männern von 69. 70. und 77. Jahren solches practiciret worden. CXXVI. VI. VALETUDINARII, oder fast immer kranckende und seuchelnde Leuthe / wenn sie nemlich solche Beschwerungen an sich haben / daß / da man sie mit der Tortur angreiffen wolte / gewiß der Tod drauf erfolgen mürde / werden auch damit verschonet / arg. L. 7. ff. de Quaestion. L. 3. in pr. ff. ad. JCtum Syllan. Matth. Stephan. ad Const. Crim. art. 59. doch daß verständige Medici ihr Bedencken eydlich drüber geben / wenn sie nicht schon zuvor in Pflichten stehen.
Francisc. Cason. de Torment. c. 10. n. 8.
Bocer. de Quaestion. & Tortur. n. 23. Item die / welche eine Wunde auf der Brust / die Blut-Stürtzung / einen Nabel- oder andern Bruch / einen schwehren Athem / oder auch morbum Gallicum oder die Franzosen haben.
Chatar. de reis interrogandis lib. 4. c. 1. n. 112.
Mod Romanus, Quaest. 39. n. 33. in fine. Doch pfleget man wohl / wenn es nicht so gar grosse Noth mit solchen Leuthen hat / ihnen die Daumen-Stöcke appliciren / und das Schnüren vornehmen zu lassen.
arg. L. 1. §. impuberi ff. ad JCtum Sylan.
Carpzov d. q. 118. n. 47. & 48. Oder / wenn keine Lebens-Gefahr zubesorgen / lässet man solche Valetudinarios wohl auch zur Leither führen / und ein wenig / aufziehen / doch mit der Maße / daß sie an ihren Schaden oder Wunden / so sie etwan am Leibe haben / am wenigsten verletzet werden. Juxta Sanctionem Carolinam, in Ordin crim. art. 59. Derjenige / so das Quartan-Fieber am Halse hat / kan an dem so genandten guten Tag / wenn er das Fieber oder den Paroxismum nicht kriegt / torquiret werden / doch bescheidentlich und mit guter maße / sine quassatione & Strapata, ut loquitur Guazzinus. in tr. ad defensam Inquisitor. defens. 30. cap. 16. n. 7. allwo er doch erinnert / daß bessersey wenn man vorher peritiores drüber consulirte.
|| [272]
Die PODAGARICI könten es mit den Ausrecken und Strecken der Beine und Zehen versuchen / ob es etwan ein Experiment gebe wieder ihre Beschwerung / wie Fabricius Obs. Chirurg. cent. 1. obs. 79. zwey Exempel anfüret / die dadurch von den alten eingewurtzelten Podagra befreyet worden. Die mit der Schweren-Noth behafftet sind / pfleget man auch selten zu Voltern.
Vid. Praejudicium apud Carpzov. saepè dict. Quaest. 118. n. 50.
Maurit. Meibaum / disp. de Tortur. & Torment. c. 3. n. 9. ibig??? Praejudicium Facult Jurid. in Illustr. Hier an Anno 1659. CCXXVII. VII. Schwangere Weiber sind nicht allein von der Tortursondern auch von der Territion frey /
Per L. 3. ff. de poenis.
Farirac. d. Prax. Crim. tit. 5. Quaest. 4. n. 84.
Gomez, tom 3. Var resolut. c. 13. n. 4 vers. & ita debet.
Matth. Stephan. in not. ad Const. Crim. art. 59. damit ihnen die Frucht nicht abgehe / oder doch sie / oder das Kind in Mutter-Leibe Schaden leide /
I. Imperator, ff. de statu hominum L. 14 §. 2. ff. de AEidit. Edict.
Bocer, d. c. 4. n. 25. & seqq.
Brunus de indiciis & tortura q. 7. secundae part. n. 3.
Zanger, de tortur. c. 1. n. 41.
Rosbach, in Proceß. crim. tit 5. c. 21. n. 6.
Damhoud. in Prax. rer. crim. c. 14. n. 7. Es mag das Weib von ihrem Ehemann / oder von einen andern / durch Ehebruch / Blut-Schande oder Hurerey schwanger seyn / das Kind in Mutterleibe albereit das Leben haben / oder nicht.
Ludov. Carrer in Pract in 2. tract. de indiciis & tortura §. circa tertium. n. 3.
Petr. Theodor. in Colleg. crim. Disp. 9. th. 10. lit. C.
Damhouder. in pract. crim. c. 41. n. 7. Und da der Judex aus groben Unverstand wieder Recht dieselbe torquiren liesse / und sie bekennete die That / gilt doch solch Geständ- und Bekändnis nicht / sondern er wird noch darzu härtiglich gestrafft.
Hippol. de Marsil. de quaestion in pr. n. 19.
Guazzin. d. desens. 30. c. 14. n. 2.
|| [273]
Ja wenn ein solch Weibes-Bild spricht / sie sey schwanger / wenn es auch nur 10. biß 20. Tage her währe / daß sie empfangen / sol der Richter mit der Peinlichen Frage inne halten.
Damhouder, in Prax. rer. crim. c. 41. n. 7.
Bertachin in Repertor. in verb foemina n. 13.
Hippol. de Marsil. in L. Edictum n. 27. ff. de Quoest.
Mod. Roman. q. 41. n. 83. Maximè verò creditur mulieri super praegnantia per tres menses, quia agitur de facto proprio; secundum
Angel. in L. illud n. 1. ff. si pars hered. pet.
Fulv. Pacian. de Probat. lib. 2. c. 4. n. 17.
Rosbach. in proceß. crim. tit. 5. c. 21. n. 6.
Freudius in Gewissens-Fragen / von Zauberey / q. 303. n. 35. Damit aber die Obrigkeit desto sicherer gehe / und nicht etwan aufgesetzt oder betrogen werden möge / hat sie drüber verständige / Medicos zu consuliren / auch das Weib durch geschickte Heb-Ammen besichtigen zu lassen.
Cason, in tr. de Tormentis c. 10. rubr. quae personae torq. poss. & quaenon. n. 6. & 7.
Farinac. Quaest. Crim. 41. n. 85.
Carer. in Pract. crim. in tr. 2. de indic. & tortur. §. circa tertiam. n. 34. De modo probandi praegnantiam tractat latè Mascard. de probat. lit. 3. concl. 1125. per tot. & Fulv. Pacian. eod. tr. part. 2. c. 4. n. 25. &. seq. Wenn nun diese judiciren / und sagen / das Weib sey nicht schwanger / der Judex aber mit der Volter verführet / und dem Weibe die Frucht abgehet / ist er ohne Schuld / und darf nicht davor stehen; sondern jene haben es zuverantworten.
Carpzov. part. 3. q. 118. n. 63.
Guazzin. d. defens. 30. c. 14. n. 3. Mulier menstruis fluentibus etiam non est torquenda: quia ex dolore & labore aut subita ac repentina retractio fieret ad sup eriora fluentis fanguinis, aut major venarum adapertio: praeterquam quod facilè tunc ea occasione posset mulier animo deficere, & alia Symptomata non sine vitae periculo incurrere. Terreri tamen potest. Paul. Zachias, lib. 6. Quaest. Medico-Legal. tit 2. quaest. 2. n. 9. & 10. pag. 482.
|| [274]
Nachdem das Kind zur Weit gebohren / muß man noch 40 Tage / oder biß die sechs Wochen vorbey seynd / warten / ehe man zur Tortur der Mutter schreitet.
Hippol. de Marsil. in Pract. crim. §. num. videndum. n. 47.
Farinac. de indic. & tort q. 41. n. 79.
Rosbach. cit. loc. Gomez. lib. 3. Resolut. c. 13.
Cason. de torment. d c. 10. n. 6. Wenn das Weib das Kind selber stillet / wollen etliche / daß man auch mit der Volter inne halten solle.
Clarus, quaest. 64 n. 22.
Cardinal. Tuschus, lit. T, Concl. 328. n. 21.
Guazzin. defens. 30. c. 15. doch bezeuget Carpzov. d. quaest. 115. n. 61. daß zuweilen auch solche säugende Weiber mit der Tortur angegriffen worden / wiewohl mit der Maße / daß dem Kinde an seiner Nahrung dadurch kein Abbruch geschehe / weil man inzwischen das Kind schon an einen andern Weibe trincken lassen kan.
Tabor, de Tortura, thes. 30. pag. 63 c. 5.
Freudius, in gewissens-Fragen von Zauberey / q. 303. n. 36. Welche moderation auch bey einem solchen Kind-stillenden Weibe gehalten wird / wenn sie den Staupen-Schlag kriegt. Carpzov. part. 3. 9. 129. n. 24. CXXIIX. VIII. Fernerkönnen ob Privilegium & dignitatem eximiam etliche Personen nicht torquiret werden.
per L. 8. L. 10. C. de dignit.
L. 11. C. de Quaestionibus.
Guazzin. ad defens. Inquif. tom 2. pag. 80. n. 17. Alß vor Alters bey den Römern diejenige / welche Illustrissimi, Super illustres, Illustres, Eminentissimi, Spectabiles, Eximii und Clarissimi genennet wurden / als da respectivè wahren der Praefectus Praetorio, Praefectus Urbi, Magister militum, die Quaestores, Patricii, Consules, Comites Sacrarum Largitionum, Comites Sacri Patrimonii, Pro-Consules, Praesides, Decuriones und andere
Carpzov. d. q. 118. n. 67. 68. 69. & 70.
Zanger. de tortur. c. 1. n. 22.
|| [275]
Wie heutiges Tages die Hertzoge / Fürsten / Marck-Land- und andere Graffen / auch Baronen. Idem Carpzov. d. q. 118. n. 71. Item die Bischöffe / quia sunt in culmine dignitatum,
Cap. venerabilis de Praebend.
Brunus, de indic. & tort. part. 2. quaest. 4. n. 19. in fin
Gomez. tit. de delict. c. 12. n. 26.
Guazzin. ad defens. Inquis. Tom. 2. defens. 30. c. 17. n. 1. und andere Geistliche und Weltliche in sehr hohen Ehrenstand sitzende Personen.
Guido de Suzaria, de indic. n. 9. & 16.
Bossius, tit. de indiciis ante. n. 110. & de Tortura test. n. 17.
Clarus, quaest. 64. vers item quaero, num quid.
Hippol. de Marsil. in L. edictum n. 7. ff. de Quaestionibus. Ferner die CONSILIARII, hi enim successerunt loco Decurionum, juxta Bartol. L. 1. ff. de Offic. Assessor & notatur in rubr. C. de decurion. Lib. 10. & judex torquens eos capite punitur, secundum Baldum, in L. decuriones C. de Quaestion. Ludovici, in addit. pract. crim. Jacob. de Bellovisu. lib. 3. c. 4. pag. n. 449. Item die von Adel /
L. nullus vers. generis C. ad Leg. de Jul. Majest.
Gomez. tit. de delict. c. 13. sub n. 3.
Bocer. de tortura c. 4. n 47.
Josias Nolden. de Statu Nobilium c. 15. §. 3. pag. 331. Deßgleichen die Judices und Gouverneurs der Städte.
Hippol. de Marsil. in L. Edictum n. 19. ff. de Quaestion.
Carrer, in pract. crim. in 2. tract. de indic. & tort. §. circa tertium, quae Person. torq. poss. n. 70. Wie auch Doctores und Licentiaten,
Paris de Puteo, in Tr. de Syndicatu, in verb. Doctor c. 2. n. 1. & 3.
Georg Christoph. Walther / de Statu, jure & privilegiis Doctor, omn. Facultat c. 17. §. 122. Und Soldaten /
L. milites 8 in pr. c. de quaestion.
L. 3 §. 1. ff. de re milit.
|| [276]
Welches aber nicht von gemeinen / sondern hohen Officirern / auch Rittmeistern / Haupt-Leuthen / Leutenanten und andern Ober-Officirern zuverstehen;
Zanger. de Quaest. & tortur. c. 1. n. 58.
Carpzov. d. q. 118. n. 74. & 75.
Joh. Christoph. Lipold, in Epitom. delict. cap. 15. §. 28. CXXIX. Jedoch werden etliche Casus außgenommen / in welchen ohne Ansehen der dignität und Person wider sie mit der Tortur verfahren wird / als 1. In Crimine Laesae Majestatis, L. nullus C. ad Leg. Jul. Majest. 2. In Haeresi, per text. in L. 4. §. 4. C. de Haeret. 3. Proditione Patriae, L. 3. §. 10. L. 7. ff. de Re milit. 4. Crimine Falsi, L. 21. c. aàleg. Cornel. de fals. 5. Meleficio Magico, L. 7. c. de Malef. & Mathemat. 6. Homicidio,
Carpzov. p. 3. pract. crim. q. 118. n. 89.
Brunneman, in proceß. crim. c. 8. memb. 5. n. 25. qui tamen id ad expressum à Carpzovio casum non adstringendum putat. 7. In Crimine Simoniae, ut sentit Gloßin l. 4. in verb. Majest. c. ad leg. Jul. Majest. 8. Sodomiae, Adulterii, L. 32. c. ad leg. Jul. de Adult. 9. Incestus, L. 4. & seqq. ff. de Quaesion. 10. Raptus, Parricidii, Uxoricidii, L. fin. C. ad leg. Cornel. de Sicar. 11. Falsae Monetae, L. fin. C. de fals. Monet. 12. Sacrilegii, Incendii, Joh. Zanger, de Quaest. & tortur. c. 1. 7. 65. & 66. und in andern criminibus nefandis & atrocioribus mehr.
|| [277]
L. 7. C. de Malef. & Mathem. Cessant enim omnia supradicta Privilegia, cum quis aliàs ita se gessit, ut vita professioni contradixerit, nam tunc dignitas vitiis abfuscata est.
Tiraquell. de Nobilitat. Quaest. 22.
Zanger, d. tr. & c. n. 86.
Goehausen in proc. cont. Sagas tit. 4. in addit. 5. pag. 237. & cessante causa Privilegii, virtute scilicet & nobilitate, ipsum quoque cessare debet Privilegium, arg. L. si duas 6. §. Gentium 14. ff. de Excusationibus, ibi??? Gothofred. in notis lit. R. CXXX. Wenn aber Personae Illustres, welches ietziger Zeit die Graffen und Baronen sind / sonderlich in Crimine Laesae Majestatis Peinlich befraget werden sollen / muß dasselbe mit Vorbewust und allergnädigsten Consens der Röm. Käyserl. Majestät / wenn es aber von Adel sind / mit Einwilligung der hohen en Landes-Obrigkeit geschehen.
arg. L. Divus 27. §. 2. ff. de poenis.
L. nullus 4. C. ad L. Jul. Majestat.
L. penult. ff. ad leg. Cornel. de Sicar.
Thöming. Decis. 7. n. 27.
Meischner, Decis. Cameral. 5. n. 8. tom. 4.
Josias Nolden, de statu Nobil. c. 15. n. 56.
Carpzov. d. Quaest. 118. n. 95. 96. & 97. CXXXI. Geistliche / Magistri und Studiosi, wenn sie ihre grobe Missethaten in guten nicht bekennen wollen / sind so wenig / als andere von der Tortur befreyet.
arg. L. 8. C. de Episcop. & Cleric.
idem Carpzov. d. q. 118. n. 98. & seqq us??? ad finem.
Lippolt in Epitome delictor. c. 15. & 30.
Guazzin. ad defensam Inquis. defens. 30. c. 10. n. 1. 2. 3. & 9. Wiewohl Brunneman. in Proceß. crim. c. 8. memb. 5. n. 24. davor hält / daß die Studenten / in Ansehung ihrer andern Privilegien, davon exemt seyn / wenn sie ein oder das andere von obgedachten criminibus exceptis gethan und verübet haben. Maurit. Meibaum / disp. de tortur & tormmt. c. 3. n. 15.
|| [278]
CXXXII. Wenn ein promotus Doctor torquiret werden soll / wollen etliche / daß ihm zuvor das cingulum Doctorale, oder der Titulus Doctoralis von dem / so ihm solchem conferirt / nemlich von dem Decano, oder der Facultät, wo er promovirt / abgenommen / und er degradiret / und einem Pfarrer bey solchem Zustande auf dem Consistorio die Harz-Kappe ausgezogen werde.
D. Ernest. Fried. Schröter / P. P. Jenens. in Discursu suo aureo super D. Strauchii Dissert. ult. thes. 2. p. 452.
Michael Paris Walburger, de Lamiis c. 8. §. 10. pag. 106.
add.
Clarus, in pract. Quaest. crim. lib. 5. 9. 74.
Joh. Paepon. de Arrest. lib. 6. n. 2. arrest. 18.
Crusius, de indic. delict. part. 4. c. 51. n. 25. Item Seb. Guazin, d. defens. 30. tom. 2. c. 17. n. 6 pag. 97. qui addit sequentia: Licet DD. teneant, quod Doctores, antequam torqueantur, debeant degradari, quos refert Farinac. Quaest. 41. n. 44. tamen ibi sub n. 45. dicit, de consvetudine non servari, prout Curiâ Romanâ non servatur. CXXXIII. Daß auch die Ober-Officirer unter den Soldaten erst degradiret worden / wenn si haben gevoltert werden sollen / siehet man in
L. 7. C. de Malef. & Mathemat. ibi: Praesidio dignitatis exutus cruciatus & tormenta non fugiat.
Crusius, de Indic. delict. part. 4. c. 51. n. 22. CXXXIV. Bey der Volter soll der Judex nicht verstatten / daß der Scharfrichter neue / unerhörte und unbekante Instrumenta an den Inquisiten probire / sondern es sollen die im Lande gebräuchliche und gewöhnliche genom̅en werden.
arg. L. un. C. de Emend. Servor. & L. 2. C. de exact. trib.
Gomez, tom. 3. var resolut. c. 13. n. 5. ibi???
Emanuel Soarez, in annot. n. 5. in lit. C.
Icti Patavini, consil. 2. n. 138.
Carpzov. pract. crim. q. 117. n. 39. Fürstl. Gothaische Gerichts- und Process-Ordnung / part. 3. cap. 7. §. 3. ibi: Nach Landes-Arth diesfals üblichen und gewöhnlichen Mitteln.
|| [279]

Adam Keller, in tr. de Officio Juridic. Polit. lib. 2. c. 12. pag 4. 7,
Goehausen, in proc. contr. Sagas. tit. 3. pag. 160. Welches auch die Juristen Facultät zu Erffurth den 17. September Anno 1661. an den Raht daselbst / in causa Burchard Stohne / also erkant: Verb. Sentent. Dieweil. Inquisitut nicht allein den Diebstahl der zweyen Schachteln / samt den in Actis gemeldeten Inlage / bey Meister Hans Leichen / Böttichern allhier / woselbst er zum Wein gewesen / in Gegenwart seines Töchterleins / so es gesehen / vermessener weise begangen / solchen aber so lange verläugnet / biß er in der Zweyer-Manns-Cammer durch die Stadt-Knechte besucht / und der Diebstahl / wiewohl er solchen mit vielfältigen meisterlichen Practiken zuverdunckeln gemeinet / endlich bey ihm gefunden worden / sondern auch / wegen anderer bey sich in seinen Rantzen habenden allerhand Sachen sich wieder ihn starcker Verdach ereignet / daß er solche zum Theil durch Diestahl und Mord an sich gebracht / und zum Theil zu solchen Verbrechen seiner zugebrauchen willens gewesen. Als ist er / die Warheit zuerkundigen / den Scharfrichter zuuntergeben / erst gütlich / iedoch ernstlich / und mit Bedrohung derer zur Tortur gehörigen und beyhanden habenden Instrumenten, hernachmahls aber / und wo dieses bey ihm nicht verfahen wolte / Peinlich / iedoch zeimlicher maßen / nach Arth und Weise / wie es in Thüringen hergebracht / anzugreiffen und zu befragen V. R. W. CXXXV. Die Römer hatten eine sonderliche Machine zur Peinigung der Missethäter erfunden / welche ECULEUS Oder EQVULEUS Das Volter-Pferd. genennet wurde / solches beschreibet Johannes Rosinus, lib. 9. Antiq. Roman. c. 31. circa finem also: ECULEUS, quantum ex veterum non levissimis elici monumentis potest, catasta fuit lignea cochleata, ad intendendum ac remittendum apta, atg??? ad torquendos homines, ut facti veritas eliceretur, instituta. Tormentiverò genus erat hujusmodi: Ubi catastae huic brachia pedes??? ejus, qui torquendus erat, nervis quibusdam, quae FIDICULAE dicebantur, alligaverant: tum catasta intenta, atg??? in altum erecta, ut ex ea, quasi ex cruce quadam miser [280] ille penderet; primùm compagem ipsam ossium illius divellebant, deinde candentibus ejusdem corpori laminis admotis, at??? bisulcis ungulis ferreis lateribus laniatis, doloris acerbitatem augebant. Antonius Gallonius, nachdem er in seinem Tractat, de Cruciatibus SS. Martyrum cap. 3. unterschiedliche irrige Meinungen / was Eqvulus, und wie es gestalt gewesen / refuriret / schleust endlich mit diesen Worten: EQVULEUS apud Veteres machina fuit lignea, ad veri equi similitudinë fabricata, cum duabus striatis rotulis, in externis exeavatis??? ejus partibus inditis, quae, cùm erat aliquis in ea torquendus, per axiculos ductoriis funiculis trajectie versabantur: Quocirca ficbat, ut illis alligatus variè excruciaretur, at??? distenderetur. Ut autem clarius & dilucidius haec percipiantur, scire convenit, consisevisse Veteres hoc modo Eqvuleum construere. Praeparabant initiô operis faciundi stipitem rectum longitudinis latitudinisve convenientis: cujus extremis partibus ipsorum industriâ aliquantulum excavatis duas striatas rotulas, quae per axiculos verti possent, indebant: Tum deinde, ut ex omni parte elevatus remaneret è terra, desumebant quatuor ligna eo paulò arctiora at??? minora, quae deinceps clavis ferreis non longè ab ultimis stipitis partibus affigentes, fabricabant machiam quatuor quasi pedibus veri Equi instar insistentem. Quo paracto, si quis ibi eqvuleo torquendus aderat, in ipsum, vi cruribus devaricatis, conjiciebatur. Posthaec tortores funiculos aliquos sumentes, illorum altero cruciandi pedes, altero manus post tergum rejectas atg??? distortas vinciebant. Tunc rotulis sive orbiculis funiculos praedictos immittentes, & ad machinulam aliquam, Eqvulei pedibus affixam, Succulae [ut nobis probatur] similem, eosdem referentes, efficiebant, brachiorum ductu machinulam versantes, ut funiculi circa eam se involventes extenderentur; & deinceps ut illis alligatus, dorso super Eqvuleum, & facie ad Coelum versa, pariter extenderetur. Verùm cùm iterum ac saepi us in machinula vertenda defatigari non desisterent, & ex hoc singula jam vincti membra, cunctis compagibus resolutis, essent distracta, longo temporis spatio vel sic eum permanere sinebant, vel, judice annuente, funiculos relaxantes, incurvum ac pendulum sub Eqvuleo cadere, non sive maximo dolore, faciebant. Quanobrem arbit ratus tunc Judex, amplam condemnandi aut absolvendi eum se nactum esse occasionem, de actis ejus acerrimè inquirere, ac cognoscere prosequebabatur. Quod si rei constantia spem ipsius fefellisset atque superasset, jubebat continuò igneas laminas, lampadas, aut taedas ardentes afferri, vel etiam Ungulas, Uncos & consimilia, & his, vel horum saltem altero ejus latera, coeteras??? [281] corporis partes aduri, atg??? ex carnificari, ut sic novi doloris acerbitas quaereret veritatem. Welche Assertion er auch mit vielen authoritatibus und Exempeln bestätiget / Item / von pag. 94. biß 79. eine grosse Liste der Authorum anführet / welche dieses Marter-Instruments in ihren Schrifften gedencken / und pag. 171. die Abbildung desselben setzet. add.
Hieron. Magii tr. de Eqvuleo, & Jungermann. in notis, ad ipsum.
Turneb. lib. 4. Adversar. c. 3. Sigon. de judiciis lib. 3. c. 18. Joh. Christoph. Salbach / in tr. de Antiquitat. Urbis Roma, lib. 3. part. 3. c. 7. Imperator Constantinus erwehnet dessen auch mit / in
L. & si excepta 7. in fin. Cod. de Malef. & Mathem.
L. Vorax. 1. C. de numerar. Actuar.
Et Cicero 7. Philipp. dum ait: Ponie ante oculos vincula, verbera, Eculeum, carnisicem tortorem??? CXXXVI. Mit solchem Quaal-Holtz sind viele Martyrer Männ- und Weiblichen Geschlechtes beleget worden / wie in derselben Acten bey dem Surio, Gallonio und andern weitläuftig zulesen / da denn die Peiniger sonderlich der Weibes-Bilder Haare oben an den Balcken / oder Quer-Holtz des Equulei fest angebunden / damit / wenn dieselbe mit dem Leibe / indem die Stricke / damit sie angezogen / nachgelassen wurden / herab unter das Folter-Pferd fielen / und so behangen blieben / sie desto mehrere Wehetage empfinden / die Haare guten Theils aus dem Kopff ziehen / und in stich lassen müsten. S. Hieronym. Epist. 49. ad Innocent. CXXXVII. Solch Volter-Roß ward zuweilen auch LIGNUM TORTORIUM, Sozomen. lib. 5. Hist. Eccles. STIPES NOXIALIS,
Prudentius, in Hymno Divi Vincentii, & alibi.
Rosinus, supradict. loc. pag. m. 930. Item CRUX, Surius, tom. 1 de Theophilo in Equuleo torto. Ibi ecce modò, Christianus sum, quia incruce, i. e. Eqvuleo suspensussum. Equuleus enim crucis quandam similitudinem gerit.
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und MALA MANSIO genennet.
Brisson. lib. de verb. signif.
Petr. Greg. Tholosan. Syntagm. Jur. Univ. lib. 48. c. 12. n. 3. Quamobrem, dum in tit. ff de poenis. legitur: Extendebatur Aliquis Ad malammansionem, perinde est, ac si diceretur, extendebatur Equuleo. Galon. d. c. 3 pag. 142. & 143. vide infra Caput vom Gefängnis. Tabor. de tortur. c. 2. n. 8. & seqq. us??? II. FIDICULAE CXXXVIII. Wie Sigonius, Lib. 3. de Judiciis, cap. 18. wil / wahren / bey eben denselben Römern / dünne Schnüre oder Seiten / womit man derjenigen Hände und Füsse band / so auf den Volter-Pferd lagen oder hingen / und sie damit hart anzog / die Schmertzen ihnen dadurch zuvermehren und grösser zu machen. Mit welchen auch Laurentius Valla lib. 1. überein zukommen scheinet / wenn er also schreibet: Fidiculas esse instrumentum ex duobus obliquatis lignis compactum, ita dictum vel ab extorquenda fide, vel à nerveis funibus, quibus torquendi alligantur Es wird auch derselben gedacht in
L. quaestiones 7. & L. de minore 10. ff. de quaestion.
Item in L. Decuriones C. de quaestionibus &
L. nullus C. ad Leg. Jul. Majestaris. Item bey dem Coel. Rhodigin. Antiq. Lect. lib. 10. c. 5. und Svetonio, in Tiberio c. 62. allein Antonius Gallonius, d. tr. de cruciatib. Martyrum c. 3. pag. 12. & seqq. thut dar / daß Fidiculae nicht Riemen oder Schnüre / sondern eiserne Häcklein gewesen / womit die Tortores diejenigen stüpfften / kratzten / und deren Fleisch / sonderlich in den Seiten aufrissen / so mit dem Equuleo gepeiniget wurden / Isidorum Lib. 5. Etymolog. c. ult. anführende / welcher saget: Ungulae dictae sunt, quod effodiant; hae & fidiculae, quia iis rei in Equuleo torquentur, ut fides inveniatur. Daß al [283] so fidiculae à findendo dem Nahmen hätten. Dem auch Prudentius in Hymno S. Romani Martyris beystimmet / in verbis Asclepiadis Judicis. Ibi: Vertat ictum carnifex In os loquentis, inque maxillas manum Sulcosque acutos, & fidiculas transferat, Verbositatis ut rumpatur locus. Per fidiculas Asclepiadem intellixisse ungulas, quae statim Auctor subjungit, aperiunt, his versibus: Implet jubentis dicta Lictor improbus, Charaxas ambas ungulis scribentibus Genas, cruentis & secat faciem rotis, Hirsuta barbis solvitur carptim cutis, Et mentum ad usque vultus omnis scinditur. Eodem pariter sensu accipiuntur fidiculae in L. decuriones C. de quaestion. siquidem fidiculis excruciari, vocat ibidem Imperator Cruentam Conditionem. Es vermeinet auch Gallonius, daß die fidiculae bey dem Suetonio, deren sich Käyser Tiberius gebraucht / gantz eine andere Arth der Pein von der ietztgedachten gewesen / wie auch aus dessen also lautenden Worten erhelletete: excogitaverat inter genera cruciatus etiam, ut longa meri potione per fallaciam oneratos, repente Veretris deligatis, fidicularum simul, URINAEQUE TORMENTO distendere. In Tiberio, c. 62. Mit welchen auch übereinkommet Martin. Del-Rio
in Comment. Troad. Senecae part. 2. n. 560.
vide quo??? Paul. Zachiae, lib. 6. quaest. Medico-Legal. tit. 2. quast. 1. n. 16. & 17. UNGULAE CXXXIX. Werden von Erasmo Francisci, in seinen Neu-polirten Geschicht-Kunst- und Sitten-Spiegel lib. 2. Discurs. 6. pag. 366. also beschrieben: Daß es viel spitzige Fleisch- und Klauen-Zangen gewesen / drinn eiserne Nagel oder Klauen gemacht waren / um damit nicht nur die Haut / sondern auch gantze Stücker Fleisch von den Rippen derjenigen / so damit angegriffen wurden / zu reißen. Eine solche Klauen-Zange / [284] womit die heiligen Martyrer gerissen worden / hat man unter Pabst Paulo den dritten zu Rom / auf den Vaticanischen Gottes-Acker gefunden / in den Grabe eines Märtyrers: Denn die ersten Christen pflegten dergleichen Marter-Zeug denen obsiegenden Märtyrern mit ins Grab beyzulegen. Und wird ietz-erwehnte Marter-Zange / die von Eisen / und sechs spitzige Zähne oder Nägel hat / in der Vaticanischen Kirchen / wie die verteutschte Beschreibung des Unter-irdischen Roms pag. 9. & 10. meldet / in den Heiligthum der heiligen Reliquien, als eine Sache / mit welcher kein Gold zuvergleichen / aufs fleißigste verwahret / und dem Volck / üm die verfluchte Grausamkeit der Tyrannen / und hingegen der heiligen Märtyer hoch-verwunderliche Standhafftigkeit dran zuerkennen / vorgeziget. Welches ebenmäßig Ant. Gallonius in tr. de Cruciatibus S. S. Matyrum cap. 5. p. 250. bezeuget / als der sie selber gesehen / und sie auf folgende maße beschreibet: Erant Ungulaegenus quoddam forcipis ferreae frusta oblonga aliquantulum, eo prorsus modo quo illa forcipis ferreae fabrorum connecti copulari??? solent: quorum extremae partes rotundae erant, & prope earundem finem paululum excavatae, quodidciro fiebat, ut hastulae aliquae in ipsis includi at??? affigi possent, ad majorem commoditatem carnificum, reos, aut SS. Martyres in equuleo positos, velstipitibus affixos, vel sublimè appensos discerpentium. Ostendit id fragmentum quoddam hastulae semicombustum, pariter rotundum, quod in Basilica Vaticana fixum cernitur. In partibus verò superioribus, â conjunctione nimirum incipiendo, unius palmi erant logitudinis, duorum digitorum latitudinis, exiguae??? crassitudinis, subtiles siquidem ac exiles construebantur. Porro his ferrei fex mucrones affigebantur, terni in singulis, hoc ordine servato, ut in alterius illarum medietate duo mucrones ejus fermè superficiei sixi essent, in medietate verò alterius unus tantummodo adversus duos: qui, si contingebat forcipes constringi, quia infrusti medio affixus erat, duobus prioribus aculeis, quodammodo obviam fiebat, at??? occursabat, pereos quasi seipsum trajiciendo. Amplius in iisdem etiam partibus alii totidem mucrones in earum [ut ita dicam] capitibus inerant, aculeorum ordine duntaxat immutato. Unde eveniebat, ut carnes illorum, quibus admoverentur, mucronibus illis & fodicarentur & sulcarentur. XL. Mit solchen Marter-Instrument sind viele Märtyrer gerissen und zerfleischet worden / als Papus, Petrus, Clemens Aneyranus, Theophilus, Theodorus, Mauritius, Justa, Rufina, Felix, Maurius, Hilarus Eulalia, Barcinonensis, Nestor, Epimachus, Valerianus, Maria, Erasmus, Callinicus & Pelagius.
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Gallon. d. tr. p. 252. & 253. Prudentius in Romano gedencket solcher Klauen-Zangen gleichfals Ibi: Costas bisulcis execandus ungulis. paulò post; Quam si cruenta membra carpunt Ungulae. & Peristeph. 1. Ille virgas, secures, & bisculas Ungulas & 5. Tormenta, carcer, Ungulae. Wie auch unterschiedliche Kirchen-Lehrer / die ermeldter Gallonius an gedachten Orth allegiret. Es ist solch Wort gleichfals in L. etsi excepta 7. C. de Malef. & Mathem. zu finden. CXLI. Inter suppliciorum tormenta erant etiam apud veteres genus CHIRO THECARUM FERREARUM quod acutis Uncis praefixum erat, quibus lacerabant corpora miserorum. Hujus meminit saepè Prudentius, sicut & aliorum à Christianas Antiquitates facientium infinitorum Philippus, Caroli in Bibliotheca Romanam Manuscripta, pag. 110. referente Besoldo, in Thes. pract. v. Handschuh / pag. 409. CXLII. Die Athenienser gebrauchten bey der Volter ein gewisses Rad / womit sie die Ubelthäter sehr ausdähneten / und erbärmlich peinigten / dessen Meursius, in Antiquitat. Atticis, fol. 169. gedencket / auch drunten in Capitel von Rädern ausführlich beschrieben wird. Antiochus Epiphanes, wie Josephus, in libro, de imperio Rationis anführet / hat sich solches Volter-Rads wieder etliche Maccabeer auch bedienet. Allwo Josephus, fol. m. 166. edit. Germ. die Volter-Instrumenta / so damahls gebräuchlich waren / folgender gestalt benahmet / ibi: da hat man herfür gebracht Räder / Eichspan / Krapfen / Büchsen / Häfen / höltzerne Stöck / Pfannen / Däu [286] mel-Ringe / Schraub-Tafeln / Eisen-Händ / Pfriemen / Blasbälge / das Feuer damit aufzublasen / äherhne Häfen / Kessel / sc. Ferner findet man folgende erschreckliche Marter und Peinigungen / so vor Alters im Gebrauch gewesen / als TORMENTUM IGNIS, Die Feuer Volter / CXLIII. Welche auf zweyerley Arth vorgenommen wurde / einmahl daß der Reus barfuß über glüende Kohlen gehen muste / oder daß man ihn auf den Rücken niederlegte / fest anmachte und band / daß er sich nicht regen konte / sodann ihm die Füsse lang außstreckte / mit Schnühren hart zusammen fügte / seine Fuß-Sohlen mit Schweine-Schmeer / oder Speck schmierete / und an dieselbe glüende Kohlen schürete / da er dann von der Hitze und den festen binden / überaus grosse Schmertzen empfand. Paul. Zachias lib. 6. quaest Medico legal. tit. 2. q. 1. n. 52. pag. 481. Etliche haben ihnen auch wohl die Füsse in Beinstöcken hart zusammen gedrückt / und damit an die Kohlen geleget. Tranquill. Ambrosinus, in processu informativo, lib. 4. c. 9. alwo er diese Marter-Handelung / so auch in Italien sehr gebräuchlich gewesen / mit folgenden Worten beschreibet: Tunc Dominus Judex visa &c. Stante &c. attento etiam &c. cum ipse Constitutum [reorum examen Itali CONSTITUTUM nominant, eò quia à verbo constitutus solet initium facere Chartar. d. Pract. lib. 1. c. 1. n. 6. & 7.] tormento funis torqueri non posset, eò quia esset Brachio mancus, vel ruptus &c. mandavit ipsum C. adduci ad locum tormentorum, ibique TORMENTO IGNIS supponi, illo??? tormentari. Qui sic adductus ad praefatum tormentum ignis, fuit pluriès per Dn. Judicem benignè monitus, ut ne exspectet dicto tormento se cruciari. Respondit &c. Tunc Domn. cum videret dictum C. i. e. Constitutum vel Inquisitum nolle veritatem fateri, mandavit eundem dictô Tormento ignis supponi. Qui sic suppositus NUDATIS PEDIBUS ILLISQUE LARDO PORCINO INUNCTIS, ET IN CIPPIS JUXTA IGNEM VALIDUM RETENTIS, cum stetisset per unum Credo in dicto tormento, coepit postea alta voce voci [287] ferando dicere Ohime &c. Et cum videretur magnum dolorem sentire, Dn. mandavit apponi tabulam ante pedes ipsius Constituti animo &c. Qua sic apposita fuit idem C. per D. interrogat 9, ut veritatem dicat &c. Respondit &c. Et tunc Dn. mandavit TABULAM ante pedes dicti C. posita̅ amoveri. Qua sic amota idem C. alta voce dicere cepit: misericordia, misericordia! ehe crudelta è questa &c. h. e. Misericordia, quae haec est crudelitas! Tunc Dn. Mandavit iterum TABULAM apponi ante pedes ipsius C. animo tamen &c-Qua sic apposita fuit idem C. iterum per Dn. interrogatus & monitus, ut recedat à sua obstinatione, & veritatem fateatur. Respondit, lo non posso dir: quello che non hò fatto, voi mi fate, torto. patienza! h. e. non possum dicere id quod non feci: vos injustè mecum agitis, patientia! Tunc Dominus cum videret ipsum Constitutum in negativa persistere, & nolle aliud dicere, mandavit eundem à dicto tormento amoveri, & ad locum suum reponi animo &c. Cum stetisset in dicto tormento suppositus, computatis etiam appositionibus tabulae, per spacium duorum Miserere. Jodoc. Damhouder, in praxi Rerùm Criminal. cap 37 n. 18. und aus demselben Carpzov. part. 3. pract. crim. q. 117. n. 35. berichten / daß man auch wohl solchen Gefangenen neue Schuhe / so sehr fett geschmieret gewesen / angezogen / und derselben Füsse über Kolen oder brennend Feuer gehalten / daß die Schuhe eingeschrumpfft / hart worden / und erbärmlich die Füsse und Zeen gedrücket / und gepeiniget. Weil aber dieses gar zu eine arge und tyrannische Art zu Voltern wahr / dadurch die arme Gefangene gantz lahm wurden / fast auf keinen Fuß / wegen Ausdörrung des Geblütes durch die Hitze / mehr treten konten / ist dieselbe abgeschaffet worden / und nicht mehr im Gebrauch.
Bernardin. in Schol. ad d. Ambrosin. tract. cap. 8. n. 10. & 11.
Zachias, cit. lib. 6. tit. 2. q. 1. Wiewohl sich nachgehends noch ein Dominicaner Münch / Johann de Roma genant / gefunden / der mancherley Arten erdacht / wie man die Evangelischen martern könte / unter welchen auch dieses eins wahr / Er ließ Stiefeln mit heißen Oel / oder Schmaltz füllen / selbe musten die arme Gefangene über die Füsse ziehen / darnach ließ er sie rücklings auf eine Banck binden / also daß ihnen die Beine mit den Stiefeln über ein ziemlich Feuer hiengen / als denn pflegte er sie zu examiniren / und hernach jämmerlich hinzurichten.
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D. Mengering, in Kriegs-Belial, c. 11.
M. Stiefler / in geistl. Hist. Schatz / c. 14. pag. 1120. TORMENTUM AQUAE, Die Wasser-Volter / CXLIV. Geschach gleichfals auf zweyerley Manier, erstlich: daß man dem Reo Hände und Füsse band / die Nase niederdrückte / und viel kalt Wasser in dessen aufgesperretes Maul goß / daß der arme Mensch hätte drüber er sticken mögen. Ex Joh. Millaeo, Chatar. lib. 4. Pract. interrog. reor. c. 2. n. 3. Oder aber / daß man ihm das Maul zuhielt / und das Wasser zu den Naselöchern hinein goß. Brunus. de Indic. & tortur. part. 2. q. 2. n. 6. Ja etliche gebrauchten nicht nur bloß das Wasser / sondern mischten Kalck / Eßig / Merrettig und andere beissende Dinge / nicht ohne Lebens-Gefahr derjenigen / so es ausstehen musten / drunter / üm das Bekäntnis dadruch desto eher heraus zu treiben.
Zachias, d. lib. 6. tit. 2. q. 1. pag. 481.
Stryke, de Jure Sensuum, dissert. 6. c. 4. n. 7. Dieser letztern Arth gebrauchten sich auch die Herren gegen ihre Leibeigene Knechte / wie aus dem Aristophane zu sehen / welchen / Laurent. Pignor. in tr. de Servis pag. 14. anführet. Worbey aber offtmahls viele gefährliche convulsiones sich verspühren ließen / daß einer leicht das Leben drüber hätte einbüssen können. Herm. Goehausen, in Proceß. Jurid. contra Sagas tit. 3. in addit. lit. V. pag. 175. TORMENTUM FAMIS Oder Die Hunger-Volter CXLV. Nahm man also vor / daß dem Inquisiten, so nicht in Güte bekennen wolte / auf etliche Tage nichts zu essen gegeben wurde / sondern schmachten muste / biß er sich erkläret / er wolte die Warheit eröfnen / und es auch zugleich werckstellig machte.
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Paris de puteo, tr. de Syndicatu, sub rub. tortura 3. c. 4. n. 10.
Brunus, de indiciis & tortur. part. 2. cap. 2. n. 1.
Joh. Andreae, in Gloß. ad Clement. 1. Haeree. §. propter quod verb. tormentis.
Ludov. Carer. in Pract. Crim. tract. 2. de Indic. & Tortur. n. 180.
Arnold. de Reyger. in Thes jur. tom. 2. v. torturap. 1525. n. 3. n. 506.
Stryke, de Jure Sensuum, Dissert. 6. c. 4. n. 5. & 7.
vid. L. Item apud 15. §. Quaestion. 4’. ibi malam mansionem ff. de Injuriis.
Paul. Zach. lib. 6. Quaest. Medico Legal. tit. 2. q. 1. n. 22. & lib. 4. tit. 1. q. 7. n. 4. & seqq. allwo er anführet / wie lange ein Mensch Hunger leiden könne / und viele Exempel derjenigen beybringet / die lange Zeit ohne Speise gelebet haben. Vide infra, cap. von Ertödtung der Menschen durch Hunger. Carcer, in quoquis famem patitur, tormentum appellat Bartol. in L. 1. §. Divus Antonius n. 2. ff. de Quaestion. TORMENTUM SITIS, Oder Die Durst - Volter / CXLVI. Ist viel schwerer und unerträglicher gewesen / als die Hunger-Volter / denn ein Mensch kan zwar wohl etliche Tage hungern / aber kaum wenig Stunden Durst leiden / wie obgedachter Paulus Zachias Lib. 5. Quaest. Medico-Legal. tit. 1. q. 5. n. 12. weitläuftig zeiget und darthut. Insitus enim calor, unde accenditur sitis, vexat amplius mordet que quàm siccitas, qua inoritus fames, estque actu potentior multo. Coel. Rhodigin. lib. 28. c. 33. pag. 1100. Lection. Antiq. Man versagte aber solchen Reis nicht nur das Trincken / sondern gab ihnen noch darzu starck gesaltzene Speisen zu essen / den Durst desto hefftiger zu machen.
Hyppolit. de marsiliis, super tit. ff. de Quaestion. fol. m. 6.
Stryke de jure Sens. Dissert. 6. c. 4. n. 7. Welches noch heut zu Tage an etlichen Orthen bey Volterung der Heren und Zauberer pfleget practiciret zu werden / daß die Scharffrichter vor [290] der Tortur ihnen eine Saltzerichte Suppen [die sie gar ungern einnehmen / und hinterschlingen] zu essen geben / hernach in der Volter - Stube warm einheitzen lassen / da denn die Hexen / wenn sie auf der Leiter hengen / so sehr nach einen Trunck thun / drum bitten und flehen / als wenn ihnen die Seele außgehen wolte / man gibt ihnen aber nichts / biß sie bekennen / und solches desto eher zubewerckstelligen / pflegt der Nachrichter eine Kanne Bier hineln bringen / und was davon in ein Glaß einschencken zulassen / ihnen den appetit zuvermehren / und sie also endlich zugewinnen. TORMENTUM cum SCARABAEO, vel MURE CXLVII. Dieses ist zwar / den Ansehen nach / eine lächerliche / aber sehr verdrießliche Marter gewesen / indem sie einen lebendigen Schröter / oder Feuer-Wurm genommen / und solchen dem Nackenden / auf den Rücken liegenden / und fest angebundenen Missethäter auf den Nabel gesetzet / ein Glaß oder ander Gefäß drüber hergestürtzt / daß er drunter bleiben / und durch sein krappeln und kneipen mit dem Hörnern demselben viele Schmertzen und große Verdrießlichkeit zufügen möchte.
Brunus. d. tr. de Indic. & Tort. p. 2. q. 2. n. 6.
Jacob de Bellovisu, in Practic. Judic. part. 2. rubr. de quaestion. n. 48.
Hyppol. de Marsil. ad L. 1. ff. de quaestionib. n. 55. fol m. 5. ubi Scambaeum nominat Scarafacium, Jacob de Bollovisu autem Thaonem, lib. 3. Pract. Crim. c. 7. pag. m. 497. Goehausen, in Process. jurid. tit. 3. in notis, pag. 167. schreibet / daß solche und dergleichen Würmer in ein eisern Justrument gethan / und dasselbe angefeuret / daß dieselbe druch die Hitze je mehr und mehr irritiret worden. Andere haben an stat solcher Feuer - Würme eine Mauß gebraucht / sonderlich bey denen / die sich davor gefürchtet / wie dergleichen Leuthe noch viele gefunden werden. Theils haben gar Hörnißen genommen / und solche unter das Gläserne Gefäß gethan / damit dieselbe den armen Menschen hart stechen möchten. Jodoc. Damhoud in Prax. rer. Crim. c 37. n. 18.
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TORMENTUM cum CAPRA, Oder Die Ziegen-Volter / CXLVIII. Geschahe auf folgende maße: Der Reus wurd auf eine Banck auf den Rücken niedergeleget / und fest angebunden / daß er sich nicht regen konte / Schuhe und Strümpffe ihn außgezogen / und die Fuß-Sohlen wohl mit Saltz-Lake gerieben und gewaschen / auch die Füße fest angemachet / daß er sie weder zu sich zu ziehen / noch damit von sich zu stossen vermochte / hernach führete man eine hungerige Ziege hinbey / welche aus Begierigkeit zum Saltz ihm mit ihrer scharffen Zunge dergestalt hart die Fuß-Sohlen leckte / daß gemeiniglich das Fleisch mit wegging biß auf die Knochen / welches / wie leicht zugedencken / erschreckliche Pein verursachet / und die Leuthe so zugerichtet / daß sie die Füsse nicht mehr gebrauchen können.
Brunus, d. tr. p. 2. c. n. 6.
Hypol. de marsil. proximè citat. loc. fol. 6.
Gomesius, de Sale Lib. 2. n. 28.
Paul. Zachias d. lib. 6 quaest. Medico-Legal. tit. 2. q. 1. pag. 481. Drum sie auch Cavalcanus de Brachio Regio p. 3. n. 60. gantz verwirfft / und die Peinliche Richter davor warnet. Dracula Fürst in Siebenbürgen hat offtmahls denen gefangenen Tücken ide Fuß-Sohlen aufschneiden / mit Saltz bestreuen / und von solchen Ziegen lecken lassen / ihnen die Schmertzen zu ergrössern. Anton. Bonsin. part. 3. lib. 10. TORMENTUM ex SALE et LINTEO, die Saltz - Volter - oder Marter. CXLIX. War auch sehr gefährlich / daß ein Mensch leicht drüber ersticken konte / nemlich: sie machten ein leinen tuch oder Serviete in Wasser / mit viele Saltz vermischet / naß und schlüpfferig / und stackten dem reo solches durch den Mund in den Schlund des Halses / welcher wegen des Saltzes
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sich erweiterte / und durch den Appetit im Schmecken immer weiter hinter fuhr / so daß gar leicht geschehen konte / daß dem armen Delinquenten. dadurch die Lufft - Röhre verstopfft wurde / und er also daran erwürgen muste. Gomesius, d. tr. de Sale lib. 2. n. 28. Jacobus de bellovisu, in Pract. Jud. part. 2. rubr. de Quaestion n. 48. führet solches auch an / setzet aber nur / daß das Tuch in bloß Wasser eingetaucht worden / von Saltz meldet er nichts / kan seyn / daß es an einen Orth anders damit gehalten und verfahren worden / als an den andern. Der Striegel-Volter CL. gedencket Heinricus Bocerus in seinem Tractat, de Quaestionibus & Torturis Reorum, cap. 5. n. 20. pag. 357. mit deisen Worten: Quibusdam in locis Carnifices ex mandato Judicis arctissimè in scamnum aliquod Reos compingunt, atque Instrumentis dentatis tergum & crura ipsorum contundere & STRIGILLARE solent. TORMENTUM VIGILLAE, Oder Die Wach - Volter / CLI. ward anfangs bey den Geistlichen Personen / München / Nommen und andern / welchen man am Leibe nicht weh thun wolte / vorgenommen / und ward dergestalt verrichtet: Sie setzten eine solche Person mit bloßen Gefäß / und auf den Rücken gebundenen Händen / auf eine Banck / die nicht viel Enthalt hatte / und ließen dieselbe bey die 40. Stunden also drauf angebunden stille sitzen / aber nicht zum Schalf kommen / sondern es stunden aufbeyden Seiten Wächter / die offt ablöseten / welche / wenn der Reus einschlummern / oder mit den Kopf nicken wolte / selbigen anstiessen / raufften und zupften / oder wohl zuweilen gar derbe Maulschellen gaben / und den Kopf wider in die Höhe rückten / daß er die Augen offen behalten muste / drüm man ihn auch Wasser oder Eßig ins Gesichte sprützete / biß er endlich von Schlaf und Müdigkeit überwunden / nur ein wenig Ruhe zuerlangen / alles was er wuste / bekennete. Welche Arth / die Warheit heraus zu bringen / in Italien noch üblich / und von unterschiedlichen Criminalisten / [293] als probat und von guter Würckung befunden / gerühmet wird / zumahl da sie den Mensche am Leibe keinen Schaden bringet.
Farinac. lit. 1. tit. 5. Quaest. Crim. 38. n. 70. & 71.
Mart. Delrio in Senec. Troad. part. 2. n. 560. in fin.
Bajard. ad Clar. §. fin. q. 64 poct n. 105. & seqq.
Bocer. de Indic. & tort. c. 5. pag. 358.
Hyppol. de Marsil. ad l. ???in princ. n. 55. vers. aliud ect tormentum ff. de Quaestion ubi dicit, quod hoc torquendi genere feliciter usus sit in duabus mulieribus malesicis.
Paul. Girland. de Quaest. & Tort. q. 2.
Damhouder, in Praxi rer. crim. c. 37. n. 23.
Thom. Mezger, de Tortur. concl. 152. CLII. Wiewohl Herm. Goehausen, in Proceß. Jurid. cont. Sagat. tit 3. lit. Q. in fin pag. 132. & 131. nec non in addit. p. 168. & 169. und Michaël Paris Walburger, in Tractat de lamiis, earung??? processu Criminali. dieses Tormentum insomniae c. 8. §. 9. pag. 104. gantz verwerffen / vorgebende / es könte durch das viele Wachen an einen Stück hin der Delinquent gar in eine Dollheit und Unsinnigkeit gerathen / daß er selber nicht wüste / was er redete oder bekennete. CLIII. Zu mehrer Erläuterung des vorigen will ich aus des Tranquilli Ambrosini Processu informativo, lib. 4. c. 10. das protocoll, darinn / wie man in solchen Fall verfehret / zusehen anher setzen: Tunc Dn. Judex visis &c. cum tormento funis ipse Constitutus. torqueri non posset, vel videretur tormentum funis parvi pendere, vel attenta atrocitate criminis, cum jam torturae suppositus nihil fassus fuisset, & indicia contra ipsum laborantia minus essent elisa, mandavit ipsum C. adduci ad locum tormentorum, ibique spoliari, ligari & intormento VIGILIAE poni. Qui sic in dicto tormento natibus denudatis, bracchiis post terga vinctis, ac undique ligatus positus fuit per Dn. benigne monitus, ad veritatem fatendam. Respondit &c. Et cum stetisset in d. tormento per spacium decem horarum, & aliud ab eo haberi non posset, Dn mandavit, ipsum C. â dicto tormento deponi, dissolvi, eidem brachia reaptari, adlocum suum reponi animo &c. Et nota, quod [294] Notarius debet scribere diligenter omnia ea, quae singula quaque hora reus sic intormento positus dicit, & facit, videlicet: currente prima hora idem C. dixit &c. vel fuit per Dn. interrogatus &c. Respondit &c. Currente secunda hora dictus C. nihil dixit. Et sic de singulis horis. Nota etiam ad evidentiam, quod Tormentum vigiliae est scamnum quoddam ligneum altum â terra per septem, vel octo palmos incirca tribus inhaerens hastis tanquam fulcris, non planum seu paululum acclive, & in medio elevatum conficiens angulum, sed obtusum, super quo angulo manet reus ano denudato. Dico angulum obtusum: Qui si esset acutus, ut quandoque vidi, posset tortum ipsum fractis & perforatis sibi inferiobus partibus interimere. Ideo sis tu circa hoc benè cautus & oculatus. Hactenus Ambrosinus. Sebastian. Gvazzinus, in Tractat. ad defensam Inquisitorum, carceratorum reorum & condemnatorum super quocunque crimine tom 2. cap. 21. pag. 104. & 105. saget / daß heut zu Tage diese Tortur [welche ietzo Tormentum caballeti genennet würde] nicht mehr so gelinde sey / als vor diesem / weil dem Reo auch darbey die beyde Aerme in die Höhe gezogen würden / und er also sitzen müste / darüber mancher stürbe / wenn der Judex nicht damit abwechseln / und die Arme dann und wann loß machen ließe. Drum auch Pabst Paulus V. verordnet / daß die Latrunculatores [wie sie die Peinliche Richter nennen] sich solches Aufziehens der Arme enthalten solten / wann nicht der Inquisit urgentissimis indiciis graviret sey / alsdenn doch Maße darinn zuhalten / daß das Anziehen iedesmahl nicht über eine Stunde dauren / sondern die Arme herab / dem Reo ein wenig Frist gelasen / und hernach immer abgewechselt / weiter verfahren werden solte: maßen denn ein solches nur in atrocissimis delictis, als in crimine laesae Majestatis, Assassinio, Latrocinio, Robaria und dergleichen vorzunehmen. Joh. Carl. Antonell, de tempore Legali lib. 4. c. 20. n. 5. Drum nennet es auch Farinac. d. Quaest. Crim. 38. n. 70. & 71. tormentum in supportabile, tum ratione temporis, tum ratione immensi cruciatus & doloris. Und wird deshalber nur einmahl adhibiret / nicht aber wie andere Torturen wiederholet
Clarus, in Pract. Crim. §. fin. q. 64. vers. debet igitur.
Joh. Carl. Antonelli de tempore Legali lib. 4. c. 20. n. 2. pag. 576.
|| [295]
CLV. PERSEUS König in Macedonien ward üms Jahr der Welt 3784: von den Römern geschlagen / und samt seinen Kindern durch AEmilium gen Rom gebracht / und in öffentlichen Triumph gezeiget / drauf in ein Gefängnis geleget / in Meinung / er solte sich selber ümbringen. Als aber solches nicht geschahe / und Vorbitte für ihn bey den Rath eingeleget ward / brachte man ihn in ein erträglicher Gefängnis. Da er aber seine Wächter erzürnet hatte / ließen sie ihm weder Tag noch Nacht Ruhe / daß er nicht schlafen konte / starb also / nachdem er 2. Jahr im Gefängniß gelegen. Vellejus, lib. 1. c. 9. Denen die man auf den Galeen als angeschmiedete Sclaven zum Ruder-Zuge angestrenget / werden die Augen mit Eßig offt besprützet / üm ihnen hiedurch den Schlaf zuvertreiben. NALIWAYKO ein gefangener Cossakischer Hauptmann war in Verdacht / als hätte er einen grossen Schatz zusammen geraubet. Weil er nun denselben nicht entdecken wolte / suchte man unter andern durch Verwehrung des Schlafs / die Offenbahrung von ihn zuerzwingen / zu welchem Ende ihn die Wächter stets anstossen / und also bey offenen Augen halten musten / wie man ihn den̅ auch deswegen spitzige Stacheln zum Kopf-Polster unterlegte / die ihn des Wachens und der Schmertzen erinnern solten. Weil aber dennoch der Schlaf solchen peinlichen Hindernüssen obgesieget / und ihn überwunden / haben sie mit einer andern Erfindung an ihn gesetzet / alle seine Speisen sehr versaltzt / und hingegen allen Tranck ihn entzogen / worauf ihn der Durst so hart gequälet / daß er sich erbothen / alles Verborgene aufzuschliessen / und nichts zuverschweigen / woferne man ihm nur einen frischen Trunck geben wolte / so auch geschehen. Erasm. Francisci, in der letzten Rechenschafft c. 48. TORMENTUM FUNIS VEL CHORDAE, Oder Die Strick-Volter / CLVI. Ist am meisten zu Rom und in andern Provincien Italiae, sonderlich zu Meyland und Neapolis noch diese Stunde gebräuchlich.
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Tranquill. Ambrosin. de modo formandi processum informativum lib. 4. c. 1. & ibi.
Francisc. Bernar din. in Schol. n. 2.
Chatar. in pract interrog. reor. lib. 4. c. 1. n. 4. & seq.
Peregrin. Consil. 2. decisivo n. 125. lib. 2.
Guazzin, ad defens. Inquisit. tom. 2. defens. 30. c. 21. n. 6. ist auch in gemeinen Rechten bekant.
L. nullus vers fidicularum tormenta C. ad Leg. Jul. Majest.
Brun. de indiciis & tortura part. 2. quaest. 2. n. 6.
Foller, in pract. Crim. in verb. rei indurati torqueantur n. 9. Und wird Regina Tormentorum genennet. Ambrosin. d. tr. lib. 4. c. 8. n. 1 Guazzin, cit. c. 21. n. 6. in princip. Womit sie folgender gestalt verfahren: Wenn nemlich Inquisit, alles Zuredens ungeachtet / in Güte seine Missethat / und die darbey vorgangene Umstände nicht gestehen will / lassen sie ihn / wie bey dem Voltern gebräuchlich / ausziehen [doch daß die Scham bedecket ist] binden ihm die Hände auf den Rücken fest zusammen / und ziehen solche hinterwarts durch ein oder mehr Stricke am Kloben hinauf / daß der Leib von der Erden erhoben / also schweben muß. Je dünner nun die Stricke und Siemen sind / ie grössere Pein leidet er.
Paris de puteo in tr. de Syndicatu in verb. tortura lib. 3. c. 4. n. 5. infin.
Modern Roman. Quaest. 38. n. 62. Drum muß auch der Actuarius die Qualität solcher Chorden und Stricklein beschreiben und mit ins Protocol setzen / damit die Urthels-Sprecher sehen und judiciren können ob etwan der Judex zuviel gethan / und eine ungewöhnliche Arth derselben durch den Scharffrichter adhibiren lassen? Guazzin. d. Defens 30. c. 21. n. 8. CLVII. Wenn der Reus hart und starcker Natur ist / und dieses nicht groß achtet / schwencket der Scharffrichter den also in suspenso schwebenden Leib in etwas / doch nicht gar starck / denn sonst verliehren sie die Sprache / und den Verstand / daß / wenn sie herab gelassen werden / nicht wissen was sie sagen / gleichsam als kähmen sie aus einer andern Welt / so daß alsdenn ihr Bekäntnis nichts ist und vor ungültig zuachten / weil solches bey guten Verstand und Vernunfft geschehen sol: Drum auch kluge und verständige Richter selten solche quassationes vornehmen lassen.
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Idem Guazzin. cit. defens. 30. c. 21. n. 10. pag. 104. CLVIII. Wenn dieses auch nicht verfangen will / pfleget man ihnen / nach Gelegenheit ihrer Constitution, und der Arth des Verbrechens / 1. 2. biß 3. I ctus oder Zucke mit dem Strick / dran sie hangen / zugeben / welches die Schmertzen sehr vermehret / und zwar üm so viel ärger / wenn man ihnen die Beine nicht zusammen lässet / sondern mit einen ziemlich langen Stock voneinander sperret. Chartar. de Interrog. reor. lib. 4. c. 1. n. 105. Ja sie binden ihnen auch wohl / wenn es halßstarrige Gesellen sind / schwere Fesseln / Steine / Gewichte / auch Krüge mit Wasser gefüllet / unten an die Füsse / welche den gantzen Leib desto länger auß dehnen / und herabziehen / sonderlich pflegen die Scharffrichter denen Reis, wenn sie also insuspenso sind / kalt Wasser über den Rücken / Arme / Schien-Beine und Füße / welche am meisten Noth leiden / fallen zulassen / welches ebenmäßig sehr wehe thun sol. CLIX. Doch wird diese scharffe Frage mit Anhengung des Gewichts / Zucken und Beschüttung mit Wasser zu Rom / Neapolis und andern Orthen Italiae nur in den grausahmen Verbrechen / als der Beleidigten Majestät / Vater- und Kinder-Mord / Strassen-Kaub / Mord und Todtschlag adhibiret.
Paris de Puteo, de Syndicat. in verb. tortura lib. 3. c. n. 6.
Foller. Pract. Crim. in verbo. rei indurati n. 64.
Carer. in Pract. Crim. in 2. tract. de Indic. & Tortur. §. circa sextum, n. 3. vers. & maximè, si aquam frigidam.
Peregrin. in Consil. decisiv. lib. 2. n. 124. CLX Andere haben dieses vor probat befunden / daß wenn der Inquisit auf der Strick-Volter nicht bald bekennen wollen / sie denselben herab gelassen / auf einen höltzernen Stuhl gesetzet / ihn kalt Wassen über den bloßen Kopf und Rücken hergeschüttet / wen̅ es auch gleich in Winter gewesen / und ihn so sitzen und kalt werden / hernach wieder in die höhe ziehen lassen / da denn fast alle seine Gliedmaßen geknackt und gekrachet / als wie Holtz / wenn man es entzwey bricht / so daß / wegen der unerträglichen Schmertzen / sie ohne Verzug alles bekant haben. Hippol. de Marsil super tit. ff. de Quaestion. n. 55. pag. m. 6. CLXI. Theils haben das Wasser zurück / und sie nur allein kalt werden lassen / da die Pein dennoch verdoppelt worden.
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Seb. Guazzin. ad defens. Inquisit. defens. 30. c. 21. n. 9. Paris de Puteo d. l. CLXII. Etlicher Orthen hat man die Reos gebunden auf die Erde geleget / und in einen Hui wieder aufgerissen / und dadurch manchmahl wegen der grossen Schmertzen deß gehlingen aufziehens das Bekändtnis herauß gepresset / wie Cavalcan. de Brachio Rogio p. 3. n. 61. selber / das er es also practiciret / vorgibt. CLXIII. Wenn aber einer gebrochen gewesen / oder nur eine Hand gehabt / hat man ihm mit dem Tormento funis vel chordae nicht beleget / grössern Schaden zuvermeiden / sondern auf eine andere Marter-Arth zum Bekändnis gebracht. Chartar. de interrogandis reis lib. 4. c. 4. n. 6. Wiewohl man Exempel / daß die / so nur eine Hand gehabt / oder mit der andern lahm gewesen / dennoch an der einen / so gesund / aufgezogen worden. Vid. Guazzin. d. tr. def. 30. c. 21. n. 7. ibi??? alleg. DD. CLXIV. Bey welcher und allen andern Voltern der Actuarius, oder Notarius Judicii alles harklein / was darbey vorgegangen / wie der Inquifit sich bezeiget / und was er bekant niederschreiben müssen. Ich wil abermahl ein Protocol aus dem Tranquillo Ambrosino. lib 4. c. 8. so viele dieses Tormentum betrifft / hie inseriren / also kautend: á Dn. Judice interrogatus & monitus Constitutus, ut velit tandem recedere à tot mendaciis, & inverisimilibus responsionibus, cum ex jam deductis possit ipse C. clarè animadvertere, sibi nullum negandi locum esse relictum, respondit: Jo ho detto la uerita, non posso dir altro, e non ho detto bugia nessuna, h. e. Dixi veritatem, non possum dicere aliud, neque aliquod dixi mendacium. Et Domino dicente, & ipsum Constitutum benignè monente ad veritatem super praemissis traden dam, quam adhuc minus dixit, nec expectet, quod pro illa habenda contra ipsum deveniatur ad opportuna juris & facti remedia, prout devenietur, nisi ad dictam veritatem super praemissis fatendam se disponat, respondit: Jo hò detto la verità, é se mi volete dar li tormenti, pazienza, voi mi fate torto: jo non posso dir altro. h. e. Ego dixi veritatem: & si me vultis tormentis ???ubjicere, patientia! Vos mihi injuriam irrogatis: non possum dicere aliud. Tunc Dominus sedens &c. visa pertinacia & obstinatione ipsius Constituti, visis???ue & consideratis indiciis contra ipsum existentibus, & signanter depositionibus N. & N. [299] qui aslerunt, vidisse ipsum Constitutum exire de domo Basilii, quaedam bona secum sub pallio deferentem, visis literis penes ipsum Constitutum repertis, attenta etiam fuga per eundem Constitutum arrepta, statim visis BIRRUARIIS, qui ipsum deinde captivum fecerunt, ac pluribus mendaciis & inverisimilibus responsionibus ipsius Constituti, considerata??? mala ipsius qualitate & vilitate personae, ac mala PHYSIOGNOMIA [si talis erat] aliisque indiciis contra dictum Constitutum urgentibus, & ex processu resultantibus: Pro veritate habenda super furto bonorum praedictorum, quae aliter ab eo haberi non potest, mandavit ipsum Constitutum adduci ad locum torturae, ibi??? spoliari, ligari & funi applicari. Qui sic adductus dum spoliaretur, & ligaretur, fuit per Dominos benignè monitus & hortatus, ut tandem libere veritatem dicat, & recedat ab ejus pertinatia, nec exspectet, quod in FUNEM elevetur, prout elevabitur, quatenus adhuc in ejus obstinatione persistat, respondit: Signire, io non posso dir altro h. e. Domine ego non possum dicere aliud. Tunc Dominus, cum videret ipsum Constitutum omninò recusare veritatem fateri, eundem jam spoliatum, ligatum, & funi applicatum mandavit in altum elevari. Qui sic elevatus cepit clamando dicere, Ohime, Ohime Dio, ô Madonna Santissima di Loreto, aiutate mi &c. h. e. Ah, Ah Deus ô Sanctissima Domina mea de Loreto, fer mihi opem &c. Nota, reus in tortura pendens quandoque solet instare, ut deponatur, vel ad effectum fatendi, vel ad alium effectum, vel solet quandoque de mandato Judicis in fune quaslari, vel ictibus torqueri, aut baculum vel ferrei compedes ad ejus pedes apponi, & de hujusmodi actibus est facienda mentio, ideo infrà scripta notabis, ex quibus, formam in coeteris assumere tibi & effingere poteris. Interrogatus & monitus, ut non patiatur se ulterius in tormento detineri, sed veritatem liberè fateatur, respondit: Jo non posso dir altro, se mi ci teneste cente anni. h. e. Ego non possum dicere aliud, si hic me teneretis centum annis. Tunc D. cum videret ipsum C. torturam parvi pendere, & ob ejus robustitatem quasi non sentire, mandavit FUNEM modicum QUASSARI, & moveri absque Ictibus. Qua sic mota & quassata ipse C. dixit: fate, quelche vi pare, je jo non diro mai altro h. e. facite juxta arbitrium vestrum, ego sanè nihil aliud dicturus sum unquam. Vel sic: Tunc Dominus cum videret ipsum C. torturam contemnere, & tacitum in ea manere, quasi dolorem minus sentiat, nolleque respondere, mandavit ipsum duobus IC TIBUS affici. Qui sic affectus & quassatus dixit: O Giesu, che crudelita è questa! h. e. O Jesu [300] qualis haec est crudelitas! Deinde tacuit. Tunc Dominus &c. mandavit, ad ejus pedes alligari BACULUM, ut distractis tibialibus penderet. Quo apposito & ligato &c. Vel sic: Tunc Dn. sedens &c. mandavit, ad ejus pedes apponi ferreos compedes, vel alligari lapidem ponderis Librarum--- &c. Quibus appositis ipse C. nihil dixit. Deinde cepit clamando dicere: Eh! Signor Giudice, che mi fate torto, io non hò fatto miente. h. e. Ah Domine judex, haud juste mecum agitis: ego nihil quicquam feci! Et monitus per D. ut veritatum dicat &c. respondit, che volete che dica? Jo son morto, metteti mi giu, che voglio dire, quel che volete voi. h. e. Quid vultis ut dicam? Ego sum mortuus. Deponite me, tunc volo dicere, quod vos vultis, Et Domino instante, ut veritatem dicat super praemissis, respondit: Metteti mi giu, che voglio dire ogni cosa. h. e. deponite me, tunc omnia dicam. Et sibi dicto, ut incipiat dicere, & postea deponeretur, respondit, Jo non posso dir qua su niente, fate mi calare, che dirò ogni cosa, fate mi calare, h. e. Nihil hic superius dicere possum: Curate me deponi, tunc omnia dicam, curate deponi! pluriès dicta verba replicando. Tunc Dn. stante promissione praedicta, & ad effectum praedictum tantùm &c. animo tamen &c mandavit ipsum Constitutum leniter de tortura deponi & super scamno ligneo accommodari. Qui sic depositus, & super scamno ligneo accommodatus, fuit per Dn. interrogatus, ut modo pollicitam veritatem fateatur. Respondit che volete, che dica. Jo non ho fatto male alcuno, & vi mi stratiate à torto. h. e. quid vultis ut dicam? Nihil quicquam mali feci: & vos me injustè discerpitis. Et monitus, ut recedat ab hujusmodi subterfugiis, & pollicitam veritatem dicat: quia aliâs continuabuntur tormenta, & in altum ipse elevabitur, respondit: fate, quello che vi pare, voi mi fate torto. h. e. facite, quod vobis placet, vos mihi injuriam irrogatis. Extunc D???. mandavit ipsum Constitutum in altum elevari. Qui sic elevatus cepit clamare: Ohime, ohime, ô S. Maria di Loreto! & postea tacuit. Deinde dixit: Mettete mi giu, che voglio far del corpo mettete mi giù che jo crepo h. e. demittite me, nam ventris onus deponam, dimittite me, quia dissilio. Tunc Dn. ad effectum, ut levaret corpus, mandavit ipsum C. leviter de tortura deponi, animo tamen &c. Qui sic depositus, & factâ sibi per D. facultate evacuandi corpus, mox reductus coram Dn. dixit: Eh signore misericordia, che volete, che jo dica, dite melo voi, ch'jo dire, quel che volete. h. e. Ah Domine misericordia, quid vultis, ut dicam, dicite vosmihi, & ego dicam id quos vultis. Et tunc [301] cum Dn. videret, sibi verba dari, mandavit dictum C. iterum in funem elevari, pro continuatione Tormentorum. Qui sic elevatus nihil dixit. Et licet plutius per Dominum interropatus, & monitus fuislet, nihil tamen unquam respondere curavit, quae ego &c. Et cum stetisset sic in Tortura elevatus per spatium unius horae integrae ad horologium pulveris, Dominus mandavit ipsum C. leviter deponi, disligari, brachia reaptari, revestiri & ad locum suum reponi, animo &c. Qui sic depositus, dum disligaretur & brachia sibi accommodarentur, clamabat fortiter ô hime, ô hime fa piano, fratello! h. e. Ah! procedas leniter frater! & similia verba. TORMENTUM TAXILLORUM, Italicè LA STANGHETTA genant. CLXV. Wenn ein Delinquent etwan wegen eines Bruchs oder andern Schadens am Leibe mit dem Tormento funis oder chordae nicht beleget werden kan / greift man ihn mit dieser hartdrückenden Bein-Schrauben an / welche nebst den Process also beschrieben wird: Reus, ut opportunum videtur, alligatur, nudispue pedibus in terram prope destinatum parietem prosternitur. TAXILLOS tum FERREOS binos paratos habent, quatuor digitorum latitudinem undique aequantes, digitalis crassitudinis, atque in medio excavatos, quantum malleolorum alterutrum capere possint: est tamen inferior taxillus ob id eo, qui superponitur, interno malleolo major. Supponitur ergo major taxillus, reo pedem porrigere coacto, superponiturque minor super dictum internum malleolum. Tum in pariete foramen est quatuor digitorum latitudinis, crassitudinis digiti crassioris, longitudinis verò quatuor vel quinque palmorum. Tum tortor repagulum super taxillos validè premit, iteratque ad Judicis voluntatem premere, ex quo dolor atrox & notabilis excitatur: est enim pars compressa maximè sensibilis. Paul. Zachias lib. 6. Quaestion. Medico-legal. tit. 2. q. 1. n. 20. CLXVI. In des Tranquilli Ambrosini saepè dict. Process. informativ. lib. 4. c. 11. findet man davon folgendes Protocol: Tunc visa pertinacia ipsius constituti, visis &c. Pro veritate habenda. cum aliter haberi non posset, mandavit Dn. Judex, eundem C. duci ad locum tormentorum, ibique [302] TAXILLORUM TORMENTO, quod STANGHETTA nuncupatur, supponi & tormentari. Qui sic adductus, antepuam dict. tormento supponeretur, fuit pluries per Dn. benignè monitus, ad veritatem dicendam; aliàs dicto tormento supponetur, respondit &c. Et cum veritatem fateri nollet, Dn. mandavit, ipsum Constitutum dicto tormento supponi, & in eô tormentari; qui sic dicto tormento suppositus, in terra prostratus, talo pedis dextri denudato, inter duos ferreos taxillos concavos posito, & Custode carcerum eos STANGHETTA comprimente, clamare cepit alta voce: O hime &c. Et cum in dicto tormento suppositus stetisset per spacium duorum miserere, & aliud ab eo haberi non posset, Dn. mandavit, eundem C. à dicto tormento amoveri, & ad locum suum rep oni &c. CLXVII. Cavalcanus, de Brachio Regio part. 3. n. 57. saget / daß dieses Tormentum Taxillorum nicht nur zu Peinigung der Füße / sondern auch der Finger und Hände gebraucht werde / zumahl bey den Weibern und unerwachsenen jungen Leuthen / in geringen Verbrechen / welchen auch Modern. Rom. Quaest. 39. n. 68. beystimmet / sagende / daß wenn man mit der Sirick-Wach- und andern Bolt ern die Inhafftirte nicht angreiffen könte / man sich dieser gelindern Frage bediente / wie wohl selten durch dieselbe das rechte Bekändtnis heraus gebracht würde / indem es mit der Marter nicht lange / sondern nur drey biß vier Vater Unser lang währete. CLXVIII. Es scheinet auch / als wenn Sebast. Guazzin. in tr. ad Defens. Inquisitor. carcerat. reor. &c. Defens 30. c. 21. n. 11. einen Unterscheid machen wolte unter tormentum taxillorum und Stanchetae, und daß das letztere etwas schärffer sey / auch gemeiniglich an der lincken Hand oder lincken Bein appliciret werde / und zwar zwischen den Gelencken der Finger und Zuhen. TORMENTUM SIBILORUM, CLXIX. Ist gleichfals noch in Welschland gebräuchlich / an den Weibesbildern und jungen Knaben / Farinac. Quaest. Crim. 28. n. 68. deren Finger damit geklemmet und ged. ückt werden / üm die Warheit zubekennen.
|| [303]
CLXX. Bey dem Paulo Zachia, lib. 6. Quaest. medico-leg. tit. 2. Quaest. pag. 480. findet man dasselbe beschrieben / wie es in Rom üblich ist. Ibi: Lignea habent paxilla numero sex, longitudinis octo trasversorum digitorum, torno fabricata exforti ligno, maximè verò ex buxo: Pollicaris sunt crassit udinis, capitulo oblongo & utrin??? capitata, & in utro??? capitulo perforata. Quod inter utrum??? capitulum est, in cochleae modum est affabre factum, utrin??? autem per capitulorum foramina forti funiculo conjunguntur, ipsa??? funiculi capita currento modo copulantur. Reus ergo coriaceo vinculo illo, quod diximus appellari, la STRINGA alligatis manibus simul super brachiale, in orantis speciem, ante Judicem sistitur. Tum singuli paxilli in singulis digitorum interstitiis interponuntur, ita ut duo postremi extra utrius??? manus interstitia digitos comprehendant, hinc tormentarius validè funiculum attrahens, nodum coarctans, digitos comprimit cum non aspernabili dolore, iterat??? ad judicis mandatum premere, eo interim instante, ut veritatem propalet. CLXXI. Ambrosinus, in Proceß. informativ. lib. 4. c. 12. führet das Protocoll dabey / auf nachgesetzte maße: Tunc Dn. Judex visâ pertinacia ipsius C. visis??? &c. pro veritate habenda, cum aliter ab eo haberi non posset, & ipse C. tormento funis ob minorem aetatem torqueri non valeret, mandavit euedem ad locum tormentorum adduci, ac tormento SIBILORUM supponi & cruciari. Qui sic adductus, antequam SIBILA ad ejus manus accommodarentur, fuit pluriès per Dn. benignè menitus ad veritatem dicendam, quia aliàs dicto tormento cruciabitur. Respondit &c. Et cum veritatem constanter nollet fateri, D. mandavit, dictum C. eidem tormento supponi, & in eo tormentari. Qui sic dicto tormento suppositus, manibus ante junctis, & inter binos earum singulos digitos sibilis accommodatis, & custode carcerum illa funiculo currente fortiter comprimente. clamare cepit altâ voce: ohime! &c. Cum??? in dicto tormento sic suppositus stetisset per spatium trium Pater noster, & aliud ab eo haberi non posset, Dn. mandavit, eundem C. à dicto tormento amoveri, & ad locum suum reponi, animo &c. CLXXII. Man hatte auch vor Alters Instrumenta, womit man in geringen Verbrechen der Delinquenten Finger drückte / so DIGITALIA genennet wurden / deren / aus dem Synosio, Martin Delrio in Senec. Troad. part. ult. n. 560.
|| [304]
gedencket / man kan aber bey keinen Authore finden / wie sie ausgesehen / welches P. Zachias d. lib. 6. tit. 2. q. 1. n. 21. selbsten bezeuget. TORMENTUM CUM VIRGA ET FERULA, Die Ruthen-Volter / CLXXIII. Ist eine recht Türckische / ja Teufelische Marter gewesen / deren sich hiebevor einige tyrannische Richter gebrauchet / nemlich / daß sie / das Bekäntnis heraus zu treiben / den Inquisiten fase-nackend ausziehen / auf den Rücken legen / fest anbinden / und hernach dessen Männlich Glied / sonderlich aber die Testiculos mit einem Band fest zusammen schnüren / grausam mit Ruthen zerhauen / und nicht eher aufhören lassen / biß er / in höchster Angst / Pein und Schmertzen / offt Dinge bekandt / die er weder gethan / noch auch ihm iemahls in den Sinn kommen.
Hyppolit. de Marsil. super tit. ff. de Quaestion. §. in criminal. n. 55.
Damhouder, Prax. rer. crim. c. 37. n. 18.
Schilling. de Reiterat. tortur. c. 3. §. 21. CLXXIV. Eine andere Arth ist noch ietziger Zeit in Italien gebräuchlich / daß wenn Jungen / so noch nicht mündig sind / was Straffbares begangen haben / und es in Güte nicht bekennen wollen / dieselbe nackend [doch die Scham bedeckt] ausgezogen / und mit beyden Händen dem Gesichte gleich an einen Pfeiler gebunden / und mit Ruthen scharf gehauen werden / biß sie die Missethat bekennen. CLXXV. Tranquillus Ambrosinus, lib. 4. Proceß. informativ. c. 13. führet hievon nachgesetzte Formam Decreti an. Tunc Dominus visa &c. stantibus &c. pro veritate habenda ab ipso Constituto, cum aliter ab eo haberi non posset: mandavit ipsum C. adduci ad locum tormentorum, ibi??? spoliari, & ad funem manibus ante faciem alligari, ad effectum, ut FERULA caedatur, cum ob ejus minorem aetatem torqueri minimè valeret. Qui sic adductus, spoliatus & manibus ad funem ante faciem alligatis, fuit pluries per Dn. benignè monitus, ad [305] veritatem fatendam, & quod non patiatur se faerula caedi, prout caedetur si in ejus obstinatione perseverabit. Respondit &c. Tunc Dominus cum praefatus C. in ejus obstiuatione persisteret, mandavit, ipsum per carcerum custodem ferula caedi. Qui cum sic caederetur, clamare cepit ohime, ohime, &c. Et pluries monitus &c. Respondit &c. Tunc Dn. cum pluribus & pluribus verberibus caesus ipse C. nihil fateri vellet, & aliud ab eo haberi non posset, mandavit ipsum dissolvi, revestiri & ad locum suum reponi, animo &c. cum stetisset sic in dicto tormento suppositus per spacium trium Miserere. CLXXV. Dieser Ruthen-Volter wird auch gedacht in L. excipiuntur ff. de Quaestion. ibi??? DD. & in L. fin. & ibi Gloß. in verb. servos ibi??? Bart. in oppos. & Bald. de iis quibus ut indign. Item bey dem Petr. Gregor. Tholosan. Syntagm. Jur. univ. lib. 48. c. 12. n. 3. woselbst er auch eines Marter / Instruments erwehnet / welches er MANTILE nennet / aber nicht beschreibet wie es formiret gewesen. CLXXVI. Daß auch die Knaben / pro veritate eruenda, an stat der Tortur mit Ruthen zu streichen / haben die Chur Fürstl. Sächß. Schöppen zu Leipzig gesprochen / wie bey dem Georg. Beato, Decis. tom. 4. de Criminalib. part. 4. fol. 771. zu sehen. Und die Bäyerische Malefiz-Process-Ordnung part. 3. art. 9. in med, setzet: Man solle Kinder unter 14. Jahren anders nicht Peinlich fragen / denn durch die Ruthe mit Bescheidenheit / deßgleichen fast alte Leuthe von 60. und 70. Jahren wenn sie sehr schwach und abkommen. add. Jacob. de Bellovisu,
in Pract. Crim. lib. 3. c. 2. ibi??? Ludovici in addit. pag. 347.
Zanger, dc Quaest. & tortur. c. 1. n. 35. & seqq.
Mich Freudius in Gewissens-Fragen von Hexerey / Quaest. 303. n. 24. & 25.
Mezger, de tormentor. variis generib. concl. 172.
Gomez var. Resol. tom. 3. c. 13. n. 3.
Farinac. Quaest. Crim. 41. Mezger, d. tr. concl. 174. CLXXVII. Deßgleichen berichtet Jodocus Damhouder, in Praxi Rerum Criminal. cap. 37. n. 23. & 24.
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daß er oft erfahren und probat befunden / wenn die Inquisiten auch auf den allerschärffesten Torturen nicht bekennen wollen / daß man sie entblössen und und mit scharffen Ruthen tapffer zerhauen lassen / da sie denn in kurtzen alles haarklein bekennet und herauß gesaget. Er lobet auch in berühren Capitel n. 19. Eine Volter die zwar grossen Schmertzen machte / aber doch dem Leibe des Menschen keinen sonderlichen Schaden brächte / nemlich es würde Reus auf den Rücken zwischen zweyen enge zusammengesetzten Platen oder Bretern / gleich als in einen Kasten / geleget / und ein Strick oder Sime an seine beyde grosse Zeen gebunden / und durch eine Winde allmählich dieselbe lang gezogen / da denn / wegen engigkeit / der Leib bey den anziehen der Siemen dick auflieffe mit grossen Schmertzen / welche sich aber starck wiederlegten / sobald nur der Strick wieder nachgelassen wurde. Und Nro 20. saget er weiter / daß in der Stadt Brüg in Flandern man den Gebrauch habe bey den Torturen, daß der Inquisit nackend außgezogen / die Schaam bedecket / ihm die Hände auf den Rücken gebunden / auf eine schmale Banck geleget / oben unter den Armen durch mit Stricken fest dran gebunden würde / daß er nicht herabfallen könte. Hernach knüpffte man ihm an ieder grossen Zee eine Siemen oder dünnen Strick / und dähnete solche mit samt den Leibe durch einen Haspel oder Winde sehr lang aus. Es wurden auch noch wohl darzu ihm die Hüfften und Füsse / wie auch der Kopf mit knotigten Stricken hart gebunden / alles nach Anordnung des Richters. CLXXVIII. Bey den Jüden im Alten Testament wuste man von keiner Tortur, wahr auch bey ihnen nicht gebräuchlich: Zepper, de Legib. Mosaic. lib. 5. c. 10. Doch hatten sie eine besondere Art die zweiffelhaffte und verborgene Dinge zuerkundigen und die Warheit an den Tag zubringen / nemlich durch das Loß. Josuae 7. v. 14. & 15. 1. Sam. 14. v. 30. Jonae c. 1. v. 7. Actor. 12. & 19. &c. 22. v. 24. & 29. and Trinckung deß bittern Wassers / bey denen Ehebrecherinnen.
Num. c. 5. vers. 13. & seqq.
Daniel Bütner disp. de guflu c. 4. n. 2. & seqq.
Joh. Selden in uxor. Hebr. lib. 3. c. 15. CLXXIX. Mit welchen fast übereinkahm die Statua Veneris zu Constantinopel / welche von Zeiten Käysers Constantini Magni biß zur Regie [307] rung Justini alda aufgerichtet gestanden / davon Nicolaus Alemannus, in Notis Hist. Secret. Prvcop. fol. 38. Bericht thut / daß wenn eine vermeinte Jungfer / so ihre Jungferschafft verlohren / sich demselben Bilde näherte / auf einmahl durch eine verborgene Krafft ihr der Rock / wieder ihren Willen wie hoch aufgehoben wurde / daß man S. V. ihre Schaam über al und öffentlich sehen konte. Welches auch einem Ehe-Weibe wieder fuhr die ihrem Manne nicht allein Farbe gehalten hatte / Ehrlichen Jungfern un Weibern aber wiederfuhr nichts / und mochten dieselbe um solche Statue herum gehen wie sie wolten. Besold. in Thes. pract. v. Peinliche Frage / pag. 728. CXXC. Item der Stein zu Rom / welcher noch heut zu Tage nicht weit von St. Sabinae Berg zu sehen seyn sol / gantz rund / Augen / Nasen und ein aufgespertes Maul habende / in welches Maul vor Alters die Weiber so Ehebruchs beschuldiget / und deßhalben angeklaget wahren / niederkniend ihre Finger der rechten Hand stecken / und schweren musten daß sie unschuldig währen. Wahr sie richtig / zog sie die Hand gesund und ohne Schaden heraus / und hatte dessen grosse Ehre / wo nicht / biß das Bild ihr die Finger ab.
Erasm. Francisc. in Neu-Polirten Geschicht-Kunst und Sitten-Spiegel lib. 2. pag. 357.
Vid. infra caput von abhauung der Finger CXXCI. Eben so verwunderlich ist es was Estienne de Lusignan in descriptione Insulae Cypri c. 14. fol. 64. b. anführet / daß zu Nicosia zwey nahe beyeinanderstehende Marmor-Steine zu finden gewesen / zwischen welchen sich die Angeschuldigte stellen müssen / so die That leugneten / wahren sie nun schuldig / fasseten die Steine / sie und drückten solche so feste / daß sie bekennen musten / da hingegen / wenn sie unschuldig waren / ihm nichts wiederfuhr. ibi: Ily avoit aussi une Eglise Grecque en La mesme Ville aupres des chartreux, qui s appeloit Arcomose, c' est à di re, prince du serment, en laqnelle estojent' deux pi erres de marbre oul' on mettoit ceux, qui ne vouloient confesser La veritè: & lors, si celuy qui y estoit menè, estoit coulpable, ces deux pierres se serroient d' elles mesme & sans aide d'homme, petit à petit jusqué à ce que le patient eu confessé la veritè! &c. CXXCII. Die Moßcoviter oder Russen haben folgende Art zu voltern:
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Sie binden dem Gefangenen die Hände auf den Rücken / ziehen ihn in die Höhe / hencken ihm eiuen schweren Ba???cken an die Füsse / auf welchen der Scharfrichter springet / und dem Sünder die Glieder wohlaus einander recket. Unter den Füssen wird darzu ein Feuer angezündet / dessen Hitze die Füsse / und der Rauch das Gesichte peiniget. Sie lassen auch bißweilen oben auf den Kopf eine Platte scheren / und drauf Tropffenweise kaltes Wasser fallen: Welches eine unerleidliche Pein seyn sol. Sie lassen auch etliche / nach Beschaffenheit der Sachen / in solcher Marter darzu Peitschen / und über die Wunden mit glüeuden Eisen fahren. Olear. im 3. Buch der Pers. Reise-Beschreibung am 277. Blat. CXXCIII. Die Sinische Richter brauchen zweyerley Arth Peinlicher Fragen / die Warheit zu erfahren / wenn sie zuvor allen Fleiß und mügliche Mittel versuchet haben / es in Güte zu erlangen. Die Erste geschicht auf den Füssen / die Andere / auf den Händeu / und sind beyde so schrecklich / daß ihrer wenig gefunden werden / die es vertragen / und nicht bekennen / was der Richter von ihnen verlanget. Es werden aber solche Torturen nicht gebraucht / ohne vorhergehende Erkundigungen / und aufs wenigste halben Beweiß der That / oder ohne Anzeige / die zum Bericht gnugsam seyn. Die auf den Händen geschicht mit etlichen Stäblein / die sind zweyer Finger dick / und einer Spannen lang und gedrehet / diese bohren sie an beyden Orthen durch / und lassen etliche Schnüre dadurch gehen / die sie durch die Löcher zusammen ziehen. Zwischen diese Stecklein legen sie der Schuldigen Finger / und ziehen sie mit den Schnüren ie länger ie härter zusammen / biß sie die Finger aus den Gewerben drücken / mit unerträglichen Schmertzen der Elenden / die denn sehr und schrecklich schreyen / und erbärmliche Seuftzer lassen. CXXCIV. Wenn sie hiermit nicht bekennen / und die Richter aus der Zeugen Aussagen / oder aus andern gnugsamen Anzeigungen / sie vor schuldig erachten: so schreiten sie zu der Frage an den Füssen / welche grausamer ist / weder die an den Händen / und geschicht folgender gestalt: Sie fügen mit einen eisernen Gewerbe zwey viereckichte Breter zusammen / einer Länge / und vier Spannen breit / an beyden Orthen durchbohret / darnach ziehen sie eine Schnur dadurch / und binden des Menschen Füsse zwischen die Breter / schlagen mit einen grossen Hammer auf die Breter / und vermehren durch die Menge der Streiche / den Schmertzen / daß er grösser ist / denn der an den Händen / wiewohl derselbe auch nicht gering. Aber diese Fra [309] ge geschicht nicht ohne Beyseyn des Obersten Richters oder Beambten / darzu selten / denn die Gefangene erwehlen ehe den Tod und bekennen alles bevor sie diese Marter erdulden wollen,
Mendoza, lib. 3. part. 1. c. 10.
Erasin. Francisci, im Neu-polirten Geschicht-Kunst und Sitten-Spiegel / lib. 6. discurs. 6. pag. 362. Mit dieser scharffen Frage halten die Richter offt so hart und lange an / daß mancher gar darüber des Antwortens vergisset / und in ein ewiges Stillschweigen geräth. Das Kupffer solcher Sinischen Marter ist bey den Francisci an gedachten Blat zufinden. Der Schwedische Trunck. CXXCV. Ist im vorigen dreyßig Jährigen Krieg bekant worden / da die verteufelte Soldaten / Geld zu erpressen / Koth / Schmaltz / Harn / Milch / Mist-Pfütze / oder unrein Wasser in der armen Bauren Leiber mit Gewalt gegossen / über eine Weihle hernach ihuen auf den Leib getreten / also daß die hinein-gegossene Brüh mit dem Blut zugleich aus dem Halse gestürtzt / davon auch ihrer viel ihr Leben elendiglich einbüssen müssen- CXXCVI. Es ist aber der Schwedische Trunck nicht von seinen ersten Erfinder also benennet: sondern hat diesen Nahmen wie einige wollen / von den P. L. Völckern bekommen: und ist solches Stücklein in der Spanischen Inquisition gebraucht worden / wie Albanus in Anatomia papistica pag. 362. meldet. CXXCVII. D. Mengering, im Krieges-Belial cap. 25. hält davor / und beweiset es aus dem Sigon. c. 12. Imper. occident. daß die That an sich selbst / und diese grausame tyrannische Marter / ihren Ursprung habe von ältern Religions-Feinden und Verfolgern des Evangelii. Denn also hat es Genserich der Wandalen König mit den Christen in Africa gemacht / cujus milites Catholicis ora pudendorum vectibus aperientes, foetidum coenum ob confessionem pecuniae ingresserunt &c.
Oldenburger, ad Instrum Pacis part. 1. disc. 1. n. 109.
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Dither, in contin. Thes. Besold. v. Schwedischer Trunck.
Schilling, de Reit. tort. c. 3. §. 24. CXXCVIII. Die Athenienser gebrauchten sich vor Alters auch der Tortur, die Warheit von den Missethätern dadurch heraus zu treiben / wie alle andere Griechen / sonderlich des Rads und Volter-Pferds uti supra quoque dictum. Apulejus, in aureo' Asino lib. 10. Ibi: nec rota vel Eculeus, More Graecorum, tormenta apparata, jam decrant. Item die Lacedaemonier, Kragius, de Republ. Lacedaem. c. 4. Die Perser /
Brisson, dc Regno Pers. lib. 1. pag. 87.
Keckerman, de Monarch. Persar. disp. 1. th. 36. Exempla vide apud Curtium lib. 4. Hist. c. 10. n. 32. & Joseph. Antiq. Judaic. lib. 11. c. 16. Die AEgypter,
Ammian. Marcellin. lib. 19. sub fin. & lib. 22. sub fin.
AElian. lib. 7. var. Hist. c. 8. Die Macedonier,
Clemens Alexandrin. 4. Stromat. pag. 49.
Polydor. Vergil. de rer. inventor. lib. 2. c. 3. Brodoeus, lib. 2.
Miscellan. c. 9. & 10. Die Spanier / Tabor, de Tortura c. 2. n. 18. ibi??? alleg. DD. Die Franzosen /
Barnab. Brisson. in codice Henric. lib. 7. tit. 8.
Thomas Cornier, in Cod. Henr. lib. 31. tit. 3. bey welchen auch die schon zum Tode Verdamte noch gefoltert werden / ihre complices anzuzeigen.
Vid. cod. Fabrian. tit. de Tortur.
Besold. dissert. 2. de praemiis & poenis. §. 7. Die Holländer /
Zypaeus, in Notit. Jur Belgic. lib. 9.
Anthon, Matth. tr. de criminib. ab tit. de Quaestion. CXXCIX. Die Engeländer / ob sie wohl lieber sterben / als sich Voltern lassen wollen / wie im Ersten Capitel §. 129. angeführet worden / gebrau [311] chen sie sich doch derselben wieder die / so ein Crimen Loesae Majestatis begangen haben. Besold. d. dissert. 2. de praemiis, poenis, & Legit. §. 7. Sonderlich aber einer Presse / so einer Truhen oder Laden gleich ist / darein legete man den Ubelthäter / welcher sich mit Speiß und Tranck anfüllen muß / und schraubet dann nach und nach zu / welcher nun in solcher Quaal stirbt / erhält seinen Kindern das Vermögen / daß sonst dem Könige heimfället. Man schraubet auch zuweilen solche Presse nicht zu / sondern bindet die grosse Zäen des Ubelthäters an eine Schnur / ziehet solche durch ein Löchlein / und windet sie an eine Säule / oder drehet sie an einen Knebel / wie die Fuhrleuthe die Ketten ratteln / sc. Dither, in addit. Thes. Pract. Pesoldi v. Peinliche Frage / p. 731. & in contin. Thos. Besold. v. Zehe / p. 684. In Schottland ist die Volter auch gebräuchlich / wie bey dem Boëthio lib. 2. Histor. Scot. pag. 231. n. 44. zusehen. Wie auch in Dennemarck. Ut apparet ex Receß. 3. arr. 19. & alibi: nec non ex processu Dinae Danicae. In Schweden aber soll dieselbe gar selten vorgenommen werden. Tabor. de Tortura, c. 2. n. 18. CXC. Welches auch Gomez, 2. tom. 3. resol. c. 13. inpr. von den Königreich Arragonien schreibet: Käyser Aurelianus pflegte die / so ihm verdächtig waren / daß sie eine Ubelthat begangen hätten / an statt der Volter / in Wein truncken zu machen / und durch dieses LENE TORMENTUM: wie es Horatius lib. 3. od. 21. nennet / sie auszuforschen / was sie gethan hatten. Petr. Papp. in Corp. Jur. milit. pag. 671. Gleichfals machten es so die Illirici und Macedonier Tubero de temporibus suis, lib. 6. fol. 145. CXCI. Bey uns in Teutschland / sind vor diesen folgende Instrumenta bey den Torturen gebräuchlich gewesen / welche auch tyrannische und blutdürstige Richter erdacht und erfunden / als Stachlichte Sessel / Stachlichte Stühle / Stachlichte Wiegen / Stachlichte Schuhe / Stachlichte Bünden / brennende Eisen / brennende Pulver / brennendo [312] Eyer / so man denen so gemartert worden / oben in die Höle unter die Arme geleget / Item: Dänische Mäntel / Spanische Kappen / Englische Jungfern / Braunschweigische Stiefeln.
Ventur. de Valent. parthen. litig. lib. 1. cap. 14. n. 32.
Gomez. tom. 3. Var. resol. c. 3. n. 5.
Adam Keller, de offic. Jurid. Polit. lib. 2. c. 12. §. abstineudum.
Carpzov. p. 3. pract. Crim. q. 117. n. 38.
Freudius, in Gewissens-Fragen von Zauberey und Zauberern / Quaest 310. pag. 597. Es gedencket auch D. Meyfart in seiner Christlichen Erinnernug an gewaltige Regenten cap. 17. pag 138 v. c. 25. pag. 193. daß er in seiner Jugend gesehen / welcher gestalt ein Marter-Meister mit einem Schwefel-Knopf die die in der Marter hangende Person an heimlichen Orthen gebrennet habe. Ja man hat wohl die armen Leuthe an einen Stück hin / gantzer 24. Stunden gepeiniget / und dieselbe 20. 30. 40. oder 50. mahl aufgezogen / und zwar so hart / daß die Sone durch den Leib hin scheinen / und man ihnen das Eingeweide sehen können.
Adam Keller, lib. 2. de Offic. Jurid. polit. c. 12. pag. 408.
Meyfart. d. loc. 17. pag. 139.
Cautio Criminalis in certi authoris Quaest. 20. §. 7.
Hering. de Fidejuss. c. 10. n. 433. Inzwischen haben der Richter und andere Gerichts-Personen gefressen / und gesoffen / auch wohl gespielet / und den Reum allein unter der Hand der grausamen Scharffrichter gelassen / biß ihnen gesagt worden / ietzt wolte der Inquisit bekennen / oder er wäre gar auf der Volter gestorben. Freudius, d. p. 310. pag. 598. Theils Judices haben wohl selber mit Hand angelegt / ihr erbostes Gemüth an den aruien Gefangenen auszulassen und zu kühlen. Wie jener gethan / dessen Paris de Puteo, in tr. de Syndicatu verb. tortura, c. 4. n. 9. gedencket / daß er selber mit Augen angesehen / wie solcher unbarmhertzigen Richter einer den Verhafften bey den Haren ergriffen / und den Kopf etliche mahl an eine Säule gestossen / sagende: Bekenne und sage die [313] Warheit / du loser Dieb! Dessen sich aber ein rechtschaffener Richter gäntzlich enthalten soll / weil es wieder seinen Respect, Ehre und Würde läufft.
Sebast. Guazzin, in tr. ad defens. Inquis. reor. &c. Tom. 2. defens. 30. c. 21. n. 2.
Schilling, de Reiterat. Torturae cap. 3. §. 6. Quicquid aliter post. Gloss. dixerit Joh. And. in c. non licet. 85. dist. relatus per Paris de Puteo supra dicto loc. Ein Exempel oder Beschreibung grausamer / fast unerhörter Marter und Volterung an einem Ehe-Weibe verübt / kan gelesen werden bey mehr-gedachten D. Meyfart in der Christlichen Erin̅erung an gewaltige Regenten in Appendice pag. 269. & 270. Und solte die Obrigkeit billig die Hencker welche grausame / ungewöhnliche und neue Marter-Instrumenta vorschlagen und mitbringen / dieselbe zuerst versuchen lassen / wie Phalaris dem Perillo mit seinen Marter-Ochsen / [wovon drunten in einem / eigenen Capitel gehandelt wird] so würden sie sich wohl eines bessern bedencken. Praetor. in gründlichen Bericht von Zaubeery / c. 11. p. 220. seq. CXCII. Heut zu Tage sind folgende die gewöhnlichsten: I. Die Daumen-Stöcke / oder Daum-Schrauben. Welches ein Instrument von Eisen ist / darein die beyden Daumen [wenn die Arme zuvor auf den Rücken / und die Hände zusammen gebunden worden] und zwar ein ieder in ein sonderlich Fach gesteckt / und wenn der Scharfrichter die in der Mitten stehende Schraube zuschraubet / von dem zwerg über die Daumen her / und das andere unten-hingehende Eisen sehr hart geklemmet und gedrückt werden. Wenn dieselbe dem Reo sollen angeleget werden / muß er vorher den Rock ausziehen / und also im Hemd / doch die Hosen anhabend / sich auf einen Schemel setzen / alsdann bindet der Scharfrichter ihm beyde Hände auf den Rücken zusammen / und appliciret selbigen die Daum-Schrauben. Sie werden aber nicht forn auf die Daumen / sondern auf das andere Gelenck derselben gesetzet. Müssen offt gelüfftet werden / sonst verstocket das Geblüte / daß die Inquisiten hernach keine sonderliche Schmertzen mehr fühlen.
|| [314]
CXCIII. Auf lateinisch wird dieses Instrument POLETRUM genennet / und war so arg / daß es auch im drücken das Fleisch entzwey schnitte / drum solche Arth in L. 1. C, de Emendat-Servor. abgeschaffet und verbothen worden.
Vent. de Valent. in Parthen. litig. lib. 1. c. 14. u. 32.
Keller, lib. 2. de officio Jurid. Polit. c. 12. §. abstincudum.
Gomez, tom. 3. Var. Resol. c. 13, n. 5. CXCIV. D. Ammann. in Irenico Numae Pompil. pag. 254. schreibet / daß die Daumen um deßwillen nur mit solchem Instrument gedrückt und geklemmet würden / die Finger aber ler aus gingen / weil die Daumen / als / in welchen die meiste Stärcke an den Händen bestehet / in vielen delictis, sonderlich aber in Diebstahl / daß meiste mit den Zugrif thäten / und immer vornan mit wären / drum es auch nicht unbillig / daß sie solcher Gestalt gestrafft und gezüchtiget würden. II. Das Schnüren / CXCV. Geschiehet auf zweyerley Art / einmahl daß bey der Real-Territion, wenn die Daumen-Schrauben nichts fruchten wollen / auch der Anfang mit den Schnüren gemacht wird. i. e. daß dem Inquisiten nicht alle in die Hände fest gebunden werden / sondern auch daß der Scharffrichter mit hin und Wiederziehung der Schnüre anhebet / bald aber wieder aufhöret und es dabey lässet. Wenn aber bey dem ersten Grad der Tortur in dem Urthel auch die Worte gesetzet werden / daß der Scharfrichter mit den Banden auch zuschnühren solle / geschicht solches durch gewisse Chorden oder Siemen / welche der Scharffrichter und dessen Knecht über die Adern und Sehnen beyder zusammen gebundenen Arme / gleich unten wo die Hände sich anheben / starck hin und wiederziehen / als wenn man säget / welches einen solchen empfindlichen Schmertzen machet / daß die Geschnührte überlaut schreyen / ruffen und wimmerwehen / auch so greulich thun / als wenn sie aus der Haut fahren wollen / drum sie auch oft alles hersagen was sie wissen / und gethan haben / und wenn sie dieses überstehen / ist schlechte Hoffnung daß sie bey den folgenden Instrumenten / Marter und Pein was bekennen werden.
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III. Die also genante Spannische Stieffeln / Bein-Stöcke oder Bein-Schrauben / CXCVI. Sind Fesseln darinn ein rund gebogen Holtz ungefähr Handbreit fest angemacht ist und inwendig viele Kerben oder Zacken hat / fast wie eine höltzerne Druck-Form / mit zwey Schrauben auf ieder Seiten / unten aber mit einen Eisernen Band so hinten um die Waden hergehet / damit es den Fuß fest halte und nicht abfalle / verwahret. Dieses gekerbte Holtz nun wird sonderlich bey dem andern Grad der Tortur, wie solche in den Chur- und andern Fürstenthümern zu Sachsen gebräuchlich / und die peinliche Frage ziemlicher Maßen genennet wird / dem Inquisiten wenn er in Güte noch nicht bekennen wil / auf die Schien-Beine gesetzet / und mit einen Eisernen Schlüssel zugeschraubet: Zuweilen kloppen auch wohl die Scharffrichter mit besagten Schlüssel auf das Holtz / welches die Schmerzen vermehret und empfindlicher machet. Diese müssen gleichfals offte gelüftet werden. Und wenn der Scharfrichter solche abnimt / sehen die Schin-Beine braun und blau aus / gleich als wenn man eine Form hinein gedrücket hätte / daß zuweilen das Blut / wenn die Nachrichter alzu ungeschickt und grob zu schrauben [so doch mit Maße geschen sol / und der Judex drein zu reden hat] an den Beinen herab läufft: Daß mannichmahl der Scharfrichter dieselbe nach geschehener Volter schmieren muß. Worbey obiter zu melden daß wenn man rechte Hexen auf der Volter und Leiter hangen hat / die Nachrichter dann und wan sie mit einem Stäblein von einer Hasel-Staude / so in einer gewissen Stunde abgebrochen worden auf die Schienbeine zu klopffen pflegen / drüber sie an zu hüpffen und schreyen fangen / als wenn sie an einen Spieß steckten. IV. Die Leither / CXCVII. Ist wie eine andere gemeine Leither formiret und gemachet / doch daß sie breiter und stärcker ist / damit ein Mensch mit den Rücken füglich drauf liegen könne / sie muß auch wohl verwahret und fest angemachet seyn / daß sie nicht wancke / außglitsche und übern Hauffen falle / wenn der Reus draufgezogen wird / denn der könte als den gar leicht also hinterwarts gebunden / indem er keinen Enthalt hat / Halß und Bein zerbrechen / welches der böse Geist an einen Orth wie ich mich erinnere / mit einer Hexin practi [316] ciren und derselben also abhelffen wollen / wenn nicht / durch Gottes sonderbahre Schickung / man wargenommen daß die Leither begonnen anzuschieben / und durch Zuruffen des Judicis und der andern Gerichts-Personen / der Scharffrichter und seine beyde Knechte nicht so geschwind gewesen / und die bereit fortrückende und zum Fall sich neigende Leither mit aller Macht aufgehalten / und hernach besser befestiget hätten. Sonsten ist an stat der obgedachten Strick-Volter / so noch in Italien üblich / bey Uns in Teutschland das Ziehen auf der Leither aufkommen.
Reyher, Tom. 2. Thesaur. Practic. v. tortura pag. 25 26. n. 6.
Thom. Mezger, de tortur. Concl. 154. V. Der Klober mit den Chorden und Siemen / CXCVIII. Wird entweder zu öberst an der Leither angemacht / oder sonst am Balcken / über der Leither / eingeschraubet / an welchen der Inquisit [wenn er bey den andern und dritten Grad der Tortur entkleidet biß aufs Hembd zur Leither geführet / auf dieselbe geleget / und dessen Füsse an einer Strahle oder Sprossen angebunden sind daß sie nicht auffussen können / sondern hangen müssen] vermittelst eines Hakens / so unten an den Siemen wo sie zusammen gehen / befindlich / und den Strick / womit des Rei Hände hinterwarts auf den Rücken gebunden / eingehäkelt / hinauf gezogen und außgedehnet wird. VI. Der also genante Bock / CXCIX. Wird nur allein bey den Hexen / Zauberern / und andern welche ein Pactum mit dem Teufel haben / an stat der Leither gebrauchet / ist auch ein Instrument von Eisen eben wie die Daum-Schrauben zugerichtet / nur daß unter den Daum-Schrauben noch 2. andere Löcher so oben breit unten aber oval sind / zubefinden / drin die große Zeen gestecket werden. Wenn man nun einen solchen Teuffels-Banner / Hexe und Unholde in den Bock spannet / werden die Daumen und grosse Zeen Creutzweise in obgedachte Löcher gethan und fest zugeschraubet / auch die Daumen und Zeen lang zuziehen / und desto mehrern Schmertzen zuerwecken ihnen zwischen die Arme Unterschiedliche Stäbe durchgesteckt / und damit ie mehr und mehr aufgetrieben.
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CC. Diese Art zu peinigen setzet Dn. Joh. Volk. Bechmann, Tom. 2. Comm. ad Pandect. tit. de Quaestion. Obs. Pract. 3. n. 10. pag. 259. unter den andern Grad der Tortur ziemlicher Maßen. Item Michael Paris Walburger, De Lamiis cap. 8. §. 9. pag 103. Und ist eine wunderliche Positur, anzusehen / weil da der Leib gantz zusammen gekrümmet wird / daß man sie gleich einen Wadsack oder Rantzen an einen Nagel hangen kan. CCI. Bey dem dritten Grad der Tortur, oder der scharffen Frage / wird dem Reo auch wohl Schwefel und Pech / sonderlich den verstockten Zauberern und Hexen auf die bloße Haut getreufelt / oder davon gemachte Pflast er angezündet / ihnen auf den Leib geklebet / oder ihnen auch wohl spitzige Zwecken von Kien-Holtz unter die Nagel geschlagen: Doch alles mit der Moderation und Maße / daß sie nicht gar drüber dahin sterben.
Cothmann. vol. 3. Resp. 29. n. 229. & seqq. praesertim. n. 236.
Goehausen. in Proceß. contra Sagas tit. 3. in not. & addit. lit. O. pag. 167. CCII. Welches Betrieffen mit Schwefel und Pech / auch die Heyden bey Verfolgung der Christen / an den Märtyrern excrciret / wie bey dem Gallonio de cruciat Martyr. cap. 8. pag. 340. Item, cap. ultimo pag. 431. & 432. zu sehen. Ingleichen daß sie lange spitzige Nateln / Griffel / fpitzig-gemachtes Rohr oder andere Dinge ihnen unter die Nägel tief ins Fleisch gesteckt / allermassen im Martyrologio Rom. Non. Febr. zu lesen. Eusebius gedencket derselben auch lib. 8. c. 24. Ibi: Quibusdam sub ungvibus acutas infigunt arundines. Iterum, Martyrolog. Rom. Prid. Kl. April. in perside natalis S. Benjamin Diaconi, qui cum Dei verbum non desisteret praedicare, sub Isdegerde Rege ungvibus arundinibus acutis confixis Martyrium consummavit. Ado de S. Bonifacio, qui sub Diocletiano & Maximiniano apub Tarsum Passus, Nonis Junii. Tunc iratus Judex jussit eum suspendi & tam diu corpus ejus ungulis radi, donec ossa ejus apparerent: deinde calamos acutos sub ungvibus manùùm ejus affigi. D. Sagittarius, de Martyr. cruciatib. c. 16. §. 61. CCIII. Autor concertationis Anglicanae in Alexandro Britanno thut derselben auch Meldung / hisce verbis: Cum duorum dierum spatio in turri Alexander degisset, ab Arcis praefecto Doctore Hammono & Nortono evocatus est, [218] qui illum more suo exagitarunt, jusjurandum proponentes, quo ad omnia illum respondere cogant. Cum??? fateri nollet, quorum esset opera sustentatus, ubi rem Divinam peregisset, & quorum excepisset confessiones, acus sub ungvibus ejus infigi demandarunt, quo tantum abfuit ut de constantia animi deturbari potuerit ut hilari etiam vultu Psalmum miserere mei Deus recitaret, & obnixè Deum, ut suis tortoribus ignosceret, deprecaretur. add.
Caussin. de Eloquent. Sacra & humana lib. 14. c. 11.
Tholosan. in Syntagm. Jur. univ. lib. 48. c. 12. n. 3.
Gilhausen, p. 7. arbor. Judic. Crim. cap. 6. Sect. 3. n. 14.
Inprimis Harsdörffer / in Gespräch-Spiel / p. 2. part. 6. tit. 49. pag. 710. CCIV. Der Orth / wo die Tortur vorgenommen wird / soll abgelegen seyn / da die Leuthe nicht hinkommen oder zulauffen können / aus Neugierigkeit zu hören was die Gefangene bekennen / und hernach alles auszutreischen und noch mehr darzu zuliegen. Gestalt es denn gemeiniglich also pfleget herzugehen / daß wenn der Judex vermeinet er wolte die Urgichten noch so heimlich halten / weil sonderlich das Hexen-Volck auf unterschiedliche zubekennen pfleget / dennoch der gemeine Mann mehr und es besser wissen wil / als der Richter und andere / so doch von Anfang biß zum Ende darbey gewesen. Joh. Christoph Kühn / de Quaestion. thes. 21. CCV. Drum hat man an etlichen Orthen sonderliche Marter-Kammern / in starcken Gemäuer oder Gewölben / allwo dergleichen Berrichtungen vorgenommen werden. Author. Prax. Crim. Alt eb. pag. 275. Damit der Inquisiten Geschrey und Winseln / denen daherum wohnenden Leuthen und Nachbarn nicht beschwer- und verdrießlich sey.
Carpzov. Pract. Crim. p. 3. q. 24. n. 13. & seqq.
Walburger de Lamiis, c. 8. §. 11. pag. 107. CCVI. Der Judex, die Schöppen und Gericht-Schreiber: ja die Scharfrichter sollen / vermöge ihrer teuer-geschwornen Pflicht / selber stille schweigen / und nicht etwan aus Unvorsichtigkeit ihren Weibern / [die theils / wie des Simsons Delila, nicht auf hören ihre Männer zu fatigiren und zu quälen / biß sie ein und das andere von ihnen erfahren] was davon offenbahren: [319] denn wenn die Weiber es erst wissen / ist es eben / als wenn man Wasser in ein Sieb giessen / und es darinnen behalten wolte / daß es nicht durchhin lieffe. Plenae rimarum sunt, hàc atque illac profluunt, juxta illud Terentii in Heautont. CCVII. An etlichen Orthen wird die Tortur des Nachts / wenn die Leuthe schlaffen / vorgenommen / am bequemesten aber geschicht es des Morgens gantz früh / wenn der Reus noch nüchtern ist. Denn wenn man dieselbe wolte vornehmen / wenn der Inquisit gegessen hätte / würde ihm durch Umwendung des vollen Magens und Erbrechens / nicht allein schwerere Pein an seinem Leibe / sondern auch Schaden an der Gesundheit zugefüget / und mit der Tortur nicht können verfahren werden.
Martin. Del-Rio lib. 3. Disquis. Mag. lib. 5. Sect. 9.
Clarus in Pract. §. fin. q. 64. vers. decreta tortum.
Farinac. Pract. Crim. Quaest 38. n. 2.
Carpzov. p 3. q. 124. n. 5. & seqq.
Peinl. Sächß. Inq. und Achts-Process tit. 10. art. 2. §. 1.
Brunnemann. in Process. Cnim. c. 8. m. 5. n. 48. Drum sol es zum wenigsten 6. 7. biß 8. Stunden nach den Essen / wenn der Magen die Speise verdauet hat / geschehen.
Ambrosin. lib. 4. Process. in form. c. 1. n. 30.
Novell. in Pract. ad defens. c. 3. n 30.
Paris de puteo de Syndicatu v. torturac. 4. n. 17.
Hippolyt. de Marsil. lib. 1. in pr. ff. de Quaestion. n. 29. und
Clarus lib. 5. Sentent. §. fin. n. 30. setzen gar zehen Stunden. add.
Consil. ICt. Coloniens. quod extat apud Cothmannum, vol. 3. post Resp. 29. n. 247,
Farinac. Quaest. Crim. 38. n. 32.
Goehausen in Process. Jurid. contra Sagas tit. 3. Lit. H pag. 121. & in notis pag. 153. & is 4.
Tholosan. in Syntagm. Jur. univ. lib. 48. c. 12. n. 23. CCVIII. Die Volter soll auf einen Werckeltag / wenn man sonst andere Gericht-Sachen vornimmt / verrichtet werden. arg. L. neminem 22. C. de Episcop. Audient. L. quadraginta 6. C. de Feriis.
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Carpzov. d. q. 124. n. 4.
Meibaum, de tortur. & torment. c. 4. n. 13. Ibi: nisi expediat Reipubl. poenam Inquisitorum accelerariper L. penult. C. de Feriis, nicht aber an einen Fest- oder Sontag / daß man den Gottesdienst drüber versäume.
Brunnemann, in Proceß. Crim. c. 8. memb. 5. n. 47
Freudius, in Gewiss. Fragen von Zauberey / q. 309. n. 3. ibi??? praejudicium Scab. Lips. 1634. ungeachtet solches an vielen Orthen in Italien geschiehet / und zwar / nach ihrer Redens-Arth / in honorum DEI. wei Clarus lib. 2. Sentent. §. fin. q. 64. n. 34. & 97. n. 6. bezeuget / bevorab in majoribus & atrocioribus delictis, sonderlich die heimlich geschehen / als da sind Adulterium, incestus raptus virginum, homicidium, parricidium, Veneficium, Maleficium & Similia,
Petr. Binsfeld. comment. in tit. C. de Malef. & Mathemat. concl. 18. per tot. pag. 716. & seq.
Seb. Guazzin. defens. 30. c. 4. n. 29. CCIX. Ferner sol auch der Judex die Gradus Torturae oder den Unterscheid der Marter wissen und verstehen / denn ob gleich etliche Rechts-Gelehrte dafür halten / es währen die GRADUSTORTURAE, denen Nachrichtern am besten bekant / als denen viel dergleichen Dinge unter die Hände kähmen / Peinl. Sächß. Inq. und Achts-Processe tit. X. art. 2. §. 3. pag. 145. So ist doch dieses eines Theils ein gefährlicher / und dem Gewissen sehr nahe tretender Zustand / wenn ein Richter dem Diener und Executori sol in die Hände sehen / da doch der Nachrichter des Judicis Befehl erwarten / und nach seinem beständigen Gutbefinden / das Urthel exequiren soll. Anders Theils aber findet sich heutiges Tages auch gar selten ein solch erfahrner Nachrichter / der den rechten Unterscheid der Peinlichen Fragen und Marter weiß / und ist daher allerdings nöthig / daß einer hievon gründliche Nachricht habe.
Author. Prax. Crim. Alteb. c. 9. §. 5.
Maurit. Meybaum Disp. de Tortur. c. 1. n. 9. CCX. Es sind aber die Criminalisten nicht einerley Meinung / wie viel Gradus Torturae seynd. Julius Clarus, lit. 5. Sent. §. fin. q. 94. n. 31.
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Menochius, lib. 2. de A. J. Q. quaest. 271. & Paulus Chirlandus, de Tort. q. 4. machen derer Fünff / welche auch Matth. Stephani, in Comment. ad Const. Crim. Caroli V. artic. 58. n. 3. zehlet / und Adam Volkm. in seinem Peinlichen Proceß. part. 2. tit. 9. c. 52. mit diesen Worten exprimiret: Der Erste und niedrigste Gradus ist / so der Richter einen terrirt oder erschrecket / wenn er ihn erstlich ansichtig wird / und verdächtig hält / aber gleichwohl so viel Indicia und Anzeigungen nicht hat / daß er ihm mit peinlicher Frage angreiffen möchte / iedennoch aber der Richter in solchem Fall einen lässet ausziehen / binden / und an die Leiter stellen / also daß der Gefangene nicht anders meinet / er werde ietzt von den Scharfrichter aufgezogen werden. Oder / daß der Richter den Gefangenen sonst den Scharfrichter sehen läßt / damit er sich für ihm entsetze / und desto eher bekenne wenn ihn der Richter fraget. Der Andere Gradus der peinlichen Frage ist / wenn der Gefangene also gebunden / ein wenig von der Erden aufgezogen wird / und man ihn ein wenig schweben / und denn wieder herab lässet. Der Dritte Grad ist / wen̅ der Gefangene aufgezogen wird / und so lange also im Gewicht hangen bleibet / als einer ein paar Vater Unser / oder etwas länger ausbetet / doch ohne Streckung / oder Anzug der Chorden, oder anderer Stricke dadurch einer gepeiniget wird. Der Vierdte Gradus ist / wenn der Gefangene aufgezogen / und also eine gute Weile / etwa einen dritten Theil / oder eine halbe / auch wohl gar eine gantze Stunde / nach Gelegenheit der That / und Person / im Gewicht hangen bleiben muß / und der Scharfrichter ihm einen Zug / zwey oder drey mit der Corden giebet / an den Händen mit Schnüren zeucht / endlich die Spanische Stiefeln anlegt / und ihn auf die Schien-Beine klopffet / dadurch die Marter desto grösser zumachen. Der Fünfte und letzte Grad ist / wenn man den Gefangenen aufgezogen hat / und / wie oben gemeldet / an der Marter hangen lässet / auch etliche mahl die Leinen oder Corden angezogen / und auf die Schien-Beine geklopfft / aber der Gefangene solches alles veracht / und beharret auf seinen Verneinen / daß man ihn zu Beschwerung solcher Marter und Pein [wenn es ein verruchter / verleumdter und beschriener Ubelthäter ist /] etliche Gewicht an die Füsse hänget / als Steine / eiserne Fessel / und [322] läst ihn also mit dem Gewicht aufziehen und darinn hangen / und klopffet ihn auf die Spanischen Stiefeln [welches Fesseln seynd / einer Hand breit / und rund / inwendig mit Zacken / wie an den Fuß-Eisen gebräuchlich /] die man erstlich über die Schien-Beine zuschraubet / und wenn solches noch nicht helffen will / dem Ubelthäter Schwefel auf den Leib treuft / mit Lichtern unter den Armen / und sonst an dem Leibe brennet / und was die Scharfrichter sonst wissen zugebrauchen. add. Goehausen, in proc. contr. Sagas. tit. 3. in addit. pag. 156. 157. & 158. CCXI. Heinricus Bocerus machet nur Zwey Gradus, quorum Primus consistit in rei chordis sive funiculis constricti elevatione, wenn der Delinquent gebunden auf die Leiter gezogen wird. Secundus in ipso rei pendentis quassu, wenn er so denn auf allerhand Arthen gepeiniget und gemartert wird. Alii Tres gradus Torturae faciunt. CCXII. Benedictus Carpzovius der berühmteste Sächsische Criminalist aber / hält dafür / daß zweyerley Arthen der Tortur sind / nempe Territio & Tortura ipsa, die Territio und Erschreckung aber ist wieder zweyerley / Erstlich Verbalis, sive nuda, wenn der Scharfrichter mit seinen Instrumenten dem Iuquisito vorgestellet / und sodenn bedrohet wird / da er nicht gleich zu bekennen würde / der Scharfrichter ihn peinigen solte / iedoch der Scharfrichter darf Inquisiten bey solchen Zustande nicht angreiffen / welches auch im Teutschen das bloß Vorstellen genennet / und daher in Urtheln wie auch schon droben nro CXV. angeführet / erkandt wird / hisce formalibus: Daß ihr wohl befugt / dem Gefangenen / den Scharfrichter vorzustellen / und durch denselben / als solte und wolte er ihn angreiffen / iedoch aber unangegriffen / in guten befragen zu lassen. Die andere Arth der Territion wird genennet Realis, wenn der Scharfrichter über die vorher-beschehene Drohung auch Hand an den Inquisiten legt / ihn ausziehet / zur Leiter führet / seine Instrumenta zur Peinigung gehörig / herbey bringet / und dem Gefangenen vorzeiget / die Daumen-Stöcke anleget / damit wohl gar zuschraubet / auch mit den Schnüren bißweilen den Anfang machet / welches genennet wird Territio cum praeparatoriis ac praeludiis tormentorum conjuncta, das Vorstellen mit den Daumen-Stöcken. Wobey der Inhalt des Urthels wohl in acht zunehmen / denn nicht auf einerley Arth und Weise uf denen Universitäten gesprochen / auch nach Gelegenheit [323] der Persohnen / Verbrechung und Umständen / bald gelinde / bald scharf erkandt wird / ohngefähr mit diesen Formalien: So erscheinet dar aus so v / el / daß ihr wohl befugt / den Gefangenen dem Scharfrichter auf diese Maaße zu übergeben / daß er ihn mag ausziehen / entblößen / zur Leiter führen / die zur Peinligkeit gehörige Instrumenta vorzuzeigen / auch da es nöthig / die Danmen-Stöcke anzulegen / und damit zuzuschrauben Und wo dieses bey ihm nicht fruch tet / wird dem Nachrichter Gewalt verstattet / mit den Schnüren den Anfang zumachen / iedoch daß es bey dem verbleibe / und mit Inquisito zu diesem mahl nichts weiters vorgenommen werde / darbey er denn mit allen Ernst befraget wird / ob er nicht die und die That begangen / sc. CCXXII. Die Tortur und Marter an sich selbst / hat nach obgemeldeten Sächß. Criminalistens Meinung / drey Arthen und Gradus. Der erste Gradus ist / wenn dem Gefangenen die Hände uf den Rücken gebunden werden / und das Schnühren mit Ernst vorgenommen wird / welches zwar der geringste und gelindeste Gradus heisset / aber recht / nach des Carpzovii Erinnerung solche Pein und Schmertzen verursachet / daß viel Nachrichter / nebst der Erfahrung bezeugen / wenn die Inquisiten das Schnühren außstehen / und nichts bekennen / sie hernach sehr oft die andere Marter erdulden. Worbey zum Unterschied dieses Gradus, von der Territione reali zu mercken / daß / gleichwie dort im Urtheil dieses Wort zubefinden / mit den Schnühren den Anfang zu machen. Also wird alhier das Urthel solches Inhalts seyn; Und da dieses bey ihm nicht fruchtet / wird dem Scharfrichter auch verstattet / ihn mit den Banden zuschnüren. Der andere und mittelste Gradus ist wenn der Inquisit us die Leither gezogen / und gespannet / oder gevoltert wir. Der dritte und höchste Grad der Marter ist / wenn Inquisit uf der Leither außgespannet wird / daß man mit einem Licht das Eingeweide im Leibe sehen kan / angezündeter Schwefel / Pech / und darvon gemachte Pflaster ihm ufn Leib geworffen / die Haare unterm Arm / und an heimlichen Orthen abgebrennet / auch auf andere scharffe Maaße mehr mit ihm verfahren wird. CCXIV. Gleichwie aber der letzte Gradus nur in den atrocissimis delictis erkant / und zum Unterscheid des mitlern Gradus in Urthel mit diesen Worten angedeutet wird: Den Gefangenen mit der Schärffe angreiffen / und befragen zu lassen: Also ist der andere Gradus am gemeinesten / und wird erkant / wenn diefe Wort in Urthel enthalten. Ziem [324] licher Weise oder Maßen. Was aber durch diese Worte eigentlich verstanden werde / und wie so denn mit Inquisito umzugehen / lehret das in den F. S. Löbl. Schöppen-Stuhl zu Jena / auf des Amt-Schössers zu Tenneberg Andreae Wexens beschehenes Ansuchen gesprochene und in Herrn D. Christoph Phillp Richters ICti & Ordinarii zu Jena Seel. heraußgegeben Consiliis Tom. 1. part. 5. Respons. 24. pag. 90. & 91. befindliche Urthel mit diesen Worten: Wenn in den Urtheln diese Wort: Ziemlicher Maßen / der scharffen Frage mit angehenget seyn / wird der andere Grad der Tortur, welcher am allergebräuchtichsten ist / verstanden / und haben die Scharfrichter solche Tortur unterschiedlich verrichtet / und von Anziehen der Schrauben alleine verstanden / wenn gleich die Gefangene weder gerecket noch angezogen worden / bißweilen Inquisiten geschnühret und die Bein-Schrauben angelegt / auch ist wohl der Gefangene ziemlich gebunden / und geschnühret / uf die Leither geleget / und ihm die Hände hinterrücks in die Höhe gesträcket / und die Schien-Beine geschraubet worden / überdieses hat auch der Scharfrichter den Inquisiten ziemlicher Maßen gebunden / und uf die Leither etwas gezogen / letzlich seynd dem Gefangenen / wenn er nf die Leither gebracht / die Schrauben-Stöck an die Beine gelegt / er aber nicht außgereckt oder gedähnet worden. Dergleichen Urthel ist auch im Januario 1656. auf Hanß Christoph Winters / Landrichters zu Themar Frage gesprochen worden / welches auch zugleich alle drey Arthen der Tortur deutlich beschreibet / wie folget: P. P. Demnach ihr Unsern Bericht begehret / wie die Gradus Torturae gebührlich in acht zunehmen / so geben wir Euch hierauf zuvernehmen / daß die gelinde Tortur oder der erste Grad der Peinlichkeit darinnen bestehe / daß der Scharffrichter den Inquisiten mag außziehen / entblössen / zur Leither führen / die zur Peinlichkeit gehörige Instrumenta vorzeigen / und da es nöthig die Daumen-Stöcke anlegen / und damit zuschrauben / auch wohl den Umständen nach / mit Schnüren den Anfang machen / in Maßen / denn in denen Urtheln so auf die ergangene Inquisitions-Acta eingeholet werden / außdrücklich vorgeschrieben wird / wie und anf was Maße der Scharfrichter verfahren folle / welchen er gebührend nachznkommen weiß; Anlangend ferner den andern Grad der Tortur, ist derselbe wenn in den Urtheln diese Worte: Ziemlicher Maßen / der scharf [325] fen Frage mit angehänget seynd / zuverstehen / und wird auf Richterliche Ermässigung / des delicti Beschaffenheit und der Personen Gelegenheit nach / unterschiedlich verrichtet / und haben die Scharfrichter solchen Verstand nur von Anziehung der Schrauben allein / wenn gleich der Gefangene weder gerecket / noch aufgezogen worden / bißweilen den Inquisiten geschnüret / und die Bein-Schrauben angeleget / auch ist wohl der Gefangene ziemlich gebunden und geschnüret auf die Leither geleget / und ihm die Hände hinterrücks in die Höhe gestrecket / und die Schien-Beigeschraubet worden. Uber dieses hat auch der Scharfrichter den Inquisiten ziemlicher Maaßen gebunden / und uf die Leither etwas gezogen. Letzlich seynd dem Gefangenen / wenn er uf die Leither gebracht / die Schrauben-Stöcke an die Beine gelegt / er aber nicht außgereckt oder gedehnet worden / auch wird sonderlich bey denen / so der Hexerey halben verdächtig / gebraucht / daß sie in den Bock gespannet werden / wie denn sonsten den Scharfrichter nicht unbewust / wie und auf was Maße die ziemliche scharffe Frage pfleget exequiret zu werden. Letzlichen ist zwar auch der dritte Grad de Tortur, so aber selten erkant wird / daß nemlich der Scharfrichter den Inquisiten nebst vorgesetzten Peinlichkeiten auch mit dem Feuer / als angezündeten Schwefel und Kiehn / auch mit andern gewöhnlichen scharffen Mitteln angreiffen mag / jedoch daß den Inquisiten dadurch an seinem Leben kein Schaden zugefüget werde. CCV. Ericus Mauritius ICtus & Ordinarius zu Kiel hat in seinen A. 1669. herauß gegebenen Specimine Consiliorum Chilonensium die Arth / ziemlicher Maßen peinlich Fragen / mit diesen Worten exprimiret: Solte aber der Gefangene mit der Bekäntnis nicht herauß wollen / könte alßdenn die Tortur, (ziemlicher Maßen) dergestalt an ihm volstreckt werden / daß er durch den Scharfrichter anfänglich mit den Schnüren angegriffen / und damit zugeschnüret / und dafern solches bey ihm nichts verfangen wolte / alßdenn auf die Leither gespannet / ihm die Spanischen Stiefeln angelegt / und er eine Zeitlang aufgezogen / und hernach wieder zwey oder drey Sprossen niedergelassen würde / womit der Sachen ein Gnügen geschehen kan. CCVI. Welches die Fürstl. Sächß. Gothaische Gerichts- und Process-Ordnung fast mit dergleichen Worten folgenden Inhalts gegeben: Wenn die Peinliche Frage / oder die Schärffe im Urthel mit der Gemeinen [326] Mäßigungs Formul, erkennet / so sol Krafft dessen der Gefangene durch den Scharfrichter Anfangs mit den Schnüren angegriffen / und damit zugeschnüret / und daferne solches bey ihnen nicht fruchten / er alsdenn auf die Leither gespannet / ihm die Spanischen Stiefeln oder Bein-Schrauben angeleget / er eine Zeitlang aufgespannet gehalten / und hernach 2. oder 3. Sprossen niedergelassen / weiter Pein aber in diesen Fal den Gefangenen durchaus nicht / sonderlich keine Stricke oder Schnüre um den Kopf angeleget werden. Würde aber die scharffe Frage in Urthel / ohne Mäßigung erkennet / so sol der Scharfrichter / nebst vorgemeldeter Peinlichkeit / den Gefangenen auch mit angezündeten Schwefel und Kertzen / und sonsten mit andern / nach Landes-Arth dißfals gewöhnlichen Mitteln / iedoch gleichwohl noch mit dieser Bescheidenheit / daß ihm dadurch an seinem Leibe kein Schade zugefügt werde / angreiffen.
Hahn in Observ. ad Wesenbec. ff. de Quaestion. n. 16.
Bechmann. in Comment. ad ff. tit. de Quaestion. n. 10. Obs. Pract. 3.
Author. Prax. Crim. von pag. 262. biß 269. Schilling de Reiter. tort. c. 3. §. 26. 27. 28. & 29. CCVII. Amplissima Facultas Juridica in Celeberrima Academia Viadrina quoad Gradus Torturae hodie hanc praxin observat: Distinguit nempe territionem à tortura: Territio est vel nudè verbalis vel realis. Haec iterum vel cum apprehensione carnificis fit vel sine ea. Tortura ipsa tres Gradus habet: Primus Gradus in eo consistit in Zuschraubnng der Daumstöcke / und Schnürung der Hände. Secundus consistit in Anziehung des delinquenten und Anlegung der Spanischen Stiefel / & hic Gradus propriè venit sub nomine der Mäßigeu Peinigung. Tertius in eo consistit, in dorso supponuntur Instrumenta torquentia, dici solet der gespickte Hase. i. e. es werden dem delinquenten, der albereit ist aufgezogen / von dem Scharfrichter allerhand spitzige Instrumenta unter den Rücken gelegt / durch welche / in dem er drauf lieget / die Schmertzen vergrössert werden. Wird ihm auch wohl noch darzu angezündeter Schwefel auf den bloßen Leib getreufelt. Idem Schilling, d. tr. c. 3. §. 30. CXVIII. Wen̅ es nun zur würcklichen Execution der erkanten Tortur gelanget / wird daß gesprochene Urthel / ehe die Gerichts-Personen zu dem Inquisi [327] ten hineingehen / oder solchen vor sich kommen lassen / dem Scharfrichter à part entweder vorgelesen / oder in Original dargereichet solches selber zu lesen. Damit er wisse wie weit er bey der Volter gehen / und den Gefangenen angreiffen solle / auch ihm nicht selber Verantwortung und Straffe zuziehe / wenn er den vorgeschriebenen Modum entweder aus Vorsatz / oder aus Unwissenheit und Nachlässigkeit überschritte.
Juxta §. 3. 6. 7. & 8. Instit. ad Leg. Aq.
Carpzov. in Pract. Crim p 3 q. 137. n. 6.
P. Sächß. Inq. u. Achts-Process, tit. 9. art. 2. § 3. CCIX. Wenn dieses geschehen / gehet der Judex mit den beyden Gericht-Schöppen und dem Actuario in die Stube / Cammer oder Gewölbe / wo der Reus torqniret werden sol / setzen sich bey dem drin befindlichen Tisch nieder und lassen den Gefangenen so vorher von den Fässeln und Banden abzuschliessen / zu sich hinein bringen / es gehet auch der Scharffrichter mit seinen Knecht zugleich mithinein und legen ihre Instrumenta zurechte / Schrauben auch den Kloben / an / den Inquisiten desto eher zubewegen / daß er in Güte ohne Pein bekenne. CCX. Drauf redet der Judex [nachdem der Gerichts-Diener wieder abgetreten / und die Thür zugemacht] den Gefangenen an / und erinnert ihn / daß er sich wohl zu entsinnen wüste / wie er Wegen Hex- und Zauberey / Oder Wegen Ehebruchs / Wegen Mord- und Todschlages Wegen Dieberey sc. sc. in Hafft kommen / auch deshalber auf gewisse Inquisitional Articul examiniret / und weil er das meiste geleugnet / mit dem eydlich-abgehörten Zeugen confrontiret worden. Ob er nun wohl darwieder seine Defension zu den Acten gebracht / solche auch in den Schöppen-Stuhl zu N. zum Spruch Rechtens mit verschicket gewesen / und nun nebst dem Urthel wieder zurück kommen: So wäre ihm doch die scharffe Frage drin zuerkant worden / wofern er nochmals in Güte sein Bekäntnis nicht thun wolte: Würde er also treulich ermahnet / GOtt die Ehre zugeben / sein Gewissen zuerleichtern / die That mit allen Umständen richtig und gründlich zuoffenbahren und zu bekennen / zu keiner Schärffe es komme̅ zu lassen / wie er den̅ da den Scharsrichter mit seinen Instrumenten vor Augen sehe / welche / wenn in Güte [328] nichts von ihm zuerlangen / dem Urthel gemäß mit ihm verfahren würde. Mit weiter zu Gemüthführung wenn einer einmahl unter des Scharfrichters Hände käme / wär es ihm bey den gemeinen Mann sein Lebetage vorwürflich und Schimflich &c. Er hätte noch gerade und gesunde Gliedmaßen / solte sich dieselbe durch die Volter nicht verderben / und zum lahmen ungesunden Menschen machen lassen / sondern viel lieber ohne Pein die Warheit bekennen. Und dergleichen Vorstellungen mehr.
Chartar. in Pract. Interrog. lib. 4. c. 1. n. 58.
Mich. Paris Walburger, de Lamiis cap. 8. §. 12.
Ambrosin lib. 4 de Processu informativ. cap. 1. n. 21.
Carpzov. Pract. Crim. part. 3. q. 124. n. 9. 10. 11. & 12.
Dan Clasen, ad art. 46. Const. Crim. Caroli V. pag. 215. & 216.
Brunnemann, in Proceß. Crim. c. 8. membr. 5. n. 36.
Schilling, de Reiterat. tortur. c. 3. §. 8. CCXI. Des Inquisiten Antwort hieranf / Item / wie er sich anstellet / wie auch alles andere / was von Anfang biß zum Ende vorgehet / wird von dem Actuario nieder geschrieben / und er auf die Interrogatorien, welche gemeiniglich in den Urthel exprimirt zu befinden / darinnen der rechte Nervus causae beruhet / und alle nothweudige zu Sache dienliche Qualitäten begriffen sind / nachdem dieselbe in gewisse unterschiedene Articul gebracht / und abgefasset werden / nochmahls in Güte examiniret / doch mit der Bedeutung / daß / wenn er nicht gleich zu die Warheit bekennen würde / er dem Scharfrichter zugegen [der aber zu der Zeit noch nichts drein redet / diß der Reus ihm tradiret wird] übergeben werden solte / die Tortur an ihn zu vollstrecken. Und darf der Judex keine Articul mehr hinzu thun / auch keins von den Interrogatorien auslassen / noch etwas dran ändern / sondern es muß strictè bey demselben verbleiben.
Carpxov. part. 3. quaest. 124 n. 30. & mult seqq.
Peinl. Sächß Inquis. und Achts-Proceß, lit. 9. art. 2. §. 3. n. 3. mit welchem auch Käyser Caroli V. Peinliche Hals-Gerichts-Ordnung Art. 100. überein stimmet. CCXII. Zu mehrer Erläuterung dessen / will ich hier ein Urthel / in Hexerey-Sachen gesprochen / mit solchen Frage-Stücken inseriren / also lautend: Unsere freundliche Dienste zuvor / Ehrenvester Wohlgelahrter guter Freund / Als ihr uns G. S. befehliche / eingebrachte Rügen / gehaltene Registra [329] turen / verfassete Inquisitional-Articul, der Verhafften A D. drauf gethane Antwort / und unterschiedener abgehörter Zeugen sum̅arische und eydliche Aussage / auch angestellte Confrontation, beneben einer Frage zugeschicket / und euch des Rechten darüber zubelernen gebethen habt. Demnach sprechen wir Churfl. Sächß. Schöppen des Stuhls zu Leipzig darauf vor Recht: Wird gedachte A. D. beschuldiget / daß sie sich der Zauberey und Hexens beflissen / und mit dem bösen Feind Gemeinschafft habe / insonderheit aber H. M. S. einen Schul-Knaben anfänglich das Bette voller Läuse gemacht / und hernach ihn / wie auch H. D. des Seilers Lehr Jungen eine abscheuliche Kranckheit zugebracht / welche sie so wohl des Tages / als des Nachtes vielfältig niederwirfft / den Leib aufschwellet / und hefftig plaget / daß sie allezeit etliche Persohnen halten müssen / darbey der böse Feind aus ihnen wunderliche Dinge redet. Ferner A. R. ein Kind / und M. S. einen Sohn von 20. Jahren / ingleichen A. S. ein Kind von vier Wochen gesterbet / gedachten R. wie auch S. Weibe die Milch genommen / L. S. Sohne Micheln / als er an der L. Mauer mit andern Knaben des Ballens gespielet / die lincke Hand lahm gemacht / daß es ihm die Finger gantz krumm gezogen / M. R. 2. Pferde verderbet / auch ihm selbst etwas in den Rücken gehexet / den Seiler H. D. etliche mahl / wie auch L. S. als er sich mit Inquisitin gezanckt / M. H. als er sie vexiret / und vor 15. Jahren L. E. als er sich mit ihr geärgert / mit Läusen und Ungeziefer überfüllet / D. Weib üm ein Auge gebracht / in gleichen B. H. als sie bey ihr gewohnet / etwas am Hals gehexet / daß sie es gestochen und gerissen / welches ihr aber zum Theil wieder benommen. Ob nun wohl Inquisitin gar nichts geständig seyn will / und auf diejenige Reden / so der böse Geist aus den beyden Knaben geführet / nicht zu trauen; Dieweil aber dennoch dieselbe der Hexerey halber lange Zeit im Beruff gewesen / wenn ihr solche von den Leuthen vorgeworffen worden / darzu geschwiegen / und es nicht geklaget / durch 2. Zeugen überführet / daß sie den Knaben H. M. S. als er mit einem Stück Eisen an der Säule des Hauses geschabet / geschlagen / und selbigen in den Arm gepfitzet / auch so wohl demselben / als Heinrich Darren / da er Inquisitin deswegen gescho???ten / bedrohet / sie wolte es ihm wohl gedencken / worauf bald des Jungen Bette voller garstigen Läuse worden / und ihm die böse Kranckheit ankommen / ingleichen des Seilers Lehr-Junge H. V. L. nachdem er der Inquisitin den Schleyer oder Schürtze auf der Gasse vom Kopf gerissen / und wie er sie auf der Treppe im Hause sitzen sehen / und nach ihr geschla [330] gen / mit allen dergleichen Kranckheiten / wie S. befallen worden. Ferner / durch die abgehörten Zeugen beybracht / daß L. S. M. H. und L. E. nachdem sie sich mit Inquisitin geärgert / oder dieselbe vexiret / alsobald voller Läuse worden. Uber diß Ursula H. eydlichen ausgesaget / daß vor vielen Jahren in der Walburgis-Nacht / in Thomas Winnen Hauße zu M. einen Hauffen Sauer-Milch geschüttet worden / daß niemand gewust / wo sie dahin kommen / und als Inquisitin sie solches vorgehalten / dieselbe gesagt / es würde ein schwartzes Hündlein kom̅en / und die Sauer-Milch wegfressen / so auch alsbald erfolget. Endlichen Inquisitin alsobald gewust / daß die Zeugen ihretwegen ins Amt gefodert worden / und daher zu Zweyen kommen / und gefraget: waß sie wegen ihrer berichten müssen / und da sie durch den Gerichts-Diener und Stadt-Knecht eingeführet worden / viele Creutze vor sich und das Hauß gemacht / nach mehrern Inhalt der überschickten Inquisition-Acten. So erscheinet daraus allenthalben so viel / daß Inquisitin A. D. nicht unschuldig / und demnach / wann sie ihr Bekäntnis in Güten richtig nicht thun will / diese Acta auch durch einen Geschwornen gehalten / oder / da solches nicht geschehen / vor demselben die abgehörte Zeugen ihre Aussage nochmahls wiederholen würden / ihr wohl befugt / dieselbe mit der Schärffe / ziemlicher weise / [dabey / ihres hohen Alters und Leibes-Constitution nach / eine Maaße wird gehalten werden müssen] angreiffen und befragen zulassen: Ob sie nicht eine Zeit her sich der Hexerey und Zauberey beflissen / Menschen und Vieh bezaubert? Vom wem fie solches gelernet? Ob sie nicht mit dem bösen Feinde sich in ein Bündnis eingelassen / wie / und auf was weise / auch mit was Worten solches geschehen? Ob nicht der böse Feind mit ihr unmenschliche Unzucht getrieben? Ob sie nicht vor 20. Jahren in der Walpurgis-Nacht in ein Hauß zu M. so ietzo Thomas Winne besitzet / unten an die Treppen einen Hauffen Sauer-Milch geschüttet? Zu was Ende sie solches gethan? Ob sie nicht den Leuthen / so dieselbe anrühreten / oder darüber giengen / damit Schaden zufügen wollen? Wo sie solche Sauer-Milch hergenom̅en? Und waß es vor ein schwartzer Hund gewesen / so diese Sauer-Milch aufgefressen? Ob sie nicht den Schul-Knaben H. M. S. darum / daß er an der Säule des Hauses geschabet / geschlagen / und in den Arm gepfitzet? auch hernach sein Bette voller Läuse gemacht? Ingleichen denselben und den Lehr-Jungen H. V. L. daß er ihr den Schleyer oder Schürtze vom Kopf gerissen / und nach ihr geschlagen / bezaubert? Und ihnen beyden die böse Kranckheit / darein sie beyde [331] gefallen / zubracht? Waß sie hierzu vor Mittel gebraucht habe? Ob sie nicht zu den Jungen H. M. S. in Gestalt einer schwartz-bunden Katzen / grossen Kröte und Mauß kommen / und ihn gequählet? Ob sie nicht zu H. V. L. auf den Boden kommen / und selbigen vom Stuhl werffen wollen? auch sonsten demselben / wie auch H. D. sich praesentiret / und hernacher wieder verschwunden? Ob sie nicht H. M. S. mit einem zackichten Eisen in die grosse Zehe des lincken Fusses geritzet / und das Blut in ein Gläslein aufgefangen / und mit sich weg genommen? Waß sie damit gethan? Und wozu sie es gebrauchet? Ob sie nicht den Seiler H. D. etliche mahl; Ingleichen L. S. M. H. und L. E. als sie mit ihr sich geärgert / oder sie verhönet / voller Läuse und Ungeziefer gemacht? Und wenn es Inquisitin zu scharffen Frage kommen lässet / mag sie auch incidenter mit befraget werden / Ob sie nicht A. R. M. S. und A. S. Kinder bezaubert / daß sie sterben müssen? Ob sie nicht M. S. da er an der L. Mauren mit dem Ballen gespiehlet / die lincke Hand lahm gemacht / daß es ihm die Finger gantz krumm gezogen? Weiter / M. R. zwey Pferde behexet / daß sie verdorben / auch ihm selbst etwas in den Rücken gezaubert / und dessen Weibe zu zweyen mahlen die Milch genommen? H. D. Weib üm ein Auge gebracht / demselben 20. Thaler weg gezaubert? Und Barbar H. eine Kranckheit angehangen? Waß sie hierzu allenthalben vor Mittel gebraucht / und sie sonsten darbey gethan / und ihr bewust sey? Auf solche / der Inquisitin Urgicht / wenn sie mit allen Fleiß zu den Acten gebracht / und selbige wieder überschicket werden / ergehet so dann ihrer Bestraffung halber / oder sonsten ferner was Recht ist / von Rechts wegen. Zu Urkund mit unsern Insiegel versiegelt. Chur-Fürstl. Sächsische Schöppen zu Leipzig. Mens. Feb. 1669. CCXIII. Es werden aber aus solchen Interrogatorien darum kurtze Articul, in deren ieden nicht mehr / denn nur ein einzig Fragstück / und zwar mit eben den in Urthel befindlichen Worten ungeändert zusetzen / formiret / damit Inquisitus sich nicht in der Antwort confundire, und dadurch selbsten gefähre / Theils auch / daß die Beantwortung daraufklärer und deutlicher geschehe / und hernach die Schöppen-Stühle sich mit mehrer Gewißheit / in Erkennen der Straffe / darnach zurichten haben.
|| [332]
Carpzov. d. Quaest. 124. n. 31. & 32. Peinl. Sächß. Inq. und Achts-Process, tit. 10. art. 1. §. 4. CCXIV. Geschiehet nun hierauf von Inquisito ein gültiges und richtiges Bekäntnis / wird die Vollstreckung der Tortur billig eingestellet.
L. 1. §. 1. ff. de Quaestion. L. quoties 12 C. eod. tit.
Damhoud. in Praxi Rer. Crim. c. 35. n. 1. & seqq.
Zanger, de Quaest. & Tort. c. 2. n. 2.
P. H. O. Caroli V. art. 46. Sapientem enim decet omnia prius verbis, quàm armis experiri.
Clarus, in Pract. Crim §. final. Quast. 64. n. 35.
Stephàni, ad d. art. 46. Constit. Crim. Carolin. Et judices, qui omissis debitis Interrogatoriis statim ad Torturam properant, sunt NEBULONES magis, quàm Judices, teste Ambrosin. in Proceß. informativ. lib. 2. c. 2. n. 8. CCXV. Wo nicht / so übergibt der Judex den Inquisiten dem Scharfrichter / welcher die Tortur gradatim, also daß er von der geringen anhebet / und nach und nach schärffer fortfähret / an ihn volstrecket / wie sie in Urthel erkant / und droben so wohl bey Beschreibung der ietzo bey Uns in Teutschland / und sonderlich in Sachsen üblichen Tortur Instrumenten, als auch bey den Gradibus Torturae mit mehrern angeführet worden ist.
Dan Clasen, ad art. 46. Const. Crim. Caroli V. pag. 216.
Goehausen in Proc. contr. Sagas tit. 4. in addit. lit. c. p. 205. CCXVI. Und stehet der Obrigkeit nicht frey / ihrer Beliebung nach / die scharffe Frage zumäßigen / und wie weit damit zuverfahren / dem Scharfrichter anzubefehlen / sondern sie muß es bey dem gesprochenen Urthel / und darin gesetzten Maße unenderlich bewenden lassen: Jedoch / wenn etwan der Inquisitus nicht bey volständiger Gesundheit und Gliedmassen / oder aber verwundet wäre / einen Bruch oder dergleichen Mangel hätte / und gleichwohl in Schöppen-Stuhl / da man hierum nicht Wissenschaft gehabt / die rechte Tortur erkant wäre / in solchen Fall mit der scharffen Frage in etwas / und nach Befindung des Inquisiti Zustandes / gelinder zuverfahren / dem Richterlichen Ambt unbenommen / wiewohl besser und sicherer / wann darüber insonderheit Rechtliches Erkäntnis aus den Schöppen-Stühlen eingeholet wird.
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Petnl. Hals-Gerichts-Ordn. Caroli V. art. 59. ibi??? Matth. Stephani, in Not. Peinl. Sächß. Inquis. und Achts-Process, tit. X. art. 2. §. 4 & 5. CCXVII. Es sol auch Inquisitus bey währender Marter und Tortur auf die Articul eigentlich und in specie nicht befraget / sondern / wenn er seine Urgicht zu thun erböthig ist / solches andeutet / und die Missethat gestehet / von der Marter gelassen / mit Volstreckung der Schärffe in Ruhe gestanden / und sodann das Examen vorgenommen werden. Carpzov. part. 3 q. 124. n. 27. & seqq. Peinl. Sächß. Inq. und Achts-Process. tit. X. art. 3. §. 2. pag. 148. Brunnemann. Process. Crim. c. 8. membr. 5. n. 61. Es ist auch solches in Käyser Carolides V. Peinlichen Hals-Gerichts-Ordnung art. 88. in verb. Und sol die Sage des Gefangenen nicht angenommen / oder aufgeschrieben werden / so er in der Marter thut / sondern er sol seine Sage thun / so er von der Marter gelassen ist & c. klährlich vers???hen. Maßen denn nicht gläublich / daß Inquisitus bey währenden Schmertzen die Warheit berichten / oder sich so genau und eigentlich auf alle Umstände und Beschaffenheiten der Missethat besinnen könne.
Thomas Metzger / de Tortura, thes. 191.
Bocer. de Quaest, & Tortur. c. 5. n. 35. Zanger, eod. tr. c. 4. n. 15.
Matth. Stephani, ad art. 47. Const. Crim.
Carol. in fin. Item art. 58. n. 2.
Carpzov. in Pract. crim. p. 3. Quaest. 124 n. 26. & seqq.
Farinac. in tr. de reo confesso & conficto q. 38 c. 1. per tot. welches Cicero, in Oratione pro Sylla, gleichfals bezeuget / wenn er saget: Tormenta illa gubernat dolor, moder at urnatur a cujus??? cum animi, tum corporis, regit quaesitor, flectit libido, corrumpit spes, infirmat metus, ut in tantis rerum angustiis nihil veritati loci relinquatur. Et Mimus ait: etiam innocentes cogit mentiri dolor. Vent. de Valent in Parthen. litig. lib. 2. n 8. n. 7. CCXIIX. Wann nun Inquisitus bey währender Tortur der Missethat geständig ist / oder doch sein Bekäntnis zuthun sich erkläret / und zu solchem Ende von der Marter gelassen worden / müssen ihm die Articul, so aus der Schöppen Urthel gezogen / und darauf Inquisitus zuvor albereit in Guten befra???et worden / vorgelesen werden. Auf solche Articul sol Inquisitus [334] fein ordentlich / richtig und deutlich / auch categoricè mit Ja odet Nein sein Bekäntnis zu thun angehalten werden. Und wenn es nicht herauß wolte / oder er zweifelhaftig antwortete / mag die Frage wiederholet / er auch wiederum auf die Leither aufgezogen werden / biß so lange er eine deutliche und richtige Antwort / so entweder auf Ja oder Nein beruhet / von sich gibt / und man also in Bestraffung oder Loßzehlung sich darauf gründen könne.
Carpzov. part. 3. q. 113. n. 14.
Peinl. Sächß. Inquisitions- und Achts-Process tit. X. art. 3. §. 4.
Fürstl. Sächß. Gothaische Gerichts-Ordn. part. 3. c. 8. §. 4. CCXIX. Und wenn Inquisitus seine Urgicht / [welches ein alt Wort / und eben so viel ist / als Peinlich Bekäntnis / aber nur allein von derjenigen Confession verstanden / so bey der rechten Tortur gethan wird / hingegen dasjenige / so bey der Territion, Anlegung der Daumen-Stöcke oder bey den Schnüren geschiehet / man bloß ein Bekäntnis nennet.
Carpzov. Pract. crim. part. 1. q. 25. n. 1.
Peinl. Sächß. Inq. und Achts-Process. tit. X. art. 3. §. 1.
Prax. Crim. Alteburg. pag. 280.] oder Bekäntnis gethan / sol dasselbe mit allem Fleiß auf die vorgeschriebene Articul aufgezeichnet und registriret werden / dabey denn auf die Wort des Inquisiti eigentlich acht zugeben / und dieselbe keinesweges zuverändern / damit man nicht auch zugleich den Verstand der Worte verkehre. P. H. Ordn. Caroli V. art. 64. in fin. Item art. 47. wie auch art. 52. Ja es müssen alle gestus, ejulatus, suspiria, Heulen und Schreyen / Erröten und Erblassen / und alles andere / wie sich der Inquisit anstellet und geberdet /
Carpzov. part. 3. Quaest. 124. n. 64.
Brunnemann. in Process. crim. c. 8. memb. 5. n. 67. pag. 170.
Chartar. interrog. reor. lib. 4. c. 1. n. 82.
Ambrosin. de mod. formandi Proceß. inform. lib. 4. c. 2. n. 3.
Autor. prax. crim. Alteb. c. 9. §. 17. Wie auch was der Judex, und andere Gerichts-Personen darzwischen reden: Item wie weit / und welcher gestalt der Scharfrichter die zuerkante scharffe Frag verrichtet / wenn er mit Ansetzung eines ieden Instruments angefangen / wie offte er es gelüftet / den Inquifiten resperiren lassen / [335] und wie lange ein iedes gewähret / punctuel, und mit höchstem Fleiß verzeichnet / Brunneman, d. c. 8. memb. 5. n. 67. und zu dem Ende eine Sand-Uhr bey der Hand seyn / nach welcher alle Viertel / ja halbe Viertel-Stunden abzumessen / damit die Urtels-Fasser sehen können / ob in einem und andern ein Excess oder Defect begangen / zu viel oder zu wenig geschehen sey /
Jul. Clar. Quaest. 64 vers. judex autem in fin.
Francisc person. de indic. & tort. n. 101. circafinem.
Ambrosin. lib. 4. de modo formandi Process informativ. cap. 3. n. 3. pag. 201.
Chartar. de interrog. Reor. lib. 4. c. 1. n. 115.
Gomez, cap. 13. delictorum n. 6. vers. si vero Judex.
Oldekop. tit. 4. Observ. crim. 24. n. 5.
Jacob Otto, in Corp. Jur. Crim. pag. 209.
Guazzin. Tom. 2. def. 30. n. 4. Ibi: in ipso actu Torturae debet Judex adhibere Ampollet am & horologium pulveris, eo modo, ne videatur per Reum, sed solùm per judicium & Notarium Und solches durch niemand anders / als den geschwornen Gerichts-Actuarium oder Notarium annotiret und aufgeschrieben werden / als dessen assertion und Verzeichnis allein Glauben zugestellet wird.
Peinl. Hals-Gerichts-Ordn. Caroli V. art. 181. 182. 183. 184. 185. 186. 187. 188 & 189.
Peinl. Sächß. Inq. und Achts-Process. tit. X. art. 4. § 7.
Matth. Berlich part. 1. concl. 8 n. 45. & seqq.
Churfürstl. Sächß. Neue Erledigung de Anno 16661, Decis. 38. in fin.
Joh. Philipp. ibid. Observ. 2. Denn wenn solches nicht mit allen Umständen zu den Acten registriret würde / könten die Schöppen-Stühle / so auf die Urgicht sprechen müssen / niemals gewiß seyn / ob das Richterliche Ambt dem vorigen Urthel gebührender Maßen nachkommen / oder dabey einen Excess begangen / und also des Inquisiti Urgicht für richtig zuhalten / er auch drauf sicherlich zubestraffen / oder ob die Bezüchtigung / wie sich es gebühret / purgiret, und darauf Inquisit zuabsolviren sey.
Jul. Clar. in Pract. §. ult. q. 64. n. 73. & 38.
Bocer. de Tortur. c. 5. n. 2.
|| [336]
CCXX. Es sollen auch von dem Judice bey der Tortur alle Suggestiones wegen der That und derselben Umstände vermieden werden / damit der Reus nicht ein und das andere arripire / yon dem rechten Bekäntnis der That abfalle / und andere unwahre Dinge vorbringe / die er nicht gethan / hernach desto eher alles revociren / und viel Verdruß und Ungelegenheit dem Gericht machen könne.
L. 1. §. qui Quastionem ff. de Quaestion.
Clarus, Quaest. 21. vers. retenta igitur.
Chartar. de interrog. Reor lib. 4. c. 1. n. 94.
Ambrosin. lib 4. Proceß. informaciv. c. 21. & 9.
Brunus, de Judiciis & Tortura, Quaest. 5. 2. part. n. 56.
P. H. O. Caroli V. rubr. art. 56.
Mezger. de Tortur. concl. 194. ibi??? alleg. DD. Non debet Judex interrogare, an Sempronium occiderit die 25. Februarii, hora illa & quidem gladio Titii? Sed an occiderit Sempronium? quo die? quâ hora? quo instrumento? & ita, ut tantum qualitates & circumstantiae maximè necessariae inquirantur, de quibus prolixè legere licet
Const. Crim. Caroli V. art. 48. 49. 50. & seqq. & adillos Matth. Stephani, nec non Bocer. de Quaest. & Tortur. c. 5. n. 47.
Maurit. Meibaum / Disp. de Tortur. & Torment. c. 4. n. 17.
Schilling, de Reiteratione torturae, c. 3. §. 2. Vielweniger / dasselbe zuthun / denen Scharffrichtern verstattet werden. Oldekop. tit. 4. Observ. Crim. 24. n. 5 pag. 290. CCXXI. Am wenigsten hat man ihm [immaßen auch schon droben erinnert worden] auf einige Gnade oder Fristung des Lebens zuvertrösten / sein Bekäntnis dadurch üm so viel eher heraus zubringen / sondern man soll ihn gewähren / und das Bekäntnis aus eigenen Antrieb thun lassen. Denn das Jus aggratiandi, sonderlich / was die Schenckung des Lebens anbetrifft / nicht dem so die Peinliche Gerichte hat / sondern der hohen Landes-Obrigkeit zukömmet.
L. 4. L. 27. in fin. ff. de poenis. L. 1 §. 10. ff. de Postul.
L. 7. C. de precib Imp. offer. L. 12. C. Sentent. paß.
Regner Sixtin. de R???gal. lib. 1. c. 2. n. 16.
Andr. Knichen, de Saxon. non provoc. Jur. Verb. Ducum, c. 5. n. 523.
|| [337]

Carpzov. Pract. Crim. p. 3. q. 150. n. 51. & de Leg. Reg. Germ. c. 9. sect. 11. n. 24.
R. A. zu Speyer de Anno 6526. §. Und wiewohl 6. & §. Es soll auch.
Theod. Reinking, de Regim. Sec. & Eccles. lib. 1. claß. 5. c. 6. n. 24. & 27.
Philipp. Knipscbild, de Jur. civil. Imper. lib. 2. c. 27. n. 5.
Otto Philipp Zepper, de Jure aggratiandi, tit. 1. n. 7. & seqq. us??? ???
Georg. Christoph. à Paßel / dissert. de Gratia delinquentibus facienda, membr. 3. art. 34. & seqq. Drum der Peinliche Richter sich dessen enthalten soll / wenn er ihm nicht selber Ungelegenheit und grosse Verantwortung über den Hals ziehen will. Denn wenn er gleich solche Gnade dem Inquisiten verspreche / kan er ihm doch dieselbe nicht gewähren noch halten / ist auch nicht gültig oder verbündlich / zumahl da dieselbe / wie gedacht / nicht bey ihm / sondern einem andern Höhern stehet. Allermaßen solches Sigismund. Finkelthaus, Observ. 105. mit folgenden Praejudicio der Juristen-Facultät zu Leipzig bestätiget: P. P. Ob nun wohl sonst die gethane Versprechungen zuhalten seyn / dennoch aber und dieweil einen Richter unbenommen / die Warheit durch Simulationes und dergleichen Zusagungen / von den Verbrechern heraus zulocken / nach beschehenen Bekäntnis aber in seiner Macht und Bekäntniß nicht ist / die öffentliche Laster / so ihre gewisse Straffen haben / unbestrafft hingehen zulassen / weil solche Erlassung der Straffen allein bey der hohen Obrigkeit bestehet: So ist der Richter zu Fr. seiner / dem Gefangenen H. U. gethanen Versprechung ungeachtet / Rechtlich Erkäntnis über die angerügte Deuben einzuholen / und was sich auf fernere Inquisition und Erkundigung befinden wird / an ihn H. U. durch gebührende ordentliche Straff-Mittel zu exequiren schuldig / V. R. W. Welchen auch
Valent. Förster, in tr. de Pactis, c. 4. obs. 3. n. 50.
Herm. Goehausen, in Proceß. contra Sagas lit. F. §, lit. K. pag. 251. & seqq. & in addit. p. 29.
|| [338]

Jacob. Ayrer, in Proceß. lib. 1. c. 4. obs. 3. n. 50.
Zipper, in Disc. Jurid. de Jure aggrat. tit. 1. n. 14. 15. & 16. beystimmen. Und schreibet AEgidius Bossinus, in tit. de Remed. ex sola clement. princip. n. 51. Daß / als ein Vasall im Hertzogthum Meyland auch einem Ubelthäter Perdon und Fristung des Lebens versprochen gehabt / dennoch derselbe aufgehenckt worden / Gratia collo annexa. Maßen denn auch zu Venedig das Jus aggratiandi nicht einmahl dem Hertzog / sondern dem gantzen grossen Senat zustehet. Bodinus, lib. 1. de Rep. c. 10. Carpzovius aber p. 3. Pract. Crim q. 149, von n. 9. biß 22. ist der wiedrigen Meinung / und will / daß man in solchen Fall dem Reo halten solle / was ihm versprochen worden / doch mit gewisser Limitation, quem vide. Adde Sigism. Findekellers Disp. de Jure aggratiandi, Jenae sub Praesido Dn. Zachariae Prüeschencken / Anno 1693. habitam, ubi simul de Practico juris aggratiandi usu agens, formulas affert, sub quibus condonatio vel mitigatio poenae hodie â principe submissè peti debeat, & quibus verbis etiamnum, caus á prius benè cognitâ, concedi soleat. CCXXII. Die Zeit aber / wie lange der Inquisit auf der Tortur zu enthalten / ist nirgends in den beschriebenen Rechten ausgedrückt / vielweniger determiniret / sondern es wird solches dem ARBITRIO eines Christlichen / Gottesfürchtigen / Verständigen und Gewissenhafften Richters anheim gegeben / welcher die Constitution, Zustand und Beschaffenheit iedweder Person wohl zuüberlegen hat / ob sie harter und starcker Natur / oder ob sie kranck und schwächlich / Item / ob es Alte und verlebte / oder Junge frische und trotzige Leuthe sind / nach welcher / wie auch des Verbrechens Beschaffenheit / und der Indicien, die Peinliche Frage viele / offte oder wenig / hart oder gelinde / anzuordnen / und durch den Scharfrichter zu vollziehen.
Juxta L. 7. ff, de Quaestion.
P. H. O. Caroli V. artic. 58.
Farinac. Quaest. Crim. 38. n. 33.
Thom. Mezger, de Tortur. Concl. 153.
Brunnemann, in Proceß. Crim. c. 8. memb. 5. n. 87.
|| [339]

Seb. Guazzin, in tr. ad Defensam Inquisit. tom. 2. defens. 30. per tot.
Mich. Paris Walburg. de Lamiis c. 8. §. 9. pag. 103. CCXXIII. Circa modum Torturae non potest dari certa & determinata regula, quia hoc totum dependet ex gravitate vel levitate delicti: Item ex qualitate Jndiciorum, numquid scilicet levia aut urgentia sint, & an plura vel unicum: It. ex qualitate personae torquendae, an sit homo robustus, fortis, debilis & delicatus, an minor an major, an senex, an juvenis, an sanus, an infirmus, an timidus, an versutus, & his similia.
Menoch. de A. J. Q. cas. 271. Cravet. Consil. 287. n. 6.
Farinac. Quaest. Crim. 38. n. 33.
Paul. Grilland. de Quaest. & tortur. q. 3. n 13. Unde citati DD. admonent Judices, ut minus torqueant Nobiles & Doctores, quàm plebejos, & minus etiam debiles, quàm robustos & c. Cavalcan. de Brachio Reg. p. 3. n. 230. Ubi citat Grillandum, & ipsum magnum appellat Practicum. Nam tortura levis in homine malae complexionis, vel habente carnes molles & delicatas dicitur magna, Grammatic. Decis. 34. n. 54. & seqq. Etiam gravissima.
Cardinal. Tusch. tom. 8. concl. 325. n. 2. & concl. 329.
Oldekop, tit. 4. Observ. Crim. 1. n. 22. CCXXIV. Stat itaque, à Judicis arbitrio modum torturae depen dere. Verùm arbitrium illud non quodvis libidinosum, affectatum & in proprio cerebro natum, sed Juridicum & legibus naturalibus & civilibus consentaneum, & ex ipsa Jurisprudentia haustum arbitrium accipi & intelligi oportere, plurimis monent
Cothmann. vol. 5. Resp. 29. n. 247.
Oldekop. obs. crim. tit, 4. obs. 1. n. 10. vel sanè praeclarissimorum DD. & interpretum communi suffragio conformatum.
Tilemann de Benignis, Decis. Cam. Syntagm. 1. vol. 3. Decis. 5. n. 12. pag. 151.
Cothmann. vol. 3. Resp. 30. n. 167. & 168. vel ubi casus ab iis necdum decisus se offert, non ita utatur suo arbitrio Judex, ut tanquam belua sensu & cupiditate ducatur, Menoch. de A. J, Q. in prooem. n. 6.
|| [340]
sive ut suum Velle subroget loco indiciorum. Rol à Valle, vol. 3. Cons 12. n. 34. Sed ut vir bonus, aequus & prudens in lenitate potius & clementia, quàm in severitate peccet, & ut potius minus, quàm plus torqueat.
Novell. in tr. ad defens. in tit. Respons. reor. n. 64.
Hippolyt. de Marsil. Pract. Crim. §. occurrunt. n. 6. 7. & 10. Remedium enim Torturae pro veritate indaganda PARCE ET CAUTE adhibendum est, ut monet Vent. de Valent. Parthen. litig. lib. 2. c. 8. in fin. CCXXV. Doch soll er sich hüten und vorsehen / daß er dem Reo durch die Volter-Instrumenta nicht die Arme / Beine oder andere Gliedmassen dergestalt zerreissen lasse / daß er lahm / oder ein Krüpel drüber werde / und weder ihm selbst / noch andern im Leben mehr was nütze sey / sondern daß derselbe / wenn er unschuldig / seinen gesunden Leib / und unverdorbene Gliedmassen behalte / oder wenn er schuldig / in solchem Stand bleibe / daß er sein Recht und Straffe ausstehen könne.
L. 7. ff. de Quaestion. Ibi: Quaestionis modum magis est Judices arbitrari oportere: ita??? quaestionem habere oportet, ut servus salvus sit vel innocentiae, vel supplicio. Ut inquit Ulpianus in L. quaestionis 7. ff. de Quaestion.
Herm. Goehausen, in Proceß. Jurid. contra Sagas & venef. tit. 3. §. 3. lit. H. pag. 122.
Brunnemann, in Proceß. Inquis. c. 8. memb. 5. n. 87.
Vent. de Valent. in Parthen. litig. lib. 1. c. 14. n 35.
Mezger, de tortur. Concl. 185. CCXXVI. Judex enim duos Sales habere debet, scientiae unum, ne insipidus sit, conscientiae alterum, ne sit diabolicus. Joh. Zanger, de Quaestion. & tort. c. 4. n. 24. & semper in torturis adhibendis debita mensura, & is modus debet obfervari, qui vel aequitati ac moderationi Christianae, vel naturali modestiae & verecundiae consentaneus est.
Farinac. Quaest. Crim. 38. n. 34. & seqq.
Cothmann, Respons. 29. n. 229. & seqq. vol. 3.
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CCXXVII. Maßen er denn hierin dem Römischen Proviant-Meister und Peinlichen Richter Maximino, so bey Regierung Käysers Valentiniani gelebet / nicht nachzufolgen hat / welcher bey der Tortur so grausam mit den armen Leuthen umgieng / daß er auch öffentlich sagte: NEMINEM SE INVITO INVENIRI POSSE INNOCENTEM! Wenn er es nicht haben wolte / könte keiner unschuldig seyn und bleiben! Carol. Sigon. lib. 7. Imper. Occident. Noch auch dem Käyser Tiberio, der mit Fleiß diejenige anmercken ließ / welche sich vor seinen erschrecklichen Marter-Instrumenten fürchteten / die er erbärmlich quählen ließ. Und wenn sie schon inständigst bathen / und fleheten / ihnen nur das Leben zunehmen / gab er zur Antwort: Er hätte ihnen ihre Missethaten noch nicht vergeben / den Tod solchergestalt vor eine sonderlich grosse Gnade haltende. Und wenn einer oder der ander / aus Furcht gepeiniget zu werden / sich selber umbrachte / sprach er: Dieser ist meinen Händen entwischet. Joh. Graevius, in Tribunal. reform. sive tr. de tortur. lib. 2. c. 3. p. 276. Vielweniger die Volter ein Allmächtig Ding mit jenen ungerechten Richter zu nennen / wodurch man alles erforschen und herauß bringen könne. Oldekop. Obs. Crim. tit. 4. Obs. 9. circa fin. fondern er sol bedencken / daß er ein Chri / stder mit den armen gefangenen Sünder / welcher so wohl / als er nach Gottes Ebenbild erschaffen / Menschlicher Weise / seiner Constition gemäß / und wie er es gegen GOtt / der hohen Obrigkeit / und in seinem Gewissen zuver antworten getraue / umzugehen schuldig sey.
L. Justissimè 44. ff. de AEdilit. Edict.
Ambrosin. in Process informativ. lib. 4. cap. 1. n. 6.
Gomez. Var Resol. tom. 3. c. 13. n. 5.
Matth. Stephani, ad art. 58. Const. Crim. Caroli V. n. 4.
Zanger, de Quaestion. & toriur. c. 4. n. 16.
Goehausen in Process. Jurid. contra Sagas tit. 3. pag. 154.
Gilhausen, in Arbor. Judic. Crim. p. 7. c. 6. n. 32. auch nicht alzu vorschnell und hitzig darbey verfahren / noch aus Haß und Freundschafft sein Müthlein zu kühlen / den Reo zuviel thun.
Paris de Puteo, tr. de Syndicat. verb. tortura §. an stetur dicto torti n. 12.
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Rosbach, in Process. Crim. tit. 5. c. 15. n. 4. Hingegen und vielmehr der Clemenz, Güte und Gelindigkeit sich befleissigen / als die ohne dem proprium Judicis in Criminalibus seyn sol. Denn ob gleich Billig und Recht / daß die Justiz administriret werde / secundùm illud: FLAT JUSTITIA, & PEREAT MUNDUS! So muß doch alles mit Gnade und Barmherzigkeit temperirt und gemildert seyn. L. Perspiciendum 11. ff. de Poenis. Decian. vol. 3. Resp. 72. n. 37. Melius quippe est, propter misericordiam rationem reddere, quám propter severitatem. Panormit an. c. 2. de Reg. Jur. Oldekop, Obs. Crim. tit. 4. Obs. 5. n. 12. CCXXVIII. Graevius in obangezogenen Tribunal reform. lib. 2. c. 1. pag. 264. 265. & 266. beschreibet den abscheulichen Anblick der Volter / und derer / die damit angefochten werden / mit folgenden pathetischen Worten: Ex squalido & diutino carcere tabidus, vestibus spoliatus, tremens pallens??? ad severum judicis conspectum, consternatione & metu jam penè exanimis, manibus pedibus??? vinctus, ad Equulei locum raptatur, ubi undiqua??? horribilis tormentorum apparatus, suspensi funiculi, deposita pensilia pondera, candentes laminae, forcipes, ungulae, parata catasta, acres scopae, judicum terribiles minae, truculenta verborumfulmina, acerbi risus Carnificum etiam laetabundorum & gestientium quasi ad has operas, torvi in miseros vultus, & durae crudeles??? manus ante ipsa cruciatuum initia miseros penè enecant. Posthaec praeludia videmus tantis hominem discruciari doloribus, ut majores fingi non possint, nullum tormenti genus omitti, omnia membra laniari, partes omnes convelli, nuda ossa feriri, vulnera caedi, scissum corpus flagellis, exustum convulsumque tormentis, continua siti, concontinuis??? vigiliis torqueri, & omnes a nimi sensus ita perturbari, ut homo mentis compos vix & ne vix quidem manere possit; Variari interdum tormenta, & quicquid antiqua adinvenit, aut nova adjecit crudelitas, totum illud in unum saepè hominem produci, remitti aliquando torturam imperante judice, ut saepius Reus torqueri possit; Judices ad gemitus, lamentationes, & tristissimas vultus convulsiones, quae in miseris istis crebrae sunt, videre & contemnere, quidquid lachrymarum, quidquid precum ad mitig andam asperitatem, miseri profunderint, exhortantes subinde ipsos Carnifices, ut nihil praetermittant, quod dolorum vim excitet, augeat, exasperet; imò commonstrantes quando???, quâ parte crudelissimè Rei torqueri possint, magna vocis contentione indicantes, quâ parte maximè dolere Reus possit, quae pars secanda, quae urenda, quae flagris excorianda sit. Nisi pudor prohiberet, irati illi judices ipsi vestes reorum conscinderent, velamenta lacerarent, [343] manibus flagella concuterent, renovarent ignes, & crudeles illos Tortorum vices in universum explerent & c. Paris de Puteo, in tract. de Syndicatu, verb. tortura c. 5. n. 7. afsert, se vidisse Nobilem magni criminis insimulatum, qui cùm aulam intrasset, in qua stabat chorda, eâ visâ statim cecidit in terram & minxit sub se, & egestionem emisit, quamvis innocens. add.
Goedelmann. lib. 3. de Magis, Lamiis & Venef. c. 4. & seqq.
Vent. de Valent. Parthen. litig. lib. 2. cap. 8. n. 7. & 8. Und Justus Oldekop, tit. 4. Observ. Criminal. 1. n. 9. saget / daß / wer einmahl dabey gewesen / und nur zugesehen / wenn ein Delinquent torquiret worden / derselbe nicht wieder hinbey begehre. CCXXIX. Welches mehr alß zuwahr ist / und sonderlich die Judices und andere Gerichts-Personen / welche Ambtshalben darbey seyn müssen / bekennen werden / was s. v. vor Gestanck / Gefahr und Ungemach man außstehen müsse / bevorab bey den Hexen-Voltern / da offtmahls der Böse Feind in Gestalt einer Mauß / Hummel / Schmeiß-Fliege / Hörnisse / und auf andere Arth hinzukommet / und darbey ist / daß die Gerichts-Personen und alle andere so nothwendig darbey seyn müssen / wohl Ursache haben / fleißig GOtt anzuruffen und zu beihen / ehe sie aus- und zu diesen Hexen Gesinde gehen / und den schweren Handel der Tortur anheben. Johann Jacob Faber, älter Prediger der Kirchen und Gemeinde bey des H. Reichs-Stadt Eslingen / hat es in seinem Anno 1677. heraußgegebenen Specimine Zeli Justi Theologici contra Maleficos & Sagas pag. 504. & 541. ein Gebeth / so zuvor / und ehe das Examen und die Tortur angehet / von dem Actuario öffentlich abzulesen und zusprechen / gesetzet / also lautend: DAllmächtiger und Barmhertziger GOtt / du Gerechter Richter der Welt / der du Hertzen und Nieren prüfest / die Gedancken siehest / und weist / was im Verborgenen geschehen ist / und ossenbahrest endlich alle Heimlichkeit. Du hast uns verordnet / dein Volck an diesen Orth zu richten / und wilt / daß solches in Gerechtigkeit geschehe / straffest auch alle die Unschuldig Blut vergiessen. Wir haben diesen Menschen als einen Ubelthäter Zauberer & c. & c. in unsere Hände bekommen / und ist die Sache schwer / dunckel / zweiffelhafft / drum er gefangen sitzet. Ach lieber GOtt / bewahre uns vor Irrthum / daß wir ja nicht [344] unrecht handeln / und zuviel thun in Schein des Rechtens. Regiere Uns durch deinen H. Geist der Weißheit und Warheit / daß wir dieses Menschen Thun recht erkennen / und in deiner Furcht weißlich richten. Du hast aller Menschen Hertzen in deiner Hand / und lenckest sie wie die Wasserbäche / wohin du wilt. Nun lencke / biege und erweiche das Hertz dieses gegenwärtig Gefangenen / daß er weder aus Furcht [oder Schmerzen und Pein der Tortur] über sich und andere rede und bekenne / was nicht war / vielweniger geschehen ist / noch aus Trotz / was geschehen / leugne / und Sünde mit Sünden häuffe / sondern zu deines Nahmens Ehre / und dem Gemeinen Besten die Warheit ohne Scheu einfältig uns bekenne. Wehre und steure dem Satan / daß er mit seiner List und Tücke hie nichts ausrichte / sondern von diesen Orth weiche / den armen Gefangenen nicht verhärte / sondern denselben gäntzlich verlasse / auch Uns in unsern Verrichtungen nicht irre machen noch beschädigen möge &c. &c. Erhöre uns O Gerechter GOtt / erhöre uns / und schaffe Recht um deines Nahmens Ehre willen / durch JEsum Christum / den letzten Richter / Amen. CCXXX. Ferner führet er pag. 542. & 543. eines Richters / Schöppen und ander Gerichts-Personen / deßgleichen pag. 54. 9. & seqq. us??? 552. eines Scharfrichters / Büttels / Häschers und Thurm-Meisters Gebethe zu solcher Zeit zusprechen / an / wiewohl Theils derselben Leider! Wenig an daß liebe Gebeth gedencken / drum geschicht es auch mannigmahl / daß ein und ander durch Anhauchen / Anrühren oder auf andere Arth von solcheu Hexengeschmeiß / durch Gottes Zulassung / was davon bekömt / daß er wohl sein Lebetage dran zugedencken hat. Allermaßen es jenem Scharfrichter im Bistum Costniz ergangen / welchen eine alte Hexe / als er sie von der Erden auf den Scheiterhauffen gesetzet / angehauchet und gesaget: Für solche deine Arbeit soltu von mir diß zu Lohne haben! Drauf er strack aussätzig worden / und nicht lange hernach gestorben.
Sprenger, in Malleo Malefic. Tom. 1. part. 2. Quaest. 1. c. 11. Del-Rio disq. Magic. lib. 3. part. 1. q. 3 sect. 2. pag. 429.
D. Gödelmann, lib. 1. de Magis & Venef. cap. 7. n. 26.
Freudius, in Gewissens-Fragen von Zauberey / Quaest. 180. n. 12. pag. 382.
Walburger, de Lamiis q. 4. §. 5. pag. 35. CCXXXI. Anno 1661. biß eine Zanberin zu Eisenach / so man ingemein [345] die alte Hirtin hieß / bey der Tortur den damahligen Nachrichter zu Mülhausen / Meister H. N. W. als er sie etwas höher auf der Leither anziehen wolte / mit umgewendeten Gesichte / ehe er sich dessen versahe / durch das Koller in die Achsel / daß man die Spuhr von den Zähnen im Fleisch und s. v. den Geifer außwendig auf dem Collet sahe / worüber der Mann gantz ohnmächtig wurde / daß man eine gute Zeit mit ihn zu thun hatte / ehe er wieder zu sich selber kommen konte / nach mehrer Ausweisung der dißfals bey dem Fürstl. Ambte alda ergangenen Inquisition-Acten, und der darbey befindlichen registratur. Drum auch die Scharfrichter in solchen Fällen eben so wohl sich vorzusehen / und behutsam zugehen Ursach haben / und es nicht toll in den Tag hinein wagen sollen. CCXXXII. Etliche DD. statuiren / das man in atrocioribus & exceptis mit der Tortur schärffer verfahren könne / als in andern Delictis.
Clarus, quaest. 64. n. 32.
Brunus, de Indiciis & Tort. part. 2. q. 5. n. 52.
Farinac. Quaest. Crim. 38. n. 34. & seqq.
Bossius, in tit. de Indic. n. 172. & 174. & latius n. 195. Item 200. Sonderlich aber im Laster der Hex - und Zauberey / [welches Goehausen in Proceß. contra Sagas, tit. 3. lit. 6. in addit. pag. 140. CRIMEN EXCEPTISSIMUM nennet] well dasselbe so groß und weitläuftig / daß es fast alle andere in sich begreifft / und über alle ist / denn die allerhöchste Majestät GOttes wird dadurch auf das schändlichste verunehret und geschmähet / die Heil. Sacramenta gemißbrauchet / unwenschliche Unzucht mit dem Teufel getrieben / Kinder ümgebracht / Menschen und Vieh Schaden zugefüget / die Lufft / Item die Feld- und Baum - Früchte werunreiniget und verderbet / durch ihre böse Thaten die Obrigkeit beleidiget / männiglich geärgert / auch wohl viel unschuldige Kinder und andere von ihnen zu dergleichen Lastern verleitet und verführet / und ihre Seelen / so zum himmlischen ewigen Leben erschaffen / dem abgesagten Menschen-Feind dem Satan zugesellet / und in die ewige Verdamnis gestürtzet. Freudius, in Gewissens - Fragen / von Zauberey / q. 332. per tot.
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Drum auch Käyser Constantinus selbsten solche Hexen - Meister und Unholden Feinde des Menschlichen Heyls in I. fin. C. de Malef. & Mathem. genennet / welche die Obrigkeit mit Feuer und Schwerd verfolgen / und so viel müglich ausrotten solle / juxta illud Exodi cap. 22. vers. 18. Die Zauberin solt du nicht leben lassen / Item Levit. 20. v. 6. & 27. & secundum effatum dicti Imperatoris, in L. multi 6. C. de Malef. & Mathem. Ibi: VENEFICOS, QUONIAM NATURAE PEREGRINI SUNT, FERALIS PESTIS ABSUMAT, quae ultima verba de poena ignis intelligit Del-rio, in Append. 1. ad lib. 5. §. redeo ad Johannem. Cujacius verò cum quibusdam Autoribus Graecis ea verba aliter accipit, dicens in Notis ad d. I. multi Feralis pestis absumat. i. e. Bestiis objiciatur, pro pestis PASTUS legens. Cui quidem explicationi favent verba, quae adjunguntur: Quoniam Naturae Peregrini sunt, quasi diceret Constantinus, quoniam malefici & praestigiatores alieni ab humanitate, ideo belluis cedant. Sed plura habet Del-rio d. Ioc. quem vide. Und werden es grosse Herren dermahleins schwer zu verantworten haben / die das Hexen - Gesinde in ihrem Landen überhand nehmen lassen / denenselben nichts thun / wenn sie schon Menschen und Vieh bezaubern / unschuldige Kinder zu solchem Laster verführen / und offtmahls die Indicia so handgreiflich sind / daß man sie gleich nehmen / und ins Feuer werffen könte.
Del-rio lib. 5. Disq. Magic. Sect. 4. vers. tertio si dubium. sit.
Goehausen, in Proceß. Jurid. tit. 3. lit. M. pag. 162. & 163.
Petr. Greg. Tholosan. in Syntagm. Jur. Univ. lib. 84. c. 9.
Tabor, de Tortur. c. 5. n. 40. pag. 75. & 76. Ingleichen die Advocaten, so sie wieder besser Wissen und Gewissen defendiren / und also dem Teufel dienen. Goehausen, d. tit. 3. lit. M. in not. & tit. 61. in addit. pag. 311. lit. F.
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Vid. Freüdii Gewissens-Fragen / von Zauberey und Zauberern / Quaest. 329. & 330. per tot. CCXXXIII. Ferner führen obgedachte DD. an / daß weil das Hexen - und Zauber-Volck gemeiniglich des Nachtes an verborgene Oehrter zusammen kähme / und allda ihren Teufels - Dienst hielte / ihm desto schärffer mit der Volter zuzusetzen sey / üm die Warheit heraus zupressen / welchen auch
Grammat. Decis. 34. n. 38. & Decis. 35. n. 4.
Alexand. Consil. 62. n. 5. lib. 3. &
ICti Patavini apud M. Peregrinum, Cons. 2. de Sagis n. 114. & seqq. und andere mehr beystimmen / die doch endlich dahin schliessen / daß man hierinnen auf die Observanz und Gewonheit iedes Landes sehen / dieselbe in solchen Fällen wohl beobachten / und keine neue / vorhin ungewöhnliche Tortur-Instrumenta, bevorab die das Fleisch des Menschen zerschneiden / und ihn gantz untüchtig machen / einführen und adhibiren / sondern sich der im Lande gewöhnlichen gebrauchen / die Inquisiten nicht über die Zeit auf der Volter lassen / sondern in allen Dingen Maaße halten solle.
Argum. L. un. C. de Emend. Servor. L. nemo 2. C. de Exact. tributuor.
L. de minore 10. §. 3. ff. de Quaestion.
Perez, ad tit. C. de Quaestion. n. 28.
Gomez, tom. 3. Var. resol. c. 13. n. 5.
Carpzov. p 5. q 117. n. 39.
Walburger, de Lamiis c. 8. §. 9. pag. 104. Wie denn einige denen Peinlichen Richtern / Pabst Pauli III. Bullam 58. zufolgen / recommendiren / darinnen er verbothen / Daß der Reus nicht über eine Stunde auf der Volter solle gelassen werden / ausgenommen in tormento insomniae, de quo suprà, welchem auch Paris de Puteo, in tr. de Syndicatu, verb. Tortura, lib. 2. c. 4. n. 5. mit diesen Worten beypflichtet: Torturae remedium est, ut moderatè fiat. nec ULTRA HORAM adhibeatur tormentis solitis, ne Judex dicatur CARNIFEX JUSTITIAE. Eben der Meinung sind auch
Brunus, de Indic. & Tortur. p. 2. q. 5. n. 17.
Aymon, Cons. 287. n. 6.
Gomez, tom. 3. Variar. Resol. c. 23. n. 1.
Guazzin, ad Defens. Inquisit. tom. 1. defens. 21. c. 1. n. 5.
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Item Del-rio, lib. 5. in app. 2. q. 27. Und Farinac. Quaest. Crim. 38. n. 54. Qui dicunt, in atrocissimis delictis Reum torquori posse ad unam horam, aut paulo amplius, ut tamen, si adhibeatur tortura ultra horam, non excedat quar tam partem secundae horae. Wie auch Brunnemann, in Proceß. Crim. c. 8. memb. 5. n. 87. ibi: Non facilè ultra horam torturam continuari posse puto. Nam hic modus explorandi veritatem ferè est rectae rationi contrarius, teste
Augustin. lib. 19. de Civit. Dei c. 6. citat. Remo, ad art. 58. Const. Crim.
Joh. Cramer, in Compend. Criminal. lib. 1. c. 9. n. 19. Insonderheit wird dieses in tormento funis in Italien beobachtet / welches keinmahl über eine Stunde wäret / teste Ambrosino, in Proc. Inform. lib. 4. cap. 3. n. 2. Drum auch Herman Goehausen, in Processu Jurid. contr. Sagas, lit. P. in not. pag. 167. endlich den Ausspruch thut: NON LICEBIT itaque TORQUERE REUM PER TRES VEL QUATUOR HORAS, prout scio quosdam nedum iniquos, sed ignotos Judices fecisse, SED TANTUM PER HORAE SPACIUM. Welches Michael Paris Walburger / de Lamiis c. 8. §. XI. gleichfals bestätiget / in verbis: Modus in torrura adhibendus est, ne per integram noctem Rei aut Reae cruciatibus lacerentur, sed & in atrocissimis delictis ultra unius horae, aut paulò amplius spacium in chorda teneri non debent. Idem sentit Joh. Carl. Antonelli, de tempore Legali lib. 4. c. 20. per tot. ubi n. 4. observat, Reum aliquando detineri in tortura breviori tempore, juxta qualitatem delicti, personae & indiciorum, quod arbitrio Judicis relinquitur. add. Gandin. in tit. de Quaestion. n. 10. CCXXXIV. Etliche Inquisiten sind so hart- und starcker Natur / oder auch wohl so trotzig / daß sie keine Pein oder Marter achten / sondern lieber [349] Arm und Beine sich zerbrechen uessen / ehe sie die Warheit bekenneten.
Meier, in Colleg. Argentor. tit. de Quaestion. §. 19. n. 6.
Jan. Gruter, in florileg. Ethico-Polit. 3. pag. 1060. Wie von eine̅ Sambicus genant / gemeldet wird / welcher nicht allein etliche eherne Säulen von den Platz / wo die Olympische Spiele gehalten wurden / gestohlen / und verkaufft / sondern auch den Tempel der Dianen beraubet / iedoch den Diebstahl durchaus nicht gestehen wolte / ob man ihm gleich ein gantzes Jahr lang torquirete, biß er endlich / ohne Bekäntnis / unter der Mart er verreckt / und den höllischen Peinigern in die Hände fiehl / daraus das Sprichwort erwachsen: Sambico Graviora Pati.
Erasm. in adag. ex AEliano.
Besold. in Thes. pract. v. Peinliche Frage-Tortur, pag. 726. Zeno Philosophus, Dialecticae primus Inventor, als er dem Tyrannen Phalaridi, wegen seiner Grausamkeit / nach dem Leben trachtete / um dadurch die Unterthanen des schweren Jochs zuentledigen / solcher Anschlag aber entdecket wurde / hat ihn der Tyrann erschrecklich martern lassen / seinen Mitgesellen anzusagen / welches er aber nicht gethan / sondern alle Quahl mit grosser Standhaftigkeit ertragen / auch an stat der rechten Mitgehülfen / des Tyrannen liebste und beste Freunde / wiewohl unschuldig angegeben / die alle hingerichtet / er aber von dem Volck / nachdem er dasselbe durch eine bewegliche Rede darzu gereitzet / mit Steinen zu Tode geworffen worden.
Valer. Maxim. lib. 3. c. 2. & 3.
Alex. ab Alexandr. lib. 1. Genial. Dier. c. 30. pag. 117. At Laertius, in vita ipsius Zenonis, hunc non Phalaridem fuisse dicit, sed Nearthum: aut ut alii volunt, Diomedontem. Tiraquell. in annotat. ad d. loc. Alex. ab Alex. lit. p. Eben also hat es gemacht Theodorus, welcher neben andern sich wider Hieronymum, einen Lasterhaften Jüngling / des Hieronis Sohn / oder wie andere wollen / Neffen / verschworen / solchen aus dem Wege zuräumen / der auch nichts bekant. Livius decad. 3. lib. 4. Valex. Maxim. d. loc. Leaena, ob sie schon ein Weibesbild gewesen / hat sie doch durch alle Marter und Pein nicht dahin gebracht werden können / das sie die heimliche Anschläge Harmodii und Aristogitonis offenbaret hätte / drum ihr auch zu Eh [350] ren ein Bildnis von Ertz zu Athen aufgerichtet worden / in Gestalt eines Weibes ohne Zunge.
Plinius lib. 7. c. 23. & lib. 34. c. 8.
Pausanias lib. 1. Athenaeus lib. Dipnosophist. i3. c. 24.
Tertullian. in Apologet. c. ult.
Alex. ab Alexand. lib. 1. Genial. Dier. c. 30. pag. 117. Idem penè de puella quadam Puthagorica refert Ambrosius, Lib. 1. de Virginibus. CCXXXV. Zuweilen stärcken und verführen böse Advocaten die Delinquenten, sonderlich wenn sie ihn bedienet sind / sagende: es ist besser auf der Volter was ausgestanden / und eine kleine Zeit auf der Leither / als immer an Galgen hangen! Wie wenn du, einen Arm oder Bein zerbrochen hättest / müssest du nicht leiden / daß dir der Barbierer solche mit grossen Schmertzen wieder einrichtete und verbinde? Oder wenn du den Stein oder das Podagra hättest / müssest du nicht auch die Schmertzen verbeissen und / so zureden / in dich fressen? Warum nicht auch bey der Tortur, daß du das Leben davon bringest! Leugne beständig / was du gethan hast / und stehe die Volter aus / ich wil dir schon davon helffen!
Paris de Puteo, in tr. de Syndicatu, vers. advocati per tot. pag. 57. & seq.
Carpzov. Pract. Crim. part. 3. q. 125. n. 46.
Freudius in Gewissens-Fragen von Zauberey und Zaubern / Quaest. 315. n. 64.
Schilling, de Reiter at. tortur. cap, 2. §. 14. pag. 41. CCXXXVI. Das Zauber- und Hexen-Gesinde aber wird von ihren Buhlen dem Teuffel gehärtet / daß sie keine Marter noch Pein fühlen / sondern sich hin und wieder dähnen / zerren / stupffen und reissen lassen ohne alle Empfindligkeit: Ja sie lachen noch wohl den Richter / die Gerichts-Personen und den Scharffrichter aus / schlaffen auch wohl auf der Volter / wie eine Ertz-Zauberin zu Brüg in Flandern gethan / die mit den Händen zu kloppen angefangen / überlaut gelachet und gesagt: Weder die Schöppen / noch der Hencker würden wider sie was ausrichten / und drauf eingeschlaffen / ist aber / nachdem der Böse Feind sie verlassen / gewonnen und verbrant worden. Jodoc. Damhouder, Prax. rer. Crim. cap. 37. n. 21. & 22.
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Dergleichen Exempel / daß die Hexen und Zauberer auf der Tortur eingeschlaffen / und dem Ansehen nach / so sanffte geruhet / als wenn sie in einen weichen Bette legen / findet man mehr bey den
Bodino, de Magorum Daemonomania, lib. 4. c. 1. Gödelmanno, lib. 3. c. 16. de magis, Lamiis & Venef.
Del-Rio Disquisit. Magic. lib. 5. Sect. 9. Und Brunnemann, in Processu Criminali c. 8 n. 68. bezeuget selber / daß bey der Juristen-Facultät zu Franckfurth an der Oder / etliche solcher Exempel / in denen dahin zum Spruch Rechtens geschickten Inquisitions Acten wieder die Hexen / vorkommen. CCXXXVII Und ob wohl D. Justus Oldekop. Decade 3. contra Carpzov. quaest. ult. n. 11. & seq. davor hält / es sey dieses kein Schlaf / sondern eine Ohnmacht / und Verhaltung des respirirens oder Lufft-schöpffens: So befindet sich doch / wenn man es selber mit Augen siehet / hierbey ein grosser Unterscheid / indem sie sich nicht enifärben / und gantz blaß als eine Leiche werden / wie denen wiederfähret / so ohnmächtig dahin sincken / sondern ihre natürliche Farbe gemeiniglich behalten / auch offte darbey starck schnauben und respiriren / als ein Mensch der von der Reise ermüdet / sanfft und süsse dahin schläfft. Wenn man sie gleich mit Feuer brennet / angezündet Pech oder Schwefel auf die Haut trieffen lässet / fühlen sie nichts davon / ja es will offtmahls nicht brennen / und siehet man keine Spuhr / Macul oder Fleck auf der Haut davon. M. Rüdinger, Dec. 1. Concion. de Mag. illicit. pag. 363. Sie fühlen es auch nicht / wenn man sie gleich mit einer scharffen Ruthen hauet. Freudius, in Gewissens - Fragen / von Zauberey und Zauberern / quaest. 315. n. 11. Goehausen, in Process. Jurid. contra Sagas & Veneficos, tit. 7 pag. 318. erzehlet von einem Zauberer / der sich zum Weer - Wolff machen können / daß derselbe 20. mahl gepeiniget worden / aber allemahl nur gelachet / und nichts bekandt / biß endlich der Scharfrichter ihm einen Tranck zugetruncken / [ingredientia, quae lubens omitto, vid. pag. 319.] drauf er alles / was er begangen / und wie er sich 100. mahl zum Weer - Wolf gemachet / eröffnet / und angezeiget / daß der böse Feind alle Pein von ihn auf sich ge [352] nommen / er aber nichts gefühlet. Eine alte Hexe zu Verden auf dem neuen Thor / die das Handwerck über die 40. Jahr gekont / und kein geringes Officium in des Teufels Laster - Schule bedienet / hat sich anfänglich durch keine Pein zum. Bekäntnis bringen lassen wollen. Endlich hat sie doch freywillig ausgesaget: Der Teufel hätte sie so hart gemacht / und wäre ihr bey währender Marter in Gestalt einer Fliegen aufm Kopf gesessen. H. Rimphofs Drachen-König / Anno 1641. zu Rinteln gedrucht / pag. 88. welcher pag. 89. hinzu thut / daß es unmöglich wäre / wann 50. tugendsame Frauen in eine Massam zusammen gegossen / und alle eine Frau wären / daß sie auf den zwantzigsten Theil das aushalten und erleiden könten / was eine recht verstockte / durch Teufelte / unbekehrliche Hexe erleiden kan. Maßen denn im Braunschweiger - Land eine alte Zauberin gewesen / die mit keiner Pein zum Bekäntnis ihrer Boßheit können gebracht werden / ob es wohl auf mancherley weise mit ihr versucht ward. Selbige hat der Hencker in die Höhe gewunden / und auf einen Block oder Klotz / darinnen starcke eiserne Nagel gewesen / niederfallen laßen / aber dic Nagel haben sich umgelegt / als wären es Reifer gewesen.
M. Meiger, lib. de de Panurg. c. 12.
Freudius, in Gewissens-Fragen / von Zauberey und Zauberern / q. 135. n. 15. Eine Hexe zu Insprug hat sich gerühmet / wenn sie nur ein Fäschen von einer andern in Hafft sitzenden Zauberin hätte / wolte sie dieselbe so fest und unempfindlich machen / daß man sie eher in Stücken zerreissen / als daß sie bekennen solte. Sprenger, in Mall. Malesic. tom. 1. part. 3. q. 15 pag. 376. & 377. CCXXVIII. Wie es aber mit solchem maleficio taciturnitatis, wie man es nennet / oder Verhärtung wider die Volter eigentlich zugehe / davon werden etliche Ursachen von unterschiedlichen Autoribus gegeben. Die Erste ist / daß ein Mensch durch natürliche Mittel sich unempfindlich machen kan / gleich wie etliche Historici und Medici schreiben von dem Stein Memphite.
Dioscorides lib. 5. c. 115.
Paul. Grilland. ex Albigert. Magus in tr. de Quaest. & tort. 54. n. 13. Oder vom Opio, welchen Safft sie von einem gewissen Papavere wissen zu praepariren / und den Menschen anzustreichen / durch welchen sein Geblüt [353] gantz turbiret und verändert wird / alle Adern verstopffen sich / fält in einen tieffen Schlaf / und wird seiner Sinnen beraubt; welches auch von Nachtschatten geschihet. Dieses können die klugen Geister viel artiger / als einiger Medicus practiciren und verbringen / weil diese allerälteste und erfahrnste Pharmaci und Apotheker eine grosse Wissenschafft und Erfahrung aller Metallen / Kräuter und Gewächse der Simplicium und mixtorum von der Zeit an / als die Welt erschaffen ist / bekommen haben. Solches aber wird nicht allein durch gemelte natürliche Sachen zuwege gebracht / daß sie bey der Volter nicht schwätzen / sondern der Satan gebraucht seine andere Teuflische Künste / mit welchen er dieselbige / insonderheit welche sich ihm oft verheissen / und bey ihm ewig halten wollen / tröstet / und so viel möglich aus der Noth hilft [welches ihm doch der getreue Sott nicht allewege verstattet] damit er sie dan̅ mehr u. mehr verstricket / und daß er sie bey Gott wegen ihres vielfältigen Sündens mehr verhast mache / überredet er sie / daß sie solche Künste nicht überkommen mögen / es sey dann / daß sie die Heilige Sacramenta mißbrauchen / unschuldige und ungetauffte Kinder braten und kochen / und andere Dinge / die man billig verschweiget / mehr thun. Und diese Mittel schläget er ihnen nur zum praetext und Schein vor / die doch zur Sache nichts thun / noch auch: aus einigen Kräfften allein helffen / sondern nur ein Zeichen seines Bundes / den er mit ihnen machet / sind. Er aber übet indem seine eigne Kunst durch andere natürliche Mittel / mit welchen er sie entweder schlaffend machet / oder verursachet / daß sie die Pein wenig empsinden / indem er den angehengten Stein / ohne anderer / so gegegenwärtig sind / einziges Vermercken aufhebet / oder Seyl und Stricke nachläst oder anziehet: Er kan auch etwas darzwischen halten / daß sie die Instrumenta nicht so hart empfinden / so kan er auch einen andern Leib mit Verblendung aller Umstehenden zur Zeit an der Unholden stat stellen / welches Letztere doch GOtt selten zulässet / zumahl wenn der Judex und die andern Gerichts-Personen / wie obgedacht / fleißig bethen.
Hermann. Goehausen, in Process. Jurid. contra Sagas & Venesicos. tit 3. lit. V. in addit. pag. 172. & 173. nec non tit. 7. Lit. A. C. D. pag. 313. us??? 318. & in addit. pag. 140. 141. & 142.
Del-Rio lib. 5. Disquis. magic. Sect. 9. Freudius d. tr. q. 315. CCXXXIX. Zum andern pfleget er den Seinigen tapffer zuzusprechen / so bald sie von der Obrigkeit gefänglich eingezogen werden / sie solten ja ver [354] halten / und nicht schwätzen / er wolle ihnen beystehen / und wieder davon helffen. Remigius, lib. 3. daemonolatr. c. 8. Allwo er solches mit folgenden Exempel bestättiget / wenn er also schreibet: So bald Quirina Xallaea Anno 1587. in Lothringen ist in das Gefängnis kommen / hat sie ihr Teufelischer Buhl-Geist besucht und gewarnet / sie werde nicht davon kommen / sie habe dann sehr grosse Volter-Pein außgestanden / solte allein eine geringe Zeit die Schmertzen dulden / so werde sie davon kommen / er sey auch bereit / wenn es nöthig ist / ihr beyzustehen und zuhelffen. Gleichwie er vorgesagt / so ist alles erfolget / denn als sie unter der Volter scharff gepeiniget ward / hat sich ihr Buhle unter ihre Haarhaube gesetzet / ohne Unterlaß sie getröstet / jetzt und jetzt werde es ein Ende haben / und sobald er etwa aus einen geringen Zeichen vermercket / daß die Herren wolten abhalten / kahm er ihnen alsbald vor / als wann er allein verursacht hätte / daß sie aufhielten / und sagt ihr alsdann / jetzt hat es ein Ende. Alß aber ihr zuletzt unmöglich war zuhalten / daß auch der allerhärteste Mann / so zufinden / solchen Schmertzen natürlicher Weise nicht hat können überstehen / rief sie überlaut / und sagte / thut micht von dannen / dieser Meineydische Gesell hat mich lang gnung mit Worten betrogen / und immer gesagt / es habe ein Ende. Ich wil die Warheit bekennen! Und hat alles / nachdem sie vorerst ihrem verführischen Buhl-Geist abgeschworen / was sie bey der Zauberey gewircket und begangen / ordentlich erzehlet und bekant. CCXL. Drittens machet dieser stoltze Geist etlichen seiner lieben Getreuen weiß / daß er ein grosser GOtt sey / und so einer von ihm abfalle / dem wolte er in Ewigkeit peinigen / als wenn es bey ihm allein stünde / die Verdamten zu plagen / da er doch für sich selbsten mit seiner eignen Pein und Verdamnis / wie die andere / auch gnug zutragen und außzustehen hat.
Goehausen, d. tr. tit. 7. pag. 32z.
Remigius cit. lib. 3. Daemonolog. c. 10. ubi exemplum Alexiae Bethoriae de Anno 1585. affert. CCXLI. Zum Vierdten setzet er sich auch iezuweilen in ihre Leiber / welches dann auch Gott über solche Verstockte und abtrünnige Christen verhängt / daß sie weder erden noch bekennen können. Denn da verstopffet er ihnen den Hals und Kehle / und bindet ihnen gleichsam die Zunge / daß sie kein Wort recht vorbringen können / und eben als Stum seyn / wie den [355] Marci IX. von einem Mensche gemeldet wird / den der Böse Geist taub und stum gemacht hatte / und hernach von CHristo ausgetrieben wurde. Dieses erkante Anna Xallaea Anno 1587. bey obgedachten Remigio, citat. lib. 3. c. 8. Als sie unter der Volter war / hat sich der Buhl-Geist in ihren Halß gesetzt / daß sie nicht schwätzen konte / wo sie vieleicht aus grossen Schmertze̅ gezwungen wurde zu reden; Und hatte dieselbigen / so dabey wahren / ihr Urtheil und Meinung nicht betrogen: Dann sie hatten observiret und wahr genommen / daß der Hals dermaßen geschwollen / daß er dem Kinne gleich war / sonst auch war sie so verbleicht / daß sie leichtlich erachten könten / daß sie in grossen innerlichen Aengsten ware. Deßgleichen erzehlet Remigius im selbige capite daß der Satan Franciscam Fellaeam verhindert habe / daß sie nicht schwätzen können. Freudius in Gewissens-Fragen von Zauberey q. 315. n. 12 führet aus Rimphofs Drachen-König pag. 89. an / daß eine Hexe zu Verden bekant / der Satan hätte ihr auf der Volter kalte Materien in den Mund gegeben / davon ihr der Hals zugeschwollen / und sie daher nicht reden können / auch die Schmertzen damahls nicht sonderlich geachtet. CCXLII. Zum Fünfften verstopffet er ihnen gleichfals die Ohren / daß sie nicht hören / was der Judex sie fraget / wie abermahl Remigius d. c. 8. & 9. wie auch Petr. Binsfeld, in Comment. ad tit. Codicis de Melef. & Mathemat. concl. 15. pag. 704. bezeugen. Oder schmieret sie mit einer sonderlichen Salbe oder Oel / welches die Nerven und Sinne betäubet / daß sie ihre Wirckung nicht Recht haben können / und also keine Pein noch Schmertzen fühlen. Francisc. Torreblanca, Lib. 2. de Magia c. 23. n. 10. CCXLIII. Sechtens partiret er ihnen Zettel oder Briefchen zu / darauf allerhand Characteres, Creutze / Zeichen / Teuffels Larven und Nahmen geschrieben und gebildet sind / welche sie in den Mund unter die Zunge fassen / oder in die Ohren / Naselöcher / oder welches am meisten geschiehet / unten in den Mastdarm / oder andern heimlichen Orthen des Leibes bey sich stecken / dadurch sie induriret und verhärtet werden / daß sie keine Tortur, wie groß sie auch sey / achten.
Del-Rio d. lib. 6. Disq. Magic. Sect. 9.
Torreblanca, cit. Lib. 2. c. 23. n. 1. & 2.
Binsfeld. d. concl. 15.
|| [356]
CCXLIV. Siebendens bringet er ihnen / wie Pomponatus Lib. de Incantationibus c. 5. wil / ein Hembd mit vielen erschrecklichen Teuffels-Bildern und Zeuberirischen Zeichen besetzt / welches sie anziehen müssen / ehe sie auf die Reckebanck oder Lither kommen / und die Krafft haben sol / sie Stahl- und Eisenfest / auch wider alle Marter unempfindlich zu machen / so CAMISIA INFERNI, oder das Noth-Hembde genennet wird. Del-Rio lib. 2. q. 21. pag. 232. Dergleichen Teuffels-Hembd haben vor Alters viele grosse Herren / Generales und hohe Officirer im Kriege sich geschafft / und an den blossen Leib getragen / vor allerley Geschos und Waffen fest und sicher zu seyn.
Zeiler, Epist. 350. pag. Edit. in fol. 400.
Just. Georg. Schottel, in tr. von unterschiedl. Rechten in Teutschland c. 14. n. 8. Es haben auch die gebährenden Weiber / wenn es hart gehalten / solch Hembd angezogen / in Hoffnung / sie würden desto leichter entbunden werden. Matth. Webner. Pract. Observ. v. Noth-Hembd. p. 383. Item Schottel. d. loc. Drum es auch den Nahmen Noth-Hembd bekommen / weil man es in der Noth gebraucht. Simon Majolus Dier. Canicul. tom 2. colloq. 3. fol. 264. Und führet Johannes Wierus lib. 4. de Praestigiis Daemonum cap. 15. an / daß er bey einen vornehmen und tapffern Ritter ein solch Noth-Hembd gesehen / welches dieser von seinen Vetter / auch einen berühmten Krieges-Officirer, bekommen. Wie es aber gemachet worden / und ausgesehen / beschreibet Wehnerus an obgedachten Orth mit folgenden Worten: Hujus indusii conficiendi ratio haec erat, non superstitiosa minus ac magica. Nocte Natalis Christi filum ex lino in nomine [horret animus dicere] Diaboli notae castitatis puellae nebant, texebant, consuebant. In pectore duo assuebantur capita, in quorum dextro long a pendebat barba, & velut galea erat imposita: Sinistrum autem horridum & corona ornatum, instar Daemonis. Latus utrius??? muniebatur cruce. Longitudine à collo medium hominem contegit indusium cum manicis &c. CCXLV. Achtens lehret er ihnen auch wohl einen so genanten Seegen [357] oder Gebethgen / welches sie / indem der Scharffrichter ihnen die zur Peinligkeit gehörige Instrumenta anleget / oder an der Leither aufziehet / hermurmeln / ihrer Meinung nach / dadurch solchen Instrumenten die Krafft zuentziehen / oder vielmehr dieselbe zu hemmen / daß sie nicht so derb und feste / wie sonst / zusammen gehen / noch auch allzuhart drücken / allermaßen denn auch die Heyden vor wahr gehalten / daß durch heimliches Ansagen etlicher Zauberischen Verse, die Schärffe und Schneide der Schwerter und andern Waffen so stumpff gemacht würden / daß man auch die Haut nicht einmahl damit aufritzen / vielweniger durchhauen oder stechen können. Sprenger in Malleo Malesic. part. 2. Quaest. 1. c. 16. CCXLVI. Sonderlich aber nehmen sie Zum Neundten ein Pulver / welches sie heimlich bey sich in den Kleidern verborgen haben / den Tag / wenn sie sich besorgen / daß sie gevoltert werden möchten / reiben oder besprengen den blossen Leib damit / oder stecken es in Papier gewickelt in heimliche Orthe / welches vom Hertz und andern Gliedern eines ungetaufften / und gewaltsamer weise umgebrachten Kindes bereitet wird.
Torreblanca, d. lib. 2. c. 23. n. 17.
Sprenger, citat. tr. part. 3. q. 14. & 15.
Freudius, in der Gewissens-Fragen von Zauberey / quaest. 315. Drum soll der Judex nicht allein der Hexenmeister / Zauberer und Unholden Kleider / so bald sie gefangen genom̅en werden / durch die Gerichts-Diener besuchen / ob sie etwan / welches ihnen gar gemein ist / Galgen- oder Gesicht-Ringe / Fahren-Saamen / Teufels-Dreck / Venus-Kraut / Obligationes und Verbündnüsse mit dem Teufel / Pulver / oder sonst verdächtige Zettel mit unbekandten Buchstaben / Ziefern / Teufels-Bildern und dergleichen Dinge bey sich tragen / Goehausen, in Proc. contr. Sagas, tit. 7. lit. F. pag. 326. sondern auch in ihren Wohnungen / in Kasten / Schräncken / Kellern / Betten und andern Orthen mit Fleiß visitiren lassen / ob sie Menschen-Gebeine / Diebes-Daumen / Geträutig / oder Kröten in Scherben oder Töpffen haben / und behalten.
Vid. Freudii Gewissents-Fragen von Zauberey q. 317. n. 3. ibi??? allegati DD.
Hyppolitus de Marsiliis, in Pract. Crimin. §. nunc videndum n. 52. dicit, quod farina cum lacte matris & filiae mixta, epota & sumpta à reo, [358] vel placenta inde facta devorata sistat dolores tormentorum. Andere schlingen deshalber einen Weiser oder König der Bienen / so keinen Stachel hat / hinter. Torreblanca. a. d. c. 23. n. 18. CCXLVII. Zehendens schneiden sie an ein und andern Orthe ihres Leibes die Haut auf / schieben ein Zettelchen mit zauberischen Buchstaben und Zeichen beschrieben hinein / und heilen es wieder zu / welches man von den Juden saget / welche es an ihren noch zarten Kindern zu thun pflegen.
Hippolyt. de Marsil. in Prax. Crim. tit. de Quaestion.
Paris de Puteo, de Syndicatu cap. de tortura, q. 4.
Damhouder, in Prax. Rer. Crimin. cap. 37. Oder verstecken solches unter die Haare. Christoph. Crusius, de Indiciis delict. part. 2. c. 32. n. 29. CCXLVIII. Der Teufel pfleget auch wohl öffters seinen lieben Getreuten / so bald er einen Bund mit ihnen gemacht / dieselbe in seinem Nahmen gemißtauffet / sie die Heilige Dreyfaltigkeit verschworen / und er mit ihnen unmenschliche Unzucht getrieben / ein Merckmahl und Zeichen einzudrücken / entweder hinter den Ohren / im Nacken / zwischen den Lefzen / unter den Augenbraunen / auf der rechten Achsel / oder unter den Arm / an der Maus in der Hand / zwischen den Brüsten / auf den Rücken / Lenden / Hüfften / unter den grossen oder kleinen Zeen / oder wohl gar s. v. an der Scham und Hindern / welches gegen der andern Haut etwas erhaben / und wegen der Narben hüglicht / auch gantz ohne Blut / und unempfindlich ist / daß ein solcher Mensch nichts dran fühlet / wenn gleich mit Nadeln / Pfriemen oder andern Instrumenten darein gestochen wird.
Nicol. Remigius, Daemonolatriae c. 5. p. 18
Joh. Bodin. lib. 2. de Magorum Daemonomania c. 4. Edit. Latin. 202. German. p. 291. & seqq. §. Es seynd etliche.
Freudius, in Gewissens-Fragen / von Zauberey und Zauberern / quaest. 26. pag. 46.
Berlich, part. 4. concl. 4. n. 154.
Petr. Ostermann, in tr. de Stigmatibus, Sect. 8. pag. 21. & seqq.
Walburger, de Lamiis quaest. 2. §. 5. pag. 17. Die Heren pflegen es einen Teufels-Kratz zu nennen. Dither, in addit. ad Besold. Thos. Pr. voc. Hexen / Unholden / pag. 389.
|| [359]
Und das thut er darum / wenn er besorget / es möchte der Mensch wieder abwendig werden / Walburger, de Lamiis. c. 3. q. 2. §. 5. Damit wenn er solch Stigma oder Merckmahl ansehe / er sich stets des gemachten Bundes erinnern / und desto standhaffter verbleiben möchte / demselben beredende / daß wenn er schon eingezogen würde / und in Verhafft käme / dennoch keine Obrigkeit ihm was anhaben / noch er auch die Marter / so man ihn anzuthun vermeinete / fühlen solte / wegen des Zeichens / so er an sich trüge.
Idem Freudius, d. loc,
Joh. Georg. Gödelmann, de Magis, Veneficis & Lamiis, lib. 3. c. 3. n. 26. & 27. CCXLIX. Solche Zeichen aber sind nicht einerley / sondern etliche sehen aus wie ein Hasen-Fuß / andere wie eine Kröten-Kralle / theils als ein kleiner schwartzer Hund / Ratte / Maus / Spinne / Fliege / und dergleichen.
Torreblanc. lib. 2. de Magia, cap. 23. n. 21.
Paul. Grilland, de Sortileg. lib. 2. c. 3.
Bodin. d. lib. 2. c. 4. pag. 292. & lib. 4. c. 4. pag. 369.
Gödelmann, lib. 3. c. 3. n. 26. Mauritius, in Consil. Chilonens. pag. 299. referirt von einen Hexen-Zeiche̅ / darinen zwar kein Character, es aber doch anzusehen gewesen / als ob es mit einer Pfriemen gestochen / und zugeheilet wäre. Bey etlichen sind es nur schwartze Strichlein oder runde Zirckel oder Flecken / wie ein Dreyer oder Groschen. Theils Hexen bekennen / daß der Satan ihnen solche mit seinen Klauen eingedrückt / andere aber / er hätte ihnen dieselbe gebissen. Wenn sie zum Erkäntnis kommen / bitten sie wohl selber / man möchte ihnen solch Zeichen weg- und ausschneiden / in Hoffnung / sie könten dadurch üm so viel eher wieder von ihn loßkommen.
Ostermann, d. tr. Sect. 8. pag. 29.
Vide Freudium, d. q. 26. pag. 46. Welches aber gefährlich ist / indem man Exempel hat / daß wenn es geschehen / sich etliche zu Tode geblutet / und also bey ihrem Leben dem Feuer entgangen.
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CCL. Daher auch erfahrne Scharfrichter am ersten nach solchen Merck-Zeichen fragen / dieselbe suchen / und damit gemeiniglich die Tortur anfangen. Bodinus, supra dicto loco. Oder / so bald man solch Hexen-Gesinde gefangen nimmt / werden ihnen die Haare am gantzen Leibe abgeschoren / daß man solch Stigma desto eher finden könne. Walburger, cit. cap. 3. q, 2. §. 5. pag. 17 CCLI. Wiewohl der böse Geist vielmahl solche Zeichen wieder auslöschet / daß man bey etlichen keine findet / sonderlich bey denen / da er weiß / daß sie ihm treu bleiben werden / Walburger, dict. tract. c. 3. q. 2. § 5. Bervorab wenn es Könige oder Königinnen / wie man sie nennet / oder Erb-Hexen sind / da die Kinder von den Eltern strack in der Jugend ihm zugeführet werden / und solche schwartze Kunst immer auf Kindes-Kinder in infinitum fortgepflantzet wird / oder / wenn eine alte Hexe sterben wil / einer andern ihren Buhlen nebst Darreichung eines gewissen stück Geldes überlässet und verhandelt / dergleichen Exempel mir selberbey Volführung unterschiedlicher Inquisition Processe wieder die Hexen vorkommen sind. CCLII. Von solchen Hexen-Zeichen hat Petrus de L’ Ancre, Lib. 3. Disc. 2. ausführlich geschrieben / und viele Exempel angeführet / den man aufschlagen kan. Item
Ostermann. de Stigmatibus, Sect. 8. per tot.
Lamb. Danaeus. in Dialog. de Sortiar. c. 4.
Thomas Erastus, in Disput. de Lamiis pag. 532.
Petrus Erodius. lib. 5. rer judicat de Malef.
Martin. Del-Rio lib. 2. Disquis. Magi car. q. 21. pag. 103.
Jo VVilh. Magen, Disp. de Characteribus A. 1682. Jen. hab. Cap. II. §. 2.
Joh. Jordanaeus, de Proba stigmatica, per tot. qui ultimus refutat Ostermannum. CCLIII. Dn. Stryke, in tr. de jure Sensuum Dissert. 7. c. 4. n. 14. de his signis ita sentit & judicat. Non spernenda sunt planè stigmata, nec tamen illis tanquam infallibili indicio fides habenda. Alia adminicula [361] si desint, hoc ad torturam inferendam inefficax. Etenim ex certis demum indiciis, non ex occultis & dubitatis, judex ad illam debet pervenire Stigma tale relictum sibi non est, quippe adhuc in controversia, an Diabolus habeat hanc potestatem inurendi ejusmodi stigmata. Et si habet, annon interdum & naturaliter ejusmodi, non quidem mortificata, sed connata stigmata in aliis reperiantur. Alia ergo, quae suspectum reddere possunt accusatum, indaganda, quae sicubi affuerint, iisque indiciis stigma accesserit, tunc torturâ veritas ulterior exquiri potest. CCLIV, Petr Gregor. Tholosanus, in Syntagm. Jur. Univ. lib. 54. c. 21. n. 10. testatur, quod Tholosae Anno 1577. plus quàm quadringentae Veneficae reae pertractae sint, quarum pars Vulcano sacratae, pars aliis tormentis sublatae vel emendatae fuerint. Et quod mirum est dicere, omnes ferè à Diabolo notam inustam certo loco habebant. CCLV. Es muß aber ein solch vom Teuffel eingedrücktes / gekratztes oder gebissenes Zeichen dreyerley Eigenschafften haben. [1] daß sie nichts dran fühlen / wenn gleich der Scharffrichter mit einer Nadel oder Pfrieme hinein sticht. [2] daß es impenetrabel sey / und nicht gantz durchstochen werden könne / sondern etwas hartes drin sey / so resistiret [3] daß es kein Blut von sich gebe / quod ab experientia docet Joh. Jacob Speidel. in Specul. Jur. in voc. Hexen §. Sexto quemadmodum Deus. infin. CCLVI. Drum geben die Criminalisten diese Lehre / daß / wenn ein solch Stigma sich an einen Zauberer oder Hexe fünde / man denselben / wenn hinein gestochen werden sol / vorher die Augen verbinde / denn sonst könten sie sich stellen / und überlaut schreyen / wenn sie das stechen sehen / als wenn es ihnen wehe thäte.
vid. Del-Rio lib. 5. Disquisit. Magic. lib. 5. Sect. 4. §. 28.
Walburger, de Lamiis c. 8. §. 9. pag. 97. & 98. Et omninò Oldekop, tit. 4. Observ. Criminal. 12. n. 4. & 5. pag. 252. CCLVII. Johan Georg Gödelmann, in seinen Tractat de Magis, Veneficiis & Lamii rectè cognoscendis & puniendis, lib. 3. cap. 10. n. 39. schreibet auch / daß die Ubelthäter wider die Marter und Pein sich zuverwahren / auf der Volter etliche Oerther der Heil. Schrifft mißbrauchten / son [362] derlich der Worte im 44. Psalm Eructavit cor meum verbum bonum, veritatem nunquam dicam Regi. Item Luc. 4. Jesus autem transiens per medium illorum ibat. Und Wierus, de Praestigiis daemonum lib. 5. cap. 12. pag. 546. erzehlet unterschiedliche Exempel derer / die sich solcher Red-Arthen bedienet. Hippolitus de Marsiliis in Pract. Crim. §. nunc videndum. n 25. sub fin. auctor est, solere reos reasve, maximé dum ligantur, submissâ voce verba Passionis Dninostri Jesu Christi recitare haec, quae incipiunt ibi: Quem quaeritis? Jesum Nazerenum? Si ergo me quaeritis, sinite hos abire; & sequentia, usque ad verba: Inclinato capite emisit Spiritum, atque his dictis protinus dormire solere veneficas in tortura, & nihil sentire. Quidam etiam, ne dolores sentiant, solent pronunciare hos versus:
Imparibus meritis tria pendent corpora ramis,
Dismas & Gestas in medio est Divina potestas,
Dismas damnatur, Gestas ad astra levatur.
VVierus de Praestig. daemon. lib. 5. c. 5.
Goedelmannn. de Mag. & Venef. lib. 3. c. 10. n. 39.
Crusius de Indic. delict. p. 2. c. 32. n. 25. Quos tamen deridet Goehausen. in Process. jurid. tit. 3. lit. U. in not. pag. 179. in tr. de Syndicatu. CCLVIII. Paris de Puteo, und auß demselben Carpzov. Pract. Crim. p. 3. q. 125. n. 64. schreiben / daß die Hexen und Zauberer zu gewisser Zeit miteinander im wilden Walde zusammen kähmen / und sich selber untereinander peinigten und volterten / damit wenn sie ja von der Obrigkeit eingezogen würden / sie derselben schon gewohnt wären / und sie vor nichts achteten. CCLIX. Dieser Induration und Verhärtung zubegegnen / und sie aufzulösen / gebrauchen sich theils Peinliche Richter folgender Mittel / sonderlich bey den Catholiken / daß sie ihnen. Weihwasser durch den Mund eingiessen / auch zuweilen noch wohl einen oder mehr Tropffen geweihetes Wachs darunter thun / oder aber / daß sie die Peinliche Frage / unter Haltung einer Messe / vornehmen / oder / daß man darbey einige Sprüche der heiligen Schrifft mißbrauchet / so die Hexen und andere Inquisiten nachsprechen [363] müssen / als: Dominus labia mea aperiat, & os meum annunciabit veritatem. Item: Eructavit cormeum verbum bonum, dicam ego cuncta. opera mea Regi: Item, Confundatur nequitia peccatoris, perdat omnes, qui loquuntur mendacium, &c.
Paul. Chirland. in tr. de Sortileg. Quaest. 4. n. 14.
Martin. Del-Rio, lib. 5. Disquis. Magicar. Sect. 9. v. ut his judices & lib. 6. c. 2. Sect. 3. q. 3. lit. Dd.
Berlich, p. 4. Concl. 4. n. 173. Oder / sie hengen denen zauberischen Personen / so bald sie ins Gefängnis kommen / geweihetes Wachs / oder ein Agnus Dei an den Hals / welches sie immer / auch bey wärender Tortur anbehalten. Oder geben ihnen geweihetes Saltz mit unter die Speise / und Weihwasser unter den Tranck. Ja sie sprengen auch die Volter- und Verhör-Cammer damit / Item die Gefängnisse. Vid. Goehausens Proceß. Jurid. contra Sagas, tit. 7. von pag 325. biß 333. Itemin addit. pag. 175. & 186. nec non pag. 344. & 345. CCLX. Allein diefe aberglaubische Dinge werden nicht gebilliget / sondern sind abzuschaffen. Es soll sich auch keiner der verdächtigen Worte / so denen auf der Leither hangenden ins Ohr gesaget werden / dadurch das Maleficium taciturnitatis strack aufgelöset wird / und sie alles haar-klein bekennen müssen / was sie gethan haben / gebrauchen / wovon Hippolitus de Marsiliis, in Pract. Crim §. nunc videndum, so viel rühmens machet / daß er solche probat befunden / und offt damit grosse Ehre eigeleget habe. Mich. Paris Walburger, de Lamiis, c. 8. §. 12. pag. 109. CCLXI. So ist auch denen Scharfrichtern zu verbiethen / daß sie ihre also genandte Hexen-Suppen zurücke lassen / von welchen drunten unter den Capitel von der Scharfrichter Buben-Stücken mit mehrern gehandelt wird.
Oldekop, tit. 2. Observ. Crim. 16. & tit. 4. obs. 15. & 54.
Paul. Zachias, lib. 2. Quaestion. Medico-leg. lib. 2. tit. 1. q. 3. n. 34. & seqq.
Brunnemann, in Proceß. Crim. cap. 8. n. 69. in fin.
Schilling. de Reit. tort. c. 3. §. 23.
|| [364]
CCLXII. Folgende aber sind nach der Criminalisten Meinung zuläßig: [1] Daß man solche verhärtete Leuthe durch die Prediger des Worts GOttes fleißig besuchen / ihnen ihre Sünden vorstellen / von dem mit dem Teufel gemachten Bund ab / und in ihren vorigen Tauff-Bund wieder zu treten / aufs neue dem Teufel und allen seinen Wercken und Wesen abzusagen / und zum Bekäntnis der Warheit ermahnen / auch fleißig mit ihnen bethen lassen solle.
Del-Rio, disq. Magic. lib. 5. Sect. 9. & 10.
Nicolai, de Magic. Action. c. 11. exers. 10. th. 7. n. 15. Freudius, in Gewissens-Fragen von Zauberey q. 316. n. 2. [2] Soll man / wenn es ein Weibes-Bild ist / durch andere unverdächtige Weiber an einen besondern Orth sie nackend ausziehen / und den gantzen Leib mit warmen Wasser abwaschen lassen / damit wann sie etwan mit der obgedachten Salbe oder Oel beschmieret wäre / solches abgehe. Ist es ein Mann / geschicht es durch Manns-Personen. Del-Rio, d. lib. 5. Sect. 9. [3] Werden ihnen ihre ausgezogene Kleider nicht wieder / sondern andere angethan / damit ihnen das jenige / was sie etwam an Teufels-Künsten drinn vernehet und verborgen haben / nicht zu statten komme. Brunnemann d. c. 8. n. 70. Goehausen, in Process. Jurid. contra Sagas, tit. 3. lit. t. pag. 134. schreibet / daß an Theils Orthen man ihnen Säcke anlege / und sie drin voltern lasse. [4] Man schneidet ihnen auch wohl die Haare vom Kopff / Bart / Augenbraunen / unter dem Armen / an den heimlichen Orthen / und vom gantzen Leibe weg. Bey Männern geschicht solches abermahl durch Männer / bey den Weibern aber durch Weibes-Bilder: Worzu sonderlich der Nachrichter und dero Knechte Weiber zugebrauchen. Freudius, in Gewissens-Fragen / von Zauberey / q. 316. n. 5. p. 605. Maßen denn kein rechtschaffener / auch Zucht- und Ehrliebender Judex zugeben sol / daß die Scharffrichter / oder ihre Knechte schändlich mit dem Weibes-Volck umgehen / mit angesteckten Strohwischen / wie sie gemeiniglich zuthun pflegen / ihnen die Haare schändlich absengen / und darbey offt so sehr verbrennen / daß sie vor Schmertzen nicht zubleiben wissen. Nicht aber geschiehet es der Meinung / daß durch solche Hinwegnehmung der Haare / die Stärcke ihres Leibes und Gemüths geschwächet werde / nach dem Exem [365] pel Simsons [quod esset magicum & superstitiosum] sondern darum / weil die darin / und in den Außgängen ihres Leibes / mit unbekanten Buchstaben / Bildern und Zieffern bemerckte Zettel und andere Dinge / womit sie solch Maleficium taciturnitatis zuwege bringen / desto leichter zum Vorschein kommen und funden werden: Allermassen den deßhalber in den Mund / Ohren- und Naselöchern / auch den heimlichen Außgängen des Leibes mit Fleiß nachgesucht / auch sonst nachgesehen werden muß / ob sich eine verdächtige Narbe / oder andere Zeichen am Leibe finden. CCLXIII. Und ob wohl Johann. Seiffert, in seinem Gewissens-Buch / von Processen gegen die Hexen / Quaest. 31. & q. 51. n. 19. & seqq. Item D. Meyfart, in der Christl. Erinnerung an gewaltige Regenten / c. 24. pag. 191. Wie auch M. Bernhard. Waldschmid / in Pythonissa Endor. p. 341. und andere mehr diesen wiedersprochen: Ja Michael Freudius, in den Gewissens-Fragen / oder gründlichen Bericht von Zauberey und Zauberern / quaest. 251. n. 6. Diese Worte davon führet: Die Hencker bescheren die Hexen / und sengen mit einem Licht die Haare auf und in der Haut hinweg / nicht allein am Haupt / und unter den Armen / sondern auch an heimlichen Orthen: welche an frembden Menschen anzugreiffen im Gesetz bey Handabhauen verbothen und gestrafft. Deuteron. 25. v. 11. & 12. Sie wenden vor / der Teuffel sitze den Hexen in Haaren und Schaam / den wollen sie so vertreiben. Odes armen Teuffels / der sich mit so kleiner Lichts-Flamme und Rauch verjagen lässet / daß doch ein Kind außblasen könte! Vielleicht thuts aber das Licht nicht / sondern ein stärcker Teuffel / den die Hencker bey sich haben. Und wie / wann er inwendig im Bauch säß / dahin Scheren / Licht / Flamme und Dampf nicht kömmet? O der Abergläubischen schändlichen Wercke? Und wie sol ich es nennen? Göttlich ist es nicht / Englisch ists nicht / Christlich ists nicht / Jüdisch / Heidnisch / Türckisch ist es nicht / Viehisch ist es nicht / den̅ nur daß die Hencker in alle Löcher riechen / wie die Hunde / und andere Nachgucken / wie die Affen] so ists gewiß Teuflisch: Ja Teuflisch und nicht Menschlich ists. Es ist überaus grosse und schändliche Zauberey sc.
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So ist doch dieses offt und vielmahl bewährt ersunden worden / daß auch viele Criminalisten demselben beypflichten / und in den Urtheln zuweilen es mit angeführet wird.
Hippol. de Marsil. Pract. Crim. §. nunc videndum, n. 52. vers. & sineiliter.
Flam. Chartar. lib, 4, de Interrog. reor. c. 1. n. 22.
Tranq. Ambrosin de Proceß. inform. lib. 4. c. 7. n. 5.
Petr. Greg Tholosan. Syntag. J. U. lib. 34. c. 21. n. 10.
Additio antiqua ad cap. 7. lib. 2. pract, crim. Jacobi de Bello visu pag. m. 498.
Joh. Georg. G???delmann, de Magis & Venef. lib. 3. e. 10. n. 37.
Bodinus, lib. 4. de Daemonomania, c. 1. sub fin.
Brunnemann, in Proceß. Crim. c. 8. n. 70.
Dither, in Contin. Thes. pr. Besold. v. Hahr-rupffen & v. Radiren in fine.
Michael. Paris Walburger, de Lamiis, c. 8. §. 12.
Nicol. Remigius, de Daemonolatr. lib. 3. c. 9. post pr. vers. sunt & qui. Berlich, p. 4. Concl. 4. n. 174.
Goehausen, in Proceß. Judic. contr. Sagas, tit. 3. lit. T. pag. 134. & in not pag. 77 & 178.
Freudius, sibi ipsi contrarius, quaest. 316. Cumanus, ein Inquisitor wieder das Hexen-Gesinde / hat An̅o 1485. ein- und viertzig Unholden verbrennen lassen / die / nachdem ihnen die Haare abgeschnitten / und die Kleider verwechselt gewesen / ohne einzige Marter bekant haben. Del-Rio. saepè dict. lib. 5. sect. 9. Jodocus Damhouderus, in Praxi Rer. Criminal. cap. 37. n. 21. führet ein Exempel an von einem Weibe zu Brück in Flandern / die allerhand Wunder-Curen verrichtet / letzlich aber / als eine Zauberin eingezogen worden / die auch nichts bekennen wollen. Als ihr aber die Haare abgeschnitten wurden / fand man ein klein Zettelchen von Pergamen s. v. in ihrer Scham / darauf allerhand Teufels-Nahmen mit † unterschieden stunden. Nachdem man solches weg that / bekandte sie allen Betrug / mit dem Zusatz / wen̅ sie ihr nicht die Haar abgeschnitten / und das Zettelchen genommen / würde man aus ihr nichts gebracht haben. Wiewohl jener leichtfertige Bube / dessen Georg Lauterbeck, in seiner gründlichen und rechten Unter [367] weisung von Peinlichen Fragen / welche Abraham Saur mit etlichen Observationibus und Notatis Anno 1593. anderweit heraus gegeben, pag. 26. gedencket / solche Absengung der Hare nichts geachtet. Denn als der Richter denselben wegen einer grossen Missethat / die er in Güte nicht bekennen wolte / mit Brand aufs hefftigste angreiffen ließ / also daß der Scharfrichter / selber sagte / er wüste auf dasmahl weiter nichts gegen den Gefangenen vorzunehmen / hat auch die Hand voll Licht / damit er ihn gebrennt / ausleschen und weg thun wollen. Wie aber der Gefangene / so noch auf der Leiter gelegen / solches wahrgenommen / hat er den Nachrichter mit den noch brennenden Lichtern zu sich geruffen / und mit diesen Worten angesprochen: Lieber Meister / ich habe noch dahinden / s. h. in podice, erzliche Haar / die senget mir doch auch heraus / dessen sich der Scharfrichter nicht versehen / weil / wie obgedacht / er denselben sehr hart mit den Brennen schon zugesetzt / hat dannenhero ihn gefraget / ob es sein Ernst sey? drauf er geantwortet Ja / und als er ihm die Lichte an den Orth gehalten / und gebrennt / daß es gestuncken / hat der Bube gesagt; darecht / lieber Meister! da recht! da jucket es mich / Danck habe lieber Meister! und also den Richter / mit den Schöppen und Gericht-Schreiber / wie auch des Henckers gespottet / und sie ohne einzig Bekäntnis abziehen lassen. CCLXIV. Man soll auch sonderlich die verdächtiger Hexerey halber eingezogene Inquisiten nicht in düstere und abgelegene Gefängniß stecken / sondern an einen gewöhnlichen Orth mit Wächtern bewachen lassen / denn man hat aus der Erfahrung / daß wenn sie etliche Tage alleine gelassen worden / ihr Buhle / der böse Feind / sich bey sie eingefunden / und ihnen allerhand Einschläge gegeben / wie sie entweder sich selbst ümbringen / oder alles aufs leugnen stellen / und nichts bekennen / oder wenn sie schon bekandt / revociren sollen.
Joh. Bodin. lib. 4. Daemonom. c. 1 post. med. vers. optime,
Walburger, de Lamiis ???7 §. 3. pag, 87. & §. 5. pag. 88.
Danaeus, in Dialog. de Sortiar. Allermaßen Nicolaus Remigius, Lib. 1. Daemonolatr. c. 13. ein Exempel anführet von einer Hexen / Anna à Ban̅o genant / welche / als sie mit vielen Zeugen überwiesen / und mit der Volter bedrohet worden / alle ihre Zauberey-Laster bekant / und vor Gericht dem Teuffel wieder abgesagt hat [368] te / ist dieser lose Gast / als sie allein im Kercker saß / und niemanden bey sich hatte / zu ihr kommen / und sie erbärmlich geprügelt / auch zur Revocation zwingen wollen / über welchen Tumult und Geschrey die Wächter hinzugelauffen / das Weib errettet / und der Teuffel gewichen. Wie man denn die Striemen noch hin und wieder auf ihren Leibe gesehen. Dergleichen Geschichte erzehlet er mehr an solchen Orth / und lib. 3. c. 6. setzet er viel Exempel von Unholden / welche wegen der greulichen Quaal / Angst und Beträngnis / so sie von den bösen Geistern in den Gefängnissen überstehen müssen / stehentlich und inständig begehret haben / man möchte doch ihnen ihr Recht thun / und sie nicht länger sitzen lassen / damit sie nur von des Teuffels Dienstbarkeit zur Freyheit und durch Christum erworbenen Seeligkeit gelangen möchten. CCLXV. Drum am rathsamsten / daß solbald man solch Gesindlein beym Kops nehmen lässet / strack die aus der summarisch abgehörten Zeugen-Aussage formirte Inquisitional-Articul bey der Hand habe / und sie eilend / ohne Versäumung einigen Tages / darauf examinire: Den̅ zu der Zeit sind sie noch in der Consternation, und können sich nicht so bald aus den Stegereif / wie man zusagen pfleget / resolviren / oder auf unwahre Dinge besin̅en / solche zu ihrer vermeinten exculpation vorzubringen: Maßen den̅ man aus der Erfahrung hat / daß wenn eine Hexe eingezogen wird / der Satan nicht in den moment bey ihr zugegen ist / sondern sie eine weile verläst / da als denn der Judex sie anreden und sich stellen kan / als wenn er ein Mitleiden mit ihr hätte / daß sie sich so schändlich verführen lassen / wodurch manche gewonnen worden / daß sie in Güte ohne Volter bekant hat.
Bodin. d. c. 1. post med. vers. simul at??? poterit. & vers. praetera pag. 543. & 547.
Berlich. part. 4. Concl. 4. n. 164. 165. & 166. CCLXVI. Andere geben den Rath / man solle die Hexen / wen̅ sie examiniret werden sollen / nicht vorwarts / sondern rücklings in die Verhör-Stuben führen / denn wenn sie den Richter eher / als er dieselbe ins Gesichte bekähme / könten sie denselben so bezaubern / daß er gantz gelinde gegen sie würde / und ihnen nichts thun könte / welches aber Del-Rio lib. 5. Disq. Mag. Sect. 7. verlachet / und als Kinder-Possen gäntzlich verwirfft. CCLXVII. Man sol auch nicht gestatten / daß ihnen von ihren Befreundten oder Bekandten oder andern verdächtigen Persohnen / in währender Captur, was zu essen und zu trincken gebracht / oder [369] geschicket werde / weil bey solcher Gelegenheit ihnen nicht allein viel solcher Verhärtungs-Mittel / sondern auch gar Gifft beygebracht werden kan / sich dadurch hinzurichten / und den Scharffrichter beym Leben nicht in die Hände zukommen.
Chartar. suprà, d. loco Ambrosin. c. 7. n. 7.
Carpzov. Pract. Crim. p. 3. q. 152. n. 69.
Freudius Quaest. 316. n. 3. CCLXVIII. Wie denn auch Theils Richter ihnen solche Speisen zurichten lassen / welche die Stärcke des Leibes nnd die Kräffte des Gemüthes schwächen / üm den Schmertzen in der Marter desto eher zu erweichen / welches doch von andern improbiret wird. vid. Oldekop. tit. 4. Obs. Crim. 22. n. 8. & 9. CCLXIX. Wenn der Judex mercket und warnimt / daß die Delinquenten auf der Volter mit dem Maul heimlich pröpeln / vorgebende / sie betheten / sol er sie stets anreden / und fragen / ihr Zauberisches Gemürmel und Teufelische Anruffung zu unterbrechen / damit sie drin irre gemacht / und nicht an einen Stück hin solche hersagen und zu Ende bringen können / sondern auf dasjenige / was man sie fraget / antworten müssen.
Chartar. & Ambrosin. dict. locis.
Brunnemann, in Process. Crim. cap. 8. n. 70.
Walburger, de Lamiis, c. 8. §. 12. pag. 108. CCLXX. Man sol sie nicht immer in einen Gefängnis lassen / sondern damit umwechseln / wenn es die Gelelegenheit des Orthes zulässet. Auch bey der Volter zuweilen andere Daum-Schrauben / Spanische Stifel und dergleichen nehmen. Hippolyt. de Marsil. in Pract. Crim. §. nunc videndum n. ult. in fin. Freudius, d. Quaest. 316. n. 4. CCLXXI. Endlich wird auch vor gut gehalten / daß man das obgedachte Tormentum vigilae an ihnen practicire / und sie zu keinen Schlaflasse / biß sie bekennen.
Binsfeld, in tit. C. de Malef. Mathemat. Conclus. 15. in fin. p. 708.
Damhoud. Prax. Crim. c. 37. n. 22.
Brunneman. in Process. Crim. c. 8. m. 5. n. 70. CCLXXII. Theils sagen auch / man sol sonderlich die Hexen und Zauberer / sobald sie gefangen worden / ohne Verzug und gleich in der ersten Stun [370] de voltern. Item man solte ihnen ein Hembd aus Werck / auf einen Tag gesponnen / gewebet und gemacht anlegen / doch daß der Vorter-Theil hinten / und man sie nicht auf die Erde kommen lasse. Aber dieses ist abergläubisch / und heist warhafftig Zauberey mit Zauberey / und Teufel mit Teufel vertreiben wollen / drum es zu unterlassen. Joh. Jacob Faber, in Specim. Zeli justi Theolog. contra Maleficos & Sagas, pag. 119. & 120. Aber daß kan der Judex wohl thun / wenn er siehet / daß sich eine Hexe / Zauberer oder ander Delinquent, durch Hülffe des Teuffels / fest und unempfindlich auf der Volter machen / daß er inne halte / weil aus der Erfahrung bekant / daß solche induratio und Maleficium taciturnitatis nicht immer an einen Stück hinwähret / sondern nur seine gewisse Zeit hat. Der Teufel auch nicht stets bey de̅ Hexen-Gesinde ist / sondern siezuweile̅ gutes Willens / oder auf Gottes Befehl verlässet / alsdenn kan die Tortnr, ehe sie sich dessen versehen / wieder vorgenommen / und das Bekäntnis herausgebracht werden.
Del-Rio lib. 5. in Append. q. 29, in fin. VValburger de Lamiis c. 8. §. 14.
Goehausen. saepè, dict. Process. contr. Sagas tit. 4. lit. E. pag. 207. & 208. ibi??? alleg. DD.
Joh. Carl. Antonelli de temp. Legali lib, 4. c, 20, n, 6, CCLXXIII. Bey der Tortur sol der Peinliche Richter mit den Gericht-Schöppen und Actuario von Anfang biß zum Ende bleiben / und nicht davon gehen / essen oder spielen / und inzwischen den Scharffrichter mit den Knechten bey dem auf der Leither schwebenden Inquisiten alleine lassen / vielweniger mit den andern Gerichts-Personen in währenden Handel von andern Dingen schwatzen / und fremde Gedancken haben.
Farinac. Quaest Crim. 37. n. 145.
Oldekop. tit. 4. Observ. Crim. 12. n. 6. & Observ. 24. n. 5.
Binsfeld. Comment. in tit. C. de Malef. & Mathem. pag. 691.
Brunnemann, in Process. Crim. c. 8. memb. 5. n. 41.
Dan. Clasen, ad art. 47. Const. Crim. pag. 222.
Maurit. Meibaum, Disp. inaug. de Torturis & tormentis. c. 4. n. 12. p. 32.
Goehausen, in Process. cont. Sagas tit. 3. lit. T p 134. sondern alles wohl attendiren / und den Nachrichte̅r genaue acht auf die Hände geben / damit er der Sachen nicht zuviel oder zu wenig thue / noch auch andere unzulässige Mittel vornehme / die Warheit herauszupressen.
|| [371]
Menoch. de A. J. Q. cas. 340. n. 10. & seqq. Item 23. Vide Caput Von der Scharfrichter / u. ihren Bubenstücken / CCLXXIV. Denn wenn in seiner Abwesenheit die Nachrichter und dessen Gehülffen übel mit dem Inqnisiten umgingen / und derselbe etwan durch alzustrenges Martern auf der Volter tod bliebe / kan er sich mit Bestand nicht entschuldigen / sondern wird pro ratione omissi & commissi bestraffet.
Farinac. in Pract. Crim. dict. tit. de Tortum. Quaest. 37. n. 145.
Menoch. cit. loco. Oldekop. d. tit. 4. Obs. 24. n. 5. p. 290. Ja es kostet ihm seinen Kopf / wenn er unrechtmässiger Weise / ohne gnugsame indicien und Einholung Rechtlichen Erkäntnisses / DOLOSE, MALITIOSE, oder aus Haß und Feindschafft einen mit der Peinlichen Frage so hart angreiffen lässet / daß er drüber stirbt.
Clarus in Pract. Crim. §. ult. Quaest. 64. n. 1. Farinac. Pract. Crim. q. 27. n. 111. & seqq. Carpzov. p. 3. P. C. q. 127. n. 3. 4. 5. 6. & 7. ibique alleg. DD.
Guazzin. tom. 2. defens. 30. cap. 42. n. 1. Freudius, in Gewissens-Fragen / von Zauberey / q. 312. p. 599. CCLXXV. Wenn ein solcher Fall sich begiebt / wird der todte Cörper durch einen Medicum oder mehr besichtiget / um zu judiciren / ob der Reus wegen Schmertzen der Tortur, oder einen andern Zufall gestorben. Brunneman. Proc. Inq. c. 8. m. 5. n. 74. CCLXXVI. Thut er es aber aus Unerfahrenheit und Unverstand / und lässet einen also wieder Recht / ohne die bewiesene Anzeigungen martern / doch daß solcher beym Leben bleibet / muß er denselben wegen der zugefügten Schmach und Schmertzen gebührende Ergetzung thun. Const. Crim. Caroli. V. art. 20. 21. & 61. in fin. ibi??? Georg. Remus & Stephani. Menoch. de A. I. Q. lib. 2. Cent. 4. Cas. 340. Gomez. tom. 3. Resol. c. 13. n. 6. auch die Kosten und Schäden abführen / und dem Ober-Richter eine Wilkührliche Straffe erlegen.
Const. Elect. Sax. 40. part. 4. §. ult. Inq. v. Achts-Process, tit. 10. art. 2. §. 4.
Carpzov. part. 3. Pract. Crim. Quaest. 127. n. 33. & seqq. us???. 43.
Oldekop, tit. 4. Obs. Crim. 2. n. 10.
Gödelman, lib. 3. de Mag. & Venef. c. 10. n. 53.
Praetorius, in Gründlichen Bericht von Zauberey c. n. pag. 221. & 222.
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Massen denn auch der der Churfl. Schöppen-Stuhl zu Leipzig / Mens. Aug. 1624. auf requisition des Schössers zu Hohenstein also erkant. P. P. So wird nunmehr G. A. S. in contumaciam pro confesso & convicto gehalten / derowegen er den an C. S. verübten Angrif mit 100. fl. und das außgestandene Gefängnis / so lange dasselbe gewähret / Inhalts Landüblicher Sächßsischen Rechten / jeden Tag und Nacht mit 2. alte Sock zu verbüssen / so wohl ihm C. S. wegen derer durch die zur Ungebühr / und ohne Urthel und Recht zu zweyenmahlen volstreckten Tortur an seinem Leibe und Gesundheit ihme zugefügten Schäden und Verwarlosung / wie auch wegen der aufgewendeten Unkosten und Versäumnis ein tausend Gülden abzustatten schuldig / und wird hierüber solches seines unziemliches Vornehmens und Beginnens halber / weil er gleichwohl ohn alles Bitten und Zureden / zu zweyen unterschiedlichen mahlen gedachten C. S. ohne Urthel und Recht martern lassen / mit einer zimlichen Geldbuße / seinen Vermögen nach / in Straffe genommen. V. R. W. Es ist aber / wie Carpzov. d. l. n. 44. anführet / diesem Judici darum die Emenda so hoch / als auf tausend Gülden gesetzt worden / weil er den Reum zweymahl grausam peinigen lassen / und von grossen Vermögen gewesen / anfügende / daß pro qualitate tormentorum aliarumque circumstantiarum die Emenda geringer erkant werden könie / wie er den n. 45. noch ein praejudicium, nach Auleben an S. F. Mense Jun. Anno 1685. gesprochen / anführet also lautend: Ist die Person / von welcher eure Frage meldet / Ehebruchs bezüchtiget / und derowegen unschuldiger Weise eingezogen / zwölff Wochen lang gefänglich enthalten / auch unbefügter Weise torquiret, nnd hierüber mit einer Geld-Straffe auf 300. Thaler. beleget / und als dieselbe nicht bald entrichtet / noch 200. Thlr. Schaden-Geld zu???rlegen gedrungen worden / derowegen bemelte Person eine Rechtliche Klage erhoben sc. Da sie nun solches also erweisen und ausführen künte / so wäre ihr der Beklagte wegen der erlittenen Tortur und Schmertzen / den peinlichen Angriff mit vier Schock / daß seyn 10. Thaler / und jeglichen Tag und Nacht / so lange sie gesessen / mit dreyssig Schilling Pfenningen zuverbüßen / auch die 500. Thaler / soviel zur Ungebühr an Straff und Schaden Geld erlegen müssen / zuerstatten schuldig. V. R. W. CCLXXVII. Ebenmäßig kan er vor seiner unmittelbaren Obrigkeit belanget werden / wenn er die im Urthel zuerkandte Maße der Peinlichen Frage über [373] schritten / daß der Tortus drüber einen Bruch / Lähmnis und dergleichen Schaden überkommen hätte.
Carpzov. d. parte 3. q. 127. n. 17. & 18.
Dan. Clasen, ad art. 61. Const. Crim. Caroli V. pag. 255. maßen denn Carpzov an obgesetzten Orth ein Urthel / so dißfals Anno 1631. Mens. Mart. in den Schöppen-Stuhl zu Leipzig gesprochen / anführet / also lautend: Es getrauete ihr den eure Mutter zubeweisen / daß wohlgedachte Fürstl. Beambten / dem Urtheil zuwieder / die zuerkandte Maaß der Peinlichen Frage überschritten hätten / dadurch ihr der Arm zubrochen worden: auf solchen Fall wäre sie die Fürstl. Beambten üm gebührlichen Abtrag ex Lege Aquilia, oder auch Actione injuriarum zubelangen wohl befugt. V. R. W. CCLXXVIII. Denn die Volter ist ein grausam / erschreckliches Ding / welches des Menschen Leib ausdehnet / auch die Glieder auseinander reisst und verrencket.
Carpzov. p. 3. q. 117. n. 3. 4. 5. 6. & 7.
Oldekop. tit. 4. Observ. Crimin. I. Eine Zubereitung zu den bürgerlichen / oder auch natürlichen Tod. Anton. Faber, in Cod. lib. 4. defin. 2. in alleg. in fin. Ja härter als der Tod selbst.
Bald. in L. interpositas. n. 6. C. de Transact. & in L. 1. in fin. C. unde vi.
VVesenbec. in Paratit. ff. de Quaestion. n. 5.
Richter, part. 2. Decis. 91. n. 6. & seq. Unschuldigen Leuthen wird dadurch eine atrocissima injuria zugefüget. Andr. Rauchbar. part. 1. q. 49. n. 18. Und ist erbarn untadelhafften Personen / weil es durch des Nachrichters Hand geschicht / vorwerflich / auch dero Ehren und Leumuth höchst-schädlich.
Adam Volkmann, in tr. Crim. part. 2. c. 58. n. 1.
Tabor, de Tortura, pag. 134. n. 4. Drum sie auch vor so grausam und unerträglich gehalten wird / als wenn man einen beyde Hände abgehauen hätte.
Novell. 134. c. 14. Franc. Cason. de torment. c. 7.
Carpzov. Pract. Crim. p. 3. q. 124. n. 11. & seq. Item q. 119. n. 6. nec non part. 4. Const. 4. 6. defin. 5. n. 2.
Richter, tom. 1. part. 5. Consil. 13. n. 8.
Oldekop, Obs. Crim. tit. 4. Obs. 1. n. 9.
|| [374]
gestalt denn mancher nicht viel hundert / ja tausend Thaler nehme / und litte dergleichen Schmertzen an seinem Leibe. Tabor, de Tortura, Analys. art. 20, th. 13. p. 117. Freudius in Gewissens-Fragen / von Hexerey / quaest. 312. pag. 600. CCLXXIX. Und wenn ein solcher ungerechter Richter / so einen unschuldigen Menschen absque Legitimis Indiciis voltern lassen / [welchen Chartar. in pract. interrog. Reor. lib. 4. c. 1. n. 27. einen Hund nennet] es leugnen wolte / eingedenck / daß die Tortura difficilis probationis sey; Bald, in L. si quis in hoc genus C. de Episcop. & Cleric. zumahl wenn dieselbe heimlich in einem Gewölbe / Cammer oder andern abgelegenen Orth geschehen ist / da man keine Zeugen haben kan /
Paris de Puteo, de Syndicat. v. Tortura versic. qui saepè n. 4.
Menoch. de A. J. Q. cas. 116. n. 19. Kan doch solche signis & conjecturis probiret werden.
Franc. Brunus, de Indic. & tort. q. 5. part. 2. n. 37.
Hippol. de Marsil. Consil. 5. n. 22. & seq. als wenn man die Mahl-Zeichen von den binden und Marter-Instrumenten noch an des gepeinigten Leibe siehet und findet.
Bart. in L. pupillo §. si quis ipsi praeter ff. de nov. op. nunc.
Brunnus, d. q. 5 n. 37. Paris de Puteo d. v. tortur. & versic. n. 4. Item durch Zeugen / die den auf der Tortur gewesenen in währende̅ Schmertzen heulen / schreien und winseln gehöret.
Bald. in L. 1. C. ne ex delict. defunctor. & in L. conventicula C. de Episcop. & Cler.
Mascard. de Probat. concl. 1391. n. 12. ibi??? alleg. DD. Desgleichen durch die Mit-Gefangene / nec non per consocios, qui licet aliàs inhabiles sint ad testificandum; tamen in isto casu propter difficultatem probationis admittuntur, prout in terminis scribit idem Paris de Puteo, in d. versic. quia saepè n. 4. Mascard. d. l. n. 14. Probatur etiam tortura per FAMAM,
Bald. in L. 1. C. ne ex delict. defunctor.
Marsil. n. 6. ff. de Quaest. & in Pract. Crim. §. expedita n. 15. Ratio est, quia Fama in occultis plenè probat. Marsil. Consil. 5. n. 22. Plura vide apud Mascardum, d. Concl. 1391. per tot. & in addit.
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CCLXXX. Haben also die Peinliche Richter sich wohl vorzusehen / daß sie niemanden / ohne vorher eingehohltes Rechtliches Erkäntnis / torquiren lassen / noch auch die im Urthel ihnen vorgeschriebene Maße überschreiten / sondern praecisè bey denen darinnen befindlichen Worten / und was dieselbe mit sich führen / bleiben / üm ihre selbst-eigene Ungelegenheit zuverhüten: Zumahl da ohne dem die Praesumptio Juris vor dem Reo wieder den Judicem stehet / daß die Tortur unrechtmäßiger weise vorgenommen und volstrecket worden / wenn nicht gnugsame Indicia vorhanden gewesen / und der Richter solche klar demonstriren und darlegen kan.
Matth. Wesenbec. in Paratit. ff. de Quaestion. n. 9.
Matth. Stephani, in notis ad art. 61. Const. Crim. Caroli V. circa finem.
Item Manzius, ad h. art. n. 34 35. & seqq. Welches aber durch Vorzeigung der dißfals bey den Schöppen-Stühlen und Juristen-Facultäten eingehohlten und gesprochenen Urthel leicht zu elidiren und abzulehnen.
Carpzov. d. q 127. n. 26. 27. & 28. Freudius, d. tr. q. 313.
Richter, tom. 2. Cons. 427. n. 2. Judex si legitimè torturam intulit, etiam quod tortus decedat, aliqua poena non punitur.
Par. de Puteo, in tr. de Syndicat. v. tortura c. 21. inprinc.
Bossius de Tort n. 30. Menoch. de A. I. Q. cas. 349. n. 9. CCLXXXI. Absonderlich aber sol der Judex da bleiben / stant halten / und nicht weggehen / wenn der Inquisit anhebet zubekennen / und solte er auch gleich die Mahlzeit und den Schlaf drüber versäumen: Denn wenn er desselben Bekäntnis nicht anhören / noch auch abwarten wolte / sondern ihn inhalten ließe / biß man wieder zurück käme / oder es wohl gar biß auf den andern Tag versparete / würde dadurch dem Reo Zeit / Weil und Gelegenheit gegeben / wieder zurückzutreten / sich zubedencken / das beste zu verschweigen / und dargegen unwahre Dinge auszusinnen / so daß man das jenige / was man in den Moment gehabt / in einen Nun wieder verlöhre / oder doch hernach mit vieler Arbeit / Mühe / Marter u. Pein wieder heraußpressen müste.
Del-Rio Disq. Magie. lib. 5. Sect. 10. pag. 803. & seqq.
Chartar. d. tr. de Exam. Reor. lib. 2. cap. 2. n. 20.
Ambrosin. de Process informai. lib. 2. 6. n. 39. 40. 41. & 42. Welche zugleich den Rath geben / daß / wenn die Inquisiten anfangen / ihre [376] Bekäntuis zuthun / man nichts darzwischen reden / sondern sie gewähren / und erst alles von sich selbst hersage̅ lassen solle / damit sie nicht durch verdächtiges Fragen Anlaß nehmen / vor den Garn / wie man zusagen pfleget / wieder um zukehren / oder gar ein und andern Umstand / daran doch viel gelegen / zu vergessen / oder das hinderste vorn zusetzen / und also ihr Bekäntnis dunckel und unvernemlich zu machen. CCLXXXII. Do es sich auch begebe / daß der Inquisit auf der Volter ohnmächtig würde / gantz erblaßte / wie eine Leiche / mit den Mund schäumete / oder gar zu sehr schwitzete / daß er nicht mehr reden könte / hat der Judex gute Vorsichtigkeit zugebrauchen / daß er nicht allzu furchtsam und leichtgläubig sey / und den Inquisiten strack herab thun lasse / weil man Exempel hat / daß etliche sich nur so gestellet: Drum alsdann ihnen desto hefftiger mit Zureden und Ermahnen zuzusetzen / auch der Scharfrichter sie anzuregen / zu schütteln / angezündeten Schwefel oder Teufels-Dreck ihnen vor die Nase zuhalten / und zu probiren hat / ob sie warhafftig so schwach sind / als sie sich stellen: Doch soll man auch nicht allzuhart und kühn seyn / auch nicht alles in den Wind schlagen / damit der Tortus nicht gar dahin sterbe;
Bossius, in tit. de Tortur. n. 34.
Clarus, pract. crim. §. fin. q. 64. v. Judex autem, n. 37.
Oldekop. tit. 4. Observ. Crim. 24. n. 5. sondern derselbe in Zeiten durch den Scharfrichter loß gemacht / ihm die Peinlichen Instrumenta abgethan / er auf eine Banck / oder an die Erde [welches ietztere aber man bez den Hexen und Zauberern nicht gerne thut] geleget / mit kalten Wasser / Eßig / Schlag-Zimmet- oder Rosen-Wasser / so bey den Torturen allezeit zur Hand seyn muß / angestrichen und besprüzet / oder ihm sonst eine Stärckung in den Mund / welcher / wenn er fest zugeschlossen / aufzubrechen / gegossen werde.
Ambrosin. lib. 4. de mod. form. Process. informativ. c. 14.
Brunnemann. in Process. Crim. c. 8. memb. 5. n. 65.
Guazzin. in tr. ad Defens. Inquisit. tom. 2. defens. 30. c. 16. n. 3. & 4. CCLXXXIII. Findet man aber / daß es nur eine Simulation und Stellung gewesen / wird mit der Tortur ferner verfahren / wiewohl am sichersten ist / wenn der Judex einen erfahrnen Medicum darzu erfodert / und denselben eydlich / oder auf seine schon vorher geleistete Pflicht judiciren lässet / wie es eigentlich mit dem Reo und seiner Schwachheit beschaffen / und ob man die [377] peinliche Frage zudemmahl ohne Gefahr des Inquisiti Leben oder Gesundheit ferner fortsetzen könne / oder nicht. Idem Ambrosin. d. c. 14. n. 13. 14. & 15. Bey solchen Handel thut ein Richter wohl / daß er verhüte / damit der Reus nicht auf der Volter / oder doch bald hernach sterbe / nicht allein wegen der grossen Verantwortung / sondern auch üblen judicirens und böser Nachrede des gemeinen Mannes. Clarus d. q. 64. n. 37. CCLXXXIV. Wenn nun dem Urthel gemäß mit der Tortur wieder den Verhafften verfahren / oder er in Güte die Missethat bekant / wird demselben / ehe man ihn abführet / dasjenige / was er gestanden und bekant / nochmahls deutlich vorgelesen / und wenn er dabey beständig verharret / und / was er etwan noch darbey erinnert / registriret worden / das vollständige Protocoll von dem Richter / Schöppen und Gerichts-Schreiber unterschrieben. P. H. O. Caroli V. art. 181. & seqq. us??? ad 189. Carpzov. part. 3. Decis. 201. n. 20. & in Pract. Crim. p. 3. q. 1. n. 12. Berlich. part. 1. Concl. 8. n. 24. Fürstl. Sächß. Gothaische Gerichts-Orduung / part. 3. c. 8. §. 1. CCLXXXV. Der Scharfrichter rücket nach verrichteter Volter dem Inquisiten die Gelencke wieder ein / welches nicht ohne Wehetage und Schreyen abgehet / schmieret auch wohl denselben / wenn es nöthig ist. Brunnemann, in Proceß. Crim. c. 8. membr. 5. n. 71. CCLXXXVI. Letzlich führet ihn der Freyboth / Gerichts-Diener oder Land-Knecht wieder in die Custodi, doch nicht in solche / darin̅en mehr andere Gefangene sitzen / damit sie ihn nicht zum revociren / oder andern bösen Vornehmen instruiren und verleithen / sondern an einen besondern Orth. Clarus, q. 64. n. 40. Anton. Faber, in Cod. tit. de Quaestion. Defin. 18. Carpzov. p. 3. q. 126. n. 22. Oldekop. tit. 4. Observ. Crim. 26. in fine. CCLXXXVII. Den andern oder dritten Tag hernach / wenn sich die Schmertzen geleget / wird der Inquisit wieder vorgelassen / seine Urgicht und Bekäntnis zuwiederholen und zu ratificiren / doch nicht an den Orth / wo er gepeiniget worden / sondern entweder in der Gerichts-Stube / oder anderswo. L. 2. C. de Custod. Reor. Clarus. in Pract. §. fin. q. 64. n. 42. Peinl. Sächß. Inquisit. und Achts-Proceß. tit. X. art. 4. Paris de Puteo, [378] in tr. de Syndicat. verb. Tortur. c. 1. n. 3. Farinac. in Prax. Crim. q. 83. n. 71. Es kan auch wohl in der Büttel-Stube / oder in einem andern Gemach: P. H. O. Caroli V. art. 56. Bocer. de Tortur. c. 5. n. 36. Carpzov. q. 126. n. 20. Item im Gefängnis geschehen / wenn nur der Reus nicht darinnen gepeiniget worden. Svevius, in Synops. Pract. Crim. part. 3. quaest. 126. n. 56. Jacob. Friedr. Schilling, Disp. Inaug. de Reiterat. Torturae, c. 1. §. 23. Denn die Ratificatio confessionis, so in der Marter-Kammer und in Gegenwärtigkeit der Peinlichen Instrumenten / daraus Inquisit sich voriger Pein und Marter erinnert / geschicht / ist für kein gütliches und freywilliges Bekäntnis zu halten. Matth. Stephani, in not. ad art. 60. Constit. Crim. Caroli. V. in fin. Carpzov. p. 3. q. 126. n. 20. & 21. CCLXXXVIII. Und ist sonderlich bey der ratification anzumercken / daß solche nicht strack nach der Marter geschehen sol / weil davor gehalten wird / daß nicht allein noch die Furcht / sondern auch die Schmertzen bey den Inquisiten seyn / und man also denselben zum wenigsten 24. Stunden / wie Gomez. lib. 3. Var. Resolut. c. 13. n. 24. Mascard. vol. 1. Conclus. 353. n. 13. Tholosan. in Syntagm. Jur. Univ. lib. 48. c. 12. n. 26. und andere mehr wollen / ruhen lassen solle / welches doch billig dem arbitrio Judicis anheim gegeben wird / welcher dahin zusehen hat / wie es mit dem Inquisiten beschaffen / ob er wieder zu rechte / oder auch noch Schmertzen habe. L. 1. §. Divus Severus, ibi??? Bartol. n. 4. ff. de Quaestion. Clarus in Pract. Crim. lib. 5. Sent. §. ult. n. 41. Manzius ad art. 56. Ord. Crim. Caroli V. pag. 224. Brunneman, in Process. Crim. c. 8. m. 5. n. 79. Theodoric. in Colleg. Crim. c. 9. th. 11. n. 6. lit. E. Mit dem auch die P. H. O. Caroli V. art. 56. übereinkömmet. Ibi: Nach Gutbedüncken des Richters. Doch sol die Ratificatio nicht länger / als biß auf den dritten Tag aufgeschoben werden / damit man dem Inquisiten nicht Anlaß zum revociren gebe. Carpzov. q. 126. n. 27. Schilling, de Reiterat. Tortur. c. 1. §. 25. CCLXXXIX. Es geschehe aber die Wiederhohl- und Bestätigung der Urgicht und Bekäntnis entweder in der Ambts oder Gericht-Stube / in dem Gefängnis / oder wo sie wolle / ausserhalb den Orth der Tortur: So wird [379] die Gegenwart des Richters / zum wenigsten zweyer Gericht-Schöppen / und des Gericht-Schreibers / oder Notarien hierzu nothwendig erfodert / und mag im widrigen Fall die beschehene ratificatio confessionis für kein Rechtmässiges / gütlich wiederholetes Bekäntnis geachtet und gehalten werden. P. H. G. O. d. art. 56. Jul. Clarus, d. q. 46. n. 42. Carpzov. d. q. 126. n. 29. Peinl. Sächß. Inquis. und Achts-Process, tit. 10. art. 4. §. 4. Matth. Stephani, & Manzius, nec non Daniel Clasen, in not. ad Art. 56. Ordin. Criminal. Caroli V. Angeregte Urgicht und Bekäntnis nun lieset der Notarius Judicii, in Beyseyn des Judicis und der beyden Gericht-Schöppen / dem auf der Volter gewesenen Inquisiten vom Wort zu Wort / auch von einem Articul zum andern mit lauter Stimme und vernehmlichen Worten vor / fraget auch so dann drauf / ob das die gründliche Warheit sey / was er ausgesaget / niedergeschrieben / und ihm ietzo wieder vorgelesen worden? Item / ob er noch was hinzuthun wolle / oder sonst darbey zuerinnern habe? Mit ferner zu Gemüthführung / daß weil dieses sein Leib und Leben betreffe / er deswegen keine Lügen vorbringen / noch auch den Richter betriegen / vielweniger GOtt spotten / sondern die Gründliche Warheit ansagen möchte. Ambrosin. d. tr. lib. 4. c. 5. n. 7. Hippol. de Marsil. in Pract. §. quoniam n, 1. P. H. G. O. Caroli V. art. 56. ibi: Sein Bekäntnis durch den Gericht-Schreiber fürgelesen / und alsdenn anderwerts darauf gefraget / und sein Bekäntnis wahr sey. sc. Brunnemann in Process. Criminal. cap. 8. memb. 5. n. 81. Fürstl. Sächß. Gothaische Gerichts-Ordn. pag. 3. c. 7. §. 6. & 7. CCLXC. Wenn er nun alle dasjenige / was er bekant / nochmals bejahet / wiederholet / un̅ darbey beständig verbleibet / muß ehe und bevor das Straf-Urthel erfolget / und ihm das Leben abgesprochen wird / das Richterliche Ambt der bekandten Missethaten / und darbey angezeigten Qualitäten und Umstände halber gründliche Nachricht und Erkundigung einziehen / auch an die Obrigkeit des Orths / wo ein oder das andere factum geschehen seyn sol / schreiben / und vernehmen / ob es auch wahr sey / was der Inquisit außgesagt / und da sol er Leuthe und Bothen auszuschicken sich nicht bethauren lassen, ut loquitur Adam Keller, in tr. de Offic. jurid. polit. lib. 2. c. 12. pag. 407. denn wenn der Judex nur allein auf das bloße Bekäntnis gehen / und es dabey gut seyn lassen wolte / würde mancher / aus Furcht anderweit ge [380] martert zu werden / wehr bekennen / und nachgehends wieder bejahen / als er iemahls gethan / und also unschuldig ums Leben kommen. Cason. de Torment. c. 1. n. 5. P. H. O. art. 54. & 60. ibi??? Stephani & Remus. Peinl. Sächß. Inq. und Achts-Process. tit. 9. art. 4. §. 5. Farinac. Quaest. 81. c. 8. n. 304. Carpzov. Pract. Crim. p. 1. q. 26. n. 12. & seqq. Tranq. Ambrosin. lib. 4. Process. inform. c. 5. n. 9. & 10. Author. Prax. Crim. Alteb. cap. 9. §. 22. Mezger, de Tortura, thes. 193. CCXCI. Finden sich nun / angezeigter maßen / die Thaten / und deren Umstänstände in der Nachforschung war / ist ferner an des Inquisiti Bekäntnis und und Urgicht gantz nicht zu zweiffeln / sondern es erfolget / nach anderweitiger Verschickung der Acten, endlich das Straf-Urthel. L. qui Sententiam. 16. C. de poenis. Farinac. in Prax. Crim. part. 3. q. 83, n. 76. Francisc. Brunus, de Indiciis p. 2. q. 6. n. 22. Paris de Puteo, de Syndicat. verb. Tortus, c. 1. n. 3. Carpzov. Quaest. 126. n. 1. & 2. P. H. O. art. 54 & 60. Meyer, in Colleg. Argent. tit. de Quaestion. th. 19. n. 6. in fine. CCXCII. Sind aber dieselbe unwahr und erdichtet / soll der Judex ihm solches fürhalten / und mit ernstlichen Worten drum straffen / und kan alsdenn [doch auf Rechtliches Erkäntnis] mit Peinlicher Frage zum andern mahl angegriffen werden / damit er die angezeigten Umstände recht und mit Warheit anzeige. Constit. Crim. Caroli V. art. 55. ibi??? Clasen, in Exegesi. nec non Manzius & Gilhausen. Farinac. de Reo confesso & convict. Quaest. 51. c. 8. n. 304. CCXCIII. Wiederrufft er aber seine Urgicht oder Bekäntnis / soll der Judex denselben nicht grausam anfahren / noch auch drohen / ihn wieder auf die Volter spannen / und dergestalt aufziehen zu lassen / daß man mit einem Licht durch ihn hinsehen könne. Vielweniger es machen / wie jener Commissarius, dessen Erasmus Francisci, im Neu-polirten Geschicht-Kunst und Sitten-Spiegel / lib. 2. Discurs. 6 pag. 374. gedencket / welcher denen armen Sündern / so abgethan werden solten / ansagen lassen / Wenn sie ihr einmahl gethanes Bekäntnis revociren würden / wolte er sie nicht allein noch einmahl erschrecklich peinigen / ausdehnen und aufziehen / und wenn sie die That wieder bekenneten / ohne alle Gnade und Barmhertzigkeit / auf Leithern binden / und lebendig ins Feuer werffen lassen: Ja er hat auch wohl durch etliche Geistliche / ihm zu [381] Gefallen / die Verurtheilte bereden lassen / sie könten nicht seelig werden / wenn sie nicht bey ihrer auf der Volter gethanen Bekäntnis beständig verblieben: sondern vielmehr mit Gedult des Rei Vorbringen anhören / und es niederschreiben lassen: Jedoch nach der Ursache solcher Revocation fragen / warum er ietzo anders / als auf den Tag / da er torquiret worden / sage und rede? Peinlich. Sächß. Inquisition- und Achts-Proceß / tit. IX. art. V. §. 4. CCXCIV. Kan nun Inquisit solche Ursachen seines Wiederruffens un̅ Leugnens fürwenden / dadurch der Richter bewogen würde / zu glauben / daß der Gefangene solch Bekäntnis aus Irthum / oder allzugrossen Schmertzen gethan / alsdann mag er denselben wieder ins Gefängnis bringen / auch zu Ausführ- und Beweisung solchen Irthums zu- und hernach drüber erkennen lassen. Juxta L. non fateatur ff. de Confessis. & L. 1. §. si quis ultrò ff. eodem. P. H. O. Caroli V. art. 57. ibi??? Manzius n. 5. pag. 226. & 227. & n. 11. pag. 228. Carpzov. q. 126. n. 48. Joh. Cramer, in Compend. Criminal. lib. 1. c. 9. n. 25. Mezger, de Tortura, Concl. 196. Dan. Clasen, ad d. art. 57. Const. Crim. Caroli V. pag. 241. CCXCV. Sind aber dieselbe nicht erheblich / und er kan nichts relevantes beybringen und erweisen: Oder / man verspühret / daß der Inquisit nur dolosè und malitiosè die Revocation gethan / in Meinung / so davon zukommen / wird die Tortur, wenn anderweit Rechtl. Erkäntnis drüber eingelanget / wiederholet. D. const. Crim. art. 57. Gomez, tom. 3. Var. Resol. c. 13. n. 26. Zanger, de Tortura, c. 5 n. 77. Bocer. de Quaestion. & Tort. c. 5. n. 38. carpzov. p. 3 q 126. n. 40. 46. & seqq. Brunnemann, in L. repeti, ff. de Quaestion. n. 3. Etiam [ut nonnulli volunt] sine aliis novis indiciis antecedentibus: quia prior confessio in tormentis facta est loco semiplenae probationis, & facit indicium sufficiens ad reiterationem, tanquam ex indicio confessionis novo. Petr. Gregor. Tholosan. in Syntagm. Jur. Univ. lib. 48. c. 12. n. 26. Wesenbec. ad ff. tit. de Quaestion. n. 12. Volkmann. in Proceß Civ. p. 2. tit. 9. c. 4 n. 8. Jacob. Frid. Schilling, Disp. Inaug. de Reiterat. tortur. c. 2. §. 10.
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Sed vide tamen Brun̅eman̅, in Pract. Crim. c. 8. memb. 5. n. 91. in fin. nec non Dan. Clasen, ad Art. 57. Const. Crim. Caroli V. pag. 240. & 241. CCXCVI. Gestehet er es bey der andern Tortur wieder / läugnet es aber hernach / wenn er die Urgicht abermahl ratificiren sol / kan auch die dritte Tortur an ihm widerholet werden: Si Indicia fuerint gravia, multùm urgentia & manifesta, & crimen etiam atrocius. Jul. Clar. lib. 5. Sentent. q. 21. n. 36. Paris de Puteo, in tr. de Syndicatu, v. tortura c. 4. n. 2. Farinac. Quaest. Crim. 38. n. 99. Gomez, tom. 3. Var. Resol. c. 13. n. 27. Zanger, de Quaest. & tort. c. 5. n. 80. Gödelmann, de Magis & venef. lib. 3. c. 10. n. 50. Freudius, in Gewissens-Fragen / von Zauberey / q. 301. Brunnemann, d. c. 8. m. 5. n. 87. CCXCVII. Uber solche dritte Zahl aber wenn der Inquisit schon tertia vice revociret / wird mit der Volter nicht weiter verfahren / weil davor gehalten wird / es habe der Reus dadurch alle vorige wider ihn streitende Indicia abgelehnet und weggethan / und die pur lautere Warheit gesaget. Bossius in tit. de Tortura n. 44. Julius Clarus, lib. 5. Sentent. §. fin. q. 64. n. 38. Guazzin. Defens. 20. c. 44. Boër. Decis. 163. n. 12. ubi ait: totum ferè mundum ita sentire. Dan. Clasen, ad art. 61. Const. Crim. Carol. V. p. 251. Joh. Carl. Antonelli, de tempore Legali, lib. 4. c. 20. n. 1. CCXCVIII. Drum er auch / nach Gelegenheit der Umstände / entweder absolviret / oder auf Caution, jederzeit sich vor Gericht wieder zustellen / wenn man seiner begehren würde / loßgelassen Gomez, Var. Resol. c. 13 n. 27. & 28. Farinac. d. q. 38. n. 96. & seqq. Carpzov. p. 3. q. 126. n. 58. & 60. Goehausen, in Proceß. contr. Sagas, tit. 4. pag. 218. & 219. Hieron. Magon. Decis. Luc. 89. n. 9. Walburger, de Lamiis, c. 8. §. 25. Guazzin, Defens. 30. c. 44. [Qui post torturam absolutus est, Jura civitatis, aliaque beneficia civibus & incolis competentia non amittit. Freher, lib. 3. de infam. c. 5. n. 15. Gomez, tom 3. Var. Resol. c. 13. n. 18. Richter, p. 2. Decis. 80. n. 30. Hoc etiam procedit in eo, qui post torturam non planè fuit absolutus, sed propter indicia gravia vel relegatione vel multa puniatur. Arg. L. Athelatas 4. §. item si qui furti fin. cum L. L. seqq. ff. de his qui notantur infam. Richter, d. loc. n. 31.] Oder wen̅ ein Reus Hex- und Zeuberey halber eingezogen worden / nach geschworner Urphede / sich an niemandten unrechtmässiger Weise zurechen / [383] propter scandalum vitandum, des Landes ewig / oder auf gewisse Jahr verwiesen wird. Carpzov. Quaest. 125. n. 78. ubi Responso Scabin. Lips. hoc firmat. Vid. Freudium, in Gewissens-Fragen von Zauberey / Quaest. 371. Walburger, de Lamiis, c. 8. §. 14. circa fin. CCXCIX. In foro Saxonico wird nur allein in delictis atrocissimis die Tortur zum höchsten dreymahl / in andern atrocioribus aber nur zweymahl erkant und volstrecket. Propter Constit. Elect. sub Rubr. wie offte die scharffe Frage zu repetiren, quae nonaest in Constit. Elect. anno 1572. promulgatis, sed publicè non editis. Carpzov. part. 3. Q. 125. n. 34. & seqq. us??? 37. & 126. n. 51. 52. & 53. Impium enim est Reum ultra tertiam vicem torquere, & qui ter revocat confessa, non tàm criminis conscientiâ confessus videtur, quàm impatientia doloris. Hippolyt. de Marsil. in Pract. Crim. §. quoniam n. 4. & 5. Schilling, de Reiterat, tortur. c. 3. §. 14. Goehausen, d. tit. 4. in addit. lit. I. pag. 214. & seqq. Mezger, de Tort. Concl. 197. vid. Guazzin. ad Defens. Inquis. Defens. 30. c. 24. Et tormenta quidem pro arbitrio prudentis judicis aliquoties repeti possunt, sed hoc non infinitum extendendum, sed Legibus restringendum, ne quis enecetur, sed tantum, ut lividas carnes ungulâ cruentá pulsante sulcatis lateribus dolor quaerat & investiget veritatem, ut loquitur Div. Hieronym. in Epist. ad Innocent. de muliere septies icta. CCC. Wenn der Inquisit sehr variiret / und wanckelmüthig ist / da er seine Urgischt ratificiren sol / wird zuweilen an stat Wiederholung der Tortur, nur die Territion erkant / zumahl wenn der Inquisit kräncklich / oder gar schwacher Natur ist. juxta L. 28. §. 1. ff. de Quaestion. Walburger de Lamiis c. 8. §. 14. Immassen anno 1644. Mense Augusto, der Schöppen-Stuhl zu Jehna an den Rath zu Northausen gesprochen V. Sent. Daß gemelte Inquisitin, wegen ihrer Wanckelmüthigkeit / und weil sie ihre vorige Bekäntnis revociret / noch einsten in Gegenwart des Scharffrichters und seiner Instrumenten, mit ernster Bedrohung der Peinligkeit / zubefragen / V. R. W. CCCI. Die Ursachen aber / warum man die Tortur repetiret / sind ungefehr folgende: I. Wenn grosse und wichtige Indicia und Zeugniße auf [384] den Reum von neuen ergangen sind / nachdem er die Volter ausgestanden / und doch nichts bekennet hat. Menoch. lib. 2. A. J. Q. cas. 272. n. 6. Gomez, Tom. 3. Resol. Var. c. 13. n. 26. Clarus, §. ult. q. 64. n. 46. Farinac. q. 38. n. 89. seqq. Volkmann, in Proceß. Crim. p. 2. cons. 78. n. 3. Metzger / de Tortur. Concl. 157. Brunnemann, Proceß. Crim. c. 8. m. 5. n. 91. Carpzov. q. 125. n. 43. Walburger, de Lamiis c. 8. §. 14. Nova verò Indicia sunt ea, quae à praecedentibus differunt specie & substantiâ, verbi gratia: prima indicia respiciebant malam famam inquisiti, vel ejusdem inimicitiam cum occiso, & ex illis ipse Reus fuit tortus, & nihil fassus est; supervenit postea unus testis, qui deponit, se vidisse eundem reum vulnerare, vel eundem vidit cum gladio evaginato: talia dicuntur nova indicia, quia differunt à primis specie, vel substantia, & ex illis potest reus etiam semel tortus, iterum torqueri: verùm si primus reus habuit contra se indicium famae probatae per aliquos testes, & ex illis tortus praestiterit, non potest amplius repeti, etiam quod superveniant alii testes eandem famam probantes: tales enim testes non inducunt novum indicium, sed novam probationem veteris indicii, quae ad repetendam torturam non sufficit. Farinac. Quaest. Crim. lib. 1. tit. 5. quaest 38. n. 77. ibi??? allegati DD. Hippolyt. de Marsil. Pract. Crim. §. quoniam n. 9 pag. m. 256. Menoch. de A. J. Q. cas. 272. n. 7. Göhausen, d. Proceß. tit. 4. in notis lit. D. pag. 207. Rosbach, Proceß. crim. tit. 5. c. 15. n. 21. Also wenn eine Hexe gevoltert wäre / und hätte nicht bekant / man fünde aber hernach allererst Characteres und verdächtige Zettel mit Creutzen und unbekanten Worten oder Buchstaben bey ihr / womit sie sich wieder die Tortur verhärtet / ist solches gleichfals ein neu Indicium, deshalber sie aufs neue Peinlich befraget werden kan. L. unius, facinoris §. 1. ff. de Quaestion. Faber, ad cod. lib. 9. tit. 21. def. 3. Christinaeus, Vol. 4. Decis. 204. n. 25. Schilling / de Reiteratione Torturae, cap. 2. §. 19. Mezger, de Tortur. concl. 159. CCCII. II. Wann der Richter den Reum in der ersten Tortur nur zum Theil / aber nicht völlig hat foltern lassen / weil er entweder darunter ist kranck worden / oder weil der Richter vermercket hat / daß er in seinen steiffgefaßten Sinn halsstarrig verharren / und nicht bekennen wollen. Denn weil er die Indicia durch allein die miltere applicirte Instrumenta / und ge [385] ringe ausgestandene Pein / welche am ersten / und voran pflegen vorgelegt zu werden / noch nicht elidiret und ümgestossen hat / muß er sich durch völlige angetragene Tortur recht purgiren und gut machen. Menoch. de Praesumt. lib. 1. q. 83. n. 6. Goehausen, d. Proceß. tit. 4. lit. E. pag. & 184. Meier, in Colleg. Argent. de Quaestion §. 19. n. 11. Stephani, ad art. 58. Const. Crim. Carol. n. 5. Walburger, de Lamiis, c. 8. §. 14. Mezger, de Tortur. Concl. 158. Dan. Clasen, ad art. 60. Const. Crim. p. 247. Reiteratio torturae fit, si quis primò leviter tortus esset, non quidem causâ cognitâ ex praescripto Collegii, sed per imprudentiam Judicis; Thessaur. lib. 3. Quaest. 10. ubi addit hunc casum, & declarat, si quaedam intertogatoria necessaria ex imprudentia Judicis omissa. Del-Rio, Disq. Magic. lib. 5. Sect. 9. p. 104. Besold. Consil. 109. part. 3. n. 10. Brunnemann, ad L. Repeti, 16. ff. de Quaest. n. 3. Tum etiam si Judex in prima tortura protestatus sit, quod eum jubeat à tortura deponi, ut iterum torqueatur; & ita dicat, cum deponitur, Se Jubere Animo Repetendi. Petr. Greg. Tholos. in Syntagm. Jur. lib. 48. c. 12. n. 26. Quam protestationem tanquam cautelam exhibet Jul. Clarus, in Pract. Crim. lib. 5. §. fin. q. 64. n. 64. quem sequitur Card. Tuschus, tom. 8. concl. 331. n. 4. Farinac. lib. 1. tit. 5. q. 38. n. 83. Menoch. de A. J. Q. lib. 2. cas. 272. n. 6. Nec etiam penitus est improbanda haec cautela, modò reus non sit homo debilis vel mollis [tali namque tortura levis est magna, imò etiam gravissima, secundum tradita Oldekopii, in Observ. crim. 1. tit. 4. n. 19.] sed ita demum, si fuerit persona robusta, & quae animo & corpore duratura primae torturae resistentiam fecerit. Farinac. d. l. n. 82. Et initio elevationis promittat, vel in tortura levi, se dicturum veritatem, vel spes appareat, eum post depositionem à tortura levi confessurum. Huncque solum finem esse hujus Cautelae, neq; alium dari posse testatur Oldekop. Obs. Crim. tit. 4. Obs. 44. per tot. Judex vero praedicta Cautela utens, ut nullitatis querelam & omnem suspicionem de se devolvat, adhibeat consilium & judicium Medi co [386] rum, qui asserant, torquendum esse vel robustum vel debilem. Vid. Card. Tusch. tom. 8. concl. 325. n. 2. Vice versa verò cautus sit rei Advocatus, ut ex ejusmodi repetita tortura extortam confessionem ex capite nullitatis impugnet, si in fraudem Legis & Processus consveti Judex quid tentaverit, per tradita Oldekopii Obs. 2. tit. 4. n. 10. Siquidem & in criminalibus recipitur, ipsique Reo competit remedium nullitatis, si Judex eum illegitimè, sive absque causae cognitione, ad torturam abripuerit. Ordin. Cam. p. 2. tit. 28. §. Item nachdem auch. Constit. Carolin. art. 20. Zanger, de Quaestion. c. 5. n. 21. CCCIII. III. Wenn er schon einmahl völlig und gantz / nach Anleitung des Urthels ist torquiret worden / und hat die Volter ausgestanden / aber seine complices, und sonderlich die Hexen ihre Mitgespielen nicht nennen wollen. Sintemahl die Zauberey selten ohne Gesellschafft angefangen / und fast nimmer ohne sie getrieben wird / da alsdenn die Tortur reiterirt wird / wie solches ex Praxi bekant ist. Goehausen, d. Process. Jurid. contra Sagas, tit. 2. lit. L. & tit. 4. §. 7. pag. 190. & 225. Hippol. de Marsil. in Pract. Crim. §. diligenter n. 59. & 60. Binsfeld, de confession. Malef. pag. 274. VValburger, de Lamiis c. 8. §. 14. pag III. Vide omninò Mezgerùm, de Tortura, Concl. 198. 199. 200. 201. & seqq. us??? 210. ibi??? Limitationes. Denn wenn der Inquisit das Delictum bekant hat / muß auch der Judex nach den Umständen und Gehülffen desselben fragen / welches die Peinliche Hals-Gerichts-Ordnung Caroli V. art. 52. ausdrücklich haben wil / in verbis: Bekennet jemand Zauberey / sol man nach den Ursachen und Umständen fragen / und des mehr / damit wie und wann die Zauberey geschehen / mit was Worten oder Wercken. So dann die gefragte Person anzeiget / daß sie etwas eingegraben / oder behalten hätte / daß zu solcher Zauberey dienstlich seyn sol / sol man darnach suchen / ob man solches findenkönne. Wäre aber solches mit andern Dingen durch Worte und Wercke gethan / sol man dieselbe auch ermessen / ob sie Zauberey auf ihnen tragen. So sol auch zufragen seyn / von wem sie solche Zauberey gegen mehr Personen gebraucht? Und gegen wem? Was Schadens auch damit geschehen sey? sc.
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CCCIV. Da aber einer bey nochwährender Tortur, oder doch strack in continenti, wenn er davon loßgelassen wird / revociret, kan derselbe nicht noch einmahl gevoltert werden / sondern wird absolviret, weil dieses keine Variatio zunennen / die sonst die repetition der Volter mit sich bringet. Clar. in §. ult. q. 21. n. 39. Matth. Stephani, in notis ad art. 58. n. 5. Const. Crim. Caroli V. Carpzov. q. 126. n. 61. & 62. CCCV. Würde auch der Reus auf den Tag / da er hingerichtet werden sol / vor den Hoch-Noth-peinlichen Hals-Gericht fein Geständnis widerruffen / nur dadurch die Execution dolosè aufzuhalten / und wie man in Sprichwort zureden pfleget / eine Galgenfrist zusuchen / hilfft ihn solches nicht / sondern er kan / seiner revocation ungeacht / dem Urthel gemäß / worüber vorher billig nohmahls Erkäntnis einzuholen / Brunnemann, in Prax. crim. p. 3. q. 126. n. 63. Schilling, de Reit. tortur. c. 3. §. 8. Oldekop. Decad. 2. Quaest. 5. vom Leben zum Tode gebracht werden: Jedoch / daß man wegen seiner vorhergethanen Bekäntnis / und dessen ratification gewiß sey / und die darbey gewesene Gericht-Schöppen solches mit einen leiblichen Eyd erhärten. Laut des 92. Articuls der Peinlichen Hals-Gerichts-Ordnung Caroli V. in. verb. Würde der Beklagte auf den ordentlichen Rechts-Tag die Missethat leugnen / die er doch vormahls ordentlicher / beständiger Weise bekennet / der Richter auch aus solchen Bekäntnis / in Erfahrung allerhand Umstände / so viel befunden hätte / daß solch Leugnen von dem Beklagten allein zu Verhinderung der Rechten wird fürgenommen sc. So solder Richter die zween geordneten Schöppen / so mit ihm solche verlesene Urgicht und Bekäntnis gegehöret haben / auf ihre Eyde fragen / ob sie die verlesene Urgicht und Bekäntnis gehöret haben? Und so sie Ja darzu sagen / so sol der Richter in alle Wege bey den Rechtverständigen / oder sonsten an Orthen und Enden / als hernachmahls angezeigt / Raths pflegen sc. Etsi enim Imperator nihil certi decidat, attamen ipsius mentem haud aliam fuisse, quàm ut depositioni Scabinorum jurata fides habenda, Reusque condemnandus sit, haud obscurè ex verbis d. art. 91. colligi potest. Etenim si aliter diceretur, depositio Scabinorum non modo frunstranea & absque effectu esset, sed etiam haud pauca delicta impu [388] nita remanerent, cum nemo non ultimo supplicio hocce effugium esset quaesiturus. Carpzov. part. 3. Pract. Crim. Quaest. 126. n. 64. & 65. Et ita quoque Elect. Sax. Scabinos respondisse versus Martisburgum, ad requisitionem Quaestoris, testatur idem Carpzov. d. l. n. 66 Hat N. N. vor gehegten Peinlichen Hals-Gerichte auf die Anklage nichts antworten wollen / sondern fürgewand / er könte drauf nichts sagen sc. Wann er nun gleich vor gehegten Peinlichen Gerichte auf solcher seiner Hals starrigkeit nochmahls verharren / oder auch sein voriges Bekäntnis / auf vorhergehende öffentliche Verlesung zuwiederruffen sich unterstehen würde / da aber dennoch die beyde geschworne Gericht-Schöppen / vermöge der H. Röm. Reichs Peinlichen Hals-Gerichts-Ordnung / auf ihre geschworne Eyd und Pflicht / damit sie dem Gerichte zugethan / auf Befragung aussagen würden / daß sie von ihme / den Gefangenen / die vorgelesene vorige Gütliche und Peinliche Aussage und Bekäntnis / sowohl auch derselben Wiederholung selbsten angehöret / so würde die in Unsern vorigen Urthel ihm zuerkante Straffe / ohne fernern Verzug / an ihm billig volbrachr. V. R. W. Mense Julio, Anno 1597. Schilling. de tr. c. 4. §. 8. CCCVI. Und damit man derselben Türke und Boßheit um soviel mehr und nachdrücklicher begegnen möge / ist bey etlichen Gerichten rühmlich hergebracht / daß wenn der Tortus seine Urgicht / oder Bekäntnis ratificiret, nebst denen Gerichts-Personen / auch ein requirirter Notarius mit zwey Zeugen darzu adhibiret werde / welcher drüber ein Instrumentum publicum aufrichtet / und zu den Acten leget / so darzu dienlich / daß wenn gleich Inquisitus sein Bekäntnis nachmals wiederruffen wolte / jedennoch sicherlich die zuerkante Todes-Straffe an ihm exequiret und volstrecket werden mag: Inmassen auch die Schöppen-Stühle drauf zuerkennen pflegen / wie in den Peinl. Sächß. Inquisitions- und Achts-Process, tit. X. art. 4. §. 6. pag. 155. und die Praejudicia bey dem Coler. part. 1. decis. 183. n. 4. und Carpzovio d. part. 3. Pract. Crim. q. 126. n. 67. 68 69. 70. 71. & 72. auch VValburger, de Lamiis c. 8. §. 16. zusehen. CCCVII. Da sich es auch begebe / daß ein sothaner armer Sünder vor den [389] Peinlichen Hals-Gericht nichts reden / weder Ja noch Nein auf seine vorgelesene Urgicht sagen wolte / aber doch schon dreymahlgevoltert worden / wird die Tortur nicht zum viertenmahl wiederholet / sondern der Reus mit Staupen-Schlägen des Landes ewig verwiesen. Carpzov. alleg. q. 126. n. 73. & seqq. us??? 83. CCCVIII. Denn ob schon vor Alters bey den Römern die Tortur bey die 6 oder auch auch wohl 8 mahl an einem / der nicht bekennen wolte / widerholet wurde / wie bey dem Valerio Maximo, Lib. 8. c. 4. n. 2. & 3. zu sehen / so ist doch heut zu Tage solches nicht mehr üblich / sondern biß auf das drittemahl restringriret, ut evitetur infinitum. Juxta L. qui bona, 13. ff. §. ult. ff. de damn. infect. L. fidei commissa 11. §. 18. de Legat. maximè in actu tàm odioso & praejudiciali. Carpzov. q. 125. n. 48. & seqq. Cothmann. Vol. 3. Cons. 30. n. 260. Theodor. in Colleg. Crim. c. 9. Aphor. 11. n. 3. Gomez. tom 3. Res. 13. n. 27. Hippolyt. de Marsil. in L. repeti 16. n. 13. verb. Ego recordor. ff. de Quaestion. Welcher Letztere eines Ribaldi, oder argen Diebes gedencket / der allemahl in der Tortur den Diebstahl bekant / ad Banchum juris, oder vor der Gerichtsstätte aber wieder geleugnet. Als ihn nun Marsilius, der eben zu der Zeit des Hertzogs zu Meyland Rath und Richter war / einsmahls gefraget / warum er sich doch in den Sinn genommen / daß er sich so offte voltern und peinigen liesse? Ob es ihm denn nicht viel besser wäre / daß er dasjenige auch vor Gericht gestünde / was er bey der Volter bekennet hätte / als so grosse Schmertzen an seinem Leibe auszustehen / so hat er ihm zur Antwort gegeben: Herr / es ist besser / daß mir tausendmahl die Arme zerbrochen werden / als die Gurgel oder Keel nur einmahl. Dann man findet noch viel Medicos und Barbierer / welche die Beine der zerbrochenen Arme wieder können zusam̅en u. an ihre alte Stätte setzen; Aber es ist kein Artzt so gut / der einem die Gurgel / wann sie zerbrochen / und ihre Gebeine könne wieder gantz machen. Und darum wil ich lieber von euren Hencker Knechten außgezogen werden / als mit meinen Füssen die-Galgen-Leiter aufsteigen Weiter sagte er / warum kan ich nicht eben so wohl vor der Gerichtsstat / da mir es mein Leben kostet / meine Zunge umwenden / und sagen Nein / als daß ich sage Ja? Und setzet Marsilius hinzu: [390] In Warheit es war ein abgefeinter Schalck / und doch muste ich ihn loßgeben / denn er wolte nimmer ad Banchum juris, und vor der Gerichtstelle geständig seyn / welches er in der Volter bekant hatte. CCCIX. Worbey noch ferner anzumercken / daß / wenn ein Inquisit diesen Fund gebrauchet / und strack im Anfang / da er mit der Tortur angegriffen wird / sein Bekäntnis thut / hernach aber alles revociret, und solches dreymahl also practicirte / wohlwissende / daß man ihn alsdenn ungestraft loß lassen müste / so sol man / seines alsobaldigen Bekäntnisses ungeachtet / ihn völlig torquiren lassen / wie Urthel und Recht mit sich gebracht hat. Denn wenn man mit den leugnen könte von Galgen kommen / würde niemand gehenckt. Vent. de Valent. Parthen. Ligitios. lib. 2. cap. 8. n. 36. & sic STARET FURCA IN VIDUITATE, ut loquitur Farinac. Quaest Crim. 38. n. 91. Qualem casum Amplissima Facultas Juridica Francofurtana habuit ante paucos an̅os ex ducatu Megapolitano, ubi fur fuerat incarcerat 9, hic dicebat, & sciebat, ultra tres vices Reum torqueri pon posse; cùm jam bina vice tortus esset, confitetur delictu̅, paulò post verò in ipsa ratificatione iterum revocat, qua ratione Facultas Juridica tertia vice dictavit: Es möchte Inquisitus Ja oder Nein sagen / so solte man ihn torquiren. Repetitâ jam torturâ confitebatur delictum, suspendioque afficiebatur. Eandem pronunciandi formulam observavit quoque praelaudata Facultas Juridica in fure quodam, qui in terris Marchicis furtum commiserat, ejusdem juris gnaro. Schilling, de Reiterat. Torturae c. 3. §. 16. CCCX. Cautela sit Judici circa omnes Judicii criminalis partes benè observanda, si velit securus esse, ut adeat JCtorum collegium, & eorum votum & suffragium requirat, quo tutus redditur ab omni actione, si in casu dubio secundum consilium celebris Facultatis pronunciando erraverit. Arg. L. cùm quem temerè 79. ff. de Judic. Novell. 82. §. penult. & Nov. 113. §. 2. Pax Scala, de Consil. Sapientis, lib. 4 c. 25. P. H. O. Caroli V. art. 31. §. ult & art. 91. Gödelmann, de Magis & Venef. lib. 3. c. 10. n. 11. Brunnemann, in Exercit Justin. 1. tit. 2. § 8. Imò licet verisimilibus indiciiis ad decernendam torturam se putet [391] esse instructum, ad tormenta tamen haud statim denuò descendat, quia circumstantiae facti sunt in magna varietate, unde ex arbitrio solius Judicis tortura repetenda haud foret, sed potius JCtorum collegio committenda. Brunnemann, in Proc. Crim. c. 8. membr. 51. n. 37. & ad L. 1. n. 2. ff. de Quaest. Schilling, de Reit. torturae c. 4. §. 8. & 10. CCCXI. Was von den Frevelhafften Erbiethen / oder wohl gar getroffenen Pacto zuhalten / auf der Volter einen Zug um den andern zu leiden / kan bey dem Dan. Mollero, in Comment. ad Constit. Elect. Saxon. part. 4. Const. 8. n. 5. 6. & seqq. us??? ad finem. Tabor de Tortura c. 5. th. 60. pag. 100. & 101. Martin. Mager, de Advocatia armata, cap. 9. 281. pag. pag. 360. Guazzin. Defens. 10. c. 2. n. 6. pag. 77. gelesen werden / welche solches gäntzlich verwerffen. De Tortura Actoris lege Freudii Gewissens-Fragen / Quaest. 298. pag. 584. De Tortura Testium vide Arnold. de Reyger, Thesaur. Jur. tom. 2. v. Tortura in addit. pag. 1555. n. 12. & seqq. nec non Freudium in Gewissens-Fragen von Zauberey / Quaest. 299. CCCXII. Exempel derjenigen / so unrechtmässiger Weise gevoltert / und wegen grossen Schmertzen Dinge bekant / so sie nimmermehr gethan / und drüber hingerichtet worden / sind zufinden in Oldekops appendice Observat. Crimin. von pag. 4???7. biß 442. woraus abzunehmen / quàm periculosa, fragilis & fallax res sit tortura, juxta effatum Ulpiniani in L. 1. §. 23. ff. de Quaestion. scilicet si quis solis tormentis niti velit, non suppositis legitimis indiciis & argumentis. Tabor de Tortur. c. 2. n. 8. Vent. de Valent. Parth. litig lib. 2. c. 8. n. 8. quae Tortura etiam Rigorosum Examen appellatur à Tranquillo Ambrosin. In Process. inform lib. 4. c. 1. in rubr. CCCXIII. Weil bey den Voltern / sonderlich wenn Zauberer und Hexen torquiret werden / selten iemand mit hinbey genommen wird / als die Gerichts-Personen und Scharfrichter / damit die Urgichten und die Nahmen derjenigen / auf welche sie bekennen / nicht ausgeplaudert werden mögen; Als will ich ein ausführlich Protocoll, bey einer Hexen-Volter gehalten / anher setzen / auf daß junge Studenten / so sich bey den Peinlichen Gerichten gebrauchen lassen wollen / sehen / wie es bey der Tortur hergehe / und wie alles so punctuel registriret und aufgezeichnet werden müsse / in Hoffnung / [392] es werde / wo nicht allen / doch etlichen aufrichtig - gesinneten angenehm seyn / indem man doch bey dergleichen und andern Voltern m. m. sich etwas darnach richten kan:

PROTOCOL,
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Actum Brennhausen / Donnerstags / den ersten Junii, Anno 1693. NAchdem die jüngsthin am 29sten April. A. C. verdächtiger Hex- und Zauberey halber in Hafft gebrachte Anna Wettermacherin zwar am 12ten Maji auf gewisse aus der summarisch abgehörten Zeugen Aussage verabfaste Inquisitional-Articul examiniret / dieselbe aber alle von ihr verneinet / ja / ob schon die Zeugen eydlich vernommen / und mit ihr confrontiret worden / dennoch nicht das geringste gestehen / vielweniger einige Defension führen wollen / sind die wieder sie ergangene Acta den 20. Maji in den Schöppen-Stuhl nacher N. verschicket worden / welcher ihr / wenn sie nochmahls in Güte ihr Bekäntnis / wegen der wieder sie streitenden vielen und schweren Indicien, nicht thun würde / die Tortur ziemlicher maßen zuerkant / und ist drauf gestern die Anstalt zu solcher Volter / nachgesetzter maßen / gemacht worden / nemlich der Ambtmann allhier / Ernesrus Hexenfeind / hat denen beyden Gericht-Schöppen Gotfried Ehrlichen / und Casparo Unverzagten / wie auch mir dem geschwornen Ambts-Actuario und N. P. C. Johann Spudaeo, durch den Ambts-Diener Hanß Packan / ansagen lassen / daß wir allerseits auf heute früh puncto 3. Uhr bey ihm in der Fürstl. Amt-Stube hieselbst erscheinen / und fernern Andeutung gewarthen möchten: Es ist auch dem Scharfrichter / Meister Hanß Streck ebeinen anbefohlen / sich gleichfals mit seinem Knecht / Jost Dehnern / und denen zur Tortur gehörigen Instrumenten auf gesetzte Stunde einzustellellen / welchem auch also gebührende Folge geleistet worden. Als nun angeregte Personen mit einander heute früh üm 3. Uhr sich im Fürstl. Ambthause eingefunden / hat der Ambtmann die beyde Gericht-Schöppen durch mich / den Actuarium, in die Ambt-Stube ruffen und kommen lassen / [393] und ihnen eröffnet / daß der Gefangenen Annen Wettermacherin die Tortur ziemlicher maßen in dem eingelangten Urthel zuerkant worden / welche heute auch wieder sie vollstrecket werden solte / wenn sie nochmahls in Güte nicht bekennen wolte / maßen er denn deßhalber sie so früh anher beruffen lassen / würde also ein ieder darbey thun / was seines Ambtes wäre. Der Scharfrichter ist nach diesem auch vorgelassen / und ihm berührtes Vorhaben kund gethan / auch zu seiner desto mehrern Information das Urthel / so viel die Volter an sich selber betrifft / und welcher Gradus erkant / von mir dem Actuario ihm vorgelesen worden / um sich darnach habende zu achten. Drauf hat der Ambtmann [ein Virtel auf vier Uhr] nebst denen obgenandten Gerichts-Personen / Item den Ambts-Diener / wie auch den Scharffrichter und dessen Knecht [welche beyde Letztere ein wenig hernach folgen müssen] sich in das also genante Hexen-Hauß / welches strack hinter dem Ambt-Hause an der Mauren lieget / in die darinnen neu-erbauete Volter-Stube / [dahin sonst niemand kommen / noch zuhören kan /] sich begeben / und bey dem darinnen befindlichen Tisch mit den Gericht-Schöppen / und dem Notario Judicii nieder gesetzet / der Scharfrichter und dessen Knecht aber haben ein wenig vor der Thür / auf dem Saal warten müssen / biß die Gefangene / auf Befehl des Ambtmanns / durch den Diener aus dem Gefängnis geholet / und in berührte Stuben gebracht worden. Nachdem nun dieselbe [2. Virtel auf 4. Uhr / nach Ausweisung des in die Volter - Stube mitgenommenen / und gleich puncto 3. ümgewendeten richtigen Stunden-Glases] angelanget / hat der Ambts-Diener sie auf den Saale vor der Stuben / von den Ketten und Banden loßgeschlossen / hernach / wie angeschellet wurde / dieselbe hinein geführet / und ist der Scharffrichter und sein Knecht auch mit vorgelassen / welche die zur Tortur gehörige Instrumenta auf eine Banck nach der Riege hingelegt. Die Inquisitin bey dem Eintritt machte ein paar grosse Augen / und erblassete / doch both sie denen Anwesenden einen guten Morgen! Wie der Ambts-Diener abgetreten war / redete der Ambtmann die Gefangene also an: Anna Wettermacherin / du erinnerst dich / daß du vor etlichen Wochen / auf eingehohltes Rechtliches Erkäntnis / verdächtiger Hex- und Zauberey halber / worinnen du dich nun etliche Jahre her in dem hiesigen Ambts-Dorff Drachenstädt sehr beschryen gemacht hast / gefangen genommen / und anher in Hafft gebracht worden bist. Ob man nun wohl vermeinet / du wür [394] dest strack bey der ersten Verhör in dich gegangen seyn / dein Gewissen erleichtert / und in Güte bekant haben / wie du dich von den Satan verführen lassen / und von GOtt abgefallen / auch was du sonst vor Unthaten begangen und verübt / damit deine Seele von dem ewigen Verderben errettet / und du durch wahre Reu und Busse zu deinem Erlöser JEsu Christo / mit dem du in der heiligen Tauffe einen Bund gemachet / auch dem Teufel und allen seinen Wercken und Wesen abgesaget hast / wieder gebracht werden möchtest: So hat man doch das Gegentheil / und dieses verspühret / daß du alles trotzig verneinet / und ins leugnen gestellet / da doch handgreifliche Indicia der Hexerey wieder dich obhanden sind / indem / wie du von dem Ambts-Diener in deinem Hause zu Drachenstädt gefangen genommen / und in Beysein des Schultheissen besuchet worden / (1) in deiner Schnür-Brust man einen zusammen gewickelten Zettul / darauf ein Teufels-Bild mit vielen Characteren und Creutzen gemahlet / (2) in dem Quer-Band an deinem Rock drey Pulver / als ein weißes / rothes und schwartzes / in Papier iedwedes besonders gewickelt / eingenehet / und (3) in deinem Keller drey Schirben mit gekochten Kräutern / ferner eine Schachtel mit Knochen von kleinen Kindern / und einen zugedeckten Topf / darinnen eine grausame grosse roth-bunte lebendige Kröte / welche das Maul weit aufgesperret / gesessen / gefunden / so / ehe man sich dessen versehen / weg kommen und verschwunden. Uber dieses auch die eydlich abgehörte / und mit dir confrontirte Zeugen so viele verdächtige Dinge wieder dich ausgesaget haben / daß niemand dich vor unschuldig hält / welches auch der Schöppen-Stuhl zu N. wohl erwogen / und überleget / dannenhero dir die Tortur oder scharffe Frage zuerkant hat / wenn du nochmahls in Güte dein Bekäntnis nicht thun wirst: massen wir dann uns zu dem Ende allhier eingefunden / und dich deshalber aus dem Gefängniß anher bringen lassen. Wir haben allerseits ein Mitleiden mit dir / daß du dich so schändlich von den bösen Geist / als den aligemeinen Menschen - Feind / berücken / verführen und in sein höllisches Jäger-Netze ziehen lassen / ermahnen dich auch hiermit treulich / daß du GOtt und der Obrigkeit die Ehre geben / und dein Bekäntnis gütlich thun nnd ablegen wollest / weil es ietzo noch Zeit ist / ehe du dem Scharfrichter übergeben wirst. Traue du dem leidigen Satan / der dir etwan einbläset / du soltest nichts bekennen / er wolte dir schon davon helffen / ja nicht / er ist ein Lügner und Betrüger von Anfang her / sondern nimm deiner Seelen Seeligkeit wahr / [395] worzu du noch wieder gelangen kanst / wenn du deine Sünde und Unthaten rein heraus / und vom Hertzen loß beichtest / rechtschaffene Reue und Leid drüber hast / und dich in wahren und festen Glauben an das teure und vollgültige Verdienst deines Heylandes und Seligmachers JEsu Christi hältest. Du bist ein altes Weib / ob du etwan noch ein halb oder ein gantzes Jahr zu leben hast / die Zeit in fernerer Unbußfertigkeit zubrächtest / und endlich drüber ewig verlohren gingest / und verdammt würdest. Oder was hastu vor Vortheil davon / daß du dir erst deinen Leid elendiglich zu martern / und alle Glieder ausdehnen / oder dich gar krumm und lahm durch die Volter machen lässest / und must doch letztlich bekennen? Viel besser thätest du ja / daß du ohne so grausame Schmertzen und Verderbung deines Leibes die Warheit aussagtest und offenbahretest / wie wir das gute Vertrauen haben / daß du ietzo thun werdest. Inquisitin antwortete hierauf: [eben wie es drey Viertel auf 4. war] Herr Ambtmann / und ihr andere günstige Herren / ich bin keine Hexe / Zauberin / Unholde noch Milch-Diebin / sondern von dem Laster so reine / als die liebe Sonne am Himmel / das glaubet mir nur / es ist auf min Siel wahr! Gläubet doch nur den Leuthen zu Drachenstädt nicht alles / was sie sagen / es ist Feindschafft / Haß und Mißgunst. Daß meine Kühe bessere Milch / als anderer ihre geben / machet daß ich sie wohl füttere / und zu rechter Zeit warme Südden gebe. Es haben so feine gute Leuthgen hie in der Stadt Milch / Raum / Butter und Eyer von mir gekriegt / daß niemand drüber klagen wird. Das in meiner Schnür-Brust vernehet gewesene Zettelchen habe ich einmahl auf den Felde / wie ich nach der Stadt gieng / gefunden / und bey mich gesteckt. Die drey Pülverchen hat mir meine Groß-Mutter Blockbergs Else / zu Molchheim am Hartz / die aber vorlängst gestorben / vor viertzig Jahren / als ich mich eine Zeitlang bey ihr aufhielt / gegeben / sagende: das rothe wäre gut vor dem kalten Brand / das weiße heilete alle böse Schäden / drein gestreuet; das schwartze aber wäre dem Vieh gut / einzugeben / wenn es bezaubert wäre / und an statt der Milch Blut von sich liesse. Die Kröte belangend / wäre bekant / daß sich dieselben gerne in den Kellern und Gewölben / wo Milch und Rohm [oder Schwand] anzutreffen / aufhielten / die wohl in den Topff / darinnen noch etwas von Milch gewesen / würde seyn hinein gekrochen. Die in der Schachtel liegende Knochen hätte sie aus den Bein - Hauße gelanget / und wäre dem Vieh [396] gut / wenn es drüber söffe. Wüste weiter nichts! man möchte sie martern / peinigen / dehnen / zerren oder reißen / wie man wolte. Notandum [In währender Vorhaltung / und der Inquisitin Antwort / schraubete der Scharffrichter den Kloben über der Leither ein / sich dessen bey dem Außdehnen und Aufziehen der Verhafften zubedienen / und machte nebst seinem Knecht alle gehörige Praeparatoria zur Volter. Worbey Inquisitin sich zwar stellete / als sehe sie es nicht / blickte doch etliche mahl nach der Leither und den Tortur-Instrumenten, und zog die Achseln zufammen.] Der Ambtmann sagte / dieses hätte sie zwar bey der ersten Verhör auch so vorgebracht / es wäre aber nicht gläublich sondern steckte noch viel ander Dinges dahinter / welches auch die Herren Urthelsfassere wohl erwogen / und daher ihr die scharfse Frage zuerkant. [Hierbey ist zumercken / daß man den Inquisiten nicht sage / welcher Gradus erkant / sondern ihnen weiß machet / als wenn es sehr scharff hergehen solle.] Würde sie also nochmals in Güte ermahnet / es nicht zu solcher schweren Marter und Pein kommen zulassen / sondern die gründliche Warheit zubekennen / auch auf die Articul, so er sie jetzo fragen würde / klare / deutliche und ungeschraubte Antwort zu geben. Drauf fragte er den Ersten Articul / Ob sie nicht eine Zeither sich der Hex- und Zauberey beflissen? Illa: Nein / durchaus nicht / sie wäre eine ehrliche Frau / und keine Hexe. Nachdem sie nun nicht gleichzubekennen wolte / übergab sie der Ambtmann dem Scharffrichter / mit diesen Worten: Meister Hans / weil dieses trotzige und verstockte Weib sich durch so vieles gütliches Zureden nicht gewinnen lassen wil / ihre Unthaten zubekennen / so übergebe ich dir sie hiermit / dem eingelangten Urthel gemäß mit ihr zuverfahren.
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Drauf antwortete der Scharffrichter / mit schuldigster Ehrerbietung / er wolte demjenigen / was durch Urthel und Recht erkant / und ihm ietzo befohlen worden / seiner geleisteten Pflicht gemäs / in allen gehorsamst nachkommen. Ermahnete zum Uberfluß die Inquisitin, ehe er sie angriff / ietzt noch in sich zugehen / und zubedencken / daß es auf des äusserste mit ihr ankommen sey / wolte sie noch in Güte bekennen / wohl gut / wo nicht / solte sie erfahren / was er an ihr thun wolte. Sie möchte sich ja nicht durch ihren Buhlen / den bösen Feind / bereden lassen / es würde keine Noth haben / wolte ihr schon beystehen: Denn derselbe wäre ein Lügner / und hätte schon unzehlig viele auf solche Maaße betrogen / indem / wenn sie erst grausame Marter ausgestanden / er von ihnen geschieden / und sie im Stich gelassen. Er / Scharffrichter / hätte schon mehr dergleichen blancke Mütter und Belias - Schwestern unter Händen gehabt / die sich noch wohl kräuser gestellet / hätten aber doch dekennen müssen. Christus JEsus / welcher der Höllischen Schlangen den Kopf zertreten / und die Wercke des Teuffels zerstöret / würde auch hie seine Gnade geben / daß der Satan mit aller seiner Macht / List und Tücke weichen müste. Illa: Ey Meister Hanß / was meinet ihr dann? Ich bin keine Hexe / sondern so rein / so rein / als die liebe Sonne / von der Zauberey und Schwartz-Kunst. Der Scharffrichter / Ja / ja daß sind eben die Rechten / welche so rein seyn wollen / mit Gottes Hülffe und Beystand würde man es bald erfahren / wie reine sie wäre. Grif sie drauf an / und entkleidete sie / mit Hülffe seines Knechts / biß aufs Hembd. In währenden Außziehen schwieg die Inquisitin gantz stille / und sahe auf die Erde. Der Ambtmann mit den andern Gerichts-Personen liessen mit Ermahnen / Drohen und Warnen nicht nach / in Meinung das Bekäntnis in Güte zuerlangen / es wahr aber alles vergebens / gleich als wenn man zu einem Stock oder Stein was redete. Drauf muste die Inquisitin sich auf einen Schämel niedersetzen / und band [398] der Scharffrichter ihr die Hände hinterwarts auf den Rücken zusammen / daß die beyde Daumen aneinander kahmen / nahm die Daum-Schrauben / und schraubte damit zum erstenmahl [gleich wie die Glocke 4. schlug] zu. Inquisitin. drückte die Augen zu / machte ein krum Maul / und schrye auweh! auweh! Fluchte / daß die Potzhundert sc. Wie drücket das Schelmeding so hart! Der Ambtmann verwiese ihr das Fluchen / an stat dessen sie billig bethen / und ihre Sünde bekennen solte: Imgleichen ihre andere frevele Reden. Scharffrichter sagte / das wäre nur der Anfang und Kinderspiehl / er wolte ihr schon besser kommen / lüfftete die Daum-Schrauben / und schraubete dieselbe zum andernmahl zu. Inquisitin rief / halt in! halt in! Es geschicht mir Gewalt und Unrecht / ihr werdet es vor GOtt zuverantworten haben / daß ihr mich arme Frau so peiniget und quälet / da ich doch unschuldig bin. Schrie weiter / au weh! au weh! Ach! Ach! ich vergehe! Ich bin keine Hexe / ich weiß nichts vom Teufel / ich habe ihn nicht gesehen / nichts gelernet / auch keinen Menschen noch Vieh ichtwas zu leide gethan. Der Ambtmann sagte / man thäte ihr nicht zuviel / sondern was Urthel und Recht mit sich gebracht hätte / und dieses wäre noch nichts gegen die andere Marter und Pein / womit man sie noch weiter belegen würde / wenn sie ihr verstocktes Hertz und Gemüthe nicht änderte / sich erweichen liesse / und die Warheit bekennete. Indes lüfftete der Scharffrichter die Daumen-Schrauben wieder. Inquisitin fieng an zulachen / und fragte: wie sie denn sprechen solte? Begehrete / man möchte es ihr-doch vorsagen. Und wahren ihre Augen so greulich anzuse [399] hen / als wenn der böse Feind sie leibhafftig besessen hätte / und aus demselben heraus guckte. Der Ambtmann ließ durch den Actuarium das bey der Hexen-Volter übliche Gebeth [welches oben schon gesetzet] laute ablesen und bethen / und schritte der Scharffrichter drauf zu den Schnühren mit den Banden / Doch liessen die Gerichts-Personen es an nochmahligen beweglichen Zureden nicht ermangeln / aber alles vergeblich / weil der Satan sie / den äusserlichen Ansehen nach / ie mehr und mehr verhärtete. Wie nun der Scharffrichter [ein Virtel auf Fünffe] nebst seinem Knecht anhub mit den Banden zu schnüren / fieng sie erschrecklich an zu schreyen / ach! ach! ach! au weh! o weh! das GOtt erbarme / waß sage ich doch! waß spreche ich doch / du liebes Göttchen gib mir es doch ein! Der Ambtmann fragte / wem sie durch das Wort Göttchen meynete? Illa, Ach sie wüste es nicht! o weh! o weh! ich sterbe / höret auf / ich will alles sagen / was ich weiß! HErr JEsus / höret auf! ich weiß nichts / als nur einen Seegen / den habe ich von meiner Groß-Mutter gelernet. Ambtmann Wie denn derselbe lautete? Inquisit, Sie wolte es sagen / wen̅ Meister Hans inne hielte / könte es vor Schmertzen nicht. Der Ambtmann befahl den Scharfrichter / ein wenig mit den Schnüren inne zuhalten / welches geschahe / und fieng drauf Inquisitin an / ihre vorgedachte Groß-Mutter / Blockbergs Else / hätte ihr folgenden Seegen gelehret / den Leuthen die kalte Gicht dadurch zu vertreiben / nemlich:
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Turtel-Täubichen ohne Gall /
Kalte Gichtgen du solst fall! sc. sc. sonst wüste sie nichts / man möchte sie doch nur gehen lassen / sie wäre ja schon gnug gequählet worden. Weil nichts weiters heraus wolte / fuhr der Nachrichter mit den Schnüren wieder fort / da sie Anfangs etliche helle Gall thate / hernach stille schwieg / und mit dem Maul an zupröppeln fieng. Der Ambtmann fragte / warum sie das Maul so bewegte? Illa, Sie bethete. Ambtmann / Warum sie es nicht laut thäte? und waß der Inhalt desselben wäre? Illa, Sie hätte es auch von ihrer obgedachten Groß-Mutter / einer weit und breit bekant gewesenen Kräuter-Frauen am Hartz / und ihren Vetter / den alten Hansen aus der Baumanns-Höle gelernet / und lautete also: Vor den bösen Geist und Voland / Und Meister Hansen des Henckers Hand Davor creuzig' und segne sich jedermann / Und lauffe / wer entlauffen kan! Darbey stockte sie wieder / und wolte ein mehrers nicht heraus / ungeacht man sie sehr beweglich ermahnete / sich nicht selber noch mehrere Pein zuzuziehen / sie würde doch nicht verhalten können / wie sie meinete / man sehe es ihr schon an. Sie aber antwortete: Sie wäre ein Christen-Mensch / man würde aus ihr nichts bringen / machte darbey eine hönische Mine / als wenn sie es nicht achtete. Deßwegen Meister Hanß sie [eben in den moment, wie es zwey Viertel auf Fünfe schlug] zur Leither führete / auf dieselbe legte / unten an der andern Sprosse ihr beyde bloße Beine mit einen Strick anband / daß sie nicht auffussen konte / hernach in den Strick / womit ihre Hände auf den Rücken zusam [401] sammen gebunden waren / dem Haken [welcher unten an den Corden oder Siemen / so in den Röllichen am Kloben herabgehen / befindlich ist] fest anmachte / daß er nicht außspringen oder loßgehen konte / und so rücklings 2. Sprossen hoch hinauf zog: Da sie zwar anfangs sich stellete / als wenn sie Schmertzen empfünde / that aber bald die Augen zu / schlief / den Ansehen nach / ein / und schnarchte darbey / als ein Mensch / der im tieffen Schlaf lieget. Der Scharffrichter aber bereücherte sie mit Teufels-Dreck / Weirauch / rothe Dosten u. schwarzen Kümmel / hielt ihr auch angezündeten Schwesel vor die Nase / da sie strack aufwachte / greulich grosse Augen machte / und das Maul flerrte. Wie nun der Actuarius die Feder ins Dintenfas tauchen / und den Verlauf niederschreiben wolte / ward er gewar / daß eine kleine Mauß mit geschlitzten Ohren auf den Hinterbeinen uf seine̅ Protocol saß / und wie man zu reden pfleget / mit dem Vorderbeinen ein Männchen gegen ihm machte / da doch keiner von den andern Gerichts-Personen gesehen / wie / wenn / auch auf was Art und Weise sie auf den Tisch / der doch mitten in der Volter-Stuben stund / und sie alle darbey sassen / kommen. Uber welche Begebenheit diese aufstunden / daß die Mauß alleine auf den Tisch besitzen blieb. Alß aber der Ambtmann anschellete / und dadurch ein Zeichen gab / daß der Diener hineinkommen solte / sprang die Mauß gantz behende vom Tisch herab / und wischte / ehe der Diener noch hinbey kahm / in einen gantz kleinen Spalt der Dielen / womit die Stube bekleidet ist. Ungeachtet nun der Diener mit der Spitzen seiner Plauten drein stocherte / war doch keine Mauß mehr zu sehen noch zu hören. Drum man sich wieder niedersetzte und den Schurffrichter / der inzwischen die Chorden oder Siemen nachgelassen / weiter fort fahren ließ. Wie dieser zum andernmahl sie wieder 2. Sprossen in die Höhe zohe / erhub sich ein überaus starcker Sturm-Wind / welcher so gewaltig wider die Fenster der Volter-Stuben gieng / daß man meinete / sie würden mit samt den Rahmen hinein / und zu tausend stücken fallen: Inzwischen wurd gebetet: Heilige Dreyfaltigkeit wohne uns bey sc. Die Inquisitin schrie unterdeß / hilff mir! hilff mir! Ach geschwinde / geschwinde / ich sterbe!
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Der Ambtmann fragte / wem sie rieffe / der ihr helffen solte? Illa, Wolte nicht antworten / sondern winselte nur / Ach! Ach! Ach! Du liebes Göttgen hilf mir / hilf mir / bald / bald / ach komme doch! Indem kam die vorgedachte Mauß wieder aus dem Ritz oder Spalt hervorgesprungen / und lief / gleich wie ein Blitz / nach der auf der Leither in suspenso hengenden Inquisitin zu. Nach welcher Mauß der Scharffrichter und sein Knecht mit Stäben / ingleichen der Ambts-Diener / so hineingeruffen wurde / u. eben ein Gebund Schlüssel zu den Gefängnissen in der Hand trug / tapffer zuschlugen / sie aber nicht treffen konten / indem sie hoch über die Stäbe und Schlüssel hin und wieder sprang / als wenn sie Flügel häthätte / verschwund auch drauf in einen Augenblick / daß man sie nicht weiter sahe / es legte sich auch der Sturmwind / und ward alles stille. Von den meisten Schlüsseln aber waren die Kämme herab / oder doch krum / daß man sie wieder machen lassen muste. Der Scharffrichter klopffte mit einem kleinen häselnen Stäbelein der Inquisitin auf die Schinbeine / und fragte / ob es nicht bald Zeit wäre / daß sie bekennete? Inquisitin Fing hierauf an laut zu ruffen / und sich zubewegen / als wenn sie grosse Schmertzen empfünde / da doch der Scharffrichter nur sanffte mit den Stäblein klopffte. Hub auch an / man solte sie loßmachen / wolte bekennen. Alß nun der Scharffrichter die Chorden in etwas nachließ / und sie ermahnet wurde / ihrem Versprechen nachzukommen / ließe sie sich vernehmen / ja sie wolte sprechen / sie wäre eine Hexe / weil man es doch so begehre. Meister Hanß hätte ja viele Hexen unter seinen Händen gehabt / und mit angehöret / was sie bekant und ausgesaget hätten / der möchte ihr doch was davon vorschwatzen / daß sie sich darnach richten könte. Der Scharffrichter antwortete / er wolte ihr schon weisen / was sie sage̅ solte / zohe sie ein wenig mit den Armen wieder in die Höhe / und setzte [drey Viertel auf 5. Uhr] ihr auf iedes bloße Bein an den Schlenbeinen eine
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Bein-Schrauben / Fragte / ob sie schwatzen wolte / oder er zuschrauben solte? Sie hätte die Gerichte und ihn gnung geäffet / es müste noch ander Ernst gebraucht werden / fuhr auch mit den Schlüssel nach der Schrauben an den rechten Bein / als wenn er zuschrauben wolte. Inquisitin aber rief / Meister Hanß thut gemach! gemach! Last mich doch erst recht besinnen. Scharffrichter Ey was besinnen / du hast Zeit gnung darzu gehabt. Schraubte also die am rechten Bein zu. Inquisitin, schrie / au weh! au weh! Ihr bringet mich ja ums Leben / ist denn kein Aufhören oder Erbarmen? Ein Pferd könte es ja nicht ausstehen! Scharffrichter / Es ist da kein aufhören / du bist so eine verstockte Zauberin / als eine zufinden / schraubte auch die am lincken Bein gleichfals zu / da Sie abermahl erschrecklich an zubrüllen sing / und s. h. einen starckknallenden bombum mit garstigen Gestanck von sich ließ / daß man Thür und Fenster aufmachen und räuchern lassen muste. War auch der Gestanck so unerträglich / daß man die Nasen mit Schnupftüchern zuhalten muste / und wie der Scharffrichter mit dem Schlüssel auf die Bein-Schrauben / wie üblich / klopfte / rief sie / ach machet mich loß! thut mich herab! nehmet mir die Peinigende Dinge von den Beinen weg! Ich wil nun alles bekennen / was ich kan / weiß und gethan habe. Der Ambtmann sagte / du hast uns Mühe und Ungelegenheit gnung gemachet / und uns etliche mahl getäuschet / wir glauben dir nichts mehr / wenn man dich schon von der Leither lässet / bleibst du doch bey deinen verstockten Sinn. Illa, Nein / Nein. Ich bitte euch um Gotteswillen / machet mich ledig / ich kans nicht länger ausstehen. Auf min Siel / ich will alles bekennen. Der böse [404] Feind ist all von mir weg / er sagte zu guter Letzt / er könte mir nicht mehr helffen / ich wäre ohnedem nun alt / wolte schon sehen / wo er eine Junge wieder kriegte. Pfui des garstigen Schelms! Der Ambtmann befahl dem Scharffrichter / der Inquisitin geschwind die Bein-Schrauben ab / und sie von der Leither zunehmen / die Hände ihr gantz loßzumachen / auch wieder auf den Stuhl zusetzen / welches sobald geschahe [just wie die Glocke schlug] ermahnete sie drauf / nun ohne Verzug alles zuoffenbaren / wie sie zur Hexerey verführet worden / und was sie dadurch vor Schaden und Ubelthat verübet und begangen hätte. Inquisitin sagte / ja sie wolte nun alles / was sie wüste / auch iemahls auf Anreitzung des bösen Geistes gethan / harklein erzehlen / und dadurch ihr Hertze erleichtern / in Hoffnung / Gott der allerhöchste würde sich ihrer erbarmen / und sie wieder zu Gnaden annehmen. Der Ambtmann replicirte, an Gottes Gnade hätte sie nicht zuzweiffein / woferne sie sich nur in wahrer Reu und Buße / wie er schon anfangs / ehe man zur Volter geschritten / erwehnet / zu ihrem Erlöser Christo wieder bekehre / regte dabey an / sie solte nur fein bald ihr Bekäntnis thun / doch daß alles die Warheit sey. Illa, Ja daß wolte sie thun / und verhielte sich es [1] mit ihrer Verführung also: Ihr Vater / Cuntz Wettermacher / wäre ein Köhler gewesen / und zu Unckendorf im Hartz gewohnet / wäre selten zu Hause / sondern die meiste Zeit im Walde bey den Miehlerhauffen gewesen und gekohlet. Die Mutter hätte Geske Gabelreuterin geheissen / und sonst kein Kind / als sie nur allein gehabt. Wie sie nun ein Mädgen von 10. Jahren gewesen / wäre sie gewahr worden / daß immer ein schwartzer Mann bey ihrer Mutter aus und eingegangen / welchen sie Vetter Hornvalten genennet / derhätte ihr allerley Sachen / als Butter und Käse / Rocken / Gersten / Weitzen / Kraut Rüben / Obst und allerhand andere Früchte / wie es die Jahrs Zeit gewesen / oder was sonst ihre Mutter nur von ihm begehret / gebracht / daß ihre Eltern also ihr gutes Auskommen von diesem vermeinten Mann gehabt / ungeacht Inquisitin, als ein junges Mädgen / sich anfangs vor demselben gefürchtet / weil er einen langen zot-Bart und greulich grosse Augen / auch eine [405] rothe Mütze mit einer Hanen-Feder aufgehabt. Wie sie etwas grösser worden / hätte ihre Mutter ihr immer in Ohren gelegen / Vetter Horn-Valten hätte einen schönen Sohn / den wolte er ihr freyen / wäre ein reicher Kerldaß sie ihr Lebetage gnung haben würde. Sie hätte sich aber immer mit dem entschuldiget / sie wäre noch zu jung / wenn sie etwas älter und grösser würde / und er ihr gefiehle / wolte sie ihn so dann schon heyrathen. Es hätten aber die Nachbarn endlich gemercket / daß es mit ihren Eltern nicht von rechten Dingen zuginge / daß sie so ein gutes Auskommen hätten / und doch der Vater wenig verdienete: Zumahl da sie oft gesehen / daß Vetter Hornvalten des Nachtes in feurichter Gestalt zu ihrer Boden-lücken hinein geflohen / und als einsmahls ein Weib in berürten Dorf ihre Mutter eine Hexe gescholten / hätte sie dieselbe todt gezaubert / Item andern die Kinder gesterbet / deßgleichen Kühe / Schweine und Kälber / auch einem Man̅ die Elben oder zehrende Dinger angemacht / drüber sie und der Vater beym Kopf genommen / gevoltert und hernach zugleich in einem Feuer zu Scharfheim verbrant worden. Weil sie nun solcher Gestalt auf einmahl ihre Eltern verlohren / hätte sie sich zu ihrer Großmutter Blocksberg Elsen / in Zauberthal wohnhafft / begeben müssen / welche als eine Kräuterfrau sich auch wohl genehret / indem sie den Leuthe mit Pulver / Geträncken und Seegen-sprechen von allerhand wunderlichen Kranckheiten / und wenn es auch schon Hexerey gewesen / helffen: Imgleichen Schämelbeine verbinden / und doch dadurch Leuthen / so weit davon gewohnet / und die sie nicht einmahl zusehen gekrigt / die zerbrochene Arme und Beine heilen und wieder zurechte bringen können. Zu derselben wäre auch oft ein schwartzer Mann kommen / welchen sie Vetter Hanß aus der Baumans Höle geheissen / der hätte ihr Kräuter / Blumen und Wurzeln gebracht / zuweilen wäre die Großmutter auch wohl mit ihm auf den Blocks- und andere Berge im Hartz gegangen und dergleichen Gekräutig und Wurzeln gesuchet und eingetragen. Wenn sie wieder mit einander zurückkommen / hätten sie sich braf lustig gemacht. Dieser Vetter Hanß wäre grün gekleidet gewesen / als ein Jäger / einen Hirschfänger und Hornfessel an / auch einen grauen Hut und eine schwarze Straus-Feder drauf; Item blaue Strümpffe angehabt / sonsten aber hätte er im Gesichte gantz schwartz / als ein Mor außgesehen. Dieser hätte ihr auch immer angelegen / sie solte seinen Sohn / den er mit sich bringen wolte / heyrathen / mit Zusatz / sie dürffte nicht meinen / daß er auch so schwartz aussehe / als er / sondern es wäre ein feiner junger Kerl / mit gelben [406] krausen Haaren / der ihr wohlgefallen würde / wenn sie ihn sehe. Sie hätte aber seiner keine Gnade haben wollen / sondern ihn immer abgewiesen / weil sie sich in des Schultheissen / Wenzel Baurenhards Sohn / Nikeln in Zauberthal verliebet / und denselben nachgelauffen / wo sie nur gekont / der sie auch wieder lieb gehabt; Aber seine Eltern hätten nicht einwilligen wollen / daß er sie nehmen sollen / wegen ihrer Eltern / so gebrant worden / Item daß man ihre Großmutter auch vor eine Erz-Zauberin gehalte̅ / und sich also besorget / sie möchte das Handwerg auch gelernet haben / da sie doch damahls noch rein davon gewesen / und blieben / biß ins 17te Jahr ihres Alters / da ihr obgedachten Schultheissen Sohn immer in Kopf gelegen / und gewünschet / daß sie doch denselben nur zum Mann kriegen möchte / weil sie damahls ein hübsches Mädgen gewesen / weiß von Gesichte mit rothen Bäckelgen / drum man sie auch zu der Zeit nur schön Aennichen geheissen / wenn sie gleich ietzo so wilde und runzlig aussehe. Dannenhero als sie einsmahls alleine in dem Wald gegangen / Holtz im Korbe zu holen / aber den Morgen nicht gebetet gehabt / und wieder so inniglich auf des Schultheissen Sohn gedacht / auch deßhalber etliche Buhlen-Lieder / sonderlich aber dieses: Ach feines Lieb komm' her zu mir / Im Holtz bin ich alleine hier / Erscheine mir / und komme bald / Eh denn ich werd' vor Liebe kalt / sc. gesungen / hätte sie ein Geräusche in den Büschen gehöret / welches immer näher zu ihr gelanget / biß sie gewahr worden / daß ein junger Kerl mit gelben krausen Haaren / hübsch ven Gesichte / einen grauen Rock / lederne Hosen / und weiße leinene Strümpfe anhabende / natürlich wie des Schultsen Nickel gebildet und gekleidet / aus dem Gebüsche nahe bey ihr heraus kommen / ihr einen guten Tag gebothen / und gefraget / waß sie da machte? Alß sie geantwortet / sie lese ein wenig Holtz zusam̅en / habe er angehoben / es wäre ihm sehr lieb / daß er sie da ungefehr und alleine antreffe / er wäre dort oben im Walde gewesen und Holtz gehauen / wie er denn die Axt noch am Arm hangend gehabt / indem er nun / weil es bald Mittag / wieder heim gehen wollen / hätte er singen gehöret / u. wäre deshalber durch die Büsche hin gekrochen / um zu sehe̅ / wer doch die Sängerin seyn mochte / wäre ihm also üm desto erfreulicher / daß sie es sey / mit der er allda gantz vertraulich reden / und ihr sein Hertz offenbahren könte / im Dorff hätten sie doch so nicht Gelegenheit darzu / sondern es würde strack verrathen / und seinen Eltern wieder zu [407] gebracht / die es zwar nicht haben wolten / daß er sie zur Ehe nehmen solte; allein er wolte es schon machen / in dem Krieg ziehen / sie mit nehmen / und sich trauen lassen / die Güther müsten ihm doch / als einen einigen Sohn / nach seiner Eltern Tod wohl bleiben. Hätte ihr auch die Hand / und sie ihm die ihrige drauf gegeben / daß eins des andern seyn und bleiben / auch nicht von einander lassen wolten: maßen er denn solches mit vielmahligen hertzen und küssen bestätiget / sie auch nicht anders gemeinet / es wäre warhafftig des Schultheissen Nickel. Als sie nun sich nieder gebücket / und mehr Holtz lesen wollen / hätte er sie von hintenzu angefasset / übern Hauffen zur Erden nieder geworffen / und begehret / seinen Willen zu thun / mit fernerer Anführung / sie wäre ja doch seine Liebste / und wolte sie ehesten Tages mit sich in den Krieg führen / solte nur ihre Sachen zusammen machen / und sich parat halten / da sie es / in Hoffnung der Ehe / geschehen lassen. Es wäre ihr aber alle wunderlich und seltzam um den Handel vorkommen / daßsein männlich Glied wie ein Hörnichen / und darzu sehr kalt / ja der Saamen / den er von sich gelassen / so kalt als Eiß gewesen / daß sie es nicht länger ausstehen oder vertragen können / sondern sich unter ihn hervor gemacht / und aufgesprungen. [Similem ferè confessionem Sagae cujusdam, Mühl-Lenen / affert Carpzov. part. 1. Pract. Crim. Quaest. 50. n. 29. Item Johann. Heinrich Pott, de nefando lamiarum cum diabolo coitu c. 2. §. 8. ibi: Wenn er mit ihr zu thun gehabt / wäre es nicht anders gewesen / als wenn er ein kalt Hörnichen darzu gebraucht. Et certè hoc omnes uno ore loquuncur, quae daemoni corporis sui copiam faciunt Sagae (faciunt autem omnes, ubi se illi addixerunt, est??? hoc quasi primum pignus initi cum illo foederis) se illius membro virili & semine, si quod effundit, in tantum, frigido contaminari, ut eo admisso totae statim horrore dissiliant. Nicol. Remigius, Daemonolatr. lib. 1. c. 6. Freudius, in Gewissens-Fragen von Zauberey / quaest. 73. n. 6.] Wie sie nun nach geschehenen Beyschlaf ihren Rock wieder zurechte gezogen / und die Augen aufgehoben / wäre sie an statt des vermeinten Schultheissen Sohn / Nickels / eines abscheulich schwartzen Mannes mit Hörnern / der einen langen Barth wie ein Ziegen-Bock / feurige Augen / ein grosses Maul / mit langen beißigten Zähnen an statt der Hände grosse Klauen / Item einen Hahnen- und Pferde-Fuß habend / gewahr worden / über welchen unvermutheten Anblick sie dergestalt erschrocken / und ausser sich selber [408] kommen / daß sie zur Erden nieder gefallen. Er aber hätte sie mit seinen Klauen wieder in die Höhe gezogen / und gesaget: Nun siehestu / wen du versprochen / immer und ewig sein eigen zu seyn / und mit wem du zu thun gehabt hast. Ich bin Hauß der Teufel / und des alten Hansen aus der Baumans-Hölen Sohn / den du nicht hast zu deinen Schatz annehmen wollen / und bist doch nun mein worden. [Aus der meisten Hexen Urgicht und Bekäntnis erhellet / daß der Satan sich mehrentheils Hans geheissen. Sonst findet man auch / daß er sich Juncker Hanß / Juncker Hahn / Schön-Hanß / Juncker Jacobus / Juncker Hans Bastian / Stephan / Hinckepick; Freudius, d. tr. q. 147. n. 7. Carpzov. p. 1. Pract. Crim. q. 50. n. 66. Sentent. 6. 20. 27. 28. 33. 34. & 35. Item Lucifer / Rausch / Grauröcklein / der schwartze Caspar / wie auch Lucas genennet. Carpzov. d. q. 50. n. 66. Sent. 5. & 21. Pott. alleg. c. 2. §. 12.] Er hätte auch strack begehret / sie solte ihm da nochmahls zusagen und angeloben / daß sie ihm treu und hold / auch ewig sein eigen seyn und verbleiben wolte: Item / sie solte die heilige Dreyfaltigkeit verschweren / und sich ihres Antheils an GOttes Reich mit ihm begeben / ferner sich so bald da auf der Stelle ümtauffen lassen / und künfftig alles thun / was er ihr befehlen würde / oder er wolte ihr auf einmahl den Hals ümdrehen / und ihren Leib in hundert tausend Stücke zerreissen / hätte auch schon / weil sie drüber erstummet / und nicht strack ja darzu gesagt / nach ihr mit den Klauen gekrappet. Notandum [Als der böse Geist den Cantzlar zu Bamberg durch Unzucht zur Hexerey verführet / und derselbe auch so bald nicht drein willigen wolte / verwandelte sich dieser listige Geist in einen grausamen scheußlichen Drachen / und drohete ihn alsofort zu verschlingen / und in hundert tausend Stücken zu zerreisen. Drüber der Man̅ sich entsetzte / u. weil er dem Satan nicht so bald aus Gottes Wort und mit dem Gebeth begegnen / vielweniger daß er aus Irthum und nicht aus Vorsatz sich mit ihm vermischet / oder anders mehr opponiren und sich damit schützen können / einen Bund mit ihm gemachet / sich ins Teufels Nahmen täuffen lassen / und deshalber justificiret worden. Goldaft. von Confiscation der Hexen-Güther §. 23. p. 69. lit. B. Rimphof, im Drachenkönig p. 118.
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Also ist er auch jener Hexen zu Hexen zu Molßheim (deren Besoldus in Thes. Pract. lit. H. voc. Hexen gedencket) in einem erschrecklichen Gesichte erschienen / als er von ihr begehret / GOtt zuverschweren / und zu verläugnen / hat auch dabey gedrohet / wenn sie es nicht thun würde / wolte er sie zerreissen und zerstücken. Gleicher gestalt setzte er einen vornehmen Fürstlichen Rath und Abgesandten auf den Reichs-Tag zu N. seine Mord-Klauen an den Halß / nachdem er den Abend vorher in Gestalt einer schönen Schwäbischen Bäurin ihn zum Ehebruch verleithet. Den folgenden Tag aber / als ein grausam und erschrecklich Wunder-Thier ihm erschienen und also angeredet: Du leichtfertiger Vogel! du Ehe-Ehr- und Treu-vergessener Bösewicht / weistu auch / was du gestern mit mir zuschaffen gehabt? wie offte du dich mit mir vermischet? Jetzt bistu in meiner Gewalt / strack ergib dich mir zu eigen / oder ich reisse dich auf hundert Stücken. Darüber der Abgesandte / nachdem der Satan sich wieder in die Gestalt der schönen Bäurin verwandelt / einen Accord trifft / und solchen mit seinen eigenen Blut unterschrieben / welches ausführlich bey dem Erasmo Francisci, in seinen Neu-polirten Geschicht-Kunst und Sitten-Spiegel / lit. 1. Disc. 18. pag. 129. & seqq. zu lesen ist.] Da sie in grosser Angst Ja gesaget / und ihm ihre rechte Hand dargebothen / er aber hätte mit den Klauen ihr unter den Daumen in der Mauß ein Zeichen gekratzet [welches sie zeigete / braunlich / wie eine Fliege gebildet / etwas erhoben aussahe / und gantz unempfindlich war / auch kein Blut von sich gab / wie sie der Nachrichter mit einer Pfriemen drin stach] hernach bey ein morastig Fleck / so nahe bey den Büschen gewesen / geführet / ihr das Tuch / womit sie ihre Haare auf den Kopf bedecket gehabt / wie die Bauer-Mädgen sich zu schmücken pflegen / wenn sie ins Graß oder Holtz gehen / ab genom̅n / garstig Pfützwasser mit den Klauen geschöpffet / und ihr auf den Kopf geschüttet / sagende: ich täuffe dich in meines / Hansens / und aller Höllischen Geister Nahmen / daß du mein im̅er und ewig seyn und bleiben solst; auch ihr den Namen Fein Elßgen gegeben. [Daß der Satan bey seiner Miß-Tauffe den Hexen und Zauberern zuweilen andere Nahmen gebe / solches ist denen / welche mit den Hexen Processen zu thun gehabt / oder noch haben / gnugsam bekant / maßen denn auch Carpzov, in seiner Pract. Crim. p. 1. 4. 50. n. 66. eine [410] Urgicht / welche in der 21. Sentenz pag. 336. enthalten / drin eine Hexe bekant / daß nach der Miß-Tauffe der Teufel ihr den Nahmen Margaretchen gegeben / sich aber Lucas genennet.] Wie dieses geschehen / hätte sie die zwey Forder-Finger an ihrer rechten Hand nebst den Daumen auf ihre lincke Brust legen / den Gold- und kleinen Finger aber hineinwarts schlagen / und ihm nachsprechen müssen: Ich verschwere hiermit die Dreyfaltigkeit / und wil von nun an kein Theil mehr an Gottes Reich haben! Drauf hätte er ihr ein groß Goldstücke zum Mahlschatz zugestellet / uf welchen allerhand unbekante Schrifft und greuliche Bilder gestanden / so sie bey sich gestecket / auch versprochen / ihr immer was zubringen / daß sie keinen Mangel haben solte: Ja er wolte sie aus aller Gefahr / Angst und Noth erretten / welches Letztere er aber ietzo gehalte̅ / wie ein Schelm / un̅ Ertz-Lügener / indem er sie verlassen / doch danckte sie Gott / daß er von ihr gewichen wäre / sie hätte doch wenig guter Stunden bey ihm gehabt / denn wenn sie nicht alles flugs gethan / was er haben wollen / hätte er sie̅ braun und blau geprügelt / wie sie hernach noch weitläuftiger berichten wolte. [Diese Hexe machte es noch besser / als jener Zauberer / dessen Goehausen, in Processu contra Sagas tit. 9. §. 3. p. 372. gedencket / welcher mit dem Teuffel einen Bund gemacht / er wolle ihm Leib und Seele verschreiben / wenn er nun dargegen ihn aus aller Gefahr helffen wolte. Nun begab es sich / daß der gedachte Geselle wegen einer Ubelthat eingezogen ward / und als man ihn auf den gewöhnlichen Richtplatz geführet / und gleich jetzt abthun und tödten lassen wolte / sahe er sich um / ob er irgend seines Noth-helffers gewar worden könte. Letzlich siehet er ihn nicht wiet davon auf einen Baum in Gestalt eines Geyers sizen / da er ihn nun deutet / der Teufel sol sich seiner Zusage erinnern / und ihm in der Noth Beystandthun / der Satan aber sich weigerte / sprach der arme Sünder und Ubelthäter: Wolan! Ob du Satan gleich an mir bist Eydbrüchig worden / so wil ich doch so redlich seyn / mein Wort halten / und dein mit Leib und Seele ewiglich bleiben. GOtt behüte uns vor solcher Redligkeit addit Author!] Endlich hätte er Abschied von ihr genommen / mit Versprechen / ehestens sie in ihrer. Großmutter Hauß zubesuchen. Drauf wäre er verschwunden / [411] und sie mit der Last Holtz heimgegangen. Alß sie nun besagter ihrer Großmutter / alles / was sich mit ihr begeben / in Klagen und Weinen erzehlet / hätte dieselbe überlaut gelachet / auch sie noch darzu vexiret / daß sie so oste Vetter Hansen aus der Baumanns-Höle / seines Sohns halber / abgewiesen / und hätte denselben doch noch auf solche listige Art nun kriegen müssen / sie auch ermahnet / getrost zu seyn / sie hätte einen reichen Buhlen bekommen / der sie schon ernehren würde / es wäre doch so gar fein / wenn es immer bey dem Geschlechte bliebe / denn ihr gantzer Stamm von Uhr-Eltern und Groß-Eltern wären alle so gute Leute gewesen / die ihr reiches Außkommen gehabt / waß sie sich denn alleine ausschliessen wolte? de Apfel fiehle ja nicht weit von Stamm! Weil ihr Vater uud Mutter verbrand worden / hielten die Leuthe sie / die Tochter / doch auch vor eine Hexe / es möchte war seyn / oder nicht. Nun könte sie desto eher eine gute Heyrath thun / und zwar auch in eben solchen guten Geschlecht / wie sie wären. Da sie sich endlich zu frieden gegeben. Wie sie nun in ihrer Großmutter Hauß auf den Boden / bey der Laden / so vor ihrem Bette gestanden / drin sie alleine geschlaffen / gegangen / und das Goldstücke hinein legen und aufheben wollen / wäre es nur ein runder Boden aus einem tönernen Krug gewesen / da sie Hansen alles Ubel an dem Hals gefluchet / daß er sie so schändlich betrogen / doch den Boden gleichwohl in die Laden geleget und aufgehoben. [Eben solchen Betrug mit einem Goldstücke zeigete Anno 1687. ein Dinstmägdelein bey der Territion im Ambt Arnstad von R. an / welches der böse Feind / in Beyseyn einer alten Zauberinne / die dem dem Mägdelein das Hexen lernen wollen / zugestellet / so gleichfals ein Boden aus einem Krug gewesen / wie sie es heimgebracht. Das alte Weib hatte ihr auch ein stück Butterkuchen gegeben / solchen so bald aufzuessen / welches aber das Mädgen nicht thun wollen / sondern mit nach Hauß genommen / da es ein alter Pels-Lappen gewesen. Bey andern ist das Geld / so er denen Neu verführten / oder auch wohl den alten Hexen gebracht / in den Kasten zu Schirben / Kohlen / Blättern / oder gar zu Pferde-Mist: Item die vermeinte Perlen und Gold zu Knochen oder Strohalmen worden. Reinking. in Responso de Sagis n. 133. 142. & 156. Freudius saepè dict. tr. Quaest. 147. n. 4. & 5. Pott. de nefand. Lamiar. coitu c. 3. §. 6.]
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Hernach die andere Nacht / wie es helle Mondenschein gewesen / und sie auf den Boden allein in ihrem Bette gelegen / wäre zwischen 11. und 12. Uhren / als sie eben gewachet / ein Manns-Kerl oben zu ihrer Bodenlücken hineingestiegen kommen / da sie gemeinet / es wäre ein Dieb / und an zuruffen gefangen / er hätte aber gesagt / sie solte stille schweigen / er wäre es / ihr Bule Hanß / und sein Vater / der alte Hanß aus der Baumans Hölen / auch drunten in der Stube bey ihrer Großmutter / auch zum andernmahl sich mit ihr vermischet / da seine Natur eben wieder so kalt / wie das vorigemahl und hernach allezeit so gewesen / wenn er mit ihr zuthun gehabt / welches unzehlig vielmahl / so wohl des Nachtes in ihrem Bette / als auch in Holtze und auf den Wiesen / wenn sie grasen gegangen / hinter den Sträuchen und Büschen geschehen / daß sie die Zahl unmüglich in den 50. Jahren mercken oder behalten kön̅en / maßen denn Anfangs / wie sie noch jung und ledig / er manche Woche 3 biß 4 mahl komen / und sie exerciret, wie sie aber alt worde̅ / wäre er kaum in 6 biß 8 Wochen einmahl zu ihr kommen / und die Leichtfertigkeit mit ihr getrieben Vor acht Tagen wäre er das letzte Mahl bey ihr hier im Gefängnis gewesen / und dergleichen verübt / ihr dabey verkündigende / Sie würde zwar müssen grosse Marter und Pein ausstehen / solte aber nichts bekennen / er wolte ihr schon beystehen / und abwenden helffe̅ / daß es ihr nicht so wehe thun solte / es würde nicht lange währen. Drum er sich auch in währender Tortur in eine Mauß verwandelt / und auf den Tisch gesetzet / um die Gerichts Personen / sonderlich aber den Actuarium bestürtzt und irre zu machen / daß man aufhören / oder doch nicht alles so genau aufschreiben solte. Nachdem aber das Gebeth gesprochen worden / und Meister Hanß mit der Volter immer weiter in Gottes Nahmen verfahren / hätte ihr Bule getrachtet / ihr den Hals auf der Leiter umzudrehen / deßwegen er in Gestalt der vorigen Mauß aus den Ritz oder Spalt der Dielen wie ein Blitz wieder hervor nach der Leither zugewischt / hätte aber / wegen des Gebeths / es nicht zu Werck richten können. [Von den Schwartzkünstler / Schaf genant / in Berner Gebieth / der sich oft und vielemahl in eine Mauß verstellet / und dadurch den Feinden entgangen / kan gelesen werden Johann Nider. in formicar. de Maleficis deceptis c. 4. pag. 488. Philander in Expert. Rupert. pag. 602. Freudius in Gemissens-Fragen von Zauberey / Quaest. 139. n. 37. pag. 606.] Und eben darum hätte sie ihn liebes Göttgen / welches er sonderlich ge [413] ne hätte / daß man ihn so ehrete / genennet / und so ofte um Hülffe angeruffen. Den Sturmwind hätte er gleichfalls erreget / den Gerichts-Personen eine Furcht einzu jagen / daß sie aufhören und fortgehen möchten. [Vide Carpzov. Part. 1. Pract. Crim. q. 50. n. 66. Sent. 21. Da der böse Feind ebenmäßig zu einer Hexen ins Gefängnis bey grossen Sturmwind kommen.] Er wäre auch / sie zu retten / unsichtbaret Weise / wie sie auf der Leither gespannet gewesen / in ihren Leib gefahren / den Hals und Zunge eingenommen daß sie nicht reden können. Endlich wie die Pein mit den Bein-Schrauben und Außdehnen alzugroß worden / wäre er / mit Hinterlassung des Stancks / unten von ihr weggefahren / und wäre war / daß er kurtz vorher gesaget / er könte ihr nicht mehr helffen / sie wäre alt / und wolte schon sehen / wo er eine junge krigte. Der Ambtmann sagte / sie hätte wohl gethan / daß sie offenbahret / wie und welcher gestalt sie zur Hexerey verführet worden / auch auf was Arth und Weise sie mit dem Satan einen Bund gemachet. Nun möchte sie auch ansagen / was sie vor Schaden durch die Hexerey verübt / fragte auch den II. Articul / Ob sie nicht durch solche Zauberey Menschen und Vieh Schaden gethan: Illa, Ja sie wolte es auch alles bekennen / doch erst in Erzehlung ihres Lebens-Laufs noch weiter fortfahre̅ / damit sie nichts vergessen oder auslassen möchte / weil sie alles von ihren Hertzen loß beichten wolte. Erzehlete drauf ferner / sondern in eines jungen Gesellen Gestalt / mit gelben krausen Haaren / einen braunen Mode-Rock / lederne Hosen / und rothe Strümpfe an habend / erschienen / nur hätte am lincken Beine / an statt des Schuches / ein Kühe-Fuß sich allezeit praesentiret. Er hätte auch einen grauen Hut / mit einer silbernen Gallonen eingefasset / und einen rothen Federbusch drauf getragen. [Der Teufel erscheient den Hexen nicht auf einerley Arth / sondern in unterschiedlicher Gestalt / meistentheils aber / wie man aus ihren Urgichten vernimmet / als ein schwartzer Mann / in schwartzer Kleidung / mit langen schwartzen Fingern / Haaren und Bart.
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Vid. Sentent. Scabin. Lips. apud Carpzov. part. 1, Pruct. Crim. q. 50. n. 66. Sentent. 3. 23. 25. 27. 29. 30. & 34. Zuweilen auch als ein Cavallier / in grossen Alamode Rock / Sent. 26. oder blau geklaidet / Sent. 24. in einen rothen Sent. 23. schwartzen Sent. 21. & 35. oder blauen Hut / Sent. 34. mit einem schwartzen / Sent. 27. rothen u. weissen Sent. 24. 26. & 34. gelben oder braunen Federbusch / Sent. 35 zuweilen weisse / Sent. 21. rothe / oder auch wohl gelbe Strümpffe / Sent. 35. anhabende. Zu Zeiten erscheinet er als ein Beuersmann / Sent. 31. dann als ein Bothe / mit einen langen Spieß Sent. 28. oder im weissen Kittel / wie ein Fuhrmann / Sent. 21. oder als ein Bettler / Sent. 35. Ja wie ein alter Mann im grauen Barth / Sent. 24. bißweilen wie ein Rabe / Sent. 23. Item wie ein Hahn / ead. Sent. in Gestalt einer grauen Ganß / Sent. 24. Geyers / Goehausen, tit. 9. pag. 372. Spechtes / Pott. de nefand. Lam. cum diabolo coitu, c. 3 §. 16. oder gar wie ein Esel / Sent. 30. und auf viele andere Arth mehr. Doch kan er sich in allen nicht so verstellen / daß man ihn nicht woran erkennen könne / sintemahl ihn seine grosse flammende Augen / Sentent. Lips. 28. apud Carpzov. cit. loco. die auf den Kopf hervor ragende Hörner / Sent. 30. oder die an statt der lincken Hand zum Vorschein kommende lange Nägel / Sent. 34. oder Klauen / Sent. 23. oder auch dessen linckes Bein / welches entweder ein Küh-Fuß / Sent. 35. oder ein Ochsen-Fuß / Sant. 30 eine Bären-Tatze / Sent. 26. oder Hundes-Klaue / Sent. 23. oder eine andere Pfote ist / Sent. 34. leicht zuverrathen pflegen.] Sie hätte ihm auch verwiesen / daß er sie mit dem Gold-Stücke geäffet / darüber er gelachet / sagende: sie solte den Boden aus den Krug ihm nur wie der geben / wolte ihr schon was bessers schencken / welches sie gethan. Drauf hätte er ihr in einem gantzen Jahr alle Wochen einen harten Thaler gebracht / welche sie gesammlet und aufgehoben / die auch rechte Thaler geblieben. [Wenn der Satan denen Hexen recht Geld bringet / entwendet er es gottlosen bösen Leuthen / die ohnedem sein einen sind / oder nimmt es von denen unter der Erden vergrabenen Schätzen / oder von den Güthern / so durch Schiffbruch ins Meer versuncken sind / doch alles aus Zulassung Gottes. Kekermann, lib. 5. System. Physic. c. 4. Nicol. Remigius, lib. 1. daemono [415] latr. c. 4. Meiger, lib. 1. de Panurg. Lamiar. c. 8. lit. P. 2. Freudius, d. tr. q. 55. n. 12. & quaest 147. n. 8. Daß auch der böse Geist den Hexen mehrmahls harte Thaler zum Huren-Lohn vor den Beyschlaf gegeben / ist aus den Urgichten und darauf gesprochenen Urtheln / so bey dem Carpzovio p. 1. Pract. Crim. q. darauf gesprochenen Urtheln / so bey dem Carpzovio p. 1. Pract. Crim. q. 50. n. 66. zufinden / sonderlich in der 8. 21. 23. 24. 27. & 34 zu lesen. Anno 1671. ward zu Eisenach ein Weib von Eckartshausen K. K. genant / bekandter Hexerey halber verbrant / welcher ihr Bule Hans auch allemahl einen harten Thaler gebracht / sie zeigte auch an / daß sie noch einen Beutel voll derselben in ihren Keller auf einen Balcken liegen hätte / welches sich auch also befunden. Es waren Spannische / Französische und Holländische Thaler / welche ich selber mit Augen gesehen / und in Händen gehabt / sie wurde auch mit solchen Geld verbrandt. Bekandte anbey ferner / daß sie dergleichen viele zur Steur von ihren Güthern / und sonst zu ihrem Haußhalt ausgegeben hätte. Jhr Buhle Hanß hätte sie allemahl auf ein schwartzes Roß oder Rappen hinter sich nach dem Hexen-Tantz bey Möhra geführet. Sonst findet man daß er gegen andere Unholden nicht so gar liberal gewesen / zwar viel versprochen / aber wenig gehalten: Inmaßen bey dem Carpzovio in den angezogenen Urgichten und Urtheln sich findet / daß er einer Hexen nur einen halben Güden / Sent. 22. einer andern sechs Groschen / Sent. 36. der dritten einen Groschen / Sent. 35. der vierdten einen halben Patzen / Sent. 22. der fünfften nur drey Pfennige / ead. Sent. der sechsten nur ein eintzig Ey auf einmahl gebracht / Sent. 23. der siebenden aber gar nichts zu Lohn gegeben / Sent. 3. Ja man hat Exempel / daß Hexen bekant / wie sie das Brod vor den Thüren betteln / ihm 2. Theil darvon geben müssen / vor sich aber nur den dritten Part behalten dürffen / wie solches auch Anno 1671. die alte Fritzin / auch eine Zauberin von Eckartshausen / so gleichfals zu Eisenach verbrandt wurde / öffentlich von ihr selber bezeugte / als die ein armes Bettel-Weib / aber doch darbey eine arge Hexe wahr. Rimphof. im Drachen-König pag. 46. n. 29. erzehlet / daß ein Mägdlein zu Verden sich mit dem Teufel verbunden / da ihre Groß-Mutter für sie mit dem Teufel mit Würffeln gespiehlet / ob der böse Feind sie ernehren solte: der Teufel hat zwar das Spiel [416] verlohren / aber er hat nachgehends das Mägdlein übel tractiret und gekneipet / daß sie hat zusagen müssen / ihn zu ernehren.] Die folgende Jahre aber hätte er kaum alle 4. Wochen ihr einen Thaler mitgetheilet / sagende: er hätte der Schwestern gar viel / denen er was brächte / müste es theilhafftig machen / die Weiber wären gar zu geitzig / und wolten immer viel haben. Ein Jahr oder sechs her / hätte er nur alle acht Wochen ihr einen Thaler zugestellet / die sie zur Nothdurfft in ihrem Hause ausgegeben. Sonst aber hätte sie gut Glück zum Vieh gehabt / so ihr wohl gestanden / und die Kühe viele Milch gegeben / sie hätte aber ein weißes Pulver / so er ihr gebracht / in die Söden / so sie täglich dem Kühen dargereichet / streuen müssen. Jhre Hüner hätten auch treflich viel Eyer geleget / wenn sie denselben eine Suppe gekocht / und den Segen sc. zc. drüber gesprochen / und hernach die eingeschnittene Brocken von Brodt den Hünern vorgeworffen. Ja wenn sie / Inquisitin, von der Suppen gegessen / hätte sie selber auch Eyer geleget: Doch iedes mahl nicht mehr als Neune / so sie nebst andern / welche ihre Hüner geleget / in die Stad verkaufft. [Daß die Hexen Eyer legen können / bezeuget Elich, in seiner Daemonomagia, quaest. 7. pag. 8, als der solches an einem Bauer-Weibe selber gesehen / welche von Stroh und Binsen ein Nest in ihre Cammer gemacht / und sich drauf gesetzet / und wenn sie fertig / hätte sie die Eyer / deren sie aber täglich mehr nicht als Neune geleget / aufgehoben / und darbey geketzet / als ein Huhn zu thun pfleget. Sed addit [sit venia verbis] num ova è posterioribus ejus delapsa fuerint, ignoramus crediderimus si eadem prius acerrimo aceto per triduum macerata ab ea absorpta: Verùm putandum, quod mediante praestigiatore Tartareo aliunde allata & supposita fuerint. Wenn aber ermeldter Elich an gedachten Orthe weiter anführet / daß solch Eyerlegen vor ihm niemand observiret und angemercket / dasselbige auch nur allein die reichen Hexen könten / darinnen irret er / weil vorlängso die eingezogene und abgethane Unholden solches bekant / teste, Johan. Heinr. Pott, de nefando Lamiarum cum diabolo coitu cap. 4. §. 10. auch Steüccius, [welchen Besoldus, in Thes. Pract. V. H. verb. Hexen. pag. 389. allegiret] in einem artigen Garmine beschrieben / wie ein Hund die Brocken / so eine Zauberin ihren Hünern vorgeworffen / aufgefressen / und davon ein halb Schock Eyer geleget / also lautend:
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Est anus inferno vel formidanda Barathro, Saga diu magicis usa magisteriis. Haec inhians ovis gallinâmatre creatis, Obsipat assveto pharmaca mixta cibo. Pharmaca, queis quaecunque semel gallina voratis Ova decem pariat bis deciesque decem. Forte superveniens canis has dum devorat escas, Atque simul magica pharmaca mixta manu, [Mira canam, sed vera] graves in ventre dolores Concipit, ac praegnans ova triginta parit, Hem! modò plumipedes pepererunt ova volucres, Sagae quid possunt? Nunc parit ova Canis!] Die roth-bunte Kröte / so in ihrem Keller / in einen zugedeckten Topf gesessen / wäre ihr Bule gewesen / der ihr guten Raum und Butter darinnen s. v. hofieret / so sie in die Stadt verkaufft / weil doch die Bürgers-Leuthe sehr verleckert wären / und gerne Kuchen backten / wäre auch allemahl so ein fragen / reißen und zerren üm ihren Raum / weil er so süß / als Zucker / gewesen / daß sie dessen nicht genug schaffen können / eben so wäre es auch mit ihren Eyern / die sie selber gelegt / ergangen / darüber sie offt inniglich gelachet. Ferner die drey Pulver betreffend / so in den Quer-Band ihres Rockes von den Ambts-Diener / wie er sie visitiret / gefundë worden / hätte es damit die Beschaffenheit: daß ihr Buhle Hans / kurtz hernach / wie er sie verführet / solcher Gattung ihr gebracht / und wenn sie verbraucht gewesen / andere herbey geschaffet / sonderlich aber wären dieselben in der Walburgis-Nacht / wenn sie zum Tantz auf den Blocksberg gewesen / unter die Hexen aus getheilet worden / wie sie bald ausführlicher berichten wolte. Mit dem Schwartzen Pulver könte man Menschen und Vieh tod zaubern / mit den Rothen / [welches zuweilen auch Aschen-Farbe gewesen] einen Kranckheiten anmachen / wenn man es nur iemanden an die Kleider striche / oder sprengete / oder unter die Hauß- oder Stall-Thür-Schwelle in des bösen Feindes Nahmen vergrübe. Mit den Weißen aber könte man Kranckheiten vertreiben / und die Leuthe curiren. [Idem refert Freudius, in Gewissens-Fragen von Zauberey / quaest. 179. n. 12.] Das Zettelchen / darauf ein Teufels-Bild mit vielen Zeichen und Creu [418] tzen gemahlet / hätte ihr der Buhle Hans / als er zum dritten mahl mit ihr in ihrer Groß-Mutter Hauß auf den Boden Unzucht getrieben / beym Abschied verehret / sagende: Es wäre sein Contrafait, das solte sie stets auf der lincken Brust im Schnür-Müder tragen / so würdesie gut Glück / und ihr niemand was anhaben können / wenn sie vor Gericht verklaget würde. Das gesottene Kräutig / so in ihren Keller gefunden worden / wäre Baldrian / Teufels-Abbiß / rothe Dosten / Mäuse-Oehrichen / Garben / und dergleichen / welches sie dem Rind-Vieh eingegeben / wenn es kranck oder behexet gewesen / und hätte sie solches noch von ihrer Groß-Mutter / nebst den Seegen sc. so man drüber sprechen müste / gelernet. Die Knochen in der Schachtel wären von 2. Hur-Kindern / welche sie 2. Mägden in Drachenstädt / ihren Basen / Nahmens Hertrud Löflerin / und Annen Herzerin / so sich von denen allda im Quartier gelegenen Reuthern schwängern lassen / vor vier und zwantzig Jahren ingeheim abgetrieben / daß sie bey Ehren blieben. Die Kinder hätten beyde noch gelebet / wie sie zur Welt kommen / davon sie einen den Hals ümgedrehet; [Vid. Carpzov. p. 1. Pract. Crim. q. 50. n. 66. Sent. 36.] dem andern aber eine grosse Nadel in das Häutlein / wo der Kopf noch aufgestanden / hinein gedrückt / und dadurch ertödtet / vorher aber beyde Kinder in die Höhe gehalten / und ihrem Bulen / Hansen dem Teufel / praesentiret und übergeben / und solches alles wäre in ihrer Schlaff-Kammer geschehen / die beyden Mägde aber hernach / als vermeinte Jungfern / mit den Reuthern in den Krieg gezogen / und nicht wieder zurück kommen / man sagte / in Pommern wären sie beyde von den hungerigen Schweinen aufgefressen / indem sie kranck in einen Stall zurück gelassen worden. [Daß Weh-Mütter viele neugebohrne Kinder / durch Steckung einer großen Nadel in den Kopf / ümgebracht haben / bezeugen Sprenger, in Malleo Malefic. Tom 1. part. 2. q. 1. c. 13. pag. 232. Bodinus, lib. 2. c. 5. pag. 129. Freudius, in Gewissens-Fragen / von Zauberey quaest. 19. n. 21.] Das Fleisch von solchen durch gewaltsamen Tod hingerichteten und ungetaufften Kindern / hätte sie gekocht / und nebst ihren Mit-Schwestern verzehret. [Carpzov. p. 1. Pract. Crim. q. 50. n. 66. Sent. 2.] Das Feiste aber davon anfgehoben / und die Hexen-Salbe / neben andern darzu kommenden Dingen / als sc. sc. in des bösen Feindes Nahmen. draus [419] gemacht / womit sie die Ofen-Gabel geschmieret / und darauf zum Hexen-Tantz nach den Blocks-Berg zu gefahren. Aus den Knochen hätte sie Pulver gebrandt / so vor die Festigkeit / und daß man keine Schmertzen auf der Volter empfinde / probat wäre: Sie hätte es aber versehen / daß sie eben keines bey sich gehabt / wie sie gefangen genommen worden / denn es wäre da so geschwinde zugangen / daß man ihr auch nicht einmahl Zeit gelassen / in ihre Kammer zu gehen / und weiß Zeug mit anher zunehmen. Aber wieder auf ihre Jugend zukommen / hätte sie sich noch 2. Jahr bey ihrer Groß-Mutter aufgehalten / und derselben zur Hand gegangen / die sie auch wegen der Curen an Menschen und Vieh unterrichtet. Inzwischen hätte sich es gefüget / daß des Schultheissen Nickel ein ander Mädgen im Dorf Zauberthal geheyrathet / auch mit derselben Hochzeit gehalten / welchem sie aber aus Haß und Feindschafft / und weil er sie verachtet / in der Kirchen gleich bey der copulation ein Schloß eingeschnappet / und einen Nestel geknüpfet / daß er mit seiner Braut nichts zuthun haben können / wie sehr er sich auch deshalber bemühet. [Galli hoc maleficium nominant lier l’ esguillette h. e. ligulam ligare, nos nulgò den Nestel verknüpffen. Hoc in Gallia etiam pueros exercere palàm & impunè scribit Bodinus, quem refert Cypraeus in tr. de Jure Connub. c. 9. n. 13. adfin. De quo plura legi possunt apud Del-Rio lib. 3. Disquis. Magic. Sect. 8. q. 4. fol. m. 417. Bodinus. lib. 2. Daemonom. c. 1. pag. 223. & seqq. Edit. Germ. Latin. verò pag. 155. & 156. Guilh. Bouchet, lib. 1. Serée 5. fol. 187. & seqq. Speidel, in Specul. Jur. v. Nestel verknüpffen. Freudius, in Gewissens-Fragen / von Zauberey / quaest. 185. 186. & 187. nec non alii.] Darüber sie einander gram worden / Er der der Bräutigam aber gantz abgenommen und verdorret; Alleine wie er es endlich seiner Mutter / der Schultheissen / offenbahret / die eben auch der rechten Schwestern eine gewesen / hätte dieselbe den Sohn Nickeln / und die Braut / früh vor Tage nackend in einem nicht weit von ihren Hauße liegenden Weinberg geführet / einen Wei-Pfahl ausgezogen / etliche Wort darbey gepröppelt / und die beyden jungen Ehe - Leuthe in die Grube ihr Wasser abschlagen müssen. Da Nickel auf einmahl die Mannheit wieder bekommen / auf der Stätte seine Braut erkant / und hernach viele Kinder mit derselben gezeuget / immassen die Schultheissen ihrer Groß-Mutter es selber hernach also erzeh [420] let. Wie nun Inquitin ins zwantzigste Jahr ihres Alters gegangen / hätte sich ein Wittber von Drachenstädt / Kuprecht Gernlach / der nur 2. Kinder / als einen Sohn von 12. und eine Tochter von 8. Jahren gehabt / bey ihr angemeldet / und sie geheyrathet / den sie zwantzig Jahr gehabt / und mit demselben 5. Kinder / als 3. Söhne und 2. Töchter erziehlet / es hätte aber ihr Buhle Hans / ungeachtet ihr Mann an ihrer Seiten im Bette gelegen / dennoch vielmahl mit ihr Unzucht getrieben / doch zuvor einen dicken Dampf gemacht / davon der Mann in einen sehr tieffen Schlaf gefallen / daß er nicht aufgewacht. Die Kinder hätte sie alle in Mutter - Leibe noch dem bösen Feind zusagen / und witmen müssen. Und ob sie sich schon allemahl sehr geweigert / hätte er sie doch erschrecklich geschlagen und geprügelt / auch ihr weder Tag noch Nacht Ruhe gelassen / biß sie ihm endlich dieselbe versprochen / und wenn sie schon in der Kirchen getaufft gewesen / hätte er sie doch / in Abwesenheit ihres Mannes / in ihrer Stuben mit Wasser aus der Ofenblasen in seinen Nahmen ümgetaufft. Ihr ältester Sohn / Caspar / wie er erwachsen / wäre in den Polnischen Krieg gezogen / und ein Rittmeister worden / der Stahl-Eisen-fest / Schoß- und Stichfrey gewesen / er hätte auch das Geschütz beschweren können / daß es nicht loß gegangen / und die Degen in den Scheiden so unbeweglich zu befestigen gewust / daß gantze Regimenter keinen Schuß thun / vielweniger die Degen gebrauchen können. Hätte gantze Schwadronen Reuther [so aber lauter Blendwerck gewesen] ins Feld gestellet / drum man ihn auch vor den besten Parthy-Gänger behalten / der viele Beuthe gemacht / und eine gute Anzahl. Gefangene allemahl mit gebracht. Letzlich aber wäre er unter die Schnaphanen gerathen / die ihn und seine Mithabende mit Radehauen / Holtzschlägeln un̅ Dreschflegeln tod geschlagen. [De similibus lege Freudium, in Gewissens-Fragen von Zauberey / q. 132. 133. & 134. Ihr anderer Sohn Cuntz, wäre ein Jäger worden / der auch sehr künstlich gewesen / denn er hätte alle Tage drey Schüsse frey gehabt / und dadurch Menschen und Vieh / Wildpret / Vogel / und alles / was er nur gewolt / und ins Gesichte bekommen / fällen und tödten / ja wilde Schweine / Hirsche / Thiere / Rehe / Wölffe / Füchse und Hasen / auch das Gevögel an einen gewissen Orth bannen können / daß es Stand halten müssen / und er nur nach Blieben ein- und das andere davon heraus gepirschet und geschossen. Die [421] Hasen aber hätte er mit den Händen greiffen / und wenn er nur gewolt / einen Weidmann setzen können. [Vide Freudium d. tr. Quaest. 129. per tot.] Endlich aber wäre er auf der Jagd von einer überaus grossen wilden Sau erschlagen worden. Den jüngsten Sohn Valtin hätte sie zu der Groß-Mutter gethan / welche ihn in den Kräuter-Curen / Segnen / Beschweren / Wundenheilen / und Verbinden der Schämel-Beine / gründlich unterrichtet / daß er ein treflicher Storger und Marck-Schreyer worden / und überaus grossen Zuschlag gehabt / in fremde Länder gezogen / vor wenig Wochen aber hätte sie Post erhalten / daß er von einem Pferde den Hals gestürtzet / und also auch verlohren gangen. Ihren beyden Töchtern / als Elsken und Bärbchen / hätte sie das Zaubern selber gelernet / die hätten die Junge-Gesellen auf einen Bock zu sich holen lassen / [Vide Freudium, cit. tr. q. 55. n. 13.] denenselben die Liebe geben / aus der Crystall warsagen / mit den Sieb-drehen wohl ümgehen / und den Dieben die Augen ausschlagen können / [Idem Freudius, q. 84.] und weil sie fein von Gesichte gewesen / hätte die Elteste einen Feldwebel / die Jüngste aber / welche sonderlich guten Brandewein brennen kön̅en / und wenn sie ihren Urin drunter gelassen / denselben so süß und schmackhafftig gemachet / als im̅er der beste Aquavit seyn kan / einen Marquetender geheyrathet / mit denen sie vor etlichen Jahren in den Französischen Krieg gezogen / seither dem sie dieselben nicht wieder gesehen / hätte auch keine Nachricht erlanget / ob sie noch lebendig / oder tod seyn. Ihre beyde Stief-Kinder hätte sie zwar auch gerne verführen / dieselben aber sich nicht bequemen wollen / deswegen sie dem Jungen etwas von dem schwartzen Hexen-Pulver in eine Bier-Suppen / dem Mägdgen aber in einen Kirch-Muß-Fladen gethan / davon sie nacheinander die Schwere-Noth bekommen / welche sie auch erwürget. Von der Vermischung mit ihren Buhlen Hansen hätte sie sehr vielmahl Elben / (gute Holden / die böse- oder zehrende Dinger) deren theils weißgelb / andere schwartz / zuweilen bundsprenglich / wie Raupen / ausgesehen / spitzige Schnäbel / und schwartze Köpffe / einige davon auch Flügel gehabt / gebohren / und zwar allemahl Zehen / welche sie in Töpfe gethan / und ihnen Brodt zu essen gegeben.
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[Carpzov. d. q. 50. n. 66. Sentent. 5. 23. & 24.] Diese Dinger hätte sie in den funfzig Jahren / da sie das Zauberwesen getrieben / sehr vielen Leuthen / wenn sie ihr was zu Leide gethan / und die sie nicht alle benennen könte / zugebracht / theils nur eine Zeitlang damit zu quelen / theils aber gar zu tödten / welches Letztere sie an ihren Nachbarn / Curt Nimmernüchtern / so ihr Land abgepflüget / und nicht wieder zurück geben wollen / Item an Gertrud Wäscherin / so sie eine Unholdin und Drachen-Hure geheissen / wie auch an Andres Ritmausens Wochenkind &c. &c. verübt. Wenn sie jemanden solche anmachen wollen / hätte sie ein / zwey und mehr paar / nach ihrem Gefallen / aus den Töpffen gelanget / in die Hand oder auf ein Bret gesetzet / und in des bösen Feindes Nahmen solche zu dem / welchen sie solche zugedacht / mit Benennung dessen Nahmen / fortgewiesen. Zuweilen hätten die Leute andere Hexenmeister gebraucht / dieselbe zu vertreiben / wenn sie aber nur gesaget: Ihr Elben sitzet feste / Weicht nicht aus euren Neste! sc. hätte es nichts geholffen. So bald sie aber nur angehoben: Ihr Elben ziehet fort / Weicht bald an andern Orth. sc. wären sie den Leuthen gleich abgethan gewesen. [add. Carpzov. p. 1. Pract. Crim. q. 50. n. 66. Sent. 3. 18. 23. & 24.] Sie hätte auch durch einen Segen [Sent. 8.] oder wenn sie nur ihren Urin vor jemands Thüre / oder auf den Mist im Hofe gelassen / die zehrende Dinger den Leuthen zubringen können. [Sent. 3.] Alle Jahr / so lange sie zaubern können / wäre sie mit auf den Hexentäntzen / [oder bey den Spiehl der guten Gesell- oder Brüderschafft / wie es in Italien genennet wird. Exasm. Francisci, in Neu-polirten Geschicht-Kunst- und Sitten-Spiegel lib. 1. Discurs. 18. pag 137.] auf den Blocksberg gewesen / [Pomponius Mela lib. 3. Item Solinus lib. 38. c. 44. Plin. lib. 5. Hist. nat. c. 1. und Spina, Quaest. de Strig. c. 20. sub fin. schreiben / daß schon vor Alters die Zauberer und Hexen auf den Gebirge Atlas in Mauritanien zu gewisser Jahrszeit zusammen kommen / und ihre Tänze gehalten. Dergleichen wird gesagt von den hohen Berg Hüppel in Lothringen / wie auch von einen grossen Nußbaum in des Pabstes schönsten Herrschaft Benevent; wie auch in Franckreich zu Poictiers bey eine̅ in gantzen Lan [423] de wohlbekanten gewissen Creutzstock. Girland. de Sortileg. q. 7. n. 26. Bodinus lib. 2. de Daemonom. c. 4. vers. Lat. pag. 209. German. 105. Hildebrand, in Goët. pag. 127. Deßgleichen bey uns in Teutschland von den Schwartz wald / Item den Heuberg in Hertzogthum Würtenberg / dahin die Hexen aus der Schweitz / Schwaben und andern daherumliegenden Orthen ziehen / Goldast. von Confiscation der Hexen-Güther pag. 94. Bey den Völckern gegen Miternacht versamlen sie sich an unterschiedlichen Orthen / wie Olaus Magnus in seiner Historie lib. 3. c. 11. erzehlet. In Peru fahren sie auf einen nahe am Meer gelegenen Berg / welcher auf seinen obersten Gipffel eine lustige Ebene hat / Francisc. d. tr. c. 18. pag. 125. Viele Hexen bekennen auch / sonderlich die Bauren-Weiber / daß sie nicht auf so weit von ihrem Dorf entlegene Berge / sondern entweder auf einer in ihrer / oder benachbahrten Fluhr liegenden Wiesen / Creutzweg / oder im Walde auf der Kühhalte / [welche der Platz ist / wo zu Mittage das Vieh im Sommer / wenn es nicht heim getrieben wird / ruhet /] zusammen kom̅en / und ihre vermeinte Freude außüben.] ausgenommen das dritte Jahr hernach / wie sie verführet worden / da sie mit Fleiß zu Hause geblieben / hätte aber ziemlich davor büßen müssen / indem ihr Buhle Hanß wegen solches Ungehorsams mit grosser Qvaal / Angst u. Pein sie in- und äußerlich beleget / geprügelt und gekratzet / es wäre ihr auch alles unter den Händen verdorben / was sie gemacht mißlungen / zerronnen und verschwunden / welches Ubel nicht eher aufgehöret / biß sie ihre Schuld erkant / und Hansen eydlich versprochen / künftig solcher guten und lustigen Gesellschafft sich nicht mehr zuentziehen: [idem narrat Ftancisci d. tr. & Discurs. pag. 138.] Das erstemahl / wie sie den Tanz auf Geheiß ihres Buhlen besuchen wollen / hätte er ihr 3. Tage vor Walbrgis ein Töpfgen vol Salbe gebracht / und sie unterrichtet / wie sie auf den Walburgis Abend solche brauchen solte / nemlich / als es auf solchen Abend nach zehen Uhr kommen / hätte ihr Buhle an ihre Hauß-Thüre gepochet / sagende / es ist Zeit / mache dich fertig zur Farth! Da sie ihren Mann / welcher im ersten Schlaf gelegen / ihr Haupküssen in des bösen Feindes Nahmen an die Seite geleget / daß er nicht eher aufwachen könte / biß sie wiederkäme. Rumpelkäthe von Bubenheim hätte ihr erzehlet / wenn sie auf den Tanz wolte / griffe sie ihren Mann Matz Hasen-Zwirne̅ ofte mit ihrer Hand / so sie vorher mit der Hexen-Sal [424] be beschmieret / an das lincke Ohr / mit dem Zusatz / andere ihres gleichen legten den Männern einen Besen / oder ein Bündel Stroh in ihres Buhlen Nahmen ins Bette zur Seiten. Zuweilen bliebe einer von den bösen Gei-Geistern wohl gar im Bette bey den Mann / üm / wenn er ja erwachte / ihm in der Gestalt eines Weibes zu dienen. [Remigius, lib. 1. daemonal atr. c. 12. pag. 28. Paul. Girland. de Sortileg. q. 7. n. 39. Del-Rio lib. 2. Disq. Mag. q. 16. p. 200. lib. 5. Append. 2. q. 9. §. si respondeant. Gödelmann, lib. de Magis & Venef. c. 5. n. 6. Carpzov. p. 1. Pract. Crim. q. 48. n. 59. Freudius, in Gewissens-Fragen von Zauberey / Quaest. 62. per tot.] Hernach wäre sie in ihre Küchen gegangen / auf den Feuer-Herd sich mit der Hexen-Salbe am Leibe / sonderlich aber die Füsse / wie auch ihre Ofen-Gabel geschmieret / solche zwischen die Beine gefast / und gesaget: Auf und davon! Oben aus / und nirgend an / ins bösen Feindes Nahmen! Da sie in einem Hui zur Feurmaur oder Schornstein hinaus gefahren / und in kurtzer Zeit durch die Luft auf den Blocksberg gelanget / ihr Buhle Hanß hätte sie / weil es das erstemahl / dahin begleitet. [Remigius lib. 1. Daemonolair. c. 14. pag. 102. Reinking. Respons. de Sagis n. 12. Carpzov. Sent. 22. & 23. Freudius d. tr. q. 61. n. 28. 31. & 32. Die Hexen in Franckreich glauben / wenn sie auf einen Besen sizen / der zwischen ihren Beinen ist / und sprechen etliche Wort / daß sie weggeführet werden ohne schmieren. Dagegen die in Italia haben allezeit einen Bock für der Pforten / der aufwartet / üm sie hinweg zuführen. Author Mirab. Mysteriorum utrius??? ex Bodino in refut. Opin. Wieri p. 510. §. also mit dieser Weise. c. 3. pag. 21. Philander von Sittevvald in Expert. Rupert. p. 590. Andere nennen den Geist / welcher sie ruft / wenn sie fort auf den Tanz sollen / Maistre Martinet, Meister Martinichen. Bodin. Lib. 2. Daemonoman. c. 4. pag. 305. edit. German. Francisci. d. lib. 1. Disc. 18. pag. 138. Theils fahren auch auf einen mit der Salben geschmierten Stock / Spinn-Rocken / und Ofen-Krücke / andere auf schwartzen Pferden oder Rappen / Stieren / Hunden / Katzen und dergleichen Thiren. Remigius, lib. 1. c. 14. Etliche auf Wagen und Karren / wovor allerhand Pferde / Hasen / Katzen sc. gespannet fort / benennen auch ofte einen Nachbar in ihrem Dorff / welcher der Fuhrmann gewesen / als Anno 1687. im Ambt Arnstad geschahe / da ein Weib ihren eignen Mann zum Fuhrmann [425] der Hexen angab / sie drüber verbrand / er aber nach beygebrachter De fension absolviret wurde / ungeachtet zwey andere Zauberinnen / die auch in Feuer aufflohen / eben dieses auch auf ihn bekanten.] Alß sie nun alda angelanget / wäre alles von Lichtern / Fackeln und einen schreckhaften großen Feuer helle / und unzehlig viel Volckes von Man̅s- und Weibesbildern / u. noch mehr bösen Geistern allda gewesen deren Theils als grosse und vornehme Herren / auch Cavalliers / und Kriegs-Officirers, andere schwartz / als Geistliche und Gelehrte / einige als Bürger / und sehr viele / als Bauren / aber mit scheußlichen Gesichte sich praesentiret Unter diesen hätte sie Ruprecht Chimmaulen / Herbort Leimstänglern / Curt Schinckenfraßen sc. Item die Schultheissen / wie auch des Heimbürgen / Killian Hanenkams Weib / ferner des Schenkens / Lorentz Biersteupers / und des Schäffers Hanß Wollendiebs Weiber aus ihren Dorf Zauberthal / wie auch ihre Großmutter gekant / die sich ihrer Ankufft gewundert / und zugleich erfreuet / daß sie sich auch in ihre Gesellschafft mit begeben. Drauf hätte ihr Buhle Hanß sie bey der Hand zu einen abscheulich grossen zotigten Bock / welcher auf einen Trohn gesessen / so der Satan gewesen / den man den Praesidenten von der Versamlung geheissen / geführet / vor dem sie auf die Knie niederfallen / ihn anbethen / huldigen / treu und hold zu seyn / und beständig zubleiben nochmals zu sagen / angeloben und versprechen / auch zu Bezeigung dessen ihm den Hintersten küssen müssen. Drauf wäre ihr Nahme in ein schwartz Buch von dem bösen Geiste geschrieben worden / welcher zu dem Ende ihr zwene Risse in den rechten Daumen gethan / und Blut / so viel zu solchen Einschreiben von Nöthen / heraus gelassen. [Besold, in Thes. Pract. v. Hexen. Walburger, de Lamiis c. 3. q. 2. §. 4. circa finem. pag. 16.] Es hätte auch obgedachter Bock ihren Buhlen Hansen befohlen / daß er sie in seine Huth nehmen / sie nimmer verlassen / sondern ihr aufwarten / und dienen solte / in allen was sie begehrte: Item / ihr allemahl anzudeuten / wenn es Zeit / auch so ofte es begehret würde / bey dieser Versamlung zuerscheinen / und sie in allen zuunterrichten. [Francisci, in Neu-polirten Geschicht-Kunst- und Sitten-Spiegel / lib. 1. Discurs. 18. pag. 137.] Nach diesem hätten alle Anwesende Zauberer und Hexen mehr ermeltem Bock ihre reverence erwiesen und geopffert / theils ihre eigene kleine Kinder / so sie mitgebracht / praesentiret.
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[Vide Bodin. lib. 2. Daemonoman. c. 4. pag. 217. Freudium q. 65. n. 5.] andere ihre eigene Haare / einen Hund / Katze / Huhn oder ander Thier / doch hätte es müssen schwarzer Farbe seyn. [Remig. lib. 1. c. 11.] Viele hätten auch Hostien / so sie in der Communion in Munde behalten / aber wieder heraus genommen / überreichet / welche doch bald auf die Erde geworffen / und von den Hexen mit Füssen zertreten worden. [Francisci, saepè dict Discurs. 18. pag. 138.] Sie selber hätte alle Jahr hernach eine solche Hostie mit auf den Tanz bringen / und eben so schändlich damit umgehen und verfahren müssen / welches ihr nun leid wäre. [Carpzov. p. 1 q. 50. n. 61 Sent. 22.] Ferner hätten alle Zauberer und Hexen um den Bock hertreten / auch referiren, u. erzehlen müssen / was jedes böses gethan und verübet je ärger es nun einer gemacht gehabt / je mehr wäre er von Satan gelobet / und weiter also fortzufahren angefrischet worden. Die aber wenig / oder gar keinen Schaden / weder ihnen selbst / noch andern gethan / wären von der bösen Geister einen / oder von einen alten Hexenmeister tapffer abgeblauet / und von den andern derb ausgelachet worden. [Bodin. lib. 2. Daemonom. c. 4 D. Meyfart, in der Christlichen Erinnerung an Gewaltige Regenten. pag. 271. & 272. Grilland. q. 3 de Sortileg. n. 29.] Man hätte auch GOtt dem Allmächtigen grausam gefluchet und gelästert / hingegen den Beelzebub / als einen Erhalter und Ernehrer aller Dinge gelobet / gerühmet und gepriesen. [Francisci, d. lib. 1. Disc. 18 pag. 138] Hernach hätten sie sich angefasset / und zwar dergestalt / daß eine Manns-Person / oder Geist ein Weibesbild / und diese wieder einen Mann / und immer so fort eins üms ander / als in einer bunten Riege / bey der Hand creuzweise gehalten / und also in einen runden Kreyß / doch daß sie die Angesichter aus den Reihen gekehret / also daß keins das andere ansehen können / herum gesprungen. Gestalt denn auch viele vornehme Männer und Weiber da gewesen / welche alle Masquen oder Decken vors Gesichte gehabt / daß man sie nicht erkennen / und also / wenn etwan eine arme Hexe eingezogen würde / sie dieselbe nicht zubenahmen / noch anzugeben vermöchte. [Bodin. saepe d. tr. lib. 2. c. 4. pag. 300. Edit. Germ.]
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Und ginge es bey solchen Tanz alles untereinander her / viele schändliche Buhlen-Lieder würden dem Teufel zu Ehren abgesungen / auch mit drunter gejauchzet / getöhnet / und mit den Füssen ein groß Geräusch gemacht / daß man sein eigen Wort nicht hören könte. Ezliche böse Geister erschienen auch darbey in Gestalt der Spiel-Leuthe / deren einer auf einen grossen und dicken Zubberbaum / an stat des Fagots, der andere auf einen Stock / an stat der Schalmeye / bliese / der dritte drehete an einen Pferdekopf / wie sie auf den Schind-Anger liegen / gleich als an einer Leyren / welches auch solchen Tohn von sich gebe. Andere schlügen mit grossen Holtzschlägen an eine dicke Eichen / oder trommelten / worinne einige mit dem Maul einen Schal machten / als wenns Zincken wären. [Remigius. lib. 1. Daemonolatr. c. 19. p. 216. Bodin. d. c. 4. pag 218. Freudius q. 68.] Theils von den Zauberern und Hexen stelleten sich mit hin- und wiederschlagung ihrer Häupter und Füsse / auch andern Närrischen Minen an / als wenn sie toll / thöricht und unsinnig wären. Solcher Schwarm wärete etwan eine halbe Stunde / inzwischen würden viele Tafeln und Tische gedecket / und / dem Ansehen nach / herliche und gute Speisen / als Gebratens und Gekochtes / Pasteten / Torten / Vogel und Fische aufgetragen / es hälte aber keinen rechtë Geschmack / es stincken auch zuweilen die Braten / so Hirschzemmel und Rehkeulen seyn solten / und sehen aus / als wen̅s todte Pferde-Füsse / od er sonst ein ander Schind-Aaß wäre. Das Bier wäre allemahl so dicke / als Leim-Wasser gewesen / und der Wein schwartz / als geronnen mit Wasser vermischtes Blut ausgesehen / [Remigius, lib. 1. c. 19 pag. 110, & seqq.] daß sie vor ihre Person das wenigstemahl den Hunger und Durst stillen können. [Waldschmid, in Pythonissa Endor. pag. 168. Freudius, Q. 67.] Es wäre auch kein Saltz da zusehen gewesen. [Bodinus lib. 2. Daemonom. c. 2. pag 167. saget / es wäre um deßwillen kein Saltz bey den Hexen Mahlzeiten / weil das Saltz nicht faulet / noch verdirbt / auch andere Dinge für Verderbung und Faulung bewahret / und daher eine Bedeutung ist der Ewigkeit und Unsterbligkeit: Der Teufel aber dar gegen nichts anders / als Verwesung und Verderbung der Craturen Gottes suchet / und ist dem Gottesdienst und [428] aller Gottseligkeit zuwider / drum kan er das Saltz nicht leiden / welches man auch vor diesen bey den Opffern gebrauchte. [Grilland. Quaest. 7. n. 16. Heidfeld, in Sphing. c. 21. pag. 646. & 647. Rimphof, im Drachen-König / pag. 40.] Wenn aber die reichen Hexen an Wein / Bier / Brod / Gebratens und Kuchen was mitgebracht / welches zu thun der böse Geist ihnen mehrmahl befohlen / (Del-Rio lib. 2. Disquis. Magic. q. 12. n. 6. pag. 173.) hätte es sehr wohl geschmeckt / und alle Anwesende mit guten Appetit davon gegessen. Sie hätten denjenigen Leuthen / welche nicht gebetet / auch den Kirchen- und Priester-Segen an Sontage nicht mit sich nach Hause genommen / sondern ehe solcher gesprochen / ohne Noth heimgelauffen (auf Gottes Zulassung) ihren Vorrath an Wein / Bier / Korn / Mehl / Brod und andern Victualien wegnehmen / auf obberürten Tanzbringen / auch sonst / wie sie nur gewolt / dieselbe behexen / und ihnen Schaden zufügen können. (M. Meiger, de Panung. lib. 1. c. 13. lit. z 4. Rimphof. Drachen-König pag. 68. Freudius Quaest. 67.) Bey den Taffeln hätten sie entweder in einer bunten Riege / oder die Zauberer und Hexen auf einer Seiten / und gegen über auf der andern Seiten die Buhlen oder bösen Geister / doch aber die Vornehmen oben an / und hernach die andern / der Würde und dem Range nach / gefolget. (Francisci d. lib. 1. Disc. 18. pag. 318.) Nach dem Essen würden die Lichter und Fackeln ausgeleschet / und trieben die Teufel die schändlichste Verm schung mit ihren Bräuten / ingleichen die Zauberer mit den bösen Geistern / in Gestalt der Weibesbilder. (Paul. Grilland. de Sortileg. Quaest. 7. n. 29. Ereudius, Quaest. 65. n. 8.) Zuweilen hätten auch die rechten Män̅er mit den rechten Weibern / wie sie einander in dunckeln erhaschet / zuthun gehabt. (Meyerus in Annal. Flandriae, Del Rolib. 6. Disq. Magic. c. 1. Sect. 1. p. 995. confer. Wier. lib. 3. de Praestig. Damon. c. 25.) Endlich würde der Bock / dessen Cörper der Satan an sich genommen / und den Zauberern und Hexen anzubethen vorgestellet gehabt / durch eine Flamme gähling verzehret / und davon die Asche unter ihnen / zuweilen auch [429] wohl ein ander Gift ausgetheilet / anbey einem jeden fürgeschrieben / und eingebunden / wie viele Missethaten / Schaden und Unglück sie stifften sollen: Und rieffe der Fürst letzlich ihnen mit greulicher Stimme zu: Rechet euch / oder ihr müsset sterben! (Bodin. lib. 2. Daemon. c. 4. pag. 215. Hildebrand, in Goet. pag. 131. Freudius, Quaest. 65. n. 3.) Und damit machte sich eine jedwede wieder von dannen auf. Die gemeine̅ Weiber / so in der Nähe wohneten / gingen zu Fuß nach Hause; Welche aber weit heim hätten / führen wieder auf Ofengabeln / Stäben / Spinnrocken / und andere Arth / wie sie dahin kommen / zurück in ihre Häuser / nehmen die denen Männern in oder an die Seite gelegte̅ Küssen / Besen / Bündel Stroh und dergleichen wieder weg / und wischten unvermerckt zu ihnen ins Bette. (Francisci. d. lib. 1. Disc. 18. pag. 138.) welche Hexe aber nicht auf den Tag durch ihren Buhlen gefodert würde / die würde das Jahr entweder verbrand / oder stürbe sonst / (M. Rüding. Dec. 1. Concion??? de Mag. illicit. pag. 72. Freudius, in Gewissens-Fragen von Zauberey / Quaest 65 n. 10.) deßwegen sie sich auch leicht die Rechnung machen könte / wie es ihr ergehen würde / indem sie dieses Jahr zwey Tage vor Walburgis gefangen genommen / aber von ihren Buhlen nicht geruffen / vielweniger auf den Tanz geführet worden. Ihr Buhle Hanß hätte sie auch unterrichtet / aus schwarzer zusammengedrückter Erde in seinen Namen Mäuse: Item / von der grünen / und letzlich schwarz werden den Frucht / oder also genanten Läm̅erchen an den Ellern- oder Erlen-Bäumen Raupen zumachen / den Feld-Früchten darmit Schadenzuthun. Läuse hätte sie auch von Kleien [welche man sonst den Schweinen einmenget] gemacht / und wem sie gewolt / in Betten oder Kleidern / zugeblasen / und wenn schon zwey in einem solchen Bette gelegen / hätten die Leuse nur alleine dem / so es gegolten / gebissen / den andern aber nichts gethan / wären auch an dessen Orth nicht kom̅en. Nun wolte sie auch ansagen / was sie vor Vieh gesterbet: 1. hätte sie ihren Nachbar / Georg Schwanckebasten in einem Jahr 4. Pferde gesterbet / und zwar in andern Jahr / nachdem sie ihren Mann geheyrathet gehabt / weil er ihr kein Bauholtz zum Stall üm die gelbe Weichen / wie doch andere gethan / führen wollen. Sie hätte ihm Ixen Wurtzet
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(Carpzov. saepè dict. Part. 1. Pract. Crim. q. 50. n. 66 Sent. 8.) unter die Schwelle der Stall-Thür des Nachtes im finstern gesteckt / daß er drüber zum armen Mann worden. Hanß Clauern / einen Roß-Täuscher / welcher ihren Mann mit einen blinden Gaul betrogen / hätte sie auch zwey schöne Reit-Pferde / davor ihm hundert Ducaten gebothen worden / bezaubert. Thile Knebelbarten / auch in ihrem Dorf / hätte sie gleichfals also üm 2. Ochsen / welche ihr das Kraut auf dem Felde meistentheils abgefressen / gebracht. Den Müller / Urban Mehldieben / der sie eine Hure und Hexe gescholten / hätte sie drey Mast-Schweine / denen sie des Nachtes von den Gifft-Pulver / so sie Jährlich mit von den Blocksberg gebracht / heimlich in die Tröge geschüttet / davon sie aufgeplatzet / gesterbet. Dem Fluhr-Schützen Mause Märten / welcher ihre Magd in Grasen gepfändet / hätte sie nicht allein ein dick Bein durch einen Guß vor seine Thür / drüber er hingegangen / gemacht / sondern auch seiner Kuh die Milch genom̅en / daß sie an Stat derselben Blut / und letzlich Wasser gegeben. Weil er aber ein armer Mann / und viele kleine Kinder gehabt / hätte sie ihn beydes wieder abgethan. Dem Schulmeister / Johann Kinderfreunden / hätte sie auch durch Zauberey um 3. Schaffe gebracht / welche auf ihre Wiesen gelauffen / und ihr Schaden an Grummet gethan. Vielen Nachbars Hünern / so ihr in ihren Garten: Item Tauben / so auf ihren Boden geflohen / und Schaden gethan / hätte sie Gersten und Erbsen in Wasser eingeweicht / etwas von Hexen-Pulver drüber gestreuet / und in Schirben hingesetzet / welche / wenn sie davon gefressen / strack des Todes gesen. Wenn sie andern Leuthen keinen Schaden zufügen kön̅en / hätte sie es an ihren eignen Vieh thun müssen: Maßen sie denn ihr selber mehr als 20. Pferde / 12 Kühe 16 Schweine / 9 Kälber und 13 Schaffe mit eben den Pulver gesterbet / nur daß fie vor Hansen Friede gehabt / denn sie sonst von ihn übel geschlagen worden / daß sie ofte 2 biß 3 Tage wegen der blauen Augen zu Bette liegen müssen. Der Ambtmann fragte ferner den Dritten Articul / Von wem sie das Zaubern und Hexen gelernet? Inquisitin. Von dem bösen Feind selber / wie sie schon erzehlet / und hätte ihre Groß- [431] Mutter sie hernach noch weiter in ein- und andern unterrichtet / zumahl in den Kräuter-Curen / und Verbindung der Schämel-Beine. Es wäre aber derselben zuletzt noch übel gangen / indem ihr Buhle der alte Hans aus der Baumanns-Höle / ihr / vor nunmehr 20. Jahren den Hals ümgedrehet / aus ihrem Hauße mit sich fort geführet / und im Felde den todten Leichnam in eine Dornen-Hecke faße-nackend geworffen / da sie das Ambt aufheben / und durch den Scharffrichter unter den Galgen begraben lassen. Weil sie aber erschrecklich gespücket / und vielen Leuthen aufgehuckt / wäre sie wieder ausgegraben / und zu Pulver verbrand worden / da das Ubel aufgehöret. Bey den Vierdten Articul / Ob sie nicht mit dem bösen Feinde sich in ein Bündnis eingelassen? Item: Wie / und auf was Weise / auch mit was Worten solches geschehen? Wiederholete sie nochmahls alles / was sie dießfals bey den andern Articul angeführet. ad Art. V. Ob nicht der böse Feind mit ihr unmenschliche Unzucht getrieben? sagte Sie Ja / so offt und vielmahl daß sie es nicht alle erzehlen könte / berief sich gleichfals auf ihr obiges Bekäntnis. Art. VI. Ob sie nicht ihrem Nachbar Georg Schwanckebasten in einem Jahr etliche Pferde gesterbet? Illa, Ja / 4. Stück in einem Jahre / mit Ixen-Wurtzel / welche ihr der Buhle Hans gebracht / und sie des Nachts unter der Stallthür-Schwelle gestecket / die Ursache hätte sie schon / ingleichen alles andere / was sie an Menschen und Vieh vor Schaden verübet / bereit droben angezeiget / ausgenommen dieses einzige noch / welches ihr gleich ietzo einfiehle / nemlich: Ihr Man̅ hätte sie zuletzt / durch Verhetzung junger Weiber / gar übel gehalten / sich [432] täglich in Bier und Brandeweine voll gesoffen / nicht gebethet / auch des Jahrs über 2. mahl nicht in die Kirche gangen / sondern wenn man zum Gottesdienst ausgeläutet / über Feld nach andern Dörffern in die Schencken und Brandeweins-Häuser gegangen / und mannichmahl in acht Tagen nicht wieder heim kommen / und wenn er sich wieder eingestellet / hätte er mit erschrecklichen Fluchen und Vermessen bey Teufel-holen / ihr noch einen Schaden zuthun / sie von einer Ecken zur andern gejaget / mit Schlägen übel tractiret / und mit Füssen getreten / daß sie fast keine ruhige Stunde bey ihn gehabt / deswegen sie ihren Buhlen gebethen / ihm seinen Rest zu geben / welches auch bald darauf erfolget / zumahl da er des Pfarrers Vermahn- und Warnungen / der ihn offte deswegen vorgehabt / auch von dem Geistlichen Consistorio ein- und andermahl drum gezüchtiget worden / nichts geachtet / auch sich nicht bessern wollen: Denn als er einsmahls in dem Dorf Zechheim gewesen / und bey großen Wasser / voller Weise des Nachtes über einen langen Steg gehen wollen / hätte ihn ihr Buhle Hans herunter gestossen / daß er ersoffen / und man ihn erst den dritten Tag hernach / mit den Haren an einen Weidenbaum hangend / gefunden / welcher / wie bekant / zu Drachenstädt auf den Schind-Anger / wie ein Vieh eingescharret worden. Nota (Hier werden nun weiter die aus den in Urthel befindlichen Interrogatorien formirte Articul gefraget / und der Inquisitin Antwort drauf noch weiter annotiret / biß zum Ende. Wenn sie alles bekant / und auf Zureden / nichts mehr wissen will / wird derselben alles / was sie ausgesaget / nochmahls deutlich und langsam von einem membro zum andern durch den Actuarium vorgelesen / und der Schluß des Examinis folgender Gestalt registriret:) Weil denn Inquisitin ein mehrers zuberichten nicht gewust / ist ihr ihre Urgicht nochmahls von Wort zu Wort deutlich und vernemlich wieder vorgelesen / auch darzwischen unterschiedliche mahl befraget worden / ob den̅ dieses alles / was sie bekant / die gründliche Warheit / und also warhafftige wie es niedergeschrieben / ergangen sey? sie auch darbey biß an ihr Ende beständig verbleiben wolle? darauf hat sie allemahl Ja / Ja gesagt / auch oft den Schwur / Warlich es verhielte sich also / hinzu gethan / mit beständigen Erbiethen / bey demjenigen / was sie einmahl bekant / unänderlich biß in den Tod zu verbleiben. Ist drauf nicht wieder in das Gefängnis unter der [433] Erden / sondern in die arme Sünder-Stube gebracht / ihr 2. geschworne Wächter / so Tag und Nacht bey ihr bleiben / auch mit ihr singen und bethen sollen / zugegeben worden / und ist / zu mehrer Beglaubigung / diese der Annen Wettermacherin Urgicht von denen allerseits darbey gewesenen Gerichts-Personen eigenhändig unterschrieben zu den Acten geleget worden / Actum ut supra. ERNESTUS HEXENFEIND, p. t. Ambtmann allhier / mm. Gotfried Ehrlich / Caspar Unverzagt / Gericht-Schöppen. Johann. Spudaeus, N. P. C. und geschworner Ambts-Actuarius, mm.

RATIFICATIO CONFESSIONIS, Annen Wettermacherin / in puncto VENEFICII.
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ACTUM Brennhausen / Sonnabends den zten Junii, Anno 1693. HEute früh üm 6. Uhr ist die Gefangene Anna Wettermacherin / in der armen Sünder-Stuben / durch den Ambts-Diener abgeschlossen / und frey von Ketten und Banden in die hiesige Fürstl. Ambts-Stube / darinnen der Ambtmann / die beyde Gericht-Schöppen und der Actuarius, unten benant / versammlet waren / gebracht worden / und nachdem der Diener abgetreten / redete der Ambtmann sie also an: Anna Wettermacherin / du hast vorgestern nach adhibirter Tortur deine Urgicht und Bekäntnis gethan / wie du nicht allein von den bösen Feind verführet / und zur Hexerey verleithet worden / Item / wie du mit demselben einen Bund gemacht / unzehliche mahl unmenschliche Unzucht mit ihn getrieben / dich von ihm ümtauffen lassen / und die heilige Dreyfaltigkeit verschworen / sondern auch Menschen und Vieh durch Zauberey Scha [434] den gethan / und theils gar gesterbet / wie nicht weniger deine eigene Kinder dem bösen Geist noch in Mutter-Leibe gewidmet / deinen Ehe-Mann durch Hülffe deines Buhlen / Hansen / üms Leben bracht / Mäuse / Raupen und Läuse gemacht / auch andere Unthaten mehr verübt und begangen. Gleich wie du nun wohl gethan / daß du alle deine Missethaten (wie wir hoffen) angesaget / und von dienen Hertzen loßgebeichtet hast / üm dein Gewissen dadurch zuerleichtern: also zweiffeln wir / die Gerichts-Persohnen / gantz nicht / du werdest / wie du dich gutwillig anerkläret / zugesagt und versprochen / solche deine Urgicht / welche dir ietzo von Wort zu Wort deutlich wieder vorgelesen werden soll / nochmahls wiederholen / bejahen und bestätigen. Drauf antwortete Dieselbe / Sie hätte einmahl ihr Bekäntniß gethan / und ihr Gewissen erleichtert / dabey wolte sie beständig verbleiben / und nichts wieder leugnen. Hierauf laß der Actuarius ihre Urgicht gantz deutlich / und von einen membro zum andern ab / und ihr vor / von fol. - biß fol. - daran sie nicht das aller-geringste revocirte / sondern alles wiederholete und bejahete. Und wie man sie befragte: ob sie noch was darbey zu erinnern hätte / oder noch hinzu thun wolte? gab sie zur Antwort: sie hätte nichts darbey zu erinnern / denn es wäre alles wahr / und also ergangen / wie niedergeschrieben worden. Nur dieses wolte sie noch anzeigen: sie hätte kein Geistlich Lieb singen / vielweniger in der Bibel / noch auch in einem Gebeth-Buche lesen dürffen / sondern Hans der Buhle hätte ihr solches hart verbothen / und eingeleget / sagende: Er sey der Heiligen Schrifft gram / und müste sie solche nicht üm / noch bey sich haben. [Vid. Carpzov. d. q. 50. n. 66. Sent. 28.] Ja er hätte begehret / sie solte kein Vater Unser bethen / sondern den Teufel nennen und anruffen / daß er ihr bringen und bescheren möchte / was sie nöthig hätte. (Sentent. 23.) Es wäre ein unseliger Dienst / dem bösen Geist zu Geboth zustehen! Weiters hätte sie nichts zu sagen / bath nur daß die Herren Geistliche zu ihr kommen / und mit ihr bethen möchten / denn sie sorgete / es dürfte sonst der Teufel sie wieder anfechten und plagen / wolte sich gerne wiederum zu GOtt bekehren / und ihre Straffe willig und getuldig ausstehen.
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Der Ambimann sagte / er wolte sobald Anstalt machen / daß die Herren Pastores zu ihr kähmen / solte aber wahre Reue und Hertzlich Leid über ihre so grausame / viele und erschreckliche Sünden und Missethaten tragen und haben / jedoch nicht verzagen / weil EHristus JEsus unser Mitler auch vor der Zauberer Sünde am Stamme des Heil. Creutzes gnung gethan hätte / und dieselbe / wenn sie sich warhafftig bekehreten / selig machen wolle / wie das Exempel des Königs Manassis und anderer auswiesen. Sie ist drauf wiede̅r in ihre vorige Custodia gebracht / und mit Wächtern bewahret / auch dieses nachrichtlich zu den Acten registriret, und zu mehrer Beglaubigung von den Anwesenden Gerichts-Personen eigenhändig unterschrieben worden / so geschehen / wie oben stehet. ERNESTUS HEXENFEIND p. t Ambtmann hieselbst / mm. Gotfried Ehrlich / Caspar Unverzagt / Gericht-Schöppen. Johann Spudaeus, N. P. C. & Actuarius Judicii juratus mm. CCCXIV. Nachdem nun obiges alles ordentlich geschehen / und benötigte Nachricht ad Acta gebracht / werden dieselbe anderweit nach Rechtlichen Erkäntnis geschicket. Und wenn das eingelangte Urthel Inquisiten die Landes Verweisung / mit oder ohne Staupenschlag / bringet / wird demselben strecklich nachgegangen. Bey Execution aber solcher und anderer erkanten Leibes-Straffen braucht man keine Solennitäten / sondern es wird Inquisit an die Gerichtsstelle gebracht / ihm das Urthel eröfnet / und verfähret man sobald drauf mit der Straffe; Carpzov. Pract. Crim. q. 137. n. 45. Es wäre denn Sache / das Inquisit sich noch ferner defendiren wolte / womit er sodan billig noch zu hören. Non malè etiam, aut contra juris tenorem facit Judex, si circumstantiis nonnunquam ita singulariter exposcentibus [imprimis si relegatio perpetua corporis afflictionem comitetur, uti ho diè in fustigatione regulariter fieri videmus] ante executionem uno vel altero die Reo tenorem Sententiae aperiat, eiquè pauxillum temporis fortè ad componendos moestos Lares, reddendasque aliis rationes, concedat. D. Simon, de Intim. Exec. capit. c. 1. th. 6.
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CCCXV. An etlichen Orthen ist gebräuchlich / daß vor der Execution eine Glocke geleutet / und dadurch das Volck gleichsam convociret werde / den Delinquenten zu sehen / an ihm ein Exempel zu nehmen / und sich vor bösen Thaten zu hüten / wie denn auch aus dergleichen Ursachen dieselbe vorher eine Zeitlang an den Pranger oder Hals-Eisen gestellet werden. Auth. Prax. Crim. Altenb. pag. 287. Dither, in Contin. Thes. Pract. Besold. pag. 85. column. 1. Anderswo wird ihnen die Schand-Glocke nachgeleutet. Limnaeus, tom. 2. addit. ad lib. 4. c. 8. n. 334. J. P. welches auch theils Orthen geschicht / wenn jemand des Landes / mit öffentlichen Fortführen / uf Ewig verwiesen wird. CCCXVI. Vor der Execution oder Dimission aber müssen sie eine Urphede / oder Urfrieden / daß ist einen solchen Eyd schweren / daß sie die erlittene Haft / und was darbey allenthalben vorgangen / weder vor sicht / noch durch jemand anders / mit Worten oder in der That nicht rechen noch anthen / sondern sich an Urthel und Recht begnügen / binnen 24. Stunden [oder wie lange ihnen sonst bey der Verweisung Zeit gegeben wird] sich aus dem Fürstenthum und Landen würcklich wegbegeben / und darin / ohne gnädigster Herrschafft specialen Erlaubnis nimmermehr [oder da die Relegatio temporalis ist / binnen 2. 3. und mehr Jahren] wieder antreffen lassen wollen. Otto Philip. Zepper de Urphedan. 35. & seqq. FORMULAR, einer solchen Urphede / CCCXVII. Demnach ich N. N. wegen verdächtiger Hex- und Zauberey / bey dem Fürstl. Ambt N. zur Hafft gebracht / bißher wieder mich inquiriret, auch nach ausgestandener Volter mir die Ewige Landes-Verweisung durch Urthel und Recht zuerkant worden / mit welcher ich ietzo beleget werden sol; Als schwere ich zu GOtt dem Allmächtigen / und seinen heiligen Wort / hiermit einen Leiblichen Eyd und Urphede / daß ich dieses alles vor eine wohlverdiente Straffe achten und erkennen / und mich deßhalber weder an den Durchlauchtigsten Fürsten und Herrn / Hern N. Hertzogen zu N. / noch auch Sr. Fürstl. Durchl. Herrn Canzlar / Räthen / Beambten / Bedienten / Land u. Leuten / und in Summa an niemands Hab / Guth [437] und Leib in aller geringste̅ nicht rechen / noch solches durch jemand anders meinet wege̅ thun lassen / sondern noch heute vor der Son̅en Untergang [oder wie lange Zeit ihm sonst / nachdem das Land groß ist / verstattet wird] aus hiesige̅ Fürstenthum u. Landen wegbegeben / dieselbe würcklich räumen / un̅ in solche / ohne vorher von gnädigster Herrschafft erlangte Permission und Zulassung / nimmermehr wiederkom̅en / noch mich darin̅en betreten / sondern dieselbe auf ewig meiden / und dißfals mich an Urthel und Recht begnügen lassen sol und will. Bey Vermeidung noch härterer Straffe / und so war mir GOtt helffe / durch JEsum Christum / Amen. Andere FORM, I. Die Vorhaltung / CCCXVIII. Ihr N. N. und N. N. wisset / daß ihr vor etlichen Wochen um deßwillen / daß ihr mit darbey gewesen / als Rittmeister Münch auf den Böhmer Wald erschossen und beraubet worden / neben den andern Räubern und Mördern / so nunmehr Urthel und Recht schon außgestanden / alhier gefänglich eingezogen worden. Dieweil dann das End-Urtheil eingelanget / und ihr auf den neulich abgelegten Reinigungs-Eyd / daß ihr von solchen mördliche̅ Anschlag nichts gewust / nicht drein gewilliget / auch von de̅ Raub nichts participiret, absolviret und loßgesprochen worden / u. nunmehr wieder auf freien Fuß gestellet werden sollet; Als sollet ihr vorher geloben / u. schweren zu Gott dem Almächtigen / und seinen H. Wort / daß ihr die bißherige Gefängliche Enthaltung / weder vor euch / noch durch andere eurentwegen / weder an hiesiger Fürstl. gnäd. Herrschafft / dero Herren Räthen / Beambten u. Bedienten / noch auch gemeiner Stadt / Land und Leuten iemahls rächen / noch rächen lassen / sondern dießfals mit Gleich und Recht begnügig seyn sollet und wollet / so war euch GOtt helffe / durch JEsum CHristum. 2. Juramentum, Alle dasjenige / so mir ietzo vorgehalten / und ich wohl verstanden / auch mit Hand und Mund zugesaget / und versprochen habe / wil ich stet / fest und unverbrüchlich halten / u. nicht darwieder thun / so war mir GOTT helffe / und ich hoffe selig zu werden / durch JEsum CHristum / Amen.
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CCCXIX. Obgedachter D. Zepper führet in seinem Discursu, de Urpheda, n. 33. folgende Plat-Teutsche Formul einer Urphede / wie sie zu Bremen üblich / an / also lautend: Demnach ick wegen enes Verbreckens / in E. E. Hochweisen Rahtes Haffe bin gerathen / dersülven averst ietzo sall wedderum erlathen werden; Alß gelawo und schwere tho GOtt dem Allmächtigen ick enen lieflichken Eed / dat ick solcke Hafft an E. E. Hochw. Rath / de Heren Cämmerer / Bürger / Bedeenten / edder sonst tho deser miner Hafft / möchte Ohrsacke gegeven hebben / nicht well ivern noch wrecken / ivern edder wrecken lathen / wedder dorch mich / noch dorch andere / id sy aver kort edder lang: So wahr helpe mi GOtt! Mehr Formulen findet man bey dem Wehnero, Pract. Observ. v. Urfrieden / pag. 494. Rhüdinger, Singul. Observ. Cent. 5. Obs 43. n. 2. Author. Prax. Crim. Alteb pag. 288. CCCXX. Welcher gestalt nun Inquisit die Urphede abgeleget / anbey auch vor der Straffe / welche denen Urphede-Brechern begegnet und wiederfähret / gewarnet / desgleichen / wenn und wie lange man sie öffentlich an den Pranger gestellet / zur Staupe geschlagen / und des Landes verwiesen / muß alles fleißig zu den Acten registriret werden / damit / wenn Inquisit etwa sich wieder betreten ließe / hernach anderweitiger Bestraffung halber / rechtmässig verfahren werden könne. CCCXXI. Ferner / wenn dem Inquisito das Juramentum purgationis zuerkant wird / muß er solches / nach vorher vom Judice geschehener ernsten Verwarnung vor der schweren Straffe des Mein-Eydes / persönlich ablegen / worzu auch wohl ein und mehr Geistliche genommen: Item / zu weilen ein schwartz Tuch auf die Tafel / worbey die Gerichts-Personen sitzen / gedecket / die Bibel oder das Evangelien-Buch aufgeleget / schwartz-gefärbte Lichter angezündet / ein Todten-Kopf und Crucifix dem Inquisito vorgesetzet / auch Thür und Fenster in der Gericht-Stuben aufgemachet werden / den Actum jurandi desto schreckhaffter und schwerer vorzustellen / auch den Inquisiten so viel eher von dem Mein-Eyd abzuhalten / und zum Bekäntnis der Warheit zu bringen. And. Rauchbar / part. 2. quaest. 2. n. 89. Peinl. Sächß. Inquisit. und Achts-Proceß, tit. 10. art. 5. §. 4.
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CCCXXII. Was aber solche Ceremonien bedeuten / findet man bey dem Georg. Krauser, in Horcologia Christiana, quaest. 8. per tot. Und Herrn Spathen / in zweyten Band der Teutsche̅ Secretariat-Kunst / pag. 1214. & 1215. CCCXXIII. Er wolte dann sein Gewissen mit Beweiß vertreten / damit würde er billig zugelassen. Berlich, part. I. Concl. 37. n. 31. Jacob. Schultes, in addit. ad Proceß. Terminaei, c. 46. Churfl. Sächß. Gerichts-Ordnung / tit. 19. §. Wann nun einer. junct. vers. Also auch. CCCXXIV. Den Eyd vor Gefährde aber kan er nicht fordern / weil ihm das Jurament ex officio und aus Richterlichen Ambt zuerkant und auferleget wird / in welchen Fall Juramentum malitiae cessiret. Churfl. Sächß. Gerichts-Ordn. tit. 18. §. Es hat aber. CCCXXV. Ist aber im Urthel dem Inquisito das Leben ab erkant / soll ohne sonderbahre erhebliche Ursache die Execution und Hinrichtung nicht lange aufgeschoben werden (es wäre denn Sache / daß die Gefangene ein Weibes-Bild / und schwanger wäre / da man billig / biß sie einkömmet / und aus den Wochen ist / inne hält. Oder / es hätte der Inquisit auf eine andere Person bekant / mit der er noch confrontiret werden müste) damit der arme Sünder der Marter und Quaal bald abkomme. CCCXXVI. Er auch nicht etwan selbst / oder seine Anverwanthe Gelegenheit suchen mögen / durch verbothene Mittel ihn der Straffe zu entziehen. L. cum reis. 18. ff. de Poenis. L. 5. C. de custod. reor. Carpzov p. 1. q. 116. n. 30. 31. & 32. Brunnemann. in Proceß. Crim. cap. 10. CCCXXVII. Doch hat sich auch ein Richter nicht alsobald zu übereilen / und es zumachen / wie Keyser Nero, der demjenigen / welchen er den Tod ankündigen ließ / nur eine eintzige Stunde darzu Frist gab. Cluver, in vita Neron. p. 230. ibi??? plures citat. Aut. Sueton. in vita ejusdem, n. 37. p. 192. Idem fermè observavit in intimatione Senecae, praeceptori suo, factâ, uti testatur Laurenberg / in Acerr. Philol. Cent. 1. hist. 27. Oder wie es im Kriege / wenn Stand-Recht gehalten wird / hergehet / da man denen / so gehenckt / oder archibusiret werden sollen / kaum Zeit lässet / daß sie sich besinnen / oder ein Vater Unser bethen können.
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Oder wie theils Orthen noch der böse Gebrauch ist / daß man denen armen Sündern allererst den Tag vor der Execution, od er wohl gar auf denselben Tag frühe den Tod ankündiget / da sich ja dieselben vor Schrecken nicht recht begreiffen / vielweniger in so kurtzer Zeit zum Tode / und einen seligen Abschied bereiten können. Welchen tyrannische̅n Exempeln kein rechtschaffener und Gewissenhaffter Richter nachfolgen / fondern / wenn er den Inquisiten den Tod angekündiget / nach Inhalt der Peinlichen Hals-Gerichts-Ordnung Caroli V. art. 79. Ihm Drey Tage [Add. Manz. ad dict. art. n. 3. Gödelmann, de Mag. & Venef. lib, 3. c. 11. n. 4. Ludov. Gilhausen, in Arbor. Crim. c. 7. n. 40. Maurit. part. 1. Cons. 26. n. 8. Brunnemann, in Proceß, Inq, c. 9. n. 10.] Oder / wie die Fürstl. Gothaische Gerichts- und Proceß-Ordnung part. 3. c. 9. will / Vier Tage Zeit und Raum gebe / quod spacium tridui vel quatridui ob justas causas quoque dilatari potest, Vid. Carpzov. Pract. Crim. p. 3. q. 137. n. 11. & seqq. D. Simon, cit. tr. c. 4. th. 4. in Beysein der Gerichts-Personen / von seinen Anverwanthen Abschied zunehmen. CCCXXVIII. Auch kan er / wenn er will / seines Vermögens halber / einen letzten Willen aufrichten. Peinl. Sächß. Inquisit. und Achts-Proceß / pag. 195. n. 7. De Jure quidem Civili capitis damnati testari nequeunt, L. 1. §. fin. L. 13. §. fin. de Testam. cum tales civitatem & libertatem amiserint. Hodiè verò omnibus capite damnatis licitum est, Testamenta condere, & haeredes instituere, qui ad successionem abmittuntur, quia confiscatio bonorum non amplius obtinet, nec regulariter civitatis Jura tales facinorosi amittunt, exceptis delictis gravioribus, v. g. Laesae Majestatis, haereseos &c. Conf. Manz. ad Const. Crim. Caroli V. art. 79. n. 6. Struv. Exerc. 31. th. 8. n. 8. Carpzov. in Pract. Crim. part. 3. q. 135. n. 22. & [441] in Jurisp. For. p. 3. const. 6. def. 2. Eckolt. Comment. ad ff. de Testam. §. 24. Prax. Crim. Alteb. pag. 290. Et affirmat Tbeodoricus, in Colleg. Crim. Disp. 10. th. 6. quod etiam veneficarum Testamentum, si poenitentiam egerint. ac conversae fuerint, subsistere possit. D. Simon. de Intim. Exec. Capit. cap. 5. th. 6. CCCXXIX. Item soll er seine Creditores, und was er sonst zu restituiren schuldig / ansagen: inmassen auch solches der Graff von Tettenbach / auf Begehren des Herrn von Abele gethan / der dießfals ein schrifftlich Verzeichniß seinem Beichtvater zugestellet. Vid. Francisci Hohen Trauer-Saal / p. 3. Hist. 47. n. 8. pag. 1255. & seqq. CCCXXX. Endlich muß er Zeit haben / seine böse That hertzlich zubereuen / und in wahrer Bußfertigkeit zu einem seligen Tode sich gefast zu halten. Volckmann, in Peinl. Process, Part. 2. tit. 6. pag. 82. n. 22. CCCXXXI. Hierbey aber fält die Frage vor / wer denn dem Inquisito den Tod ankündigen solle? Etliche Völcker haben darzu den Scharffrichter gebrauchet / wie noch heute zu Tage in Brasilien üblich ist. Autor Histor. Americ. Johann Stad. part. 3. lib. 2. c. 19. p. 126. Andere nur allein den Gerichtschreiber; Claudius de Battendier, in Prax. Caus. Crim. Reg. 128. n. 2. Allermassen auch in Franckreich geschehen / da Anno 1642. der Actuarius Judicii, dem Seigneur de Thou den Tag seiner Hinrichtung angemeldet. Harsdörffer / im Schauplatz Jäm̅erlicher Mord-Geschichte / p. 5. hist. 102. In Königreich China muß solches der Visitator, welcher nachläß???g in seinem Ambt gewesen / oder sonst was verbrochen / zur Straffe thun. Autor descriptionis ejusdem Regni, lib. 3. c. 11. citatus à D. Cancellario Fritschen / von Land-Visitationen, c. 1. n. 7. Zu Halla in Sachsen thut es der Gerichts-Frohne. Simon, d. tr. cap. 2. th. 6. in fin. Hingegen rathen viele Rechts-Gelehrte / daß solches durch einen Geistlichen geschehe̅ solle. Drum schreibet auch Clarus, lib. 5. Sent. q. 99. also: laudabilis con [442] suetudo in multis locis recepta est, ut senientia condemnationis capitalis intimetur condemnato per virum religiosum, qui accommodatis verbis reo mortem denunciat, illum??? hortatur adpatientiam & poenitentiam suorum peccatorum, item ad suscipiendum Ecclesiae Sacramentum. Vid. Peinl. Sächß. Inquis. und Achts-Process. tit. 11. art. 1. pag. 192. Es ist auch an etlichen Orthen Herkommens / daß durch eine Geistliche Person oder Priester / mit Worten und Gebärden / so zur Sachen dienlichen und bequem / dadurch der arme Sünder nicht alzusehr erschrecke / die Ankündigung der Todes-Straffe geschehe sc. Ja Dedekennus, Consil. Theolog. Jurid. Vol. 1. p. 3. Sect, 4. n. 14. pag. 951. hält selbst davor / man würde nicht leicht einen Pfarrer finden / der solches zu thun / abschlagen würde: weil ohnedem ihres Ambtes ist / daß sie die Elenden und Betrübten trösten / und auf den Weg zur ewigen Seligkeit leiten und führen sollen: Zumahl da Gott selbst vor diesen / bey Ankündigung der Straffen / Geistliche Personen gebrauchet / wie zu sehen im 2. Buch Samuelis am 12. Capitel / verß. 7. an den Propheten Nathan / der von GOtt an den König David abgeschicket wurde / ihm nicht allein seine verdiente Straffe anzuzeigen / sondern auch ins Gesicht zu sagen: Daß er ein Mann des Todes sey! Item lib. 2. Regum c. 21. v. 18. & seqq. Alwo der Prophet Elias / an den König Ahab abgesendet / ihm seinen und seiner Gemahlin Isebel, ja seines gantzen Hauses und Geschlechtes Straffe und Untergang ansagen muste. Wie auch lib. 2. Reg. c. 20. vers. 1. 5. & 6. da der Prophet Esaias dem krancken König Hiskiae ankündigte / daß er sterben solte / bald aber drauf ihm die fröliche Post bracht / daß GOtt seine Trähnen angesehen / und noch 15. Jahre seinem Leben zugesetzt hätte. Uber dieses ist aus dem Thuano, Lib. 43. ad An. Christi 1568. p. 1169. dekant / daß Exempel der bey den Grafen von Egmont und Horn, welchen auch den Bischoff von Ypern, Martinum Rithof, der Tag ihrer Hinrichtung eröfnet worden. Andere vorietzt zugeschweigen. Dissentit Freudius, in Gewissens-Fragen von Hexen q. 371. n. 14.
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CCCXXXII. Wenn die Person / so abgethan werden sol / von hohen Stande ist / wird solcher Dies Fatalis ihr auch wohl durch einen Rath / oder sonst vornehmen Minister intimiret: Wie der Königin Marien in Schotland durch den Baron Burckbuest und Beal, oder wie andere setzen / durch den Graffen von Salop / Kent / Derbi und Cumberland zu Fodringam / da sie gefangen saß / Anno 1587. geschahe. Author des Neugeharnischten Gros-Brit annien, pag. 113. Imgleichen denen dreyen Grafen Serini, Frangepani und Nadasti, so sich an der Kayserliche̅ Majestät vergriffen / durch den Herrn von Abel wiederfuhr. Petro von Hagenbach / Rittern S. Georgens / und Hertzogs Carls zu Burg- und Landvoigt / welcher grosse Tyranney verübt / und viele Ehebrüche begangen hatte / ist von Kayser Friderici des Dritten Herold der Tag seiner schändlichen Hinrichtung angekündiget worden / ut ex Münstero refert, Pisetzki de Kranichtfeld / in Append. Dissert. jurid. polit. de Stat. Secul. eminent. Dem Hertzog von Mommorenci in Franckreich ist die intimation seines Todes schrifftlich zugeschickt worden / wie Harsdörffer / im Schauplatz Jämmerlicher Mord-Geschichte / p. 5. Hist. 101. observiret hat. Ein dergleichen Exempel führet auch von den Montusa Bassa an / Olearius, in not. ad Jurg. Andreßen / und Volquart Iversen, lib. 3. c. 22. p. 167. Itin. Ind. Orient. Otto Brüggeman, der bekante Fürstl. Holsteinische Abgesante in die Moscau und Persien, hat Abschrifft des wider ihn erkanten Peinlichen Urthels begehret / auch erlanget. Idem Olarius, in Itin. Persic. c. 17. p, 767. Oder es wird wohl zuweilen / ehe die Ankündigung des Todes geschicht / ein Geistlicher voran zu den Gefangenen geschickt / der ihn beweglich zurede / daß er das jenige / was Urthel und Recht ihm vor eine Straffe gebracht / willig annehme / und gedultig ausstehe. Hernach geschicht erst die Ankündigung: Immassen solches vor Hinrichtung des Graffen von Tet???enbach also practiciret worden. Erasm. Francisci, in Hohen Trauer-Saal / Part. 3. Hist. 47. n. 4. pag. 1245.
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Das Parlament in Engeland kündigte dem König Carolo Stuarto bey öffentlich versammleten grossen Rath den Tod Anno 1649. selber an. Schulz, Chron. pag. 530. Welches auch vor Decollirung Ritter Henrich Vane, als welcher befchuldiget worden / daß er mit Ursache an ietztgedachten Königs Tod wäre, Anno 1662. in Londen geschahe / so / daß der Praesident des Gerichts in Pleno ihm die Ankündigung that. D. Simon. d. tr. c. 4. th. 8. CCCXXXIII. In denen Sächsischen Landen aber ist üblich / daß der Judex selber / mit Zuziehung zweyer Gericht-Schöppen / und des Actuarii, solche Ankündigung dem Inquisiten, welchen er aus den Gefängnis in die Ambt- oder Gericht-Stube vor sich bringen lässet / mit glimpflichen Worten thue / auch zu Bereuung seiner Sünden / und Bereitung zum seligen Albschled ermahne / so dann die Herren des Ministerii ersuche / daß sie zu demselben gehen / und ihr Ambt bey ihn verrichten. Carpzov. Pract. Crim. p. 3. q. 137. n. 36. Author Prax. Crim. Alteb. pag. 290. CCCXXXIV. Dedekennus, Vol. 1. p. 3. Sect. 4. n. 14. p. 952. hisce viris religiosis tale dat consilium, quod debeant prius è ministris vel custodibus expiscari, quo animo, utrum obstinato an verò facilè flexili sint delinquentes; ut hoc pacto ipsorum intentioni & resp onsioni eo melius obviare possent. Hoc loco etiam Deum invocare poterunt, ut sibi vires concedat, quo hunc delinquentem post intim ationem ad veram poenitentiam perducere queant, haec enim eam solet insequi. Hic etiam valebunt reum verbis accommodat is prius adpropriam confessionem pellicere, interrogare???, quare in hunc locum solitarium & vincula pervenerit, cum reliqui homines iis liberati ambulent? & si tunc suum delictum forte confiteatur, poenam huic delicto debitam commodè denunciabunt. Debent autem hoc facere verbis accommodatis, & si delinquens sit persona forsan ipsis cognatione conjuncta, vel alia honoratior, poterunt verbis v. g. ad reum, ad delictum ipsum, item ad circumstantias loci & temporis perpetrati facinioris [prout eis visum fuerit] specialiter accommodatis uti. CCCXXXV. Peculiarem verò eumquè elegantem modum delinquentes consolandi suppeditat Damhouder, in Prax. Crim. c. 152. ita Sacerdote̅ informans: Ante omnia anima̅ delinquentis ad contritione̅ promo [445] veat, ad misericordiam Divinam accendat, & adsatis factionem Reip. corporali paenâ persuadeat. Ulterius Rei pectus sacra admonitione, concione & piis verbis emolliat; ac dolorem compungat, & Christi facilitatem in remittendo persuadeat: Item scelerum, quae commisit, multitudinem enormitatem??? & maximam ipsius in Deum ingratit udinem proponat; opus nimirum fuisse summae misericordiae Divinae, quod in manus & potestatem justitiae devenerit, & non permiserit Deus eum, quovis subitaneo perire periculo. Mox suggerat ei Dei paternam clementiam, & exempla Petri, Pauli, Latronis & aliorum; Item testimonia verbi Divini & c. Insuper adhortetur, ut patiente lubente??? animo, propter Deum, hanc tempora lem poenam mortem??? sustineat; cum nihil intersit apud Deum, ubi & quo genere mortis quis moriatur; quod Christus ipse innocencissimus acerbissimo crucis patibulo fuerit interemptus, quod??? latronem, poenae socium, mellifluam illam vocem ac consolatione maximè plenam audire dignatus sit: HODIE MECUM ERIS IN PARADISO. Mox fidei articulos ei reducat in memoriam (1) de Ecclesia Sanctâ, cujus caput Christus, Reus ipse membrum (2) de remissione peccatorum (3) de resurrectione carnis, quod omnes in Christi fide morientes, sive flammis adsumpti fuerint, sive aquis praefocati, sive in rota aut cruce à volucribus comesti, glorioso tamen corpore resurgant, & cum Christo regnent in perpetuum. Porrò instiget eum, ut roget Deum pro illis, quos laesit in Reip. sive praesentes, sive absentes sint &c. Eadem, mutatis modo & brevioribus verbis repetiit Gomez, Resolut. tom. 3. c. 14. n. 6. Jung. Remus. ad art. 79. Const. Crim. Caroli V. Idem observatum â novo illo factiosoquè Parlamento, in Regicidio Anglicano, ubi D. Juxton, Episcopus Lundinensis, inter consolandum Regi Carolo Stuarto cap. 19. Job. à vers. 3. us??? ad finem explicavit. Zoësen, in der verschmäheten und wieder erhöheten Röniglichen Majestät. D. Simon. d. tr. c. 7. th. 3. CCCXXXVI. Es haben aber die Herren Geistliche bey Zured-Vermahn- und Tröstung der armen Sünder sich wohl vorzusehen / daß sie nicht durch Unbedachtsamkeit ihnen Anlaß geben / von ihren gethanen und ratificirten Bekäntnissen ab- und zurück-zu treten. D. Simon. d. tr. c. 4. th. 7. G???hausen, in Proceß. contr. Sagas, tit. 10. pertot.
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Weil dieselbe ohnedem bey solchen Zustand alle Worte / so nur zu ihrer Erledigung dienlich scheinen / zu captiren / ja wohl gar zu sagen pflegen: Sie hätten zwar bekant / daß sie diese und jene That begangen / wären aber unschuldig dran / hätten also / zu Abkommung der grossen Marter und Pein / sagen müssen / und ehe sie noch einmahl auf die Volter wolten / wolten sie lieber alles nochmahls gestehen / auch die Sache und Rache GOtt befehlen! Vid. Freudium, in Gewissens-Fragen von Zauberey / q. 374. per tot. CCCXXXVII. Jedoch / wenn ein Geistlicher solche und andere nachdenckliche Worte von denarmen Sünder höret / soll er sie nicht verschweigen / wie Layman, in Theolog. moral. Sect. 5. n. 6. c. 5, §. de Sagis, q. 5. Del-Rio, in Append 2. lib. 5. q. 18. & lib. 6. disq. Magic. c. 1. Sect. 2. Goehausen. dict. Proceß. contr. Sagas, tit. 11. in Addit. pag. 397. & 398. wollen / sondern der Obrigkeit anzeigen / welche so dann / des Inquisitens Unschuld halber / ferner zu inquiriren schuldig ist. Pr. L. 19. ff. de poenis. Tanner, in Proceß. contr. Sagas, quaest. 4. n. 95. & seqq. Non, quod statim fides adhibenda sit reo crimen neganti, sed ut Acta revideantur, & accuratè omnes circumstantiae perpendantur, an rei innocentia demonstrari possit, nec non reus adhuc cum defensione suâ audiatur. Finckelihaus, Syllog. quaest. illustr. q. 7. p. 40. Brunnemann, in Proc. Inquisit. c. 9. n. 24. Damhawer, part. 2. Lact. Catech. pag. 390. Freudius, in Gewissens-Fragen von Zauberey / quaest. 373. & ibi alleg. Theolog. & DD. CCCXXXIIX. Wo man aber Hand-greiflich siehet und mercket / daß der Captivus, der vorher alles bey der Tortur bekant / nachgehends auch ratificiret / aber / da ihm der Tod angekündiget wird / allererst zurück tritt / und wiederruffet / nur dadurch die Execution aufzuhalten und zu hemmen / hat man solcher Boßheit nicht nachzusehen / sondern dennoch das Urthel zu vollstrecken. Wesenbec. in Comment. ff. de Quaest. n. 12. in fin. Carpzov. d. p. 3. q. 126. n. 65. Dienet auch in solchen Fällen obgedachte Cautel, daß nemlich der Judex ei [447] nen Notarium und Zeugen requirire / der bey der Confession und Ratification gegenwärtig sey / solche selbst mit anhöre / hernach der Notarius ein Instrumentum drüber aufrichte / und vollzogen zu den Inquisitions-Acten lege: Welchem sodann völliger Glaube gegeben / und die Vollstreckung der Execution erkant wird / es mag der Reus bey Ankündigung des Peinlichen Richt-Tages sein Bekäntniß nochmahls gestehen / oder wiederruffen. D. Mauritius, in Cons. Chilon. 18. n. 8. p. 239. CCCXXXIX. Similem ferè processum Jcti Helmstadienses, Anno 1676. observavere in monetae adulteratore ibidem captivo, qui viro religioso mortem sibi annunciànti respondit, se mori quidem velle, delictum autem, cujus arguebatur, non perpetrasse. D. Simon. de Intim. Exec. Capit c. 3. th. 3. Man sindet auch / daß einsmahls eine Hexe eingezogen / und gevoltert worden / welche beyder Tortur das Delictum bekant / auch den dritten Tag hernach / ausser den Orth der Tortur, vor Richtern / Schöppen und dem Gerichts-Schreiber alles ratificiret, wie ihr aber der Tag angezeiget worden / an welchen sie ihr Recht ausstehen und verbrant werden solte / hat sie zu dem Geistlichen / welcher zu ihr gelassen / in der Beicht gesaget: Sie wäre ununschuldig / sey aber ihres Lebens müde / und wolte sterben. Der Geistliche berichtet es an das Consistorium, welches den Richter ersuchet / mit der Execution inne zuhalten. Der Geistliche wird wieder zu ihr gelassen / der ihr zuredet / wenn sie / daß sie unschuldig / nicht auch vor dem Richter ungescheuet bekennen würde / sie nicht seelig sterben könne. Dieselbe thut solches / die Acta werden auf eine Juristen-Facultät geschicket / und ihr die Tortur zum andernmahl zuerkennet / welche sie auch ausgestanden / und des Landes drauf ewig verwiesen worden. D. Simon, saepe dict. tract. c. 3. th. 4. CCCXL. Wenn aber der Gefangene und Verurtheilte zu keiner Buße zubringen wäre / auch nicht verzeihen und vergeben wolte / sol die Execution, mit Vorwissen und Genehmhaltung der hohen Obrigkeit / auf etliche Tage aufgeschoben und zurück gesetzet / inmittelst doch die Priester bey ihm fleißiger durch Straffe / Warnung und Vermahnung angehalten / und nichts überal zu Rettung seiner Seelen aus der ewigen Verdamnis unterlassen werden.
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Clarus, lib. 5. Sent. q. 97. Carpz. in Proc. Inq. tit. 12. n. 4. art. 1 n. 5. Freudius, in Gewissens-Fragen von Zauberey / Quaest. 378. per tot. CCCXLI. Lässet er sich nun gantz und gar nicht gewinnen / wird ihm nicht allein keine weitere Frist verstattet / sondern mit der zuerkanten Straffe / seines Trotzes und Boßheit ungeachtet / verfahren. Inmassen der Schöppen-Stuhl zu Leipzig schon Anno 1569. also gesprochen / nemlich P. P. Hat der Gefangene N. nachdem ihm zu Volstreckung der zuerkanten Todes-Straffe ein Peinlicher Gerichts-Tag angekündiget worden / sich vor und an den Gerichts-Tage gantz unchristlich erzeiget / und von GOrt und seinem Reich nichts wissen / deßgleichen vom ewigen Leben / Aufferstehung der Todten / oder dem ewigen Höllischen Feuer und Verdamnis nichts halten / auch nicht bethen / noch sich aus Gottes Wort trösten / und mit dem Hochwürdigen Nachtmahl des HErrn speisen lassen wollen sc. So wird der Gefangene durch die Prediger Göttlichen Worts zum Gebeth billig unterrichtet / zu wahrer Buß und Bekehrung / sowohl auch zum Gebrauch des hochwürdigen Abendmahls mit Fleiß ermahnet: Und wenn er gleich hierauf sein voriges Bekäntnis vor Gericht abermahls wiederruffen würde / und von den Praedicanten sich nicht trösten lassen / noch das Sacrament gebrauchen wolte / sondern auf scinen verstockten Sinn verharren thäte / so würde nichts destoweniger mit der zuerkanten Straffe wieder ihn billig verfahren. Optime quoq; haec exprimit Consilium Chilonense, 26. p. 1. n. 9. p. 357. apud Dn. Mauritium: Solte die Gefangene aber / welches wir nicht verhoffen / ihre Sünde nicht recht erkennen / und sich zu dem Allmächtigen GOtt von Hertzen so bald bekehren wollen: So könte man der Execution eine Zeitlang Anstand geben / biß sie durch embsigen Fleiß der Herren Geistlichen / nechst Göttlichen Beystand / dahin gebracht worden sc. Da aber solcher Fleiß und Mühe vergeblichen angewandt würde / möchte solches endlich dem Urthel keine Hinderung seyn / sondern dem Richter / schärffere Straffe zu ergreiffen / Anlas geben. sc.
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CCCXLII. Wenn etlichen zugleich das Leben abgesprochen / wie sonderlich bey der Soldatesca noch zuweilen practiciret wird / so / daß sie drum spielen müssen / wer gehengt werden sol / ist die Ankündigung des Todes nicht zu sparen / biß auf die letzte Stunde / demjenigen / welcher verlihret / sondern es ist vorher allen zugleich anzudeuten / daß sie sich zum seligen Tode gefast machen / weil keiner unter ihnen weiß / wer das Glück haben wird / daß er mit dem Leben davon komme. D. Simon, de Intimat. Exec. Capital. cap. 3. th. 9. CCCXLIII. Nach geschehener Ankündigung der zuerkanten Todes-Strafe soll der arme Sünder die drey oder vier Tage über nicht wieder ins Gefängnis gesetzet / sondern an einen leidlichen Orthe / oder auch in einer Stuben [massen denn an etlichen Orthen man gewisse arme Sünder-Stuben / Capittel- oder Thor-Stuben darzu hat] mit Hütern und Wächtern bewachet und bewahret behalten werden / biß zur Execution, und Vollstreckung des Urthels. Prax. Crim. Alteb. p. 290. D Simon. cit. Tr. c. 4. th. 8. Und solches geschiehet eines theils dem armen Sünder zum besten / damit ihm die Quaal des bevorstehenden Todes durch längere Gefängnis nicht vermehret werde; andern Theils aber wird Inquisitus auch zu dem Ende aus dem Gefängniß gelassen / damit die Priester und andere Leuthe / so ihn trösten sollen / nicht ins Gefängniß kriechen / und allen Gestanck an sich ziehen dürffen / mit Verlihrung ihrer Gesundheit / deswegen auch wohl gar zurück bleiben / und des armen Sünders sich äussern Peinl. Sächß. Inquisition- und Achts-Proceß / tit. 12. art. 1. n. 4. Und ob gleich in der Peinlichen Hals-Gerichts-Ordnung Caroli V. art. 79. unter andern diese Worte stehen: Man soll auch nach der Beicht solche Personen zu dem Angeklagten in die Gefängniß verordnen / die ihn zu guten seligen Dingen vermahnen: so wird doch durch das Wort Gefängniß nicht eben der Orth / wo der Reus biß daher gesessen / sondern nur locus detentionis verstanden: Denn wenn der Inquisit in eine Stube gebracht / und bewachet wird / ist und bleibet er dennoch ein Gefangener. D. Simon. d. tr. c. 4. th. ult. CCCXLIV. In währender Zeit soll auch der arme Sünder beichten / und das Heil. Abendmahl empfangen / welches an vielen Orthen erst den Morgen [450] früh / wenn der Verurtheilte abgethan werden soll / geschiehet: Damit er desto eher und mehr in seiner Devotion und Andacht verbleiben / und selig abscheiden könne. Anton. Gomez, tit. de Delict. c. 14. n. 7. Bossius, de Execut. Sentent. n. 21. Cavalcan. de Brach. Reg. part 4. n. 307. Carpan, in nov. Const. Mediolan. cap. homicida, n. 1021. Seb. Guazzin, in tr. ad defens. Inquis. tom. 2. Defens. 38. c. 2. n. 1. CCCXLV. Halae Saxon. duplici subjecto, foeminino uni ad suspendium, alteri ad vivicomburium condemnato, coenam sanctissimam in ipso fermè Executionis actualis momento fuisse administratam tradit laudatus D. Simon. d. tr. c. 5. th 2. non obstante eo, quod quidam DD. statuant, dic illo, quo Sacra Synaxi usus fuit, propter reverentiam corporis & sangvinis Christi, delinquentem poenae non subjiciendum. Vid. Clarus, Lib. 5. Sent. quaest. 99. n. 3. Nicol. Tudesch, Abb. Panormitan. ad c. 2. X. de furt. Gomez, Var. Resol. tom. 3. c. 14. n. 6. qui practicam sui Regni adducit, in quo non permittitur condemnatis, recipere communionem, ne ad Corpus Christi, vel clericum illud portantem confugiant, & relaxari petant, contra jus & omnem charitatem esse ait, consulitque, ut judices eandem non faciant. Et Herm. Goehausen, in Process. Jurid. contra Sagas, tit. XI. addit sequentia verba: Do es sich zutragen würde [welches jedoch so viel müglich ist / wegen der Aergernis und Unehr solle verhütet werden] daß der Reus wegen einfallender wichtiger Ursachen auf einen Tag zugleich communicire / und drauf jnstificiret werde / kan solches Heil. Sacrament / weiles von CHristo und der Heil. Kirchen nicht verbothen / als zulässig und nützlich ihm zur letzten Weg-Zehrung 3. oder 4. Stunden vor dem Tod gereicht werden: Denn nach der Theologen Meinung / seind als dann die Sacramentales Species verzehret. Del-Rio lib. 5. Sect. 18. Binsfeld, Concl. 7. de Confes. Malef. dub. 5. Wir bleiben aber dießfals billig bey obgedachten Unsern Landes-Gebrauch. D. Simon, cit. cap. 5. th 2. in fine.
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CCCXLVI. Man soll auch die Zeit über den armen Sünder mit bessern Essen und Trincken versehen / und ihm / zu Labung seines betrübten Geistes / einen Trunck Wein geben lassen: Doch verhüten / daß er sich nicht vollsauffe / u. dadurch an der Busse und Bereuung seiner Sünde / auch an Zuschick- und Bereit-Machung zum seligen Ende gehindert und verkürtzet werde. Const. Crim. Caroli V. art. 79. Fürstl. Gothaische Gerichts- und Process. Ordn. p. 3. c. 6. CCCXLVII. Anderswo gibt man ihm zu Essen und zu Trincken / was er selber begehret und verlanget / zumahl wenn er dasselbe um sein Geld bezahlet. Oder man bereitet ihm eine gute Mahlzeit / so man coenam asperrimam oder das Henckermahl / Manzius, ad Const. Crim. Caroli V. art. 79. n. n. 17. Lehman, in Chron. Spirens. lib. 4. c. 18. D. Simon, de Intim. Exec. Crim. c. 7. th. 1. Ja das Jammer-Creutz- und Unglücks-Mahl nennet. Jacob Otto, in Corp. Jur. Crim. pag. 235. Bey welcher der Nachrichter mitspeiset / damit der arme Sünder seiner gewohne / und den folgenden Morgen / wenn er ihn alsdenn erst zusehen bekähme / nicht alzusehr vor ihn erschrecken möchte. Adrian Beyer, de Expens. Exec. Crim. c. 4. §. 17. pag. 60. Dither, in Contin. Besoldi v. Hencker oder Herdgeld / p. 293. CCCXLVIII. Es soll auch der Beambte oder Richter denen Wächtern befehlen / daß / wenn die Geistlichen ihren Abtrit genommen / sie dem armen Sünder Gebethe vorlesen / u. dergleichen Psalme und Lieder mit ihm singen / dadurch er in steter Andacht behalten werde / zu welchem Ende solche Leute zu Wächtern anzunehmen / die lesen können / auch darbey fromm und Gottesfürchtig seyn. CCCXLIX. Sonderlich aber haben die Geistliche diejenigen / so Hex- und Zauberey halber abgethan werden sollen / öfters zubesuchen / abzuwechseln / und selbige zu rechter ernstlichen Busse zu disponiren: Ja auf alle mügliche Weise die ihnen so theuer und auf ihre Gewissen anbefohlene Seele zu retten bedacht zu seyn. Zu welchen Ende denn dieselbe nicht allein zu assen / damit nicht der Teufel sie als denn besuche / und sie ein und anders zubekennen abhalte / oder sie von ihrem Bekäntnis abzugehe̅ anmahne / und sie durch Zusage / daß er sie aus der Gefängnis erledigen wolle / wiederum verführe: Wie denn / daß er solches zu thun pflege / aus den Urgichten der Hexen mehr als zuwohl bekant ist.
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Danaeus, in Dialogo de Sagis. Bodinus, Daemonomaniae lib. 4. c. 1. Mauritius, Cons. Chil. 26. n. 8. CCCL. Wenn nun der Tag zur Execution bestimmet herbey nahet / muß der Judex sich versichern / ob der arme Sünder noch auf seiner Bekäntnis verharret / und ihn daher / ehe er noch aus dem Orth / wo er sitzet / geführet wird / behutsamlich besuchen / und vernehmen lassen / ob er sich auch zu seinem Ende fein geschickt gemacht / und gerne sterben wolle? Sodann wenn er bey seinem Bekäntnis beständig bleibet / wird das Hoch-Noth-Peinliche Hals-Gerichte mit der Glocken an etlichen Orthen geleutet / zumahl in Städten und Flecken / auf daß jederman zulauffe / die Heg- und Haltung des Peinlichen Hals-Gerichts vernehme / und sich durch erfolgende Bestraffung von dergleichen Ubelthaten abschrecken lasse. arg. L. 6. §. 1. L. 20. ff. de poenis. P. H. O. art. 28. in verb. an den Gerichts-Tag. D. Lynck. in Disp. de Centena, c. 4. §. 20. alwo er die Glocke das Malesiz-Glöcklein nennet. CCCLI. Anderswo wird mit Trompeten oder Posaunen ein Zeichen gegeben. Petr. Gregor. Tholosan. lib. 31. Syntagm. Juris Univ. c. 38. n. 7. Welches auch schon vorlängst die alten Römer in Gebrauch gehabt / ut liquet ex Cornelio Tacito, lib. 2. Annalium, dum sic ait: in P. Martium Consules extra portam exquilinam, cum Classicum canere jussissent, more prisco advertère. Classicum ibi pro Tuba dixit, ut etiam apud Ciceronem exponit Q. Asconius. Est namque unius supplicium multorum metus & salus. L. 1. in pr. C. repetund. c. qui ergò 23. q. 5. Petr. Heig. part. 2. q. 37. n. 27. Peint. Sächß. Inquis. und Achts-Procoss. tit. XI. art. 1. §. 4. CCCLII. Und gehet solch Gericht gemeiniglich Vormittag gegen 9. oder 10 Uhren an / und wird theils Orthen unter freyen Himmel / anderswo aber auf den Sälen der Ambts- oder Rath-Häuser / mit Richter / Schöppen und dem Gericht-Schreiber besetzet und gehalten. Const. Crim. Caroli V. art. 82. & 84. CCCLIII. Nach Anleitung ietztgedachter P. H. O. art. 84. sollen der Schöppe̅ zum wenigsten 8 oder 7. auch die an Zahl derselben ungleich seyn / damit durch Gleichheit der Stimmen der Schluß nicht verhindert werde. c. si quis Episcopus 6. q. 4. c. 1. Dist. 79. c. licet de vit anda. Extr. de Elect.
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Es ist aber hievon durch allgemeine Gewohnheit abgeschritten worden / also daß heut zu Tage auch weniger Schöppen / wann derselben nur nicht unter drey seyn / nebens dem Richter und Actuario, das Peinliche Gericht besetzen können. Matth. Stephani, in not. ad d. art. 48. Carpzov. in Pract. Crim. p. 3. q. 136. n. 12. Peinl. Sächß. Inquisition und Acht-Process, tit. XI. art. 1. pag. 165. CCCLIV. Die Taffel / worbey sich obige Gerichts-Personen setzen / pfleget an theils Orthen / dem Gericht um so viel mehr Ansehen / und den Leuten Furcht zu machen / mit e???nem schwartzen Tuch bedecket zu werden. Und wird sodann der arme Sünder vorgeführet: Der Richter aber hat entweder ein blosses Schwerd / oder einen weissen Stab / oder beydes zugleich / in der rechten Hand / doch darf er das nicht strack ausgezogen haben / sondern wann er und die Schöppen in die Banck sich niedergesetzet / ziehet er dasselbe erst aus. [Ja an theils Orthen wird es erst entblösset / wenn er den Titul und Nahmen seines gnädigsten Herrn nennet / deßhalber er das Gericht heget] und hält es / wie gedacht / in der rechten Hand / ohne / oder mit einen Blech-hand-Schue angethan / wie es jedes Orths üblich ist / indem solches an einem Orth anders / als am andern gehalten wird. Peinl. Säch???. Inquisition- und Achts-Process, tit. XI. art. 1. §. 5. & 6. CCCLV. Nach diesem heget der Richter [wozu an vielen Orthen gewisse Land-Richter verordnet sind /] das Peinliche Hals-Gericht / wie es üblich / und im ersten Capitel dieses Tractats weitläuftig angeführet worden / hält sodann dem armen Sünder seine kürtzlich aus den Acten extrahirte Urgicht vor / und befraget ihm bey jeden Punct / ob er derselben noch geständig sey? Wenn er nun alles nochmahls bejahet / wird ihm durch den Gericht-Schreiber das Urthel / und wie er von Leben zum Tode gebracht werden sol / deutlich vorgelesen / drauf bricht der Richter den Stab [welchen der Frohnboth oder Gerichts-Diener wieder aufheben / und wenn alles vorbey / dem Judici zustellen / undsonst niemanden was davon geben sol / weil viele Aberglauben und Hexenwerck damit getrieben wird /] und übergiebet den armen Sünder dem Nachrichter / mit Befehl / das Urthel / seinen Buchstäblichten Inhalt nach / an ihn zu volstrecken.
Vid. Philipp Helfric. Krebs, de lapide & ligno Sect. 9. §. 7 pag. 104
Ord. Crim. Hassiac. fol. 17.
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CCCLVI. Durch Zerbrechung des Stabes wird angedeutet / daß / wie mit den Stabe / also auch mit des armen Sünders Leben es geschehen sey.
Matth. Stephani, in not. ad art. 96. Ordin. Criminal. Caroli V.
Carpzov. Quaest. 136. n. 37. CCCLVII. Es hat auch der Judex acht zugeben / daß der Scharffrichter mit dem armen Sünder nicht unbarmherzig umgehe / noch auch solchen alzuhart binde / sondern dieser sol bedencken / wenn es schon ein zum Tode verurtheilter Mann ist / dennoch es ein Mensch sey / mit welchen billig Mitleiden zuhaben. Petr. Gregor. Tholosan. in Sytagm. Jur. Univ. lib. 1. c. 2. n. 3. Vielmehr gebühret dem Scharffrichter / solchen Leuthen glimpflich zuzureden / getrost zu seyn / für dem Tod sich nicht zu fürchten / er wolte ihnen bald abhe???ffen / ja auf den Galgen / wenn er ihnen den Strick um den Hals thut / und bald von der Leither werffen wil / ihm noch mit kurtzen Seuffzerlein: HErr Jesu / dir lebe ich / HErr JEsu dir sterbe ich sc. und andem zuzuruffen. CCCLVIII. Nach den Richtplatz / es geschehe die Execution in der Stadt auf den Marckt / oder vor dem Thor im Felde / begleiten den armen Sünder / welchen die Hände vorwarts zusammen gebunden sind / und von des Nachrichters Knecht an einen Strick geführet wird / zween / oder zuweilen wohl mehr Geistliche / die ihn vorbethen und aus Gotteswort trösten. CCCLIX. Unterwegens wird ihm / wenn er es begehret / ein Trunck Wein zur Labsal und Erquickung gegeben / juxta illud Proverb. cap. 31. v. 6. & 7. DATE VINUM [alii siceram] HIS, QUI AMARO SUNT ANIMO, UT BIBANT, ET OBLIVISCANTUR EGESTATIS SUAE, ET DOLORIS SUI NON RECORDENTUR AMPLIUS. Welches der selige Herr D. Luther also vertiret: Gebet starck Geträncke denen / die ümkommen sollen / und Wein den betrübten Seelen: Daß sie trincken / und ihres Unglücks nicht mehr gedencken. CCCLX. Und findet man / daß theils Völcker vor Alters / sonderlich aber die Jüden / nach der Babylonischen Gefängnis / im Gebrauch gehabt / denen / so hingerichtet werden sollen / Wein mit Weyrauch / oder Myrrhen vermischet / zu trincken zu geben. Henric. Kipping, de cruce & cruciariis, Exerc. X. §. 1. pag. 67. Dan. [455] Clasen, ad art. 79. Const. Crim. Caroli V. pag. 331. Entweder dadurch sie truncken / oder in ihren Gedancken verwirret zu machen / daß sie die Schmertzen nicht so eigentlich fühlen / oder achten / sondern desto getroster zum Tode gehen möchten: Oder vielmehr ümgekehrt / daß sie dadurch gestärcket / und die Marter / Angst und Pein desto länger ausstehen könten. Idem §. 3. Add. Galen. Lib. 15. simplicium, cap. 19. Dioscorid. lib. 1. de plantis, c. 70. & 77. D. Simon, in tr. de Intim. Execut. Crim. c. 7. th. 5. Wiewohl andere wollen / daß durch Einwerffung der Myrrhen der Wein viel anmuthiger und schmackhafftiger zum trincken worden / zumahl wenn man ihn warm gemachet / teste, Martiale, lib. 14. Epigram. Si calidum potas, ardenti Myrrha Falerne Convenit, & melior fit sapor inde mero! & Plin. Nat. histor lib. 14. c. 13. inquit: adhibeantur hanc in rem Myrrhata pocula, ut vinum inde saporis aliquid nancisceretur. CCCLXI. Allermaßen man denn auch bey der Creutzigung Christi / Wein / mit Myrrhen vermischet / hinbey gebracht / wie Matthaei. c. 27. v. 34. und Marci, c. 15. v. 23. zu sehen. vid. infra Caput Von der Creutzigung. Daß aber die Kriges-Knechte solchen mit Myrrhen und Weyrauch vermischten Wein auch noch mit Gallen verfälschet / wie Casaubonus, Exercit. 16. Sect. 80. will / hält ob-gedachter Kipping, d. c. 10. §. 3. nicht vor gläublich / und ist solcher Wein / welchen man dem HERRR CHRISTO am Stam̅e des Heil. Creutzes dargereichet / Smyrna genennet worden / teste Kipping, §. 4. in fin. pag. 71. add. Taubmann, in Comment. ad Plauti Asinar. Act. 5. Scen. 2. pag. 135. ubi dicit: Smyrnam veteres vocasse Myrrham. Zeiler, in Miscellan. pag. 184. führet an / daß ein zu seiner Zeit bekandter Medicus dafür gehalten habe / daß der Eßig ein Meer-Zwibbeln Eßig gewesen sey.
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CCCLXII. Man soll aber mit Darreichung des Weins Maße halten / damit der arme Sünder nicht dadurch an seinen Verstand gemindert / und gar truncken / noch auch an seiner Andacht und Gebeth verhindert werde. Const. Crim. Caroli V. art. 79. Ibi??? Remus, pag 80. nec non Manzius, pag. 319. Fürstl. Sächß. Gothaische Gerichts- und Proceß-Ordnung / part. 3. c 9. M. Rhostii libell. absolut. pag. 563. Dandum enim est ducendo ad supplicium aliquod potiunculae, non ut mergat, sed curas deprimat, inquit Matth. Stephani, in not. ad d. art. mens quippe vino obruta ne quidem hujus vitae negociis, nedum pietati rectè vacare potest. Dan. Clasen, in Comment. ad d. art. 79. n. 6. pag. 331. Freudius, in Gewissens-Fragen / von Zauberey / quaest. 376. Otto, in Corp. Jur. Crim. pag. 235. Meckelnburgische Kirchen - Ordnung / fol. 247. 6. CCCLXIII. Wenn Er nun in dem von den Soldaten / oder Ausschüssern gemachten Kreiß kömmet / wird er wohl ein- oder zweymahl drinnen herum geführet / und ihm so lange Zeit gelassen / biß er sein Gebeth verrichtet / auch vom Priester nochmahls absolviret / und eingesegnet worden ist. Dedekenn. supr. cit. loc. CCCLXIV. Einige Scharffrichter pflegen alsdann / und vor der Execution den armen Sünder um Verzeih- und Vergebung der That / so sie an ihnen / durch Vollstreckung der zuerkanten Straffe ausüben / zu bitten / welches in Engelland / sonderlich bey Hinrichtung hoher Standes-Personen noch üblich ist / da die Scharffrichter / welche mannigmahl vermasquiret / und wohl Krieges-Officirer sind / daß man sie nicht kennet / auf den Schavot oder Trauer-Bühne / vor der Person / so hingerichtet werden soll / niederknien / und üm Vergebung bitten. Vid. das Neugeharnischte Groß-Britannien / pag. 117. bey der Königin Marien in Schottland / Item des Grafen von Stafort. pag. 86. und anderer Hinrichtung mit dem Beil. Welches aber bey uns in Teutschland nicht gestattet wird / weil die Execution dem Nachrichter von Gott u. der hohen Obrigkeit anbefohlen ist. Drum saget D. Luther, an obangezogenen Orthe / davon also: Meister Hans sol [457] nicht sagen zum Ubelthäter / dem er sein Recht thun soll: Lieber N. vergib mir / was ich heute an dir thun werde. Denn warum will er so sagen? Thut er doch recht daran / darum darf er keines Vergebens / welches allein auf die Sünde und das Unrecht gehet / denn sein Ambt ist / daß er das Unrecht soll straffen: gleichwie es unrecht wäre / so ein Vater zu seinem Sohne / wenn er ihn stäupen wolte / sagte: Lieber Sohn / vergib mir / daß ich dich stäupen will. Nein / es ist recht gethan / drum soll es der Sohn leiden / denn GOtt will es so haben. Confer. Peinl. Sächß. Inquis. und Achts-Proceß / tit, 12. art. 2. §. 3. pag. 191. Dan. Clasen, ad art. 97. const. crim. pag. 367. CCCLXV. Alsdann kniet der arme Sünder bey dem vorher auf den Richt-Platz geführten Sand-Hauffen nieder / oder wird wohl auf einen Schemel gesetzet / dessen Arme von des Scharffrichters Gehülffen rücklings gebogen / mit Stricken daran fest gemachet / ihm die Augen mit einem Tuch zu / und / wen̅ er mit dem Schwerd gerichtet werden soll / die Haare in die Höhe gebunden / welches schon bey den Heyden / zur Zeit der Christen Verfolgung üblich gewesen / wie D. Casp. Sagittarius, in tr. de Martyr. cruciat. pag. 76. & 77. §. 21. mit unterschiedlichen Exempeln erweiset. Add. Tacit. 4. Annall. Ammian. lib. 14. Lips. in not. ad lib. 2. c. 2. de cruce. Ingleichen bey den Juden / Joseph. lib. 7. de Bello Judaic. c. 14. & Hegesipp. lib. 5. c. 47. und ward solche Fascia oder Binde Maphorte genennet / de qua voce vid. Gerhard. Voss. lib. 2. de vitiis Sermon. Lat. c. 23. CCCLXVI. Indem nun die Geistlichen dem armen Sünder noch vorbethen und zuruffen / HErr JEsu dir lebe ich / HErr JEsu / dir sterbe ich / HErr JEsu / dein bin ich tod und lebendig! verrichtet der Nachrichter sein Ambt. Drauf singen die Anwesende / worzu bißweilen auch wohl Knaben aus der Schulen / nebst ihren Praeceptore, genommen werden / das Lied / Nun bitten wir den Heiligen Geist / sc. sc. Und wenn solches zum Ende / fraget der Scharffrichter / das blosse Richt-Schwerd noch in Händen habend / den Beambten oder Land-Richter / so nebst den Schöppen und Gericht-Schreiber zu Pferde im Kreiß hält: Herr Richter! oder herr Land-Richter habe ich recht gerichtet? [458] Dem dieser antwortet: Du hast gethan / was Urthel und Recht mit sich gebracht! Const. Crim. Caroli V. art. 98. Oder / du hast Urthel und Recht eine Genüge gethan. Peinlich. Sächß. Inquisition - und Achts - Proceß / tit. 12. art. 2. Der Scharffrichter saget hierauf / das dancke ich GOTT / und meinem Meister / der mir solche Kunst gelehret hat! thut darbey eine Vermahnung an das Volck / daß sich iederman vor dergleichen Ubelthaten hüten / und niemand auf solche Maße unter seine Hände gerathen möchte. Volckmann, in Proceß. Crim. part 2. tit. 7. pag. 84. CCCLXVII. Anderswo redet der Scharffrichter den judicem also an: Hr. Richter / habe ich recht gerichtet / wie Urthel und Recht spricht / wie Urthel und Recht gegeben hat / wie es der arme Man̅ (oder Mensch) verschuldet hat? Dem antwortet er: Ja / du hast recht gerichtet / wie Urthel und Recht spricht sc. Dan. Clasen, ad art. 98. Const. Crim. Caroli V. In welchen Articul aber stehet / daß der Richter antworten solle: So du gerichtet hast / wie Urthel und Recht geben hat / so lasse ich es darbey bleiben. CCCLXVIII. Worbey anzumercken / daß vor allen Dingen nöthig / daß die Gerichts-Personen sich mit auf dem Richt-Platz begeben / um zu sehen / ob und wie der Nachrichter das Urthel exequire / ob er den armen Sünder bald abhelffe / oder lange quähle und metzele / denn auf solchen letztern Fall derselbe von den Gerichten mit der Landes - Verweisung / oder mit einer ziemlichen Geid-Busse / gar wohl angesehen werden kan. Carpzov. part. 3. quaest. 137. n. 67. Mevius, ad Jus Lubecens. lib. 4. tit. 18. art. 1. CCCLXIX. Theils auch deswegen / daß sie dem Scharffrichter das bey dem Peinlichen Hals - Gericht durch den Frohn-Bothen / Land- oder Gerichts-Knecht ausgeruffene sichere Geleit durch die Soldatesca / oder den Ausschuß / desto füglicher leisten / und Schutz halten können / wenn ihm etwa bey der Execution es mißlinge / daß er dem Verurtheilten nicht in einen oder zwey Streichen den Kopff her unter hiebe / sondern noch wohl auf der Erden denselben vollend abhacken / oder abschneiden müste / oder wenn ihm [459] das Richt-Schwerd zersprünge / der Strick zerrisse / daß de Dieb / ehe er noch tod / herunter fiehle / oder sonst ein ander Unfall zustiesse / und der tolle wütende Pöbel wolte ihm / wie vielmahl in den grossen Reichs-Städten / und sonsten mehr geschehen / steinigen / oder auf eine andere Arth niedermachen. Gestalt man denn lieset / daß zu Lübec auf einen Tag fünff Scharffrichter / von den gemeinen Mann erschlagen worden. Zieriz, ad Const. Crim. Caroli V. art. 97. Supplement. Pract. in Obs. Wehneri, pag, 31. & 32. Justin. Göbler / in der Lübeckischen Chronic. Lauterbeck im Regenten-Buch / lib. 5. c. 9. fol. 322. Item zu Magdeburg / Anno 1612. den 7. Augusti, der Scharffrichter Galle Albrecht / strack auf dem Platz tod blieben / dessen 2. Knechte aber sehr verwundet noch davon kommen. Jacob. Alemannnus, in Palaestra Consult. 9. pag. 932. & seqq. CCCLXX. Welcher Frevel aber / wenn er sich begiebet / keines weges an den gemeinen Pöbel / als welcher er der Obrigkeit verbothener weise in ihr Ambt greifft / sonderlich aber an den Urhebern / befundenen Umständen nach / an Leib und Leben abzustraffen. P. H. O. art. 97. ibi??? Dan. Clasen, in Addit. pag. 367. Pet. Greg. Tholosan. in Synt. Jur. Univ. lib. 31. c. 38. n. 7. Damhoud. in Prax. Crim. 152. Rub. de Carnif. n. 12. Schönborn / lib. 3. Polit. c. 51. in fin, Keckermann. lib. 1. Polit. c. 27. n. 301. Praejudicia vide apud Alemannum, d. Consult. 9. pag. 946. 147. 953. 965. 968. 970. Eben also wird demselben gelohnet / welcher einen zum Tode verdammeten verwegener und boßhaffter Weise aus des Scharffrichters Händen hinweg reißet / und davon hilfft. Jul. Clarus, lib. 5. §. fin. q. 68. n. 10. Decian. Tom. 2. lib. 7 c. 11. n. 12. Petr. Gregor. Tholosan. lib. 31. c. 38 n. 6. Syntagm, Jur. Univers. CCCLXXI. Wenn nun obgedachter maßen der Proceß seine Endschafft hat / wird der Cörper des justificirten armen Sünders entweder / da er geköpffet / durch gemeine Kerle / so keine Handwercks-Leuthe / noch auch in Innungen mit sind / fortgetragen / und von dem Todten-Gräber auf den Gottes-Acker / an einen besondern Orth der Mauren / iedoch ohne Ceremonien / [es würde denn aus gewissen Ursachen von der hohen Obrigkeit zugelassen /] begraben / Carpz. p. 3. q. 137. n. 69.
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oder / nach Beschaffenheit de Umstände / andern zum Exempel aufs Rad geflochten / oder verbrant / die Erhenckten aber am Galgen gelassen / wie das Urthel / und iedes Orths Gewonheit mit sich bringet. Jodoc. Damhoud. in Pr. Crim. c. 153. n. 13. Petr. Heigius, part. 2. q. 37. n. 31. Carpz. p. 3. q. 137. n. 71. & 72. CCCIXXII. Worbey der Judex ferner Acht geben und verbiethen sol / daß der Nachrichter / oder dessen Knechte und Gehülffen denen armen Sündern / so geköpfft / gehengt / oder aufs Rad geleget werden / die Hosen nicht ausziehen / welches dieselbe / wenn sie noch gut sind / gerne zu practiciren pflegen / sondern ihnen solche anlassen: damit sie nicht den Gerichten zum höchsten Schimpff / und übler Nachrede / nackend und bloß / mit grossen Aergernis / männiglich vor Augen gestellet werden. Sebast. Guazzin. ad Desens. Inquisitorum, carceratorum, Reorum, & condemnatorum super quocun??? crimine, Defens. 38. c. 9. n. 2. Maßen denn Ammianus Marcellinus lib. 28. Histor. erzehlet / daß einsmahls ein Scharffrichter / welcher zwey Weibes-Bilder / so Ehebruch begangen / aufgehengt / fase nackend ausgezogen / um deßwillen lebendig verbrand worden. Cavalc. de Brach. reg. p. 4. n. 177. Ich erinnere mich selbsten / daß Anno 1675. ein auswärtiger Scharfrichter D. zu W. so auf sonderbaren gnädigsten Befehl bey einer Execution, da etliche Strassen-Räuber / nach geschehener Hinrichtung mit dem Schwerd / auf die Räder geflochten worden / denenselbe̅ / als die Gerichts-Personen zeitlich heimgeritten / die Hosen ausgezogen / und in blossen Hembde liegen lassen / daß man s. v. ihre pudenda sehen kön̅en / und die Kleider strack fortgeschicket / deswege̅ er von der hohen Obrigkeit angehalten worden / daß er Tuch kaufen / solches um die Cörper herschlagen / und mit Nägeln anhefften müssen / hätte auch noch dazu eine tapffere Geld-Straffe erlegen sollen / wenn sie nicht wäre erbethen worden. Drum thut der Richter wohl / wenn er mit den Gerichts-Personen da bleibet / biß alles verrichtet ist / und die Leithern von den Galgen und Rädern wieder weggeschaffet worden / damit die Nachrichter nicht sagen / noch sich entschuldigen können / es hätten es andere gethan / und die Hoch-Gerichte beraubet. CCCLXXIII. Sonsten aber hält Bartolus, in L. Divus n. 5. de bon. damnat. [461] davor / daß derjenigen Kleider / so hingerichtet werden sollen / zuverkauffen / und davon die nötige Unkosten zum Theil zubezahlen. Seb. Guazzin, in tr. ad Defens. Inq. tom. 2. Def. 38. c. 9. n. 1. Andere wollen / daß man sich hierin nach jedes Orths Gewohnheit richten solle. Claurus, lib. 5. Sentent. §. fin. Quaest. 100. n. 4. Was disfals in Franckreich üblich / berichtet Boer. Decis. 346. n. 5. Item zu Meyland / Carpan. super nov. Const. Med. c. homicida, n. 1039. & seq. Deßgleichen in Königreich Neapolis, Joh. Ant. de Nigr. in c. gravamina, n. 100. Et quid in statu Ecclesiastico, vide Bajard. inq. 100. n. 6. ubi subdit, quod rarò super hoc contingat dubitari, quin Executores spolient Reos bonis vestimentis, antequam ducantur ad supplicium. Chartar. de Execut. Sent. c. fin. n. 462. Und Clarus schreibet von seiner Landes Gewonheit / d. q. 100. n. 4. also: Apud nos [scil. in Ducaetu Mediolanensi] servatur, quodvestes viles, quibus indutus est condemnatus, tempore, quo afficitur ultimo supplicio, praeter eas, cum quibus est honeste sepeliendus, sunt Carnificis, preciosae verò distribuuntur inter milites sive satellites???, prout etiam inter ipsos distributae fuerunt vestes Salvatoris nostri, tempore sacratissimae suae passionis. CCCLXXIV. Wenn arme Sünder abgethan werden sollen / pflegen auch wohl bey der Landes-Fürstlichen Herrschafft die Herren Profeslores der Medicinifchen Facultät auf den Universitäten anzuhalten / daß ihnen ein und ander Cadavervon denen / so entweder decolliret, ersäufft / und gehengt worden / oder ihnen selbst das Leben genommen / zur Anatomi verabfolget werden möchte / welches auch / wenn sie deßwegen Befehl ausbringen / geschiehet / in Ansehung / daß solches dem gemeinen Wesen zum Besten / und zu desto glücklicher Curirung ein und der andern Kranckheit / auch denen Studiosis Medicinae zur Unterweisung dienet. Spekhan, cent. 1. Quaest. 7. Freher, lib. 3. parerg. c. 25. Andr. Laurent. lib. 1. Hist. Anatom. c. 5. Limnaeus, de J. P. tom. 3. lib. 8. c. 4. n. 39. Kornmann, de Miracul. mort. part. 9. c. 35. Zeiler, E [462] pist. 459. Corn. Agrippa, de Vanit. scient. c. 86. Gomez. tom. 3. Var. Resolut. 14. n. 9. Carpzov. p, 3. Pract. Crim. q. 137. n. 52. & in J. P. Consist. lib. 2. tit. 25. Def. 411. Adrian Beier, de Cadver. punitor. c. 3. n. 51. &. mult. seqq. Brunnemann. in Process. c. 10. n. 34. Seb. Guazzin, in tract. ad Defens. Inquisit. tom. 2. Defens. 38. c. 8. Welches etliche nur einzig und allein auf die Medicinische Facultät der Universitäten restringiren, ausser denselben aber es nicht einmahl einem promoto Doctori gestatten wollen. Vid. Bechmann. Disp. de Privileg. Studiosor. tit. 3. D. Schlegel tamen hanc sectionem Hamburgi instituit in usum Chirurgorum, autoritate Senatus, scil. extra Electoratum & procul ab Academiis. Carpz. Consist. lib. 2. Def. q. ???. Beier, d. tr. n. 74. Des justificirten Befreundten ist es auch noch erträglicher / wenn die Cörper zur Anatomi verabfolget werden / und das Fleisch unter die Erde kömmet / als wenn es zu ihrer Schande an Galgen und Rädern von den Raben gefressen wird. cit. Beier, d. tr. c. 3. n. 67, CCCLXXV. Wir schlissen endlich dieses Capitul mit nochmahligen Zuruf an alle und jede Richter. Sehet zu ihr Richter / was ihr thut / denn ihr haltet das Gericht nicht den Menschen / sondern dem HErrn / und er ist mit euch im Gericht / darum lasset die Furcht des HErren bey euch seyn / und hütet euch / und thuts / denn bey denn HErrn unserm GOtt ist kein Unrecht / noch Ansehen der Person / noch Annehmung des Geschencks. Lib. 2. Chron. 19. v. 6. Item mit den Worten der Tentschen Glossae, im Landrecht / lib. 3. art. 30. Höre zu / der du ein Richter bist / und siehe zu / daß du ein gleicher und rechter Richter seyst / und gedencke an das strenge Gericht unsers HErrn JEsu CHristi. Denn GOtt ist zu derselbigen Zeit und Stunde andem Orthe / wenn und da du richtest / ein gestrenger Richter / und richtet über dich gleicher maßen / als du über andere richtest sc.
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Sic judica, [inquit Franciscus Petrarcha de Remed. utr. fortun. lib 1. Dial. 47.] quasi mox ab alio judicandus. Unus est omnium Judex, unum tribunal incorrptum, ante illud stabitis mortales. Quid falso corio judicis sellae judicariae impresso & barbarica admonitione justitiae opus eft? Ea in sella quisquis judicum sedet, ubi injustè judicabitur, nec pecunia nec gratia, nec falsi testes, nec indignae preces, nec inanes minae, nec diserti proderunt Patroni. In summa unicuique providendum est, ne aliquem injustè persequatur, judicet vel puniat. c. unicui??? 82. caus. 11. Quaest. 3,

CAPUT III.
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Von den Gericht-Schöpffen. I. EInige deriviren das Wort Scabinus, oder Scabini her à scateo, quod scilicet ex iis Jus scateat & fluat. Matth. Stephani, de Jurisdict. lib. 2. part. 2. c. 4. n. 51. Andere sagen / Scabini seyn so viel / als Scaffini von scaffen / h. e. intendere, curare. Jacob Mayer. in Annalib. Flandriae, lib 10. p. 97. Oder quasi Scamnini, quod in scamnis sedent, darum / daß sie sitzen sollen auf der Banck des Gerichts. Gloß. art. 10. Weichbild. Keckermann, lib. 1. System. Polit. c. 17. pag. 293. Ubi hanc derivationem ridiculam vocat, Dith. in contin. Besold. v. Banck / Banckner fol. 85. II. Also auch das Teutsche Wort Schöffen oder Schöpffen / vermeinem [464] etliche / es kähme her von Schöpffen / haurire, als die das Recht schöpffen / heraus ziehen / oder finden / Stephan. d tr. lib 2. c 4 n. 50. Cum saepius in Jure Saxonico ita dicantur. Land-R. art. 12. lib. 2. & art. 69. lib. 3. Andere leiten es her von dem Sächsischen Wort Schapen / & Belg. Schappen / quod est formare, concedere, Schaffen / ita ut Scabini Sententiam forment & condant. Martin. in Lexic. Philolog. ad hanc vocem. Oder von Scheppen / quod est jubere. Joh. Griphiander, in tr. de Weichbild / Saxon. cap. 64. n. 7. III. Guicciardinus, in descriptione Belgii pag. 81. hält davor / Scabinus sey ein Französisch Wort / Eschevin, welches auf Lateinisch Senator hiesse. IV. Allein es kömmet her von dem Hebräischen Scaphat, oder wie es andere schreiben Schavat, judicavit. Inde Schophet, oder Schovet, i. e Judex. Becmann, de Orig. Lat. ling. pag. 969. Choppin. de Doman. Gallic lib. 3. tit. 20. n. 4. Kirchner, de Republ. Disput. 11. Coroll. 1. pag. 172. Cujac. 1. Feud. 1. Daher auch das Wort Schufft kommen soll. Scabini enim dum, Judicis Consiliarii & Assessores sunt, etiam Judices dici possunt. Cum Judex [quem nos vulgò den Hoff-Richter vocamus] in Scabinatibus vel Dicasteriis haud solus, sed cum eo ipsius Assessores sive Scabini judicent. Unde etiam Jurati vocantur, geschworne Richter und Urtheil-Schöpfer / weil sie die Urtheil schöpffen / & in Tradition. Fuldens. lib. 1. n. 99. ita legitur: PRAECIPIENTE COMITE, ET SCABINIS JUDICANTIBUS. Speidel in Spec. Jur. v. Schöffen / pag. 1121. Limnaeus, in Jur. Publ. lib. 4. c. 8. n. 265. V. Es waren aber vor Alters unterschiedliche Arthen der Schöpffen / als: 1. Frey-Schöppen / Qui unà cum praefecto judicii sine operosa cognitione ex arbitrii liberta [465] te in perjuros aliosque facinorosos animadvertere poterant, inde dicti liberi, inquirentium Sententiam. Cur ita sint dicti, congessit Speidel. voc. Frey-Gericht. 2. Vehme-Schöppen / Qui quasi despumabant malos homines. Gryphi and. d. tr. c. 59. 3. Send-Schöppen / Scabini Synodales, Assessores Judicii Ecclesiastici. Vid. Schottel. in tr. de Singular. in German. Jurib. & Observ. c. 6. pag. 205. VI. Der Schöppen Ambt und Verrichten bey dem Grafen-Gericht beschreibet weitläufftig Lehmann, in der Speyerischen Chronic. lib. 2. c 22. pag. 103. & seqq. welchen der couriöse Leser aufschlagen kan / wenn er Belieben träget / davon Nachricht zu haben. VII. Heut zu Tage hat man auch noch ein- und andere Arth der Schöppen / denn da sind Erstlich die / so in den Chur- und Fürstl. Schöppen-Stühlen sich befinden / welche durch das gantze Land / so dahin gewiesen / in wichtigen und schweren Fällen / Urthel und Recht sprechen. Sic soli Scabinatui Lipsiensi potestas causas criminales in terris Electoratus Saxonici decidendi concessa est: & clara hac de re extat Ordinatio D. Augusti Electoris, in fundatione Scabinatûs Lipsiensis, hisce verbis: „Und damit / sonderlich in Peinlichen Sachen / keine wiederwärtige Urthel in unsern Landen gesprochen werden / man auch desselben eine rechte Gewißheit habe; als wollen wir hiermit diesem unsern Schöppen-Stuhl Macht und Gewalt geben / in Peinlichen Sachen ALLEIN Urthel zu fällen und zuerkennen: Immaßen denn wir solches an allen andern Orthen abgeschafft / sc. Quae ordinatio postmodum à subsequentibus Dnn. Electoribus saepius renovata & confirmata fuit. Hinc illorum Responsa jus & consvetudinem faciunt. Carpzov. p. 1. Pr. crim. q. 20. n. 30. & p. 3. q. 116. n. 26. nec non lib. 2. Resp. 2. tit. 1. n. 15. Also werden in den andern Sächsischen Fürstenthümern Gotha / Weimar und Eisenach / sonderlich in Peinlichen Sachen / die Acta in den Schöppen-Stuhl zu Jena verschicket.
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Vide die Fürstl. Sächß. Gothaische Landes-Ordnung / part. 2. c. 1. tit. 14. pag. 117. ibi. Demnach von unsern Hoch-löbl. Vorfahren der Schöppen-Stuhl zu JENA zu dem Ende geordnet ist / er deswegen auch zu Gnüge bestellet und versehen wird / daß bey demselben zuförderst in den Peinlichen / sodann auch andern / in unsers gesamten Fürstlichen Hauses Landen / vorfallenden Sachen / rechtliche Erholung geschehen möge; Als wollen wir / daß insonderheit auch von Unsern Landen aus ordentlich in allen Peinliche̅ Fällen bey demselben ermelte Einholung vorgehe sc. VIII. Zum andern Gericht-Schöppen / so bey Bürgerlichen und Peinlichen Gerichten adhibiret werden / und Drittens Land-Schöppen / welche man bey Taxation und Würderung der liegenden Güther und Gründe gebrauchet / so man theils Orthen Werdiner nennet. Dither, in contin. Besold. h. v. p. 786. IX. Die Schöppen bey den Peinlichen Gerichten / von welchen wir hie sonderlich handeln / werden darum dem Richter beysetzet / nicht nur / daß sie mit ihm die Sachen in Verhör ziehen und beyräthig seyn / wie vor Alters in der Römischen Republic die Assessores waren / L. 1. L. veluti 7. ff. de Assessor. L. 9. §. 3. ff. quod met. caus. Speculator. lib. 1. Part. 1. rub. de Assessor. §. 1. unde etiam Consiliarii [Rathgeber] vocabantur; L. pen. ff. de Offic. Assessor. L. consiliarios 3. L. in Consiliariis 10. & seqq. C. de Assessor. Sondern auch / daß sie mit ihm zusammen das Peinliche Gerichte machen und bestätigen / die Sachen in Verhör ziehen / drin mit urtheilen / und also die Justiz administriren sollen / vielleicht darum / daß man nicht eines einigen [als des Judicis] Arbitrio und Wil???kühr allein anheim gebe / welches mehrer Personen Nachdencken / Uberlegung und Erkäntnis erfoderte. Philipp. in Comm. ad Decis. Elect. Sax. 39. obf. 1. n. 6. & 7. Denn viele Augen / wie man im Sprüchwort faget / sehen doch mehr / als eins. X. Drum auch diese Gericht-Schöppen und Beysitzer von des Richters Authorität mit participiren, und gleichsam als Glieder den Leib des Gerichts / so zureden / formiren und machen.
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Unde dicitur, Assessorem adhaerere jus dicenti, sicut ulmus viti, & Judex Idiota sine Assessore est sicut piscis sine aqua. Joh. Bolognett. in Rubr. & L. 1. ff. de Assessor. n. 5. Deren Sorge unter andern mit dahin gehet / daß keine unförmliche Libelle, oder die / so was unzulässiges in sich halten / angenommen werden. L. 9. §. 4. ff. de Offic. Procons. Donell. Enucl. lib. 18. c. 2: lit. k. Brunnemann, ad L. Praesides 2. C. de Assess. Anton. Perez. c. eod. n. 4. & 6. XI. Und sind dieselbe / so wohl als der Richter / mit Eid und Pflichten dem Gericht verwant und zugethan / daß sie nemlich denen Reichs-Constitutionibus, auch beschriebenen Rechten / und jedes Orths guten Gewohnheiten gemäß / ohn alle Affecten, und Ansehung der Person / richten und Recht sprechen sollen und wollen. Ord. Cam. Imp. part. 1. art. 4. And. Gail. lib. 1. obs, 369. n. 14. & seqq. Welches auch in der Churfl Sächß. Process-Ordnung c. 2. §. 1. vers. auch darzu sonderlich geschwornen Personen gebothen sc. Et in Decision. Elect. 39. post princ. verb. auch darzu sonderlich geschwornen Personen sc. verordnet ist. XII. Und gleichwie vor Alters in den Grafen Gerichten keiner zum Schöppen erwehlet und angenommen wurde / als die Schöppenbare freie Leuthe waren / i. e. die ihre eigne Freyheit hatten an ihrem Eigen / und ihrer Person. Und das sind die / weche Actu ipso Schöppen waren / oder aptitudine Schöppen werden konten / und wegen solcher Freyheit auch Schöppen seyn solten. Gloss. col. penult. Land-R. lih 1. art. 2. quae col. seq. addit. Schöppenbar frey sind die / so zum Schöppen-Stuel geschworen haben / und alle diejenige / die von ihren vier Ahnen / das ist von Vater und Mutter / und von des Vaters Mutter / und von der Mutter Mutter / unbeschulden jn dem Gericht sitzen / und die man auch zu Schöppen kiesen mag / ob man es bedarf. Matth. Steph. de Jurisdict. lib. 2. p. 2. c. 4. f. 367. Schottel. in tr. von unterschiedlichen Rechten in Teutschland c. 6. p. 195. Also sol auch heut zu Tage dahin gesehen werden / daß zu Gericht-Schöppen / sonderlich bey den Peinlichen Gerichten / keine stoltze / aufgeblasene / gei [468] zige / zänckische / Partheyische / anrüchtige / oder sonst Lasterhaffte / sondern Ehrlichgebohrne (vel ad minimum legitimati, Arg. L. 2. ff. de Assessor. Hartm. Pist. Part. 1. Quaest. 30. Siquidem & spurios aliquos virtute praeditos admissos fuisse testatur Christinaeus, Decis. 85. n. 4.] Gottesfürchtige / Ehrliche aufrichtige / gewissen und Tugendhaffte Personen / die eines guten Wandels sind / genommen werden. Const. crim. Caroli V. art. 1. Ja die da so rein sind / als wenn sie eine Taube ausgelesen hätte / wie man zu sagen pfleget. XIII. Et hujusmodi Assessores seu Scabinos ingenuos, bonae famae & fidei, & aliàs, pro locorum conditione, qualificatos in provinciis quoque terrarum Saxonicarum à Statibus suis, quibus Jurisdictionis exercitium competit, in Judiciis adhiberi debere, vult & mandat Serenissimus Elector Saxoniae In Ordin. Proc. Judic. c. 2. §. Also versehen wir uns auch / hiermit befehlende / es werden und wollen andere / die von uns mit Gerichten beliehen / oder dieselben in Ubung haben / sich ebenmäßsig ihrer Gebühr und Schuldigkeit erinnern / und nicht allein solche Gerichte mit ehrlichen / aufrichtigen / unschuldigen / untadelhafften / und nach jedes Orths Gelegenheit / qualificirten Personen besetzen sc. Idque denuò inculcat Serenissimus Elector Decis. 39. in pr. ibi: Daß / wenn einer von Adel / oder anderer Gerichts-Herr das Gerichte mit ehrlichen / aufrichtigen / unbescholtenen / untadelhafften / und nach jedes Orths Gelegenheit / qualificirten / auch darzu sonderlich vereydeten Personen besetzet. sc. XIV. Ihr Eyd in Peinlichen Sachen ist in der Peinlichen Hals-Gerichts-Ordnung Käyser Carls des V. art. 4. zubefinden / nemlich: Ich schwere / daß ich soll und will in Peinlichen Sachen recht Urtehl geben und richten / dem Armen als den Reichen / und das nicht [469] lassen / weder durch Lieb / Leid / Mith / Gab noch keiner andern Sachen wegen: Und sonderlich will ich Käyser Carls des Fünften / und des Heil. Reichs Peinlicher Gerichts-Ordnung getreulich leben / und nach meinem Verständnis halten und Hand-haben / alles getreulich und ungefährlich / also helffe mir Gott und die heiligen Evangelia. XV. Ihre Verrichtungen sind neben dem / was albereit vorher erwehnet / noch ferner / daß sie mit dem Richter und Gerichtschreiber darbey seyn / wen̅ ein erschlagener / ermordeter / oder sonst entleibter Cörper besichtiget / und aufgehoben wird. Carpzov. part. 3. Juris-Prud. For. const. 3. Def. 17. n. ult. Wehner, voc. Zehent. Speidel. voc. Frais Pfand. Berlich. Part. 1. Dec. 93. n. 4. XVI. Worzu aber nur ihrer zween erfodert werden. idem Carpzov. p. 1. Prax. Crim. Quaest. 26. n. 32. In den Elevischen und der Marck adhibiret man in solchen Fällen auch nur 2. Wenn aber einer in Wasser ersoffen ist / gehet der Richter mit sieben Schöppen / aus einem alda gewöhnlichen alten Gebrauch / hin / und lässet den Cörper solenniter aufheben. Gerh. Feltmann. de cadav. inspiciendo c. 4. n. 12. XVII. Item wenn die gefährlichen Wunden eines beschädigten von den Gerichten in Augenschein genommen werden / oder gar die Section von einen oder mehr Medicis und Chirurgis, in Gegenwart des Richters 2. Gericht-Schöppen und des Actuarii, an einem verblichenen Cörper geschiehet. Juxta Const. Crim. Caroli V. art. 149. ibi: Und damit dann in obgemeldten Fällen an gebührlicher Ermessung u. Erkäntnis solcher unterschiedlichen Verwundung halber / nach der Begräbnis des Entleibten / desto minder mangel sey / soll der Richter samt zweyen Schöppen / dem Gericht-Schreiber / und einem oder mehr Wund-Aertzten (so man dieselbe haben / und solches geschehen kan] die dann zuvor dazu beeidiget werden sollen / denselben todten Cörper vor der Begräbnis mit Fleiß besichtigen / und alle seine empfangene Wunden / Schläge / Auswürffe / wie der jedes funden / und ermessen würde / mit Fleiß mercken und verzeichnen lassen.
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XVIII. Ferner werden bey den Territionibus, Torturen und Voltern / Item zu den Ratificationibus der Urgichten / wie auch Ankündigung der Todes-Straffe / und endlichen Gerichts-Tages die Schöppen adhibiret, welche alle Protocolla, nebst dem Richter und Gericht-Schreiber / unterzeichnen müssen. XIX. Bey Heg- und Haltung des Hoch Noth-Peinlichen Hals-Gerichts-werden etlicher Orthen 7 biß 8. Gericht-Schöppen genommen / anderswo aber nur Sechse. Diese müssen mit den Richter hinaus an die Fehmstät reiten / und allda so lange verharren / biß die Execution an den armen Sünder gäntzlich vollstrecket ist. Hernach begleiten sie den Richter wieder biß vor das Amt- oder Gerichtshaus.

CAPUT IV.
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Von dem ACTUARIO Oder Bericht-Schreiber. I. ACTUARIUS wird er genennet von den Acten, damit er umgehet / solche hält / führet / schreibet und verwahret. L. 33. §. 1. ff. ex quib. Major in integr. restit. Calvin. in Lexic. Jurid. h. v. D. Christoph. Lange / in Isagoge ad Process. Jur. civ. & Saxon. c. 8. n. 1. Gericht-Schreiber aber daher / daß er alles / was in und bey den Gerichten täglich / ja stündlich vorfält / und ergehet / treulich / [471] und fleißig nieder schreibet / damit man davon jederzeit gründliche und zuversichtliche Nachricht haben könne. II. Der Actuarien wird gedacht In L. Actuarii & L. pen. c. 3. Erog. L. annon. & L. Actuarios c. de num. & Actuar. Item Novell. 108. & alibi. III. [Greek words] oder [Greek words] heisset bey den Griechen Actorum scriptor sive custos, & qui ratiocinia pertractat. Boerus, Decis. 222. n. 7. nennet sie GRAFFARIOS Judicis. Freherus, De existimatione lib. 3. c. 25. n. 10. Joh. Philippi, NOTARIOS AD BANCHUM. in Observ. Jur. Pract. Decis. 38. obs. n, 4. TABELLIONES, TABULARIOS sive EXCEPTORES. Galli SECRETARIOS CAUSARUM illos nominant. Mascard. de probat. concl. 1101. Man heisset sie auch Trysoley Schreiber / Teutsch Hereische Acta, fol. 112 194. 157. 195. Nürnberg. Deduction-Schrifft / fol. 150. Item Ambts- oder Gerichts-Actuarien, oder Notarien, Ambts-Gerichts- oder Stad-Schreiber. Item Ober- und Unter-Stad-Schreiber. D. Christoph. Lange / dict. Isagog. ad Process. Jur. civ. & Saxon. c. 8. n. 1. In den höhern Judiciis aber werden sie Protonotarien, Canzeley- oder Gerichts-Secretarien genennet / welche ihre Amanuenses und Copisten haben. Georg. Schulz p. 1. Process. jud. c. 8. n. 7. IV. Und sind die Actuarii, kürtzlich zu sagen / solche Bediente / welche bey den Gerichten alles ordentlich / und mit besondern Fleiß protocolliren und registriren / auch die Processe, den rechten gemäß dirigiren / und die Acta, Protocolla und andere Urkunden im Archiv verwahrlich behalten.
Clasen, in comment. ad constit. crim. Caroli V. art. 5. pag. 54.
Carpz. in Process. Jur. tit. 2. art. 4. n. 43. Richter Decis. 113. n. 4.
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V. Vor Alters bey den Graffen Gerichten hat man gewisse-Gaw- oder Städte- und Land-Schreiber gehabt / die wurden / wie capit. lib. 3. c. 43. lib. 6. c. 225. zu sehen / CANCELLARII oder NOTARII geheissen / und sind von den Königlichen Gesandten oder den Graffen zur Schreiberey in jeden Gaw angenommen und bestellet / auch zu ihrer Verrichtung beeidiget worden. In Annehmung solcher Schreiber hat man dieses an ihrer Person in acht genommen / daß sie einen guten Nahmen / und der Rechten / Ordnungen und Gewohnheiten / in jeden Gaw gute Wissenschafft gehabt. Was vom Gericht für Bescheide und Urthel gefället / deren Copeien haben sie / um gebührliche Belohnung / denen Partheien ertheilet / deßgleichen alle Testamente, Kauf- und Wehr-Brieffe / Verträge / Ubergaben und alle andere Briefe und Schreiben in gantzen Gaw gefertiget / und darum insonders in ihren Eyd geschworen / daß sie keinen Brief verfälschen / noch etwas anders / als vor Gericht gehandelt / absonderlich schreiben wollen. Im Fall einer darwieder gehandelt / ist derselbe ohn alle Gnad zur Straffe verdammt / und seines Dienstes entsetzet worden. Constit. Caroli, fol. 336. Notarii hoc jurare debent per fingula loca, quod nullum scriptum falsum faciant, nec in occultum. Notarii & legibus eruditi, & bonae opinionis sint, & jusjurandum praebeant. Arg. lib. 5. c. 6. ut nullatenus falsitatem scribant, & qui hoc fecisse inventus fuerit, praesentialiter damnetur. Lehmann, Chron. Spirens. lib. 2. c. 25. VI. Heut zu Tage bestehet ihr Ambt und Verrichtung in Bürgerlichen Sachen / secundum memorabile cap. quoniam contra falsam Assertionem 11. Extr. de probat. IN CONSCRIBENDIS ACTIS JUDICIALIBUS UNIVERSIS, ut sunt: dilationes, citationes, Judicum Accusationes, Exceptiones, Replicationes, Duplicationes, petitiones, responsiones, interrogationes, confessiones, Testium depositiones, Instrumentorum productiones, interlocutiones, Appellationes, renunciationes, conclusiones, Sententia & coetera, quae in judicio vel ordinario vel extraordinario occurrunt, ut scilicet omnia & singula illa competenti ordine conscribant, loca, tempora & personas designando, atque eorum omnium, quae conscripserunt, originalia, in judicii scrinio & camera conservent, ut si fortè super [473] Processum Judicii fuerit fuborta contentio, per hoc possit veritas declarari. c. 11. Extr. de prob. Eberh. Speckhan. cent. 3. Class. 3. Quaest. 10. n. 6. VII. In Peinlichen Sachen aber / nach Anleitung Käyser Caroli V. Peinlichen Hals-Gerichts-Ordnung / art. 5. daß sie fleißig Aufmercken haben / Klage und Antwort / Anzeigung / Argwohn / Verdacht / oder Beweisung / auch die Urgicht des Gefangenen / und was gehandelt wird / getreulich aufschreiben / verwahren / und so es Noth thut / verlesen / auch darin keine Gefährde suchen und gebrauchen wollen. Gestalt denn ietzt Allerhöchst gedachter Käyser in den 182. 183. 184 185. 186. 187. 188. 189. und 190. Articuln noch weiter anführet / was einem vereideten Actuario bey den Peinlichen Gerichten zu observiren / und in acht zunehmen gebühret / welche von ihnen mit Fleiß gelesen / und wohl practiciret werden müssen. VIII. Insonderheit aber wird erfodert / daß der Actuarius eine Gottesfürchtige / darbey gelehrte / geschickte / fleißige / unverdrossene / gewissenhaffte / der gemeinen Käyserlichen / bevorab aber der in der Stadt oder Land / wo er sich aufhält / üblichen Rechten und Gewohnheiten wohlerfahrne und kündige Person sey / damit er die Civil und Criminal-Processe, auch andere Gerichts-Händel / so ihm vorkommen / vor sich selbst dirigiren, und nicht erst deßwegen bey andern / so zureden / Feuer holen dürffe / ut monet Imperator Justinian. in Novell. 82. Ruland. de commiss. lib. 1. c. 13. n. 4. Berlich. p. 1. concl. 8. n. 21. Richter, p. 1. Decis. 113. n. 40. Brunnemann. Proc. Inq. c. 1. n. 7. pag. 25. IX. Vornemlich in den kleinen Städten und Flecken / weil allda die Actuarii oder Stadt-Schreiber die Stellen der Syndicorum mit vertreten / und der Stadt-Räthe Augen und Hände gleichsam sind / dene̅ alles aufgebürdet wird / und es wohl recht von ihnen heisset: SINE ME NIHIL POTESTIS FACERE. Carpzov. dec. 201. n. 12. X. Dahin ziehlet auch die P. H. O. Caroli V. art. 1. vers.
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Daß alle Peinliche Gerichte mit Richtern / Urtheilern und Gericht-Schreibern versehen und besetzt werden sollen / von frommen / erbarn / verständigen und erfahrnen Personen / so tugendlichst und best dieselben / nach Gelegenheit ieden Orths zubekommen sind. Welches auch gleichfals in der Chur-Sächß. Proceß-Ordnung / tit. 2. §. 2. ausdrücklich also verordnet ist. Und in Resolut. Gravam. tit. Von Justitien-Wesen / §. 32. vers. In allen Aemptern und Städten sc. wiederhohlet worden. Vide etiam Decis. Sax. 39. concordat. Ordin. Wormat. de Anno 1521, tit. Ordnung der Cammer-Gerichts-Canzeley. Item Reform. Cam. Spirens. de Anno 1531. §. Weiter ordnen wir 43. Ordin. Cam. part. 1. tit. 26. §. Nachdem / vers. Eine erbare / fleißige / verständige / gelehrte / geschickte und geübte Person / sc. XI. Denn man hat zuweilen in der That befunden / daß etliche Gericht-Schreiber nicht allein Fratres ignorantiae, sondern auch solche Leuthe gewesen / die ihrer Boßheit und Affecten nachgegangen / und wenig Gewissen gehabt / wie Hippol. de Marsil. in Rubr. de Fidejuß. n. 39. klaget. Indem manche falsche Protocolla gemacht / und darein gesetzet / so und so wäre die Sache ergangen / die Zeugen hätten geschworen / und dieses und jenes ausgesagt / oder die Inquisiten hätten freywillig bekant / daß sie die und die That begangen / da es doch nicht wahr / sondern alles fälschlich von ihnen erdichtet gewesen. Cason. de Torment. c. 18. n. 3. & 4. Oldekop. tit. 4. Obs. Crim. 11. XII. Drum auch solchen vorzukommen heilsamlich verordnet worden / daß man sie mit schweren Eyden und Pflichten belegen solle. Felin. in cap. quoniam 11. Extr. de prob. n. 42. & seqq. Fulv. Pacian. de probat. lib. 1. c. 65. n. 72. & seqq. Und zwar zu denen Gerichten / in welchen sie gebraucht werden. P. H. O. art. 6. Ord. Jud, Elect. Sax. c. 2. ibi: denselben darzu absonderlich zu vereyden / sc. & in Resol. Gravam, decis. 38. §.
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Nachdem aber. Martini, in Comment. ad Ord. Proc. Jud. Sax. tit. 2. §. 2. n. 6. ibi??? alleg. Ord. & Praejud. Bevorab nach dem Sächsischen Landes-Brauch / in Gegenwart der Unterthanen / Chur-Sächß. Proceß-Ordn. tit. 5. circ. fin. vers. Wollen wir. Carpzov. p. 3. Decis. 201. n. 30. & 31. Damit dieselbe ein destobesser Vertrauen zu ihn haben / und seinen Schrifften völligen Glauben beymessen mögen. Johann. Philip. in comment. ad. Decis 38. Obs. 2. n. 12. Worauf auch die Schöppen-Stühle zu sprechen pflegen. Vid. Carpzov. in Proceß. tit. 2. art. 4. n. 69. & lib. 2. Resp. 14. n. 17. nec non p. 3. Decis. 201. n. 35. XIII. Doch wird in vielen Städten derselbe nur bey versammleten Rath / oder in Beysein Richter und Schöppen in Pflicht genommen. Berlich. p. 1. concl. 8. n. 56. XIV. Wiewohl in den Adelichen Gerichten auf den Dörffern / auch ausserhalb Sachsen / besser und nützlicher wäre / wen̅ solches gleichfals / aus ob-angezogenen Ursachen / in Gegenwarth der Unterthanen geschehe. Seb. Henr. Trescho, Disp. Inaug, de Jure Protocolli, c. 5. n. 30. & 31. XV. Der Actuarien Eyd / sonderlich bey den Peinlichen Gerichten / ist in der Hals-Gerichts-Ordnung Caroli V. art. 5. zu finden / also lautend: Ich N. N. schwere / daß ich soll und will in den Sachen / das Peinliche Gericht betreffend / fleißig Aufmerckens haben / Klag und Antwort / Anzeigung / Argwohn / Verdacht oder Beweisung / auch die Urgicht des Gefangenen / und was gehandelt wird / getreulich aufschreiben / verwahren / und so es Noth thut / verlesen / auch darinnen keine Gefährde suchen und gebrauchen; und sonderlich will ich Käyser Carls des Fünfften / und des Heil. Reichs Peinliche Gerichts-Ordnung / und alle Sachen dazu dienende / getreulich fördern / und / so viel mich berühret / halten / also helffe mir GOtt und die Heil. Evangelia. Plures formulas vide in Ord. Cam. p. 1. art. 59. rubr. Der Gericht-Schreiber und Leser Eyd. Ord. Moguntin. rub. Der Gericht-Schreiber Eyd. Ord. Jud. Comit. Spanheim, tit. 10.
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Item bey dem Herrn Spathen / im Andern Band des Teutschen Secretarii, p. 2088. & 2089. eines Stadt-Secretarii oder Stadt-Schreibers / Item eines Gericht-Schreibers / Bestallung. XVI. Und ob schon der Actuarius eine besondere Persohn von dem Richter und Schöppen ist / L. si quis 21. C. ad L. Corn. de Sicar. ubi Bald. n. 4. & in L. generali, L. 3. C. de Tabul. Berlich. p. 1. concl. 8. n. 18. so ist er doch eine Persona Publica, c. quoniam 1. vers. Statuimus X. de probat. Covarruv. Pract. concl. 19. n. 4. & 5. Martini, ad tit. 2. Ord. Proc. jud. Sax. §. 2. n. 2. Und sein Ambt und Verrichtung ist so nothwendig / daß mancher Process, in Mangelung seiner / vor null und nichtig erkant / und erkläret wird. Bevorab in Peinlichen Sachen / die ohne dem von grosser Wichtigkeit sind / und mit Bescheidenheit verrichtet werden müssen. Author. Prax. crim. Alteb pag. 39. Drum auch an einen geschickten Actuario und Gericht-Schreiber so viel gelegen / als an einen guten Richter. Carpzov. p. 3. Decis. 201. n. 15. Lange / d. Process. c. 8. n. 10. XVI. Insonderheit aber hat er sich bey den Peinlichen Fällen dergestalt zuverhalten / daß er alles / was vorgehet / wie / wen̅ / und durch wem die Peinliche Klage / oder Rüge / vorgebracht / die Zeugen citiret / vereydet / examiniret / und was sie ausgesaget: Item / wie und welcher gestalt der Inquisit zur Hafft gebracht / wo er hingesetzet / wie er bewachet / und die Verpflegung angeordnet worden; Ferner / was er gestanden / oder auch geleugnet: Item wie er sich bey dem Examine erwiesen? Ob er frech oder Bescheidentlich? furchtsam oder behertzt? einfältig oder listig? desgleichen wer bey der Verhör zugegen gewesen / ja was von Anfang biß zum Ende des Processus vorgehet / bey seinen Pflichten eigentlich und in guter Ordnung fleißig registrire / und mit eigener Hand aufzeichne. P. H. O. Caroli V. art. 181. 182. & 188. Ibi??? Dan. Clasen, Carpzov. in Proc. Jur. tit. 2. art. 4. §. 4. n. 48. & 49. & p. 3. Decis. 101. Brunnemann, in Proceß Civ. c. 1. n. 81. & Crim. c. 8. m. 4. n. 6. & membr. 2. n. 77.
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Bevorab bey den Torturen, und Ratificationen der Urgichte / wovon schon droben im andern Capitel ausführlicher Bericht geschehen. Summa / ein Actuarius bey Peinlichen Gerichten hat sich mit seinen Gedancken und der Feder also in acht zunehmen / daß er weder zu wenig / noch auch zu viel thue / nicht anders / denn wie geredet wird / er gehöret und gesehen / registrire / und weiter nichts darzu thue / noch davon lasse / sonst kan er mit einer einzigen Feder voll Dinten / ja offt einen einzigen Umstand / den Gefangenen üm sein Leben bringen / auch wenn er solchen ausläst / da er doch zubeobachten wäre / ihn der verdienten Straffe entziehen / welches einen solchen Actuario bey GOtt / der Welt / und seiner Herrschafft / schwere Straffe und Verantwortung bringet / und deswegen ein ieder sich wohl vorzusehen hat. Facta enim subditorum judicantur â nobis, nostra autem judicat Deus. c. fact. caus. 9. quaest. 3. XVIII. Ausser dem / soll er auch alle Registraturen und Verhören / mit seinen Tauff-Nahmen eigenhändig unterschreiben / damit man sehen und wissen könne / wer es geschrieben. d. const. crim. art. 182. & quidem hoc in testimonium veritatis, se scilicet omnia, quae in protocollo scripta sunt, & audivisse & conscripsisse. Vid. Cothmann. vol. 3. Resp. 30. n. 89. XIX. Und vor allen Dingen verschwiegen seyn / nichts ausschwatzen / sondern haben frontem apertam, lingvam parcam & mentem clausam, wie Oldekop, in seinem Politischen Unterricht / part. 3. th. 34. redet: Damit nicht die ausfallende Urthel vorher verrathen werde̅ / und dadurch etwan dem Richter einige Gefahr / oder andere Ungelegenheit zuwachse. Arg. L. 19. §. 1. ff. de Offic. Praesid. Jacob. Otto, in Corp. Jur. Crim. p. 211. Oder auch der Gefangenen Freunde und Advocaten nicht vor der Zeit erfahren / wie weit es in der Sache kommen / was die Zeugen ausgesaget / oder sonst weiter mit dem Reo vorgenommen werden solle. Dan. Clasen, in Exeg. ad artic. 189. const. crim. pag. 781.
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XX. Maßen er denn strack / nach geendigter Verhör / wenn Richter und Schöppen abgetreten / die Acta und Protocolla, auch die Originalia wohl einzuschliessen / und zuverwahren hat / auf daß nicht ein anderer / dem es nicht gebühret / drüber komme / drin̅en stöhre / ein- und das andere / so ihm nicht anständig / verfälsche / radire oder gar heraus schneide / und von den Acten heimlich weg practicire. Richter, part. 3. Decis. 113. n. 40. Joh. Philippi, in Obs. ad Decis. Elect. Nov. 38. Obs. 2. n. 19. Martini, in Processu, pag. 103. XXI. Ob aber derselbe nothwendig ein creirter Notarius Publicus seyn müsse / und sonsten nicht zuzulassen / ist die Frage? Etliche sagen Ja / und zwar darum / weil die Acta und Protocolla, so der Actuarius führet und hält / vollkom̅enen Glauben haben. Matth. Wesenbec. in Paratit. ff. de probat. n. 4. So müste auch solche Function keinen andern / als der würcklich ein creirter Notarius wäre / aufgetragen werden: zumahl da die Praesumtion vor einem Notario sey / daß er anders nichts / als was wahr / und geschehen sey / geredet und geschrieben habe. Anton. Faber, in Cod. lib. 6. tit. 5. defin. 10. n. 7. Carpzov. in Proceß. Jur. tit. 2. art. 4. n. 57. & part. 3. Decis. 201. n. 24. Und weil auch bey den Gerichten offt vorfiehle / daß Testamenta, Vergleiche / und andere Instrumenta aufgerichtet / und verfertiget werden müsten / worzu doch nothwendig ein Notarius erfordert würde; Alß wäre es üm so viel besser / wenn der Actuarius das Notariat hätte / damit nicht ein- oder der andere solche Instrumenta anfechten könte / L. orphanotrophos 32. C de Episcop. & Cleric. Speculator, p. 2. lib. 2. tit. de Instrument. Edit. §. nunc dicendum 7. in pr. Andr. Gail. lib. 2. obs. 71. in mehrer Anmerckung / daß die andern Actuarii nicht vorher examiniret würden / wie die Notarii, und man also nicht gewiß seyn könte / ob sie zu dem Ambt düchtig oder nicht. Zasius, lib. 2. cons. 5. n. 97. Drum auch Carpzovius, d. art. 4. n. 60. ausdrücklich setzet / es könte kein Gerichtlicher Actus bestehen / wenn nicht der Actuarius ein Notarius sey.
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XXII. Alleine weil in der Chur-Sächß. Proceß-Ordnung nicht ausdrücklich zubefinde̅ / daß er ein creirter Notarius seyn solle / sondern sie nur bloßhin des Worts Notarien gedencket / welches nicht allezeit von einen creirten, Käyserl. Notario zu verstehen und aus zulegen / sondern / den gemeinen Rechten nach / von einen / der in den Gerichten nachschreibet / genommen wird / juxta Paul. in L. Lucius Titius, ff. de milit. Testam. Pratejusin, Lex c. voc. Notarii. auch grosse Confusion und Zerrüttung machen würde / wenn die Acta und Registraturen, so von den Actuariis, die keine creirte Notarien, von langer Zeit biß hieher gehalten und geführet / mit grossen Schaden der Herrschafft und der Unterthanen / solten vor ungültig / null und nichtig gehalten werden; So hat Churfürst JOHANN. GEORG. II. zu Sachsen / glorwürdigsten Andenckens / dieses Dubium in der 38. Decision dergestalt abgethan / daß nemlich in Bürgerlichen Sachen nicht praecisè erfordert werde / daß der Actuarius ein creirter Notarius sey / wenn er sonst legalis ist / sondern nur allein in Peinlichen Fällen / oder es solte ein ander Notarius ihm adjungiret / und dieser auch zu den Acten vereydet werden. In Criminalibus enim majori cautela, circumspectione & fagacitate opus est, quàm in civilibus. Joh. Philipp. in comment. ad d. Decis. Elect. 38 n. 51. add. Resolut. Gravam. Noviss. tit. von Justitien-Sachen §. 32. XXIII. Ausserhalb den Churfürstenthum Sachsen / und denen darzugehörigen Landen aber wird dieses / auch bey den Peinlichen Gerichten / nicht so strictè observiret, sondern es kan ein ehrlicher Mann / wenn er sonst nur legalis ist / das seine studiret und erfahren hat / so wohl die Stelle eines Actuarii bedienen / als ein Notarius. D. Christoph. Langelin Isagog. ad Process. Jur. civ. & c. 8. n. 28. XXIV. Denn es gibt deren ohne dem heute zu Tage viele / [rechtschaffene tüchtige werden hiemit nicht gemeinet / vielweniger ihnen zum Schimpf es hie angeführet] die des Macherlohns nichts werth sind. Georg. Christoph Walther, de Stat. Jurib. & Priv. Doctor. c. 23. §. 171. pag. 49. Nachdem [schreibe Herr Spathe / in dem Anhang seiner Secretariat-Kunst / im Fünfften und Letzten Angeben / pag. 406.] ihre Schöpffer / die [480] Käyserlichen Hof-Pfaltz-Grafen so gemein worden / daß auch oft geringe Schreiber / wie leider! die Erfahrung bezeuget / [Comitivam istam obtinuit Johannes Baurschmid / Pastor, in Seukendorf / & Neudörffer Arithmethicus. Besold. in Thes. Pract. v. Pfaltz-Grafen] sich solcher Würde rühmen können / gibt man (gegen einen schlechten recompens, als etwan 2. 3. biß 4. Thal. oft dem eine Feder und Dintenfas in die Hand / welchen ein Dreschflegel oder Karst und schmier-Eimer an Wagenbesser anstünde. Der vornehmste Rechtsgelehrte Covarruvia sagt zwar / daß weil der Notarien Lohn ihnen nicht so wohl um der Hand / als Sinnen-Arbeit und offener Ambts-Würde willen / gereichet werde / sie dahero vor Unedel nicht zuhalten / aber dieser hohe Gemüthts-Adel ist heut zu Tage gar wenigen bekant / und findet man ietzo gar selten diejenige Beschaffenheit bey den Notarien, die an ihnen erfodert wird / zugeschweigen / wie offt um eines geringen Pfennigs willen / das Gewissen an den Nagel gehengt / oder von den ungelehrten Knotharten (Notarien wolte ich sagen /) Sachen geschrieben / und aus den vorhandenen Notariat-Büchern ausgeschrieben werden / die sie selbst nicht verstehen / vielweniger urtheilen und verthädigen können. sc. tactenus der Herr Spathe. Aber solchen Hof-Pfaltz-Grafen / welche diese Würde nur zu ihren eigen Nutz und Krämerey schändlich mißbrauchen / eigene Mäckler halten / die ihnen solche untüchtige Hümpler und Stümpler zuführen / ja denenselben wohl gar gedruckte Diplomata zuschicken / und Raum zum Nahmen / Jahr und Tag drinn lassen / um solche noch hienein zusetzen / mit auftragender Commission / daß / wenn einer sich anmeldete / so und so viele gebe / man ihm solch vollzogen Diploma aushändigen / und ihn als einen Noth-Narren / [wie Bornit. lib. 2. c. 15. de Instrument. und Daniel Clasen, de jure Legitimationis, concl. 4. pag. 27. sie nennen-] damit hin springen lassen solle / wenn sie der Comes Palatinus schon mit Augen nicht gesehen / vielweniger examiniret, solte man das Comitiv abnehmen / und noch darzu härtiglich bestraffe̅n. Nam Comes Palatinus potestatem sibi per Privilegium concessa alteri delegare nequit. Bald. in rubr. extr. de offic. deleg. & in L. gesta ad pr. C. de re Judic. Sixtin. [481] de Regal. part. 1. c. 4. n. 110. Matth. Stephani. lib. 1. de Jurisd. cap. 18. n. 84. Christian Gastel, de statu Europae, pag. 745. n. 11. Et de Comitibushisce, qui in conferendis titulis nimiùm propensi ac liberales sunt, lubet ad addere, quae habet D. Lansius, in Discurs. de Academiis, fol. 92. dum ita scribit: Deus bone, quae hodie passim illorum Doctorificum, Notarificum, Poetificum Comitum Palatinorum in literas & literarios honores grassatur potestas? Quae in dignitatibus deturpandis regnat indignit as? Penè eò res redit, ut Comites ad morem circulatorum, qui vicatim Pharmaca venditant, pro quavis pecuniola laureas vendant: & ita verboso ac Theosophiae pauperi è turba concionatori Theologiae, Rabulae latratori & dupondio è foro Jure-Consulti, unguentario aut Mulo-Medico è circulis Medici Doctorales titulos, pannoso autem Versifici, pro offa, & quovis crudo & incomposito versis, Qui thuris piperis??? sit cucullus, Poët ae nomen & insignia cum omnibus Privilegiis, quae excellentissimis tantùm debentur, ex plenissima potestate conferant. Overè plenissimam potestatem! Quae potestas utina̅ non titulos modò, seà & vitulos facere posset, ne tantâ annonae caritate in macello fatigaremur: quandoquidem rarius nunc ??? Polonia & Hungaria boves adducuntur. Huc usque Lansius. Et Valentin Winther, in Parthen. litigioso, lib. 2. c. 7. n. 41. pag. 491. dicit: Remedium necessariò adhibendum, ne Comites Palatini suis abut antur Comitivis, & omnes admittant ad publicum Tabellionatum, etiam, qui nesciant principia linguae Latinae, ut inquit Joh. Petr. Ala, tr. de Advocat. & caus. Christ. p. 2. Exerc. 4. in fine. Sed paucos legales, idoneos, habiles, qui in gravioribus adhiberi, & omnia benè notare debent, utpote Tortura & aliis Actibus litigiosis. Gomez, tom. 3. var. Resol. c. 13. n. 6. Menoch, lib. 2. A. I. Q. Cas. 340. n. 10. Farinac. de Indic. & tortur. lib. 1. tit. 5. q 37. n. 140. Uti vidi Privilegium originale, Illustrissimo cuidam Germaniae Principi datum, à Carolo IV [cujus autoritate etiam Bartolus JCtus Comes Palatinus creatus est, Anno 1358. Farr. mont. lib. 5. de Feud. c. 7. v. regalia.] triginta duntaxat Notarios & Judices ordinarios creandi. Hodie vel trecentos facerent Agyriae quidam, inutilia Judiciorum pondera, litium suscitabula, ita ut nullus ferè pagus non Notarium, seu potius NOTARUM TRIUM HOMINEM alat. Absit injuria dictis. Hactenus ille:
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Add. Crusius, de Indic. delict. lib. 2. c. 34. n. 45. Vide quoque Zeiler, Epict. 300. pag. 335. allwo er den Fiscal und Cammer-Procurator perstringiret, daß sie auf diese strafbare Dinge nicht achtgeben / und zugleich die Authores, welche die Actuarii uud Notarien fleißig lesen sollen / anführet. XXV. Weiter fält die Frage vor / ob nicht der Beambte / Richter / Bürgemeister / oder wer sonst dem Judicio vorgesetzet / zugleich das Ambt des Actuarii mit übernehmen / und verrichten könne / daß man also eines absonderlichen Gericht-Schreibers nicht bedürffe? Matth. Berlich, Part. I. concl. 8. n. 48. und 49. und die allda häuffig allegirte DD. negiren solches. Weil dieselbe zugleich / und auf eine Zeit zweyerley Dienste nicht verbringen / vielweniger 2. Personen repraesentiren könten. L. ult. C. de Assessor. L. penult. ff de Offic. Assessor. L. Libertas §. praescriptio ff. ad Muncipal. Octav. Caecheran. cons. 64. n. 5. Et acta scribi debent de mandato judicis: Nemo autem sibi ipsi potest committere, cum committentis & commissi separata esse debeat Persona. arg. L. ult. X. de. Instit. Quod ampliatur, etiamsi Consul vel Judex sit etiam Notarius publicus Bart. in L. servus communis ff. de Stipul. Serv. n. 2. vers. quaero pone quod aliquis, & seq. Felin. in c. quoniam 11. X. de Prob. n. 54. Guid. Pap. Decis. 546. incipit utrum judex n. 1. vers. contrarium tenet. Nam Judicis non est, Acta facere, sed Acta observare, & secundum ea judicare, L. illicitas 6. §. I. & ibi DD. de Offic. Praesid. Mevius, part. 1. Decis. 120. n. 2. Richter, ad tit. 20. lib. 2. X. de testib. c. 28. n. 41. Etquae ad officium Actuarii spectant, per judices expediri non possunt. Pacian de Probat. 64. Guazzin. ad Defens. reor. def. 20. c. 14. n. 3. ubi dicit, quod Acta per Judicem scripta sint nulla. Es wird auch allein dem Protocoll eines geschwornen Actuarii oder Nota [483] rii vollkommener Glauben gegeben / zumahl wenn es bey den Gerichte gehalten worden. Rosbach, in Prax. civil. c. 8. n. 4. vid. Seb. Henric. Treschoens Disp. inaug. de Jure Protocolli, c. 4. & 6. per tot. Ja solchem Protocoll mehr geglaubet / als des Richters blossen Vorgeben / daß die Sache anders ergangen sey. Supra cit. Lange, in Isagoge ad Proc. Jur. c, 8. n. 7. Ruland, de Commiss. part. 2. lib. 5. c. 6. n. 2. Es könte denn das Gegentheil erwiesen werden / quae probatio tamen clara, liqida & exacta esse debet, und hat das Juramentum keine Stat. Berlich, part. 1. conel. 8. n. 25. 26. & 27. Uber dieses kan auch keiner zugleich Judex und Actuarius seyn / in Actibus contentiosae jurisdictionis, Lange, dict. Process, c. 8. n. 22. Wohl aber in Actibus voluntariae Jurisdictionis, wie auch in causis modici praejudicii & brevioribus. Georg. de Cabedo, p. 1. Decis. 6. Guid. Pap. decis. 664. Und wenn es des Orths also Herkommens und üblich ist. Georg. Schulz, part. 1. Process. jud. c. 8. n. 7. Carpzov. in Proc. jur. tit. 2. art. 4. §. 4. n. 51. Ober ein grosser Herr / der keinen Höhern erkennet / oder doch zum wenigsten die Landes Fürstl. Obrigkeit hat / solches also expressè beföhle und verordnete. Lange, citat. c. 8. n. 23. Hi enim tantum possuntin suis Territoriis, quantum Imperator in Imperio. Zas. 1. cons. 29. lib. 2. Knich. de Jure Territ: c. 1. n. 361. Ipsum Imperatorem in suo Territorio repraesentant, Gylmann. 1. Symphor. part. 1. tom 3. vot. 7. Vicem Imperatoris obtinent, eique aequiparantur. Schrader, cons. 3. n. 386. Jedoch wird es mit denen von Adel nicht so genau genommen / als die nicht allezeit auf dem Lande einen Actuarium oder Nota rium bey sich haben können / wenn sie ingeringen Bürgerlichen Sachen durch ihre Schreiber [484] ein und das andere protocolliren lassen / wenn sie nur solches eigenhändig unterschreiben. Baldus, in L. jubemus 14. §. sane c. de Sacro-Sanct. Eccles. n. 10. sub fin. Felin. in c. quoniam 11. X. de probat. n. 1. & 54. Berlich. part. 1. concl. 8. n. 58. Lange, d. c. 8. n. 21. ibi??? Praejudicium Lips. Ja es werden auch mannigmahl die Küster und Schuelmeister auf den Dörffern zu Gericht-Schreibern gebraucht / wie bey dem Carpzov, lib. 1. Jurisprud. Consistor. tit. 6. Defin. 88. per tot. zu sehen. Wenn auch der Actuarius aus Unverstand etwas thut / so den Partheyen schädlich / ist er solchen Schaden zu entgelten schuldig. Schneidewin, in pr. Instit de Oblig. quae ex qs. delict. oriuntur. n. 5. & 10. Emeric. à Rosbach, in Process. tit. 8. n. 9. Berlich. part. 1. concl. 8. n. 37. Item / wenn er mehr oder weniger schreibet / als die Partheyen geredet. Bart. in L. ult. C. de Magist. conven. Rosbach. d. tit. 8. n. 10. oder schreibet / was er nicht hätte schreiben sollen. arg. L, si mensor. 5. §. hoc judiciumff. si mensor fals. in od. dixer. Berlich, d. l. n, 39. oder was verhelet / oder ausgelassen. L. cum. 14. c, ad Leg. Corn. de fals. Mynsing. in c. quoniam X. de Probat. n. 118. Und ob wohl von rechtswegen der Actuarius nicht irren solte / Const. crim. Caroli V. art. 203. ibi??? Matth. Stephani. So kan er doch / wenn wasversehen wird / zuwellen solchen Irthum im Protocoll und der registratur wohl ändern. vid. Berlich. d. concl. 8. n. 41. ibi??? alleg. DD. Zumahl / wenn es in continenti geschiehet / c. Praeterea 7. X. de testib. cog. Welches biß auf drey Tage von den DD. extendiret wird. per L. fin. C. de Error. Advoc. Wiewohl es auch noch etwas länger hernach geschehen kan / wenn der Irrthum beweißlich beygebrach werden mag: Doch ist es besser / wenn es so bald geändert wird / ita, ut phrasis in continenti, strictè capiatur. Confer. Felin. ad d. c. praetera n. 10. & 11. Trescho, de Jure Protocolli c. 5. n. & 8,
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Si enim semel in protocollum relata confessio rei, vix aliter admittitur revocatio, nisi errore probato. Unde Henr. Zaes. Comm. ff. tit. de Confess. n. 8i dicit, quodC onfessio revocari possit, antequam redigatur in scriptis, poftea vero porbandum esse errorem. Hinc cauti solent esse Advocati, ut mox urgeant, quò Protocollo inseratur confessio: Ich acceptire dieses / als ein Judiciale Confessum, und bitte solches zu protocolliren. XXVI. Recentioris aevi vocabulum Protocollum est, nec apud Romanos quondam frequentatum. Inde nec in Pandectis hujus vocabuli mentio fit. Imò nec in Codice haec vox reperitur. An apud Graecos Authores in usu fuerit, perinde dubito: Graecum tamen illud esse, compositio, seu ad minimum prima compositionis particula satis innuit. Hinc & in Graeco Novellarum textu haec vox occurrit, quod inter alia docet inscriptio Novellae 44. [Greek words], quae vox [Greek words] quater reperitur in d. Nov. 44. t. fin. Compositum verò hoc vocabulum, juxta communiorem opinionem, ex voce [Greek words], quod primum significat, & [Greek words], quod gluten sive glutinum denotat. Didas. Covarruv. Pract. Quaest. cap. 19 n. 2. Unde [Greek words] glutino significat; [Greek words] glutinis expers, [Greek words] auro agglutinatus; ut inde [Greek words] sit prima concinnatio seu conglutinatio scripturae, quae postea meliorem elaborationem vel extensionem desiderat; id enim, quod antiquitus in glutine vel cera, quae per tabulas extensa erat, scribebatur, Protocollum fuit appellatum. Jac. Blum. Process. Cam tit. 63. n. 3. Germanis der Entwurf; vel das Projeckt / oder das Concept Guido Pancirol. in Thesaur. var. Lect. lib. 1. cap. 26 in fin. Protocollum dictum putat, quasi primum chartae collum. Character enim extremitati superiori chartae impressus erat, qui designabat, legitimam hanc chartam esse, cui Instrumenta inscriberentur. Als wie heut zu Tage das gestempe???te Pappier. Trescho, de jure Protocolli c. 1. n. 12. & 13. XXVII. PROTOCOLLUM ex usu moderno nihil aliud, quàm Codex Notarii, Secretarii vel Actuarii tàm Judicialis, quàm extrajudicialis, in quem referuntur causae & negotia, de quibus Instrumentum [486] aliquod confecerit, vel quo ordine in judicio quicquam actum vel productum sit, quam significationem Veteribus planè incognitam fuisse dicit Rittershus. ad Novell. part. 9. c. 24. n. 4. Germanicè ein Gerichts-Buch / Gerichts-Protocoll. XXVIII. Das Protocoll eines Notarii muß haben folgende Requisita, 1. Ut sit requisitus, 2. Ut ipse Notarius conscribat protocollum, 3. Ut hoc subscribat & 4. Relegat, 5. Ut in eo scribantur substantialia Instrumenti, 6. Ut Notarius insolitis abbreviaturis & Zyphris abstineat. Von welchen ausführlich saepè citatus Trescho, de Jure Protocolli, cap. 2. per tot. handelt / und gelesen werden kan. XXIX. Wenn er aber kein Protocoll aus Fahrläßigkeit gehalten hätte / wird er arbitrariè gestrafft. Bald. ad rub. Cod. de fide Instrum. Menoch. A. J. Q. lib. 2. cas. 370. n. 1. Mascard. de Prob. concl. 1094. n. 31. Farinac. quaest. 154. n. 35. Und muß den Partheyen alle Schäden und Unkosten ersetzen und gutthun. Pr. L. ult. C. de Magistr. conveniend. cit. Farinac. quaest. 156. n. 97. XXX. Wenn er es aber dolosè und arglistiger Weise gethan / hat er poenam falsi verdienet. Menoch. de A. J. Q. lib. 2. cas. 370. n. 5. Mascard. concl. 1099. n. 33. Ja Card. Tusch. Pract. concl. lit. I. concl. 247. n. 7. Covarruv. Pract. quaest. cap. 19. n. 3. vers. quinto. Lanfranc. in Prax. cap. 9. n. 15. in fin. wollen gar / daß man den Notarium deßhalben angreiffen lassen könne. Quod tamen non simpliciter aut indistinctè admittendum. XXXI. Soll demnach ein Notarius sich höchstens angelegen seyn lassen [1] daß er ein richtig Protocoll halte und führe / [2] solches verwahre und in acht nehme / u. [3.] daß es so eingerichtet sey / daß auch nach seinem Tod die Partheyen ihren recurs dahin nehmen / Nachricht draus haben / und finden mögen [487] Juxta Ordin. Notarior. Maximiliani Imperatoris, Coloniae Anno 1512. conditam §. fürter so befehlen wir / daß ein jeder Notarius in alle Wege geflissen seyn sol / zu haben / und mit höchsten Fleiß zuverwahren / auch nach ihm zuverlasse ein Protocoll, darin alle und jede Handlung / von ihm ergangen / dazu er gebethen wird / von ihm selbst beschrieben. XXXII. Wenn aber ein Notarius vorgäbe / er hätte sein Protocoll verlohren / wird ihm nicht geglaubet / er könte denn solches erweisen. Farinac. Quaest. 154. n. 40. Conservatio enim Protocolli pertinet ad officium Notarii, hinc idem amisisse non praesumitur, nisi probaverit. Ja / wenn er auch schon schweren wolte / wird ihm nicht geglaubet. Cephal. lib. 2. cons. 170. n. 6. & alii allegati à Farinaceo, d. Quaest. 154. n. 40. Sondern man kan ihn mit der Tortur angreiffen / wie Covarruv. Pract. Quaest. Tom. 2. cap. 3. in fin. will; allein wenn der Notarius ein ehrlicher / gewissenhaffter Mann / und von guter renommèe, auch kein gnugsamer Verdacht verhanden ist / daß er das Protocoll arglistiger Weiser vorenthalte / hat der Reinigungs Eyd stat / per ea, quae tradit Carpzov. Proc. tit. 14. art. 4. n. 66. Nam & in aliorum Instrumentorum editione hoc juramentum obtinet. per l. ult. §. sed si quis juret C. de fide Instrum. Nec ad torturam, nisi in gravissimis causis, deveniri solet. XXXIII. Ferner kan der Judex nichts mit Bestand dem Protocoll des Gerichts-Actuarii oder Notarii vor sich einverleiben / oder hinbey schreiben. Berlich. concl. 8. n. 48. ibi??? alleg. DD. Nam judex hoc modo egreditur sui officii limites, & hinc fidem non meretur, etiamsi esset Notarius publicus. Trescho, de jure. Protocolli, c. 5. n. 49. Es sey dan an einem Orth es also eingeführet / wie droben gemeldet. XXXIV. Also / was extraordinariè bey den Gerichten forfält / soll der Actuarius eher nicht registriren, es befühle es ihm dann der Richter. Actuarius enim totus dependet à Judice.
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Brunnemann ad Wesenb. tit. de fide Instrument. Quaest. 14. Eine andere Beschaffenheit aber hat es mit dem / was ordinariè vorgehet / denn da darf er auf keinen Befehl warten / sondern muß ungeheissen sein Ambt verrichten. Berlich. dict. concl. 8. n. 23. XXXV. Ein Formular eines Protocolls vide in Treschoens / Disp. inaug. de jure Protocolli c. 5. n. 62. de jure Protocolli pag. 77. Item in Peinlichen Sachen / Prax. Alteb. pag. 73. 74. 75. 89. 90. 101. & seqq. XXXVI. Sonsten aber hat der Actuarius die Relationes der Gerichts-Diener und Bothen / welche die Citationes weggetragen und insinuiret, oder sonst in andern Verrichtungen verschickt gewesen / guter Nachricht halber / fleißig und umständig zu registriren. Carpz. in Process. jur. pag. 76. in fin. Si enim de insinuatione & relatione nuncii non constet, & citatus emaneat, non potest contra eum procedi in contumaciam. Richter, Decis, 113. n. 47. Item den terminum, zu disputirung der Zeugnisse / Resol. gravam. nov. Joh. Georgii II. Elect. Sax. tit. von Justizien Sachen §. do sich auch. Carpz. part. 1. const. 18. def. 12. Nicolai, in Process. c. 63. n. 20. Wie auch den diem interpositae Appellationis, Mindan. de Process. lib. 1. c. 7. n. 1. Mevius part. 1. Decis. 57. Carpzov. lib. 3. Resp. 114. n. 18. eigentlich zu notiren, damit es deßhalber keinen Streit und Irrthum gebe. XXXVII. Ferner hat er sich vorzusehen / daß er in den Citationen nicht den Terminum auf einen Feyertag / da keine Gerichte gehalten werden / setze. Martini, in Comment. Forens. tit. 4. §. 2. pag. 152. ibi??? allegati. Soll auch keinen / ohne Vorwissen des Judicis, citiren, Quirin Schacher / in Colleg. Pract. pag. 637. Sondern denselben alles gebührend vortragen / und drauf Resolution erwarten. Berlich. concl. 8. n. 22. Dither, in addit. Besold, voc. Gericht-Schreiber.
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XXXVIII. Actuarius Judicii, qui dolosè Instrumentum ex Archivo judiciali, in fraudem alterius surripit, crimen falsi committit. Bechmann. Tom. 2. Exercit. exot. part. 2. p. 246. n. 76. XXXIX. Wenn eine Parthey aus wichtigen Ursachen den Actuarium vor verdächtig hält / wird derselbe entweder gar von der Sache gelassen / oder ihm ein Notarius ad ungiret. L. apertissimi 9. C. de judic. Joh. de Plat. in L. nulli C. de num. & Actuar. lib. 10. Lange, d. c. 8. n. 13. Suspicio autem contra Actuarium solo probatur juramento. Alex. Cons. 104. lib. 5. n. 3. Steph. Gratian. Discept. Forens. 99 n. 53. Boer. Deces. 258. n. 7. XL. Bey den Commissionen ist gleichfals nöthig / daß ein Actuarius zugegen sey. Vide Carpzov. Processum juris, tit. 2. art. 4. §. 5. n. 60. & seqq. usg??? 65. XLI. Subsistit Testamentum extra locum judicii coram judice & Scabinis factum, licet nullus adfuerit Actuarius vel Notarius, aut si etiam custodiae causâ in locum securiorem fuerit translatum. Carpz. part. 2. Dec. 148. per tot. Coram Actuario & duobus Scabinis confectum valet quoque. Si vero Actuario simul exercitium ipsum jurisdictionis [quod à Dynastis ac nobilibus com̅uniter fieri videmus] speciali mandato commissum sit, quo casu ipsius Judicis personam repraesentat, tunc unicus Scabinus sufficit. Joh. Philip. Us. Pract. Inst. lib. 2. tit. X. Ecclog. 48. n. 12. & seqq. usg??? adfinem; ibig??? praejudicia. XLII. Er kan auch den Partheyen so lange die Acta vorenthalten / biß ihme zuvor seine Schreibgebühren abgetragen und bezahlet sind. Coler, de Process. execut. p. l. c. 2. n. 246. Carpzov. part. 2. const. 25. def. 23. Pauperi verò ea sub cautione juratoria subministrare tenetur. Vide Christoph. Lange, in Isagoge ad Process. Jur. civ. & Saxon. c. 38. n. 21. & 22. XLIII. Wegen seines Salarii aber hat er bey dem Concursu Creditorum kein weiter Vorzugs-Recht / als nur / wenn er in des debitoris Kost gewesen.
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Idem Carpz. part. 1. Const. 28. def. 29. Bechmann, tom. 2. Exercit. exoter. 1. part. 2. n. 98. pag. 22. XLIV. De Notario mentiente Vid. Balth. Conrad Zahnen / de Mendaciis, lib. 2. cap. 64. per tot.

CAPUT V.
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Von den Berichts-Dienern / item Stock- und Kercker-Meistern / Ambts-Frohnbothen / Stadt- und Land-Knechten / Häschern und Diebes-Fängern. I. 1. DIese haben so wohl in den beschriebenen Rechten / als auch bey den Auslegern derselben unterschiedliche Nahmen: Den̅ da werden sie genennet / 1. Administri, ut liquet ex lib. 12. C. tit. 53. 54. 55. 56. 57. 58. 59. & 60. 2. Cohortales, §. ex provincialibus autem de defens. civit. in auth. const. 25. Petr. Greg. Tholosan. in Syntagm. Jur. Univ. lib. 47. c. 40. n. 3. 3. Exsecutores, L. ait Praetor. §. si. exsecutor ff. de negot. gest. ab exsequendo dicti. 4. Caesariani & Catholici, L. pen. §. fin. C. de bon. proscript. quod illi essent in causa Caesaris Prafecto Orientis per totum orientem administri, id enim Catholicum, universale & generale significat. 5. Apparitores, L. apparitores C. de Episc. & tot. tit. C. de Apparitor. 6. Viatores, §. triplici, Instit. de Action. L. fin. ff. de judic. L. magis puto §. illud quaeri potest ff. de reb. eor. qui sub Tut. Ardensg??? ita irâ Tribunus viatorem mittit ad Consulem, Consul lictorem. Liv. lib. 2. Viator dicebatur antiquitus Senatus minister, per quem ex agris vel oppidis vocabantur in curiam vel judicium, siquidem proceres plerumg??? extra Urbem Romam in agris morabantur, [491] cum in Consilium Publicum desiderabantur, à villis avocabantur in Senatum, ex quo qui munus illud obibant, Viatores, â via, dicti sunt. Columella, lib. 1. de de rustica. 7. Nuncii, L. omnes 33. §. executoribus C. de Episcop. & cler. L. 1. §. nunciatio de nov. oper. nunt. C. cum parati de Appellat. hinc Sacer nuncius, der Fronbot. 8. Accensi, à ciendo, quod cierent, vel vocarent, quos juberet Consul. Petr. Greg. Tholos. d. c. n. 15. 9. Pedelli, oder Gerichts-Pedellen / D. Christoph. Lange / in Isagog. ad Proceß. Jur. Civ. & Saxon. c. 9. n. 4. Originem vocis vide apud Besold. in Thes. Pract. h. v. & Rud. Godofr. Knichen, op. polit. Volum. 1. lib. 2. part. 7. Sect. 2. c. 2. th. 20. Hieher gehören auch die Canzelley-Gerichts- und Ambts-Bothen. Lange / d. l. n. 5. Welchen / weil sie in Eydes-Pflichten stehen / völliger Glauben in ihren Verrichtungen gegeben / und ihre Relationes, wie sie dieses und jenes / auf Befehl des Judicis, verrichtet / zu den Acten registriret werden soll. Carpzov. in Proceß. Jur. lib. 2. art. 4. n. 78. Dither, in contin. Besold. v. Hoff-Gerichts-Both / p. 293. II. Diejenige aber / so die Delinquenten gefangen nahmen / beysteckten / und in Verwahrung hatten / hieß man Lictores, à ligando, teste Gellio, als die nicht allein Macht hatten / einen / so sich streüben und wiedersetzen wolte / zubinden / sondern auch gar ins Gefängnis zuführen / wie solches in Oratione Cicerenis, pro Rabirio, zusehen / da er unter andern auch diese Worte setzet; I Lictor, colliga manus! gehe hin Stadt-Knecht / und binde ihm die Hände zusamme! Brutios, zum Schimpf der Brutier, Völcker Jtaliae, welche in etlichen Schlachten von den Römern darnieder geleget / und so gering auch verächtlich gehalten wurden / daß man sie weder unter die Bundes-Genossen / noch auch unter die Soldatesca annehmen wolte / sondern sie musten denen Römischen Bürgemeistern und Raths-Herren / wenn sie in die Provincien derreiseten / als Knechte aufwarten. Strabo, lib. 6. Idem & adversus Picentes & Lucanios observatum, qui viatorum & tabellariorum loco habiti sunt. Petr. Greg. Tholosan. lib. 47. Syntagmat. Jur. Univ. c. 40. n. 16.
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Carcerarios, Damhoud. prax. crim. c. 17. Stratores, quia stratum ac victum captivis curabant, L. 1. C. de custod. reor. ubi v. Cujac. stratores. lib. 10. Mich. Freudius, in Gewissens-Fragen von Hexerey / quaest. 303. n. 25. Claustrarios, Idem Damhouder, d. l. n. 9. Cipparios, Idem. n. 9. & 12. Praefectos sive Praepositos & Custodes Carceris. L. Carceri 8. ff. de custod. & exhib. reor. Optiones, Per L. Divus Adrianus, ff. de bon. damnat. Quasi optatos & allectos ad custodiam captivorum agendam. Budaeus, in L. quibusdam fin. ff. de jur. immunit. Vid. Cujac. in paratit. ad tit. de Custod. & exhib. reorum, circa finem. Item Obs, 33. & omninò D. Adrian Beiern, de bonis damnator §. 36. Allwo er zugleich anführet / daß vor Alters bey den Römern in Krieg Optio eben derjenige gewesen / welchen man / nach Arth unser ietzigen Miliz, einen Corporal nennet. Quale nomen carcerum custodibus ab Augustino & Ambrosio quoque tribuitur, quorum postremus ita scribit: Neg??? Paulus, neg??? Silas tempus distulerunt, quin Optionem carceris baptizarent. Prudentius carceris Mancipes, alii Carcerarios aut Ergastularios sive Ergastula nominant. Vid. Cujac. in comment, ad tit. 16. C. de pistorib. Gloß. in L. 10. C. de Episc. aud. eos Capitaneos appellat. In L. autem 4. C. de custod. reor. Principes carceris vocantur. Bartolus, in quaest. 6. n. 7. & 14. illos Carceratarum personarum Depositarios nominat. III. Sonst werden sie auch Commentarienses gennennet.
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In L. Divus Adrianus, ff. de bon damnat. L. judices Dominicis C. de Episcop. audient. L. 4. de custod. reor. Plinius, lib. 5. c. 38. Beyer, d. tr. §. 38. Und hält zwar Accursius davor / es komme dieses Wort à comitando, von Begleiten her / comitantur enim eum, quem custodiunt; oder daß man den Orth Commentarium genennet / darinnen die Gefangene enthalten würden; allein Barnabae Brissonii Meinung in tr. de verb. signif. in voce Commentariensis, wie auch Budaei, in annot Pandect. ad tit. ex quib. caus. Major. ist besser / welcher auch viele andere Rechts-Lehrer beystimmen. Vid Pandulph. Pratej. in Thesaur. Jur Civ. & Canon. fol. 120. Daß nemlich Commentariensis daher benennet worden / weil er / als ein Vorsteher der Gefängmüsse / alle und iede Nahmen / auch Alter der Gefangenen: Item was sie verbrochen / und in welchen Zustand sie sich befunden / ordentlich aufschreiben / und solch Verzeichnis alle Monat denen Trium-Viris Capitalibus, oder dreyen Blut-Richtern zu Rom einhändigen muste / bey Vermeidung gewisser Straffe / wie ex L. de his 5. C. de Custod. reor. also lautend / zu ersehen: Nisi intra trigesimum diem semper Commentariensis ingesserit numerum personarum, varitatem delictorum, clausorum ordinem, aetatemque vinctorum, officium viginti auri libras AErario nostro jubemus inferre. Und diese Anordnung wahr sehr gut / damit die Peinlichen Richter allezeit Wissenschafft haben möchten / was sie vor Gefangene hätten / und was dieselbe verbrochen / auch üm so viel eher die Schuldigen abstraffen / die Unschuldigen aber loß lassen konten. Pr. d. L. 5. C. de custod. reor. Sigon. lib. 2. de Antiq. Jur. Prov. 1. Gallon. de Cruciat. Martyt. pag. 165. Salbach. lib. 3. part. 2. c. 18. Antiq. Rom. Frid. Schreiber / disp. inaug. de Commentariens. th. 1. Maßen denn zu Meyland solches noch üblich seyn soll / wie Julius Clar. Sentent. lib. 5. §. fin. cap. 46. n. 4. bezeuget. Item in Hispanien, teste Gomez, c. 9. de Delict. n. 7. in fin. Und wäre wohl zu wünschen / daß bey uns in Teutschland sothane gute und nützliche Anordnung auch geschehe / so würde mancher armen Gefangefangenen Sache eher erörtert werden / als leider! so geschiehet.
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Schneider, d. Disp. th. 30. Oldekop, tit. 3. obs. 16. n. 4. 5. & 6. Es hatten auch die Commentarienses gewisse Coadjutores in ihren Verrichtungen / wenn sie abwesend wären: Denn sie wurden offt verschicket / bald / diesen bald jenen gefangen zu nehmen / wie fast heut zu Tage die Gewaltiger im Kriege. Clasen. in Comment. ad art. 180. Const. Crim. Caroli V. p. 760. Sonst findet man das Wort Commentariensis in L. in fraudem 54. §. quoties 7. ff. de jur. Fisci, ex qua patet, Commentarienses etiam appellatos fuisse eos, quorum manu Acta subnotabuntur, quoties apud Fiscum agebatur. Adde L. quas gratias 1. §. & est S. C. de offlc. Praef. Praet. Afric. Erant & in Legionibus Commentarienses. Qui ab Accursio Accensi, item Cornicularii vocantur. vid. Coel. Rhodigin. Lect. Antiq. lib. 17. c. 10. Wesenb. oeconom. Jur. lib. 12. c. 12. pag. 224. Fit etiam mentio Commentariensium in L. unica nullus C. ad Leg. Jul. de Ambit. ibi: Commentariensis gradum repetere. Et sie videtur nomen esie Ordinis & promotionis iu militia per Barnab. Brison. Quanquam Brunneman, in Comment. C. ad tit. de custod. reor. per Commentarienses gradum, officium praefecti Carcerum probabilius intelligat. Schneider, D. Disp. th. 2. IV. Sunt Lutetiae, & alibi in Gallia satellites seu viatores aut prehensores qui dicuntur Sergens, ab uno eorum officio, quod incarcerent homines. Id enim significat nomen compositum de Serrer les gens. V. Tholosae plura genera sunt horum Satellitum. Nam quidam Regii, ut alibi, qui in potestate Regia officium exsequendi habent, quidam Civici, qui vocantur Capitolini & excubiarum, Sergens des Capitols, & du guet. Cohortales, cum familiam habeant propriam, & sint sub cohorte praefecti Vigilum, quem vocant Capitaine du guet, & illius cohortales, Forrons, à nomine Vulgari Forrer. i. e. sine ratione & consideratione qualitatis cujusquam negotium exsequi. Quod nomen maximè odiosum Scholasticis, cum quibus illi bellum gerunt, nullis conditionibus componendum [wie die Studenten mit den Heschern zu Leipzig] unde illos furones, quasi furiosos vel fures dicunt. Petr. Greg. Tholos. in Synt. J. U. lib. 47. c. 40. n. 4.
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VI. Galli Commentariensem appellant le Concierge, le Guet de Chastelet, le Geolier, qui ont leurs Sergens. Itali, il Barigella, il Capitaneo degli Sbiri. VII. Apud Muscovitas Nedels nick est commune quoddam officium eorum, qui homines in jus vocant, malefactores capiunt, carceribusque coercent. Farinacius, lib. 2. de testibus, tit. 6. q. 56. art. 11. n. 372. Und Tranquillus Ambrosinus, lib. 2. proc. inform. c. 1. n. 14. nennen sie Birruarios. Chassanaeus, in consuetud. Burgund. tit. des Justices §. 7. vers. Vamande de simple recuse n. 46. aber berichtet / daß die Soldaten / welchen man den Gefangenen zu bewahren anvertrauet / Birruarii geheissen würden. Ut rescrib. Impp. in L. 1. C. de Sport. Christoph. Crusius, de indic. Delict. p. 1. c. 95. n. 12. VIII. Bey uns Teutschen heisset man sie / sonderlich im Kriege / Gewaltiger / Profose und Stecken-Knechte / ausser dem aber / Stock- und Kercker-Meister / Wacht-Meister / Hauptmann / Ambts-Stadt- und Land-Knechte / Hescher / Diebes-Fänger / Clauditgen / [ab includendo, von einschliessen.] Zeiler, Epist. 352. Auch wohl Büttel / welches so viel ist / als ein Nachrichter / weil vor Alters dieselbe auch zugleich die Gefangenen in Verwahrung hatten / wie Livius, lib. 6. berichtet / wenn er schreibet: Eum pati vinctum in carcere, in tenebris, obnoxium carnificis arbitrio ducere animam. Vid. Lib. 2. Land-Recht / 61. ubi Glossa dicit: Ein Büttel heisset darum also: daß er des Richters / und des Gerichts Bothe ist. Wehner. obs. pract. pag. 405. v. Püttel vel Büttel. IX. Jener Beambte hieß Schertz-weise seinen Land-Knecht Holofernes, weil er nemlich die böse Buben von ferne holen / und herzu führen muste. X. Theils Orthen werden sie Richter genennet / und zwar abusivè, indem sie weder zu richten / noch zu schlichten haben / sondern bloße Ambts- oder Land-Knechte sind / Gefälle eintreiben / und die / so etwas verbrochen / ins Gefängnis stecken. Solcher Nahme könte vielleicht wohl geändert / [496] und diesen Leuthen / nach Gelegenheit ihrer Verrichtung / ein anderer gegeben werden / weil es den Richtern / so die Justiz administriren, schimpflich zu seyn scheinet / einen Nahmen mit solchen Kerlen gemein zu haben. Etliche sagen es käme noch daher / daß vor alten Zeiten / an etlichen Orthen / diese das Peinliche Gerichte hegen und halten müssen / und also daher der Nahme Richter geblieben. Anderswo heisset man auch diejenige Richter / welche die Processe oder Urthel exequiren. Also wird zu Franckfurt am Mäyn der oberste Richter genennet / welcher dem Bürgemeister die Fasces, nemlich den silbernen Stab nachträget. Supplementum Wehneri, pag. 58. voc. Richter. XI. Theils Orthen haben sie den Nahmen Schergen / welches vor Zeiten bey den alten Teutschen ein ehrlicher Nahme war / und nahm man nur darzu erbare / fromme / reiche / wohlgesessene Leuthe. Zeiler, Epist. 58. Besold, in Thes. pr. h. v. XII. Sonsten gebühret der Obrigkeit / daß bey Erwehl- und Annehmung solcher Ambts-Stad- und Land-Knechte / sie mit fleiß sich umsehe / wo sie düchtige Leuthe / auf die man sich verlassen könne / erlange; Allein Jodocus Damhouderius, in Praxi Criminali cap. 17. n. 1. & 2. hat schon über die Boßheit und Leichtfertigkeit solcher Leute zu seiner Zett geklaget / wenn er also schreibet: Sunt hodiè [quod sine dolore commemorare non possum] permulti Carcerarii tot sceleribus coinquinati, tot tamque foedis vitiis infamati, ut ipsi verius nervis sint implicandi, & coërcendi compedibus, quam quos ipsi durissimis vinculis immaniter constringunt. Nempe strenui potatores, scortatores, adulteri, suarum captivarum aut compressores, aut ad libidinum varias species conniventes coadjutores. Et ne quid saevius interim dicam: Carceres Justitiae profanantes, aut dissimulatione abuti permittentes, ut hinc propriis suis libidinibus serviant, aut certum quaestum [licet turpissimum] secretò faciant. Inveniuntur alii, qui muneribus corrupti captivos aut claustra aperiant, aut sibi vim illatam ad eruptionem simulent, aut ad varias effractiones conniveant, & fortassis etiam subsidium praebeant, aut propriis Carceribus incendium inferant. Sunt alii, quibus res est contractior, qui captivos suos aequo durius excipiant in clementius tractent, partius subserviant, saevius in vincula & compedes conjiciant, contumeliosius alloquantur, commissa exprobrent, missas portiones aut minu [497] ant, aut prorsus sibi reservent. Debitam carceris quoque portiunculam tenuius praebeant, hisque modis miseros captivos inedia torqueant, & afflictis afflictionem conduplicent. Sunt alii praeterea Commentarienses verius aleatores, quàm officiarii justitiae, qui nullum non aleatorum genus in carceres inferunt, per quod captivi sua deperdant, ipsi undecunque suum lucellum venantes, captivos suos quacunque in re (ne dicam exspoliantes) emulgentes, nihil pensi habentes, quomodo suos patientes excipiant, tractent & dimittant, & c. XIII. Thomas Garzon, in Piazza Universale, Discursu 150. beschreibet auch die Stadt-Knechte und Diebes-Fänger nach der Italienischen Landes-Manier gar artig / wenn er also setzet: „Ob schon diese Profession, oder dieses Handwerck ziemlich schlecht / ja fast an allen Orthen beynahe für unredlich / dahin auch fast die beschriebene Rechte zuverstehen / geachtet wird: So muß man doch hergegen wiederum bekennen / daß es / zur Handhabung der Justiz, und einer ziemlichen Furcht / in einem Land- oder Stadt-Regiment / nothwendig sey. Sintemahl man allda solche Leuthe halten muß / die / wann es die Noth / und die Excesse oder Mißhandlungen erfordern / einen bösen Buben angreiffen / und mit Gewalt / wieder seinen Willen / für die Obrigkeit führen / daß er gestrofft werde. Und ist unmüglich / daß ohne derselben Ambt und Fleiß ein Regiment in Stille / Ruhe und Frieden möge erhalten werden. Derohalben sie auch an allen Orthen nicht allein von der Obrigkeit bestellet und belohnet / sondern auch fleißig wieder allen Gewalt beschützet und beschirmet werden: Also / daß wer sich mit Muthwillen und Gewalt an ihnen vergreifft / gestrafft wird / als wenn er sich an der Majestät der Obrigkeit selbst vergriffen hätte. Sie sind von wegen ihres Ambts fast an allen Orthen in solchen Ansehen / daß sich beynahe iederman vor ihnen scheuet / als welche der hohen Obrigkeit Person / was die Handhabung und Execution der Justizien belanget / repraesentiren. Sie gebiethen auf derselbigen Gnade und Ungnade / daß man mit ihnen gehe / wann sie nur einen mit ihren Rüthlein / so sie in der Hand führen / anrühren / [wie zu Neapolis gebräuchlich] und muß beydes Groß und Klein ihnen nachfolgen / damit ihm nicht ein ärger Schimpf wiederfahre. Denn dieses ist eine Ehre / die sie nur den ansehnlichen Leuthen anthun. Wenn sie aber mit einen gemeinen Mann zuthun haben / erhaschen oder greiff en sie denselbigen nur bey den Armen / oder bey den Daumen / welches der [498] Hescher-Griff ist / oder binden ihn mit Stricken / oder legen ihn Ketten oder Fessel an / und führen ihn / mit lachendem Munde / in aller Erbarkeit dahin. Auch gehöret dieses zu ihrem Ambt / daß sie einen Gefangenen / nach Verwürckung in das Gefängnis werffen / in den Bloch schliessen / Händ- oder Fuß-Schrauben anlegen / eine oder mehr Strappezaten geben: auf allerhand Weise peinigen und voltern / nemlich auf die Volter ziehen / mit angehengten Eisern oder Bleyern Gewicht / oder sonst peinigen / mit dem nassen Hembd / mit der Ruthen / mit dem Feuer / bey den Füssen / mit der Pickelhauben / mit glüenden Würfeln / mit Nadeln unter den Nägeln / mit dem Haar-Seil / mit dem Pferd / mit der Geissen / und andern dergleichen künstlichen Stücken mehr / damit sie manchen schwätzen machen / daß es ihm seinen Hals / oder das Leben kostet. Die Gefangenen sind ihre Unterthanen / welche ihnen alle Ehre erzeigen / und gute Wort geben / so lange sie ihrer bedürffen / und fast ihrer Gnade leben müssen / laden sie bißweilen zu Gast / daß sie mit ihnen zechen / in Hoffnung / sie sollen desto besser von ihnen gehalten werden / oder aber / daß sie / wann sie diese Herren wohl beschenckt / daß sie truncken und schläfferig worden / möchten davon kommen / wie es denn bißweilen geschiehet. Die Bauren halten sie auch in grossen Ehren / als welche wohl wissen / daß sie leichtlich etwas verderben können / darüber sie ins Gefängnis köm̅en möchten. Wann sie sich derohalben einmahl von ihren Geschäfften abmüßigen können / und aufs Dorf kommen / lauffen die Bauren ihnen mit dem Scheib- oder Bad-Hut in der Hand entgegen / laden sie ein / setzen sie / wenn auch schon andere Gäste da / oben an / und erzeigen ihnen alle Ehre / nach Vermögen / auf daß sie dermahleins / in der Noth / einen guten Willen bey ihnen finden: Wiewohl sie dessen wenig geniessen / sondern werden auf solche gemachte Kundschafft ihnen nur desto beschwerlicher. Und wenn etwas auf dem Lande zuverrichten / sind die Bekandten die ersten / die man heimsucht / und müssen die Bauren diesen Herren manchen Ritt aushalten / dazu sie doch nicht einmahl dürffen sauer sehen / sonsten ist das vorige alles verlohren / wiewohl auch ausser dem / wenn die armen Leuthe das Unglück trifft / daß sie ihnen in die Hände fallen / wenig Gnade von ihnen zugewarten / sie werden dann auf ein neues geschmieret. Ihr eigen Ambt / und fürnehmstes Geschäfft ist / daß sie Tag und Nacht in der gantzen Stadt ümher schleichen / ob sie einen Dieb / einen / so ungebührliche Waffen trägt / einen [499] Todschläger / einen / so den Zoll verfahren / einen Kundschaffer / oder sonst einen erwischen und antreffen mögen / der irgend in einem Stück das Stadt- oder Land-Recht übertreten. Seynd derhalben allezeit unmüßig: Des Tages lauffen sie in der Stadt und auf den Felde / alle Strassen und Gassen / alle Kram-Plätze und Häuser / wo sie können / aus. In der Nacht schleichen sie üm die Mauren / enge Gassen / üm die Huren-Häuser und Gar-Küchen / und suchen überal / wo sie ihr Wildpret möchten antreffen: allda sie aber bißweilen wieder einen Knebel-Spieß / Pfahl und Prügel lauffen / daß ihnen der Rücken kracht. Es ist sonst ein boßhafftiger / nichts-würdiger Hauffe / der auf alle Untreu und Bubenstück / in des Teuffels Schuhl / ohne Zweiffel ist abgerichtet worden: Mimt sich an / als wolte er die Diebe suchen / mit denen er doch gute Kundschafft / Theil und Gemeinschafft hat: Träget ihnen bißweilen das Licht für / hilfft ihnen alles auskundschaffen / und wenn man sie soll greiffen und nacheilen / hat mancher das Zipperle in Händen / und ein Bein im Fuß / daß sie Zeit und Platz genung haben / darvon zukommen. Befragt man sie von vorgefallenen Morden und Todschlägen / da sie doch gute Wissenschafft von haben / auch ihr Theil davon bekommen / so wissen sie sich meisterlich zuentschuldigen / als welche zwar ihren Ambt nach / nicht weit davon / sey aber der Hauffe der Feinde so groß gewesen / daß sie nicht dürffen darzu treten: Oder geben für / sie seyen zu spat kommen / es haben sich die Thäter schon verschlagen und verlauffen / oder seyn vermummt gewesen / daß sie sie nicht haben können erkennen / ob sie sie schon / daß man ihnen nachstelle / zuvor hatten lassen avisiren / oder sie auch wohl selbst üm eignes Geniesses willen angestellet: Wie sie dann genugsam Frieden und Justitien, üms Geld und Genieß willen / hindan zustellen / oder zuverkauffen wissen. Wer eine Strappada soll ausstehen / der mag es wohl mit ihnen halten / und gute Worte geben; als welche ihnen also wissen anzuseilen / daß ihn nicht zu wehe geschehe / wo nicht / so wissen sie ihm die Näthe wohl zusuchen / richten den einen die Arme wieder ein / ohne sonderlichen Schmertzen / der andere aber gehet lahm davon. Einen trösten sie in dem Gefängnis / den andern betrüben sie / den einen wissen sie recht zu speisen / den andern aber lassen sie wohl gar Hungers sterben. In den Besuchungen / ob man habe einen Zoll gefähret / seynd sie gar fleißig / und der Herrschafft treu / werffen alles über und über; weiset man ihn aber ein paar Batzen / so fället aller [500] Zorn dahin / und werden so still / wie die Frösch in einen Teiche / wann sie ein Licht schimmern sehen. Wann man einen Verwiesenen oder Banditen soll nacheilen / so stehen sie largo, und von weiten / so sehr als möglich / und sehen / wie sie ihre Haut verwahren. Wann sie bey Nacht sollen die Ronde helffen versehen / dörffen sie wohl einem / so ihnen mit einem Licht begegnet / das Licht durch ihrer Gesellen einen / den sie voraus schicken / lassen auslöschen / auf daß sie eine Ursach haben / ihn in den Beutel zustecken: fangen wohl auf solche weise einen Handel mit einen an / daß sie Gelegenheit haben / ihme alles zu nehmen / was er bey sich hat / und mag wohl GOtt dancken / daß sie ihn nicht lahm schlagen / und noch darzu ins Gefängnis führen. Bißweilen tasten sie auch einen an / stellen sich / als wolten sie nachsuchen / ob er verbothene Waffen heimlich bey sich trüge / und nehmen ihm unterdessen den Beutel. Sie haben Gemeinschafft mit den Huren / als welche ihnen auch manchen guten Brocken zu wege bringen. Haben Kundschafft mit den Wirthen / bey welchen sie offtermahls selbst Diebe und Spitzbuben einlogiren. Sie haben Freundschafft mit den Hencker / als welcher ihnen des Handwercks halben sehr nahe verwand / und sie gemeiniglich nicht ihme gleich / wie jener sagt / sondern wohl ärger seynd. In Summa / es ist ein Gesindlein / daß so voller Boßheit stecket / daß es allenthalben überläufft / dessen man sich nicht so höchlich zu verwundern: Denn anfänglich / wenn sie ein solches Ambt begehren / da sie doch sonsten ein gut Handwerck können / ist nicht viel gutes an ihnen / und so bald sie darzu kommen / fangen sie an / mit den Teufel in die Schule zugehen. Dannenhero sie allerhand lernen / damit sie sich hernach meisterlich wissen zubehelffen. Denn es hat ein Scherge einen freyen Ein- und Ausgang in dem Rathhause / allda er allerley seltzame Zufälle höret. Er höret die Anschläge der Diebe und Spitzbuben: Er höret die Griffe der Verräther und Meucheimörder: Er höret die List der Huren / den Betrug der Rufianen / die Geschwindigkeit der Banditen / die Anstellung derer / die aus den Gefängnis brechen / in Summa / er höret so viel / daß er in kurtzen Zeiten / wenn er nicht gar ein Tölpel und Schlingel seyn will / vor einen Magister, ja Doctor in allen Bubenstücken passiren kan. Dieses aber sind gemeiniglich die vornehmsten Tugenden und Griffe / damit sie fast täglich ümgehen / nemlich / daß sie bösen Buben allerhand Vorschub geben / als ihren guten Gönnern / von denen sie / so lange sie lauffen / den besten Gewinn haben / [501] zeigen ihnen Gelegenheit auszubrechen / die Ketten und Banden zu feylen / damit sie ja nicht aufgehencket werden / ehe sie ihrer genungfam genossen. Maucher hat auch seinen Pact gantz mit ihnen gemacht / daß er wohl selbst darf mit ihnen auf die Beute ziehen. Nimt sich Ruffianismi an / und theydiget um die Gebühr zwischen Huren und Buben. Kriegt er einen Unbekandten in sein Schloß / der muß ihn die Herberge theuer genung bezahlen. Soll er etwas an einen aus Befehl der Obrigkeit verrichten / so ist es keine Lust / wann er dessen nicht zugeniessen hat / daß er ihn mehr martere / dann ihm befohlen ist / und solte auch mancher darüber den Geist aufgeben. Im übrigen sind sie mit allerhand Schande und Lastern dermassen überhäufft / daß es allenthalben über Macht / und keine Maaß mehr hat. Sie sind der Spieler Gesellen / der Vollsäuffer Brüder / der Gottes-Lästerer Freunde / und aller Unzucht Knechte / und ein grosser Bündel voller Schmach / Schande und Unehren / bey ihnen höret man nichts anders / als unnütze Worte / siehet nichts anders / als den äussersten Muthwillen / ausbündige Bubenstück / daß man sie wohl ein Chaos omnium nequitiarum, und Cloac aller Büberey nennen möchte. Derhalben nicht zuverwundern / daß sie bey iedermann verhaßt / und ehrliche Leute sich scheuen / mit ihnen umzugehen / als welche mit einen so unflätigen und abscheulichen Pech bekleydet seynd / daß ein ieder fürchtet / es möchte etwas an ihm hangen bleiben. Und läst sich ansehen / als wenn die Welt sich noch nicht habe können besinnen / wie sie gnugsam pro dignitate zu halten / oder zu tractiren seyn. Der eine nennet sie Schergen / der andere Scherganten / der dritte des Henckers Jagd-Hunde / der vierdte faule verlauffene Schlingel / der fünffte abgeschäumte Buben / der sechste wirfft sie gar in die Schind-Kaute / zu den todten Pferden. In Summa / iedermann ist ihnen feind / sie seynd bey männiglich verhaßt / und wer Fug hat / ihnen eine Tück zubeweisen / der spahret die Mühe nicht: Der eine wartet ihnen in einen Winckel auf den Dienst / daß er sie unversehens mit einen wohlangelegten Streich möge salutiren / der andere stellet ihnen eine Falle / darüber sie möchten den Halß stürtzen / der dritte thut ihnen sonsten einen Schabernack an / und ist nichts verlohren / als was nicht recht angehet. Und sonderlich haben sie dreyerley gute Freunde / die ihnen allerley Beförderung zum Spott und zum Schaden thun / wo sie nur können und mögen / und sie recht einsaltzen / wenn sie ihrer können mächtig werden / nemlich die Stu [502] denten / die Balger oder Fechter / und die Banditen. Von den ersten wird ihnen allerley Schimpff / bey nächtlicher weile zugerichtet / daß sie bißweilen wunderlich anlauffen / über ein Seil springen / wieder einen Steinhauffen lauffen / oder in einen Sack oder Enge getrieben werde̅ / da man sie recht nach Lust und Nothdurft backen kan. Den andern müssen sie manchen Stoß aushalten / da sie offt mit verbundenen Kopff darvon scheiden / von den dritten werden sie wohl gar erschlagen / und ist ihnen besser / es werde ihnen eine Kugel durch die Haut gejagt / als das sie vielleicht den Hencker / wie sie offt wohl verdienen / solten feine Werck stadt ziehren. Drum heist es auch gemeiniglich bey ihnen / wenn sie beneben den Soldaten werden ausgeschickt / etliche Banditen zu fangen / weit genug davon bleiben / weit davon / ist gut vors schiessen! wie dann dieselbige nur mit Büchsen und Pistolen mit ihnen schwatzen / und fürchten sich nicht für ihren gebiethen / drohen / angeben / referiren / und was sie dergleichen mehr für der Obrigkeit pflegen anzubringen. Wann sie aber mit einen armen Teufel zuthun haben / den sie mit ihren stattlichen Ansehen erschrecken / daß er sich nicht regen darf / alsdenn sind sie weidliche Kerls / und wissen ihn zubacken / und hin zuschleppen / dörffen ihn auch noch wohl darzu schlagen / und geben vor / er habe sich wollen wehren / wenn er es schon niemahls gedacht. Oder / wenn sie ein armes Bauren-Mütterlein / welches ihren Zins oder Pacht nicht entrichtet / sollen pfänden / oder sonst einen armen Tropffen beschweren / da seynd sie weidliche Schnautz-Hahnen / und wissen ihre Tapfferkeit zubeweisen / wann sie aber / wie droben gemeldet / einen Banditen sollen nachstellen / oder nachjagen / haben sie ein heimliches Fieber / daß ihnen den gantzen Leib einnimt / und sie nirgend mit Händen und Füssen können fortkommen. Und wenn man wieder zurück kömmt / so haben sie allein das beste gethan / Leib und Leben gewagt / schnauben und schwitzen unterdessen / nicht von angreiffen / sondern von zurücklauffen. Wann sie aber nicht können entlauffen / sondern müssen neben andern Fuß halten / so kommen sie zurück / wie ein Hauffen geschlagener Soldaten / der eine auf einen lahmen Pferd / der andere auf drey Beinen / der andere hat seinen Spieß dahinden gelassen / und ist froh / daß er beyde Hände noch hat / der andere mit einen verbundenem Kopff / der andere wird gar auf einer Mistbürden / oder in einen Troge heimgetragen / da laufft denn iedermann zu / und freuet sich eines solchen lustigen Spectaculs / und ist dieses gemeiniglich der Lohn / den [503] die Schergen von ihren treuen Diensten bekommen / und mögen wohl von guten Glück sagen / wann sie eines guten Todes sterben / oder sonst den Hencker / dessen Gesellen sie eine zeitlang gewesen / nicht endlich in die Hand fallen. Welches dann öfters geschehe / wenn die Obrigkeit mit scharffen Recht nach ihren Verdienst wolte verfahren / und nicht vielmehr den Respect hätte / daß die andern hierdurch desto mehr verhaßt / verstossen und verschimpffet würden / und man hernach keine mehr möchte finden / die sich zu solchen Dienst und Ambt gebrauchen lassen. Hactenus Garzzon. XIV. Bey uns in Teutschland sind sie an Lastern und Boßheit nicht viel geringer / und gehet ihnen eben wie dem Judae, da er den eingetauchten Bissen hintergeschlungen / daß der Teufel in ihm gefahren / also auch diese Gesellen / wenn sie erst angenommen sind / und die Plauten oder Plempen / auf die Seite bekommen / wissen sie nicht / wie sie die armen Leute gnung plagen und pressen wollen / geben sie wohl fäschlich an / verfahren mit Ungestüm / grausamen Poltern / Fluchen / Lästern / thun mehr / als ihnen von der Obrigkeit befohlen / halten die Gefangenen hart / sauffen sich darbey fast täglich voll in Bier und Brantewein. Und weil zu solchen Diensten sich gemeiniglich nur diejenigen gebrauchen lassen / so nicht arbeiten / oder sonst gut thun wollen [wenn nicht die Armuth zuweilen einen oder den andern darzu treibet /] so ist es ein rar Wildpret um einen Gottesfürchtigen / guten / freundlichen / Leutseligen / fleißigen / aufwärtigen / mitleidenden und nüchternen Ambts-Stad- oder Land-Knecht / wie sie doch wohl seyn / und jede Obrigkeit erwehlen solte. Jodoc. Damhoud: in Prax. rer. Crim. cap. 17. n. 3. & 4. XV. Welche ihnen aber wohl den Daumen auf die Augen halten / und genaue Aufsicht haben kan / damit sie nicht exorbitiren, sondern ihre Dienste / wie solches gebühret / verrichten / und niemandten über die Gebühr beschweren. XVI. Gestalt denn kein Gerichts-Diener sich erkühnen sol / ohne specialen Befehl der Obrigkeit / jemanden gefangen zunehmen / und in Gefängnis zu schliessen. L. neminem 22. pr. C. de Episc. audient. L. neminem 6. C. de custod. reor. Damboud. c. 19. n. 2.
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Denn weil er vor sich keine Jurisdiction hat / wäre er auf solchen Fall in crimen privati Carceris, und die drauf gesetzte Straffe verfallen. L. privatos 23. C. de Episc. aud. tot. tit. C. de privat. Carc. Welche nach dem Justinianischen Recht capital war / L. omnes 1. c. de Cohort. Heut zu Tage aber willkührlich ist / entweder Landes-Verweisung / Geld- oder Gefängnis-Straffe / nebst Ersetzung der Schäden und Unkosten. Jul. Clar. lib. 5. Sent. §. ult. Quaest. 68. in fin. Farinac. Quaest. 27. n. 35. Prax. Crim. Carpzov. part. 3. Quaest. 111. n. 80. Prax. Crim. XVII. Eben die Straffe hat er auch zugewarten / wenn er einen Gefangenen / der schon absolviret, und wieder auf freyen Fuß gestellet werden soll / der Obrigkeit Befehl zuwider / noch länger im Gefängnis enthält. L. siquemquam 31. in fin. de Episc. & Cler. Wesenb. in parat. ff. tit. de Custod. reor. n. 6. Schreiber. d. Disp. de Commentariens. th. 15. XXVIII. Wenn es schon seine Schlies- und andere Gebühren / auch die Atzung selber betreffe; ut vult Mart. Coler. lib. 1. de Aliment. c. 14. n. 86. Allein das Gegentheil ist in Praxi üblich / denn da wird heutiges Tages kein Gefangener loßgelassen / wenn er nicht zuvor seine alimentation refundiret, und den Dienern ihre Gebühren gibt / oder doch der Bezahlung halber Bürgschafft leistet. Damhouder, in Prax. Crim. cap. 17. n. 21. Reyher, in Thes. tom. 1. pag. 423. n. 96. Tabor, in Racemat. Crim. Definit. in Comment. ad Ord. Crim. Caroli V. art. 152. th. 126. XIX. Doch daß er nicht im Gefängnis bleibe / sondern inzwischen / biß er Anstalt zur Abfindung machet / in des Ambts- oder Land-Knechts-Stuben enthalten werde. Soll auch keinesweges verstattet werden / daß die Diener / eignes Gefallens / denen Gefangenen die Kleider / Bette oder ihr Geld abnehmen / und sich selber / ihrer Gebühren halber / davon bezahlt machen. Damhoud. d. c. 17. n. 21. in fin. XX. Wenn aber der Gefangene nichts hat / gehet es über die Obrigkeit / weil [505] sie die fructus jurisdictionis zugeniessen hat / Vide infrà Caput X. vom Gefängnis und dessen Straffe. XXI. Und gleich wie die Gerichts-Diener keine Macht haben / jemanden / ohne Vorwissen und Befehl des Judicis, gefangen zu nehmen / und einzuschliessen: Also auch und vielweniger dürffen sie jemanden der Hafft erlassen und loßgeben. Geschehe es aber / daß der Kercker-Meister aus Erbarmen und Mitleiden / einen Gefangenen / wenn derselbe nicht etwas Peinliches verbrochen / vor sich loßliesse / wird er nicht allein seines Dienstes entsetzet / sondern auch noch darzu willkührlich gestraffet. Schneider. D. Disp. th. 17. Misericordia enim & pietas nunquam in alterius detrimentum est exercenda. L. & eleganter 7. §. idem Labeo 7. ff. de dolo. Neque intempestivè adhibenda. L. si bominem 7. ff. depositi. Cùm expressè in malâ causâ pauperis misereri prohibeatur. c. ne amisso 34. caus. 23. Quaest. 4. Wenn er es aber vorsetzlicher / arglistiger und betrüglicher Weise gethan / Geld genommen / und den Gefangenen loßgeholffen / oder da er gewust / daß dieser sich loßgemachet / aber denselben nicht aufgehalten / und seine Flucht verhindert / wird er am Leben gestrafft / wie Bonifac. de Vital, in suo opere Malefic. rubr. de Carcer. priv. n. 7. will / ubi expressè dicit: Quod si carceratus aufugit per fraudem custodis, qui illum fugere permisit, túm custos capitali poenâ punitur. Imgleichen Damhouder, in Prax. crim. c. 17. n. 8. ibi: Quod si malitiâ, favore aut donariic corruptus custos scelerosos apertis claustris emisisset, planè capitaliter plectenduc est. Zu deren behelff sie L. 14 §. 2. ff. de Cust. Reor. allegiren. Sed non semper & indiscriminatim poenam Capitis ex dicto textu imponi posse, alternativa declarant Legis verba; & Glossa, in verbo: Capite talem poenam capitalem non, nisi Elapsus eam commeruerat, approbat, aliàs secus. Capitis etiam poena non semper de morte naturali intelligenda est, sed de civili quoque, veluti deportatione. L. 103. ff. de V. S. L. 2. ff. de publ. judic. quae tamen deportationis poena hodie ab Aula recessit, & vel exilium, vel alia poena arbitraria illius loco successit.
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Jul. Clar. in Pract. §. fin. Quaest. 67. Menoch, de A. I. Q. lib. 2. 330. n. 5. Philip. us. Pract. Inst. lib. 4. tit. 3. Ecclog. 19. n. 12. & 13.] Maßen denn auch viele DD. statuiren, daß ein solcher Diener u. Hüter der Gefangenen mit eben der Straffe zubelegen / welche der inhaftirte / den er losgeholffen / verdienet gehabt / als Prosper Farinaceus, in prax. Crim. lib. 1. tit. 4. Quaest. 31. n. 6. 7. & seqq. AEgid. Bossius, in tit. de Carcere, n. 9. Jodoc. Damhoud. d. prax. Crim. c. 17. n. 3. Jacob Menoch. de A. I. Q. lib. 2. cas. 302. n. 2. Anton. Gomez, tom. 3. var. Resol. c. 10. n. 11. und andere mehr. Die aber den Ansehen nach / von einen solchen Custode Carcerum reden / welcher selber würcklich mit Hand anleget / als wenn er ein Loch in die Mauer gebrochen / die Fessel / Ketten und Banden den Gefangenen selber abgemacht / die Schlösser aufgeschlossen / Stricke / um sich dran von der Höhe herab zulassen / ihm zugestecket / und sonst auf andere Arth und Weise davon geholffen hätte. Maßen denn auch die Peinliche Hals-Gerichts-Ordnung Caroli V. art. 180. in pr. dahin ziehlet / ibi: So ein Hüter der Peinlichen Gefängnisse einem / der Peinliche Straffe verwürcket / aushilfft / der hat dieselbe Peinliche Straffe anstat des Ubelthäters / den er also ausgelassen / verwircker. XXII. Heut zu Tage aber ist in praxi üblich / daß / wenn ein Gerichts-Diener sich von den Gefangenen mit Geld bestehen lässet / und denselben dolosè aus der Hafft hilfft / er nur mit der Leibes-Straffe / als den Staupenschlag beleget wird: Zumahl wenn der Gefangene / wegen eines grossen Verbrechens / eingezogen / auch dessen schon geständig oder überführet gewesen wäre / ingleichen der Hüter in Pflichten stünde / und zu seinem Dienst / wie gewöhnlich / geschworen hätte. Denn obgleich nach den gemeinen Käyser-Recht. L. ad Commentariensem. C. de custod. reor. es das Ansehen hat / daß in solchen Fall der Commentariensis am Leben solle gestrafft werden / auch viele Rechtsgelehrte der Meinung / sind / Vid. Farinac. d. q. 31. n. 2. So ist doch dieses in besagter Peinlichen Hals-Gerichts-Ordnung / art. 180. in verb. aus hilft / und in den Sächß. Rechten dergestalt restringiret, daß nur allein diejenigen / welche / mit angelegter Gewalt / und gewapneter Hand / die Gefängnisse auf brechen / und den Gefangenen davon führen / also abzustraffen.
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art. 9. §. welche Man lib. 3. Land-Recht in verb. gewaltiglichen dem Gericht entführet. Vid. Recess. Imp. de An. 1555. §. wir setzen ordnen. vers. wo sie ins Gefängnis kommen. Philip. Us. Pract. Inst. lib. 4. tit. 3. Ecclog. 19. n. 17. ibi??? Praejudicia. Maßen denn auch Carpzovius, part. 3. Quaest. 101. n. 17. jedweden Peinlichen Richter warnet / daß er bey sothaner Begebenheit dem Gefängnis-Hüter den Tod nicht zuerkennen soll. Welchem auch beypflichtet. Daniel Clasen, in Comment. ad cit. art. 180. Constit. Crim. pag. 763. XXIII. Ehe man aber zu der Leibes-Straffe schreitet / muß zuvor Dolus beygebracht seyn / so daß / wenn derselbe ex gravissimis indiciis & conjecturis erhellet / und der Beschuldigte solchen dennoch leugnen wolte / er durch den Schaffrichter terriret, oder wohl gar mit der Peinlichen Frage angegriffen / und sein Bekäntnis dadurch heraus werden kan. Dn. Carpzovius, d. q. n. 109. allwo er setzet / daß zuweilen auch das Juramentum purgationis erkant worden. Wenn aber aus Unfleiß und Nachläßigkeit des Hüters der Gefangene entkömmet / wird derselbe / nach Gelegenheit der Umstände / und der Schuld / so er dran hat / entweder mit Zeitlicher oder Ewiger Landes-Verweisung / Gefängnis oder Geld-Straffe angesehen. L. ult. ff. de custod. reor. L. carceri L. milites ff. eod. tit. Petr Theodor. in Colleg. crim. Disp. 4. th. 12. lit. D. Gilhausen, c. 3. part. 1. n. 33. fol. 233. Arb. Crim. Cum enim culpa suos habeat gradus, eaque modò lata, modò levior, modò etiam levissima fuerit, inde fieri nequit, ut hic certa determinetur poena, sed pro ratione personarum, & culpae commissae, Judex persido custo di carceris diversam poenam irrogare potest. Und dahin gehen auch die Worte in der P. H. O. art. 180. kähme aber der Gefangene durch bemeltes Hüters Unfleiß aus dem Gefängnis / solcher Unfleiß ist / nach Gestalt der Sachen und Rechte / so an den Orten / als hernach folget / gepflogen wird / zu straffen. Hinc Scabini Lips. utplutimùm custodibus negligentibus poenam arbitrariam carceris ad unam, [508] duas vel tres Septimanas, aut mulctam pecuniariam duarum, trium vel quatuor sexagenarum novarum dictitarunt, teste Carpzov. d. q. 111. n. 112. Man sindet auch / daß in solchen Fällen denen Hütern der Gefängnisse zuerkant worden / daß sie binnen einer gewissen Frist den ausgewichenen Gefangenen wiederschaffen und stellen / oder einer harten Straffe gewärtig seyn solten: Allermassen der Churfl. Sächß. Schöppen-Stuhl zu Leipzig an den Schösser zu Skeudiz Anno 1661. in Majo also gesprochen: verb. Sent. So ist der Land-Knecht binnen zwey oder drey Monat die Gefangene wieder einzubringen schuldig / aufm Falaber dieselbe / über angewanten Fleiß / nicht zuerlangen seyn / wird er / andern zum Abscheu und Exempel / mit Landes-Verweisung in Straffe genommen. Et in causa simili Senatui in Lommatsch Mens. Jul. 1630. temporalis quoque relegatio hoc in casu dictata fuit einem Land-Knecht / ad Consult. Dan. Rothen / Mens. Jan. 1630. XXIV. Hierbey fält die Frage vor / ob auch ein solcher Kercker-Meister zu bestraffen sey / wenn er vor sich einen / den er weiß / daß er unschuldig ist / aus dem Gefängnis lässet? Welche mit Ja beantwortet wird. Denn 1. hat ein solcher Diener keine Jurisdiction, vielweniger Cognition, ob der inhaftirte schuldig oder unschuldig sey. 2. würde dadurch ihrer Maliz und Betriegereyen Thür und Thor aufgethan / und also mancher / unter den praetext der Unschuld / der Straffe entgehen. Hat er nun dolosè einen solchen loß gelassen / wird sein Dolus billig gestraffet; L. ne ex dolo ff. de mal. oder aber aus temerität / Vorwitz und Unbesonnenheit / kan er sich doch dadurch von der Straffe nicht halfftern. Und wenn er noch darzu Geld genommen hat / wird er um so viel härter angesehen. Nam pecunia semper reddit delicta magis atrocia, & poenam severiorem inducit. L. eâdem lege 6. ff. de Leg. Jul. Reputund. L. quoniam 6. §. pactus??? 3. ff. de bis, qui not. infam. XXV. Wenn ein grosser Herr seinen Einzug in eine. Stadt hält / und allen Gefangenen generalen perdon gibt / vermeinet Paris de Puteo, de Syndicatu, verb. Carcer, vers. liset dicatur. n. 2. per notat. Bartoli ad L. 16. & 17. ff. ad SCtum Turpil.
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es könne alsdenn der Hüter der Gefängnis vor sich selbst / ohne Begrüssung des Richters / die Gefangenen loß lassen / welches auch Menoch. de A. I. Q. lib. 2. cas. 302. n. 14. & seqq. ad remissiones, quas faciunt Principes ob laetitiam pacis initae, extendiret. Allein dieses wird weder in Teutschland / noch in Franckreich practiciret: Boerius. Decis. 217. n. 23. vielweniger gestattet: Drum sind solche Diener am sichersten / wenn sie in dergleichen Dingen nichts ohne der Obrigkeit Vorwissen und Befehl thun oder vornehmen. XXVI. Ob aber dieselbe dennoch zu straffen / wenn ohne ihr Mit-Wissen / Hülffe und Vorschub ein oder mehr Gefangene sich heimlich loß machen / und davon lauffen? Solches wird gleichfals mit Ja beantwortet. Denn einmahl haben sie einen Eyd geschworen / und zugesaget / die Gefangene / so ihnen auf ihre Gefahr u. Hut vertrauet / aufs beste in Acht zunehmen und zu verwahren / dem sie auch / so viel Mensch- und müglich / hätten nachkommen sollen. Zum andern bekommen sie darum ihre Besoldung / Schließgebühren und Wartgeld / weßhalber sie exactissimam diligentiam zu adhibiren, auch dolum & culpam, ja gar levissimam, zu praestiren schuldig sind. per L. qui mercedem 40. ff. Locati. Ubi Bartol. Mascard. Vol. 1. Concl. 469. n. 3. & 4. Dannenhero wenn ein Gefangener sich loßmachet / und durchgehet / ist die praesumtion contra Commentariensem, das jener / si non per dolum, gewiß aber doch per hujus negligentiam & culpam echappiret und davon kommen sey / uti apertissimè tradit Farinaceus, d. lib. tit. 4. Quaest. 31. n. 20. per DD. magno ibi agmine allegatos. lieget ihm auch der Beweiß ob / daß solche Entkommung ohne seine Schuld geschehen sey: Anton. Perez, Cod. de Custod. n. 12. Joh. Philipp. usu Pract. Instit. lib. 4. tit. 3. Eclog. 191. n. 9. Joh. Christoph. Ernst / Disp. de relax. carcerat. c. 2. th. 20. [Speciale tamen est in Commentariensibus, quod ad probandum eorum diligentiam etiam familiares & domestici admittantur. Ratio specialitatis est haec, quod in domesticis factis testes interdum domestici [510] sint admittendi, cum non facilè, quae domi geruntur, per alienos possint patefieri seu manifestari. L. consensu 8. Servis etiam. 6. ibi etiam super plagis. C. de repudiis] und je grösser die Schuld an ihm befunden wird / le härtere Straffe muß er leiden. c. 18. X. de Excess. Praelat. XXVII. Doch hat der Judex alle und jede Umstände erst wohl zu untersuchen und zu überlegen / ehe er die Straffe dictiret, sonderlich wegen der Personen / so wohl des Gefängnis Hüters / als auch des Gefangenen halber / ob nemlich der erste culpae & negligentiae suae Praesumtionem per aliam contrariam diligentiae suae probationem elidiren könne: Denn wenn der Hüter gleichwohl gethan / was ihm müglich gewesen / die Thüren am Gefängnis / auch die Schlösser an den Fesseln der Gefangenen recht und wohl zugeschlossen und verwahret / wie ihm zu thun gebühret / auch sonst in seinen Verrichtungen treu / fleißig und unverdrossen sich erwiesen / und nicht davor den Trunck geliebet / hilfft ihm solches viel. Farinac. in Prax. Crim. q. 65. n. 570. Schreiber / d. Disp. th. 3. Zumahl / wenn man befindet / daß die Ketten und Bande zerbrochen / oder der Verhaffte die Mauren untergraben / oder sonst gewaltsamer Weise / ohne Menschen Hülffe und Vorschub / sich loßgewircket und entlediget hätte: Denn davor könte alsdann der Gerichts-Diener oder Hüter nicht / und wäre ohne Schuld, Pet. Peck. de Jure sistendi c. 42. n. 7. Perez, d. loc. n. 10. XXVIII. Bey den Gefangenen / so sich loßgemacht / ist zu consideriren, ob es alte / schwache und unvermögliche Leuthe / oder aber junge starcke Kerl gewesen / die eher / als die Alten / sich der Hafft entwircken / und mit der Flucht salviren können. Drum auch diese viel besser in Acht zunehmen und zu verwahren / als jene. Doch gibt es dem Commentariensi etlicher Maßen Entschuldigung / wenn er solche abgemattete Leute etwas freyer / als andere gehalten / indem er sich nicht versehen / daß sie so viele Kräffte haben würden / sich loß zumachen und zu entrinnen. Schreiber. d. Disp. th. 23.
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Welches aber den Stich nicht halten würde / wenn er solches bey Echappirung junger starcker Kerle vorwenden wolte. L. si ut certo 5 §. 6. verb. ejus aetat. ff. Commodat. ubi Gloss. & Bartol. Ferner versiehet man sich nicht so leicht / daß einer von Adel / oder sonst vornehmer Mann / wenn sie in Hafft kommen / oder nur in Arrest gesetzet werden / mit Hindansetzung ihrer Ehre und renommée solten entwischen / utpote in quibus omnis cessat sinistra suspicio, Juxta Gloss. in cap. illud. Distinct. 40. als sonst ein Gemeiner. Drum wenn der Hüter in Ansehung dessen ihnen getrauet / und sie nicht so genau verwahret / ist er nicht so hart zu straffen / wie Menoch, de A. I. Q. lib. 2. cas. 302. n. 12. will. Allein es heisset in solchen Fällen: Traue nicht zu viel! Man kan einen wohl ins Maul / aber nicht ins Hertze sehen! Drum thut ein Diener am besten / wenn er auch bey solchen Leuten gute Aufficht hat / und nicht so leichtgläubig ist: Zumahl wenn dieselbe Peinlicher Verbrechungen halber eingezogen worden / denn da macht man keine reflexion auf den Adel in praejudicium Tertii, sondernsiehet vielmehr die That an / weßhalber sie in Hafft kommen sind. Drum auch solche Entschuldigung dem Commentariensi nichts hilfft. Farinac. d. lib. q. 31. n. 147. Bevorab / wenn der Gefangene schon zum Tode / oder Leibes-Straffe condemniret und verurtheilet wäre / juxta tenorem L. 4. C. de Custod. reor. ubi constitutum, quod hujus modi poenâ debeat consumi Commentariensis, cui obnoxius docebitur fuisse, qui fugerit; de qua poena jam suprá dictum est. Vid. Joh. Philip. Us. Pract. Inst. jur. d. lib. 4. tit. 3. Ecclog. 19. n. 15. ibi??? allog. DD. Praejudicia. Da aber der Captivus ohne dem hätte absolviret, und wieder loßgelassen werden sollen / und dennoch davon läufft / wird die Straffe dem Hüter gemindert. Gloss. ad L. 5. §. 1. ff. de Condict. caus. dat. caus. non sec. in verb. Carcere. Menoch, de A. I. Q. lib. 2. Cas. 302. n. 12. XXIX. Weiter ist zu untersuchen / ob nur einer allein / oder etliche miteinander [512] loßgebrochen und durchgangen / juxta L. 12. pr. ff. de Cust. reor. damit nach demselben die Straffe wider den Hüter des Gefängnisses erkennet werden könne. Regulariter enim majoris culpae reus videtur, qui per incuriam suam plures, quam qui ex pluribus unum è carcere aufugere permisit. Es wäre dann / daß viele den Hüter überwältiget / und sich mit Gewalt / oder wohl gar mit gewapneter Hand / loßgemachet hätten / welchen er / aus Mangel seiner Mitgehülffen / nicht widerstehen / vielweniger dieselbe aufhalkönnen. L. vis autem ff. quod met. caus. Oder wenn sich des Gefangenen Freunde zusammen rottireten / und denselben mit Wehr und Waffen aus dem Gefägniß hinweg führeten. Da der Hüter auch zuentschuldigen. Quia scilicet violentia reputatur casus fortuitus. L. si ut certo 5. §. quod verò 4. L. in rebus 18. pr. ff. Commo dati. Wenn er nur solches nicht vorher gewust / oder stille geschwiegen / und es nicht angezeiget / sondern connivendo geschehen lassen: denn solchen Falls wäre er nicht ausser Schuld und Straffe. XXX. Es sind auch die Ursachen / warum einer eingezogen und zur Hafft bracht worden / zu ponderiren / ob es Peinlichen Verbrechens / oder nur Bürgerlicher Dinge halber / als etwan wegen Schulden / geschehen sey. Von dem ersten ist schon Bericht erstattet / des andern halber aber ist zu wissen / daß wenn der Gefängniß-Hüter einen Schuldener aus den Schuld-Thurm / oder einer andern Custodia entkommen lässet / er denen Gläbigern ad Interesse gehalten sey. L si hominem, pr ff. Deposit. Qui enim occasionem damni dat, ipsum damnum dedisse videtur, L. qui occidit §. in hac quoque actione, ff. h. t. Et negligetiá suâ Creditoribus damni causam praebuit. Jac. Menoch lib. 2. A. J. Q. cas, 302. Ant. Perez. C. de custod. reor. n. 10. Und wird so lange an des entlauffenen Debitoris Stelle gesetzet / biß er ihnen Satisfaction geleistet. Farinac. 1. Crim. q. 30. n. 109. & seq. Menoch. cas. 301. n. 23. Mascard. concl. 266. n. 18. & seq. Althus. Dicaeol. lib. 1. c. 132. n. 17. Phil. Us. pract. lib. 4. lit. 3. Ecclog. 19. n. 6. 7. & 8.
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Sed restringenda & limitanda sunt praedictta. 1. Nisi notorium sit, fugitivum non esse debitorem, nec, qui exigit, esse creditorem; quod ad declinandam dicti debiti solutionem in casu notorietatis Commentariensi allegare licet Menoch, d. l. n. 4. 2. Nisi alia ratione creditori contra debitorem possit esse consultum, qua existente, non adeo facile posse conveniri custodem sentit Arg. Aretinus, in Consiliis crim. cons. 73. n. 36. lib. 1. per L. si Magistratibus, I. C. de Magist. conven. Sed contradictorem habet Farinaceum, d. L. Quaest. 31. n. 87. cui nos adstipulamur. 3. Nisi certum sit, fugitivum è carcere debitorem non fuisse solvendo, idque exinde, quod ad cessionem bonorum deberet admitti, quô positô non tenetur Commentariensis praecisè ad solutionem debiti, sed solùm ad interesse, quod patitur Creditor, dum nimirum est privatus reali detentione debitoris in carcere. vid. Paris. de Puteo, de Syndicat. verb. carce. vers. licet dicatur. n. 4. Si verò Commentariensis debitum denique solverit, pro quo carceratus fugiens erat detentus, potest ab eodem Creditore impetrare cessionem contra debitorem fugitivum ut & ejus fidejussores, & postea vigore dictae cessionis contra ipsum, vel fidejussores eadem actione experiri, qua agere poterat creditor cedens. Menoch, de A. I. Q. lib. 2. cas. 302. n. 4. Schreiber / saepè dict. Disp. de Commentariens. thes. 24. XXXI. Weiter ist auch der Orth und das Gefängnis selber / draus der Reus entronnen / anzusehen: Denn wenn der Hüter die Gefängnis-Thür / entweder / daß er sich vollgesoffen / oder sonst aus Unachtsamkeit / offen / oder die Schlüssel drin steckë gelassen / kan solche crassa & supina negligentia ohne gebührende Bestraffung nicht hin passiren. Farin. d. q. 31. n. 28. Da er aber darthun und beweisen kan / daß der Gefangene einen Dieterich / oder faschen Nach-Schlüssel / gehabt / und damit die Schlösser und Thüren geöfnet / vermag er dadruch die Schuld etlicher Maßen von sich zu [514] wältzen: Aber der Judex thut bey solchen Fall wohl / wenn er durch beeydigte Schlösser den Augenschein einnehmen / u. dieselbe auf ihre Pflicht aussagen und berichten lässet / ob die Schlösser mit einen solchem falschen Schlüssel geöfnet worden / oder auch geöfnet werden können / und so dann kan er hernach bey dictirung der Straffe / oder absolvirung sich hienach richten. Ita consulit Franciscus Becius, vol. 1. Cons. 44. n. 18. Wenn auch das Gefängnis an Mauren / Thüren und sonst nicht wohl verwahret / oder baufällig wäre / und es entkäme ein Gefangener / ist die Schuld nicht dem Hüter und Diener / sondern dem Gerichts-Herrn selbesten zuzuschreiben / welcher die Gefängnisse in guten Stand und baulichen Wesen hätte erhalten sollen. E. praetoria 4. & ibi Gloss. C. de operib. publ. Seb. Guazzin, ad Defens. Inquisitor. tom. 1. Defens. 6. c. 5. n. 9. p. 237. Clarus Q. 46. n. 3. Item / wenn einer auf einen hohen wohlverwahrten Thurm gefangen säße / aber herunter sprünge / beym Leben bliebe / und davon käme / kan man deßhalber dem Hüter nichts thun. Talis enim periculosus fugiendi modus â custode verisimiliter praevideri non poterat, maximè si in loco solito & consueto fuerit detentus. L. quod si 31. §. quia ff. de AEdilit. Edict. ibi: ea quae sunt moris. Zumahl da solches unter die casus fortuitos mit zurechnen / vor welche niemand zustehen schuldig. L. contractus 23. vers. animalium ff. de R. J. L. qui Insulam 30. §. Colonus fin. ff. locati L. quae fortuitis 6. C. de pign. act. L. 12. in fin. pr. ff. de Cust. reor. Circa casum fortuitum tamen ist attendendum 1. Num culpa etiam casum praecesserit, tunc enim casus fortuitus culpae quoque tribuitur. L. ut certo 5. §. quod verò 4. ibi: nisi aliqua culpa interveniat. L. in rebus 18 in pr. ibi quae sine dolo, ff. commodati. & ad casum ordinata culpa dicitur, quando sine ea casus non evenisset. Surd. lib. 1. cons. 12. n. 64. Hinc nata distinctio, quod alius casus sit planè fortuitus & inculpatus, §. injuria 2. J. de Leg. Aquil alius verò quadantenus procuratus & culpabilis.
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L. sine negotia 11. ff. de negot. gest. L. percipiendum 11. §. delinquitur ff. de poen. Petr. Gregor. in Syntagm. lib. 30. c. 4. 2. Sunt Casus nonnulli, qui absque culpa vix solent contingete, ut est incendium. L. nam salutem 3. §. cognoscit ff. de Offic. Praefect. Vigil. furtum, nec non fuga hominum, qui custo diri solent. L. si à bonae 21. ff. de rei vind. In omnibus proinde praesumtio est contra allegantem hunc casum, quod culpa ipsius contigerit. Ideoque non sufficit, quod Commentariensis, ad custo diam hominum carceratorum ratione publici officii obligatus casum fortuitum alleget & probet, sed necesse est, ut insuper etiam probet absque sua culpa id factum esse. L. non est 14. §. ergo si 5. ff. de Custod. reor. Bald. in L. si Creditor 5. C. de pignorat. act. XXXII. So ist auch die Zeit zu consideriren: Denn wenn ein Gefangener bey Tage sich loßwircket / und flüchtig wird / ist die Nachläßigkeit des Hüters grösser zu achten / als wenn es bey Nachtzeit geschiehet. Idque secundum opinionem Jason. in Consil. 27. custos carcerum, in fin. lib. 3. Wiewohl die Nacht denselben um so viel weniger entschuldiget / indem gegen die Nacht die Gefangene allezeit fester zuschliessen / und besser zuverwahren / als am Tage. arg. text. in L. 1. c. de custod. reor. ibi ubi: nox. XXXIII. Wenn sichs aber begebe / daß einer / so sich loßgemacht / aus Reue / so von sich selbst zurück käme / und sich wieder ins Gefängnis stellete / ob denn auf solchen Fall der Gefängnis-Hüter dennoch zubestraffen sey? Antwort / Ja! Denn das delictum ist an Seiten des Hüters schon consummatum, und er also bereit in Straffe verfallen / doch nur in poenam arbitrariam. Farinac. cit. q. 31. n. 69. 70. & 71. Wer aber einmahl loßbricht / und wieder ertap???wird / den soll man besser verwahren / und härter / wie zuvor / schliessen. Menoch, de A. I Q. cas. 303. n. 10. XXXIV. Und wie weit auch der Gefängnis-Hüter wegen seiner Mit-Hüter [516] zustehen und zu hafften schuldig / ist zu distinguiren / ob dieselbe von dem Judice eligiret und angenommen / oder der Commentariensis solche ihm nur selbsten adjungiret habe. Bey dem ersten Fall ist dieser vor seine Mit-Gesellen / die eben in Eydes-Pflichten sind / wie er / Rede und Antwort zu geben nicht verbunden / vielweniger hat er ihre Nachläßigkeit und Verbrechen zu entgelten / maßen die Obrigkeit sich selber zu imputiren hat / daß sie keine bessere und hurtigere Diener angenommen. §. item exercitor. 3. I. de oblig. quae ex qs. delict. nasc. L. ait Praetor 1. §. & sunt 3. ff. de Naut. caup. stab. Paris de Puteo, d. tr. v. carcer, vers. an potestas, n. 4. Im andern Fall aber kan er sich nicht loß wickeln / sondern muß vor dieselbe haften. per L. fin. ff. de custod. reor. ubi non est facilè tyroni custodia credenda, nam eâ perditâ is culpae reus est, qui eam committit. Zumahl / wenn er seinen Weibe oder Kindern die Aufsicht der Gefängnisse und Gefangenen anheim gegeben hätte / er aber dem Sauffen / oder seinen eignen Sachen nachgegangen wäre. arg. L. quoties pr. ff. ad municip. Menoch, de A. I. Q. cas. 302. n. 5. Hilfft ihn auch nicht / wenn er gleich den / so er substituiret, darstellen wolte und könte. per L. ad commentariensem 4. C de custod. reor. ibi: nec putet hominem abjectum atq??? vilem objiciendum esse Judici. Gloss. ibid. Doch wird die Straffe in etwas gemildert. Schreiber. th. 27. Es wäre denn Sache / daß solcher Substitutus zugleich mit den Gefangenen auf und davon gegangen wäre. L. non est 14. ff. §. 2. qui si ff. de custod. reor. ratio est haec: quia nulla ipsi commentariensi culpa adscribi potest, cum nemo talem proditionem providere valeat, praecipuè istius, qui antea diligens & probus fuit. Menoch. d. cas. n. 8. & 9. XXXV. Sonsten erfodert des Hüters Pflicht / daß er gegen die Gefangenen [517] leutselig sey / ihnen gute Wort gebe / sie zur Gedult und fleißigen Gebeth ermahne / ihnen zu rechter Zeit essen und trincken / auch offte rein Stroh zum Lager bringe / und den Orth / wo sie sitzen / sauber halte / damit sie nicht voll Ungeziefer werden und verderben. Item wenn sie kranck worden / es sobalten der Obrigkeit anzeige / auch sonst sie fleißig warte / und in acht nehme / denn in widrigen muß er deßhalber Rede und Antwort geben / und vor seinen Unfleiß Straffe leiden / wie mit mehrern in dem Capitel vom Gefängnis und dessen Straffe zu sehen. XXXVI. Absonderlich aber soll er mit den gefangenen Weibes-Bildern ehrlich umgehen / und sich nicht etwan mit Unzucht an denselben vergreiffen; Denn sonst hat er Leib / auch wohl Lebens-Straffe zugewarten: Gestalt denn Jodoc. Damhoud. in prax. crim. c. 17. n. 20. und Paris de Puteo, de Syndicatu verb. adulterium, vers. volo quod tu. n. 1. wollen / daß er mit dem Schwerd hinzurichten. Clarus, lib. 5. Sentent. §. fornicator verb. cum carcerata und Joh. Faber, in §. item Lex Julia 8. Inst. de publ. jud. n. 6. aber ihm den Strang; Jacob, de Bellovisu, in sua Pract. crim. lib. 3. 18. n. 24. & seq. q. ex L. si tutor unica, c. si quis eam cujus tut. fuerit. Die Landes-Verweisung / nebst confiscation seiner Güther; Nicol. Boër. decis. 318. n. 16. n vers. & hoc sentit. eine tapffere Geld-Straffe zuerkennen. vide omninò Guil. Boekel. disq. 5. §. 16. p. 85. & 86. Welcher allerhand Ursachen anführet / wodurch ein solch gefangen Weibes-Bild / aus Furcht des Gefängnisses / weil sie niemanden hat / den sie drin um Hülffe anschreyen kan / oder in Hoffnung desto ehe loßzukommen / oder doch nicht alzuhart gehalten zu werden / leicht von solchen Vögeln / die meistentheils allein zu ihnen hinein gehen / zur Unzucht / Hurerey und Ehebruch beredet und verführet werden könne. XXXVII. Worbey doch alle Umstände erst wohl zu ponderiren und zu überlegen / auch der Unterscheid zu machen / ob die gefangene eine Ehefrau / oder eine ledige Dirne sey. Im ersten Fall wenn er beweibet ist / wird nach den [518] Sächsichen Rechten / wegen der Ober Hurerey / ihm der Kopff. abgeschlagen. Carpzov. part. 2. quaest. 69. n. 30. Ist er aber ledig / wird / nach Inhalt der Chur-Sächß. Const. 25 part. 4. er mit Staupen-Schlägen des Landes verwiesen / ibi: Wenn derjenige / welchen eine Weibes-Person in Custodien und Verwarsam befohlen / dieselbige Gefangene beschläft / so soll er / so beyde Petsonen ledig / mit Staupen-Schlägen des Landes verwiesen werden. Hat er aber ein Weib / und dieselbe intercediret vor ihn / wird mit den Staupen-Schlag inne gehalten / und er des Landes verwiesen. Const. Elect. 9. part. 4. Simplex enim hoc est adulterium, ubi conjugis intercessio admittitur. Carpzov. d. loc. n. 31. & 32. XXXVIII. Unterstünde sich auch einer / die Schergen / Büttel / Frey-Bothen und Stadt-Knechte in ihren rechtmäßigen Verrichtungen zu hindern / derselbe wird nach grösse des Verbrechens arbitrariè gestrafft. Dither, in contin. Besold. v. Büttel / pag. 120. Die Fürstl. Braunschw. Wolffenbüttelsche Landes-Ordnung / de An. 1647. art. 8. setzet hievon also: Wer sich den Fürstl. Ambts- oder anderer Gerichts-Herren verordneten Dienern wiedersetzet / und denselben mit ungebührlichen Worten und Wercken begegnet / der soll allemahl drey Gülden Straffe erlegen: Dargegen soll ein ieglicher / der sich über solche Ambst- oder Gerichts-Diener zubeklagen hat / gebührlich gehöret werden. Würden auch die Baurmeister / oder andere in den Dörffern / wann ihnen von diesen etwas anzu zeigen ist / sich verkriechen / in die Winckel verstecken / oder gar abweges gehen / so sollen dieselbe / so offt es geschicht / allemahl auch drey Marien-Gülden zu Straffe erlegen. In der H. Römischen Reichs Stadt Franckfurth am Mäyn Anno 1578. publicirten Stadt-Recht stehet folgendes: Würde iemand unsere Schar-Wächter / bey Nacht freventlicher / auffetziger weise / und ohne ehehaffte rechtmäßige Ursachen / anfallen / verwunden / schlagen / oder ab ihrer Wacht zu treibë sich unterstehen / der soll / nach Gelegenheit solches begangenen Frevels / mit Abhauung seiner rechten Hand gestrafft / oder nach Grösse der Ver [519] fahrung / auch am Leben mit dem Schwerd gerichtet werden. Also auch welcher unsere Stadt-Knechte oder Kichtere / in ihrem anbefohlenen Ambt muthwillig / und sonder ehehaffte Ursachen / würde verhindern / schmähen / und frevele Hand an sie legen / der soll / nach Gelegenheit und Umständen der Sachen / derowegen an Leib und Gut gestrafft werden. XXXIX. Und da diese / auf Befehl der Obrigkeit / einen gefangen nehmen wollnen / die Captur auch rechtmäßig ist / derselbe aber sich mit Wehr und Waffen wiedersetzet / und die Diener die Nachbarn oder Umstehende üm Hülffe anruffen / sind dieselbe / als Unterthanen schuldig / ihnen beyzustehen / daß der / so sich nicht gefangen geben will / überwältiget / und zur Hafft gebracht werde. Wenn sie aber nicht solgen / und die Gerichts-Diener hülf-loß lassen / sind sie in der Obrigkeit Straffe verfallen. Gosson. ad consvetud. Atrebatens. art. 8. fol. 86. Ubi attestatur, sententiam Bithuniae fuisse latam adversus aliquos, qui cum vim scelerati Raptoris in mulierem honestam propulsare potuissent, non tamen propulsa verint, ideo omnes in jus à Regio procuratore esse vocatos, mox causâ cognitâ in venerationem justitiae condemnatos, aperto capite, flexisque genibus, palàm in judicio ignaviae suae poenitere, veniamque deprecari, eoque amplius quemlibet eorum decem librarum poena mulctatum esse. Speidel, in Specul. Jur. v. Büttel / pag. 157. Vide omninò Sebast. Guazzin, tom. 1. ad defens. inquisit. def. 5. c. 4. par tot. XL. Kömmet auch in solchem conflictu derjenige üm / so sich wiedersetzet / und nicht gefangen geben will / sind die Diener / und ihre Gehülffen deshalber frey von der Straffe: doch daß sie nicht excediren / und mehr thun / als ihnen befohlen: Sintemahl die abgeordnete Gerichts-Personen und Diener gute Vorsichtigkeit und Bescheidenheit gebrauchen sollen / damit eines theils der Delinquent nicht entkomme / andern theils aber derselbe / ohne Noth / bey der Captur nicht übel geschlagen / beschädiget / oder wohl gar üms Leben gebracht werde / welches eine Gerichts-Obrigkeit vielweniger zu befehlen / als die Bediente vor sich selbst zu thun / sich unterstehen dürffen / wenn sie nicht in die Straffe der Todschläger fallen wollen. XLI. Wenn aber ein Delinquent sich mit gewapneter Hand / wie droben gedacht / gegen die Gerichte zur Wehr stellete / haben die Bediente freylich Fug / Recht und Macht / einen solchen halsstarrigen Buben zu züchtigen / [520] auch / da er anders nicht zuerlangen ist / gar zu erlegen / und ohne Straffe ümzubringen: Zumahl wenn die Gerichte in Gefahr sind / oder beschädiget wären. Constit. Criminal. Caroli V. art. 150. ibi??? Blumblacher Franc. Cason. de indic. & tort. c. 9. n. 13. Prosp. Farinac. lib. 1. tit. 4. q. 32. de inquisit. n. 39. & seqq. Author. prax. crim. Alteburg. pag. 165. XLII. Zuweilen pflegen die Gerichts-Diener bey den Auspfänden der Censiten oder ander Leuthe / so der Herrschafft an Gefällen was schuldig sind / so sie nicht zu rechter Zeit geliefert / sondern mit der Bezahlung sich aufhalten / wohl über die Schnur zu hauen / grausam mit den Schuldnern ümzugehen / ihnen die Bette unter den Leibe / Kleider / Gebeth-Bücher und anders / offtmahls nur ihrer Gebühren halber / wegzunehmen / und also mehr zu thun / als ihnen befohlen / zumahl wenn sie die Nase / wie sie gemeiniglich pflegen / mit Brandtewein und Bier begossen haben / da sie ärger als Türcken und Heyden handeln / ihre Plauten ausziehen / und damit zuhauen und zu stechen drohen. Ob nun wohl Bartolus und Baldus, in L. prohibitum C. de Jure Fisci, & L. pen. C. de execut. davor halten / man könte sich denselben in solchen Fall / weil sie die fines mandati überschritten / und also nicht mehr vor Gerichts-Diener / sondern als Privati zu achten / wohl wiedersetzen / das Hauß-Recht ihnen weisen / und sie abtreiben / Juxta L. omnes in fin. C. de Decurion. L. contra 5. C. de Execut. & Exact. L. prohibitum; ubi Bart. C. de jure Fisci. So ist doch rathsamer / besser und verantwortlicher / daß man sich bey der ordentlichen Obrigkeit dessentwegen beschwere / und üm gebührende reme. dirung und Einsehen anhalte, ne qua tumultûs detur occasio. L. non est singulis. 186. de Reg. Jur. L. 3. C. de pign. Indeque fiat, ut defensio, quae primum honesta & licita fuit, facilè declinet in injuriam, quia omnis licita defensio requirit moderationem inculpatae tutelae. L. 1. C. unde vi. Ant. Fab. in C. lib. 7. tit. 20. def. 25. n. 11. D. Christoph Lange / in Isagog. ad proceß. jur. civ. & Sax. c. 9. n. In.
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ubi sequens ad ducit praejudicium Facult. Jurid. Lips. de Anno 1654. Mens. Novembr. „Ist im October des vorigen 1653. Jahres aus dem Ambte F. ein neu-angenommener / und euch unbekanter Land-Knecht nacher G. da euch die Ober- und Erb-Gerichte zuständig / abgeschicket worden / der euch zwo Kühe nehmen sollen / deshalben auch mit euren Vieh auf der Weide herum gejagt / und seyd ihr / nachdem ihr solches gewahr worden / alsbald zu ihm aufs Feld geritten / und zuwissen begehret / waß er unter euren Vieh zuthun hätte / da er zur Antwort gegeben / er wäre befehlicht / euch 2. Stück Vieh abzupfänden / gleichwohl aber darüber nichts vorlegen können / dahero ihr denselben / biß ihr euch der Sachen / und warum ihr denn ausgepfändet werden sollet / Erkundigung eingezogen / ein paar Tage gefänglich halten lassen sc. Ob nun wohl auf Seiten der Churfl. Ambts-Bedienten angeführet werden möchte / daß wenn ein Knecht in der ihm anbefohlenen Hülffs-Vollstreckung / zumahl bey Einbringung der Churfl. Gefälle geschimpffet wird / eben so viel sey / als wenn es demjenigen / welcher ihn abgeschickt / selbst wiederfahren; Dennoch aber / und dieweil aus eurer eingegebenen Defension Schrifft so viel erscheinet / daß aus dem Ambte zu F. euch keine Erinnerung geschehen / vielweniger einiger Hülffs-Zettel zukommen / und solcher gestalt der wieder euch vorgenommene Proceß von der Execution wieder die Rechte angefangen worden / zumahl ihr / euren Vorgeben nach / keine Steur-bare Güther eigenthümlich besitzet / darum ihr billig / ehe u. zuvor die Auspfändung angeordnet worden / gehöret werden sollen; Uber diß auch der euch unbekante Land-Knecht / ohne einig anmelden / alsbald zwey Kühe euch hinweg nehmen wollen: So seyd ihr / woferne ihr solche eure habende Exceptiones einwenden / und in der Defension zur Nothdurfft ausführen werdet / mit einiger Straffe / gestalten Sachen / und mit einlauffenden Umständen nach / nicht zu belegen. V. R. W. ad requisitionem H. G. V. B. XLIII. Ob aber denen Apparitoribus, Ambts-Stadt- und Land-Knechten zu glauben / wenn sie kommen und vorbringen: sie wären von denjenigen / an dem sie von dem Richter abgeschicket / geschlagen / oder mit schimpflichen und Ehren-rührigen Worten angegriffen worden? Darauf antwortet Petrus Gregor, Tholosanus,
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lib. 47. Synt. J. Univ. c. 40. n. 30 artig also: Quam vis olim crederetur relationi gestorum ipsius Apparitoris: tamen quando se dicebat vel injuria affectum, vel verberatum, vel literas sibi seu mandata fuisse erepta, non illi credebatur omninò, sed illius relatio pro denunciatione habebatur, ut posset de eo delato inquiri, non autem ex delatione, vel relatione illius posset quis damnari, quod jure statutum videtur. in L. ea quidem C. de accus. Hodie quoque id ipsum verum erit, cum non simplici relationi exsecutoris credatur, nisi duorum ad minus testium praesentia ea roboretur: idque justissimis de causis, ne cui fraudi via aperiatur. Multò minus fides ei habebitur, si dicat, sibi injuriam factam fuisse: Nam tunc & in causa propria suspectum est testim onium: neque admittitur, nisi in quantum propter eam relationem jubere debet Judex de relatis inquiri, data licentia reo, etiam contrarium probandi. Juxta L. optimam §. fin. C. de contrah. & comm. stip. & ita resolvit Guido Pap. Decis. 557. Sunt enim Apparitores eatenus privilegiati, quatenus secundum mandata munus obeunt: at si abutantur, vel insolentius segerant, ut est hujusmodi homin???m genus, ut plerumque insolens sit & temerarium, castigandi diligenter funt & acriter, ne inde oriatur injuriarum occasio, unde jura nasci debent; L. meminerint C. unde vi. & graviorem poenam meretur, qui privilegio fulcitus eo in perniciem alterius utitur. Auth. Presbyter, C. de Episc. & Cler. Et privilegium meretur amittere, qui concessa sibi abutitur potestate. In L. Judaeos & ibi Gloß. C. de Judaeis. L. qui sint ff. de negot. gest. c. privilogium 2. quaest. 3. Exsecutores mandatorum Magistratuum seu Apparitores nudi & simplices sunt administri, nec debent vel latum ungvem excedere mandata, nullam enim habent cognitionem. L. exsecutorem C. de exsec. rei jud. L. ad exsecutore 4. & ibi Gloß. ff. de appellat. & relat. Ideoque multò minus excedere possunt.
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L. diligenter ff. mandat. c. cum dilecta de rescript. Porrò notat Guido Pap. quaest. 557. in Gallia verberantem Apparitores quos Regios vocant, cum officia seu munera sibi commissa exercent, capite puniri aut manus eis amputari, propter injuriam illatam pricipi, in patria tamen Delphinali pecunia mulctari, aut arbitrio Judicis puniri. Sed in hac causa non statur neque creditur relationi seu testimonio Apparitoris, sed veritas inspicienda & perscrutanda, ut monuit Gordianus, L. ea quidem 7. C. de accusat. de qua si constet, vel si relationes sunt subscriptae testimonio idoneorum testium, vindicta procul dubio sumenda: cum isti, qui manda Regia exsequuntur, & ejus autoritate quippiam agunt, videantur veluti vivae Principis Imagines, & certum sit reos quoque majestatis esse eos, qui in statuas principum injuriam inferunt. Et qui literas Curiae Parlamenti vel Cancellariae vel alterius Judicis, quibus mandata exsequendi continentur, ademerit, vel extorserit de manibus Apparitoris, falsi poenis subjicitur. Guid. Pap. decis. 579. n. 5. Bald. ad L. si quis id quod ff. de juris d. omn. jud. Multò magis si fregerit, quia corrupti albi Praetoris poena tenetur; L. hodie ad Leg. Cornel. ff. de fals. vel alia arbitraria, Joh. Faber in §. poenales de action. habitâ ratione facti, & quo animo factum est: non secus ac si sequeretur de eo, qui statuas principum dejecerit vel confregerit. vid. distinctiones in L. 4. §. fin. & L. non contrahit 5. L. qui statuas 6. & L. furioso 7. ff. ad L. Jul. Majest. L. 1. si quis Imp. maled. C. L. pen. & L. fin. C. de Stat. & Imag. Etenim imaginis principis impressione solent sigillatae literae auctoritatem recipere. Petr. Greg. Tholos. lib. 47. Syntag. Jur. Univ. c. 40. n. 28. XLIV. Im übrigen / soll die Obrigkeit die Excesse der Gerichts-Diener mit Ernst bestraffen / und solchen in unbilligen Dingen nicht überhelffen / damit denen Klägern Satisfaction geschehe. Christinaeus, vol. 4. Decis. Belg. 102. n. 11. & 12. Casp. Ziles. de mulcta & jure mulctandi c. 8. pag. 176.
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Die Sineser halten unter währenden Gerichts-Sitz ihre Gerichts-Diener in strenger Disciplin und Ehr-Furcht. Wer das geringste übersiehet / oder nicht stille gnung ist / sondern ein Gemürmel erreget / der wird hart gestrafft / und ihm / damit der Schimpf desto kündlicher sey / ein Fähnlein in die Hand gegeben: Welches er kniend so lange halten muß / biß das Gericht aufstehet: Da ihm denn der Richter eine gewisse Anzahl harter Streiche zuerkent. Weßwegen man viel solcher Gerichts-Diener siehet / die Pflaster oder Narben und Striemen im Angesichte haben; Aber dennoch dessen sich nicht sonderlich viel schämen / weil mans schon an dergleichen Leuten wohl gewohnt ist. Maffejus, lib. 6. Hist. Indic. pag. 264. Edit. Colon. 1590. Erasm. Francisci, im Neu Polirten Geschicht-Kunst und Sitten-Spiegel ausländischer Völcker / lib. 2. Disc. 4. pag. 350. XLV. Zum Beschluß dieses Capitels wird gefraget / wie es mit den Ambts-Knechten und Schergen / die mit Malefiz Personen zuthun haben / und solche dem Nachrichter an das Band liefern / und deren Kindern / bey Aufnahme in Handwerge und deren Erlernung / zu halten? Indeme mit den andern / welche mit den Malefiz Personen bey der strengen Frage / und Vollziehung der Peinlichen Urthel nichts zuschaffen / noch Hand anzulegen haben / es keinen Zweiffel hat. Nun sollen zu solchen Dienst die jenige Personen / die Erbarn Herkommens und Wesens seyn / vorher nicht unerbare Handlung getrieben / oder böse Nachrede und Leumuth auf sich haben / von Frömmigkeit und guten Wandels wegen erwehlet und aufgenommen werden / Erklärung der Bayerischen Landes-Freyheit / part. 1. art. 5. Item Landesfried des Fürstenthums Neuburg / p. 1. art. 5. Ist auch deren [und der Nachrichter] Ambt vor sich nicht unehrlich / sondern vielmehr nothwendig / immassen auch die Biblische̅ Exempel gnugsam bezeugen / daß die Zeugen einer begangenen Ubelthat / ob sie schon hohen Standes gewesen / so gar das Nachrichter Ambt bey Vollziehung der verdienten Straffe verrichten müssen. Deuter. c. 13. & 17. ibi. Die Hand der Zeugen soll die erste seyn / ihn zu tödten / und darnach die Hand alles Volcks / daß du das Böse von dir thust. sc. Volum. IV. Disp. Basil. 20. de Execut. Leg. th. 49.
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Daß aber dergleichen Personen hin und wieder übel beschrien sind / das geschiehet wegen ihres fast insgemein führenden ärgerlichen Lebens und Verhaltens / derowegen sie in schlechten Praedicat seyn / wie bey dem Avenar. Quaest. Nomico-Polit. 139. Par. de Puteo, de Syndicatu, verb. familiaris sive familian. 6. & seqq. ubi tradit, quod omnes Exsecu. ores praesumantur malitiosi. Bald. ad L. si ut proponis C. de Execut. rei jud. n. 1. Chassan. ad Consuet. Burg tit. 2. §. 52. gl. 1. n. 184. Hostiens. in Summa, lib. 2. tit. de contum. §. qualiter n. z. vers. contra quia & c. fol. 451. zusehen. Dahero auch solche Personen bey ehrlichen Zünfften vor Handwercks-Genossen nicht passiret noch zugelassen werden. XLVI. Welches auch mit deren Kindern / die / nachdem der Vater zu solchem Büttel- und Schergen-Ambt kom̅en / erzeuget und gebohren worden / geschiehet. Eine andere Meinung aber gewinnet es / wann solche vor erlangten Dienst erzeuget und gebohren worden. vid. Chur-Bayerische Land- und Policey-Ordn. lib. 4. tit. 1. art. 2. vers. als sich aber &c. Indem die Beförderung eines Heyls und Wohlfarth / der nichts übels begangen / und sich wohl verhält / oder gute Anzeigung von sich gibt / nicht zu verhindern. C. generaliter 3. §. Spurios & l. Spurii 6. in pr. ff. de Decur. So hat gleichfals ein Kind seiner Eltern Unthaten und Mißhandlungen nicht zuentgelten / vielweniger sind sie ihm schädlich / wenn es sich nur ehrlich / wohl und Tugendsam erweiset. L. qui ad tempus 2. §. in filiis 2. ibi ne patris notâ filius macularetur. & §. 7. nullum patris delictum filio innocenti poena est. ff. de Decur. L. Crimen 26. ff. de poen. & ibi Gothefred. Gab. Palaeot. de not. & spur. filiis c. 65. n. 3. & seq. nec filius odio patris praegravari debet. L. si quis in suo 33. §. Legis 1. C. inoff. Test. Welches zwar auch von den Kindern / die bey Vertretung des Schergen / und Büttel-Dienstes gebohren werden / zu sagen: Allein weil die tägliche Erfahrung mitbringet / daß dergleichen Personen bey Ubernehmung der Ambts-Knecht und Büttel-Dienst / sich gemeiniglich allerdings endern / und in ein liederlich Leben gerathen / auch Tugend und Erbarkeit oftmahls wenig achten / sondern sie beyseit setzen / denen die Kinder vielfältig [526] nachfolgen / auch gleichsam von Jugend auf darzu erzogen / gewöhnet und angeführet werden / und Lust bekommen / da es denn dem gemeinen Sprüchwort noch heisset: Mali corvi malum ovum! Wie der Vogel ist / so leget er Eyer! Et ex improbo patre proficistur improbus filius. Erasm. in Adag. Chiliad. 1. cent. 9. adag. 25. und wie Seneca in Hippolito setzet: Redit ad Autores genus, Stirpemque primam degener sanguis refert. Item, Saepè solet similis filius esse patri, Gl. in c. si 15. 2. verb. defectu fil. presbit. n. 6. Wiewohl dieses nicht allemahl zutrifft; So thun solche Eltern wohl / wann sie die Kinder beyzeiten zu etwas anders erziehen / und lerne lassen / so nicht zünftig / als Bauren- und andere Hand-Arbeit. Philip Zorer, im andern Theil seines Rechtl. Bedenckens Quaest. 18. n. 4064. & seqq. XLVII. In der Churfurstl. Sächß. Policey Ordnung aber Anno 1661. tit. 21. part. 4. §. 4. per tot. fol. 138. stehet expressè daß der Ambts-Frohnen / Stadt- und Land-Knechte Kinder / zu folge des Heil. Reichs verbesserten Policey-Ordnung de Anno 1677. bey allen und jeden Handwercken / wenn sie ehrliche Geburth darthun können / und sich sonsten ehrlich verhalten / unweigerlich auf und angenommen / am allerwenigsten aber die Richter und Gerichts-Personen / die bey denen vom Adel und Ritter-Gütheru auf dem Lande das beystecken verrichten müssen / oder ihre Kinder von ehrlichen Handwercks-Zünften deßwegen ausgeschlossen / auch da ein oder das andere Handwerck dergleichen sich unterstehen würde / sie unter diesen Vorwand von denen Innungen auszustossen / oder darein nicht zu recipiren, wider dieselben / als nicht minder wieder diejenigen / die sie deßhalber vor unehrlich halten wollen / von dem Magistrat jedes Orts mit Geld oder Gefängnis-Straffe / nach Befindung / unnachläßig verfahren werden solie. XLVIII. Derowegen können sich alle diejenige Personen / so denen Gerichten / [527] mit der Aufwartung an die Hand gehen / um desto eher ihres Berufs getrösten / und wenn sie sich ehrlich und fromm verhalten / ein mehrers nicht / als ihnen befohlen / thun / nebst Obrigkeitlichen Schutzes vor ihre Kinder Geburths-Brieffe / und Gerichtlicher Zeugnisse zu Beforderung ihrer zeitlichen Wohlfart versichern. Author, prax. crim. Alteb. pag. 67. Nullibi enim in Jure lictores inter personas infames referuntur, nec infamia facti laborant. Sentiat de his, quicquid velit Vulgus, non certè ex opinione honestorum graviumque virorum lictores maculâ censentur aspersi, quae sola tamen infamiam facti importat. C. probrum 42. ubi Joh. Goedd. de V. S. Carpzov. p. 1. Decis. 18. n. 10 & 11.

CAPUT VI.
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Vom Scharffrichter. I. ZU Latein wird er Carnifex genennet / à carne facienda: Ideo quia ex hominibus carmen facit, i. e. homines interficit. Nam ut Graecis [Greek words], ita apud Latinos facere non tantum [Greek words], sed & occidere significat. Vossius, in Lex. Etym. verb. caro & verb. facio. Caro autem hic denotat cadaver. Donat. ad Terent. Hecyr. Act. 3. sc. 4. Joh. Casp. Eilenberg, in Disp. de jure Carnif. c. 1. §. 1. Und sind vor Alters diejenige̅ / welche sich selbsten entweder tödlich verwundet / oder gar üms Leben gebracht / Carnifices genennet worden. Dannenhero ohne Zweiffel das Sprüchwort entstanden / daß man von solchen Leuthen gesaget / Sie sind ihre eigenen Hencker worden.
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Matth. Martin. in Lexic. Philolog. v. carnifex. II. Sumitur vox Carnificis vel propriè vel impropriè. Impropriè iterum [1] Metaphorice v. g. pro tribulatore, vor einen Peiniger / Quähler: Sic Terent. in Andr. dicit: quantas hic suis Consiliis mihi confecit solicitudines meus Carnifex. Hinc dies Carnificus dicitur ein Tag / da man gepeiniget wird. Eligebant enim Romani certos dies, in quibus Servos suos per lictores & carnifices flagris exagitandos curabant. Vid. Taubmann. ad Plaut. Asinar. act. 2. sc. 2 pag. 92. Item pro homine crudeli: ut apud Bronckhorst. in not. ad Aphorism. polit. Danci p. 663. Hinc etiam Daemon tempore pestis, quia tunc maxime ipsius est vis, dicitur Dei carnifex. Luther, tom. 5. Alteb. p. 980. b. Gö???mannus, de Venef. lib. 1. cap. 7. n. 14. [2] Catachresticè pro lanione. c. signisicante 69. X. de Appell. ibi??? Cujacius, pag. 317. III. Obiter ist hieber die Frage / Wie? und welcher gestalt? auch worinnen bey den Römern die Carnifices von den Lictoribus differirt, und unterschieden gewesen? Der Unterschied bestund in diesem / daß die Carnifices die Ubelthäter creutzigten / strangulirten / henckten / und ihnen die Hälse brachen / auch sonst andere Leibes-Straffen an den Knechten und Frembden / so nicht Römer wahren / exequirten und vollzogen. Die Lictores aber verfuhren wieder die Römische Bürger nach dem Gesetze / hieben auch diejenige / so sich als öffentliche Feinde wieder den Römischen Estat und Regierung gesetzet / mit Ruthen / und richteten sie hernach mit dem Beil. Es wohneten auch diese in / jene aber vor der Stadt. Crus. de indic. delict. p. 4 c. 52. n. 4. Hinc Cicero, in Oratione Rabiriana, per antithesin comparat carnificem cum lictore. Porcia Lex ait, libertatem Civium Lictori eripuit. Labienus, homo popularis carnifici tradidit. Idem in Verr. 7. ibi: aderat Janitor carceris, Carnifex Praetoris, mors terror??? Sociorum & civium lictor. Et Livius, lib. 3. ab l. l. c. ubi [inquit) Decemvir ille perpetuus bonus terga, sanguini Civium infestus virgas & secures omnibus minitans Deorum??? hominum??? contempter carnificibus non lictoribus stipatus &c. Quibus Triumviri capitales e [529] rant praefecti, quorum directione, interventu & praesidio carceratorum cura & asservatio, nec non poenae procurabantur, infligebantur. Unde Francisc. Pollet, in histor. fori Rom. lib. 5. c. 14. verisimile esse tradit, Triumviros capitales carnificinae praefuisse, at??? sub se Carnifices, Lorarios, Lanios, TINTINACULOS VIROS, & ejusdem ordinis Lixas habuisse, cum eorum instrumentis. Ubi notandum est, TINTINACULOS VIROS fuisse dictos ipsos CARNIFICES, qui tintinnabula gestarunt, ad convocandam plebem vel submovendam potius, ne contaminarentur. Prout Cicero, cit. loc, pro Rabirio ait. Inde carnifices Urbe expulsi, ne inde contaminarentur cives. Qua de re extat locus apud Plautum in Truculento, ibi: Lanios accersam duos cum tintinnabulis. Et rursus eod. loc. Ne ego bilingues vos necem, nisi ad tintinaculos, Vultis vos educi viros &c. [3] Metonymicè, pro custode Carceris, Taubman, ad Plaut. Rudent. Act. 3. sc. 6. p. 1051. Propriè pro persona sordida & cruenta exercente, justitiaeque ministris manus praebente, ut hîc. Eylenberg, d. disc. §. 2. IV. Ferner wird er genennet Servus Publicus. C. Vell. Patercul. lib. 2. hist. Rom. c. 19. Ibi: In carcerem Minturnensium jussu Duumviri ductus est, ad quem interficiendum cum Gladio missus Servus publicus, natione Germanus, qui fortè ab eo Imperatore bello Cimbrico captus erat, ut agnovit Marium, profugit è carcere, abjecto gladio. Valerius Max. lib. 2. c. ult. tit. 7. eandem rem narrans; missus ad eum occidendum in privatâ domo Miturnis Servus Publicus, natione Cimber, & senem & inermem, & squalore obsitum, strictum gladium tenens aggredi non sustinuit. Paterculus in carcere, ille in privata domo clausum Marium vult, sed fortè carcer & in domo. Ille servum publicum Germanum, hic Cimbrum, Livius Gallum facit, inquiens: Immissum percussorem Gallum vultûs authoritate deterruit. Sed facilè est, illud dissidium componere: nam Gallorum nomine antiquitus & Germani & Cimbri continebantur Idem Valerius, lib. 3. c. 2. tit. 29.
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Theramenes porrectam jussu Tyrannorum veneni potionem non dubitanter hausit, quod??? ex ea superfuerat, jocahundus illisum humo clarum edere sonum cocgit, reddens??? Servo publico, qui eam tradiderat, Critiae, inquit, propino! Juvenal. Sat. 10. in principio. - - - Mignae??? Coronae Tantum orbem, quanto Cervix non sufficit una? Quippe tenet sudans hanc Publicus, & sibi Consul Ne placeat, curru Servus portatur eodem. V. Bey den Römern wurden die Scharfrichter [wie bereits erwehnet] Lanii cum tintinnabulis Menschen-Schlächter mit Glöcklein / weil bey Hinausführung derarmen Sünder sie Glöcklein gebrauchten / genennet. Joh. Christoph. Salbach / lib. 3. Antiq. Rom. part. 3. c. 2. circa fin. pag. 222. ne quis inter eundum contactu illorum piaculo se obstringeret, ut annotavit Zonaras, 2. Annal. fol. 61. sub descriptione Triumphi à M. Furio Dictatore de Vejentibus habiti. VI. â Gothofredo, ad Edict. Justin. 8. c. 3. lit. M. & Zahn. in tr. de jure Municip. c. 33. n 5. vocatur manus legum. Die Franzosen heissen ihn Bourreau: Item l'Executeur de la haute Justice, Executorem supremae justitiae. Corasius. in annot. arresti Parlamenti Tholosani, in notab. causae matrimon. pag. 233. Zu Tholosa wird et Borell, Etrusca lingva Barrakel, von de̅ Hebräischen ??? fulminavit, percussit, Petr. Greg. Tholos. Syntagm. Jur. Univ. lib. 31. c. 38. n. 2. In Italien Manegoldi, Ripa, de Peste c. 4. n. 118. pag. 140. genennet. Forsitan apud Italos Carnifex aliquis hujus nominis famosior fuit, à quo cognomen officio semel agnatum postea remansit. Aliàs est nomen herbae vel floris Wald-Mangold / Wiesen-Mangold / u. kleiner Mangold; quin etiam nomen proprium virorum, quod importat gratiam atque favorem omnimodam, seu universorum, tanquam omnes i [531] psum ament, daß ihn männiglich hold sey / ac coincidit cum Ulrico & Johanne D. Adrian Beyer. in tr. vom Hencker-Geld / c. 1. §. 10. Paris de Puteo, de Syndicat. pag. 598. und Ludovicus Carer. in pract. crim. pag. 230. n. 48. heissen ihn Manivoltum. Apud Graecos carnifex dicitur [Greek words] inexorabilis. VII. Bey uns Teutschen hat er auch unterschiedliche Nahmen / als Der Scharff- oder Nach-Richter / Judex Secundarius, peracto enim judicio, in quo causa fuit cognita, incipit Sang vinarium Carnificis officium. D. Adrian Beier. d. tr. c. 1. §. 10. Erlenberg, cit. disp § 3. Meister Hans / D. Luther in der Kirchen-Postill über das Evangelium am IV. Sontag nach Trinit. Carpzov. pract. crim. part. 3. q. 137. n. 51. Nomen Magistri gerit propterea, quia ipsius expeditio non est sine artificio; & à censura morum acerrima, qualis in desperatis necessaria. Ac fortassis istuc respiciunt paedagogi ac parentes pueros castigaturi, satius esse dicentes, à parentibus aut praeceptoribus praecepta vivendi cum aliquali castigatione accipere, quàm à carnifice. Du / es ist besser / ich ziehe dich / als Meister Hans / oder Meister Benedix. Beier, alleg. loc. Meister Vix / darum / daß er in seiner Kunst fix und fertig ist. D. Adrian Beier. von Hencker-Geld / cap. 1. §. 14. Eylenberg. d. Disp. §. 3. Meister Hämmerling / quod nomen ipsi cum diabolo est commune, quia nonnun quam diabolicà crudelitate in homines saevit. Idem cit. loc. Dither, in addit. pract. Speidelii, pag. 274. Der Angstmann / als welcher manchen Ubelthäter angst und bange machet. Frideborn. Rer. Stetin, lib. 2. p. 15. Brunnemann, in proceß. crim. c. 8 memb. 5. n. 44. Freymann / weil er sein Ambt frey und ungehindert verrichten / und sich niemand an ihn vergreiffen soll / oder auch bey Leib- und Lebens-Straffe darf. Bürger, in observ. milit. cent. 2. obs. 65. pag. 364.
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Der Nothboth / Acta Lindav. fol. 844. Und Dither, ad Besold. Thes. pract. v. Scharffrichter. Das Peinlein / Barmbergisch. Peinl. Hals-Gericht-Ordn. art. 258. & 260. Der Bödel / Statut. Lubec. lib. 4. tit. 18. art. 1. Der Hencker. Quare autem Carnifices apud Saxones saepius Hencker / quam Nach- oder Scharffrichter vocentur, exinde quidam descendere putant, quod olim poena suspensionis magis, quam hodierno die, praesertim in Saxonia, in usu fuerit, ut ita denominationem ab officio sumserint. Quâ poenâ non nisi fures in Germania nostro tempore afficiuntur. Speidel. in Specul. Jur. v. Hencker. Der Züchtiger / Leonhard. Fronsperger, im Krieges-Recht / lib. 1. fol. 16. b. ibi; Wird aber einer zu einem Strang erkant / so soll ihm der Züchtiger führen / auf Orth und Platz / wo er Fug und Stat haben mag / und ihm mit dem Strang an den nechsten Baum oder Ast zwischen Himmel und Erden auf- und anknüpffen / so lange biß er erwürget / vom Lebeu zum Tode. fol. 17. wird das Wort Züchtiger mehrmahl wiederholet. VIII. Vor Alters sind keine gewisse Personen zu Scharff- oder Nachrichtern bestellet gewesen / sondern entweder die Zeugen / oder das gantze Volck / oder die Könige / Fürsten und die hohe Obrigkeit selbst / oder ihre Räthe / Trabanten und andere Diener / wie sie bey der Hand gewesen / haben die Schuldige / oder die das Leben verwürckt / hingerichtet. Speidel. in Notab. pag. 481. Zeiller, cent. 2. quaest. 97. in fin. Rud. Godof. Knichen, op. Polit. lib. 2. part. 1. c. 13. th. 21. col. 713. Et carnificum usum olim in Dei populo nullum fuisse, docet Zepper, in explanat. Legum Mosaic. lib. 5 q. 7. fol. 710. Drum wenn in der Mosaischen Policey einer / auf vorgegangene Anklage / mit Zeugnüs überführet / und zum Tode verurtheilet war / muste die Hand der Zeugen bey der Steinigung die erste seyn / und darnach die Hand alles Volcks. Deuteron. c. 17. v. 7. Levit. c. 24. v. 14. & seqq. Act. Apost. c. 7. v. 58. & 59.
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Auf Moysis Befehl musten die Kinder Levi das Nicht-Schwed an die Seite gürten / und wegen vorggeangener Abgötterey und Kälber-Tantzes 3000. auf einmahl massacriren und hinrichten. Exod c. 32. v. 27. 28. Der Mann / der am Sabbath Holtz gelesen / ward / auf vorhergegangenes Urtheil / von der gantzen Gemeinde gesteiniget. Num. c. 15. v. 32. & seqq. Als Achan wegen des Raubs von den Verbanneten mit seinem gantzen Hauß Israel ihn gesteiniget / und mit Feuer verbrand habe. Jos. c. 7. v. 25. Der Prophet Samuel that selber die Execution an dem gefangenen Amalekiter König Agag / zuhieb denselben in Stücken vor dem HErren zu Silgal. 1. Sam. 15. v. 33. Als Saul den unschuldigen Priester Ahimelech / und seines Vaters Hauß / deswegen / daß er dem flüchtigen getreuen David mit Victualien / und sonsten / beförderung erwiesen / und ihm nicht verrathen / gleichsam des Lasters verletzter Majestät vermeintlich beschuldigte / und zum Tod verdammete / hat er die Execution und Hinrichtung seinen Trabanten befohlen / und als dieselbe ihre Hände an die Priester des HErrn zu legen sich verweigert / hat sich der Fuchsschwäntzer Doeg darzu erbothen / und es verrichtet. 1. Sam. c. 22. v. 16. & seqq. Als ein Flattirer dem David die Zeitung brachte / daß er den König Saul getödtet hätte / und deswegen von David wieder zu sterben verdammet war / hat er seiner Jünglinge einem die Execution anbefohlen. 2. Sam. e. 1. v. 15. Imgleichen befahl David seinem Jünglingen des Isboseths beyde untreue Haupt-Leuthe vom Leben zum Tode zu bringen / die ihnen Hände und Füsse abgehauen / und sie am Teich zu Hebron aufgehänget. 2. Sam. c. 4. v. 11. Als Adonia seinem Bruder / dem König Salomo / nach Scepter und Cron trachtete / und darüber sein Blut-Urtheil bekahme / muste Benaja / [534] des Königs Feld-Häuptmann / des Adonia und Joabs Scharffrichter seyn / und sie beyde hinrichten. I. Reg. c. 2. v. 25. & 33. Wie der neu-gesalbte König Jehu / auf GOttes Besehl / die Priester Baals ausrotten und hinrichten ließ / hat er die Execution seinen Trabanten und Richtern anbefohlen. 2. Reg. c, 10. v. 25. Bey der Creutzigung Christi wahr den Krieges-Knechten die Execution befohlen / welche auch den beyden Schächern am Creutz die Beine gebrochen. Johan. c. 19. v. 32. Reinkink, lib. 2. Biblisch. Policey / axiom. 55. Wie dann noch heut zu Tage im Kriege die / so zum archibusiren condemniret worden / von ihren besten Cammeraden unter den Reuthern erschossen werden. D. Adrian Beier, de bonis damnat. §. 33. IX. die Trium-Viri bey den Römern bedieneten sich gleichfals bey Hinrichtung der verbannisirten der Krieges-Leuthe / Crusius, de Jnd. delict. p. 4. c. 52. n. 2. welche sie Lancearios & Spoculatores, oder auch wohl Percussores [Tacit. 16. Annal. 9.] nenneten. Hinc Julius Firmicus, lib. 8. c. 26. SPECULATORES, inquit, faciet, qui nuduto gladio hominum amputant cervices. Horum Speculatorum fit mentio quoque in historia Novi Testamenti, Marc. Vl. v. 27. [Greek words]. Quod. B. Lutherus exsertim Carnificem reddit: Und bald schickte hin der König den Hencker / und hieß sein Haupt herbringen. Nimirum ipsos quoque Judaeos hujus muneris puduisse credideris, dum Saulus occisionem Sacerdotum Satellitibus demandabat. D. Beier, in tr. von Hencker-Geld / c. 1. §. 13. X. Ja die Eltern sind wohl zuweilen ihrer eignen Kinder Scharffrichter gewesen. Vid. Bodin. lib. 3. de Republ. c. 7. XI. So lieset man auch in der Salmansweilischen nothwendigen Erinnerung / bey der dritten Haupt-Frage fol. 48. daß in dem Closter Heilsborn / [535] vor Zeiten die Leyen-Brüder / Bärtling genant / sich vor Scharffrichter gebrauchen lassen. Joh. Jacob. Speidel. in Spec. Jur. v. Hencker / Nachrichter / p. 586. Wie denn noch im Closter Eborach bey Manns-Gedencken ein Convers - Bruder / Eberhard genant / die Ubelthäter Peinlich examiniret. Lindauische Acta, fol. 850. Limnaeus. in J. P. lib. 1. c. 7. n. 46. Dither, in addit. ad Besold. Thes. pract. v. Scharffrichter / p. 865. Desgleichen erzehlet Aubigne, im 1. Theil seiner Historien / lib. 3. c. 12. daß ein Franciscaner Mönch / als im Jahr Christi 1562. die Teutschen Reuther und Fuß-Knechte in Franckreich gezogen / und in solchen Zug S. Cire, Icy und Chasteau Vilain ausgeplündert / seine Mit- und Convents-Brüder gehenckt / auch hernach bey dem Krieges-Heer dieses Handwerck getrieben / und solches iederzeit in seiner Mönchs - Kutten verrichtet habe. XII. Und führet Zeiller, cent. 5. Epist. 419. an / daß auch die Ziegeuner vor Scharfrichter gebraucht worde̅. In Concilio Flandriae Primo Praetori, qui principis vices refert, executionem facinorosorum committi Damhouderus, prax. crim. c. 154. n. B. autor est. Juxta Aristotelem, lib. 6. Polit. c. 8. Magistratibus demandatur, ut ipsi sint executores suorum Decretorum. Exemplum de Balduino VII Flandriae comite refert Lips. in polit. p. 131. §. 7. In der Stadt Reutlingen hat vor Zeiten der jüngste Raths - Herr die Peinliche Execution verrichten müssen / allermassen denn auf dem Rath-Hause daselbsten das Schwerd / womit solches geschehen / noch vorhanden / und von Rost sehr gefressen seyn soll. Georg. Rittershus. de Jure Asylor. c. 4. p. 66. Camerar. hor. succis. 1. c. 76. p. 374. Pontan. in Att. Bellar. vol. 1. p. 707. Lansius, in oratione contra Germaniam, p. 824. Dither, in add. ad Besold. Thes. Pr. v. Scharffrichter. D. Beyer, vom Hencker-Geld / c. 1. §. 12. XIII. In der Littau soll der Peinliche Ankläger / wenn er den Peinlich- [536] Beklagten überführet / selber die Selle des Scharffrichters vertreten / oder der Reus Capitis sich selbsten erhencken müssen. Alex. Guagnin. & Abrah. Ortel. in descript. Lituan. Speid. in spec. jur. v. Hencker / p. 586. XIV. In Engelland mögen noch auf den heutigen Tag / wann die Delinquenten aufgehengt werden / die näheste Bluts-Freunde Hand mit anlegen / und mit Brechung der Hälse oder Genicke des justificirten Leben verkürtzen / zu welchem Ende sie auch nicht hoch von der Erden / sondern an einen Balcken niedrig angeknüpfft werden / wie Bodinus, de Rep. lib. 3. c. 8. schreibet / quod extremum pietatis officium [und den Gesellenstoß geben] vocant. Reinking. in der Bibl. Policey lib. 2. c. 55. pag. 325. Bullae ad const. crim. Car. V. art. 97. Zeiler. Epist. 302. Speidel d. loc. Carl von Lespine, in der Beschreibung unterschiedlicher Königreiche / pag. 113. Naurath. in hypotypes. Jur. Subd. p. 605. Bey den Orientalischen Käysern zu Constantinopel haben eine Zeitlang die Juden sich zu Scharffrichtern gebrauchen lassen müssen. Pachymeres, in Hist. Andronici Palaelogi, lib. 3. c. 11. & 26. XV. Und setzet Käysersberger / gewesener Prediger zu Straßburg / in der Beschlus-Predigt part. ult. vol. 39. Wenn man vor Alters in einem Dorff einem Dieb hengen wollen / da kein Hencker gewesen / so hätte ein gantz Gericht den Dieb gehengt / und zwar dergestalt: Man habe ein lang Seil genommen / und daßselbige über den Galgen geschlagen / und den Dieb unten dran geknüpfft / welches der Schultheis thun müßen / hernach habe das gantze Gericht den Dieb auf den Galgen gezogen / daß er daran erwürget / und haben alle unter solchen Gericht gesessene Bürger und Bauren am Seil ziehen müssen / damit keiner dem andern vorwerffen und verweisen können / daß er den Dieb erhengt. XVII. In Franconia alicubi receptum esse testatur Camerarius, ut maritus recentissimus furi cruciario laqueum innectat, & signo dato confestim omnes loci cives, & imprimis quatuor Sculteti operas conferunt, [hoc vocant huyen /] furemque de annosa & mutilata quercu, cui nomen Knüpffel-Baum / suspendunt.
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Heider, in System. polit. p. 236. Felvvinger. Disp. de Subditis. th. 37. Dith. in add. ad Bes. Thes. Pr. v. Scharffrichter p. 865. col. 1. XVIII, Das Dorff Weissenbrunn in Francken / so ins Ambt Castel gehörig / muß zwar den Ubelthäter anderwerts zur Straffe liefern / allein es hat aus alter Gewohnheit und Herkommen dieses Recht / daß dessen Einwohner einen Dieb nicht ausliefern dürffen / sondern ihn an einen Baum aufhengen / und wenn man solches verrichten will / müssen alle Inwohner daselbst an den Strick greiffen. Zeiler, Epist. 604. XIX. Es ist aber mit der Zeit das hin- und nachrichten der Criminosen und Verdamten etwas abscheulich worden / so gar / daß man nicht allein gewisse Personen darzu verordnet / sondern auch andere Leute der Hencker und Scharffrichter Gesellschafft gemieden / und dieselbe nicht allerdings vor ehrlich gehalten / welches / wie albereit auch oben angeführet / daher kommen / daß man zuweilen Ubelthäter / die den Tod verdienet / oder sonst andere Böse mit allerhand Lastern beschmitzte Leute darzu genommen hat. Reinking. d. lib. axiom. 55. p. 326. Naurath. cit. tr. pag. 606. D. Beier, de expens. exec crim. c. 1. §. 13. Joh. Casp. Eylenberg / de jur. Carnif. c. 3. §. 2. XX. In Rußland oder Moskau sollen die Metzger / wenn der Scharffrichter nicht zugegen / dessen Dienst verrichten müssen / wie Olearius, in Itenar. Persic. lib. 3. c. 20. in fine meldet. Es schreibet auch Zeiler, in der 16. Epistel / daß in Böhmen die Schäffer zuweilen an stat der Scharffrichter gebrauchet werden / wie er selber gesehen. Hinc proverbium Schäffer und Schinder / sind Geschwister Kinder. Joh. Melch. Lucius de damno famae declin. & reparand. Sect. 3. memb. 1. §. 13. in fin. XXI. In Indien / dem grossen Mogol unterworffen / geschicht die Execution an den Verbrechern nicht durch einen Scharffrichter / sondern wird einem von den Umstehenden und Zusehenden befohlen / welche sich dann willig darzu erfinden lassen / und es vor eine Tapfferkeit halten. Hat er aber einen Todschlag begangen / so wird er des entleibten Bluts - Freun [538] den in die Hände gegeben / die als Blut-Rächer an ihn verüben / was durch Urthel und Recht erkant. Georg. Andres-Sohn in Orient. Beschr. lib. 1. cap. 26. pag. 45. XXII. In Ceutschland kommen die meisten zu dieser Verrichtung / daß sie von Scharffrichtern gezeuget worden / und zu andern ehrlichen Handwercken und Handthierung nicht gelangen können / und also aus Noth solche Verrichtung übernehmen müssen / welche dann darum allein an sich selbsten / wie hernach gemeldet werden soll / nicht unehrlich / sondern Ministri und Diener der heilsamen Justiz sind / die ohne dergleichen Execution und Executorn ohne effect und Nutzen seyn würde. Reinking, in der Bibl. Policey lib. 2. axiom. 55. p. 326. Theils aber begeben sich aus guten Willen darzu / sonderlich wenn sie eine böse That verübet / oder sonst ihre Ehre und Redligkeit an den Nagel gehenget. Potest enim quivis in hoc puncto famae & existimationis suae esse jactator & prodigus, licet crudele sit, famam spernere. Crusius, de Indiciis delictor. part. 4. cap. 52. n. 17. Also lieset man von dem sonst vortreflichen Medico Arthagato, daß er ob nimiam secandi & urendi faevitiam endich gar ein Nachrichter worden. Plin. lib. 29. c. 1. Barnab. Brisson. lib. 2. Antiq. Roman. c. 4. Darius der letztere König in Persien ist / nachdem er von seinen Königreich verjagt / ein lictor oder Scherge worden / ut refert Coel. Rhodigin. lib. 21. c. 38. Hecate, ein grausam Weib hat dem Arthagato nichts zuvor gegeben / indem sie in ihrer Jugend / als aus Königlichen Geschlecht entsprossen / einen hie / den andern da / nach Belieben mit Pfeilen erschoffen. Ja ihren eigenen Vater mit dem stärcksten Gifft / so man Aconitum nennet / und sie zu erst erfunden / hingerichtet. Imgleichen alle diejenigen / so zu ihr als Gäste kommen / und sie besucht / abscheulich geschlachtet / und der Göttin Dianae geopffert. Diodor. Siculus, lib. 4. c. 3. Wie hingegen Orbilius Pupillus in anfang ein Apparitor, welches vor Alters fast eben so viel als ein lictor war / gewesen / nachgehends zog er in den Krieg / endlich aber legte er sich auf das studiren, und ist noch ein berühuiter Grammaticus worden. Suet on. in lib. de Illustr. Grammat.
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Vor diesen hat ein Bauren-Knecht / der noch nie gepflüget / dem / so die Marcksteine ausgegraben oder versetzet / den Hals mit einen Pflug abähren müssen / wo von drunten in einem besondern Capitel mit mehrern gehandelt wird. Knich. de sulim. Territor. Jure c. 4. p. 138. Speidel. in Notab. v. Marckstein. XXIII. Die Türcken haben keine verordnete Scharffrichter / sondern des Sub-Bassa Schergen und Hassassen volziehen an den Abelthätern die Straffe. Deren denn sehr viel sind / die hin und wieder in der Stadt herumschweiffen / und ausspähen / wo es nicht recht zugehet. Mit solchen Gesinde streift der Profoß oder Rumor-Meister bey Nacht / mit Fackeln durch die gantze Stadt / und wo er einen auf der Gassen ergreifft / rechtfertiget er denselben. Die / so er in geringen Verbrechen betrifft / werden nach seinen Gutdüncke̅ mit Streichen abgefertiget. Hat einer was tödliches verwirckt / so läst er ihn gleich in Fußstapffen auf hengen: Und solte auch nur ein blosser Verdacht oder Argwohn auf ihn falle̅ / als ob er zu Stehlen / oder Morden gesinnet wäre. Jedoch hat der Sultan seinen eignen Nach-Richter im Pallast wohnen / welcher Tag und Nacht auf allen Fall bey der Hand seyn muß. Erasm. Francisci. in Neu-Polirten Geschicht / Kunst- und Sitten-Spiegel / lib. 2. Disc. 8. fol. 404. XXIV. Christophorus Crusius. de indiciis delictorum, part. 4. c. 52. n. 14. & 15. fraget / wenn sichs begebe / daß kein Nachrichter zuerlangen wäre / ob man nicht eines Scharffrichters Wittibe darzu nehmen könte / daß sie in Person die Peinlichen Actus und Executiones verrichtete? Bejahet auch solches / und allegiret den Wierum, de Praestigiis Daemonum, lib. 2. c. 15. mit ferner Anführung / daß die Noth kein Gesetze habe / c. sicut de consul. L. 1. ubi Gloss. in verb. expedire de off. Consul. & L. generalitur §. spurios ff. de decurion. L. 1. ff. de op. libert. Allein weil es heut zu Tage Scharffrichter gnung gibet / daß man nicht nötig hat / Weibes-Bilder darzu zunehmen / es auch ohne dem eine Verrichtung ist / die dem Weiblichen Geschlechte nicht anstehet / ist die Frage vergeblich. Nicht weit von Voigtsberg im Voigland hielt sich ein Mörder auf / Veit Jane genant / eines Hirten Sohn zu Olßniz / der ging stets mit einer Holtz-Axt / erschlug viele vom Hoff / Olßniz und Plauen / [540] nahm ihnen ab / was sie hatten. Endlich ward er von Pechkratzern / als er ein Mägdelein von 15. Jahren tödten wolte / gefangen. Als ihn nun der Hencker mit den Rad stieß / wird er mit den rechten Arm loß / will den Hencker hemmen / da trat ein Bürger aus Unverstand aussen Hauffen hinzu / hilft den Hencker den Arm ins Rad bringen / und den Mörder Radebrechen / wurde Meister dieselbe Stunde. Matthaeus Hammer, in virid. Histor. pag. 404. Bütner, in Epit. Hist. fol. 378. XXV. Dieweil nun / was dessen Person anbelanget / der Scharff- oder Nachrichter eine solche von der Obrigkeit bestelte Person ist / welche auf deren Befehl / dem Rechtlichen Erkäntnis gemäs / die Ubelthäter peinigen / auch / nach Gelegenheit der Fälle / die Leib- und Lebens-Straffe an denselben vollentstrecken / und sonst in vielen andern Dingen mehr / wie in folgenden zu sehen / der Justiz zur Hand gehen muß: Als ist auch vor allen Dingen dahin zusehen / daß zu solcher Verrichtung keine Gott- und Ruchlose Leute / Hexenmeister / Räuber / Mörder / Diebe / Ehebrecher / Hurer / Gotteslästerer / Spieler oder sonst mit andern groben Sünden / Schand- und Lastern behaffrete / sondern fromme / unbescholtene / freundliche / barmherzige / unerschrockene / und in dergleichen Wercken und Verrichtungen wohlerfahrne Männer erwählet und bestellet werden / die mehr aus Liebe zu GOtt und dem Rechten / als aus vorgeschöpfften Haß und Zorn gegen den armen Sünder ihr Ambt verrichten. Jodoc. Damhoud. in Prax. crim. c. 152. n. 8. & 9. Carpzov. in Pract. crim. part. 3. q. 137. n. 25. & In den Peinl. Sächß. Inq. und Achts-Process, tit. 12. art. 2. §. 2. Eylenberg / Disp. de jur. carnif. c. 3. §. 2. XXVI. Ihm anzunehmen und zu bestätigen geschicht von demjenigen / welchem die Hohe Gerichte zustehen / entweder gegen eine gewisse Bestallung / oder ziemlichen Lohn vor jede Execution, Joh. Casp. Eylenberg / dict. Disp. de jur. carnif. c. 2. §. 1. Maßen denn durch solche Annehm- und Wiederabschaffung der Nachrichter die Criminal-Jurisdiction bewiesen wird. Post Nattam Cothmann. & Acta Lindav. fol. 273. Dither ad Besold. thes. Pract. v. Scharffrichter. Item Eylenberg / c. 6. §. 15. Denen Cavillern / Rackern / Streifern / Schindern / Füllern / Feldmeistern / oder Abdeckern wird an etlichen Orthen von den Forstmeistern der [541] Wasen / Rasen oder die Feld-Küche verliehen / welches gemeiniglich wegen der Luder / Haltung und Atzung der Hunde / Item daß sie solche durch den Forst mitnehmen dürffen / geschiehet. Wehner. Observ. Pract. voc. Forst-Recht / Forst &c. pag. 119. Adam Keller, lib. 2. de Offic. jurid. Polit. c. 14. in fine, allwo er den Caviller oder Schinder auf Lateinisch Deghibitorem nennet. add. D. Adrian Beieri tr. de Expensis execut criminal. c. 1. §. 14. pag. 9. XVII. Hiebey ist vorgänglich auch dienlich von des Scharffrichters Eyd und Pflicht zuhandeln / denn dieweil die Nachrichter so wohl bey den Torturen, als auch Executionen allerhand gefährliche und unverantwortliche Dinge vornehmen können; Als ist billig / ja nothwendig / daß sie bey den Antritt ihrer Dienste mit Eydes-Pflichten beleget werden. Maßen denn auch Käyser Carolus V. in der Peinlichen Hals-Gerichts-Ordnung / art. 96. in verb. bey seinem Eyde ermahnen sc. solches erin̅ert. In der Bambergischen Hals-Gerichts-Ordnung lautet des Nachrichters Eyd also. Ich sol u. wil me???nes gnäd. Herrn von Bamberg u. Sr. Gnaden Stifft Schaden warnen / Frommen werben / in meinem Ambt getreulich dienen / Peinlich Fragen und Straffen / wie mir von Sr. Gnad. Weltlichen Gewalt jedesmahl befohlen wird / auch darum nicht mehr dann ziemliche Belohnung nehmen / alles nach Laut der Bambergischen Hals-Gerichts-Ordnung. Was ich auch in Peinlilicher Frage höre / oder mir sonst in Geheim zuhalten befohlen wird / dasselbige will ich niemandten ferner eröfnen / auch ohne Erlaubnis genantes meines gnädigen Herrn Hofmeisters / Marschalls oder Haus-Voigts nicht verreisen oder wegziehen / und der selben Geschäfften und Gebothen gehorsam und willig seyn / alles getreulich und ohne allerley Gefähre / als helffe mir GOtt sc. sc. XXVIII: Anderswo wird er folgender Gestalt verpflichtet: Demnach auf des Durchläuchtigsten Fürsten und Herrn / Herrn N. Hertzogen zu N. tot. tit. Unsers gnädigsten Fürsten und Herrn / gnädigsten Befehl / du N. N. zum Scharffrichter alhier [oder bey dem Amt N.] angenommen und bestellet werden solst; Als solstu vorher zu GOtt dem Allmächtigen einen Leiblichen Eyd schweren / daß du [542] höchstgedachter ihrer Fürstl. Durchläuchtigkeit / treu / hold / gehorsam und gewärtig seyn / dero Nutzen und Bestes suchen und fordern / Schaden und Nachtheil wenden und warnen / in sonder heit aber in deinen Nachrichters Ver richtunge̅ treulich dienen / bey den Territionen, Torturen, Voltern und Peinlichen Fragen keine Arglist noch Gefährde gebrauchen / auch nicht schärffer oder gelinder darbey seyn / als das Urthel ausweiset / sondern demselben in allen dich gemäs bezeigen / solches nicht überschreiten / vielweniger abergläubische / oder gar zauberische Mittel darbey vornehmen / oder gebrauchen / das Bekäntnis der Gevolterten / sonderlich der Hexen und Zauberer / und welche sie denunciiret, niemandten offenbahren / sondern bey dir verschwiegen behalten; Mit denen armen Sündern nicht grausam / sondern glimflich umgehen / und dem Rechtlichen Erkäntnis gemäß die Execution und Straffen an ihnen volstrecken / auch alle andere in dein Thun lauffende Verrichtungen willig übernehmen / und fleißig expediren, anbey mit den Deinigen eines Christlichen Leben und Wandels dich befleißigen, deinen Vorgesetzten schuldigen Respect erweisen / auch in allen dich der Gestalt bezeugen sollest und wollest / wie du es gegen GOtt / dann Hoch-Fürstl-Gnädst. Herrschafft / und in deinen eigen Gewissen zuverantworten gedenckest. Wenn er nun solches mit Ja bestätiget / und durch Berührung des Gerichtstabes angelobet / hebet er die zwey forder Finger der rechten Hand in die Höhe / und spricht den Eyd folgender Gestalt nach: Ich N. N schwere hiermit zu GOtt dem Allmächtigen / und seinem heiligen Wort einen Leiblichen Eyd / daß ich alle demjenigen / so mir ietzo vorgehalten / ich auch wohl verstanden / angelobet und versprochen / in allen treu / fleißig und unverbrüchnachkommen / und nicht darwider handeln will / so war mir Gott Helffe / und ich Hoffe selig zu werden / durch JEsum Christum / meinen Erlöser und Seligmacher / Amen. XXIX. Folget nunmehro von der Scharffrichter Thun und Verrichtung. Wenn sie die Feld-Meisterey darbey haben und exerciren, bestehet ihr Thun theils in SORDIDIS, theils aber in CRUENTIS. SORDIDA sind / daß sie [1] bey den Residenz-Häusern / Schlössern / auch wohl theils Orthen beyden Rittersitzen / Ambt- u. Rath-Häusern die Cloaken [vid. L. 1. § 4. ff. de Cloac.] und Secrete, item die Gefängnisse / nach Anleitung ihrer Pacht- [543] oder VerErbungs-Briefe / fägen / reinigen / den Wust ins Wasser / oder an einen andern abgelegenen Ort führen und bringen lassen müssen. Dargegen ihnen und ihren Gehülffen ein gewisses an Bier und Brot / auch / wo es gebräuchlich ist / etwas an Gewürtze / als gantzen Zitwer und dergleichen / wegen des Gestancks / gereichet wird. Es sollen aber solche Cloaken nicht bey Tage / sondern des Nachts geöfnet / argum. L. 2. §. idem ait ff. ne quid in loc. publ. Caepella de Servit. urban. praed. e. 48. & 55. Ripa de peste, part. ult. tit. de remed. praeserv. n. 64. & seqq. Martin Neurath. de vita & morte hominis, theorem. 14. p. 29. auch die Abfuhr des Wustes eher zu Winterszeit / da die Materie gefroren ist / und keinen starcken Geruch / wegen der Kälte / von sich läst / als im Sommer / wenn es warm ist / da die Lufft leicht davon inficiret, und den Leuthen / wo es vorbey geführet wird / wegen des Gestancks grosse Ungelegenheit und Wiederwillen causiret werden kan / geschehen. Glossa, in L. pen. ff. quod vi aut. clam. & in c. cum dilecti verb. & ideo in aestat. X. de dolo & contum. Stryke, de Jure sensuum, dissert. 5. c. 2. n. 29. Joh. Frid. Koch, de jure viciniae, c. 6. n. 11. Et extat Mediolani statutum, quod ob foetorem vitandum tempore aestatis nullum Necessarium spatietur in civitate, ??? Calendis Aprilis usque ad Festum S. Michaëlis, sub poena librarum trium Imperialium Fisco applicandarum, sicuti id refert Horatius Carpanus, part. 2, Statut. Mediolan. c. 268. XXX. II. Daß sie das gefallene und verreckete Vieh abdecken / oder durch ihre Knechte solches verrichten lassen. Dargegen geben der Herrschafft sie / wenn die Feld- und Rase-Meistereyen vererbet sind / jährlich einen gewissen Geld-Erb-Zinß / Item etliche paar Handschuhe / Hunde-Koppeln / Pferde-Schwäntze zu den Schlingen der Bügel beym Vogelfang / und anders mehr / wie ihre Brieffe ausweisen. Da auch auf den Vorwergen was an Pferden und Kind-Vieh fällt und verrecket / müssen sie es aus den Ställen auf den Schind-Anger schaffen / die Leder aber / gegen ein gesetztes Geld / wieder zurück geben / damit solche durch den Hoff-Satler zu den Geschirren und andern nöthigen Dingen angewendet und verbraucht werden können. Wenn sie aber die Meistereyen nur gepachtet haben / geben sie ein gewisses Pacht-Geld / wie die Cammern oder Aembter des mit ihnen eins werden.
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XXXI. III. Daß sie zu gewisser Jahres-Zeit die Hunde tod schlagen / damit dieselbe / zumahl die man weder zur Jagd / noch sonst zu ichtwas gebrauchen kan / sich nicht zu sehr vermehren / und zuviel an Brod / welches den Menschen / und sonderlich denen Armen zu gute kommen soll / abgehe. Sie dürffen aber solches nicht vor sich selber vornehmen / sondern müssen von der Obrigkeit zuvor Befehl und Consens haben: Dargegen ist das Fell und das Fett ihr accidens. Anderswo kriegen sie noch ein gewisses an Geld darzu. Philip. Helfric. Krebs, de lapide & ligno, Sect. 9. §. 3. Der nun einen guten Hund hat / lässet denselben nicht gerne tod schlagen / sondern löset von dem Feldmeister ein gewisses Zeichen / welches dem Hunde angehengt wird / alsdann hat er Perdon und freyen Paß. Joh. Casp. Eylenberg, disp. de jure carnif. c. 4. § 4. Da aber ein solcher Hund ungefähr mit ins Hand-gemenge kähme / und unversehens mit tod geschlagen würde / ist der Feldmeister davor zustehen nicht schuldig: Geschehe es aber arglistiger weise / und aus Vorsatz / kan man denselben ex capite tertio L. Aquiliae. (arg. §. 13. §. 14 ff. ad L. Aquil.) belangen. Heut zu Tage wird / nach den Sächsischen Rechten / der Hund / was er werth ist / bezahlet. Carpzov. p. 4. const. 37. def. 8. n. 2. Eilenberg, d. c. 4. §. 5. Derselbe hat vor diesen ein gewiß Wehrt-Geld gehabt. Vid. Land-R. art. 51. lib. 3. Wenn er aber ein Wind- oder ander Jagd-Hund / oder auch wohl gar ein Catellichen und Schooß-Hündgen ist / wird dem Eigenthums-Herrn der Schade nach Erkäntnis bezahlet / und der Feldmeister arbitrariè bestrafft. Carpzov. d. defin. in fine. Confer de hac Canicida Damhoud. de Magnificentia politiae civitatis Brugensis, fol 144. rubr. Canicida. XXXII. IV. Müssen sie auch gemeiniglich die Luder auf den Wald / Item bey den Wolffs- und Fuchs-Hütten / oder wo sonst die Jagd- und Forst-Bedienten sie hin haben wollen / führen. Da sie denn gerne sehen / daß die Bauren / wenn es etwas weit / ihnen vorspannen / welches aber / wenn es nicht Herkommens / ihnen nicht verstattet wird.
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XXXIII. V. Vieler Orthen haben sie die Beschwerung / daß der Herrschafft sie eine gewisse Anzahl grosser Hunde von den Ludern aufziehen und halten / auch hernach / wenn sie groß / auf Bären und Wild-Schweine-Hatzen und Jagten bringen und führen müssen. Zu mehrer Nachricht und Erläuterung dessen ist ein VerErbungs-Brief solcher Meister eyen hierbey gesetzet worden / folgenden lauts: "Wir N. Graf zu N. tot. tit. vor uns und unsere Nachkommen / thun kund und bekennen / daß uns H. C. F. unterthänig angelanget / daß wir ihm und seine Erben allerseits mit der Feldmeisterey in der Stadt und Ambt allhier zu G. allermassen dieselbe in Anno 1594. von unsern in Gott ruhenden Groß-Herrn-Vater / Graf. H. G. zu N. durch H. S. erblich für 2000. Thaler verkaufft / und hernach auf W. H. und dessen Erben transferiret worden / gnädig belehnen wolten. Wann wir dann sein unterthäniges Suchen gnädig angesehen: Als haben wir ihm und alle seine Erben mit oberwehnter Feldmeisterey in hiesiger Stadt und Ambt / als ein Erb-Lehn beliehen / thun auch solches nochmahls / Krafft dieses unsers Brieffes dergestalt und also / daßer [1] Jährlichen hiervon - Thaler Erb-Zins ins Ambt allhier erlegen / und zwölf grosse Rödden halten / desgleichen denen Forst-Bedienten / als N. N. und N. N. ieden ein paar Handschue geben. [2.] Die heimlichen Gemächer / Gefängnisse und Gossen in unsern Schloß und Residenz N. und denen darzu gehörigen sechs Vorwergen / so offt es vonnöthen / reinigen / oder durch iemandes Zuthun bestellen solle. [3] Was für Pferde oder Rindnöser im Ambt allhier / und auf denen darzu gehörigen Vorwergen abgehen / so gezogen und getragen / auch von dreyjährigen Rindern / soll er ausschaffen / die Häute aufhängen / und dem Ambt hieselbst folgen lassen / dargegen ihm von ieden Stück drey Groschen gegeben werden sollen. Was nicht gezogen und getragen / davon mag er die Häute selber behalten. [4] Soll er den Pfosch oder Luder auf dem hiesigen Forst / nach der Jäger Anweisung / so wohl auch bey die Wolffs- und Fuchs-Hütte unweigerlich und ungesäumt führen / daß drüber keine Klage vorkomme. Daferne auch von den Jägern und Unterthanen im Ambt hieselbst einige Klage entstehen würde / daß auf ihr Erinnern und Anordnen das Aaß nicht ausgeschaffet würde / soll uns frey stehen / massen wir uns dessen wollen vorbehalten haben / eine Meisterey zu N. einem andern aufzubauen und zugebrauchen nachzulassen. [5] Soll er alle Pferde-Haar / so nacher H. in das Saltzwerck genutzet wer [546] den können / denen Bornmeistern daselbst zuerst anbiethen / und falls sie davon keine nöthig hätten / mag er sie iemand anders verkauffen und überlassen. [6] Da auch die ihm verliehene Meisterey oder Abdeckerey in künfftigen Zeiten verkaufft / vertauscht / oder in andere Weise veralieniret würde / soll iedesmahl von dem neuen Besitzer die Lehn gebührlich erlangt / und allewege aufs Hundert fünff Gülden zu Lehn-Recht gegeben werden / und dieses nach Inhalt Eingangs gedachten / und in An. 1594. aufgerichteten Kauff-Brieffes. Zu Uhrkund ist dieser Lehn-Brieff mit unsern aufgedruckten Canceley-Secret bekräfftiget worden / So geschehen und gegeben zu N. Donnerstags nach Laurentii / den 13ten Augusti, Anno 1692. (L. S.) N. N. Canzlar / mm. Etlicher Orthen / da die Belehnung der Meistereyen nur bey den Aembtern gesuchtet und erhalten werden / ertheilet der Beambte drüber einen Lehn-Brieff / ungefähr [m. m.] folgenden Inhalts: "Des Durchläuchtigen Fürsten und Herrn / Herrn N. N. Hertzogs zu N. tot. tit. meines gnädigsten Fürsten und Herrn / anietzo verordneter Ambtmann allhier zu N. uhrkunde und bekenne / daß heut untengesetzten dato vor mir in gewöhnlicher Ambt-Stube hieselbst erschienen ist Meister Hans Grimmer / Scharffrichter zu N. und berichtet / wie daß er die Meisterey allhier / so er und seine Vorfahren viele und lange Jahre her besessen / genutzet und gebraucht / er aber sich nach N. zuwenden Willens wäre / an gegenwärtigen Meister Benedict Fixen / dessen Ehe-Weib / Kinder und Erben / üm und vor 1500. Thaler baar Geld erb- und eigenthümlich verkaufft hätte / mit inständiger Bitte / daß ich Ambts wegen in solchen Kauff consentiren / die aufgesetzte Kauffs-Notel Gerichtlich confirmiren / so dannermelten Fixen / und obgemeldte Seinige aufs neue mit solcher Feldmeisterey belehnen möchte. Weil ich dann bey solchen Contract nichts bedenckliches gefunden; als habe ich solchen ziemenden Suchen deferiret / und den überreichten Kauf-Brief / dessen datum auf den - dieses Jahrs stehet / Obrigkeits wegen bestätiget / anbey auch / dem Herkommen nach / die gebethene Belehnung hiermit bewerckstelligen wollen. Belehne demnach hierauf / und in Krafft dieses Brieffes / obgedachten Meister Benedict Fixen / dessen Ehe-Weib / Kinder und Erben / mit der erkauff [547] ten Feldmeisterey allhier / und was darzu gehörig / in der besten und beständigsten Form / dergestalt und also: Daß er solche Cavillerey in hiesigen Ambts-Städten / Flecken und Dörffern / so viel darzu von Alters her / und noch gehören / und die vorige Possessores inne gehabt / genützet und genossen haben / als ein Erb-Lehn gebrauchen mag: Jedoch daß er solche wie sichs gebühret / versorgen / nnd mit tüchtigen Gesinde bestellen / und sobald es ihme angezeiget wird / die gefallene und verreckte Nöser an den Oerthern / so ihm iede Gemeinde darzu verordnet / und nicht in Häusern oder in Dörffern abdecken lasse / und sich diß fals also verhalte / daß das Ambt mit unnützen Klagen nicht beschweret werde. Hingegen soll den Hirten und Schäffern einiges Noß / es sey groß oder kkein / abzudecken / noch solche vor die Hunde zu werffen / oder zu begraben nicht gestattet / sondern dies bey ernster Straffe gäntzlich verbothen seyn. Massen denn auch ermeldter Meister Benedict Fix / mit Abschwerung eines Cörperlichen Eydes / sich verpflichtet / ob-höchst-gedachter Ihrer Durchl. unserm gnädigsten Fürsten und Herrn getreu / hold und dienst-gewärtigst / auch dem Ambt hieselbst gehorsam zuseyn / den jährlichen Erb-Zins von Hauß / Hof / Garten und der Feldmeisterey richtig abzustatten / und im übrigen alle demjenigen / was in den Anno 1620. den 10. Julii aufgerichteten Ver-Erbungs-Brief enthalten / unweigerlich nachzukommen / zu thun und zuverrichten. Zu mehrer Uhrkund dessen / habe ich / der Ambtman / gegenwärtigen Lehn-Brief mit dem mir anvertrautem Ambts-Siegel bedrücket / auch mich eigenhändig unterschrieben / So geschehen nach der Gnadenreichen Geburth unsers einigen Erlösers und Seligmachers JESU Christi / Eintausend Sechshundert Ein und neunzig / den 28sten September, (L. S.) N. N. Die von Abel / wen̅ sie die hohe Gerichte haben / pflegen auch gemeiniglich mit den Scharfrichtern u. Feldmeistern gewisse Contracte, respectivè wegen der Peinlichen Executionen, und Cavillerey aufzurichten / und dabey die Leder von den gefallenen Pferden und Kind-Vieh auf ihren Ritter-Sitzen und Vorwergen auszudingen. Wenn aber den Unterthanen was verreckt / zeigen sie es dem Feldmeister an / der den Bothen / nachdem der Weg weit / das gefallene Stück Vieh auch groß oder klein ist / ein Trinck [548] geld / als ein halb Kopfstück / zwey Groschen / achtzehen Pfennige / oder auch weniger und mehr giebt / nachdem es iedes Orths Herkommens ist. Vid. Sam. Lufften lin Repertor. Jar. Saxon. pag. 734. & 735. Die Feld-Küche oder Schind-Anger soll nicht gar zu nahe an den Städten / Flecken und Dörffern / auch nicht an den gängen Wegen / sondern an einen besondern Orth gemachet werden. §. fin. L. ult. ff. de via publ. Joh. Frid. Koch / de jure viciniae, c. 6. n. 7. Wenn ein geschlachtetes Vieh befunden wird / daß es unrein / und die Franzosen hat / holet es der Feldmeister weg / und fällt ihm als dann an etlichen Orthen das Schlachtbeil und Messer / so darzu gebrauchet worden / anheim. XXXIV. CRUDELIA sind I. Die Tortur / Volter oder Peinliche Frage / quae fit, quando Carnifex veritatem tanquam religiosus tortor diversis cruciatus è suislatebris exigit. c. ille qui 4. caus. 7. quaest. 5. Tabor de confront. part. 2. §. 12. pag. 51. XXXV. II. Alle Peinliche Executiones, als Ausstäupen / Ohr- und Nasenauch Zungen-Abschneiden / Zeichen brennen mit glüenden Eisen / Hände und Finger abhauen / Wippen, Decolliren, Ersäuffen / Hencken / Rädern / Schleiffen / Viertheilen / Spießen / Schmeuchen / Verbrennen und dergleichen mehr / wozu der Scharffrichter adhibiret und gebraucht wird. Hinc etiam Lictor dicitur quasi Ictor, eò quod ad ipsius officium spectet ferire, quem Lex judicat feriendum. Sarisber. lib. 4. de Nugis curial. c. 2. Adam Keller, lib. 2. de offic. Juridic. Polit. c. 27. Vent. de Valent, Parthen. litig. lib. 1. c. 13. n. 13. Und Jodoc. Damhoud. in praxi rerum criminal. cap. 52. n. 2. hat solche des Scharffrichters Verrichtung kurtz zusammen gezogen / wen̅ er setzet: Carnificis executio fit variè, Igne, Gladio, Puteo, Dissectione, Rota, Furca, Patibulo, Tractu, Raptatu, Puncturis, Abscissionibus, Truncatione, Perforatione, Flagellatione & aliis insinitis similibus, juxta morem ac ritum unius cujus [549] que loci, quae Magistratus ad terrorem Maleficorum decernit, & ad malum puniendum instituit. XXXVI. III, Ferner die Zerbrechung der Wapen / Helme und Schilde / bey Ausrottung eines grossen Ubelthäters Gedächtnis / und Andencken von der Welt. Von welchen drunten in einem besondern Capitel gehandelt wird. Vid. Gail. lib. 1. de pace publ. c. zo. n. 8. Carpzov. pract. crim. p. 1. q. 41. n. 13. Philipp. in usu pract. instit. lib. 4. Eclog. 80. n. 9. Harprecht, ad §. 3. Instit. de publ. judic. XXXVII. IV. Die Verrichtung der Execution in Effigie wieder den / so wegen eines grossen Verbrechens die Flucht ergriffen / und durchgangen. Henr. Zobel, disp. inaug. de Execut. in effig. thes. 3. XXXVIII. V. Die Anschlagung der entlauffenen Soldaten Nahmen / auf einem Blech am Galgen / item die Zerbrechung dero Degen vor dem Regiment oder Compagnie, wenn einer zum Schelmen gemacht / und weggejaget wird. Corp. Jur. milit. cum not. Pappi. pag. 232. in fin. item pag. 45. 53. & 143. XXXIX. VI. Das Begraben eines Ubelthäters / oder des / der sich selbst ums Leben gebracht hat / unter den Galgen / oder auf den Schind-Leich / wenn der Cörper vorher von ihn / den Scharffrichter abgehauen / aufgehoben und unter der Haußthür - Schwelle herausgezogen / oder / oben / wo er sich entleibet / herab geworffen und fortgeschleppet worden. Glossa, in Land-Recht / lib. 2. art. 31. n. 2. lit. B. Carpzov. Jurisprud. Forens. in part. 4. Constit. 34. Defin. 6. n. 4. Quod tamen limitatur in furiosis & melancholicis proprias manus sibi injicientibus. Carpzov, ibi n. 10. & 11. Item in philtratis prae amore se interficientibus. Simon, de amore venen. th. 72. Eylenberg / de Jure Carnif. c. 4. §. 13. vid. Carpzov. lib. 2. Jurisprud. Consistor. tit. 24. Defin. 377. & 378. XL. VII. In eines andern Nahmen einen Wiederruf zu thun / auch [550] den Lügner und Diffamenten / wenn er gegenwärtig ist / und es selber nicht verrichten will / aufs Maul zu schlagen. Carpzov. Pract. crim. p. 2. Quaest. 94 n. 26. Stryke Disp. de Alapa, pag. 17. n. 17. Lauterb. Disp. de Action. injur. recant. th. 35. Quid obtineat, si reus abest, docet Berlich. part. 5. concl. 62. XLI. VIII. Die Schwerung einer Urphede in eines andern Seele / als wenn ein Stummer verwiesen werden soll / da an dessen Stelle der Nachrichter die Urphede schweret. Sigism. Finckelthaus / Observ. 45. n. 18. & 20. ibig??? praejudicium. D. Stryke, de Jure sensuum, Disp. de Surd. & mut. c. 4. n. 45. in fin. XLII. IX Die Verbrennung der Zauberischen / und Ketzerischen / und an der ärgerlichen Bücher / item schändlicher Pasquille, Schmähe-Karten und dergleichen / so durch des Scharffrichters Hand geschiehet / Vent. de Valent. Parthen. litig. lib. 1. c. 14. n. 38. Eylenberg / d. Disp. c. 4. §. 12. und ander Dinges mehr. XLIII. Bey den Peinlichen Gerichts-Hof in Sina warten allemahl vier und zwanzig Scharffrichter auf / um so bald / auf Befehl / an unterschiedlichen Delinquenten ihr Ambt zuverrichten. Erasm. Francisci, in Neu-polirten Geschicht Kunst- und Sitten-Spiegel / p. 316. & 318. Anno / 1651. ist die Hex- und Zauberey in Schlesien [so an Männern / Weibern und Kindern erschrecklich überhand genommen] grausam bestraft / und sind nur allein zum Zuckmantel acht Hencker gehalten worden / welche alle Tage volauf zuthun gehabt. Henr. Roch / in Denckwürdigen Geschichten des Fürstenthums Schlesien / pag. 308. XLIV. Wenn nun an einem Orth kein Scharffricheer vorhanden / oder sonst zuerlangen wäre / so fragt sich / ob die Obrigkeit in Ansehung des Gemeinen Besten einen andern freyen Menschen / wenn er schon nichts verbrochen / mit Recht zwingen könne / daß er des Nachrichters Ambt auf sich nehmen und dasselbe verrichten müsse? Die Rechtsgelehrte bejahen fast einmüthig diese Frage / je [551] doch mit dem Unterschied / daß es keine Persona honesta, sed vilis, als etwan ein Tage Löhner / starcker Betler / oder sonst ein schlechter Kerl sey. arg. L. 1. & 2. C. ne quis invitus off. publ. agere cog. & est Gloss. in Auth. de Monach. §. necessit as & facit I. 1. & 2. C. de his qui Latron. Bart. in L. fin. §. Titius n. 3. ff. de Pignor. Act. Quem seqvuntur omnes, ut testatur Jul. Clarus, lib. 5. Recept. Sentent. §. ult: Quast. 99. n 4. Walther, de Privileg. Doctor c. 6. pag. 65. Bald. in L. fin. in fin. C. de Exec. rei jud. subdens, ignominiosum hoc officium esse plus, quam alia Angaria Mundi. Pro quibus meo judicio, posset adduci text. in L. 1. C. de Mendic. Valid. lib. 12. Paris de Puteo, in tr. de Syndicat. verb. manivoltus, vers. an officialis. n. 1. 2. & 5. alwo er anführet / daß zu seiner Zeit zu Bononien in Welschland ein fremder Mensch gefangen genommen worden / einem Edelmann mit dem Schwerd hinzurichten / welches er auch thun müssen; Allein weil der Fremde eine Ehrliche Person gewesen / habe er bey der Hinrichtung sich vermasquiret / damit man ihn hernach nicht kennen möchte. Welches ermelter Paris sehr improbiret / und vor eine unbillige That hält / indem man sonst gemeiniglich die erkauffie Knechte oder Leibeigene darzu genommen und gebraucht / als welche recht Personae viles sind / Juxta d. L. 1. & 2. C. ne quis invitus officium Publ. Maßen denn auch Julius Clarus an obberührten Orth / meldet / daß er Anno 1564. im Februario zu Venedig selbst mit Augen gesehen / daß einer / mit Nahmen Carolus Pisaurus, welcher nach seinen Schwieger-Vater geschossen / ihn aber nicht getroffen / zum Strick verdammet / und von einen geringen Knecht aufgeknüpffet worden. Und setzet gedachter Paris de Puteo weiter / wenn unter den Gerichts. Dienern ein schlechter und liederlicher Tropff wäre / so könte man denselben auch zu solcher Verrichtuug zwingen. Arg. d. §. si Monachos. Esset enim hoc ministerium Dei. c. 23. q. 5. non est & c. qui malos & c. Judex. Also ward Franciscus Augustus Thuanus, [Jacobi Augusti Thuani Sohn] von einen alten Tagelöhner / den man hierzu zwang zu Paris / weil der Nachrichter daselbst eben ein Bein zerbrochen / decolliret.
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Autor libelli, de Financiis ac Regiis Galliae reditibus, corum??? supremis Inspectoribus, pag. 157. D. Beyer, in Disp. de bon. damnat. th. 30. Denn es kan zu den öffentlichen Aembtern / darunter des Nachrichters Thun und Verrichtung ebenmäßig gehöret / dem gemeinen Besten zu Nutz / einer gar wohl / auch mit guten Fug und Recht / gezwungen werden. Anton. de Petra, de potest. Princ. c. 32. q. 5. n. 31. Marant. in Spec. aur. p. 6. act. 3. & ult. n. 25. Ferd. Vasq. lib. 1. contr. c. 8. n. 6. Guazzin, ad Defens. Inq. def. 38. c. 5. n. 5. & 6. ibig??? allegg. VValther, de Privileg. DD. c. 6. §. 21. pag. 65. Carpzov. in Prax. Crim. p. 3. q. 137. n. 53. & 54. Besold. in Thes. Pract. v. Scharffrichter. Tenentur etiam subditi in executione justitiae Judicibus parere. L. si quis in hoc de Episc. & Cler. Et cum Judex debeat condemnatos ad suspendium facere, si hoc alicui mandare non posset, oporteret hoc facere propriis manibus, quod esset impossibile & contra bonos mores. L. si filius ff. de cond. Instit. Est enim Officialium pudori parcendum. L. quotiens post princ. ff. mandati. Bartol. in L. 1. §. sedjuxta hoc quaero de var. & extraord. cog. Paris de Puteo, d. tr. verb. manivoltus, vers. an officialis n. 6. XLV. Kein Edelmann aber / wenn er auch noch so arm und elend wäre / Damhaud. in Prax. Crim. c. 81. n. 11. Tiraquell. de Nobilit. c. 20. n. 103. cum alleg. Josias Nolden, de Stat. Nobil. c. 16. n. 116 117. & 118. Vielweniger ein Geistlicher / Paris de puteo, d. tr. & loc. n. 2. Noch auch deren Knechte und Freygelassene. 12. q. 2. c. Diaconi & c. de libertis & c. Episcopus & quod ne de servis non ord. c. de famulis & eodem tit. de famulis & eodem tit. L. nullus. können de jure und wieder ihren Willen hierzu compelliret werden.
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XLVI. Worbey paris de Puteo erinnert / daß die Obrigkeit auch einem solchen gezwungenen Menschen den gehörigen Lohn oder Hencker-Geld / als nemlich fünf Gülden vor jede Execution, geben lassen solle. Juxta L. Divus, ff. de bon. damnat. Wiewohl Joh. Ant. de Nigr. in c. gravamina n. 100. setzet / daß solcher Lex per Authent. ut nulli Judicium & c. c. fin. corrigiret und geändert worden / hingegen aber auf jedes Orths Gewohnheit weiset. XLVII. Und weil die Scharffrichter an etlichen Orthen sich hiebevor unterstanden / von jeglichen Peinlichen Executions-Actu zu 10. 20. 30. biß 40. und mehr Thaler denen Gerichts-Herren abzunöthigen / wie denn theils heutiges Tages / zumahll wenn man einen frembden beschreiben muß / in Forderung ihrer Gebühren und Zehrung / grob genung sind; Als haben unterschiedliche Chur- und Fürsten ihnen gewisse Taxen gesetzet / darnach sie sich bey denen in Aembtern und Gerichten vorgehenden Fällen achten und richten müssen. Als nemlich in Churfürstenthum Sachsen ist ihnen verordnet zwey / Gülden von einer jeden Tortur, Vid. Tax - Ordn. 1612. & Tax-Ordn. 1642. c. 1. v. dem Scharffrichter / usg??? adfin. fol. 544 p. 1. anderthalbe̅ Gülden vor alles Tag und Nacht Zehrung (sonst sechzehen Groschen 6 Pfen. ufs Pferd Tag und Nacht / doch soll er über zwey nicht mit sich nehmen. Tax-Ordn. 1612. & Tax-Ordn. 1642. d. loc. fol. 339. p. 1. & fol. 545. p. 2.) Einen Gülden neun Groschen vor einen Staupenschlag; Concord. alleg. Tax-Ordn. Drittehalbe Thaler von jeder Person / so von Leben zum Tod gebracht / auf allerley Fälle. Concord. cit. Tax-Ordn. alleg. fol. oder sich selbst umbebracht. Nach der verneuerten Taxa und Moderation 1642. aber sollen die Gerichts-Herrenwegen derer Personen / so ihnen selbsten den Tod / aus bösen Vorsatz anthun / und nicht etwan Kranckheiten oder andere Schwachheiten darbey zubedencken / dem Scharffrichter aus des Umgebrachten Vermögen / nach desselben Beschaffenheit / doch ohne sonderbahren Nachtheil der Erben / eine Belohnung / nach billigen Dingen / verordnen. Im [554] Churfürstl. Aemptern aber / und da sich dergleichen Fälle auf des Ambts Grund und Boden zutragen / und aus Mangel des Vermögens diese Unkosten denen Aemptern zu wachsen / soll dem Scharffrichter so viel als von zweyen Executionen verordnet / nemlich fünf Thaler / und hierüber das angesetzte Zehrungs-Geld gegeben / und denen Beambten in Rechnung passiret werden. alleg. Tax- und Moder. Ordn. 1642. c. 1. circ. fin. v. wegen derer & c. per tot. fol. 544. p. 1. auch sich hieran gäntzlich begnügen lassen / und ein mehrers nicht zubegehren / sondern bey Vermeidung ihres Dienstes entsetzet zu werden / oder Verlust der Meisterey darum iederzeit auf Erfodern zu erscheinen / und die vorfallende Peinlichen Sachen zu verrichten schuldig seyn. Erled. Gebrechen 1661. tit. von Justizien-Sachen §. 117. v. so befehlen &c. per tot. fol. 64. p. 4. XLVIII. Des Scharfrichters gebühren von Peinlichen Rechtfertigungen sind auch Anno 1582. durch einen General Befehl aus der Fürstl. Säßchs. Regierung zu Weimar also angeordnet: Ein Gülden von Schwerd / Rad / Strange / Feuer / Wasser / Viertheilen / und sich selbst umbringen. Jtem einer Peinlichen Frage / Staupenschlag / Glieder abhauen / von Gericht führen / da die Execution nicht fortgehet. Neue Gerichte zu bestätigen. Zwölf Groschen Tag und Nach Zehrung / vor sich und seinem Knecht. Fünf Groschen von einer neuen Ketten anzuschlagen. XLIX. In den fürstl. Sächß. Gothaischen Mandat de Anno 1655. wegen der Gerichts-Gebühren; Item in der Fürstl. Weimarischen Eisenachischen nnd Jenischen Tax-Ordn. de Anno 1667. tit. V. ist dem Scharffrichter folgendes gesetzet: 1. fl. --- von Terriren und Schrecken / 1. fl. 15. gr. --- von der Tortur, 10. gl. 6. Pf. Zehrung Tag und Nacht / und sol über ein Pferd nicht mit sich nehmen.
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1. fl. 9. gr. --- vor einen Staupenschlag. 3. fl. ---- von der Execution, wann der Missethäter durch das Schwerd / Strang / Ertränckung / oder durch das Rad hingerichtet wird. 1. fl. --- von Abschlagung der Finger. -- 10. gr. -- von jeder Verweisung. -- 10. gr. 6. Pf. Des Scharffrichters Knecht / dem aber nicht meht als einer zu passiren. L. Jure Prutenico, Lib. 6. tit. 21. c. 3. §. 3. pag. 182. werden dem Nachrichter folgende Gebühren passiret; ibi: Quandoquidem etiam subditos nostros ratione executionis Sententiarum capitalium à Ministris ultimorum suppliciorum hactenus saepè nimis sumptibus gravatos comperimus; idcirco ei rei sequentem moderationem & modum praescribere visum fuit: nempe si qui carnificem sub certa annua mercede conduxerint, ii pro singulis executionibus tantundem, quantum in praefecturis nostris solvitur, imposterum pendant, videlicet, pro ex sequenda Relegatione ---- 45. solidos Fustigatione---- 45. --- Tortura seu Quaestione violenta 15. --- Decollatione ---- 3. Marcas Suspensione laqueo --- 3. --- pro exsequendo rotae supplicio ----- 5. Marcas singulis forcipum candentium puncturis --- 1. M. 30. solidos singulis proclamationibus ------- 15. -- sumptibus in victum unius diei & noctis --- 3. ---- Ii verò, qui praedicto modo non pepigerunt, praeter sumtus in victum, cui 3. Marcas constituimus, triplum ejus pretii carnifici solvent, quod singulis executionibus supra diximus, videlicet: pro Religatione -- 2. Marcas, 15. Solidos, Fustigatione -- 2. - 15. -- Quaestione violenta --- 45. Truncatione cum gladio 9. ----
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pro Suffocatione laquei - 9. --- Contusione cum rota -- 15. --- Singulis forcipum vulsionibus 4. - 30. - Qualibet proclamatione -- 45. - LI. Denen Feld-Meistern und Abdeckern ist gleichfals in ob - angezogenen Erledigungs-Gebrechen 1661. d. tit. Justitien-Sachen / cit. §. 117. fol. 64. & 65. p. 4. wegen des gefallenen und verreckten Viehes / der Häute / Leder und Gebühren halber / ein gewisses vorgeschrieben / darnach sie in den Churfürstenthum und denen darzu gehörigen Landen / bey Vermeidung ernster Straffe / oder Verliehrung der Meistereyen sich praecisè zu richten haben / ibi: Desgleichen und als sich ferner auch die Nachrichter unterstanden / von dem ümgefallenen Vieh nicht mehr / wie vor diesem im Lande bräuchlich gewesen / etwa 5. 6. 7. oder 8. Groschen / sondern die Haut hinweg zunehmen / und derer von Adel Unterthanen zuzwingen / daß sie allein dem Nachrichter / und sonst keinem das ümgefalene Vieh abzudecken / anbiethen / und überlassen sollen. Und nun gantz unbillig befunden worden / daß denen vom Adel und ihren Unterthanen / wie auch denen Bürgern in Städten aufgedrungen werden will / das abgetriebene krancke und ümgefallene Vieh zum Abdecken den Nachrichter oder Caviller anbiethen zulassen / Bevoraus weil die von Adel / oder Räthe in Städten / so Schäfereyen haben / das Luder vor ihre Hunde selbst benöthiget / andern aber die Haut von solchen Vieh zu aller Ungebühr vorenthalten wird: Derowegen seynd die Forstmeister und Beambte ernstlich befehlicht / daß sie diesen Mißbrauch gäntzlich abschaffen / und denen Nachrichtern und Cavillern ernstliche Auflage thun sollen / denenjenigen / so eigene Schäfereyen haben / dißfals ferner nichts anzumuthen. Denen andern Haußwirthen aber / wenn das Vieh lebendig / von einem Pferd 1. Thaler. von einem Ochsen oder Kuh 20. Groschen / von einem zweyjährigen Kalbe 8. biß 10. Groschen / von einen jährigen Kalbe 4 biß 5. Groschen / von einem Absetzlinge 1. Groschen 6. Pfennige / wenn es aber ümgefallen / von einem Pferd 15. Groschen / von einem Ochsen oder Kuh 10. biß 12. Groschen / von einer zweyjährigen Kalben 5. biß 7. Groschen / von einem Jährigen 3. biß 4. Groschen / von einem Absetzling 2. biß 3. Groschen / von einer alten Ziege einen Groschen unweigerlich zahlen / hingegen die Caviller die Häute behalten / und schuldig seyn sollen / wenn es ihnen angesagt / [557] das schadhaffte Vieh tod zuschlagen / wie auch solches und das ümgefallene abzudecken / das Aaaß wegzuschaffen / oder an abgesonderte entlegene Orthe zu vergraben. Würde aber an ein oder andern Orthe bey Obrigkeit oder Unterthanen durch beständige Gewohnheit / Verträge / Urthel oder Abschiede ein anders / oder daß die Caviller gegen Abgebung eines gewissen Lohns / das krancke und schadhaffte Vieh tod zuschlagen / und sowohl als das umgefallene abzudecken / auch das Aaß hinweg zuschaffen / hingegen die Häute dem Eigenthums-Herren zulassen schuldig / eingeführet seyn / so verbleibet es in diesen und sonsten darbey billig. Und soll hierüber eigentlich gehalten werden / und / bey Vermeidung der allbereit oben gesetzten Straffe / ein mehrers zuerzwingen denen Cavillern ernstlich verbothen seyn. Sam. Lufft / in Repertor. Jur. Saxon. pag. 735. & 736. In dem vorangezogenen Fürstl. We???marischen General-Befehl de Anno 1582. stehet auch zuletzt unter des Scharffrichters Gebühralso: Drey Groschen gibt er einem auf den Lande / dem ein Vieh gestorben / und ihm solches anzeiget / und behält die Haut. Hat man sich also nach jedes Landes oder Orths Gewohnheit diesfals zu richten. LII. Ob einem Gefangenen / der auf den Hals sitzet / Das Leben geschencket / und die Straffe erlassen werden könne / daß er sich bey den Executionen für einen Scharffrichter oder Hencker gebrauchen lasse / das ist billig auch hiesiges Orths zuerörtern? Guilelmus Bökel, in Disquisit. Criminal. 6. fol. 103. §. quia usu. führet zwar an / daß dieses in Italien / Franckreich und Spanien / wie auch an etlichen Oethen in Teutschland gar gemein / und zum östern geschehen sey: Allermaßen denn Bodinus, Lib. 3. de Republ. c. 8. ein mercklich Exempel, so sich zu Gent in Flandern begeben / erzehlet / allda einsmahl Vater und Sohn / wegen einer Ubelthat zum Tode verdammet / und welcher unter ihnen des andern Hencker seyn solte / zu losen befohlen worden / da zwar das Looß dem Vater zum besten gefallen. Weil aber derselbe ein alter Mann gewesen / und sich seines Sohns Jugend erbarmet / hat der Sohn solches acceptiret, und seinem Vater mit unerschrockenen Gemüthe den Hals gebrochen / welche grausame Geschicht in Kupffer ge [558] stochen / und noch auf den heutigen Tag in Gent zu sehen. Und daß diese Perdonirung von der hohen Landes-Fürstlichen Obrigkeit gar wohl geschehen könne / bejahen Sebast. Guazzin, ad Defens. Inquis. def. 28. c. 5. n. 6. Joh. Hermann Stamm. de Servit. Person. lib. 1. tit. 3. c. 1. n. 15. Petr. Theodoric. in Colleg. Crim. Disp. X. th. 5. lit. G. Joh. Volkm. Bechmann, in Còmment. Pandect. tom. 2. p. 2. Exot. exercit. 12. th. 77. n. 21. Joh. Casp. Eylenberg. in Disp. de jure Carnif. c. 3. §. 4. Quando Judex aliquem ex correis delinquendi cogere vult, ut in perpetuum civitatis sit carnifex, Bartol. L. 2. ff. de jud. publ. Tholosan. L. 31. Synt. c. 38. n. 5. hunc pro Servo poenae habet Bart. ib. n. 10. Stamm. de servit. Person. dicto loco. Allein es ist dieses nicht so temerè zu concediren, und denenselben die Straffe gar zu erlassen: Denn sonst mit der Zeit mehr Scharffrichter / als gefangene Ubelthäter werden dürfften. Qui enim Leges latae? Quî poenae datae? Qui dati Quaestores & Judices rerum Criminalium? Cur Scelus innoxium esse debet & impunitum? Quod sequitur ex natura sui authorem suum, in quem justa ultio, quae de Legibus venit, exardet, ne sub impunitate gratia immunitatis sit illecebra iniquitatis: cum judicia sint pravitatis medicina. Papon, de Arrest. not. 10. cap. de remiss. Besold. in Thes. Pract. v. Scharffrichter. n. 21. Es wird auch zu des Scharffrichters Ambt / Thun und Verrichtung einige Wissenschafft und Erfahrung erfodert / welche aber bey einem solchen gefangenen Missethäter / der nie damit ümgangen / unmüglich seyn kan / und muß also nothwendig erfolgen / daß ein solcher vermeinter Nachrichter / wegen seiner Ungeschickligkeit / denen armen Sündern weit grössere Schmerzen bey der Hinrichtung zufüge / als Urthel und Recht mit sich gebracht: Welches aber gantz grausam und unverantwortlich seyn würde / wenn man die Malefiz-Personen so lange quälen / und wohl gar zur Desperation wolte bringen. Adrian Beyer, in tr. von Hencker-Geld c. 1. §. 13. Darum auch die meisten solches der hohen Obrigkeit wiederrathen / wie bey den
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Matth. Steph. & Zieriz, ad art. 97. Constit. Crim. Caroli V. Crus. de indic. delict. p. 4. c. 52. n. 12. Zahn, in Ignograph. Municip. c. 36. n. 25. Neurath, in tr. de ration. p. 606. und andern zu lesen: Und ist im Nothfall besser / einen andern darzu zu zwingen / wie vorhin erwehnet / als einen Ubelthäter ungestrafft lassen. Philipp. Besta, in Disp. de morib. corrupt. thes. 7. LIII. Weil es nun so eine verächtliche und garstige Sache um die Nachrichrichters-Profession ist / so entstehet die Quaestion: Ob solch Ambt und Dienst an ihme selbst / und den Rechten nach / famos, anrüchtig und unehrlich sey? Es wollen zwar etliche solches daher bejahen: weil bey den Römern der Scharffrichter so verachtet gewesen / daß sie demselben fast die Lufft nicht gegönnet / er weder Bürger werden können / noch auch in der Stadt wohnen dürffen / sondern vor derselben extra portam Exquilinam an einen besondern Orth / [quem locum SEXTRICIUM nominabant, quia semitertio ab Urbe milliari distabat, ubi cruces, patibula defixa, cadavera abjecta, aliaque ad supplicia facientia erant parata. Lips. ad Tacit. lib. 15. Alex. ab Alexand. lib. 3. Gen. dier. c. 3. p. m. 289. Plutarch. in vita Galbae.] sich aufhalten müssen. Rosin. Select. Antiq. lib. 7. c. 48. in fin. Plautus, in Pscudulo, act. 1. cs. 2. Kornemann, de mirac. mortuor part. 5. c. 19. Speidel. in spec. jur. v. Hencker. Adr. Beier, de bonis damn. th. 31. LIV. Welches auch bey den Rhodisern also durch ein eigen Gesetz eingeführet gewesen. Chrysost. orat. 31. ibi:
[Greek words]
[Greek words]. LV. Und daher hat man vor Alters den Orth / wo der Scharffrichter zugegen gewesen / pro funesto gehalten / wie aus des Ciceronis Oration, so er pro Rabirio perduellionis reo gehalten / zusehen / wenn er spricht: Sed moreretur prius acerbissimâ morte Gracchus, quàm in ejus concione Carnifex consisteret, quem non modò foro, sed & Coelo hoc ad spiritu [560] Censoriae LL. ac Urbis domicilio carere voluerunt. Dem auch Thomas Garzzon in piazza Universali, Discurs 87. also scopticè beystimmet / ibi: Die Herrligkeit des Henckers / welcher an statt seines Zepters das blutige Schwerd in der Hand führet / und dessen Thron der lichte Galgen ist / ward von den Römern also gehalten und geehret / daß ihme nicht allein die Römische Bürgerschafft verweigert / sondern er auch / als ein Freyherr / allein und ausser der Stadt / in einem besondern ihme zugeeigneten und befreyeten Orth / wie es dann seiner Herrligkeit wohl angestanden / wohnen müssen. So wird er auch beydes in Welt- und Geistlichen Rechten für infam gehalten / und seine Magnificenz, gleichsam wie ein wildes Thier / von der Gemeinschafft anderer ehrlichen Leuthe abgesondert / und gemeiniglich mit seiner Wohnung und erbarn Hauß-Gesindlein in einen solchen Winckel verstecket / da die liebe Sonne auch nicht gern ihre Strahlen hingelangen läst. LVI. Ingleichen bezeuget Bodinus, lib. 3. de Rep. c. 8. daß das Ambt der Scharffrichter fast von män̅iglichen vor das aller schändlichste und garstigste gehalten werde. Und D. Balthasar Conrad. Zahn, in Ignograph. Municip. cap. 36. n. 15. 16. & 17. recommendiret sie mit folgenden Worten: Inter sordidatos extra dubium primas tenent in municipiis Carnifices, qui quamvis manus legum dicantur Gothofred. adedict. Justin. 8. c. 3. lit. M. pro infamibus tamen omnium Judicio habentur, tàm propter connexa quaedam eorum officia, quàm quod ex antiquá Lege Censoriâ nemo ex civibus Romanis Carnifex esse, aut in Urbe domicilium habere potuit. Denique quod de Jure Canonico irregularitas & infamia quaedam ex quovis contrahatur homicidio, adeò ut tam justè nemo hominem occidere queat, quin aliquid labis & notae contrahat. arg. c. infames 6. Quaest. 1. Zahn, de Jure municip. c. 33. n. 5.
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Es bestätiget auch König, in Theatr. Polit. p. 1. c. 1. n. 360. daß die Scharffrichter infamia facti laboriren. Dn. Carpzovius, Decis. 18. n. 12. setzet von ihnen klar diese Wort: Carnifices passim locorum non modò Famosi habentur, sed etiam exosi & execrabiles sunt omnibus. Josias Nolden, de Statu Nobil. c. 22. n. 92. dicit, illos esse de tribu levi; & c. 16. n. 18. viles & inhonestos nominat. Nam qui hoc vivendi genus eligit, animi jejuni, abjecti & sordidi clara dat documenta, plerumque est bipedum nequissimus, prout id latè monstrat Damhouder. Pract. Crim. c. 153. n. 6. Der Heer-Führer der Arminianischen Secte aber Episcopus, in Resp. ad Qv. 46. p. 48. stöst dem Faß gar den Boden aus / wenn er also schreibet: Carnifices non modò non in Christianorum, sed ne quidem hominum numerum referendi sunt, eò quod sine ratione operam locant occidendis sine discrimine quibuslibet hominibus, quà nocentibus, quà innocentibus, dummodo â Judice damnati sint. LVII. Alleine das Gegenthei / und daß ihr Ambt vor und an sich selbst [remotis circumstantiis] nicht unehrlich / sondern vielmehr nützlich und nötig sey / auch die Scharffrichter in einem Gottwolgefälligen Stande Leben / behaupten Lipsius, in excurs. ad Tacit. 2. annal. fol. 504. Pontanus, part. 3. Attic. Bellar. fol. 754. Bodin. d. lib. 3. de Rep. c. 8. Zorer, part. 2. Quaest. 18. n. 4066. & seqq. Keckermann, lib. 1. System. Polit. c. 17. pag. 301. Naurath. de Jur. subdit. pag. 605. D. Conrad. Dinnerus, in lit. Priv. ad D. Prennigerum, idib. Sept. 1597. exarat. Liebenthal / in Colleg. Polit. exerc. 12. q. 12. per tot. Zepper. in explic. L. L. Mosaic. for. lib. 5. c. 7. n. 3. Georg. Christoph. Walther. de Privileg. Doctor c. 6. §. 21. pag. 66. Gerhard. LL. C. C. Tit. VI. de Magistratu Polit. pag. m. 381. §. 308. Matthias Bernegger. in dodecade 1. Qq. ad tacit. Germ. Quaest. 11. Freher. de infam. Lib. 3. c. 22.
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Nam quî infamis sit Status, qui à sancta origine, Deo, gladii auctore & consecratore, ad sanctum finem, vindicias scilicet pacis Justitiaeque, sanctâ & quadam sacrificali mactatione destinatus est, sanctis exemplis Josuae Magni illius Cananaeorum Carnisficis, Benajae Herois, aliisque gaudet? D. Joh. Conrad Danhauer, in Theolog. Conscient. tom. 1. p. 2. Sect. 2. Sect. 2. Dial. 3. art. 4. q. 7. Carnifices sunt executores Sententiarum & Justitiae instrumentales Ministri, qui etsi odiosum apud omnes sustineant nomen, quod cruentum, quod tyrannicum & quasi parum humanum videantur exercere officium, nihil tamen in conscientia peccant nec coram Deo, nec mundo. Besold, in tract. de trib. domest. Societ. spec. fol. 106. n. 4. & de Republ. lib. 3. c. 8. Neurath. de jure Subditor. aphorism. 54. pag. 604. LVIII. Tria autem sunt, quae Carnificem ab homicidii crimine imò ab ullo peccato in hoc officio purgant & liberant, nempe 1. Causa justa, scil. ob quam occidit, & morte̅ infert. Culpa enim peccantis eam mortem meruit, & ob eam Dominus: Exod. 22. praecepit, maleficos non patieris vivere 2. Ordo Juris, qui non suae voluntati, sed Judicis imperio paret, qui legitimae potestatis authoritatem habet, & ad quam Malefici damnandi sunt. Num. 35. & Deut. 21. 3. Animus justus, quo & Judex, & judicis minister tortor, solam justitiae promotionem spectant, per quam malum puniendum est, ut Respublica quieta servetur, & gloria Dei magis elucescat. Jodoc. Damhouder, in Prax. Crim. c. 152. n. 4. LIX. Quod idem ipse Augustinus confirmat, dicens; Non ipse occidit, qui ministerium debet jubenti, sicut adminiculum gladius utenti, quemadmodum nec ille minister peccavit, qui jubente David interfecit illum, qui Saulem Regem fatebatur occidisse 2. Reg. 1. Nec illi Juvenes, qui eodem jubente peremerunt Baanan & Rechab fratres, qui occiderant Isboseth, Saulis filium, quamvis in gratiam Davidis id fecisse jactarent [563] 2. Reg. 4. Neque Banajas filius Jojadae qui jussu Salomonis Adoniam & Joab regni Insidiatores interfecit 3. Reg. 2. Et ut semel dicam, sicut miles authoritate Principis hostem interficiens non peccat, sic nec Minister Justitiae, Judicis authoritate ac jussu fretus, latronem aut alios sontes occidens peccare censebitur. Darum auch der selige Mann D. Lutherus, in der Kirchen Postilla über das Evangelium / am 4ten Sontage nach Trinitatis recht und wohl geschrieben / mit diesen Worten: Meister Hans ist ein Sehr nützer und dar zu barmhertziger Mann / denn er steuret den Schalck / daß er es nicht meht thue / und wehret den andern / daß sie es nicht nachthun. Dann für ihm schlägt er einem den Kopff ab / denen andern hinter ihm drauet er / daß sie sich fürchten für dem Schwerd / und friede halten / das ist eine grosse Gnade und eitel Barmhertzigkeit. LX. Neque funestabitur [contra sententiam Ciceronis] ob praesentiam Carnificis ulla Concio. Cicero enim nimis Ethnicè, despecteque de Carnifice sentit, nobis Christianis longè aliam mentem de hoc Magistratus officio atque ministerio esse convenit, qui non ignoramus, injustis hanc legem esse positam, atque hanc politicam juris partem ad gloriam Dei & ad Reip. tranquillitatem directè spectare, & Carnificis [sive magis Justitiae executoris) officium prorsus esse necessarium. LXI. Quocirca hic etiam ob officii sui necessitatem in tutela ac securitate est principis, ut nefas sit, illum ob ofiicii [quam vocant] vilitatem aut caedere, aut vim ullam inferre, adeò ut hunc ausum, taleque factum Princeps capitale Crimen esse voluerit, ut habet Augustiss. Imperat Carol. V. de capitalium Judiciorum constitutionibus art. 97. Jodoc. Damhouder, d. c. 152. n. 11. & 12. Speidel, in Spec. Jur. v. Hencker. LXII. Und daß die Scharffrichter weder juris noch facti infamia laboriren / zeiget Georg. Christoph. Walther, in tract. de Privileg. DD. c. 4. §. 21. pag. 66. Si enim honestum est, Judicem Sententiam ferre in homines sceleratos, quomodo illius executio turpis ac facinorosa esse poterit?
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Petr. Martyr. 4. Loc. Comm. 14. cap. de carnisicibus. Zorer. d. q. 18. n. 466. LXIII. Es bestätiget auch Dn. Richter, Decis. 80. n. 20. solches mit einem Praejudicio, welches der Schöppen-Stuhl zu Jena / Mense Mart. Anno 1621. Otto Heinrich Wahlen / Hennebergischen Nachrichter zu Meiningen auf Bitte ertheilet / also lautend: Daß kein Nachrichter seines Standes und Ambts halben für unehrlich zu halten / immassen denn andere Leute / so mit ihn essen und trincken / und nach Gelegenheit umgehen / derentwegen ihrer Aembter zuentsetzen sich keinesweges gebühret / noch zuläßig ist. LXIV Derowegen des Scharffrichters Person nicht allzuverächtlich zuma chen und zu verkleinern / sondern vielmehr / wenn sie einen guten Wandel führen / und sich unsträfllich erweisen / von der Obrigkeit gebührend zubeschützen / und die jenige / so sie lästern und schmähen / zubestraffen sind. Carpzov. in den Inquisition und Achts-Process. tit. 12. art. 2. §. 2. Zumahl / da vor Alters die Obrigkeit / oder deren Bediente selbst solch Ambt verrichtet / wie im vorhergegenden mit mehrern zu sehen. LXV. Orta est haec injuria è Pharisaismo, à curiae ingressu abhorrente, ne polluerentur; in Papismo adolevit, nullo ullius argumenti colore imbuta, quo non etiam Ministri Ecclesiae, maleficorum comites ipfi, omnesque milites infames juberentur esse. Contagione non inquinatur Chirurgus, qui medicam adhibet manum, sed qui se homini peste infecto miscet. Joh. Conrad Danhauer, cit. q. 7. Theol. conscient. Zepper. d, lib. 5. c. 7. n. 3. Et revera nihil indecori aut inhonesti in se habet, perimere sontes, sicut inhonestum non est, Judicem aut Principem capitalem Sententiam ferre in facinoros. Confutant haec opiniones Canonistarum de irregularitate, quae ex quovis homicidio contrahatur, cum tamen Inquisitores, quos vocant, haereticae pravitatis indies multos insontes impunè occidi curent. Et annon Papa, Cardinales, Episcopi sanguinem effundunt, dum belligerantur? & tamen suo judicio non fiunt irregulares. Certè cum Levitae plurimos interfecissent, ita non reddebantur irregulares, aut à Ministetio arcebantur, ut Moses ad eos diceret: consecrate manus vestras. Exod, c. 32. v. 29.
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Facit & huc exemplum Pinetis Num. 25. v. 7. Eliae, 1. Reg. 18. v. 40. Ambrosii, qui minister Caesaris erat, tanquam praetor Mediolani Jus dicebat, ac nihilominus ad Episcopatum rapiebatur; S. Martini, qui licet miles fuerit, tamen audi Vir, cui Christus amor, Christus timor, omnia Christus. D. Casp. Finck. Canon. Theol. cent. 4. canon. 30. LXVI. Equidem David ob effusum Sanguinem militarem arcetur ab exstructione Templi. 1. Chron. 23. 8. non, quod infamiam ex effusione illa contraxerit, sed quod Messiae typus esse non potuerit, Salomoni pacifico haec machina reservata. Danhauer. alleg. loc. LXVII. Und will ich nicht verfechten / sondern nur anführen / was Johan Jacob Wissenbach. in seinen Exercitationibus ad Pandect. & quidem adtit, de verb. & rer. signif. Disp. 15. n. 5. colum 84. aus dem Bodino, Lib. 3. de Rep. 8. setzet / daß nemlich die Scharffrichter denen pictoribus, statuariis, sculptoribus, pigmentariis, tibicinibus, histrionibus, saltatoribus, arenariis, agitatoribus, ludionibus, pantomimis scenicis weit vorzuziehen: additâ hac ratione, quod hi sordidissimis artibus, turpiumque aut inanium voluptatum efficientibus, non modò civium mores corrumpant, sed etiam Civitates ipsas funditus evertant: Carnifices verò egerendis sordibus ac lustrandis Civibus necessarii essent. Strauch. de Colleg. opific. thes. 57. LXVIII. So haben auch die Generals-Personen bey den Römern / wenn sie wegen der überwundenen Feinde einen Triumph oder öffentlichen Einzug in die Stadt Rom gehalten / den Scharffrichter hinter sich auf ihren Triumph-Wagen sitzen lassen / welcher eine güldene mit vielen köstlichen Cleinodien besetzte Crone gehalten / dem Triumphirenden oft zuruffende: Respice post te, hominem mementote esse! Zonar as lib. 2. Annal. Ihn darbey erinnerde / daß er zurück auf die nachfolgende Zeit seines Le [566] bens sehen / und sich nicht im Glück erheben solte. Es war auch an solchen Triumph-Wagen eine Peitsche und Schellen gehengt / anzudeuten / daß die Triumphirende leicht durch daß mißgünstige Glück so sehr wieder herab fallen könten / daß man sie nicht allein mit Peitschen und Geisseln schlüge / sondern auch gar das Leben abspreche und nehme: Weil diejenige / so hingerichtet werden solten / bey der hinausführung Schellen tragen musten / damit jederman sie hören / und ihnen aus den Wege weichen konte. Joh. Christoph. Salbach / lib. 3. Antiq. Rom. cap. 2. circa finem. Philipp. Camerar. tom. 1. Hor. succisv. cap. 2. pag. 76. LXIX. Kayser Wenceslaus hat / auf selbst-eigenes Begehren / dem Scharfrichter zu Praga einen Sohn aus der Tauffe gehoben / viel von demselben gehalten / und öffentlich Gevatter geheissen / auch dessen Dienstes / in Hinrichtung der grossen Herren in Böhmen / so ihm zuwieder wahren / sich tapffer gebrauchet. Lehmann, in der Speyerischen Chronic. lib. 7. c. 60. Hagecius, Hist. Bohem. part. 2. fol. 56. Ja er hat sich so gemein mit ihn gemacht / daß er in einen Wagen mit ihn gefahren / oder sie wohl gar auf einen Pferde zusammen geritten. Dubrav. lib. 13. Hist. Bohem. Rud. Godofr. Knich. op. polit. lib. 2. part. 1. c. 13. th. 21. col. 714. Lansius, in orat. pro German. pag. 953. Welches auch eine Ursache mit gewesen / daß er des Reichs entsetzet worden. LXX. König Erich in Schweden hat eines Scharffrichters Tochter zur Ehe genommen / deshalber ihn seine Brüder aus dem Reich verjagt. Thuan. lib. 43. fol. 817. LXXI. Wiewohl in der Inser Ceylon in Ost-Indien die Scharffrichter in grossen aestim sind / die sich zu den Vornehmsten / ja zum König selbsten nähern / und mit ihm reden dürffen. Johann von der Bähr / in Diario Indico, pag. 57. in med. D. Beier, vom Hencker-Geld / c. 1. §. 9. LXXII. Drum ob schon die Scharffrichter bey uns personae viles sind / kan man doch ihrer Dienst-Verrichtung in dem gemeinen Wesen nicht entrathen. Nam sicut per partes corporis physici, quas nominare pudor prohibet, excrementa egeruntur: ita Carnifices corporis politici partes [567] quidem sunt abjectissimae, ad catharmata verò civitatis coercenda vel eliminanda maximè conducibiles, imò necessariae sunt. Eylenberg, de Jure Carnif. c. 6. § 5. LXXIII. Massen sie sich denn auch loßrichten können / und dadurch alle ihr vermeinter Macul ausgelöschet und aufgehoben wird / welches gemeiniglich geschicht / wenn sie dreyhundert Ubelthäter hingerichtet haben. D. Fomann, Disp. de not. lev. mac. thes. 59. Joh. Melch. Lucius, in dissert. inaug. de damno famae declinando & reparando §. fin. pag. 44. LXXIV. Hierbey fällt auch die Frage vor / Ob derjenige / welcher einmahl unter des Scharffrichters oder Henckers Händen gewesen / infam und Ehrloß worden / und daher von seinem Ambt / Function und Bedienung abzusetzen / oder auch aus den Handwerck zu werffen / wenn er ein Handwercksmann ist? Hierauf wird geantwortet: Wenn der / welchem dieses begegnet / unschuldiger weise torquiret und gevoltert worden / auch solches ausgeführet und dargethan hätte / schadet ihm solches an seiner Ehre / Condition und Stand nichts / sondern bleibet in seinen Würden. Richter, part. 2. Decis. 80. n 33 ibig??? praejudicium. Eylenberg, de jure carnif. cap. 6. §. 18. Weil ihm hierinnen seine Unschuld zustatten kömmt / und in vita civili ohne alle Ceremonien seiner vorigen Ehren restituiret wird. Petr. Pappus, in Corp. Jur. Milit. pag 454. LXXV. Im Kriege aber wird es gar anders gehalten / und derselbe nicht eher für ehrlich erkant / bevor die Fahne über ihn geschwencket worden. Wiewohl sonsten / in Ansehung dessen Unschuld / man denselben nicht pro infami erkennen kan / ungeachtet dieser Ceremonien. Idem d. loc. Vid. Königl. Schwedisch. Articuls-Brief / art. 109. Chur-Fürst. Brandenburgisch. Krieges-Recht / art. 88. Zürcher Krieges-Articul / art. 84. LXXVI. Weil nun des Scharffrichters Person weder de jure noch de facto vor infam zuhalten / so entstehet ferner die Frage: Ob eines Nachrichters Sohn / so solcher studiret, einen Gradum annehmen könne / oder auch darzu zulassen sey? D. Conradus Dinnerus, weyland [568] Fürst. Würtzburgischer Rath / in seinem im September Anno 1597. an Herrn D. Penningern abgelassenen Schreiben / darinnen er die Frage / ob der Ambts-Gerichts- und Stadt-Knechte Söhne / wenn sie geschickt sind / zur Dignität und Würde eines Doctoris oder Magistri zu erheben? abhandelt / und von D. Johann Georg Walthern, in seinem Tractat de statu, jure & privilegiis Doctorum omnium facultatum c. 6. §. 21. angeführet wird / will zwar auf die bejahende Seite incliniren: allein wohlgedachter D. Walther negiret solches arg. L. 2. C. de dignit. in totum, mit Anführung folgender Ursachen: Etsi enim [inquit] Lictores, apparitores & carnifices laborent infamia neque juris neque facti, opinione hominum tamen ita sordidi sunt, ut ingenui ab iis abhorreant, & Lictores, Carnifices, libitinarii honestis civibus admiscendi non sunt, praesertim quod mores horum hominum sint pessimi, in omne servile obsequium projecti, & pudoris profligati homines. Besold. in thes. pr. verb. Schergen. Cicerone enim teste, pro Rabinio, concio lictoris vel carnificis interventu funestatus. Arnis. lib. 1. polit. c. 12. p. 324. Besold. de jur. civ. c. 11 n. 4. Keckermann. lib. 5. System. c. 17. Bodinus quidem, lib. 3. de Rep. c. 8. Damhoud. in Prax. crim. c. 155. D. Gerhard. Loc. de Magistrat. §. 308. putant, Carnificis officium non esse inhonestum, quod & nos dicimus, homines verò officium hoc gerentes nostris temporibus adeò sunt abjectae sortis, sublestae fidei, sordidissimorum morum, ut quivis abhorreat, cum ipsis colloqui, multò magis comedere, quod etiam attestatur Matthias Berneggerus, in dodec. 1. quaest. ad Tacit. Germaniam q. 11. Munus hoc, ait, utpote ad justitiam tuendam pertinens, ex suae natura nihil infa [569] miae vel improbitatis habet, nisi ex accidente, ut si moribus talium hominum pessimis & sordidis aliis operis contaminetur ac infametur. Providebunt ergo accuratè, quibus facultas Doctorum honores elargiendi concessa, ne inconsideratè ejusmodi lictorum, CARNIFICUM, libitinariorum, agitatorum, excoriatorum filios, utut aliàs doctrinae laude conspicuos abmittant, NISI MACULAM ORDINI UNIVERSO INDELEBILEM INURERE VELINT. Vid. D. Adrian. Beier, dissert. de Expens execut. crim. c. 1. §. 15. Eylenberg, Disp. de Jure Carnif. c. 6 §. 13. Qui ultimus addit, si tanta sit virtus & doctrina filii carnificis, ut nemo ipsi facilè possit comparari, pro ratione circumstantiarum à Doctoratu arceri non posse, quae proinde accurátè sint ponderandae. LXXVII. Der vorigen Frage ist zum nechsten verwand diese: Ob diejenige / so mit den Scharffrichtern oder Feldmeistern und Abdeckern umgehen / essen und trincken / dadurch anrüchtig werden / ihnen ihr zukünfftiges Handwerck zulegen / u. sie ihrer Aembter zu entsetzen? Worbey den̅ ein Unterscheid zumachen unter den Scharfrichtern / welche nur allein die Peinliche Executiones verrichten / mit den Abdecken und Schinden aber nichts zuthun haben / und denen / so beydes mit einander treiben / uud Hand anlegen / wie heutiges Tages fast von den meisten geschicht. Bey dem ersten Fall infamiret die Conversation nicht / wie man denn auch siehet / daß die Nachrichter / wenn sie sich des Abdeckens äussern / sonderlich in den Nieder - Sächsischen Städten / zumahl wenn sie in der Chirurgi und Glieder-Cur geübet und erfahren sind / nicht sonderlich gemieden werden. Naurath, in hypotypos. Jur. Subd. pag. 608. Hahn. ad Wesenbec. tit. de his, qui notantur infam. Im andern Fall aber ist es vorwerflich / allermassen D. Christoph Richter, p. 2. Decis. 80. n. 20. solches mit einem Praejudicio, welches der F. S. Schöppen Stuhl zu Jena / ab requisitionem otto Heinrich Wahls / Hennebergischen Nachrichters zu Meinungen Anno 1621. gesprochen / bestercket / also lautend: Daß kein Nachrichter seines Standes und Ambts halben für unehrlich zu halten / Immassen den andern Leuthen / so mit ihn essen / trincken / und nach Gelegenheit [570] ümgehen / derentwegen ihr zukünfftiges Handwerck zu legen / und ihrer Aembter zu entsetzen / sich keines weges gebühret / noch zuläßlich. Die Feldmeister aber betreffend / möchte derer mit andern habenden Conversaton denselben einen Vorwurff und Aufruck geben V. R. W. Maurit. Consil. Chilonens. VIII. n. 35. p. 235. Joh. Volckm. Bechman. in Com. ???. p. 1. exercit. 8 n. 71. & 72. Infamatur enim tunc Carnifex si ad sordidas simul operas munus adhibuerit, Wann er nemlich als ein Racker der Schinderey sich theilhafftig machet / und entweder selbst / oder durch die Seinigen das Luder / so sonst in Ober-Teutschland denen Schäfern zukommt / verführen läst. D. Adrian. Beier, in Disp. de bonis damnatorum, §. 31. Und obwohl die Excoriatores, Feld- und Rasemeister nicht vor infam zu halten / sondern nur personae viles & turpes sind; Schneidewein, ad §. 1. Inst. de inoff. testam. n. 17. Carpzov, p. 1. Decis. 17. n. 17. Zahn. Ichnograph. municip. c. 36. n. 22. Eylenberg. d. disp. c 6. §. 6. So laboriren sie doch majori macula, als die Nachrichter. Maurit: Consil. Chilonens p. 234. Dither. in contin. Besold. v. Scharfrichter / p. 536. Darum ein ieder / so nicht Noth halben mit ihnen ümgehen muß / ihre Conversation zu meiden / und sich derselben zu entschlagen hat / damit er nicht durch solche allzugrosse Gemeinschafft eine Klappe davon bekomme / wie aus folgenden Urthel / welches der Churfürstl. Sächs. Schöppenstuhl zu Leipzig / Mense Majo, Anno 1609. ad requisitionem Henrici à Schönberg gesprochen / und von Dn. Carpzov. Part. 3. Prax. crim. quaest. 137. n. 59. angeführet wird / zuersehen. Verba sententiae: Haben die Schuhknechte / so bey den Schustern zum Frauenstein arbeiten / G. D. dahero getadelt und neben ihme bey keinen Meister arbeiten wollen / daß derselbe mit dem Nachrich [571] ter oder Caviller Gemeinschafft gehabt / mit demselben nicht allein gessen und getruncken / sondern auch seine Tochter zu freyen Vorhabens wäre / sc. Da nun gedachter G. D. von seinen Beginnen nicht abstehen / noch sich des Nachrichters Gemeinschafft enthalten wird / so wären die andern Schuhknechte ihn neben sich arbeiten zulassen nicht schuldig. V. R. W. Simili planè modo pronunciarunt Johann Kutnern / zu Waldheim / M. Decemb. An 1629. Item an die Vier-Meister und gantzes Handwerck der Leinweber zu Waldheim / Mense Januar. 1630. add. Bechmann, Tom. 2. p. 2. exerc. 12. th. 78. Beier, de bonis damnat. § 31. & c. 1. §. 15 de expens Exec. crim. vulg. Hencker-Geld. Dieses ist auch in der An. 1670. confirmirten Innung des Lohgerber-Handwercks zu Greussen angemercket / und in der den 19ten Julii An. 1683. anderweit bestätigten / wiederhohlet worden / und zwar bey den Zehenden Articul / des Abdeckers Fell-Kauff belangende ibi: Ein ieder Meister / Geselle / oder die sich dieser Zunfft gebrauchen wollen / sollen sich hinführo / bey Poen zweyer Gülden enthalten / mit dem Feldmeister übrige Schlemmerey und Quaserey zu treiben / und soll hinführo der Feldmeister denen Loh-Gerbern / wie allenthalbenbräuchlich / den Fell-Kauff gönnen und anbiethen / auch ohne ihren oder der Ober-Meister Vorwissen / keinen Frembden keine Haut / sie sey klein oder groß / verkauffen / bey Straffe eines Güldens sc. LXXVIII. Weil / wie im vorhergehenden mit mehrern angeführet / weder die Nachrichter / noch auch die Feldmeister denen Rechten und ihrem Ambt nach / vor infam und ehrloß zuachten: So folget auch / daß ihre Kinder um so viel weniger zu scheuen / sondern zur Erlernung zünfftiger Handwerge / bevorab wenn sie bey ihrer Väter Verrichtung noch nicht Hand angelegt haben / zu admittiren und aufzudingen / auch an Handwerckers Töchter sich verheytathen können. Vid. Georg. Beatum, Cas. var. pag. 24. Joh. Volckm. Bechmannum, in Comment. ad Pandect. part. 1. Exercit. Exot. 8. th. 48. Schneidevvinum ad §. non autem liberis n. 17. Inst. de inoff. Testam. [572] D. Hahn, ad VVesenb. ff. de his qui not. infam. n. 2. circa fin. Richter, Decis. 80. n. 25. Adrian Beyer, in Tyrone Prudent. jur. opific. cap. 6. Mauritium, Consil. Chilonens. 8. n. 34. welcher dieses sonderlich behauptet / und endlich in folgende Worte heraus bricht: Sententia JCtorum, qui filios carnificum ab honestis opificiis arcent, nec cum divino, nec cum humano jure congruit. Maßen den̅ auch ausgemachten Rechtens ist / daß demjenigen / welcher einer Scharffrichters Wittibe oder Tochter heyrathet / von den Handwercks-Zünfften nicht ausgeschlossen werden kan. Eylenberg. de jur. Carnif. c. 6. §. 9. Allein well doch der gemeine Mann die Nachrichter und Feldmeister vor anrüchtige und fürchterliche Leute hält / und sich solches nicht ausreden lässet / Carpzov. p. 3. Pract. Crim. q. 137. n. 58. & 59. Richter, part. 2. Decis. 80. n. 2. 3. & 23. Adrian Beyer, in tract. de bonis damnator. §. 31. Dieselbe auch vor sich in kein Handwerck aufgenommen werden können / Carpzov. part. 3. quaest. 137. n. 59. Eylenberg, de jur. carnif. c. 6. §. 8. So thun dieselbe wohl / wenn sie ihre Kinder keine zünfftige Handwercke lernen / noch auch Handwercker Kinder heyrathen lassen / sondern zu ihren Thun und Handthierung strack von Jugend auf angewehnen / damit sie des continuirlichen Zanckens / Streitens und schimpflichen Vorwerffens entübriget seyn mögen. Und wenn gleich die Obrigkeit an einen Orth die Handwercker zu folcher Aufnehmung der Scharffrichter und Feldmeister Kinder zwingen wolte / sind doch die Knappen / Gesellen und Handwercks-Bursche / sonderlich bey letziger Zeit / und derselben Zustand / schwerlich dran zu bringen / daß sie mit ihnen / und in solcher Werckstatt arbeiten / sondern aufstehen und in die weite Welt hinein ziehen / ander Orthen es anzeigen / und alles aufwiegeln / daß die Handwercker an solchen Orth keine Gesellen mehr kriegen können / indem diese mit Fleiß auf dergleichen Städte nicht zu wandern / damit sie nicht anderswo von der Brüderschafft gestraffet werden mögen. Ja wenn auch gleich eines Scharffrichters oder Feldmeisters Sohn ausgelernet hätte / und wandern wolte / würde er doch an keinen Orth bey einem Meister angenommen werden / und unterkommen können / sondern wieder zurück an den Orth müssen / wo er ge [573] lernet / oder das Handwerck gar changiren und aufgeben. Zugeschweigen / daß wenn er in der Fremde alles verfechten wolte / er gar leicht Leib und Leben drüber einbüssen dürffte. D. Heinc. Linck, in Discurs. de literis Natalit. c. 3. §. 29. in fine. Ja die Meisters-Kinder und andere Gesellen / so in einer solchen Stadt gearbeitet bey dem handwerck / da ein Scharffrichters- oder Abdeckers-Sohn aufgedinget worden / möchten es auch wohl entgelten müssen / und nicht gelitten werden. Massen man dessen ein Exempel an einer benachbarten Stadt hat / da einige von den Tuchmachern nur eines Scharffrichters Sohn zu Grabe getragen. Was vor Mühe und Kosten haben doch angewendet werden müssen / biß solcher Handel wieder gestillet und beygeleget worden? Und so lange durch eine allgemeine Reichs-Constitution aufs neue dem Aufstand der Gesellen und Knappen nicht begegnet / und mit Nachdruck aller Orthen nicht drüber gehalten wird / ist schwerlich zuhoffen / daß hierinnen was fruchtbarliches ausgerichtet werde. Bey welchen Zustand denn am sichersten / daß die Scharffrichter und Feldmeister ihre Söhne / wie vor gedacht / zu ihrer Verrichtung angewehnen / und die Töchter an ihres gleichen verheyrathen. Eylenberg, de Jure Carnif. c. 6. §. 8. LXXIX. Nun fraget sichs auch: Ob die Obrigkeit der Scharffrichter / Hencker / Caviller und Abdecker Kindern / auf ihr Anhalten / einen Geburths-Brief geben / und darein setzen könne / daß sie von ehrlichen Eltern erzeuget und gebohren? Diese Frage wird von D. Henric. Linckern, in Disc. Jurid. de literis Natalitiis, c. 3. §. 19. mit Nein beantwortet: Cum enim [1] id hominum genus [inprimis excoriatores] turpi ac probroso officio fungantur; Calvin. in Lex. Jurid. v. Carnif ex. & [2] ipsorum liberi paternis officiis utplurimum se immisceant, unde vix fieri poterit ut maculam effugiant, sicuti quotidiana experientia docet, metitò ipsis literae Natalitiae denegantur. nec obstat, quod quandoque etiam Carnificum liberi in collegia recipiantur, tamen nec hoc ipsis proderitad impetranda testimonia Natalitia, cum natales sordidi permaneant, ut de ipsis praedicari nequeat: Daß sie von ehrlichen Eltern gezeuget. Es wäre denn Sache / daß sie nur allein üm deswillen / daß sie nemlich ex matrimonio legitimè contra [574] cto, oder aus richtig-vollzogener Ehe erzeuget und gebohren / auch niemanden mit Leibeigenschafft zugethan / und verwant wären / den Geburths-Brief verlangeten / welcher ihnen so dann / und auf solche maße und Weise nicht abzuschlagen. Eylenberg, disp. de jur. carnif. c. 6. §. 10. Also ward Anno 1682. eines Scharffrichters Sohne folgender Geburts-Schein ertheilet: Des Durchläuchtigsten Fürsten und Herrn / Herrn Johann Georgens / Herzogs zu Sachsen / Jülich / Cleve und Bergen / tot. tit. Seiner Hoch-Fürstl. Durchl. der Zeit verordneter Ambtmann allhier zu N. ich N. N. füge hiermit iedermänniglich zu wissen / daß heute unten-gesetzten dato vor mir an gewöhnlicher Gericht-Stelle erschienen H. O. F. Nachrichter aus hiesiger Stadt bürtig / an- und vorbringende / wie er nun zehen gantzer Jahr in der Fremde / als zu Hamburg / Magdeburg / Bremen und andern Orthen sich aufgehalten / nunmehr aber entschlossen wäre / sich an einen gewissen Orth nieder zulassen / mit inständiger Bitte / daß ich Ambts wegen ihn zu desto mehrer Förderung einen beglaubten Schein mittheilen wolte / wer seine Eltern gewesen / und wie er vor seine Person sich allhier verhalten. Weil dann dieses sein Ansuchen billig; Als habe ich auch demselben deferiret / und bezeuge hiermit / daß Impetrant H. O. F. von H. M. F. gewesenen Scharfrichter allhier / so aber vor etlichen Jahren schon gestorben / und M. E. G. L. Nachrichters zu Langen-Saltza Tochter / ietzo des hiesigen Scharffrichters H. M. J. Eheweib gezeuget / und Anno 1674. den 8. Januarii allhier zu N. gebohren / auch besage Kirchen-Buchs / Sontags drauf / als den 10. berührten Monats zur H. Tauffe befördert / dabey zu Pathen ersuchet worden O. G. Scharffrichters-Sohn zu H. und B. C. H. M. Hald-Meisters zu Saltzungen Tochter / ist auch sein Groß-Vater H. F. ebenmäßig Scharffrichter allhier gewesen. Impetrantens Person belangend / hat er / so lange er sich hier aufgehalten / sich still / fromm und aufrichtig erwiesen / daß keine Klage wieder ihn vorkommen / daß ich dannenhero alle und iede / welchen dieses Zeugnis und Geburths-Schein vorgezeiget werden wird / Standes-gebühr nach dienst-freund- und fleißig ersuche / sie wollen nicht allein demjenigen / was oben angeführet / völligen Glauben geben / sondern auch ermeldten H. O. F. allen beförderlichen Willen erweisen. Solches wird er mit unterthänigen Danck verdienen / ich aber bin es bey allen Begebenheiten üm einen ie [575] den zu verschulden willig und geflissen. Zu mehrer Urkund dessen habe ich auf Bitte diesen Schein mit dem mir anvertrauten Fürstl. Ambt-Siegel bedrücket / eigenhändig unterschrieben / und Impetranten wissentlich ausgehändiget / So geschehen zu N. den 13 Februarii, 1682. (L. S.) N. N. LXXX. Ob ein Loh-Gerber / wenn er mit einen Feldmeister oder Abdecker der Leder halber contrahiret / und ihm solche abkäufft / oder einem Handwercks-Mann Schulden halber die Meisterey eingeräumet worden / u. er solche hinwieder verpachtet / oder wenn ein Gerber der armen Sünder Häute / so nach der Anatomi ihm gebracht werden / gerbet / üm deswillen aus dem Handwerck zu werffen? ist nicht weniget allhier zu untersuchen. Hierauf wird mit Nein geantwortet / und bestercket solches D. Richter, Decis. 80. n. 21. mit folgenden dreyen unterschiedlichen Praejudiciis des Fürstl. Schöppen-Stuhls zu Jena / deren Das Erste Mense Julio An. 1606. gesprochen / nachgesetzten Inhalts: „Habt ihr in des Meisters zu Königsee / Hans Günthers / halbe Feldmeisterey die würckliche Immission erlanget / welche ihr also gebrauchet / daß / weil ohne das auf der andern Helffte eine Wittibe einen Knecht hält / welcher die Häute von hingefallenen Vieh abzeugt / ihr auch gleicher Gestalt uf solcher euch verhaffteten und tradirten Feldmeisterey eben denselben Knecht die Häute abziehen / und euch dieselben überantworten lasset / welche ihr den förder als ein Lohegerber zurichtet und gar machet. Ob sich nun die andern Meister des Lohegerber Handwercks dahin verlauten lassen / als könten sie euch derohalbe̅ / u. wo ihr in die Länge solche halbe Feldmeisterey also gebrauchen und nutzen werdet / in Handwercke nicht leiden / sintemahl ihnen solches bey andern verweißlich seyn möchte: Demnach aber da es / euren Bericht nach / keinen Lohe-Gerber nicht kan noch mag gewehret oder verbothen werden / nach einen gewissen Pact die Feldmeisterey zubestehen / mit einer darzu tüchtigen Person zubestellen / so seyd ihr solcher Feldmeisterey euch zu äußern / oder das gantze Handwerck der Lohe-Gerber dar [576] zu mit einzulassen / nicht schuldig / es hätte dem gedachtes Handwerck etwas erhebliches darwieder einzuwenden / damit würde es billig gehöret / V. R. W. Eo dem modo Mense Julio 1629. Hansen Fritzen zu Kala responsum fuit. Hat eures Weibes voriger Ehe-Mann Michel Preusse / gewesener Bürgermeister zu Kala sel. mit den Feldmeister daselbsten über 15. Jahr in Contract gestanden / daß er ihme / alle die Leder / die er an seiner Meisterey abzuziehen bekommen / um einen billigen Kauff zugeschlagen / und dahero sich vermögen lassen / daß er ihme / den Feldmeister Hansen Hesse / zu Erkauffung der Meisterey zu Roda / uf E. E. Raths Consens, und Hypothec der Meisterey zu Kala / und jener / achthundert Gülden geliehen / so Jährlichen auch versteuret und verschätzet worden / und / weil ihr nach dessen Tode die Wittibe erfreyet / nicht alleine solche Schuld auf euer Weib und Euch kommen / sondern habt auch dergleichen Contract mit gemelten Feldmeister nunmehr an sechzehen Jahr her continuiret / und nachdem derselbe verstorben / mit dessen Kinder Vormündern / solcher gestalt eure Bezahlung zuerlangen / Handlung gepflogen / daß euch die Meisterey samt denen hinter derselben gelegenen Aeckern uf fünf Jahr / Innhals darmit überschickten Copeyen / gelassen / darauf ihr die Acker ausgezogen / und an euch behalten / der Meisterey und Streifferey Verrichtung aber uf gewisse Maaß einen andern Feldmeister übergeben Ob nun wohl unter Handwercks-Leuthen / und Feldmeistern Billig ein Unterscheid zu halten / daß diese in Erbaren Zünften nicht zu dulden / dennoch aber weil nirgend in Rechten verboten / mit dergleichen Leuten zu contrahiren / der Contract gleichfals keine Unerbarkeit uf sich hat / über das ihr Noth halber zu dem einigen Ende / daß ihr die Bezahlung erheben möchtet / krafft verschriebener Hypothec, die angedeuthe Meisterey auf gewisse Jahr ausgethan / so ist das Handwerck der Gerber bey euch wegen solcher Vermiethung und Anmaßung der zur Meisterey angehörigen Aecker / einer unerbaren Handthierung zubeschuldigen / aus der Innung zu schliessen / und des Handwercks zuenhalten / Euch anzumuthen nicht befugt. V. R. W. Ita quoque in eadem causa senatui zu Kala responsum fuit. Unsere freundliche Dienste zuvor / Erb. W. G. Fr. als ihr uns berichtet / welchergestalt sich Streit zwischen den Lohe-Gerber-Handwercke bey euch / Klägern / eines und Hansen Fritzen / auch Lohe-Gerbern / Beklagten / andern Theil alles nach mehrern Innhalt der uns [577] sub lit. A. B. und zugeschickten Beylagen erhoben; Wann ihr denn / was dißfals recht V. R. B. G. D. S. W. nach fleißiger Verlesung der Beylagen / und Erwegung der Umstände V. R. daß gemelter Fritz bey der Meisterey / gestalten Sachen nach / der Klägere Einwenden ungeachtet unperturbiret zulassen / es wäre den̅ / daß er durch ein ander Mittel / als An̅ehmung deroselben / seiner darauf haftenden Schulden könte befriediget werden / so ist er zwar von der Meisterey abzutreten schuldig / gleichwohl aber nichts destoweniger in einem oder andern Fall als ein Zunfft-Genosse sein Handwerck zutreiben wohl befugt / wie ihr dann Obrigkeits wegen ihn darbey zuschützen verbunden / V. R. W. Also werden auch die Gerber nicht anrüchtig / wenn sie der hingerichteten armen Sünder Häute / so nach der Anatomi ihnen zugerben gebracht werden / bereiten: Ja sie können in Verweigerungs-Fall / von der Obrigkeit darzu compelliret werden. Carpzov. pract. crim. part. 3. q. 137. n. 76. Adrian Beier, de cadaverib. punitor. c 3 n. 43. & seqq. Allermassen Anno 1656. zu Leipzig geschehen / da die Gerber der Anatomirten armen Sünder Häute / weil dieselbe unter des Henckers Händen gewesen / nicht gar machen wollen / biß endlich Anno 1657. durch ein Chur-Fürstl. Rescript sie darzu angewiesen worden. Ammannus, in Irenic. p. 260. n. 9. Zumahl da sie ohnedem denen Feldmeistern und Schindern die Hunde-Häute gar machen. LXXXI. Will man wissen Ob ein Nachrichter / oder auch Abdecker / Caviller und Feldmeister / wenn er von einen ein Schelm / oder sonst gescholten worden / denselben Actione injuriarum belangen könne? So wird hierauf mit Ja geantwortet / argumento eorum, quae DD. tradunt de Spuriis, Schneidewin. ad §. non autem liberis. n. 17. Inst. de inoff. testam. Etsi enim ex opinione vulgi pro infamibus habeantur, ipsis tamen hoc non debet objici. D. Richter, Decis. 80. n. 23. Alwo er deswegen folgendes Urthel / so der Schöppen-Stuhl zu Jena im Junio Anno 1607. auf Ansuchen Trajani Wahlen / Nachrichters / und Valentin Stengels / Feldmeisters zu Erffurt ertheilet / anführet.
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Verba sentent. Als ihr berichtet / welcher gestalt Meister N. Treutmann / ein Abdecker / auf seine Arbeit geritten / und da er in Mitternacht wieder anheim reithen wollen / wären etliche Männer auf den Felde vor dem Städlein Blanckenhäyn gewesen / und als er der Abdecker / seinem Brauch nach / mit einem Rohre oder Karbiner / da er bald an sein Hauß vor das Thor kommen / damit sein Gesinde wachend zumachen / geschossen / wären die Männer im Felde auff ihn eingesprungen / und deswegen ihn vom Gaul heben wollen / auch mit Hellparten auf ihn gefallen / der Abdecker aber hätte seinen Gaul gewendet / und seine Wehr ausgezogen / auch dieselben geschlagen. Ob nun wohl des andern Tages der von Mandelslohe den Abdecker verhöret / und befunden / daß er unfchuldig wäre / hätte doch nichts destoweniger der Schösser des Wohlgebohrnen Herrn Graffen von Gleichen den Abdecker vor sich daselbst dieser Dinge halber auch besprochen / und endlichen ihn mit Worten angeriffen / und gesagt: Er wäre ein Schelm! der Abdecker geantwortet / er wäre kein Schelm. Der Schösser geantwortet: Es wären alle Schelmen / die da Pferde schindeten / und geschunden hätten / könte das mit der Lander-Ordnung beweisen. Wann ihr dann / was hierinnen zu Recht versehen / unsere Rechts-Berichtung gebethen: Demnach sprechen wir vor Recht: Wenn ietzt-gedachten Schösser der erwehnte Abdecker / euren Bericht nach / keine Ursach zu solchen Worten gegeben / so ist er / gedachten Schösser injuriarum vorzunehmen wohl befugt / V. R. W Eben also haben auch die Schöppen zu Halle in dieser Sache erkant / hisce verbis: „Hat ein Schösser an einen Orth einen Scharffrichter oder Abdecker / dessen Vorfahren gleichfals solcher Arbeit gepflogen / ohne gegebene Ursach / allein dahero / daß er ihn wegen eines im Felde geschehenen Lufft-Schusses / straffen wollen / der Abdecker aber sich dessen geweigert / vor einen Schelm gescholten. Dieweil aber gemeldtem Schösser solches nicht gebühret / so ist derowegen der Injuriat ihm zum Abtrag Sächsischer Rechte zubringen wohl befugt / V. R. W. add. D. Joh. Volc. Bechmann, tom. 1. Exerc. 8. §. 74. Balth. Conr. Zahn, Ichnograph. c. 36. n. 19. 20. & 21. D. Adrian Beier, vom Hencker-Geld / c. 1. § 5. pag. 12.
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LXXXII Ist denn auch einen Scharffrichter zum Zeugen zu admittiren? It. ob demselben Glauben zuzustellen / wenn er wegen der von ihm selbst volstreckten Volter Zeugnis geben wolte? D. Nicolaus de Lescut, Consiliarius quondam Anthonii, Lotharingiae Ducis, in tractatu de Testium Examine, cap. 30, n. 2. negiret, daß ein Scharffrichter zum Zeugen angegeben / zugelassen / beeydiget und examiniret werden könne / wenn er also schreibet: Edictum de testibus dici solet prohibitorium certarum videlicet personarum, utpote infamium, sicuti sunt JOCULATOR, FREQUETATOR TABERNARUM, LATRINARUM PURGATOR, ET MAGIS CARNIFEX &c. Welchem auch Rudger. Ruland. daselbsten iu additionibus lit. A. beystimmet. Ferner wird keinem Nachrichter geglaubet / wenn er allein / ohne des Actuarii Protocoll, wolte wegen der von ihm vollstrechten Tortur Bericht erstatten / Carpzov. part. 3. pract. Crim. quast. 124. n. 67. allwo er n. 68. dieser wegen folgendes Praejudicium von den Chur-Fürstl. Sächß. Schöppen-Stuhl zu Leipzig Johann à Schilckraden Mens. Jul. Anno 1626. ertheilet / anführet: „Ob wohl der Scharffrichter / der solche scharffe Frage verrichtet / mit allen Umständen Bericht gethan / wie lange die Tortur gewähret / was er darbey vor Instrumenta gebrauchet / auch / was der Gefangene bekant und ausgesaget / zu Papier gebracht: Da aber dennoch die Gerichte / so darbey gewesen / durch einen Notarien und Schreiber / des Inquisiti Confession und Bekäntnis / Gerichtlichen nicht selbsten registriren und aufzeichnen lassen; So wäre auch des Scharffrichters gethaner Bericht nicht gnungsam / noch demselben vollkommener Glaube zuzustellen / V. R. W. Welches auch Joh. Vocken, Bechmann, in commentar. Pandect. tom. 2. part. 2. exerc. 9. thes. 29. pag. 262 bestätiget. LXXXIII. Da nun die Nachrichter de jure nicht unehrlich seyn / so möchte man auf die Gedancken kommen / Aus was Ursachen sie gleichwohl ingemein verhasset sind / daß niemand gerne mit ihnen ümgehen oder zuthun haben will? Christophorus Crusius, in tr. de Indiciis delictorum part. 4. c. 52. n. 32. Wie auch Martinus Zeillerus, cent. 2. [580] quaest. 97. in fin. & Epist. 365. sagen / daß es daher komme: Erstlich / weil vielmahls Diebe / Räuber / Mörder / Ehebrecher und andere verruchte Ubelthäter / die das Leben verwürck / oder doch sonst die bösesten und lasterhaftigsten Leuthe zu solcher Verrichtung genommen worden. Joh. Göed. ad L. 103. n. 3. ff. de verb. signif. Rud. Godofr. Knichen, op. polit. lib. 2. part. 1. c. 13. th. 21. col. 714. Zum andern die Nachrichter selbst / mit ihren gottlosen und ärgerlichen Leben / diesem / sonst ehrlichem Ambt / einen Schandfleck anhengen. Hoenon. disp. polit. 2. thes. 51. Zorer part. 2. seines Rechtl. Bedenckens / quaest. 18. n. 4066. & 4068. Et ira officium non ipsos, sed ipsi potius suo vitio polluunt officium. Zepper, in explanat. Legum Mosaic. lib. 5. q. 7. fol. 711. Dither. in contin. Besold. v. Scharffrichter / p. 535. Drittens weil die Nachrichter gemeiniglich mit den armen Sündern grausam ümgehen / sie hin und wieder zerren / reißen / stossen / hart binden / ihnen ihre Ubelthaten auf das schmäligste vorrücken / und gleich als mit einen unvernünfftigen Vieh umgehen. Ja wohl vor der Zeit sie dahin reissen und das Leben nehmen / auch noch darzu Lob und Ruhm darbey suchen / mehr aus Grausamkeit / Haß und Feindschafft / als Eiffer und Liebe zur Justiz. Jadoc. Damhoud. in. Prax. Crim. 6. 152. n. 6. Carpzov. lib. 6. tit. 10. Resp. 102. n. 2. Daher auch kommen / daß / wenn man einen Tyrannen / und Blutdürstigen Menschen beschreiben wollen / denselben der Nahme Carnifex Hencker oder Schinder gegeben worden. Viertens / weil sie selber in ihrer Kleidung / Gang / Stellung und Gebärden sich dergestalt bezeigen / daß sie bey männiglich vor crudel und grausam angesehen werden mögen. Fünftens / weil der gemeine Mann [sonderlich aber die sich nichts gutes bewust sind] fürchtet / er möchte ihnen etwan auch unter die Hände kommen. D. Casp. Finck, in Canon. Theolog. cent. 4. canon. 30. Rittershus. de jure Asylor. pag. 66. Endlich und zum Sechsten / weil sie gemeinlich auch die Abdeck- oder Cavillerey darbey gebrauchen / daß sie das todte Vieh abziehen / welches je [581] derzeit vor schändlich und garstig gehalten worden / idque tangit Artemidorus, Oneirocriticorum lib. 1. c. 35. his verbis: Coria tingere omnibus malum est. Corpora enim mortua attrectat coriarius tinctor, ideoque ab urbe semotus habitat. vid. D. Adrian Beyer, von Henckergeld / c. 1. §. 15. pag. 12. LXXXIV. Nunmehr wollen wir auch etwas von des Nachrichters Privilegien und Freyheiten melden. Es haben die Hencker und Scharffrichter an einen Orth mehr Freyheit / als an andern. Zeiler, Epistol. 356. Sonderlich aber bestehen solche [I] in der Sicherheit ihrer Person / daß sie nemlich in der hohen. Obrigkeit Schutz sind / und sich niemand an dieselbe unbilliger Weise vergreiffen darf / wie in Käyser Caroli V. Peinlichen Hals-Gerichts-Ordnung art. 97. ausdrücklich gesetzt und zubefinden. add. Matth Stephani, & Zirizium, ad hunc artic. mit welcher auch übereinkömmet die Fuf-Knechte-Bestallung zu Speyer / de Anno 1570. §. 66 in verbis: Es soll auch ein jeder die Nachrichter bey Freyheit gemeinen Kechtens bleiben lassen / welcher das nicht thut / soll an Leib und Leben bestrafft werden Und findet man dieses Geboth in. Käyser Maximiliani II. Articuls-Brieff art. 66 und in Käyser Ferdinandi III. Articuls-Brieff. sub dato Wien / den 12. Octobr. Anno 1642. art. 71. wiederholet. Es concordiret auch hiermit der König Majestät zu Schweden Gewaltiger-Ordnung / tit. 4. n. 4. Item der Königl. Dähnische Articuls-Brieff / art. 19. ibi: Keiner mag den Scharffrichter überfallen oder verhindern / idem er dasjenige / so das Recht / und das ausgesprochene Urtheil vermag / exequiret. add. Jus Pruten. lib. 6. tit. II. art. 3. §. 2. pag. 181. Mevius ad Jus Lubes. lib. 4. tit. 18. art. 1. n. 6. Joh. Georg. Becht, de Securitate & Salv. conduct. thes. 198. Scabini Jenenses, consulente Senatu Magdeburgico, fustigationem di [582] ctarunt ei, violentiam intulerat carnifici primo ictu aberranti, Mens. Octob. 1611. Richter, Reg l. jur. 2. p 13. in fin. Adrian Beier, do manu Regia & militar. th. 34. & seqq. massen er denn im Kriege unter des General Auditeurs Commando gehöret. Petr. Papp. Corp. Jur. milit. pag. 209 [II] daß sie nicht wie andere kaffen / wachen / frohndienen und andere Onera Personalia dürffen übertragen helffen / sondern davon befreyet sind. [III] daß einer oder der andere unter ihnen Privilegia erlanget / entweder durch das gantze Land / oder doch in einen gewissen district, Ambt oder Gericht alleine die Torturen und Peinliche Executiones an den armen Sündern zu vollentstreckeu. [IV] Wenn sie zugleich die Cavillerey und Abdeckung durch ihre Knechte darbey treiben uud verrichten lassen / daß sie abermahl gewisse Oerther haben / wo sie die Feld- oder Rasemeisterey Erblich exerciren / und ihnen kein ander Eintrag thun darf. Eylenberg. in Disput. de Jure Carnif. c. 2. §. 1. vid. D. Adrian Beyern, de Expens. Execut. Crim. pag. 14. & 15. allwo er 2. Privilegia eines Scharffrichters wegen der Abdeckung de anno 1619. & 1628. anführet. [V.] Haben sie etlicher Orthen / das Beneficium, daß sie einen Haußtrunck von etlichen Eymern Tranck-Steuer u. Zehent frey brauen und geniessen / aber nichts davon verkauffen / oder an Geldestat vor Arbeits-Lohn hingeben dürffen / bey Verlust der Gnade und Freyheit. [VI] succediren die Scharffrichter im Heer-Geräthe: Denn der älteste Sohn eines Nachrichters bekömt das beste Richt-Schwerd / die andern Söhne aber die übrigen / so noch vorhanden sind. Sicut respond Facultas Juridica Helmstad. Anno 1642. vid. Richter. de Success. ab intestat. Sect. 1. membr. 1. n. 56. pag. Edit. Noviss. 134. [VII] Maßen sie sich auch Curen / sonderlich aber Arm- u. Bein-Brüche zu heilen an / daß sie offte mehr / als die Barbierer diesfals zuthun haben / wie man denn unterschiedliche unter ihnen findet / die hierin gute Erfahrung haben. Wiewohl Ludovicus Hörnick. in Polit. Medic. d. 18. §. 14. pag. 187.
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ihnen solches nicht gut heisset / in verb. die Abdecker wollen bißweilen Apotheker seyn: Aber solches ist unrecht / sie möchten bey ihren Menschenfett und Hundeschmaltze bleiben / den einen ge volterten die Glieder wieder einrichten / ist nicht die Kranckheit verstehen / und denselben helffen. Derowegen sie auch in der Chur-Mainzischen und Franck furtischen Apotheker-Ordnung billig verworffen werden. sc. LXXXV. Sonst geben die Scharffrichter insgemein auch / als eines von ihren Privilegien an / sie wären berechtiget / wenn einer sich selbst erhenckte / erstöche / oder sonst ums Leben brächte / daß alles / was an den Orth / in der Cammer / Gemach / Boden / Stall sc. befindlich / da der selbst Mörder hin oder tod lege / alles ihnen verfallen wäre / und eigentühmlich zukäme / so weit sie / bey den Cörper stehend / unten und oben / auch auf allen Seiten in den Umfang mit dem Schwerd erreichen könten. Allein ein Briefgen stünde fein dabey / womit sie solch vermeintliches Privilegium und Gerechtigkeit darzu thun und zubelegen gedächten: Denn in dem beschriebenen Rechten findet man hievon nichts. So können sie auch mit der Gewohnheit / drauf sie sich ebenmäßig zuberuffen pflegen / nicht fortkommen / zumahl dieselbe denen Gemeinen Rechten zuwiederlauffen würde / auch ohne dem facti ist / cap. I. de cons. in fexto. welche sie ordentlicher Weise mit allen requisitis, so doch gar schwer / darthun und beybringen müsten. De quibus And. Gail. lib. 2. observ. 31. Joh. Schneidevvin, in §. ex non scripto n. 4. & seqq. Instit. de jure Nat. Gent. & Civil. Matth. Coler. de Processib. executiv part. 1. c. 3. n. 34. Und lieffe wieder alle Billigkeit / wenn man denen Hinterlassenen / und ohne dem durch solchen Selbstmord in höchster Bestürtzung und Betrübnis gesetzten Anverwanten / ja wohl gar Kindern den wenigen Vorrath rauben / und noch mit mehrer Betrübnis und Schaden belegen wolte. D. Fritsch. de jure accidental. in app. n. 4. Ja wenn dergleichen Dinge zu confisciren und einzuziehen wäre / fiehlen sie billiger der Obrigkeit / als den Scharffrichter zu. Dn. Stryke. de jur. sens. Dissert. 7. c. 3. n. 39. Es könte auch unter solchen mobilien und moventien wohl was seyn / so einem Fremdemzugehörete / mit was vor Rechtvermöchte wohl der Scharffrichter sich dasselbe zuzueignen?
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arg. c. prodest. severitas 23. Quaest. 5. L. si poenam ff. de poenis. Gnung ist es / daß ein sothaner Selbst-Mörder / nach Befindung der Umstände / wenn er von den Scharffrichter abgeschnitten / oder aufgehoben / unter der Hausthür-Schwelle durchgezogen / oder oben herab gestürtzet / und auf den Schind-Leich hin geworffen wird. Gloß. im Land-Recht lib. 2. art. 31. n. 3. lit. B. Schneidewin, in §. Juris praecepta n. 5. Instit. de justit. & jur. Decian. in Tr. Crim. lib. 9. c. 4. n. 8. Didac. Covarruv. lib. 2. var. resol. cap. 1. ad fin. vers. illudprofecto. Plach. in Epit. delict. lib. 1. c. 23. n. 14. Peguerra, de Jure Fisci, lib. 4. tit. 4. n. 10. in fin. Drum auch die Schöppen-Stühle denen Scharffrichtern solch unchrist- und unbilliches Begehren gemeiniglich ab / und nur einen billigen Lohn / wie solchen die Obrigkeit selber arbitriret / ihnen zuzuerkennen pflegen. Carpzov. lib. 6. resp. 103. tit. 10. n. 5. 10. & 11. Ita Scabini Lipsienses, ad Consultationem Carnificis Weisenfelsensis, Christian Ingermans, M. Mart. 1622. Verba Sentent. Hat sich vor wenig Wochen zu Weissenfels vor dem Klinge-Thor in den Ambts-Gerichten eine ledige Weibes-Person in ihrer Schlaf-Kammer selbsten erhenckt / in welcher Kammer eine Lade / darauf sie bey der Erhenckung getreten / wie dannoch eine andere Lade / so kaum eines Schrittes weit von der ersten gestanden / ingleichen ein Feder-Bett vorhanden gewesen / welche Laden / und die darinnen befindliche Sachen / nebst dem Bette du damahls / wie die erhenckte Person von dir abgeschnitten / und mit denen Pferden an gehörigen Orth geführet worden / zu dir und mit hinweg genommen sc. So bistu angeregte Sachen an den Orth / allda solche zuvor gewesen / hinwiederum zubringen schuldig. Es wäre denn im Ambt Weißenfels durch eine beständige Gewonheit hergebracht / u. über Rechts-verwährte Zeit unverbrüchlich also gehalten / daß dem Meister / welcher die Personen abhauen / und an gewöhnlichen Orth schaffen muß / alle dasjenige / was über / unter / üm und neben denselbigen Personen / so weit man mit dem Schwerdt reichen kan / befunden wird / gefolget worden / dessen genössestu auf solchen Fall billig. V. R. W.
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Et ad requisitionem Daniel Volcmars zu Leipzig / Mense Majo, Anno 1638. verb. sentent. Hat sich ein Lehr-Junge in eurem Hause auf einen Boden erhencket / welchen der Nachrichter / auf Befehl der Stadt-Gerichte / durch seinen Knecht abnehmen / und hinaus schaffen lassen / darauf der Stadt-Richter befohlen / euch mit dem Nachrichter / der Zahlung wegen / zu vergleichen. Ob nun wohl derselbe 50. Thaler fordert / mit Vorgeben / es sey hin und wieder auf dem Lande hergebracht und bräuchlich / daß bey solchen Fällen ihnen allezeit dasjenige gebühret / was er an dem Orthe / da sich einer erhencket / befunden wird / zumahl aber / was er mit dem Schwerd ümgreiffen könte / daher ihm zum wenigsten das Leder / so auf den Boden / da sich der Junge erhenckt / zubefinden / gebühret sc. So hat er sich doch damit nicht zubehelffen / sondern lässet sich an demjenigen Lohn / was die Obrigkeit vor billig erkennet / begnügen. Er könte dann darthun und beweisen / daß bey dieser Stadt / sein Vorgeben durch eine beständige Gewohnheit hergebracht / und über Rechts-verwärthe Zeit unverbrüchlich gehalten worden / dessen genösse er auf solchen Fall / V. R. W. add. Carpzov. part. 1. pract. crim. quaest. 2. n. 32. Guil. Böckel. vision. sive disquisitio, n. publ. de publicis judiciis, disq. 6. §. XXI. pag. 164. Philip. Knipschild, de jure & privileg. civ. Imp. lib. 5. c. 20. n. 37. Joh. Philippi, us. pract. Instit. lib. 4. tit. 18, Eclog. 86. n. 9. Dn. Stryke, d. dissert. 7. c. 3. n. 40. LXXXVI. Unter andern Excessen, welche die Nachrichter begehen / ist auch dieses / daß sie theils so wohl in der Kleidung / als auch sonsten sich dergestalt hervor thun / daß wer sie nicht kennet / meinen solte / es wären vornehme Herren und Cavalliers: welches aber die Obrigkeit / nach Anleitung der Reformation guter Policey zu Augspurg de Anno 1530. tit. 21. ihnen nicht verstatten / sondern dieselbe mit Nachdruck anhalten soll / daß sie Kleider / ihren Stand gemäß / und zwar solche tragen / wodurch man sie von andern unterscheiden könne. Mascard. de Prob. concl. 119. n 19. & 20. Naurath, de rationar. pag. 608. Eylenberg, de Jure Carnif. c. 6. §. 3. welches auch in Franckreich beobachtet wird / teste Guil. Bouchet, lib. 2. Serées, ser. 14. f. m. 83.
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wenn er also schreibet: En quelque contrée de France se practique, que le bourreau a une potence au devánt de son vestiment, & l' eschelle par le derriere. LXXXVII. An vielen Orthen wird ihnen auch nicht verstattet einen Degen / zu tragen / sondern nur ein kurtzes Schwerd. Drum als Anno 1651. der Nachrichter zu Eisenach H. M. F. diesem auf Andeutung des Ambts nicht also nachkommen wolte / sondern bey der Fürstl. Regierung daselbst sich deßwegen beschwerete / und anführete / daß theils benachbarte Scharffrichter Degen trügen / ist folgendes Rescript an den damahligen Ambtsverweser daselbst Herr L. Georg Stephan Schelhasen ertheilet worden: Mein freundlich Dienst zuvor / hochgelahrter besonders guter Freund. Inliegend vernehmet ihr / was gestalt der Scharffrichter allhie H. M. F. sich über euch wegen des verbothenen Degen tragens supplicando beschweret / und darneben Suchung gethan. Wann dan ermeldten Scharffrichter keinen Degen / sondern ein kurtz Schwerd zu tragen gebühret: Als wird an stat u. in Nahmen des Durchlauchtigen Hochgebohrnen Fürsten und Herrn / Herrn Wilhelms / Hertzogens zu Sachsen / Jülich / Cleve und Bergen sc. Meines gnädigen Fürsten und Herrn / hiermit begehret / ihr wollet ihme solches anzeigen / u. mit seinen unziemlichen Suchen abweisen. An deme beschiehet ob hochermelter Sr. Fürstl. Gnd. zuverlässige Meinung / und bin euch freundlich zu dienen geneigt. Datum Eysenach den 10. Julii 1651. F. S. Geheimter Rath / Landes-Director, und Oberaufseher daselbst Z. Prüeschenck / LXXXVIII. Und soll denenselben in der Kirchen ein eigener Stand assigniret und angewiesen werden / drin sie unter andere Leute sich nicht mischen / noch auch ihnen beschwerlich seyn dürffen. Sicut responsum esse in Consist. Lips. 1624. testatur D. Schilter. in Instit. Jur. Can. L. 7. t. 7. §. 7. LXXXIX. Die Scharffrichter sind gemeiniglich sehr auf ihre Accidentien erpichtet / und lassen nicht gerne was zurück / es mag recht oder unrecht seyn. Carpzov. lib. 6. Resp. 103. tit. 10. n. 3.
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Drum geben sie mit höchsten Fleiß acht / ob sie einen den andern ausmachen können / der ihnen etwan in ihre Verrichtung Eingriff thut / damit sie / ihrer Meinung nach / solche selbst straffen und beschimpffen können. Unter welchen denn auch dieses mit ist / daß wenn einer ein verrecktes Pferd oder ander Vieh abziehet / sie demselben den Schinders-Karren vor die Thür führen / und eine ziemliche Summa Geldes von ihn haben wollen. Alleine die Obrigkeit foll dergleichen eigenthätiges Beginnen denen Nachrichtern oder Feldmeistern nicht verstatten / denn 1. findet man in den beschriebenen Rechten nicht / daß ein Nachrichter sich dessen / aus eigner Gewalt / unterfangen dörffe. Go könte 2. derselbe auch die Straffe nach Gefallen erhöhen / und also in seiner eignen Sache Richter seyn / contra c. nullus 1. caus. 4. quaest. 4. L. un. C. ne quis în sua caus. jud. L. 10. ff. de juris d. omn. jud. L. nullus 14. C. de Judaeis & coelicol. Gö. den, cons. 30. n. 3. Da er doch / wie andere / seine vorgesetzte Obrigkeit hat / bey der er / wegen seines Interesse, Ansuchung thun / und zudem / was ihm von Rechts- und Gewonheit wegen gebühret / sich verhelffen lassen kan. Ludolph. Schrader, de Feud. part. 10. Sect. 5. n. 22. & 23. Carpzov. dict. lib. 6. tit. 10. Resp. 102. n. 12. Caspar Zillesius, de jure mulct andi c. 7. n. 182. pag. 118. & 119. Drum wenn ein Nachrichter oder Feldmeister vorgebe / es sey durch eine Gewonheit also eingeführet / muß er dieselbe ordentlich darthun und beweisen. Quae tamen probatio consvetudinis est quasi impossibilis, secundum. Valascum, consil. 162. n. 9. vers. & dixit Hostiensis. Add. Stryk. de jure sensuum, disp. 7. c. 3. in fin. Ja solcher Beweis / weil er contra bonos mores, & planè irrationabilis ist / darf von dem Judice nicht einmahl angenommen werden. And. Tiraquell. de poen. leg. temper. caus. 38. n. 2. & 4. Bald. lib. 5. Consil. 400. n. 2. Doch muß derjenige / so dem Feldmeister hierinnen Eintrag gethan / [massen denn niemanden gestattet wird / das verreckte Vieh zuvergraben / oder unangemeldet vor die Hunde zuwerffen / sondern bey einer gewissen Straffe solches pfleget verbothen zu werden] auf vorhergehende Erkäntnis der [588] Obrigkeit / demselben wegen des entzogenen Luders / und der Haut Ersetzung thun / wird auch noch wohl darzu gestrafft. Ita Scabini Lips. ad requisitionem Praetoris & Scabinorum Numburgensium, Mens. Nov. 1626. (Verb. Sent.) Ist in unsern nechsten Rechtspruch dieses erkant worden / daß M. W. Wittibe / derowegen / daß sie ein Füllen / so in ihrem Gehöf ümgefallen / abziehen laßen / ihren Vermögen nach / üm eine ziemliche Geld-Busse in Straffe zunehmen / und sich mit dem Abdecker wegen des entzogenen Luders und der Haut / gebührlichen zuvergleichen und abzufinden schuldig; so wird sie nunmehr üm 50. Thaler in Straffe genommen / sie ist auch hierüber dem Abdecker / wegen des entzogenen Luders und der Haut / vor alles hin / 15. Thaler zuentrichten verpflichtet / in Mangelung gütlicher Abfindung wird sie durch Hülffs-Zwang darzu billig angehalten / V. R. W. Et ad consultationem H. Z. zu Leipzig / Mens. Aug. 1641. Verb. Sent. Hat euer Gesinde das verstorbene Vieh der Meinung verscharret / damit nicht ander mehr Vieh sterben möchte / deswegen der Scharffrichter ihme Abtrag nach seinen Willen zuthun von euch begehret sc. So seyd ihr wegen eures Gesindes / so das Vieh vergraben / dem Scharffrichter ein mehrers nicht / als den Werth der Haut und Luders / verständiger Leuthe Erkäntnis nach / und was ihme wegen der Abholung gebühret / zuerstatten schuldig / und wird hierüber derjenige / der es gethan / oder da er zu seiner Enkäntnis nach / und was ihme wegen der Abholung gebühret / zuerstatten schuldig / und wird hierüber derjenige / der es gethan / oder da er zu seiner Entschuldigung nichts erhebliches vorzuwenden / solcher Begünstigung halber / ein paar Tage lang mit Gefängnis billig gestraffet / wieder euch aber mag gestalten Sachen nach / weiter nichts fürgenom̅en werden V. R. W. XC. Incidenter wird hierbey erwehnet / daß Petr. Caball. in Tr. de omn. gener. homicid. n. 14. Ime Maranta, in Specul. p. 6. act. 2. n, 126. Und Gomez, de delict c. 14 n. 7. setzen / es könte der Scharffrichter einen Ochsen / Esel oder ander Thier ei [589] nes Privati nehmen / und damit zum Tod verdammten auf den Richt-Platz führen / doch daß er den gehörigen Lohn davor zahlete / welches wohl in Italien / Hispanien und den Meyländischen Stat also üblich seyn mag: Bey uns in Teutschland aber / giebt gemeiniglich der Scharffrichter sein Pferd und Karn darzu her. Es wäre denn an einen und andern Orth eingeführet / daß die Unterthanen solches zur Frohne thun müsten: Ausser dem kömmet dem Fisco zu / solche Kosten zu übertragen. Clarus, q. 99 n. 5. Guazzin. ad defens. Inquisit. tom. 2. defens. 38. c. 5. n. 3. XCI. Von des Nachrichters Wohnung noch etwas zugedencken / so ist im vorhergehen No. I. III. gemildet / daß bey den Römern und Rhodisern der Scharffrichter ausserhalb der Stadt wohnen müssen. Es geschahe aber solches nicht darum / daß man ihn vor infam und unehrlich hielt / sondern deswegen / weil nur welche von den Fremden und Ausländern / oder die sich des Bürger-Rechts durch ihre Mißhandlungen verlustig gemachet / zu der Hencker-Zunfft genommen wurden / und musten ohne dem die Fremdlinge ausserhalb der Stadt wohnen. Carpzov. part. 1. Decis. 18. n. 12. Gestalt dann auch noch heut zu Tage dieselbe entweder ausserhalb den Städten / oder doch abgesondert an den Stadt-Mauren / ihre Wohnungen haben / wo nicht viel Leuthe hinkommen / nicht daß sie als anrüchtige alleine wohnen müsten / sondern weil sie gemeiniglich die Cavillerey und Rasenmeisterey darbey haben / und wo nicht selber / doch durch ihre Knechte treiben lassen / da es wegen der Luder und abgezogenen Häute einen üblen Geruch giebt / drum für gut befunden worden / daß sie alleine von der Stadt abgesondert wohnen / und niemand deshalber beschwerlich seyn möchten. D. Adrian Beier, de bonis damnat. §. 31. Joh. Casp. Eylenberg, de jure carnif. c. 6. §. 4. Warum aber vor Alters der Scharffrichter zu Erffurt am Marckt gewohnet / beantwortet Joh. Gryphiander, in seinem Tractat, de Weichbildis Saxonicis, cap. 66. n. 19. & seq. also: Ex quo in urbibus Saxonicis statuae erigi, illaeque Weichbild dici coeperunt, Signum Judicii à crucibus ad statuas transiiit, ita ut in oppidis Judicia ad Weichbildos sive Colossos Rulandinos celebrarentur. Quamquam id non ubique forsan obtinuerit. Halae in Saxonia Rulandus index est eriminalis iudicii, quippe in [590] foro caveae ita inclusus, ut non pateat, nisi cum criminalia judicia intra ejus cancellos exercentur. Sicuti Venetiis inter duas columnas in area S. Marci Justitia delinquentium exercetur. Camerar. lib. 2. medit. Hist. c. 29. Et fortassis ex eadem causa Erphordi in medio foro separatim carnisex habitat, ut scilicet praesto sit executor sententiae à Scabinis olim ad Bancum Regium latae. Quod tamen citra injuriam Rulandi intellectum volumus. Heut zu Tage wohnet derselbe nicht mehr auf den Marckt / sondern bey dem Löber-Thor am Wall. XCII. Ob es wahr sey / daß die Scharffrichter / wenn sie ihr Meister-Stück zum erstenmahl beweisen wollen / Menschen-Blut trincken? und warum sie solches thun? Ist nicht weniger eine Frage / die sich zu gegenwärtiger Handlung gar wohl schicket. Diejenige so es bejahen / führen an das Exempel Faustinae, Käyser Marci Gemahlin / so sich in einen Fechter verliebet / und von denselben nicht lassen können / deswegen auf Rath der Chaldäischen Aertzte der Fechter getödtet worden / und die Käiserin mit dessen warmen Blut sich waschen müssen / wodurch die Liebes-Flamme aus geleschet / und wie sie darauf der Käyser beschlaffen / ist sie schwanger worden / und hat den Antonium Commodum zur Welt gebohren / welcher ein blutgieriger wilder Mansch / und mehr ein Fechter / als ein Käyserlicher Printz wurde. Petrus Crinit. lib. 2. c. 1. Camerar. p. 1. hor. succis. 53. pag. 237. So lieset auch von des Käysers Caligulae Ammen / welche als ein grausam und Barbarisch Weib demselben / als er noch ein klein Kind gewesen / oft ihre Brüste / dran sie die Wartzen mit Blut bestrichen / dar gereichet / und solche nebst der Milch aussaugen lassen / wodurch er hernach so ein Tyran und Unmensch worden / daß er sich an Hinrichtung so vieler unschuldigen Menschen nicht ersättigen lassen / sondern noch darzu das Blut der von ihn erstochenen von seinem Schwerd oder Spies ableckte / als wenn es Honig wäre / ja vielmehr wünschte / daß die gantze Welt nur einen Kopf hätte / damit er solchen auf einmahl herab schlagen / und alsdann allein regieren könte. Woraus abzunehmen / daß warm getrunckenes Menschen Blut einen kühn und behertzt / ja grausam wieder einen andern Menschen mache / daß er ohne einiges Entsetzen denselben als einen Feind massacrire und dar [591] nieder sebele. Welches eben die Ursache seyn soll / daß die neu angehenden Scharffrichter / wenn sie ihre Probe thun wollen / sich dessen bedienen / damit sie nicht feig oder verzagt / sondern kühn und hurtig bey Hinrichtung der Malefiz-Personen sich erzeigen möchten. Kornemann, de mirac. mort. part 5. cap. 21. Andere aber halten es vor ein Gedichte. Und wenn gleich vor Alters die Nachrichter solches gethan / höret und siehet man doch heute zu Tage nichts mehr davon. Wo wolten sie auch das Menschen Blut anders hernehmen / als wenn arme Sünder mit dem Schwerd gerichtet werden / da dergleichen niemand leicht / aber wohl dieses observiret haben wird / das Leuthe / so mit der fallende̅ Sucht / oder Schweren-Noth beladen sind / zuweilen / auf erhaltene Permission und Nachlassung der Obrigkeit / Blut in einen Töpffen auffangen / solches aussauffen / den Topf wegwerffen / und so starck sie nur immer können / fortlauffen / daß sie erhitzt werden / das Geblüte nicht bey ihnen gerinne / und ihnen also das Hertze abstoße / sondern / ihrer Meinung nach / von solcher bösen Kranckreit curiret werden mögen / welches doch selten zutrifft und wohl ablaufft. Dieses aber ist wohl ehe war / daß sie in Wein sich einen halben Tummel sauffen / daß sie desto behertzter werden. D. Adrian Beier, de Expensis Execut. Crim. c. 1. §. 14. in fin. XCIII. Die Straffe der Scharffrichter anbelangende / wenn sie nicht recht richten / ist zwar droben in II. Capitel allbereit angeführet und erinnert worden / daß die Obrigkeit den Nachrichtern bey Vollstreckung der Execution an den armen Sündern / das bey dem Hoch-Noth-Peinlichen Hals-Gericht gebethene / und durch den Frohnbothen ausgeruffene sichere Geleit in der That praestiren, und ihnen würcklichen Schutz halten solle / wenn es etwa in ein und andern ihnen mißlingen würde / damit nicht der tolle Pöbel der Obrigkeit ihr Ambt greiffe / die Nachrichter mit ihren Gehülffen und Knechten steinige / verwunde / oder wohl gar ums Leben bringe / wie dergleichen Exempel vor die sen iemahls geschehen / und einige davon schon in obgedachten Capitel sind berühret worden. Petr. Gregor. Tholos. lib. 31. Syntagm. Jur. Univ. c. ult. n. 7. Schönhorn, lib. 3. polit. c. 51. Vent. de Valent. Parth. litig. lib. 1. c. 13. n. 13. Drum auch in den Reichs- und andern grossen Städten üblich ist / wenn eine solche Execution, sonderlich mit den Schwerd soll vorgehen / da die verur [592] theilte entweder Soldaten sind / oder sonst einen grossen Anhang haben / daß auf Anordnung der Obrigkeit es von den Cantzein öffentliche verkündiget / und bey Leib / ja wohl auch Lebens-Straffe verbothen wird / daß sich keiner erkühnen solle / in die Befriedigung der Hoch-Gerichte / so etlicher Orthen mit Mauren / starcken Thoren und Riegeln / auch wohl mit Graben und einer Schlag-Brücke verwahret sind / einzuschleichen / aus genommen die Gerichtswegen mit hinein müssen. Oder es pfleget der Blutschreyer auf den Rabenstein / oder Henck-Hügel des Nachrichters Frieden / wie er in Caroli V. Peinlichen Hals-Gerichts-Ordnung / art. 97. enthalten / öffentlich abzulesen / wie zu Straßburg und anderswo gebräuchlich ist. Joh. Georg. Becht / de Securitate & Salvo conductu. thes. 198. Denn wenn der Scharffrichter bey seiner Verrichtung etwas versiehet und nicht recht machet / hat nicht der gemeine Pöbel / sondern die Obrigkeit ihn drum zu straffen. XCIV. Zum Exempel ein Nachrichter liesse aus unvorsichtigkeit / oder daß er etwas zu viele getruncken / den gehengten Dieb vom Galgen fallen / daß er wieder zu sich selber käme / und Perdon erlangte / alsdann wird der Scharfrichter / wegen solcher Uuvorsichtigkeit / auf ein Jahr / oder wenn noch mehr Umstände darzu kommen / noch länger verwiesen. Cnrpzov. pr. Crim. p. 3. q. 137. n. 67. Joh. Volk. Bechmann. in Comment. ad P andect. tom. 2. pag. 143. n. 41. Mevius ad Jus Lubec. lib. 4. tit. 18. art. 1. Zeiler, cent. 4. Epist. pag. 677. Beier, von Hencker-Geld. c. 1. §. 14. in fin. & in tr. de cadaverib. Punitor. c. 2. n. 71. oder wenn er den armen Sünder etlichemahl / auch wohl gar in die Achsel oder Schultern hiebe / und den Hals nicht recht treffe / oder doch etliche Hiebe thäte / und letzlich gar den Hals noch abschneiden müste / da er denn wegen solcher Ungeschickligkeit / Mezelns und Verstümmelns billig mit der Landes-Verweisung / oder einer ziemlichen Geldbuße / seinen Vermögen nach / anzusehen. Idem Bechmann. d. tom. 2. p. 286. n, 23. XCV. Wiewohl vorher und ehe die Straffe erkent wird / alle Umstände wohl zu consideriren sind / ob nicht etwan der Hingerichtete durch Zauberey [593] sich wieder solche Hiebe und Streiche des Nachrichters feste gemacht habe: Denn daß solches leicht geschehen könne / zeiget und beweiset Wierus, lib. 2. de Praestigiis Damonum, c. 51. Man hat auch vor wenig Jahren ein dergleichen Exempel an einen Soldaten zu Halberstad gehabt / der dem Scharffrichter alda ein solch Schelmstück angethan / daß ob gleich derselbe etlichemahl an dessen Halse gehauen / dennoch das Schwerd zurück geprellet / als wenn es wieder einen Kieselstein geschlagen würde / biß endlich der Soldat übern hauffen / und ihm aus den Maul ein Zettel / drauf etliche Characteres gestanden / so er unter der Zungen verborgen gehabt / auf die Erde gefallen / da / wie solcher weggethan / der Kopf nach abermahls geführten nur einigen Hieb gleich herab gangen. In welchen Fall der Scharffrichter zu entschuldigen und nicht zu straffen / sondern wenn dergleichen sich begibt / soll man solchen Festmacher und Teufels-Banner einen Härtern Tod anthun / als Hencken oder ersäuffen / wie Christoph. Crusius meinet / de indiciis delict. lib. 4. c. 52. n. 25. & 26. XCVI. Wenn der Scharffrichter bey der Tortur den Reum nicht recht und sest bindet / sondern ex dolo & lata culpa verursachet / daß der Tortus herab fält / und tod bleibet / wird er als ein Todschläger capitaliter bestrafft. Ludov. Carerius, in pr. Crim. §. circa septimum, n. 10. pag. 97. zerreissen aber die Siemen / Stricke und Kloben / daß der Inquisit Arme und Beine zerbricht / muß er gleichfals davor stehen / und den Schaden gelten. Paris de Puteo, de Syndicat. §. tortura, pag. 944. Eben die Beschaffenheit hat es auch / wenn ein Balcke oder andere Last herab auf den gepeinigten / mit zerbrechung der Tortur Instrumenten fiehle. XCVII. Einige sagen / daß der Judex deßhalber selbsten belanget werden könte / weil er keinen vorsichtigern und klügern Scharffrichter darzu gebraucht / doch daß er seinen regress an solchen ungeschickten Nachrichter wieder nehmen möchte. Crusius, d. c. 52. n. 20. 21. & 22. pag. 369.
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Allein es kan sowohl der Judex, als auch der Scharffrichter pro re nata, dolum & culpam, welche ihnen im putiret werden / purgiren / per ea, quae tradunt Wierus, d. tr. & c. nec non Brunus, de indic. & tortur. q. 7. & 8. allwo dieser letztere zugleich anführet / daß der Nachrichter nicht schuldig / dem Judici zu pariren / wenn er ihm befehle / einen notorisch-unschuldigen Menschen / ohne Rechtliches Erkäntnis / zu voltern / q. 7. n. 5. weil solches wieder seine Pflicht und Gewissen lieffe / vermöge deren er geschworen / in seinem Ambt nichts zu thun und vorzunehmen / als was recht und billig / auch bey GOtt und der hohen Obrigkeit zuverantworten wäre. Damhouder. pr. rer. crim. c. 155. n. 9. Aleman. consult. 9. pag. 157. XCVIII. Ferner hat man Exempel / daß Scharffrichter des Nachts aus ihren Wohnungen und Betten abgelanget / ihnen die Augen verbunden / und nicht eher geöfnet worden / biß sie in ein Gemach gebracht / und ihnen ein Schwerd dargereichet worden / womit sie oft grosse Herren und andere vornehme Leute hinrichteu müssen / damit niemand erfahren möchte / wo dieselbe hinkom̅en / sind auch also bey der Nacht mit verbundenen Augen wieder zurück nach Hause gebracht / und ihnen ein guter Recompens gegeben / zuweilen aber sind sie schlecht belohnet worden / indem / wenn sie die Execution verrichtet / ein ander ihnen auch den Kopf herunter / geschlagen / damit es nicht auskommen / viel weniger sie sich rühmen könten / sie hätten die und die hohe Standes-Person hingerichtet. vide Joh. Ludwig Gottfrid / Histor. Chronic. part. 6. pag. 590. welches auch dem Scharffrichter / so auf Befehl König Caroli zu Neapolis, Conradinum, Hertzogen zu Schwaben decolliret / wiederfahren. Christoph Clausius. in delin. Histor. Symbolor: & Chromolog. Imperat. Romanor. pag. 165. XCIX. Wir könten hier beschlissen / wollen aber jedennoch den curiösen Leser zugefallen noch ein und anders von unterschiedlichen Ubelthaten / Mißhandlungen und Bubenstücken etlicher Scharffrichter mit anfüge̅. Man lieset / daß Anno 1502. [oder vielmehr müste es seyn Anno 1508.] ein Nachrichter sich fälschlich vor einen Grafen von Henneberg ausgegeben / und dadurch die Professores auf der Erffurtischen Universität / [595] allwo er sich eine Zeitlang auf gehalten / hintergangen / daß er die Ehre gehabt / Rector Magnificus zu werden. Draco, de patriciis p. 289. Besold. in Thes. Pract. v. Scharffrichter / p. 805. Joh. Volckm. Bechmann, tom. 2. Comment. ad Pandect. pag. 204. Es hat aber solches / als ein nichtiges Commentum, und purlautere Unwarheit gedachte Academie in einer besondern A. 1672. edirten Apologia geanthet / und umständig refutiret. C. Desgleichen schreibet Antonius Faber, in Cod lib. 9. tit. 16. def. 1. daß sich in Sabaudien ein Scharffrichter erkühnet / eines vornehmen Mannes / u. berühmten Advocatens Nahmen fälschlich anzunehmen / und sich öffentlich zuberühmen / er sey dessen Anverwanter / welches doch nicht so / sondern nur dahin angesehen war / den ehrlichen Mann zubeschimpffen / und dadurch zu nöthigen / daß er ihm ein stück Geld geben möchte / stille zu schweigen; Allein es hat der Sabaudische Senat den Vogel beym Kopf nehmen / den Staub-Besen geben / und des Landes ewig verweisen lassen. vide Crusium. de indiciis delictorum p. 4. cap. 52. n. 30. 31. & 32. [Welcher will / daß weil man einen Scharffrichter / der ehrliche vornehme Leute injuriiret und beschimpffet / an seinen Ehren und guten Nahmen / dran es ihm ermangelte / nicht straffen könte / so solte die Obrigkeit an seinem Leib und Blut es rechen. arg. L. 7. §. 3. ff. de jurisdict.] CI. Georg Beatus, in seinen Peinlichen Recht-Sprüchen / pag. 800. führet ein Urthel wider einen Nachrichter an / welcher den Galgen beraubet. Dergleichen Exempel man mehr findet / daß sie solches practiciret, den Dieben die Däume abgeschnitten / Galgen-Ketten und dergleichen gelanget / ihre böse Stücke damit zu treiben / oder wohl andern zu verkauffen. Ehen derselbe hat tit. 9. pag. 123. ein Urthel / daß ein Scharffrichter die Weide vergifftet. Item tit. 28. pag. 302. daß ein Abdeckers Knecht einen Fede-Brieff angeschlagen.
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CII. Ein Hencker brach in eines Kaufmanns Hauß zu Metz ein / nahm alles hinweg / was er fortbringen konte / und weil der Kauffmann nicht zu Hauß / ermordete er auch noch Weib und Kinder / und verscharrete sie im Keller. Als der Kauffman heimkömmet / thut er erbärmlich / der Hencker will sich weißbrennen / spricht zum Rath / er kan es wohl selbst gethan haben! Wird drauf eingezogen / dem Hencker übergeben / der martert ihn also hefftig / daß er bekennet / er habe es gethan / wurde auch darüber hingerichtet. Bald aber darnach nimt der Hencker die silberne Becher / bringet sie zum Goldschmid und zum Juden / wil sie verkauffen / der Jude kennet das Zeichen daran / trägt solche aufs Rathaus / drüber wird der Hencker eingezogen / bekennet seine Boßheit / und wird grausam hingerichtet. Luth. tom. 7. pag. 361. Hammer, in virid. Hist. pag. 294, Georg. Richter, axiom. Oeconom. 218. n. 7. CIII. Als Anno 1618. der Graf von Mannsfeld die Stad Pilsen in Böhmen belagerte / that der Scharffrichter daselbsten / weil er als ein Zauberer seine gewisse Freyschüsse hatte / denen Belägerern grossen Schaden; Allein wie die Stadt übergangen / ist er an das Thürmlein auf der Mauer / draus er seine Schüsse gethan / gehengt worden. Joh. Jacob Heilman, Mansfeldischer Feld - Prediger / in der gründlichen Relation, wie es bey Eroberung dieser Stadt hergangen. Melch. Goldast. von Confiscation der Zauberer und Hexen-Güther / pag. 50. CIV. Anno 1654. hat ein Scharffrichter mit seinem Weibe / die sich recht wie ein Kerl verkleidet gehabt / zwey Personen zu Rom umgebracht / und seynd deßwegen beyde gehengt worden. Zu solchen Dienst meldeten sich 22. an / einer aber von guten Geschlecht setzte die Ehre auf die Seite / und ward seiner Familie zu Hohn und Spot obiger beyden Hencker / weßhalber fast alle Einwohner der Stadt mit hinausgegangen / und solchen Spiegel mit angesehen.? Zeiler, Epist. 514. CV. Ferner schreibet Ammianus Marcellinus, Histor. lib. 28. pag. 361. von einen Nachrichter / welcher zwey Weiber zum Tode geführet / der einen aber die Kleider / ja gar das Hembd vom Leibe gerissen / daß sie allda Mutternackend gestanden / mit grossem Aergernis aller Zuschauer / daß der [597] selbe / wegen solcher leichtfertigen That / von der Obrigkeit zum Tode verdammet / und verbrand worden. CVI. Viele Scharffrichter sind auch heimliche Zauberer und Hexenmeister gewesen / die sich berühmet [wie man dergleichen Gäste noch findet] sie kenneten die Hexen / haben drauf viele unschuldige Leuthe / wieder die sie Feindschafft gehabt / angegeben / und durch grausame Marter dahin gezwungen und gedrungen / daß sie fälschlich / und wieder ihr besser Wissen und Gewissen / aus Furcht noch grössere Pein zu leiden / bekant und gesaget / sie wären Hexen / hälten dieses und jenes gethan / auch die Obrigkeit verblendet / daß sie unzehlig viel solcher armen unschuldigen Leute verbrennen lassen. Wenn aber eine rechte Hexe unter ihre Hände kommen / haben sie es mit derselben abgeredet / sie solte sich bey der Volter stellen / als wenn sie überans grossen Schmertzen empfünde / und sehr schreyen / haben aber gar gelinde mit ihr verfahren / doch simuliret, als wenn sie ihr gar weh thäten / die alsdenn nichts bekant / und also wieder loßkommen / und dem irdischen Feuer entlauffen. CVII. Gestalt denn noch heut zu Tage einige Nachrichter mit denen der Hexerey halber verdächtigen Weibern / wenn sie ihnen die Haare am Leibe / und sonderlich an heimlichen Orthen abbrennen / ehe sie auf die Volter gebracht werden / gar schändlich umgehen / auch mannigmah übel verbrennen da doch dieses / wenn es ja geschehen müste / von des Nachrichters Weibe mit besserer Zucht und Verantwortung vorgenommen werden könte: Wiewohl einige gar nichts von solcher Absengung der Haare halten / sondern dißfals heftig auf die Scharffrichter schmählen / daß sie dergleichen garstiger und schändlicher Dinge sich unterstehen / auch wieder die Obrigkeit invehiren / daß sie es verstattet und zugibt. vid. Cautionem Criminal. q. 3. pag. 116. D. Meifarts. Christliche Erinnerung an gewaltige Regenten / c. 24. p. 191. Michael Freudius, in Gewissens - Fragen von Zauberey / q. 215. per tot. & q. 257. n. 6. & 7. ibi??? alle gati DD. CVIII. Sonderlich aber hat ein Christlicher Richter bey der Volter denenselben wohl acht auf die Finger zugeben / daß sie niemanden dolosè an seinem Fleisch mortificiren / oder nur ein wenig mit der Stupf - Nadel stupffen / oder sich nur stellen / als wenn sie gestupfft hätten. Der Judex soll die Stupf-Nadel dem Hencker selber geben / und ihn besuchen lassen / [598] daß er keine bezauberte / eigne / im Gefängnis verborgene herfür lange / oder in den Kleidern bey sich versteckt trage / auf daß sie nicht mit Kunst bereitet sey zu stechen / oder den Stachel zubergen. Autor, Caution. Crim. dub. 43. pag. 297. & 298. nec. non dub. 11. pag. 49. Freudius, d. quaest. 157. n. 6. & 7. Denn wenn sie an den Weibesbildern nur Warzen oder Muttermahle sehen / müssen es stracks Hexen-Zeichen seyn / drum man ihnen nicht allezeit trauen darff / sintemahl sie eine Ehre und Ruhm draus machen / wenn sie ein gefänglich-eingezogenes Weibesbild überreden / oder durch Marter und Pein dahin bringen und nötigen können / daß sie sagen muß / sie sey eine Hexe / ob sie gleich sonst keine Umstände darbey vorzubringen weiß / daß mannichmahl einem ehrlichen und gewissenhafften Richter bey solchen vermeinten Hexen - Handel alle angst und bange wird. Just. Oldekop. tit. 4. observ. crim. 12. n. 1. 4. & 5. CIX. Ja es sind auch einige von der Nachrichter - Zunfft gefunden und ertappet worden / daß / wenn die Gerichts - Personen bey währender Volter etwan mit einander geschwatzet / getruncken / oder sonst aus Nachläßigkeit nicht acht auf den Peiniger gehabt / derselbe dem / so gemartert und gedehnet worden / Brieflein mit Characteren unvermerckt zu partiret / hernach die Gerichts-Personen hinbey geruffen / solches mit Verwunderung ihnen gezeiget / und fälschlich vorgeben / er hätte es da bey dem Delinquenten gefunden / welchem dann hernach deshalber mit der Volter desto hefftiger zugesetzet worden. Idem Oldekop, d. l. n. 3. Drum sollen Richter und Schöppen vigilant seyn / und den Nachrichter nicht allein bey den auf der Volter schwebenden Gefangenen lassen / sie aber inzwischen essen und trincken / oder andere Sachen vornehmen / sondern vom Anfang biß zum Ende bey der Volter bleiben / alles was der Scharfrichter vornimmt / mit Fleiß observiren / und durch den Actuarium treulich niederschreiben lassen.
Ordin. Crim. Caroli V. art. 46. & 52. 12. n. 6. & obs. 24. n. 5. crim. c. 8. m. 5. n. 41.
Oldekop, tit. 4. obs. crim. Brunnemann, in proceß. CX. Gestalt man denn ein Exempel hat / daß als einsmahls unvorsichtige Gerichts-Personen auch von einer auf der Volter hangenden Wei [599] bes-Person weg gangen / und eines Scharffrichters Sohn bey derselben alleine gelassen / derselbe solch Weib erbärmlich gepeitschet / biß sie bekant / daß sie eine Hexe sey / welches durch unziemliche Mittel extorquirtes Bekäntnis aber nicht angenommen / sondern dieser Vogel noch darzu bestraffet worden. Joh. Volckm. Bechmann, in comment. ad Pandect. Tom. 2. part. 2. obs. pract. 76 pag. 285. CXI. Die Hencker haben auch ein sonderlich Wässerlein / daß sie den armen Gefangenen / so gevoltert werden sollen / eingeben / welches von solcher Krafft seyn soll / daß Leuthe / die davon getruncken / spreckliche Dinge bekennen sollen / wie Libavius meldet / und saget: Einmahl hat ein Ambtmann vom Schreiber erfahren / der Hencker habe ein Wasser / welches er den Gefangenen eingebe / drauf sie geschwinde bekennen müsten. Der Ambtmann fodert das Wasser / der Hencker lässet es ungerne von sich; iedoch überantwortet er ein Gläslein dem reisigen Knechte. Dieser giebt es dem Stall - Buden zutrincken / welcher geschwinde anhebt unerhörte Mord- und andere Ubelthaten zubekennen / mit allen Umständen / die er nimmermehr bey so zarten Jahren hätte verrichten können / darüber der Ambtmann erseufftzte sc. D. Meyfart, in der Christl. Erinnerung an gewaltige Regenten / c. 17. pag. 144. Wier, lib. 6. de praestig. Daemon. c. 8. §. 6. & lib. de Lamiis, c. 21. §. 5. p. 729. Freud. in Gewissens-Fragen von Zauberey / q. 290. n. 16. CXII. Oder sie machen ihnen eine Suppe / welche sie die Hexen-Suppe nennen / deren Ingredientien seyn sollen [1] ein Trunck Bier / [2] ein wenig gerieben Brod / [3] ein Hecht-Kreutzlein klein gestossen / [4] eine Hecht - Galle / und [5] ein wenig schwartzer Kümmel. Dieses alles wird zusammen gemischet / ein wenig warm gemachet / und also den Hexen eingegeben. Dither in add. thes. pract. Besold. v. Hexen / Unholden / pag. 389. Dn. Stryke, d. jure sensuum disp. 6. c. 4. n. 9. conf. Crusius, de Indic. part. 4. c. 37. n. 25. Andere aber sagen / daß sie die übergebliebene Knochen von einer verbranten Hexen aus der Aschen hervor suchen / und solche unter gedachte Suppen thun / wenn davon eine der Zauberey halber verdächtige Person / [600] so gevoltert werden soll / was in den Leib kriegte / müste sie grausame Thaten bekennen: Gestalt denn dieses Pulvermachte / daß einem solchen Menschen allerhand greuliche Dinge und Thaten vorkähmen / die er alsdenn bekennete / eben als wenn er sie begangen und verübet hätte / ob er schon ununschuldig ist. CXIII. Einige pflegen auch wohl den Abend vor der Tortur denen Gefangenen unter das Essen was zu mischen / davon sie gleichsam / als im Kopf verwirret werden / seltzame Reden führen / üm dadurch dieselbe noch verdächtiger zumachen / als wenn sie gar vom bösen Feind besessen wären / und derselbe aus sie redete. Wie dann zu geschehen pfleget / wenn ein Mensch was von Löwen - Bären - Katzen - oder Fledermäuse - Gehirn isset / wie Alex. Bened. lib. 1. pract. c. 28. u. Paul. Zachias, in quaest. Medico-Legal. lib. 2. tit. 1, quaest. 3. n. 34. & 35. bezeugen. CIXV. Zugeschweigen / daß man offte solchen Gefangenen keine andere / als scharf-gesaltzene Speisen reichet / auch den Getranck oder wohl obgedachte Suppe mit Heringslacke oder vielen Saltz vermischet / inzwischen aber keinen Trunck rein oder unverfälschtes Geträncke / ja nicht einen Tropfen Wasser giebt / sondern sie mit grimmigen Durst ängstiget. D. Meyfart, cit. tr. c. 17. p. 136. Freudius, à. loc. n. 15. pag. 568. CXV. Ehrliche und Gewissenhaffte Richter und Beambte gestatten solche verdächtige / zauberische und im Gewissen unverantwortliche Dinge denen Scharffrichtern bey den Torturen nicht / sondern verhüten und verbiethen mit Fleiß / daß dergleichen nicht geschehe / hingegen den armen Gefangenen ihre Speise und Tranck unvermischt verbleibe: Ne talibus nequitiae cassibus, & Daemonis ludibrio implicetur, innocens trucidetur, & Sacrao-Sancta Justitia libidine & fraude carnificum quam turpissimè contaminetur, vel planè subvertatur. Oldekop, obs. crim. 12. n. 8. & 9. CXVI. Und wenn ein Scharffrichter bey der Toltur sich wieder den Inquisiten gar zu grausam und unchristlich erwiese [welches ihm doch der Judex nicht gestatten soll] wird / wenn das Bekäntnis revociret / und zum an [601] dern mahl die Tortur erkant wird / derselbe nicht wieder / sonder ein ander Scharffrichter darzu genommen und adhibiret / aller massen der Churfürstl. Sächß. Schöppen-Stuhl zu Leipzig / An. 1678. an die Fürstl. Regierung zu Zeitz also gesprochen. Eilenberg, de Jure Carnif. c. 5. §. 9. CXVIII. Wir schliessen dieses Capitel mit des Scharffrichters Grab-Schrifft / welche Coridon Arcad. §. 58. und Stiefler im Geistl. Histor. Schatz / cap. 25. pag. 1613. also setzen: DEr auf der Volter-Banck hat manchen hart gestüpffet / Auch manchen Diebes-Hals am Galgen aufgeknüpffet / Gerädert und geköpfft / gespiesset und ertränckt / Den hat der grimme Tod in dieses Grab versenckt.

CAPUT VII.
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Von der Richt- und Vehm-Stat / Hoch-Gericht / Raden-Stein / Galgen / Rädern und Hexen - Stöcken. I. ALso wird der Orth / wo die Obrigkeit / welche die Hohe Gerichte hat / Räuber / Mörder / Diebe / Hexen und andere Ubelthäter ab thun und hinrichten lässet / genennet / und zwar 1. Die Richt-Stat darum / weil sie allda / dem Urthel und Rechten / auch ihren Verdienst gemäs / vom Leben zum Tode gebracht / und hingerichtet werden. 2. Vehm-Stat i. e. Schlacht-Stat / daß man sie daselbsten / gleich den Vehm- oder Schlacht-Schweinen absticht / und aus dem Wege räumet.
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Dan. Clasen, in comment. ad art. 193. Const. Crim. Caroli V. pag. 787. Es heisset auch ferner Fehmen oder Vehmen in alter Teutscher Sprache so viel als despumare abschäumen: Drum auch die Fehm-Stat so viel ist / als ein Orth / da die Ubelthäter gleichsam abgeschäumet / und das Land dadurch gereiniget werde. Juxta L. 13. ff. de offic. praesid. Besold. in thos. pract. v. Fehm - Gericht. Gryphiander, de Coloß. Rulandi. c. 59. n. 4. Schottelius, in tr. von unterschiedlichen Rechten in Teutschland / cap. 29. pag. 562. Daher kömmet auch / daß man einen losen Buben eine abgefehmten Schalck / der gleichsam oben abgeschäumet ist / zu nennen pfleget. D. Adrian Beyer, in tr. vom Hencker-Geld / c. 1. §. 11. meinet / Feümstet kähme von dem Wort Feümen / welches einen zusammen-gelegenen / und oben mit Stroh vor den Regen verwahrten Hauffen Früchte / die man bey reicher Erndte-Zeit nicht alle in die Scheuren bringen können / sondern auf den Hoff übereinander / doch die Aehren hineinwarts gekehret / bedeutet / und anderswo eine Dimmen oder Mierhen / auch wohl gar ein Schober genennet wird / zumahl da vor Alters die Galgen und Räder gemeiniglich auf Hügel und erhabene Orthe gebauet worden / die man auch Feümen genennet / und also der Nahme Feümstat entstanden. Weil aber dieses etwas weit gesucht ist / bleibet man billich bey der ersten Meinung. 3. Hoch-Gericht darum / weil sie ad Merum Imperium gehören / und Jurisdictionem altam & Criminalem designiren. Speidel. in Speculo Juris v. Galgen / Hoch - Gericht / pag. 412. 4. Raben-Stein heisset der Orth deswegen / weil die Raben derer auf Räder allda gelegten / oder an Galgen gehengten Cörper zerhacken und fressen / auch sich deshalber an solchen Orthen häufig einfinden und aufhalten. Massen denn gemeiniglich in den grossen Städten die Galgen und Hoch-Gerichte von Steinen aufgeführet / und mit Mauren umgeben sind / damit der Scharffrichter bey der Execution, vor ungerechter Gewalt sicher sey / auch der Justificirten Cörper von ihren Freunden und Cam̅eraden [603] nicht so leicht vom Galgen und den Rädern abgenommen / und heimlich weggeschafft werden können. Dither, in addit. ad Besold. Thes. Pract. v. Raben-Stein. In Thessalia ward die Vehm-Stat CORVUS genennet / von welcher die Misserthäter herab zu tode gestürtzt wurden: Drum auch der bekandte Comödien-Schreiber Aristophanes sich offt der Redens - Arth [Greek words] ! am Raben-Stein oder Galgen mit ihm! gebrauchet. Alexand. ab Alexand. lib. 3. Gen. dier. cap. 3. pag. 288. ibi??? Tiraquell. in annotat. II. 5. Das Wort Galgen deriviren etliche von Golgata. Vid. voces Exotic. Novi Testam. fol. 181. Besold. in Thes. pract. lit. G. v. Galgen / pag. 287. & Lips. in not. ad lib. 1. c. 11. de Cruce ibi: Reperio, in Persicarum vocum indice Gali notare excelsum. Jam nostras vox quantulum abit, qui patibulum Galgam appellamus? Sed nec Gallica valdè abludit. 6. Räder sind bekant / und werden grausame Mörder / Strassen-Räuber / Kirchen-Diebe / und die so Eltern oder Kinder ümgebracht / auch andere Maleficanten damit gestossen / und hernach drauf geflochten und geleget. 7. Hexen-Stöcke / sind grosse vom Scharffrichter und dessen Gehülffen in die Erde gesetzte Pfähle / daran die Hexen und Zauberer geschlossen oder gebunden verbrant werden / deren man sich auch bey den Schmäuchen gebraucht. III. Worbey anzumercken / daß schon von Alters her die Richt - Stätte an hohen und erhabenen Orthen / ja wohl auf Bergen und Hügeln / item an den gängen Heer- und Land-Strassen gesetzt worden / daß man sie von weiten sehen / auch die vorüber-reisende warnen möchten / so zuleben / daß sie nicht auch dahin kähmen. Quintilian. declamat. 275. Lipsius, lib. 3. de cruce c. 13. Also ließ Käyser Alexander Severus einen seiner Verschnittenen creutzigen / nahe am Wege / wo fast täglich seine andere Knechte und Diener vorbey gehen musten / ein Exmpel daran zu nehmen. Zu Rom war die Fehm- [604] Stat nicht weit von der Stadt / vor der Esquilinischen Pforten [welche heut zu Tage St. Lorenzo heisset] Tacitus, Annal. lib. XV. und ward SEXTRICIUM genennet. Alex. ab Alexand. lib. 3. c. 3. Die Mamertini hatten sie / alter Gewonheit nach / in via Pompeja. Cicero V. in Verrem. Zu Jerusalem war sie auf den Berg Calvaria, Golgatha oder Schedelstat genant / weil viele Hiraschädel und Knochen von denen allda justificirten Ubelthätern / nachdem ihnen die Gebeine zerbrochen / daherum lagen. Matth. c. 27. v. 33. ibi??? Lutherus in glossa. Joh. Conr. Meyer, disp. inaug. de jure circa cadav. punit. c. 2. n. 3. Polycrates, welcher die Insel Samum und andere nechst angelegene Insuln beherrschete / ward von den Persischen Land-Volgt Orete auf der Spitze eines hohen Berges gecreutziget. Von dem Carthalone referiret Justinus lib. 28. daß sein Vater denselben in seinen besten Kleidern an ein hohes Creutz / mit dem Gesichte gegen der Stadt zuwarts / schlagen lassen. Die Carthaginenser machten es dem Römer Attilio Regulo eben so / von welchen Silius Italic. also schreibet: - - - vidi cum robore pendens Raliam cruce sublimis spectaret ab altâ. Hamans Creutze / dessen im Buch Ester am 6. und 7. Capitel gedacht wird / ist 50. Ehlen hoch gewesen. Käyser Galba, als ein Römischer Bürger / den er gefangen hatte / sich auf das Bürger-Recht / und die Gesetze der Römer berief / hat demselben zu desto mehrer Beschimpffung ein sehr hohes Creutz aufrichten / dasselbe gantz weiß anstreichen / und ihn hernach dran schlagen lassen. Sveton. lib. 9. Sonsten ist bekant / daß der Galgen / dessen man sich ietzo zur Straffe / sonderlich wieder die Diebe gebraucht / von Käyser Constantino Magno an stat der Creutzigung eingeführet worden. Nicephor. lib. 7. c. 46. Sozom. lib. 1. c. 8. Hist. Eccles. Covarruv. var. resol. lib. 4. c. 5. n. 28. Petr. Faber, lib. 1. semestr, c. 8. pag. 96. Carpzov. pract. crim. part. 3. quaest. 128. n. 39. & seqq.
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IV. Die Aufführung solcher Vehm - Stätte gehöret zu den hohen und peinlichen Gerichten oder den Blut-Bann / setzet auch den / der sie anrichten lässet / in die Possession vel quasi. Mascard. de probat. concl. 1053. n. 16. Thöming. cons. 28. n 4. vol. 1. Gail. lib. 2. obs. 60. n. 5. Speidel. spec. jur. lit. G. 2. p. 412. Doch ist niemandten vergönnnet / eignes Gefallens Galgen und Hoch-Gerichte aufzubauen / wann er nicht mit dem Blut - Bann / Stock und Galgen belehnet ist / sondern wird von der hohen Landes - Obrigkeit / als hätte er ein Crimen laesae Majestatis begangen / härtiglich gestrafft. L. 3. in fid. ff, ad L. Jul. Majest. Speidel. in Spec. Jur. v. Galgen / f. 412. Symbola namque illa patibularis justitiae ceu signa repraesentant signatum, nimirum jurisdictionis & imperii qs. possessionem. Furcae siquidem sunt res & signum, denotantque dominium aëris, ut loquitur And. Knichen, de Jure Territorii c. 3. n. 413. Drum auch gemeiniglich denen Lehn - Briefen diese Clausul: Gerichte / wie ihne das gefällig / Stock und Galgen aufzurichten / dem Bann über das Blut zurichten sc. pfleget mit inserirt zu werden. Supplem. cons. Klockii, cons. 92. n. 26. Dither, in orb. nov. lit. pag. 221. V. Und ein solcher in quasi possessione begriffener / behält die Jurisdiction, ob gleich in hundert Jahren sich kein Fall begebe / daß einer gehenckt / oder sonst abgethan würde. Afflict. in c. 1. n. 38. quid sit invest. Angel. in L. retinere ff. de usu fructu, & in L. haec autem ff. de serv. urb. praed. Bald. in L. 1. C. ut nem. lic. Peguem decis. 81 n. in fin. Quia sufficit signum, licet deficiat signatum, de quo vide Matth. de Afflict. cit. cap. 1. n. 38. & Hieron. Gigant. de Crim. Majest. quaest. 41. lib. 1. fol. 102. Item Cardinal. Tusch. pract. concl. lit. F. concl. 537. Et qui longo tempore tenuit Furcas erectas, habet Imperium per viam seu modum signi: ergò etiam per modum signati ab effectu, quia usus surcâ, oblato fure. Fichard, cons. 20. n. 3. tom. 2.
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VI. Dannenhero D. Justus Oldekop, in seinen heraus gegebenen Observationibus Criminalibus tit. 5. Obs. 19. sehr hefftig wider die Gerichts-Herren schreibet / welche bloß allein um ihre Gerichte zubestätigen / sehen wo sie nur einen Dieb kriegen können / er mag wenig gestohlen / den Galgen verdienet haben oder nicht / und denselben hencken lassen. Vae tibi [spricht er /] qui hoc modo Jura, Jurisdictionem??? tuam tueri desideras, & actum meri Imperii exerces! Exercebit in te vicissim actum Justitiae JUDEX ILLE JUSTISSIMUS, ultimo & aeterno puniturus supplicio, in die illo novissimo, quo optabis quidem, sed inani voto, te potius omni potestate cognoscendi & exsequendi in Criminalibus caruisse. VII. Da sie doch besser / und in ihrem Gewissen verantwortlicher thäten / wenn sie ja besorgten / daß ihnen einsten die hohe Gerichte disputirlich gemacht werden möchten / weil sie in langer Zeit keinen Dieb hencken lassen / daß sie die Galgen und andere Signa meri Imperii in guten Bau erhilten / oder da sie ja umgefallen wären / von neuen aufrichten / als eine so unchristliche That begingen / und einen Menschen / der doch den Tod nicht verschuldet / hinrichten liessen. idem n. 8. p. 397. Hieron. Gigas, cit. tr. lib. & cap. Zumahl ein solch erlangtes Recht und Privilegium praescriptione longissimi temporis nicht erleschet noch verlohren wird / wenn inzwischen kein Fall / einen Missethäter abzustraffen / sich begeben und zugetragen hat. L. ex Sociis §. fin. ff. de Servit. rust. L. haec autem jura ff. de servit. Urban. praed. Gail. lib. 2. obs. Pract. 6. n. 6. VIII. In Regno Scotiae Criminalis Jurisdictio per FURCAM & FOSSAM confertur. Unde qui chartam habet cum Furca & Fossa, potestatem habet puniendi fures utriusque sexus in furto manifesto deprehensos. Per FOSSAM intelligitur Caverna sive locus in terra defossus, aquâ repletus, ubi foeminae furti damnatae immerguntur. Skenaeus ad Regiam Majest. Scotiae & c. lib. 1. c. 4. §. 2. verb. fossa fol. 11. fac. 2. Speidel. spec. Jur. v. Galgen pag. 412. IX. In Bayern [wie Wigulejus Hund / in dem Bäyerischen Stambuch / part. 2. fol. 502. bezeuget] haben gemeiniglich / aus alten Herkommen / die Galgen / oder das Hoch-Gericht die Weber müssen machen lassen / die Leiter aber [607] die Müller / auch solche davon und zugeführet / dessen anietzo die Weber in etlichen Gerichten / gegen einer Vergleichung / durch die Landes-Fürsten erlassen sind. X. Die Stadt Rufach in Ober-Elsas hatte gute Gesetze zu Erhaltuug der Stadt Wohlstandes / sonderlich aber wieder die Diebe / die allda hart bestraffet wurden: Drum auch das Sprüchwort entstanden / der alte Galgen zu Rufach hat gut Eichen Holtz. Damit man den Dieben gedrohet hat / daß sie nicht entrinnen würden / wenn sie nicht von stehlen abliessen / maßen denn der Galgen daselbst an der Land-Straße gebauet war. Münster, lib. 3. Cosmograph. cap. 147. pag. 639. Eben dieses hat man auch vor Alters von den Galgen zu Weissenfels gesaget. Phlipp. Camerar. hor. succis. cent. 1. c. 15. pag. 92. XI. Vitougus, Gros-Hertzog in Littau hat Anno 1410. zweyen Littauern / welche eine böse That begangen / anbefohlen / daß sie ihnen selber einen Galgen aufrichteten / und ein jeder sich mit seinen eigenen Händen daran erhenckte; Welches sie auch / nach zwar wilder / aber ländlicher Weise gethan / und einander selber gescholten / daß sie mit ihren Verzug des Fürsten Zorn mehrers gegen sich entzündeten / als welcher sie noch mit einer härteren Straffe belegen könte. Cromerus, lib. 16. pag. 384. Welches noch auf den heutigen Tag bey den Leibeigenen Leuthen in Littau gebräuchlich seyn soll / wie Zeiler, Epist. 430. anführet.
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CAPUT VIII.
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Was vor Solennitäten bey Aufricht- u. Setzung der Hoch-Gericht / als Galgen / Räder / Hexen-Stöcke / Pranger und andern Zeichen der Gerichte über Hals und Haut pflegen vorzugehen / item aufwessen Unkosten solches geschicht? und was sonst dabey in acht zu nehmen. I. OB man zwar wohl die Criminal-Jurisdiction ohne Aufricht- und Darstellung solcher äusserlichen Zeichen haben und behalten kan / man auch anfangs die Diebe nur an die Bäume gehengt / nach gehends aber / wie die Peinliche Gerichtbarkeit ein und andern zu Lehn gericht / die Galgen und andere Signa Jurisdictionalia allererst öffentlich aufgerichtet nnd gesetzet worden / testè Daniel Clasen, in Comment. ad Const. Crim. Caroli V. art. 215. pag. 837. und dannenhero nicht schlüßig folget: Furcas vel postellum non habet, E. Jurisdictionem Criminalem non habet. Weil im Gegenstand propter furcas vel postellum quis non dicitur habere Jurisdictionem Criminalem. Meinschner. Decis. 4. n. 159. tom. 2. lib. 1. Besold. in thes. Pract. lit. G. 1. pag. 288. Argumentatio enim à Signis accidentibus vel accessoriis, quale est patibulum, non arguit de necessitate. Natta Cons. 636. n. 123. Keller, de Offic. Jurid. Polit. c. 15. pag. 451. & potest contingere, ut duo Judices eodem loco aequalem in judicando [609] potestatem habeant, & tamen solus alter executionem facere, & furcas erigere possit, juxta Decian. tr. crim. lib. 4. c. 41. n. 1. & Graeven, 2. Concl. 6. Consid. 2. n. 16. ac ita aliud est, posse judicare Criminaliter, aliud, habere den Blut-Bann und Execution. Besold. d. l. II. Alldieweil aber doch heut zu Tage die Hoch-Gerichte / Galgen / Räder / Rabensteine / Pranger und dergleichen Zeichen sind / daß einer mit den Ober-Peinlichen oder Hals-Gericht und Blutbann beliehen: So wird nothwendig erfodert / daß solche öffentlich auf- und dargestellet werden / nicht so wohl dem Gerichts-Herrn eine autorität und Ansehen zu machen / als hielte er strenge über die Justitz / sondern allermeist / daß es dene̅ bösen / Gott- und ruchlosen Buben ein Schrecken und Warnung sey / von ihren Unthaten abzulassen / und solcher Straffen zuentgehen. arg. Instit. de gradib. cogn. in fin. Ludov. Pegnera, Decis. 81. n. 2. Carpzov. Pract. Crim. part. 3. q. 101. n. 16. Cum enim executiones & impositiones poenarum actu transeant, & pet consequens à memoria decidant, humana invenit industria, furcas erigi, utsuppliciorum memoria renovetur. Atque ita patet in hac furcarum erectione continuâ, quae etiam melius per visum imprimitur, quam per auditum solum, homines à maleficiis arceantur. Besold. cit. loc. & pag. III. Drum auch Oldradus, cons. 161. und Zieriz, in Comm. ad art 215. const. crim. pag. 210. Die Hoch-Gerichte / Galgen / Räder und Stöcke trophaea JUSTITIAE, Sieges-Zeichen der Justitz nennen. Und lieset man von dem Käyser Maximiliano 1. daß / wie er einsten vor einen Galgen vorbey gereiset / er sein Häupt entblösset / und gesaget: SALVE JUSTITIA! Philipp. Camerar. cent. 1. hor. subcis. c. 76. pag. 348. Dan. Clasen, cit. Comm. p. 838. Eben dieses wird auch von einem König in Franckreich gesaget / daß er allezeit / wenn er bey einen Galgen fürbey gereiset / den Hut abgezogen / sich ge [610] neiget und ihm gedancket habe / mit Vermelden / dieser erheilte ihm seine Lande mehr als das Zeprer / den er in Händen führete. Dan. Bartoli, part. 2. Consil. 6. Joh. Stifler / Hist. Schatz c. 25. pag. 1616. IV. Die Aufrichtung aber solcher an sich selbsten betreffend / lehren Joh. Schneidevvin, in tr. feud. part. 2. tit. quae res in feudum dar. poss. fol. 33. b. Zobel. ad lib. 2. Land-Kecht art. 50. und Wehner, in Obs. Pract. vocab. Zehnt / circa fincem pag. 524. Kubach, in disp. ad J. P. 171. § 19. Oettinger, de finibus lib. 1. c. 20. n. 11. Daß man keinen Galgen so nahe an die Gräntze setzen dürffe / daß er das fremde Gericht mit dem Schatten [wenn er am längsten ist] berühre / und daß auch das Volck auf dem selbigen Gericht & da man einen rechtfertiget / und nicht auf dem fremden Gericht / so darneben gelegen / stehen möge: Jedoch wird es heutiges Tages mit den Schatten nicht so genau mehr beobachtet / sondern die Auffrichtung des Galgens verstattet und zugegeben / wenn er nur vier und zwanzig Ellen von des benachbarten Gräntze gesetzet wird. Lipsiens. Decis. 145. Coler. Decis. 144. n. 31. Matth. Steph. & Zieriz, ad const. crim. art. 215. V. Ehe aber solches geschicht / müssen erst gewisse Solennita̅ten vorhergehen / wie sie in Käyser Caroli V. Peinlichen Hals-Gerichts-Ordnung bey den 215. Articul angezeichnet zubesinden / welchen Articul allhier zu inseriren man vor nöthig erachtet / und lautet derselbe von Wort zu Wort also: Nachdem an vielen Orthen in den Peinlichen Gerichten Gewohnheit ist / so man einen neuen Galgen machet / oder einen alten bessern will / daß alle Zimmer-Leute / die in demselben Peinlichen Gericht wohnen / darzu helffen müssen / daß dan̅ einen grossen unziemlichen Unkoste̅ machet / solcher Unkost je zu Zeiten auf diejenigen / so einen Ubelthäter peinlichen beklagen / mit noch mehr Unbilligkeit geschlagen wird / dasselbig zufürkommen / wollen wir / so fürter durch vorgemelte nechste peinliche Obrigkeit ein neuer Galge zu zimmern fürgenommen und verschafft wird / daß alsdann gedachte Obrigkeit oder ihre Befehlhaber / alle die so sich Zimmerhandwercks um seyn / in die Stadt / Marck oder Dorff / darinnen das Peinliche Gericht ge [611] wöhnlich gehalten wird / durch desselben peinlichen Gerichts-Büttel oder Ambts-Knecht auf einen nahmhafftigen Tag erfordern / und ihnen das zum wenigsten vierzehen Tage zuvor verkünden lassen. Und welche mit diser Erfoderung also einheimisch betreten / oder inwendig drey Meilweges von ihrer Häußischen Wohnung arbeiten / solle̅ bestimte Zeit und Wahlstat erscheinen / und keiner ohn Leibes Noth / die er auf widersprechen bey seinem Eyde betheuret / bey Straffe zehen Gülden / ausbleiben. Aus obgedachten Zimmerleuten soll der peinliche Richter deren eine Zahl so viel ihm zugemelter Arbeit Nothbedüncket / bestim̅en / u. als dann dieselbe des Richters bestimte Zahl von gedachten Zimmerleuthen durch ein Loß / daß er / der peinliche Richter darzu verordnet / erwehlen / die bey Vermeidung obgedachter Poen / um einen gewöhnlichen Tagelohn / das ihm derselbige Gerichts-Herr / ohne der Kläger Schaden / bezahlet / Folg zu thun / schuldig und pflichtig seyn: Auch derhalben von niemands geschmähet / veracht / oder verkleinert werden sollen. So aber einer von jemands derhalb verklagt / verschmäht oder verkleinert würde / der soll ein Marck Goldes / als oft das geschicht / halb der Oberkeit / in des Peinlichen Gerichts-Zwang der Uberfahrer sitzt / und den andern halben Theil dem Geschmächten verfallen seyn / darzu ihm auch von gemelter Oberkeit soll mit Recht verholffen werden. Und soll solches vor und nach gemelter Rechtlicher Hülff / demselben Geschmächten an seinen Ehren / guten Leumuth und Handwerck in alle Wege unverletzlich und ohne Schaden seyn. add. Philipp. Helfr. Krebs / de lapide & ligno, Sect. 13. §. 6. VI. Worbey noch dieses zuerinnern / daß / wann der Galgen von Holtz aufgeführet werden soll / der Beambte oder Richter ooran reitet / und die Zimmer-Leuthe [welche theils Orthen nicht nach dem Loß erwehlet werden / sondern alle miteinander / so viele ihrer in des Ambts oder Gerichts Bezirck oder unter dessen Botmässigkeit wohnen / hinbey müssen] drey ins Glied nachzufolgen pflegen / ihre Zimmer-Aexten auf die Schultern mit über sich gekehrter Schneide haltend biß sie in den Wald bey die vorher ausgesuchte / und von Holtz-Förster angewiesene Eichen / [worzu gemeiniglich die stärcksten / und welche einen gesunden Kern haben / daß sie lange in Wetter dauren können / genommen werden] gelanget / als dann steiget der Beambte oder Richter vom Pferde herab / thut eine kurtze Rede an die Zimmerleuthe / warum sie nemlich dahin kommen / nimt von ihnen eine Zimmer-Axt / so der Aelteste oder ein ander darreichet / und thut damit den ersten Hieb in die Bäume / [612] giebt sie hernach wieder zurück / und hauen so dann die Zimmerleuthe solche vollent um / und beschlagen sie: Der Beamte oder Richter aber reithet wieder heim. Wenn sie fertig / wird das Holtz durch die Unterthanen entweder um Lohn / oder zur Frohne [etlicher Orthen thut es auch wohl der Nachrichter] an den Orth / wo der neue Galgen aufgerichtet werden soll / geführet. VII. Wenn aber der Galgen oder auch der Rabenstein / Fehm- und Richtstat aufgemauert wird / wie dergleichen hin und wieder / sonderlich bey den grossen Städten zu sehen sind / leget der Beambte oder Richter den ersten Stein zum Fundament, hernach fangen die Mäurer erst an / dran zu arbeiten / Steine / Kalck / Sand und andere Bau-materialien lässet der Peinliche Richter hinbey schaffen. VIII. Und da die Räthe in den Städten die peinliche Gerichte haben / geschicht obiges von den Schultheissen oder Stat-Voigt / oder auch in Ermangelung dessen / von den regierenden Burgemeistern / oder wem sie es sonsten committiren und auftragen wollen. IX. Zuweilen wird es auch wohl von Ambt und Rath zugleich verrichtet / nachdem sie die Gerichte exerciren, und es jedes Orths hergebracht ist / testè Dn. Adriano Beiero, in tr. de expens. execut. crim. vulgò Hencker-Geld / c. 4. in fin. p. 67. X. Wann nun der neu von Holtz gemachte Galgen gerichtet / oder die Eichen-Balcken auf die gemaurten Pfeiler geleget werden sollen / wird der Tag nicht allein denen Zimmer leuthen und Mäurern / sondern auch den zünftigen Handwerckern in den Städten und auf den Dörffern benennet / und bey ernster Straffe anbefohlen / daß die Zimmerleuthe und Mäurer alle miteinander / so dran gearbeitet / von den Handwergen aber nur allein die Ober- oder alt-Meister früh vor dem Ambt- oder Rathause erscheinen / und keiner aussenbleiben solle / um bey Ausrichtung des Galgens mit Hand anzulegen. Es werden auch wohl einige Rotten Musquetiret, vom Außschus nebst Trom̅elschlägern und Pfeiffern commandiret / der Procession um so vielmehr ein Ansehen zu machen / und alsdann ungefährlich diese Ordnung gehalten:
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1. Der Beambte / Richter / Stat-Schultheis oder Stat-Voigt / oder wer sonst darzu deputiret wird / reitet in der mitte 3. zwischen 2. Schöppen / denen die Gerichts-Diener mit ihren Spiessen nachfolgen. 2. Marchiret der Ober-Officirer, mit etlichen Rotten Mußquetirern / samt dem Spiel / Gliederweise. 3. Kömmet wieder ein Beamter / entweder der Ambt- oder Gericht-Schreiber / dem 4. Die Ober- oder Alt-Meister der Handwerge nach dem Rang und Ordnung mit ihren Seiten-Wehren oder Dege̅ Gliederweise / folgen. Ferner und 5tens Die Mäurer und Zimmerleuthe / und zwar die Letztern mit ihren Zimmer-Aexten / deren Schneiden in die Höhe gekehret. Letztlich und 6tens Schleust ein Unter-Officirer mit etlichen Rotten Musquetieren und dem Spriehl die Proceßion. XI. So bald sie nun an den bestimmten Orth gelanget / thut der Beambte zu Pferde haltend / mit entblösten Haupt eine kurtze Rede an die Ober-Meister der Handwercke / Zim̅erleuthe und Mäurer / daß sie ihrer Schuldigkeit nach / willig erschienen / ermahnet sie nunmehr Hand anzulegen / und zu helffen / daß das Werck seinen völligen Stand erreiche mit der gewissen Versicherung / daß Inhalts Käyser Caroli V. P. H. O. es niemandten an seinen Ehren / guten Leumuth und Handwerck vorwerflich / verlez- oder schädlich seyn solle. Als denn wird ungesäumt mit Aufricht- und Setzung des Galgens verfahren. Die Löcher machet an theils Orthen der Nachrichter mit seinen Knechten / darzu der Peinliche Richter Picken und eiserne Schaufeln kauffen muß / welche der Nachrichter / vorschützender Gewohnheit / und weil er solche in Händen gehabt / und seiner Meinung nach / dadurch gleichsam anrüchtig worden / nebst den Lohn behält. Pfleget auch wohl von sich selber / wenn er in loco ist / hinbey zu kommen / zuzusehen / wie die Feld-Klocke / darein er mit der Zeit den Klöpffel anzuknüpffen hoffet / perfectioniret werde.
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XII. Da man aber nur neue Balcken an die steinerne Pfeiler leget / werden auf beyden Seiten Kloben an gewisse / doch starcke Höltzer und grosse Stricke üm die Balcken fest angemachet / auch Strebe-Höltzer / an die Pfeiler gesetzet / auf welchen der Balcken im Hinaufziehen ruhet und fortgeschoben wird / biß er gäntzlich hinauf auf das Mauer-Werck gebracht / und sodann vollend von den Mäurern mit Steinen und Kalck befetiget wird. Bey diesem Actu stehen die Obermeister der Handwercke auf beyden Seiten / und ziehen an denen von den Kloben herab gehenden langen Seilen oder Stricken / die Zimmerleuthe und Mäurer aber haben alsdann ihre Verrichtung bey den Balcken und Pfeilern / daß er recht und ohne Schaden hinuf komme. XIII. Wann dieses geschehen / ziehet man in obiger Ordnung wieder heim / und wird denen Zimmerleuthen und Mäurern ihr verdienter Lohn / und zugleich neben denen Obermeistern und adhibirten Ausschüssern etliche Tonnen Bier / nachdem ihrer viel oder wenig / zuvertrincken von dem Peinlichen Gerichts-Herrn gegeben. XIV. Denn diesem und keinem andern kömmet zu / aus dem Fisco die Hoch-Gerichte als Gelgen / Räder / Hexen-Stöcke / Rabensteine / Pranger / und andere Gerichts-Zeichen über Hals und Haut aufrichten zu lassen / und im baulichen Wesen zuerhalten: Carpzov. in pract. crim. p. 3. q. 109. n. 66. & 68. nec non q. 138 n. 52. XV. Um deswillen bekömmt er die Straff-Gelder / als fructus jurisdictionis, und nach Sachsen-Recht noch darzu die Gerade und das Heergewette / wenn keine Erben vorhanden. Land-R. lin. 1. art. 28. lib. 1. Weichbild / art. 59. ubi Glossa in verb. Gerade / so Erbloß stirbet / wird dem Richter darum gefolget / daß er Richterliche Gewalt / und davon Stöcke / Pranger / Galgen / Staupen und allerley Sachen / damit man Missethäter peiniget / üm ihren verdienten Lohn / halten soll. add. Andr. Goltbeck / de Gerada, sub tit. de tertio ord. succedend. n. 1. Schurer, de success. ab interstat. tit. 18. n. 1. & 2. Dan. Moller, ad const. Elect. ult. n. 9. part. 3. Joh. Schneidewin, ad tit. Instit. de haered. [615] quae ab intest. defer. sub rubr. de success. Fisci n. 17. Richter, de succeß. ad intest. sect. 3. memb. 1. n. 124. XVI. Es sind auch solche Unkosten denen Unterthanen nicht aufzubürden / prout resp. Dnn. Scabini Lips. Henrico à Brederlohen / Mens. Sept. Anno 1621. Ist kurtz-verruckter Zeit das Gerichte zu Tammenhäyn / so alt und vor undencklichen Jahren gebauet und aufgesetzet gewesen / von dem grossen Winde ümgeworffen worden / sc. So seyd ihr dasselbe / vermöge der euch des Orths zuständigen Ober-Gerichte / auf eure Unkosten aufzubauen / und in vorigen Stand zubringen schuldig / und eure Unterthanen mögne solche Unkosten zu tragen wieder ihren Willen nicht gedrungen werden / V. R. w. Es wäre dann ein anders herkommen / exerciret und verrecessiret. Jul. Clarus, lib. 5. §. fin. quaest. 99. n. 5. Vielweniger seind sie dem Peinlichen Ankläger abzufordern. Daniel Clasen, in comment. ad supra dict. art. 215. const. crim. pag. 840. XVII. Wenn aber die Räder / Hexen-Stöcke und Pranger aufgerichtet werden / braucht man obige Ceremonien nicht / sondern der Scharffrichter mit seinen Knechten und Gehülffen setzet sie selbsten üm einen gewissen Recompens. XVIII. Die Schnap-Galgen in den Städten und Vestungen vor die Soldatesca und Gvarnison: Item die Pfähle / woran die Reuther / wenn sie was verbrochen / gestellet und angeschlossen werden / bauen und verfertigen die Zimmerleuthe / ohne einige Solennität und Zuthun anderer ihrer Handthierung / richten sie auch alleine auf. XIX. Worbey noch ferner zu melden / daß an etlichen Orthen die neu-aufgebaute Galgen mit einen Krantz geziehret werden / wie dann Herr D. Dither, in seiner addition ad Besold. Thesaur. pract. v. Galgen p. 289. anführet / daß er selber auch / wie er noch zu Straßburg studiret, zu Molsheim bey Verbrennung einer Hexen observiret / daß der neue Galgen allda mit einen Krantz geschmücket gewesen. XX. Wenn in einem Gebieth kein gemeiner Orth zufinden / wo sich füglich schickt / einen Galgen und Fehmstät hin zubauen / kan ein Unterthan gezwun [616] gen werden / gegen Bezahlung von seinen Aeckern eine Platz darzu herzugeben / propter publicam utilitatem. ut in L. locus §. fin. ff. quemadm. servit. amit. L. item si §. praeterea ff. de rei vend. L. Lucius, ff. de evict. & arg. text. In L. 1. § sunt qui ff. ne quid in loc. publ. Peguera. decis. 81. n 3. XXI. Ubi obiter notandum, in Gallia patibula secundum qualitatem, Dynastiarum diversimoda esse, nam ut refert Loyseau des Seigneurs chap. 4. n. 48. patibulum Domini altae justitiae regulariter constat duabus columnis, Castellani tribus, Baronis quatuor, Comitis sex & Ducis octo. Vid. Limn. lib 4. J. P. c. 5. n. 9. Rud. Godofred. Knich. op. polit. tem. 1. lib. 2. part. 1. c. 13. pag. 708. Petr. Greg. Tholos. Syntagm. Jur. univ. lib. 6. c. 10. n. 3.

CAPUT. IX.
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Von Vielerley Arth Jesseln / Ketten und Banden / womit vor Alters die Knechte und Gefangene beleget und angeschlossen wurden / theils auch noch heut zu Tage üblich sind. 1. BOJAE erant quasi torques damnatorum ligneae aut ferreae, quae sic reos illaqueabant, ut fermè juga suos boves. Gallon. de Cruc. Martyr. pag. 158. Festus, lib. 2. ??? Scaliger.
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Welche höltzerne / oder auch eiserne Joche [oder Kragen / wie sie Dempster in Not. ad. Rosin. Antiq. lib. 10. c. 7. pag. 913.] nennet / bey den Alten sehr gebräuchlich waren / der Gefangenen Hälse zu binden und zuümgeben. Bojam in collo, & compedes in cruribus nectunt. Plautus in Asinaria gedencket derselben / wenn er nebst unterschiedlichen knechtischen Straffen auch etliche Arthen solcher Bande und Fessel zusammen setzet / in folgenden Worthen: Advorsum stimulos, laminas, crucesque, compedesque. Nervos, catenas, carceres, numellas, pedicas, bojas. Ingleichen Isidorus, lib. 5. Etymolog. cap. 26. ibi: Boja est torques damnatorum, quasi jugum boum, ex genere vinculorum. Wie auch Surius, lib. 4. c. 19. in rebus gestis Alexandri Papae & Martyris. Waren auch theils von Eisen / theils von Holtz. Und ob wohl sie eigentlich zum Halse gemacht waren / findet man doch / daß Wort auch vor Hand-Fessel genommen und ausgeleget wird. Vid. D. Casp. Sagit tar. de Martyr. cruciat. c. 2. §. 6. II. CAMUS war auch eine Arth der Bande. Plautus setzet in Casina, es sey ein Strick gewesen / womit diejenige / so mit der poena Furcae beleget / an dieselbe gebunden worden. Gallon. d. tr pag. 305. III. CATULUS FERREUS war gleichfals als eine Fessel / deren Euseb. lib. 6. Hist. Ecclesiast. c. 39. Dempster, in not. & paralip. ad c. 28, lib 10. Und Rosin. antiq. pag. 1052. gedencken. IV. CATAPULTA war ein Eisen / welches denen Ubelthätern an die Füsse geleget wurde. Idem pag. 63. Sonst bedeutet es eine Machine und Geschütz im Kriege / womit man vor diesen die Pfeile fort getrieben. Taubmann. in not. ad Plaut. Poenul. act. 1. scen. 1. p. 884. Item ad Captiv. act. 4. scen. 2. pag. 243. V. CATENAE waren / wie jetzo noch / eiserne Ketten mit Gelencken / daran die Gefangenen / it. die Knechte / wen̅ sie was verbrochen / wie auch die wilden [618] Thiere geschlossen wurden. Isidoro Auctore dicta, quod se capiendo teneat, quia in ea anulus annulum capit. Livius, primo ab Urbe condita, inquit: Turnum ex somno excitatum cirumsistunt custodes, comprensisque servis, qui caritate Domini vim parabant, cum gladii abditi ex omnibus locis diverticuli protraherentur; enim verò manifesta res visa, ??? Turno catenae. Et Cicero 7. in Verrem: Iste, ait, hominibus miseris ??? injici catenas imperat. Abfonderlich hatten die Römer viel Prangens mit solchen Ketten und Banden / wenn ihre Generals nach glücklich überwundenen Feinden triumphirten / und ihren Solennen Einzug in die Stadt Rom hielten / denn da wurden die Gefangenen in Eisen Fessel und Bande geschlagen mit voran geführet / die theils gold und silbern / theils eisern / etliche aber von Weiber / auch wohl Pferde-Haaren zugerichtet waren / wie davon mit mehrern bey dem Thom. Dempster. in Not. & paralipom. ad cap. 29. lib. 10. Antiq. Rom. Rosini pag. 1051. & seqq. zu lesen. Vor andern aber werden mit den güldenen und silbernen Ketten und Banden die überwundene Könige und Generals angefesselt. Justinus, lib. 2. ad finem: ibi Interea Darius in gratiam victoris à congnatis suis aureis compedibus catenisque in vico Parthorum Tanea vincitur. Quint. Curtius, lib. 5. ne tamen honos Regi non haberetur, aureis compedibus Darium vinciunt nova ludibria subinde excogitante fortunâ. Trebell. Pollio, in Zenobiâ. Vincti erant praeterea pedes auro, manus etiam catenis aureis, nec collo aureum vinculum deerat, quod Scurra Persicus praederebat. War auch der Gebrauch bey ihnen / wenn sie einen wieder auf freyen Fuß stellen / und der Schande entnehmen wolten / daß sie die Kettenzerbrachen. Jac. Durant. Casell. lib. 2. var. c. 13. Dempster. d. loc. pag. 1053. wie die Martyrer mit schweren Ketten beleget worden / kan man in in Herrn D. Casp. Sagittarii. tr. de Martyrum cruciatibus cap. 2. sehen und lesen. VI. CIPPUS war eine höltzerne Machine / an welcher des Ubelthäters Beine über sich in die Höhe gezogen / und also in suspenso gelassen wurden / biß er s. v. in seinen Unflat verdarb und umkahm. Jul. Pollux lib. 3. onomast. c. 7. Gallon. d. tr. p. 169. VII. Man hatte auch ein Eisern Instrument, welches als eine Kugel formiret / und inwendig hohl war / drin steckte und drückte man einen solchen armen Menschen zusammen / und kugelte denselben ein 2. und mehr Stunden hin und her / als wenn man nach den Kegeln schiebet. Sander, lib 1. de Schismate Anglicano. Gallon. d. loc.
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VIII. CODEX war ein Bloch / woran die Verbrecher gebunden wurden / als wenn sie auf einen Stuhle sassen. Diß ward allein in Privat - Häusern geübt / daß die losen Knechte desto besser an ihrer Arbeit gehalten würden. Wovon Juvenalis, Satyr. 2. redet. Horrida quale facit residens in Codice pellex. Turnebus beschreitet es also: Codex est ligneus stipes, quem alligati servi, qui deliquerant, trahebant, cui??? insidebant vincti. IX. COMPEDES waren höltzerne Blöche / durch welche unterschiedliche ziemlich grosse Löcher gebohret waren / in welche die Gefangene ihre Beine thun / oder durchhin stecken musten / und also fest angeschlossen wurden / daß sie solche nicht wieder zurück ziehen konten. Isidoro testè sic dictae, quiareorum pedes continebant; vel ab impediendo, ut vult Nonius. Plautus gedencket derselben auch in Captivis, ubi ponderosas crassas capiat compedes, Desgleichen Terentius, in Phorm. Act. 2. Scen. 1. Molendum us??? in pistrino, vapulandum, habendae campedot. Wie auch Horatius, Epod. od. 4 Ibericis peruste funibus latus & crura durâ compede. Et lib. 1. Epist. ad Quinctium 16. Argentum tollas licet, in manicis & Compedibus saevo te sub custode tenebo. Columella, lib. 8. c. 2. Ea??? quasi compede cohibentur feri mores. Martialis etiam, lib. 5. in Zoilum, Has cum gemina compede dedicat catenas. Cicero pro Rabirio: Cùm esset una Glaucia, & jam ille ex compedibus at??? ergastulo Grachus. D. Sagittarius de cruciat. Martyr. c. 2. §. 9. Manhatte aber auch eine andere Arth solcher Comedum, darin Löcher weit voneinander gemachet waren / mit welchen im Gefängnis die Leuthe grausam gepeiniget wurden / indem man sie erst erbärmlich schlug oder stach / hernach also blutig auf den Rücken legte / die Beine weit voneinander zerrete / und biß auf das vierte oder fünfte Loch ausdehnete. Mit welcher Pein auch viele Martyrer beleget worden sind. Gallon. d. tr. p. 136. 137 151. & 152. de his haec Prudentius, peristeph. hymno 4. dum ait:
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In hoc barathrum conjicit
Truculentus hostis Martyrem,
Liguoque plantas inserit,
Divaricatis Cruribus. ex quo tandem [ut Eusebius lib. 8. c. 11. docet] contingebat, ut sic distenti supini in ligno jacere necessariò cogerentur; sic enim ait: Nonnulli etiam post verbera in ligno positi, & per quatuor foramina pedes alter ab altero distenti, adeò ut etiam ipsi necessario in ligno supini jacerent, licet non possent, eò quòd vulnerarecens inflicta ab ictihus toti corpori habebant. D. Sagittarius, d. tr. de Cruciat Martyr. c. 2. §. 11. vermeinet / daß solches Instrument mit demjenigen / so man heut zu Tage den Stock heisset / in etwas zu vergleichen: Dayer auch die Stockmeister den Nahmen haben. Man findet auch / daß theils solcher Fessel sehr schwer gewesen / sonderlich die man denen Schuldenern angeleget. A. Gellius, lib 20. c. 1. in fine ibi: Vincito aut nervo, aut compedibus quindecim pondo non minore, aut si volet majore, majore vincito. vid. Gallon. de Crut. Martyr. p. 23. Dempster. in not. ad Rosin. Antiq. Rom lib. 8. pag. 800. Ja man hat die Gefangene oft mit den Ketten und Fesseln so hart und fest gebunden / daß das Eisen biß auf die Knochen durch gedrückt worden. Paulinus, Epist. 28. ad Vitricium: Statim deinceps majori documento, qui feralis custodiae ministerium triste curabant, quas ipsi arctius innodatas, & ad osta depressas, vel exiguo rogantibus vobis beneficio relaxare noluerant catenas, conversa in conspectu ipsorum prece vestra ad Deum Christum, sponte de manibus absolutis fluere viderunt. Aber Käyser Constantinus hat solche Grausamkeit verbothen in L. 1. C. de custod. reor. Reo exhibito non per ferreas manicas & inhaerentes ossibus mitti oportet, sed prolixiores catenas, ut & cruciatio desit, & permaneat fida custodia. X. COLLARE war ein Eisern Band / fast auf die Arth / wie heut zu Tage die Halseisen seyn / so denen Gefangenen um den Hals geleget wurde. Lucil. lib. 29. Cummanicis, catulo, collari??? ut fugitivum deportem. Das Model von solchen Halsbändern soll noch heut zu Tage zu Rom in Basilica S. Petri zu sehen seyn / wie Saepè cit. Gallonius, p. 159 bezeuget / [621] Die Sineser haben gleichfals noch ein spötlich Hals - Bret / welches in dem Capitel vom Hals - Eisen beschrieben stehet. XI. COLUMBAR hat seinen Nahmen à Collo vom Halse / weil des Missethäters Hals in solchen fest eingeschlossen / und sehr gedrücket ward. Turneb. lib. 26. c. 2. Adversar. Salbach, part. 3. Antiq. Roman. cap. 5. pag. 232. Plautus, in Rud. act. 3. Scen. 6. Nam in Collumbari collum haud multo post erit. ibique Taubmann, pag. 105 2. in not. scilicet collumbar est vinculi genus, cui collum inseritur collariumque vocatur hâc ex parte: cum foramen ipsum vinculi COLLUMBAR sit. XII. LORA sind lederne Riemen gewesen / womit man die Delinquenten gebunden / auch wohl geschlagen. Rhodigin. lib. 10. Lect. Antiq. c. 5. Daher kömmet auch das Wort Lorarius oder Lorarii, dessen Plautus oft gedencket / und waren dieses Knechte / welche ihren Mitknecht / wenn er was verbrochen / binden und mit solchen Riemen schlagen musten. Vocabantur praeterea hoc eodem nomine Lictores & Magistratuum ministri, qui eis in provincias proficiscentibus ministrabant, fascesque praeferebant. Plaut. Epid. Act. 5. Scen. 2. XIII. MANICAE waren Hand - Fessel / wie man sie noch heut zu Tagebrauchet. Dempster in not. ad Rosin. Antiq. lib. 10. c. 17. pag. 913. Plaut. in capt. act. 3. scen 5. Injicite huic actutum manicas mastigiae. Horat. lib. 1. Epist. 16. in manicis & compedibus saevo te sub custode tenebo. XIV. NERVUM [ait Festus] appellamus ferreum vinculum, quo pede impediuntur, quanquam Plautus eo etiam cervices vinciri dicit: Perfidio sècaptus eo aedepol Nervo cervices probas. Idem, in Curcul. Act. 5. sc. 3. At??? ita te nervo torquebo
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Itidem ut catapultae solen. Nec on in Capt. act. 3. sc. 5. Nam noctu nervo vinctus custodibitur. Funes Nervini i. e. ex nervis torti. Flav. Veget. de re milit. lib. 4. c. 9. Hinc fortè etiam manavit illud Catonis, apud Gellium, lib. 2. c. ult. Fures privatorum furtorum in nervo atque in conpedibus aetatem agunt, fures publici verò in auro at??? in purpura. Et amplius ille Sacrae Scripturae dicendi modus, scilicet in Nervum mitti. 2. paral. 16. Job. 13. & 33. & Hieren. 22. Vid. D Sagittar. d. tr. c. 2. §. 10. & 11. XV. NUMELLA erat vinculum, quo reorum pedes & colla in foramina rotunda immitte bantur, & ibidem, ut se educere nequirent, constringebantur. gallon. de Cruc. Martyr. pag. 153. Vide caput von Hals - Eisen. Es ist auch eine Arth der Bande oder Ketten gewesen / womit man das Vieh angeleget. Teste Sexto Pompejo. XVI. PEDICAE laquei erant, quibus captivorum aut reorum pedes illaqueabantur: Sic dicti â pedibus capiendis. Isidor. lib. 6. Etymolog. lib. 6. c. ult. XVII. Heute zu Tage hat man eiserne Weiffen / darein die starcke / trotzige und unbendige Ubelthäter / sonderlich die mit Teufels - Künsten ümgehen / die Schlösser aufblasen / und sonst sich leicht von Ketten und Banden loß wircken können / gespannet / Arme und Veine ihnen ziemlich weit von einander geschlossen / daß sie nichts vorzunehmen vermögen / was zu ihrer Erledigung dienet / sondern stille sitzen müssen. XVIII. Ferner ist auch eine eigene Arth Hand - Eisen erdacht worden / so in einen über Ehlen lang starcken Eisen / daran auf ieden Ende eine Hand - Schelle / so man auf und zumachen kan / nebst einer Hülsen bestehet / darein werden des Gefangenen Hände / und zwar eine iede à part gethan / die Hülsen zugezogen / und vor ieder Hand - Schelle ein also genandtes Hölen-Schloß / als die nicht leicht geöffnet werden können / geleget. Alsdann kan der Captivus die Hände nicht zusammen bringen / auch nichts damit aus [623] richten / sondern muß der Straffe mit Gedult erwarten. Es muß aber der Gerichts - Diener bey den Einschliessen wohl acht geben / daß die Hand - Schellen nicht zu weit seyn / daß der Inquisit die Hände / wenn er sie länglich schmahl machet / nicht heraus ziehe / wenn der Diener weg ist / und sehe / wo er seine Reterade suche. Sie müssen auch nicht gar zu enge seyn / daß sie ins Fleisch einschneiden / und die Arme davon schwellen / sondern eben recht / drum derselben weite / mittelmäßige und kleinere anzuschaffen / daß man solche nach Proportion der Gefangenen Arme brauchen könne. Zu mehrer Versicherung dienet auch / wenn man denen Verhafften lange Ketten oben üm den Leib machet / und hinten auf den Rücken mit einen starcken Schloß verschliesset / hernach die Ketten durch ein in der Maur gemachtes / oder durch eine höltzerne Säule gebohrtes Loch hinaus vor das Gefängnis ziehet / und allda auch mit Schlössern verschliesset / so ist der Kerckermeistersicher / weil wegen der darzwischen seyenden Mauren / der Captivus nicht zu den Schlössern kommen / vielweniger sie aufmachen kan / welches offtmahls von ihnen durch einen Hacken an den Hosen / darein man das Trag-Band henget / geschehen: Immaßen hiebevor ein Diebstals halber zur gefänglichen Hafft gebrachter Schlösser / der etlicher mahl dieselbe damit geöffnet und durchgangen war / bekante. XIX. Ferner hat man Arm - und Bein - Fesseln / Bein - Schellen / Ketten / Springer und dergleichen Banden mehr / welchen saubern Haußund Zierath die Turm - Meister und Gerichts - Diener wohl aufheben und verwahren sollen / maßen denn auch solche denen Inventariis bey den Aemtern pflegen mit inseriret zu werden / und die Diener davor stehen müssen.

CAPVT. X.
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Vom Befängniß und dessen Straffe. I DAs Wort CARCER wird von etlichen / sonderlich aber dem Varrone lib. 4. de Ling. Latin. à coercendo, [624] quod inclusi coerceantur, & exire prohibeantur, deriviret / vel à coercendis hominibus. Rud. Godofr. Knichen, oper. polit. part. 1. lib. 1. c. 7. pag. 304. D. Ut Carcer dicatur quasi Coarcer, Petr. Gregor. Tholosan. lib. 31. Syntagm. Jur. Univers. c. 33. n. 1. Daher auch ohne Zweiffel das Wort Kercker kömmet. Andere / so mehr auf den Orth / als das Wort alludiren / geben vor / Carcer hiesse so viel als carens claritate, vel à claritate seclusus, quia in tali loco magna est caecitas & obscuritas. D. Strycke. Disp. de carcere ad Custod. c. 1. n. 2. II. Es sind aber die Gefängnisse Anfangs nicht zur Straffe / sondern nur zur Verwahrung der Beklagten und Angeschuldigten erfunden worden / biß die Obrigkeit nachforschen können / ob die That / wie sie an- und vorgebracht / sich auch also in Warheits-Grund verhalte. Ulpian. in L. aut damnum 8. §. solent 9. vers. carcer enim ad continendos ff. de poenis L. 6. C. eod. L. 1. de custod. reor. Ord. Crim. Caroli V. art. 11. Berlich. part. 3. Decis. 372. n. 3. III. Nachgehends aber ist auf kommen / daß man dieselbe zur Straffe angerichtet / wie noch heut zu Tage üblich / da mancher / nachdem er es verbrochen / 1. 2. 4. 8. 14. Tage: Ja wohl etliche Wochen und Monath sitzen / und die Straffe verbüssen muß. Wehner, observ. pract. pag. 153. Crusius, de indic. delict. p. 4. c. 9. n. 11. Damhoud. prax. rer. crim. c. 16. n. 4. Vent. de Valent. Parthen. litig. lib. 1. c. 14. n. 30. Und offte keine andere Speise und Tranck darzu bekömmet / als Wasser und Brodt. Arg. c. 3. de poenis in 6. Hahn ad Wesenbec. de poenis n. 4. P. H. O. art 157. vers. Wo aber der Dieb sc. Dan. Clasen, add. Const. Crim. Caroli V. art. 101. pag. 373. potest enim judex carcerem duriorem vel leviorem ex justa causa decernere. Carpzov. p. 3. pract. crim. q. 111. n. 50. 51. & 52.
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Welche letztere Coercitio ad merum Imperium gehöret. Schneidewin in Epitom. Feud. part. 2. tit. quae res in Feudum dari &c. n. 7. IV. Baldus, in tract. de Carcere n. 2. welchen doch andere dem Bartolo zulegen / beschreibet das Gefängnis ziemlich hart / nemlich: Carcer est locus publicus, securus, horribilis, repertus non ad poenam, sed ad facinorosorum custodiam. Welches aber eher vom Straff - Gefängnis / als einer Custodie auszulegen. Daniel Clasen, in comment. ad art. 1. Const. Crim. Caroli V. pag. 78. setzet eine viel bessere / ibi: Carcer est locus publicus, eum in finem inventus, ut ibi delinquentes custodiri & haberi possint, ad sistendos eos in judicio & poenam promeritam in illis exequendam. add. Georg Biccius. in Aureis, sect. 5. thes. 184. in fin. V. Lucretius nennet das Gefängniß Sceleris Luelam. Böckel. disquis. crim. 9 §. 3. pag. 267. Cicero aber / 2. in Catilinam oratione, vindicem nefariorum & manifestorum scelerum. Bey welchen Orth Petrus Faber, lib. 2. Semestrium c. 7. pag. m. 94. anmercket / daß allda per carcerem poena laquei verstanden werde / weil / wie drunten folgen wird / die Römer die Ubelthäter nicht öffentlich / sondern im Gefängnis stranguliren ließen. VI. Die Arthen der Gefängnisse sind unterschiedlich: Denn da ist erstlich Carcer PUBLICUS, ein solcher verwahrter Orth / darein die Obrigkeit die Verbrecher setzen und beystecken lässet. Dn. Stryke, d. disp. c. 1. n. 4. Derselbe ist nun temporalis auf eine gewisse Zeit / oder perpetuus ewig / oder so lange der Mensch lebet. Temporalis ist zweyerley / Custodiae und Poenae. Carcer Custodiae ist ein solcher Orth oder beschlossen Gemach / darinnen der Delinquent, oder auch ein Schuldener sicher verwahret und behalten wird / doch daß er darinnen an seinen Leibe keinen Schaden / Pein oder Straffe leide. Petr. Gregor. Tholosan. lib. 31. Syntagm- Jur. Univ. c. 33. n. 6. Bicci [626] us, in Aureis, sect. 5. th. 184. D. martini, dissert. de carceribus c. 2. n. 9. Da aber ein solcher Orth nicht sicher oder verwart / und zu besorgen wäre / es möchte Reus convictus & confessus, sich loß machen und davon gehen / wird er / zu desto mehrer Versicherung feiner Person / an Händen / Beinen / oder sonst geschlossen. Farinac. quaest. crim. lib. 1. tit. 4. q. 27. n. 100. Carcer Poenae, welches sonst auch Carcer castigationis & admonitionis genennet wird / ist / in welches diejenige von der Obrigkeit gesetzt werden / so ein und das andere verbrochen / welches nicht Capital, an statt der Straffe etliche Tage / auch wohl länger darinnen zu pausiren und zu verhorchen / üm künfftig vor dergleichen Händeln sich zu hüten. Idem Tholosan. d. c. 33. n. 19. Joh. Christoph. Ernst, disp. de relaxat. carcerat. cap. 5. Carcer perpetuus oder das ewige Gefängnis ist ein solcher Orth / da einer / der was grosses / ja das Leben verwircket hat / hingesetzet wird / die Tage seines Lebens darinnen zuzubringen / ohne alle Hoffnung / wieder davon befreyet zu werden. Dan. Clasen, in comment. ad art. 101. Constit. Crim. Caroli V. pag. 373. Welche Gefängnis-Art in den beschriebenen Käyserlichen Rechten nicht allein unbekant / sondern auch einen frey-gebohrnen Menschen damit zubelegen gar verbothen ist / L. incredibile est, quod allegas, liberum hominem, ut vinculis perpetuis contineretur, esse damnatum. Hoc enim vix in sola servili conditione procedere potest. C. de poenis, add. L. 35. ibi: Mandatis principalibus, quae praesidibus dantur, cavetur, ne quis perpetuis viuculis damnetur. ff. eod. Besold. in Thes. pract. v. Gefängnis / p. 296. Drum auch nur die leibeigne Knechte damit beleget worden. L. 8. §. non solent & L. 10. ff. de poenis L. 10. C. eod. Nam quoad servum non adeo gravis poena haec videtur, postquam jam servituti est addictus. Poena enim ejusmodi Carceris verè assimilatur perpetuae servituti, quae libero homini imponi nequit. L. Titio centum §. 2. de cond. & demonst. L. 2. de lib. hom. exhib. Menoch. de A. J. Q. q. 89. n. 4. Molinaeus, de usuris, n. 271.
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Es wird aber das ewige Gefängnis ietziger Zeit vor eine Capital - Straffe gehalten. Farinac. lib. 1. oper. crim. tit 3. q. 19. n. 31. Dan. Clasen, ad art. 10. const. crim. p. 50. Auch dem Tod und Hinrichtung eines Menschen gleich geachtet. P. H. O. art. 10. ibi. Daß die Straffe nicht zum Tode / oder ewige Gefängnis sc. Carpzov. p. 4. const. IX. Defin. 6. n. 7. & 8. Brunneman. ad L. 6. C. de poenis. Zieriz, ad Const. crim. Caroli V. art. 110. pag. 104. Denen Päbstlichen Rechten nach werden Geistliche / Closter - und Ordens- Personen / Münche / Nonnen und dergleichen / wenn sie was hartes verbrochen / auch damit beleget / & dicitur Carcer poenitentialis, estque vel sine Carena, vel cum Carena, quae est comestio panis & potûs aquae ad certam mensuram & certum tempus. c. quaemvis 3. de poenis in 6. c. divinis exemplis in fin. Extravag. commun. Joach. Stephani Instit. Jur. Canon. lib. 3. c. 7. n. 6. Malunt enim Canones poenam perpetui carceris, quam vitâ privare, cum abhorreant ab omni sangvinis poena: Et ideo includunt, ut poenitentiam agat delinquens, pane doloris & aqua angustiae illum sustentant, ut commissa delicta defleat, & defleta nunquam committat. Ca. novimus c. 27. §. fin. de V. S. ap. Gregor. Jul. Clar. recept. sent. q. 70. n. 4. Petr. Greg. Tholosan. lib. 31. Syntagm. jur. univ. c. 33. n. 24. Eberhard. Speckhan. cent. 1. q. 19. n. 2. Zuweilen auch wohl die Ketzer. Menoch. de A. J. Q. q 89. n. 11. In dem Königreich Castilien ist die Straffe des ewigen Gefängnisses gleichfals üblich / teste Galicio, in Margarita Fisci. fol. 93. in fin. Wie auch zu Venedig / Mantua. observ. 96. colum. 6. Item zu Florenz / da sie gar gemein ist / und viele auf einmahl dazu verdammet werden / so man le stinche nennet. Desgleichen zu Rom / Farinac. lib. 1 prax. crim. tit. 3 q. 19. n. 31. Im heiligen Römischen Reich ist sie ebenmäßig eingeführet und gebräuchlich.
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P. H. O. Caroli V. art. 10. ibi??? Dan. Clasen, in Exegesi n. 70. Joh. Jacob. Wissenbach, exercit. Pandect. disp. 37. n. 24. Cujacius. in L. verum 256. ff. de V. S. Manzius, in patrocin decad. 1. q. 4. n. 5. & seqq. Und wird in solchen Fällen erkant / da die Todes-Straffe nicht stat hat / die That aber doch härter / als extraordinariè mit den Staupenschlägen und ewiger Landes-Verweisung zu vindicirer. Oder wenn der Delinquent von liederlichen Gemüthe ist / so / daß wenn er loßgelassen würde / noch grösser Unglück stifften möchte. Drum auch Anno 1640 die Juristen-Facultät zu Wittenberg folgenden Spruch gethan: P. P. Ob wohl die Straffe des ewigen Gefängnis heutiges Tages nicht sonderlich in Ubung / auch vermöge der peinlichen Hals - Gerichts-Ordnung Art. 10. der Todes-Straffe allerdings gleich geachtet wird / und daher der Delinquent wohl mit den Staupenschlag / oder nach Gelegenheit seines Standes mit der ewigen Landes-Verweisung zubelegen / dennoch aber / und wofern es euren Bericht nach / allenthalben also bewand: So mag mehrgemeldter ungerathene Sohn / seines unterschiedlichen Verbrechens wegen / und damit er so viel desto eher in sich gehen / auch man sich seinetwegen keines grössern Unheils zubefahren haben möge / in stetswährender / iedoch leidlicher Verhafftung so lange nicht unbillig angehalten werden / biß man seiner Reue und künfftiger Besserung allerdings wohl versichert / V. R. W. add. Richter, vol. 2. cons. 346. Zuweilen wird auch alternativè der Staupenschlag oder das ewige Gefängniß gesprochen / im̅aßen die JCTI Jenenses, Anno 1678. gethan: P. P. Weil nunmehr Inquisit auf vorgenommene Territion erhalten / daß er / als er dem Entleibten A. R. den tödlichen Stich gegeben / was er gethan / nicht gewust? So wird er zwar mit der ordentlichen Straffe des Todschlages verschonet / iedoch aber gestalten Sachen und Umständen nach / nicht unbillig mit Staupen-Schlägen des Landes ewig verwiesen / oder aber zur Verbüssung seines Verbrechens / in einen leidlichen Gefängnis Zeit seines Lebens enthalten / V. R. W.
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[Qv. cuinam, Reo num Judici detur optio seu facultas eligendi poenam fustigationis vel carcerem poenae? Respond. in alternativis juris datur optio judici, nisi verba ad partem dirigantur, per text. in capit. à crapula de vit. & honest. Cleric. Gail. lib. 2. Obs. 84. n. 12. Blumblacher / ad art. 105. Sanct. Crim. n. 2. Carpzov. p. 3. q. 133. n. 51. & seqq.] Man findet auch dieserwegen an etlichen Orthen gewisse Statuta, daß / wann einem aus sonderbahrer Gnade das Leben geschenckt wird / er doch die übrige Zeit seines Lebens im Gefängnis zubringen muß. Modò statuta illa non disponant de criminibus, de quibus jus divinum statuit, praecisè supplicium mortis, uti est in homicidio. Statutum enim contra legem Dei conceptum de delictis contra jus naturale commissum non est obligatorium, sed non obstante illo statuto ad poenam mortis reus condemnari debet. Dan. Clasen, d. L. pag. 70. & 71. Carpzov. q. 111. n. 59. und saget Farinaceus, supra cit. lib. 1. Prax. Crim. tit. 4. q. 27. n. 2. pag. 390. von dem ewigen Gefängnis wohl recht / daß es sey sepultura vivorum, consumptio bonorum, consolatio inimicorum, & experimentum amicorum. [Saepè magna rerum momenta vertuntur in unius syllabae inversione, Mynsing. de Instrument. c. 11. n. 2. ut exemplum est. in dictione Luithardus & Lotharius, c. inter dilectos X. de Instrum. Et illud Caroli V. Im peratoris ad Philippum Seniorem Hassiae Landgravium in literis expressum, nimirum ohne einige Gefangnis / satis docet, quod postea sistenti Principi vertebatur in Ewige / sicque unius literae mutatione dictum Principem carceri mancipavit. Joh. Theod. Sprenger, de modico c. 8. n. 22. pag. 134.] Worbey zu mercken / daß ein anders sey / detineri in perpetua costodia, & condemnari ad perpetuos Carceres. Das erste wird nicht vor eine Straffe / sondern nur vor eine öffentliche Befriedig- und Sicherung gehalten / damit der inhaltirte der Stat / Land und dem Unterthanen nicht Schaden thun möge. Als zum Exempel / wenn ein loser Gesell sich hätte liederlich vernehmen lassen / er wolte sein eigen oder eines andern Hauß mit Feuer anzünden / oder dem und dem einen rothen Hahn aufs Dach setzen / item diesen und jenen eine Kugel schencken / oder ermorden. Alsdan kan die Obrigkeit / [630] wenn er dessen überführet / ihn gar wohl in solcher perpetua custodia enthalten / biß er gnugsame Caution de non offendendo geleistet habe. P. H. G. O. art. 176. Petr. â Plachia, in Epit. delict. lib. 1. c. 7. n. 1. Jul. Clar. lib. 5. Sentent. §. ult. Quaest. 77. n. 2. Carpz. d. Quaest. 111. n. 60. & 62. allwo er folgendes Praejudicium anführet / so der Churfl. Sächß. Schöppen-Stuhl zu Leipzig Anno 1662. an den Schösser zu Ziegenrück ertheilet. P. P. So wird der Gefangene seiner vielfältigen Verbrechung halber öffentlich billig zur Staupen geschlagen / un̅ nach ausgestandener Leibes-Straffe [weil es mit ihm diese Beschaffenheit / daß vor ihm fast niemand sicher / und sich weder auf der Strassen noch / sonst gnugsam vorsehen kan / er sich auch betraulicher Reden verlauten lassen / welche auch er / als eine verdächtige / ruchlose und freche Person wohl zu Wercke richten / und dadurch mehr Leute betrüben / und in Gefahr setzen würde] wiederum zu gefänglilicher Hafft geführet und gebracht / wohl angefesselt / verwahret / und damit man Friede und Ruhe vor ihm habe und erlangen möge / die Zeit seines Lebens darinnen gefänglich enthalten. add. Dan. Moller. ad Const. Elect. 15. n. 6. part. 4. Wehner, in Pract. Observ. voc. bevehden. Petr. Frid. Mindan. de procesi. Cam. c. 25. Sect. 6. Matth. Coler, part. 2. Decis. 231. Wenn aber der / so gedrohet / keine würckliche Bürgschafft aufbringen und leisten könte / sondern sich zur juratorischen Caution anerböthe / stehet es dem frey / so bedrohet worden / ob er derselben trauen wolte oder nicht. Carpzov. d. q. 111. n. 60. & part. 1. q. 37. n. 91. & seq. Prax. crim. ibi??? alleg. DD. Im andern Fall wird solche Enthaltung im ewigen Gefängnis billig vor eine Straffe aestimiret / als wodurch der Gefangene aller Menschen Conversation beraubet / in Betrübnüs und erbärmlichen Zustand gesetzet wird / auch sein Leben drin zubringen / und mit schlechter Speise und Tranck verlieb nehmen muß. Clasen, ad art. 10, Ord. Crim. Caroli V. pag. 71. Und diese Gefängnis Arth gehöret ad merum Imperium, Besold. in Thes. Pract. voc. Gefängnis / pag. 296.
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wie auch die / wenn jemand eines Peiulichen Verbrechens halber eingezogen wird. Schneidewin. in Epit. Feudal. part. 2. tit. quae res in Feudum dari & c. n. 7.. Carcer verò modicae coertitionis est mixti Imperii. Schneidevvin. d. l. Carcer custodiae, si est causa litis pecuniaria, tantum ad simplicem juris dictionem pertinet. Besold. alleg. loc. Es pfleget aber die Straffe des ewigen Gefängnisses nicht so leicht erkennet / oder auch vollzogen zu werden / wenn nicht das Verbrechen so hart und arg ist / daß es die Todes-Straffe mit sich führet. Menoch. lib. 1. A. I. Q. Quaest. 89. n. 9. Und wenn dadurch des Delinquenten Leben geschonet werden soll / muß das Gefängnis nicht so grausam / garstig und abscheulich seyn / daß derselbe vor Stanck / Dampf und Unflat in wenig Tagen doch das Leben einbüssen müsse / sondern Menschlich und erträglich seyn. Petr. Greg. Tholosan. dict. lib. 31. Synt. Jur. Univ. c. 33. n. ult. VII. Ferner und zum andern ist CARCER PRIVATUS, das Haus-Gefängnis / welches regulariter bey Lebens-Straffe verbothen / indem davor gehalten wird / daß derjenige der solches exerciret, ein Crimen laesae Majestatis begehe. L. un. C. de priv. Carcer. usurpat enim hoc casu merum sibi Imperium, usurpatae autem Jurisdictionis crimen Laesae Majestatis est. L. 3. ff. ad L. Jul. Majest. Es wird aber dieses Carcer Privatus genennet / wenn ein gemeiner Mann / der keine Jurisdiction oder Gerichte hat / einen Ubelthäter in seinem Hause länger denn 20. Stunden gefänglich enthält / oder auch an Ketten und Banden leget / der Obrigkeit aber nichts davon anzeiget / vielweniger ausliefert. Reyger, in Thes. pract. pag. 409. & seq. Brunnemann, ad d. L. unic. C. de priv. Carc. Struv. Syntagm. Jur. Civ. exerc. 49. th. 15. Dither, in contin. Besold, Thes. Pract. verb. Fang-Geld / pag. 196.
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Und welche Obrigkeit solches zuläst / und nicht mit der Schärffe straffet / wird ebenmäßig mit obiger Poen beleget. Farinac. Quaest. Crim, 2. n. 9. & seqq. Brunnem. cit. loc. Doch ist in solchen Fall die Todes-Straffe heute zu Tage nicht mehr üblich / sondern gemildert / und dem arbitrio Judicis anheim gegeben. Farinac. lib. 1. tit. 4. Quaest. 27. n. 35. Brunnem. in fin. d. L. unic. Struv. d. Syntag. Exerc. 46. th. 15. Carpzov. Prax. Crim. p. 1. Quaest. 41. n. 129. Es hat auch obige Assertation ihre unterschiedliche limitationes und Abfälle: Denn 1. ist einem jeden zugelassen und vergönnet / wenn er einen Delinquenten auf handhafter That antrift und ertappet / solchen gefänglich anzuhalten. Brunnemann, in L. ult. C. de Exhib. & transm. Gail. lib. 1. Obs. 54. n. 3. 2. Verstattet das gemeine Käyser-Recht einem Ehemann / daß er den Ehebrecher / welchen er bey seinem Weibe kriegt / zwanzig Stunden bey Tage und Nacht im Hause / als in einen Kercker einschliessen und behalten möge / die That dadurch / beweißlich zu machen. L. 23. ff. ad L. Jul. de Adult. Const. Crim. Caroli v. art. 144. Petr. Greg. Tholos. lib. 31. S. J. U, c. 33. n. 2. 3. Ist jedem Haußwirth zugelassen / einen flücktigen Dieb nachzufolgen / zufangen und hernach dem Judici zu überliefern. L. 56. §. 1. ff. de furt. Farin. lib. 1. tit. 4. Quaest. 27. n. 11. & 23. 4. Kan auch ein Gläubiger seines flüchtigen / oder doch auf flüchtigen Fuße stehenden Schuldeners sich bemächtigen. arg. L. 10. §. 16. quae in fraud. Cred. L. 54. C. de Decur. Doch daß er solchen / so bald nur immer müglich / in den Schuld-Thurm bringe / oder den Gerichts-Personen überliefere / oder da des Orths keine verhanden / solchen den nechst angesessenen Gerichten extradire. Anton. Fab. in C. l. 9. tit. 5. def. 1. n. 4. Carpzov. part. 4. Const. 1. def. 17, 5. haben auch die näheste Bluts-Freunde Macht / einen dollen und wahnwitzigen in ihrer Freundschafft an Ketten und Banden zuschliessen und wohl zuverwahren.
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L. congruit bono 33. §. 1. ff. de Off. Praesidis. ???oer. Decis. 275. n. 3. Carpzov. d. l. n. 5. Also können auch 6tens Eltern u. Herrn ihre ungehorsame und unbändige Kinder und Gesinde zu Hauß einschliessen / Fessel / Ketten und Bande anlegen / und sie also modicè castigiren und züchtigen. L. un. C. de emend. propinq. tot. tit. C. de emend. Serv. L. 6. §. 3. ad SCt. Syll. L. ult. C. an Servus pro suo fact. L. 2. c. de Serv. fug. L. 3. §. 1. & 2. ff. de lib. hom. exhib. L. 1. & 2. c. de patria potest. Farinac. lib. 1. tit. 4. Quaest. 27. n. 15. & 25. Schönborn. lib. 1. Polit. c. 7. Conf. Struv. Syntag. jur. civ. exerc. 49. th. 15. & de vindict. priv. c. 7. aph. 11. n. 6. Christinaeus, Decis. Belg. vol 4. Dec. 185. n. 15. Zeiler. Epist. 659. circa fin. VIII. Die Schuld-Thürme aber / so man in etlichen Handels-Städten hat / gehören nicht zu den Straf-Gefängnissen / sondern sind nur Custodien und Behältnis der Schuldner / biß sie bezahlen. Besold. Thes. Pract. v. Schuld-Thurm / pag. 877. Joh. Christoph. Ernst / Disp. de relax. carcerat. c. 3. th. 1. Doctores hunc carcerem vocant taedialem. Speckhan, cent. 1. Quaest. 19. in fin. Ehe man aber dieselbe an solche Oerther / die doch leidlich und nicht unter der Erden seyn sollen / bringet / wird erfodert / daß alle ihre Güther vorher erst executirt, und dieselbe nicht mehr solvendo befunden worden. Moller, lib. 1. Semestr. c. 41. Struv. de vindict. priv. c. 11, aphor. 37. ubi dicit: extraneum Creditorem petere non posse, ut in eum [scil. Schuld-Thurm] debitor conjiciatur, nisi eo in loco, ex quo est oriundus, similis carcer sit in usu, vel Creditor à suo Magistratu literas Reversales afferat, Creditoribus hujus loci aliquando simile jus contra debit ores illius loci statutum iri. Und muß der Debitor, ex dispositione Juris civilis, sich selber veralimentiren. per L. quemadmodum 29. §. Magistratus 7. ff. ad L. Aquil. Coler. de process. execut. part. 1. c. 6. n. 105. oder wenn seine Güther arrestiret sind / der Unterhalt / und die sumptus litis davon genommen werden. Mev. part. 3. Decis. 281. & part. 4. Decis. 338.
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Wenn er aber die Mittel nicht hat / und die Creditores wollen den Unterhalt nicht herschiessen / wird er wieder loßgelassen / daß er nicht hungers sterbe. ex senten. Angeli in §. fin. Inst. de Action. Jason, in L. si victum n. 2. ff. de R. jud. Böer. Decis. 303. Fr. Cason. de indic. & tort. c. 9. n. 16. Mindan. Consult. Saxon. lib. 1. q. 104. & haec sententia videtur communis, summumque aequitatem habens, siquidem maxima injuria infertur carcerato, dum alimenta ipsi denega̅tur. P. G. Tholos. Synt. J. U. lib. 31. c. 33. n. 23. Deinde etiam nimis iujustum foret, hominem propter debitum aliquod, vel aliam levem causam in carceratum inedia fameque interimi & necari. Tiraq. de poen. mitig. caus. 33. Surdus de Aliment. tit. 7. q. 16. n. 44. Carcer enim non solvit debitum, sed bursa. Hippolyt. de Marsil. §. attingam n. 54. Pract. Crim. & rubr. de fidej ff. n. 379. Oder da die Obrigkeit ex officio ihn setzen lassen / muß dieselbe ihn nach Nothdurfft zu essen und zu trincken geben. L. judices 8. C. de Episc. Audient. Coler. de Process. Execut. part. 1. cap. 6. n. 106. An etlichen Orthen / als in Sachsen / Böhmen / Franckreich / Engeland sc. müssen die gefangene Schuldener sich von den Almosen / welche ihnen die von den Schuld - Thurm vorüber gehende / so sie erbärmlich anschreien und flehentlich bitten / darreichen / oder in eine gewisse Büchse stecken / erhalten. D. Mevius ad Jus Lubec. Lib. 1. tit. 3. art. 1. n. 74. Oder er wird den Gläubigern an die Hand oder Halfter gegeben / daß er die Schuld abarbeite oder loßsitze. Land - Kecht / lib. 3. art. 39. Weichbild / art. 27. circa fin. Chilian König / in Process. jur. Sax. c. 138. n. 11. §. aber nach Sachsen - Kecht / Coler. d. c. 6. n. 114. & seqq. ubi sub. n. 128. testatur, ita saepius in Thuringia practicatum fuisse. & rursus c. 9. n. 27. in fin. & n. seq d. p. 1, & Decis. 135. n. 2. And. Gail lib 2. de Pace Publ. c. 2. sub. n. 13 Christoph. Zobel, part. 2. differ. jur. civ. & Saxon diff. 30. n. 9. Jacob Schulthes / in addit ad Illust. Q Q Modest. Pistor. p. 3. q. 11 b. n. 50. Matth. Berlich, p. 2. [635] conclus. part. 28. n. 14. Joh. Hermann. Stam. lib. 1. de Serv. Person. tit. 4. c. 4. n. 5. Wiewohl etliche davor halten / daß dieses / nachdem die Schuld - Thürme eingeführet / cessire, und durch Churfürst Augusti zu Sachsen Constitution part. 2. art. 22. vers. und nachdem wird den Gläubigern. zum besten. sc. Berlich d concl. 28. n. 16. Joach. Beust in L. admonendi n. 343. in fin. ff. de jur. jurand. Hering. de Fidejussor. c. 6. n. 256. Confer. Petr. Theodoric. colleg. crim. Disp. 10. thes. 2. sub allegat. adlit. b. vers. notandum tamen hic. Jacob Schulthes / ad d. qv. Modestin. Pistor. 110. n. 52. Wilh. Anton. Freudenberg. de Rescript. morat. tit. 1. concl. 1. n. 9. & seq. Welches / so viel das Churfürstenthum Sachsen betrifft / war / Carpzov. Jurisp. For. Rom. Sax. part. 2. const. 22. def. 2. per tot. In den andern Sächsischen Provincien aber ist die lieferung des Schulde-ners an die Hand und Halffter noch heutiges Tages üblich. idem Carpzov. d. const. 22. defin. 1. Welches auch zu Lübeck also gehalten wird / Osvvald. Hilliger, p. 2. Donell Enucl. lib. 27. c. 9. sub alleg ad lit. z. in fin. fol. 1519. David. Mev. ad tit. 3. Jur. Lub. art. 1. pag. 123 & siqq. allwo artig beschrieben wird / wie der Creditor den Schuldener halten und speisen soll / drum wir den gantzen Articul hieher setzen wollen / der also lautet: Wann einer sein Gut auftragen und bonis cediren will / von Schulden / die ihme mit Recht abgemahnet worden / so mag der Kläger und Gläubiger sich des bedencken / biß zum nähesten Gerichte / ob er sich will an das Guth halten / oder aber auch die Person zu eigen annehmen. Auf den ersten Fall mag er das Guth schätzen / und wardiren lassen / und seine Bezahlung draus suchen. Zum andern nimt er die Person an / mag er dieselbe gefänglich einziehen lassen / und halten als einen Schuld - Gefangenen: Will er ihn aber zu eigen annehmen / und er ihm also Gerichtlich übergeben wird / soll er ihn speisen als das Gesinde / und verwahren / wie man am besten kan / auch wohl anlegen / wenn er will / doch daß ihme an seiner Gesundheit kein Schaden geschehe / er soll seinem Herrn seine Arbeit thun. Würde er aber entlauffen aus seines Herrn Verwahrung / so soll ihm an seiner Erledigung das Gerichte nicht verhindern. Will er ihn [636] ber ledig gehen lassen / damit er sich lösen möchte / das stehet auch in seinen Gefallen: Würde er darnach auch von jemand anders gehalten / hat er dennoch etwas von dem seinen übrig / so mag er sich damit ohne Wiederrede desjenigen / dem er erstlichen an die Hand gegeben worden ist / wohl lösen. Hiermit aber ist verbothen / Frauens - Personen den Creditorn an die Hand zu geben / die nicht bezahlen können. Doch mag der Creditor zu allen Zeiten / wenn er sie betrifft / ihr das oberste Kleid abnehmen / biß so lange sie bezahlet hat. Sonsten aber mögen die ersten zwey Mittel wieder Frauens - Personen / welche ihrer eignen Schulden halben vertiefft / gebraucht werden. Ein Schuldener kan sich auch wohl in einer Verschreibung / we n̅er auf den gesetzten Termin nicht einhalten würde / zum arrest oder Gefängnis obligire̅. L. 1. C. qui bon. ced. Drum auch Churfürst Augustus zu Sachsen löblich verordnet / daß ein solch Pactum gültig seyn solte / es mag der Schuldener eine Manns - Person oder Weibesbild seyn / doch daß die Arestirung oder Gefängliche Enthaltung von der Obrigkeit / und nicht dem Creditore in seinem Hause geschehe. Welchen Fals der Gtäubiger nicht schuldig ist / Caution zu praestiren / wenn der Schuldener kranck würde / oder ihn sonst was widriges begegnete. Moller, ad Const. Elect. Saxon. 21. part. 2. Und ob wohl nach den beschriebenen Käyserlichen Rechten ein Weibesbild Schulden halben / wenn es sich auch gleich darzu verbunden hätte / nicht ins Gefängnis zu legen / wegen Gefahr ihrer Ehre; Coler. de Process. execut. p. 1. cap. 6. n. 99. vid. Bechmann, in Comment. ad P and. tom. 2. p. 2. pag. 14. n. 59. So ist solches in Churfürstenthum Sachsen / ex suprà dictâ Constitutione anders eingeführet / dergestalt / daß ein Welbsbild nicht allein wegen ihrer gemachten eigenen Schulden / sondern auch wenn sie vor jemand / doch mediante Curatore, cum renunciatione beneficiorum, caviret und gutgesaget / in Verstrickung / doch von Man̅sbildern abgesondert enthalten wird. Carpzov. part. 2. Const. 21. def. 9. Koppen, lib. 1. Observ. 3. n. 4. Speidel, in spec. Jur. v. Gefängnis pag 436. Jure Gallico aliquem pro debito incarcerari posse etiam receptum est, si se carceribus obligaverit, qui mutuatur. Petr. Jacobus in Praxi tit. de cession. bon in fin. Jacob. Petr. de Ferrar. in tit, de execut. Sent. in sua praxi DD. in L. ob aes alien. C. de solut. [637] & teste Petr. Gregor. Tholos. lib. 31. Syntagm. Jur. c. 33. n. 17. hodie recepta validaque est ibi pactio, qua Clericus etiam, si ad Carceres Judicis Laici se obligaverit, contra rationem casi diligenti, de foro compet. apud Gregor. invitusque in carcerem detrudi potest, contra praescriptum in c. ex rescripto de Jure jurand. & contra Sententiam Panormitani inibi traditam, contraque ea, quae tradit Joannes Faber, in §. fin de action. ut notat judicatum fuisse in curi Pariensi suprema d. 20. Novemb. Anno 1550. IX. Der Bürgerliche Gehorsam wird auch vor kein Gefängnis / sondern nur vor eine Custodia gehalten. Besold. Thes. pr. voc. Gehorsam / pag. 302. Ernst. d. Disp. de relax. Carcerat. cap. 3. th. 4. Köppen, decis. 29. n. 20. nennet solchen Orth Locum Obedientia rum, die Obedienz-Stube / welche gemeiniglich auf den Rathäusern / oder doch oben auf den Thoren pfleget gebauet zu seyn / daß man Lufft und Tageslicht drinn haben könne / nicht aber als arge Gefängnisse aussehen. VVehner, Pract. Obs. v. Gefangnis pag. 152. Quod ipsum Constitutioni L. 2. C. de Custod. reor. consentaneum est. Bartol. in tract. de carcere, n 2. adeò, ut si civis honestus vel debitor incivilius & nimis duriter teneatur, appellare queat, argum. c. ut debitor, de Appellat. L. ante Sentent. de Appellat. recip. vel etiam injuriarum agere, VVesenb. Cons. 96. n. 16. Köppen, Decis. 29. n. 21. nisi enorme crimen aut debitum esset. Coler. de Process. executiv. part. 1. c. 6. n. 103. Hinc carcerati petere solent commissionem ocularem, pro inspiciendo & mitig???ndo Carcere. vid. Ruland. de commiss. part. 2. lib. 4. cap. 1. per tot. Anderswo nennet man es das Grashauß / oder mit dem Gras ftraffen / item auf das Chor oder ins Gras gehen / welches eine Bürgerliche Verhafftung ist. Christian Gastel, de statu publ. Europae c. 32. pag. 925. Hinc formulae, um Erledigung der Pforten / und das Graß - liegens suppliciren. Item in das Graßhaus zu gehen gebiethen. Dither, in contin. Thes. pr. Besold. v. Gefängnissen / p. 224.
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X. Hieher kan auch auf gewisse maße das OBSTAGIUM oder die Leistung und das Einlager gezogen werden / da sich ein Debitor verbunden / an einen gewissen Orth in das und das Wirtshauß / so benennet wird / auf die und die Zeit sich einzufinden / allda Fuß zu halten / und nicht eher von dannen zu weichen / biß er dem C reditori die Schuld völlig bezahlet habe. Darf sich auch ohne Vorwissen der Obrigkeit / oder des Gläubigers nicht von sich selber aus dem Einlager weg begeben / wenn er anders bey Ehren bleiben / und nicht infam werden werden will. Tabor. de obst agio c. 5. §. 2. & c. 6. §. 15. Er müste es denn aus Hungers - Noth thun / daß nemlich der Wirth oder Creditor ihm den nöthlgen Unterhalt nicht mehr hergeben und reichen wolte / oder er würde durch Krieg / Feuers - Brunst / Einfall der Gebäude / Pest und andere ansteckende Kranckheiten draus getrieben. Tabor. d. tr. c. 6. §. 15. & c. 7. §. 1. Ernst. disp. de Relax. carcerat. c. 3. th. 5. XI. Vom Priesterlichen Gehorsam handelt Carpzovius, lib. 3. Jurisprud. consist. tit. X. defin. 113. ausführlich / welchen derjenige / so davon Nachricht verlanget / ausschlagen kan. Item Zeiler, cent 4 quaest. 51. pag. 271. Und Dither, in addit. ad Besold. thes pract. v. Einziehung der Maleficanten. allwo sie melden / daß das Gefängniß für die Kirchen - Diener zu Studgard die Bibel genennet werde. XII. Es soll aber die Obrigkeit / welche die Peinlichen Gerichte zu exerciren hat / zuförderst dahin bedacht seyn / daß sie solche Behältnis verschaffe / damit die Delinquenten nicht beysammen sitzen / oder mit einander sich bereden können / was sie aussagen wollen / oder wohl gar Anschläge machen / aus dem Gefängniß loß zubrechen. Carpzov. part. 3. prax. Crim. q. 106. n. 65. & 66. Altenb. prax. crim. pag. 167. XIII. Doch daß sie nicht darinne gequählet / und üm ihre Gesundheit gebracht / sondern nur verwahret / und behalten werden / biß daß der Proceß geendiget / und / was Urthel und Recht mit sich gebracht / man an ihnen exequiren könne:
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L. aut damnum §. solent & L. credibile ff. de poenis. Welches denn die Peinliche Hals-Gerichts-Ordnung art. 11. ausdrücklich befiehlet / mit diesen Worten: P. P. Und ist dabey sonderlich zu mercken / daß die Gefängnisse zu Behaltung / und nicht zu schwerer gefährlichen Peinigung der Gefangenen sollen gemacht / und zugerichtet seyn / und wenn auch der Gefangenen mehr / dann einer ist / soll man sie / so viel gefänglicher Behltung seyn mag / von einander theilen / damit sie sich zu unwarhafftiger Sage mit einander nicht vereinigen / oder / wie sie ihre That beschönen wollen / unterreden können. L. aut damnum §. sonlent & L. credibile ff. de poenis. Nihil absurdius fieri potest, quàm si delinquentes, qui fortean capitaliter vel corporaliter puniendi sunt, prius carceris sqalore puniantur. Clasen, in Com. ad dict. art 11. const. crim. Cum tamen de Jure Carcer talis esse debeat, ut captivus in eo vivere aëreque ac lumine frui possit. Prosp. Farinac. lib. 1 prax. crim. tit. 4. quaest. 27. n, 96. Jod. Damhoud. in prax rer. crim. c. 7. n. 9. Matth. Steph. ad art. 11. n. 6. ord. crim. Carolin. Jacob. Menoch de A. J. Q. lib. 2. cas 305. n. 2. Qua de re Sanctio extat Imper. Constantini in L. 1. C. de Custod. Reor. ubi ita rescribit: Nec verò sedis intimae tenebras pati debebit inclusus, sed usurpata luce vegetari, ac sublevari: Et ubi nox geminaverit custodiam, in vestibulis Carcerum & salubribus locis recipi, ac revertente iterum die ad primum solis ortum illico ad publicum lumen educi, ne poenis carceris perimatur: quod innocentibus miserum, noxiis non satis severum esse dignoscitur. Et Electoris Saxon. D. Augusti felicissimae memoriae, in Constit. 22. part. 2. v. Es soll aber das Gefängniß darein er gelegt / ziemlichen und leidlich seyn / und er dermaffen darinnen enthalten werden / damit ihm dadurch am Leben oder Leibe keine sonderliche und hohe Beschwerung zugefüget werde. Add. Auct. Consult. Const. Saxon. p. 4. q. 37. v. do aber in unsern sc & Responsum Scab. Lips. Mens Novemb. 1627. apud Carpzov. p. 3. prax. Crim. q. 106. So wird der Verbre [640] cher in einem solchen Gefängniß verwarlichen gehalten / darinnen er nicht des Tages-Lichts beraubet / noch an seiner Gesundheit / wegen Kälte / oder ander grossen Beschwerung Schaden leiden möge. In Ansehung dessen hat auch Plato dreyerley Arth Gefängnis einführen wollen / eines bloß zur Custodie und Verwahrung / das andere zur Züchtigung / und das dritte zur endlichen Hinrichtung / wenn er lib. 10. de legibus circa finem also davon schreibet; Delati Magistratibus & condemnati rei omnes carceribus contineantur. Tres verò sint in civitate carceres, unus pluribus communis in foro rerum venalium, ut multi, ne fugiant, custodiantur. Alter ubi coetus eorum sit, qui nocte congregantur, cori ectionis nomine appellatus. Tertius in mediaregione, ubi quam maximè desertus, sylvestrisque locus est, supplicii nomine notatus. Dannenhero diejenigen Gerichte es schwer zu verantworthen haben / welche die arme Gefangene in tieffe Thürme / finstere Gruben / Keller und andere unter der Erden habende Löcher stecken / mit grossen schweren Ketten und Banden belegen / Cothmann, vol. 3. Resp. 29. n. 119. in etlicher Zeit nicht nach ihnen fragen / und darinne / wo nicht gäntzlich verderben / doch vom Ungeziefer stechen und benagen / und üm ihren gesunden Leib kommen lassen. Menoch. de A. J. Q. cas. 305. n. 5. Carpz. part. 3. pr. Crim. q. 106. n. 46. Altenb. prax. crim. p. 167. Crusius, de indic. delict. part. 4. c. 9. n. 13. gestalt denn eben um des willen dergleichen Carcer mala mansio, L. 7. pr. ff. depos. oder fordida & infamis mansio, L. 16. ff. de poss. L. 2. ff. de lib. hom. exhib. Domus miserrima atque molestissima, Tiraquell. de mitig. poen. caus. 41. n. 2. & species torturae genennet wird. Farinac. lib. 1 prax. Crim. quaest. 27. n, 1. pag. 390. Tom. 1. oper. crim. Ruland. à Valle Cons. 17. n. 21. vol. 3. Dan. Clasen in comm. ad art. 11. const. crim pag. 78. Rauchbar, quaest. jur. 49. Francisc. Cason. tr. de indiciis & torment. c. 9. pag. 113. n. 8. XIV. Und stehen einem fürwahr die Hare zu Berge / wenn man lieset / was [641] die Alten / bey allerhand Nationen / vor grausame abscheuliche und erschreckliche Gefängnisse gehabt: Denn da hatten I. Die Syracusaner sehr tieffe Gruben in Felsen gehauen / darein sie die Gefangenen wurffen / welche LATOMIAE oder LATUMIAE genennet wurden / deren auch Cicero 5. in Verrem. c. 27. gedencket / mit diesen Worten: Latumias Syracusanas omnes audistis, plerique nostis: opus est ingens, magnificum Regum ac Tyrannorum: totum est saxo in mirandam altitudinem depressum, & multorum operis penitus excisum: nihil tam clausum ad exitus, nihil tam septum undique: nihil tam tutum ad custodias nec fieri nec cogitari potest. Lege etiam de iis Thucyd. lib. 7. in fin. & ibi Enenckel. Nec non Coel. Rhodingin. lib. 17. Lect. Antiq. c. 9. pag. 637. und soll der bekante Tyrann Dionysus solche haben aushauen und verfertigen lassen. Idem Cicero 7. in Verrem. Tiraquell. in not. ad Alex. lib. 3. cap 3. Gen. dier. pag. 288 lit. L. II. Zu Rom war eben auch ein Gefängniß dieses Nahmens / nahe bey den Fisch-Marckt. Plautus in Captivis. Varro, de lingva Latin. lib. 1. Cicero in Oratore & in oratione de suppliciis. Salustius, in Catilina. Liv. 3. decad. lib. 6. & 4. dec. lib. 2. & 6. Seneca lib. 9. declam. Fest. Pompejus, lib. 10. Plutarchus in Nicia & in Dione. [Isti carceres hypogaea seu loca sub terranea erant, ex quibus excisi lapides vel eruta terra erant & saxi-fodinae. Possumus & talia dicere loca, quae Gallis dicuntur infernet i. e. inferiora loca: qualia & fuisse Romae colligere licet ex Jurisconsultorum Responsis, quae de illis meminerunt. L. succurritur ff. ex quib. caus. Major. L. 1. §. fin. ff. de aleae lusu & aleator. Petr. Gregor. Tholos. S. Jur. lib. 31. c. 33. n. 13.] XV. III. Die Perser hatten ein Gefängnis / das nenneten sie LETHE oder Vergessenheit / weil derjenige / so Ubelthat wegen einmahl hinein kahm / sehr lange sitzen muste / daß man seiner mit der Zeit fast gar vergaß / und niemand mehr an ihn gedachte. Stiefler / in Geistl. Hist. Schatz / c. 36. p. 2230.
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Oder wohl gar den Tod / weil nur diejenige / so auf den Hals sassen / und abgethan werden solten / hinein gebracht wurden. Procop. lib. 1. de Bello Persico, cap. 4. Cedren. in comp. Hist. sub Imper. Mauritio fol. 325. & sub Zenone fol. 293. Lauterbeck / im Regenten-Buch / lib. 5. c. 10. p. 323. Item ein Hauß dick voll mit Aschen gestreuet / darinnen sie die Ubelthäter verschlossen / Petr. Greg. Tholos. Synt. Jur. univ. lib. 31. c. 33. n. 11. XVI. IV. Von den Messeniern ward das Gefängniß THESAURUS oder der Schatz genant / welches so schwer und grausam war daß weder Tages-Licht noch Lufft hinein kommen kunte / ward auch an stat der Thür mit einen grossen und schweren Stein bedecket. Plutarchus, in Philopoemene c. 33. Rud. Godof. Knichen, op. polit. lib. 1. c. 7. §. 13 p. 305 part. 1. In welches als der vortrefliche General in Griechenland Philopoemen gebracht wurde / hat er Gifft eingenommen / und sich selber getödtet. Coel. Rhodig. lib. 17. c. 8. XVII. V. Die Athenienser nenneten ihr Gefängniß / welches doch sehr hart war / mit einen anmuthigen Nahmen DOMUS, das Hauß / sicut tributorum exactionem CIVITATIS REGIMEN, miti nomine indignitatem rei temperantes. Coel. Rhodigin. d. c. 9. p. 636. Alex. ab Alex. lib. 3. gen. dier. cap. 3. Plutarch. in Solone. Plato de legibus hat es gleichfals Publicum Domicilium geheissen. Pollux lib. 9. Eben als bey den Römer der Decemvir Appius, welcher es Domicilium PLEBIS tituliret. Livius, 1. Decad. lib. 3. Andere haben es PROMPTUARIUM, CEILAM, ja gar PUBLICUMHOSPITIUM benahmet. Alex. ab Alexand. d. l. pag. 288. XVIII. Die Athenienser hatten auch noch eine andere Bastille, welche den Nahmen hatte [Greek words], zum Pferde und Mädgen: Den die Jungfern / so ausgangen waren und gehuret hatten / wurden hinein ge [643] sperret / und musten hungers sterben. Es wurd aber ein Pferd zu ihnen gethan / vielleicht weil der Hengst ein wollüstig Thier ist. AEschynes, Orat. ad Timorch. Ferner noch eine / so sie BARATHRUM oder BERETHRUM, die Hölle / item PUTEAL nenneten / welche sehr tief / und auf die Arth / wie ein Brunnen gemacht war / dahinein sie die Ubelthäter stürtzten. Ejus superiora dura quidem erant ac rigida, infima verò laxa & mollia, ut descendentes facile mergerentur. Coel. Rhodigin. Lect. Antiq. lib. 17. c. 9. pag. 637. Besold. Dissert. 2. de praemiis, poenis & legib. §. 5. XIX. VI. Zu Sparta war im Gefängnis ein Orth / DECAS genant / zur Straffe erbauet / allwo die zum Tode verdammeten ihr Recht ausstehen musten / und stranguliret wurden. Plutarchus, in Agide & Cleomene Petr. Greg. Tholos. d. c. 33. n. 13. Man hatte auch allda eine Höle / die sie CAESTAM, Strabo lib. 8. CAEADAM oder CEADAS, quasi lachrymas & pallorem, tetrae caliginis & diri aspectus, nenneten / darinne sie auch die Ubelthäter / die etwas grosses verbrochen hatten / steckten und hinrichteten. Pausan. in Messeniacis lib. 4. D. Hist. Joh. Philipp. Pfeiffer, antiqq. Graecar. lib. 2. c. 24. pag. 229. Coel. Rhodiginus, lib. 17. antiq. Loct. c. 9. p. 638. & 639. nennet sie Caeetas Caeti enim vocantur Rochmi i. e. scissurae, quas effciunt terrae motus. In dieses harte Gefängnis ist auch Aristomenes Messenius geworffen worden / aber wunderlicher Weise wieder herauskommen / indem er durch die Hölen / welche die Füchse nach dem Aase der todten Menschen gegraben / wieder heraus gekrochen / und sich also aus dem Staube gemacht. XX. VII. Zu Rom hat erst der König Ancus Martius ein Gefängnis gebauet / wie Livius, lib. 1. mit folgenden Worten bezeuget: Quiritum quoque fossa, haud parvum munimentum à planioribus aditu locis, Anci Regis opus est. Ingenti incremento rebus auctis, cum in tanta multitudine hominum, discrimine rectè an perperam facti confuso, facinora claudestina fierent, CARCER ad terrorem increscentis audaciae, media Urbe, immi [644] nens foro, aedificatur. &c. Es hatte aber das Gefängnis daselbsten zwey Haupt-Theile / deren der eine Theil TULLIANUM, der andere ROBUR genant wurde / beneben vielen andern Gemächern / Gewölben und Löchern. Im Tulliano, welches den Nahmen von dem Römischen König Servio Tullio, den Erfinder und Stiffter desselbigen / hatte / wurden die Ubelthäter stranguliret. Varro lib. 4. de LL. n. 32. Salustius, in bello Catalinario c. 54. beschreibet solches also: Est locus in carcere, quod Tullianum appellatur, paulatim descendens ad laevam, circiter duodecim pedes humi depressus: Eum muniunt undi??? parietes, at??? insuper Camera lapideis fornicibus vincta, sed inculta tenebris, odore foeda, at??? terribilis ejus facies est. Und soll dieser Orth im Umfang so weit gewesen seyn / daß eine grosse Menge Gefangene drin behalten werden können. Rud. Godof. Knich. Op. pol. part. 1. lib. 1. c. 7. §. 13. colum. 304. In dem andern / genant ROBUR, zuweilen ROBUSTUS CODEX, oder auch CUSTODIA LIGNEA, Plaut. in Poenul. act. 5. Scen. 3. Item act. 5. Scen. 6. nec non in Curcul. Act. 5. Scen. 5. ibi: at ego vos ambo in Robusto carcere ut pereatis faciam. Imgleichen ITALUM ROBUR, Horat. lib. 2. Od 13. Pflegten sie die Ube???thäter ums Leben zubringen / wann sie dieselbe erst in Kasten / so im Gefängnis stunden / hatten eingeschlossen gehalten / hernach heraus liessen / und von einen hohen Baum oder Stock / so darinnen in der Erden fest gemacht war / herab stürtzten / und ihnen die Hälse zerbrachen. Petr. Faber, lib. 2. semest. t. 7. pag. 93. Rosin. antiq. Rom. lib. 9. c. 31. Liv. Dec. 4. lib. 8. Coel. Rhodigin. lib. 17. c. 8. vid. Lips. in Tacit. lib. 4. Annal. c. 29. & Valer. Maxim. lib. 6. Joh. Salbach. Antiq. Rom part. 3. cap. 5. pag. 229. Turnebus, lib. 24. c. 21. Advers. Codicem â Robore diversum esse censet, cum sit gneus stipes, quem alligati servi, qui deliquerant, trahebant, cuique infidebant vincti. Propertius, lib. 4. Codicis immundi vincula sentit anas. XXI. ERGASTULUM war ein Gefängnis / so einem Zuchthause [wie zu Amsterdam / Hamburg und anderswo mehr sind] nicht ungleich / [645] worin allein die Knechte gezüchtiget wurden. Es stund auch die Einsetzung eines Knechts in Ergastulum bloß bey dessen Herrn / ohne Befehl der Obrigkeit. Joh. Christoph Salbach. dict. part. 3. Antiq. Rom. c. 5. pag. 229. XXII. Diejenige / so die Aufsicht über obige Gefängnisse / und Hinrichtung der Ubelthäter hatten / wurden Triumviri Capitales genennet. Rosin. d. c. 31. & 17. Valer. Max. lib. 5. c. 4. Carceres Romae in circo primum ex Topho & ligno fuerunt, quos marmoreis permutavit Claudius Imperator. idem Rosin. Antiq. Rom. lib. 5. c. 4. XXIII. Einige disputiren / was doch Mala Mansio vor eine Marter oder beschwerlicher Orth gewesen sey / und halten theils davor / es sey ein tief dunckel Gefängnis zu Rom / wie eine Grube oder Brunnen formiret gewesen / drum es auch auf Lateinisch PUTEUS genennet wird / in welches einige diebische Köche gestecket wurden / wie bey dem Plauto, Aulul. act. 2. Scen. 5. ibi:
Dicant, coqui abstulerunt, comprehendite,
vincite, verberate, in puteum condite. zu sehen / es wurd auch Hypogaeum seu Barathrum genant; Turneb. lib. 6. c. 24. vid. & Scipion. Gentil. Parerg. lib. 1. c. 39. ubi đocet: in puteum condi, fuisse genus Poenae Vernaculae, & ab Ulpiano Malam Mansionem vocari. Taubmann, in Comment. ad dict. loc. Plauti, pag. 161. Andere verstehen hierdurch ein heimlich Verborgen Gefängnis / so auch deßwegen Arca [eine Kiste] genennet worden: Der Gebrauch dieses Gefängnisses oder Behälters war / daß man diejenige / so nachgehends ferner solten examiniret werden / hinein legte: Doch wurden zuweilen auch andere in solche Arcam gesperret. Von diesem Gefängnis redet Cicero, pro Milone; Subito arrepti in Quaestionem, inmen separantur à caeteris, & in Arcas conjiciuntur, ne quis cum his colloqui possti. Joh. Christoph. Salbach, lib. 3. Antiq. Roman. c. 5. pag. 230. Taubmann, in Comment. ad Plauti Poenul. Act. 5. Scen. 3. pag. 935. ibi: Antiqui in carceribus habebaut Arcas, in quas maleficos includebant. Successit in harum locum ROBUR.
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D. Joh Otto Tabor, in tr. de Tortum & indiciis delictorum c. 1. n. 8. & 9. thut von solcher Mala Mansione solgenden Bericht / ibi: quae Quaestionem antecedunt, sunt vincula & mala mansio. L. si homincs 7. depositi L. 15. §. 42. de injur Ubi Accurs. per MALAM MANSIONEM intelligit Carceres, quem DD. communiter seqvuntur. D. Carpzoz. p. 3. pract. crim. q. 1???1 n. 2. Jacob. Benius, de privileg. Ictor. part. 2. c. 79 Dissent. Budaeus, in not. ad d. §. 42. intelligens potius id, quod Graeci vocabant [Greek words] vel [Greek words]. Hunc verò licet sequatur Mornacius in observ. ad L. depos. & Wisenbach, in Emblemat. Tribon. p. 194. redarguit tamen Petitus lib. 4. Comment. in Leges Atticas t. 9 p. 370. non [Greek words] sed [Greek words] tantum vocibus istis malae mansionis intelligi disputans: Quod [Greek words] sit [Greek words] autem genus tormenti, quo Rei manus pedesque vincti torquebantur. Haec Petitus. Alii intelligunt catastas ligneas, in quibus servi quaestionis causa extendebantur D. Gothofr. in d. §. 42. & plenius, in d. l. 7, Gvil. Forner. lib. 2 select. c. 1. scribit, ea verba pertinere ad genus quoddam coercitionis, quod partim poena, partim custodia, partim quaestionis de servis habendae causa inferebatur. Etenim verò quia Ulpianus in L. 7. depos innuit, malam mansionem non tàm esse torturam ipsam, quàm vinculum & custodiam servi torquendi, praeparatorium torturae, ideo Accursiana interpretatio potius probanda videtur. Nec movere debet verbum Extensum. Ex quo Petitus cum aliis extensionem quandam pedum manuu mque ad torturam t ndentem exsculpsit. Quo enim sensu vocabulum extendi ibi sumatur, docet verbum oppositum solvendi, nimirum quia sequester servum ita extensum solverat: innuitur enim servum in Mala Mansione vinctum alligatumve fuisse. Erit ergò Mala Mansio locus in Ergastulo, quo servi vincti aut compediti custo diebantur: nostri dicunt ins Loch / [in locum ingratum] stecken item Stöcken und Plöcken. Loca ejusmodi, in quae servi ponebantur, designat Pollux lib. 3. c. 8. Cum igitur tot genera fuerint Malarum Mansionum, puta Mola, Pistrina, Cippi, Jctus generali vocabulo uti voluit. Mansiones enim veteribus vocabantur diversoria sive loca, in quibus quietem capiebant viatores. Barthius, lib. 45. Advers. 5. Expeditionis tempore tales etiam parabantur militibus Lnemo 8. C. de Annon. & tribut. vel etiam sacro comitatui, Cujac. ad d. l. 8. ubi ait: Gallos hinc i. e à manendo Maisons quasi Mansons appellare. Mala ergo Mansio vocabatur malum diversorium sive receptaculum, in quo servus interim [647] custodiebatur, donec Quaestio de eo legitimè institueretur. Cyprianus eodem sensu hospitium carceris dixit Epist 4. & c. XXIV. Der bekandtr Historicus Dio schreibet von dem Käyser Caligula, daß er viele in GALEAGRAM [welches auch ein Gefängnis zu Rom war] werffen und darinnen tödten lassen. Herodotus Hist. 3. thut gleichfals von einem Meldung / so GORGYRA genennet wurde / und auch tief unter die Erden gieng. Nam ea voce indicant Graeci privatim cuniculum seu cloacam, qua defluunt aquae. XXV. VIII. Der Carthaginenser Gefängnis hieß ANCON, darinnen diejenige beygesteckt wurden / welche in der Tyrannen Ungnade fiehlen. Tiraquell. ex Suida in notis ad c. 3. lib. 1. Alex. ab Alex. gen. dier. p. 289. Coel. Rhodigin saepè cit. c. 9 p. 639. IX. Derer in der Insel Cypro ihres ward genant CERAMON, in quam sententiam nonnulli trahunt illud Homeri Iliad lib. 5. [Greek words]. i. e. AEneo sive robusto autem in Ceramo ligatus est tredecim menses. Loquitur autem de Marte, quem Otus & Ephialtes ligaverant forti vinculo in carcere. Sunt tamen, qui eo verbo Ollam significare volunt. Idem ibidem. XXVI. X. Etliche halten davor / daß der Irrgarten LABYRINTHUS in der Insel Creta, welchen Daedalus, der vom König Minoe gefangen gehalten wurde / gebauet / eben auch ein Gefängniß gewesen / und denen / so hinein gelassen / zwar kein Leid wiederfahren / aber sie doch nicht wider heraus kommen / sondern darinnen als in einem ewigen Gefängnis bleiben müssen. Unde & Labyrinthum dici putant, quia [Greek words] sit particula vocum intendens notiones, & [Greek words] obturare signet ac claudere. Coel. Rhodig. lect. antiq. lib. 17. c 9. pag. 637. Wie denn auch nicht glaublich / daß ietzt-gebachter König Minos der Athenienser Jünglinge / so ihm jährlich zum Tribut geschickt werden müssen / üms Leben gebracht / sondern vielmehr zu seinem Dienst und Aufwartung gebraucht habe / welche auch Kinder gezeuget / die vor Cretenser geachtet und gehalten worden. Idem d. loco.
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XXVII. XI. Zu Corintho war ein Gefängnis / darein man die Diebe und Feldflüchtige gefangen setzte / Nahmens COOS. XXVIII. XII. Archimedes bauete dem Tyrannen Dionysio zu Syracusa einen Kercker / in gestalt eines Ohrs / welcher so künstlich zugerichter war / daß er einen leisen Schall zu einen harten knall machte / und wenn die Gefangene darinnen nur gezischet / ist es durch den Wiederhall zu einen lauten Geschrey worden / daß es der Kerckermeister gar eigentlich hören können. Petr. de la Valle Reise-Beschreibung part. 4. Ep. 15. XXIX. XIII. Die Grafen von Kalwe haben vor Alters auf ihrem Schlosse vier Gefängnüße gehabt / deren Eins der Kessel-Thurm genennet worden / in welches niemand sich niederlegen können / sondern immer stehen / oder sich nur anlehnen müssen. Das andere hat kein Dach gehabt / sondern ist oben offen gewesen / so daß es auf die armen Gefangenen Leuthe geweddelt / geregnet und geschneiet. Crusius, libr. paralipom. Annal. Suevicor. fol. 36. XXX. Dergleichen grausame und tief unter die Erden hinab gehende Gefängnis findet man noch auf den alten zerstörten Raub-Schlössern. Besold. Dissert. 2. de praemiis, poenis & legibus §. 6. XIV. Einer von Schröckewald hatte das hohe feste. Schloß Agtstein in Oesterreich an der Donau inne / und that denen benachbarten mit Ausfallen viel zuschaffen. In demselben Schlosse / welches auf doppelten Felsen liegt / siehet man einen Orth / welchen der Schröckewald seinen Rosen-Garten tituliret / der ist auf den spitzigen Berge an einer Stube / in welchen eine kleine Thür aus den Gemach gehet. Der Platz ist etwa drey Schrit breit / u. auch so lang / rings an der Seiten gar jähe den Felsen hinab / daß wo man nur hinsiehet / einen bald schwindelt. Wenn nun der grosse Herr Schröckewald iemand von seinen Feinden gefangen kriegte / tractirte er ihn erstlich wie einen Fürsten / ließ Essen und Trincken die Menge auftragen / und sparete keines Dinges / so zur Frölichkeit dienete / unversehens aber muste der Gast aufstehen / und hinaus in Rosen-Garten kriechen / der ward Augenblicks mit einer eisernen Thür verriegelt / da saß alsdann der arme Mensch unter freyen Himmel / und durffte sich niemand seiner annehmen / er mochte verhungern / verdursten oder den Hals hinnunter stür [649] tzen / so galts dem Tyrannen gar gleich. Das war ein schlechter Rosen-Garten / M. Stiefler / im Geistl. Hist. Schatz / c. 30. p. 2002. XXXI. Man soll auch die Verbrecher nicht in solche Gefängnisse stecken / darinnen des Nachtes sich grausame Gespenster sehen lassen / welche die Leuthe mit ihren scheußlichen Anblick erschrecken / ihnen die Decke abziehen / sie rupffen / zupffen / schlagen / stossen / anhauchen / kneipen / drücken und quählen / daß sie keine Ruhe haben / denn solches ist gleich einer stetswährenden Tortur und Straffe / daß mancher lieber den Tod / als solche nächtliche Angst / Quahl und Pein leiden möchte. Ja ein furchtsamer Mensch kan durch einen plötzlichen Schrecken / und sonst eine hefftige Angst gar leichtlich in Verzweiffelung gerathen. Jener junge Edelmann in Spanien von 24. Jahren / Diego Osorius, ward aus Angst im Gefängniß in einer einzigen Nacht / weil er in dem Königlichen Garten am Frauenzimmer durch Bellen eines Hündleins verrathen / ertappet wurde / so bey Lebens-Straffe verbothen war / Eißgrau auf den gantzen Kopf. Hadrian. Junius. in comment. de Comâ c. 10. L. Vives in praefat. super somnium Scipionis. Eben also ergieng es einem andern Edelmann von 28. Jahren am Hoffe Käyser Caroli V. welcher eine Hof-Dame in der Käyserlichen Burg geschwängert hatte / und deßhalber zum Tode verurtheilet wurde / da er auch in einer Nacht im Gefängnis aus Angst und Bangigkeit eisgrau / und das Angesicht blaß / runzelicht und verfallen worden / daß ihn der Käyser und die Gerichts-Persone̅ / wie man ihn vor Gericht führete / fast nicht mehr kanten / drum er auch Perdon bekahm. Levin. Lemnius. c. 2. lib. 2. de complexione corporis humani. Eben wie obgedachter Spanier vo ietzt erwehrten Käyser Caroli V. Groß-Herrn Vater auch begnadiget / und ihm das Leben geschenckt wurde. Zeiler, Epist. 27. Franciscus Gonzaga Fürst zu Mantua ließ seinen Schwager / den er einer Conjuration halber vor suspect hielte / in einen Thurm legen / welcher aus Furcht und Angst gleichfals in einer Nacht grau worden / drum ihn der Fürst ebenmäßig das Leben schenckte. Scaliger, Exercit. 312.
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Und nachfolgendes Exempel verdienet auch eine sonderbahre Aufmerckung / welches Alexander ab Alexand. Lib. 6. Genial. dier. cap, 21. anführet / nemlich es sey an einen Orth in Italien [den er aus gewissen Ursachen nicht offenbahret] ein Gubernator oder Stathalter gewesen [welchen er Ehrenhalber auch nicht nennet] der gegen die seinen sehr grausam und Tyrannisch verfahren. Und begab es sich / daß einer seiner Vasallen oder Unterthanen / der ein armer und schlechter Mann war / ihm einen Jagd-Hund / den er sehr hoch achtete / umgebracht hatte / wegen dieser That erzürnete sich der Gonverueur also / daß er ihn in einen festen u. wohlverwahrten Thurm werffen / und mit vielen Soldaten aufs schärfste bewachen ließ-Nach vielen Tagen / als ihm einmahls der Kerckermeister / seiner Gewohnheit nach zu essen brachte / und die Pforte eröfnen wolte / fand er zwar dieselbe also verschlossen / wie er sie zuvor gelassen hatte / da er aber an den Orth kam / wo der Gefangene pflegte zu sitzen / fand er ihn nicht / die Eysen aber / darinnen er verschlossen gelegen / wahren unverletzt und unzerbrochen. Dieses nun wurde vor eine wunderbahre Sache gehalten / und dem Gouverneur angezeigt / der ihn dann mit höchsten Fleiß durch die gantze Stadt von Hauß zu Hauß suchen ließ / war aber unmüglich / einige Nachricht von ihme zu erfahren. Und das machte diese Begebenheit um so viel mehr verwunderlich / daß man wuste / daß die Eysen / darin er geschlossen war / noch gantz / und die Thür verschlossen gewesen. Nach dreyen Tagen / da unterdessen selbige Thür verschlossen geblieben / als ob der Gefangene noch drin läge / die Hüter aber an ihn nicht gedachten / höreten sie eine Stimme an demselbigen Orth / wo der Gefangene gelegen. Da sie nun hinzugelauffen / um zuvernehmen / wer da rieffe / funden sie / daß es der Gefangene war / welcher bat / daß man ihm doch was zu Essen brächte. Indem sie nun die Thür eröfnet / und zu ihm hinkommen / fanden sie ihn an seinen Orth angeschlossen / wie er anfangs gewesen / aber mit einen erschröcklichen Angesicht / bleichfarben / verfallen / und die Augen trübe im Kopf stecken / daß man ihn kaum mehr erkennen konte / dann er vielmehr einen todten als lebendigen Menschen ähnlich fahe. Die Hüter / so sich über diese Begebenheit sehr entsetzten / fragten ihm / wo er gewesen? Er aber wolte kein Wort sagen / sondern bath inständig / daß man ihn wolte für den Gouverneur selber führen / denn er hätte demselben grosse und hochwichtige Sachen / daran ihm gelegen wäre / anzudeuten. [651] Als nun der Gouverneur diese seltzame Begebenheit vernommen / ließ er den Gefangenen vor sich kommen / welcher dan / weil es der Gouverneur also haben wolte / in Gegenwart vieler Personen anfing folgende wunderliche Dinge zu erzehlen / sagende: Daß als er sich in solchen finstern Gefängnis aufhalten müssen / sey er in solche Verzweiflung gerathen / daß er den Teufel um Hülffe angeruffen / und gebethen / er solte ihn von dannen hinweg führen / wohin er wolte / worauf denn der Teuffel in einer erschrecklichen Gestalt zu ihm gekommen / mit welchen er er sich in einen Contract eingelassen / daß er ihn aus diesen Gefängnis wegholen solte. Als nun der Vergleich kaum geschlossen / ware er von den Teufel hinweg getragen worden / wie aber und auf was Weisesolches geschehen / sey ihm verborgen. Er wäre von ihm durch sehr grausame Oerther geführet / letzlich sey er an einem Orth kommen / allda er viel tausendmahl tausend Personen gesehen / welche schreckliche Plage / so wohl in Feuer / als auf andere Arth und Weise gelitten / auch daselbst von unzehlig viel Teuffeln gevoltert / geplaget und gemartert worden. Er habe auch an solchen Jammer-Orth allerhand Standes-Personen gesen / als Päbste / Käyser / Bischrffe / Hertzogen und Praelaten, auch sehr viel seiner Bekanten. Vornehmlich aber gab er dem Gouverneur zuverstehen / er habe allda einen von desselben vertrautesten und werthesten Freunden gesehen / der habe nach ihm und seinen Leben und Wandel gefraget / ob er nemlich noch ein so grausamer Tyrann sey? Da habe er ihm geantwortet / daß er seine alte Sitten noch nicht verlassen habe: Worauff ihn selbiger gebethen / daß er dem Gouverneur, so er ihn wieder sehen würde / vermahnen solte / sein Leben zu bessern / und daß er seine Unterthanen nicht mehr mit so grossen Schatzungen / Auflagen und Frohndiensten beschwere̅ wolle; Ließ ihm auch darbey wissen / daß ihm bereiths ein Sitz in der Höllen vorbehalten sey / allwo er auch bey seiner Ankunfft schrecklich würde geqvälet und gemartert werden / sofern er nicht von seinen bösen Leben abstehen / und ernstliche Buße und Besserung würcken würde, Damit ihm aber der Gouverneur Glaube̅ zustellen möchte / sagte er ferner / habe ihm ermelter Freund dieses zum Merckzeichen gegeben / daß sich der Gouverneur erinnern solte des Contracts und Verbündnisses / welches sie zwischen sich / als sie miteinander in Krig waren / auffgerichtet [hierbey erzehlte der Gefangene die Verba formalia, so damahls zwischen denen beyden passiret und vorgangen wären. Worüber sich dann ermelter Gouverneur über allemasse entsetzte / in dem er wuste / daß von demjenigen heimlichen Verständnis o [652] der contract niemand als GOTT und deroselbe verstorbene Freund Wissenschafft haben könte. Fragte hierauf den Gefangenen / in was habit und Gestalt er selbigen Cavallier an demjenigen Orth gesehen und angetroffen habe? Da antwortet er ihm / daß er eben auf solche Arth / wie auf der Welt / nemlich in Carmesin, Scharlaken oder Purpur Farbe und andern dergleichen köstlichen Seiden-Zeug bekleidet geweser. Das Kleid aber / welches dergleichen Farben repraesentirt / wäre erschreckliches Feuer / so ihn unnachläßig brennete: Denn als er dessen Kleid berühren wollen / habe er die Hand [welche er ihm auch zeigete] sehr verbrand. Er erzehlete auch über das noch viele grosse und erschreckliche Dinge. Der Gouverneur ließ hierauff den Gefangenen loß und nach Hauß gehen / und meldet oben gedachter Author daß er so bleich / mager und ungestalt gewesen / daß ihn sein Weib und Freunde kaum erkennen können / habe auch hierauff wenig Zeit gelebet / sey darbey allezeit bestürtzt / traurig / matt und verfallen geblieben. Doch habe er die wenige Lebenszeit in stäter Bercuung seiner Sünden / und mit wahrer Versorgung seiner Seelen und Bestellung seines Hauses zugebracht. Von dem aber / was nemlich diese Erinnerung bey dem Gouverneur gefruchtet / davon handelt / Alexander gantz und gar nichts / ohne allein daß er affirmiret und behauptet / daß dieses eine gewisse und warhofftige Geschicht sey / Wiewohl dessen Commentator Tiraquellus es für eine Fabel hält. Henricus Salmuth, ad part. 2. rer. memorabil. Pancirolli, tit. 12. schreibet von einen Schmid in Hessen / welcher bey Nachtigereiset / und von bösen Geist so übel geplaget / daß er / wegen solchen Schreckens in derselben Nacht auf einmah Eyßgrau worden. XXXII. Drum auch so wohl die Theologi, als Juristen und Politici alle solche unter der Erden gemachte Gefängnisse / da man kein Tages-Licht darinnen sehen / noch auch reine Luft in̅en schöpffen kan / sondern vor Qualm Dampff und bösen Gestanck gleich vergehen und ersticken möchte / oder auch Frost leiden / und von Gespensten und Ungezieffer sich quählen und nagen lassen muß / gäntzlich verwerffen und verbiethen. Vid. Knich. op. polit. part. I. lib. 1. c. 7. §. 13. column. 305. Menoch. de A. J. Q. cas. 305. n. 5. Winther, in Parth. litig. lib. 2. c. 12. n. 38. Crus. de Ind. delict. part. 4. c. 9. n. 12. Auct. Discurs. von dem Justizien-Werck / pag. 66. führet an / daß [653] Anno 1609. ein Mädgen / welches auf einem Schloß nicht weit von Weissenburg / auch in ein arges Gefängnis geleget / von einer Schlangen sey ertödtet worden. Und D. Justos Oldekop. observ. crim. 16. tit. 3. n. 15. pag. 171. erzehlet ein Exemqel / daß nachdem einer / welcher etliche Jahr in einen solchen untererdischen Gefängiß gesessen / loß gelassen worden / und wieder an des Tages-Licht kom̅en / er sich wie ein rechter Narr gestellet / gelachet und froh gewesen / als wenn er im Himmel wäre / sey aber den zehenden Tag hernach / weil er der Lufft entwohnet / und dieselbe nicht vertragen können / gestorben. XXXIII. Wegen solcher schrecklichen und ungesunden Gefängniße / auch allzuharten schliessens / daß ein Mensch weder Hände noch Füsse regen kan / und als ein Hund immer auf der Erden liegen / und s. v. alles unter sich gehen lassen muß / kan ein Gefangener sich gar wohl bey der hohen Landes-Obrigkeit beschweren / und üm Linderung / auch Besichtigunng des Gefängnis / der Ketten und Bande anhalten. Womit er auch nicht zuenthören / doch ist hierzu ein unpartheyischer Commissarius zunehmen / welcher alles selbst genau in Augenschein fasse / und fideliter referire. Gail. lib. obs. 26. n. 2. Lud. Gilhaus. arb. civil. c. 6. p. 2. n. 2. XXXIV. Justus Oldekop, tit. 3. observ. crim. 16 n. 2. führet aus dme Rutger. Rulant. de commiß. lib 4. de commiß. circa carcerum & carcerator. Inspect. cap. 8. n. 15. & seq. folgende Cautel an / welche ein vornehmer Commissarius, der etwan aus Beysorge / er möchte an seiner Gesundheit Schaden leiden / oder es seiner Ehren zu nahe seyn / wenn er selbst in Person ins Gefängnis gehen / und dasselbige besichtigen solte / zu observiren / daß er doch gründliche Nachricht haben könte / wie es üm das Gefängnis / auch des Gefangenen Ketten und Banden bewahret sey. Die Worte lauten also: Commissarius prospiciat sibi de tali, cujus professioni hoc actu intrandi & inspiciendi nihil decedat, qualis est commentariensis seu carceris custos, qui tamen Magistratui carceratumdetinenti non subsit, nec ab eo officium gerat. Quod si nec talem commodè habere possit, retineat Magistratui detinenti servientem quem quoad hunc actum à nexu juramenti, quo Magistratui est deligatus liberet, novoque obstringat, at que sic carcerem intrare ac fideliter inspicere jubeat, simulans se per alium, ad falsitatem evitan [654] dam, iterato inspici curaturum. Exeuntem interroget, quale sit fundamentum carceris? an nuda terra, an habeat pavimentum? & si respondeat esse nudam terram, an humida sit, an sicca? ex eo enim an sit salubris nec ne conjicitur. Deinde quaerat de forma, an sit quadrata vel rotunda? &c. Si quadrata aut triangularis dicatur, chordulâ mensurari latera jubebit, quam rediens tradat. Porrò quaerat de ibidem repertis, an adsit locus, ubi quis commode sedere possit? an lectus & qualis? cujus partes omnes sibi describi curabit: Si lectus deficit, an aliquid straminis, & quantum adsit, an id vetus vel recens, humidum vel siccum? an etiam locus adsit, ubi [falvá reverentia] opus natural reddi possit, & qualis ejus exitus? Multi enim instar pecudum, uno codemque loco edere & hoc opus per ficere coguntur. Sed haec intelliganda sunt de carcere squalido & subterraneo. Si autem carcer sit supra terram, vel ita comparatus, ut commodus, & sine laesione detur accessus, ipse Commissarius eum ingredi, & ulterius, [etiam circa compedes & catenas] in hac commissione procedere debet. add. Stryke, de jure sensuum dissert. 1. c. 1. n. 3. & diss. 5. c. 1. n. 45 46. & 47. XXXV. Zuweilen begiebt sichs auch / daß die arme und hülffloß gelassene Gefangene in solchen abscheulich stinckenden ungesunden Gefängnißen sterben und verderben müssen / weil man niemand zu ihnen lässet: alsdenn giebt der Gottlose unbarmhertzige Richter / und mit ihm seine Spürhunde die Häscher fälschlich vor / der Schlag hätte den Gefangenen gerühret / er hätte sich solber ümgebracht / Gifft eingenommen / oder wenn ein Mann- oder Weibesbild / verdächtiger Hexerey halber / eingezogen- und erschrecklich gevoltert worden / daß sie drüber sterben / muß es strack heißen / der Teufel hätte ihnen den Hals ümgedrehet / schweren auch noch wohl Stein und Bein dazu es wäre wahr / und nicht anders / nur den gemeinen Mann desto eher zu bereden / und ihre ungerechte Procedur dadurch zubeschönen und zu bemänteln. Ja es muß drauf strack der Scharffrichter herbey / und solchen offt usnchuldigen menschlichen Cörper auf den Schind-Anger / oder unter den Galgen begraben. Oldekop. tit. 4. observ. 48. n. 89. & 10. Oweh! und aber weh! solchen Gewissen-losen unbarmhertzigen Leuten / die solcher gestalt einen armen Menschen aus verteufelter Boßheit / und [655] muthwilliger weise üms Leben bringen: Sie werden gewiß dort an jenen Tage auch ein unbarmhertzig Uthel empfangen. XXXVI. Denn wenn ein Gefangener im Gefängniß tod gefunden wird / seiner beschuldigten Missethaten halber aber nicht überführet ist / soll man von ihn muthmassen / daß er eines natürlichen Todes verfahren: Es wäre dan̅ das Contrarium aus gewissen Merck-Zeichen zur genüge darzuthun. Denn [1.] so lange man Unehre auf iemand nicht beständiglich / mit guten Fundament bringen kan / soll man sich aller Ehren zu ihm vermuthen. L. merito 51. ff. pro socio L. quoties 18. §. qui dolo ff. de probat. Barbosa in Thes. loc. com c. 22. axiom. 9. [2] Vermögen die Rechte / daß wo iem and im Gefängniß tod gefunden wird / man nicht wieder den Todten / sondern wieder den Stock- oder Kercker-Meister und Diener / der dem selben in Verwahrung gehabt / zu praesumiren / daß er den Gefangenen übel gehalten / habe / nisi aliud probetur. Vid. Damhoud. prax. rer. crim. c. 11. Mascard. de probat. concl. 266. per tot. Guazzin. def. 6. c. 6. n. 84. [3] Sind auch hier immerdar Ursachen / welche uns einen natürlichen und ehrlichen Tod rathen / denn es kan müglich seyn / daß sie wegen Pein der Tortur verschmachtet / die schwere Eisen und Bande haben sie ohnkräfftig gemacht / der Gestanck / Dampf / Kälte / Näße und Abscheuligkeit des Gefängnißes hat ihnen zum Tode geholffen. Reinking respons. de Sagis n. 523. Sie sind vor Schwermuth und Traurigkeit versuncken / weil sie ohn allen Trost gewesen / sc. Freud. in Gewissens-Fragen / von Zauberey / q. 326. n. 1. 2. & 3. XXXVII. Die Zeichen aber / daraus man schliessen kan / daß das Angesichte nach den Rücken gerad abwarts / und nicht nur auf einer oder der andern Seiten stehet / welch es wohl zu Mercken. [3] Muß man einen hoch ver [656] ständigen Medicum und Chirurgum lassen zusehen / ob auch am Halse herunter einige Zeichen und Linien vorhanden / welche man also befinde / daß sie gantz neu und des vorigen Tages nicht dran gewesen. So kan man finden ob der Teufel den Strick hinweg genommen. [4] Wann / welches ohne große Gewald nicht geschehen können / "die erste Vertebra, oder Wierbelbein im Genick aus ihrem Orth oder Schlüssel gantz und gar also verrückt / daß das Unter- oder Obertheil / als abgeschiede / und mit Gewalt versetzet / mercklich und greiflich heraus raget. [5] Wann wieder den Stock meister oder Diener und Hencker nicht praesumiren / daß sie etwas dabey gethan. Wann aber diese und andere dergleichen Zeichen nicht vorhanden / so soll man den Cörper für ehrlich und natürlich abgeleibt seyn erklären. Es kan der Teuffel wohliemand erwürgen / und auch kein Zeichen hinterlassen / doch sollen und können wir Menschen solches ohne Zeichen nicht sicherlich glauben. Drum heist es / alles fleißig und wohl vorher bedacht / denn hie ist keine Restitutio, wenn einmahl pecciret worden sc. Autor caution. criminal. q. 42. Praetor. in gründlichen Bericht von Zauberey / c. 11. p. 237. §. Antwort 1. vielleicht / confer. D. Reinking, Resp. Jur. de Sagis, n. 521. Veluti etiam pronun ciatum gegen Sittenbach / ad requisitionem Praefecti. P. P. Dieweil aus der gehaltenen Gerichtlichen Registur so viel zu befinden / daß der Teufel bey der Tortur Margareten Sparwitzen so hart zugsetzet / daß sie nicht eine halbe Stunde an der Leiter gespannet / mit grossen Geschrey Todes verfahren / und ihr Haupt gehencket / daß man gesehen / daß sie der Teufel inwendig im Leibe umgebracht / inmassen denn auch draus abzunehmen ist / daß es mit ihr nicht richtig gewesen seyn muß / weil sie bey währender Tortur gar nichts / weder Ja noch Nein geantwertet sc. So wird der Sparwitzin todter Cörper ohne Gesang und Geläute / unter Galgen oder das Gericht durch den Scharfrichter oder Abdecker billig begraben und verscharret. V. R. W. Mens. Jun. Anno 1623. alleg. Carpzov. p. 3. q. crim. 131. n. 46. Freudius in Gewissen-Fragen / von Zauberey / q. 327.
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XXXVIII. Dargegen loben Petr. Greg. Tholosan. L. 2. de Republ. c. 7. n. 4. Und Bodinus, lib. 4. de Rep. c. ult. Die Könige in Franckreich / daß sie solche arge Gefängniße abgeschaffet / und dargegen in allen Provincien leidliche / helle und lüfftige bauen lassen / da unverdächtige mit den inhafftirten reden / die dadurch einen Trost schöpffen können / ne vita cum genitu fugiat indignata sub umbras. Foller, in Pr. crim. part. 1. prin. n. 2. XXXIX. Man findet auch / daß diejenige / welche grossen Herren und Tyrannen gerathen / grausame Gefängnis zubauen / und die armen Leute darinnen zu quählen / offt selber / aus GOttes gerechten Gericht / zuerst hinein kommen / und dieselbe einweihen müssen / oder sind doch eines bösen Todes gestorben. Also gieng es dem Cardinali Balvensi, welcher bey dem König Ludovico IX. in Franckreich Minister crudelitatis war / und demselben an die Hand gab / wie er allerhand grausame Gefängnisse bauen / auch schwere Ketten und Bande vor die armen Gefangenen verfertigen lassen könte; allein der Cardinal kam in das allererste Gefängnis / so fertig ward / muste auch gantzer 14 Jahr dainnen sitzen. Philipp. Cominaeus, lib. X. pag. 472. beschreibet solches gantz artig / drum wir seine Worte anher setzen wollen: Is Cardinalis [sc. Balvensis] carceres horrendos, quos ejus instinctu Rex [Ludovicus XI.] parari jussit [ii hodie quoque Lutetiae conspiciuntur] caveas nempe aliquot partim ferreas, partim ligneas ferreis laminis coo pertas, latitudine octo pedum, & altitudine paulo majori, quam est statura hominis, compedes etiam ferreas gravissimas fieri curavit, quibus illigarentur crura, pedes vinciebantur annulo ferreo, ab eo pendebat immanis quaedam catena, ad cujus exitum maximi ponderis globus. In has tetras caveas Cardinalis ipse, & quidem in eam, quae primum perfecla fuit, inclusus est, perque totos quatuordecim annos detentus. Nec absimile Regi ipsi accidit. Etsi enim carceres illos tetros passus non est, tamen ad eundem planè modum ipse quoque spontaneis vinculis sese induit, inque majori metu versabatur, quam illi quos [658] aliquando captivos detinuerat. Ita enim se in arce quadam, quùm neque filio unico, neque genero, neque filiae, neque ulli alii, totus suspicionibus & diffidentia obrutus, fideret, inclusit, & custodiis circumsepsit, ut nullus arctiori custodia coerceri potuisset, quam ille seipsum cohibuit. Camerar. hor. succis cent. 1. c. 9. pag. 67. XL. Denn wenn gleich das Gefängnis nicht eben ein plaisirlicher Orth seyn kan / als wenn man daheim in einen geschmückten Gemach sitzet / so muß es doch so beschaffen seyn / daßes ein erträglicher Orth ist / darinnen das Tages-Licht zusehen / die Lufft durchstreichen kan / der Gesangene wegen Feuchtigkeit / Nässe / Frost oder ander Ungemach / an seiner Gesundheit und Leben keinen Schaden leide sondern / wenn er hingerichtet werden soll / daß er bey Kräfften bleibe / daß er es ausstehen könne / oder wenn er absolviret und loßgesprochen wird / nicht ein armer Krüpel und ungesunder Mensch sey. Dan. Clasen. ad art. 21. const. crim. Carol. V. pag. 78. & 79. Oldekop. tit 3. obs. 16. n. 14. Stryke, de jur. sens. diss. 1. c. 1. n. 31. usg??? 34. Carpz. p. 3 pract. crim q. 30. n. 45. XLI. Ferner hat die Obrigkeit dahin zu sehen / daß nicht Mannes- und Weibes-Volck zusammen in ein Gefängnis gethan werden / Unzucht zu vermerden / sondern ein iedes Geschlechte seine absonderliche Behältnis und Verwahrung habe. L. quoniam C. de custod. reor. Franc. Vivius, lib. 2. comm. opin. in verb. carcerat. n. 2. Carpzov. part. 3. prax crim. quaest. 111. n. 65. & 66. Remus, ad art. 11, const. crim. pag. 24. XXII. Et quantumvis de Jure Justinianeo mares saltem & foeminae separari jubeantur, illud tamen Imperator Carolus V. ad quorumcunque incarceratorum separationem extendere voluit. Manzius, ad d. art 11. n. 29. 30. & seqq. pag. 47. Thomas Metzger / cons. 15. n. 28. Und wenn etliche eine Ubelthat zugleich begangen haben / werden sie nicht in ein / sondern unterschiedliche Gefängniße vertheilet / daß sie sich nicht mit einander bereden und vergleichen können / was sie aussagen / bekennen / oder verhalten wollen.
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Daniel. Clasen, in comment, ad d. artic. 11. Const. crim. pag. 79. XLIII. Es muß der Judex wegen der Gefangenen Verpflegung gute Anstalt machen / auch wöchentlich bey den Stock- oder Kercker - Meister Stadt- oder Land-Knecht nachsehen laßen / ob sie auch das jenige / was ihnen zum Unterhalt verordnet ist / bekommen / damit nicht die Obrigkeit das Geld geben / und die Gefangenen dennoch Hunger und Kummer leiden / oder der arme Sünder / wie wohl ehedeßen geschehen / vor den Hoch-Noth-Peinlichen Hals-Gericht / ehe er seinen Tod erlitten / über Hunger und Durst klagen müße. Author. prax. crim. Altenburg. pag. 167. Denn es begiebt sich offt / daß die Kerckermeister und Gerichts - Diener / oder doch deren Weiber und Kinder / wenn sie den Gefangenen die Speisen zutragen / gemeiniglich das beste zuvor herab nehmen / und für sich behalten / hergeben das jenige / was sie nicht mögen / denen armen Delinquenten bringen / oder wohl solche gegen ein geringes Zugemüse austauschen / welcher Betrug / wenn er vorgehet und auskömmet / billig mit Ernst zubestraffen. Naurath, de rationar. pag. 407. Und wäre wohl gut / wenn in den Gerichts-Häusern an allen Thüren und Tafeln angeschrieben stünde: Gedencke der armen Gefangenen! wie Oldekop. tit. 3. Obs. crim. 16. n. 6. anführet / daß er auf dem Rathhause in einer vernehmen Reichs-Stad gesehen / so würde dadurch die Obrigkeit täglich erinnert / der Gefangenen sich beßer anzunehmen / und nach deren Zustande zu frangen / als Leider! so geschiehet. Da doch dieselbe Ambts-wegen schuldig / die Gefangene zu besuchen / und was ihnen nöthig herbey zuschaffen. Arnold. de Reyer, in Thesaur. jur. tom. 1. pag. 415. n. 12. XLIII. Und damit der Judex desto eher hinter der Kerckermeister und Ge richts-Diener Betrug und Bubenstücke kommen möge / soll er den Gefangenen alleine / und daß jene nicht dabey sind / vornehmen und befragen / ob ihn der Diener hart halte? Oder wie er sonst mit ihn umgehe? Item ob er zu rechter Zeit zu Essen und zu Trincken? Auch waß? und wie viele er allemahl bekomme? Deßgleichen ob er auch / zu seiner Reinigung / weiß Zeug / oder auch offte rein Stroh zum Lager / und was ihm sonst nöthig / kriege?
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Franc. Marc. ex Parlam. Delph. part. 1. Decis. 910. Oldekop, d. tit. 3. Observ. 16. n. 9. Da dann bey verspührter Nachläßigkeit und Betrug / er den Diener drum gebührend anzusehen und zubestraffen hat. XLIV. Wenn auch / wie gemeiniglich zu geschehen pfleget / die meiste Gefangene an den Orth wo ein grosser Herr residiret, gebracht und hernach justificiret werden / daß offte alle Gefängnisse voll sind: So ist nöthig / daß unterschiedliche fleißige und gewissenhaffte Kercker meister / Hüter und Wächter bestellet werden / die denen Gefangenen den nothwendigen Unterhalt zutragen / und dieselbe warten / daß sie nicht hungers und dursts sterben / oder sonst umkommen und verderben / auch glimpflich mit ihnen verfahren / und ihre Verbrechen ihnen nicht mit harten Worten / oder höhnischen Gebärden vorrücken / ad exemplum Josuae c. 7 v. 19. Cothmann, vol. 3. Resp. 29. n. 217. & 218. XLV. Wenn der Gefangene Mittel hat / muß er sich selber alimentiren. L. quemadmodum §. Magistratus ff. ad L. Aquil. Petr. Surdus de aliment. tit. 1. Quaest. 27. Böer. Decis. 302. n. 2. Sonst kömt es dem Ankläger zu / wenn der Captivus arm ist / und nichts hat / ja er muß wohl gar die Unkosten zu seiner Defension herschiessen. Gloss. in L. fin. C. de erog. milit. annon. Seb. Guazzin. in tr. ad Defens. Inquis. tom. 1. Defens 6. c. 1. n. 1. pag. 218. Franc. Cason. Sing. Quaest. c. 14. n. 16. fol. 114. Oder da kein Ankläger verhanden / wächset es der Obrigkeit zu / als welche um deßwillen die Straf-Gelder und andere Zugänge / als Fructus Jurisdictionis zugeniessen hat. Matth. de Affiict. Decis. 71. n. 71. n. 76. Bajard. Quaest. 46. n. 15. Et si non fuerit pauper, sed omnia ejus bona fuerint publicata & incorporata debent ipsi subministrari ex dictis bonis alimenta & omnia alia, ut possit de defendere in parandis scripturis, procuratoribus & Advocatis. Guazzin. praecitat. loc. n. 2. quod etiam procedit in Crimine laesae Majestatis ante Sententiam, secus post illam.
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Surdus dict. tr. de Aliment. tit. 1. Quaest. 72. n. 3. & Quaest. 129. tit. 1. n. 7. XLVI. Worbey wohl Acht zu haben / daß wenn jemand auf den Hals gefangen sitzet / dessen Freunde und gute Bekanten / ohne Vorwissen und expressen Befehl der Obrigkeit / auch ohne Beysein einer von derselben Abgeordneten Gerichts-Person / nicht zudemselben zu lassen / noch auch zu verstatten / daß dieselbe ihm zu eßen und zu trincken in Gefängniß bringen oder schicken. Tranq. Ambrosin. Process. inform. lib. 4. c. 7. n. 7. Denn man hat aus der Erfahrung / daß sie ihnen alles / was passiret, resteckt und zugebracht: Ja wohl gefährliche Einschläge zum leugnen / oder sich wider die Tortur festzumachen / oder wohl gar loß zubrechen / gegeben. Item in Speise und Tranck Gifft / oder ingantzen Brodten Feilen / Stricke / Messer und dergleichen Dinge / sich entweder selbst umzubringen / oder sonst ihre Erledigung damit zu suchen / zu partiret. Oldekop, Observ. crim. tit. 3. Obs. 11. n. 8. XLVII. Drum bey solchen gefährlichen Begebenheiten nöthig / daß ein paar ehrliche / starcke / hurtige und muntere Wächter zu dem Gefangenen bestellet und beeydiget werden / die stets bey ihm bleiben. idem Oldekop. d. Obs 8. n. 8. Formul einer solchen Beeydigung. Ich NN. schwere hiermit zu GOTT dem Allmächtigen und seinen heiligen Wort einen leiblichen Eyd / daß ich den Gefangenen N. N. so Tages als Nachtes / treulich und mit unermündeten Fleiß hüten / bewachen und verwahren will / daß er sich nicht loßmache / noch entkomme. Und da ich etwas verdächtiges an den Fesseln / Ketten / Banden und Schlössern sehen und spühren würde / will ich es sofort dem Ambtmann ansagen und offenbahren. Ich will auch niemanden ohne desselben Wissen und expressen Befehl zu den Gefangenen lassen / weder von dessen Befreundten noch sonsten jemandten / vielweniger verstatten / daß ihm von einen andern / als den Gerichts-Deiner / Speise und Tranck zugebracht werde. So will ich mich auch nicht mit Geld / noch andern Geschenck bestechen und verblenden lassen / verdächtige Briefe oder andere Dinge anzunehmen / und dem Verhafften zuzupartirn / sondern in allen bey dieser Wache mich erweisen [662] und bereigen / wie einen ehrlichen Mann / und geschwornen treuen Wächter eignet und gebühret / so war mir GOTT helffe / durch JEsum CHristum / Amen. [Subditi & rustici maleficos in carcere custodire haud sunt obligati, cura enim haec custodiae non minus atque ipsa executio & irrogatio poenarum Magistratui incumbit, qui propterea propriis sumptibus atque expensis custodes conducere tenetur. Jacob de S. Georg. de Feudis, in verb. de castro n. 15. Carpzov. p. 4. constit. 51. defin. 15. nisi aliud consuetudine fuerit introductum, quâ omnino standum. Petr. Heigius, p. 2. Quaest. 23. n. 9.] LXVIII. Das Gefängniß soll auch nicht gar zu enge / sondern dergestalt beschaffen seyn / daß die Gefangenen Raum drinn haben / sich niederzulegen / und darin̅e auszustrecken; Item daß es van den Kerckermeister reinlich gehalten / und offte frisch Stroh / zum Lager / hinein gethan werde / damit die Gefangene nicht in Ungezieffer verderben / noch auch vor Gestanck und Unflat vergehen: Maßen denn deßhalber täglich dasjenige / was die Natur nicht verhalten kan / von ihnen weg zutragen / weßhalben auch die Kerckermeister / Frohnboten / Stad- und Land - Knechte alle Tage ein gewisses vor das Wartgeld bekommen. [Bey Verfolgung der Christen geschahe es offte / daß viele Martyrer ü???einander her in ein enge Gefängnis geleget wurden / daß sie alles unter sich gehen lassen und also in Unflat verderben musten. Gallon. de cruciat. Martyr. pag. 504. & 505.] XLIX. Un da einer oder der andere von den Gefangenen kranck würde / soll es der Diener so bald anzeigen / damit die Obrigkeit Anstalt machen könne / daß ein Medicus erfodert werde / der dem Patienten Artzeney verordne. Scilicet ut Reus vel innocentiae slavus, quantum fieri potest, remaneat, vel ad alium, ad Medici curam aptum locum duci possit. Carpzov. Pract, Crim. p. 3. q. 191. n. 21. & seqq. Oldekop, Obs. crim. tit. 3. Obs 12. n. 3. pag. 164. Joh. Christoph Ernst / d. Disp. de Relaxat. carcerat. c. 2. th. 14. Oder aber wenn die Kranckheit gefährlich / nach Gelegenheit der Umstände / [663] und des Verbrechens / auf Bürgenhand loßgelassen oder in des Gerichts-Dieners Stube gebracht / und bewacht werde. Hering, de fidejussor. c. 10. n. 424. & 425. Guazzin, Tom. 1. defens. 6. c. 1. n. 45. berichtet / daß Kayser Carolus V. hin und wieder in feinen Königreichen und Landen gewissen Medicos und Chirurgos, so die Gefangene besucht und curiret / bestellen / und aus der gemeinen Cassa besolden lassen. L. Doch ist hierbey gute Vorsichtigkeit zugebrachen: Denn man hat aus der Erfahrung / daß viele Gefangene sich nur kranck gestellet / um der Hafft entlediget zu werden / oder der Tortur und der verdienten Straffe zu entgehen. Von welchen bey dem Oldekop. observ. crim. tit. 3. obs. 21. 22. 23. 24. & 25. Paul. Zachia, Quaest. Medico-legal. lib. 3. tit. 2. Quaest. 2. 3. 4. 5. & 6. Strycke, de Jure Sensuum Dissert. 1. c. 1. n. 38. nach der länge zu lesen. Deßwegen die Obrigkeit / ehe sie hierin was verordnet / tüchtige und verständige Medicos drüber vernehmen und ihren Rath folgen kan. Zachias. d. tr. lib. 6. tit. 2. Quaest. 2. n. 20. & seqq. us??? 25. LI. Es hat sich aber ein jeder im Obrigkeitlichen Stande wohl vorzusehen / und in acht zunehmen / daß er nicht etwan aus Haß / Groll und Feindschafft / ohne einige rechtmäßige Ursache und Vorbedacht / zufahre und ehrliche Leuthe ins Gefängnis werffen lassen / sondern gute Bescheidenheit darin gebrauche. Zieriz. ad art. XI. const. crim pag. 24. Dan. Clasen, ad eundem, pag. 74. Accusatione enim vel inquisitione institutâ aestimare debet Magistratus, utrum in carcerem recipienda sit persona accusata, an militi tradenda, vel fide jussoribus committenda, vel etiam sibi: hoc autem vel pro criminis, quod objicitur, qualitate, vel propter bonorum, aut propter amplissimas facultates, vel pro innocentia personae, vel pro dignitate ejus, qui accusatur, facere solet. L. 1. & 3. ff. de custod. & exhib. reor. Struv. Syntagm. Jurisprud. Exerc. 49. th. 1. Denn es ist eine große Schmach / und harte Beschimpffung / welche fest anklebet / und nicht so leicht wie der abgethan werden kan.
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Pr. text. in L. 5. §. 1. ff. quisatis darecog. Wesenb. cons 57. n. 9. part. 2. Rauchbar / part. 1. quaest jur. Civ. & Saxon q. 48. n 8. Vivius, decis. 201. n. 12. & 14. Barbos. loc. comm. lib. 3. c 7. axiom. 1. n. 3. Nisi manifesta calumnia, propter quam innocens carceribus mancipatus fuit, etiam in Vulgus notissima sit. Dan. Clasen, ad const. crim. art. 6. p 59. Imò injuria irreparabilis. Pr. L. 32. ff. de injur. Goedelman in tr. de venef. & mag. lib. 3. c. 6. n. 14. Schurf. consil. 48. cent. 3. Mynsinger, cent. 5. obs. 69. Crus. de indic. delict part. 4. c. 9. n. 11. quae praesumitur fieri dolo malo & animo injuriandi, L. si non convicii C. de injur. L. C. unde vi. & supplicium mortalibus gravissimum, Polydor Vergil lib. 14. Hist. Angl- Jugn. Valentin. Winther / Parthen. litig. lib. 1. c. 14. n. 30. Poenaque miserrima ac molestissima, quae incarcerato aufert rem omnium gratissimam atque pretiosissimam, libertatem scilicet, rem prorsus inaestimabilem, ut ait textus in §. ult. inst. quibus ex caus. manum. Consil. Argentor. vol. 1. cons 41. n. 25. Touchiret auch nicht nur des Gefangenen Ehre allein / sondem auch dessen gantzer Familien Respect. Oldekop. tit. 3. obs. 1. n. 1. pag. 143. & obs. 13. n. 4. item obs. 16. n. 12. & 3. Wesenb. cons. 57 n. 9. Rauchbar / p. 1. q. 48. n. 8. Non enim statim pro reo habendus est is, qui accusatur, ne, ut pulchrè ait Imperator in L 17. C. de Accusat. Subjectam innocentiam feriamus, & rectè dictum est à Justiniano: Si accusare sufficeret, quis esset innocens? Zumahl wenn der Captivus unschuldig ist. Quae injusta captura & incarceratio non modò ultorem habet DEUM, sed etiam poenam Judici subeundam meretur. Hippol. de Marsil. in pract. crim. §. constante. n. 3. Paris de Puteo de Syndic. v. captura c. 2. n. 3. Damhoud. in prax. rer. crim. c. 1. n. 8. Dicitur autem carceratio injusta, quando per judicem non fuit servatus juris ordo capiendo. Franc. Cason. de indic. & torment. c. ult. ???. 23.
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LII, Drum muß der Judex, ehe und bevor er hierinnen was vormimmet / de corpore delicti gewiß seyn / ob die That auch warhafftig geschehen / oder nicht. L. 1. C. ubi caus. fisc. agunt. Gomez. var. resol. tom. 3. c. 9. de captur. reor. in princip. Manus siquidem Judicis ligatae sunt, antequam constet de corpore delicti. Corpus verò hoc loco non accipitur quantitativè, sed solummodò ratione existentiae & veritatis in existendo, quod scilicet delictum reverà existat, seu verè sit perpetratum. Ideo si quis accusatur furti vel homicidii, debet antea de rebus ablatis, & homine interfecto constare. Explorata igitur veritas delicti commissi exprimitur per corpus delicti. Dan. Clasen, ad art. 6. const. crim. pag. 57. LIII. Und müssen Indicia Legitima sich ereignen. Roland. cons. 17. n. 2. vol. 3. Neviz. Sylv. nupt. lib. 5. lim 4. n. 68. Carpzov. d. q. 111. n. 18. & 19. Est verò Indicium argumentum, ex quo certò vel probabiliter cognosci poterit, liquod delictum esse perpetratum. Vel est signum, ex quo Judex ad minimum de veritate delicti perpetrati certus fieri potest, vel certus est factus. Clasen, ad art. 6. const. crim. Caroli V. p. 57. Welche zwar nicht so praegnant erfodert werden / als die zur Tortur. Volck mann / cons. crim. 17. n. 2. Ferd. Weizenegger, diss. 6. c. 8. n. 120. Jedoch justa, probabilia & sufficientia seyn müssen: damit ehrlichen Leuthen nicht zu wehe geschehe. L. 1. ff. de quaest. Hippolyt. de Marsil. in prax. crim. §. constante n. 1. Roland. à Valle, vol. 3. cons. 17. n. 2. Welches auch sonderlich die Peinl. Hals-Gerichts-Ordnung Caroli V. art. 218. erinnert / in verb. Daß durch die Obrigkeit etwan leichtlichen auch erbare Personen ohne vorgehende Berichtigung / bösen Leumuth / und andere gnungsame Anzeigung / angegriffen / und ins Gefängnis gebracht werden / und in solchem Angriff etwan durch die Obrigkeit geschwindlich und unbedächtig gehandelt / wodurch der Angegriffene an seinen Ehren Nachtheil erleidet.
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LIV. Und ob man wohl zum vermeinten Trost vorgiebt / es machen die Hafft / das Gefängniß und die Bande keinen anrüchtig / wenn nicht die That / darum er beygesteckt oder angeschlossen wird / infamire. L. 1. C. ex quib caus infam. L. ictus fustium 22. ff. de bis qui not. infam. ibi??? Wesenbec. Speckhan. part. 1. cent. 1. quaest. 16. per tot. Guazzin. defens 6. c. 6. n. 82. Item Carcer & Custodia würden unter die Casus fortuitos gezehlet. Gryphiand. Oeconom. legal. lib. 2. c. 11. n. 75. In welche einer leicht kommen könte / ehe er sich dessen versehe. So erwecket doch solches bey einem ohne dem blöden Menschen eine grosse Furcht / Angst und Schrecken; Volck mann / consil. crim. 10. n. 46. setzet ehrliche Leuthe in grosse Schmach u. Verachtung / und wenn einer noch so unschuldig ist / muß er oder seine Kinder sich es wohl bey der allergeringsten offense von dem gemeinen Mann vorwerffen lassen. LV. Dannenhero auch ein solcher plumper / unbedachtsamer und vorschneller Richter injuriarum belanget / und tapffer bestraffet werden kan. Ja er muß noch darzu den / so er zur Ungebühr in Hafft nehmen und beystecken lassen / gehörige Satisfaction und Abtrag thun / auch alle Schäden und Unkosten ersetzen. Seburf. consil. 87. n. 3. &. 4. Item cons. 98. n. 4. cent. 4. Paris de Puteo, d. tr. de Syndieatuv. carcer & carceratus c. 2. n. 7. Crus. de indic delict. part. 4. c. 9. n. 4. LVI. In Foro Saxonico ist dißfals eine gewisse Busse gesetzet / als Tag und Nacht dreyßig Soliden oder Schillinge / welche viertzig Groschen oder zwey alte Schock machen. Carpz part 3. pract crim quaest. 111. n. 71. & 73. &. &. p. 4. const. 46. n. 5. Worauf auch die Schöppen-Stühle noch zu sprechen pflegen: Ita Scab Lips. Mens. Jul. 1598. So ist er Klägern den gefänglichen Angriff / ieden Tag und Nacht / so lange er gefänglich enthalten / mit dreyßig Schilling Pfennigen / oder vierzig Silber - Groschen / der gefetzten und verordneten Sächsischen Busse zoverbüssen / und darneben die Gerichts - Kosten / auf richterliche Ermäßigung zuerstatten schuldig V. R. W.
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Item / hat euch der Kath zu NN. ohne Ursach mit Gefängnis beschweret: So seynd sie auch desselbe / benebens Erstattung aller Schäden und Unkosten / ieden Tag und Nacht mit dreyßig Schilling Pfennigen zuverbüssen schuldig / V. R. W. Mens. Mart. 1583. Item / so ist er das ausgestandene Gefängnis / sö lange dasselbe gewähret / Inhalt Landüblicher Sächß. Rechte / ieden Tag und Nacht mit zwey alten Schocken zuverbüssen schuldig / V. R. W. Menf. Aug 1624. LVII. Hat also in Ansehung dessen die Obrigkeit / Richter und Beambten / ehe sie zur Captur schreiten / die Beschaffenheit des Berbrechens / und alle Umstände genau zu überlegen und wohl zu betrachten. Weil regulariter die gefängliche Einziehung nicht stat hat / als nur in solchen Verbrechen / da die Todes- oder doch wenigstens die Leibes - Straffe erkant wird. Jul. Clar. lib. 5. sent. §. ult. q. 28. n. 1. Carpzov. part. 3. q. 111. n. 5. Petr. Theod. in colleg. crim. dlsp. 4. th. 10. lit. E. Volckmann / cons. 10. n. 1. LVIII. Es wäre denn der Delinquent eine gemeine / schlechte / liederliche und ümschweiffende Person / die nichts in bonis, vielweniger was eignes hätte / und zu besorgen / daß er die Flucht ergreiffen / und die Gerichte eludiren möchte. LIX. Ferner hat man auch die Personen / so gefangen gesetzt werden sollen / zu consideriren / denn anders wird ein Baur oder sonst gemeiner Kerl / ander gestalt aber ein vornehmer / gelehrter und begüterter Mann / oder auch wohl gar einer von Adel tractiret. Carpzov. pract. crim. p. 3. q. 111. n. 26. mit welchen letztern etwas höflicher ümzugehen. Ambrosin. lib. 2. proc. inform. c. z. n. 16. Weil doch durch die Incarceration, sie will / der Leib des menschen einiger maßen affligiret wird. Josias Nolden, de statu nobil. p. 337. n. 87. & seqq. Wehner, obs. pract. pag. 153. EX. Comites, nobilies & alios honoratiores in causa debiti non carcerandos, sed fidei potius eorum credendum esse, dicendum est cum Perezio in comment. Cod. ad lib. 10. tit. 19. n. 21. Hinc est quod dicitur, Nobiles non facilè esse arrestandos.
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Hahn. dissert. de Jure Nobil. sing. th. 32. Eatenus potius, quatenus facere possunt, tenentur, nec si penitus solvere non possint, carcerari possunt; L 6. l. 18. ff. de Re judic. idque ratione dignitatis in qua sunt constituti. Coler, de proceß. execut. p. 1. c. 6. n. 129. Hinc sicubi prorsus solvendo non sunt, non tamen capi, vel personaliter detineri possunt, multò minus sisti vel carcerari poterunt, ubi tantum moram in solutione nectunt, ali bi etiambona sufficientia possidentes. Berlich, p. 1. pract. concl. 75. n. 15. Coler, de proc. execut. p. 2. c. 3. n. 154. qui asserit, comitem quendam personaliter arrestatum absque omni cautione fidejussoria relaxatum fuisse. Idem de Doctoribus aliisque personis egregiis dicendum venit. Peck, de Jure sistendic. 5 n. 13. Ubi Medicum quendam arrestatum, absolutum & dimissum fuisse refert. Berlich, p. 1. concl. 75. n. 16. & seqq. Ernst. disp de relax. carcerat. c. 2. thes. 41 LXI. Drum der Judex gleichfals pro qualitate Criminum gute Vorsichtigkeit und Bescheidenheit zugebrauchen: Zumahl wenn solche Personen nicht auf den Hals sitzen: Denn da wird bey solchen Fällen mit Vorwissen / und auf Befehl der hohen Obrigkeit / solchen Honorationibus zuweilen nur der Areft angekündiget / so daß sie einen Handschlag von sich geben / in ihren Häusern oder in der Stad zu bleiben / und bey Verlust des ihrigen / oder sonst einer Nahmhafften Straffe / nicht zu wancken oder zu weichen / biß ihre Sachen der Gedühr nach / gäntzlich ausgeführet und erörtert worden / welches man Vinculum Civitatis nennet. Wehner, Obs. Pract. pvg. 153. Oldekop, Observ. crim. 4. tit. 3. n. 11. Nolden. d. l. n. 87. & 88. Oder sie leisten Caution, sich jederzeit / wenn es begehret wird / vor Gericht zu stellen / und was wieder sie erkant würde / zu praestiren und auszustehen. Struve Syntagm. Jurisprud. Exercit. 49. th. 10. & Exercit. 47. th. 39.
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Oder wenn sie keine würckliche Caution durch Pfande oder Bürgen thun und leisten können / werden sie zuweilen / wenn die Sache nicht viele antrifft / mit der Juratorischen Caution zugelassen. vid. L. 17. C. de dignit. Da man sie aber auf solche Maaße in Ansehung des grossen Verbrechens / oder aus Beysorge / sie möchten durchgehen / und die Gerichte eludiren / nicht auf freyen Fuß stellen kan / werden sie nicht in Gefängnis unter der Erden / sondern in ein bewöhnlich hell Gemach gebracht / und mit Soldaten / oder andern Wächtern / auf ihre Kosten / wenn sie es bezahlen können / bewachet. Coler. de Process. Executiv. p. 2. c. 3. n. 177. Josias Nolden, de Stat. Nobil. c. 15. n. 88. & 89 Oder / wenn sie keine Mittel haben / die Wache zu verlohnen / angeschlossen und in wohl verwahrte Stuben gesetzet. LXII. Die geringern Standes sind / werden in der Voigte / Frohn - Bothen - Thor oder Gerichts - Diener Stuben geführet / und zuweilen / mehrer Versicherung halber / an ein oder beyde Beine geschlossen. Soldaten bringet man auf die Haupt - Wache / zum Profos, oder wohl gar in die Stockhäuser. VVehner, Obs. Pract. p. 153. Die aber / so nicht wohl bey Sinnen sind / in gewisse / eticher Orthen darzu über das Wasser gebauete Narren - Köben / Choren - Kasten oder Narren - Häuser. Zahn. Ignograph. c. 11. n. 7. LXIII. Wenn die That am Leibe oder Leben zu straffen / werden weder juratorische noch wirckliche Caution, Bürgen oder sonst andere Versicherung angenommen / sondern man bemächtiget sich der Person / damit dieselbe an ihrem Leibe und Leben könne abgestrafft werden: Denn ehe einer den Kopf hergiebt / lässet er lieber Bürgen und alles in Stiche. Dan. Clasen, d. Comment. pag. 77. n. 4. Oldekop, tit. 3. Obs. crim. 4. per tot. ibi??? alleg. DD. Maßen denn auch dem heutigen Gerichtsbrauch nach / hohe Standes - Personen [worunter die von Adel / Doctores und Professores: Imgleichen die Weibes - Bilder mit begriffen] des Gefangenschafft nicht befreyet sind / weil der Reatus, oder die verwirckte Missethat / niemandtetz / ermag seyn von was Würden er will / ausschleust.
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L. 1. C. ubi Senat. vel Clariss. VVesenbec. n. 10. ff. de poenis. Manzius, in Patrocin. debit. Dec. 1. q. 7. Otto, in Corp. Jur. Crim. pag. 139 LXIV. Wie viele Tage aber der Erb - oder Nieder - Richter mit dem Gefängniß - Straffen dürffe / oder wie hoch dasselbe mit Geld zuverbüßen / findet man nirgends was rechtes ausgedruckt oder verordnet / aus genommen / daß der Churf - Sächß. Schöppenstuhl zu Leipzig im Junio Anno 1696. communibus votis geschlossen / daß der Erb - oder Nieder - Richter in Fällen / die in Erb - Gerichte eigentlich gehören / die Verbrecher / râtione Personarum & circumstantiarum, willkührlich mit Gefängnis 2. 3. 4. oder zum höchsten auf acht Tage lang / oder um eine ziemliche Geldbuße / jedoch daß sich dieselbe / ratione Personarum & circumstantiarum über 2. 3. oder zum meisten vier gute silberne Schock [oder zehen Thaler] nicht erstrecke / in Straffe zunehmen wohl befugt sey / Was höher zubestraffen / gehöre vor den Ober Gerichts - Herrn. Carpzov. pract. crim. part. 3. Quaest. 119. n. 62. 63. 64. & 65. Casp. Zilesius, de mulcta & Jure mulctandi, cap. 11. n. 72. LXV. Im Fürstl. Sächß. Ambt Altenburg darfkein Erb - Richter Gefängnis halten / oder bauen / wie der Ambts - Verwalter Herr Kayser daselbst in seiner Praxi Criminali pag. 23. & seqq. mit einigen Fürstl. Rescripten und befehlen zeiget. LXVI. Jedoch ist solchen Erb - Richtern nicht gewehret / einen Delinquenten beym Kopf nehmen zulaffen / wenn sie denselben strack dem Ober - Richter zuschicken und darstellen. Besold. Cons. 211. n. 4. part. 5. Zahn, de Jure municip. c. 11. n. 8. LXVII. In Hertzogthum Würtenberg wird derselbe einen Taglang ins Gefängnis gesetzet / auch mit Wasser und Brod gespeiset / der nicht sieben Schilling Heller zur Straffe erlegen kan. Würtenberg. Landes - Ordn. tit. 93. von Freveln. Drey Creutzer machen einen Schilling / uti declaratur in Novella Constit. Würteb. de 24 Julii Anno 1620. art. 9. §. 2. EXVIII. Die Straffen / womit vor Alters in dem Graffen - Gericht die Schuldigen beleget worden / waren entweder am Leibe / oder Leben / oder an [671] Ehren / oder auch an Gut und Geld. Unter der Leibes - Straffe ist die leidligste gewesen das Gefängnis. Caroli M. Capitulare Ingelheimense, Anno 826. c. 5. Si quis quolibet modo Blasphemiam in Deum jactaverit, ab Episcopo vel Comite pagi ipsius Carceri usque ad satisfactionem tradatur. Drum muste auch ein jeder Grafe seine besondere Gefängnisse in seiner Graffschafft haben / weßhalber Venantius Fortunatus, lib. 4. de vita S. Martini dem Avitiano Comiti Turonensi Ergastula und Claustra zuleget. Avitianus inops animi vocat officiales, Et repetere jubet Tormenra, Ergastula, Claustra. Caroli M. Capitulare 2. Anno 813. c. 11. ut Comites unusquisque in suo comitatu Carcerem habeant. LXIX. Wenn hiebevor bey den Römern ein Gefangener aus dem Gefängnis brach / und sich loßmachte / aber wieder ertappet wurde / muste er sterben: L. 13. ff. de Cust. reor. L. 1. pr. ff. de Effract. & expil. L. 38. §. pen ff. de Re milit. Denn sie hielten die Gefängnisse vor heilig / und ein solch Erkühnen vor ein Crimen Laesae Majestatis. D. Stryke. in Disp. de Carcere ad Custodiam cap. 5. n. 2. Wiewoht theils Rechtsgelehrte noch disputiren / ob per poenam Capitis in d. l. 1. ff. de Eff ract. ultimum supplicium, oder nicht vielmehr Capitis diminutio, und also nur mors eivilis verstanden wird. vid. Petr. Theodoric. Disp. Criminal. 3. thes. 16. lit. D. LXX. Heut zu Tage bleibet es nur bey der willkürlichen Straffe / welche in diesem Fall höher nicht als auf den Staupenschlag extendiret / nach Gelegenheit der Umstände aber offt gemildert wird. Carpzov. Pract. Crim. p. 3. q. 111. n. 96. Struv. Syntagm. Jur. Civ. Exerc. 48. th. 106. Daß sie nemlich eine ziemliche Geldbuße geben / oder einen Monatlang bey gesteckt / und mit Wasser und Brod gespeiset werden. vid praejudicia ap. Carpzov. d. loc. n. 97 LXXI. Doch halten einige Doctores davor / es könte einer mit guten Fug und Recht aus dem Gefängnis loßbrechen und davon gehen / wenn er unrecht [672] mäßiger Weise / und ohne einiges Verschulden wäre eingesteckt worden. Ripa in L. admonendi n. 171. ff. de Jure jur. Brunnemann, Rep. parat. de Custod. reor. q. 13. Hoc enim magis est fraudem & damnum injuriosum, quam Crimen committere. Id quod non dolo, sed prudentiae adscribit Tiraquell. de retract. lign. in praef. n. 69. Petr. Theodor. Disp. crim. 3. th. 16. lit. D. Imò potest iste etiam in foro conscientiae è Carceribus auffugere, etsi inde Custodi detrimenttm aliquod contingat, &, si mortem aliter talis injustè Carceratus evadere non posset, tutò Custodes interficere poterit. Menoch. d. Lib. 2. cas. 103. n. 14. Boer. Quaest. 215. n. 32. Item bey allen Fällen / wenn er sehe / daß das Gefängniß nicht zugeschlossen wäre / und er ohne Auf brechung desselben und der Bande entwischen könte / und zwar ex permissione juris naturae, quod semper requirit, ut quilibet vitam suam conservare intendat. Gestalt denn auch der Reus nicht üm des willen ins Gefängnis gebracht würde / allda gutes willens zu verbleiben / sondern daß der Judex gute Anstait machen müste / daß derselbe wieder seinen Willen drinnen behalten würde. Sed contrarium tenet Gloss. in L. succurritur ff ex quib. caus. majori in integrum restit. & cum lla. Bökel disq crim. 9 §. 3. dicentes, neminem debere carcere exire, licet quis possit, & carceris ostium apertum sit. Covarruv. var. res lib. 1. c. 2. n. 14. LXXII. Desgleichen könte einer gar wohl loßbrechen / und die Wächter niedermachen / wenn der Richter sein Feind / und zubesorgen wäre / daß er ein unrechtmäßiges Urtheil wieder ihn fällen / ungehörter Sache strack auf die Volter werffen / und wohl gar das Leben nehmen lassen würde / und der Gefangene sich sonst auf andere Arth zu erretten nicht wüste. L. 2. ff. de captiv. & postlim. revers. Sed putamus [inquit Dn. Stryke, d. cap 5. n. 7.] hoc casu valdè requiri, ut notoriè prius constet de injustitia carceris, scil. quod Judex ordinem juris debitum non servaverit, tali enim judici de facto procedenti, ceu cuilibet privato, etiam de facto resisti potest.
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Conf. Petr Theod. crim. 4. th. 11. post lit. L. Deinde etiam arbitramur, dicta procedere eo casit, si non concedatur potestas superiorem judicem adeundi, qui sententiam ab inferiori judice latam impugnet. LXXIII. Wenn einer üm des willen loßbricht / sich bey dem höhern Richter über des Unter - Richters hartes Verfahren und schweres Gefängnis zubeklagen / auch solches wircklich thut / und wieder kömmet / ist er üm des willen nicht aller Schuld frey / sondern wird wegen solches Loßbrechens und Violirung des Gefängnisses mit einer wiewohl gelinden und erträglichen Straffe angesehen. L. 13 ff. de cust. & exh. reor. Menoch. cit. lib. 2. cas. 301. n. 12. & 13. LXXIV. In Feuer - und Wassers - Gefahr aber können die Gefangene ihr Leben zu salviren wohl / und ohne Straffe aus dem Gefängnis gehen / doch daß sie nicht gar davon lauffen / sondern wenn die Noth vorbey / sich wieder einfinden. Jacob. de Bellovisu, in pract. crim. lib. 2. c. 16. n. 3. pag. 557. ibi??? allegat. Joh. Christoph. Ernst, disp. de relax. carcerat. c. 2. th. 15. Welches sie zwar / wenn sie die Beine einmahl loß haben / selten zuthun pflegen / sonderlich wenn sie auf den Hals sitzen / und der That schuldig sind / ungeachtet sie von Rechts wegen sich wieder zustellen pflichtig. Dn. Petr. Müller, de fuga §. 47. Derjenige aber / welcher unschuldiger weise eingestecket worden / auch seine Unschuld dociren und darstellen kan / ist alsdenn nicht wieder zukommen verbunden / wenn er auch schon deshalber geschworen hätte. Theodor. in colleg. crim. q. 30. n. 13'. Vivius, lib. 2. decis. 123. LXXV. Zu Athen wenn des Bachi Fest celebritet wurde / ließ man die Gefangene / loß / wenn solches aber vorbey / schloß man sie wieder ein / wer davon lief / den hielt man vor einen Entheiliger des Festes / und hatte das Leben verlohren. D. Joh. Philip. Pfeiffer / Antiq. Graec. lib. 2. c. 24. in fine. Fast eben so haben es gemacht die Bürgemeister in einer Stadt / deren Oldekop.
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gedencket / welche in der Weinlese einen Dieb gefangen bekommen / damit sie aber an der Arbeit nicht gehindert werden möchten / haben sie zu den Dieb gesagt: Sie hätten ietzo nicht Zeit seine Sache in Verhör zu ziehen / sie wolten ihn vor dieses mahl wieder seiner Wege gehen lassen / doch solte er angeloben / daß wenn die Weinlese vorbey / er sich wieder einstellen wolte. Das Hand-Gelöbnis that zwar der Dieb / soll aber noch wieder kommen. Die Areapagiten und Blut-Richter zu Athen / welche doch sonst vor kluge und verständige Leuthe gehalten wurden / schlägelten auch hierinnen / daß als ein Weib vor ihnen verklaget wurde / welche ihren Mann und Stieff-Sohn mit Gifft vergeben / sie auch dasselbe gestund / aber dabey anführete / sie hätte es darum gethan / weil besagter ihr Mann und Stieff - Sohn ihren rechten Sohn auch mit Gifft hingerichtet hätten / sie den Partheyen den Bescheid gaben: Sie solten nach hundert Jahren sich wieder anmelden. Valer. Maxim. lib. 8. c. 1. & A. Gellius, lib. 12. Noct. Attic. c. 7. LXXVI. Ferner ist die Frage / wenn der Captivus aus dem Gefängniß bricht / sich loßmacht und die Flucht ergreifft / ob er deshalber pro confesso zu halten? welches zwar verneinet wird / indem solches kein infallibile signum commissi delicti ist. Brunnemann, rep. Parat. Wesenbec. de custod. reor. q. 7. Menoch. lib. 2. A. J. Q. cas. 301. n. 3. Unusquisque enim illis inclusus angustiis liberiorem vivendi, & se defendendi rationem facilè advertit, quam si ex carcere respondendum. Es ist besser aus / als in den Busch. Oldekop. tit. 3. observ. crim. 3. n. 6. Potius ergo, ut ab incommodis carceris liberetur, quam ut delictum confiteatur, id feciste praesumendus: Aber es vermehret doch den Argwohn wieder denselben üm so viel stärcker / daß er / concurrentibus aliis adminiculis, wenn er wieder ertapt wird / entweder vermittelst der Territion, oder wohl gar der Volter / zum Bekäntnis der Ubelthat gebracht werden kan. D. Stryke, d. disp. de carcere ad custod. cap. ult. n. 19. LXXVII. Und wenn einer sich solcher gestalt der Hafft entwircket / werden ihm Steck-Brieffe [andere heissen sie Hafft-Brieffe Ernst. disp. de relax. carcer. c. 7. th. 17.]
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nachgeschickt / und die angräntzende Aembter / Gerichte und Stäte ersucht / da der Loßgebrochene / oder sonst ausgetretene / sich der Orthen antreffen lassen würde / man sich dessen bemächtigen / ihm vermahrlichen behalten / u. es notificiren möchte / Anstalt wegen seiner Abhol- und auslieferung / nebst Erstattung der dißfals aufgewendete Kosten / zumachen. Coler, part. 4. c. 1. n. 207. Proc. exec. Wehner, obs. pract. v. Steck-Brieff / p. 458. Dan. Clasen, ad art. 156. const. crim pag. 666. FORMULAR eines solchen Steck-Brieffes. DEs Durchläuchtigsten Fürsten und Herrn / Herrn N. Hertzogen zu Sachsen / Jülich / Cleve und Bergen / auch Engern und Westphalen / sc. tot. tit. anietzo bestalter Ambtmann zu N. ich N. N. füge / nebst Entbiethung meiner iederzeit bereit willigen Dienste / allen und ieden Fürstl. und Gräfl. Beambten / ingleichen Adelichen Gerichtshaltern und Verwalthern / wie auch Bürgemeistern und Räthen in Städten / so hierunter ersucht und angelanget werden / hiermit freundlich zu wissen / daß ein vor 14. Tagen allhier gefänglich eingezogener Dieb / Nahmens Hans Stehler von Greif hausen / ein langer hagerer Kerl / gelb von Gesichte / mit schwartzen schlechten Haren / vierzig Jahr alt / einen schwartzen Flohr üm den Hals / item einen dunckel-grauen Rock mit zinnernen Knöpffen / lederne Hosen / und braune Streuflinge an / auch einen schwartzen Hut mit einer Krämpen aufhabend / aus einen starcken und wohl-verwahrten Thurm / nachdem er die Ketten / Fessel und Bande / ohne Zweiffel durch Beyhülffe des bösen Geistes / zerschlagen hinterlassen / auch durch zwey starcke bohlerne Thüren mit Feuer aus den Ofen / so in die Gefängniß-Stuben gesetzet / und bey ietziger Kälte geheitzet war / solche grosse Löcher gebrant / daß er dadurch hinaus kriechen können / sich loßgemacht und entronnen. Wann dann mir bey solcher Beschaffenheit obliegen will / denselben durch gewöhnliche Steck-Brieffe aus äussersten Vermögen nachzutrachten und zu verfolgen / üm ihn wieder zuerlangen und zur verdienten Straffe zuziehen; Als er suche Ambtswegen hiermit alle obgedachte Fürstl. und Gräfl. Herren Beambte / Adeliche Gerichts halter und Ver [676] walther / auch Bürgemeister und Räthe in Städten / denen dieses offenen Schreiben vorgezeigt wird / freund-nachbarlich / vor meine Person aber dienstlich bittende / sie wollen ohnbeschweret / der Gebühr nach / zu Beförderung der Justiz / in denen ihnen anvertrauten Aembtern / Gerichten und Städten allenthalben die nothwendige und balde Verfügung thun / und Anstalt machen lassen / daß wenn obgedachter Maleficant nur zu erforschen und anzutreffen seyn möchte / selbiger absofort / aufdes hiesigen Ambts Besten und Gefahr / in gefängliche Hafft genommen / wohl verwahret und bewachet / und alsdann Notification davon eilend anher gethan werden möge: damit der gewöhnlichen Auslieferung wegen / und sonsten / ferner behörige Anstalt gemacht werden könne. Solches soll / nebst Abstattung der Gebühren / in dergleichen und andern Begebenheiten / auf Ersuchen / anseiten hiesigen Fürstl. Ambts / hinwiederum also willfährig gehalten werden. Urkundlich habe ich diesen offenen Steck-Brief mit dem gewöhnlichen Ambt-Siegel bedrückt / und eigenhändig unterschrieben / so geschehen zu N. den 12. December / Anno 693. (L. S.) N. N. Hierunter werden die Nahmen der Aembter / Gerichte und Städte verzeichnet / bey welchen die Bothen sich anmelden / und die Steck - Brieffe vorzeigen sollen / da denn gemeiniglich an den Orthen / wo sie gewesen / das Praesentatum von den Beambten pfleget davor gesetzet / auch so dann diese Brieffe / wenn sie herum / zu den Acten geleget werden. Add. Heinr. Sam. Eckolis disp. inaug. de literis incarcerationis patentibus, Lips. 1677. LXXVIII. Wird nun ein solcher Fugitivus ertappet / lässet ihn die Obrigkeit des Orths billig beym Kopf nehmen / wohl verwahren und bewachen / notificiret es auch durch einen eignen Bothen dem Beambten / der die Steck-Brieffe ausgeschickt / da denn von diesen ein gewisser Tag benahmet wird / wenn und wo er denselben auf der Grenze annehmen wolle. Dieses geschicht / wenn vorher alle Unkosten abgestattet / und der Beambte / so den Gefangenen annimt / dem der ihn liefert / einen schrifftlichen Revers, daß solche [677] Ausliefferung dem Ambte / Gericht oder Stadt N. an dero Gerichtbarkeit nicht praejudicirlich seyn / sondern das Ambt N. in dergleichen und andern Fällen solches wieder also thun wolle / unter des Ambts Siegel / und des Beambten Unterschrifft / aushändiget. Unterschiedliche Formularia solcher Reverse habe ich im andern Theil des getreuen Rechnungs-Beambten cap. 5. pag. 216. 217. & seqq. us??? 228. angeführet / dahin der Leer remittiret wird. add. D. Adrian Beyer. vom Hencker-Geld / c. 4 pag. 55. LXXIX. In Franckreich werden diejenige / so aus den Gefängnißen echappiren, in loco domicilii, ader sonst durch ein peremptorische Edict citiret / und per praeconem auf öffentlichem Marckt ausgeruffen. Juxta formulam requirendorum reorum centumacium, de qua in L. 1. ff. de req. reis l. 1. C. eod. l. absentem 6. C. de accusat. l. absentem ff. de poenis l. tres C. quomodo & quando Judex l. contumacia 53. ff. de re judicat. Hernach wird das Factum, so er begangen / in Consideration gezogen / und er demselbigen nach / wenn er sich wieder einstellet / abgestraffet. Befindet man aber / daß er unschuldiger weise incarceriret worden / ist die Straffe eben drum nicht Capital, daß er aus dem Gefängnis loßgebrochen und durchgangen. Papon. lib. 23. rapso arest. tit. 2. art. 1. Petr. Gregor. Tholosan. lib. 36. Synt ag. jur. univ. c 25. n. 36. LXXX. Zuweilen halten wohl solche ausgetretene Delinquenten üm ein sicher Geleit an / ihre Sache auszuführen / welches ihnen auch gegeben wird. Es ist aber solcher Salvus conductus zweyeriey / Generalis & Specialis. Ein gemein sich er Geleit wird dasjenige genennet / welches dem citirten Reo, ohne geleistete Caution und Bürgschafft / ertheilet / iedesmahl vor den Gerichten sicher ab und zuzu gehen. Zanger, de except. part. 2. c. 5. n. 22. Modest. Pistor. vol. 2. consil. 49. n. 52. Welches gemeiniglich in drey Tagen pfleget zubestehen / als den Tag des Termins, den Tag zuvor / und den Tag hernach / damit der Angeklagte zum Gericht / und wiederum davon in seine Gewarsam kommen [678] Nisi dies juridicus diutius duret, quo casu etiam generalis securitas eò us??? extendi debet. Carpzov. p. 3 pract crim. q. 112. n. 6. 13. & 14. Ein Special uud sonderbar sicher Geleit / welches auch das freie oder volle sicher Geleit zu Recht und vor unrechter Gewalt genennet wird / ist welches der Judex unter seiner Hand und des Gerichts-Siegel dem Reo, nachdem derselbe auf eine gewisse Summa Geldes Caution und Bürgschafft geleistet und eingeleget hat / schrifftlich ertheilet / sich zu Hause bey den Seinigen / oder den Befreundten sicher und ungehindert aufzuhalten / und seine Defension zu volführen / biß etwas Peinliches wider ihn er kant werde / doch daß er inzwischen sich Gleitlich bezeige. Matth. Coler. de process. executiv. p. 4. c. 1. n. 303. & 255. & p. 1. Decis. 156. n. 6. Dan. Moller, lib. 2. Semestr. c. 1. Carpzov. d. q 112. n. 20. 21. 54. 55. LXXXI. Wenn aber nach beygebrachter Defension dennoch dem Reo die Tortur oder sonst was Peinliches zuerkant / und ihn solches Persöhnlich publicirt wird / höret alle geleistete Caution auf / und wird alsdann in Gefängliche Hafft genommen. Zanger, d. c. 5. n. 14. & 19. Moller. cit. c. 1. n. 1. Dan. Clasen, ad art. 156. Const. Crim. Carolin. p. 667. & 668. LXXXII. Es geschiehet aber solche Ertheilung des sichern Gleits von der Obrigkeit / welcher die Hohe oder Peinliche Gerichte zukommen / oder von deren Bedienten / so die Gerichte administriren und verwalten. Carpzov. d. q. 112. n. 22. & seqq. us??? 29. Formularien derselben kan man finden in des Volckmanni arte Notariat. part. 2. titi. c. 10. n. 1. 2. 3. & 4. wie auch in des Herrn Spathens Secretariat-Kunst / ersten Bands dritten Theil pag. 1423. LXXXIII. Wenn ein Gefangener des Kerckermeisters Weib oder Magd fleischlich erkennet / wird derselbe / wie Menoch, de A. I. Q. cas. 292. n. 5. & 6. will / arbitrariè von dem Judice bestrafft / tùm ob loci violationem, tùm ob periculum illud, ne deinde mulier curet illum aufugere. Allwo er auch ein Exempel anführet / daß ein Kerckermeisters Weib einen gefangenen Studenten / in den sie sich verliebet / und Ehebruch mit ihn getrieben / aus den Gefängnis loßgelassen. Consentit Guazzin,
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ad Defens. Inquis. tom. 1. def. 6. n. 58. welches aber / wenn ein solcher C asus, sonderlich was denn Ehebruch betrifft / in den Sächsischen Landen sich begebe / viel härter würde zubestraffen seyn. vide supra caput V. n. 36. & 37. & Petr. Gregor. Tholos. lib. 36. c. 8. & 9. n. 10. Denn das Gefängnis ist locus publicus & sanctus, so ohne harte Straffe nicht zu violiren / vielweniger zu verunehren. Guil. Bökel. Disq. Crim. 5. §. 16. 16. & Disq. 9. §. 3. pag. 267. LXXXIV. Welcher sich erkühnet / mit zusammengezogener mannschafft Feindlicher Weise / und mit gewapneter Hand die Gefängnisse anfzuschlagen / und die Gefangene / so das Leben verwirckt / als Räuber / Mörder und dergleichen heraus zunehmen / oder doch dadurch machet / daß sie davon lauffen / und entwischen können / wird mit der Poena fractae pacis publicae, nemlich mit dem Schwerd gerichtet. Juxta L. fin. ff. de Re milit. Constit. de pace tenend. tit. 27. Feud. lib. 2. Recess. Imper. de Anno 1555. §. Wir setzen / ordnen / &c. vers. wo sie ins Gefängniß kommen. P. H. O. art. 128. & seq. ibi??? Matth. Stephani. Carpzov. p. 1. pract. Crim. q. 35. n. 23. & 45 & p. 3. Q. III. n. 86. & 88. ac part. 4. Const. 13. def. 8. Philippi, in Usu Pract. Instit. lib. 4. Eclog. 19. n. 27. ubi praejudicia vide. Sonst wenn es ein geringes Verbrechen betrifft / wird ex juxta dispositionem juris Saxonici, mit eben der Straffe / welche der Captivus hätte ausstehen müssen / beleget. Carpzov. d. q. 35. n. 45. & 46. ibique praejudicia, nec non p. 4. C. 13. Def. 8. n. 3. Matth. Color. p. 1. Decis. 166. n. 3. LXXXV. Bey den Jüden war der Gebrauch / daß sie auf Ostern einen grossen Ubelthäter aus dem Gefängnis loß / und zugleich ihm die Straffe erliessen / zum Andencken / daß sie zu solcher Zeit von Pharao aus der Egyptischen Dienstbarkeit erlöset worden. Matthaei, c. 27. v. 15. 16. 17. 21. & 26. Johannis, c. 18. v. 39. & 40. [Sic homicida exul ab exilio revocabatur apud Judaeos, Lege Num. c. 39, quando summus Sacerdos, qui oleo unctus erat, Christum referens, moriebatur.]
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Käyser Valentianus, Theodosius und Arcadius bezeugen gleichfals in L. 3. C. de Episc. audient. daß die Juden obigen Gebrauch gehabt / haben auch gebothen drüber zu halten / dergestalt / daß / wenn der erste Oster-Tag erschiene / alle Gefangene loß und ledig gelassen werden solten / ausgenommen die Zauberer / Vergiffter / falsche Müntzmacher / Vater-Mutter oder Kinder-Mörder und andere vorsetzliche Tddschläger / oder auch die ein Crimen laesae Majestatis begangen. L. simile I, quisquis 5. §. deni??? C. ad Leg. Jul. Majest. Item die Blutschänder / Nothzüchtiger / Verräther des Vaterlandes / und die / so der Verstorbenen Gräber auffgebrochen und beraubet. L. minime de relig. & sumpt. fun. Deßgleichen die Kirchen-Diebe und Räuber / und die offte ihre Ubelthaten wiederholet hatten / in ca. testimonium in repet. in 9. col. vers. ecce nunc de testib. Petr. Greg. Tholos. Syntagm. Jur. Univ. lib. 36. t. 32. Clar. pag. 46. n. 9. Menoch, de A. I. Q. cas. 303. n. 38. Guazzin. ad Defens. Inquisit. tom. 1. def. 6. n. 38. Dn. Struve, de victoria & Clade §. 159. auf welche Gewohnheit sich auch jener Mörder beruffen wolte / der dem Käyser Ottoni I. welche befohlen hatte / selbigen strack den Kopf herunter zu schlagen / also zurief:
Est quia Pascha Dei,
Rex miserere Mei. Solche Loßlassung ist ebenmäßig auf Weinachten / dem neugebohrnen Jesulein zu Ehren / geschehen. Oldekop. tit. 3. Obs. crim. 4. n. 9. Bartolus aber berichtet ad supra dict. Leg. 3. C. de Episcop. audient. daß dieser Gebrauch vorlängst aufgehöret: Wiewohl Clarus, lib. 5. Sentent. §. fin. q. 46. vers. solent. und Menoch, de A. I. Q. lib. 2. cas. 303. n. 12. 13. Item 28. & 38. anführen / daß solches in Meyländischen Stat noch üblich sey. Und wenn auch gleich die Gefangenen auf obgedachte Zeit nicht auf freyen Fuß gestellet werden / soll man sie doch / wie Cynus, ad modò dict. L. 3. C. de Episc. audient.
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will / alsdann an des Tages-Licht führen / welches auch zu andern Zeiten geschehen muß / ne luce priventur vegetativâ. L. 1. ff. de exhib. reor. Rutger Rulando, de Commissar. lib. 4. c. fin. Oldekop. tit. 3. Observ. Crim. 4. n. 14. LXXXVI. Zuweilen geschicht es auch wohl / daß wenn ein Landes- Herr seinen Einzug in eine Stadt hält / oder die Huldigung einnimmet / die Gegene / so eben nicht so gar was schweres verbrochen / laßgelassen werden / oder wenn etwann Friede zwischen grossen Potentaten geschlossen wird / wegen der allgemeinen Freude / welches wie Menoch, de A. I. Q. cas. 302. n. 15. bezeuget / in Meylandischen Stat geschehen / als Anno 1544. der Friede zwischen Käyser Carln den V. und Francisco Könige in Franckreich publiciret wurde / item wie Anno 1559. König Philippus in Spanien / und König Henricus in Franckreich Friede miteinander machten. Addit tamen, remissionem hanc ob pacem non prodesse Reo criminis falsi. Juxta Bartol. in L. Lucius. in fin. ff. ad S. C. Turpil. Marsil. in rubr. ff. ad Leg. Cornel. de falsis. n. 12. & singul. 163. LXXXVII. Das Gefängnis zu Pariß / darein auch grosse Herren gesetzet werden / wird die Bastille genennet. Martin. Zeiler. p. 2. tit. Gefängnis pag. 89. im Hand-Buch / LXXXVIII. Zu Londen in Engeland / unten fast am Ende der Stadt / nemlich da die Stadt-Mauer an den Fluß Tems aufhöret / ist der in den Historien berühmte Londinische Thurm / oder das Castel / so Britanisch Bringvvin und Tovvegvvin genant wird / ist ein vierecktes groß Gebäude mit vier starcken hohen Thürmen / ohne Hof / stehet gantz frey / hat keinen Graben herum. Inwendig sind etliche finstere schlechte Gemächer / an stat eines Daches ist es oben gantz eben und mit Bley gedeckt. Es siehen zwanzig grosse Stücke oben hinter der Zinnen / oder Brust-Wehr herum. Man kan die Stadt von solchen überschiessen / auch sehr weit ins Land herum sehen. Um diesen Thurm ist ein grosser Platz / darauf viel Häuser / desgleichen auch das Zeughaus / und die Königliche Müntze / so dann ist erst eine Mauer herum / und an den drey Seiten ein breiter Wasser-Graben / an [682] der vierdten Seiten hat es den Fluß. Siehet es also einen kleinen Städlein gleich / und ist die Circumferenz viereckt / nicht flanquiret / daher es auch gar nicht vor feste zu halten. Camdenus saget / daß / wenn ein neuer König in Engelland erwehlet werde / solcher zuvor die Possession dieses Thurms zu nehmen / und drin 3. à 4. Tage sich aufzuhalten pflege / von dannen halle er seinen Einzug in und durch die Stadt biß hinan nach Westmünstter in sein Palatium. Auf diesen Thurm / so man TOUR nennet / werden die grossen Herren gefangen gehalten / oben ist ein grosser Boden oder Bühne gemacht / auff welcher sie hingerichtet werden. Author des Neugeharnschten Gros - Britannien, pag. 193. & 194. Das gemeine Gefängnis in Londen wird genant Talboth, und noch ein anders Neügate. idem pag. 349. Zu Constantinopel heisset das grosse Gefängnis zum Sieben Thürmen. Zeiler, Epist. 419. In Marocco der Christen-Sclaven Behältnis Senega, aus welchen sie des Morgens heraus zur Arbeit geführet / und des Nachtes wieder hinein gesperret werden. Asiatische und Africanische Denckwürdigkeiten dieser Zeit / p. 567. LXXXIX. Bey den ABYSSINERN werden die GEfangene nicht für Gericht aus dem Gefängnis geführet / sondern zwey Wächter fügen ihre Hände zusammen / und setzen den Gefangenen drauf / welcher sich an ihre Köpffe hält / den tragen sie also fort / und folgen die andere Hüter mit ihren Gewehr nach / und so werden sie auch wieder zurück ins Gefängnis getragen. XC. Die JAPANER brauchen keine Gefängniße / sondern straffen gleich auf frischer That die Verbrecher / oder verbannen sie ins Elend. Alle Gefangenschafft muß allda mit Verrätherey geschehen. Denn wenn einer wüste / daß er solte gefangen genommen werden / würde er sich grimmig wehren / wie ein reissend Thier. Wenn ein Edelmann etwas großes verborchen / wird er mit vieler Mannschafft in seinem Hause belagert und eingeschlossen / auch gezwungen / sich selbst zu entleiben. Verziehet er aber solches zuthun / so stürmet man das Hauß / und machet alles caput, was [683] drinnen anzutreffen. Solche Gewalt zuverhüten / wird er vermahnet und gebethen / sich selbsten mit Zerschneidung seines Leibes hinzurichten. XCI. In SINA sind sehr viele / große und weitläufftige Gefängniße / deren schon droben im andern Capitel Erwehnung geschehen Vid. Erasin. Francisci, im neu-polirten Geschicht-Kunst- und Sitten-Spiegel / lib. 2. disc. 7. Das grösseste in solchem. Reich ist in der Residenz-Stadt PEKING, welches zwey Meilen im vierkantigten Bezirck hält / beynahe so lang als breit / mit einer hohen Mauren / so oben mit bleyernen Platten bedeckt / und einen tieffen Wasser-Graben ümgeben / darinnen gewöhnlich auf des Königs Befehl dreymahl hundert tausend Gefangene von 17. biß 50. Jahren alt / unterhalten werden. Ferdin. Mendoza Pinto, im 22. Capitel seiner wunderlichen Reisen. XCII. Bey uns in Teutschland haben fast bey ieden Ambt / Stadt oder Gericht die Gefängniße eigne Nahmen / offte von denen / so erst sind hinein gesteckt worden / deren etliche Lauterbeck im Regenten-Buch lib. 5. c. 10. fol. 323. anführet. XCIII. Hieher könte ich nun auch setzen die vielen Exempel der großen Potentaten / Käyser / Päbste / Könige / Fürsten / Graffen und Herrn / auch vortreflicher Generalen und Krieges-Heiden / welche theils lange im Gefängnis enthalten / theils gar drinnen gestorben / Vid. Joh. Ravis. Textor. Theatr. Hist. lib. 3. c. 15. oder sich doch sehr hoch daraus ranzioniren müssen; Item wie etliche sich gantz listig aus dem Gefängnis weg partiret / immaßen der Herzog von Nemours, als er zu Lyon in Franckreich gefangen saß / untern Vorwand / er wolte Pillen gebrauchen / aber seines Cammerdieners Kleider anzog / und mit abgewandten Gesichte s. v. den Stuhlgang / als stincke es gar sehr / wegtrug / und zugleich durchgieng / gethan. Aubign. Hist. Univ. tom. 3. lib. 4. c. 6. Zeil. Cent. 3. epist. 22. & im Hand-Buch / p. 2. pag, 88. Item Hugo Grotius, welcher von den HErren Staaten / wegen gepflogener Conspiration mit den Arminianern, zum ewigen Gefängnis verdammet / vnd feste in das Schloß Lowenstein gesetzet wurde / darinnen er auch [684] zwey Jahr gesessen / aber endlich durch List seiner Frauen / so ihn im Gefängnis besuchte / in einen Kasten / als wären Bücher darinnen / verschloßen auf Gorckum geschickt worden. Als er nun glüchlich nach Antwerpen kahm / schrieb er an die Stände / er hätte seine Befreyung gesucht / und Gottlob gefunden / hinführo wolte er nichts mehr wieder sie vornehmen. Zog darauf in Franckreich / und ward bey König Ludwigen den XIII. lieb und werth gehalten / welchen er auch sein Kriegs- und Friedens-Recht dediciret hat. Joh. Jacob. Wissenbach / exerc. Pandect. disp. 27. n. 24. Zeil. epist. 175. in pr. Allein es würde dieses Capitel dadurch allzugroß und weitläufftig werden. Vide etiam Mich. Wiedemann. Hist. Poëtische Gefangenschafften. Doch wil ich noch anher setzen / was Lambecius von denen in der Käyserlichen Bibliothec befindlichen Mnauscriptis der güldnen Bull im andern Tomo seiner Commentariorum pag. 814. referiret / da er das Volumen Membranaceum in folio Regali, welches Käyser Wenceslaus Anno 1400. da er von den Chur-Fürsten abgesetzet worden / abschreiben / und mit vielen über güldeten Bildern ziehren lassen / anhebet zubeschreiben / daß ermeldten Käysers erster Nahmens - Buchstab W auf der Seite des ersten Blats zusehen / seine Hände und Füsse im Stock gesteckt / zusamt der Bademagd Susanna / so ihn loß geholffen. Der Herr Author der Monatlichen Unterredungen hat solches in Kupffer stechen / und dem Monat Augusto Anno 1690. vordrücken lassen. XCIV. Theils sind nach ihrer Gefängnis noch höher kommen / als Maximilianus I. welcher zu Brück in Flandern gefangen gesessen / aber nach dem Tod seines Herrn Vaters / Römischer Käyser worden. Michael Balbus ist Anno Christi 820. in seinem Gefängnis / nachdem Käyser Leo Armenius in der Kirchen umgebracht worden / zum Griechischen Käyserthum befördert: Gleichwie auch Matthias Corvinus zu Prag aus der Gefängniß ist genommen / und zum König in Ungarn / Gustavus aber aus den Dänischen Gefängnis entronnen Anno 1523. zum König in Schweden / und Assan Kiraeus, aus der Constantinopolischen Verwahrung erlediget / zum König oder Cam der Tartarn erwehlet worden. Zeiller, im Handbuch p. 2. pag. 88. & 89.
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XCV. Wenn iemand wegen beschuldigter grossen und schweren Missethat gefänglich eingezogen wird / aber im Gefängniß dahin stirbt / ehe er die That gestanden / oder derselben überführet und condemniret worden / ist desselben entseelten Cörper das Begräbnis nicht zu versagen / vielweniger derselbe zubeschimpffen. Farinac. in Pract. crim. lib. 1. tit. 1. quaest. 10. n. 79. Bossius, tit. de exe. cut. sent. n. 33. Welches auch Carpzovius, p. 3. pract. crim. q. 131. n. 36. & 38. mit 2. Urtheln bestärcket. Da aber der Reus noch beym Leben die That bekant hätte / und derselben überwiesen wäre / aber doch noch nicht ausgemacht / ob das Corpus delicti gewiß / und dasselbe warhafftig also geschehen und ergangen sey / kan doch der Judex in solchen Fall / und bey dergleichen Umständen / an dem todten Leichnam die Straeff nicht vollstrecken lassen / als wenn der Delinquent noch lebte / juxta I. 1 §. item illud ff. ad Silan. L. si quando C. unde vi. Mascard. de probat. lib. 1. concl. 830. n. 5, Carpzov. p. 3. q. 131. n. 39. & 40. Ubi hoc addit praejudicium: Ob wohl N. N. in scharffer Frage sich zu den articulirten Strassen-Raub bekant; dieweil aber dennoch deswegen keine Erkundigung bey den Acten vorhanden: Als mag auch / wenn er gleich ietzo versterben solte / mit seinen todten Cörper nichts fürgenommen werden / sondern es würde derselbe / iedoch ohne gewöhnliche Ceremonien / Gesang und Klang / durch den Todtengräber auf den Kirchhof gelegt und begraben. V. R. W. Ad requis. Quaestoris in Voigtsberg / M. Octob. Anno 1629. XCVI. Letzlich wenn der Reus die Missethat bekant / überführet und zum Tode condemniret worden / ehe aber das Urthel an ihn exequiret wird / stirbt / oder sich selbst umbringet / erhenckt / ersticht oder mit Gifft hinrichtet / wird dennoch dessen toder Cörper / pro ratione criminis commissi, entweder verbrandt / gerädert oder gehenckt / eben als wenn er beym Leben gebliben wäre. Menoch. de A. J. Q. cas. 285. Clar. q. 100. Anton. Gomez, tom. 3. var. resol. c. 1. n. 79. Gigas, de Crim. laesae Majest. q. 33. n. 8. Heigius, p. 2. q. 37. n. 32. Carpzov. d. q. 131. n. 42. & seq. us??? 51,
|| [686]
Immaßen noch Anno 1686. im Augusto der Schöppen-Stuhl zu Jena / ad requisitionem der Fürstl. Sächß. Regierung zu Eisenach / wieder einen Mörder und Strassen-Räuber / so strack nach der Captur zu Osteroda zugepartirtes Gifft heimlich eingenommen / und unterwegens / ehe er noch nach Eisenach kommen / gestorben / also erkant: Verba sentent. Unsere freundliche Dienste zuvor / Wohl-Edle / Gestrenge / Vest- und Hochgelahrte / günstige Herren und Freunde. Als dieselben uns eine zu Osteroda gehaltene Registratur den Mörder und Strassen-Räuber / Hanß Heinrich Bierwirthen betreffend / zugesendet / und darüber Unsere Rechts-Berichtung begehret. Demnach sprechen wir vor Recht: Hat bemelter Hauß Heinrich Bierwirth gestanden und bekant / daß er mit seinen Knechten / und dem mit sich geführten Weibesbild einen Anschlag / wie sie den Handel mit der Beraubung anstellen wollen / gemacht / darauf in den Holtze auf den Krahmer gewartet / denselben angefallen / und selber nach ihm der ersten Schuß gethan / u. sein Knecht Peter den Krahmer nochmals geschossen / davon er gefallen und tod blieben / hernach ferner die Beraubung vorgenom̅en worden. Ob nun wohl genanter Inquisit, ehe die verdiente Straffe an ihme exequiret werden können / und zwar vermuthlich wegen zugebrachten Giffts verstorben; So wird er doch / weil er das Leben verwircket / an die Vehm-Städte und ans Gericht geschleiffet / und daselbst auf ein Rad / andern zum Exempel und Abscheu billig geleget und geflochten V. R. W. Urkundlich mit unsern Insiegel besiegelt. Verordnete Dechant, Senior und andere Doctores des Schöppen-Sthuels zu Jena Mens. Aug. 1686. Welches Urthel auch an den todten Cörper also vollzogen worden. Addatur Del Rio, lib. 5. Disq. Magic. Sect. 19. Layman. de processu contra Sagas tit. 13. Freudius, in Gewissens-Fragen von Zauberey / Quaestion. 328. XCVII. Da aber die Thaten und Verbrechen / so der Reus begangen / nicht von denen jenigen wären / so man atrocissiman nennet / und Lebens - Straffe ???ach sich ziehen / sondern geringer / und es entleibte sich einer doch deßhalber / oder stürbe an der schweren Noth / kan nicht allzuhart mit desse Leichnam [687] verfahren werde̅ / sondern es würde derselbe / doch ohne alle Ceremonien, Gesang und Geleute / durch den Todtengräber an einen besondern Orth auf den gemeinen Kirchhoff geleget. Nam per mortem delinquentis ipsum delictum quoad poenam extinguitur. per L. 6. 6. ff. de publ. judic. & L. fin. C. si accus. mort. Coler. part. 1. Decis. 107. n. 37. Carpzov. cit. loc. n. 42. XCVIII. Begebe es sich auch / daß einer / der kein Gefangener / sondern in seiner Freyheit gewesen / aus Verdruß des Lebens / Ungedult und wegen grosser Schmertzen / oder aus Verzweiflung und Unsin sich etwan selber erhengte / aber durch jemand geschwind wieder abgeschnitten würde / daß er beym Leben bliebe / oder er stürtzte sich von einen hohen Orth herab / doch daß er nicht drüber des Todes seyn müste / wird er nicht gestrafft / sondern vielmehr Priester und andere Gottesfürchtige Leute ihm zugeordnet / die ihn aus Gottes Wort zureden / seine Sünde ihm ernstlich vorstellen / zum Erkäntnis und Bereuung bringen / und hernach trösten. Plach. in. epitom. delict. lib. 1. c. 23 n. 19. Carpzov. p. 1. Quaest. 2. n 37. 38. 39. & 40. Allein wenn er solches thäte aus Geitz / immer mehr zu haben / oder wie die Korn-Juden es zu machen pflegen wenn die Frucht abschläget / oder wegen grosser Schuld / daß er nicht ein Banquerottier genennet werden möchte / ist er solchen Beginnens halber / und daß er ein Mörder an seinen eigenen Leibe werden wollen / entweder mit Staupen - Schlägen des Landes ewig zu verweisen / oder nachdem die Umstände sind / wird die Relegatio auf etliche Jahre / oder auch wohl nur Gefängnis Straffe erkant. Carpzov. alleg. Q. 2. n. 48. 49. & 50. XCIX. Die Langwierigkeit der gefänglichen Hafft mildert die Straffe / wenn nemlich der Reus nicht selber Ursache Anlas zu solcher Verzögerung gegeben / sondern die Gerichte dran schuldig sind. L. omnes C. de poenis, ibi??? Odofred. Cyn. Alber. & Angel. Guazzin. d. op. Defens. 2. c. 3. n. 18. Reyher. in Thes. Jur. v. carcer p. 416. n. 25. Carpzov. pr. crim. q. 149. n. 48. Petr. Papp. in not. ad Corp. Jur milit. p. 324. C. Wenn einem alternativè Gefängnis oder Geld-Straffe zuerkant worden / stehet die Wahl nicht bey dem Reo, sondern der Obrigkeit.
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Bechmann, in Comment. ad Pandect. tom. 2. part. 2. Thes. 5. pag. 282. CI. Ein Schmitz- und Schmeh-Maul / so ehrliche Leute zur Banck gehauen / und Lügen nachgeredet / wird / wenn er Armuths halber keine Geld-Straffe auf bringen kan / nach geschehener Recantation, mit Gefängnis auff etliche Tage beleget. Dan. Clasen, in Exegesi art. 216. Constit. crim. Caroli V. pag. 842. CII. Als der Tyrannische König Christiernus II. in Schweden Anno 1520. unterschiedliche Bürger zu Stockholm ins Gefängnis werffen / und hernach unbarmhertziger Weise hinrichten ließ / solte ein Bürger daselbst Claus Baya aus Ditmarsen bürtig / auch ins Gefängnis gestossen werden / und mit den andern herhalten. Er hatte aber so einem dicken Bauch / daß er nicht durch die enge Thüren ins Gefängnis kom̅en konte. Deßwegen wurffen ihn die Henckers Bursche abseit in eine Ecke / drüber seine vergessen / und er beym Leben erhalten wurde. Er brauchte zwar hernach gebeet Brod mit Anis und Kümmel / um des dicken Bauchs loßzu werden / es hals aber nichts / weil er in seiner Jugend ohne Ubung erzogen war. Zeiler. Epist. 424. pag. ed. in fol. 484. b. CIII. Der Groß-Fürst Basolovviz in der Moscau straffte die Vollsäuffer mit dem Gefängnis ab. Vent. de Valent. Parthen. litig. lib. 2. c. 9. n. 9. CIV. Schließlich soll ein jedweder Richter hiermit ermahnet seyn / daß wenn der Gefangene entweder sich mit der hohen Obrigkeit und dem Fisco abgefunden / der Inquisitions Proces aboliret und aufgehoben ist / oder er sich mit dem Kläger gesetzet / verglichen / u. demselben Satissaction gegeben / oder Er wohl gar absolviret worden / er denselben nicht etwan aus Privat-Haß und Feindschafft über die gebührende Zeit im Gefängnis / Arrest oder ander Verstrickung aufhalten / noch auch dadurch ihm weiter Tort anthun / sondern vielmehr dessen völlige und endliche Erledigung [nach voraer geschwornen Urphede / daß er sich wegen dieser seiner erlittenen Gefängnis / Arrest, auch les / was sich darunter begeben hat / an der Obrigkeit / oder den Ankläger / Denuncianten oder sonst Männiglich / so zu dieser Verstrickung Rath und That gegeben / oder sonst der Sachen verdächtg wären / ausserhalb or [689] dentlichen Rechtens nimmer mehr weder durch sich / noch iemand anders / auf einerley Weise nicht rächen / noch eifern wolle] befördern und beschleunigen möge. Grilland. de relax. Carcerat. rubr. de poenar. composit. Farinac. lib. 1. Prax. crim. tit. 1. q. 4. n. 36. Arnold, de Reyher, in Thes. jur. tom. 1. p. 432. n. 21. Adam Keller, de offic. jurid. polit. c. 20. p. 528. Weil die Gefangene nicht allein viele Privilegia habe / deren sie sich wider den Richter / so sie etwan drücken will / gebrauchen können / und von dem Guazzino, in tr. ad defensam Inqvisitorum tom. 1. defens. 6. c. 6. fünffund dreyßig gesetzet und angeführet werden / sondern auch ohne dem der inhaftirten Sachen so geschwind / als nur immer müglich / zum Ende zu bringen; Secundum Gail. lib. 1. Obs. 78. n. 3. Rauchdorn / Pract. crim. p. 1. c. 1. sub tit. von Gefängnis / Volckmann, tr. crim. p. 2. tit. 2. c. 6. n. 6. & 7. Brunnemann, ad Cod. p. 799. angesehen / daß sie Personae miserabiles sind. Hyppolit. de Marsil: in Pract. crim. §. nunc videndum n. 10. eum seq. & §. ???tingam, n. 75. Bartol. in tr. de carcer. n. 1. & 29. CV. Drum auch mit den Sportuln / ingleichen der Gerichts-Diener Fang-Schließ- u. Wart-Geld maße gehalten / und deßhalber in sie nicht so hart und unchristlich gedrungen / sondern ihnen Frist gegeben werden soll / daß sie es nach und nach aufbringen und abstatten können / bey welchen dann nicht mehr anzusetzen / als in der von der Herrschafft confirmirten Tax. Ordnung enthalten: Zumahl da ohne dem solch Fang- und Schließ-Geld sehr odios und verhast ist / auch viele wollen / daß man solches gar abschaffen / hingegen aber denen Kerckermeistern und Gerichts-Dienern die Besoldung verbessern solle. Vent. de Valent. Parthen. litig. lib. 1. c. 13. n. 12. Besold. in thes. pract. & Dither. in Contin. v. Fang- und Schließ-Geld. Sonderlich aber führet der Author des Discursus von Justitien-Wesen / p. 67. & 369. hievon folgende pathetische Worte: ????Wegen des Fang- und Schließ-Geldes / so denen Gefangenen / wenn sie loßkommen / von den [690] Gerichts-Dienern angefodert wird / ist offte viel Klagens / daß sie solches erhöhen / und die armen Leute alfo doppelte Straffe / erst am Leibe / wegen des Gefängnisses / hernach an ihrem Vermögen leiden und ausstehen müssen: Da es doch mannigmahl blut arme Leute und Tagelöhner sind / welche anders nichts / denn was sie mit der Hand verdienen / und die meisten offt in einen gantzen Jahr auff einmahl so viel bar Geld nicht beysammen haben / als das Fang- und Schließ-Geld ausmachet. Wodurch dann eben indem / daß man Sünde straffen will / man fast eben so grosse Sünde begehet / angesehen / daß offtmals so viele unschuldige arme Weiber und Kinder betrübet / und beleidiget werden / welches aber schwer zu verantworten ist / und damit nicht entschuldiget werden kan / daß es nicht der Obrigkeit gehöre und keine Straffe / sondern der Voigte und Diener accidentien und Gebühren sey: Dann weil die Obrigkeit von den Unterthanen Schoß / Schatzung und anders darum bekömmt / damit sie von derselben hinwieder Schutz haben mögen: So ist sie auch davor / was zu Schützung der Frommen / und Straffe der Bösen gehöret / zu halten / und dahero auch den Gerichts-Dienern zu lohnen schuldig. Allein weil heut zu Tage es schwer hergehet / wenn grosse Herren und Potentaten ein und andern / auch wohl vornehmen Dienern die Besoldungen verbessern sollen; Als wird das Fang- und Schließ-Geld / zumahl da es ein Stück des Salarii der Gerichts-Diener / Stat- und Land-Knechte ist / und sie drauf angenommen worden / wohl so bald nicht gäntzlich abgeschaffet werden / doch daß gleichwohl die Obrigkeit solches / der armen Gefangenen Zustand und Vermögen nach / auff das billigste moderire: Maßen denn man an den meisten Orthen gewisse Tax-Ordnungen und Sportul-Patenta hat / darnach sie sich richten müssen / oder doch sollen. Vide Die Fürstl. Sachsen-Gothaische Gerichts- und Proceß-Ordnung. part. 1. c. 21. per tot. Item das Fürstl. Sachsen-Weimar-Eisenach- und Jenische Sportul-Patent. Wie auch die Taxa der Sportuln, im Fürstenthum Braunschweig und Lüneburg / welche alle in den getreuen Rechnungs-Beambten part. 1. pag. 389. & seqq. Item 402. & 416. zubefinden sind.
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CAPVT XI.
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DE DAMNATIONE AD LATOMIAS, & ad fodiendam arenam. Item Ad opus publicum & in pistrinum I. LATOMIAE, oder wie andere es schreiben / LAUTUMIAE, Cujac. lib. 6. Observ. c. 7. Turneb. c. 16. lib. 12. Adversar. waren bey den Alten Stein-Brüche / dareinsie diejenige Gefangene / so zwar das Leben verwirckt / aber doch nicht öffenlich hinrichten lassen mochten / eben wie die in Metallum condemnireten. Und ist dieses eine sehr alte Straffe / deren auch Plautus in Captivis, act. 3. Scen. V. gedencket / und ausführlich meldet / wie es darbey hergangen / indem Hegio befiehlet / daß Tyndarus in solchen Steinbruch geführet werden solle. Der Locus meritiret wohl / daß er anher gesetzet werde / also lautend:
???Hegio. Ergo ab eo petito gratiam ist am ducite,
Ubi ponderosas crassas capiat compedes.
Inde ibis porrò in latomias lapidarias,
Ibi cum octonos alii lapides effodiunt,
Nisi quotidi anus sesquiopus confeceris
Sexcento plago nomen indetur tibi.
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Arist. Per Deos ta??? bomines ego te obtestor, Hegio,
Nae tu ist hunc bominem perduis. Heg. curabitur,
Nam noctu nervo vinctus custodibitur,
Interdiu sub terra lapides eximet.
Deu ego hunc cruciabo, non uno absolvam die.
Arist. Certum ne est tibi istud? He. Non moriri certiust.
Abducite istum actutum Hyppolitum fabrum,
Jubete huic crassas compedes impingier.
Inde extra portam ad meum libertum Cordalum
In Lapicidinas facilè deductus siet. II. Es war auch zu Rom nahe bey dem Gefängnis Tulliano ein Orht / welcher Latomia genennet wurde. vid. Budaeum, in not. ad Pandect. pag. 419. III. In solchen Stein-Brüchen machte man auch Gefängnisse / wie ein es dergleichen zu Syracusa in Sicilien gewesen / dessen auch Cicero V. in Verrem gedencket / wie schon in vorhergehenden X. cap. berühret. IV. Die Florentiner haben die von ihnen überwundene gefangene Pisaner, nicht vor so gar langer Zeit / in solche Latomias bringen / und drin arbeiten lassen. Calvin. in Lex. Jurid. v. Latomia. fol. 509. col. 1??? V. Heut zu Tage werden noch wohl ein und andere Personen / so was hartes verbrochen / zuweilen auch wohl schimpflich auf Fürsten und Herren geredet / auf Vestungen / oder an andere verwahrete Oerter gebracht / da sie ihr Lebtage / bey Wasser und Brot / oder doch anderer geringer Speise / Marmor oder andere harte Steine schneiden / oder wenn ihnen der Staupenschlag / Brennung eines Mahl- und Zeichens vor der Stirn / und dergleichen harte Leibes-Straffen zuerkant werden / sie aber Gnade erlangen / daß sie auf gewisse Zeit und Jahre geschlossen an diesen und jenen Bau an stat der Straffe arbeiten / oder in Ketten und Banden im Karn gehen / den Unflat und Koth von den Gassen aus der Stadt wegführen / oder sonst Handreichung thun müssen. Etlicher Orthen henget [693] man ihnen zu mehrer Beschimpffung Schellen an / wie zu Straßburg / da es das Schellenwerck genennet wird. Georg. Biccius, in reb. quotid. sive Aureis, pag. 810. Sect. 5. n. 195. Stryke, de jure sensuum, Dissert. 5. c. 2. n. 39. VII. Man hat auch die Gefangene / absonderlich die Christen bey den Verfolgungen der Heydnischen Kayser / in tieffe Löcher zum Sand-Graben verurtheilet / wie aus den Actis Marcellini Papae zu sehen / allwo diese Worte zubefinden: Jussit Maximianus Aug. ut Cyriacus scilicet, Largus, Smaragdus, & Sisinnius sub custodia foderent arenam, & humeris suis portarent us??? ad locum, ubi Thermae aedific abantur. Martyrolog. vetus KL. Martii Natalis Sanctorum Martyrum 260. temporibus Claudii: Quia via Salaria arenam fodientes damnati fuerant. Ado XVII. Kl. May. quos [Maronem Eutuchen, & Victorinum] ille [Aurelianus] primum quasi Servos per sua praedia singulos divisit, jussit??? eos terram fodere per totum diem, ad vesperma verò CANTABRUM [hoc est, panem fusfuraceum] manducare. D. Casp. Sagittar. de Cruciat. Martyr. c. 4. §. 12. VIII. Ebenmäßig sind sie in die Kalck-Syps- und Schwefel-Hütten oder Graben zur Arbeit verdammet und gebracht worden. L. aut damnum 8. §. in calcariam ff. de poenis. Ulpian. ad d. L §. inter eos & §. in ministerium eod. Salmuth, ad Panciroll. tract. deperd. pag. mihi 704. Petr. Grog. Tholosan. Syntagm. Jur. Univ. lib. 31. c. 36. n. 2. Zeil. Epist. 98. fol. 108. IX. Man condemnirete auch wohl die Verbrecher ad Opus Publicum, welches wenn es generaliter genommen wird / so wohl Metallum, als auch alle andere vorerzehlte Arbeit und Verrichtungen in sich begreifft. In specie aber wird drunter verstanden die Aufführ- und Außbauung der gemeinen Häuser / warmen Bäder / Reinigungen der Cloaken / Pflastern und Ausbesserung der Wege / Brücken / Stege und Straßen: Item Schantzen / Mauren / Wasser-Leitungen und dergleichen / daran sie musten helffen arbeiten. Und war dieser Unterscheid gegen den obigen darbey / daß die condemnati ad opus publicum, ihre Freyheit behielten / aber in die Stad Rom nicht kommen durfften. L. quidam sunt 17. ff. de poenis Pet. Faber, lib. 2. semest. c. 5. pag. 56.
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Doch wurden die Decuriones, Veterani und ihre Kinder / auch andere Honestiores damit verschonet / und nur allein infimi gradûs liberi homines damit beleget. Sicuti rescriptum est ab Antonio, L. 3. C. de poenis. add. L. pen. §. minuitur ff. de var. & extra-ordin. cognit. servilem itaque poenam non fuisse constat: rectèque Papinianus, L. Servus in opus 34. ff. de poenis. Servum in opus publicum perpetuum, ac multò magis temporarium non dari scribit. Pet. Faber. l. 2. Semest. c. 5. pag. 57. Viele Christen sind von den Heydn???schen Käysern / sonderlich dem Nerone, Caliqula, Diocletiano und andern zu solcher Arbeit verurtheilet / und unter denselben auch Soldaten / die doch sonst davon befreyet waren; per L. 3. §. nam in Metallum ff. de re milit. L. siquidem Pedius §. nam plurimum ff. de incendi ruin. & naufr. bloß denselben zur Beschimpffung / sintemahl nur personae sordidiores in opus, ejus temporis, publicum condemniret wurden. Und sind durch solcher Christlichen Soldaten Arbeit / Mühe und Schweiß des Diocletiani warme Bäder auff geführet und ausgebauet worden / aus welchen nachgehends Pabst Pius IV. eine schöne Kirche der Jungfranen Marien zu Ehren anrichten lassen. Anton. Gallon. de Cruciat. Martyrum, pag. 514. & 515. Hieher gehöret auch die damnatio in Pistrinum. Pistrinum dicebatur Iocus, in quo farina molebatur, nomen habens à pinsendo, h. e. contundendo, quod ante inventum molarum usum frumenta in pila comminuerentur. Pilae autem erant Vasa concava, in quae antiqui siccata frumenta immissa pinsebant. Deinde mutatâ re mansit pistrini nomen etiam illi loco, in quo molis servorum juramentorumque opera circumactis fruges comminuebanatur. Inde servi, qui aliquod flagitium commiserant, poenae loco in pistrinum tradebantur, & in servitutem eorum perpetuam, circumagendi scilicet molas, adjudicabantur. Johan. Rosinus, antiq. Roman. cum not. Dempsteri, lib. 1. c. 14. pag. m. 79. Alex. ab. Alexand. lib. 3. Genial. dier. c. 20. pag. 389. ibi??? Timquell in [695] annotat. lit. K. Joh. Hering. de molendin. Quaest. 4. n. 5. & seqq. Hinc illud Terentii, in Andria, Act. 1. Scen. 2. Verberibus caesum te in pistrinum Dave dedam, usque ad necem; sunt verba Simonis domini id minantis Davo servo. Von den bekanten Comoedien-Schreiber Plauto wird berichtet / daß als er alle sein Geld bey solchen Schau-Spielen eingebüsset / er armselig wieder nach Rom kom̅en / u. sich bey einen Becker verdinget / dem er mit einer Hand-Mühle gemahlen / um sich zuerhalten / dennoch sol er doch dabey ein und andere Comoedie geschrieben haben. Guil. Budaeus, in annotat. ad ff. pag. 481. Und weil dieses stampen und zerstossen der Früchte eine blutsaure Arbeit war / welche den Leib sehr ermüdete / und die Kräffte hinwegnahm / ist daher die Redens-Art kommen / daß man Pistrinum pro loco fatigationis pleno, & pro negotio operoso ac molesto viresque conficiente gebraucht. vid. Taubmann. in notis ad Plauti Epidic. Act. 1. Scen. 2. pag. 417.

CAPUT XII.
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DE CONDEMNATIONE IN METALlum, in opus metalli & ministerium metallicum. I. PAULUS Juris Consultus lib. 5. Sentent. tit 17. rechnet diese Verurtheilung unter die mittelmäßige Straffen / und wird derselben [696] auch in l. 24. §. quid ergo ff. de sidei-commiß. libert. l. 46. ff. de manumiß. Testam. und andern Orthen mehr / welche drunten noch allegiret werden sollen / gedacht. II. Etliche halten davor / der Römer König Tarquinius Superbus habe dieselbe zuerst erfunden und eingeführet. Eutropius, lib. 1. c. 10. Suidas, in verb. [Greek words]. Coel. Rhodigin. lection. antiq. lib. 10. cap. 5. pag. 360. andere aber sagen / es sey die Arth in den Bergwercken zur Straffe zu arbeithen schon lange vorher von der Königin Semiramide erfunden worden / darzu sie ihre Gefangene gebrauchet / wie Diodorus Siculus, lib. 1. und ietztgedachter Suidas verb. Semiramis selbst bezeugen. Petrus Faber, lib. 2. Semest. c. 5. pag. 55. & 57. schreibet / daß Sabacon, ein König in Egypten die jenige / so das Leben verwircket / in solche Ertz-Gruben verdammet / und daß diese Straff-Arth hernach zu Rom auch angenommen und geübet warden sey. III. Es hatten aber die Kömer viele Bergwerge / als in Macedonien / zu Epheso: Item in Hispanien / nahe bey Neu-Carthago. Livius & Vitruvius, lib. 7. c. 9. Camerar. cen. 1. Hor. Succis. c. 81. pag. 371. Welches gleichfals ex L. sacrilegii §. ult. ff. ad l. Jul. pecul. & l. 9. at??? 11. C. Theodos. de indulgent. deb. lib. 11. erhellet. Es gedencket auch Käyser Justinianus, in Novell constit. 22. noch 2. andern / ibi: [Greek words]. Proconnesi metallo Docimenum & Troadense a djungitur, in d. l. 9. & l. 11. de indulg. debit. Und Gvido Pancirolius, in tract. de deperd. pag. m. 702. setzet davon also: Moris erat, delinquentes, quos ultimo supplicio nolebant afficere, ad effo diendum Metallum, Sulphur, Gypsum condemnare: effodiendum autem utplurimum id erat in Proconneso, ut est in Jure civili §. quod autem. in Authent. de nuptiis. & apud Nicephorum, lib. 11. Hist. Eccles. eratque Insula Propontidis, hodie Marmora dicta, & metallo [697] rum inprimis ferax. Condemnabantur etiam in Insulam Gypsum, mare rubrum & alia loco. IV. In solche schickten nun Römer diejenige / so was sonderliches verbrochen hatten / gefangen / an Ketten und Banden geschlossen / darinnen als ande Bergleuthe zu arbeiten. Calvin. in Lexic. Jurid. v. Metallum fol. 576. Die alsdann Metallici, Plinius, lib. 13. c. 16. quasi Metallo addicti & mancipati L. 8. C. Ministerium. L. 10. §. 36. ff. de poenis. genennet wurden / verlohren dadurch ihre Freyheit / und geriethen in die Knechtschafft / L. 8. §. est poena & l. 17. l. 36 ff. de poenis l. 3. ff. de his. qui pro non script. hab. l. 1. ff. de bon. damnat. & l. ejus qui §. 1. & seq. ff qui Test ament. facere poss. L. Pedius §. non plurimum ff. de incendio, ruina & naufragio. In qua lege haec verba reperies: Flagellis caesos in metallum damnabis. Konten kein Testament machen / auch ichtwas ex contractibus acquiriren. M. Anton. Peregrinus, de Jure Fisci, lib. 3. tit. 4. n. 1. & 9. ibi??? allegat. V. Zuweilen brandte man ihnen auch wohl ein Zeichen unters Gesichte / ehe man sie dahin schickte / welches Käyser Caligula sonderlich im Gebrauch gehabt / wie Svetonius in dessen Lebens-Lauff c. 27. solche mit folgenden Worten beschreibet: Multos honesti ordinis deformatos prius stigmatum notis ad metalla condemnavit. Und dieses Brand-Zeichen währete biß zur Regierung Constantini Magni, der es abgeschaffet / und an den Eumelium folgendes Rescript abgehen lassen: Si quis in damnatus, minimè in ejus facie scribatur: dum & in manibus & in suris possit poena damnationis una scriptione comprehendi: quò facies, quae ad similitudinem pulchritudinis coelestis est figurata, minimè maculetur. Datum XII Kal, April. Cabilluno, Constantino A. IV. & Licinio IV. Conss.
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VI. Ob auch wohl Callistratus, in L. cognitionum numerus, in fin. ff. de variis & extraordinariis cognitionibus. davor hält / es sey damnari in metallum, & damnari in opus metalli einerley / indem ein ieder / der also auf sein Lebtag dahin verdammet war / die Freyheit verlohr / und maximam capitis diminutionem erlitte; L. fin ff. de cap. demin. §. maxima justit. eod. So ist doch ein Unterscheid unter beyden Straffen gewesen / sonderlich wegen der Fessel / Ketten und Bande / darinnen sie dennoch ihre Arbeit verrichten vers. divus ff. eod. & l. pen. in fin. ff. de var. & extraord. cognit. zuersehen. Denn die in Metallum condemniret waren / hatten schwerere Kette und Banden an sich / als jene. Und wenn einer ex Metalli opere darvon lief / und man ihn wieder kriegte / wurde er in metallum geschickt. Entwischete er aber aus diesen / und er ward wieder ertappet / kostete es ihm sein Leben. L. 8. §. 6. ff. de poeis. Coel. Rhodigin. lect. antiq lib. 10. c. n. 5. pag. 361. Gregor. Biccius, in aureis sect. 5. n. 194. Sed unde haec vinculorum differentia? quaerit Sylvest. Aldobrandinus, in §. jus autem Instit. quib. mod. jus patr. potestat. solvatur n. 68. & respondet: Forte an, quia in Metallum damnati fodinis inhaerere cogebantur metalla effodientes, quod cum fieret, non erat necessum, ipsos divagari, sed in illo, cui inhaerebant, loco, operari: ideoque absque laboris impedimento gravioribus vinculis operabantur. At qui in opus Metalli damna bantur, propterea levioribus adstringebantur vinculis, quod in massam metalla reducerent, & circa varia exercitia essent occupati, quippe qui non assiduè in fodien do morabantur, sed modò ad coquendum, reducendum & alia hujusmodi servitia praestanda adigebantur, in quibus ob graviorum vinculorum onus omnes facilè potuissent impediri. VII. Der Zustand bey solchen Gefangenen in den Ertz-Gruben war sehr miserbel und elend / indem sie niemahls des Tages-Licht zusehen bekahmen / auf der bloßen Erden liegen musten / und dadurch so ungestalt wurden / daß man sie fast nicht mehr kennete / teste Cypriano, in Epistol. 25. gemeiniglich wurden dieselbe auf ihr Lebelang darein condemniret / wenn sie aber zehen Jahr darinnen gewesen waren / und man befand / daß sie durch [699] Kranckheit und Gebrechligkeit ihres Leibes zur Arbeit untüchtig worden / wurden sie wohl / auf Vorbitte ihrer Befreundeten / wieder loßgelassen / Modest. in L. in Metallum damnati ff. de poenis. und kahmen in ihre vorige Freyheit / ja wenn sie auch vorher Knechte gewesen / waren sie von ihrer Herren Gewalt loß. L. aut damnum §. fin. d. t. Petr. Gregor. Tholosan. Syntagm. Jur Univ. lib. 31. c. 36. n. 2. Denn es wurden so wohl freye Leuthe / als auch Knechte / wenn das Verbrechen darnach war / in solche Ertz-Gruben verurtheilet. L. metalli supplicium 11. C. de poenis. Petr. Faber. lib. 2. Semest. pag. 55. 56. 57. 69. 118. & 161, VIII. Es war auch noch eine dritte Arth solcher Straffe / darinnen nicht allein Männer / sondern auch Weibesbilder gebracht wurden / welches sie Ministerium Metallicorum hießen / wie aus obangezogenen L. aut damnum ff. de poenis erhellet / darinnen sie eben / wie andere arbeiten musten / und zwar die Weibesbilder meistentheils in den Saltzwercken. d. L. aut damnum §. in ministerium d. t. Casp. Zigler, disp. de poenis, respond. Joh. Frid. Hertzog / §. 46. Doch waren sie nicht angeschloßen / sondern giengen frey herum ??? Bande. Salmuth. ad P anciroll. tr. de deperdit. pag. m. 707. Maßen denn auch die Decuriones und deroselben Kinder mit der Poena Metalli vel Ministerii, wegen eines sondelichen Privilegii, nicht beleget wurden. L. de curionum 3. & l. si mater. 9. C. de poenis. Petr. Gregor. Tholosan. d. lib. 37. c. 31. n. 3. IX. Die Heidnischen Käyser haben bey Versolgung der Christen viele Märtyrer in solche Bergwerge geschicket / mit denenselben aber viel härter und unbarmhertziger ümgehen lassen / als mit andern / so darinnen gearbeitet / wovon Anton Gallonius. in tract. de cruciatibus Martyrum pag. 515. & seqq. ??? 519. also schreibet: Multa invenimus pertulisse eos, qui ad Metalla damnabantur. Notis primum ac stigmate deformabantur, bonisque omnibus civitateque Romana spoliabantur. Fustibus deinde caedebantur, com [700] pedibus vinciebantur: humi jacere, si fessis membris quietem dare voluissent, compellebantur: Squalore, foetore ac longa inedia Affligebantur: Insuper medium eis caput abradebatur: ac denique Sanctis Martyribus hoc modo, Maximiano, Diocletiano atque Galerio Imperatoribus damnatis dexter oculus, sinistro, eisdem poplite exciso, eruebatur. & paulo post: Facies illorum, qui ad Metalla damnabantur, atris notis perpetuò mansuris, profundis characteribus incidebantur. Und pag. 524. berichtet er / daß die Märtyrer ub solchen Ertz-Gruben von den Soldaten bewachet worden. X. Victorinus Episcopus Pictaviensis, commentar. in cap. 9. Apocalyps. giebt vor / der Evangeliste Johannes sey von dem Käyser Domitiano in die Insel Pathmos in ein solch Metallum condemniret worden / allwo er seine Visiones gehabt / und darinnen verbleiben müßen / biß gedachter Käyser ümgebracht worden / da er wieder loß kommen / und die Apocalypsin geschrieben. Weil aber andere / so des Johannis Relegation in berührte Insel gedencken / nichts davon melden / läßet man des Victorii Meinung fahren. D. Casp. Sagit tarius, de Martyr. cruciat. c. 4. §. 5. Allwo er auch n. 6. 7. & 8. einige Märtyrer / die auf solche maße viel Ungemach in den Ertz-Gruben ausstehen müssen / und wie sie von dem heiligen Cypriano getröstet worden anführet. XI. Heut zu Tage ist bey uns solche Straffe nicht mehr im Gebrauch / sondern es sind an deren Stelle Zucht-Häuser und das Schicken der Verbrecher auf die Galleen geordnet. M. Anton. Peregrin. de Jure Fisci, lib. 2. tit. 4. n. 4. Panciroll. d. tr. deperd. pag. 707. edit. in 8. Petr. Papp. in not. ad Corp. Jur. milit. pag. 580. Wiewohl D. Caspar. Klock, lib. 2. de AErario c. 27. in fine. den Rath giebt / daß man solche Straffe auf gewisse maße wohl wieder einführen möchte / wenn er also schreibet: Olim Romani, AEgyptii aliique populi ad perfectionem Metallicorum operum damnatis & captivis usi sunt, improbosque ad aurum effodiendum destinarunt; simul & faci [701] norum poenam sumentes, simul & quaestum uberem ex eorum labore capientes. O si hoc veterum inslitutum revocaretur in usum! Quàm multi in carcere multos annos continentur publico sumptu, truncantur auribus, ad palum ignominiae publicè flagellantur, exilio mulctantur? Interim cum vitae civiliter degendae copia denegetur, ad furta, latrociniaque iterum prolabuntur. Nusquam enim ob infamiam possunt consistere. Annon praestet ejusmodi reos & verè nocentes vel ad certum tempus in tenebras metallicarum speluncarum ablegare? Multas miserorum centurias hodie carceres continent, qui tam atrocia delicta non perpetrârunt, ut morte puniendi sint; cur non ad Metallum damnantur, auroque effo diendo deputantur, ut prosint Reipublicae poenae eorum, quorum icelera obfuerunt? Hactenus ille. XII. Ob aber Damnatio in Metallum, ad Triremes & ad opus publicum poenae corporis inflictivae sind oder nicht / darüber zancken noch die Rechts-Gelehrte. Carpzov. in pract. crim. part. 3. q. 129 n. 4. & 5. saget ja. Rudolph. Godofr. Knichen, in op. polit. tom. 1. lib. 2. part. 1. c. 13. th. 20. explic. 2. pag. 712. negiret hingegen solches / & quidem ex illa ipsa ratione, quam Carpzovius contra poenam Numellarum ipse affert, quod scilicet solummodo istae poenae corporis sint afflictivae, quibus principaliter, & directè corpus affligitur, non etiam per indirectum Jam verò poenâ damnationis in Metallum, ad Triremes & opus publicum corpus directò non affligitur nec laeditur, & quidem transitoriè sed homo vel reus ipse hâc poenâ afficitur extra corporis afflictionem vel inflictionem, vel ejus laesionem directam & transitoriam, quod verò corpus simul patirur, fit per consequentiam, vel indirectè, cum reus per damnationem ad Metallum & Tiremes à civitate suâ directò exulet, ad opus verò publicum damnatus publicè poenitentiam agat, quamvis corpus simul & per consequentiam laboribus defatigetur & patiatur, quandoque etiam loris & virgis in poenam, non delicti commissi, sed pigritiae caedatur. XIII. Wer weitere Nachricht haben will / was die Römer jährlich aus ih [702] ren Gold-Silber-Ertz-Eisen-Schwefel-Alaun-Kreiten- und Pech-Gruben: Item aus den Schleif-Kotten / Stein-Brüchen und andern gehabtder lese Plinium c. 4. lib. 33. Caessiodor. lib. 3. Epist. 25. & 26. Jul. Caesar. Buleng. de Tribut. ac Vectigal. pop. Rom. c. 35. Petr. Heigii, quaest. 13. part. 1. n. 18. 19. 20. & seqq. Budaeum de Asse. Philipp Camerar. cent. 1. hor. succis. cap. 81. pag. 371. ubi scribit; Argenti-fodinas Hispaniae prope Carthaginem novam singulis annis noningentae duodena millia & quingentos aureos suppeditasse. XIV. Des Metalls und der Ertz-Gruben wird auch in heiliger Schrifft gedacht. Genes. 1. v. 31. Deuteron. 8. v. 9. Joh. 22. v. 24. & 25. Jerem. 6. v. 29. Ezech. 16. 17. Malach. 3. v. 3. Add. Mattheseus in homiliis, Sareptanis, homil. 1. Zanch. de operibus creationis lib. 3. c. 6. Metallorum Graeca videtur esse denominatio: cum dietum esse possit Metallum, quia [Greek words] h. e. aliud post aliud inveniatur. Id quod Plinius sensisse videtur, lib. 33. c. 6. ???, inquit, una inventa vena est, non proculinvenitur alia: hoc quidem & in omni materia: Unde Metalla Graeci videntur dixisse. Metalli autem nomine generaliter continetur, quicquid è terra gignitur & eruituraes, alumen, creta, marmor L. sed si pecun. 3. §. si ff. de reb. eor. qui sub tutel. ibi: Si Lapidicinas vel quae alia Metalla pupillus habuerit, Stypteria [id est Alsthminis [Greek words], quod potentissimè adstringat] vel cujus alterius materiae, vel si cretifodinas vel argenti-fodinas, vel quid aliud huic simile. Sulphur quoque, quod Apulejus vivax metallum appellat, lib. 9. de aureo Asino, Ulpianus metallis disertè adnumerat, non secus atque aurum, argentum, aes, ferrum & coetera in L. aequissimum §. proinde ff. de Usufruct. quemadmodum & calcem in L. aut damnum 8. §. in calcariam ff. de poenis.
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CAPUT. XIII.
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Von den Zucht-Werck-Kasp- und Spin-Häusern. 1. WIe nützlich und nöthig solche ERGASTULA oder ERGASTERIA [quae sunt loca Magistratus autoritate ad homines â vita inhonesta ad honestam laboribus compellendos, falutis publicae causa extructa. D. Joh. Georg Simon, de Ergaster. disciplinar. c. 1.] in einer Republic und gemeinen Wesen sind / daß hat schon zu seiner Zeit Pericles angemercket / indemer zu Athen öffentliche Werck-Häuser anfbauen lassen / drin das gemeine Volck arbeiten müssen / üm den Müßiggang [als aller Laster Anfang / Proverb, Salom. c. 6. & 10. Navell. 133. c. 6.] zu meiden. Plutarch. in ipsius vita. II. Die Römer haben gleichfals dergleichen Häuser gehabt / wovon bey dem Justo Lipsio 2. Elector. 15. zu lesen. Und schreibet Cicero, de Legibus, daß denenselben nichts liebers gewesen / als wenn sie verhüten können / daß die Jünglinge und alte Männer nicht müßig / sondern fein hurtig und munter an der Arbeit seyn möchten / mit dem Zusatz / daß so lange solches zu Rom fleißig beobachtet worden / so lange auch die Stadt in Flor und guten Auffnehmen geblieben. Anton. Guevarr. in horolog. princip. lib. 1. c. 2. p. 8. III. Es bestehet aber derselben Nutzen vornemlich in dreyerley / als Erstlich weil diejenige / so in solche Häuser gebracht und eingesperret / von ihrer Boß- und Hartnäckigkeit zur Fröm- und Willigkeit / von den Lastern zu den Tugenden / von den verderblichen breiten Weg / der zur Hölle und Verdamms abführet / auf den schmahlen Steig zum Himel / von den Müssiggang und faulenzen / so den Menschen dum / schläffrig und zu allen Dingen ungeschickt machet / zu der ihnen selbst und dem gemeinen Wesen nütz li [704] cher Arbeit geführet werden / so daß wenn sich bessern / und mit der Zeit wieder heraus kommen / sie was rechtes gelernet haben / davon sie sich und die Ihrige mit Ehren ernehren können. Speidel. in Specul. Jurid. v. Zuchthauß. pag. 1386. Zum andern geschiehet auch solches einer Stadt und gantzem Lande zum besten / daß faule Müssiggänger und Tage-Diebe: Item starcke Betler / und ander dergleiche̅ loses Gesinde mehr / welches weder arbeiten / noch sonst gut thun will / andern fleißigen und hurtigen Leuthen vom Halse kommen / und ihnen / oder auch den recht armen und preßhafften das Brod nicht vor den Mund wegnehmen / gleich den faulen Hummeln / welche sich auff der ämbsig eintragenden Bienen Honig verlassen / sondern / wieder ihren Willen / durch Hunger und Schläge zur Arbeit und änderung ihres Lebens genöthiget und angetrieben / auch dadurch so kürre werden mögen / daß sie einen aus der Hand essen / wie Jacob Bornit. de rerum sufficient. 2. c. 5. fol. 74. redet. Denn es schmeckt ihnen das Essen sehr wohl auf die Raspel des Brasilien Holtzes / und Krancke werden dadurch wieder gesund. Speidel. d. loc. Drittens / ob gleich die Obrigkeit ein ziemliches auf Erhaltung solcher Leuthe wenden muß / bringen sie es doch mit ihrer Arbeit und Verfertigung allerhand Zeuge und Waaren mehr als doppelt wieder ein. Christian Henlius, de AErario e. 12. pag. 311. & 312. IV. Es kommet aber die Auffbau- und Anrichtung solcher Zucht-Werck- und Spin-Häuser nut denenjenigen Herren / welche die Landes-Fürstliche-hohe-Obrigkeit / item denen Reichs- und andern grossen Städten / so die Landes-Hohe Obrigkeit oder Landes Ober- und Herrligkeit haben / zu. vid. D. Simon. d. tr. c. 2. per tot. V. Und werden in dieselbe gebracht Erstlich die Faullentzer und Müßiggänger / welche nicht arbeiten wollen / da sie es doch wohl könten / sondern nur daheime müßig sitzen / die Hände in Schoß legen / auf ander Leute Brod-Schräncke sich verlassende / indem sie ihnen die Kinder häuffig vor die Thüren schicken / und die Bettel-Stück sich zutragen lassen / welche sie sündlich verzehren / uneingedenck / daß GOtt selbst Genes. 35. 19. ernstlich gebothen / man solle im Schweiß des Angesichts sein Brod essen; Item nach den 128. Psalm / daß ein jeder seiner Hände Arbeit sich nehren: [705] ja nach dem Auspruch Pauli 2. ad Thessalonic. cap. 3. v. 10. wer nicht arbeitet / auch nicht essen solle. Oder wenn das Betteln nicht zureichen wil / sie sich auf das Stehlen in Felde / Gärten und Häusern begeben. Zorer, d. q. 18. n. 4098. Drum höchst-not- und nüßlich / daß diese inutilia terrae pondera an solche Oerther gebracht werden / da sie arbeiten müssen / wenn sie nicht hungern oder geprügelt seyn wollen / welches geschicht / wenn sie ihr vorgegebenes Tagewerck nicht verrichten und zum Ende bringen. Schönborn. lib. 3. polit. c. 14. Lather, de Censu lib. 3. c. 19. Dither. in contin. Thes. pr. Besold. v. Zuchthaus. denn zum Müßiggang gehören entweder grasse Zinsen / oder hohe Galgen. Anton. Wilh. Freudenberg, de Rescript. morat. tit. 10. concl. 68. n. 107. Käyser Antonius Pius ließ seinen faulen Dienern die Besoldungen einziehen / und nichts mehr geben / sagende: Nihil esse sordidius, imò crudelius, quàm si Remp. arroderentii, qui in eam suo labore nihil conferrent. Jul. capitol. in ipsius vita. König Amasis in Egypten machte ein Gesetze / daß ein jedweder seiner Unterthanen Jährlich denen Land-Voigten und Beambten / unter welche er gehörete / anzeigen muste / wie und auf was Arth und Weise / und womit er sich ernehrete. Wenn derselbe nun nicht richtige Rede und Antwort geben konte / oder überwiesen ware / daß er nicht gearbeitet / sondern den Müßiggang nach gehenget hatte / wurd er getödtet / und also aus dem Wege geräumet. Herodot. lib. 2. AElian. lib 4 var. Hist. 1. Alex. ab Alexand. lib. 3. Genial. dier. c. 13. Diodor. Sicul. lib. 1. welches Gesetze Solon von den Egyptern entlehnet / bey denen Atheniensern auch eingeführet. Heigius. p. 2. q. 27 n. 4. 5. & seq. Rittershus. ad Nov. p. 12. c. 15. Christoph. Peller, in annot. ad c. 102. Casp. Klock, de AErario n. 10. p. 908. Andere schreiben solches dem Pisitrato, Plutarh in Solon, nnd einige dem Draconi zu. Lysias in Orat. contr. Niciam. Denn weil dessen Gesetze / wegen der Strenge und Schärffe mit Menschen Blut geschrieben genennet wur [706] den / also hätte er auch den Areopagiten befohlen / die Faulenzer und Müßiggänger auszurotten. Val. Maxim. lib. 2. c. 1. Dahin hat auch abgezielet Marg-Graff Hugo zu Brandenburg / Käyser Ottens des III. Stathalter in Italien / welcher denen Müßiggängern so feind gewesen / daß er sie vor Gericht erfodern / und Rechenschafft ihres Müßigangs thun und anzeigen lassen / wovon? auch wie? und auf was Arth und Weise sie sich ernehreten / welche Gewohnheit noch von ihm herrührende in Hetruria, sonderlich zu Florenz üblich seyn soll / teste Georg. Sabino, in ipsius vita, lib. 15. c. 15. VI. Zum andern starcke und gesunde Bettler denen nichts mangelt / doch aber nicht arbeiten / sondern lieber von den Bettelbissen sich erhalten / und darbey liederlich leben wollen / so den Dieben gleich geachtet werden. Matth. Berlich. p. 5. pract. concl. 44. n. 31. Reform. guter Policey Anno 1584. tit. von Betlern und Müßigängern / item Polic. Ordn. 1577. tit. 27. Petr. Denais. in jur. Cam. c. 209. n. 16. & seqq. Philip. Zorer. part. 2. Quaest. 8. n. 4086. & multis seqq. Zeiler, Epist. 70. wieder welche auch Plato, de legibus, Dialogo II. & de Republ. Dial. 8. geeifert & davor haltende / wenn̅ in einer Stadt und Land viele Betler zu sehen / auch viele Diebe sich drin befinden: Maßen denn bey den Jüden keine Betler gelitten wurden. Deuteron. 15. v. 4. Und hat Anno 1653. das Palament in Engelland ein Gesetz gegeben / daß kein Mensch weder auff den Lande / noch in den Städten mehr betteln gehen / sondern daß man ihnen Arbeit / oder: Unterhalt verschaffen solle. Zeiler, part. 1. des Hand-Buchs / tit. Armuth / pag. 24. Camerar. cent. 1. hor. succis. cap. 16. Dennin Betler-Gestalt sind zu Zeiten Mordbrenner / Beutelschneider / Hauß-Diebe und Mörder in Städte und Häuser eingeschlichen / haben Brand / Diebstahl / Raub und Mord verübt / die Früchte und Hut-Weiden vergifftet / und Sterben angerichtet. Gottlieb Wahrmund / von Geldmangel in Teutschland / caus. 6. pag. 322. & seqq. Cornel. Agrippa de vanit. scient. 65. Sie verrathen und kundschafften auch wohl gantze Länder aus sc. Confer de ipsorum nequitia pluribus agentes
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Lassenium, in Fruchtbringenden Gespräch-Spiehl / colloq. 11. pag 65. & 67. Hammerum, in Historischen Rosen-Garten / c. 24. p. 103. nec non Tr. Germ. cui tit. Expertus in truphis, von falscher Betler Büberey / 1668. impress. & Ambrosii Papens Bettel- und Gärten-Teufel / Magdeb. 1586. in 8. editum. Haben falsche Bettel-Brieffe / von andern geschrieben / u. mit falschen nachgestochenen Siegeln bedruckt / als wenn sie etwan abgebrand / wegen der Religion / oder wie itziger Zeit / von Frantzosen / und andern Reichs-Feinden vertrieben wären / da sie doch mannigmahl ander Orthen verwiesen und ausgestäupt worden sind / oder haben sonst wegen ihrer Ubelthaten durchgehen müßen: Ja solche Schelme finden sich gemeiniglich zu den leichtfertigen Huren des Abends in den Betler-Herbergen / und verthun in guten Muth miteinander / was sie des Tages über erbettelt / und ehrlichen Leuthen abgepresset haben. vid. Dn. Cancell. Fritsch. de Validis mendic ant. c. 14. Ihr Leben und Wandel beschreibet gar artig Andreas Huperius, libro de beneficiis in pauperes, inter coetera ejus opuscula pag. 887. mit folgenden Worten: "Was für ein Leben führen doch die starcken Bettler / die da gesund und in ihren besten männlichen Alter sind / und sich allein aufs betteln legen? Ein solches / daß man zweiffeln möchte / ob sie Christen / Jüden oder Türcken seyn. Denn sie kommen in keine Kirchen / liegen und stehen allezeit für den Kirchthüren / oder / wo sie dörffen / lauffen sie immer auf den Gassen / Wegen nnd Brücken herum / wo sie die meisten Leute vermuthen. Also hören sie keine Predigt / vielweniger gebrauchen sie das H. Sacrament. Und weil sie an keinen Orte bleiben / so fragt auch kein Prediger nach ihnen / und jeder meinet / sie gehen ihn nicht an Führen sie ein Weib bey sich / so ist es ihnen selten rech getrauet / vielmehr sind es gemeiniglich ihre Huren / sterben sie in solchem Stande / mein was sind sie anders / als ein Vieh? Was von Männern gesaget / das ist auch von Weibern / grossen starcken nnd stinckfaulen Mägden / Item Betteljungen und Mägdelein zu verstehen. Ist daß nun nicht mit schmertzlichen Trähnen zubeweinen / daß so viele Leute / wie ein Vieh müssen ins ewige Verderben fahren? Das werden einmahl die Obrigkeiten und Praesules der Kirchen schwer zu verantworten haben / die dießfals nicht besser Auffsicht gehabt sc.
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Hieher gehören auch / die sich taub / stum / lahm / blind oder sonst gebrächlich stellen Henel. d. tr. de aerario c. 12. p. 316. Zorer. d. p. 2. q. 18. n. 4092. welche zuerkennen / und hinter ihre Schelmstücke zu kommen Paulus Zachias lehret; Quaestion. Medico-Legal. lib. 3. tit. 2. per tot. VII. Drittens / die herumlauffende Handwerg-Burße / von denen an theils-Orthen gewisse Ordnungen gemachet / daß ihnen zu betteln keines weges sol verstattet / sondern sie zu ihres Handwercks-Obermeistern verwiesen / und entweder mit Arbeit / oder in Mangelung derselben mit einem Zehrpfennige / der Laden Vermögen nach / versehen und fortgeschaffet werden. Doch wäre es besser / wenn man dieselbe / wie in Holland üblich / auch in die Werck-Häuser thäte / drin um einen gewissen Lohn zu arbeiten / znmahl wenn die Kauffleuthe / die ihrer Arbeit benöthiget / den Wochenlohn jedesmahl herschössen / so könte ein solcher Handwercks-Burß ein ziemliches verdienen / und hernach seinen Weg / ohne Betteln oder wie sie es nennen / Fechten weiter fortsetzen. Ja die Herschafft kan auch einen gewissen / doch billigen Tribut, so an den Wochen-Lohn zu decurtiren / davon haben. Henel. d. c. 12. pag. 317. VIII. Vierdtens / die abgedanckte Soldaten / Herren-lose oder Gartende Knechte / welche des Raubens und Stehlens in Kriege gewohnet / und daher dem gemeinen Wesen durch Fortsetzung solcher Thaten sehr schädlich sind: Zumahl denen Bauers-Leuten auf dem Lande Abfoderung Essen und Trincken und Futters / denen Reisenden aber mit schreckhaffter Auspressung einer Reuter-Zehrung. Wieder welche Art Räuber und Landzwinger in H. Römischen Reich schon nachdrückliche Verordnungen gemacht sind / vide Constitutionem Imperii de Anno 1555. §. und damit angeregte Vergaderung sc. welche in der Policey-Ordnung / zu Franckfurth Anno 1577. Sub tit. 7. von den Herrenlosen und Garten-Knechten / wiederholet worden. add. Speidel, Notabl. h. v. IX. Fünfftens / die Vaganten und fahrende Schüler / welche Vater und Mutter / Praeceptoribus und Profesloribus nicht folgen wollen / sondern sich an böse Gesellschafft hengen / ihr Gelb und Bücher verthun / versauffen oder verspiehlen / hernach wenn alles vergeütet und fort ist / entweder stehlen / liegen und die Leuthe betrügen / oder im Lande herum lauffen / Gelehrte und an [709] dere um ein Viaticum ansprechen / auch wohl vor den Thüren singen / oder auf Geigen / Harffen oder wohl Trompeter-Mari spiehlen / dargegen aber des Abends alles in den Wirths- und Hurenhäusern wieder verthun / was sie des Tages erschnappet haben. Henel. de AErario c. 12. pag. 318. & 39. Diese / weil sie sich vor Gelehrte ausgeben / solte man examiniren / und wenn sie wohl bestünden / in gute Schulen bringen / noch weiter informiren und anhalten lassen / daß sie gut thäten / auch ihnen nöthigen Unterhalt verschaffen / wie nicht weniger mit einem austräglichen Stipendio versehen / auf Universitäten ihre Studia weiter fort zusetzen / und dermaleinsten / als die sich obligat machen müsten / dem Lande nützliche Dienste zu leisten. Bestünden sie aber nicht / wästen sie in die Zucht- und Werckhäuser zu thun / drin ihren Unterhalt mit Arbeit zu verdienen / und andern Leuthen vor den Thüren nicht mehr beschwerlich zu seyn. Zeiler, im Hand-Buch / p. 2. v. Armuth p. 24. & 25. X. Sechstens die Zigeuner / [Italis appellantur Cingali, propter vitam motoriam atque vagabundam, â Cingalo seu Cinglo, quod motacillam denotare videtur. Germanis nominantur Zigeuner / quasi ziehe ein her / quoniam, vagabundi sunt homines. Wehner. Observ. Pract. h. v. D. Simon, d. tr. de Ergaster. Disciplin. c. 3. §. 4. ubi de eorum origine plura affert. add. Limnaeus, J. P. lib. 9. c. 2. n. 161. & seqq. tom. 1. addit. ad hunc locum; n. 156. Camerar. hor. succis. cent. 1. c. 17.] Denn man hat zu Zeiten erfahren / daß solche müßige Rotte nur Ausspäher / Kundschaffer und Landverräther gewesen / sind auch denen Bauers-Leuthen auf den Lande sehr beschwerlich / indem sie Gras / Wicck futter und ander Geträ de vor ihre Pferde ungeheissen abhauen / auch Speck / Eyer / Buttter / Käse und dergleichen / ohne Bezahlung ihnen abnöthigen / unter den Vorwand / sie wolten ihnen dargege̅ gut Glück [oder vielmehr Lügen] sage̅ / Feuer-Wurtzel und andere verbothene Abergläubische Dinge geben / dadurch mannigmahl daß einfältige Bauren-Volck versühret wird. Deßwegen gleichfals wieder solch liederlich Gesindlein in den Reichs-Abscheid Anno 1509. tit. von den Zigennern / item in Reform. guter Policey Anno 1530. tit. eod. R. A. 1551. §. nach dem auch angezcigt. Ferner in Reform. Policey 1548. tit. eod. & Anno 1577. tit. 28. §. derjenigen heilsame Verordnung geschehen / in verbis: [710] Allen Churfürsten / Fürsten und Ständen bey den Pflichten / damit sie Käyserl. Majestät und dem H. Reiche verwand / ernstlich gebothen / daß sie die Zigeuner (nachdem man gläubliche Anzeigung hat / daß sie Erfahrer / Verräther und Außspäher seyn / und die Christen-Lande dem Türcken und andern der Christenheit Feinden verkundschaffen) in und durch ihre Lande nicht ziechen / handeln noch wandeln laßen / noch ihnen des Sicherheit und Geleite geben / sc. Add. Schönborn lib. 30. Polit. c. 16. D. Cancell. Fritsch / de Zygenor. orig. vita ac morib. Item de valid. mendic. c. 12. per tot. Dither, in cont. Thes pract. Besold. v. Ziegeuner pag. 668. Speidel. in notabil. h. v. Camerar. bor. succis. cent. tom. 1. c. 17. Der König in Franckreich hat auch Anno 1561. ein Decretum promulgiren lassen / daß die Ziegeuner binnen zwey Monaten das Königreich räumen / oder gewarten solten / daß man sie niedermachen / oder nach Befindung auf die Galeen schicken würde. D. Simon. d. tr. c. 3. § 4. Deswegen die Zucht-Häuser ihnen zum Schrecken dienen müssen / daß sie aus dem Lande bleiben. Henel. d. c. 12. §. 2. pag. 323. XI. Siebendens werden in solche Gefängniße gebracht die ungehorsame Kinder / welche sich von Eltern / Vormündern oder Lehrmeistern gar nicht ziehen / noch bendig machen lassen / vielweniger ihre Pflicht und Gebühr beobachten wollen; [Quod officium in quo consistat, eleganter tradit Gu. Grot. Enchir. de princip. Jur. Nat. c. 10. § 9. & 10. ibique alleg. Selden, de Jur. Nat. lib. 7. c. 2. Hocetiam Lex Divina Exod. 21. Deut. 5. singulari cum emphasi liberis inculcat.] Sondern gäntzlich aus der Arth schlagen / wohl Hand an die Eltern legen / oder sie doch auf das ärgste kräncken / quählen und martern / herunter machen / schelten / schmitzen und schmähen. L. 2. §. 2. ff. de obseq. parent. Schulz, ad §. 3. Inst. de publ. jud. Auf welchen Fall die Eltern selber solche unartige böse Kinder der Obrigkeit / zur gebührenden Straffe / darstellen können / arg. L. 3. C. de patria potest v. L. 2. ad L. Cornel. de sicar.
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Oder wenn sie etwan aus Affen-Liebe alles übersehen und überhören / kan der Magistrat ex officio dergleichen Belials-Kinder beym Kopf nehmen / in die Zucht-Häuser bringen / oder sonst ihren Verdienst nach exemplarisch abstraffen lassen. arg. L. 5. de patr. potest. D. Simon. d. c. 4. §. 1. Bey den Jüden wurden solche ungehorsame Kinder gesteiniget. Deuter. 21. v. 18. Sonst ist auch erschrecklich das Privilegium, welches Käyser Ludovicus Pius der Stadt Nürnberg Anno 1320. ertheilet / unter andern des Inhalts: Daß solche halsstarrige Kinder / wenn sie durch die Thurm-Straffe nicht zubendigen / gar ersäufft werden solten. Im Zucht-Hauß zu Amsterdam werden vornehmer Leuthe Kinder / die nicht gut thun wollen / in ein besonder Zimmer gebracht / da sie nicht iederman zu sehen bekömmet / welche deshalber Se paraten genennet werden. Christoph. Peller. in annot. ad cap. 102. Casp. Klock. de AEr ario, n. 3. pag. 908. XII. Achtens / gehören auch dahin die Luxuriosi & prodigi, die muthwilliger weise / wieder alle Zurede / Abmahn- und Warnung ihre und ihrer Weiber Güter verthun / verschlampampen und durchbringen: Denn solchen geschicht eben recht / daß wenn sie vorher gute Leckerbißgen gegessen / und den Trunck Wasser verlieb nehmen. Jure Romano wurde solchen Verthuern verbothen / ihrer Güter sich zugebrauchen / Paul. lib. 3 sent. tit. 4. ibi: Quando tua bona paterna ??? nequitia tua disperdis, liberos tuos ad egestatem perducis obeam rem tibi ea re ??? interdico. Mit welchen auch Platonis Gesetze überein kahm / also lautend: ??? bonorum suorum possessio libera & integra esto, tum civi, tum peregrino, nisi quis civis prodigus iis furiosè ab. tatur! Ja man setzte ihnen auch wohl Vormünder / welche derselben Güther administriren / und Rechnung drüber thun musten. L. 1. C. de curat. furios. Hinc orta sequens formula Decreti in nonnullis locis usitata: P. P. Daß nach gnungsam-eingenommener erkundigung Titius durch or [712] dentliche Richterliche Umfrage seines bekandten verthulichen Wesens und Lebens halber in prodigum, vor einen Zechbruder und Verschwender declariret und ausgeruffen / ihm auch die Administration und Verwalthung sein und seines Eheweibes Nahrung [oder seines Väter- und Mütterlichen Erbes / si adhuc coelebs sit] und Güther interdiciret und gesperret seyn / und zu dessen männigliches Wissen und Verwahrung gegenwärtiges Proclama ad Valvas öffentlich anschlagen würde / also daß er nun hinfüro für sich selbsten / auch ohne Wissen / Willen und Vergünstigung seiner nechsten Anverwandten und Befreunden / oder sonderbar gegebenen Curatoris, mit und von niemands / hinwiederum von und mit ihm ichts werben / contrahiren / kauffen / verkauffen / verleihen / borgen / Zins-Gülden und andere Nutzung einziehen / geben oder bezahlen / noch andere Pacta, Conventiones, Beding oder Vergleich aufrichten soll oder möge / sc. sub poena nullitatis & arbitrariae mulctae. Hofmann, in Lycurgo pag. 117. Ad probandum verò, aliquem esse prodigum, debent testes adsignare rationem, utpote quia vident quotidie illum dilapidare bona sua & exponere ultra facultates. Paul. Christinaeus, Decis. 182. n. 27. & seqq. vol. 1. Wann einer frißt / säufft / spielt / und hingegen alle andere Arbeit / damit ein ieder nach seinem Stande sich nahren muß / unterläst. Klock, de AErario, lib. 2. c. 102. in fin. XIII. Desgleichen Neundtens die Decoctores, Leute-Betrieger / Falliten und muthwillige Banckerottierer / welche als rechte Diebe / ehrliche Leuthe üm das ihnen vorgesetzte Geld / oder gelieferte Wahren bringen / solches verbraßen und verstoltziren. Qui aequè curant honestum nomen & fidem, ut Polini syllabarum quantitatem. Henel. d. tr. c. 12. §. 5. Die werden an etlichen Orthen in die Schuld-Thürme gesetzet / auch wohl dem Gläubiger an die Hand und Halffter gegeben / biß er die Schuld abarbeite / wovon im Capitel vom Gefängnis schon mit mehrern gehandelt worden. Am schreckhafftesten ist / wenn sie in die Zucht- und Rasp-Häuser gebracht / und mit schwerer Arbeit beleget werden. Objiciis: per debitorum condemnationem in Ergasteria non consulitur creditoribus. Resp. quamvis creditoribus non consulatur in totum, consulitur tamen iisdem in tantum. Potest quippe Magistratus creditoribus [713] aliquid solvere loco illius quod fructus ex decoctorum laboribus in Ergasteriis percipit. Quippe nec in bonorum cessione aut addictione ad operas creditorum in totum satisfit omnibus creditoribus, nisi loco solutionis reputare velint ignominiam, qua vexanrur debitores. Solent enim alicubi beneficium cessionis implorantes circumdici per civitatem, campanâ pulsatâ, cum tubis & vituperio usque ad locum, in quo cedunt. Alibi in foro sedere coguntur, plebeque circumstante in os corbem accipere; vel inpublicum traducuntur, grege puerorum comitante, qui inane gestant marsupium. Quibusdam in locis cedentibus solvitur Zona. Alibi fit cessio à debitoribus publicè, posteriora nudè ostendendo & exclamando cedo bonislin multis Italiae provinciis cedentes linteamen & pectinem habent, ac in terna sedentes caput pectinant, voce hac emissa: Cedo bonis. Carpzov. Asyl. debit. c 2. th. 43. Alibi lig antur ad columnam (an den Kaak) vel ad Lapidem, quem vocant vituperii, coguntur ire, & eundem nudi percutere. Zanger, in comm. ad quat. praecip. Decret. titul. c. cum te de sent. & re judic. n. 39. D. Simon. d. tr. c. 3. §. 6. Zuweilen aber machen sie sich unsichtbar und gehen durch / wenn sie mercken / daß die Obrigkeit / oder die Creditores nach sie greiffen lassen / da kriegen sie denn die Ehren-Titul: abiit noster vicinus, Monsieur Johannes, abiit, periit, excessit, evasit, erupit, fugatus est, pulsus est, ejectus est è civitate. Er ist all bort / er ist geschlendert / davon geschlichen / und den Weg aller Schelme und Diebe gegangen. Und werden dieselbe wohl mit guten Fug und Recht Decoctores genennet / weil sie starcke Magen haben / so Steine / Balcken und gantze Häuser verdauen können. Henel. de AErario d. c. 12. §. 5. pag. 339. XIV. Zehendens die gefangene Türcken / Tartarn und andere barbarische ungläubige Völcker / weil sie es denen gefangenen Christen nicht besser / sondern viel ärger machen [de quorum miseria legi potest Speidel. in notabil. v. gefangene Christen] denn in solchen Zucht- und Werck-Häusern können sie nicht allein ihren Unterhalt verdienen / sondern es hat die Obrigkeit noch darzu den Gewinn von ihrer gemachten Arbeit. D. Simon, d. tr. c. 3. §. 9. Eben so kan man auch mit denenjenigen verfahren / welche von Natur knech [714] tisch / und ihres Verstandes nicht so mächtig sind / daß sie sich selber ernehren können: da denn die Obrigkeit billig solcher gestalt vor sie sorget / daß sie nötigen Unterhalt auf ihr Lebenlang haben. Sic in Historiis narrat Posidonius Stoicus, multos olim fuisse, qui suae imbecillitatis conscii, aliis in servitutem spontèse se darent, ut domini ipsis providerent de necessariis, loco cujus ipsi, quas possent, praestarent operas. Grotius, de J. B, & P. lib. 1. c. 5. §. 27. XV. Elfftens diejenige / so keine Caution und würckliche Bürgeschafft leisten können [I.] De non offendendo, oder den andern keinen Schaden zuzufügen / als zum Exempel / wenn einer nur mit blossen Worten drohete / er wolte den und den einen rothen Hahn auf das Hauß setzen / oder eine Kugel schencken / der Droher auch so ein arger und liederlicher Vogel wäre / daß man in Sorgen stehen müste / er würde solche Drohungen ??? und ins Werck setzen / er hätte aber nicht in Vermögen zu caviren / vielweniger einen Bürgen darzustellen / welcher vor ihn eintrete / als denn wird er billig in solche verwahrte Häuser gebracht / mit seiner Arbeit sein Brod zuverdienen / damit der / dem er gedrohet / ihm den Unterhalt / wenn er nichts hat / geben dürffe. [II.] De non vindicando carcere, daß er die gefängliche Hafft 7 ausser rechtlich oder thätlich / nicht rechen wolle / denn wen̅ er so verdächtig und liederlich ist / daß ob er schon deswegen eine Urphede schwüre / dennoch sie nicht halten würde / thut man besser / daß man sich seiner Person versichere / als von ihm Schaden leide. Melius enim est, in tempore occurrere, quam post vulneratam causam remedium quaerere. L. 1. C. quando lic. ??? sine jud. Formula Urphedae in Camera Imp. consveta est haec: Ihr werdet schweren einen Eyd zu GOrt und auf das heilige Evangelium / daß ihr die Gefangniß / darinnen ihr von wegen eurer Mißhandlung zur Straffe angenommen worden / gegen den Herrn Cammer-Richter / Präsidenten / Beysitzern und allen des Käyserlichen Cammer Gerichts-Personen / auch Bürgemeister und Kath der Stadt Speyer / (oder nunmehr Wetzlar) ihre Diener und Verwanthen / auch sonst män̅iglich mit Worten und Wercken / heimlich oder öffentlich / in keinerley Weise oder Wege rächen / oder anten wollet / alles treulich und ohne gefährde. Wehner, observ. pract. sub voc. Urfriede.
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XVI. Zwölfftens und Letztens wollen einige / rathen es auch grossen Herren / daß man die Ubertreter der Gesetze / so von der hohen Obrigkeit gemildert / auch denen Delinquenten condoniret werden können / und die GOtt der HErr nicht selber in seinem Gesetze an dem Leben zu straffen gebothen / [den von denselben kan von Menschen keine Gnade ertheilet werden / Deuter. c. 13. v. 8. & seqq. c. 1. v. 12. & seqq. Damit ihre Seele nicht vor des Ubelthäters seiner stehen und hafften müsse lib. 1. Reg. c. 20. in fin.] nicht hinrichten oder in ewige Gefängnis setzen / noch sonst in ihrem Gesichte sie schänden / oder an den Gliedmassen verstümmeln / sondern in die Zucht-Rasp- und Werckhäuser bringen / und Zeit ihres Lebens mit saurer und schwerer Arbeit drinn belegen lassen solle: Denn dadurch könte ein Herr die Unkosten erspahren / welche er auf die Execution und Hinrichtung eines solchen Ublethäters wenden müste; Würden auch die Cam̅er-intraden durch den Profit der Wahren / was nach Abzug ihres Unterhalts / Uberschuß bliebe / ziemlich vermehret: Ja man hätte aus der Erfahrung / daß wenn ein oder ander Delinquent verwiesen / aus gestäupt / oder ihm Ohren und Nasen abgeschnitten / und wohl gar ein Zeichen an der Stirn gebrand worden / dieselbe dadurch sich nicht gebessert / sondern vielmehr zu Feinden und Verderbern Land und Leuthe gemacht worden / indem sie Räuber und Mordbrenner / die Städte und Dörffer in die Asche geleget / abgegeben / dessen man sich nicht zubesorgen / wenn sie an Ketten und Banden wohl verwahret / in solche Zucht-Rasp- und Werckhäuser gebracht würden. D. Simon. d. tr. c. 3. §. 8. &. c. 4. §. 3. Unde Rel-fendso sat liberè inter non minimos Politicos Germaniae Principum & Rerump. Soloecismos referendum censet, quoa plerosque Legum transgreslores crudelibus carnificum manibus tradant, hunc patibulo consecrando, aut capite plectendo, illum rotâ contundendo aut culeo insuendo, istum fustigando aut ad cippum alligando; è contrariò autem non potest Gallorum & Italorum prudentiam satis extollere laudibus, qui delinquentes non momentanea, ex qua Resp. nullam vel exiguam capit utilitatem, sed perpetua morte afficunt, eos ad Triremes vel alia opera publica condemnando, cum hoc modo illi, qui antea Reip. nocuere, eidem prodesse tunc incipiant. Christian. Hencl saepè dict. tr. de. AErario c. 12. §. 3. und Cl. Hornius, in Dissert, ad lib. 1. c. 9. Instit. Polit. Boxbornii, p. 140.
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ist gleichfals der ??? / daß man die Diebe nicht hencken / sondern auff ihr Lebelang in Ketten und Banden arbeiten lassen solte / weil dieselbe gemeiniglich junge starcke Kerls wären / die man darzu wohl brauchen könte. Drum werden auch in Holland sehr selten die Diebe aufgeknüpfft / sondern entweder gestäupet oder gebrandmahlet / oder mehrentheils in das Rasp-Haus gebracht / drinn sie mit harter Arbeit beleget / auch durch Hunger und Schläge gebändiget werden / daß mancher sich lieber auffhencken liesse / als daß er stets ein so mühseliges und geplagtes Leben führen solte. Mittantur igitur fures ad S. Raspinum, non ad carnificem! exclamat Henel. d. c. & §. p. 326. XVII. Es sind aber dergleichen Häuser vieler Orthen zu finden / sonderlich in den Niederlanden fast in allen Städten / bevorab zu Amsterdam / Alckmar / Gröningen / Lewarden / Leiden sc. Zeiler, im Hand-Buch / p. 1. pag. 612. Henel. cit. loc. Besold de AErario c. 3. §. 13. Item zu Londen in Engelland. Deßgleichen zu Hamburg / Lübeck und Bremen. Wolf. in Colleg. Polit. Disp. de Legihus ??? Sanctione th. 23. n. 9. Ferner zu Braunschweig und Leipzig. Wie auch zu Nürnberg / da es das Springer-Hauß genennet wird / in welches gleichfals die starcke Bettler und andere Delinquenten, die was hartes / aber doch nicht das Leben verbrochen / gethan und geschlossen werden / doch also / daß sie zugleich ohne Hinderung drinn arbeiten und die Strassen reinigen können / man henget ihnen auch wohl Schellen an / daß man sie höre und dran erkenne / und werden in gemein din Springers-Buben / der Orth aber / wo sie ihre Schlaffstelle haben / der Bettelstock genennet. Es ist auch daselbst vor das Weibesvolck ein Spinhauß / und Anno 1670. vor das Mannesvolck ein Zuchthaus angerichtet / drinnen diese Tabac spinnen müssen / haben nebst denen Inspectoribus-so aus dem Rath sind / einen Vorsteher / wie auch einen eignen Pfarrer / der ihnen prediget / und die Sacramenta reichet. An dem eusersten Thor solches neuerbauten Zuchthauses stehen folgende Reimen: Den Bösen ist zu gut diß Arbeit-Hauß erbauet / Wer nie viel guts gethan / und wem für Arbeit grauet / Der find hie Wercks genug: Hierinnen wohnt die Zucht / Die einig und allein der Bösen Bestes sucht.
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An der innern aber: Wer keine Seiden nie gesponnen / Und mehr verthan hat / als gewonnen / Der gehe ein durch diese Thür / Und spinne nun Tabac dafür. Peller in annot ad Klockii c. 102. de AErario. n. 8 pag. 908. Bornit. de rer. sussic. tr. 2. c. 5. p. 75. Item zu Danzig / Anno 1529. erbauet. Rudolph. Gothofr. Knichen. oper. Polit vol. 1. lib. 1. c. 7. col. 189. §. 5. circ. fin. Zu Breßlau in Schlesien / Anno 1670. angerichtet. idem dict. loc. Zu Zürich in Schweitzerland / Zeiler, im Hand-Buch / v. Zucht part. 1. pag. 612. und andern Orthen mehr. Zu Dreßden hat man den Bau / drinn auch allerhand Delinquenten zur Arbeit gethan werden. D. Simon. saepè dict. Disp. de Ergasteriis Disciplin. c. 2. XVIII. Unter den Zuchthäsern aber mag wohl daß zu Amsterdam das kostbarste seyn / weil / wie Pontanus, in Histor. Amstelod. lib. 2. c. 19. berichtet / dasselbe ein recht Palatium und vortreflich Gebäude ist / sehr reumlich mit vielen Gemächern / Cammern und Höfen. Philip von Zesen / in Beschreibung der Stadt Amsterdam pag 302. 303. & 304. referiret davon also: Das Raspel- oder Zuchthauß zu Amsterdam ist Anno 1595. vor das unnütze Mannesvolck / vieler Land-Läuffer und Diebe wegen / so sich vor arme vertriebene Bettler ausgaben / aus Anordnen der damahligen Bürgemeister Reinierkants / Balthasar Appelmans / Barthel Krumhauts und Jacob Bulesen angerichtet / und über die Züchtlinge Ißbrand Bennen / Ißbrand Harmans und Heinrich Bauchen zu Zuchtmeister bestellet. Zu diesem Zuchthause gelanget man durch zwey starck und grosse stennern Thüren; oben am Thür-Gerüste der ersten bey dem heiligen Wege / stehet ein Fuhrmann mit einen Wagen / drauf Sägen / Raspen / Feilen und dergleichen zu diesem Hause gehöriges Werck [718] zeug lieget / in Stein gehauen / und diesen Wagen ziehen bey paaren Wölffe / Bären / Löwen / Tieger und dergleichen wilde Thiere / auf welche der Fuhrmann mit einer starcken Peitsche tapffe zuschläget. Darüber ieset man folgende Worthe: Virtutis est domare, quae cuncti pavent, der Tugend kömmet zu / dasselbe / daß jederman fürchtet / zu zähmen. Aber auf dem Thür-Gerüste der zweyten / siehet man zwey große an den Füssen gefässelte Zucht-Buben Brasilien Holtz raspen / und unter denselben in einem runden Schilde / mit allerhand vergüldeten Ketten und Fässeln umgeben / einen andern Baumseide würcken. Welches alles ebenmäßig in Stein gehauen / u. mit seinen eignen Farben übermahlet. Durch die zweyte Thür gelanget man in einen weiten viereckichten Hoff / daraus alle Gefängnisse / vermittelst starcker eisernen Gitter ihr Licht schöpffen. In diesen Hoff stehet eine hohe Seule oder Pranger / mit der Gerechtigkeit oben auf / welche ihr Schwerd und Waage in den Händen führet. Hieran werden die Züchtlinge / wenn sie was verschuldet / zuweilen gebunden und gestäupet. Unten um den Hoff herum sitzen gemeiniglich die Landläuffer und Diebe / welche den Galgen noch nicht verdienet / und hierin / nachdem man sie öffentlich gestäupt / auff etliche Jahr verwiesen sind. Diese müssen / etliche gefässelt / etliche ungefässelt / nachdem sie alt und starck seyn / schwere Arbeit thun. Sonderlich aber Brasilien Holtz raspen / und zwar so klein und mit solcher Mühe / daß ihnen offtmals der Schweiß wiewohl sie falt gantz nackend stehen / darüber Tropffenweise ausbricht. Wenn sie ihre gesetzte Tagewerck vollbracht / denn haben sie erst Feierabend / und eher nicht. Aber oben sitzen die Bettel- und andere muthwillige Jungen / welche den Leuthen auff den Gassen überlästig fielen / und weben / unter anderer Arbeit / die ihnen nach eines jeden Fähigkeit und Macht aufferleget wird / Baumseyden und dergleichen Zeuge / auch haben sie ihre Schule / drinn sie lesen und schreiben lernen: Und wann einer von ihnen Muthwillen getriebe̅ / wird er mit den Kopff zwischen zwo Stöcke geklemmet / auff eine Banck / die in dieser Schule stehet / geleget / und mit Ruthen gestrichen. In gemeldter Schule müssen des Sontages alle Zucht-Buben zusammen kommen / da ihnen denn aus der Heil. Schrifft vorgelesen / und ihr ruchloses / eine Zeitlang gepflogenes Wesen und Leben vorgehalten / auch ein anderer Weg zu Besserung ihres Wandels angewiesen wird. Sie haben auch einen eignen Pfarrer / der ihnen prediget / und sie in Christenthum unterrichtet.
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Pontan. d. lib. 2 c. 19. Bornit. de rerum sufficient. tit. 2. c. 5. pag. 74. cit. Knichen, col. 289. Man hat sich aber hier zu verwundern / daß in 1502. auch folgenden Jahre / da doch die Peste sonst fast die gantze Stadt Amsterdam durchlauffen / in diesem Hause nicht ein einiger Zucht - Bube gestorben / oder nur behafftet worden: Also daß sich das Sprüchwort: Unkaraut vergehet nicht / in der That und Warheit erfüllet befand. Neben oder hinter demselben hat man Anno 1663. noch ein anderes Zuchthauß / welches das absonderliche genennet wird / gestifftet. In hiesigen befinden sich die jenigen / welche von niemand wollen gesehen seyn / als da seynd die ungerathene unbändige Kinder / welche ihre Eltern selbst eine Zeitlang in diese Zucht - Schule gesetzet / damit ihn der Kitzel vergehe / und daßienige / was sie in den Buben-Schulen gelernet / wieder abgelehret werde. Diese haben ihre sonderliche Kammern / und thun kei ne Arbeit / weil die Eltern ihr Kostgeld geben. Add. Bullaeus in Comment. ad const. crim. Caroli V. art 10. & Martin. Neurath, in addit. ad c. 23. Hippol. à Collib. de increm. urbium lit. 8. p. 358. Das Spinn- oder Zuchthauß des unnützen und unbändigen Frauen - Volcks Zu Amsterdam ist wegen vieler verwillderten Mägdlein / die auff den Gassen lieffen / auch um der müßiggehenden geilen Mädgen und Weiber willen / die sich in Huhrhäusern auffhielten / und des Sauffens beflissen / ja selbst zum Diebstahl verfiehlen Anno 1596. geftifftet. Selbige unbändige faule Weibes. Bilder wurden alsobald an das Flachs - und Wollen-Spinnen / Netze stricken / und dergleichen Arbeit gesetzet. Die ersten Aussen - Mütter / welche die Bürgemeister über dieses Hauß verordnet / waren Atgen Klasin und Aaf Hetmansin. Als Anno 1643. dieses Spinnhauß abgebrand / ist ein viel schöners und prächtigers erbauet / über der Thür stehet in Stein gehauen / die Züchtigung / in Gestalt einer Frauen / und hebet mit der rechten Hand eine Geissel in die höhe / mit der lincken aber fasset sie eine von den Züchtlingen / welche ein Netz stricket / bey den Ermel / als wolte sie selbige geisseln / zur Rechten Seiten fitzet eine andere mit einen Spinn-Rocken. Aber wie schön dieses Hauß von aussen anzusehen / so übeln Geruch giebt von innen der gemeine Sitz - Platz der leichten Mätzen von sich. Dann so bald man die Treppe hinauff gestiegen / und vor das [720] Gitter gelanget / diese hübsche Thierlein zu schauen / kömmet einen ein solcher äckelhafftiger dampfichter O.???a'm entgegen / daß man die Nase zu halten muß. Man findet aber dieselbe allda in drey unterschiedliche Buchten abgeschieden. In der ersten sitzen diejenigen / die auff den Brantewein zu sehr verleckert sind / und lieber ihren Rock samt dem Hembde versetzen oder verkauffen / als die Käle unbefeuchtet lassen wollen. In der andern sind die geile versoffene Mären / die in Hurhäusern ihren Leib samt der Scham um ein liederliches Hurengeld vermiethet. In der Dritten befinden sich die allerehrligsten: Nemlich dieselben / die sich so ehrlich getragen / daß man sie auff das öffentliche Schau - Gerüste zum Tantz geführet / um zum Zeugnis ihres ehrlichen Verhaltens mit den Wapen der Stadt gemercket. Alle diese Bucht - Säue werden durch ihre Zucht - Mütter'zur Arbeit angetrieben: Und wann sie sich unnütze machen / spielet man ihnen mit einen Trummelstock auff ihren eignen Kalbesfälle zum Tantz / oder wirfft sie in ein finsteres Loch / da sie auff eine Zeitlang ihre Lust büssen. Zu gewissen Stunden wird ihnen auch eines und das andere Stück aus der Heil. Schrifft vorgelesen / mit beygefügter Ermahnung / daß sie sich der Zucht befleißigen / und ihr ungebundenes gottloses Leben verlassen wolten. Ausser dieser gemeinen Züchtlingen findet man noch andere / welche in ihren absonderlichen Kammern wohnen / und nicht mögen beschauet werden. Dieselbe sind entweder Jungfrauen / die ihren eignen Vorrath durch andere zuviel Nutzen lassen / und deßwegen von ihren Eltern hieher in Verwahrung gethan worden: Oder aber Ehefrauen / die theils ihre Haußhaltung durch ein wildes ungezäumtes Leben gäntzlich verwahrloset / theis auch ihr eignes Geräthe fremden Männern / vor ein Gläßlein Weins / oder sonst etwas / zu brauchen überlassen. Zum Unterhalt dieses Zuchthauses müssen alle viertel Jahr / durch die gantze Stadt die gemeine Trinck - Häuser / und alle Häuser / da man Wein / Brantewein und andere gebrante Wasser / wie auch Speck / Butter u. Käse verkaufft / zehen Stüver geben: Ja selbsten die jenigen / da man nur geringes Bier verkaufft / fünff Stüder / welches gewißlich / wann man es alles zusammen rechnen solte / ein groß Geld ausmachen würde. add. Pontan. hist. Amstelodam. d. lib. 2. c. 9. & Schookius, in Belgio faderato, lib. 16. c. ult. in fin. Christoph. Peller, in annot. ad Saepè dict. cap. 102. Casp. Klockii, de AErario u. 3. pag. 908. [721] führet an / daß er über der Thür des Spinn - Hauses zu Amsterdam die Hauß - Mutter oder Zuchtmeisterin in Stein gehauen gesehen / welche ein faules / unartiges und ungehorsames Mägdelein castigiret / mit dieser Inscription: Schrick niet! ick wreck keen quat / maertwing tot goet / Straf ist men Hand / maer goet is myn gemoet. i. e. expavescere noli! Malum non vindico, sed ad bonum cogo, rigorosa quidem manus mea est, sed animus placidior. XIX. Von den Zucht - und Werck - Hause zu Bremen / und dessen löblicher Anstalt thun auch Reinking. lib. 2. de regim. secul. & Eccles. claß. 1. c. 7. n. 6. Item Maximil. Faust, in consil pro aerario, consil. 455. circa fin. und Limnaeus, de Jure Publ. in addit. ad. lib. 7. c. 7. n. 15. Meldung. Bey denen in Teutschland entstandenen Unruhen Anno 1629. hat es zwar in Abgang gerathen wollen / ist aber doch Anno 1644. auf Befehl des Magistrats die vorige Ordnung und Anstalt renoviret / und nebst dem Zuchthause zu Unterhaltung deren / so zu arbeiten begehren / ein Werckhauß / darinnen die Männer zum Holtzraspeln / die Weiber und Mägde zum Spinnen / die Knaben aber zu Erlernung allerhand Manufacturen angewiesen werden / angestellet / welches auch in guter Ordnung erhalten worden / biß Anno 1647. durch Anzündung eines darbey stehenden mit Pulver erfülleten Thurms / dieses Zucht - und Werck - Hauß ruiniret / welches im 1650. Jahr wieder neu erbauet worden. Zeiler, im Hand-Buch / pag. 912. & 613. add. lib. das Bremer Zuchthauß tituliret / Anno 1617. zu Erfurt gedruckt. XX. Von dem Hamburgischen statlich - erbaueten Werck - und Zucht - Hause schreibet Gerhardus Hackmann, Pfarrer der Kirchen zu Sanct Marien Magdalenen allda / in der Vorrede seiner Catechismus-Schule 1641. gedruckt / folgendes. Es ist dieses Werck - und Zucht - Hauß Anno 1616. GOtt zu Ehren / denen Frommen zu Schutz / denen Bösen zur Straffe / und dem nothleidenden Armuth zu gutem erbauet / und bis daher durch GOttes Gnade und Hülffe wunderlich unterhalten worden. Zu Provisorn und Vorstehern werden diesem Hause vorgesetzet Christliche / fromme / ehrliebende getreue Personen und Bürger / die von GOtt reichlich gesegnet / und mit guten Verstande begabet sind. Deren Oberberren / o [722] der des Hauses Patronii sind der jüngste Bürgemeister / und zwo andere Raths - Personen. Das Werckhauß hat das Symbolum Sigilli: LABORE NUTRIOR! Ich bin ein solcher / der sich durch Arbeit ernehret. Gehören derowegen hinein [1.] Arme u. Nothdürftige / es seyn Einheimische oder Frembde / weiche keine Mittel haben / ihre Kost zuverdienen / und sich gleichwoh! des Bettelns schämen. [2.] Gehören sonderlich hinein die starcke / faule / freche / gottlose / muthwillige / verstossene Trunckenbolden / Wein - und Bier - Bälge / so wohl Frauen - als Manns - Personen / so wohl Junge als Alte / die in Untugend / Boßheit / Hurerey / Dieberey / und in allerley Sünde und Schande erwachsen / und sich des Bettelns täglich vor den Thüren auf der Strassen befleißigen / und nicht arbeiten wollen. Auf solche sind die Pracher - Voigte bestellet / daß sie dieselbe Bettler von den Gassen nehmen / und ins Werck - Hauß bringen müssen. Da auch solcher faulen und muthwilligen Leuthe Eltern / Vormünder und Freunde / bey den Patronen und Provisorn sich dessen bek agen / und Hülffe suchen / werden sie hinein genommen / und zur Gottesfurcht und Arbeit angehalten. Das Zucht - Hauß hat ein solches Symbolum Sigilli: LABORE PLECTOR, ich bin ein solcher / der durch Arbeit gestrafft wird. Derowegen hieher gehören die Züchtlinge / welche von Natur zu aller Boßheit und Untugend geneigt / auch von sich selber nichts gutes thun und lernen wollen / sich mit Fluchen / Schweren / Sacramentiren und Gotteslästerung / Lügen und Trügen meisterlich behelffen können. GOttes Nahmen und sein H. Wort mißbrauchen und verachten / der Obrigkeit / denen Eltern und Praeceptoren ungehorsam seyn / in Haß / Neid / Feindseligkeit / Dräuwort / in allerley Unzucht / Diebstahl / Fressen / Sauffen / Schlemmen und Demmen / und in Summa in allerley Sünde und Schande / wie das wilde Vieh / leben / auch wohl das Ihre mit Huren und Buben gantz und gar durchbringen und verzehren / und also zuletzt an den Bettelstab gerathen / und wo ihnen nicht bey Zeiten geholffen würde / einen andern wohl gar in die Hände kommen: Ja an ihrer Seelen Schaden und Schiffbruch leiden möchten. Wann solche durch glaubwürdige Leuthe / als Eltern / Vormünder / Verwandten / Ehegatten und dergleichen bey den Patronen und Provisorn angeklaget / und üm Hülffe ersucht / werden dieselbe / nachdem sie vermögend / üm ein gewisses Geld / oder da sie arm / ümsonst und üm Gottes - Willen hinein genommen / zur Gottesfurcht und fleißiger Arbeit angehalten / damit sie in sich schlagen / ihr [723] Leben bessern / und fromm werden / biß sie aus Rath und Ein willigung der Patronen und Provisoren, und auf Anhalten der Freunde und Verwandten wieder heraus gelassen / und auf freyen Fuß gestellet werden. XXI. Herr Hertzog Ernst zu Sachsen - Gotha / höchst - seligsten Andenckens / hat gleichfals vorgehabt / ein solch Land - Zucht - Hauß auf dem Schloß Wachsenburg anzurichten / ist aber aus gewissen Ursachen nachblieben. Vid. Gothaische Landes - Ordnung / part. 1. c. 7. tit. 3. Dither in contin. thes. pract. Besold. v. Zucht - Hauß / pag. 671. Dn. Cancel. larius Fritsch / de Jure Hospital. pag. 38. XXII. Nun ist wohl wahr / daß an denselben Orthen / wo dergleichen Zucht-Werck - und Spinn - Häuser sind / man wenig Bettler auf den Gassen siehet / fehlet auch nicht an fleißigen und willigen Ehehalten / Tagelöhnern und Gesinde / aus Furcht in dieselbe gebracht zu werden. Zorer, part. 2. q. 18. n. 4090. Denn es sind gute Exercitia vor böse Buben / wie Bornitius,' dict. tract. 2. c. 5. pag. 74. sie nennet / welcher daselbst auch eine artige Begebniß erzehlet / nemlich es hätte ein junger liederlicher Bursch von Münster nach Rostock reisen wollen / üm allda etwas freyer zu leben. Wie er aber im Hinwege zu Brehmen anlanget / säufft er sich im Wirths - Hauße / seiner bösen Gewohnheit nach / stech voll / daß er von seinen Sinnen nichts weiß / da läst ihn seiner nahen Bluts - Verwanthen einer / unvermerckt durch gewisse Kerls schlaffend in das Zucht - Hauß tragen / wie er nun früh erwacht / verwundert er sich / wo er doch in aller Weld sey. Als er aber die andern Bursche tapffer arbeiten / und die schwäre Raspinus - Sägen weidlich ziehen siehet / welche ihn zuruffen / mit zumachen / hat er sich endlich drein ergeben / und gantzer neun Jahr darinnen bleiben müßen / in welcher Zeit er anfangs mit Hunger / und hernach mit Schlägen gezwungen / bendig gemacht worden / sein Leben geändert / und also wieder loß kommen. XXIII. Denn wenn sie nichts capitales verbrochen / werden sie endlich / wenn sie sich gebessert und gut thun / auf Anhalten ihrer Befreundte / wieder draus dimittiret. Dither, in contin. thes. pract. Besold. p. 672. Lather, de censu lib. 3. c. 19. n. 71.
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XXIV. Es ist ihnen auch solches an ihren Ehren nicht schädlich / vielweniger vorwürfig. Keckermann, lib. 1. System. polit. c. 16 pag. 292. Speidel, specul. jur. p. 1386. XXV. Und wäre gut / wenn andere Fürsten und Herren nachfolgeten / und auch dergleichen Zucht-Werck- und Spinn-Häuser in ihren Landen anrichten liessen / wenn dieselben gleich nicht so kostbar wären / als das Amsterdammer: So würde manchen starcken Bettler / bösen Buben / faulen Müßiggängern / ungerathenen Kindern / und dem Grund-argen Gesinde / Knechten und Mägden / die keinen Herrn gut thun wollen / besser gesteuret werden / als leider! so geschiehet. Idem Bornit. d. loc. Lather, dict cap. 19. n. 72. 73. & 74. XXVI. Bey Schliessung dieses Capitels ist auch noch zu erinnern / daß die Römer durch ihre Censores und Sitten-Richter diejenige gestraffet / welche aus Faul- und Nachläßigkeit ihre Aecker nicht gepflüget noch bestellet / oder auch die Gärten / Obst-Bäume und Weinberge nicht in acht genommen / sondern wüste und unbebauet liegen lassen. Plinius, lib. 18. c. 3. & 6. A. Gellius, lib. 4. c. 12. Alexand. ab Alexand. lib. 4. genial. dier. c. 13 p. m. 358. ibi??? Tiraquellum, in annotat. lit. Q. Cujac. ad. L. 5 C. de omni agro deseri. Welches auch noch im Fürstenthum Würtenberg üblich ist / besage derselben Landes-Ordnung / tit. 47. §. 1. ibi: „Damit Unsere / auch der Witben / Weifen / Pfrönden und andern Pflegereyen und Unterthanen einig und Landgebige Güther von den Bauleuthen wohl nützlich iederzeit gebauet / und der Gemeine Nutz dadurch befördert werde; So befehlen und wollen Wir / daß Unsere Ambt-Leuthe und Gericht in ieder Stadt- und Ambts-Flecken drey oder vier Personen / nach Gelegenheit ieder Stadt / Fleckens / so des Ackers und Weingartbaus bericht / die zwey von Gericht / die andern von Rath oder Gemeinde zu rechten Feld-Stutz ern setzen und verordnen / auch mit Pflichten und Eyden beladen sollen / zu allen Orthen und Arbeiten des Ackers und Weingartbaus durch das gantze Bau-Feld an Acker und Wein-Garten zu gehen / auf solche Bau- und Landgebige Güther zu sehen / ob die zu ieder Arth recht gebauen / und wo eine Arth unterließen / oder in Bau gebracht / denselbigen bey sonder aufgesetzter Straffe zu einen Abtrag des Anbauens und Schadens nach Ge [725] legenheit und Gestalt der Sachen zu geben erkennen / und hierunter niemand verschonen / & §. 3. Und dieweil auch mancher befunden wird / der seines Faulenzens oder Fahrläßigkeit halber / seine eigne Güter in Unbau gerathen läßt / welches nicht allein solchen Leuthen ihren Weib und Kindern / sondern auch den gemeinen Nutzen nachtheilig / so wollen wir / daß auch gleicher gestalt mit eines ieden selbst-eigenen Güthern / so einer ihm selber bauet / den Unbau nach / wie oben / mit der Straffe erkant und gehandelt werden solle. add. Christoph. Besold, comment. ad dict. ordin. polit. Ducat. Würtemberg.. ibi??? Georg. Ludovic. Lindenspüren / p. 165. 166. & 167. Item Peller, in addit. ad Klockii, lib. 2. de aerario c. 1. n. 33. Ist eine gute Anordnung / die billig mehr Orthen eingeführet werden solte / denn man würde nicht so viel Klagens über Mißwachs von den Bauren hören / die / wenn sie nicht zu rechter Zeit bestelle / noch auch den Acker tüchtig begatten / und in acht nehmen / daß er geringere Frucht / als der andern / so fleißiger gewesen / träget / strack es einen Mißwachs nennen / und Erlaß bey ihren Zinß-Herren haben wollen / da sie doch ihrer Faulheit halber billig zu bestraffen wären: Denn wenn man den Acker betrieget [i. e. nicht wohl dünget / noch zu rechter Zeit begattet] betrieget er seinen Herrn wieder! h. e. es wächst wenig / ja wohl nicht einmahl der ausgestreuete Saamen wieder drauf.

CAPUT XIV.
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Von den Gemeinen Straffen bey Hoffe / als Führung in die Küche / Küchen-Schilling / Anhangung der Jungfer / auch Abstraffung mit den Spannischen Mantel / eisernen Kappen und dergleichen. I. BEy Hoffe werden von den Pagen / Laqueien / Stall- und andern Burßen offt unfertige Händel getrieben / aber auff ge [726] wisse Arth abgestraffet / als die Pagen mit Führung in die Küchen / da ihnen / wegen ihres Muthwillens / der Mund-Koch mit der Ruthen einen Küchen-Schilling gibt. Wenn solches geschehen / gehet ein Küchen-Jung mit einem Becken / drauff er mit den Messer schläget / daß es klinge / und von solchen Schall jederman bey Hoffe herzulauffe / oder an die Fenster falle / den Delinquenten dadurch üm so vielmer zu verhönen / und von dergleichen That künfftig abzuschrecken / vor den Pagen her biß vor den Weinkeller / woselbst der Mundschenck oder Kelner dem Pagen ein Glaß voll rothen Wein einschencket / welches dieser mit eben solchen Gethöne zurück in die Küche träget / und dem Koch zur Dancksagung vor die Züchtigung darreichet. II. Wenn bey den Taffeln und Tischen zu Hoffe iemand sich ungebührlich verhält / garstige Zoten und Reden treibet / oder sonst was versiehet / wird er entweder mit der Jungfer / welches ein Bret / drauf eine Jungfer gemahlet ist / und Verbrecher an dem Hals gehenckt wird / oder um ein gewis Geld in die Allmosen Büchse zuerlegen gestrafft. III. Gemeine Diener werden mit den Spanischen Mantel / welches ein höltzern Gefäs / fast in der Form einer Butten / und oben ein Loch drinn ist / dadurch der Kopff gesteckt wird / beleget / und muß der / so es verbrochen / eine 2. und mehr Stunden damit in Schloßplatz herum gehen / und darf sich nicht niedersetzen / biß er das Verbrechen gebüsset. IV. Bey etlichen Hoffstädten hat man eine schwere Eiserne Kappen / so man ihnen umhenget / da vorn bey dem Gesichte ein Elephanten Schnabel angemacht ist / und sonderlich bey den Stall-Burßen gebraucht wird. V. Man henget ihnen auch noch wohl darzu an jede Achsel schwere Steine oder Gewichte / so um den Hals mit eisernen Banden fest gemacht / und mit Schlössern verwahret sind. Die Figur von diesen beyden Letztern kan man in Herrn Georg Simon Winthers von Adlers-Flügel Stuterey und Fohlen Zucht / sibtit. H. ad pag. 164. sehen / und die Beschreibung derselben part. 3. c. 3. n. 16. lesen. Add. Joh. Hering. de molendinis, Quaest. 4. n. 68. pag. 97.
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VI. Land-Graff Ludwig in Thüringen und Hessen / der Anno 1227. gestorben / hat / wenn einer aus seinen Hoff-Dienern eiwa zum Fluchen / oder verwegenen Schweren / den Nahmen GOttes mißbraucht / demselben diese Straffe anthun lassen / daß er einen höltzernen Eselskopff / vor allen andern / so lange müssen ümtragen / biß es einander auch versehen / und diesen Esel annehmen müssen. Zeiler. im Hand-Buch v. Gotteslästerung / & in Topograph. Saxon. super. fol. 60. b.

CAPVT XV.
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Von Weid-Messer schlagen / Item von Pritschen / I. JAgen und Hetzen ist der grossen Herren sonderbahre Freude / Lust und Ergetzlichkeit. Georg. Schönborn, lib. 2. polit. cap. 168. Welche / wenn es zu rechter Zeit / ohne Versäumnis des Gottesdienstes / der Regierung / auch ohne Schaden des Ackerbaues / und sonder allzugrosse Beschwerung der Unterthanen geschicht / ihnen wohl zu gönnen. Denn wenn sie ihr Ambt nach Gottes Befehl / andern zu Wolfarth und Besten ihrer Lande und Leuth recht und treulich verrichten / haben sie viele und mancherley Sorgen / Mühe / Arbeit Beschwerung und Verdrieß / dadurch sie den mat / unlustig und müde gemacht werden / daß sie keine Lust weder zu essen / noch zu trincken / noch zuschlaffen haben / da denn nöthig / daß sie sich zuweilen mit Jagen Hetzen / oder andern zuläßigen Ergetzungen und Abwechselungen divertiren und wieder erqvicken. Cyriacus Spangenberg / in seinen Bericht / wiefern das Jagen recht oder unrecht sey §. 8 pag. m. 14. Welches sonderlich Käyser Gratianus, und viele andere grosse Herren mehr in den Jagen gesuchet / wie Nicephorus im 12. Buch seiner Kirchen-Historia am 41. Capitel bezeuget.
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II. Bey solchen Jagen nun pflegen noch heut zu Tage die Jäger / um ihren Herrn und andern Anwesenden eine Lust und Gelächter zu machen / dahin zu trachten / wie sie einen und andern / der etwan bey den Jagen nicht weidmannisch geredet / oder wenn abgejaget worden / kein Eichenlaub auff den Hut stecken hat / dasselbe vorzeigen kan / oder sonst was versiehet / dahin zu bringen / daß er das Weidmesser halten muß. Welches auf folgende Maaße geschicht: Es wird von den Jägern ein im Jagen gefangener oder gefälleter grosser Hirsch hinbey getragen / und auff die Erde geleget / vor welchen der / so abgestrafft werden soll / niederknien / und mit den Ober-Lieb sich über den Hirsch herlegen muß / alsdenn nimt der Jäger- oder Forstmeister das Weidmesser / und schläget ihn damit dreymahl nacheinander hinten vor / und spricht zu dem ersten Schlag: Daß ist vor meinem gnädigsten Fürsten und Herrn! zu den andern: der ist vor Ritter und Knecht! Zu dem dritten: und der ist vor das Edle Jäger-Recht! Johann. Sarisberiens de nugis curial. lib. 1. c. 4. fol. 10. Der getreue Rechnungs-Beamte part. 2. c. 6. n. 192. III. Und solche Schlagung mit dem Weidmesser ist vor keine Injurie oder Beschimpffung auffzunehmen / sondern nur ein Jäger-Schertz. Simon. Majol. tom. 2. dier. canic. Colloq. 6. fol. 353. Josias Nolden, de Statu Nobilium c. 13. n. 83. Besold. in Thes. pract. v. Weidmesser schlagen. Weil offt Fürstliche / Gräfliche / Adeliche und andere hohe Personen zum Spaß / Kurtzweil und Lust selber das Weidmesser aushalten. add. Andr. Knich. de Saxon. non provoc. jur. c. 5. n. 278. Adam Keller, de Officio Jurid. Polit. lib. 2. c. 4. pag. 442. Man auch durch Schertz und Spiehl niemandten eine Injurie zufüget. L 3. §. 3. ff. de injur. Farinac. lib. 3. pract. crim. Quaest. 105. n. 125. joci enim sunt innoxii Cl. Rupertus ad C. Salustis; Bellum Jugurthinum. pag. 330. IV. Sonst ist auch bey den Schützen-Höffen üblich / daß derjenige / welcher keinmahl die Scheiben getroffen / sondern neben hingeschossen / die Sau [729] bekömmet / oder mit einer höltzernen Pritschen hinten vorgeschlagen wird. Besold. Thes. pract. v. von Weidmesser schlagen / gap. 997. Deren sich auch der Pickelhering / oder wie man ihn ietzo nennet / der Cortisan bey den Comoedien bedienet.

CAPUT XVI.
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Vom Stock-Schilling. I. WEnn Kinder / Knaben oder Mädgen unter 12. biß 14. Jahren / ehe sie zu ihren rechten und völligen Verstand kommen / etwas straffbares begehen / werden sie zuweilen / und in gewissen Fällen / auff Befehl der Obrigkeit / durch Stock- oder Kerckermeister im Gefängnis mit Ruthen gestrichen / welches man einen Stock-Schilling zu nennen pfleget. Carpzov. pract. crim part. 3. Quaest. 129. n. 26. D. Adrian Beier, de Expens. Execut. crim. c. 1. §. 14. Christian Schultze / Disp. de Delict. puerorum c. 3. th. 11. II. Und wird um deß willen der Scharffrichter hierzu nicht gebrauchet / weil man hoffet / daß solche Kinder sich bessern / und es ihnen Zeit ihres Lebens eine Warnung seyn lassen / auch daß sie durch des Scharffrichters Angriff nicht gar infam und Ehrloß werden / oder es ihnen vorwerfflich seyn möge. Conf. Carpzov. part. 3. q. 82. n. 13. in fine. Dannenhero der Churfl: Sächß. Schöppen-Stuhl zu Leipzig Mens. Jan. A. 1629. an die Bünauische Gerichte zu Esterberg also erkant und gesprochen: Hat ein Knabe von 7. Jahren C. S. genant / seinen Eltern Gänse auf einem Acker gehütet / und gegen Abend mit einem Steine an einen Birnbaum geworffen / und als M. G. Sohn / Hanß genant / solches in seines Vaters Garten geschen / und denselben mit diesen [730] Worten abgemahnet / er wolte es denjenigen / so der Baum zuständig / sagen / hat C. S. einen Stein genommen / und nachgedachten H. G. geworffen / ihn auch an rechten Schlaff getroffen / daß er alsbald zu seines Vaters Hauß gelauffen und geschrien N. S. Sohn hätte ihn mit einen Stein geworffen / welches aber die Eltern anfänglich nicht groß geachtet. Nachdem es aber Essenszeit worden / und der Junge nicht essen können / sondern sich zu Bette geleget / ist gegen Mitternacht die schwere Noth darzu geschlagen / und er um 12. Uhr Todes verfahren etc. So wird C. S. solcher seiner Verbrechung wegen mit Ruthen ziemlicher maßen gezüchtiget / und wenn solches geschehen / mag wieder ihn ferner nichts fürgenommen werden. Item Mens. Jan. Anno 1624. an den Schösser zu Freyberg: So wird M. R. in Ansehung seiner Jugend / und daß er nur 12. Jahr alt ist / in den Gefängnis mit Ruthen durch den Stockmeister ziemlicher maßen gezüchtiget / und nach ausgestandener Straffe und beschehener ernster Vorhaltung und Verwarnung / sich vor dergleichen bösen Händeln wol vorzusehen und zu hüten / damit ihm nicht etwas ärgers begegnen und wiederfahren möge / des Gefängnisses wiederum erlediget. Item Mens. Jul. Anno 1626. an Breitenbauchische Richter und Schöppen zu Petschkendorff: So würde gemelter Knabe C. B. wegen seiner begangenen Verbrechung / im Gefängnis durch den Büttel oder Stockmeister ziemlich der maßen mit Ruthen gezüchtiget / und hernach der Gefänglicher Hafft billig entlediget / darbey ihme mit Ernst unter saget wird / sich hinführo vor dergleichen Händeln wohl vor zusehen / damit ihme nicht etwas ärgers wieder fahren möge. V. R. W. Item So wird genieltes Mägdlein / in Ansehung ihrer Jugend / im Gefängnis ziemlicher maßen mit Ruthen durch den Stadknecht gezüchtiget / und folgends / bey der Entledigung der Gefängnis / von dergleichen Sachen mit allen Ernst abgeinahnet / mit der Vermahnung / wo sie nicht davon abstehen wird / sie künfftig mit härte [731] rer Straffe beleget werden solle. V. R. W. Praetori & Scabinis Dresdensibus, Mens. Feb. Anno 1628. vide Carpzov. part. 2. pract. crim. q. 62. n. 58. III. Wenn aber bey solchen Kindern die Boßheit das Alter erfüllet / werden sie mit noch schwerer Straffe beleget. Hoc tamen casu de malitia inexcusabili impuberis Rei constare debet, quam in puero undecim annorum Domini Scabini Lips. deprehendentes ob stuprum violentum commissum fustigationis poenam ipsi dictare haudquaquam duditarunt, in hunc modum respondentes. So wird er wegen solcher an dem Mägdlein begangenen und vollbrachten gewaltsamen Nothzucht / gestalten Sachen nach / weil die Boßheit bey ihme das Alter erfüllet / öffentlich zur Staupen geschlagen / und nach erlittener u. ausgestandener Leibes-Straffe des Landes ewig verwiesen V. R. W. Quaestori Weidensi, Mens. Sept. 1620, Pariter quoque adversus Reum Sacrilegii impuberem pronunciatum fuit, ad requisitionem Senatus Dresdensis, hisce formalibus: Ob sich nun wohl der Gefangene C. K. zu solchem Kirchen-Raub bekant / und wir uns darneben erinnern / was vermöge Sächß. Rechte auf diejenige / so Kirchen oder Kirchhöfe berauben / für eine Straffe / nemlichen daß dieselben geradebrecht werden sollen / verordnet: Dieweil aber gleichwohlbey diesen Peinlichen Fall etliche Umstände angeführet werden / so bey Dictirung der Straffe in gebührende Acht genommen werden müssen / unter welchen diese nicht die wenigsten seyn / nemlich des Gefangenen Jugend und Minderjährigkeit / indem derselbe noch biß dato das 14. Jahr seines Alters vollkommlichen nicht erreichet / und daß er die Sachen um ein leidliches / sich des Hungers zu erwehren / verkaufft / welche Umstände dann Käyser Carls des V. und des H. Römischen Reiches Peinliche Gerichts-Ordnung denen Richtern und Urtelsfassern gebührlich in acht zunehmen befiehlet etc. So mag der Gefangene dahero am Leben nicht gestrafft werden. Er wird aber gleichwohl mit Staupen-Schlägen des Landes ewig verwiesen / V. R. W. Mens. Feb. 1615.
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Item Mens. Nov. 1625. Praefecto in Sondersleben / Verb. Sentent. Ufn Fall aber der Gefangene über das 14. Jahr seines Alters vollständig nicht seyn würde / verbliebe er mit der Todes-Straffe verschonet / und würde allein mit Staupen-Schlägen des Landes verwiesen. Carpzov. part. 1. pract. crim. q. 42. n. 84. führet gleichfals an / daß / als 3. Knaben etliche Rechen-Pfennige vergüldet / und vor Rheinische Gold-Gülden aus gegeben / dieselbe deshalber zur Straffe im Gefängniß mit Ruthen gestrichen / und hernach des Landes ewig verwiesen worden. Sententiam puncto Sodomiae contra puerum septem annorum vide apud Carpzov. part. 3. q. 143. n. 17. Pract Crim. IV. Eben also werden auch die Minder jährige Wildprets-Diebe abgestrafft / nisi gravissimae circumstantiae graviorem urgeant poenam, quae & aliquando potest esse capitalis. Itaque si fur impubes, praeter ablationem ferae, sclopeto aliquem petierit procul dubio capite plectendus est. Anton. Seidenstücker / de furib. Ferar §. 18. V. Wenn man auch die Warheit in Güte von den Knaben in wichtigen Sachen nicht heraus bringen kan / werden dieselbe / an statt der Tortur, von den Gerichts-Dienern mit Ruthen gestrichen. Vid sent. apud Beatum, Decis. crim. tom. 1. part. 4. fol. 771. Speidel. in Speoul. Jur. v. Peinliche Frage / in addit. VI. Zu Zeiten werden auch wohl erwachsene Leuthe aus gewissen Ursachen / und damit man sie durch den öffentlichen Staupen-Schlag nicht gar zu sehr vor männiglich zu Schand und Spott mache / im Gefängniß mit Ruthen gezüchtiget / und hernach fort gewiesen. Desgleichen Exempel Anno 2584. Mense Augusto, bey dem Chur-Fürstl. Schöppen-Stuhl zu Leipzig vorkommen / und an den Rath zu Jena folgendes Urthel / auf Befragen / abgangen: Würde Nicol Oerthel / ein Ehe-Mann / auf seinem Bekäntnis freywillig beharren / oder des fonsten überwiesen werden / daß er mit Matthäs Fischers Ehe-Weibe fleischliche Unzucht getrieben / und seine Ehe gebrochen: So möchtet ihr ihn / nach Schärf [733] fe der Rechte / mit dem Schwerd vom Leben zum Tode straffen lassen. Ihr woltet ihm denn / in Ansehung seiner kleinen Kinder / und seines Weibes Vorbitte / Gnade erzeigen / auf den Fall möchtet ihr ihn mit Ruthen im Gefängnis züchtigen lassen / und eurer Gerichte verweisen. Quam sententiam D. Schöffel. concepit. Vid. Adrian Beier. in tr. de Expensis execut. crim. c. 1. §. 14. pag. 9. Nec non Carpzov. part. 2. pract. crim. quaest. 72. n. 70. & 71. Ibique aliud Respons. Scabin. Lips. Mens. Octob. 1627. hujus tenoris. Hat N. M. bekant / daß er unterschiedene ledige Personen / auch Ehe-Leuthe in seinem Losament wissentlich Hurerey und Ehebruch treiben lassen / er habe biß weilen ein bißgen Essen darvon gehabt / mannichmahl hätte er auch nichts / mannichmahl hätte er einen halben / oder einen Thaler darvon bekommen / und es darum gethan / daß er sich / sein Weib und Kinder versorgen / und ihnen Essen dafür schaffen können / etc. So wird er wegen solcher seiner vielfältigen verübten Kuplerey / daran er sonderlich seinen Gewinst gehabt / im Gefängnis ziemlicher maßen mit Ruthen gezüchtiget / und des Landes ewig verwiesen / V. R. W. Eben dergleichen ist von berührten Schöppen-Stuhl Anno 1603. einem / welcher mit seines Weibes Schwester / einer ledigen Dirnen / die zur Staupe geschlagen / un̅ des Landes ewig verwiesen worden / fleischliche Unzucht und Ehebruch begangen / sein Weib aber vor ihn gebethen / zuerkant worden. Carpzov. d. part. 2. q 74. n. 75. Jung. praejudie. n. 91. Wie auch theils noch jungen Dieben. Idem Carpzov p. 2. q 82, n 36. VII. Heut zu Tage aber kan und darf keine Unter-Obrigkeit in solchen Fällen die Straffe mitigiren / sondern es muß von der hohen Landes-Obrigkeit geschehen / un̅ das Urthel deroselben verschlossen zugeschicht / und Verordnung drauf erwartet werden. VIII. Romae pueri vel liberi & praetextati non solum ferulis, sed etiam angvillarum tergoribus caede bantur, teste Plìnio lib. 9. hist nat. c. 23. ubi de Muraenis agit. Tenu???ssimum inquit, his tergus, contra anguillis crassius: eoque verberari solitos tradit praetextatos. Et Isidorus, Etymolog. lib. 5. c. 27. ait: anguillam esse, quâ coercentur pueri in Scholis, quae vulgò Scutica dicitur. Vid. Petrus Faber, lib. 2. semest. c. 24. pag. 71.
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IX. Olim quoque praeceptores manûs discipulorum ferula caedebant tantùm, sed jam nec scopae ullae, nec fustes, nec verbera improbitati puerorum sufficiunt. Martialis lib. 14. ferulas appellat tristes, sceptra??? paedagogorum. Erasm. in Proverb Contra retiaerum ferula ligni genus est, [inquit] quo quondam pueri cedebantur, at??? item milites, si quid contra disciplinam facere viderentur. Eine Pritsche. X. Die Türcken halten in ihren Schulen die Kinder nicht in so harter Furcht und Zucht / wie wir Teutschen: Da man denselben durch pochen / schnarchen / schlagen und stoßen alle Liebe und Lust zu lernen vertreibet. Sie straffen und züchtigen zwar die kindlichen Fehler auch: Jedoch mit Bescheidenheit / und setzen dabey / welches eines Lehrmeisters fürnehmste Tugend ist / die Gedult nicht an die Seiten. Muß es ja geschlagen seyn / schmeißen sie dieselben auf die bloße Fußsolen mit einen Stäbelein: Denn die Ruthe braucht man bey ihnen gar nicht. S. Schweiger / in Beschreibung der Stadt Constantinopel / c. 21. In Persien wird es eben also gehalten. Vid. Caput. von der Falaka, Die Japaner lassen ihre Kinder mit Sanfftmuth / Zureden und guten Worten unterweisen / denn sie sind so gearthet / daß sie mit keinen steiffen Zaum wollen gelencket seyn. Die Kinder reitzet man durch Ehrsucht gegen einander / die ihnen ohnedem angebohren zu seyn scheinet; und darum wenden sie allen Fleiß an / andern ihres gleichen den Preiß im Lernen abzugewinnen. Erasm. Francisci, im Neu-polirten Geschicht-Kunst- und Sitten-Spiegel / lib. 2. discurs. 38. pag. 832. XI. Es lässet sich aber eine so gelinde Zucht nicht allenthalben nützlich practiciren / und stehet uns Teutschen nicht zuverdencken / wenn wir unsere Jugend ein wenig härter [iedoch gar zu strenge tauget auch nicht] halten / als etwan andere Nationes ihre Kinder: In Betrachtung daß die Teutsche Nation von Natur mehr zur Freyheit und Licenz geneiget ist / denn andere. Daher man an den muth willigen Kindern billig mit einer schärfern Disciplin die wilde Rancken oder Reiser des Muthwillens beschneidet. Gleichwie man den Staub nicht aus dem Gewand bringt / [735] ohne Stecken-Schlag; also kan man die Boßheit nicht aus den Knaben bringen sonder der Ruthen. Quirinus Pegeus, im andern Theil der Kunst-Quelle / pag. 123. Willige und wohlgeschlachtete Pferde regieret man mit den Winck und Schatten der Gerten: Denen wiederspenstigen Maulthieren leget man Zäume und Gebisse ins Maul: Den Trägen dienet ein Sporn in die Seiten. Also müssen wohlgeartete Knaben freundlich; die Muthwilligen aber ernstlich gezogen werden. Insgemein ist Salomons Lehr-Spruch allen Völckern zu rathen. Wer sein Kind lieb hat / der hält es unter der Ruthen! Jedoch muß alles mit Vernunfft / und zu rechter Zeit geschehen; also daß aus der Ruthen keine Peitschen noch Scorpionen werden / und unterweilen auch ein Apffel mit unterlauffe. Es nutzet zwar dem Menschen sein Lebenlang / wen̅ er in seiner Jugend ein wenig strenge gehalten wird: Aber wie man mit keinen trucknen harten Leimen und Kalck die Steine zusammen füget; sondern solche noth wendig mit einer Feuchtigkeit anmachen / und erweichen muß / wenn das Gemäuer bestehen / und solches Erdreich kleben soll: Also will auch die scharffe Zucht mit Gelindigkeit vermischet seyn / daferne sie etwas soll bauen. Allzuhart macht hartnec???icht nnd verstockt. XII. Dannenhero kan man nicht loben / daß die alten Gothen ihren kaum aus der Wiegen gekrochenen Kindern stets Ruthen und Brüste mit einander gereichet / und ihnen schier so viel Bluts wieder aus der Haut gegeisselt / als Milch in den Mund gegeben. Die barbarische Leuthe setzten ihre Kinder erstlich in ein gewaltig heisses Bad / peitschten sie daselbst so lange / biß das Blut mildiglich von ihnen floß / und stiessen sie gleich drauf in eißkaltes Wasser mit großer Lebens-Gefahr: Damit also die junge Knäbelein festere Gliedmaßen bekommen / und so wohl gegen Hitze / als Frost in der Zeit gehärtet werden möchten. Ihre noch zarte Knaben wurden gleichfals bey den Altaren so unbarmhertzig gepeitschet und geschlagen / daß ihnen der rothe Schweiß häuffig von den Rippen rieselte / und mancher Bube offt vor tod liegen blieb. Wiewohl dennoch keiner drüber geschryen / ja nicht ein mahl geseufftzet / sondern den Schmertzen in sich gefressen / und [wie die Nieder-Teutschen zu reden pflegen] in sich gezogen / gleichwie die Schuhe [736] das Schmier / alles um der Ursachen willen / daß sie gleich von unmündiger Kindheit an / und mit der Mutter-Milch / eine Dauerhafftigkeit und unverzärtelte Sitten eintrincken möchten. Maßen deswegen die neugebohrne Kindlein gleich von Mutterliebe zu einen Fluß getragen / und daselbst in das kalte Wasser eingetaucht wurden / damit ihnen die Kälte den Leib wieder alle weiche Zartheit und Schwachheit verpanzerte. Und dieser Gebrauch hat noch zu Olai Magni Zeiten gewähret / welcher folgends diese Worte hinzu thut: „Wen̅ die Kinder der Gothen ein wenig grösser geworden / bekommen sie manchen schweren unbarmhertzigen Streich / so wohl ins Angesichte / als auf den Leib / und müssen doch so maußstill darzu schweigen / daß sie nicht einmahl das Auge verschiessen / vielweniger ein Zährlein fallen lassen dürffen. Weiche Feder-Polster lässet man ihnen nicht zu: die Banck oder der Boden muß ihr Ruhe-Bett ein / darneben ihre Kleider von feiner harten Materi / und die Kost gleichfals hart seyn / auf daß sie / wo müglich / gleichsam eiserne / und wieder alle Fälle daurhaffte Glieder gewinnen mögen. Olaus Magnus, lib. 8. de statu Reg. & off. Das vornehmste Absehen dieser streitbahren Nation war hierbey gleichwohl dieses / daß ihre Jugend hierdurch möchte im Kriege und Schutz des Vaterlandes desto geschickter werden. Dazu denn eine solche / wiewohl strenge Zucht / viel dienlicher / weder die allzugelinde. XIII. Es gibt in der Knaben-Zucht einen solchen Unterschied / wie bey Metallen Arbeit: Denn etliche Knaben gleichen dem Golde / dienen zu hohen Aemtern und Ehren-Diensten: Etliche zu Ziehr- und Erhaltung gemeinen Wesens / wie das Silber. Etliche zu Haußhaltung / wie das Kupffer und Zinn: Etliche zum Kriegeswesen / wie das Eisen: Etliche zu den Ackerbau / und Bäurischer Arbeit / wie das Bley / allermassen Plato solches Gleichnis gibt. Wenn man nun mercket / was in den Knaben vor eine Natur stecket / welches sich denn frühzeitig pfleget zuereignen / kan man auch die Zucht darnach richten / selbige verstrengen oder lindern / nachdem es um des Knabens Gemüth und Zweck bewant ist: Aber doch bleibet die Maaße das Beste in allen Dingen.
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CAPUT XVII.
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DE LAPIDE VITUPERII ET CESSIONIS Bonorum. I. WIeder die Falliten und Banckerottmacher [Italis à Bancarotta, id est mensâ ruptâ dicti, Metaphorâ â nummulariis, quorum mensa ob inopiam ex malâ administrarione sublata est, desumtâ. Sauter. in Mastige Fallitorum in praefat. Wegner. de Bancirupt. c. 2. Marquard. de jure Mercat. lib. 4. c. 8.] seind je und allewege scharffe Verordnungen ergangen. Also ließ Käyser Carolus V. in den Niederlanden eine Constitution publiciren / drin unter andern alle Falliten, so durch ihr eigen Verschulden / Bancketiren und üblen Haushalt ander Leuthe Güther verthun / nebst ihren Helffers-Helffern öffentliche Diebe genennet werden. Sauter. d. tr. c. 21. Knich. op. polit. tom. 1. lib. 2. part. 1. c. 12. Thes. 6. pag. 622. Dergleichen Decreta haben auch promulgiret Franciscus I. Carolus IX. Henricus III. und Henricus IV. Könige in Franckreich. Vid Sauter, c. 28. & c. 36. ubi severum decretum in Guilhelmum Pingraeum banciruptorem insignem refert, hujus tenoris, utille publicè damnatus, planipes, & certo amictu indutus, collo laqueum gestans, cum tabella hujus inscriptionis: FRAUDULENTUS BANCAE RUPTOR, ferens manu taedam accensam, ac bilibrem, per Lictorem per plateam S. Dionysii usque in forum venalium deduceretur, & ibidem scelus suum confiteretur, ac postea ad triremes damnaretur, omniaque ejus bona confiscarentur. II. Etlicher Orthen werden sie in die Schuld-Thürme gesetzet. Marquard. d. lib. 4. c. 10. n. 11. Ordin. Polit. Caroli V. de dato Augsburg 1548. tit. von verdorbenen Kauffleuthen / Constit. Elect. Saxon. part. 2. Const. 22.
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III. Anderswo liefert man sie den Creditoren oder Gläubigen an die Hand und Halffter / die Schuld abzuverdienen. Land-R. lib. 3. art. 39. in pr. IV. In dem Praetorio oder Gerichts-Hause zu Padua soll ein grosser Stein / als ein Schmiede Amboß formiret, befindlich seyn / welcher genennet wird LAPIS VITUPERII & CESSIONIS BONORUM. Sollen auch eben diese Worthe drinn gehauen stehen / auf welchen ein Schuldener / wenn er seine Güther den Gläubigern abtreten will / u. nicht völlig bezahlen kan / sich s. h. mit entblösten Gesäß setzen / mit den Hintertheil den Stein stossen / und überlaut ausruffen muß: CEDO BONIS! Henzner. in Itinerar. p. 211. Hilar. Pyrckmayer, in vera peregrinandi ratione, cire. fin. Schradaeus, in monument. Ital. fol. 31. M. Mantua Bonavit. lib. 5. Enchirid. rer. singul. c. 105. Matheac. lib. 1. de via Juris c. 26. Dither. in contin. Besold. v. nacket. Limnaeus hat solchen Stein selbsten gesehen / wie er in in addit. ad lib. 4. Jur. publ. c. 8. pag. 310. meldet. V. Eben also wird es auch in Sabandien gehalten / ex constitutione Ducis Amadaei Anno 1467. publicatâ, & ab Antonio Thesauro, Decisione Pedemontana 36. suffixâ, hujus tenoris: Ut bonis cessurus coram Senatu Ducali compareat, & statutâ causarum horâ super lapidem ante fores Auditorii affigendum erectus stet aliquo temporis intervallo, & demum us??? ad camisiam suis exutus vestibus palam debeat stare, & de posterioribus super illo lapide binâ vice percutiendo, altâ voce clamare: CEDO BONIS! ut ignominia actus hujusmodi caeteris indecoris sit in publicum agere proponentibus &c. Item zu Meyland / und fast in allen Städten Italiae. Horat. Carpan. de stat. Mediolanenens. cap. 408. VI. Zu Rom muß ein solcher Schuldner sich auf einen Marmorsteinern Löwen / welcher unten an den Stuffen / wenn man nach dem Capitolio gehen will / zubefinden ist / setzen / mit dem Hinter theil auff den Rücken des Löwens stossen / und gleichfals ausruffen: CEDO BONIS! Petr. Greg. Tholos. Synt. Jur. Univ. lib. 22. c. 11. n. 9. Cynus. in I. 1. C. de bonor. cess. Roder. Suarez. lib. 2. For. leg. lib. 3. tit. de cess. bonor. in pr. n. 5. Brun. de Cession. bonor. Quaest. 6. principali n. 5. Limnaeus in addit. ad lib. 4. J. P. c. 8. pag. 310. VII. In der Moßcau wird derjenige / welcher nicht bezahlen will / oder [739] kan / pristavet / daß ist / er muß bey eines Richters Knecht im Hause sitzen / gleichwie bey uns in Gehorsam / oder Arrest. Erfolget die Zahlung gleichwohl nicht / so wird er ohne Ansehen der Person / Er sey Ruße oder Fremder / Mann oder Weib / Geistlicher oder Weltlicher in den Schuld-Thurm gesetzet / und täglich eine Stunde vor die Cantzeley auff einen öffentlichen Platz geführet / und mit einen schwancken Stecken / eines kleinen Fingers dick / auff die Schienbeine geschlagen / daß die Leuthe offt / wegen gros-Schmertzen / überlaut schreyen. Bißweilen thut der Executor, wenn er poschul, daß ist Geschenck bekommen / gelinde und Fehlschläge. Etliche stecken auch wohl starck Blech oder Eisen in die Stieffel vor die Schienbeine / welches die Schläge auffangen muß. Nach aus gestandener solcher Pein und Hohns / muß der Schuldener entweder in den Thurm / oder Bürgen stellen / daß er den andern Tag / zu gewisser Zeit sich wieder einfinden / und ferner schlagen lassen will / und das heisset auff die prawe stellen. Olear. in der Pers. Reise-Beschreibung. edit. vet. pag. 170. & 171. Oder da sie gar nicht bezahlen können / werden sie solcher Gestalt offt geschlagen / denen Creditoribus überliefert / ihnen die Schuld abzuverdienen. Gaguin. in Descript. Moscov. c. 4. Speidel. in specul. Jur. v. Banckerottierer. pag. 101. Dan. Sauter. d. tr. part. 3. c. 2. pag. 50. VIII. Bey den Amalthasanis haben die Falliten ihre Köpffe auff die Erde stossen / mit einen Kam sich kämmen / und ausruffen müssen: cedo bonis! Sicharnius, in Disc. Jurid. Polit. de cession. bonor. & Banckerot. c. 5 pag. 46. Dergleichen Kämmen sol auch an etlichen Orthen in Italien noch gebräuchlich seyn / darbey die Falliten auff der Erden sitzen / und in einer Hand ein Leinen Tuch halten. Jacoh Moller, von Panquerottirern / c. 5. pag. 93. In vielen Städten wird ein solcher mit Glocken Klang / Trommel und Pfeiffen / durch die Gassen zu einem Stein geführet / auff welchen er bonis cediren muß. idem p. 47.
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IX Ja wenn die Obrigkeit es machte / wie vor Zeiten der Käyser Hadrianus im Amphitheatro zu Rom gethan / der die Decoctores, Banckerottirer / Falliten und Land-Betrieger / so wissentlich / vorsetzlich- und muthwilliger Weise falliment gemachet / an einen öffentlichen Orth / jederman zum Spectacul und Schau-Spiehl vorstellete / damit sie / wie ein Dieb am Pranger oder Hals-Eisen / von Männiglich angeschauet / verachtet / verlacht und verspottet würden / solte wohl mancher sich dran spiegeln / ein Exempel nehmen / und das disce cautius negotiati, juxta L. 2. C. de furt. practiciren lernen. add. A, Gellius, lib. 15. Noct. Attic, c. 12. Petr. Gregor. Tholosan. lib. 22. c. 11. n. 9. & 10. Brun. de cess. bonor. Quaest. 6. principal. X. Nach der Alten Römer Gesetze der XII. Taffeln wurd ein solcher Banquerottirer und Schuldmann / der nicht bezahlen konte / entweder verkaufft / und in schwere Dienstbarkeit gebracht / drinn er an Fesseln und Banden seinem Herrn / der ihn gekaufft hatte / üm eine gewisse verordnete Speise oder Kost saure Arbeit leisten muste. Ober wenn er nicht verkaufft werden konte / wurd er auff öffentlichen Marckt an eine Säule gebunden / und daselbst zu Tode gestrichen / oder sonst auff eine andere Art am Leibe gestrafft. Ja es wurd derselbe wohl gar seinen Gläubigern / wenn sie es begehreten / zum Schnitt und Theilung seines Leibes hingegeben / alsdann ward der Schuldener entkleidet / auf eine Schlachtbang geworffen / drauf angebunden / und lebendig in gewisse Stücke zerhauen und getheilet / und einem jeglichen Gläubiger / an stat seiner Schuld / ein stück davon gegeben. Die Ursache aber / daß solche grausame u. scharffe Straffe auf dergleichen muthwillige und Selbstschuldige Banckerottirer gesetzt worden / ist / daß durch solches abscheuliches und grausames Spectacul die Leuthe abgeschreckt würden / daß sie sich vor Borgen und Leihen hüten / auch Treu und Glauben desto besser halten solten. Es ist aber endlich diese scharffe Straffe der Zertheilung des Schuldeners auffgehoben / und in eine andere Lebens-Straffe verwandelt worden. Ja es haben auch endlich die Bürgemeister zu Rom C. Poetilius und L. Papirius Mugillanus im Jahr von Erbauung der Stadt 429. ein Gesetze gegeben / welches Poetilia Papiria de nexu genant wird / darinn verbothen worden / daß niemand wegen Geld-Schulden an seinem Leibe gebunden oder gemartert würde / sondern allein an [741] Haab und Guth verhafftet wäre / wie solches Livius im 8. Buch bezeuget. XI. Nach denen beschriebenen gemeinen und Kayserlichen Rechten sind auffdiejenige Banckerottirer / so das Ihrige durch Fraß und Quaaß / Huren und Buben / Spielen / Dobbeln / Pracht und Eitelkeit durchgebracht / unterschiedliche Straffen geordnet. Denn es werden dieselbe vor Ehrlose Leuthe und Schelme gehalten. per L. ea quae 13. C. ex quib. caus. infam. irrog. Sie wurden auch mit Peitschen / daran unten stücklein Bley verknüpffet / daß ihnen der Rücken braun und blau aufflief / dichte und derb geschlagen und gegeisselt. L. 40. C. de Decurion. Es musten auch diejenigen / so gemeine Stad-Gelder verschläuderten und durchbrachten / solches doppelt L. 46. §. 1. ff. de Jur. Fisci. & L. 8. C. eod. erstatten. Sie wurden ihrer Ehren beraubet / L. 2. C. de Palat. Sacr. Largit. und von ihren Aemtern verstossen. L. 12. C. de susceptor. Nach den Päbstl. Rechten werden sie in den Bann gethan / c. Odoardus 3. X. desolut. XII. Bey den Kalekutiern soll noch biß heutiges Tages / wie aus des Ludovici Itinerario, rer. Indic. lib. 1. c. 9. Anton Tessaurus, Decis. 503. n. 2. erzehlet diese Straffe gebräuchlich seyn. Wann ein Gläubiger / daß sein Schuldner ihm was schuldig / bey den Obersten der Priester erwiesen hat / so giebt alsdann der Priester dem Gläubiger einen grünen Zweig / aus welchem Zweige der Gläubiger einen runden Kreys auf der Erden macht / in welchen er seinen Schuldener einschleust / und darf alsdann derselbe aus diesen geschlossenen grünen Kreyse nicht treten / sondern es wird derselbe / als ein Feind des Gemeinen Bestens zu zerreissen hingegeben. Auf solche Arth zahlet derselbe entweder die Schuld / oder muß in solchen Kreyse Hungers sterben / als ein verhasseter Scheusal aller Leuthe. XIII. Bey den Indianern / wie Alex. ab Alexand. lib. 6. Gen. dier. c. 10. anführet / ist dem Schuldener / der seinem Gläubiger an gesetzten Tage nicht bezahlen können / von dem Gläubiger eine Hand abgehauen / ein Auge ausgestochen / und derselbe darnach getödtet worden / welches denn auch gleicher Gestalt bey denen Pisidiern in Gebrauch gewesen. XIV. Die Smyrner und Athenienser verbothen denen Banckerottirern den Platz / daß sie nicht mehr unter die Leuthe kommen musten. An etlichen [742] Orthen werden sie öffentlich an den Kaack oder Pranger geschlossen / und von den Büttel gestrichen. Bey den Türcken wenn ein Schuldener aus Boßheit das Seine durch gebracht / und nicht bezahlen kan / läst ihm der Käyser vom Leben zum Tode bringen. Die Griechen begruben ihn nicht in sein Väterlich Begräbnis. Alex. ab Alexand. lib. 6. c. 14. Bey den Florentinern verlohren sie das Bürger-Recht / und wurden zu keiner Wahl gefordert. Brutus, in Hist. Florentin. XV. Nach denen Edictis perpetuis der Könige in Franckreich / werden die Banckerottirer höchst-schimpflich gehalten / ins Gefängnis geworffen / und zum öfftern an Leib und Leben gestrafft / welches aus dem Poenal Edict Königs Francisci l. Anno 1536. den 10. Octob. zu Lion publicirt / zuersehen ist / woselbst mit diesen Worten verordnet: Wir wollen / und befehlen mit höchster Schärffe / daß die falsche Kaufleuthe / welche nicht ohne grosse Verwirrung und Zerrüttung des gemeinen Bestens / und Schaden vieler Ehrlicher Leuthe ausfallen und banckerottiren / aus denen Kirchen und heiligen Oerthern / wohin sie ihre Zuflucht genommen / heraus gezogen / und in gefängliche Hafft gebracht werden / biß sie alles richtig bezahlen. Ebenfals hat auch König Carl der IX. in Franckreich geordnet / daß wieder die Banckerottirer / so betrüglicher weise ausfallen und austreten / ohne alle Weitläufftigkeit / und mit Leibes-Straffe solle verfahren werden. Imgleichen hat auch Henricus III. König in Franckreich zu Bloi vorige Edicta confirmiret / mit diesen Worten: Wir ordnen und wollen / daß die hiebevor in diesem Königreiche wieder die Banckerottirer ergangene Edicta genau in acht genommen werden sollen / damit solche öffentliche Betrüger andern zum Abscheu exemplariter mögen gestrafft werden. Gleichen Ernst und Eifer hat auch König Henricus IV. wieder dieselbe spühren lassen / indem er Anno 1609. folgendes Edict publiciren lassen: Wir wollen und befehlen ernstlich / daß die Banckerottirer / so da ausgetreten / und ihre Creditores betrügen / öffentlich als wie Diebe und Strassen-Räuber / und öffentliche Land-Betrieger an Lieb und Leben sollen gestrafft werden: Befehlen demnach / und geben hiermit öffentliche Macht und Gewalt allen und ieden unsern Unterthanen / daß sie die flüchtige Banckerottirer / ohne einige weitere vorhergehende Befehliche / anfassen / und beym Kopf nehmen lassen / und in die Gerichte lieffern sollen,
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XVI. In Meyland / wie Plotus, in tract. de in lit. jurand. §. 4. n. 63. meldet / ist verordnet / daß ein ieglicher Kaufmann / Krahmer oder Künstler / der einen Handel treibet / und die Leuthe betreugt / üm das Ihrige bringet und durchgehet / an allen Orthen / wo derselbe angetroffen wird / solle gefänglich eingezogen / und an den Galgen gehenckt / oder auf die Galeren geschmiedet werden / daß er darauf die Zeit seines Lebens arbeiten müsse. XVII. Nach den Sächß. Rechten ist ihre Straffe der Schuld-Thurm. Vid. const. Elect. Sax. p. 2. const. 22. Richter, de privil. credit. c. 1. n. 73. So auch in Italien / Hispanien / Franckreich / Engeland und Holland; Item in den grossen Handel-Städten Teutschlandes gemein und eingeführet ist. Maevius, ad jus Lubec. lib. 3. tit. 3. artic. 1. n. 33. XVIII. Vermöge des Hamburgischen Stadt-Rechts ist der Banckerottirer Straffe der Winser-Baum / darauf einer so viel Jahre sitzë muß / so viel tausend Marck Lübsch er schuldig bleibet / u. ist der Kläger oder Gläubiger / so ihn setzen lassen / zu desselben Unterhalt nicht mehr / denn täglich einen Schilling Lübsch zugeben schuldig. Wenn aber der Gläubiger / wegen der alimentations-Kosten den Schuldner nicht will setzen lassen / so muß auf des Klägers Anfordern / der Schuldner den Eyd der Armuth schweren / und sich der Stadt und Gebiethe so lange enthalten / biß er den Kläger befriedige / oder sich mit ihm vergleiche. Wenn sich aber der Debitor mit dem Creditore dergestalt vergleichet / daß er denselben / wenn er zu bessern Vermögen gelangen würde / befriedigen wolte / so wird derselbe seiner Ehre und Ehren-Aembter gäntz lich entsetzet. XIX. Nach den Lübeckischen Rechte mag der Gläubiger seinen Schuldener gefänglich einziehen lassen / und halten / als einen Schuld-Gefangenen: Will er ihn aber zu eigen annehmen / und er ihme also Gerichtlichen übergeben wird / sol er ihn speisen / als das Gesinde / und verwahren / wie man am besten kan / auch wohl anlegen / wenn er will / doch daß ihm an seiner Gesundheit kein Schaden geschehe: Er soll seinem Herrn seine Arbeit thun. XX. Nach den 17. Articul der Breßlauer Statuten wird er aller seiner Ehren entsetzet / auch ihm nicht gestattet / in der Stadt frey und ledig zugehen / [744] sondern wird / auf der Gläubiger Vegehren / in gefängliche Hafft gezogen. Und / wo er vorsetzlichen muthwilligen Vetrugs sich durch sein Aufborgen zu unterhalten / andere Leuthe aber damit zugefehrden / überwunden / hierüber auch noch am Leibe gestrafft / von welchen allen ihn die cessio bonorum nichts hilft / noch befreyet. XXI. In vielen vornehmen Handeis - Städten / als Franckfurth am Mäyn und andern / wenn ein Kaufmann / der zugleich ein Raths - Herr mit ist / einen banckerot machet / wird derselbe aus den Rath gestossen. XXII. In den neuen Mandato der Hänse - Städte wieder die muthwillige Falliten und Banckerottirer / so zu Lübeck Anno 1620 gedruckt / ist verordnet / daß über einen Banckerottirer / nach vorhergehender Declaration nicht allein die Schand - Glocke geläutet / sondern auch derselbe mit öffentlicher Anstellung an den Pranger / ewiger Verweisung / und / nach vermerkten Umständen / als ein Dieb an Leib und Leben gestrafft werden solle. Jacob Moller / von Bauckerottirern / Falliten und verdorbenen Kaufleuthen / c. 5. pag. 89. & seqq.

CAPUT XIIX.
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Vom Laster - Stein / Spannung in die Futter - Wannen / und Anthuung der Geigen. I. BEy etlichen Städten hat man in den Ambt - und Rath - Häusern länglichte / oder auch wohl runde / [an theils Orthen als Manns- oder Weiber - Köpffe / nachdem sie diesem oder tjenen zutragen angehenget werden / formirte] Steine / daran eiserne Ketten und Hals - Bänder gemacht sind / welche man den Dieben / so den Staupen-Schlag noch nicht verdienet / oder den gemeinen Huren / und andern verruchten gottlosen Leuthen an die Hälse / oder über die Achseln her henget / oder in die Hände giebt / sie solcher gestalt öffentlich vorstellet / oder auch wohl [745] damit etliche mahl aufn Marckt herum gehen lässet / männiglichen zum Spectacul und Abscheu. Zasius, ad L. Imperium ff. de Jurisdict. n. 53. Philip. Helfr. Krebs / de ligno & lapide c. 2. sect. 2. §. 5. D. Eritsch. in supplem. Speid. Besold. v. Laster - Stein Carpzov pract crim p. 3. q. 109. n. 57. II. Et haec impositio Lapidis Famosi seu scandali est poena MERI IMPERII. Mynsing. resp. 16 n. 25. Gylmann. Tom. 2. p 3. tit. 10. vol. 2. n. 22. Bocer. de Juris dict. c. 5. n. 43. Dither. in orbe nov. literat. pag. 387. Pertinetque ad parvum merum imperium. Consil. Argentinens. Tom. 1. Cons. 2. n. 175. III. Zu Straßburg [teste Ditherro, in addit. Besold. tom. 1. v. Ehebruch / pag. 206. infin] werden die Ehebrecher / welche es zum andernmahl versehen / mit solcher impositione Lapidis famosi abgestraffet. IV. In etlichen Herrschafftlichen Mühlen siehet man auch dergleichen Laster - Steine / deren theils als ein Manns - Kopf gebildet / theils auch als ein Esels- oder Hasen - Kopf aussehen / und mit eisernen Ketten und Halsbanden gefasset sind / welche denenienigen angehenckt werden / so in den Mühlen etwas an Melh / Maltz oder Kleyen gestohlen entwendet haben. V. Die Straffe mit den Laster - Stein ist auch in etlichen Städten in Schwaben üblich / teste Mynfingero, consil. 16. n. 15. VI. Imgleichen in der Nieder - Lausnitz / sonderlich zu Bautzen / allda es nicht der Laster - Stein / sondern das Flaschen - Tragen heisset: Denn es hengen daselbst im Wein - Hause zwey länglichte Steine in gestalt der Flaschen / welche den zancksüchtigen Weibern / die von Worthen zu Schlägen kommen / angehenckt werden / wie Christian Benjamin Hertz / in seiner Disputation, de jure Numellarum, cap. fin. th. 5. bezeuget. VII. Die Cumaei stelleten die Ehebrecher am öffentlichen Marckt auf den Schand-Stein / allwo sie von männiglich verspottet / hernach auf einen Esel gesetzet / und in der gantzen Stadt herum mit grossen Hohn geführet wurden. Plutarch. in problem. c. 115. Petr. Greg. Tholos. Syntagm. Jur. Univ. lib. 36. n. 26. Arnisaeus, de jure connub. c. 5. sect. 8. n. 6. VIII. Es soll auch noch in den Mitternächtigen Ländern üblich seyn / daß man [746] denen Adulteris Schand-Steine anhenget / und sie damit öffentlich darstellet. Olaus Magnus, & ex illo Cornel. Scribon. Graph. Epitom. lib. 6. c. 12. Huc spectant quoque, quae ex aliis habet Flamin. de Rubeis tr de Adulter. cap. 16. n. 4 pag. 156 & 160. Nec non Joh. Hering de molend. quaest. 4. n. 43. IX. In Peru muß derjenige Caciqua oder Fürst / welcher seinen Unterthanen / ohne Bewilligung des Jugae getödtet / zur Straffe einen grossen Stein auf den Schultern tragen / welches man vor eine grosse Schande hält. Begehet er dergleichen That hernach noch mehr / im Fall nicht eine sonderliche Vorbitte ihn errettet / wird er doch gleichwohl seines Standes entsetzet. Erasin. Francisic, im neu - polirten Kunst - und Sitten - Spiegel / lib. 2. Discurs. 8 pag. 397. Ohrte Erlaubnis an verbothenen Orthen Jagen / ist allda sträflich / und muß ein solcher Wild - Räuber den Schand - Stein auf sich nehmen. Womit gleichfals derjenige zum erstenmahl beleget wird / der allda die Gräntz - Steine auf den Acker verrückt / oder Länderey / so andern Leuthen angewiesen / thätlicher weise eingenommen hat: An der Wiederhohlung dieser Thätligkeit hänget der gewisse Tod. Idem Francisci, pag. 397. Welcher Peruaner seinem Landes - Fürsten den gebührlichen Gehorsamnicht erweiset / der ist zum erstenmahl mit wilkürlicher Straffe angesehen / zum andernmahl mit dem Schand / Stein beschimpffet / zum dritten des Lebens beraubet worden. idem d. loco. Einen Faulentzer oder Tages Schläffer gibt man zum Wecker und Aufmunterer einen Prügel / oder auch wohl den Schand - Stein auf die Schulter. idem pag. 398. Es wird der Schand - Stein gleichfals demjenigen zuerkennet / welcher aus Schwachheit / unordentlicher Liebe und Bulschafft einen Fall gethan. idem pag 43. X. Christian Wurstius, in der Baseler Chronic. meldet / daß zu Müllhausen in Ober - Elsas [so andere zum Sündgow ziehen] wenn ein Weibesbild irgend die andere neidischer Weise falschlich verklaget / oder [747] mit Schmach - Reden Ehrenverletzlich antastet / eine solche Thäterin durch die Stad - Knechte an den Wochen - Marckt / wern allermeist Volck verhanden / andern zum Exempel / herumgeführet werde / und einen Klapper oder Laster - Stein / bey 25. Pfund schwer / wie ein Weibes - Haupt / so an ausgestreckter Zunge ein Mahl - Schloß hat / formiret / an Halse tragen müsse. Zeiler, Epist. 604. Wobey obiter zugedencken / daß die bösen zänckischen Weiber / so einander schelten und schmähen / ja gar schlagen und rauffen / an etlichen Orthen öffentlich den Marckt kehren und rein machen / oder das Aesterich auf den Rathäusern und in den Schwibbogen scheuren müssen / da sie denn mannigmahl von den bösen Buben noch darzu mit Koth und Erdschollen geworffen werden. An den Orthen / wo man viele Wind - Mühlen hat / müssen die böse zänckische Weiber zur Straffe die Wind - Mühlen-Flügel mit groben leinen Tuch bekleiden / welches ihnen sehr beschwerlich vorkömmet / indem / wie bekant / das Weibesvolck ingemein den Flachs und das Leinen Tuch gar lieb und werth hat / und ungern was davon weggibt. Eine Heydnische Regentin in Pommern machte auff eine Zeit diese Gesetze 1. welches Weib ihrem Ehemann fluchen würde / die solte vier gross Steine am Halse in ihren Herrschafften / durch alle Dörffer tragen / und solte dieselbe niemand abnehmen / bey Leibes - Straffe 2. Welche Frau den Mann schliege / der solte die Nase abgeschnitten werden / auch des Mannes Gerechtigkeit verlustiget seyn / biß aufs Chebette. 3. So sie bey andern Leuthen ihren Mann verkleinerte / und ihm was böses nachredete / so sie jung / solte sie mit Ruthen gestrichen werden; wäre sie aber alt / und könte keine Kinder mehr zeugen / solte sie gar verbrennet werden. Heutiges Tages solte sie leben / und vor die grimmigen bösen Weiber Gesetze geben. Matth. Hammer, in Viridar. Hist. pag. 255. XI. In der Pfaltz und Marg - Graffschafft Baden hat man auch dergleichen Straffen / als daß der Delinquent in Eisen gehen / in die Futter - Wanne gespannet und gestrichen / die Geige ihm angethan wird / oder Doppelhaken tragen muß. Casp. Zillesius de Jure Mulctandi cap. 7. n. 107. XII. Die Geigen beschreibt Casp. Manzius, decis. Palatin. q. 88. n. 18. also: [748] Quod sit poena manicarum lignearum, quibus adulteri & alii ante templa stant inclusi. Dither. in continuatione Thes. Pract. Besold. v. Geigen / pag. 760. berichtet / daß den zänckischen Weibern / Mägden und andern derg'eichen Personen / auch Jungen / die Geigen angeschlagen / oder sie auch ins Narren - Häußlein gesteckt würden / Andr. Schneiderum, Comment. in Ordin. Judic. prov. Sueviae tit. 19. n. 31. anführende / mit dem Zusatz / daß man Theils Delinquenten zu Ulm auffden Block stellete / bey welchem der Büttel stünde / dem Verbrecher würde auch ein Papier auff die Brust gehefftet / drauff mit grossen Buchstaben geschrieben zu befinden / was er gethan und begangen hätte.

CAPVT XIX. Vom Laak / I.
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ETlicher Orthen ist dieses so viel als der Pranger / drum derselbe auch der Schmachkaak genennet wird. Jacob. Alemann. in Palaestr. Consult. 1. pag. 46. Dessen gedencket gleichfals D. Justus Oldekop, in der warhafften Beschreibung eines nie erhörten Peinlichen Processus, pag. 118. ibi: am Kaak und Pranger ausstreichen und ewig verweisen. II. Anderswo ist es eine von Holtz gemachte / und bey Teichen oder fliessenden Wassern auffgeführte Machine, drin die Diebe / welche in Gärten / Wiesen / oder auf den Felde Getraide / Gras / Obst / Kraut / Rüben und andere Küchen - Speise gestohlen / gesetzet / daß unten dran gemachte Led durch einen Riegel aufgezogen / und sie dadurch ins Wasser geworffen / wieder herausgezogen / und / nach Grösse und Vielheit des Verbrechens / solches etlichemahl w ederholet wird. III. Theils Orthen ist es formiret wie ein Korb / drin unten der Boden aufgehet.
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IV. Es wird hierzu meistentheils der Scharffrichter gebrauchet. V. In etlichen Fürsten-Städten wird diese Straffe vom Ambt und Stadt-Rath conjunctim erkant / und durch derofelben Anordnung vollstrecket / wenn nicht ein anders hergebracht oder verrecessiret ist. VI. In Engelland stecket man die böse zänckischen Weiber in einen Kasten oder Korb / wie eine Wage gemacht / den man Cucking Stool nennet / der ist gehengt über einen Canal / oder sehr tieffen Graben / in welche man sie dreymahl eintauchet / ihre Hitze und Zorn abzukühlen. Eduard Chamberlayne, L' Estat present de L' Angle terre, cbap. 2. XII. Zu Tholosa sperret man die Gottesläst erer in einen grossen Bauer / und lässet sie damit ins Wasser fallen / und etlichemahl untertauchen / welche Straffe [Greek words] genennet wird. Petr. Greg. Tholosan in Syntag. juris Univ. lib. 31. c. 37. n. 8. VIII. Anderswo nimmet man die Huren / henget sie in einen Korb über den Teich / und läßet sie hernach durchfallen ihre Unreinigkeit abzubaden. Theatrum vitae human. pag. 3404. Matihaeus Hammer. in Viridar. Histor. pag. 352.

CAPVT XX.
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Von Auspaucken und Auffsetzung eines Stroh-Krantzes I. AN vielen Orthen ist gebräuchlich / daß die Gemeine Prostibula oder öffentliche Huren / oder auch die leichfertige Metzen / so sich schwängern lassen / aber mit vielen Schweren und Vermaledeien es leuguen / oder es doch biß zu letzt in Geheim halten / in Meinung / die Kinder über die Seite zu bringen / auff Befehl / und Anordnung des Ober-Richters / durch den Scharffrichter / oder dessen Knecht zu desto grösser [750] Beschimpffung durch die Städt hin öffentlich ausgepauckt / und noch darzu ein Stroh-Krantz / drinn etliche Hanenfedern gesteckt / ihnen auff den Kopf gesetzet wird. Die Procession geschiehet gemeiniglich folgender Gestalt: Die Dirne wird / nach geschworner Urphede / aus dem Amt oder Richt-Hause durch 2. Schergen / oder Amts-Knechte in der Mitten geführet. Vor ihnen her gehet der Scharffrichters Knecht mit einer an theils Orthen / als in Leipzig / ungemein grossen Trommel / daran ein Kerl fast genug zu tragen hat / und schläget dann nnd wann / mit einen einzigen grossen Klöppel auf dieselbe / daß Männiglich herzulauffe / und dem Spectacul zusehe. Wann sie mit derselben aufn Marckt kommen / gehen sie dreymahl auf denselben mit ihr in einen grossen Kreys herum / hernach zum Thor hinaus biß an den Orth / wo sie fortgewiesen wird. Christian Benjaniam Herr, Disput. de Jure Numellarum, thes. ult. Bier, de Expens. Exec. Crim. cap. 1. §. 14. II. Man schneidet ihr auch noch wohl darzu ein lock Haar ab / in signum passae deflorationis. III. Die Cortiner in Creta setzten denen Ehebrechern / wenn sie in der That erwischt und überzeuget wurden / einen Krantz von Wolle auf. AElian. lib. 12. var. Hist. c. 12. Alex. ab Alexand. lib. 4. genial. dier. c. 1. pag. 433. Arguebat autem haec Corona adulteri mollitiem, timiditatem, muleriositatem, & aestimata est ei publicè quinquaginta staterii summa, atque, eo ad turpissimam infamiam redacto, omnes ad gerendam in Republica dignitatem viae sunt interclusae. Petr. Greg. Tholosan. lib. 36. Syntagm. Jur. univ. c. 6. n. 23. IV. In quibusdam Franciae locis olim fuit consuetudo, mulieri adulterae capillos incidere, vestes ante & retrò in ignominiam ejus scindere, & ita per Civitatem totam circumduci. Gloß. in c. de benedicto 32. q. 1. V. Coloniae adultera per civitatem cum contumelia traducta cum candelis manu delatis ad Ecclesiam ducebatur. Nicol. Boër. Decis. 297. n. 13.
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Adde Quae habet Carpzov. part. 2. pract. erim. q. 52. n. 6. 7. 8. & 9. VI. Dum vidui aut viduae repetunt conjugium, in aliquibus civitatibus solent quidam ex plebe cum tympanis & aere sonante illos insectare, Iudentes potius quam illudentes. At conjuges saepius sibi contumeliam fieri verius, quam lusum arbitrantur, ut aliquando inde maximae sint concitatae tragoediae. Vocant hunc lusum & injuriam CARIV ARI, forfan à Graeco verbo tractâ appellatione [Greek words]. Nam [Greek words] Doricè caput significat, & [Greek words] molestiam, quia aeratorum tinnitus & agitatio sit gravis & molesta capiti. Petr. Greg. Tholos. lib. 38. Syntagm. Jur. Univ. cap. 4. de Carivatione n. 1. VII. Zu diesen kan auch gezogen werden / wenn den Bräuten zu Schimpff Heckerling auf der Gassen hin / oder vor den Braut-Hauß biß an die Kirch-Thür gestreuet wird / so mit Landes-Verweisung zu bestraffen. VIII. Sonst werden auch die Bräute / wenn sie über Feld durch ein ander Dorff oder Stadt fahren / mit einer vorgezogenen Schnur in der Wache / Thor oder sonsten gehemmet / da sie oder der Bräutigam Geld spendiren muß. Welches aber keine Beschimpffung ist.

CAPUT XXI.
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DE SUPPLICIO FURCAE I. WAs bey den Römern FURCA vor ein Straff-Holtz / und wie es eigentlich gestalt / drinn sind die Autores nicht einerley Meinung. Etliche halten davor / es sey ein lang Holtz / vorn mit zwey Gabeln. Varro lib. 4. de Ling. Lat. Andere / es hätte eine Form gehabt / wie die Galgen heutiges Tages; Theils / es wäre ein Band von Holtz gewesen / da in der Mitte man den Kopff / und [752] auff beyden Seiten die Hände durchstecken müssen / wie bey bem Jacobo Cujacio, Lib. 16. Observ. & emendat. c. 1. und Justo Lipsio de Cruce lib. 3. c. 4. & 5. mit mehrern zu lesen / nnd die Figuren / so zugleich darbey befindlich / zu sehen. M. Heinr. Kupping in seinem Tractat de Cruce, Exercit. 22. §. 6. pag. 149. beschreibet dieselbe also: Furca constabat ex stipite erecto & duobus bifidis ramis in diversa patentibus, ad modum literae Graecae Y. Furci feri ad furcae ramos deligata brachia habuerunt, ut erecta illa eslent, collumque inferebatur eo loco, quo duo rami in angustum coeunt. II. Es war aber FURCA entweder ignominiosa, oder poenalis. die Erste war bey den Römern sehr gebräuchlich / wenn sie nemlich solch Holtz / Band / Gabel oder Galgen ihren Leibeigenen Knechten / die was Straff bares begangen hatlen / zur Beschimpffung auf die Achseln legen / und damit nackend durch die Stadt / männiglich zur Schau / und zu der Knechte Besserung führen liessen. Lipsius d. lib. 3. c. 1. Erat namque magna castigatio servi delinquentis, si lignum currus, quo temonem sustentant, tollens & ferens exiret circa viciniam. Id enim passus & sic conspectus, non ultra fidem habebat, & vocabatur FURCIFER; [Greek words], Galgen- oder Gabel-Träger. Plutarch. in Corialano & in Quaest. Rom. Es musten auch die Knechte darbey ausruffen / was sie übels gethan und begangen hatten / und die andern warnen / daß sie nicht dergleichen thäten. Isidor. lib. 1. Orig. Cujacius, d. lib. 16. c. 1. in fin. Drum auch solcher Straffe in den Historien und alten Comödien öffters gedacht wird. III. Furca Poenalis aber war dieses / daß sie nicht nur allein dem / so etwas grosses verbrochen / nackend solch Holtz auflegten / sondern auch darzu erbärmlich schlugen / stäupten und peitschten. Lipsius, d. lib. 1. c. 2. pag. 100. Alex. ab. Alexand. lib. 3. Gen. dier. c. 5. pag. 291. Hinc illud Plauti, in Menaechm. Act. 3. Scen. 5.
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Et ob eam rem in carcerem te esse compactum scio.
Et postquam es emissus, caesum virgis sub furca scio. IV. Die Knechte kriegten furcam darum / daß sie durch ihre Ubelthat und Nachläßigkeit ihre Herren erzürnet: Die Frey-gebohrne aber deshalber / daß sie durch solche Beschimpffung das Stadt- und Bürger-Recht verlohren / und zu Knechten gemacht wurden. Kipping, d. tr. exerc. 22. §. 1. Allermaßen C. Matienus solches erfahren / welcher üm des willen daß er das Römische Krieges-Heer in Spanien verlassen / unter solcher Furca mit Ruthen gehauen / und hernach üm einen Sestertium oder Stilber verkaufft worden. Epitom. Livii, lib. 55. V. Mannigmahl schlug man sie so offt und lange / daß sie ümfiehlen / und tod blieben. Wenn aber die Straffe zum Tode gerichtet und angesehen wahr / band man ihnen den Kopf fest an die Furcam, und dieses wurde mit einen sonderlichen Nahmem Supplicium More Majorum genennet. Lipsius, de Cruce, lib. 3. c. 2. Joh. Christoph. Salbach / Antip. Rom. lib. 3. part. 3. c. 3. pag. 223. Welches auch Svetonius, in Nerone cap. 49. lib. 6. bezeuget / ibi: Nero legit, se hostem à Senatu judicatum, & quaeri, ut puniatur more majorum, interrogavitque, quale id genus esset poenae? Et cum comperisset, nudi hominis cervicem inseri furcae, corpus virgis ad necem caedi, conterritus. Et Eutropius, in Breviar. Hist. Roman. lib. 7. de eodem Nerone ita scribit: à senatu hostis judicatus, cum quaereretur ad poenam, [quae poena erat talis, ut nudus per publicum ductus furcâ capiti ejus insertâ. virgis us??? ad mortem caederetur, at??? ita praecipitaretur de saxo] è Palatio fugit. Saxum illud erant Scalae Gemoniae, locus devexus & faetidus, propè montem Aventinum, in ripa Tiberis, quò cadavera noxiorum uncis attracta praecipitabantur, canum esca, volucrum pastus futura. Add. Valer. Maxim. lib. 6. memomb. c. 3. & 11. Dion. Cassius, lib. 58. hist. Rom. Plinius, lib. 8. hist. nat. c. 40. Sveton. lib. 3. c. 53 54. & 75. lib. 9. cap. 17. L. Cantilius ward solcher gestalt unter der Furca zu tod gepeitschet / weil er eine Vestalische Nonne beschlaffen hatte.
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Livius, lib. 22. Dergleichen Lohn bekahmen auch die / welche die Urbiniam um ihre Ehre brachten / wie bey dem Dionysio Halicarnassaeo lib. 9. Antiq. Rom. zu lesen. Wenn iemand was feindliches wieder das Vaterland vornahm / und es auskahm / ward er mit gleichmäßiger Straffe beleget. Sveton. in Vitellio, c. 17. Blieb auch nicht darbey / sondern wenn sie biß auf den Tod gepeitschet und geschlagen waren / wurf man sie noch darzu [wie bereits gedacht] vom Felsen Tarpe, o herab / und zog die todte Leichman mit Hacken in die Tiber / oder Cloacken. Alex. ab Alex. lib. 3. Gen. dier. c. 5. pag. 291. VI. Zuweilen musten auch wohl die / so zum Creutz-Tod verdammet wahren / solche Furcam biß an den Orth / wo das Crucile aufgerichtet stund / tragen. Kipping. d. tr. exerc. 22. §. 4. Allwo er auch zugleich §. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. Justum Lipsium refutiret / welcher lib. 3. de cruce c. 3. 4. 5. & 6. vorgiebt / daß die Cruciarii an / oder doch mit solcher Furca ans † geschlagen / das Contrarium aber und dieses ermeldter Kipping statuiret / daß wenn die Cruciarii an den Orth der Creutzigung kommen / ihnen die Furca abgenommen worden. VII. Heut zu Tage ist bey uns Furca so viel / als Patibulum, der Galgen / welcher den alten Griechen und Römern unbekant gewesen: Denn ob sie schon auch theils Ubelthäter mit dem Strange erwürget / ist es doch nicht so öffentlich an einen dergleichen / in Form des Griechischen [Greek words] [daher auch adagialiter der Galgen Graecum [Greek words] heisset] gebildeten Holtze / sondern im Gefängnis geschehen / ohne Aufhencken / dergestalt / daß sie stranguliret / und ihnen die Kehle mit einen Strick und Knebel zugezogen worden / wie noch heute zu Tage bey den Türcken und andern barbarischen Völckern geschieheute zu Tage bey den Türcken und andern barbarischen Völckern geschiehet. Der Galgen aber / wie er noch bey uns gebräulich / ist allererst zu Zeiten Käyser Constantini Magni, nachdem er die Creutzigung abgeschaffet / aufkommen. Lipsius. de Cruce, cap. 7. lib. 3. Petr. Faber, lib. 2. Semestr. cap. 7. pag. 93.
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CAPVT XXII.
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DE CONFINATIONE. I. COnfinatio wird genennet / wenn von der Obrigkeit / welche die hohe Gerichte hat / Bald. in L. quicun??? 7. vers. dubitatur. C. de serv. fugit. Decius, in L. 1. ff. de offic. ejus, cui mand. est jurisd. einem / so was verbrochen / angedeutet und gebothen wird / sich an einen gewissen Orth / Stat / District, oder auch im Hauße auf und inne zuhalten / auch von dannen / bey nahmhaffter Straffe / nicht zu wancken / noch zu weichen / sondern darinnen zu verbleiben / biß seine Sache aus gemacht / oder die Obrigkeit ihn wieder in seine vorige Freyheit setzet. Christian Biccius, in Schediasm. de confinatione, cap. 1. thes. 3. II. Etliche nennen es die Bannung in Zehenden. Vox enim Bannen significat proscribere. Hinc & Itali illos, quos ob delictum in exilium mittunt, Bannitos appellant. Wehner, obs. pract. voc. Bann. Vocabulum verò Zehenden usurpatur dupliciter, vel pro decimis, vel pro districtu seu territorio, & hoc ultimo sensu hîc capitur. III. Man heisset es auch ins Hauß schweren / item den Gehorsam und Einlage. Brunnemann, ad L. potest praeses. 9. ff. de interd. & releg. Wie auch Bestrickung / Schneidewin. ad. §. rursus instit. de action. n. 59. Die Franzosen nennen es bailler l' arrest en sa maison; Petr. Greg. Tholosan. Syntagm. Jur. univ. lib. 31. c. 6. n. 16. in fin. Oder confiner quequ' un pour le bannir, avec assignation de certain lieu dans les enclaves, duquel il doivet demeurer sans extravaguer. Biccius, de c. 1. n. 9. IV. Die Rechts-Gelehrte sprechen es aus durch die Wörther confinare, affinare. Es wird auch vinculum civitatis genennet. Gail. lib. sing. d. pignor. obs. 9. Aliis quoque limitata relegatio dicitur, quod certis limitibus inclusus sit [756] condemnatus, quos excedere ipsi haud licet. Limitatum enim est, quod fuis limitibus circumscriptum, uti ager limitatus. L. 16. ff. de acquir. rer. domin. V. Und ob wohl das Wort confinare oder confinatio in den beschriebenen Käyserlichen Rechten nicht exprimiret / so findet man doch den Inhalt und die Sache an sich selber in L. 9 ff. de interd. & releg ubi JCtus ait: posse praesidem ita quem condemnare, ne domo suâ procedat. L. succurritur §. fin. cum Leg. seq. ff. ex quibus causis majores in integr. restit. Ubi dicitur, in vinculis esse etiam eos, qui ita obligati sunt, ut sine dedecore in publico apparere non possint. Conf. L. 7. § 8 ff. eod. ubi latius confinationis termini ponuntur, ut quis in certa parte provinciae morari teneatur ut fortè non excedat civitatem aliquam, vel Regionem aliquam non egrediatur. VI. Und daß diese Arth des Banns oder Verstrickung nicht nur bey den Römern / sondern auch bey den Jüden gebräuchlich gewesen / erscheinet klar an dem Exempel Simei, lib. 1. Reg. c. 2. vers. 36. 37. & seqq. welchen der König Salomon bey Verlust seines Lebens anbefohlen hatte / daß er ihm ein Hauß zu Jerusalem bauen / darinnen wohnen / aber nicht über den Bach Kidron gehen solte / die Worthe lauten im Text also: „Und den König sandte hin / und ließ Simei ruffen / und sprach zu ihm: Baue dir ein Hauß zu Jerusalem / und wohne daselbst / und gehe von dannen nicht heraus / weder hie noch daher / welches Tages du wirst hinaus / und über den Bach Kidron gehen / so wisse / daß du des Todes sterben must / dein Blut sey auf deinen Kopff. Daß auch Simei solchem also nachzukommen / und nicht darwieder zu thun einen Eyd und Urphede wircklich abgeleget / ist unzweiflich aus folgenden Worten abzunehmen d cap. vers 43. Warum hast du dich den̅ nicht gehalten nach dem Eyde des HErrn? VII. In der Peinlichen Hals-Gerichts-Ordn. Caroli V. art 161. wird derselben auch gedacht / und solche Gewohnheit bestätiget. ibi: Darum mag der Dieb am Pranger gestellet / des Landes verwiesen / oder in den Bezirck / oder Ort / darinnen er verwircket / ewiglich zu bleiben verstricket seyn. VIII. Bey den Catholiken ist gleichfals dieselbe noch üblich / dergestalt / daß wenn eine Geistliche Ordens-Person was verbrochen / sie zur Straffe / und poenitenz zu thun / in ein gewiß Closter geschickt / und in eine Zelle enge ein [757] geschlossen wird / draus sie nicht kommen darff / biß die ihr Gesetzte Zeit vorbey ist. c. Tuae discretionis 6. X. de poen. Et haec dicitur Septa clausura, quam quis non egreditur sine licentia Abbatis. L. 29. C. de Episc. & Cler. Can. in Clem. 1. §. quia verò X. de stat. Monach. IX. In Franckreich ist von den Königen solche confinatio unterschiedlichen Printzen und Prinzeßin ebenmäßig angedeutet worden / wie der unbenante Author des Stats- und Geschicht-Spiegels part. 5. pag. 278. & seqq. deren eine grosse Liste anführet. Also befahl auch der König in Dennemarck / daß sich der General A. D. nach seinen Land - Güthern begeben möchte / um alda sein Leben in der stille zu endigen. Biccius, d. Schem. cap. 4. th. 4. n. 8. X. Es geschicht aber die Confination entweder auf eine gewisse beschrenckte Zeit / Tage / Monathe u. Jahre / oder auf des confinati noch übriges Leben / und biß an seinen Tod. Einige halten davor / wenn in dem Mandat Rescript und Befehl keine gewisse Zeit gesetzt zubefinden / dieselbe pro perpetua, sonsten aber / wenn drein stünde / daß einer etlicher Jahr an den und den Orth bleiben / und ohne Vorwissen der Obrigkeit nicht weichen solte / es aufzehen Jahr ausgeleget / und verstanden werde. Alleine dieses wird dem arbitrio judicis committiret / der nach gehabten Rath der Rechtsverständigen / drinn erkennen lassen kan / auf wie viele Zeit und Jahre die confination zu restringiren. arg. eorum, quae tradit Brunnemann. ad L. sine praesinitio. 23. ff. de poenis. XI. Es muß auch der Judex confinans competens seyn / Bicicus, c. 2. th. 5. Item die confinatio in terris subditis geschehen / weil es ausser dem nicht gültig / Bartol. in L. releg. §. est quoddam ff. de interd. & rel. Bald. in L. illicitas §. qui universas ff. de offic. praesid. Imgleichen der Confinatus schweren / und in der Urphede versprechen / daß er ohne Vorwissen der Obrigkeit von dem assignirten Orth nicht weichen wolle /
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Rhetius, in praelect. publ. ad Const. Carol. art. 161. Farinac. lib. 1. Op. Crim. Q. 36. n. 61. Wie nichts weniger der Bezirck oder Orth / darin er zuverbleiben verstrickt ist / benennet und beschrieben werden. d. Const. Crim. Carol. art. 161. e. g. Er solie biß zu Austrag der Sachen aus seinem Hause nicht weichen / biß auf weitere Ordre. Vel: er sol ohne absonderliche Zulassung nicht aus der Stadt rücken. Add. L. ex facto §. 3. vers. proinde ff. de hered. Instit. L. 7. §. 8. ff. de interd. & releg. Josias Nolden. de statu nobil. cap. 15. n. 87. & seqq. XII. Es kan aber ein solcher Confinatus, so lange er in reatu ist / nicht zum Ehrenstand erwehlet oder erhoben werden. L. 1. & ibi Bartol. C. de his, qui in exil. dati sunt. Doch behält er die Jura Civitatis, und alles / was dem anhängig. Pertinet huc locus Marciani JCti in L. 4. ff. de interd. & releg. quod omnia sua jura retineant, & tantum eis Insula egredi non liceat. Quae verba quamvis de relegatis in Insulam concepta sint, idem tamen quoad Confinatos in Insula vel domo juris est. Biccius, d. Sched. c. 3. th. 4. n. 18. Carpz. p. 4. const. 47. def. 9. Item Jus condendi Testamentum, L. 8. §. 3. ff. qui testament. fac. poss. nec non agendi in judicio. idem Biccius, th. 6. n. 23. So ist auch sein Weib ihm an solchen Orth zu folgen / und Ehrlich beyzuwohnen schuldig: Doch wird ihr nicht gewehret / ihrer Geschäffte halber hin und wieder auch ab und zu zureisen / weil sie in der Confination nicht mit eingeschlossen ist. Carpzov. part. 4. const. 47. def. 7. Die Consinatio importiret keine infamiam, wenn nicht die That selbst so arg ist / daß sie anrüchtig machet / non enim poena, sed causa infamat. L. ictus fustium 22. ff. de his, qui not. infam. ibi??? Brunnemann. Hartm. Pistor. Obs. 177. n. 46. XIV. Mit derselben könnet auf gewissen Maaße überein /
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1. Vinculum Insulae, L. 5. ff. de interd. & releg. so heut zu Tage die Bannisirung genennet wird. 2. Das ewige Gefängnis / cujus poena jure civili non nisi in servos erat recepta L. 8. §. non solent ff. de poenis. 3. Der Gehorsam in der Thor- oder Obedienz-Stube. 4. Die detrusio in Monasterium. 5. Obstagium, die Leistung / quo debitor vel fide jussores ejus se obligant, eo casu, quando pecuniam certo & definito tempore non exsolverint, quod hospitio & loco certo tot equis & personis sumptibus suis se sistere velint, non recessuri, donec solutio integra facta fuerit. Georg. Schulz, Synops. Instit. lib. 4. tit. 6. de Act. Dornsberg. Syntagm. Jur. civ. lib. 3. c. 70. Hoc tamen jus Imperii Lege, scilicet in Reformat. Polit. de Anno 1577. sub. tit. 17. immutatum & abrogatum. vid. Gail, lib. 2. Obs. 45 Sed pactum illud, quo debitor vel fide jussor se, si in solutione cesset, obligat, non quidem zur Leistung / sed tamen ad certum locum, donec Creditori satisfaciat, etiamnum hodie usitatum est. Dan. Moller. lib. 3. Semestr. c. 30. n 6. & seqq. us??? ad finem. 6. Wenn grosse Herren und Potentaten diejenige / so in des Feindes Land reisen / oder zu denselben übergehen wollen / davon auff hält / oder wieder zuschicket. Libenthal. Colleg. Polit. exerc. 5. th. 57. Also ergieng es dem resignirten Könige in Polen / Johann Casimiro, da er noch Printz war in Franckreich / daß er aus blosser Praesumtion, als würde er nach Spanien in des Feindes Dienste gehen / nicht allein aufgehalten / sondern auch in einen schändlichen Gefängnis 7 Monat lang sitzen muste. Eben zu der Zeit ist auch Pfaltz-Graff Kuprecht / in Franckreich angehalten / und ins Gefängnis geworffen / weil er incognitò und mit veränderten Nahmen durch Franckreich gereiset / nach Holstein gehen / und des Käysers Parthey [so damahls mit Franckreich in Feindschafft begriffen] erwehlen wollen. So ist auch Fürst Johann von Naßau / der gar keine Parthey mit seinen Herrn Vetter Fürst Mauritio gehabt / noch zuerwehlen begehret / bloß deßwegen / weil er Fürst Maurizen anverwand / und mit verenderten [760] Nahmen gereiset / zu Neapolis angehalten und ins Gefängnis geleget worden. Solcher Gestalt ist auch Richardus, König in Engelland / von Ertz-Hertzoge zu Oesterreich Leopoldo [womit er doch confaederit / und in communi expeditione contra barbaros begriffen gewesen] auff den Rückwege deßhalber in Wien angehalten / und ins Gefängnis geworffen worden / weil er in unbekanten Habit, und wegen Privat - Mißverständnis zu Wien ankommen. vid. Wassemberg. in Carc. Reg. Polon. Joh. Casimiri pag. 173. & seqq. Wiewohl gar zu hart mit diesen vier König- und Fürstlichen Personen verfahren / und verantwortlicher gewesenwäre / daß sie zwarten angehalten / aber nicht ins Gefängnis geworffen / sondern höflich tractiret / und nach vorher geleisteter gnugsamen Caution de non offendendo & non vidicando, nec ad hostem transeundo, revertendo domum &c. wären zu den Ihrigen nacher Hauß zurück geschickt worden / gleichwie es der König Henricus IV. in Franckreich mit dem Ertz Hertzog Maximiliano zu Oesterreich gemacht / welcher mit veränderten Nahmen [zu der Zeit / da Franckreich u. das Hauß Oesterreich Kriege mit einander führeten] mitten durch Franckreich gereiset / und nacher Spanien gehen wollen / da er zwarten aufgehalten / aber mit grosser Höflichkeit wieder zurück in Oesterreich geschickt worden. Hist. Henrici IV. pag. 376. Corp. Jun. Milit. cum not. Petr. Pappi, pag. 383. & 384. 7. Wenn die Obrigkeit einem verbeuth / mit der oder jener verdächtigen Person nicht umzugehen / Aergernis zu vermeiden. Juxta L. 9. ff. de poenis. L. 3. §. 1. ff. de offic. Proc. Caes. ration. & ad eam, Brunnemann, n. 1. & 2. Oder untersaget / daß die Bürger aus der Stadt auf die Dörffer / oder einen vor den Thor liedenden schädlichen Krug oder Schercke zum Bier gehen / oder wenn einem der Hoff verbothen / Item 8. Wenn einem Delinquenten auferleget wird / daß er gewisse Jahr hinaus in den Krieg / wieder den Türcken / oder auf ein gewiß Grentz-Hauß in Ungarn sich begeben solle. Hofmann, in Lycurgo Rom. Germ. c. 45 summ. 7. brunnemann, in proceß. Inq. c. 9. n. 55. 9. In Ehe-Sachen / als wenn eine Jungfer deshalber von der Obrigkeit sequestriret / und zu ihren nehesten Bluts-Freunden / oder einer andern [761] ehrlichen Matron zur Aufsicht gethan wird / wenn ihre Eltern ohne Ursache allzuhart und grausam wieder sie seyn / und mit grossen Bedrohungen sie zwingen wollen / einen zu heyrathen / zu dem sie gar keine Affection hat. Oder im Gegentheil mit eben der Force von einer ehrlichen Heyrath / darbey doch nichts zu desideriren / sondern die Eltern nur ihre eigne Caprice haben / abwendig machen wollen. Oder wenn sie keine Eltern hätte / und zwey Personen zugleich üm sie freyeten / auch keiner von ihr lassen wolte / da denn der Judex, der Jungfer ihr freyes Gemüth zuerforschen / und ihre Ehre in Sicherheit zu setzen / solche Anstalt wohl machen kan / damit derselben von einem und andern keine Gewalt geschehe / noch auch entführet werde / per text. in c. cum locum X. de sponsal. glossa. Ibi in verbo Donec. Gail. lib. 1. obs. 112. n. 15. & Lib. 2. obs 45. n. 7. Berlich, part. 1. conel 73. n. 113. Carpz. lib. 3. Consist. def 32 n. 11. 10. Kan auch wohl hieder mit gezogen werden die Quarantaine, oder die Zeit von 40. Tagen / die einer / so von den Oerthern / wo die Pest ist / herkommet / von den Leuthen abgesondert halten muß. Biccius, d. Schediasm. c. 6. th. 6. n. 36. XIV. Bey den Mohren ist die Confination auch gebräuchlich an des Königs Bluts-Freunden / welche auf einen sehr hohen Berg / Amara genant / geschickt werden / allwo sie bleiben müssen / biß sie hiernechst zur Succession der Cron beruffen werden. Zeiler, Epist. 104. circa finem. XV. In den reichen Calicut und Tarnassari hat man einen wunderlichen Proceß wieder die Schuldner: Denn wenn ein Kaufmann dem andern Geld schuldig ist / und der Gläubiger hat deswegen eine Schrifft aufzuweisen / von des Königs Secretarien, deren über die tausend seyn sollen: So gehet der Gläubiger zum Obersten der Braminen, und zeiget demselben es an. Welcher nach Befindung / daß es eine klare Schuld sey / ihm einen grünen Zweig in die Hand gibt. Mit selbigen Zweig gehet der Gläubiger dem Schuldner so lange heimlich nach / biß er ihn betritt: machet alsdenn mit dem Zweige einen Kreiß üm ihn her / auf der Erde / und so er ihn in solchen Kreiß beschliessen mag / spricht er dreymahl zu ihm: Ich gebiethe dir bey dem Haupt des Priesters und Königs / daß du zon dannen nicht weichest / biß du mich bezahlet / und gäntzlich befriediget hast. Da muß er denn jenem gnungthun / oder in dem gezogenen Kreise [762] bleiben / solte er gleich Hungers sterben. Denn gienge er vor geschehener Bezahlung aus dem Kreiß weg / so ließe der König ihm alsobald tödten. Ludwig von Barthima, lib. 5. seienr Schiff-Farthen / cap. 9. XVI. In den Insul Ceylon ist gebräuchlich / daß der Beambte / wenn und wo er einen antrifft / der Geld-Straffe schuldig ist / durch seine bey sich habende Diener auf der Stelle anhalten und nieder knien / ihm auch einen schweren Stein auf die Achsel legen / und nicht eher von dannen lässet / biß er die Straffe erleget / solte er gleich viele Tage und Wochen da im Regen und andern Ungewitter sitzen bleiben / denn er darf bey Lebens-Straffe nicht von der Stelle weiche / und wenn er einige Tage mit der Abstattung verzögert / werden ihm immer mehr Steine aufgebürdet / daß er endlich gar davon erdrückt werden möchte. Robert. Knox, in der Ceilandifchen Reise-Beschreibung / lib. 3. c. 9. pag. 220.

CAPVT XXIII.
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DE EXILIO, OSTRACISMO ET PETALISMO. I. Poena Exilii ist die allerälteste nnd erste / womit von GOtt selbsten unsere Groß-Eltern Adam und Eva / nachdem sie im Paradies von dem verbothenen Baum gegessen / und deßhalber durch den Engel ausgetrieben / als Frembdlinge das Erdreich bauen müssen / beleget worden / an welchen Orth der Lust und Freude sie und ihre Nachfolger nicht wieder kommen sind. Genes. c. 3. Cap. Adam de poenis, dist. 1. c. in cap. 50. dist. Petr. Gregor. Tholosan lib. 31. Syntagm. Jur. Univ. c. 6. n. 1. Drum auch wir Menschen noch Frembdlinge / und unser Leben eine Wallsarth und Pilgramschafft genennet wird, Genes 23. Psalm. 38. Hierm. c. 3. ad Hebr. c. 11. & Petr. 2. 2. ad Corinth. c. 5.
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II. Nach Arth nun dieser allgemeinen Wanderschafft / ist auch eine sonderbahre eingeführet / das iemand / wegen eines Verbrechens / von der Obrigkeit gebothen wird / seinen Stab weiter zu setzen / und in ein frembd Land ins Elend zu ziehen. Oder wenn einem zur Busse auferleget wird / an weitentlegene Oerther / als nach Rom / Compostell, oder Jerusalem zum heiligen Grab sc. zu walfarthen / wie bey den Catholiken noch üblich ist. can. si quis Romipetas 24. q. 3. Quarum conventus qui contemserit per superbiam, anathema dicitur. c. si quis per superbiam 30. dist. ex Gangrem. concil. Tales peregrini sunt in tutela summi Pontificis, seu Ecclesiae, c. innovamus de treu. & pace c. unic. de peregrin. atque qui illos spoliaverint, excommunicantur. d. c. si quis Romipetas. Et ita sunt de fore Ecclesiastico. Specul. tit. de compend judic. §. 1. v. 28. Quam vis & Imperator eos tueatur quoque. L. ommes peregrini C. commun. de Succeß. Oder wenn man iemand / wegen begangener Ubelthat / wieder den Türcken in den Krieg schicket. III. Etliche Griechische Städte / sonderlich Athen / hatten vor Alters eine eigene poenam exilii, so man [Greek words] oder Ostracismum nen̅ete / welche keinen geringen / sondern den reichsten / gewaltigsten / ja tugendhafftesten Männern wiederfuhr / so dem gemeine̅ Pöbel verdächtig vorkamen / u. vor welche sie sich besorgten / daß dieselbe etwan durch ihre Authorität u. Ansehen / grosses Vermögen und Geschicklichkeit / den Democratischen Estat ändern / unterdrücken / und die Herrschafft alleine zu sich ziehen möchten. Derselben nun aus der Stadt und Land loß zu werden / schrieb der gemeine Mann ihren Nahmen auf Schirben / und wurf dieselbe bey Zusammenkunfft des Volcks in ein Gefäß / so sie Urnam nenneten. Belieffe sich nun die Zahl solcher Votorum auf sechstausend / muste derjenige / dem es betraf / mit seiner gantzen Familie zehen biß funfzehen Jahr ins Elend ziehen: Doch stunde dem Volck frey / die Jahre abzukürtzen / und sie eher wieder zurück zuberuffen. Wenn aber die Zahl der 6000. Schirben nicht völlig da wahr / blieb es mit solcher Ausbiethung noch. Aristet. lib. 3 polit. c. 9. Plutarch. in Aristide. Alex. ab Alexand. [764] lib. 3. Gen. dierum c. 20. pag. 387. Joh. Philip. Pfeiffer / antiq. Graecgent. lib 2. c. 19 pag. 211. Constitutum fuit, ut ita damnati Argitam exulatum irent, ubi ingens erat bos aeneus, quare qui illic exulabant, servare bovem dicebantur. Menander, in Phasmate, apud Hesychium, & Plutarch. in collectan. IV. Clisthenes hat den Ostracismum angeordnet und eingeführet / ist aber nicht lange hernach eben also weg gewiesen worden. Coel. Rhodigin. lect. antiq. lib. 21. c. 41. AElian. var. hist. lib. 13. c. 21 Philostrat. in vita Apollonii lib. 6. Welches auch der kluge Gesetzgeber Solon zu Athen / Plutarch. in vita illius Item Themistocles, AEmil. Probus, in ipsius vita. Diod. Sicul. lib. 11. Bibliothet. Aristides, so vor andern alzuehrlich und gerecht war / und daher Justus beygenahmet wurde / AEmil. Prob. in curric. vitae ipsius. Cimon, Plutarch. & Corn. Nepos. in ejus vita Thucidides, Plutarth. in Pericle. Plin. lib. 7. c. 30. Alcibiades, AEmil. Prob. in descript. ejus vitae, Damon, Periclis praeceptor, Plutarch. in Aristide in pr. und andere mehr erfahren müssen. Zu Argis war der Ostracismus gleichfals gebräuchlich. Aristot. lib. 5. polit. c. 3. Alex. ab Alexand. d. lib. 3. gen. dier. c. 20. pag. 388. ibi??? Tiraquellus in addit. V. Die Syracusaner hatten eben eine dergleichen Verweisungs-Arth / so sie PETALISMUM hiessen / belief sich aber nicht höher / als nur auf 5 Jahr / wormit sie ihre Bürget / die allzu groß / mächtig und ansehnlich werden wolten dämpfften. Petr. Greg. Tholosam. lib. 35. Syntagm jur. univ. c. 6. n. 15. Sie schrieben aber die Namen derjenigen / so sie nicht bey sich leiden kunten / auf keine Schirben / sondern Oelbäum Blätter. Dessen Nahme nun vielmahl in der Urna gefunden wurde / muste fort / und weichen.
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Alexand. ab Alex. d. loc. Diod. Sicul. lib. 11. Pfeiffer / d. tr. & cap. pag. 212. VI. Der Letzte / welcher durch den Ostracismum ausgeschaffet wurde / hieß Hyperbolus, ein gemeiner schlechter Kerl / bey deme es auch aufhörete. Plutarch. in Aristide. Hermodorus Ephesius exulare jussus, quod vir probus esset. Ciceto, lib. 5 Tusculan. quaest. Cui postea statua Romae posita est, quod auctor fuisset habendarum Legum à Graecis. Plin. lib. 34. Straho, lib. 14. Pomp. L. 2. § postea ne diutius ff. de orig. Jur. VII. Hieher gehöret auch der Ephesier Gesetze / welches also lautete: Nemo de nobis unus excellat, sed si quis exstiterit, apud alios, & alio loco sit. Cujus meminit Cicero in Tuscul. Itemque Megarensium haec: nemo unus ex nobis excellat, aut frugi esto. D. Pfeiffer / antiq Grecar. gent. lib. 2. c. 24. in fine. Balth. Conr. Zahn, Ichnograph. municip. c. 25. n. 5. VIII. Marcellus Exilium triplex constituit in L. auxilium est 5. ff. de interdict. & releg. Aut est [inquit] certorum locorum interdicto, aut lata fuga, ut omnia loc a interdicantur, praeter certum locum; aut Insulae vinculum i. c. relegatio in Insulam. IX. Worbey auch ferner anzumercken / daß Exilium sey zweyerley / Voluntanium, ob poenae metum, und Involuntarium, ex judicio in poenam decretum, utrumque & perpetuum aut temporale esse potest. Voluntarium Exilium war das / welches Cain / nachdem er seinem Bruder Abel erschlagen / antrat. Genes. 4. v. 16. Egressus à facie Domini factus est profugus ad Orientalem plagam Edem. Item diejenige / so bey den Jüden einen unvorsetzlichen und unversehenen Todschlag begiengen / und deßhalber in die Frey-Städte flohen vor den Bluträcher / drin sie auch bleiben musten / und nicht draus gehen durfften / biß der hohe Priester starb / alsdenn mogten sie ungehindert wieder in ihre Stadt und Land kehren. Deut. c. 4. Num. c. 35.
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Welches auch bey den Heyden üblich gewesen / wie aus folgenden Worten Ciceronis in Orat. pro Aul. Caecinna erhellet. Ibi: Exilium non est supplicium, sed profugium, portus??? supplicii. Nam qui volunt poenam aliquam subterfugere, aut calamitatem, eò solum vertunt, hoc est, locum & sedem mutant. Ita??? in nulla nostra lege reperietur, apud coeteras civitates maleficium ullum exilio esse mulctatum: Sed cùm omnes vincula, neces ignominiaes??? vitant, quae sunt Legibus constitutae, confugiunt quasi ad arma in exilium. Qui si in civitate Legis vim subire vellent, non prius civitatem, quam vitam amitterent. Et alibi: Quid enim Exsul? Ipsum per se nomen calamitatis, non turpitudinis. X. Nach dem Gesetzen derer zu Menphis, muste auch derjenige / so einen unversehens erschlug / und tödtete / ins Elend zu den Gymnosophisten reisen / und nicht eher wieder ins Vaterland kommen / biß ihn dieselbe absolviret hatten / welche den Thäter so lange auf den ungeheuren Gebürge herum terminiren liessen / biß sie ihm endlich / aus grossen Mitleiden / von solchen Todschlag loßsprachen. Philostrat. lib. 6. de vita Apollon. XI. Apud Graecos fortuiti casus voluntario Exilio quoque damnabantur. Xenophon. lib. 4. de Cyri minoris expedit. Homer. Iliae 2. L. aut facta § eventus. ff. de poenis. Conon der Athenienser Heerführer / als er von Lysandro. der Lacedaemonier Admiral, in einer See-Schlacht überwunden wurde / erwehlete aus Unmuth selbst das Elend / und zohe in Cyprum, zu dem Persichen Könige Artaxerxem, Livius, lib. 69. Protagoras Abderites, Menandri Sohn / und Democriti Zuhörer / als er von den Atheniensern beschuldiget wurde / daß er der Perser Magiam gelernet / ist freywillib ins Elend gegangen. L. Apulejus Saturnius, tribunus plebis bey den Römern / als er merckte / daß er ob legem agrariam, aliasque factiones verhast war / ist von sich selber in die Insel Rhodis gezogen. Petr. Greg. Tholos. lib. 31. Syntagm. Jur. Univ. c. 6. n. 12. Cornelius Spicio nachdem er Hannibalem geschlagen / und Carthaginem gedemütiget / hatte den Lobreichen Zunahmen davon gebracht / daß er Africanus [der Uberwinder Africae] genant wurde / sich auch treflich um die Stadt um das Volck zu Rom verdient gemacht / daß zu der Zeit seines glei [767] chen nirgend war / doch mochte ihm dieses alles nichts heiffen / er wurd von den Zunff weistern / verklaget / als wäre er mit der eroberten Beute untreulich umgangen. Das verdroß diesen tapffern Mann so sehr / daß er die undanckbare Stadt verlies / und sich gen Linternum, auf seinen Bauren Hof begab / nicht wieder gen Rom wolte / sondern daselbst starb. Man schreibet / er habe seiner Haußfrauen kurtz von seinem Tode befohlen / seine Gebeine nicht wieder gen Rom zu bringen / sondern allda auff seinen Guth zu begraben. Liv. lib. 39. c. 52. Eutrop. lib 3. Florus, lib. 2. XII. Käyser Constantinus Magnus hat durch Verleumdung den Arrianer den frommen Bischoff Athanasium ins Elend verwiesen / da er sich eine Zeitlang zu Trier anfgehalten. Nach 2. Jahren und 4. Monat hat ihn Constantinus der Jüngere / Magni Sohn / wieder anheim gen Alexandriam zu seiner Kirche erfodert. Gotofrid. Hist. Chron. pag. 385. Anno Christi 500. hat König Dieterich von Bern seinen Einzug zu Rom gehalten / und ist von dem Gelehrten Raths-Herrn daselbst / Boetio, mit einer zierlichen Rede herlich empfangen worden. Der König war anfang gelinde / und ein Liebhaber des Raths / enderte sich aber hernach gar sehr / ließ seinem Hof-Gesinde zu des Raths-Autorithät zu wieder zu leben / u. selbige zu schwächen. Dieses verdroß dem Boetio sehr / und als die Ambtleuthe den Rath des Ungehorsams beklagten / wolte er denselben defendiren / wurd aber drüber von Rom gen Pavia ins Elend gewiesen / allda er 2 Jahr lang an einen Thurm von gebacknen Steinen seine Zeit zubringen müssen. Idem p. 410. Pabst Benedictus ist von dem Käyser Ottone I gefangen genommen / und nach Hamburg ins Elend geschickt worden / Anno Christi 865. idem pag. 490. XIII. Die Christen so bey den Verfolgungen ins Elend verwiesen / wurden mit einen sonderlichen und schimpflichen Nahmen von den Ungläubigen Extorres genennet. D. Sagittarius, de Martyr. crudiatibus cap. 3. §. 18 pag. 41 in welchen Tractat pag. 33. & seqq. er eine gantze Liste heiliger Männer anführet / so das Elend bauen müssen.
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Wenn dieselbe ohne erlangten Verlaub und Zulaß sich wieder einfunden / wurden sie als grosse Verbrecher am Leben gestrafft. Cyprianus. lib. 1. Epist. 5. XIV. Der alte Sinesische Käyser Xunus hat fünferley Straffen gesetzt wieder die Verbrecher / und ihnen entweder die Nasen / die Ferßen des Fusses / die Hand / oder den Kopff nehmen / oder auch wohl einen härtern Tod anthun lassen. Zweiffelten irgend die Richter / was für eine Straffe sie dem Delinquenten zu erkennen solten: So ermahnete ihm das Gesetz / den gelinden Weg zu gehen / und die Clemenz zu brauchen. Er hat auch dreyerley Grad und Stuffen des Exilii, nachdem die Mißhandlung groß oder gering / eingeführet. Unter selbigen war die allerhärteste Landes-Verweisung / wenn der Mißhändler aus den gantzen Reiche in Barbarische Länder bannisiret wurde. Die andere / wenn man über tausend Sinische Stadia [deren 22. eine gemeine Teutsche Meile machen] von seinen Vaterland ihn religirte-Die Dritte und allergelindeste / wenn er nur allein von des Reichs-Gräntzen verwiesen wurde / ohne ausdrückliche Benennung der Ferne. Mart. Martini lib. 1. Sin. Hist. pag. 38. XV. Annö 1635. ist die Execution über des Generalissimi von Wallenstein theils Adhaerenten an unterschiedlichen Orthen ergangen / theils sind zu ewigen Gefängnis condemniret / insonderheit aber mehrentheils auf die Ungarische Gräntz-Häuser in das Exilium verwiesen worden. Heinrich Roch / in der Neuen Böhmischen Chronic / pag. 88.

CAPVT XXIV.
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DE DEPORTATIONE IN INSULAM I. WEnn bey den Römern einer irgend was hartes verbrochen hatte / man ihm aber doch das Leben nicht drum nehmen wolte / wurd er in eine gewisse Insul gebracht / um drinn auf sein Lebe [779] lang bannisiret, durffte auch nicht wieder heraus / bey Verlust seines Lebens. L. relegati L. capitalium §. in exulibus ff. de poenis. Petr. Gregor. Tholos. in Synt. jur. lib. 31. c. 6. n. 13. Joh. Herm. Stamm. de Servit. Personal. lib. 1. tit. 3. n. 1. Menoch. de A. I. Q. cas 330. Und diese wurden deportati, exsules & ad peregrinitatem redacti, L. I. de haered. Instit. lib. 6. C. tit. 24. Ulp. l. 2. ff. de poen. & L. 3. ad Leg. Jul. pec. Item confinati, qs. intra fines conclusi genennet. Amittebant civitatem & bona, nec manumittere poterant; L. 2. ff. de inter. & releg. nectestari; L. 1. §. hi ff. de Leg. 3. non ab intestato filiis haereditatem relinquere; L. 3. ff. de interd. & releg. nec potestatem in eos habere. §. cum autem quib. mod. jus patr. pot. solv. non Legatum accipere. L si deportati servi §. 1. ff. de Leg. 3. Ihre Güther fielen dem Fisco anheim; L. deportatorum C. de poen. M. Anton. Peregrin. de Jure Fisc. lib. 2. tit. 5. und war solche Deportatio der allernäheste Grad zum Tod. L. capitalium ff. de poenis. Peregrin. de Jure Fisci, lib. 3. tit. 5. in pr. Nam Apolides omnibus juris civilis privilegiis exuti, retinent tantùm, quae juris Gentium sunt. L. quidam sunt 17 ff. de poen. L. si depor tati serv. §. 1. de leg. 3. L. consilio. §. pen. C. de Cur. furios. Et in summa, deportatio rerum omnium spoliatio est. Sicut restitutio deportati indicat bonorum ac dignitatis, uno nomine, amissorum recuperationem. L. 1. & fin C. de Sent. pass. & rest. Ita amissis bonis, civitate relictâ, nudus exulat, ut ait Paulus J. C L. tutelas 7. §. fin. ff. de Cap. diminut. II. Und ob wohl solchen Leuthen das Leben gelassen wurde / war es doch eine [780] viel ärgere Straffe / als der Tod selber. Denn dieser bringet ja mit sich das Ende aller Noth / Angst und Beschwerung: Jenes; (das Leben) aber machet täglich neue Hertzens-Wunden / wenn ein solcher an sein Weib / Kinder / das Vaterland und alles ander / so er gehabt hat / aber verlohren / gedencket. Philo Judaeus, in lib. de Abrahamo. Sie wurden auch pro civiliter mortuis gehalten. L 4. §. si deportatus ff. de bonis libert. Petr. Greg. Tholos. in Synt. Jur. univ. lib. 26. c. 17. n. 5. Ja es bliebe die Straffe an ihnen / wenn sie schon gestorben waren / maßen denn ihre Eörper in solcher Insel begraben werden musten / und durffte niemand / ohne Zulassung der hohen Obrigkeit / solche abholen / in ihr Erb-Begräbnis bringen / oder anders wohin begraben. Juxta L. 2. ff. de Cadav punit. III. Und ist die poena deportationis in Iocum interdictionis aquae & ignis eingeführet worden. L. 2. §. 1. ff. de poenis L. peculatus 3. ff. ad Leg. Jul. peculat. Petr. Gregor. lib. 31. c. 6. n. 7. & c. 8. n. 8 item & lib. 36. c. 27. n. 1. And. Gail. lib. 2. de pace publ. c. 1. n. 17. Wesenb. in paratit ff. de capit. deminut. n. 5. & de publ. judic. n. 1. Mynsing. ad §. 1. n. 4, Instit. de publ. jud. IV. Käyser Augustus hat seine Tochter Juliam, weil sie ohne Scheu Ehebruch und Hurerey zu Rom getrieben / in eine Insul verweisen lassen. Diese hatte eine Tochter eben des Nahmens / welche das Handwerg / wie die Mutter trieb / drum ihr obgedachter Großvater sie gleichfals in die Insul Trimerum verbannen ließ / wofelbst sie 20. Jahr im Elend zugebracht hat. Und wenn Livia, Käyser Augusti Gemahlin / ihnen beyden [der Mutter und Tochter] von den ihrigen nicht was geschickt / hätten sie grossen Mangel leiden müssen. Und ob wohl der Rath zu Rom vor beyde bath / daß sie wieder zu Gnaden angenommen werden möchten / ist doch nichts zu erhalten gewesen / sondern es hat Augustus in Zorn gesagt: Er wolte / daß alle / die vor sie bethen / solche Weiber und Töchter haben müsten! Seinen Sohn Agrippam, weil nichts Fürstliches an ihm war / sondern sich nur auf das Fischen legte / verstieß er / und verwies ihn gen Surrentum ins Elend. Als aber dieser Sohn das Leben enderte / und sich besserte / nahm Augustus ihm [781] für / solchen wieder nach Hauß zuberuffen. Er hielt aber solches gar geheim / und entdeckte es keinen Menschen / ausserhalb einen Rathsherrn / Fabio Maximo. Dieser erzehlete solches seiner Haußfrauen Martiae, doch daß sie es bey sich behalten solte. Weil aber die Weiber nicht schweigen können / also gieng Martia hin / und sagte solches der Käyserin Liviae. Diese / weil sie forchte / ihr Sohn Tiberius möchte dadurch üm die Succession im Käyserthum kommen / fieng deswegen ein hefftig Gezänck mit Augusto an / der sich über Fabium wegen dieses Geschwätzes dermaßen erzürnete / daß es ihn zum Tode verurtheilete. Also durffte Augustus seinen Enckel Agrippam vor seinem bösen Weibe nicht wieder zu Gnaden annehmen / und der fast die gantze Welt unter seinen Commando hatte / muste sich vor einer alten bösen Frauen fürchten. Tacit. lib. 1. Annal. c. 5. Es sind auch etliche Römische Scribenten in der Meynung / Augustus hätte das folgende Jahr sterben müssen / und sey ihm von der Livia ein Welsch Süpplein bereitet worden / weil sie sich immer vor den obigen Agrippa, der Juliae Sohn befürchtet. Nach dem Tod Augusti ist Tiberius Käyser worden / welcher Agrippam ohne Ursache hinrichten lassen / damit er sich nichts wiedriges von ihm zubesorgen hätte. V. Der bekandte Poet Ovidius ist auch von dem Käyser Augusto in die Moldau ins Elend verjaget worden / weil er Bücher von der Bulerey und Unkeuschheit geschrieben hatte / daraus die jüngere Julia, Augusti Enckel / gelernet haben solle / wie sie hinter ihren Mann mit andern unziemliche Liebe pflegen möchte / wie dann diese Julia, wie allbereit oben gedacht / üm Ehebruchs willen auch ins Elend verwiesen worden. Andere sagen / er habe etwas in geheim gesehen / welches Käyser Augustus nicht hat auskommen lassen wollen / daher er / lib. 2. Tristium v. 103. also fraget: Cur aliquid vidi? Cur noxia Iumina feci? Er soll / nachdem er auf erlangte Gnade aus Ponto sich zurück begeben / zu Sarwar in Ungarn gestorben und begraben seyn. Zeiler, Epist. 400. VI. Johannes der Evangelist ist von dem Käyser Domitiano in die Insul Pathmos verwiesen / nach dessen Tod aber wieder loßgelassen worden. Petr. Greg. Tholos. d. lib. 31. c. 6. n. 14. VII. Zuweilen wurde keine gewisse Insul / darin̅en die Deportandi ziehen sol [782] ten / benennet / sondern es stunde ihnen frey / selbst eine zuerwehlen. Rudolph. Godofred. Knichen, in op. polit. tom. 1. lib. 2. part. 1. c. 13. th. 20. Wie Milo gethan / so Massilien elegiret. Dio, lib. 40. Und Gallio die Insul Lesbum. Tacitus, 6. Annal. 3. VIII. Worbey aber zu mercken / daß / wenn etwa die erwehlte Insul lustig und anmuthig wahr / daß es dem Deportando nicht ungewohnt vorkommen würde / wenn man ihn schon dahin brächte oder verwiese / ihm solches nicht gestattet noch verwilliget / sondern eine andere benahmet wurde / dahin er ziehen / und sein Leben drauf zubringen muste. Knich. d. loc. pag. 712. IX. Antiquo Jure Deportatio à Relegatione ita primariò distinguebatur, quod illa [1] in perpetuum fieret, & Jus Civitatis adimeret; haec verò plerumque temporaria esset, Jusque civitatis integrum relinqueret. [2] Quod illa existimationem consumeret & bona simul adimeret, haec vero illam tantum minueret, L. penult. § 2. & 3. ff. de extraord. cognit. Nec bona regulariter, sed saltem in eo casu, quô per sententiam id imponeretur, adimeret. L. relegati 4. ff. de poenis. X. In den Römischen Reich ist heut zu Tage die poena deportationis nicht mehr gebräuchlich / sondern an deren Stelle die ewige Landes-Verweisung gesetzet und eingeführet worden. Carpzov. pract. crim. p. 3. q. 130. n. 15. M. Anton. Peregrin. de jure fisci, lib. 2. tit. 5. n. 11. Welche gleichfals imfamiam importiret / und die Jura Civitatis adimiret / sonderlich wenn der Staupenschlag darzu kömmet / und der Verbrecher ex infami & turpi facto damit beleget wird. Knich. d. cap 13. thes. 20. colum. 712. XI. Der Zaar oder Groß-Fürst in der Moskau schicket die Ubelthäter / so den Tod verwircket / er aber begnadiget / in Siberien. Allermaßen dieses einem seiner Bereither wiederfahren / dessen Weib ihn beschuldiget / er hätte des Zaars Pferde / und wenn er Gelegenheit haben können / den Groß- [783] Fürsten selber mit Gifft hinrichten wollen. Sie hatte es in der Tortur erhalten; allein sie war den Mann feind / und hätte seiner gerne loß seyn mögen. Olear. in der Persianischen Reise-Beschreibung / pag. 130. XII. Die Peruaner verweisen die Diebe auf das Gebürge Andes, doch nicht gleich das erstemahl. Erasm. Francisci, in den Neu-polirten Geschicht-Kunst- und Sitten-Spiegel / lib. 2. discurs. 9. pag 410. XIII. In Japan werden die Könige und grosse Herren selten getödtet / sondern nur in eine Insul verwiesen / vierzehen Meilen von der Landschafft Jodo, gegen Aufgang. Denn da liegt eine Insul im Meer / Nahmens Faytsiensima, deren Circumferenz ungefähr eine Meilweges groß / aber mit vielen rauhen Klippen / und weit herfür laufenden See-Gebürgen dermaßen angefüllet ist / daß weder die Schiffe allda eine bequeme Stellung / noch einen solchen Grund finden / daran sie den Ancker hefften könten. An diese Insul seynd erstlich etliche Wage-Hälse / bey klaren Wetter und Meer-Stille ausgestiegen / haben lange üm den Leib gebundene Stricke mit sich dahin gezogen / und das eine Ende auf den Fußfesten Lande hinterlassen / nachmahls / vermittelst solcher Stricke / Holtz / und andere Nothdurfft in die Insul gebracht / und nach Uberkommung derselbigen / einige aufgerichtete Balcken / nebenst denen herab hangenden Seilern den Vorgebürgen solcher gestalt angefüget / daß die anländende Schiflein eine Klaffter hoch über dem Meer erhoben werden / und also an den Stricken hangen bleiben / damit sie nicht / wenn sie in den Saltz-Wasser blieben / durch eine auch nur geringe Bewegung des Meers an die Klippen gestossen und zerscheitert würden. Dieses Eyland ist gantz unfruchtbar und steinicht / ausgenommen etliche wenige Plätze / die man besäen kan / und mit etlichen Maulbeer-Bäumen bewachsen sind. Nach dieser Elends-Insul schickt man die Könige und andere hohe Standes-Personen. Damit aber andere von den festen Lande her / mit ihnen nicht heimlich rathschlagen / oder ihnen einigen Vorschub zum erträglichern Leben reichen mögen / so seynd an iedweden hervorschiessenden Ecken selbiger Insul gewisse Wachten bestellet / wozu alle Monat / dafern es nur der Wind nicht verhindert / frische Soldaten zur Schildwacht / und zugleich einige Lebens-Mittel hinüber kommen / wiewohl die Bannisirten kärglich und armselig genung sich abspeisen lassen müssen: nemlich mit ein wenig Reiß / mit den Wurtzeln der Bäume / und andern sehr [784] elenden Nahrungs-Mitteln Sie wohnen in niedrigen kleinen Hüttlein / welche ihnen weder des Sommers die Hitze der Sonnen / noch des Winters die Kälte abwehren können / hingegen müssen sie von den Seiden-Würmen die Seide sammlen / auch zubereiten / Faden draus drehen / und alle Jahr etliche Rollen oder Stücke seidenes Tuchs weben. Varenius, in descriptione Regni Japaniae, c. 18. Erasm. Francisc. im Neu-polirten Geschicht-Kunst- und Sitten-Spiegel / lib. 2. disc. 8. pag. 394. XIV. Bischoff Fulgentius, nebst noch andern siebentzig Bischöffen aus Africa / ist von Thrasimundo, der Wandalen König / in die Insul Sardiniam ins Elend vertrieben worden. Gotfrid. in der Hist. Chronic. pag. 408. XV. Demetrius König in Macedonien / als er durch Pyrrhum und Lysimachum von Land und Leuthen verjaget worden / aber doch keinen Frieden haben konte / sondern Lydiam und Siliciam durchstreiffte / Sarden und Tarsum eroberte / ist er endlich von seinem Eydam Seleuco überwunden / und drey Jahr in einer Insul gefangen gesessen / biß er vor Trauren im 54 Jare seines Alters starb / welches Seleuco nicht wohl gesprochen wurde. Plutarch. in Demetrio. XVI. Wenn der grosse Negus, oder Preto Johann einen untreuen Minister oder Hofdiener zu ewiger Gefängnis verdammet / schickt er denselben an die äuserste Gräntze des Königreichs / zu einem hohen Gebürge / das in seinem Schooß ein tieffes Thal beschleust / darzu nicht mehr / als nur ein einiger Zugang führet. In selbigen Thal hat es allerley Arthen von Thieren / auch viel Rind-Vieh: Aber alle Menschen / so hinein kommen / müssen in vier oder fünff Tagen am Fieber sterben. Daher dieser Orth billiger für eine kurtze / als ewige Gefängnis zuachten. Alvarez. c. 118 / in der Mohrenländischen Reise-Beschreibung. Welcher zugleich in dem folgenden Capitel erwehnet / daß bemelder Berg eine rundte Spitze habe / und es oben auf der Höhe grimmig kalt sey; daher die Gefangene so wohl von Kälte / als grossen Hunger bald allda sterben. Meines Erachtens könte man solche Straffe füglicher eine Deportation, oder Bannisirung an wilde und rauhe Oehrter / als eine Gefängnis nennen. [785] Denen / so dahin geschickt werden / bestellet man etliche Mohren / die ihrer hüten müssen / biß sie daselbst / im Elende ihren Geist aufgeben. Zum Zeichen der Gefangenschafft tragen vornehme Personen selbigen Landes vorn üm den Arm einen eisernen Ring an einen kleinen Kettlein / ungefähr einer Ehlen lang / wie die Ketten sind daran man pfleget die Hunde zu legen. Erasm. Francismi, im Neu-polirten Geschicht-Kunst-u. Sitten-Spiegel / lib. 2. disc. 7. pag. 379.

CAPUT XXV.
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DE DETRUSIONE IN MONASTERIUM. I. DEr geistlichen Herren / sonderlich bey den Catholicken / die mit den Peinlichen Gerichten belehnet sind / Sorge und Absehen ist gemeiniglich dahin gerichtet / daß diejenige / so was verbreche̅ auf alle mügliche Arth und Weise zur Erkäntnis und Bereuung ihrer Sünden / auch Besserung des Lebens gebracht werden mögen / drüm sie gar selten einen vom Leben zum Tode bringen / sondern vielmehr / in Ansehung obiger Ursachen / in die Clöster verstossen / oder in ewigen Gefängnissen behalten lassen / der guten Hoffnung lebende / es werde ein solcher Mensch durch Langwierigkeit der Zeit überwunden / in sich schlagen / und was er gethan / bedauren / erkennen und bereuen. Petr. Greg. Tholosan. lib. 31. Syntagm. Jur. univ. c. 32. II. Denn es sind die Clöster ohne dem einsahme Oerther / von aller Weltlichen Conversation und Hindernis an Betrachtung GOttes und seines Worts abgesondert. c. luminoso 18. Q. 2. In Ansehung dessen sie auch vor Alters vor den Städten gebauet worden / damit die Geistliche Personen / so drinn verhanden / keine Uppigkeit der [786] Welt oder Aergernis / so in den Städten oft getrieben werden / sehen / auslauffen und in Weltliche Händel sich mischen möchten. Idem Tholosan. d. l. Drum die Münche Monachi solitarii & tristes genennet werden. c. placuit 16. Q. 1. c si cupis co. III. Und konte das strenge Leben / wie es vor Alters in den Clöstern war / einen solchen verirreten un̅ verruchten Menschen wohl wieder zu andern u. bessern Gedancken bringen: Gestalt es denn auch bey den Geistlichen also gehalten wurde / daß der Bischoff einem Clerico, welcher übergetreten und mißhandelt hatte / auch abgesetzet war / ein gewis Closter assignirte / drinn er poenitenz thun / Can. Sacerdos 81. Distinct. C. Clerici can. 4. de Excess. prael. lib. 5. Decret tit. 31. tuae discretionis c. 6. de poen. eod. lib. tit. 36. can. de lapsis 16. Q. 6. auch 5 biß 6 Jahr drinn verschlossen bleiben muste. cap. sicut dignum §. clericos de homin. lib 5. Decret. tit. 12. P. Lud. Engel, in Colleg. Jur. Canon. part. 3. lib. 6. tit. 27. n. 8. Und wenn ein Priester / nach abgelegten Eyd / falsch Zeugnis gab / ward er abgeschaffet / hatte er aber nicht geschworen / ward er in ein arm Closter relegiret / drinnen er drey Jahr lang miseriam schmeltzen muste. Constit. Leon. 76. Pe. Greg. Tholosan. lib. 36. c. 5. n. 12. IV. Nach den gemeinen Käyser-Recht ist die Detiusio in Monasterium bey denen Weibes-Bildern / so Ehebruch begangen / wenn sie vorher erst mit Ruthen gestrichen worden / auch noch üblich. Auth. sed hodie ad Leg. Jul. C. de adult. Novell. 134 c. 10. Welche Justinianische Constitution Käyser Carolus V. in der Peinlichen Hals-Gerichts-Ordnung art. 120. renoviret und bestätiget hat / auch an vielen auswertigen Orthen drauf gesprochen wird. Sic in curia Burdegaleusi 7. Decemb. Anno 1523. quendam Adulterum esse decapitatum, & adulteram prius virgis caesam in Monasterium missam testatur Nic. Boer. decis. 297 incip. & videtur dicendum. n. 12. Et idem in parlemento Parisiensi in quâdâm Maria Quatreliure, & alia adultera esse observatum refert
|| [787]
Papo, lib. 22. tit. 9. arest. 1. & seq. Clarus lib. 5. Sentent. §. adulterium. n. 7. in med. vers. idem etiam servavit. Et quandam Cassandram etiam ob adulterium à Curia Neapolitanâ in Monasterium fuisse detrusam, testis est Thom. Gramm. Decis. Neapol. 31 incip. Cassandra uxor Inquisita. n. 5. & seqq. per tot. Menoch. lib. 2. arb. Jud. Quaest. cent. 5. Cas. 419. n. 57. V. Bey den Augspurgischen Confessions Verwandten und Reformirten aber / da dergleicheu Clöster nicht mehr vorhanden sind / sonderlich in Sachsen / wird so wohl der Mann / als das Weib / so Ehebruch miteinander getrieben / mit dem Schwerd gerichtet. Herm. Vultejus in §. item Lex Julia 4. Inst. de publ. judic. n. 7. vers. verum haec poena. Petr. Heig. q. 29. n. 73. part. 2. Matth. Berlich. part. 4. Concl. 27. n. 18. 19. & 20.

CAPUT XVI.
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DE INTERDICTIONE AQUAAE ET IGNIS I. NAch dem Recht und Gesetzen der alten Römer konte kein Bürger zu Rom weder seiner Freyheit / noch auch der Stadt und des Bürger-Rechts / wieder seinen Willen / beraubet und entsetzet werden / wie solches Cicero, in seinen Orationibus, welche er pro Cornelio Balbo pro Acaecinna & pro domo sua gehalten / bezeuget: Eben so wenig vermochte man ihm auch das Leben zu nehmen / quod elegantissimè apud Salustium, in conjuratione Catilinaria, Caesar persequitur. II. Damit aber die Ubelthaten und Mißhandlungen der Bürger nicht gar ungestraffet bleiben / u. dadurch allerhand Unordnungen einreissen möchten / hat man ein Mittel erfunden / daß solche Verbrecher von sich selbst [salvis majorum Constitutionibus] aus der Stadt zu weichen genöthiget wurden / und dieses war die Verbietung des Wassers und Feuers. Denn weil die [788] se beyden nothwendige Elementa, deren man zu Fortsetzung des Menschlichen Lebens nicht entbähren kan / ihnen verbothen und versaget wurden / musten sie von selbst sich reteriren / und in eine andere Stadt begeben / alwo wann sie aufgenommen / sie strack der Stadt Rom und des Bürger Rechts alda verlustigt waren: Sintemahl nach den Römischen Gesetzen keiner in zwey Städten zugleich Bürger seyn konte / welches abermahls aus des Ciceronis Oration pro Balbo, und Cornelio Nepote, in Beschreibung des Pomponii Attici Lebens-Laufs erhellet. Barnabas Brissonius lib. 3. Select. ex jure Civil. Antiq. c. pag. 156 & 157. III. Und war diese interdictio aquae & ignis media capitis demunitio. Ward auch von den Atheniensern [Greek words] genennet. Schardius, in Lexic. jurid. v. aqua IV. Die Ankündigung und Ausbiethung geschahe gemeiniglich mit folgenden Worten: TIBI AQUA ET IGNI INTERDICO! Welches eben so viele war / als: setze deinen Stab fort / packe dich aus der Stadt Rom. Joh. Christoph. Salbach. Antiq. Roman. lib. 3. part. 3. c. 2. pag. 220. Maßen denn auch And. Gail. lib. 1. de Pac. publ. c. 1. n. 16. u. Carpzov. pract. crim. part. 3. Quaest. 140. n. 14 es dergestalt auslegen / als einen in die Acht und Bann thun / einen Wasser und Weid everbiethen / oder von Gemeinschafft und Brauch Wassers und Feuers bannen. Doch ward darbey nicht ausdrücklich gesaget / daß sie ins Exilium ziehen solten. Brisson. d. c. 5. pag. 159. V. Und wenn die obige Ankündigung geschehen war / durffte hernach kein Bürger zu Rom / noch auch ein ander Unterthan / bey höchster Straffe / eine̅ solchen Bannisirten auf und ins Hauß nehmen / vielweniger mit denselben umgehen / noch auch ihm einen bissen Brod darreichen. Alexand. ab Alexand. lib. 3. Genial. dier. c. 5. Zobel, Disp. inaug. de Excut in Effigie, thes. 83. Qui enim ita damnatos celassent, recepissent, tenuissent, Lege Julia de Vi tenebantur, quemadmodum Paulus] Ctus lib. 5. Sentent. tit. 28. scribit. Quod â Caesare, cum damnatis de vi aqua & igni interdici juberet, Legi suae insertum fuisse probabile est. Hoc amplius, cum Senatoribus aqua & ignis interdicebatur, rogationi adscribi solitum ex Ciceronis Oratione, pro domo sua, colligimus, ne eum suo loco Censor legeret, ut non mo [789] dò non in civium numero esse, sed nec in eo dignitatis, in quo collacatus esset, gradu stare permitteretur. idem Brisson. pag. 158. VI. Ja sie waren so verhasset / daß sie auch nicht einmahl zu den Sacris admittiret wurden. Petr. Gregor. Tholosan. Syntagm. Jur. Univ. lib. 31. c. 8. n. 4. VII. Und diese Straff Art blieb im Gebrauch / biß zu Zeiten der Römischen Käyser / da an deren Stat die deportatio aufkommen / und nur gleichsam der Schatten von dem alten Gebrauch des Feuer- und Wasser-Verbiethen dergestalt überblieben / daß diejenige / so deportiret / gehalten worden / als wenn man ihnen Wasser und Feuer verbothen hätte. L. 2. §. 1. ff. de poenis. L. 3. ff. ad Leg. pecul. L. penult. in fin. ff. de Var. & Extr. Hinc aqua & igni interdictos ICti deportatos interpretantur. L. 1. §. hi quibus ff. de Legat. L. 2. ff. de publ. Judic. Eademque illorum verborum & in aliis locis interpretatio facienda est. L. Imperator. ff. de stat. hom. L. qui dolo, in fin. ff. de vi publ. L. amissione ff. de cap. min. L. 4. in fin. ff. de gradib. L. cum quis ff. de solut. L. cum quis ff. de solut. L. liber homo. §. si haeres ff. de haered. Instit. L???res uxoris §. fin. C. de donat. inter vir. & uxor. Brissonius loc. cit pag. 159. VIII. Bey den Gallis war vor Alters die interdictio Sacrificiorum auch üblich / wider die refractarische und wiederspenstige Köpffe / die nicht pariren und gut thun wolten / teste Jul. Caesare, lib. 6. comment. Allwo er noch diese Worte hinzu thut: Quibus ita interdictum erat, impiorum illi ac sceleratorum numero habebantur, iis omnes decedebant, aditum eorum sermonemque defugiebant, ne videlicet quid ex contage incommodi acciperant, neque iis petentibus jus reddebatur, neque ullus honor communicabatur. IX. Heute zu Tage ist an etlichen Orthen in Teutschland noch eine Tyrannische Art der Execution, so diesen Wasser und Feuer verbiethen fast gleich / anzutreffe: Denn wenn die Unterthanen ihre Contribution, Steuren u. Zinsen nicht sobald der Herrschafft abstatten und entrichten können / sind die Soldaten / oder auch die Hescher und Gerichts-Knechte / so zur Execution [790] und Auspfändung abgeschicket werden / geschwinde her / und leschen / auch in der allerstrengesten Kälte des Winters / denen armen Leuthen das Feuer in den Oefen und auf den Herd aus / ja sie heben noch wohl die Stuben-Thür und die Fenster aus / daß die Schuldener mit Weib und Kindern grausam Frost leiden müssen / dadurch gezwungen werden / das Geld zu schaffen und aufzubringen / auch mit ihren allergrössesten Schaden. Aber dieses ist Unchristlich und recht Barbarisch gehandelt / welche böse Gewohnheit billig eine jede Christliche Obrigkeit an den Orthen abschaffen solte / wo sie noch gebräuchlich ist: Denn man hat ja noch andere zuläßige Mittel / wodurch man solche Gefälle heraus treiben kan. X. Wenn vor Alters bey den Römern ein Junger Geselle mit einer Jugnfer sich vermählete / Hochzeit hielt / und der Bräutigam zu der Braut / oder wenn es eine Wittibe war / sie zu ihn ins Hauß geführet wurde / stellete man gleich bey der Hauß-Thür-Schwelle ein Gefäß mit Wasser und Feuer darneben / welches beydes die neuangehende Eheleute anrühren musten / und sie TACTIONEM IGNIS ET AQUAE nenneten. Man besprengete auch wohl die Braut mit dem Wasser / als wie es die Catholicken heut zu Tage mit ihrem Weihwasser machen. Die Bedeutung war diese: Weil die Alten davor hielten / das Wasser wäre ein Element aller Dinge / das Feuer aber die Form. Varro lib. 4. de Lingua Latin. Und daß dadurch alle Verbündnisse üm so viel kräfftiger und beständiger gemacht würden / also auch die Ehe. Ferner weil nichts angenehmers / als die Wermde / und nichts nützlichers und nöthigers als das Wasser; eben also die einträchtige Vergnügligkeit des Mannes und Weibes. Sie haben auch damit die Gemeinschafft des Mannes und Weibes Güther und Leiber vorbilden wollen / welches Salmuth, in addit. ad Pancirolli tr. de perd. tit. de nuptiis n. 4. in einem artigen Epigrammate vorgestellet / also lautend: Quaerebem nova cur Nupta olim tangere flammam Ardentem, & liquidam jussa fuisset aquam? Quaerenti triplicem Senior mihi Scaevola caussam Reddidit, attollens triste supercilium. Igneus humori mixtus calor omnia gignit, Quae terra & pontus, vastus & aether habent, Tangit aquam rutilos ignes nova nuptaque tangit, Fiat ut auspicio hoc fertile conjugium.
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Ignis & ut purus censetur, puraque Lympha, Sic purum ingreditor foemina pura thorum. Tum, velut usus aquae nobis communis & ignis: Sic commune bonum foemina virque tenent. Scilicet omne bonum hôc melius, communius est quô, Id quondam juris, quod docuere Sophi. Si tamen invitos nullos communio cogit, Cogimur uxores cur retinere malas? Add. Joh. Philipp. Pfeiffer. Antiquit. Graec. Gentil. lib. 4. c. 15. pag. 645. Plutarch. in problemat. Festus lib. 1. & Scaevola in L. penult. §. 1. ff. donat. inter vir.

CAPVT XXVII.
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Von Schicken und Schmieden der Gefangenen auf die Galeen. I. DIese Straffe ist an stat der deportation, Wesenbec. in parat. ff. ad l. Cornel. de Sicar. n. 17. & ad tit. de Quaest n. 5. Ludov. à Peguer. decis. 7. n. 74. oder damnationis in Matallum Camill. Borell. de compromiss. §. 1. Gloss. 3. n. 322. Cavalcan. decis. 21. n. 3. Prosp. Farinac. in pr. crim. lib. 1. tit. 3. q. 19. n. 14. Foller. in pract. crim. verb: poenis debitis n. 46. Jul. Clar. in pr. §. fin. q. 67. vers. item damnatio ad Metallum & q. 70. v. frequens est etiam. And Knich. de Saxon. non prov. jure c. 5. n. 249. Grammas. decis. 32. n. 4. & 5. Carpzov. pract. crim. p. 3. q. 129. n. 8. auskommen / und eingeführet worden. II. Und ob wohl dieselbe bey uns ins Teutschland nicht so gar üblich ist / sondern an deren Stelle zuweile̅ das ewige Gefängnis pfleget erkant zu werden;
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Joh. Volckm. Bechman, in comment. ad Pandect. tom. 2. part. 2. exerc. 40. observ. pract. 21. n. 82. pag. 275. Ist sie doch in den auswärdischen Königreichen / sonderlich in Hispanien-Sicilien / Franckreich / Portugal / Engeland / Italien: Item bey den Venetianern / bevorab wieder die Banditen / Spitzbuben / See- und andere Räuber / auch Todschläger und dergleichen Ubelthäter / nebst Confiscation ihrer Güther / noch steten Gebrauch. Hortens in Cavalcan de brachio Regio, part. 4. n. 28. Vincentius de Franchis, decis. 116. n. 9. lib. 1. Josias Nolden, de Statu nobilium c. 15. n. 102. & seqq. Andr. Knich. d. c. 5. n. 250. & 251. III. Und geschiehet entweder auf gewisse Zeit / so doch nicht leicht geringer / als zehen Jahr pflegt zu seyn. Petr. Faber, lib. 2. Semestr. cap. 5. pag. 57. & dicitur poena triremium corporalis; Guazzin. defens. 33. n. 10. Oder so lange sie leben. Besold. in Thes. pr. v. auf die Saleen schmeiden. Gothofred. ad L. 17. ff. de poenis. Quae nominatur capitalis Bursat. Cons. 141. n. 10. Guazzin. d. loc. Bey welchen letztern Fall wohl zu zweiffeln / ob sie unter die Lebendige oder Todten zurechenen / wegen der grossen Arbeit / Mühe und armseligen Zustandes / den sie so Tages als Nachtes ausstehen müssen / indem sie an schwere Ketten und Banden angeschlossen und geschmiedet sind / und den̅och rudern müssen / darbey grausam geprügelt werden / wenig Speise kriegen / und wie die Hunde / auf den Orth / wo sie angeschmiedet / liegen müssen. Daß es also wohl von ihnen heissen möchte: Vita ipsis supplicium, mors est solatium. arg. L. quisquis 5. §. 1. C. de L. Jul. Majest. Zeiler, Epist. 98. fol. 108. Maßen denn eben dieses die Ursache ist / daß man die Verbrecher zur Strafffe auf die Galeen schicket / weil das Rudern ein blutsaure Arbeit ist / sie auch der Gefahr des Todes näher / als andere im Schiffe / und wenn sie unvorsichtig im rudern sind / so wohl als die andern ümkommen / und im Wasser ersauffen müssen. D. Joh. Philip. Pfeiffer / antiq. Graec. gentil. lib. 3. c. 35.
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Hinc damnati ad perpetuò remigandum in triremibus aequiparantur damnatis in metallum. M. Anton. Peregrin. de Jure Fisci lib. 2 tit. 4. n. 7. IV. Es werden aber nur gemeine Kerl und Canalien auf ihr Lebelang drauf condemniret / Adeliche und andere Personen von Condition werden nur / nach Einziehung ihrer Güther / aus den Königreichen / Stat und Landen bannisiret. Petr. Faber, d. lib. 2. Semest. c. 5. Es hätte denn ein Edelmann durch ein gar zu arges Verbrechen seinen Adelstand beflecket und verschertzet. Farinac. prax. Crim. part. 3. q. 98. n. 99. Covarruv. lib. 2. var. resol. c. 9. n. 3. & seqq. Coepolla, cons. crim. 39. n. 23. Josias Nolden, de statu nobilium c. 15. n. 105. Nobiles & minores in Regno Neapolitano loco ejusdem poenae triremium relegantur in aliquam Insulam, uti testatur Moscatell. tit. de Blasphem. n. 44. Sed in Statu Ecclesiastico hoc malè servatur, quia etiam nobiles rransmittuntur ad triremes, & solent nobiles & mulieres in carceribus relegari. Caval. de brach. Reg. part. 4. sub n. 59. V. Damnantur quoque in hanc poenam triremium hodie Clerici, & maximè quando non sunt sacerdotes, ut testatur Jul. Clar. quaest. 30. n. 5. & hi etiam, si non adest spes correctionis. Seb. Guazzin. defens. 33. n. 9. Sed Doctores ad triremes de facili condemnari non debent. Walther, de privileg. Dd. pag 340. VI. Und diese Poena Triremium aut Remulci ist den alten Römern auch nicht unbekant gewesen / als die nicht allein freywilliger / sonder auch angefesselter Ruderknechte zuweilen sich gebrauchten. Wie aus des Josephi Historia Judaic. lib. 27. Valerio, Suida und Svetonio Brodaeus, c. 30. lib. 2. Miscell. Item Cujacius, ad tit. 25. lib. 5. sent. Pauli gezeiget haben. Vide etiam, quae habet Salmuth ad Pancirol. tr. deperd. tit damnat. in metallum, pag. 707. & 708. Gestalt denn auch Käyser Augustus einen / der sich fälschlich rühmete / er wäre von seiner Schwester Octavia gebohren / auf die Galeen schmieden liesse. Calvin. in Lexic. Jurid. v. Triremius, fol. 919.
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VII. Condemnati ad remigandum in perpetuum civitatem & libertatem. amiserunt; ex consequenti perdunt Testamenti fadionem activam & passivam, ac successionem ab intestato, & admittuntur alii possessores. Quin imò Testamentum antea factum rumpitur. Simon de Praetis, de interp. ult. volunt. lib. 2. interpr. 2. dub. 2. solut. 1. n. 8. Subdens, quod amittant testamenti factionem passivam, etiamsi aufugiant, aut aliter eximantur â carceribus & aliis relatis, & testatur de communi opinione. Et ita in condemnato ad remigandum in perpetuum, quod sit incapax successionis, & eo excluso, succedant adstrictiores in gradu, judicatum esse testatur Mastril. d. Decis. n. 17. Besold. in Thes. pr. v. auf die Galeen schmieden fol. 289. VIII. Triremes vulgò Galerae vocantur, à corbita in summo malo galeri instar in navigiis prominente, vel quod Sagae populi, apud quod Janus navigio salvus evasisset, ratem Galerem dicerent, ut est in libro, qui Xenopnontis fertur, de AEquivocis. De Triremi autem accipiamus oportet illos Virgilii versis: -- triplici pubes quam Dardana versu Impellunt, terno consurgunt ordine remi. Cum tamen constet, nullam belli Trojani tempore Triremen fuisse, sed ex historia notum sit, Aminoclem Corinthium multis post seculis Triremes primum aedificasse. Sed Poetae non perinde Historiae fidem exsequi solent: & apud eos crebri sunt [Greek words], ut Adrianus Turnebus notat, l. b. 4. Adverfar. c. 4. Salmuth. ad Pancirol. tr. deped. tit. de navibus. pag. m. 239. IX. Claudius Majet, und Johannes Mallier, well sie ihren Eltern nach den Leben gestanden / sind auf die Galeen verdammet worden. vid. Valent. Arithmae. pericul. Academ. 3. Disput. 11. de judic. publ. thes. 2. Guil. Böckel. disq. 7. pag. 244. col. 2. X. In Italien werden auch die Gotteslästerer damt gestrafft. Prosp. Farinac. tr. crim. lib. 2. tit. q. 20. n. 67. Eberhard. Hoyer, in Corp. Jur. milit. tit. 1. pag. 13. XI. Vulpellus, Consil. 150. meldet von einem / der 2. Jahr zum deßwillen auf die Galeen verdammet worden / weil er aus Schertz zweyen vermumten [795] Kerlen / so Kleider von Werck angehabt / und drinn getautzet / Koh ??? geworffen / die bey nahe verbrand wären / wenn nicht ihre Mit-Gesellen zugelauffen / und die Flamme mit Schnee geleschet hätten. XII. Anno 1590 den 31. May sind 22. Aufrühr-Schwengfeldische Bauren von den Dörffern beym Spitz-Berge nach der Liegnitz und Gräßberg geführet / theils auf Galeen verschickt / theils auch in denen Gefängissen gestorben. Theils aber haben Besserung des Lebens zugesaget / und sind perdoniret worden. Henr. Roch, in der Schlesischen Chronic. pag. 212. XIII. Bey den Türcken / Persern und andern Barbarischen Völckern ist diese Straffe auch gantz gemein. XIV. In der Königl. Frantzösischen Krieges Ordonance §. IX. stehet Wenn von aus gerissenen Soldaten etliche auf einmahl bekommen würden / wolten seine Königl. Majestät / Zu Sparung des Blutvergiesfens / daß ie drey und drey untereinander losen / wer von ihnen sterben sol / und derjenige / dem das Unglück treffen wird / sobaldten exequiret / die andern beyde aber auf die Galeren zu ewigen Tagen condeneniret werden sollen / zu welchem Ende denn seine Königliche Majestät verordnen / daß die Schuldheissen an einem Ort / oder auch der Commendant in einer Guarnison oder Vestung Anstalt machen / daß die aufden Galeren condemnirte in die Königl. Gefängnesse des Orths daselbst / oder in der Nähe / alwo sie wohl verwahren sind / gebracht / und die Stockmeister mit einem Patent, worin ihr Urthel enthalten / wie auch mit einer Attestation von allen Officirern / welche dem Krieges-Recht bey gewohnet / und daß denen Gefangenen das Loß so wohl gewolt / daß sie beym Leben blieben / überliefert werden / worauf sie dann ferner an die erste Kette / welche nach den Königl. Galeren geschickt wird / geschmiedet werden / und daselbst zu ewigen Tagen rudern sollen sc. XV. Die Weiber werden an stat der Galeren in die Clöster gestossen. Moscatell. de cognit. delict. tit. de blasphemia n. 43. XVI. Und ist diese Straffe ein rechtes Zuchthauß auf den Schiffen / auch denen Herrn und Staten nützlich / welche viele Matrosen, Bots- und Ruder-Knecht bedürffen. Jhnen werden zuerst / wen̅ man sie auf die Galeen brin [796] get / die Haare aller Orthen glat herunter geschnitten / damit das Ungeziefer sich nicht drin aufhalten u. hecken kön̅e. Hernach ziehet man ihnen einen langen Rock von schlechten Tuch an / biß auf die Füsse gehend / von der Farbe / die dem Schiff-Patron beliebet, Denen / so zur rechten Seiten des Schifsrudern müssen / wird an den lincken Bein / denen aber so zur Lincken gestellet werden / an den rechten Bein eine Kette ungefehr drey Ellen lang geleget und dran geschlossen / um dadurch an den Rudern nicht gehindert zu werden. Wenn sie was geringes verbrochen / schläget man sie mit Ochsenzämen / Prügeln oder knotigten Stricken auf den Bauch / Rücken / oder an die Fußohlen. Haben sie aber ein Capital delictum begangen so bindet man ihren einen Fus an ein / und den andern an ein ander Schif / stösset solche ab / und reisset sie also mitten von einander. D. Simon. de Ergaster. disciplin. cap. 4. add. Besold. thes. pract. v. auf die Gallen schmieden / pag. 289. XVII. Wenn die Jahre um sind / so lange sie drauf condemniret worden / können sie wieder loßkommen / wenn sie wegen der Stricke / Ketten / Bande und ander Aufwendung Abtrag gethan haben. D. Simon. d. loc.

CAPUT XXVIII.
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DE CATAMIDIATIONE. I. BEy den Römern / absonderlich zu des Käysers Hadriani Zeiten / wurden die Verthuer und Duchbringer ihrer Güther / wie auch die Banquerottirer und Falliten auf den Marckt öffentlich dargestellet / daß sie von jederman gehönet / ausgelachet / und gleichsam angespitzet würden. Zieriz, in const. crim. Caroli V. art, 123. Guilielm. Budaeus, in annot. ad w. pag. m. 584. Supplement. pract. Obs. Wehner. pag. 57. Dither, in orb. nov. lit. h. v. Limnaeus, in add. ad lib. 4. JP. c. 8. tom. 5. pag. 308. Und diese Verhö und Beschimpffung ward genant Catamidiatio, von dem Griechische Wortt [Greek words], derideo.
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Caivinus & Schardius, in Lexic. jur. v. catamidiari. Add. Coel. Rhodigin. lect. antiq. lib. 3. c. 32. in fine, ibi: at hos nihil aliud, quàm, ut Spartiani utar verbo, CATAMIDIANDOS i. e. ridendos conspuendosg??? sinamus valere, II. Drum auch noch heutiges Tages catami diatio bey Uns so viel heisset / als die Steilung ans Halsersen oder Pranger. cit. supplement. pract. Wehner. p. 56. v. Pranger. III. Bey den Tyrrhenern / wenn jemand seine Schulden nicht bezahlen konte / muste er öffentlich durch die Gassen der Stadt gehen / dem etliche Jungen einen grossen leeren Beutel zu seiner höchsten Beschimpffung nachtrugen. Daiel Sauterius, in praxi Bancaeruptorum, part. 3, c. 2. pag. m. 50.

CAPUT XXIX.
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MITHARE QUID SIT. & de POENA MITRAE. I. MIt ietzt gedachter Cadamitiation kömt fast überein die Verspottungs Art / womit man vor Alters die Polygamos, und die das viele Weiber nehmen allzusehr gemißbrauchet / beleget: Denn die wurden auf einen hohen Stuel / gleich einer Cantzel / an welchen sie Stuffenweise hinauf zusteigen hatten gleichfals auf öffentlichen Marckt dargestellet / und musten mit grosser Gedult des gemeinen Pöbels Schand- und Schmach-Reden wider sich selber etliche Stunden anhören und leiden / welches sie mithrare hiessen / teste citato Budaeo, d. annotat. ad ???. p. 585.
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II. Von der POENA MITRAE aber schreibet Julius Clarus, lib. 5. Recept. Sentent. §. fin. Quaest. 70, n 8. also: Mitrae poena inter poenas corporales connumerari potest, quae quidem quandoque imponitur de per se ad infamiam, ut quis ita mitratus producatur in publicum. Aliquando imponitur fustigandis, aut igne cremandis in majorem ignominiam. Et scias, quod quandoque si ille, cui esset imponenda, propter infamiam poena mitrae, non sit in fortiis justitiae, solet ad ejus domum mitra per Satellites transmitti, quod saepissimè fieri attestatur Catald. Cons. 56. n. 13. in consil. crim. diversorum lib. 1. licet id apud nos ego nunquam viderim in practica observari. add. Befold. Thes. pract. v. Ruthen aushauung / fol. 849. III. Dicitur etiam poena pertinae.

CAPUT XXX.
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DE IGNOMINIA CORBIS, nec non de ea, quae dicitur AD SPECULUM ADIGI. I. GIraldus, dialog. 7. Hist. Poët. und Stobaeus, Serm. 42. referiren / daß bey denen Böeotiern die Banckerottirer auf den Marckt gefüyret / daselbst auf einen besondern Stein gesetzet / und hernach ein Korb über sie hergestürtzet / oder ihnen an den Hals gehengt / wordurch sie infam und Ehrloß wurden. Und hat Menarchus, des Euripidis Tragici Vater / solche Schande und Hohn auch ausstehen müssen / wie bey dem cit. Daniel Sauterio. in praxi Banccaeruptorump. 3 c. 2. p. 49. zu sehen. Erasmus Francisci, im Ausländischen Sitten-Spiegel / pag. 38. gedercket derselben auch. Alex ab Alexandr. Genial. dier. lib. 6. c. 10.
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setzet / daß sie den Korb im Mande mit den Zähnen halten müssen / welches ihnen der grösseste Schimpff gewesen. Jacob Moller, in Discurs. von Banquerutiern / Falliten und verdorbenen Kauffleuthen / cap. 5. pag. 93. Hieher kan auch wohl gezogen werden der Schimpff / welchen ein junger Courtisan empfindet / wenn ihn eine Jungfer corbisiret. II. Von der Ignominia, quae dicitur ad Speculum adigi schreibet Brutus, lib. 1. Histor. Florentin. mit folgenden Worten: apud Florentinos decoctores ac turpi judicio convicti, iique, qui Reipubl debitam pecuniam ex Magistratûs praescripto ad diem non solvissent, inter aerarios referuntur sic ut jus ferendi suffragii civitatisque amitterent. Is autem, cui ca mulcta erat irrogata, adigi ad speculum dicebatur, quod in ea nota, tanquam in speculo & censum & fortunam civium licebat intueri. III. Bey den Achivis ist für der Cereris Tempel ein Spiegel gemesen / so an einen subtilen Faden übern Brunnen gehangen / daraus die Krancken / durch sonderliche Bilde / ob sie leben oder sterben würden / abnehmen konten. M. Joh. Binch. conc. 57. Tub. poenit. part. 1. M. Joh. Stiefler / in Geistl. Histor. Schatz. c. 11. pag. 387. IV. Da Lais, die verruchte H ???hre zu Corintho, nun alt worden war / opfferte sie den Spiegel / welchen sie bey jungen Jahren gebraucht / der Abgöttin Veneri, mit dieser Beyschrifft: Non utar deinceps speculo, quia cernere talem, Qualis sum nolo, qualis eram nequeo. Ich mag kein Spiegel mehr: Denn wie ich war gestalt In meinen Jungen Jahrn / das ist nun all veralt. Waß soll ich nun viel sehn an einem alten Weib / An einen grauen Kopf / und runzelichten Leib?
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CAPUT XXXI.
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Von Anschlagung der Delinquenten Nahmen an das schwartze Bret: Item von Einschreibung derselben in das schwartze oder rothe Buch. I. WEil die Obrigkeit ofte nöthig hat / ein und das andere öffentlich zu verkündigen. Rosbach. in Process. Jur. tit. 27. n. 2. Struve, Syntagm. jur. civ. Exerc. 33. th. 55. & Exerc. 49. th. 94. Findet man deßhalber an den Rathäusern / Märckten und andern Plätzen der Städte und Flecken / wo das Volck häuffig zusammen kömt / gewisse Taffeln angeschlagen / daran solche Schrifftliche Verkündigungen / Patenta / Verordnungen und Befehle pflegen angehefftet / und mit kleinen Nägeln befestiget zu werden / daß der Wind sie nicht abreisse noch wegführe / welche Taffeln indicia der Jurisdiction sind. Philip Helfrie. Krebs, de lapide & ligno. Sect. 13. §. 7. II. Sie waren vor Alters weiß / daß man drauf schreiben konte / drum sie auch simpliciter ALBUM genennet wurden. L. 7. & 9. ff. de juris dict. ibi??? Hahn ad Wesenbec. n. 13. verb. nunc quod & c. Struv. dict. Syntagm. Exerc. 4. th. 82. [Flavius Vopiscus, in Tacito. & Wolfg. Lazius, lib. 3. Comment. Reip. Rom. c. 9. ad Ordinem Decurionum pertinuisse scribunt, res gestas & approbatos auctores describere, quod quidem in Urbe Pontificibus incumbebat Habebant & ALBUM, [Greek words], & librùm, in quo judices & judicia describebant memoriae gratia, vocant MATRICULAM. tit. ff. de Albo scrib. Petre. Greg. Tholos. lib. 18. c. 14. n. 1.] III. Heut zu Tage sind sie meistentheils schwartz / und werden daher schwar [801] tze Bret geheissen: Zumahl da offt wieder die Delinquenten und deren Bestraffung was angeordnet und angeschlagen wird / welches billiger auf einer schwartzen / als weissen Taffel öffentlich zu propaliren: Ist auch daher das Sprüchwort entstanden / daß man von einen / welcher der Obrigkeit viele Mühe / Verdrieß und Ungelegenheit mit seinen losen Händeln gemacht / saget: Er stehet am schwartzen Bret / oder im schwartzen Register! Krebs. dict. Sect. 13. § 7. IV. Es wird aber die Anschlagung der Delinquenten Nahmen ans schwartze Bret offte aufden Universitäten / bey Relegation der Studenten practiciret. Ich will dem curösen Leser zu Gefallen hie ein solch Patent communiciren / also lautend: RECTOR ET CONSILIUM PERPETUUM ACADEMIAE LIPSIENSIS QUemadmodum formaturis ex terra imagines artificibus evenire interdum novimus, ut ex qua fingenda sunt signa, materia adspersumad se molliendum humorem admittere, atque apta ita ad recipiendam, quae imprimenda est, formam fieri recuset; Sic & subinde conspicias, Lymphas ex Hippocrene haustas insigniendos eruditis imaginibus Studiosorum animos molles, Praeceptoribus obsequiosos nequaquam reddere. Demonstrant hoc exemplis suis N. N. N. N. N. N. N. N. N. N. & N. N. Quamvis enim omnes hac spe adParnassum nostrum admissi fuerint, ut quas largiter fundunt Camoena nostrae, aquis ad recipiendas eruditorum parirer proborumque Virorum [802] imagines praeparentur, tantum tamen abfuit, ut duritie, quam secum attulerant, posita tractabiles se manibus nostris praebuerint, ut jussis potius contra iverint, vixque adeo judicare liceat, asperioresne acceperimus, an à nobis iterum abire jubeamus. Et primus quidem ex Arresto ob aes, quo obrutus prorsus erat, aliè num indicto perfide discessit, postquam vociferationibus Stentoreis noctis à Deo hominum quieti datũ silentium iterum irerum que contra rot Serenissima interdicta, praefractè rupisset. Sequentes quartuor insuper habitis iisdem Edictis nostris, intermitten das esse à Studiosis vociferationes, invasionesque innocentium nocturnas, nisi relegari ex Academia nostra velint, clamoribus non solum Cyclopicis totum oppidum miserè inquietarunt, sed verberibus quoque affectis, & fuste nefandum in modum percussis obviis commilitonibus defendendi digladiandique necessitatem imposuerunt. Quod crimen in illis hoc magis nefandum, quod post factcum deprehensi, Arrestoque adstricti insciis, quorum intereat nosse, omnes ex urbe aufngerint. Ultimus tandem nobis, cum mandato potentissimi Patriae Patris instructi ante annum, & quod excurrit, in extirpando, qui Pennalismi vel veteris foetus, vel novi pater, caput iterum exeruerat, NATIONALISMO occuparemur, non protervè solum se opposuit, sed commilitiones quoque ad excitandum contra superiores omnes tumultum longè insolentissimum inter principes non postremus sollicita vit & induxit. Sed ut & jam dicti artifices terram, quae mollis affusis aquis, atque ad opus idonea reddi non potest, abjiciunt: ita & nos intractabiles hos homines in officina Musarum nostra ferre amplius nec possumus nec volumus. Nixi igitur partim autoritate, qua pollemus, partim confirmata à [803] Saxoniae Electore, Domino nostro clementissimo, prudentum Sententia Te N. N. ad annum Te N. N. N. N. N. N. & N. N ad biennium Denique te N. N. ad triennium relegamus, relegatosque in Academiam nostram nec ante tempus dictum receptum iri, nec post elapsum salvâ conscientiâ, nisi flexibiliores veniatis, redire posse omnes considerare jubemus. Vos verò, quorum pectora Musae liquoribus suis inter nos adhuc formant, mollescere adspersis aquis animos quaesumus sinite, fideque praecipue & obsequio in Sacramentum, quod inserendi Academiae dixistis, & Magistratum, quàm Morigeros vos formatricib??? vestris exhibeatis, ostendite, planè persvasi, Minervae, hoc est verae sapientiae, quam omnes affectatis, imaginem nullum adepturum esse, nisi qui & in servanda juramenti religione, & facienda Superiorum voluntate partes suas strenuè expleverit. P. P. Lips. d. 12. Aug. Anno 1683. V. Bey den Römern stunden fünffhundert Gülden [quae fuerit aestimatio & pondus aurei lege sis apud Georg. Agric. l. 2. de pond. & Consuit. 8. pag. 460. 461. usg??? 463.] Straffe drauf / wenn einer ein solch an der weissen Tafel von der Obrigkeit angeschlagenes Edictum perpetuae jurisdictionis causâ propositum corrumpiret und beschimpffet hatte / L. 7. 8. & 9. ff. de jurisd. ibig??? Hahn, ad Wesenbec. n. 13. Sruv. Syntagm. Jur. Civ. Exerc. 4. th. 82. Heut zu Tage aber ist die Straffe willkührlich. Rosbach, in process. judic. tit. 2. n. 62. tit. 22. n. 53. & tit. 27. n. 8. Und wenn ihrer viele sind / welche darzu geholffen / dasselbe zerrissen / Koth drüber her geschmieret / oder sonst auf andere Arth verderbet / muß ein ieder seine Straffe drum leiden / tot enim sunt contemptus Praetoris vel Magistratû, quot sunt personae lacerantes, vel corrumpentes. Struv. Exerc. 48. th. 38. VI. Diesen Tafeln sind fast gleich diejenige / welche in den wohlbestelten Städten die Wirthe und Fleischer heraus vor ihre Laden und Hütten / auf [804] Befehl der Obrigkeit / hengen müssen / auf welchen von den Taxatoribus mit Kreiten geschrieben wird / wie theuer sie die Victualien den Gästen / und die Metzger ieder Pfund allerhand Fleisch geben sollen. Wovon Damhoud. de magnif. polit. civitat. Brugens. fol. 132. gelesen werden kan. VII. Vor Alters ehe das Papier erfunden / schrieb man die Testamenta, Donationes und allerhand Contractus, auch Brieffe und dergleichen Dinge mehr auf weiße Tafeln: Drum findet man auch noch Titul und Rubricen in Corpore juris, darinnen derselben Tafeln gedacht wird / als ff. de bon. poß. sec. & contr. tabulae testam. extabunt; de tabulis exhibendis & c. add. L. 4. §. 1. verb. tabulis ff. de censib. L. 52. pr. de legat. 3. L. 203. ff. de V. S. ubi jung. Struv. exerc. 9. th. 24. n. 1. VIII. Es kommen auch Wörter Tabellio und Tabellarius daher. Vid. Petr. Greg. Tholos. lib. 43. c. 3. Item lib. 18. c. 8. n. 2. nec non lib. 47. c. 41. n. 3. IX. Ferner die Einschreibung der Nahmen in das schwartze oder rothe Buch betreffend / hat es damit diese Beschaffenheit. Es ist in etlichen Aemtern und Städten üblich / daß die refractarische / trotzige und unbändige Verbrecher / auch die stets zancken / allerhand Ungelegenheit anfangen / und deshalber offt in Straffe kommen / in ein eigen Buch / welches man das schwartze oder rothe Buch nennet / mit Vermeldung ihres Verbrechens und der Straffe verzeichnet werden. Besold. in Thes. pract. v. Urphete / ibig??? Dither, in addit. p. 977. nec non in contin. Besold. pag. 315. & 581. Oldekop. gedencket desselben auch in tr. contra Carpzov. p. 270. Ingleichen Maevius, part. 7. decis 84. welcher Letztere setzet / daß auch daß Schuster-Ambt zu Wismar sich eines solchen schwartzen Buchs wieder die Frey-Schuster / und die / so nicht in ihrer Innung begriffen / gebraucht / welche Einschreibung der Nahmen dieses nach sich gezogen / daß man dieselbe bey keiner Zusammenkunfft gelitten / sondern als infam, anrüchtig und ehrloß gemieden. Daß auch der böse Geist zuweilen der Hexen Nahmen in ein schwartz Buch mit ihren Blut geschrieben / ist droben im andern Capitel pag. 425. allbereit angeführet / es bezeuget auch solches Besoldus, in thes. pract. v. Hexen / pag. 382. X. Deren Nahmen / so vor den Fünfer - Gericht zu Nürnberg verklaget. [805] werden / und stehen müssen / werden ins Hader-Buch geschrieben / welches viele / zumahl die unschuldig sind / gar ungerne sehen und haben. Dither, in contin. Besold. v. Fünfe / Fünfer - Gericht / p. 221. add. Gastel. de statu publ. Europ. pag. 1208. XI. Von den Tafeln / so theils Orthen denen Delinquenten an den Hals / oder auf die Brust gehengt / oder gar über den Kopf angenagelt werden / wird mit mehrern in den Capitel von Stellung am Pranger und Hals-Eisen / item von der Creutzigung gehandelt.

CAPUT XXXII.
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Von den Grünen oder gelben Hüten / welche die Banquerottirer und Falliten tragen müssen: Item von den Schelmen-Hütlein Sambenito in Italien. I. Vor Alters durfften bey den Römern die Leibeigent Knechte keine Hüte tragen / sondern musten im bloßen beschornen Kopf einher gehen. Damit weder die haare noch der Huht ihnen bey Verrichtung ihrer Arbeit hinderlich seyn möchten. Wenn aber einer oder der andere von ihnen manumittiret und freygelassen wurde / gab man ihnen einen Huht / welchen sie tragen durfften. Volateranus, lib. 30. Philolog. pag. 329. Henr. Salmuth. ad. Pancirol. cap. de fibula, pag. 355. & 357. Thom. Demster, lib. 1. Antiq. Rom. cap. 19. pag. 102. Schard. in Lexic. Jurid. v. pileati servi. Und gedencket solchen Gebrauchs unter andern auch der Comödien-Schreiber Plautus, in Amphitr. act. 1. scen 1. vers. ult. Ut ego hic ho die raso capite calvus capiam pileum. War also der Huht ein Zeichen der Freyheit. Vid. Joh. Georg. Speidel. spec. jurid. v. Huht / Huht tragen / pag, 615. ubi hoc multis autlsoritatibus probat.
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Hinc illi, qui Julium Caesarem interfecere, praetulerunt hastâ per medium urbem pileum, quasi morte Tyranni restitutâ civibus libertate, ut refert Appianus, lib. 1. de bello civili. Maßen denn auch in Ansehung dessen / Käser Justinianus in L. 1. C. de Latin. lib. toll. Pileum pro justâ & perfectâ libertate hat wollen gehalten haben. Hinc Servi dicebantur vocari ad Pileum, cum ad libertatem vocabantur. Pacius, Anal. Cod. p. 747. II. Erasmus Rotero damus, in Chiliad. Proverb. hat angemercket / daß es das Ansehen hätte / als wäre bey denen Alten der Huht ein Insigne spectatae virtutis gewesen / und daher der Gebrauch kommen / welcher noch auf den heutigen Tag währet / daß wenn auf denen Universitäten Doctores oder Magistri creiret werden / man ihnen respectivè rothe oder braune Sam̅ete Hühte / oder Birette aufsetzet. Ut verae & ingenuae semper memores faciat libertatis promotuos ex cognitione veritatis & justitiae ortum quae trahit, & in bonâ consicientiâ acquiescit, nec vel suae, vel alienae unquam mancipia fiant cupiditati. Besold. in Templo Justiae fol. 121. Nicol. Henel. in otio Uratisl. cap. 25. pag. 488. Georg. Christoph. Walther, de stat. & privil. Doctor. cap. 20. pag. 410. Oder gleichwie diejeniger / so einen grossen Sturm auf der See ausgestanden / wenn sie ans Land kamen / vor Alters Hüte aufzusetzen pflegten. Stuckius, lib. 2. antiq. conviv. c. 28. pag. 230. Also auch folche zu hohen Ehren schreitende Personen. Nam & illi per procellosum scientiarum mare navigantes, horridi Jovis atque bilosi Neptuni fervidis assultibus undique circumacti, tandem ad eruditionis portum pervenerunt. Idem Besold. in Thesaur. pract. v. Huht tragen / pag. 399. III. Ferner folgeten die aus der Gefangenschafft erlösete Römische Bürger dem Ehren - Wagen des triumphirenden Generals mit aufgesetzten Hühten / anzuzeigen / daß sie nun wieder in vorige Freyheit gesetzet worden. Idem. d. l. IV. Ja wenn ein Herr starb / giengen die frey gelassene Knechte vor der Leiche mit aufgesetzten Hüten her / welche daher Pileati genennet wurden. Salmuth. ad Pancirol, d, c. fibula pag. 356. D. Joh. Philip. Pfeiffer / [807] Antiqu. Graec. Gentil. lib. 4. C. 48. Vid. L. 7. c. de Latin. libert. tollend. tit. 6. §. 5. Hinc Pers. Satyr. 5. Haec mera libertas, quam nobis pilea don ant. Et Sat. 3. vers. 103. seqq. Hinc tuba, candelae: tantemque Beatulus alto Compositus lecto, crassique lutatus amomis In portam rigidos calces extendit: at illum Hesterni capite induto subiere Quitites. V. Man hat auch alte Müntze gefunden / welche Brutus, nachdem er mit seinen Adehaerenten den Julium Caesarem entleibet / schlagen lassen / da auf der einen Seiten sein / des Bruti Bildnis / mit dieser Uberschrifft gestanden: Brut. Imp. L. PLAET. CEST. auf der andern aber ein Huht zwischen zwey Dolchen / mit folgenden Worten: EID. MAR. Lilius Gregor Gyrald. Histor. Deor. Syntagm. 1. VI. Desgleichen hat Henricus ll. König in Franckreich Anno 1552. eine Müntze pregen lassen / auf welcher ersten Seiten befindlich gewesen ein Hutz und zwey Dolche / mit der Uberschrifft LIBERTAS! unten aber: VINDEX LIBERTATIS GERMANIAE! aufder andern Seiten sein Bildnis / mit dem Zusatz: HEINRICUS II. GALLIARUM REX IN VICTISSIMUS P. P. Eloquentiae propè coelestis orator, omnis Eruditionis honestae Antistes. Rupertus, lib. 1. c. 2. ad Valer. Max. VII. Es waren aber vor Zeiten die Hühte nicht formiret / wie ietzo / sondern auf die Arth / als wenn man ein Ey halb von einander schneidet / ohne Rand. Lucianus, in Dipsade. Fast wie die ietzige Nacht- oder Schiffer-Mützen. Salmuth, saepè cit. loc. pag. 360. Drum auch die Garamantae die Straußen-Eyer / so sehr groß / von einander schneiden / und solche zu Hüten gebrauchen. Si verum est, quod Joh. Pierius, lib. 4. Hieroglyphi ??? prodidit. VIII. Tarquinio Priseo, als er mit seiner Gemahlin der Tanaquil gen Rom reisete / und bey sammen auf einen Wagen satzen / hat ein Adler gantz gelinde den Hut abgenommen / u. ist mit grossen Geschrey über den Wagen her [808] geflohen / bald hat er ihm aber solchen unvermerckt wieder aufgesetzet / und sich hoch in die Lufft geschwungen / welches die Tanaquil ausgeleget / daß er noch König zu Rom werden würde / wie auch geschehen. Dionys. Halicarnass. lib. 3. bist. Rom. Vid. And. Tiraquell. annot. ad Alex. ab Alexand. cap. 13. lib. 5. Gen. dier. lit. L. pag. 675. IX. Der Hut oder die Bischoffs-Haube des Hohen-Priesters bey den Juden war also ge???acht / daß sie nur den obersten Theil des Haupts bedeckte / nach der Form eines Turbands oder Türckischen Bundes / damit er sich nicht hinab senckte / und den Stirn-Blat verhinderlich fiehle. Die gemeine Priester-Hüte aber bedeckten das gantze Haupt / wie ein Helm. Erasm. Francisci, im Ausländischen Sitten-Spiegel / lib. 2. pag. 817. X. Notabel ist auch / daß des berühmten Medici Hippocratis Bildnis / so viel den Kopf betrifft / vor Alters / allemahl mit einem Hut bedecket wahr / anzuzeigen / daß weil der Witz und Verstand in dem Gehirn seinen Sitz hat / ein iedweder / sonderlich wer studiret / das Haupt wohl in acht nehmen / und zusehen solle / damit er dasselbe durch Kälte und andere schädliche Dinge nicht schwächen möge. Salmuth / ad Pancir. cit. cap. pag. 359. edit. in 8. FF. 1622. XI. Ericus der Gothen König war so künstlich / daß / auf welche Seiten er nur seinen Hut wendete / er einen Wind machen konte. Francisc. Torreblanc. lib. 2. de Magia. cap. 12. n. 26. So ist auch noch vor wenig Jahren ein bekandter General am Leben gewesen / welcher einen schlechten unansehnlichen Hut / wenn er zur Action und Schlacht hat kommen sollen / aufgesetzet / da die Krampe mit einem Rade-Nagel angemacht gewesen. Wenn er nun mit solchen Hut nur gewincket / sind die Stück- und andern Kugeln von seinen Völckern zurück auf die Seite gegangen. XII. Als Anno 1356. zu Paris / in Abwesenheit König Johannis, welcher noch in seiner Custodi in Engelland war / über der Müntze Tumult entstund / auch sonst die zu Paris mit dem Regiment nicht zufrieden wahren / und dasselbe dem Dauphin Carolo genommen und zu sich gezogen hatten / nahm der Kaufleuthe Provos [so sie Prevost des Marchands nennen / und den höchsten Gewalt zu Paris unter den Bürgern hat] drey tausend Mann zu sich / gieng Carolo in das Gemach / welcher drüber nicht wenig erschrack. Es sagte aber der Provos: Er solte über dem / so er sehen würde / sich nicht entsetzen / was man thun würde / solches wäre also beschlossen / es müste also zu [809] Werck gerichtet werden: brachten hierauf alsbald Johannem von Conflans, und Robertum von Clermont, beyde Marschalle von Franckreich / seine geheimte sie Diener / vor seinen Augen um / und zwar so nahe an ihm / daß ihm auch das Blut unter das Angesicht sprützte. Wie er nun rief waß solches bedeuten solte / und ob sie an ihm auch Hand legen wolten? sagte der Provos: Nein Herr! es seynd eure böse ungerathene Diener / die wir suchen / welche euch so übel gerathen haben. Nahm hierauf Carolo den Hut vom Haupt / und satzte ihn seinen / von halb roth- und halb Himmelblauer Farbe gemacht / dargegen auf / welches derer in der Stadt / und die es mit ihnen hielten / Liberey wahr / damit er also vor Gefahr gesichert seyn solte. Hierauf wurden der Entleibten Cörper hinab in den Hoff geworffen / damit der Pöbel / welcher von allen Gassen zulief / solche sehen möchte: Der Provos aber trug Caroli von Gold gestickten Hut nicht allein den gantzen Tag / zum Zeichen seiner Dictatur, sondern sandte auch Carolo Tuch / daß er vor sich / und seine Diener dergleichen bunte Hüte machen lassen / und tragen solte / damit also ihnen nichts Wiederwärtiges begegnen möchte / und das Wnsehen hätte / als wam sie es mit der Stadt hielten. Die Ursach aber dieser bunten Hüte rührete daher: Dann wie besagte zu Paris kurtz zuvor Carolum nicht wenig beleidiget hatten / indem daß er das Edict, wegen der Müntze / deswegen sie auftührisch worden / und zu den Waffen gegriffen / cassiren und aufheben muste / begab sichs / daß üm Paris durch die Räuber grosser Schade geschach. Durch diese Gelegenheit brachte Carolus Volck zusammen / daß er entweder [wie er fürgab] denselben begegnen / oder [wie iederman davor hieli] daß er denen zu Paris in die Städte herum Besatzung einlegen wolte. Weil sich nun die zu Paris dessen beschwerten / ermahnten sie Carolum, er solte es nicht thun / mit dieser Erklärung / sie wolten kein Kriegesvolck in die Stadt lassen. Damit aber der Handel nicht etwan zu einen öffentlichen Krieg auslauffen / und sie aufm Fallein gewiß Zeichen haben möchten / ließen sie obdemeldte Hüte / oder Birette von zwey Farben machen / und trugen solche. Serres, in Johanne Gall. Rege. Neumeyer, von Aufstand der Untern wieder die Obern / c. 5. p. 551. XIII. Käyser Rudolphus, als er einsmahls zu Nürnberg wahr / kahm ein Kauffmann zu ihm / welcher sich über einen Gastwirth allda / bey dem er eingekehret / beklagte / daß er demselben einen grossen Beutel mit Geld aufzuheben gegeben / wovor er ihm Nein sagte. Der Käyser verharg den Kauf [810] mann in eine Cammer / und als andere Bürger kahmen / Ihrer Majestät aufzuwarten / befand sich auch dieser Gastwirth drunter / dem der Käyser anredete: du hast einen feinen Hut / gib mir denselben / wir wollen mit einander tauschen. Der Wirth lachte / und gab seinen Hut willig hin / schätzete es auch vor eine sonderbahre Gnade. Der Käyser schickte einen mohlbekandten Bürger heimlich mit dem Hut zu des Wirths / dem er droben bey sich behielt / Eheweib / mit der Anzeige / ihr Mann ließe ihr sagen / sie solte den grossen Beutel mit dem Gelde [welchen der Kauffmann / wie er ausfehe / eigentlich beschrieben hatte] ihm geschwinde durch den Bürger schicken / maßen zum Warzeichen dessen sein Hut da wäre. Die Frau solchen sehend / gab gantz willig dem Bürger den Beutel mit dem Gelde / welcher denselben so fort dem Käyser brachte. Drauf ließ er den kauffmann und Wirth vorkommen / und hielt den Letztern vor / was der Erste geklagt hatte / und was er darzu sagte / der Wirth wolte sich zwar auf das Leugnen begeben / aber der Käyser legte ihm den Beutel mit dem Gelde vor / darüber er verstummete / bekahm aso der Kauffmann sein Geld wieder. Lipsius, in monit. polit. lib. 2. c. 9. monit. 3. Balth. Conr. Zahn, lib. 1. c. 44. n. 2. de mendaciis. XIV. Die besten und teuresten Hüte hat der Pabst zu Rom / die er seinen Cardinälen üm eine grosse Summa Geldes verkaufft / und sind dieselbe offtmahls besser / als des Fortunati Wünschhütlein. Timoth. Polus, im lustigen Schau-Platz allerley Personen / Aembter und Stände / voc. Hutmacher / Hüter / pag. 312. XV. De Pileo Dignitatis Ducum, Comitum & Marchionum vide Chassanaeum in Catalog. Glor. mundi. Part. 2. conc. 9. XVI. Eo loco, ubi Caesarea Majestas audientiam praebet, nemini pileo tegete caput permittitur, nisi principi absoluto, seu Principi Imperii, Cardinali, Nuncio Apostolico & Oratoribus Regis. Autor descriptionis status particularis Regiminis Ferdinandi II. Imper. c. 4. pag. 66. Idem competere Principibus Imperii, qui ejusdem status sunt, etiam aliis nonnullis locis in praesentia Caesaris tecto stare capite, ex eodem discimus Autore, ipsâque praxi. Refert ille c. 3. pag. 60. Christianum, Principem Anhaldinum Seniorem Ferdinando II. Imperatori reconciliatum, eidem [811] mantile post lotionem manuum ad mensam exhibuisse, deinde nudo capite ministrasse. Posteaquam verò à Caesare de Regalibus & Feudis ac Imperio dependentibus investitus fuisset, ac similiter, ut antea, Imperiali mensae nudo capite adstaret, Caesarem hoc amplius admittere noluisse, atque ut pileum capiti imponeret, flagitasse per Aulae suae Mareschallum; fecisse hoc Anhaltinum, atque ad mensam Caesaris simul admissum fuisse. Die Ceremonien / so vorgehen / wenn ein Fürste des Reichs zur Käyserlichen Audienz admittiret wird / beschreibet Eitel Friedrich von Herda, in der Grundfeste des H. Römischen Reichs / part. 1. c. 6. pag 43 & seqq. welche allda gelesen werden können. Competit haec praerogativa, tecto capite stare in praesentia Caesaris, Principibus, qui status sunt Imperii jure libertatis suae, non autem ex privilegio, ut in Hispania id à Rege indultum novimus nonnullis ex Magnatibus [quos Grandes dicunt] aliisque, nisi cum Rege loquantur. Favyn, au theatre d'honneur, livr. 8. pag. 1501. Limnaeus. tom. 5. addit. lib. 5. c. 8. pag. 299. Adeo magnum hoc est privilegium, ut nec ducibus belli competat. Dux Albanus id consequi nequivit, quanquam Regno Hispaniae egregia hinc inde praestitisset servitia, & sic meritus esset favorem ac praemia. Eum autem hanc ambiisse praerogativam, inde constat, quod in aula dixerit: Se benè stare posse, nec laborare pedibus, sed capite, utpote catharris repleto; quô voluit indicare, sibi consultum fore, si Rex ei concederet, tegere caput. Consiliarios civitatis Barcelonensis eodem privilegio donatos fuisse, percipimus ex relatione di Vittorio Siri, nel suo Mercurio, tom. 2. lib. 1. pag. 142. Dom. Baud. lib. 2. de Jnduc. Bell. Belg. pag. 56. Philippus II Rex Hispaniarum cum Egmondanum Comitem serentem secum de rebus graviorib9 colloquia pileo imposito caput operire jussisset, per argumentum illius honoris dignitatem Principis fuit judicatus, Regis sententiâ, accepisse. Aurpach. lib. 1. Sing. alleg. c. 27. Antonius de Leva, veteranus, ac de Caesare praeclarè in bellis Italicis meriritus Dux, de quo hujusmodi distichon legitur scriptum: Implicitus cunctis morbo artubus, horrida bella Artibus & ferro gessit & explicuit; incredibili atque insano dignitatis istius desiderio flagrans, quotidie se Caesari è lecto surgenti offere bat. Caesar, cui pedum ejus debilitas non [812] erat ignota, eum sedere jubebat. Ille verò, ambitionem suam malè dissimulans, atqui, inquit, clementissime Imperator, caput mihi dolet, non pedes. Henel. in Otio Uratislav. c. 52. pag. 449. XVII. Zu Amsterdam tragen die Wahrenträger uud Schleiffer / so die Wahren zur Wage bringen / damit sie erkentlich / ihre eigne Nahmen und Mützen oder Hüte / daß sie von den Kaufleuten um so viel besser können erkant und unterschieden werden. Etliche tragen rothe / andere grüne Hüte / andere zotlichte bunte Mützen / da allerhand Farben durch einander dran gesprengt sind. Philipp von Zesen / in Beschreibung Amsterdams / pag. 234. XVIII. König Henricus IV. in Franckreich ritte einsmahls mit seinen Comitat durch die Stadt Pariß / da lief ihn ein Hutmacher an / thät einen Fußfall / und bath um ein Allmosen. Der König fragte ihn / ob er sich nicht von seinen Handwerg nehren könte? Er antwortete: nein / wäre auch kein ärmer Tropf als er / hätte zwar eine gantze Kammer voll Hüte / welche aber / weil sie nicht mehr nach der Mode wären / niemand begehrte / noch auch ihm abkauffen wolte. Der König befahl ihm einen herzubringen. Als dieses geschahe / wurf der König seinen Hut hin / und setzte den / so ihm der Hutmacher gebracht / auf / sagende: Dieses ist Allmosen genung / und ritte sort. Wen nun in Franckreich Manier ist / daß / wie sich der König träget / oder kleidet / seine Grandes und Diener es nachmachen / also geschahe es auch / daß noch demselben Tag der Huthmacher alle seine altväterische Hüthe verkauste / zu Gelde kahm / und wieder neue nach der Mode machen konte. Curiosus Aletophilus, in tract. Polit. Histor. de moribus, ritibus ac Ceremoniis in aulis Regum & c. usit atis cap. 10. §. 53. pag. 83. Dieser König pflegte auch zu sagen: Gute Wort im Munde / und den Hut in der Hand / rostet nichts / und nutzet Leut und Land! Zinegref in Apophtegm. ex Aubignaeo. XIX. Pabst Sinibaldus de Flisco, ein Geneuser hat am ersten verordnet / daß die Cardinäle breite rothe Hüte tragen solten. Gotfrid, in der Hist. Chron. p. 585. XX. Zu Avignon müssen die Jüden gelbe Hüte / die Weibes-Personen aber gelbe Binden um den Kopf tragen.
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Zeiller, itin. Gall. pag. 400. damit sie von den Christen unterschieden werden. XXI. In den Reichs Abscheid und der Policey-Ordnung de Anno 1530. tit. 22. §. 1. ist gesetzet / daß die Jüden einen gelben Ring an den Rock oder Kappen allenthalben unverborgen zu ihrer Erkäntnis öffentlich tragen. Pabst Innocentius, der Dritte / hat den Unterscheid der Kleidung an den Jüden in Concil. Later auch verordnet. Vid. c. 15. X. de Jud. & Coel. Welches zu Rom und Padua noch im Gebrauch ist / indem die Jüden keine andere / als Goldgelbe Hüthe allda tragen dürffen. In der Venetianer Gebieth gehen sie einher in Safram-Farben Hüthen. E. Eulner, in discurs. Polit. jurid. de vestibus, illarum??? jure, n. 402. pag. 110. Zu Franckfurth an Mäyn müssen sie zum Unterscheid einen gelben Ring auf ihren Kleidern tragen. Franckfurth. Policey-Ordn. de Anno 1599. sub tit. Jüden sollen Zeichen tragen. Ibi: Damit auch die Christen von den Juden zuerkennen seyn: So sollen alle und jede Juden / und Judinnen / sie seyn frembd oder eingesessen / ausserhalb der Juden-Gassen / in und zwischen den Messen ihr gebührlich Zeichen / als mit Nahmen einen runden gelben Ring / öffentlich und mit ihren Mänteln unverdeckt an ihren Kleidern tragen / bey Vermeidung den Ingesessenen der Buße / nemlich 12. Schilling / und den Fremden einen Gülden unabläßig zubezahlen / so oft und dick das noch geschicht / darnach sich ein jeder wisse zu richten. Item eod. daß die Juden Kappen und Hüthe halten und tragen sollen; Hisce: Auf E. R. dieser Stadt Franckfurth Zulassen / und Beschluß / haben die Rechenmeister mit der Juden Baumeistern / als von gemeiner Judenschafft wegen / alhier zu Franck furth der Kappen halber gehandelt / daß die Juden fürter des Kappen-tragens erlassen seyn sollen; Et ulterius: ist dem Baumeister gesagt / gemeiner Judenschafft anzuzeigen / daß sie hinführo schwartze oder graue Hüte tragen / und auslerhalb ihrer Gassen in keinen Parreten gehen / noch sich finden lassen sollen / wo sie darüber betreten / sollen sie darum gestrafft werden. Ander Orthen wird zwischen ihnen und den Christen kein Unterscheid der Kleidung halber [814] gehalten / sondern stehet ihnen frey / was sie tragen wollen. An autem Judaeo Christianum habitum aslumere volenti, & Baptismum suscipienti, remissio, vel poenae mitigatio sit concedenda, negatur: nam poena ob vitae professionem secutam neque mitigatur, neque tollitur. L. 10. §. 2. ff. ad Leg. Jul. de Adult. Itaque Judaeus Christianus effectus, & Christianum habitum desiderans, de delictis ante Babtismum commissis punitur, tum maximè, si ad evitandam poenam hoc fiat. vid. Farinac. q. 68. n. 144. & 153. cum seqq. Clar. q. 51. n. 19. §. fin. Carpzov. pract. crim. p. 1. q. 49. n. 74. XXII. Die Huren wurden auch vor Alters [und theils Orthen noch auf den heutigen Tag] durch gewisse Arth Kleidung von den ehrlichen Weibes-Bildernunterschieden. Welches auch die Leges Civiles also gebothen. cit. Eülner, d. tr. n. 384. add. L. 4 C. de Episc. Acud. ibi??? DD. Zu Rom trugen die erbare Matronen und Ehrliche Weiber lange Röcke biß auf die Schue / dran unten ein breiter Saum war. Non. Marc. in cap. de genere vestiment. Ulpian. in L. vestis §. muliebris ff. de auro argento legat. Unde matronalem Stolam Valer. lib. 6. c. 1. dixit, & stolas atque ornatus matronales Vitruv. lib. 1. c. 1. conjunxit. Sed Festus lib. XI. matronas tradit appellatas eas ferè, quibus stolas habendijus esset. Welche aber denen Huren zu tragen verbothen wahren. Barnahas Brisson. lib. 1. Select. ex jure civil. antiq. c. 4. Sondern die musten in kurtzen Röcken / so ihnen kaum über die Knie giengen / sie darbey zuerkennen / einher gehen. Quintilian. lib. XI. c. ult. Idem Brisson. d. c. 4. pag. 17. Welchen Unterscheid der Kleidung auch Horatius, lib. 1. Sermon. Satyra. 2. angedeutet / indem er schreibet / daß wenn etwan eine erbare Frau krumme Beine / oder sonst Mangel an Füssen hätte / sie solches verhehlen / und mit den langen Rock bedecken könte / welches aber eine Hure nicht zu thun vermöchte / als deren man wegen des kurtzen Rocks die Beine über und über sehen und anschauen könte. Es wahren auch der Huren Röcke bunt / von allerhand Farben / sonderlich aber bey den Spartanern und Atheniensern Leibfarbene.
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Clemens Alexandrin. lib. 4. paedag. Petr. Gregor. Tholos. de Rep. lib. 4. c. 11. n. 10. Suidas, in voce [Greek words]. Bey den Locrensern trugen die ehrliche Weiber / so aus und auf den Marckt giengen / weisse Kleider / hatten eine von ihren Bluts-Freundinnen neben sich / und hinter her eine Zofe gehen / hinge gen hatten daselbst die Huren bunte und verbremete Kleider an. D. Joh. Philip. Pfeiffer / Antiq. Graec. lib. 2. c. 56. pag. 366. Ferner trugen die ehrliche Römische Weiber ihre Haare mit einer dünnen Hauben bedecket / welches die Huren auch nicht thun durfften. Servius, in 7. AEneid. Virgil. Hinc Ovidius, lib. 1. de arte Amandi. Este procul vittae tenues, insigne pudoris, Quaeque tegis medios instita longa pedes. Et alio ejus dem libri loco. Ecquid ab hac omnes rigidè summovimus arte, Quas stola contingi, sumtaque vitta vetat? Idem lib. 3. de Ponto epist. ad Maximum. Scripsimus haec illis, quarum nec vitta ligatos Attingit crines, nec stola Ionga pedes. Sic & Tibullus, lib. 1. eleg. 6. Sit modò casta doce, quanquam nec vitta ligatos Impediat crines, nec stola longa pedes. Die vornehmen Matronen liessen sich auch in Senfften und auf Stühlen tragen / welches aber Käyser Domitianus denen unehrlichen Weibern verbothen. Dion, lib. 58. Seneca, in Remed. fortuit. Brisson. lic. cit. pag. 20. Zu Tolusa war das Zeichen der Huren ein lang herunter hengendes Achsel-Band. Eulner, dict. tr. n. 386. Und wie sich dorten Thamar liederlich ankleidete / und an den Weg setzte / hat Juda sie vor eine Hure angesehen / und beschlaffen. Genes. c. 38. vers. 14 ibi??? Francisc. Jun. in notis. So kan auch derselbe nicht injuriarum belanget werden / welcher eine ehrliche Frau / so in hurischen Habit sich gekleidet / angreifft und betastet / indem sie durch solche liederliche Kleidung darzu Anlaß gegeben Brisson. d. c. 4. p. 21.
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Eben wie der / so in einen öffentlichen Hur-Hause bey eines andern Weib ertappet wird / sich mit der Unwissenheit und Irthum etlicher maßen entschuldigen kan. Quintilian. lib. 7. c. 3. Sonst nennet das Jus Canonicum die eine Hure / welche vielen zu Willen ist. c. viduae 16. dist. 34. Die Glossa in vers. multorum, hält die vor eine solche / welche mehr denn 23000. Mannsbilder zugelassen / auf welche maße gar wenige / oder gar keine eine Hure genennet werden könte. Andere wollen / daß sie sich sechtzig Manns-Personen müsse untergeleget haben. Nach dem gemeinen Käyser-Recht in L. 43. §. 2. ff. de rit. Nupt. wird die vor eine Hure gehalten / so sich öffentlich / auch wohl ohne Huren-Lohn prostituiret. Heut zu Tage wird es von solchen unzüchtigen Weibern vor eine freye Kunst geachtet / und wandern die Schwestern gemeiniglich aufs Handwerck / und verdienen klein Geld. Eulner, de vostibus, illarum??? Juren. 389. Und ernehren sich mit der Hand / drauf sie sitzen / wie Gvil. Böckel, Disquisit. Pub. de publ judiciis, disq. 5. §. 8. pag. 75. redet. Diesen ist in obgedachten Reichs-Abscheid de Anno 1530. auch eine gewisse Arth vorgeschrieben / wie sie sich kleiden sollen / damit man sie vor andern ehrlichen Weibern kennen könne / hisce verbis: Nachdem auch aus dem viel Aergernis im Heiligen Römischen Reich entstanden / daß die gemeine / und andere unehrliche Weiber / Seiden / Gold / Silber uud andere zierliche Kleider antragen / dadurch manch fromm Weib und Tochter verleitet wird / auch dadurch unter Erbarn kein Unterscheid zuerkennen: Gebiethen wir ernstlich / und wollen / daß die unehrliche Weiber keine hoch-zierliche Kleider oder Geschmuck / auch nichts verbrämtes oder gülden Schleyer / sondern eine iede derselben sich nach des Landes-Gebrauch tragen soll. Darauf die Obrigkeit sondere acht haben / und das nicht duldensoll. XXIII. Olim in Legibus Boicae Gentis, teste Petr. Gregor. Tholosan. in Syntagm. Jur. Univ. lib. 36. c. 12. n. 15. poena erat, elevare mulieris vestes super genicula 12. solid. Sed jam in desvetudinem videntur abiisse hae Leges, & praxis multis in locis aliud docet.
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XXIV. In den grossen Reichs- und andern Städten haben die Stadt- oder Gerichts-Diener Mäntel von zweyerley Farben-Tuch üm / sie darbey zuerkennen. Die Gleits-Reuther haben ihre Schilde an / wie auch die Bothen. Die Scharffrichter und Feldmeister müssen an theils Orthen / dem obgedachten Reichs-Abscheid gemäß / sich so kleiden / daß man sie vor andern Leuthen kennen möge / welches billig im gantzen Römischen Reich also gehalten werden solte. Zu Wien in Oesterreich träget der Scharffrichter deshalber eine rothe Hosen. Eulner, cit. tr. n. 395. pag. 107. XXV. Zu Rom / wenn ein Schuldner bonis cediret / oder auch zu den Quinquenellen und Anstands-Brieffen sein Refugium nimmet / muß er öffentlich einen grünen Hut auf den Kopf tragen / damit iederman denselben kennen / und sich vor ihn hüten könne. Statut. Rom. lib. 1. pag 171. Limnaeus, tom. 5. in addit. ad lib. 4. Jur. Pub. cap. 8 n 308. Welches auch in Franckreich üblich / so daß die Creditores solchen grünen Hut anschaffen müssen. Und wenn sie den Schuldmann ohne solchen Hut antreffen / haben sie Macht / denselben wieder ins Gefängnis legen zu lassen: Immaßen das Parlament zu Paris / den 26. Junii, Anno 1582. also erkant hat. Chopin. de morib. Parisiens lib. 3. tit. 3. n. 18. Limn. notit. Regni Franc. lib. 2. c. 14. tit. 9. infine. Sauterius, in prax. Bancaerupt. part. 3. c. 2. pag. 51. Ubi hic addit, idem obtinere apud Rothomagenses, citatque Decretum in Curia Rothomag adversus cessionarios factum & Gallicè editum, An. 1587. Der grüne Hut bedeutet daß der / so seine Güther Schulden halber abtritt / aus Thor- und Unbesonnenheit arm worden. Besold. in Thes pract. v. Hut tragen / pag. 399. Zu Franck furt am Mäyn ist es gleichfals gebräuchlich / daß die Falliten einen grünen Hut tragen müssen. Renov. Reformat. Francof. part. 1. art. 50. Joh. Georg. Aurbach / in mercatore fallito cap. 20. §. 250. XXVI. Anderswo ist der Hut gelb. Besold. sup. cit loc. Rebhan in disp. quae uxor propriè sit & dicatur mercatrix, thes. 16. Chur-Fürstl. Sächß. Erledigung de An 1653. [818] und 1657. eingegebenen Gebrechen / tit. Justitien-Sachen / § 78 in fin. XXVII. In Italien setzet man ihnen das Schand- und Schelmen-Hütlein / Sambenito genant / auf. Mit welchen auch im September Anno 1559. zu Vagliadolit in Spanien bey der Inquisition etliche Lutheraner beschimpffet worden. Gotfried. Hist. Chron. part. 7. pag. 1035. XXVIII. Anderswo stellet man sie am Pranger / und wird die Schand-Klocke über sie geläutet. Limnaeus, tom. 2. addit. ad lib. 4. c. 8. n. 334. Dither. in contin. Thes. Pr. Besold. v. Banquerottirer / pag. 85. XXIX. Vor Alters bey den Römern verlohr derselbe seinen Ehren-Stand / welchen man zur Todes-Straffe condemnirte / wurde aus einen Freygebohrnen ein Knecht der Straffe / und kahm üm sein Bürger-Recht. Marc. in L. in Servorum 10. §. 1. & 1. & in L. quod ad statum 12. Paul. L. qui ult. supp. 29. ff. de poenis. Dannenhero auch noch in Franckreich üblich ist / daß die Gerichts-Diener / auf Befehl des Judicis, denen zum Tode Verdammten den Hut / als vorzeiten ein Zeichen der Freyheit / wegnehmen. Petr. Greg. Tholosan. Syntagm. Jur. univ lib. 32. c. 27. in fine. Welches auch bey uns in Teutschland nicht anders gehalten / und keinen / der vom Leben zum Tod gebracht werden soll / der Hut gelassen wird / sondern es eignen ihnen solchen die Gerichts-Dieder / oder des Nachrichters Knechte zu / und behalten denselben. XXX. In der Türckey werden die falschen Müntzer auf einen Efel hinterwärts gefetzet / müssen einen hohen weissen Hut mit Hörnern tragen / sich also durch alle Gassen der Stadt herum führen / mit Koth werffen / hernach gar übel schlagen und prügeln lassen / und noch darzu an Geld büssen. Aufsolche weise wird auch die gemeine Hurerey allda abgestrafft: Item die falsche Zeugen. Erasm. Francisci, lib. 2. des Neu-polirten Geschicht-Kunst und Sitten-Spiegel / disc. 8. pag. 404. XXXI. Der grausame Tyrann Johann Basilowiz in der Moscau ließ ei [817] nen Abgesandten / welcher in seiner Gegenwart das Haupt bedeckte / den Hut auf den Kopf nageln. Ex Sigism. Bar. Hist. Moscovit. Dither. in addit. ad Besold. thes. practic. pag. 400.

CAPUT XXXIII.
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Vom Schimpflicher Reithung auf einen lebendigen Esel / das Angesichte nach dem Schwantz zugekehret. I. MAn findet in den Historien / daß / wenn vor Alters jemand auf das allerärgste beschimpffet werden sollen / man se bigen wiedersinnisch [oder rücklings] auf einen lebendigen Efelgesetzet / und zu Männliches Verspottung durch die Stadt / ja endlich wohl gar zur Richt- und Fehmstat führen / und das Leben nehmen lassen. Also ließ Käyser Otto der III, einen Römischen Consul, Crescentius genant / welchen Pabst Gregorium aus der Stadt Rom de facto treiben / und einem andern / mit Nahmen Johannes auf den Päbstlichen Stuhl erhoben / Ohren und Nasen abschneiden / die Hände abhauen / und wiedersinnisch auf einen Esel setzen / zur Richtstat führen und aufhencken: Münster, lib. 3. Cosmog. p. 421. Gotefrid. Hist. Chron. pag. 496. II. Der Griechische Käyser Andronicus Commenus tyrannisirte grausamlich / deßwegen etliche wider ihm aufftunden / und Isacium Angelum zum Käyser machten / Andronicum aber hinterwarts auf einen Esel setzten / und mit vielen Streichen durch die Stadt führeten. Erstlich stach man ihm die Augen aus / darnach hieb man ihn die rechte. Hand ab / letzlich ergrimmtte daß gemeine Volck dermassen über ihn / daß sie ihn mit eisernen Zacken zu stücken zerrissen. Idem Gotefrid. pag. 550.
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III. Käyser Fridericus, zugenant Barborossa hat die Stadt Meiland mit Gewalt wieder zum Römischen Reich gebracht. Als nun seine Gemahlin die Stadt einsmahls besehen wolte / und sich nichts wiedriges besorgete / hatte der gemeine Mann noch einen Groll auf den Käyser / satzten demnach einige die Käyserin zum Schimpf umgekehret auf einen Maul-Esel / und gaben ihr den Schwantz / an stat des Zaums / in die Hand / führeten sie also zum Gespötte zu einer andern Pforten hinaus. Als aber der Käyser dessen inne ward / erzürnete er sich / wie billig / drüber sehr / belagerte und gewan diese Stadt aufs neue. Die sich nun ihm ergaben / nahm er mit Gnaden so ferne an / daß / wenn sie beym Leben bleiben wolten / sie dem Maul-Esel aus dem Hindersten eine Feige mit den Zähnen beissen musten. Wo nicht / kostete es ihnen den Kopf. Viele wurden gefunden / die wolten eher sterben denn diese Schmach über sich nehmen / aber die noch länger begehrten zu leben / die thaten / wie man ihnen gebothen. Seb. Münster. lib. 2. Cosmogr. c. 20. pag. 264. IV. Solymannus der XI. Türckische Käyser / alser Tomobejum, Sultanen zu Alexandria, so sich ihm mit Heeres Krafft wiedersetzet / überwunden und gefangen bekommen / hat er ihn auf einen Maul-Esel setzen / und einen Strang an den Hals legen / auch spöttlich umher führen / und zuletzt bey einer Pforte erhencken lassen. Münster. lib. 4. Gosmogr. c. 115. pag. 1258. V. Pisidier [sind Völcker in Asien gewesen / so zuvor auch Salymi geheissen. Plin. lib. 20. c. 27] haben den Gebrauch gehabt / daß wenn einer Ehebruchs halber überwiesen / er nebst der Ehebrecherin auf einen Esel reitende / etliche Tage in allen Gassen schimpflich herum geführet worden. Stobaeus, Serm. 42. de Legibus. Dietr. in Eccles. T. 2. pag. 223. Alex. ab Alex. lib. 4. Gen. dier. c. 1. pag. 433. in fine. Die Cumaei haben die Ehebrecher auf den Marckt gebracht / und auf den Schand-Stein sitzen / hernach auf einen Esel in der Stadt herum führen lassen. Alciat. 2. Parerg. c. 7. Pet. Greg. Tholosan. lib. 36. c. 6. n. 26. VI. Brivia oder Brunhild, König Sigeberts in Franckreich Wittibe / ein gotloses Tyrannisches Weib / deren ausführlicher in dem Capitel vom Schleif [819] fen gedacht wird / wurde auch / ehe sie grausam abgestrafft / auf ein Roß gesetzet / und in Königs Lotharii Heer-Lager zum Spott herum geführet. VII. Zu Andernach hielt sich des vom Pabste aufgeworffenen Käuser Ottonis Kriegesvolck und Beystände auf / übeten daselbst grossen Frevel an Weibes-Volcke. Unter andern fingen sie eine Nonne / schändeten die / zogen sie hernach nackend aus / bestrichen sie mit Honig und Wagenschmeer / bestreueten sie mit Federn / daß sie ein greulich Ansehen bekahm. Satzten sie also rücklings auf ein Pferd / gaben ihr den Schwantz in die Hand / und führeten sie etliche Tage herum / und liessen sie schauen / als ein Wunderthier. Dieser Frevel gefiel den gerechten Käyser Philippo so übel / daß er die Stadt Andernach bekriegete / gewann und ausbrante. Die Freveles ließ er in Pfannen mit siedende̅ Wasser werffen / und also schmertzlich wiederum tödten. Daß war eine rechte Schwemme vor so unflätige Säue. Crusius. part. 2. Annal. Suev. lib. 12. fol. 538. VIII. Zu Indostan hat Schach Selim zween Heerführer / welche in offener Feld-Schlacht wider ihn / seinem rebellirenden Sohn zu Diensten gefochten / den einen in eine frisch abgeschundene Ochsen / den andern in eine Eselshaut nackend und bloß einnehen lassen. In welcher Kleidung der erste auf ein Roß / der andre auf einen Esel gesetzet worden. Jenem sassen jenen an Kopf ein paar Ochsen-Hörner / diesen ein paar langer Esels-Ohren angemacht. In so schändlicher Gestalt führete man sie durch alle Gassen herum / Männlichen zum Gelächter und Spott. Von welcher Schmach und Quaal [weil die zusammen schrumffende und eintrucknende Haut solchen eingeneheten Leuthen grossen Schmertzen verursachte] einer unter ihnen / der gar nichts essen wollen / gestorben / der andere hat mit hoher Bitte kaum so viel erhalten / daß man die eingedorte Haut mit Wasser wiederum begossen. Aus dem Gestanck aber sind endlich Würmer gewachsen / welche den also eingekleideten Menschen schmertzlich angefangen zu nagen und zu beissen / also / daß er ohne Zweiffel bey lebendigen Leib hätte faulen / und mit ungläublicher Lang wieriger Pein darinn verrecken müssen / daferne nicht etliche gute Freunde beym Könige für ihm gebethen / und so viel ausgewirckt hättea / daß ihm die vermodernde Haut wieder abgezogen worden: Gleichwohl hat er sein Lebtage einen ungesunden Leib darüber behalten / und ein elendes Leben hernach geführet. Erasm. Francisci, im Ausländ. Sitten-Spiegel / pag. 390.
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IX. Als Königs Jacobi I. in Engeland Eidam / Pfaltz-Graff Friederich Chur-Fürst zu Heidelberg die Bömische Chron annahm / aber dieselbe zugleich mit der Schlacht vor Prage verlohr / und Anno 1621. vom Käyser in die Acht erkläret wurde / liesse sich ein Advocat in Londen gelüsten / in Beyseyn etlicher Parlaments-Herren allerhand Gespött und schimfliche Reden wieder beberührten Chur-Fürsten und seine Gemahlin / unter andern aber diese / daß sie beyde ietzt wohl des Bierschencken in Engelland sich behelffen möchten / auszustossen. Aber es bekahm ihm sehr übel / denn er wurde von West-Münster aus / mit blossen Haupt / auf einen Pferd hinter sich sitzend / und an stat des Haums den Schwantz in der Hand haltend / auf den Marckt geführet / allda in die Pillerey oder Pranger gestellet / und von dannen wieder nach West-Münster gebracht / allda ihm die Ohren abgeschnitten / die Nase geschlitzt / und einmahl an die Stirn gebrennet. Hat also mit seinem Schaden und Schmach erfahren / daß mit grosser Herrn Unglück kein Gespött zu treiben. Autor des Neugeharnschten Groß-Britannien pag. 522. X. Vor etlichen Jahren trug sichs zu Constantinopel zu / daß eine Türckische junge Witfrau Lust zu eines Griechen Sohn bekahm / welchen sie durch heimliche Anstellung zu sich fodern ließ / und ihr Gemüth entdeckte. Der Jüngling schlug auch nicht schlim bey / und trieben sie Unzucht mit einander etliche mahl. Nun waren zu beyden Theilen die Eltern noch an Leben / welchen das böse Geschrey übel gefiel / sonderlich der Türckin Vater / der ein reicher vornehmer Mann war. Die Wittibe begehrte den Griechen zur Ehe / so wieder ihr Gesetz / und keinesweges geschehen konte / der Grieche würde den zuvor ein Türck / welches er nicht gedachte zu thun. Ward demnach wegen der Frauen Vater die Schwängerung in eine Geldbuße bey der Obrigkeit gemittelt / und ihr / wie auch den Geselle / bey höchster Straffe auferleget / hinführo einander müßig zu gehen. Den Weibe aber war es nicht möglich / wurden also über verhoffen beysammen in unkeuscher Brunst gefunden / und gefänglich eingezogen. Der Witwen Vater wolte sich seiner Tochter nicht mehr annehmen / so war der Grieche wegen Armuth seiner Eltern auch Hülfloß / u. weil er sich zum Mahometischen Glauben nicht bekennen wolte / sie zu nehmen / muste die Obrigkeit ihr Ambt thun / welches der Wittiben Vater selber begehrte Wurden also diefe beyde aus dem Kercker geführet / das Weib fürwerts / der Grieche rücklings auf [821] einen Esel gebunden / ihr der Zaum / ihm der Schwantz in die Hand gegeben / durch die vornehmste Gassen der gantzen Stadt Constantinopel geführet / Männiglich zum Exempel gewiesen / biß sie endlich über dem Fisch-Marckt zum Thor hinaus aufs Meer / allwo eine Gericht-Stelle aufgebauet / gebracht worden / da machte man sie beyde ledig. Und zwar nahm man erst den Griechen / zog ihn fasenackt aus [doch blieb die Scham mit einen Tuch bedeckt] band ihm Hände und Füsse auf den Rücken zusammen / henckt ihn lebendig am Galgen / in einen eisernen Hacken / der ihm auf der Seite durch die Rippen gieng / daß er noch alles sehen kunte / was man mit siener Buhlschafft würde vornehmen. Da die Türck in diese schreckliche Straffe sahe / ruffte sie ihm zu / er solte gedultig seyn. Aber man ließ sie nicht viel Worte machen / sondern fuhr auch mit ihr fort / band ihr die Augen zu / und erfäuffte sie im Meer / lieferte nachmahls den todten Cörper der Freundschafft. Der Grieche muste solchen Jammer zuschauen / mit grossen Schmertzen / wäre zwar gerne tod gewesen / aber konte nicht sterben / denn das Hertz war noch frisch im Leibe. Es ward auch das Gericht alsbald durch etliche Wächter besetzt / daß man den arme̅ Sünder nicht vergeben mögte würde. Als er nun drey Tageu. Nacht in unfäglicher Pein halb tod und halb lebendig hieng / ist ein Wächter durch des Griechen Freunde bestochenworden / welcher ihm Gifft in einen Schwam / an stat Eßigs beybracht / daran er den vierbten Tag gestorben. Mich. Heberer / lib. 2. 2. c. 38 Servit AEgyptiac. M. Stiefler / im geistl. Hist. Schatz / cap. 11. pag. 612. XI. Sonst wird es auch in Türckey wegen Abstraffung der Unzucht folgender gestalt gehalten / nemlich zu Nachts gehet der Subaci oder Stadt-Richter in der Gaßen üm / findet er welche in Huren-Winckeln / so nimmt er sie zu sich / und setzet sie gefangen biß auf den Morgen. Dann setzet er das Weib auf ein Saumthier / mit ein paar Hörnern auf den Kopf / und der Buhler muß den Esel führen / welchen die Augen mit einer Farbe gefärbet sind / da werffen ihn die Buben mit faulen Pommerantzen / Aepffeln oder andern Dingen / verhöhnen und verspotten sie. Der Buhler bekömmt noch darzu hundert Streiche / und sie muß den Esel bezahlen / oder der Ehebrecher muß sich mit Gelbe lösen / und sie wird aufm Esel zur Schande herum geführet / nackend durch alle Gassen / mit Küh- und Ochsen-Kutteln behenckt / gegeisselt und gesteiniget. Matth, Hammes, in virid. hist. pag. 349.
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XII. Bey den Türcken werden gleichfals die falsche Zeugen auf einen Esel rücklings gesetzet / durch die Stadt geführet / mit Koth geworffen / und aufs ärgste geschimpffet. Die falsche Müntzer werden ebenmäßig so herum geführet / haben einen hohen weissen Hut mit Hörnern auf / werden hernach grausam geprügelt / und müssen noch viel Geld zur Straffe erlegen / wie schon im vorigen Capitel auch anführet. Erasin. Francisci, im Neu-polirten Geschicht - Kunst - und Sitten-Spiegel / lib. 2. disq. 8. pag 404. XIII. In Engelland hat sich einer vor etlichen Jahre̅ öffentlich ausruffen lassen / er wäre der Meßias / dem auch eine schwermichte Rotte begleitete / und mit dem Hosianna beglückwünschte / welchen der Magistrat greiffen / aber nicht am Leden straffen / sondern rücklings auf einen Esel herum führen / mit Ruthen biß aufs Blut züchtigen / und endlich ins Gefängnis werffen lassen. Idem Francisci, d. op. lib. 3. pag 1122. XIV. Eben dieser Author führet pag. 1134. an / daß in der Stadt Suringa in Japan einer / Nahmens Daifacti, nebst seinem Weibe auf schäbichte Schind-Gäule gesetzet / und zum Scheiter-Hauffen geführet / das Weib zwar Gnade erlanget / und beym Leben blieben / der Mann aber geschmeucht / und langsam zu Tode gebraten worden. XV. Augustinus Limmerus, in seiner Leipzig - Oesterreichischen Relation vom Jahr 1659. am 5. Blat schreibet / daß / als man damahls zu Rom das Carneval gehalten / unter andern Pabst Alexander VII. drey Pasquillanten auf Eseln / mit dem Schwantz in der Hand / durch die Stadt reithen lassen / die über und über mit Pasquillon / die wieder den Pabst / seine Verwanthen und Cardinäle gemacht / behangen gewesen. Author var. quaest. Cent. 4 quaest. 19 pag. 87. XVI. Worbey incidenter zu melden / daß Pasquillus ein Schneider zu Rom gewesen / welcher die Cardinäle / ja auch den Pabst selbst / wenn sei was unrechtes gethan / gantz frey und ungestrafft deswegen angegriffen hat / und soll nach seinem Tod ihm zum andencken eine Säule mit einen Marmorsteinern Bild bey seiner Werckstat aufgerichtet worden seyn / an welcher nachgehends des Nachtes allerhand Schmäh-Schrifften gehefftet worden / welche dadurch den Nahmen Pasquille bekommen haben. In Beschreibung der Stadt Rom aber wird gemeldet / daß ietztgedachts Mar [823] melsteinerne Statua oder Bildniß eines Fechters / oder doch eines Kriegesmannes sey / welcher da stehet / gleichsam ob er einen treffen wolte / wie er den̅ unter sich einen andern Marmorsteinern gestümmelten Stock von einen andern Bilde hat / welcher sein Feind müsse gewesen seyn / mit dem er sich geschlagen. Und wollen theils / daß es eine Abbildung eines aus den zween vornehmsten des Alexandri M. Königs in Macedonien / so Pasquinus geheissen / sey. Wie lange aber solches Bild allda gestanden / kan man nicht gewiß wissen. Vermuthlich ist es über 200. Jahr allda gestanden / nachdem Franciscus von Ursinis, der Stadt-Voigt / das Hauß / darneben das Bild stehet / aufgerichtet hat. Und weil dasselbe fast mitten in der Stadt Rom gelegen / so will man / daß deswegen unter solchem Bilde die Schmäh-Karten angehefftet worden / damit sie von denen Vorübergehenden desto eher und leichter möchten gelesen werden. Und ist zuverwundern / daß in so lange Zeit sich niemand unterstanden / solchen Bild-Sock hinweg zuthun. Zwar wird vom Pabst Hadriano dem VI. erzehlet / daß er solches thun / und diese Statuam in die Tyber habe werffen lassenwollen / es wäre ihm aber solches von einem wiederrathen worden / dieweil zubesorgen / daß der Pasquillus im Wasser mehr / als auf dem Lande / die grossen Herren anzwacken möchte. Zeiler, Cent. 4. quaest. 19. pag. 86. & 87. Henelius, in Otio Wratislav. c. 34. pag. 271. schreibet / daß Anno 1344. zwey Bücher allerhand solcher Römischen Pasquille gedruckt heraus kommen. Zu Athen stund ein grosser Ahornbaum / der nicht viel ehrlicher / als heute zu Tage Galgen und Pranger geachtet war / an demselben hefftete man Täflein und Schrifften / zu Schimpf und Schaden des Atheniensischen Frauenzimmers / welches man auf öffentlicher Gasse in schlammichter Kleidung hatte angetroffen. Erasm. Francisci, cap 45. letzt. Rechensch. Stiefler / im Geistl. Histor. Schatz / c. 32. p. 21 29.
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CAPUT XXXIV.
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Von Recantation und Wiederruf der ausgestossenen injurien und Schmach-Reden / auch Schlagung seines eigenen Mauls. I. JOhannis Catiensis, eines Cracauischen Theologi, so Anno 1473. gestorben / Symbolum ist / wie bey dem Schickfusio, in der Schlesischen Chronic. lib. 1. fol. 145. zu lesen / dieses gewesen:
Conturbare cave,
Non est placare suave,
Infamare cave,
Nam revocare grave? Das ist: beunruhige niemand / denn es ist nicht so gar leicht / einen erzörneien wieder versöhnen. Schmähe keinen denn der Wiederruf kömmer uns herbe an! Und Martinus Möller, im andern Theil der Erklär- und Betrachtung der Evangelien schreibet / daß ein böses Maul mit einem Wort wohl achtfachen Schaden thun könne. Den erstlich verletzet er sein eigen Gewissen [2] ärgert er seinen Nähesten / der es gehöret [3] schadet es deme / den er beleugt. [4] erzürnet er GOtt / und fält in seine Straffe [5] verjageter die heilige Engel / [6] hofiret er dem Teuffel [7] kan er nicht mehr bethen / und [8] verschertzet er seinen Segen / und ziehet den Fluch auf sich / drum Hüt dich Unruh zu richten an / Die man so bald nicht stillen kan / Verunglimpff andre nimmermehr / Denn wiederruffen schmertzet seht! Zeiler, Epist. 61. II. Dieses solten alle Schmitz- und Schmäh-Mäuler / welche ehrliche Leuthe fälschlich beliegen / und ihnen bald dieses / bald jenes mit Unwarheit nachreden / wohl bedencken / so dürfften sie hernach / mit ihrer grösten Schade [823] und Sport / die Gericht wiederruffen / noch sich selbst aufs Maul schlagen. Finckelthaus, Obs. 4, n. 11. III. Denn Ehrbare Leuthe haben zu jederzeit das Leben und die Ehre gleich geachtet / auch die Verletz- oder Verleumdung an Ehren beschwerlicher geschätzet / als die Le???bes Beskädigung. Cicero in Verrem. Guil. Böckel. Disq. 6. pag. 130. Beust. de nupt. part. 1. de sponsal. c. 33. n. 3. Est enim fama res inaestimabilis, Gail. lib. 2. obs. 123. n. 5. ibi??? DD. & causa ardua, Petr. Gerb. de Petr. Sanct. singul. 82. negligensque famam, c. non sunt audiendi. 11. q. 3. c. nolo in pr. 12. q. 1. c. Sacerdos 1. q. 1. & statum sui ordinis, crudelis est, atque sibi ipsi injuriosus. Ancharen. cons. 188. n. 6. Equidem bona fama est res magnae importantiae. Sylvs cons. 94. lib 2. & bonum est habere bonum nomen. L. 1. C. de SS. Trinit. Bald. ad L. si cum dotem §. maritus ff solut. matrim. & famam bonam populi amant, tanquam thesauru̅ hominis inaestimabile̅, ac jucundum dicit, sicut lilium dans suavitatem odoris, Vant. de nullitat. tit. jurisdict. deleg. n. 47. fol. 313. Nec adeo humilis & inglorius esse quis debet, ut se contemni patiatur, & plus subjici, quam expediat. c. admonendi 2. q. 7. & c. quando 86. dist. & dissoluti omnino est, negligere famam Cic. 1. Offic. quam excedere docet omne lucrum pecuniarum Bartol. in L quidem Consul. ff. de re judia Seraph. Privileg. 1. n. 62. 27. & seqq. quin majus esse damnum pecuniario damno dicit Blanc. repet. L. ult. ff. de quaestionib. n. 11. Hinc idem volens spoliare aliquem bonâ famâ, inimicus existit, hinc bonis viris infamiae timor timendus magis est ac mortis. L. isti quidem 8. ff. quod met. caus. gest. Alexand. cons. 133. n. 8. lib. 6. quibus eligibilius est mori, quam vilipendi. Domin. Cardinal. Tusch. pract. concl. 129 lit. D. defensio multipl. n. 25. tom. 2. Gestalt denn nicht ein jeder Periclis zu Athen geduldiges Gemüthe hat / welcher / nachdem er von einen leichtfertigen Vogel den gantzen Tag auf den Marckt geschändet / und geschmähet worden / derselbe ihm auch des Abends noch biß vor sein Hauß nachlief / und auf das ärgste herunter machte / alles mit stillschweigen übertrug / und noch darzu seinem Diener befahl / er solte diesen Schänder nach Hauß leuchten / damit er nicht etwan in finstern anstossen / fallen und Schaden leiden möchte. Matth. Hammer. in virid. Histor. pag. 258.
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Oder des Pomponii Attici seines / welcher lieber die injurien vergessen / als rechen wolte. Cornel. Nepos. in ejus vita. 25. cap. 11. n. 5. IV. Dannenhero auch die Rechte sehr löblich und wohl geordnet haben / daß nach angestelter Klage solche Schmäher / Lästerer und Ehren-Diebe vor Gericht erfodert / und zu Darthu- und wenn sie solches nicht können / vermittelst eines Urtheils oder Bescheides zum öffentlichen Wiederruf und Schlagung ihres verlogenen Mauls condemniret werden. Der Wiederruf geschiehet gemeiniglich auf diese Arth: Ich N. N. bekenne hiermit öffentlich und vor Gerichte / daß ich wieder Gottes Wort und Befehl / auch mein eigen Gewissen gröblich gehandelt / daß ich aus pur lautern Haß / Feindschafft und Rachgier / durch Verleitung des Satans mich erkühnet N. N. zu beschuldigen / als sc. (hier wird solche umständlich inserirt) Weil aber solches von mir auf ihn wieder besser Wissen u. Gewissen erdichtet und erlogen ist: Als bekenne und bereue ich solches hiermit von Hertzen / schlage und züchtige auch deßhalber mit diesen Handstreich [hie muß er sich selbst aufs Maul schlagen / oder / da er nicht dran will / thut es der Scharffrichter] mein verlogen Maul: Revocire anbey alle und jede von mir wieder N. N. ausgestossene Lästerungen / injurien, Schmach- und Schand-Reden / und verschulucke dieselbe wieder in meinen Kragen und Magen / wie dieselbe von mir evomiret worden / nnd bitte ihn um Gotteswillen / er wolle mir solchen groben Fehltritt und harte Beleidigung Christlich und von Hertzen verzeihen und vergeben. Ich halte ihn vor einen ehrlichen / unbescholtenen / rechtschaffenen Mann / weiß von ihm nichts / als alle Ehre / Liebe und Gutes / will mich auch hinküufftig vor solcher schweren Sünde und Verläumbdung meines Nähesten fleißig hüten / und vorsehen / diesen schweren Sünden-Fall GOtt fußfällig und mit Trähnen abbitten / und mein Leben bessern. V. Wenn aber der Beklagte solchem Urthel oder Bescheide nicht nachkommen / vielweniger den Wiederruf leisten wolte / doch gegenwärtig wäre / sind die bewährtesten Rechts-Lehrer der Meinung / daß man folgender Gestalt wieder ihn verfahren solle. Erstlich sey er nach Gelegenheit und [425] Qualität seiner Person / entweder durch Gefängnis auf einen Monat lang / oder Ankündigung einer ziemlichen Geld Busse / oder auf andere zuläßige Arth und Weise / zur Parition zu compe???iren. Dan. Moller, lib. 1. semest. 2. n. 1. Math. Berlich / p. 5. concl. 62. n. 36. Carpzov. pract. crim. p. 2. q. 94. n. 21. & 22. ibi??? praejudicia. Zum andern würde er noch ferner ungehorsam und halsstarrig verbleiben / hätte man ihn noch länger in Hafft zu behalten / und mit Wasser und Brod zuspeisen / mit Bedrohung noch härterer Straffe / wenn er nicht revociren würde. Worbey dem Judici frey stehet / ob er eine gewisse Straffe / entweder der zeitlichen oder ewigen Landes-Verweisung strack bey der ersten Verweigerung erkennen: Ja pro ratione circumstantiarum, und wenn des Beklagten übermachte Boßheit und Trotz vor Augen / kurtz von der Sache zu kommen / mit Bedrohung der Landes-Verweisung / strack zur Folgeleistung des Urthels anhalten wolle. Drittens wenn er aber dennoch sich weigert / und nicht darzu zubringen / wird ihm die Landes-Verweisung angekündiget / und die Bedrohung hinzu gethan / daß / da er in Güte den Wiederruf nicht selber leisten wolte / der Büttel oder Scharffrichter neben ihm / vör Gericht stehend / solchen in seinen Nahmen thun solte. Vierdtens / ist er nun nicht zugewinnen / geschicht in seinem Beiseyn die Recantation vor Gericht durch den Büttel / und wird der Beklagte drauf des Landes verwiesen. Carpzov. d. q. 94 n. 26. VI. Da der Injuriant und Ehrenschänder / so zum Wiederruf condemniret / nicht gegeuwärtig / sondern ausgetreten wäre / soll er zum erstenmahl bey nahmhaff: er Straffe citiret werden / und da er alsdann in Termino ungehorsamlich aussen bleibet / soll man dahin trachten / daß er zur gefänglichen Hafft gebracht werde / und man ihn also vor Gericht stellen könne. Ist er aber nicht zuerlangen / soll der Richter die gefällete Sentenz nicht allein in loco judicii, i. e. an dem Orth / da er zum Wiederruf confemniret worden / sondern auch an dem Orth / da die Injurien und Schmähungen geschehen sind / und dann drittens an dem Orth / da sich der Ehren-Dieb aufhält / oder gemeiniglich aufzuhalten pfleget / öffentlich anschlagen lassen / damit der Injuriatus und Geschmähete nicht allein seiner Ehren restituiret / sondern auch männiglichen durch dieses offene Patent kund gemacht werde / daß der Schmäher zum öffentlichen Wiederruf verurtheilet sey / und wegen seines [826] beharrlichen Ungehorsams vor einen Landesverwiesenen und ehrlosen Menschen erkläret worden / und dafür auch künfftig / biß auf fernere Verordnung / zu achten sey. Prosp. Farinac. part 3. oper. crim. q. 150. n. 71. Berlich / d. concl. 62. n. 41. & seqq. Corp. jur. milit. cum not. Papp. pag. 288. Moller. ad const. Elect. 42. n. 38. part. 4. Vid. Zanger. in tr. except. part. 2. c. 1. n. 77. quem refutat Carpz. d. q. 94. n. 28. VII. Allermaßen der Churfürstl. Sächß. Schöppen-Stuhl zu Leipzig vielmahl / sonderlich aber Anno 1615. 1616. und 1631. so erkant und gesprochen: Verb. Sent. So wird nunmehr / weil an dem Gefangenen keine Folge noch Buße zu hoffen / sondern er auf seiner eingebildeten und vorgesetzten Meinung und Wahn / muthwillig / halsstarrig und trotzig verbleiben thut / unser euch ertheilter Recht-Spruch an ihn gebührender maßen billig vollstreckt / nemlich auf die maße / daß dem Büttel des Orths auferleget werde / an stat und in Nahmen des Gefangenen / iedoch daß er darbey / und mit zur Stelle sey / wie auch in Geganwart des Injuriati, so er durch sein gifftiges und böses Maul injuriret / und Ehren-verletzlich angelassen / den Wiederruf öffentlich und gerichtlich zuleisten / und wenn solches also effectuiret / wird auch die Landes-Verweisung an ihm billig vollstreckt sc. V. R. W. VIII. Bey der Recantation, wenn die Schlagung des verlogenen Mauls erkand wird / schläget der Büttel dem Beklagten / wenn er / wie obgedacht / nicht selber wiederruffen und sich züchtigen will / nur einmahl aufs Maul / wenn es an die Wort: So schlage und züchtige ich deshalbe mit diesen Handstreich mein verlogen Maul / kömmet. IX. Zuweilen wenn die Schmäh- und Lästerungen gar zu arg / und wieder vornehme Leuthe / Fürstliche Räthe / von Adel / oder andere grosse Ministros ausgestossen worden / wird nach Gelegenheit der Zeit / Orths und anderer Umstände / der Thäter wohl gar mit Staupenschlägen des Landes ewig verwiesen. L. item apud 15. §. idem ait. L. Divus Severus 40. L. qui injuriarum ff. de injuriis. Constit. Elector Sax. 42. part. 4 vers. darüber. Carpz. d. q 94. n. 44. & 45. X. Ob aber die Straffe in solchen Schmäh-Sachen dergestalt zu erhöhen / [827] daß dem Injurianten darum das Leben zunehmen? darüber certiren noch die Rechts-Gelehrte. Anton. Gomez, lib. 3. var. resol. c. 6. n. 8. Matth. Coler, part. 1. decis. 61. n. 5. And. Rauchbar / p. 1. q. 7. n. 36. Matth. Berlich / part. 5. concl. 61. Harprecht / in §. in summ. 10. n. 14. Justit. de injur. Jul. Clar. lib. 5. Sentent. §. injuria n. 7. & §. ult. quaest. 83. n. 11. und andere mehr bejahen solches / drum auch die Juristen-Facultät zu Franckfurth an der Oder Anno 1614. einen / der auf den Churfürsten zu Brandenburg grausam geschmähet und gelästert / die Todes-Straffe zuerkant / doch die Clausus hinzu gethan: Daß wenn Ihr. Churfürstl. Durchl. dem Reo Gnade erweisen wolten / die Todes-Straffe alsdann in einen starcken Staupen-Schlag zuverwandeln. Allein Dan. Moller, ad Const. Elect. 43. n. 2. und Carpzov. d. q. 94. n. 48 & 49. halten davor / daß im Sächsischen Foro die Verbal-Injurien zum höchsten mit den Staupenschlag und der ewigen Landes-Verweisung / nicht abet mit dem Tod zubestraffen / welcher gelindern Meinung auch der Schöppen-Stuhl zu Leipzig in Sprechen zu folgen pfleget. XI. Wegen geringer Injurien muß der Beklagte / wenn er dessen geständig ist / oder über führet wird / Klägern vor Gericht eine Christliche Abbitte und Ehren-Erklärung / daß er nemlich von demselben nichts / als alle Ehre / Liebes und Guthes wisse / thun / wird darzu arbitrariè mit einer Geld-Straffe / oder leidlichen Gefängnis / angesehen. Reichs-Abschied zu Augspurg / Anno 1566. §. 08. incip. causas injuriarum. Vid. Carpz. p. 2. pract. crim. q. 94. per tot. In supplemento Wehneri lit. T. in verbo Tagewerck / stehet / daß den Tagewerckern in Sachsen vor die ihnen angethane Injurien zween wöllene Handschuh und eine Mist-Gabel gegeben werde. Welches auch Dither, in contin. Besold. thes. pract. v. Handschuhe / pag. 289. wiederholet. XII. In Schweden muß derjenige / so ehrliche Leuthe geschimpffet und geschmähet / ein gewiß Geld zur Straffe erlegen / welches das Lügen- oder Mund-Geld genennet wird. Mevius. ad Jus Lubecens. lib. 4. t. 4. art. 16. n. 5. Dither, in contin. thes. pract. Besold. p 315. XIII. Wieder den gewesenen Fürstl. Holsteinischen Abgesandten in Moskau und Persien / Otto Brüggemannen / ist in puncto injuriarum folgendes Urthel gesprochen:
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In Sachen M. Adami Olearii, Klägers an eine ???n- entgegen und wieder Otto Brüggemannen / Beklagten injuriarum verbalium & realium andern Theil / erkennen von Gottes Gnaden Wir Friedrich / Erbe zu Norwegen / Hertzog zu Schleßwig / Holstein / Stormarn / und der Ditmarsen / Graff zu Oldenburg und Delmenhorst / sc. auf gehörte Klage / und ex officio erkante Submission hiermit für Recht: Daß dem Beklagten beschehener maßen dem Kläger zu diffamiren nicht gebühretgehabt / besondern er daran zu viel und unrecht gethan / und Klägern einen öffentlichen Wiederruf zu thun schuldig / mit Vorbehalt unserer Straffe / gestalt Wir ihm darzu condemniren und verurtheilen. V. R. W. Publicatum unter Unserm Fürstl. Secret auf Unserm Schloß Gottorff / den 9. April, Anno 1640. (L. S.) Friedrich. Der Wiederruf lautete und geschahe also: Ich Otto Brüggemann / bekenne hiermit öffentlich / daß ich an alle demjenigen / so an M. Adamo Oleario ich würcklich begangen / und ihm Ehrenrührig nachgeredet / zu viel und unrecht gethan / und denselben nichts anders / als was zu Ehren diener / und einem ehrlichen Mann wohl anstehet und geziemet / nach zusagen weiß. Thue derowegen solches alles hiermit öffentlich revociren un̅ wiederruffen. XIV. Anno 1627. stund der Königliche Böhmische Land-Hauptman / Herr Hans von Seidliz / auf dem Javerischen Schlosse wegen der aufrührischen Bauren von Peterwiz in grosser Gefahr / welche ihn mit Messern zu ermorden trachteten / aber die Aufwiegler wurden verrathen / ertappet und enthauptet / ihre Mit-Consorten aber musten von Peter wiz auf den Knien biß aufs Schloß kriechen / und dem Land-Hauptmann depreciren / auch schweren / binnen zehen Jahren kein Messer mit einer Spitze zugebrauchen. Henr. Koch / in den denckwürdigen Geschichten des Fürstenthums Schlesien / pag. 271.
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CAPUT XXXV.
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Von Stellung am Pranger und Hals-Eisen. I. OB wohl Berlichius, part. 1. concl. 1. n. 13. verfechten will / daß die Stellung am Pranger und Hals-Eisen demjenigen zukomme / welcher die Erb- oder Nieder-Gerichte hat / und zwar darum / weil man in den kleinen Städten / Flecken und Dörffern solche Stöcke aufgerichtet / und Hals-Eisen dran gemacht sehe / an welche liederliche Burße / die entweder in den Bier- oder Wein-Schencken tumult u. Schlägerey angefangen / oder auch wohl Feld-Diebe und andere / die nicht viel verbrochen / öffentlich dargestellet würden. Welchem auch Petrus Jacobus, in sua Pract. Aurea, sub rubr. de Jurisd. n. 62. beypflichtet: So ist doch das Gegentheil / daß nemlich Stock / Pranger / Hals-Eisen und ander dergleichen Gerichtszwang zu den Hals- oder Ober-Gerichten gehören / mehr als zu war / bestätigen auch solches mit mehrern Rüding. cent. 4. obs. 83. And. Knich. de sublim. Territ. Jure c. 3. n. 405. Sichard. ad L un. n. 1. C. de Nund. C oler. Decis. 240. n. 2. part. 2. Symphorem Gylmann. 2 part. 3. tit. 10. Voto 2 Bidenbach. in Quaest. nobil. Quaest 7. Speidel. Spec. v. Stock / Hals-Eisen / pag. 1192. Besold. tr. de Jurisdict. Imp. Rom. in Consil. eidem tr. annexo fol. 92. & in Discursu polit. de AErar. publ. c. 5. pag. 99. Carpzov. in prax. erim. part. 3. Quaest. 109. n. 73. & Jurisprud. For. port. 3. const. fin. def. 14. n. 4. II. Es werden die Verbrecher um deßwillen dran gestellet / daß / zu ihren Hohn und Spot sie Männigliglich sehe / ein Exempel an ihnen nehme / und sich solcher Straffe fürchten lerne. Juxta L. 1. Cod. ad Leg. Jul. repetund. Zas. ad L. Imperium 3. ff. de Jurisd. Mynsing. consil. 16. n. 30. Besold. in Thes. pract. v. Pranger / Hals-Eisen p. 763. Es wird auch diese Straffe ausdrücklich in der Peinlichen Hals-Gerichts-Ordnung Caroli V sonderlich Artic. 115. 123. 161. & 198. mitgesetzet / und angeführet / und bekömmet auch Sachsen-Recht um deßwillen der Ober-Rich [830] ter die Erbloß gestorbene Gerade, daß er davon Stöcke / Pranger / Galgen und allerley Sachen / damit man Missethäter peiniget / halten soll. Weichbild, lib. 2. art. 59. juncta glossa. Dan. Moller, ad Constit. Elect. Sax part. 3. c. fin. n. 9. Schneidevvin, ad Instit. sub Rubr. de Success. Fiscin. 17. Goldbeck, de gerada, cap. 5. de 3. ord fucoed. n. 9. & 10. pag 71. Zugeschweigen daß in Sachsen die Stellung am Pranger / und Schliessung ans Hals-Eisen unter die genera poenarum corporalium gerechnet wird. Vid. Coler. d. Decis. 240. n. 3. [Wiewohl Carpzov. in prax. crim. Quaest. 129. n. 51. & defin. Consist. lib. 3. tit. 6. def. 79. n. 15. der widrigen Meinung ist / vorgebende / numellas non esse poenam corporalem, seu corporis afflictivam, quia per hasce corpus directò non affligitur, sed tantùm per indirectum: Imò interdum esse tantùm praeparatorium quoddam poenae corporalis irrogandae; prout patet ex ord. crim. Carolina art. 198. ibi: öffentlich am Pranger gestellet / und fürter mit Ruthen ausgebauen.] III. Dannenhero Christian Benjamin Hertz / in seiner Disputation, de jure Numellarum, cap. 2. thes. 7. gar recht auf des Berlichii assertion geantwortet / wenn er setzet: De experientia, quâ nititur Berlichius, àdmodum dubitamus; nam quamvis interdum propter leve aliquod crimen, quod fortè non videtur esse meri Imperii, quis Numellis alligetur, non tamen sequitur: jus tales Numellas publicas erigendi non esse meri Imperii, seu superioris jurisdictionis; quid quod & leves castigationes, teste Mynsing. d. cons. 16. n. 25. esse meri imperii intelligantur, quando propter alicujus maleficii vindictam imponuntur. Conf. Zas. d. l. n. 17. Nonne autem est maleficium, quando quis ligna & gramina aliis furatur, vel alios verberat? Praeterea regulariter aliàs nemo ad Numellas sistitur, nisi qui crimen tale perpetravit, quod suâ indole ad supremam jurisdictionem pertinet, teste Carpz. prax. crim. 2. 190 n. 73. infin. Et positô, quod quis interdum habeat erectas Numellas, quamvis non habeat superiorem [831] jurisdictionem plenam. Nam potest fortè hoc jus per praescriptionem acquisivisse, & c. IV. Es wird aber der Stock oder Pranger sonst auch die Staup-Seule / item der Kaak oder Schmach-Kaak genennet. Alemann. in Palaestr. Consult. consultat. 1. in fine, pag. 46. Alio nomine haec statua dicitur etiam Postellum, Mynsing. Resp. 16. n. 30. Palus numellarius, Stryck, vol. 2. Disp. 11. c. 2. th. 4. n. 11. & Columbar. Turneb. lib. 26. advers. c. 2. Pontan. in annot. ad lib. 3. progymn. 26. pag. 641. Unde Plautus: Nam in columbari collum haud multò post erit tuum. V. Numella ist eine Machine von Holtz / oder ein höltzener Stock bey den Alten gewesen / mit Löchern / durch welche die Ubelthäter den Hals und Beine stecken müssen / üm sie desto besser zuverwahren / daß sie sich nicht loßreissen können / oder aber daß man sie gar damit gepeiniget. Anton. Gallonius, de Cruciat. Martyr. pag. 153. Turneb. lib. 26. advers. c. 11. vid. supra cap. IX. n. XV. Drum auch Plautus solche numellas unter die Instrumenta der Scharfrichter mitrechnet. Asinar. act. 3. Scen. 2. vers. 5. VI. Man hat auch wohl eine gewisse Art lederne Riemen / so aus einer rohen Ochsenhaut geschnitten / damit die Hunde und das andere Vieh angebunden worden / also benahmet. Varro, lib. 2. de re Rust. c. 9. Festus de verb. signif. p. 127. Columella. lib. 6. c. 19. & lib. 7. c. 8. VII. Matthias Colerus, part. 2. Decis. 240. n. 1. beschreibet die Hals-Eisen nach der heutigen Arth also: Numellae sunt incurvata signa, seu instrumenta ferrea, quae applicantur gulae vel collo, appensa vel parieti cujusdam aedificii publici, vel statuae cuidam ligneae seu lapideae, in loco publico editiori & eminentiori erectae, in infamiam & dedecus delinquentium. Sive brevibus: quod sint Instrumenta ad poe [832] nam, qua reus, praevi a sufficiente causae cognitione, à judice competente & habente jus Numellarum, pro qualitate delicti, afficitur. Herz, d. Disp. c. 2. th. 6. VIII. Woher aber das Wort Numella derivirt werde / drüber sind die Autores nicht eins. Turnebus, lib. 26. c. 11. hält davor / es komme her â Nuo, von wancken oder niedersincken des Haupts / weil diejenige / so in obgedachte Machine eingespannet wurden / den Kopf niedrig halten musten. Unde & Graecis dicitur [Greek words], à [Greek words], h. e. nuo, propendeo, capite sum obstipo. Joh. Gerh. Vossius, in Etymol. ling. Lat. sub hâc voce. Weßhalber einige vor Numella, Nuella wollen gelesen wissen. vid. Martin. in lexic. Philog. in hâc voce. Christianus Becmann aber / de Origine Latin. linguae, lit. N. p. 749. leitet es her / à formâ numorum, quos articuli seu ligamenta mutuò juncta repraesentarunt; ficut omnino in omnibus penè hoc videndum Numellis. IX. Mit diesem kömme̅t fast über ein dasjenige Halsband / welches bey den Römern denen Ubelthätern zur Straffe und Beschimffung angemacht und Collare genennet wurde. vide Lexicon Calvini, & Schardii h. v. Alciat. in L. verum est de verb. signif. Plautum in Captiv. Cujac. observ. lib. 11. c. 22. in princ. & supra cap. IX. n. X. X. In Persien haben sie einen Stock / oder Joch / drinn die Gefangene an Hals und und Armen geschlossen werden / so sie Palenk heissen. Olear. in der Pers. Reise-Beschreib. pag. 397. & 398. XI. Die Sineser / wenn sie einen sehr beschimpffen wollen / hengen demselben eine grosse viereckichte Taffel an den Hals / welche anderthalbe Elen lang / und breit ist / und in der Mitte ein Loch hat / von solcher Grösse / daß man füglich den Hals darein beschliessen kan / und der Kopf oben heraus steckt / hingegen aber der also getäfelte Mensch keine Hand zum Munde bringen / noch einige Speise / ohne von eines andern Händen / geniessen kan / und muß einer mit solchen Hals-Bret etliche Stunden / ja wohl den gantzen Tag vor des Königs Pallast stehen. Vid. Erasm. Francisci ausländ. Sitten-Spiegel p. 368. Allwo er pag. 387. noch weiter meldet daß / etlichen Aufrührern und Verräthern / so sich verschworen / den Magistrat zu Nanking aufzureiben / und alle [833] Aemter unter sich auszutheilen / folgender schmählicher Tod / nachdem solcher Anschlag durch einen ihres Mittels / so mit der ihm angetragenen Würde nicht zufrieden / eröfnet / angethan worden / nemlich man hat ihnen Zirckelrunde Taffeln um den Hals gehengt / auch zugeschlossen: Welche ihres schweren Gewichts halber ihnen die Schultern gar hart gedruckt. Diese Taffeln waren / gleich wie ietzt von den viereckigten gemeldet / so breit / daß man davor mit keiner Hand zum Mund reichen konte / sondern sie ander Leuthe Hände und Gnade leben musten / wenn sie essen oder trincken wolten. In solchen höltzernen Kragen musten sie Tag und Nacht über stehen bleiben / biß ihnen die Feuchtigkeit nach u. nach von oben hinunter in die Beine geflossen war / und das Fleisch allgemach verfaulete: Daher endlich / weil die Seulen abnahmen / das gantze Lebens-Gebäu übernhauffen fiehl. In solcher Pein haben etliche gantzer funfzehen Tage gelebt. Vielleicht darum / weil die Henckers-Buben mit Geld bestochen worden / und ihnen bey Nachtszeiten einige Ruhe zugelassen. Ist also diese der allerhärtesten Straffen eine bey ihnen / so zu ersinnen. XII. Hierbey fraget es sich / wen̅ einer mit den Gerichten ingemein belehnet / ob auch das Recht des Prangers und Hals-Eisens mit darunter begriffen sey: Welches aber verneinet wird / weil dieses / wie gedacht / zu den Ober- und Hals-Gerichten gehöret. Jurisdictio autem superior regulariter sub simplici concessione non continetur. Struv. in Syntagm. Jur. Feud-c. 6. Aph. 18. n. 4. & Syntagm. Juris Civ. Exer. 4. th. 80. Quanquam merum quoque Imperium, seu jurisdictionem superiorem ita comprehendi velit Carpzov. p. 2. const. 40. def. 6. & in pract. crim. q. 109. n. 89. & seqq. ubi etiam n. 9. 3. praejudicio hoc confirmat. Moribus tamen tunc demum admitti hoc posset, si vox omnimoda sit addita: Mit allen und jeden Gerichten / vel mit allen Gerichten und Herrligkeiten. Haec enim Regula involvit, & inde innuit, jura in eminentiori gradu esse concessa. Stryck. in Exam. Juris Feud. cap. 8. Quaest. 24. Herz, d. Disp. c. 2. th. 11.
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XIII. Es kan auch ein Inferior contra inferiorem folch Recht / nach dem Käyserlichen Recht / si cum territorio, binnen 10. oder 20. Jahren / si citra territorium, ut res incorporalis, in 40. Jahren praescribiren / und also durch die Verjährung erlangen. Zas. ad tit. de Jurisd. n. 33. Matth. Stephani de Jurisdict. lib. 1. c. 38. n. 33. Nach dem Sächsischen Recht aber werden 31. Jahr / 6. Wochen und 3. Tage / zu solcher Praescription erfordert. Procedit tamen hoc sub certa limitatione, ut scilicet interveniat scientia & patientia ejus, ad quem aliàs Jurisdictio pertinet, haec autem probatur satis per frequentiam ejusmodi Actuum jurisdictionalium, quos publicè & palam aliquis, ejusque antecessores exercuerunt. Mynsing. d. l. n. 40. Nec obstat, quod hic nullus adsit Titulus, nec bona fides, nam talis longissima patientia & conniventia titulum & b. f inducit, Arg. L. Labeo 19. ff. de aq. & aq. pluv. arc. Carpzov. part. 2. const. 3. def. 7. n. 12. & seqq. Besold. in tr. de Jurisd. Imp. Rom. pag. 91. XIV. Wenn aber ein Inferior contra Principem wolte die Jurisdiction, und folglich das Jus Numellarum praescribiren / würde dazu tempus im̅emoriale erfordert. arg. cap. super quibus dam 26. ff. praeterea X. de V. S. Et haec immemorialis praescriptio est instar Tituli legitimè constituti, Pr. L. 3. §. 4. ff. de Aq. cot. & aest. aequiparaturque Privilegio, & eandem vim habet, quam ipsa concessio specialiter facta. Stryck, vol. 2. disp. 5. c. 2. n. 30. XV. Doch folget nicht / wenn einer gleich das Jus Numellarum praescribiret hätte / daß er auch die andere Dinge / so Meri Imperii & Jurisdictionis sind / exerciren könte / denn hie heisset es billig: tantum praescriptum, quantum possessum. Et praescriptio est stricti juris, tendit enim in praejudicium tertii. XVI. Ob aber auch der Judex Ecclesiasticus Macht habe / iemanden an den Pranger und Hals-Eisen schliessen zulassen / ist die Frage. Dieses wird mit Nein beantwortet. Denn oben ist schon weit läufftig angeführet / daß solche Straffe in die Ober-Gerichte gehöre. Die Consistoria oder geistliche Richter aber haben nur die Erb- und Nieder-Gerichte / des [835] halber sie sich dessen nicht anzumaßen / sondern der Ober-Richter. Carpzov. in Jurispr. Eccles. lib. 3. dec. 5. n. 7. & dec. 73. n. 8. & 18. XVII. Der Orth / wo die Hals-Eisen angemacht werden / sind entweder die Ambt- oder Rath-Häuser / oder sie sind mitten auf den Märckten an Säulen / oder auch wohl an den Kirch-Mauren / ja an gemeinen Schenck-Häusern / oder sonsten befestiget zubefinden. XVIII. Quaestio: an tales statuae seu signa Numellaria possint poni in sacris locis, puta Caemiteriis? aliquando proposita fuit teste Theodorico, in judic. crim. pract. c. 10. Aph. 5. n. 7. Et negat hoc quidem Colerus, part. 2. dec. 240. n. 5. putans, ejusmodi columnas non ponendas esse in locis sacris, sed potius circa tabernas publicas, sicque pronunciatum esse dicit à Jenensibus, Mens. Febr. Anno 1580. Sed cum ipse se fundet in eo, si nimirum Jus Patronatus pertineat ad alium, quàm habentem ejus loci Jurisdictionem Superiorem, omninò illa Decisio locum invenire potest: Secus ergò si Jus Patronatus simul competat: Sic enim nullum reliqvum manet dubium, quo minus Numellae muris Templorum, vel in Caemiteriis affigi, & ad eas rei sisti possint. Conf. Carpzov. pr. crim. p. 3. quaest. 119. n. 77. & 78. Hertz / d. Disq. th. 18. XIX. Und wenn dieselbe auch gar übern Hauffen fiehlen / und derjenige / dem das Jus erigendi zukömmet / solche in vielen Jahren nicht wieder hätte aufrichten lassen / verlöhre er doch dadurch seine Gerechtigkeit nicht / teste Besoldo, in consil. Tr. de juris d. Imp. Roman. annexo, pag. 93. Ex hâc ratione quia merae facultatis est, ejusmodi signa erigere: illud autem quod merae facultatis, post quodcunque temporis spatium fieri potest, nulla praescriptione impediente, nisi accesserit prohibitio, & alter acquieverit, uti hoc communiter limitatur. Vid. Dn. Strauch / ad univ. Jus Justin. diss 8. aph. 7. Wesenbec. cons. 95. n. 23° XX. Mit dem Hals-Eisen aber / und Stellung an den Pranger werden beleget / Erstlich die Gotteslästerer und Schwerer / welche nur mediatè wieder die Göttliche Majestät Blasphemien ausgestossen / als wenn sie bey den Sacramenten / Leiden und Wunden Christi geschworen / oder was läster [836] liches geredet hätten. Und ob wohl in Imperio Romano-Germanico diesesfals paena arbitraria nur gesetzet; Receß. Imper. de An. 1530. tit. von Gotteslästerung und Scherren. Conf. Coler. p. 2. decis. 172. n. 3. So ist doch in denen Sächß. Provincien über solche wilkürliche Straffe noch weiter verordnet / und eingeführet / daß ein sothaner Delinquent öffentlich 1. 2. oder mehr Stunden ans Hals-Eisen geschlossen / und männiglich zum Exempel dargestellet wird. Carpzov. part. 4. const. 1. def. 6. n. 5. & seqq. Ubi sic quoque responsum fuisse refert, in causa Hansen Reinharts zu Waldenburg / Mens. Febr. 1628. Daß Beklagter wegen seines verübten Fluchens und Sacramentirens / andern zum Abscheu / vor die Kirch-Thür oder Schenckstät an das Hals-Eisen zwo Stunden lang öffentlich iedermänniglichen anzuschauen gestellet / und darauf 3. Wochen lang mit Gefängniß gestrafft werde / V. R. W. Maßsen denn auch der Adel hierwieder regulariter keine Befreyung hat / wie idem Carpz. d. l. D. 7. n. 3. & seqq. bezeuget / und es mit einem Anno 1571. im Monat Februarii, zu Leipzig gesprochenen Praejudicio bestrecket / his verbis: So werden bemeldete / von wegen ihres geübten und begangenen Fluchens / wofern unser gnädigster Herr / der Churfürst zu Sachsen / ihnen keine Milderung erzeigen wolte / billig vor die Kirche oder das Rathhaußiedermänniglichen anzuschauen gesteller / und darnach mit Gefängnis in Straff genommen / V. R. W. Es kömmet auch niemandten zu statten / daß er nur zum erstenmahl sich mit solchen Fluchen und Lästerungen verstiegen / vorher aber dergleichen zu thun nicht gewohnt gewesen. Uti iterum praejudicio, quod atum Mens Febr. 1628. confirmat Carpzov. d. l. definit. 8. Da aber die Blasphemien immediatè in Deum wären ausgestossen worden / ist die Straffe das Schwerd / oder nach Befindung der Sachen Umstände und Beschaffenheit / der Staupen. Schlag / nebst der ewigen Landes-Verweisung. Carpzov. part. 4. Const. 1. defin. 1. & 2. & in Pr. crim. part. 1. quaest. 45. n. 20. Conf. Brunnem. in proceß. crim. cap. 9. n. 7. XXI. Zum andern die Meineidige / und so einen falschen Eyd geschworen-Hertz / d. disp. de Numellis c. 3. th. 5.
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Sic enim in Scabinatu Jenensi Mens. Aug. 1683. responsum fuit: P. P. Sprechen Wir vor Recht / daß bemeldte Inquisitin wegen des begangenen und gestandenen Meineyds / eine Stunde lang am öffentlichen Pranger zustellen / und nebenst Erstattung der Unkosten mit ewiger Landes-Verweisung zu belegen / V. R. W. XXII. Drittens wird sie auch practiciret wieder diejenige / so ein Crimen Praevaricationis begangen. Juxta Art. 115. P. H. G. O. Caroli V. Ibi. So ein Procurator für setzlicher gefährlicher weise / seiner Parthey in Bürgerlichen und Peinlichen Sachen zum Nachtheil / und dem Wiedertheil zu gut handelte / und solcher Ubelthat überwunden würde / der soll zuförderst seinen Theil nach allen Vermögen seinen Schaden / so er solcher Sachen halber empfähet / wiederlegen / und darzu in den Pranger / oder Hals-Eisen / gestellet / mit Ruthen aus gehauen / des Landes verbothen / oder sonst nach Gelegenheit der Mißhandlung in andere Wege gestrafft werden. Conf. Menoch. de A. 1. Q. lib. 2. cas. 323. XXIII. Zum Vierdten / ingleichen wieder die Huren-Wirthe / Kupler und Kuplerinnen / qui domos suas scienter ad lenocinia praebent. L. 3. §. 3. ff. de Accus. per Const. Crim. art. 123. Ibi: Dieselbige boßhafftige Kupler und Kuplerinnen / auch diejenigen / so wissentlich und gefährlicher / auch boßhafftiger weise ihre Häuser darzu leihen / oder solches in ihren Häusernzugeschehen gestatten / sollen nach Gelegenheit der Verhandlung / und Rath der Rechts-Verständigen / es sey mit Verweisung des Landes / Stellung am Pranger / Abschneidung der Ohren / oder Aushauung mit Ruthen / und anderm gestrafft werden. XXIV. Zum Fünften / Ferner stellet man auch am Pranger Diebe / welche zum erstenmahl unter fünf Gülden werth gestohlen / auch darüber ertappet und betreten worden / ehe und bevor sie damit an ihre Gewahrsam kommen / jedoch nicht zum Diebstahl gebrochen / ja man stäupet wohl / nach Befindung er Sachen Umstände und Beschaffenheit / gar aus & und verweiset [nach geschworner Urphede] sie des Landes. Juxta Artic. d. Const. Crim. art. 158, conf. Brunnemann. in Proc. crim. c. 9. n. 86.
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Es wäre denn Sache / daß der Dieb eine persona specta bilis, & loco honesto natus sey / und man Hoffnung hätte / daß er davon abstehen / und sich bessern würde / alsdenn wird die Straffe gemildert. Quae tamen verba [nempe personae spectabilitas & spes emendationis] conjunctivè ponenda sunt, cum nec sola Natalitium honestas attendatur, nisi & spes emendationis subfuerit. Alias quidem in poenis distinctio personarum simpliciter attenditur, ut plebei, seu humiliori loco positi, gravius; honestioris conditionis homines vevò mitius puniantur. L. 11. §. 1. ff. de dolo malo. L. 4. §. 3. ff. de Incend. ruin. nauf. L. 1. & fin. ff. de furib. Balnar. L. pen. ff. de Sicar. L. 10. & L. 16. §. 3. ff. de poen. Meritò tamen haec limitatio de spe emendationis additur, quia poena in emendationem hominum constituta est. L. 20. ff. de poenis. Cujus spes si certò apparet, meritò acerbior poena mitigatur. Tiraquell. c. 28. n. 4. Tabor. p. 456. n. 4. & 460. n. 11. Racem. Crim. Doch also / daß er den Diebstahl vierfach widergebe und erstze / quae quoque poena antiquis Legibus est conformis. vid. Berlich. part. 5. concl. 43. n. 3. & seqq. Oder im Gefängnis verbüße / wenn er nicht so viel in Vermögen hat / daß er den Diebstahl weder vierfach / noch halb / ja nicht einmahl einfach refundiren könne. Wiewohl er ohne dem nicht mit davon kömmt / wenn er gleich die gestohlene Sachen zurück giebt / oder den Werth davor erleget / sondern er muß die auf seinen Unterhalt gewendete Kosten und andern expensen wieder gut thun / auch / ehe er der Hafft erlassen wird / eine Urphede schweren. vid. Bocer. c. 1. n. 109. 110. & seqq. ??? 119. de Furtis: Daniel Clasen, ad d. art. 158. const. crim. pag. 681. & 682. XXV. Item Sechstens / die Diebe / so zum andernmahl unter fünf Gülden gestohlen / und keine Effraction darbey vorgenommen. P. H. O. art. 161. ??? Matth. Stephani. & Clasen. in notis. Berlich. part. 5. Concl. 43. n. 84. XXVI. Siebendens / die so Weintrauben / Aepffel / Birn / Kirschen / Kraut / Rüben und andere essende Früchte entwendet. cit. Berlich. p. 5. Const. 53. n. 19.
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ubi refert, quod cuidam, qui per biennium uvas ex vinea saepius extulerat, cum sciri non potuisset, quentum furatus esset, dictata fuerit haec poena, ut scilicet per horam poneretur ad Numellas, & postea ad biennium relegaretur. Conf. Moller. ad Const. Sax. 37. p. 4. Welche auch zuweilen wohl durch den Kack ins Wesser geworffen werden. XXIIX. Endlich und Achtens / hat diese Straffe stat in allen denen Verbrechen / welche die aus oder abschneidung der Zunge und Ohren / abhauung der Finger / und dergleichen mit sich führen / wie den Gotteslästerern / Verleumdern / Meineydigen / Huren / Beutelschneidern und andern dergleichen losen Burßen zuwiederfahren pfleget. Matth. Stephani, & Clasen, ad art. 198. const. crim. XXIX. Es geschicht aber diese Beschimpffung / wie alle andere Straffen / zu dem Ende / daß die Justitz rechtmäßig administriret / Gottes Zorn abgewendet / die Verbrecher gebessert / andere aber durch solche Exempel abgeschrecket werden / und Männiglich vor dergleichen Unthaten sich hüthen lerne. L. 1. §. 1. & L. 20. ff. de poen. L. 1. C. ad. L. Jul. Repetund. Coler. Decis. 240. n. 2. Carpzov. Jurisprud. Eccles. lib. 3. Dec. 79. n. 6- XXX. Jedoch ziehet sie infamiam nach sich / wenn die That / weßhalber solche Stellung am Pranger geschicht / an sich selber famos und anrüchtig ist. Herz, d. Disp. c. 4. th. 2. & 3. XXXI. Anno 1530. ließ der Rath zu Danzig sieben verhurte Kaufleuthe / welche mit so vielen geilen Huhren / nachdem sie vorher ihren unkeuschen Willen mit denselhen vollbracht / einen nackenden Tantz / den sie Adams und Even Tantz nenneten / beym Kopf nehmen / und mit den Huhren öffentlich an den Pranger stellen / auch mit Ruthen hart streichen / hernach sie aller ihrer Glücks- und Ehren-Güther entsetzen / und der Danziger Gericht uf ewig verweisen. Ja es ist das Hauß / drinn diese Böcke so geile Sprünge gethan / geschleifft / und ein Verboth darbey angehengt worden / daß niemand mehr dasselbe zu einiger Zeit solte bewohnen. Olaus Magnus, lib. 15. rer. Septent. cap. 11.
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XXXII. Vorzeiten that man zu Straßdurg die Korn-Juden / oder die / so das Gelräide / aus Wucher / ersteigerten / in den Bann / und musten dieselbe vor der S. Niclas Kirch / an der Breusch-Thüren mit grossen Hohn und Spot stehen. Zeiler. Epist. 658.

CAPUT XXXVI.
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DE JUGO, ET MISSIONE SUB JUGUM, I. BEy den Alten Römern war der Gebrauch / daß wenn sich ihrer Feinde einer mit Niederlegung der Waffen an sie ergab / sie 2. Balcken gegeneinander in die Erden schlugen / daß ein Unterscheid zwischen beyden blieb / und man unter hingehen oder kriechen konte / quer überher befestigten sie noch einen Balcken / daß es ausfahe / als heut zu Tage ein Galgen. Oder sie steckten wohl auf solche Art zwey Spieße gegeneinander in die Erde / bunden den dritten Zwerg überher / und liessen ihre überwundene Feinde / einen nach den anderen / zum grossen Hohn / Spott und Beschimpffung / bloß und ohne Gewehr dnrchhin kriechen / welches sub jugum mitti genennet / auch die Machine selbst JUGUM genennet wurde / allermaßen Dionys. Halycarnass. lib 3. Hist. Rom. pag. 241. und Johann. Rosinus, lib. 10. Antiq. Roman. c. 21. pag. 991. bezeugen. Und diesen Spott und Hohn haben zuweilen die Römer / wenn sie im Streit unglücklich gewesen / selber von andern Völckern / als ihren Feinden / leiden / ausstehen und erdulden müssen / wie aus den folgenden Exempeln zu sehen. II. Als um das Jahr der Welt dreytausend vierhaudert und etliche neunzig die Volsci und Sabiner mit gesamter Hand die Römer bestritten / und die beyde damahlige Bürgemeister Nautius und Minutius ihnen mit dem Heer entgegen geschickt wurden / hat der erste zwar wider die Sabiner gut Glück gehabt / und ihre Landschafft weit und bereit verheeret. Minutius [841] aber ist von den Volscern geschlagen / und in seinem Lager und Wagenburg umringet worden. In diesen Nöthen wurde für rathsam erachtët / eilend einen Dictatorem, bey dem aller Gewalt stünde / zuerwehlen. Als man sich nun lange bedacht hatte / siehl die Mahl letzlichen auf L. Quintium Cincinnnatum, der sich vor 2. Jahren vom Bürgemeister-Ambt gethan / und auf seinen Baueren-Hof ein einsam Leben führete. Als die Gesanten und Raths-Bothen zu ihm kamen / ihm diese Ehre anzukündigen / funden sie ihn auf den Feld hinter den Ochsen hergehen / und den Pflug halten. Die Bothen grüsseten ihn / zeigeten ihm darneben an / wie sie von wegen des Raths und gemeiner Stadt eine Werbung an ihn hätten / derowegen sich dann gebührte / solche mit Ehrerbietung anzuhören. Quintius verwunderte sich / und erschrack zugleich / ob es zu Rom auch noch recht stünde; Hieß indessen ihm durch seine Haußfrau Raciliam seinen Mantel aus der Hütten herfür bringen / hing solchen um sich / wischte den Schweiß und Staub vom Angesichte / und stund also / die Legation anzuhören. Da begrüsten sie ihn / mit grosser Ehrerbiethung / einen Dictator, wünschten ihn auch Glück zu solcher Hoheit / führeten ihn mit sich die Stadt / da er denn zu solchen Amt und Generalat bestätigt / so den Burgemeister Minutium belagert hatten / umfig sie in der Nacht mit Schantzen und Lauf-Gräben / daß keiner entrinnen möchte / und ängstigte sie dermassen / daß sie mit ihn accordirten / ohne Gewehr / mit weissen Stäben abzuziehen. Doch thäte er ihnen zuvor diesen Schimf an / daß sie alle unter einem Joch / wie ein Galgen formiret / durck kriechen musten. Livius, lib. 3. c. 28. & 29. Florus, lib. 1. c. 11. Eutrop. lib. 1. III. Anno Mundi 3508. und also 440. Jahr vor Christi Geburth / schreibt Diodorus, sey fast in der gantzen Welt Friede gewesen / sonderlich haben die Römer sich mit ihren Nachbarn vertragen / und stunden die Griechen auch in Bündnis. Doch hat es im folgenden Jahren bey der Stadt. Ardea Händel gegeben / zwischen den Kömern und Volscis, da diese Letztere doch zu kurtz kommen / uud unter dem Joch ??? mit Schanden hingehen müssen. Liv. lib. 4. 9. 10. 12. 13. & 14. IV. Die Samniter, ungeachtet sie von den Römern im Jahr der Welt 3630. dreymahl nacheinander geschlagen worden / satzten sie doch noch zum vier [842] tenmahl an. Cajus Pòntius verstecke sein Volck heimlich in einen finstern Wald / da er nicht gesehen werden mogte / schickte etliche von den Seinigen auf unterschiedliche Wege aus / die hatten alle einen Befehl / wie sich verhalten solten. Als sie nun gefangen undgefraget wurden / wo der Samniter Heer wäre? Sagten sie alle einmüthig / sie legen vor der Stadt Luceria in Apulia, welche hart bedrengt / ohne Zweiffel sich bald würde ergeben müssen. Die Römische Bürgemeister hatten Mitleiden mit den Belagerten / eileten / solche aufs baldeste zu entsetzen / begaben sich unvorsichtig in einen engen Paß / die Candinische Türcken oder Gabeln genant / und als sie alle in diese Klingen kahmen / fanden sie den Weg verhauen / daß sie nicht weiter konten. Da wischte Pontius mit der gantzen Gewalt der Samniter aus den Hinterhalt herfür / ümgab sie zurück / daß sie wie eine Mauß in der Fallen sassen. Wolten sie nun in diesem Loch nicht hungers sterben / so musten die Römer / und insonderheit Posthumius der Bürgemeister einen schändlichen Vertrag eingehen / demselben schweren zu halten / und noch darzu 600 aus den Ritterstand zu Geisseln und Pfand geben. Darnach muste das gantze Römische Heer ihr Gewehr niederlegen / ihre Güther und Troß dahinten lassen / und halb nackend unter einen höltzernen Joch / wie ein Galgen formiret / mit grossen Spott hindurch krichen. Da sie nun also mit Schand und Schaden wieder heim kommen / begehrte Posthumius selber vom Rath / damit man den so schändlichem Vertrag nicht halten müste / solte man ihn selbst und die Fürnehmsten Officirer mit ihm dem Feinde liefern. Aber die Samniter wolten sie nicht annehmen / sondern die Verträge gehalten haben. Also zog Posthumius mit den andern wieder heim / uud griffen die Römer von neuen die Samniter an. Papyrius Cursor, ob es ihm wohl Anfangs hinderlich ging / schlug doch die Feinde / eroberte ihr Lager / Troß und alles Guth / bekahm die 600 gegebene Geissel wieder / nötigte alle Samniter, daß sie / gleich wie zuvor die Römer / unter solch Joch oder Galgen hinkrichen musten. Also ward Schmach mit Schmach bezahlet / und die erlittene Schande etlicher maßen abgewaschen. Livius, lib. 9. c. 2. 4. & 6.
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CAPUT XXXVII.
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SEPULCHRO CLAVES SUPERPONERE, die Schlüssel aufs Grab legen / quid sit? I. SAuter. in Mastig. fallit. cap. 15. berichtet / daß in Flandern / und denen angränzenden Orthen üblich sey / daß / wenn ein Banckerottirer / so das Geld verschwendet / und die Creditores aufgesetzt / sterbe / man zu dessen höchster Beschimpffung auf seinem Sarg oder Grab einen Gürtel / leeren Beutel / dürre Stoppeln und Schlüssel lege / welches sie jetter le clef sula fosse, oder die Schlüssel aufs Grab legen nennen. Quae claves, ut sponte traditae signum olim possessionis & dominii in rebus acquisitis erant, Alciat. ad tit. C. de praetor. & honor. praetur. Scho̅born. lib. 1. polit. c. 6. Mascard. de probat. concl. 190. n. 8. 12. 18. Stryke, de jure sensuum, Diss. 7. 6. 2. n. 12. ita hic depositae, signum cessionis faciunt. Sauter. d. l. c. 50. & 51. Meier, Annal. Fland. lib. 14. ubi hic illustria duo notat cxempla. Efficax fuit instrumentum everten dae famae: Unde à Sauterio d. l. comparatur cum vulnere hominis, circa locum [Greek words], h. e clavium qui est supra costas & jugulum, quo caput & collum pectori cohaeret, inflicto, quod, ut Medici vitae periculosum admodum existimant, ita & bonae famae necem affert [Greek words], h. e. clavium ferrearum super funus positio. II. Otto Philippus Zaumschlifferus, Prof. Marburg. in Biga Diatribarum, diatrib. 2. dicit: Cum haeredes nolunt adire defuncti patris haereditatem, solent id declarare, inden, sie den Schlüssel aufdas Grab legen. Christoph. Ludov. Dither. in supplem. Speidel. v. Schlüssel / pag. 370. III. In Braband soll gleichfals es also gehalten werden / daß / wenn ein Mann / so mit grossen Schulden beladen ist / stirbet / dessen Weib / damit sie von den Creditoren nicht angefochten / und derselben Recht sich nicht weiter / als in [844] des Mannes Güther und Fahrnis erstrecke / auch dadurch der Lauf der Zinsen gehemmet werde / ihre Schlüssel / Gürtel und Tasche auf ihres Mannes Todenbaar lege. Henter. lib. 2. Rer. Burgund. circafinem. Sicque à Margareta, Philippi Audacis vidua, mortuo Marito observatum scribens. Rud. Godofred. Knichen, in op. polit. lib. 2. part. 1. cap. 12. th. 7. pag. 623. IV. Wenn vor Alters [vorbe??? gänglich diß noch mit anzufügen] bey den Griechen und Römern die Männer sich von den Weibern scheideten / gebrauchten sie sich unter andern darbey dieser Worte: Res tuas tibi habeto! tuas res tibi agito! L. 2. ff. de divort. & repud. Dessen auch Martialis, libr. 10. epigr. 41. gedencket:
Mense novo Jani veterem Proculeja maritum
Deseris, at??? jubes, res sibi habere suas. Die Bedeutung war diese / daß / gleichwie man den Bräuten / wenn sie zu den Bräutgam ins Hauß gebracht wurden / die Schlüssel / als der künfftigen Haußmutter / oder ad significandam partus facilitatem, ut alii interpretantur, überreichte / also man ihnen / bey vorgehenden Divortio, solche deswegen wieder abgenommen. Welches aus den Cicerone 2. orat. contr. Antonium erwiesen werden kan / qui cum de repudiatâ Mimâ ab Antonio agit: Illam (inquit) sauas res sibi habere jussit, ex XII. tabulis, claves ademit, exegit scilicet domo. Joh. Philip. Pfeiffer / lib. 2. antiq. Graecar. Gentil. c. 23. CAPUT XXXVIII. Von der Zeitlichen und ewigen Landes-Verweisung. I. DIe Alten pflegten zusagen / der Mensch solte lieber Augenblicks sterben / und den Tod erwehlen / als 1. im Alter Armuth leiden / 2. im Gefängnis kranck seyn / 3. nach bedienten Ehrenstand [845] die Schippe kriegen / und abgesetzt werden. 4. sich aus dem Vaterland relegiren und verweisen lassen. M Joh. Stiefler / im Geistl. Historien-Schatz / c. 11. pag. 592. II. Denn die Liebe des Vaterlandes befindet sich bey allen Menschen / und zwar ie edler die Natur / ie desto brünstiger / wie an den tapffern Ulysse zu sehen / welcher seine verachtete steinigte Heimath Itahacam allen andern Länder / so er in 20. Jahren durchreiset / vorzog / und gar sehnlich wünschte / daß er doch nur einmahl einen Rauch / der ihm viel heller bedückt / als anders wo das Feuer / daselbst möchte gewahr werden. Ja wie die Mohren mit Gewalt aus dem Königreich Granata vertrieben wurden / und dasselbe verlassen musten / wandten sie sich bey einem ieden Tritt und Schritt üm / sahen hinter sich / und weineten bitterlich / daß andere / und zwar gantz fremde / an ihrer stat daselbst wohnen solten. Bartholi, c. 15. de paupertate. III. Und dieses befindet sich nicht allein an Menschen / sondern auch theils Thieren war. Denn da schreibet man von den Elephanten / daß dieselbe von Natur gerne im Lande bleiben / da sie aufgewachsen / und sich über die Gräntze an frembde Oerther zubegeben kein Belieben tragen / sie gehen zwar offte an die Wasser und Steine / so die Länder scheiden / spatzieren auch mit besonderer Lust auf und nieder: allein sie begehren nimmer hinüber zu setzen / ob sie gleich Brücken und Wegesehen. Leben demnach gerne in ihrer Heimath. Es sey dann / daß sie in der Jugend zahm gemacht worden / da sie noch wohl wieder ihre natürliche Gewonheit sich über Meer in weit abgelegene Länder bringen lassen. Wie unter andern ein mercklich Exempel zubefinden an den Elephanten / welchen Philippus II König in Spanien dem Käyser Maximiliano II. ins Niederland hat schicken wollen / welcher sich anders nicht / als auf vielfältige Persvasion und Liebkosung seines Meisters zu Schiff begeben / und anderswohin hat führen lassen wollen. Reinhold à Derschau, lib. 1. cap. 3. Hodosoph. IV. Zur Zeit / als Marcus Portius Bürgemeister zu Rom war / kahm ein vortreiflicher Musicus aus Griechenland dahin / welcher ein Ausbund im Singen und Spielen war / dieweil er aber eine Seite mehr auf den Instrument hatte / als bey den Römern bräuchlich wahr / ist solches öffentlich verbrand / und er selbst des Reichs verwiesen worden. Guev arr. in Inst. aulic.
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V. Wie zu Rom der Ehebruch und Hurerey / bey Regierung Käysers Augusti und Tiberii, sehr überhand nehmen wolte / so daß beydes Hohe Standes- und Adeliche Personen / als auch Unedle sich öffentlich auf das Huren Leben begaben / nur zu dem Ende / daß sie ungestrafft Unzucht treiben möchten / auch viele deshalber von ihren Männern lieffen / weil man keiner gemeinen Dirnen nichts thun durffte / denn die Alten meineten dieselben wären gestrafft genung mit ihrer eignen Schande; Hat Käyser Tiberius ein Gebot ausgehen lassen / daß keine / deren Altväter oder Vater / oder Ehemann von der Ritterschafft gewest / in ein Hur-Hanß gehen / und deswegen / wie gebräuchlich / öffentlich sich angeben solte / bey Straffe des Lebens / oder auch / nach Befindung / der Landes-Verweisung. Tacit. Annal. lib. 2. c. 85. VI. Alexander Magnus hatte einen Bedienten mit Nahmen Harpalus, welchen er zum Rentmeister über das gantze Land und Stadt Babylon gemacht / der meynete / Alexander würde aus Indien nicht wieder zurück kommen / griff derowegen tapffer in des Herrn Geld / verthat viel tausend Ducaten / trieb allerley Muth willen / Uberfluß / Ehebruch mit der Babylonier Weibern / war damit nicht vergnüget / ließ ihm noch Huren aus Griechenland bringen / wolte keine Fische essen / sie wären den im rothen Meer bey Arabia gefangen / nicht anders / als ob er selber König wäre. Da er aber verstanden / daß Alexander wieder gen Susa kommen / und wuste / wie es etlichen Landvoigten / so übel geambtet und gehauset / ergangen / trauete er dem Wetter nicht / stahl drauf noch 5000. Talenta Silbers [ein Talent thut 600. Cronen] und flohedamit in die Stadt Athen. Olympias, Alexandri Mutter / und Antipater der Stadthalter schrieben den Atheniensern / man solte Harpalum überlieffern. Demosthenes, ein vornehmer Redner wiederrieth solches / und erhielt Harpalum eine Zeitland in der Stadt / dadurch die zu Athen in grosse Ungenade kahmen. Da nun Harpalus den Ernst sahe / trauete er nicht mehr / sondern entwich von Athen / kahm in die Insul Creta / und ward daselbst ümgebracht. Demosthenes, weil er überzeuget / daß er etliche güldenen Geschirr und 3000. Cronen von ihm bekom̅en / und ihm deshalber die Zunge geliehen / ward er mit etlichen seiner Gesellen des Landes verwiesen. VII. Nachdem Pompejus das Königreich Syriam zu einer Römischen Pro [847] vinz gemacht hatte / ist Aulus Gabinus der erste Landpfleger darinnen worden / welcher aber das gantze Land aufs härteste geschätzet / und gar ausgesogen / daß er / wie Dio bezeuget / auf die 17. Millionen Goldes von den Leuthen erschunden / drum er auch bey eiteler Nacht in die Stadt gezogen / öffentlich angeklaget / und üm seiner Schinderey willen der Stadt und des Landes verwiesen ward. Joseph. lib. 14. c. 11. & 12. VIII. Bey den alten Francken sind diejenige an Ehren gestrafft / welche verwiesen worden / womit man unter andern die belegte / welche in den liegenden Kirchen-Güthern mit Streiffen und Rauben sich gewaltthätig erwisen. Caroli M. capitulare 2. incerti anni cap. 9. ab omnibus illius usurpationis contumelia depellenda est, ne praedia sibi coelestium secretorum dicata â quibus dam irruentibus vexentur. Quod si quis praesumpserit, post debitae ultionis acrimoniam, quae erga sacrilegos jure promenda est, exilio perpetuae deportationis damnetur. Item die Pasquillanten, Capitulare datum circa, an 744. c. 13. Qui in alterius plasphemiam cantica composuit, vel qui ea cancaverit, extra ordinem judicetur. Nam lex hujusmodi praecipit exiliari Vide quoque Capitul. lib. 7. c. 200. IX. Wohin auch gezogen werden kan / wenn einer seines Dienster mit Schimpff entsetzet worden / weshalber die in ???L. Francorum befindliche Arth zu reden wohl zu notiren / nemlich: Honorem suum perdere, amittere. Caroli M. Capit. an. 779. c. 9. Similiter & Vassi nostri, si hoc non adimpleverint [Latrones ad comitum placita non praesentaverint] Beneficium & honorem perdant. Lex Longobard. lib. 3. leg. 7. c. 1. si homo liber vel Ministerialis Comitis hoc fercerit, honorem qualemcung??? habuerit sive beneficium, amittat. Also befiehlet Carolus M. Cap. 2. & 4. an. 805. daß böse Advocaten, Vicedomini, Vicarii und Centenarii sollen abgesetzt werden. Dergleichen thut auch Ludovicus pius, Leg. Longob. lib. 2. tit. 47. c. 5. De Judicibus autem, vel Centenariis atque Tribunis vel Vicariis dignum esse censimus, ut si mali fuerint reperti, de ministerio suo abjiciantur. Und von den Vicariis stehet absonderlich in Caroli M. Cap. 3. an. 803. hoc nobis praecipiendum est, ut ubicunque inveniantur vicarii aliqui mali consentientes vel facientes ipsos ejicere, & meliores ponere. X. In Island strafft man die Geschwängerten / wenn sie einen unrechten [848] Vater zum Kinde angeben / mit der Landes Verweisung. Und was noch mehr ist / so einer ein Weibesbild hertzet / wieder ihren Willen / muß er sich gleichfals relegiren lassen: Geschicht aber der Kuß mit der Dirnen guten Belieben / wird ermit drey Ißländifchen Marcken gebüsset. Eberhard Hoyer, tit. 10. art. 52. Jur. militar. Aengrinus Jonas, in descript. Reip. Island. pag. 460. & seqq. XI. Sonst wird allda Stuprum commissum in liberam, sed sanguine non junctam, capitis diminutione, in liberam aber mit der Landes - Verweisung / und die Hurerey mit einer Magd getrieben / mit 3. Marck Isländischen Geldes verbüst. Pet. Papp. in annot. über das Holländ. Krieges-Recht / pag. 405. XII. Decius Magius zu Capua ward von dem Hannibale verwiesen / weil / als gedachte Stadt sich an selbigen ergeben / er dem Hannibal keinen Reverenz machte / noch bey dessen Einzug aufstund / wie andere. Als er nun aus der Stadt fort gewiesen ward / rief er überlaut: Habetis libertatem Capauni, quam petiistis! denn er hatte iederzeit mißrathen / daß sich die Stadt an Hannibal ergeben solte. Livius, lib. 23. XIII. T. Annius Milo ist darum verwiesen worden / weil er des Ciceronis Client in causa coedis Clodianae gewesen. Ja Cicero selbst ist wegen Clodii Feindschafft ins Elend geschickt / welches aber das Römische Volck so mitleidend empfunden / daß bey die zwantzigtausend Bürger deswegen Trauer - Kleider angeleget. Drum er auch mit grossen Frolocken des Volcks / und Freude des gantzen Italiae wieder zurück beruffen / und gleichsam auf den Schultern von dem Volck in die Stadt Rom getragen worden. Ravis. Textor. officin. lib. 3. c. 14. XIV. Hostasius, Herr zu Ravenna, ist von seinen Bürgern weggejaget und verwiesen / weil er nichts ruhm würdiges gethan / sondern nur sein Leben in Müßigang zubracht hatte. Paulus Diaconus Aquilejensis ist auch von Käyser Carolo Magno bloß darum weg gewiesen worden / weil derselbe dem Longobarder König Desiderio wohl gewogen / der aber Caroli Magni Feind wahr. Add. Ravisii Textoris officinam, sive Theatrum Historicum & Poeticum, à J. Jac. [849] Grassero augmentat. lib. 3. c. 14. alwo viele Exempel derer zufinden / die relegiret / verwiesen / und ins Elend verschicket worden. XV. Die Römer hielten so scharffe Zucht bey ihrer Jugend / daß sie auch des Catonis Uticensis Sohn / weil er einem Mägdlein / so Wasser holen wollen / den Krug zerbrochen / und des frommen Cinnae Sohn / daß er in einen Garten / Obst abzubrechen / gegangen / ungeachtet deren keiner noch nicht 15. Jahr alt war / ins Elend geschickt und verwiesen. Aurel. Antonius, in Epist. ad Pollionem. Zeiler, Epist. 5. XVI. Der Landes-Verweisung wird gedacht in L. relegati 4. L. relegatus 14. in pr. & §. magna 1. ff. de interdict. & releg. L si quis 6. §. ult. L. 28. §. 1. & §. 13. ff. de poen. L. publicorum 2. ff. de publ. Jud. und war vor Alters die Deportatio derselben gleich. §. minor 2. Instit. de cap. deminut. L. inter poenas 6. in pr. L. deportatus 15. ff. de interdict. § releg. Vultejus. c. 12. Discept. Scholast. Nachdem aber dieselbe abgeschaffet worden / ist die Relegatio oder Verweisung in Gebrauch und Ubung blieben / diß auf den heutigen Tag. Carpzouv. p. 3. pract. crim. q. 130. n. 13. & 14. Rud. Gotofr. Knichen, op. pol. lib. 2. p. 1. c. 13. th. 22. lit. c. XVII. Sie ist zweyerley TEMPORALIS, auf gewisse Zeit und Jahre / & PERPETUA, ewig / oder so lange der Relegatus lebet. d. L. relegati 4. L. 14. in pr. §. 1. ff. de interd. & releg. L. 6. §. ult. L. 28. §. 1. & 13. ff. de poenis Const. Elect. 47. part. 4. in verbis: die ewige oder zeitliche Landes-Verweisung sc. Temporalis erstrecket sich zum höchsten auf zehen Jahr / und nicht weiter. Carpzov. dict. Q. 130. n. 15. Wenn einem indefinitè die Landes-Verweisung zuerkant / und nicht die Worte zeitlich oder ewig im Urthel exprimiret sind / wird es von der ewigen Ausgeleget und verstanden. Hartman Pistor. obs. 198. Caprpz. Jurisp. For. p. 4. const. 47. def. 5. & d. q. 130. n. 16. & 171. Allermaßen auch der Churfl. Sächß. Schöppen-Stuhl zu Leipzig also erkant / und zwar Mens. Julio, Anno 1620. verb. Sent. P. P. Ist einem / von welchen eure Frage meldet / seiner Verbrechung wegen / [850] durch Urthel und Recht die Landes-Verweisung / ohne Benennung gewisser Zeit und Jahre zuerkant worden / dannenhero Zeiffel vorfallen will / ob solches Urthel von der zeitlichen oder ewigen Landesverweisung zu verstehen sey sc. So ist die ewige Landes-Verweisung darunter zuverstehen / und wird demnach der Verbrecher auf bemeltes ergangenes Urthel des Landes billig verwiesen. Item Anno 1634 an die Gräfl. Solmische Regierung zu Sonnewald. Verba sunt: Obwohl sonsten / wenn in einem Rechtspruch die relegatio indefinitè, und ohne Benennung gewisser Zeit zuerkant / nach gemeinen Wahn der Rechts-Gelehrten / die ewige Landes-Verweisung verstanden wird sc. Und wenn in dem Urthel bloß stehet / der Delinquent würde billig mit Landes-Verweisung in Straffe genommen / ohne Benennung gewisser Jahre / stehet es bey der Herrschafft / oder dero Regierung- und Justizien Räthen / die Jahre nach Bewandnis des delicti zu arbitriren. idem Carpzov. cit. q. 130. n. 20. XIIX. So ist auch durch eine gemeine Gewohnheit eingeführet / daß / wenn jemand aus einem Ambt relegiret wird / derselbe auch aus den gantzen Fürstenthum / Graffschafft und Land / so dem Herrn des Ambts zuständig / zugleich mit verwiesen ist. Nellus de S. Gemin. in tr. de Bann. 1. p. 2. tomp. Quaest. 57. Farinac. prax crim. lib. 1. tit. 1. q. 11. n. 61. lim. 10. Carpzov. d. q. 130. n. 26. & in Jur prud. forens. part. 4. const. 47. def. 1. Welches denn in ietztgedachten Chur - Sächß. Constitution 47. p. 4. mit klaren Worten enthalten ist. Ibi: „Wenn jemand derer Ursachen / daß er in unsern Aembtern oder Gerichten / so uns ohne Mittel zustehen / so viel verbrochen / daß ihme mit / oder ohne Staupen-Schlägen die ewige oder zeitliche Landesverweisung / durch unserer Schöppen-Stühle zu gesprochen wird / derselbe soll aller unserer Lande verwiesen / und auch seine Urphede drauf begriffen und geschworen werden. Worunter auch die Graffschafft Henneberg mit begriffen ist. Carpzov. d. n. 31. Item die incorporirte drey Stiffter Merseburg / Meissen und Naumburg. idem n. 35. & 36.
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Deßgleichen die Adlichen Gerichte / so / daß wenn einer aus den gantzen Churfürstenthum Sachsen / und darzu gehörigen Landen verwiesen sey. Carpzov. Jur. prud. for. p. 4 const. 47. defin. 2. quam consuetudinem rectissimè dicit rationabilem Matth. Berlich part. 5. concl. 71. n. 11. propterea, quod publicè expediat, ut provinciae malis purgentur hominibus. L. congruit 13. v. ut malis hominibus ff. de offic. praesid. XIX. Wenn aber eine Reichs-Stadt in eines Fürsten territorio lege / so ihre Privilegia bloß Käyser hätte / und einer aus derselben verwiesen würde / gehet die Relegation nicht weiter / als der Stadt district sich erstreckt / wenn auch gleich dieselbe sich in des Fürsten Schutz begeben / doch aber ihre Privilegia, Gerichte und Freyheiten sich vorbehalten hätte. Nellus, de S. Gemin. Dict. tr. de. banno. p. 1. d. temp. 2. d. 57. sub fin. vers. si locus à quo & seqq. Berlich. d. p. 5. concl. 71. n. 17.& 18. XX. Eben die Bewandnis hat es mit einen Studenten / so von einer Academie relegiret wird. idem. n. 19. XXI. Begebe es sich auch / daß ein stück Landes an einen andern und Fremden Herrn käme / darf der Relegatus sich alsdenn in demselben ungehindert aufhalten. Veluti ita in Senatu Mediolanensi 4. & 17. Aprilis Anno 1558. fuisse judicatum, & quendam Christophorum Majum, insignem sicarium, liberè dimissum testatur Jul. Clar. lib. 5. Sent. §. ult. q. 71. n. 11. v. si tamen contingat. & seq. quem sequitur dom. Card. Tusch. tom. 1. pract. concl. lit. B. bannum. Concl. 61. incip. bannitus ex una. n. 4; XXII. Bey der Landesverweisung aber / [als welche vor die Hohe oder Peinliche Gerichte gehöret / Carpzov. q. 109. n. 55 & seqq.] wird heut zu Tage diese Arth gehalten / daß der Captivus durch den Frohn-Bothen oder Land-Knecht in die Ambt oder Gerichts-Stube gebracht / und ihm in Beyseyn des Judicis, item zweyer Gericht-Schöppen / und des Actuarii das Urthel publiciret wird. Drauf muß er entweder sobald vor Gericht eine Urphede ablegen / und das Land verschweren / oder man hält damit inne / biß [852] man ihn an die Gräntze bringet / da / theils Orthen eingeführten Gebrauch nach / alsdenn der Stat-Voigt oder Land-Richter / so nebst der Wache mitreithet / seinen Degen entblößet / auf welchen der Relegandus seine beyde vorder Finger der rechten Hand legen / und die Urphede nachsprechen muß. XXIII. Anderswo muß er die Finger auf des Scharffrichters Schwerd legen und schweren: Zumahl wenn er zweymahl seinen Eyd gebrochen / und wieder ins Land kommen. Dan. Clasen, in Comment. ad art. 108. Const. Crim. Caroli V. pag. 401. XXIV. Wenn aber derjenige / dem die Landesverweisung zuerkant ist / weder die Urphede abschweren / noch auch aus dem Lande will / so wird er wieder ins Gefängnis gebracht / drey oder vier Wochen lang mit Wasser u. Brot gespeifet / und nochmals zu Schwerung der Urphede und Reumung des Landes ermahnet / mit der Verwarnung / wenn er in 3. oder 4 Wochen sich dessen nochmahls weigern würde / daß er als denn mit höhern Straffen / als da sey ewige Landesverweisung und dergleichen / beleget werden solle. Da er aber halsstarrig bleibet / und nicht pariren will / wird er in die Ambts- oder Gericht-Stube / da der Judex mit zwey Gericht-Schöppen und dem Actuario zugegen ist / gebracht / und ihm der Büttel oder Scharffrichter an die Seite gestellet / welcher auf nachmahliges Verweigern die Urphede in des Inquisiten Seele schweret / der sodann auf einen Karren gesetzet / und biß an die Land-Gräntze / in Begleitung des Landrichters / Frohn-Bothen und etlicher Mannschafft / gebracht / allda abgeladen / und durch den Frohn-Bothen / Land- oder Gerichts-Knecht hinaus in das andere angräntzende Land über den Gräntz-Stein weggestossen / und fortgewiesen wird. Es pfleget auch wohl darbey durch mehr gedachten Frohn-Bothen aus geruffen / oder auch wohl noch darzu durch öffentlichen Anschlag iedermann notificiret zu werden / daß dieser Delinquent nunmehr für einen solchen / so des Landes verwiesen / zu achten und zu halten / und da er wieder sich im Lande betreten lassen würde / mit Abhauung der förder Glieder der beyden Finger / nicht anders / als wenn er den Urpheden in der Person geschworen / gestrafft / und anderweit des Landes verwiesen werden solle. Welches ihm selber nochmahls bey der Verweisung also anzudeuten ist.
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Carpzov. p. 3. q. 130. n. 38. 41. & seqq. Dan. Clasen, in Comment. ad. art. 108. const. crim. pag. 399. XXV. Kömmet er diesen ungeachtet dennoch wieder ins Land / werden ihm die förder Glieder der beyden Finger / so die Mannes - Personen bey abschwerung der Urphede und andern Eyden auf / und in die Höhe zu heben pflegen / abgehauen / und nach abermahliger Schwerung einer Urphede / des Landes eben so lange / wie das erstemahl / wieder verwiesen. P. H. O. Caroli V. art. 107. & 108. Const. Elect. Sax. 48. p. 4. in pr. aequum enim est, ut poenam in membris delinquentes sentiant. Deuter. 25. v. 12. L. 3. ubi Dec. n. 19. & 20. C. de serv. fugitiv. Novel. 17. c. 8. Novell. 42. c. 1. §. 2. & in eo puniantur, quo deliquerunt. tit. 55. F. 2. vers. scriba verò. Jac. Cujac. lib. 7. obs. 13. Speckhan, Cent. 1. q. 86. Rittersbus. de Feud. lib. 2. c. 5. q. 88. vers. de manus amputatione. Die aber nur aus den Weichbild verwiesen sind / werden / wenn sie wiederkommen / in Churfürstenthum Sachsen mit abhauung der Finger verschonet. Carpzov. Jurisp. For. p. 4. const. 48. def. 4. XVI. Und dieses wird practiciret / es mag der Delinquent mit Staupen-Schlägen des Landes ewig / oder ohne demselben / auf etliche und gewisse Jahre verwiesen worden seyn. Carpzov. part. 1. Q. 47. n. 25. & 27. XXVII. Doch geschicht offte / daß die Obrigkeit / aus gewissen Ursachen / mit Abschlagung der beyden Finger inne halten lässet / als 1. wenn der Inquisit ohne eingeholtes Urthel und Recht wäre verwiesen worden. 2. Er vorher schon entweder durch einen Unglücks-Fall / oder begangenen Mein-Eyd um die 2. Finger kommen wäre. 3. Wenn er ungeachtet der geschwornen Urphede / das Land zu reumen / vorsetzlicher Weise dennoch drinn blieben / und aus demselben nicht kommen wäre. 4. Ober andere trifftige Ursachen u. Umstände darbey vorfiehlen / so den Richter bewegen könten / de gelindesten Weg nochmals zu gehen / als wenn es nicht dolosè, oder etwan Schulden einzumahnen / oder daß er den Eyd nicht recht verstanden hätte / geschehen / item daß er Armuths halber sich ausser Landes nicht erhalten können / alsdann würde er / nach nochmals geleisterter Urphede / nur wieder des [854] Landes verwiesen / doch mit dieser ernsten Commination, und Verwarnung / daß woferne er zum andernmahl wieder sich Lande antreffen lassen werde / er also wegen reiterirten Mein-Eyds mit Staupen-Schlägen des Landes verwiesen werden solte. Dan. Moller, lib. 2. Semest. c. 38. n. 3. Carpzov. d. Q. 47. n. 32. 35. 37. 38. 40. 46. 49. 50. 51. 52. 53. & 54. & in Jurispr. Forens. const. 48. p. 4. def. 5. XXVIII. Welche Straffe denn auch / wenn er zum andernmahl sich ertappen lässet / an ihn voll strecket / Juxta d. Constit. Elect 48. p. 4. Propter reiterationem delicti enim poena meritò augetur, L. capitalium §. solent. §. grassatores ff. de poen. L. 3. C. de Episc. audient. Gomez, in tit. de delictis c. 3. n. 60. in fin. § ir tit. de furt. n. 8. Und bey abermahliger Schwerung der Urphede / ihm expressè angedeutet wird / daß wenn er künfftig zum drittenmahl wieder in das Fürstenthum / Graffschafft oder Lande kommen würde / wegen solcher seiner vorsetzlichen Contumacien, auch reiterirten Mein-Eydes / er mit dem Schwerd vom Leben zum Tode gestrafft / und hingerichtet werden solte. Und gilt hier eben gleich / er mag zeitlich oder ewig verwiesen seyn. Carpzov. d. q. 47. n. 58. XXIX. Lebet er nun solchen doch zuwieder / und kömmet zum drittenmahl / kostets ihm / wie ietzt gedacht / den Kopf. Const. Elect. 48. p. 4. Consentit. Jus Saxon. lib. 3. Land-Recht / art. 9. Bricht ein Mann den Frieden / den er für sich selbst gelobet hat / es gehet ihn an den Hals. Berlich. p. 5. concl. 72. n. 24. XXX. An den Orthen aber / wo das gemeine Käyser-Recht im Gebrauch ist / verfähret man in diesen Fall etwas anders. Denn 1. Wenn der Relegatus nicht auf eine gewisse Zeit / sondern ewig verwiesen worden / und er kömmet wieder ins Land / wird er zur Staupe geschlagen. Da er aber 2. auf gewisse Jahre relegiret / und er findet sich wieder ein / wird er anderweit / und zwar noch einmahl so lange / als das erstemahl verwiesen. Lässet sich zwar noch einmahl so lange / als das erstemahl verwiesen. Lässet sich aber ein solcher auf gewisse Jahre Verwiesener / vor Ablauff derselbigen wieder ertappen / bekömmet er den Staup-Besen / und wird auf ewig verwiesen. Wenn aber 3. ein Ewig-Verwiesener sich dolosè und vorsetzlicher [855] Weise zum andernmahl wieder einschleicht / u. es könte aus gewissen Ursache̅ die erste Straffe / nebst der Urphede / nicht widerholet werden / alsdenn hauet man ihm die beyden Vorder-Gelencke der Finger / so er bey dem Schweren aufgehoben / oder aufs Schwerd geleget / ab. Accuratè tamen hic est considerandum, numquid relegatus, qui revertitur, ex simplicitate, aut animo rectè non constituto, vel malitia & dolo, vel culpa peccare videatur. Proinde judicis arbitrio illud comittendum est, an causa â reo allegata talis sit, quae ipsum, circumstantiis probè examinatis à tali poena excusare queat. Carpzov. p. 1. q. 4. n. 47. & seqq. pract. crim. Pulchrè Berlich. p. 5. concl. 72. n. 28. 4. Kähme aber der Ewig-Verwiesene zum drittenmahl wieder / wird ihm wegen seines begangenen Mein-Eydes der Kopff abgeschlagen. Qui in initio ad certum tempus in exilium actus, & deinde praevia fustigatione & praestitâ denuo Urphedâ, perpetuo relegatus revertitur, ei demum duo digiti sunt abscindendi. Quod si vero postea, & quidem quarta vice redeat, tandem poena gladii affl ciendusest; quippe quod talis è consvetudine videatur delinquere dolo, & quidem in ejusmodi rebus, ob quas jam tum antea fuit punitus, & in quibus tale dolosum peccatum non potest tolerari, non tantum ob scandalum publicum, sed ob violationem juramenti toties repetiti, quo Dei nomen in testimonium saepius tam temere adhibitum gravissimè violatur, nisi praegnantes sint causae, quibus motus judex poenam mitiorem in illo casu decernere velit. Dan. Clasen, in comment. ad const. crim. Caroli V. art. 108. pag. 101. & 102. Alwo derselbe ein notabel Exempel von einem Diebe zu Harburg / Herman Weselmann genant / anführet / dessen Inquisitions-Acta Anno 1675. in die Juristen-Facultät zu Helmstet zum Rechtsspruch überschicket worden / dieses Inhalts: Es sey Weselmann wegen begangener Deuben / nach geschworner Urphede / mit Staupenschlägen des Landes ewig verwiesen worden. Er ist aber wieder kommen / und zum andernmahl ausgestäupet / dennoch findet er sich wieder ein / da er aufs neue das Land verschweren muß / und verwiesen wird. Dessen ungeachtet kömmet er doch wieder / da man ihn ins Gefängniß geleget / einen Galgen auf den Rücken gebrant / wieder eine Urphede schweren / und abermahl des Landes auf ewig verweisen lassen. Er blieb aber dennoch nicht zurück / drum man ihm die beyde Finger [856] abschlug / und ernstlich darbey verwarnete / wenn er wieder kommen würde / solte ihm ohne alle Gnade der Kopf abgeschlagen werden. Es konte ihm doch dieses nicht abschrecken / noch zurück halten / drum ihn auch das Schwerd zuerkant wurde / welches aber der Hertzog in opus publicum, und daß er in Ketten und Banden arbeithen solte / verwandelt. Nachdem er aber bey der Arbeit die Ruhr bekommen / ist er / damit andere nicht von ihn angestecket würden / in sein Hauß gelassen worden / doch mit dieser Andeutung / daß wenn er wieder siene Gefundheit erlangete / er sich aus dem Lande weg packen solte / hat aber damahls nicht geschworen. Als er wieder aufkommen / und aus dem Lande sich weg begeben / gehet er doch wieder hinein / und wird in einen Krug oder Schencke / darinnen er sich mit einen andern Kerl geschlagen / ertappet / zur Hafft gebracht / und befraget: warum er / wieder seine vielmahl geschworne Urphede / so offt wiederkehret sey? Da gab er zur Antwort: er könte den Orth / daraus er verwiesen / nicht meiden / wüste auch nicht / ob er mehr / als zweymahl geschworen. Darauf oblöbl. gedachte Juristen Facultät, wegen ein und ander Umstände / erkant und ausgesprochen / daß man Weselmannen zwar mit der Todes-Straffe verschonen / doch aber Zeit seines Lebens bey der Arbeit / wozu er ein mahl condemniret / lassen möchte. XXXI. Etliche Politici halten davor / man solte die Verbrecher nicht aus den Lande verweisen / sondern an einen gewissen Orth innerhalb Landes hinbringen / fleißige Aufsicht auf sie haben / und der Herrschafft / am Schiebkarn geschlossen / oder sonst arbeithen lassen / allermaßen D. Hermannus Hoffman / Consiliarius Brandenburgicus. in seinem Lycurgo Rom. Germ. c. 45. summar. 6. auch hiervon also schreibet: Relegatio oder Landes-Verweisung / frequentatur apud Germanos, sed non sine damno Reipublicae. Relegati enim hostes evadunt patriae, atque odio adversus eam concepto, se cum hostibus conjungunt, patriam hostibus produnt, ac arcana civitatis, ex qua pelluntur, propalant, consequenter & invadendi occasionem praebent. Haec insuper poena charitati erga proximum non parum adversatur. Nam cum provincia sceleratos apud se habet, ita exonerat se ut alias provincias oneret, nihil enim agit, quam ut alienas quoque terras quasi inficiat secleratorum vitiis. Deinde qui sic ejiciuntur, si manerent in patria, diligentius abservarentur, cum probis jam sint noti, sed in alieno solo, ubi non agnoscuntur, & facilius & impunè peccant. E [857] contra intra territorii fines retenti domi agerent, cum ignominia & rubore confunderentur, cum alibi perfritâ fronte vivant. Hinc Petrus Martyr, in comment. aed lib. 1. Reg. circ fin. fol. 23. Hanc cautelam & modum hujus poenae praescribit, uti quidem usus relegationis in Republica retineri possit, sed non ita, ut exules ad alios mitterentur, apud quos deteriores fierent, eosque inordinatâ vitâ & moribus offenderent; Sed ut ad certa loca infra fines ditionis Magistratui releganti subjectae, certis cautionibus & severâ inspectione detinerentur, & ab labores compellerentur. Sic David relegavit Absalomum, sed non extra fines. Salomon quoque Abjatharum & Simei jussit exulare, sed extra Israëlem non ejecit. XXXII. Theils Orthen wird bey Ausführ- und Verweisung denen De linquenten die Schand-Glocke nachgeläutet. Dither, in contin. Thesaur. pract. Besold. v. Banquerottierer / pag. 85. XXXIII. Vor Alters brennete man denen so verwiesen wurden / ein gewiß Zeichen vor der Stirn / oder auf die Backen / sie dadurch andern Leuten kentlich zumachen / welches auch vor diesen im Sächsischen Landen üblich gewesen / ut patet ex Gloß. Weichbild / art. 38. n. 5. vers. und diß ist so viel. & seq. Gloß. Land-R. lib. 2. art. 13. n. 6. vers. und windet ihm die Haar. Christoph. Zobel, part. 4. d. ff. 2. n. 13. Aber solches ist so wohl in gemeinen Käyser-Recht / per L. si quis in metallum C. de poenis, als auch im Sächsischen abgeschaffet. Lud. Fasch / diff. 66. in med. vers. diese Straffe. Carpzov. in Jurispr. Forens. p. 4. const. 47. def. 7. n. 3. & pract. crim. q. 130. n. 49. 50. & 51. XXXIV. Ein Weib ist schuldig / ihren verwiesenen Ehe-Mann / wenn er kein Vagabundus, oder umsch weiffende Person ist / ausserhalb Landes / mit wesentlicher Wohnung zufolgen. AEgid. Bossius, in pract. crim. sub tit. de bonor. publ. n. 75. Hartm. Pistor. obs. 148. n. 3. Doch wird ihr / als dem unschuldigen Theil / nicht gewehret / daß sie an den Orth / von dannen der Mann verwiesen / ab und zureise / alda ein wenig sich aufhalte / auch ihre Geschäffte ausrichte. Carpzov. dict. q. 130. n. 44. & seqq. us??? 48.
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XXXV. Es verliehren auch die Relegati und Verwiesene ihr Bürger-Recht nicht. Per text. §. 2. Inst. quib. mod. Jus patr. potest. solv. ibi??? Schneidewin. nec non Harprecht / n. 16. L. relegatus 14. §. magna I ff. de interdict. & relegat. & ibi Wesenbec. n. 4. L. ejus qui 8. § pen. ff. qui Testam. facere poss. Kristib. se non exulem seu deportatum & peregrinum, sed mansisse civem Romanum, quamvis esset relegatus, defendit, his verbis: Adde, quod Edictum, quamvis immite minaxque, Attamen in poenae nomine lene fuit; Quippe relegatus, non Exul, dicor in illo, Parcaque fortunae sunt tibi verba meae. add. Carpzov. Jurisp. Forens. p. 4, c. 47. def. 9. & in prax. crim. p. 3. q. 130. n. 52. Richter / decis. 80. n. 24. Philippi, in usu pract. Instit. lib. 1. tit. XII. ecclog. 75. n. 7. XXXVI. Können auch an andern Orthen wohl wieder zu einen Ehrenstand kommen / und gelassen werden / wann nicht die That / warum die Verweisung geschehen / sie infam und ehrloß gemacht hat. L palam 4 ff. de ritu nupt. Gloß. in. l. 1. C. de mod. mulct. Jacob Cujac. lib. 7. obs. 19. Wesenbec. in Paratit. ff. de his, qui not. infam. 18. Carpzov. d. const. 47. def. 11. & 12. & part. 3. q. 135. n. 51. Richter / d. decis. 80. n. 27. & 34. XXXVII. Zuweilen der Reus nur aus eines gewissen Gerichts oder Dorffs Bezirck weg gewlesen / welches die Gerichts-Verbiethung genennet wird. Matth. Coler. d proc. exec. p. 2. c. 1. n. 137. Dieser Straffe ist gleich Impositio venditionis ac migrationis ex certo pago. Wenn einem ungehorsamen und unbend???gen Unterthant / der alle lose Händel anfängt / und sich nicht ändern / noch auch der Obrigkeit pariren / und derselb gen das Ihrige geben und praestiren will / außgebothen / und auferleget wird / seine Güther zuverkauffen / und sich anderswohin zuwenden / welche beyderley Arthen ebenmäßig von demjenigen / so die Ober-Gerichte hat / geschehen. Carpzov. in pract. crim. p. 3. q. 109. n. 59. & 60. & q, 130. n. 57. Ubi Scabini Lips. Nobili adversus subditos suos inobedientes se. [859] quentem in modum responderunt: Und wenn sie sich der schuldigen Schlamm-Fuhren nochmahls verweigern / werden sie durch Gefängnis darzu angehalten / mit Verwarnung / daferne sie von ihren Ungehorsam nicht abstehen werden / sie mit härterer Straffe darzu angehalten / ihnen auch wohl unter euren Gerichten zuverkauffen / und sich anderswohin zu wenden auferleget werden soll. Item in puncto vigiles afflictantis. Hat ein Bürger N. N. eure verordnete Stadt-Wächter mit einer Barten unversehens ohne alle Ursach vorsetzlich und arglistig darnieder geschlagen / und wund gehauen / so möget ihr ihm die Hand abschlagen lassen; wollet ihr ihm aber Gnade erzeigen / so möget ihr ihm verkauffen heissen / und eurer Stadt verweisen. Add. Carpzov. jurispr. for. part. 4. const. 13. def. 5. idem confirmat Schepliz Consvet. March. part. 4. tit. 7. §. 1. n. 2. pag. 439. & seq. assentitur iisdem David Craffter, tom. 4. consil. 21. n. 32. nec non D. Müller. dissert. de necessaria empt. & venditione, thef. 31. Item Knichen, op. pol. lib. 2. p. 1. c. 13. th. 20. lit. C. p. 712. XXXVIII. Mit der TEMPORAL oder zeit lichen Verweisung auf 1. 2. 3. und mehr Jahr / [vid. num. praeced. XVII.] nachdem die Umstände darbey sich ergeben / werden unterschiedliche Verbrecher angesehen / als I. wenn einer den Stadt- oder Hauß-Frieden gebrochen / die Stat-Mächter verwundet / Thor und Thüren an eines andern Hauß oder Hoff gewaltiger weise zertreten und zustossen / oder ohne Obrigkeit???che Anordnung und Befehl vor sich in des andern Hauß fiehle / und jemand gefangen wegführete / oder prügelte / oder einen zwünge / Kisten und Kasten aufzumachen / und gewalthätiger weise verführe. Praejudicia vide apud Carpzov. Pract. Crim. p. 1. q. 40. n. 11. 14. 15. & seq. us??? 17. II. Der die Stadt-Mauren oder Stadt-Thore übersteiget / doch daß er es nicht gefährlicher Weise gothan / wird entweder / den Umständennach / ewig / oder nur auf etliche Jahre verwiesen. Herm. Vultejus in §. Sanctae. Instit. de rer. divis. Goed. in L. 5. n. 17 ff. de verb. signif. idem Carpzov. d. q. n. 24. & 25. Wenn er es aber animo hostili begangen / wird er mit den Schwerd gerichtet / weil die Mauren vor heilig gehalten werden. L. fin. ff de rer???divis. ib??? Corasius Hottoman. in d??? §. Sanctae Instit. de rer. divis. Carpzap. d. loc. n. 20. 21. 22. & 23. III. Der Provocatus so den Provocanten entleibet / wird nach Gelegenheit der Umsiände auch auf etliche Jahr relegiret. idem carpzov. p. 1. q. 29. n. 79. 80. 81. 82. & 83. IV. Imgleichen [860] derjenige / welcher einen Excess bey der Noth wehr begangen. idem Q. 30. n. 26. & 28. V. Ferner der / so eine Feuers-Brunst durch Fahrläßig- und Unachtsamkeit verursacht / aber den Schaden nicht ersetzen kan. Carpzov. Qv. 39. n. 30. VI. Item / die vorsetzlicher weise und wissentlich geschworne Eyde brechen / oder sonst darwider handeln. Lege Capzov. Q. 46. n. 41. & 49. VII. Wie auch die Landes auf gewisse Jahre verwiesen worden / ungeachtet aber ihrer geschwornen Urphede / dennoch unter währen der Zeit sich wieder einschleichen / werden zum erstenmahl anderweit wieder verwiesen. idem q. 67. n 17. 18. 20. 21. & 22. VIII. In puncto infanticidii, wenn nemlich ein Weibesbild in der Tortur erhalten / daß sie ihr Kind nicht umgebracht / noch auch ihm enig Leid zugefüget / jedoch aber die Schwängerung und Geburtszeit heimlich gehalten. idem Q. 15. n. 51. & 52. part. 1. Allwo er ein Praejudicium anführet / daß einer solchen Weibes-Person 3. biß 4. Jahr Landes-Verweisung zuerkant worden. IX. In Puncto adulterii, als wenn ausserhalb Sachsen ein ledig Weibesbild mit einem Ehemann sich Fleischlich vermischet / und Ehebruch getrieben. Berlich. p. 4 concl. 27. n. 51. Wesenbec. in Paratit. ff. ad Leg. Jul. de Adult. n. 19. vers. atsolutae mulieres. Petr. Heigius p. 2. q. 29. n. 21. Praejudicia vide apud Carpzovium, p. 2. q. 54. n. 64. 67. & 68. Im Churfürstenthum Sachsen aber wird sie mit Staupen-Schlägem des Landes ewig verwiesen. Juxta Constit. Elect. 19. p. 4. §. es soll aber. Item Kirchen-Ordn. sub tit. von der Straffe der Unzucht und des Ehebruchs sc. nec non Ordin. Matrim. punct. 4. §. da einer sc. Dem Ehemann wird allda das Schwerd / oder wenn sein Eheweib vor ihn intercediret / die ewige Landes-Verweisung zuerkant / dem das Eheweib mit wesentlicher Wohnung zu folgen schuldig. Carpzov. p. 2. 4. 54. n. 42. & q. 55. n. 44. 67. 103. 104 q 57. n. 34. & 35. Ausserhalb den Churfürstenthums aber / und denen Orthen / wo obgedachte Constitution nicht eingeführet ist / wird dem Ehemann in adulterio simplici nur der Staupen-Schlag mit der ewigen Landes-Verweisung zuerkant. Intercedirte aber sein Weib / und verziehe ihm / wird er nur zeitlich verwiesen / oder mit noch länger Gefängnis / ja wohl mit einer ziemlichen Geldbuße seinen Vermögen nach abgestrafft. vid. Carpzov. pract. orim p. 2. q. 55. n. 34. 35. 36. & 37. Ein ledig Weibesbild so mit einer Mans-Person / die sich schon an eine andere verlobt / wissentlich Unzucht treibet / oder auch sich schwängern lässet / wird zeitlich verwiesen. idem Carpzov. q. 56. n. 50. & 5. Item ein Ehemann / der mit einer ledigen Vettel zuthun gehabt / aber den Semen nicht immittiret. Carpzov. [861] p. 2. q. 61. n. 20. 21. 22. & 23. Deßgleichen ein Eheweib / deren Mann auf den Hals sitzet / und hingerichtet werden soll / wenn dieselbe / ehe die Peinliche Execution verrichtet / vnd also die Ehe noch nicht anfgehoben worden / sich mit einen ledigen Kerl vermischet. Carpzov. d. q. 61. n. 78. & 79. X. Ferner wenn ein lediger Kerl etliche ledige Weibes-Bilder geschwängert / oder die Hurerey mehrmahls wiederholet hätte / maßen denn Carpzov. p. 2. Q. 70. n. 45 & 46. ein Urthel anführet / daß einem solchen 4 biß 5 Jahr Landes-Verweisung zuerkant worden. Eben das hat auch der zugewarten / welcher seine Pathin / die er aus der Tauffe gehoben / beschläfft. idem q. 72. n. 57. 58. & 59. XI. So ist auch dem 3. biß 4. Jahr Lands-Verweisung zugesprochen / welcher / als ein lediger Gesell / mit seines Großvaters Schwester Sohns Wittiben sich fleischlich vermischet. Carpzov. q. 74. n. 46. XII. Item 4 biß 5 Jahr einem Diebe / der in eines andern Hauß eingebrochen / doch also / daß er zwar ein Loch in die Wand gemachet / aber nichts darbey gestohlen / noch davon gebracht / weil er in den Handel ertappet / und zu Haft gebracht worden. Carpzov. q. 97. n. 60 & q. 88. n. 12. XIII. Einem Wucherer / der des Jahrs 15. fl. und mehr Zinß von hundert genommen / ist gleichfals die Landes-Verweisung zu / und darneben erkant / daß wen̅ er nicht davon abstehen würde / man ihn nicht zum Heil. Abendmahl lassen / vielweniger ein Christlich Begräbnis versatten wolle. idem Q. 92. n. 36. & 37. XIV. In Crimine falsi sind auch die damit beleget worden / welche falsche Obligaciones und Verschreibungen gemacht / und Siegel von andern Kundschafften dran gehengt oder gedruckt / theils 4. 5. biß 6. Jahr. Vid. Carpzov. Q. 93. n. 63. 64. 65. & 66. XV. Wenn derjenige / so einen schläget / stöst / trit oder verwundet / daß derselbe drüber Lähmnis bekömmet / der Thäter aber so arm ist / daß er das Artztlohn zu ersetzen / und die Lämnis zu verbüssen nicht vermag / wird gleichfals des Landes auf 2. 3. biß 4. Jahr verwiesen. Vid. Carpzov. q. 99. n. 50. & 52. add. q. 100. 13. 41. & 44. XVI. Wenn einer mit sich selber Unzuch treibet / so mastupratio genennet wird / pfleget die Landes-Verweisung / oder andre Straffe erkennet zu werden. Corp. Jur. milit. cum not. Petr. Pappi tit X. pag 402. und in andern delictis mehr / so in folgenden Capiteln noch vorkommen. XXXIX. Es kan aber der Judex, dem die Ober-Gerichte zuständig / sind / aus rechtmäßigen Ursachen die Relegation und Verweisung gar wohl in eine Geldstraffe verwandeln. Car pzov. part. 3. pract. erim. q. n. 44.
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Doch daß solche nicht gar der delinquenten Vermögen auf einmahl absorbire / sondern nach Proportion des Verbrechens / des Thäters Vermögen / eingerichtet werde. Casp. Zillesius, in tr. de mulcta & mulctandi jure c. 9. n. 94. 111. & 132. Mulcta enim hodie inter praedandi vocabula apud multos Dominos terrarum refertur, ut loquitur Tacitus Hist. 4. c. 14. qui invido atque torvo oculo aspiciunt rusticorum pecuniolas, nullamque praetermittunt occasionem, qua possint ipsos facere reos, eorumque emungere loculos. idem Zillesius, ditr. c. 12. n. 33 & 34. XL. Anno 1379. ward der Rath zu Stral-Sunde aus der Stadt gegejagt; Hertzog Wartislaf in Pommern brachte es dahin / daß der Rath in vorigen Ehren-Stand wieder gesetzt ward. Ehe aber solches geschehen / ist einer von den Raths-Herrn / mit Nahmen Done verstorben / daher seine Freunde ihn Tod in den Rath-Stuhl gesetzt haben / damit anzuzeigen / daß er ohne Verletzung seiner Ehre wäre vertrieben worden. Zeiler, Epist. 383. XLI. König Philippus II. in Spannien ließ den bekandten. Niederländischen Tyrannen / den Duc de Alba, üm deß willen / daß desselben ältester Sohn einem Fräulein in der Königin Isabeben Frauenzimmer die Ehe zugesagt hatte / aber solches nicht halten wolle / sondern auf Rath seines Vaters aus der Verhafft zu Tordesyllas ging / und seines Vaters Bruders / des Admirals Tochter / Marien von Toledo heyrathete / und hernach an obgedachten Orth sich wieder ins Gefängnis stellete / gen Uzeda, 25. Meilen von Hoff / ungeachtet er damahls keinen andern düchtigen General, als ihn / hatte / relegiren / ist aber bey Eroberung des Königreichs Portugal wieder in Gnaden kommen. Zeiler, Epist. 312. Im Theatro Europ. tom. 3. pag. 381. stehet: daß er noch darzu zehentausend Ducaten Geld-Straffe habe erlegen müssen. Quod etiam refert Casp. Zillesius, de Jure mulctandi c. 12. n. 141. XLII. Zu Zeiten Käysers Claudii starb in Rom ein Mensch / Pamphilus genant / von dem selben sagte iedermann / daß er die Zeit seines Lebens kein eintziges wahres Wort geredet hätte. Derowegen befahl der Magistrat, man [863] solte ihn lassen unbegraben liegen / das Hauß niederreissen / und Weib und Kind aus der Stadt verweisen / damit künfftig andere Leuthe möchten ob diesen Laster ein Abscheu tragen. Joh. Stiefler / im Geistl. Hist. Schatz / cap. 11. pag. 812. XLI. Zu Leipzig ist einer / der sieben Ehlen Lündisch Tuch zu ein paar Bein-Kleidern verschneiden lassen / und damit Aegernis und Anlaß gegeben zur Uppigkeit und Uberfluß in Kleidung / der Stadt verwiesen worden. Eben als wie jener / der neun und neuzig Ehlen Cartecks zum Unter-Fulter unter Hosen und Wammes gebraucht. Lauterbeck im Regenten-Buch lib. 4. c. 10. pag. 243. fac. b. XLII. Anno 1567. kahm ein altes Weib gen Augspurg / die gab für / daß sie des Geschlechtes der Fränckischen Freyherren von Wolffstein wäre / und aller verlohrnen und verborgenen Sachen Anzeigung geben könte. Diese hatte in etlichen Monathen bey hundert tausend Gülden in und außer der Stadt / nich durch Hexerey / sondern mit lauter Lügen / Betrug / und verschlagenen Räncken erpracticiret. Sie ist aber endlich gefangen / und nach Burgau geführet / und des andern Jahrs / als sie zuvor den halben Theil des abgezwackten Geldes zur Straffe erlegen müssen / des Landes biß jenseit Rheins zu ewigen Zeiten verwiesen worden. Augspurg. Chronic. p. 3. c. 3. p. 120. Zeitler, Epist. 70. XLIII. Etliche Städte / so mit den Peinlichen Gerichten belehnet sind / haben einen gewissen Terminum und Bezirck / wie sie einen Delinquenten verweisen können. Also ersuchten Anno 1544. Käyser Carin die Herren von Amsterdam / daß er ihnen allergnädigst vergönnen wolte / ihre Verbrecher und Missethäter über die 1100. Ruthen / die seine Vorfahren ihnen zugestanden / auf 3. Meilen rund üm die Stadt her zuverweisen und auszubannen. Drauf Er ihnen denn alsobald verwilligte / daß sie ihre Banlinge eine Meile / von dem äußersten Gtadt-Graben angerechnet / darunter die gemelde 1100. Ruthen mit begriffen / aus der Stadt verweisen möchten: ja dieselben / wie auch alle andere Verbrecher innerhalb dieser Bann-Meile fangen: doch mit dem Bedinge / daß sie solche Gefangene dem Schult heissen selbigen Orths / unter dessen Rechts-Gebiet sie solche gefangen / zur unverzüglichen Straffe einzuhändigen solten gehalten seyn. Und nach die sem von Käyser Carln gesetzten Bann-Mahl werden noch heut zu Tage alle Straff-Urtheile der Banlinge vom Rathhause zu gedachten Amsterdam folgender gestalt abgelesen: So ist es / daß meine Herron im Gericht [864] gesessen / nachdem sie den Eisch und Schluß meines Herrn / des Schultzen / wie auch die Bekäntnis des obgemeldten Gefangenen vernommen / denselben verdammet haben / und hiermit verdammen / aus dieser Stadt / und derselben Freyheit / auch aus der Ban-Meile / wie sie sich rund ümher erstrecket / bey Sonnen-Schein zu gehen: indem sie ihn daraus auf---Jahre verbannen und verweisen. Damit aber die Verbrecher solche Ban-Meile eigentlich wissen möchten / und nach übertretenen Geboth keine Entschuldigung vorzuwenden hätten: So hat man auf eine Meile von der Stadt bey allen Heer-Strassen an der Land-Seite / einen steinern Meilpfahl / in gestalt einer Grab-Spitze / aufgerichtet. Philipp. von Zesen / in Beschreibung der Stadt Amsterdam / p. 121. XLIV. Sonsten geschiehet es zuweilen / daß denen Landes-Verwiesenen von der hohen Landes-Obrigkeit Gnade wiederfähret / und sie recipiret werden / wenn bey deren solennen Einzug in eine Stadt / oder bey Einnehmung der Huldigung sie dero Gutsche / darinnen sie fahren / oder das Pferd / darauf sie reithen / angreiffen / sich daran feste halten / und mit hinein schleppen lassen. D. Strycke, de jure sensuum, dissert. 7. c. 3. n. 25. 26. & seq. alwo er unterschiedliche Exempel anführet. Item wenn eine Fürstl. Braut eingeführet wird. Webner, observ. pract. v. sicher Gleid. Rittershusius, de Jur. Asyl. c. 2. n. 1. in fin. XLV. Dergleichen Freyheit praetendiren auch die Cardinäle / daß wenn ihnen einer begegnet / so zum Tode verdammet ist / und zur Hinrichtung hinaus geführet wird / sie demselben das Leben erretten / und perdoniren können. Oldekop. tit. 5. observ. crim. 4. Drum als einsmahls Cardinal Nicolaus Cusanus gen Magdeburg kahm / ist ihm allerhand loses Völcklein von Manns- u. Weibes-Personen / so aus der Stadt verwiesen worden / gefolget-Nachdem aber der Rath sich darüber beschwerete / und der Cardinal vorschützte / er könte hierinnen dem Pabst nichts vergeben / indem es einen ieden zugelassen / dem Creutze Christi zu folgen / weil der Cardinal bey den Einzug sich ein Creutz vortragen lassen / hat solches der Rath endlich vor bekant angenommen. So bald aber der Car [865] dinal mit seinem Creutz wieder fortgereiset / haben sie solch Gesindlein auch gezwungen / ihm wieder zu folgen / und es also fortgeschafft. Drauf der Cardianl sich dieser Worthe vernehmen lassen: vos Saxones estis Saxa! Richter. axiom. polit. 251. exempl. 11. XLVI. Es ist aber zuwissen / daß nicht ein ieder / der sich solcher gestalt an eines grossen Herrn Gutsche henget / Gnade erlanget / sondern nur die / so eines geringen Verbrechen halber die Stadt oder das Land räumen müssen. Drum auch die grobe Delinquenten, als kirchen- und Jungfern-Räuber / Ehebrecher / Hexen / Zauberer / falsche Müntzmacher / Todschläger / Kinder-Mörder und dergleichen sich eines solchen keines weges zugetrösten haben. Strycke, de jure sensuum, d. dissert. 7. c. 3. n. 35. & 36. XLVII. So wird auch durch solche Anrührung nur die Straffe erlassen / die Infamia criminis aber nicht aufgehoben. Per L. fin. C. de general. abolit. L. generalis 7. C. de sent. pass. & restit. Sfortia Odd. de restit. in integr. p. 2. q. 94. art. 4. Und dannenhero werden solche Leute nicht wieder in Handwercks-Zünfften aufgenommen / es geschehe denn durch sonderbahre Gnade / und Zulassen der hohen Landes-Obrigkeit. Strycke, d. loc. n. 38.

CAPUT XXXIX.
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Von Staupen-Schlag. I. WEnn dieser einen Delinquenten durch Urthel un̅ Recht zuerkant worden / wird / auf Befehl des Judicis, so die Peinliche Gerichte zu exerciren hat / demselben durch den Scharffrichter der Rücken oder der gantze Ober-Leib entblösset / und er von dem Ambt und Gericht-Hause an / über den Marckt und die Gassen hin / biß ans Thor / oder wie weit es sonst gebräuchlich / mit Ruthen gestäupet. Wenn eine Ruthe abgehauen / und nicht mehrscharff ist / wirfft der Nachrichter sie [866] weg / die sein Knecht auflieset / und nimmt von ermeldten Knecht oder Jungen / der neben her gehet / eine frische. Worbey zu erinnern / daß wenn ein Weibesbild aus gestäupet wird / derselben / Aergernis zu vermeiden / ein Tuch vor die Brüste gemachet werden soll. II. Und ist diese Straffe heut zu Tage sehr gemein / aber doch sehr hart / indem dieselbe nicht allein dem Verbrecher infam und ehrloß machet / arg. L. ictus fustium ff. de his, qui notant. infam. Besold. in thes pr. verb. Ruthen-Aushauung / pag. 849. sondern auch grosse Schmertzen dem Leibe zufüget. Prosp. Farinac. prax. crim. lib. 1 tit. 3 quaest. 19. n. 29. Carpzov. p. 3. pract. crim. q. 12. n. 14. 15. & 16. III. An etlichen Orthen werden sie erst öffentlich am Pranger gestellet / hernach sodann mit Ruthen ausgehauen. P. H. O. Caroli V. art. 196. & 198. ibig??? Dan. Clasen, in comment. pag. 796. IV. In den grossen Städten sind rechte Bühnen üm die Pranger gebauet / daman die Huren / oder auch die Diebe / so zum erstenmahl gestohlen / und die Summa noch nicht fünff Soliden übersteiget / hinauf fähret und stäupet / werden auch wohl die Ruthen an den Pranger gesteckt / andere dadurch abzuschrecken. Corp. Jur. milit. cum not. Petr. Pappi, pag. 569. V. Solcher Staupenschlag führet allezeit die ewige Landes-Verweisung mit sich. d. const. crim. art. 158. Const. Elect. Saxon. 13. 16. 18. & 19. part. 4. add. etiam const. 24. 25. 26. 28. 29. 31. 32. 33. 35. 40. 41. 42. & 45. part. 4. Ja wer??? gleich im Urthel nur allein der Staupenschlag stünde / der ewigen Landes-Verweisung aber nicht gedacht würde / wird dennoch solche zugleich mit vollstrecket / allermaßen es heut zu Tage in praxi also gehalten wird / teste Carpzov. dict. quaest. 129. n. 18. & 19. VI. Es ist auch derselbe entweder starck oder gelinde. Starck wird er demgegeben / der etwas hartes / und fast so viel verbrochen / daß er das Leben lassen müste / da denn wohl Zacken von Drat in den Ruthen mit gemacht werden. D. Tabor, de stellionat. pag. 34. & 44.
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Gelinder denen Weibesbildern / welche Kinder säugen / damit denselben an ihrer Nahrung kein Abbruch geschehe / oder wen̅ oder Delinquent kranck oder gar schwacher Natur ist. Idem Carpzov. d. q. 129. n. 24. & 25. VIII. Doch ist der Staupenschlag beym ersten Fall also zu mäßigen / daß der Inquisit beym Leben bleibe. P. H. O. art. 196. Denn es stehet nicht mehr in des Scahrffrichters Wilkühr / wie es vor Alters war / Lindenbrog. ad. tit. C. siquis Imp. maledix. fol. 55. Besold. in thes. pract. v. Ruthen Aushauung / fol. 849. dem Delinquenten mit Unvernunfft so viel Streiche zugeben / als ihm gefält / sondern er muß deswegen von dem Judice, der zuvor die That und das Verbrechen / auch die Natur und Constitution des Inquisiten, ob er viel / oder wenig ausstehen kan / zu überlegen und abzuwegen hat / Ordre und Befehl erwarten. Oldekop. in tr. contra Carpzov. Quaest. 10. pag. 338. Gestalt denn auch GOtt selbst im Fünften Buch Moses am 25. Capitel v. 2. & 3. eine gewisse Anzahl Schläge verordnet / drüber der Richter und die Executores nicht schreiten dürffen. Die Worte lauten also: Wenn der Gottlose Schläge verdienet / drüber der Richter und die Executores nicht schreiten dürffen. Die Worte lauten also: Wenn der Gottlose Schläge verdienet hat / soll ihn der Richter Heissen niederfallen / und sollen ihn vor ihm schlagen nach der Maaß und Zahl seiner Misset hat. Wenn man ihm viertzig Schläge gegeben hat / sollman ihn nicht mehr schlagen / auf daß nicht / so man mehr Schläge gibt / er zu viel geschlagen werde / und dein Bruder scheußlich für deinen Augen sey. Deßwegen auch die Jüden bey solchen Schlagen sehr Sorgfältig und behutsam waren / so daß sie gemeiniglich denen Delinquen nur 39. Streiche gaben / aus Furcht / sie möchten es etwan in Zehlen versehen: Allermaßen solches der Apostel Paulus in der andern Epistel an die Corinther cap. 11. v. 24. selber gestehet / wenn er schreibet / er habe von den Jüden fünfmahl vierzig Streiche weniger eins empfangen. add. Dilher. 2. Elect. c. 18. & Baron. ad Annum Christi 34. n. 83. VIII. Zuweilen wird der Staupen-Schlag / aus gewissen und erheblichen Ursachen / dergestalt gemildert / daß der Reus nicht öffentlich über die Straf [868] se hingestäupet / sonder die Züchtigung mit Ruthen im Gefängnis / durch den Stockmeister oder Frohn-Bothen an ihn vollstrecket / doch aber er hernach verwiesen wird: Zumahl wenn er noch minderjährig ist / und man Hoffnung hat / daß er sich bessern werde / da denn wohl zu Zeiten die Landes-Verweisung ihm noch darzu von der Landes-Herrschafft aus Gnaden remittiret / oder auch der Staupen-Schlag bloß in die Landes-Verweisung verwandelt wird. Carpzov. Q. 129. n. 25. & 27. Vide supra Caput von Stock-Schilling. IX. Ferner setzet ietztgedachter Carpzov. p. 3. Q. 137. n. 45. daß es nicht eben nöthig sey / daß man dem Maleficanten ein oder mehr Tage vorher eröfne / daß ihm durch Urthel und Recht der Staupen-Schlag und die ewige Landes-Verweisung zuerkant worden / sondern man könte dem Inquisiten das Urthel publiciren / und sobald drauf mit der Fustigation verfahren / welchem aber Justus Oldekop, in tr. cont. Carpzov. Q. 10. pag. 339. wiederspricht / und haben will / daß weil der Staupen-Schlag und die ewige Landes-Verweisung einen Menschen infam und Ehrlos machen / die Ehre aber über alles ginge / die man einen zwar halb nehmen / aber so leicht nicht widergeben / noch auch selbige in vorigen Stand setzen könte / so solte der Richter darin Christlich und gewissenhafft verfahren / daß Urthel dem Inquisiten publiciren / aber nicht so strack mit der Execution drauf verfahren / sondern ihm Bedenckzeit lassen / ob er sich weiter darwieder defendiren / und seine vermeinte Rechtliche Nothdurfft noch ferner deduciren wolle oder nicht / welches denn auch nicht unbillig ist. X. Und rathen daher einige Politici, daß man den Staupen-Schlag [als die erste Stafel zum Galgen And. Knich, de Saxon. non prov. jure c. 5. n. 234.] gar abschaffen solle / weil dadurch den Diebstahl / und andern Lastern nicht allein nicht gewehret / sondern vielmehr Anlaß gegeben würde / daß hernach solche zu Schanden und unehrlich gemachte Leuthe es nocht viel ärger / wie zuvor / trieben / sonder man solte sie ad opus publicum, oder zu gemeinen bauen und arbeiten / condemniren. Christoph. Besold. in tr. de praem. & poenis c. 4. n. 4. & in Thes. pract. lit R. verb. Ruthen aushauen. Justus Oldekop, in tr. contra. Carpzov. decad. 2. Quaest. 10. pag. 241. [869] Allermassen es Sabbatus, oder wie andere ihn nennen Sabacus, oder Sabaicus, König in Egypten / aus Morenland Bürtig / mit allen seinen Gefangenen / die das Leben verwircket hatten / gemacht. Herodotus libro 2. Diodor. Siculus lib. 2. c. 2. Alex. ab Alexand. Gen. dier. lib. 3. c. 5. pag. 296. mit welchen auch übereinkömmet / was Valent. Winther, in parthen. litig. lib. 2. cap. 12. klüglich anführet / wenn er also schreibet: Rebus publicis hoc deploratissimo Seculo optumè consultum putamus, si fures ob furta simplicia pecuniaria, non fust gationibus, suspendiis, relegationibus, aut aliis atrocioribus poenis afficerentur, sed ad OPERAS PUBLICAS praestandas damnarentur. Fustigatio enim, oder das Ruthen aus hauen ist die erste Weihe zum Galgen / qua fures magis ad furta invitantur. Excluduntur quippe ob infamiam ab omni honesto commercio, & nullibi tolerantur. Ergo ad furta & latrocinia magis magisque alliciuntur. Nec exilium Reip. conducit. Unguentis enim hoc remedium simile est, quibus scabiei medela adfertur: Per momenta illa sanant quidem, sed corpore intus malis humoribus affecto statim morbus regreditur. Et sanè ita fieri videmus, quod exsules coelum, non animum mutent, sed exclusione hac ignominiosa irritati subinde ad pejora prolabantur, patriam infestent & prodant, novaque semper litigia excitem. Idem est judicium de auris abscissione, quam praeter memorata, aliaque inde renascentia mala, vim generativam impedire tradit supra allegat. Knich. de jure territ. c. 3. n. 255. Ex manus amputatione hoc quoque resultat incommodi, ut delinquens in locis dissitis aliam causam amissionis manus mentiatur, & occasionem mendicandi satis amplam, collectisque Elemosinis liberalioribus otiosae vitae pigritiem & malitiam sustentandi nanciscantur. Oldekop. d. Q. 10. pag. 243. XI. Diesen Rath hat gefolget Hertzog Johann Friederich zu Würtenberg / wie aus folgender Constitution zuvernehmen. Unsern Gruß zuvor / "liebe Getreue / Wir sind in allewege gemeinet / der lieben Justitz in unsern Hertzogthum und Landen ihren gestrackten Lauf zulassen / ja bey zunehmenden Lastern die Straffen [zu mehrern Ernst gegen den Delinquenten, auch andern zu abscheulichen Exempel] zu schärffen. Wir haben aber hierinnen mehr mahln in Gedancken gefast / ob nicht in den Fällen und Verbrechungen / so nicht gäntzliche äusserste Todes-Straffe auf sich [870] haben / sondern da die Maleficanten bißhero in die Hand des Nachrichters zur Fustigation und Ruthen ausstreichen / Ohren obschneiden / oder dergleichen mit Urthel und Recht geliefert / anstat solcher Leibes-Straffen / andere Poe en zubefinden / dadurch der Justitz dennoch ein Begnügen geschehen / und die Verbrecher nichts desto weniger / ihren Verschulden gemäß / büßen thäten: In Bedenckung / wenn der Nachrichter einmahl an einen Sünder und Delinquenten Hand angelegt / demselben kein Mittel mehr übrig / sich und die Seinige bey den Handwercken redlich zu nehren / sintemahl selbiger aller Orthen gescheuet / aufetrieben / und dadurch fast gemüßiget wird / daß er dem Diebeswesen wiederum nachhengen / und endlich dar dem Strick zutheil werden muß. Dahingegen wann andere Straffen gebraucht / welche nicht durch des Nachrichters Hand exequiret / und dadurch die Verbrecher nicht in zeitliche Schande / neben Verlierung aller Ehren gerathen / sondern wann einer noch Bieder-Leuthen geduldet wird / alsdann noch einige Hoffnung seyn könte / es möchte ein solcher Sünder sich etwan bessern / und wiederum zu Ehrlicher Hanthierung oder Handwercken greiffen / sich und die Seinige weiter mit Ehren zu nehren. Um welcher Ursachen willen / und bey vorlauffenden sonderbahren beweglichen Umständen [als uns eiwan angelanget] der verständige Richter mannigmahl selbsten gern eine solche Straffe sehen und wünschen mögen / darbey der Sünder sein Unrecht gebührlich büssen / und dannoch [bevorab wenn / obgemelter maßen / noch Besserung bey ihme zuhoffen / oder selbiger zuvor sich böser Thaten sonst nie beflissen] des Nachrichters Hand entgehen / auch zeitlicher Schande und unwiderbringlichen Verlusts seiner Ehren [immassen bey den Ruthen ausstreichen und Ohren abschneiden geschicht] entübriget seyn könte. Dieweil auch sonsten überhäuffte Verbrechungen [sonderlich bey den Wildbret-Schützen / und andern / die sich aufs Faulentzen legen / und durch die verbothene Mittel ihre Nahrung suchen] vorgehen / welche mit Peinlichen Rechten bißhero nicht angesehen. sondern / andern zum Exempel / etwan mit langwierigen Gefängnis seine Achtung selbsten zubezahlen nicht vermöcht / grosse vergebliche Unkosten aufgelauffen / neben dem in der Zeit derselselben währender Thurm-Straff / Weib u. Kinder daheime Mangel gelitten / bey den Verbrecher aber / sonderlich wann durch die Stat-Knechte er so viel er practicirt / daß ihme Wein in die Gefängnisse gelassen / der [871] der Thurm nicht für eine Straffe / sondern als eine Ruhe von der Arbeit [dazu sonst der Mensch erschaffen] gehalten worden / dadurch die Verbrecher für sich selbst wenig gebessert / andere es zu keinen Exempel oder Abscheu gezogen / weniger dem publico hiedurch geholffen worden; Hierneben auch wir befunden / was für grosse Ungelegenheiten durch die freche / starcke Uns / auch den Communen / Armen-Kasten / und privat-Personen zugezogen worden: Derenthalben dann wir nach Mitteln zugedencken Anlaß haben / wie auch selbiges abzuschaffen / dergleichen Gesinde zur Correction gebracht / zur Arbeit angehalten / und das Land von solchen gereiniget werden möge. In Erwegung dessen allen / und damit die Ubelthaten / die nicht äußerliche Todes-Straffe auf sich haben / dennoch mit scharffen Ernst angesehen / diejenige aber / bey denen noch eine Hoffnug zur Beßerung / nicht gar unehrlich / sondern nach gebührender Abbuß / hernach wiederum unter Biederleuthen geduldet werden / auch die / so durch langwierige Gefängnis nur mürbe u. faul gemacht / ihre Zeiten in Geschäften zuzubringen genötiget / nicht weniger das ümlaufende unnütze Gesinde zur Arbeit angehalten werden: So sind wir bedacht / zur Correction solcher straffbahren Gesellen [darunter wir auch die Prodigos und Verschwender / bey denen alle gesuchte Gradus unverfänglich / nicht weniger ungerathene unartige Kinder / an denen ihrer Eltern Zucht nichts helffen / noch einige Besserung bey ihnen zu hoffen seyn will / gemeinet haben wollen] ein Mittel ernstlicher Straffe anzustellen / welches bißhero bey vielen wohlbestelleten Landen / Städten und Herrschafften mit Nutzen practicirt / und dadurch mancher ungerathener Mensch wiederum zum Nutzen gebracht worden / daß nemlich selbige ad operas publicas angehalten / darinnen in Springern und eisernen Banden so lange zu schaffen / biß ieder sein Verbrechen / nach Bewandnis desselben / wie auch seine Atzung / und was seinet wegen sonsten aufgeloffen / gäntzlich abgebüst. Damit nun dieses in Sachen / so durch ordentlich Peinlich Recht zu erörtern / zu effect gerichtet / so stellen wir euch / den Richter / anheim / in denen Fällen und Delicten, da das Leben nicht verwürckt / in Erkäntnis dahin bedacht zu seyn / ob die Delinquenten nach. Beschaffenheit ihres Verbrechens / Alters / und hievor geführten Wandeis / auf eine Zeitlang / nach Bezahlung ihrer Atzung [da sie selbige zuerstatten vermögen] ad operas publicas zu condemniren: Da alsdenn du Ambt [872] mann] die Urthel vor der Publication zu unser Canzeley überschicken / auch in welchen Gebäu selbige zu schlagen / und wie sie dahin zubegleiten / Bescheldes erwarten sollest. Belangend aber diejenige Verbrecher / als Wilderer / Prodigos, und andere dergleichen / davon oben Anregung geschehen / so nicht rechtlich beklagt / sondern wieder welche Wir ex officio procediren mögen: Solt du Ambtmann / auf vorhergehende Erkundigung / und gefängliches Annehmen derselben / ihr Verbrechen nach gnungsamer ihrer Anhör / die Sachen mit guten Umständen / neben Vermeldung ihres Alters / Leibes-Kräfften und Beschaffenheit / hiebevor geführten Wandels / derselben Praedicats und Vermögen zu Unser Canzelley gelangen lassen / und darüber fernern Bescheides gewarten. Hieran geschicht Unsere Meinung. Datum Studgart / den 12. Septembr. Anno 1627. XII. Und wäre gut / wenn andere Potentaten / Fürsten und Herren solches nachthäten / ungeachtet Zieriz, ad const. crim. Caroli V. art. 104. dafür hält / es bemüheten sich alle diejenige / welche solche von uralten Zeiten her wohlbedächtig-eingeführte Straffen ändern / und in andere verwandelt haben wolten / nur vergeblich / indem / sonderlich das Ruthen-aushauen / bey dem Volck GOttes / wie allbereit oben gedacht / Vid. Wilh Zepper, in explic. Leg. Mosaic. lib. 5. c. 7. fol. 713. & seq. Wie auch bey andern Nationen und Völckern iederzeit üb- und gebräuchlich gewesen. Petr. Faber, lib. 2. semestrium cap. 10. Und daher noch die Stunde ohne Abgang und Aenderung im H. Römischen Reich practiciret / und an den Delinquenten voll strecket würde. XIII. Hippolitus de Marsiliis, in tractatu Bannitorum, verb. Fustigatio, n. 2. führet aus dem Baldo an / daß wenn einem alternativè eine Geld-Straffe / oder / wenn er solche nicht erlegen wolte / der Staupenschlag zuerkant worden / und er sich lieber ausstäupen lassen wolte / solte der Judex ex nicht thun / infamiam von dem Reo abzuwenden / sondern vielmehr denselben zwingen / daß er das Geld schaffen müste. XIV. Ferner war vor diesen üblich / daß ehe man die Maleficanten kreutzigen / oder sonst vom Leben zum Tode bringen ließ sie vorher mit Ruthen biß aufs Blut gestäupet wurden / welches auch unsern Heyland CHRISTO [873] IESU selbsten wiederfahren / so aber nach der Zeit abkommen. Anton. Gallon. de Cruciat. Martyr. pag. 409. & 440. XV. Der Staupenschlag wird auch genennet der Staup-Besen. Tabor. de stellionatu, pag. 44. Dither, in addit. ad Besoldi thes. pract. pag. 850. Und wird dem Mero Imperio zugeschrieben. Jacob. de S. Georg. de Feud. v. cum mero. n. 5. Gylman, tom. 2. part. 3. tit. 10. vot. 2. Symphorem n. 20. fol. 235. XVI. Es sind die Edelleuthe davon befreyet / denn die soll man nicht zur Staupe schlagen. Limnaeus. in J. P. lib. 6. c. 4. n. 66. Dither, cit. loc. Allermaßen bey den Römern kein Ingenuus fustigiret wurde / sondern nur die Knechte: Erat itaque poena servilis. Rupertus, lib. 1. cap. 1. diss. 2. §. 10. ad Valer. Maxim. XVI. Derselbe wird in vielen Delictis erkant / als: Wenn iemand durch Gifft einen andern vergeben wollen / auch solchen unter Essen und Trincken gemischet / oder ihm sonst beygebracht hätte / und den Vorsatz gehabt / denselben dadurch das Leben zunehmen / der Effect aber nicht erfolget / sondern dieser beym Leben geblieben / wird jener / als der Thäter / deshalber zur Staupe geschlagen / und des Landes ewig verwiesen. Carpz. p. 1. q. 21. n. 44. & 45. ibi??? Praejudicia. XVIII. Oder wenn einer den andern übel schlüge / die Wunde aber von den Medicis und Chirurgis nicht vor tödlich erkant worden / iedennoch der Geschlagene hernach stürbe / wird wegen solcher Ungewißheit / ob eben derselbe an solchen Schlägen gestorben / poena ordinaria der vorsetzlichen Todschläger nicht / sondern der Staupenschlag und ewige Landes-Verweisung erkant. Carpzov. d. p. 1. q. 26. n. 3. 5. 15. 16. & seqq. D. Stryke. de jure sensuum, diss 1. c. 3. n. 19. & 20. Welcher will / daß man bey der Besichtigung eines Entleibten eine ungerade Zahl der Medicorum und Chirurgorum adhibiren solle. XIX. Oder wenn bey einer Entleibung Entleibung der todte Cörper von den Gerichten / [874] auch Medicis und Chirurgis nicht wäre besichtiget / vielweniger das Cadaver seciret / und alle Wunden / wie sich es gebühret / genau untersuchet / oder sonst was darbey versehen worden / daß wegen Ungewißheit man dem Thäter das Leben nicht absprechen könte / wird derselbe zur Staupe geschlagen / und des Landes ewig verwiesen. Idem Carpzov. d. q. 26. n. 19. & seqq. nec non 32. 43. 45. 53. & 54. XX. Desgleichen in homicidio culposo, wenn ein schwanger Weib geschlagen würde / daß sie drüber in eine Kranckheit fiehle / und hernach ihr die Frucht tod abgienge / wird nach Gelegenheit der Umstände / & quando lata culpa quam proximè ad dolum accedit, adeò, ut etiam dolum implicitum continere videatur, die Staupe nebst der ewigen Landes-Verweisung / oder wohl nur diese letztere allein / oder Relegatio auf etliche Jahre erkant. Damhouder, pract. rer. crim. c. 85. n. 10. Petr. Theodor. in colleg. crim. disp. 7. th. 7. lit. C. Farinac. p. 5. op. crim. q. 87. n. 73. Carpzov. p. 1. q. 17. n. 33. 34. 35. 36. 37. 40. 41. 42. 43. & 44. allwo er unterschiedliche Casus, und drauf gesprochene Urthel anführet. Item n. 45. us??? 49. XXI. Oder wenn einer / so von den andern angefallen worden / das Moderamen inculpatae tutelae, wie es de jure erfodert wird / nicht recht in acht genom̅en / sondern darinnen einen grossen Excess begangen / und den Agressorem getödtet hätte. Vid. Carpzov. p. 1. q. 30. n. 27. 28. & seq. us??? 33. Item n. 39. us??? 42. nec non quaest. 31. n. 33. Item q. 32. n. 40. XXII. Item in incendio culposo, als wenn die / so mit Feuer ümgehen / nemlich / Mältzer / Brauer / Becker / Schmiede und andere / sich des Volsauffens beflissen / und das Feuer nicht in acht genommen / sondern noch wohl darzu liederlich damit ümgegangen wären / daß eine Feuers-Brunst draus entstanden: Item wenn einer unvorsichtig mit Lösung der Büchsen / Pistolen und andern Gewehr umgienge / daß dadurch Gebäude angestecket würden / und könte den Schaden nicht wieder / ersetzen noch bezahlen / wird gleichfals die Fustigatio cum perpetuâ relegatione an ihn vollstrecket. Idem Carpzov. p. 1. q. 39. n. 37. 38. 49. & 50. XXIII. Eben dieses hat zugewarthen derjenige / welcher der Müntze ihre rechte Schwere gefährlicher weise benimmt / und dieselbe beschneidet. Carpzov. p. 1. q. 43. n. 47. & 48.
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XXIV. Wie auch der / so Gotteslästerliche Reden ausgestossen. Vide praejudic. apud Carpzov. p. 1. q. 45. n. 73. 74. & 78. XXV. Item ein ledige Dirne oder Wittibe / nach dem Sächsischen Rechten / welche mit einen Ehemann Ehebruch wircklich getrieben. Const. Elect. 19. §. Darüber aber. part. 4. & postea in §. Es soll aber. Vide quo??? die Kirchen-Ordnung sub tit. Von der Straffe der Unzucht und der Ehebruchs / fol. 105. & ordin. matrimonial. punct. 4. §. Da einer sc. Desgleichen ein lediger Gesell / welcher mit einem Eheweibe / die vorher mit andern geehbruchet / und als eine gemeine Hure lebet / sich fleischlich vermischet. Petr. Heigius, p. 4. q. 29. n. 77. & 78. Coler. p. 1. decis. 176. n. 8 Berlich. p. 4. concl. 27 n. 88. Carpzov. p. 2. q. 57. n. 24. 25. & 26. Item n. 27, 31. 75. add q. 61. n. 19. 20. 23. 29. 40. 64. XXVI. Ferner wenn ein Bauers-Knecht ein Adeliche Dame beredet / beschläfft und schwängert. Dan. Moller, ad Const. Elect. 27. p. 4. n. 4. Berlich, p. 5. concl. 38. n. 104. Carpz. p. 2. q. 69. n. 44. & 45. XXVII. Wie auch die boßhafftige Kupler und Kuplerinnen. P. H. O. Caroli V art. 123. Desgleichen der Mann / so sein Eheweib: Item die Eltern / so ihre Kinder nicht Genießes und Gewins / sondern grosser Leichtfertigkeit halber / zulassen / daß sie sich andern losen Kerlen prostituiren. Const. Elect. Sax. 29. p. 4. Ebenfals die ein Weibesbild nothzüchtigen wollen / aber entweder aus Trunckenheit nicht ausrichten können / oder drüber von andern / so darzu kommen / verstöret und verjaget worden. Carpzov. p. 2. q. 75. n. 62. 63. & seq. Die Sodomiten / welche die Schand-That nicht völlig verbracht / sondern auch drüber verhindert worden. Idem q. 76. n. 61. Ein lediger Kerl / so mie einer Jüdin / die gleichfals noch eine Dirne / und kein Eheweib ist / sich fleischlich vermischet. Idem d. q. n. 66.
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XXVIII. Ein Dieb / welcher den Diebstahl wieder ersetzet / und desselben nicht genossen / Idem q. 80. n. 18. 19. 20. 21. & 22. Oder der Eigenthums-Herr doch den meisten Theil des Diebstahls wieder bekommen hätte. Idem d. q. 80. n. 23. 24. 25. & 26. Item / wenn viel einen Diebstahl begangen / einer aber nur von ihnen ertapwird. ibid. n. 28. & 32. n. 39. 40. 41. & 42. 43. 45 49. 50. Oder der Dieb poenitirte / und Ersetzung thäte. d. q. 80. n 78. & 79. Oder mit demselben transigirte / den er bestohlen. n. 80. 88. 89. & 90. Den Geträidig-Dieben / weil man selten eine gewisse Summa an Geld wegen des Diebstahls ausmachen kan / wird nicht leicht der Strang / sondern gemeiniglich der Staupenschlag / nebst der ewigen Landes - Verweisung zuerkant. Carpzov. p. 2. q. 81. n. 37. 39. & 40. Wenn man aber eine gewisse Summa ausmachen kan / die mit den Strick abzustraffen / bleibet es dabey billig. idem n. 41. & 42. Eben also wird es auch mit den Dreschern / welche Frucht unterschlagen / und verpartiret / gehalten. n. 43. 46. 47. 48. & 49. XXIX. Ein Sacrilegus, wenn er noch unmündig und unverständig ist / oder bey Hungersnoth solche Deuben begangen hätte / oder der Kirchen - Raub ein weniges antreffe / in welchen Fall die Abstraffung mit dem Rade cessiret / und an deren stat die Fustigatio cum perpetua relegatione erkant wird. Carpz. p. 2. q. 89. n. 61. 62. 63. 64. 65. 66. & 67. XXX. In crimine falsi wird sie auch in gewissen Fällen adhibiret / wie bald gemeldet werden soll. Es ist aber Falsum [wovon hiebey etwas ausführlich zuhandeln nicht ohndiensam seyn wird / weil es eine in praxi & foro sehr nützliche Materie] dolosa veritatis immutatio in alterius praejudicium facta, juxta tradita Mynsingeri in §. item Lex. Cornel. de Fals. n. 15. Instit. de publ. jud. ubi & Joh. Schneidewin, n. 2. Damhoud. in prax. rer. crim, c. 121. n. 2. [877] Und werden dreyerley zugleich erfordert / wenn ein solch Crimen falsi committiret wird / als es Lex Cornelia de falsis gestraft haben wil / nemlich zum ersten Dolus, falsi causa proxima L. cos 27. ff. ad Leg. Cornel. de falsis, L. 16. ff. de testibus. Sine quo falsitas non committitur L. nec exemplum C. ad Leg. de falsis. Drum wenn einer glaubet und dafür hält / er rede die Warheit über ein und andere Sache / und darauf einen Eyd schweret / ist derselbe propriè kein Falsarius, noch auch ein Meineydiger / ungeachtet die Beschaffenheit und Warheit des Dinges sich anders verhält. L. 2. §. 2. C. de juram. calum. c 15. autem c. homines falsum 22. q. 2. Es ist aber hie Dolus praesumtus nicht genung / sondern es muß erwiesen und beygebracht werden / daß warhafftig Dolus darbey gewesen. Menoch. 3. Cons. 221. n. 15. In dubio namque error potius, quam dolus in crimine falsi praesumitur. L. 1. in fin. C. de his qui sibi in Testam. L. 6. de dolo. Das Andere requisitum ist Veritatis immutatio. L. 23. ff. ad Leg. Cornel. de falsis. Da Dritte / ut per id damnum alicui afferatur. Carpzov. p. 2. q. 93. n. 6. 8. & 10. Wider die falsarios ist keine gleich durchgängige Straffe gesetzet / sondern dieselbe variiret sehr / nach denen mit unterlauffenen Umständen. Insgemein halten die Rechtslehrer davor / daß die von Adel mit der Deportation, oder Einziehung ihrer Güther / gemeine Leuthe mit der damnatione in metallum, Knechte aber mit der Todes-Straffe zubelegen. Hippol. de Marsil. in rub. ff. ad Leg. Cornel. de fals. n. 4. Damhoud. c. 124. n. 7. Petr. Greg. Tholos. Syntagm. Jur. lib. 36. c. 3. n. 4 & c. 5. n. 2. Es ist aber poena publicationis bonorum pro crimine falsi in authent. bona damnatorum C. de bon. proscript. geendert / auch poena deportationis nicht mehr in Gebrauch / sondern an deren Stelle die relegatio oder Verweisung aufkommen / und eingeführes??? worden / Jul. Clarus, inpract. §. falsum n. 13. Menoch, de A. I. Q. lib. 2. ca. 306. n. 3. wird auch wohl zuweilen der Staupen-Schlag hinzugethan. Wesenbec. in Paratit. ff. ad Leg. Corn. de fals. 11. Coler. p. 1. decis. 179. n. 4. Nach den gemeinen Käyser-Recht wird poena falsi den Umständen nach / auf die abhauung einer Hand Novell. 17. c. 8. in pr. Nov. 201. §. 2. Novell. 134. c. 13. ja wohl gar zuweilen ad extremum supplicium extendiret. L. 22. C. ad Leg. Coruel. de fals. L. 1. & 2. C. de falsa monet. daß man also wohl sagen möchte / es sey beyt zu Tage poena criminis falsi arbitraria, so / daß dieselbe bald härter / bald gelinder / juxta diversitatem casuum, zu erkennen und zu exe [878] quiren sey. Welches so wohl in den Käyserlichen / Ord. crim. Caroli V. art. 112. Ibi: Nachdem die Fälschung vie oder wenig / boßhafrig und schädlich geschicht / nach Rath der Verständigen / oder sonst gestrafft werden & art. 113. verb. der soll zu Peinlicher Straffe engenommen / ihme das Land verbothen / oder an seinem Leibe / als mit Ruthen ausgehauen / oder dergleichen / nach Gelegenheit und Gestalt der Uberfahrung / gestrafft werden. Item art. 115. in verb. Und darzu an den Pranger oder Hals-Eysen gestellet / mit Ruthen ausgehauen / des Landes verbothen / oder sonst nach Gelegenheit der Mißhandlung in ander Wege gestrafft werden. sc. als in den Sächß. Rechten enthalten ist. Land-Recht / lib. 2. art. 13. Ibi: dasselbe Gericht (scil. zu Haut und Haar) gehet auch über unrechte Maaß / über falsch Gewichte / und über falschen Speise-Kauf / ob man es überwunden wird. So gibt auch die Erfahrung daß in Sächsischen foro die Falsarii gemeiniglich verwiesen / oder auch wohl gar zur Staupe geschlagen werden. Coler. p. 1. Decis. 179. Wesenbec. in Parat. ff. ad Leg. Cornel. de fals. n. 12. v. hodie apud Saxon. Carpzov. p. 2. q. 93. n 21. 22. 23. & 24. XXXI. Es kan̅ aber ein Falsum auf vielerley Arth geschehen u. begangen werden / die alle anzuführen unmüglich / vid Biccium. in Aurcis, th 177. Doch kön̅en fast alle Casus in vier Classes ab: und eingetheilet werden / nemlich daß ein falsum committiret werde entweder erstlich in der Person / zum andern in Worten / Drittens in Schrifften / und Viertens in Mißbrauch / welches durch Exempel also erleutert wird. XXXII. IN PERSONA, wenn nemlich arglistiger und betrüglicher weise ein Mensch vor ein anders fälschlich ausgegeben wird / der es doch nicht ist / als wenn man fremde Kinder an stat der Rechten in eine Familie einschiebet / allermaßen bey unser Zeit ein solch Exempel an den vermeinten Printz Wallis in Engelland sich begeben. vid. L. 1. ff. de agnosc. liber L. 19. §. 1. ff. ad Leg. Corn. dc fals. Farinac. p. 6. op. crim. q. 150. n. 239. & seqq. Olim Eutropiam Syram, uxorem Maximiani Herculii Imperatoris, hoc quoque facisse historiarum produnt monumenta. Nam cum Mariti animu̅ sibi cuperet devinctum retinere, subjecisse sibi fertur Maxentium. Petr. Greg. Tholos. lib. 14. de Rep. welches Verbrechen / wie etliche wollen / capitaliter zubestraffen juxta L. 1. C ad Leg. Corn. de fals. Nic. Boer. Decis. 82. n. 8. infin. [879] so wohl an der vermeinten Mutter / als auch den Heb-Ammen / die einen dergleichen partum alienum brächte / daß er supponiret / und betrüglicher weise untergesteckt / und eingeschoben werden könte. citat. Petr. Gregor. Tholos. Syntagm. Juris, lib. 36. c. 3. n. 5. Lud. Peguer. Decis. Crim. 80. n. 8. Andere aber legen poenam capitalem aus vor die deportation, an deren Stelle / wie gedacht / heut zu Tage die fustigation verordnet ist. Farinac. d. q. 150. n. 242 Menoch. de A. I. Q. lib. 2. cas. 306. n. 3. maßen denn auch ex Instit. §. 2. de publ. Jud. bekant ist / daß per poenam Capitalem nicht allein die Todes-Straffe / sondern auch die interdictio aquae & ignis, und die Deportation zu verstehen sey. Welches auch Carpzov. pract. crim. p. 2. q. 93. n. 30. mit folgenden praejudicio Anno 1562. zu Leipzig gesprochen / bestärcket P. P. Hat sich eine Weibes-Person / genant Regina / einer andern Frauen der Alexia junges Kind zulegen lassen / als ob sie das gebohren / und hat des Kindes rechte Mutter / als für eine Amme / um Geld / das Kind zu stillen gebraucht / und dasselbe darum / daß sie von dem Mann zu Debeln / der sich mit ihr der entsatzten Jungferschaft halben zuvor hat vertragen müssen / mehr Geld schätzen möchte / wie sie denn denselben Ehemann gefänglich einziehen lassen / als ob er sie / die Reginen / geschwängert haben solte / sc. So möget ihr die beyden Weibes-Personen / solches betrüglichen Falsches halben / zur Staupe schlagen / und ewig verweisen lassen V. R. W. N. 31. erwehnet er noch eines Falls / da einer ein fremd Mädgen vor seine Tochter fälschlich ausgegeben / um eine reiche Erbschafft zuerlangen / dem Anno 1625 auch der Sta???pen - Schlag zuerkant worden. [Obiter hic nota, crimen suppositi partus & illius accusationem esse perpetuam, L. 19. ff. ad Leg. Corn. de fals. Gehe. Disp. in ang. defalsis. c. 4. th. 1.] Hieher gehöret auch die Arth des Falsches / wenn in Contracten und Testamenten / vor Gericht oder sonst eine Person vor die andere angegeben und benennet wird / immassen Clarus, lib. 5. Sentent. §. testamentum. q. 59. erzehlet / daß bey seiner Zeit sich zugetragen / daß ein listig Weib ihren Mann / nachdem er verschieden / geschwind aus den Bette gezogen / und beyseith gethan / und einen andern lebendigen mit verbundenen Kopf ins Bette geleget / auch die Thür und Fenster zumachen lassen / der sich stellen müssen / [880] als wenn er vor Schwachheit kaum reden könte / welcher ein Testament aufgerichtet / das Weib zum Erben eigesetzet / und unterschiedliche Legataverordnet. Fast einen der / gleichen Fall führet an Petr. Caball. Resolut crim. cas. 176. n. 12. von einem iegitimato, der nachdem der Vater gestorben / sich ins Bette geleget / Notarien und Zeugen hohlen lassen / und sich selber zum Erben eingesetzet. Ferner wird ein Falsum in der Person begangen / wenn einer seinen Nahmen dolosè und zum Betrug / oder auch dem Dritten zu Schaden endert L. 13. in pr. ff. ad Leg. Corn. de fals. L. 20. C. eod. tit. Welches aufzweyerley Arth und Weise geschiehet / Erstlich wenn sich einer wegen Gleichheit der Gestalt und Proportion des Leibes vor den andern fälschlich ausgibt / wie das Exempel Jacobs und Esaus / Gen. 25. & in D. quaeritur. §. 1. q. 2. & in C. ult. 22. q. 2. ausweiset / dergleichen mehr bey dem Valerio Maximo, lib. 9. c. 6. und Carpzov. p. 2. q. 93. n. 34. anzutreffen. Es ist Anno 1575. zu Franckfurth am Mann ein Buch gedruckt / dessen Titul heisset: Arrestum, sive Placitum Parlamenti Tholosani, continens Historiam in causa matrimoniali admodum memorabilem, cum annotatt. Corrasii &c. Darinn auch von einen solchen Betrüger gehandelt wird / der sich vor eines Weibes Mann / so in den Krieg gezogen / ausgegeben / auch weil er demselben fast in allen gleich / davor angenommen / ist des rechten Mannes Cammerad in Kriege gewesen / und hat alle Heimligkeit von ihn erforschet / 2. Kinder mit der Frauen gezeuget / und / wie der rechte Mann wieder nach Hauß kommen / ist er gehengt / und hernach verbrant worden. Welcher Casus auch in Joh. Paponis lib. 22. Collectionum Arrestorum zubefinden. Als der Römische Pro-Consul Sura die Insel Sicilien administrirte / ist allda ein Fischer angetroffen / der ihm an Statur, Gesichte / Gliedmassen und Gebärden ganz gleich gewesen / hat auch eben so eine stamlende Zunge gehabt / als Sura. Plinius, lib. 7. c. 24. allwo er mehr Exempel anführet. Zum Andern geschiehet ein falsum durch Enderung des Nahmens / wenn einer solches thut bey celebrirung eines Contracts, und sich also vor eine andere Person ausgibt. Gilhausen, in arb. jud. crim. c. 2. tit. 26. n. 33. Also auch / wenn sich jemand vor einen Gläubiger eines Falliten anmeldet / und es doch nicht ist. L. 15. C. ad Leg. Corn. de fals. Petr. Theodor, in Colleg???crim. Disp. 8. th. 2. lit. b. Deßgleichen wenn sich einer vor einen von Adel / Comitem Palatinum, oder Doctor fälschlich ausgibt / und die Wapen / Privilegia und Titel sich zueignet / L. 27. §. 3. ff. ad Leg. Corn. de fals. welches aber Carpzov, d. q. 93. n. 37. in so weit vor war hält / wenn ein solcher actum aliquem Docto [881] ri convenientem vorgenommen. Juxta Bartol. in L. 9. C. de SS. Eccles. Struv. Syntagm. jur. civ. exerc. 49. th. 72. Ausser dem aber / wenn er sich nur bloß einen Doctor, oder Hoff-Pfaltz-Graffen hiesse / non subsecuto aliquo effectu, beginge derselbe nur eine Lügen / aber kein falsum, welches er auch von dem asserirt / der sich nur bloß mit Worten vor einen Graffen oder Edelmann von vornehmen alten Geschlechte ausgibt / niemanden aber dadurch Schaden oder Nachtheil zufüget. L. quid si falsum 23. ubi Bartol. ff ad saepè dict. Leg Cornel. de falsis. Denn wenn sie dieses Letztere thun / etwan in eine vornehme Familie sich einzudringen / oder Geld dadurch zuerbetteln / oder sich sonst einen Nutzen damit zu schaffen / und die Leuthe zu betrügen / begehen sie freylich ein Falsum, und werden / denen darbey vorfallenden Umständen nach / entweder fustigiret / oder relegiret. Juxta art. 112. & 113. Ordin. crim. Caroli V. Carpzov. d. q. 93. & seqq. us??? 42. & ibi praejudicia. Ausser solchen Betrug aber ist zugelassen / daß einer seinen Nahmen ändern mag L. un. C. de mut. nom. zumahl wenn man dadurch Leib und Lebens-Gefahr entgehen kan. Zasius, ad tit. ff. de falsis n. 9. Unter diese Classe gehören auch die losen betrüglichen Eltern / welche ihre Kinder etlichemahl an unterschiedlichen Orthen tauffen lassen / nur daß sie viel Pathengeld bekommen / welches bey den Zigeunern gar gemein ist. Denen gleichfals der Staupen-Schlag mit der ewigen Landes-Verweisung zuerkant wird. teste Carpzov. saepè citat. q. 93. n. 42. & 44. XXXIII. Die andere Arth des Falsches geschiehet IN VERBIS, mit unwahren Worten / und betrüglichen Bericht / als wenn Zeugen vor Gericht falsch Zeugnis geben / oder / auf Befragen / wissentlich die Warheit verschweigen L. 1. L. 10. ff. ad Leg. Cornel. de fals. welche / nach der Sachen Umständen und Beschaffenheit / entweder Bürgerlich oder Peinlich bestrafft werden können. Damhoud. pract. crim. 121. n. 4. Da aber durch ihr falsches Zeugnis jemand zum Tode wäre verdammet und hingerichtet / werden sie als Todschläger auch am Leben gestrafft. Idem Carpzov. ibid n. 46. & 47. Corp. Jur. milit. cum not. Petr. Pappi, pag. 424. Die Römer pflegten dei Soldaten / welche falsch Zeugnis gaben / zu straffen poena [Greek words], oder mit der Prügelung. Polyb. l. 6. Sect. 13. Ferner die gewissenlose Advocaten Procuratores und Praevaricatores, welches beyden Partheyen zugleich ums Geld dienen / ihrer Clienten Heimligkeiten dem Gegentheil offenbahren / auch wissentlich und arglistiger Welse ihre. Sachen verseumen und versehen / sich be [882] stechen lassen / und dem Contra-Part den Gewinn der Sache zuspiehlen. L 1. §. 1. & §. praevaricat. ff. ad SCtum Turpil. L. 1. ff. de praevaricat. Deren Straffe ist / daß sie ihren Clienten allen Schaden ersetzen müssen / und werden darzu / als die falschen Zeugen / so sich mit Geld corrumpiren lassen / und also deren Zeugnis nichts gilt / Adam Conrad. Gehe- disp. inaug. de Falsis Erfurt 1684. habita c. 1. th. 24. arbitrariè mit der Fustigation, Pranger / Gefängnis / oder Landes-Verweisung abgestrafft. P. H. O. art. 115. ubi Matth. Steph. & Georg. Rem. Petr. Pap. d. loc. p. 424. Desgleichen begehen ein Falsum die Advocati und Procuratores, welche dolosè Constitutiones, Leges, Jura und Authores allegiren / darinnen nichts enthalten / was zu ihren vermeinten Zweck dienet / oder wohl gar nicht in offenen Druck haussen sind. Colleg. Colon. ad ff. de An. 1593. ad tit. de Falsis. th. 19. Gehe, à. c. 1. th. 23. Item der Judex, wenn er aus Boßheit / arglistiger und vorsetzlicher Weise ein unrecht Urthel spricht: oder dem einen Part was zu Liebe / wegen empfangener Geschencke / hingegen dem andern was zu Gefährde thut / qui dicitur Judex Barrattarius. Item wenn er / oder der Actuarius die Acta, Protocolla und Zeugniße verfälschte / oder änderte / Gebe, de Falsis c. 1. th. 21. welche / nachdem die Umstände sich darbey befinden / nebst Ersetzung des Schadens / so sie dem beleidigten Part dadurch zugefüget / vom Dienst removiret / und noch darzu entweder mit Staupen-Schlägen / oder auch wohl nur allein mit ewiger Landes-Verweisung bestrafft werden. Vide Praejudicia apud Carpzov. q. 93. n. 52. 53. & 54. Dambonder. in Prax. rer. crim. c. 123. n. 8. Corp. Jur. milit. cum nott. Petr. Pappi, pag. 585. Und dieses ist nicht allein von den Richtern in Aembtern und Städten / sondern auch von denen Schöppen-Stühlen und andern JCtis zuverstehen / wenn dieselbe ex malitia, odio, aut amore pecuniae scienter & dolosè ungerechte Urthel sprechen. Idem Carpzov. n. 56. 57. & 58. XXXIV. Die dritte Species Falsi wird begangen in SCRIPTIS publicis & privatis, als wenn einer salsche Instrumenta / Testamenta / Renth-Zins-Fluhr- und andere dergleichen Bücher / item Register / Rechnungen / Acta, Protocolla Libelle, Zeugen-Verhöre / Cautiones, Handschrifften / und andere Handlungen / oder auch Privat-Schreiben / in eines andern [883] Nahmen / fälschlich machet und verfertiget / oder auch richtige Uhrkunden / Brieffschafften und Rechnungen boßhafftiger weise / dem dritten zu Schaden und Nachtheil / über die Seite bringet / oder verfälschet / ändert zerreisset / verbrennet / oder ein und das andere darinnen radiret / auslöschet / oder eines andern Hand bey der Unterschrifft nachmahlet / falsche Siegel drunter drücket / oder dran henget / oder auch seine Hand und Siegel leugnet / und dergleichen böse Dinge mehr practiciret / und verübet / welche Verbrechen alle / Inhalts des Cornelischen Gesetzes de Falsis, gestrafft werden / L. 1. l. 16. l. 23 l. 27. & 28. ff. ad h leg. Novell 73. in pr. Harpreeht, in §. item Lex Cornelia de fals. §. 7. n. 26. Althus. lib. 1. Jurispr. Rom c. 65. v. scriptura. Corp. Jur. milit. cum not. Pappi pag 586. Und zwar / denen Umständen nach / entweder mit Gefängnis / Landes-Verweisung oder Staupen-Schlägen / P. H. O. art. 112. Damhoud. in Prax. rer. crim. c. 122 Wesenbec. in Paratit. n. 8. ff. ad Leg. Cornel. de fals Adde praejudicia apud Carpzov. q 93. n. 64. & seqq. us??? 69. Rasura chartae, quamvis sit subtiliter rasa, si aliter discerni non possit, ad solem elevari debet charta, & inter solem & oculos poni, sic statim apparebit rasura, quam subtilem investigationem esse putat Muscat. de cognit. seu prob. delict. de falsis n. 9. sed vulgaris est, & simplicioribus nota. Hieher gehören auch die / so falshe Siegel stechen oder schneiden / L. 30 ff. ad saepè d. L. Cornel. de fals. P. H. O. art. 112. Carpzov d. q. 93. n. 70. welchen man vor Alters die falschen Siegel vor den Kopf gebrant. Coler, p. 1. Decis. 179. n. 5. Thöming. decis. 7. n. 20. Desgleichen / welche ander Leuthe Brieffe dolosè aufbrechen / lesen / den Inhalt derselben andern offenbahren oder zeigen / und hernach dieselbe wieder zumachen / oder wohl gar unterschlagen / L. 1. §. 4, l. 16. ff. ad Leg. Corn. de fals. Coler. d. decis. n. 14. Damhoud. c. 124. n. 19. Vivius, lib. 1. decis. 62. n. 1. maßen denn Carpzov. d. q. 93. n. 71. einige Urthel anführet / daß theils / die Churst. Sächß. Befehle geöfnet / gelesen / und wieder zugedrückt / mit einer hohen Geld-Busse / Gefängnis / oder auch wohl gar mit den Staupen-Schlag beleget worden. Aperiens alterius literas fidem publicam violat, & contra jus Gentium peccat, quo hoc inductum est, ut quod quis alteri in privato negotio secretè communicare vult, clausis literis faciat, ut illae ab alio citra crimen falsi aperiri nequeant Dan. Clasen, ad art. 112. Constit. crim §. 7. pag. 447. Wenn aber derselbe nur die Brieffe aufgebrochen und gelesen / aber doch den Inhalt niemandten eröffnet / tenetur crimine Stellionatus, è quo si quis damnatur, infamiam contrahit. Froher, de infam. lib. 3. c. 10. n. 5. & 6. Theod Höpping. de jure Sigill. c. 14. n. 40. & [884] seqq. Stellionatus definitur, quod sit omnis dolus & impostura proprio nomine carens. Plenius ita, quod sit crimen extraordinarium, generale, & in subsidium, quoties speciale delicti nomen deficit, appellatum quo quis subdolè & malitiosè aliquid in alterius fraudem & imposturam machinatur. Nomne descendit à Stellione, seu lacerta stellata, quae in cute habet maculas distinctas, veluti stellulas quasdam. Hic angvis cutem, quam exuit, confestim devorat, ne prodesse illa videatur homini. Inde dicitur versatissimum lacertae genus, quo nullum animal fraudulentius homini invidet. Plinius, lib. 30. c. 10. Alciat. lib. 2. parerg. c. 46. Menoch. de A. J. Q. lib. 2. cas. 381. n. 1. 2. & 3. Ab hoc animali nomen Stellionatus est, in vafrum maledicum & decipiendi valdè peritum. Uno verbo, qui sunt varii oris & animi, quique imposturis & subdolis artibus insidiantur aliis, Stelliones dici solent. Inde qui fraudis improbioris arguitur, si non sit aliud crimen, quod objicitur, is accusatur Stellionatus. Dan. Clasen, in comment. ad. Const. crim. Caroli V. art. 3. pag. 12. & 13. Es wird aber solch Crimen begangen [1] Wenn einer ein Guth / Acker / Wiesen und dergleichen / so dem andern zum Unterpfand eingesetzet / und verschrieben ist / dem Dritten / als frey und unverpfändet verkauft / vertauscht- oder Schulden halber abtritt und hingiebt. L 3. §. 1. ff. de Stellion. l. ult. C. eod. l. 16. §. 1. & l. 36. §. 1. ff. de pignor. act. Harprecht / in §. 7. Instit. de publ. jud. n. 2. Oder wenn er solches zweyen verkaufft / oder verpfändet / daß der Letzere hinter das Licht geführet und betrogen wird: Denn sonst kan ein Guth / Acker / Land und Wiesen zweyen unterschiedlichen Personen wohl / und ohne Straffe verpfändet werden / wenn es kostbahr und mehr werth ist / als die Schuld austräget / daß die Gläubiger sicher und ungefährdet sind. L. 15. §. 2. ff. de pignorib. l. 36. §. 1. ff. de pign. act. Emundus Merillus. lib. 2. obs. c. 28. pag 115. Drum auch in den Obligationibus die Clausul, so viel hiezu vonnöthen / pfleget mit eingerücket zu werden. Zweyen aber kan man es absque Crimine falsi zugleich nicht berkauffen. Dan. Clasen, d. art 3. pag. 15. [II] Halten einige davor / daß wenn iemand von den andern Geld borgete / und in der Obligation setzte / daß er dargegen Gold / oder eine güldene Kette [885] zum Unterpfand eingesetzet und versiegelt überreichet habe / an statt einer güldenen aber eine Kupfferne vergüldet einschöbe / derselbe auch als ein Stellio angeklaget werden könte. L. 36. pr. ff. de pign. act. Paulus JCtus lib. 4. tit. 25. sentent. aber saget / daß derselbe ein Falsum, ja gar ein Furtum begienge / in L. 20. ff. de furt. [III] Wenn ein Debitor ein Ding / so einen andern zustehet / und ihm aufzuheben gegeben / oder sonst anvertrauet wäre / ohne dessen Wissen und Willen / seinen Gläubiger zur Bezahlung hingiebet / und also veräussert. L. 16. §. 1. & l. 36. §. 1. ff. de pignor, act. l. 2. & l. ult. C. de crim. Stellion. [IV.] Wenn ein Wein-Händler oder Gespan dem Käuffer einen guten Kosttrunck oder Probe giebt / hernach aber / wenn drauf gehandelt / und der Kauff geschlossen worden / einen sauren und schlimmen dargegen einschiebet / und den Käuffer also betrieget. L. 3. §. 1. vers. ubicun???. & vers. sed et si quis ff. de crim Stellion. Henr. Zoes. comm. ff. h. t. n. 1. D. Stryhe, de jur. sens. diss. 6. c. 4. n. 10. Tabor. in Racem. extraord. n. 8. p. 5. Oder wenn derselbe gekostet und gehandelt / er hernach solchen versälschet / u. Wasser drunter füllet. Und obwohl Jo. Marquard, de jure mercat. l. 4. c. 5. n. 9. & 10. solche Verbrecher unter die Falsarios rechnet / gehören sie doch viel eher unter die Stelliones, propter clarissima verba in d. L. 3. §. 1. vid. Anton. Matthaei, de criminib. lib. 48. ff. tit. 7. c. 1. n. 15. D??? Stryke, d. diss 6-c-4. n. 11. & 12. add. Crus. de indie. de lict. p. 3. c. 26. u 89 Bossius, in crim. tit. de crim. Stellion at. p. 409. Ferner begehen ein Falsum die Brand-Bettler / so auf falsche Brieffe das Allmosen sammlen / die ebenmäßig mit den Staupenschlag / und der ewigen Landes-Verweisung abgestrafft werden. Heigius, p. 2. q. 27. n. 21. Coler, p. 1. decis. 179. n. 3. Carpzov. d. q. 93. n. 73. & 74. ibi??? varia praejudicia. Wiewohl die Straffe zuweilen / wenn andere Umstände darzu kommen / mirigirel wird. Eben den Lohn haben auch diejenige Bettler zugewarten / welche sich kranck / taub / stum / lahm: Item als wenn sie die schwere Noth hätten / oder sonst gebrechlich wären / stellen / da ihnen doch nichts mangelt. Damhoud. c. 110. n. 55. & 56. Heigius, d. q. 27. n. 25. Carpzov. cit. q. [886] 93. n. 76. 75 & 77. Ein Notarius, welcher verbothene Contractus [e. g. pactiones monopolarum, Mercatorum, opificumque illicitas] machet / schreibet und verfertiget / wird dadurch infam und ehrloß / verliehret auch sein Notariat. D. Sode, disp. de Monopol. Jenae, Anno 656. habita th. 73. Gehe, de falsis. cap. 3. th. 9. XXXV. Viertens / wird auch ein falsum begangen ARBUSU REI, oder in Mißbrauch der Sachen / als wenn man mit Wissen und Willen sich für Gericht behilfft mit falschen Zeugnissen / Instrumenten, Briefen und Siegeln. L. majorem 4. L qui fals. 8. C. ad Leg. Corn. de fals. Paulus lib. 5. Sentent. tit. 25. §. 9. & ibi Cujac. P. H. O. art. 113. Damhoud. prax. rer crim. c. 125. Item wann man boßhafftiger und gefährlicher Weise salfche Maß / Gewicht und Ellen hat / machet / und sich derselben gebrauchet / welches auch im Gesetze Gottes verbothen ist. Deuteron. 25. v. 13. & seq. Proverb. c. 11. v. 1. & c. 20. v 10. & 23. Und gehören unter solche Zunfft die Ehr- und Pflichtvergessene Diener oder diebe / so mit der Frucht zuthun haben / wenn sie mit einen grossen Scheffel die Pacht - Zinß - und vorwergs - Früchte einnehmen / mit einen kleinern aber ausgeben / oder bey dem Aufheben der ausgedroschenen Früchte auf den Tennen / oder Lieferung derselben auf den Böden / bey den Einheben u. Abstreichen viel auf den Scheffel stehen lassen / oder falscher Streich Höltzer / die in der Mitten ausgeschnitten sind / gebrauchen / oder wenn die Bauren die Zins-Früchte. liefern / und aus den Säcken ins Maaß schütten / um dasselbe herum gehen / und trippeln daß / die Früchte sich setzen / und zusammen fallen / so vor diesen mit zweyfacher Ersetzung des Schadens / auch Abschickung ins Elend bestraffet worden / juxta L. pen. §. si venditor ff. ad Leg. Corn. de fals. L. annonam §. fin. ff. de Extraord. erim. L. damus C. de falsis. XXXVI. Heut zu Tage ist fast in gantz Teutschland / und insonderheit in den Sächsischen solcher falsariorum Bestraffung willkührlich / pro modo ac ratione delicti & damni per id dati, als Gefängnis / Landes - Verweisung / Staupen-Schlag. P. H. O. art. 113. lib. 2. Land-R. art. 13. Carpzov. q. 93. n. 80. 81. & 82. allwo dieser ???. 84. & 35. zwey Urthel anführet / daß einem Müller / der einer falschen Mühl-Metzen sich gebraucht / die ewige Landes-Verweisung / und einem Raths - Herrn / welcher einen falschen [891] Scheffel gemacht / 100. Thal. Straffe zuerkant / und noch darzu aus dem Rath gestossen worden. XXXVII. Unter solche Zahl gehören auch die Korn-Juden / welche die Früchte / als Weitzen / Korn / Gersten / Hafer / Erbsen / Rübe-Saamen und dergleichen herunter schlagen / daß sie solche wohlfeil einkauffen / hernach überteuer wieder loß werden können / oder die alles vorweg kauffen / daß andere arme Bürger und Tagelöhner nichts kriegen können. Diese wurden bey den Römern Dardanarii genennet / entweder von einen grossen und beschrienen Zauberer Dardano, welcher die Früchte auf den Felde durch Hagel wetter oder Ungeziefer verdarb / daß sie theuer werden musten / Plin. lib. 30. c. 1. Euseb. lib. 2. praepar Evangel. Dan. Clasen, ad art. 113. const. crim. pag. 450. oder / wie andere wollen / von den Dardanis, incolis Maesiae. L. 4. C. de Metallar. oder von einen verlogenen u. betrügerischen Volck / eben des Nahmens in Phrygia, welche anderen Leuthen die Früchte guten Theils vom Felde weg in ihre Scheuren / oder auf ihre Böden zaubern und bannen konten: Ja wenn sie iemandten Frucht verkaufften und zumaßen / dieselbe durch Hülffe des Teuffels meistentheils wiederholeten. Bisciol. horar, subcis. tom. 2. lib. 4. c. 16. Meminit etiam illorum Ulpian. in L. 6. ff. de extraord. crim. & Paulus in L. 57. ff. de poenis. Turneb. lib. 9. Advers. c. 17. Hering, de molend. in mantissa 3. n. 41. & seqq. Ferner die viele Staub oder Dreßpen unter die Früchte lassen / und dieselbe nicht rein fegen / bey den Verkauf die Leute damit zubetriegen. Item die Bauren / welche die Früchte vorher netzen / wenn sie solche zu Marckt bringen / oder ihren Zins-Herren liefern wollen. XXXVIII. Dergleichen Poën haben zugewarten die Materialisten / Kramer und Höcken / welche Specereyen / Gewürtze oder andere Kaufmanschafft fälschen / und die vor gerecht gebraucht ausgeben / qui [ut loquitur Jacob. de Bellovisu, pract. crim. c. 8. n. 6. pag. m. 66.] in mercatura addunt aliquid inutile, ut calcem in vino, pulverem vel arenam in blado, & gomam, seu aliquid tale in cera, & camanrates species tenendo in loco humido, gingiberem, piperem, crocum &c. L. lege Cornel. in pr. ff. de extraord. crim. Drum auch Carpzov. d. q. 93. n. 8. ein Urthel setzet / daß einem Kramer / der Sandel unter Safran / item / unter zwey biß drithalbe Thaler Ingber vor einen Groschen alt gebackene geriebene Semmel / u. unter 2. Thl. Pfeffer vor 3. Pfennige [paris] genommen u. vermenget / und solch Gewürtze in [892] Städten und Dörffern hin und wieder vor tüchtig verkaufft / die Landes-Verweisung auf 2 Jahr lang zuerkant worden. XXXIX. Hieher werden auch gezogen die Tuch- und Zeugmacher / weiche denen Tuchen und Zeugen nicht die rechte Länge und Breite geben / oder untüchtig machen / corrosivische materi zu den Farben nehmen / oder auch ohne vorher gehende Schaue und Erlegung des Siegel-Gelts / gar falsche Siegel an die Tuche und Zeuge hengen. Damhoud. pract. rer. crim. c. 132. n. 14. Vide praejudicia ap. Carpzov. d. loc. n. 90. & 91. XL. Item Wein- und Bier-Schencken / so geringen unter den guten Wein / oder Wasser drunter mischen / quod SPURCARE VINUM dicitur. Vid. Paul. in L. 1. ff. de Extraord. crim. Henning Göden, Cons. 7. n. 9. Stephan. Forcatul. in Pen. Jur. civ. c. 9. Hi Legis Aquiliae coercitioni subjacent. Stryke, de Jur. Sens. dis. 6. c. 4. n. 12. & 13. oder den Wein mit Kalck / Schwefel / Syrup und andern schädlichen Dingen schmieren. Item wenn sie Kofent oder Wasser unter das Bier füllen / secundum illud: Biercken wilt du schwiegen / Water sal to dick hennin stiegen. oder die Hartz und Kraut / Post genant / hinein hengen / daß die Leute bald truncken machet / aber die Köpffe sehr zerreisset. Dan. Clasen. ad Constit. crim. Caroli V. art 113. pag. 450. XLI. Wie auch die Becker / welche zuviele Kleien unter das Mehl lassen / schwartz Brod und talckichte Semmeln backen / die Bürger und Bauren damit betrügen / und den Backwerg nicht daß rechte Gewicht geben / wie es von der Obrigkeit verordnet ist. Ja auch die Fleischer und Metzger / welche alle alte Kühe im Lande wohlfeil aufkauffen / an stat der Ochsen und Rinder schlachten / das Küh-Fleisch vor Ochsen-Fleisch teuer verkauffeu / die Käuffer damit aufsetzen / oder auch mit ihren garstigen und stinckenden Odem das Fleisch aufblasen / daß es gekocht wird / nur lauter Haut / Lappen / Knochen und Katzenfleisch ist. Welche alle obgesetzter maßen / als falsarii exemplarisch abzustraffen. idem Clasen, d. loc. p. 450. XLII. Ferner die falsche Spieler auf den Jahrmärckten / oder sonst in Häu [893] sern / so den Leuthen das Geld mit falscher Karte / Würffeln / Trichter / Buch oder sonst betrüglichen Spiehl abgewinnen. idem Carpzov. n. 92. & 39. Gehe, de falsis c. 1. th. 34. Weil ohnee dem das Karten / Würffel- und Bretspielen bey Geld- oder Gefängnis-Straffe verbothen ist. Ordin. provinc, Saxon. de Anno 1555. tit. Topler und Spieler / & Ord, polit. de Anno 1612. tit. von Spieh!. Carpzov. p. 3. q. 134. n. 18. & seqq. Add. Frid. Ernst Lehmann, tr. von Spiel-Recht / per tot. Luft / in Repert. Sax. p. 907. & seqq. Denn die Karten und Würffel sind gleich den Pillen / mit welchen / auch nur in kleiner dosi eingenommen / man vielen und grossen Wust aus dem Leibe treiben kan; Eben also wird manchen Spieler / der nicht nachlassen will / mit wenig Karten Blättern / 2 oder 3 Würffeln ein grosser voller Beutle mit Geld fein sauber ausgeleeret / und noch drüber groß Unheil gestifftet. Gerlach. cent. 1. apothegm. 76. Welches auch Johannem Covarium, dem der König Casimirus in Pohlen im Würffel-Spiehl eine grosse Summa Geldes abgewonnen / zu solchen Unsinn gebracht / daß er den König / ungeachtet er sein Minister, drüber eine Ohrfeige gab / und die Flucht ergriffe / aber erhaschet / und als einer / der ein Crimen laesae Majestatis begangen / dargestellet wurde; allein der König perdonirte ihn / sagende: Ego magis reus sum, qui status mei oblitus fui; desistere debuissem ab ejusmodi ludo illicito; accepta haec injuria mihi sit imposterum admonitio, ut abstineam ab ejusmodi indecentibus rebus. Zinkgref, apopht. p. 380. Erasmus Francisci, in seinem Neu-polirten Geschicht-Kunst- und Sitten-Spiegel lib. 2. disc. 24. p. 623. setzet ein gut Recept, wie die Weiber ihren verthulichen Männern das Karten-Spiehl abgewehnen sollen / nemlich ein Weib solte ihren Man̅ / indem er in der Karten spiehlete / mit einer Ruthen / womit eine Hure ausgestäupet worden / heimlich anrühren / alsdenn würde er sein Lebelang einen Abscheu vor den Karten-Spiel haben / welches wen̅ es probat wäre / die Scharffrichter ein gut Accidens von solchen Ruthen machen könten. XLIII. Item die falsche Müntzmacher / Kipper / Wipper / Granalirer und Müntz-Beschneider / l. 1. 2. 3. C. de fals. mon. l. 8. & 9. ff. ad Leg. [894] Cornel. de fals. Clar. lib. 5. sent. § fals. n. 37. Jacob. de Bellovis. d. lib. 1. c. 8. n. 13. 14. & 15. von welchen im Capitel / von Hinrichtung mit dem Schwerd / weitläufftiger gehandelt wird. XLIV. Ferner diejenige / so Diebe und andere schädliche Delinquenten aufnehmen / verbergen / hausen und hegen / wenn sie von ihren Unthaten Wissenschafft haben / denen nach Ergebung der Umstände gleichfals Geld / Gefängnis / zeitliche oder auch wohl ewige Landes - Verweisung zuerkant wird. Vid. Carpzov. q. 134. n. 46. 47. 62. 64 67. & seq. us??? 70. XLV. Desgleichen die Pasquillanten, Famos - und Schand - Schrifftmacher / Schreiber / Drücker und Anschlager / wenn es auch gleich wahr wäre / was in solcher Lästerschrifft gesetzet / deren Straffe sich biß auf den Staupenschlag / und die ewige Landes - Verweisung erstrecket. Constit. Elect. Sax. 44. § fin. part 4 ibi??? Dan. Moller, n. 5. Und verjähret sich die cognitio famosi libelli, Inhalt der Sächs. Rechte / erst nach Verfliessung dreyßig Jahr / Jahr und Tag. Const. Elect. 46. p. 4. Heigius, p. 2. quaest. 3. n. 10. XLVI. Weiter diejenige / welche bößlicher und gefährlicher weise die Untermarckungen / Reynung / Grentzbäume / Mahl - oder Marck - Steine ausheben / verrücken / abhauen / abthun oder verändern. P. H. O. art. 144. ibi??? Dan. Clasen, p. 453. Zumahlen wenn es an der Land - Gräntze geschicht / oder das Verbrechen gar groß ist / da der Staupenschlag und ewige Landes - Verweisung / Lud. Fachs, differ. 65. in andern geringern aber / Geld- oder Gefängnis - Straffe pfleget erkant zu werden. Carpzov. p. 2. q. 83. n. 67. 69. 71. 72. 73. & 74. Vor Alters bey den Römern muste / secundum tenorem Legis Agrariae, der jenige / so die Grentz - oder Marck - Steine dolo malo verrückt / vor iedweden 50. Gülden zur Straffe erlegen / L. 3. in fin. ff. de term. moto. Wenn er es aber gethan hätte / des andern Acker / und dessen Gerechtigkeit dadurch an sich zubringen / ward er mit der Relegation oder Fustigation beleget / L. 2. ff. de term. mot. ibi??? Brunnemann, Clarus lib. 5 sent. §. ult. q. 83. n. 10. Derienige / welcher die Grentz - Steine oder andere Uhrkunden aushebet / und wegschaffet / begehet zweyerley Diebstahl / wird aber doch nicht als ein [895] Dieb / sondern extraordinariè bestrafft / quicquid in contrarium dicat Hier. de monte de fin. regund. c. 34. n. 7. sondern nach Inhalt des 114. Art. der P. H. O. ist zu consideriren (1) die Beschaffenheit und Grösse des Verbrechens / (2) die That selber / daß er die Steine nur deshalber ausgehoben / andere nicht dadurch in Schaden zu bringen / sondern nur daheime zum Mauren / oder sonst zugebrauchen / oder aber / seine Aecker / Wiesen / Gärten / und andere Feld - Güter dadurch zuerweitern / sc. (3) ist auch auf die Intention zu reflectiren / ob es aus Irthum / oder Unwissenheit / daß es Marck - und Feld - Steine / oder ob es studiò mit Fleiß / Vorsatz und aus Argelist / dem andern zu Schaden geschehen / (4) muß auch die Person betrachtet werden / die deshalber angeklaget wird / ob man sich zu derselben eines solchen / daß es vorsetzlich / oder aus Irthum und Unwissenheit geschehen / zuversehen. Denn wenn solches ein Beambter oder ein Rathsherr dolosè thäte / der andere drum straffen solte / würde derselbe / nebst Verliehrung seines Ehrenstandes / billig tapffer zu bestraffen seyn / nach Erkäntnis der Rechts - Berständigen / nachdem das Delictum groß / und die Umstände darbey sich ergeben / entweder mit Staupenschlägen / Landes - Verweisung / Gefängnis / oder einer Geldbusse / seinen Vermögen nach. Ottinger, de Jure limitum lib. 2. c. 9. Vivius, lib. 3. opin. 870. per tot. Coler, p. 1. decis. 145. Clasen, cit. loc. p. 254. XLVII. Wenn ein lediger Kerl ein Wahnwitziges / lediges Weibesbild beschläfft / muß er dem Kinde die Alimentation schaffen / und er bekömt den Staupbesen / nebst ewiger Landes - Verweisung. Author. Consult. Sax. tom. 2. p. 4. q. 18. Constit. Augusti, Elect. Sax. p. 4. const. 26. ubi in comm. Dan. Moller. n. 1. & 2. nec non Ordin. Matrimon. Joh. Georg. I. Ducis & Elect. Sax. punct. 4. col. 4. vers. also auch / da eine ledige Manns - Person. Berlich / p. 4. Concl. 37. n. 2. & 3. Carpzov. J. P. F. p. 4. const. 26 def. 1. & 2. Dem Weibesbild aber wiederfähret nichts. Idem Carpzov. def. 3. Eben also wird dem gelohnet / welcher ein schlaffendes / oder ein zu solchem Ende von ihm truncken - gemachtes Weibes - Bild violiret. Clar. lib. 5. sent. & ult. q. 60. n. 13. vers. quaero etiam. Ebrius enim furioso & mente capto aequiparatur. Tuschus, tom. 2. pract concl. lit. E. concl. 1. n. 1.
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Da aber der Thäter ein Ehemann / oder das wahnwitzige Weibesbild eine Ehe - Frau wäre / wird er mit dem Schwerdt gerichtet / und hat in diesem Fall intercessio conjugis nicht statt. Berlich d. concl. 37. n. 7. 8. & 9. ibi???. alleg. DD. Wenn ein wan witziger Kerl in dem Furore ein Weibesbild comprimiret / und fleischlich erkennet / wird er nicht gestrafft. Farinac. in Pr. crim. part. 3. tit. de poen. temp. q. 94. n. 1. & seqq. Tusch. tom. 4. lit. E. concl 548. n. 1. XLVIII. Wer an seiner vorgesetzten Obrigkeit sich vergreifft / Hand an dieselbe leget / und sie schläget / oder verwundet / wird aus Richterlichen Ambt willkührlich mit Verweisung / Abhauung der Hand / Staupen - Schlägen sc. beleget / Const. Elect. Sax. const. 43. p. 4. und attestiret Carpzov p. 2. q. 100. n. 11. in fin. daß / so viel er sich erinnern könte / einem solchen frevelhafften Thäter niemahls die Straffe gelinder / als die Landes - Verweisung zuerkant worden. Und ob wohl sonst der verwundeten Person Abtrag / Artztlohn / Zehrung / Unkosten und Verseumnis von dem Thäter geschehen muß; So ist doch in Sachsen solches nur biß auf die Landes - Verweisung inclusivè hergebracht. Wenn aber der Delinquent den Staupen - Schlag bekömmt / oder die Hand ihm abgehauen / und also am Leibe gestrafft wird / ist er von obigen befreiet. Carpzov. q. 100. n 16. 17. & 18. Da aber die Verwundung gar grausam und sast tödlich / ungeachtet der verwundete endlich noch mit dem Leben davon kömmt / wird der Thäter mit den Schwerd gerichtet. Idem Carpz. d. loc. n. 19. 20. & 21. allwo er auch n. 24. ein praejudicium anführet / daß einem / welcher dem Pfarrer eine Ohrfeige gegeher / zeitliche Verweisung zuerkant worden. XLIX. Wenn Kinder ihre Eltern schlagen / auch hart und fast tödlich verwunden / doch daß sie beym Leben bleiben / werden sie auch mit Staupen-Schlägen / oder Abhauung einer Hand des Landes ewig verwiesen. Intercedirten aber die Eltern vor ein solch ungerathen Kind / und verziehen ihm solche Verbrechung / cessiret zwar die Leibes - Straffe / die ewige Landes - Verweisung aber bleibet doch / und wird vpllstrecket. Da aber keine Verwundung darbey vorgangen / sondern die Kinder nur die Eltern gescholten / und geschlagen / werden die Thäter / pro ratione circumstantiarum, mit Gefängnis gestrafft / und ihnen nichts / als Wasser und Brot ge [897] reichet / oder werden des Landes zeitlich verwiesen. Idem Carpzov. q. 100. n. 35. 36. & seqq. us??? 46. L. Wenn aber das Falsum gar zu enorm, groß und schädlich ist / wird der Falsarius am Leben gestrafft / ob verba manifesta art. 113. const. Crim. Garoli V. ibi: "die sollen am Leib und Leben peinlich gestrafft werden sc. & art. 113." in fin. Und es möchte solcher Falsch also oft / gröblich und boßhaft geschehen / daß der Thäter zum Tode gestrafft werden soll sc. Carpzov. q. 93. n. 95. 97. & 98. LI. Die Fuhrleute und Schiffer / so Wein zu Land oder Wasser führen / wenn sie / ohne Wissen des Herrn / von den Wein dieblich etwas heraus lassen / und mit Wasser wieder zufüllen / werden Ehrloß / item mit Confiscation des Ihrigen / ja auch wohl am Leibe gestrafft. R. A. de Anno 1497 §. 3. Ord. Polit. Caroli V. de An 1548. tit. von Schif - und Fuhr euten. Herm. Stamm. de servit. personal c. 5. n 3. add. Policey - Ordn. zu Franckfurth Anno 1577. gebessert. tit. 16. Naurath in hypotyp. jur. subdit. tr. de Rationar. annex. p. 598. D. Stryke, de jur. sens. diss. 6. c. 4. n. 14. Worbey zu erinnern / daß keinen zugelassen / die Weine zu Schwefeln / ausgenommen in den Fall / wenn derselbe weit verführet werden soll / da so ferne zugelassen / daß man ihn ein wenig Einschlag gebe damit er den Geschmack nicht verliere: Doch wird solchen Weinhändlern und Fuhrleuten in obgedachten Reichs - Abscheid zugleich ernstlich eingebunden / daß / wenn sie solchen Wein verkauffen wollen / sie es anzeigen sollen / daß sie ihm Einschlag gegeben / oder geschwäfelt haben / denn in widrigen / wird entweder der Wein confisciret / oder den Fassen die Boden eingeschlagen / und der Wein verschüttet / auch muß der Delinquent iedesmahl an Poen hundert Gülden Reinisch erlegen. Confer. Joh. Marquard. de Jur. Mercatur. lib. 4. c. 5. n. 14. LII. Wenn Fuhrleute von denen ihnen auf die Fracht verdingeten Güthern und Waaren was entwenden / werden sie nicht / als andere Diebe / gehengt / wenn auch schon die Summa sich über fünf Soliden erstreckte / sondern ihnen nur der Staupen - Schlag / nebst der ewigen Landes - Verweisung / zuerkant. vid. Carpzov. pract. crim. p. 2. q. 58. n. 96. Joach. Bürger. cent. 3. fing. observat. jurid. Polit. militar. obs. 51 p. 88.
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LIII. Injurien, wenn dieselbe atrocissimae sind / und wider grosse Herren und Potentaten ausgestossen worden / pflegen mit den Slaupen-Schlag und der ewigen Landes - Verweisung; Wider dero Cantzlar / vornehme Minister und Räthe / nebst der Recantation, und Schlagung des Mauls / mit der Relegatione perpetua; Wider geringere Bediente / als Ambtleuthe / Schösser / Bürgemeister und Stadt - Räthe evomiret / mit 3. biß 4. Jahr Landes - Verweisung / oder auch wohl einer tapfferen Geldbuße bestrafft zu werden. Carpzov. q. 94. n. 38. & seqq. us??? 45. LIV. Ein ledig Weibes - Wild / so einen Ehemann beschuldiget / daß er sie geschwängert / dieser aber sich loßschweret / wird gleichfals mit Staupen - Schlägen des Landes ewig verwiesen. idem q. 96. n. 61. & 64. Carpzov. q. 98. n. 42. & 56. LV. Desgleichen die / so die Gräber öfnen / die Todten berauben / und dieselbe hernach wieder einscharren; Const. Elect. Sax. 34. part. 4. Abrah. Saur, im Stra???. Buch / pag. 431. Zuweilen / nachdem die Umstände sind / werden sie nur des Landes ewig verwiesen. Carpzov. p. 4. const. 34. defin. 1. Ja wenn sie nach der Beraubung die ausgegrabene Todten liegen lassen / und nicht wieder einscharren / oder auch solche Beraubung mit gewapneter Hand / oder auch das delictum vielmahl geschehen wäre / werden sie mit dem Schwerd gerichtet. L. praetor. ait. 3. § adversus eos 7 vers. ut si armati ff. de sepulch. violat. Berlich, p. 2. concl. 47. n. 18. Damhouder. pract. rer. crim. c. 109. n. 6. Carpz. d. const. 34. defin. 2. & p. 2. pract. crim. q. 83. n. 58. & 59. LVI. Einen Edelmann / der des andern Verstorbenen Leichstein und Wapen in einer Kirchen / denen Erben und Befreundten zum Schimpf und Nachtheil / zerschlagen / sind von dem Schöppen-Sinhl zu Leipzig zehen Pfund Goldes zur Straffe dictiret worden. Carpzov. d. q. 83 n. 66. LVII. Diejenige / welche den Dieben / oder gerechtfertigten Missethätern an [899] den Galgen / oder auf dem Rade die Kleider ausziehen / werden auch mit Staupen - Schlägen gestrafft. cit. constit. Elect. 34. p. 4. ubi Dan. Moller, n. 1. vers. eos vero &c. Mit welchen ebenmäßig die Scharfrichter beleget werden / wenn sie den hingerichteten armen Sündern die Kleider / ausziehen und sie entblößen. Joh. Bajard. in Addit ad Jul. Clar. lib. 5. Sent. §. ult. q. 68. n. 142. & q. 100. n. 6. Carpzov d. loc. n. 61. LVIII. Die aber / so ihnen die Kleider nicht nehmen / noch sie entblößen / sondern nur das Geld / so sie in den Kleidern verborgen haben / rauben / werden mit der Staupe verschonet / doch aber mit etliche Tage Gefängnis abgestrafft. Carpzov. cit. q. 83. n. 62. & 63. Allwo er ein Urtel / so Anno 1627. zu Leipzig gesprochen wider einen Schäffer / anführet / der eine Leither an den Galgen geleget / hinan gestiegen / und einem Diebe / der vor acht Tagen gehengt worden / 3. fl. aus der Hosen / drinn dreselbe sie verborgen gehabt / gezogen / dem 6. Tage Gefängnis zuerkant worden. LIX. Wenn einer einen Dieb von Galgen / oder einen andern Missethäter des Nachtes heimlich von dem Rade wegnehme / und begrübe / ist die Straffe auch nur willkührlich / als etliche Tage Gefängnis / wie solches Carpzov. d. const. 34. defin. 4. mit Urtheln bestärcket / und in andern delictis mehr / so drunten in den Capiteln / von Hinrichtung mit dem Schwerd / item von Hencken / und sonsten mehr angeführet werden. LX. Schließlichen berichtet Paulus Zachias, lib. 6. Quaestionum Medico-Legalium tit. 2. Quaest. 8. n. 10. daß / wenn man einem / der einen harten Staupen-Schlag bekommen / oder einem Soldaten / der durch die Spießruthen vielmahl lauffen müssen / und sehr zerhauen worden / ein ausgeschlachtetes Hamel- oder Schaf - Fell / wenn es gleich abgezogen / u. noch warm ist / über den Rücken und Wunden herlegte / es die Schmertzen guten Theils stillen und besänfftigen solle. Allwo er nebst andern auch Johannem de Vigo allegiret / welcher in seiner Chirurgie, lib. 9. c. 15. die innerliche und äusserliche Cur desselben ausführlich beschreibet: Vigo sangvinem primò detrahitpost cum aliis, [qui universalia supponunt] praebet Rhabarbarum, pondo unius drachmae, cum rubia tinctorum & Zingibere, ad scrup 1 cum aqua scabiosae, Datur & bolus Armena, & terra sigilata & mumia, & Rha [900] ponticum & decoctum cicerum rubrorum excorticatorum, & alia, quae ad eos, qui ex alto cadunt, aut violenter in aliqua dura corpora impingunt, ab Auctoribus praescribuntur. Extra apponitur cerussa, lethargyrum" pulvis myrtillorum, rosarum, camomillae, oleum rosaceum, myrrinum, chamaemelinum & alia, Ermeldter Vigo setzet lib, 9. c. 31 gleichfals / wie derjenige / dem zur Straffe / oder auch sonst ein Glied / als die Hand / Finger und dergleichen / abgehauen worden / strack zuverbinden und zu curiren sey. Welches bey dem Paraeo, lib. 11. c. 20. ebenmäßig zu befinden.

CAPUT XL.
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Von der Straffe TRATTO DI CORDA, Wippen / Prellen / Schnellen / am Wipp- oder Schnell-Galgen. I. DAs Wort Tratto oder tratta di corda, ist Italiänisch / wird auch wohl Strappacorda oder Strappata genennet / maßen denn die Italiäner solcher Straffe in etlichen Verbrechen sich gebrauchen. Matth. Cremer, in Lex Ital. verb. DI, pag. 587. & Grammat. Ornat. p. 98. Und wird hergeleitet von dem Verbo Trarre i e. trahere ziehen. Vid. Gramm. Ital. Cremeri, p. 106. Particula DI, est Praepositio, & ponitur hîc eleganter fine articulo, heisset so viel als con, cum, mit. CORDA est nomen Substantivum, & significat hôc loco restim, ein Seil / Strick / Strang und Leine. D. Christ. Govhof. Berger / de poena tratto di corda §. 5. part. accident. II. Bey uns Teutschen heisset es die Wippe / das Wippen / Prellen / Schnellen / am Schnell - oder Wipp-Galgen / ein Zug mit dem Seil / ein [901] gewaltiger Zug / eine Wegreissung / die Ausstreck - oder Ausdehnung der Glieder. Cremer. d Lex. Ital. verb. Tratto Strappata. III. Und ist dieselbe sonderlich im Churfürstenthum Sachsen / von Churfürst Augusto, Christlöblichster Gedächtnis / wieder die Wild - Fisch- und Krebs-Diebe / die sonst vorher nur um drey Soliden gestrafft wurden / sich aber an solche geringe Geld-Busse nicht kehreten / sondern es immer ärger machten / durch zwey besondere Constitutiones, welche Anfangs nicht in Druck ausgangen / und unter denselben / so viertzig waren / die VII und VIII. ietzo aber in Appendice Corporis Juris Saxonici. fol. 69 & 71. zu finden sind / eingeführet worden. Wird auch heut zu Tage in den Chur - Sächsischen Schöppen - Stühlen denen obgedachten Dieben zuerkant / und an ihnen vollstrecket / doch nicht auf einerley Arth / sondern nachdem der Diebstahl groß / auch viele und offte geschehen ist. Nemlich auf einen / zwey / drey / auch wohl vier Sprünge. Wenn der Wild - Fisch - oder Kreybs - Dieb nur einen Sprung thun darf / wird er nicht leicht verwiesen. Wenn er aber mehr Sprünge thun muß / träget es die zeitliche und ewige Landes - Verweisung nach sich. d. Const. VII. & IIX. Carpzov. in pract. crim. p. 2. q. 84. n 85. 86. & 87. Philipp. in usu pract. Instit. lib. 2. eclog. 1. n. 11. IV. Und ist von solcher Straffe weder ein Mann noch Weibesbild / weder Geistlicher noch Weltlicher / weder Einheimischer noch Ausländischer befreyet / wenn er dergleichen Dieberey begehet. Arg. d. Constit. 7. & 8 in verb. würde jemandes / da iemandes / wer der auch wäre. Item / Unser Unterthan / oder ein Ausländtscher. Constitutiones enim, quae generaliter loquuntur generaliter etiam sunt intelligendae. Arg. L. 8. de publ. in rem act. & L. 1. §. 1. de legat. paestand. V. Es werden aber mit der Tratto di corda nicht allein die Wild - Diebe beleget / so in denen / dem Churfürsten zu Sachsen zustehenden Wäldern und Wildbahnen / sondern auch Dero von Adel und Vasallen gehörigen Försten / Wildfuhren / Gehegen / Wäldern und Gehöltzen / Wildpret geschossen / gefangen und gestohlen. d. Const 7. in verb. in Unsern oder Unserer Lande Wildbal n sc. D. Berger. d. tr. c. 4. §. 1.
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VI. Eben also auch die Fisch-Diebe. juxta cit. Constit. 8. pr. in verb. Da iemandes / wer der auch wäre / Unser Unterthaner / oder ein Ausländischer / freventlich und vorsetzlich in Unserm / oder Unser Lande fliessenden gehegten Wassern und Bächen mit Netzen / Hamen / Reussen und Rörbe legen / oder in was Wege dasselbige geschehen möchte / Unsern ausgegangenen publicirten Mandaten zuwieder / fischen würde der oder dieselbe sollen / wann sie zum erstenmahl darbey betreten / mit der Tratto di corda auf einen Sprung / oder mit der Landes - Verweisung gestrafft werden. Quemadmodum etiam pronunciarunt Scabini Lipsienses M. Aug. 1590. Mens. Feb. 1594. & Mens. Mai. hisce formalibus, Hat der Gefangene C. L. daß er nebens seiner Gesellschafft / und daß solches das erstemahl geschehen / und er zuvor auf keinen Wasser / da er nicht befugt / gefischet / oder fischen helffen sc. Somag er von wegen solcher Verbrechung / vermöge dieser Lande bewährten Rechte / mit der Tratto di corda auf einen Sprung / oder mit Landes - Verweisung in Straff genommen werden. Hätte aber der oder die / so gleich zum erstenmahl gefischet / auf zehen Gülden werth ???ische gefangen / oder es würde sich / nachdem sie zu Gefängnis gezogen / befinden / daß sie öffter - und mehrmahls gefisched / so werden dieselbige mit Staupenschlägen / und ewiger Landes - Verweisung / oder mit der Tratto di corda auf ein / zwey / drey oder vier Sprünge / nach Gelegenheit der Verbrechung / nebst der Landes - Verweisung bestraft / und solcher Poenen eine wieder sie volstrecker. Etita quoque Scabini Lipsienses, Mense Majo, 1601. responderunt: Haben beyde Gefangene in scharffer Frage bekant und ausgesaget / daß sie etliche mahl gefischet / lo werden sie beyde / von wegen solcher ihrer begangenen und bekandten Verbrechung / vermöge dieser Landen bewährten Rechts / wilkührlichen / entweder mit Staupenschlägen / oder mit der Tratto dicorda auf drey Sprünge des Landes ewig billig verwiesen / V. R. W. VII. Worbey zu notiren / daß / wenn die Diebe in denen dem Churfürsten zustehenden Wassern / die Fische gestohlen / die Election bey Jhr. Chur - Fl. Durchl. stehet / mit welcher Straffe sie dieselbe belegen lassen wollen. We̅ [903] aber in der Edelleuthe / oder anderer gemeinen Fisch - Wassern der Diebstahl geschehen / wird die Straffe nicht alternativè, sondern eine gewiffe von diesen Straffen gestzet. d. Const. Elect. 8. §. Und sollen demnach. Carpzov. in pr. Crim. p. 2. q. 84. n. 85. & seqq. us??? 90. VIII. Und ob schon in ietzt - angeregter Constitution nur von Fischen / nicht aber von Kreybsen gedacht wird / werden doch dieselbe darunter mit verstanden. Carpzov. d. q. 84. n. 94. Allermaßen denn auch die Churfürstl. Schöppen zu Leipzig / Mense Julio 1628. also gesprochen: Hat B. C. als er vermöge Unsers gesprochenen Urthels / dem Scharffrichter auf gewisse Maaß untergeben worden / gestanden und bekant / daß er die drey Jahr lang in des Herrn Graffen und euren gehegten Fisch - Bäche̅ nebst andern seiner Gesellen gekrebset / möchte wohl mit einander in die 13. mahl geschehen seyn / und sie ungefehr in euren Bächen 10. oder 11. in des Herrn Graffen Bäche̅ aber 6. Schock Krebse mit einander gefangen haben. So wird Inquisit solcher seiner Verbrechung wegen / mit der Tratto di corda auf 2. Sprünge gestrafft / und darauf des Landes ewig verwiesen. IX. Es verjähret sich aber diese Straffe / wenn 20. Jahre / von der letzten That anzurechnen / verflossen sind. Carpz. pract. crim. part. 3. q. 141. n. 24. D. Berger, de poena Tratto di corda cap. 7. §. 2. X. Schwangere Weiber sollen hiemit nicht beleget / sondern die Execution aufgeschoben werden / biß das Kind zur Welt kommen / auch 40. Tage nach der Geburth ver flossen sind. arg. L. 3 ff. de poenis, ibi??? Brunneman, n. 1. & 2. L. 18 de stat. homin. Wesenbec. inP aratit. de poen. n. 6. Carpzov. p. 3. q. 137. n. 21. & seqq. XI. Wenn der Delinquent unpaß ist / wird dieselbe auch aufgehoben / und er so lange in Werwahrung behalten / biß er wieder gesund wird. Idem Carpzov. ibid. XII. Es muß auch der Scharffrichter / der die Execution an den Dieb ververrichtet / hierinnen menschlich und dergestalt verfahren / daß der Missethä [904] ter durch stete Convulsiones nicht gar das Leben einbüsse / sondern / wenn er die Straffe ausgestanden / ihm die Glieder wieder einrücken. saep??? dict. Const. 7. &. 8. §. Wird wollen aber. Carpzov. cit. q. 84. n. 84. & 90. XIII. Einige halten davor / es komme diese Straffe noch von den Longobardern her. Petr. Papp. ad Jus milit. Holland. pag. 575. Et est illius structura ad formam dimidii patibuli confecta, in cujus summitate transversali trochlea est, per quam funis deductus usque ad ima dependet, & maleficus manibus post tergum devinctis annectitur, ac ad summitatem illam attrahitur, moxque, fune infra soluto, ita dimittitur, ut in aëre haereat, ac brachia à tergo, ut dictum, colligata supra caput magno cruciatu ferè trahantur. Ejus forman refert Magius, de Equleo c. 3. sed illa fortè rectius ad antiquas Martyrum poenas referenda est, de quâ legi potest. Anton. Gallon. de Martyr. Cruciat. c. 3. Rudolph. Godofr. Knichen, op. polit. lib. 2. part. 4. c. 9. thes. 12. pag 991. XIV. Beyden Soldaten und auf den Schiffen ist sie auch üblich. Josias Nolden. de Statu Nobil. cap. 15. n. 107. XV. Ein Edelmann aber wird regulariter damit nicht beleget. idem Nolden, d. loco.

CAPUT XLI.
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DE FRONTE CAUTERIATA, SIVE DE STIGMATIS INUSTIONE oder Von Brennung eines Zeichens / oder Mahls vor der Strin / auf der Hand / Rücken / oder andern Orth des Leibes. KAyser Arcadius und Honorius haben verordnet / daß man denen Fabricensibus, oder Waffen-Schmieden [qui in sa [905] cris Fabricis arma cudebant, Novell. Justin. 85.] ein gewiß Merckmahl auf die Arme brennen solte / üm sie daran zuerkenmen / wenn sie sich etwan der Arbeit entziehen / oder wohl gar verborgen halten wolten. Juxta L. 3. C. de Fabricens. Adeò enim hi suae militiae erant adstricti, ut non possent pro arbitrio eam deserere, sed cogerentur, unà cum sobole sua, eidem conditioni servire & adhaerere. Anton. Perez. in praelect. Cod. ad dict. tit. de fabricens. n. 9. II. Die Aquarii, oder custodes aquarum publici aquae ductuum Urbis Regiae [quos Graeci [Greek words] vocant, L. pen. C. de aquaeduct. lib. 11. Wasser- oder Brunnen-Meister wurden gleichfals auf der Hand mit dem Käyferlichen Zeichen bemarcket / damit sie jederman dran erkennen konte / und sich nicht etwan einer erkühnete / sie zu ander Arbeit zu nöthigen / und von ihren ordentlichen Verrichtungen abzuziehen. L. decernimus 10. C. de aquaeduct. & ibi Lucas de Penna. c. si Judex 12. vers ex stigmate de sent excommun. lib. 6. III. Item die neugeworbene Soldaten. Lipsius, lib. 1. de milis. Rom. sub fin. Vegetius, lib. 2. c. 5. Ibi: victuris incute punctis milites scrispti & matriculis inserti jurare solent. Aëtius, lib. 8. c. 12. Stigmata vocant, quae in facie aut alia parte corporis inscribuntur: qualia sunt militum in manibus. Puncturae militum sunt in manibus, ait AElianus; & Chrysostomus. ad Rom. 4. v. 2. signum militis vocat. Apud Gregor. 2. Epist fit mentio Constitutionis cujusdam Mauritii Augusti, ne quis manu signatus ante expletam militiam ad Monasteri amigret, quam dicit priorem tulisse Julianum Parabatam. facit ???si quis 61. dist. 50. Cujac. in Parat. C. de Fabricens. L. 32. C. de Decur. IV. Et hic character, quo signabatur miles, ut ab aliis dignosceretur, vocabatur Cingulum militare. Archid. in c. quod quidem. 97. caus. 1. & Character Imperatoris. cap. quemadmodum 4. caus 32. q. 7. Lucas de Penna ad d. l. stigmata. 3. C. de fabric. V. Erant autem inscripti nomine Imperatoris, unde Augustinus, Regium characterem vocat. Idque ex Lipsii sententia, petitum indubiè ab eo, quod olim nomen Imperatoris in scutis, halstilis, vexillis inscribi solitum, [906] atque eo exemplo in cute; vel â Sacris, cum, quos Deo consecrabant vel in itiabant, hos stigmatibus inurerent. Henel, in otio Uratis lav. c. 16 p. 128. Tabor de armis c. 1. n. 11. VI. Theils der Nigriten oder schwartzen Mohren in der Insel Mossambique zerpicken mit einen heissen Eisen ihr Angesichte / und den gantzen Leib / in Meinung / sie würden dadurch zu wunderschönen Leuthen. Joh. Hugo, von Lindenschott / part. 2. der Drient. Indien c. 41. pag. 122. VII. Dacos & Sarmatos quoque corpora sua solitos inscribere, refert Plinius, lib. 22. cap. 1. Et Artemidorus, apud Thraces ingenuos pueros stigmatisari, docet. Henel. d. c. 16. p. 129. VIII. Die Egyptische Priesier hatten auch im Gebrauch / wann ihnen ihr hoher Priester mit Tode abging / daß sie alsdann sich selbsten mit einen heißglüenden Eisen ein Zeichen in der Hand / am Arm oder an der Brust brenneten / damit sie / als oft sie solches Zeichen ansahen / darüber weineten. Anton. de Guevarr. in Epist. aur. part. 1. pag. 133. Christoph Crusius, de indic. delict. p. 3. c. 2. n. 131. IX. Die Abexyni, so Christen in Ost-Indien sind / haben vier Zeichen im Angesicht Kreutzweis gebrant / nemlich über der Nasen / zwischen den Augen / biß an die halbe Stirn / und an beyden Seiten über den Augen / zwerg nach den Ohren zu / und dann auf den Kin / welches ihre Tauffe ist / als sie Christen worden sind / anstat des Wassers / so man bey uns brauchet. Job. Hugo, von Lindenschott / p. 1. der Orient. Indien / cap. 40. pag. 120. Erasmus Francisci, im Neu-Polirten Kunst- und Sitten-Spiegel lib. 3. pag. 916. aber widerlegt diese Meinung / und spricht / daß zwar mit dem Zeichen es war sey / wie denn alle Mohren dergleichen haben / entweder auf der Nasen / Augebraun / oder sonst im Gesichte / daß sie aber nicht getauft werden / sey ein falscher des Jahrs einmahl in den Pfützen und Strömen / am Tage der Heil. Drey Könige / zum Gedächtnis der Tauffe Christi / welcher / wie sie glauben / an selbigen Tag getauft sey.
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X. Die Zeichen zuschneiden mit einen scharffen Elsen die Weiber Meister / und werden also gemacht: Sie nehmen eine Zähe von einen grossen gescheleten Knoblauchs-Haupt / so noch jung und frisch ist / und streichen die an ein Auge / oder an einen andern Orth / dahin sie das Zeichen machen wollen: Schneiden hernach die Haut um den Knoblauch rings herum mit einen scharffen Messer auf / zerren die Wunde von einander / daß die Narbe breit wird / legen ein wenig Wachses darauf / und auf das Wachs etwas Teiges. Alsdenn verbinden sie es / und lassen es also verbunden über Nacht siehen. So bleibet darnach das Zeichen für und für / und siehet als obs mit Feuer verbrennet wäre: Denn es scheinet etwas schwärtzer / denn sie sonst unter dem Angesichte sind. Alvarez. in der Beschreibung Morenlandes / cap. 22. XI. Es ist aber bey solchen Kenn-Zeichen [welches demjenigen so es getragen / keine Unehre gewesen. Carpzov. part. 3. prax. crim. Quaest. 129. n. 10. Dither. in contin. Besold. Th. pr. v. Brand-Mahl p. 110.] nicht geblieben / sondern man hat auch denen / so etwas sonderbahres verbrochen / ein Zeichen zum Schand-Mahl an die Stirn / auf die Backen / oder einen andern Orth des Leibes gebrant / Männiglichen dadurch zu hülthen und vorzusehen. Also ward denen Dieben der Buchstab F. an die Stirn gebrant / welches so viel bedeutet / als FUR oder FURTUM. Item denen Verleumdern der Buchstab K. [Ita olim scribebant Kalumniam] oder C. i. e. Calumniator, ex lege Memmia vel Remnia de reis postulandis. L. 1. §. 2. ff. ad S. C. Turpol. & ibi Gothofred. Cicero, in Orat. pro Roscio Amer. ubi conferens accusatores anseribus & canibus Capitolinis, Crura quidem, inquit, vobis nemo suffringit; sedsi ego hos benè novi, literam illam, cui vos us??? eo inimici estis, ut etiam alios omnes oderitis, ita vehementer ad caput affigent, ut postea neminem alium, nisi fortunas vestras accusare possitis. Idque ipsum est, quod Plinius, in Panegyrico ait, delatores habere frontem ferream, punctis & notis vulnerandam. Nec alio opinor sensu, apud Papinianum, calumniae damnatus & homo integrae frontis opponuntur. Henel. d. loc. pag. 121.
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XII. Endlich ists dahin kommen / daß man fast allen Ubelthätern / qui servi poenae facti, vor Alters ein Zeichen an die Stirn gebrant. Cujac. lib. 1. obs. 13. Seneca, lib. 3. de ira, c. 3. & lib. 4. de benef. c. 137. Wie auch denen Gefangenen. Immaßen die Athenienser denen überwundenen Samiis gethan / welchen sie die Figur eines Schiffes / Samaena genant / für die Stirn brennen lassen. Jacob Bonfrer, comment. in Levit. cap. 19. vers. 28. [Samaena fuit navigium dicrotum, b. e. bireme, rotundum, concavum, ac in ventris similitudinem formatum, ut mare percurrere, celeriter??? converti posset. Cujus auctor extitit omnium primus Samiorum Tyrannus, Polycrates Salmuth. ad Panciroll. tr. de nov. repert. tit. 2. pag. mihi 179.] Hingegen haben die Samii, wenn sie jemand von denn Atheniensern gekrigt / das Bildnis einer Nacht-Eulen vor die Strin gebrant. AElianus lib. 2. var. bist. c. 9. Plutarchus, in Pericle. XIII. In Sicilia Atheniensibus captivis notam equi fronti inustam, testatur Plutarchus, in Nicia. Ja die Athenienser haben ihren eignen Bürgern und Soldaten / so nicht treulich vor das Vaterland gestritten / oder Felflüchtig worden / Zeichen ins Angesichte geschnitten oder gebrand / so ihnen eine ewige Schmach gewesen / und man sie darbey erkennen können. AElian. lib 2. var. hist. Facies illorum, qui ad metalla damnabantur, tribus notis perpetuò mansuris, profundis characteribus incidebantur, Gallon. de cruciat-Martyr. pag. 517. XIV. In Franckreich wird denen Obersten Gerichts-Räthen / wann sie Geschencke genommen / und denen Clericis, wenn sie falsum an des Königs grossen Insiegel begangen / als falsariis, eine Lilien-Blume für die Stirne gebrant. vid. text. expr. in cap. ad audientiam 3. de crim. falsi. Petr. Rebuff in L. hominis. 152. vers. in facie ff. de V. S. & ad Const. Reg. tract. de lit. oblig. art. 1. Gloss. 6 n 4. & seq. Jo. Imbertus lib. 3. Instit. forens. c. 21. Jan. Langlaeus, lib. 10, Semestr. cap 2. ??? XV. Und in Hispanien denen / so zwey Weiber zugleich ehelichen / der Buchstab Q. eben an solchen Orth.
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Covarruv. de matrim. lib. 5. tit. 15. lib. 8. & lib. 3. tit. 1. lib. 5. in Regis ordinat. Padilla ad l. transigere C. de trans act. n: 14. Cum lex illa dicat, signo Q. esse inurendum hanc delinquentem, opinantur quidam, de signo Crucis intelligendum esse, eò, quod talis binubus malè sentiat de fide, atque existimant, Legem vitio scriptorum esse corruptam. Quod si in lege error forsan aliquis adest, is est in eo, quod erat statutum, ut contrahens binas nuptias signaretur hoc signo binario Z, quasi duas habeat uxores, atque inde facilius fuit lapsus, ut ex illis characteribus dualem numerum designantibus Q. fieret: Usus tamen obtinuit, literam Q imprimi. Illud vero, quod de Signo Crucis annotavimus, fatetur Covarruvias se de prehendisse in Regni Hispanici Constitutionum vetustissimo codice Petr. Ostermann / in Comment. ad L. Stigmata C. de Fabricens. sect. 4. pag. 8 Imgleichen denen Gotteslästerern / sie zum andern mahl wieder kommen / mit einem glüenden Eisen das Zeichen eines † auf die Lippen. Covarruv. in c. quamvis 2. part. 1. §. 7. n. 22. in pr. Welcher Straffe auch Petr. à Duenn. reg. 290. lim. 2. ex leg. 4. tit. 28. part. 7. Reg. constit. gedencket. XVI. In Engelland wird denen Todschlägern / vermöge König Henrici VII. Constitution, in der flachen Hand unter dem Daumen / der Buchstab M. [dann Muntre heißet in der Englischen Sprache einen Todschlag] gebrand / und denen Dieben ein T [weil Thest dorten ein Dieb heist.] Polydor. Vergi l. lib. 26. Histor. Angl. Eberhard Hoyer, im Churfürstl. Brandenb. Krieges-Recht / tit. 8. pag. 143. Petr. Greg. Tholos. lib. 31 Synt. Jur. univ. c 3. n. 16. XVII. Die Moscowiter straffen den ersten Diebstahl mit dem Gefängnis und Schlägen / das zweyete mahl schneiden sie dem Dieb die Nase ab / und brennen ihm ein Zeichen auf die Stirn. Das dritttmahl hengen sie ihn an Galgen. Petr. Pagg. in annotat. des Holländischen Krieges-Rechts / pag. 574. XVIII. Die Griechen bezeichneten gleichfals die Diebe mit einem Brandmahl. Crusius, de indiciis delictor. p. 3. c. 2. n. 131. XIX. Insonderheit wiederfähret solches in Teutschland / Franckreich / Hispa [910] nien und Engeland / denen Wildprets-Dieben und Raub-Schützen / auf dem Backen oder an der Stirn. Land-Recht / lib. 2. art. 13. Matth. Wehner, pract. obs. lit. B. voc. Brandmahl. Wesenbec. in parat. ff. de poen. n. 17. ibi??? allegati DD. Anderswo geschicht solche Zeichnung nicht mehr dem Gesichte / sondern auf den Rücken / oder in der Hand. Speckhan, Cent. 1. quaest. 98. n. 12. & 13. Anton Seidenstick er / in dissert. de Furib. Ferar. th. 47. Ja an den Orthen / wo das Sächß. Recht eingeführet ist / wird zuweilen denen Dieben und andern Ubelthätern / so ausgestäupet / und des Landes ewig verwiesen werden / ein gewisses Mahl oder Zeichen auf die Backen / oder an der Stirn gebrant / wie B. Reinhardus, p. 5. differ. Jur. Civ. & Saxon. 8. & Lud. Faschius, diff. 66. und die Glossa Juris Weichbildici, art. 38. in verb. Diese Zeichen giebet man den Dieben / die des Tages stehlen / und Beutel schneiden. Man zerchnet sie aber aufwarts zum ersten durch die Backen / zum andernmahl bey die Ohren / zum drittenwvhl ein Creutz durch die Stirn / und man zeichnet sie darum / daß sie die Leute kennen / und sich desto baß für ihnen hüten mögen. XX. Käyser Fridericus. I. ließ denjenigen Soldaten / welche im Lager sich zanckten / oder eine Meuterey anstifften wolten / oder gestohlen / oder die Marquetender beraubet hatten / ein Zeichen vor den Kopf brennen. Günther. Ligur. lib. 7. v. 256. Armiger exustá candenti fronte metallo Detonsâque comâ post verbera pulsus abibit Et paulò post vers. 273. - Maxillâ servus adustâ, Vertice detonso, supponet terga flagellis. Iterumque v. 285. Servus deprensi convictus crimine furti, Si fur ante fuit, probrosâ morte peribit: Sin minus, abraso signatus vertice frontem Verbera dura feret, castrisque fugatus abibit. XXI. Die Thracier sind denen Weibern so gehäßig gewefen / weil sie gehövet / daß Orpheus von Weibern ümgebracht worden / daß sie auch denenselben [911] Schand-Mahle angebrant / üm des Orphei Tod an ihnen dadurch zurächen / Plutarch. in lib. Desera Numinis vindicta. Alex. ab Alex. Gen. dier. lib. 2. cap. 14. pag. 185. XXII. Die Barbari bezeichneten die meisten Thebaner / welche von den Griechen absiehlen / zu dem Xerxe überlieffen / auf dessen Befehl / mit des Königs Merckmahl. XXIII. Es haben aber die Alten nicht nur allein einen Buchstaben / sondern offt wohl gantze Sprüche denen Delinquenten an die Stirn brennen lassen. Valer. Max. lib. 1. c. 8. Gestalt denn Baron. ad Martyrolog. 22. Decemb. berichtet / daß der Käyser Theophilus zweyen München / als dem Theophani und Theodoro ein Brand-Mahl von 12. Jambischen Versen ins Angesicht bren̅en / und Dinten drüber herstreichen lassen / daß man die Buchstaben desto besser erkennen möchte. Zonaras, annal. 3. Atramento inquam: quia nimirum uti ex hoc Ioca à Lipsio observatum, ratio inscriptionis ita se habuit, ut primitus literae sive notae inurerentur candenti ferro, velut Juvenalis Satyr. 14. scribens ait: Tum felix quoties aliquis tortore vocato, Uritur ardenti duo propter lintea ferro. Servum intelligit, qui ob furtum duûm linteorum frontem inustus. De qua re Naevius apud Priscianum, lib. 7. Signari oportet frontem calida forcipe. Post inustionem autem iis atramentum infundebatur, quo eminerent magis literae, & praberent se lectui. XXIV. Bey dem König Philippo in Macedonien hatte ein Soldat / der ihm im Kriege gute Dienste gethan / eines Bayren Meyerhof ausgebethen / und geschenckt bekommen. Als aber der Bauer in einer unterthänigsten Supplic vorstellete / wie daß / als dieser Soldat unweit von seinem Meyerhoffe Schiffbrauch gelieten / er denselben halb tod in sein Hauß getragen / ihn in sein eigen Bette geleget / 30. Tage bey sich gehabt / alles / was er nur vermocht / zu gute gethan / curiren lassen / und noch darzu einen Zehr-Pfennig mit auf den Weg gegeben / ist der König drüber so entrüstet worden / daß er dem Pausa [912] niae befohlen / den Meyerhoff strack wieder zugeben / dem und anck bahren Soldaten aber die Worte INGRATUS HOSPES an die Stirn brennen / und fortjagen zulassen / welches auch also geschehen. Seneca, 4. de benef. c. 37. Factum certè & memorandum & Iaudandum: beneque adeò Seneca, d. lib. 4. cap. 38 cum Philippum sic porro loguentem facit: Potius est, intra sines Regni mei te literas istis oculis inscribendas inscribendas durissimâ fronte circumferre: ostende, quam Sacra res sit mensa hospitalis: praebe in facie tuâ legendum istud Decretum, quo cavetur, ne miseros tecto juvare capitale sit. Magis ista Constitutio sic erit rata, quam si illam in aes incidissem. Sed tameu locus mendo carere non videtur. Quid enim hoc est, literas oculis inscribendas? nec potuit, nec solens fuit. In fronte duntaxat inscriptae notae, aut facie i. e. supra, aut circa oculos. Id animadvertens J. Lipsius pro oculis aut foculis, non quod ipsis propriè foculis in scriptae, sed ferro, quod canduerat in illis, nisi quis fortean legere malit, istas omnium oculis, h. e. adspectu omnium. Henel. in otio Uratislav. c. 16. pag. 125. XXV. Es sind auch die leibeigene Knechte / nicht nur allein zuerkennen / wem sie zustünden / sondern auch / wenn sie etwas straffwüdiges verbrechen / oder gar davon gelauffen / gebrandzeichnet worden / drum sie bey dem Plauto, in Casina, act. 2. Scen. 6. v. 49. schertz weise Literati, von dem Apulejo lib. 9. de Asin. aur. Frontes literatae, bey dem Juvenal. Inscripta Ergastula, von dem Plinio, lib. 18 c. 3. Inscripti vultus, Graecis [Greek words], & inde vulgò stigmatici, & apud Juris Consultos frequenter Stychi genennet werden. Petr. Greg. Tholos. lib. 31. Synt. Jur. Univ. cap. 35. n. 3. Salmuth. ad Pancirol. de nov. rep. tit. 2. pag. 182. XXVI. Gestalt denn noch heut zu Tage die Spanier ihren Sclaven ein gedoppeltes S, als nemlich SS auf die Backen brennen lassen. Joh. de Pined. in Job. c. 1. vers. 2. n. 5. Crusius, de indiciis delictor. part. 3. cap. 2. n. 131. XXVII. Denen / so falsche Siegel gestochen / und geschnitten / hat man vor Alters solch Siegel glüend ins Gesichte gedrücket / hernach den Stauphesen gegeben / und des Landes ewig verwiesen / maßen denn auch der Churfürstl. Schöppen-Stuhl zu Leipzig hiebevor also erkant / teste Colero, decis. 179. n. 5. cui assent. Thoming. decis. 7. n. 20. Menoch. de A. I. ???. cas. 307. Bodinus, de Republ. lib. 6. c. 6.
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XXVIII. Worbey diese Frage vorkömt / ob man mit guten Gewissen einen Menschen Naß- und Ohren abschneiden / oder auch ein Brandmahl ins Gesichte brennen lassen könne? Käyser Constantiuus, in L. si quis 17. C. de Poenis, verbeuth solches ausdrücklich / wenn er dem Eumelio also rescribiret: Si quis in metallum fuerit pro criminum deprehensorum qualitaete damnatus, minime in ejus facie scribendum, cum & in manibus & in suris possit poena damnationis unâ inscriptione comprehendi, idque ex ratione: Quo facies, quae ad similit udinem pulchritudinis est coelestis figurata, minime maculetur. Et Angelus dicit expresè: Statutum non valere, nec servandum esse, quod talem poenam infligit. Idem quoque tenet Alex. in addit. ad Bart. in l. cum in diversis ff. de relig. Sequiturque Maranta, in suo Speculo, part. 4. Dist. 2. n. 8. & 9. subdens, poenam hanc non esse servandam; nec non Mynsinger, cent. Sing. Obs. 46. per tot. Allein es kan diese Ursache hie keine stat finden / weil der Mensch GOttes Ebenbild nicht ist secundum lineamenta corporis & formam externam, & exteriorem hominem, sed secundum animae qualitates & formam internam, interioremque hominem, nach der äußerlichen Leibes-Gestalt / und den äußerlichen Menschen / besondern nach den Qualitäten der Seelen / und nach dem inwendigen Menschen / sonst müste unwidersprechlich folgen / das GOTT so mancherley Gestalt hätte / als Menschen wären / allermaßen sich unter tausenden kaum zween ähnlich sehen. Und daß der Biblische Text Gen. c. 1. so zuverstehen sey / ist zu ersehen ex Novell. Inst. Imp. 5. in pr. Wie denn auch alle Theologi hiermit übereinstimmen. Vide Bedam, in d Genes. c. 1. & in Job. lib. 3. c. 7 Euchar. in Genes. lib. 1. c. 8. & ibi plures allegg. authores. M. Joh. Stifler / in Geistl. Histor. Schatz. cap. 9. pag. 364. Womit auch die Juristen zu frieden / vid. Dalner. de Jure hominis, part. 5. n. 9. tom. 1. Deinde respondetur, in homine per imaginem Dei significari magis veram Dei cognitionem, justitiam & sanctiatem, non frontem, non caput hominis. Unde omnia mala in truncum, mente prius concepta, digesta, deflunnt, atq??? sic explicavit imaginem Dei Imaginem dixit, quod principatum teneat, Dei mandato, in beluas; quae sententia Apostoli scriptis quoque confutatur. Herm. Neuvvald, de prob. Sagr. per aq. frig. ibi: homo dicitur imago Dei, ut in omni virtutum genere praeluceat, Deo similis fiat in veritate, sapientia & justitia, quemadmodum Plato dixerat: In vir [914] tutibus Deo nos similes fieri. Otto Melander, de Sag. pag. 69. planèfacies scelerati non Dei, sed Diaboli imago inusta dicitur. Joan. Spinae, de tranquill. animi lib. 2. pag. 69. in locum ait, Divinae Imaginis successit imago Diaboli, cui homicidae, furtorum ac mendaciorum parenti nihil similius homine Crus. de indic. delict. p. 3. c. 2. n. 131. Ea igitur in re aliquid humani passum esse Imperatotem, Rittershusio affirmanti in tr. de differ. Jur. Civ. & Canon. lib 6. c. 8. haut difficulter assentior: ut maximè Diodorus Tuldenus, Comment. ad C. lib. 9. lit. 24. n. 5. putet, Imperatoribus rationi constare rationem. Nam vultus, inquit, editissima & preciosissima corporis pars, oculi ut astra, repraesentant coelum. Adjice, quod illa poena, deterso pudoe incitat haut vanè creditur. Certè nusquam magis quam in vultu emicat animus. Atque haec prohibito adhuc usu obtinet. Mynsing. cent. 2. obs. 46. Haec enim poena cum pudorem quasi de fronte detergat, non ad emendationem valet, sed ad desperationem. Haec ille speciose quidem, sed minus ad rem: cum praesertim ipsa etiam Jura Canonica permittant, ut committenti crimen falsi imprimatur character aliquis, quo ab aliis dignoscatur. c. ad audientiam 3. Extr. de crim. falsi. Es wird auch in Göttlichen Recht und Heil. Schrift gut geheissen. Exod. cap. 21. v. 26. Da die Ausstech- oder Ausreissung des Auges zugegeben. Wie auch in Päbstlichen / indem es vergönnet / daß denen Clericis, wenn sie Ehebruch getrieben / gleichfals vor der Stirn ein Zeichen gebrant werde / nachdem sie vorher aus den Orden gestossen. dict. cap. ad audientiam Nempe per judicem temporalis juris dictionis. Gloss. in d. c. 3. Nicol. Boër. decis. 82. n. 3. Duenn. in fallent. reg. jur. reg. 290. lim. 1. De jure Civili und den gemeinen Käyserlichen Rechten nach / ist dieses gleichfals zugelassen / per l. 1. §. fin. ff. de fugit. L. locum 67. §. 1. in fin. ff. de usufr. Und durch die allgemeine Observanz bestätiget worden. Angel. de Aretin. in l. quis C. de poenis. Crusius, de Ind. delict. d. p. 3. c. 2. n. 131.
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XXIX. Aus welchen leichtlich abzunehmen / daß man denen Misset hätern / so es verdienet haben / mit guten Gewissen diese Straffe wohl auflegen möge. Wiewohl zu rathen / daß man lieber an stat des Ohr- und Nasenabschneidens / auch Brennung eines Schandmahls an der Stirn / eine andere eben so harte Straffe gebrauchte. Denn weil solche also im Gesichte geschändete Kerl nirgend sich sehen lassen dürffen / werden es gemeiniglich Buschkläpper / Räuber und Mörder. Möchte auch noch hingegen / wenn man ihnen das Zeichen aufden Rücken / Armen / unter den Daumen / oder in die Flache der Hände brennen liesse / Daniel Clasenius, Comment. in constit. crim. Caroli V. ad art. 197. & 198. lit. c. pag. 796. Concordant. Mynsing. lib. 2. obs. 46. Carpzov. part. 4. constit. 47. defin. 6. Perez, ad Cod. de poenis n. 11. It tichius, in Disp. de poenis, Lips. 1669. hab. th. 11. & Adam Conrad Gebe, in Disp. inaug. 1684. Erfurt. de falsis hab. c. 3. th. 7. infin XXX. Procopius meldet / daß zu Zeiten der ersten Kirchen Gottes die Recht-Gläubige einen Brauch gehabt / den Nahmen von Evangelischer Lehr sie abschrecken / Leib / Leben / Haab und Guth wolten sie dabey aufsetzen. Stiefler / in Geistl. Hist. Schatz. cap. 4. pag. 115. XXXI. In Sina werden die Diebe / wenn sie zum erstenmahl gestohlen / ausgestäupet / kommen sie zum andernmahl wieder / brennet man ihnen zwo Figuren anf den Armen mit einen glüenden Eisen / und Sinesischer Dinten / [Neuhof setzet / das Eisen werde in die Dinten eingetaucht] zum Zeichen / daß sie allbereit zweymahl gestohlen. Ergreifft man sie zum drittenmahl / so wird ihnen dergleichen Brandmahl an die Stirn gesetzet. Köm̅et ein Dieb viertenmahl gefänglich ein / so wird er hart / nach der Grösse seiner Ubelthat / gegeisselt / oder auch wohl an die Ruder-Bäncke geschmiedet / auf gewisse von den Gesetzen bestimte Zeit. Durch welche Gelindigkeit allenthalben durch gantz Sina der Diebe und Räuber viel werden / weßwegen auch des Nachts über in den grossen Städten viel tausend Menschen wachen / und auf ein Becken klopffende die Strassen auf und nieder wandeln. Nichts destoweniger Nachtes mit Gattern verschlossen sind. Drum verwundern sich die Sineser zum höchsten / wenn sie hören / daß man in den Eu [916] ropaeischen Städten keine Wachten wider die Diebe / sondern allein wider ausländische Feinde bestelle. Trigant. lib. 1. de Expedit. Christ. apud Sinas, in fin. cap. 8. Erasin. Francisc. in Ausländ. Sitten-Spiegel / lib. 2. pag. 408.

CAPUT XLII.
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Von Ausstechung der Augen / I. DIeses ist gleichfals eine uhralte Straffe / deren auch die Heil. Schrifft hin und wider / und sonderlich Exod. 21. v. 24. ibi: Auge um Auge / Zahn um Zahn / Hand um Hand / Fuß um Fuß; Item Levit. 24. v. 20 in verb. Schade um Schade / Auge um Auge / Zahn um Zahn / wie er hat einen Menschen verletzt / so sol man ihm wieder thun. Deßgleichen Deuteronom. 19. v. 38. Dein Auge soll sein nicht schonen / Seel um Seel / Aug um Aug / Zahn um Zahn / Hand um Hand / Fuß um Fuß / und Matthaei c. 5. v. 38. Ihr habet gehöret / daß da gesagt ist: Auge um Auge / Zahn um Zahn / gedencket / und dieselbe / ob jus talionis bestätiget. Maßen denn Simson von den Philistern / Judic. 16. v. 21. Und der König Zedeklas von den Nebucad-Nezar damit beleget worden. Woraus erscheinet / daß man zu der Zeit die Rebellen also abgestraffet habe. Palaestini enim eo tempore velde facto Israelitis imperabant, ut ad minimum, ex mente eorum, Samson pro Rebelli potuerit reputari, aut si placet, spiritus justo altiores, quam privato conveniret, itareprimere satagebant. Non valdè alienus ab hoc casu est ille Regis Zedekiae, quem tributarium sibi facerat Nebucadnezar, adeoque quod ab eo defecerat, oculis privavit. Petr. Fab. lib. 3. Semestr. c. 19. Bötticher, de amput. memb. in his qui delinquunt??? §. 13. II. Bey den Griechen ist sie auch gar gemein gewesen / und zwar in unter [917] schiedlichen Verbrechen / als Erstlich im Ehebruch. Denn Zaleucus hatte denen Locrensern ein Gesetz gegeben / daß man den Ehebrechern beyde Augen ausstechen solte. Als aber sein. Sohn drauf zu allererst in solch Laster fiehl / hat er die Straffe an ihn vollstrecken lassen wollen / weil aber das Volck vor ihn gebethen / hat er doch / dem Gesetze ein Genügen zuthun / sich selbst ein Auge / und seinem Sohn auch eins ausstechen lassen. Valer. Max. lib. 6. c. 5. AElian. lib. 3. Hist. Zum andern ein Kirchen-Kaub / nam qui Sacrarium ingressus interdiu vel nocte Sacrorum inde aliquid auffert, excoecatur. L. 11. in fin. ff. ad L. Jul. pecul. quem textum ex Jure Graeco desumptum esse Gothofredus ibidem testatur, ibique pro pleniori materiae cognitione ad suum Nomenclatorem Graecum, apud Harmonop. remittit. Drittens / ist auch derjenige / welcher einen andern vorsetzlicher Weise ums Gesichte gebracht / und blind gemachet / eben also wieder gelohnet worden: ex constit. Novell. Leonis 92. Jedoch hat er nur ein Auge hergeben müssen / und ist noch darzu um ein gut Theil seines Vermögens / so dem Beschädigten zum Besten angewendet / gestraffet; Wenn er aber kein Geld erlegen können / sind ihm beyde Augen ausgestochen worden. Idem Leo, d. Const. Petr. Faber, lib. Semest. c. 19. conf. Camill. Borell. de Magist. Edict. lib. 2. c. 8. n. 340. & seqq. III. Denen Alten Teutschen ist diese Straffe gleichfals nicht unbkant gewesen: Denn man findet unter andern Gesetzen der VVisigothorum auch dieses / daß dem Vater oder der Mutter / so eine lebendige Frucht abgetrieben / und sie dadurch getödtet / beyde Augen ausgestochen werden solten. Leg. ult. de exc. hom. part. lib. 6. Cod. Wisigoth. tit. 3 Es haben auch die Longobarder denen Dieben / so zum erstenmahl gestohlen / ein Auge ausstechen lassen. L. si quis latro, de Latron. in LL. Longobard. IV. Mit welchem fast die Peinliche Hals-Gerichts-Ordnung Caroli V. art. 159. übereinstimmet / von ersten gefährlichen Diebstahlen / ibi: oder [918] nach Gelegenheit der Personen / und Ermäßigung des Richters / in andere Wege mit Ausstechung der Augen sc. Churfürst Mauritius zu Sachsen hat einen Knecht / der seinen Herrn vorsetzlicher und boßhaftiger weise mit einem Dolch gestochen / und dem die Abhauung der Hand zuerkant worden / selber die Straffe geschärffet / ihm die Augen ausstehen / und die Ohren abschneiden lassen / propter per fidiam, teste Coler, p. 1. decis. 163. n. 5. V. Heutiges Tages geschicht solches gar selten / und findet man nur wenige ausserordentliche Fälle / da dieselbe einigen falschen Müntzmachern zuerkant worden. D. Stryke, in tr. de jure Sensuum, dissert. 2. c. 5. n. 18. & 19. Allwo er zugleich anführet / daß wenn an ein und andern Orth diese / wegen der Unmüglichkeit / in eine andere / als Abhauung der Hand / oder sonsten eines Glieds / Sebast. Medice, de casib. fortuit. part. 2. q. 6. n. 50. Oder in den Staupen-Schlag mit der ewigen Landes-Verweisung zuverwandeln. Argumento eorum, quae tradit Carpzov. pract. crim. q. 129. n. 37. VI. Cn. Pompejus hat in dem Kriege / den er wieder Sertorium geführet / einen Soldaten / der ein Weib unehrlich angegriffen / die Augen ausreissen lassen / wie Theod. Zwing. in theatro vitae humanae, vol. 18. lib. 5. pag. 3461. aus dem Sabellica erzehlet. Wolte GOtt / daß wir heutiges Tages viel Pompejos hätten / die solche Frechheit / ich will nicht sagen so hart strafften / sondern zum wenigsten zuerkennen geben / daß sie daran kein Gefallen hätten / und solche Lotterbuben schölten / wann sie ihnen sonst keine andere Straffe wolten anthun. Denn ein Soldat soll sich in allen Dingen ernsthaft erzeigen / und beweisen / daß er ein männliches Gemüth habe / der nichts begehrt vorzunehmen / denn was tapffer und männlich ist. Petr. Papp. in annot. des Holländ. Kriegs-Rechts / pag. 603. VII. Lajus, der Thebaner König / hat mit seiner Gemahlin / Jocasta, Creontis Tochter, der auch zu Thebe herschete / einen Sohn erzeuget / mit Nahmen Oedipus: Weil aber Lajus von den Abgöttern eine Antwort empfangen / dieser Sohn würde ihn noch üms Leben bringen / wolte er das Kind nicht aufziehen / sondern hieß es erwürgen. Die Knechte hatten ein Mittleiden mit dem Knäblein / wolten es nicht tödten / warffen es aber in den Wald / [919] und gingen darvon. Phorbas ein Kuhhirte fand das Kind / und brachte es seinen Herrn / Polybio, dem König der Corinther / welcher / weil er keine Kinder hatt / das Knäblein nicht allein aufziehen ließ / sondern auch zu einem Sohn annahm. Da aber Oedipus erwachsen / kahm er in der Phocenser Landschafft / und erschluge in einen Tumult unwissend seinen Vater Lajum: Weil aber Oedipus erfahren / daß er nicht Polybij leiblicher Sohn / sondern nur anerwünscht wäre / wolte er seinen Vater suchen / den er doch selbst erschlagen hatte / und kahm gen Theben, alda fügte sichs / daß er des Königs Laji Wittibe, Jocastam, unwissend daß es seine leibliche Mutter wahr / zur Ehe nahm / mit welcher er auch das Königreich / und höchsten Gewalt in der Stadt und Landschafft Thebe überkommen. Mit dieser seiner Mutter hat er 2. Söhne erzeuget / Eteoclem und Polynicem. Uberlängst als Oedipus erfahren / daß er unwissend einen Vater-Mord und Blutschande begangen / ist es ihm so leid gewesen / daß er ihm selbst die Augen verderbet / und geblendet / und hat ihn seine Tochter Antigona führen und leiten müssen. Gottefrid, Hist. Chron. pag. 37. & 38. Des Oedipi Söhne sind hernach der Regirung halber uneins worden / und in einer Schlacht dergestalt ein ander zugesetzet / daß sie beyde Tod blieben. Und melden die Pöeten / als Statius und Lucanus daß wie diese beyde Brüder / deidnischen Gebrauch nach / verbrand / und beyde auf einen Holtzhausen geworffen worden / des Polynicis todter Cörper sich von ihm selbst auf eine Seite gewelgert / und die Feuer-Flammen in zwey Theil unterschieden / als ob der alte Bruder-Haß noch in den todten Leibern sich regete. VIII. Nachdem Marcus Regulus, Burgermeister zu Rom / unglücklich mit den Carthaginensern stritte / überwunden und gefangen genommen wurde / schreckten sie ihn gen Rom / mit dem Rath wegen eines Friedens zu handeln / oder zum wenigsten / daß die Gefangenen gegen einander ausgewechseit würden. Auf den Fall der keines geschehe / solte Regulus sich zu Carthago wieder in sein Gefängnis stellen. Regulus schwur einen Eyd / diesem nach zukommen. Da er aber gen Rom kam / wiederrieth er dem Rath beydes / fand auch Gehör / und stellete sich wieder in seine Hafftung. Da sind die Carthaginenser jämmerlich mit ihm ümgangen / haben ihm die Augenlieder abgeschnitten / daß er die Augen nicht ümgangen / haben ihm die Augenlieder abgeschnitten / daß er die Augen nicht bieschliessen / noch schlaffen können / thäten ihn einen höltzenern Kasten / der voller Nägel geschlagen / [920] und die Spitzen einwarts gewant wahren / darin er nach langer Marter hatt verderben müssen. Uberdies / daß er dem Feind so redlich glauben gegeben / ist er / nach gehaltenen so vielen Victorien / dennoch so arm gewesen / daß er sich seines Feldbaues genehret / und man in seinen Abwesen sein Weib und Kinder aus den Gemeinen Kasten zu Rom erhalten müssen: Denn er nur allein auf Ehr und den Gemeinen Nutzen gesehen. Epit. Liv lib. 18. Val. Max. l. i. c. 1. Gell. lib. 6. c. 4. N. A. IX. Wenn bey den alten Francken ein Knecht einen freyen Menschen stahlward ihm entweder die Hand abgehauen / oder ein Auge ausgestochen / Lex Bajuvarior. tit. 15. §. 1. Si Servus liberum furaverit, & vendiderit, Dominus ejus ligatum praesentet coram judice. In Ducis potestate sit disciplina ejus, aut manus perdat, aut manus perdat, aut oculos. X. Diese Straffe von Ausstechung der Augen war zu König Chilperichs Zeiten sehr gemein: Denn also schreibet Gregor. Tur. Hist. lib. 6. c. 46. Nova semper ad laedendum populum ingenia perquirebat. Nam si quos hoc tempote culpabiles reperisset, oculos eis jubebat eruis, & in praeceptionibus, quas ad Judices pro suis utilitatibus dirigebat, haec addebat: Si quis praecepta nostra contempserit, oculorum evulsione mulctetur. XI. Sonsten haben sich auch die Fränckischeu Könige sehr angelegen seyn lassen / reine Strassen zu halten / und den Plackereyen zu steuren / wiewohl sie nicht strack einen Strassenräuber zum erstenmahl am Leben gestraffet / sondern ihm ein Auge austechen / zum andernmahl die Nase abschneiden / zum drittenmahl aber den Kopf abhauen lassen. Capitulare datum in Synodo, cui interfuit Bonifacius, circa annum Christi 744. cap. 22. de Latronitus praecipimus observandum, ut pro una culpa unum oculum perdat, de alia verò nasus ei truncetur, de tertia culpa, si non emendaverit, morietur- Caroli M. Capitulare Anno 779. de Latronibus ita praecipimus observandum, ut pro prima culpa non moriantur, sed oculum perdant, de secunda verò culpa nasus ipsius latronis capuletur; de tertia verò, si se non emendaverit, moriatur. XII. Als Bernhardus, Caroli Magni Enckel / einer Cospiration nebst andern überwiesen wurde / muste er mit unverwandten Augen in ein gülden Becken sehen / welches gegen die Sonne gesetzet war / so lange biß er verblindete. D. Aug. Pfeiffer / in den Erquickstunden / pag. 184. ex Pontani Attic. Bellar. p. 2. pag. 27.
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Man saget auch von denen Affen / daß wenn sie in einen Spiegel sehen / sie in sich selbst so verliebet werden / daß sie so lange in denselben hinein jucken / biß sie verblinden. Picinell. Mund. Symb. lib. 5. cap. 45. §. 632. pag. 422. XIII. Herbert, ein Graff zu Rothenburg / hat etliche ungerechte Richter / weil sie einen arme̅ Weibe nicht zu ihrem Recht verhelffen wollen / beyde Augen / dem einen aber nur eins / der sein Gevatter war / ausstechen lassen / damit er die andern heimführen könte / und auf ihre Häuser einäugigte Köpffe / von Thon gebildet / zum ewigen Andecken / setzen lassen. Reinbold à Derschau, c 12. hodosoph. lib. 3. Stiefler / im Geistlichen Histor. Schatz / c. 25. p. 1604. XIV. Da die Polen das Städlein Vissicza, durch Verrätherey eines Ungarn / von den Reussen eingenommen / befahl der Fürst / dem Verräther / an stat des Recompenses, die Zunge auszuschneiden / beyde Augen auszustechen / und das Gemächte abzunehmen. Idem Stiefler / c. 11. p. 591. XV. Käyser Fridericus Barbarossa hat denen Uberleuffern und Verräthern die Augen aus stechen / und die Zunge aus schneiden lassen. Günther, lib. 8. vers. 400. XVI. Ja man hat vor alters denen Juden / welche nicht zu rechter Zeit bezahlten / was sie schuldig wahren / entweder eine Hand abgehauen / oder die Augen ansgestochen / oder sie wohl gar üms Leben gebracht. Alex. ab Alexand. lib. 6 Genial. dier. c. 10. Sauter. in prax. Bancaeruptor. p. 3. c. 2. pag. 49. & 50. XVII. Herodotus meldet / daß als eins mahl ein Schafhirte geschlaffen / und der Wolf inzwischen 60. stürck von der Herde nieder gerissen / die Bürgerschafft diesen Hirten wegen seiner Unachtsamkeit die Augen ausstechen lassen. Stiefler / in Geistl. Histor. Schatz / cap. 31. pag. 913. XVIII. Michëel Ducas, Griegischer Käyser / hat seinen Stiefvate Romano die Augen ausstechen lassen. Weil man ihn aber nicht recht verbunden / als schwor ihm das Haupt auf / u. wuchsen Würme in den Löchern / daß er mit grausamen Schmertzen sterben muste. Gottfrid / in der Histor. Chron. p. 522. Welcher noch viele Exempel grosser Herren / und anderer / denen die [922] Augen ausgestochen worden pag. 450. 454. 457. 462. 485. 496. 501. 508. 514. 560. 562. 570. 608. 651. 816. anführet. XIX. Johannes Maria, Hertzog zu Meyland hat einem Schützen das eine Auge / so er im Schiessen allewege zu gehalten / aus stechen lassen / auf daß er mit dem andern desto schärfer sehen / und besser treffen könte. Zeiler, Epist. 27. XX. Das Ausstechen der Augen ist in Griechenland gar gemein gewesen / sonderlich aber hat man dadurch diejenige untüchtig gemachet / vor welchen man sich gefürchet / daß sie mit der Zeit den Regenten des Landes so zu reden die Schue austreten / und an deren Stelle sich eindringeu möchten. Zonaras, tom. 3. Egnat. lib. 2. XXI. König Peter in Ungarn ist auf der Jagd gefangen / und ihn die Augen Anno 1047. ausgestochen worden. Ex Spangeberg, & Herman. Contract. Gottfrid / in der Histor. Chronic. p. 514. XXII. Anno 1366. hat ein Edelmann in Königrech Böhmen / Zahora genant / den Gottesdienst verachtet / die Kirche seinen Unterthanen verbotten / und sie nicht auf den Kirchhoff / sondern in den Wald begraben lassen. Als der Pfarrer ihn hierauf angeredet / hat Zahora ihn ins Gefängnis geworffen. Da nun der Pfarrer / auf Vorbitte / loß kommen / ziehet er gen Praga / und verklaget Zahoram bey dem Official, auf die Citation stellet er sich kranck / verspricht in sinen Antwort Schreiben / sein Leben zu bessern / und den Pfarrer wieder anzunehmen. Da dieser nach Haus kommet / läst er ihm beyde Augen ausstechen / hingegen hat Kayser Carl der IV. dem Zahorae zu Prage für allen Volck beide Augen wieder ausstechen lassen / der drauf am dritten Tag gestorben. Henr. Roch in der Böhmischen Chronic. p. 9. Zeiler, Epist. 27. alwo dieser letztere hinzu thut / daß der Edelmann viel Geld erlegen wollen / nur daß er die Augen behalten möchte / der Kayser aber hat das Geld nicht annehmen wollen / sondern die Execution vor sich gehen lassen / sagende: es könte kein Mensch dem andern sein Gesichte bezahlen. XXIII. In der Insul un Königreich Ormus, in den Orientalischen Indien / ist der Landes-Gebrauch / daß der jenige / so zum König erwehlet / so bald allen seinen Brüdern / und denen / welche ihm / dem König / am nehesten ver [923] wandt sind / von Mänlichen Stamm allen die Augen ausstechen lässet: Doch bekommen sie ihren unterhalt reichlich / so lange sie leben: Den sie haben zu Ormus ein Gesetze / daß keine blinde Person zum König mag angenommen werden / und regieren / drum lassen sie dieselben blenden / desto sicherer zu seyn / und das Land in Friede und Ruhe zu besitzen. Lindschott / part. 2. Ind. Orient. cap. 6. pag. 25. XXIV. Schach Abas König in Persien hat seinen 2. Söhnen in Zorn den einen die Augen ausstechen / den andern aber blenden lassen / und also zur Regierung untüchtig gemacht. Olear. in der Pers. Reise-Beschreib. pag. 435. ed. vet. Schach Sefi König in Persien hat seinen jüngsten Bruder / von einer Concubin gebohren / die Augen ausstechen / zu obigen beyden thun / und in die Vestung Alamuth bringen lassen / hernach aber / weil sie doch auf der Welt nichts mehr nutze / von der Vestung herab auf einen Felsen stürtzen lassen. idem pag. 438. XXV. Jener ruchlose Mensch jagte sein Gütgen durch die Gurgel / legete sich hernach (wie es gemeiniglich zu geschehen pfleget] auf Diebes griffe. Nun begab sichs / daß eine Leiche mit kostbaren Schmuck begraben ward / auf dieselbe machte der böse Bube einen heimlichen Anschlag / ging / als die Trauer-Leute nach Haus wahren / ins Todten-Gewölbe / unter den Schwibbogen / zog den Cörper nacket aus / und hinterließ nichts / denn nur ein leinen Tuch. Er war kaum aus dem Grabe gestiegen / wie ihm reuete solches vergessen zu haben / kehrete demnach wieder um / und hohlete es auch. Hört / was geschicht? der Todte richtet sich auf im Sarge / ergreifft seine beyde Augen / und macht ihn blind / er kahm / voll Augst und Schrecken / genau hinaus aus der Grufft / und muste die Zeit seines Lebens betteln. Ex Joh. Moscho, in prat. spir. Henric. Stiefler / im Geistlichen Hist. Schatz / c. 32. pag. 2166. XXVI. Hertzog Rudolph in Beyern / Pfaltzgraff am Rhein / ließ seinen Rentmeister / Otto Vuandörffern / dererst bey ihm in grossen Ansehe̅ war / aber grosse Gewalt im Lande verübte / u. des Hertzogs Frau Mutter sehr veleumdete / die Augen ausstechen / und die Zunge aus den Rachen schneiden. Aventin, lib. 7. Chron.
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XXVII. Zu Rostock hat ein Papistischer Priester einen feiten Tärquast / oder mit Pech beschmierten Besen genommen / und die Worte / so über des ersten Lutherischen Predigers / M. Joachim Schlüters Hauß-Thür geschrieben stunden / V. D. M I. AE oder GOttes Wort bleibet in Ewigkeit! verdunckel / alleine GOtthat ihn hernach die beyde Augen wieder ausgelöschet. Heinr. Meyer / cap. 23. Auszug Rostocher Chronic. XXVIII. Bey den Chinesern ist dieses die aller grösseste Schmach / damit sie einen ehrlichen Mann einen Schandfleck anhengen können / wenn man ihn Katzen-Auge heisset. Bandier, enl' Histoire de la Cour du Roy de la Chine, pag. 24. Zeiler, Epist. 604. circ. fin. pag. 717, XXIX. Sonsten findet man auch / daß bey Verfolgung der Christen unter den tyrannischen Käysern / sonderlich unter dem Diocletiano vielen Märtyrern die rechte Augen ausgestochen / und mit spitzigen Griffeln durchbohret worden. Ja man hat etlichen die Augen gar mit Kalck und Eßig ausgebeitzet / von welchen man nach der Länge bey dem Gallonio, pag. 522. & 523. und D. Casp. Sagittario, cap. 16 §. 7. & seqq. us??? 11. de Cruciatibus Martyrum lesen kan. Drum auch Käyser Constantinus dem Heil. Mann GOttes / und Bischoff in Egypten / Paphnutium so offt derselbe zu ihm kommen / ümfangen / und das Auge / so ihm der Röm. Käyser Maximinus, üm Bekäntnis Christi willen / ausstechen lassen / geküsset. And. Hondorf / Cal. Hist. pag. 47. XXX. Der Philosophus Democritus hat sich selbsten geblendet / damit er in seinen Meditationibus nicht verhindert würde. Zeiler, Epist. 27. Und als Anno 656. der alte Audomarus durch Vorbitte der Bischöffe / und anderer / sein Gesichte wieder bekahm / wurde er drüber unwillig / dieweil er dafür gehalten / daß ihm die Blindheit zu seinem Heil und Wohlfarth gegeben / und daher wieder blind worden ist. Crus. part. 1. Annal. Suev. lib. 10. c. 8. XXXI. Der königliche Professor / und gelehrte Mann Johannes Passeratius, als er blind worden / hat die Blindheit in einer besondern Oration mit höchsten Lob heraus gestrichen.
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XXXII. Allein man mag dieselbe loben / wie man will / bleibet es doch bey den alten Sprich- und War-Worth: Ein blinder Man̅ / Ein armer Man̅! Und hat ein iedweder GOtt höchlich zu dancken / wenn er ihm das Gesichte lässet biß ans Ende. Zeil. cent. 1. Epist. 27. Oculus enim uti membrorum omnium delicatissimum, ita sanè nullu̅ homini chari??? esse potest. Hinc à Platone, in Tim. p. 1056. Phosphorusfaciei dicitur. Imo hom, utpericulum amittendorum oculorum evitet, omnes possessiones, i e. fundo s suos aliquando Medico promisit, quod uti inciviliter & perfidè factum à Medico, ita Praeses provinciae avaritiam istam Medici coercuit, extortasque possessiones restitui jussit. L. 3. ff. de Extraord. cognit. Nam quid pulchrius lumine oculorum, quo extincto sensuum universa colligatio commoritur, corpus inertia impeditur, pedes cursum negant, oculum ducem reposcentes, manus artes excutiunt simul cum oculo exoculatae. Auris praesentem, si tacet, nequit judicare, lingva vincitur, nosse non volens, cui loquatur. Quamobrem etiam Natura subtilissimo huic membro, quod neque ludum, neque jocum patitur, palpebrarum vestimento subvenit, quo contra injurias aliquo modo se munire possit In Sacris Matth. 6. v. 22. & Luc. 11 c. 37. oculus vocatur Lucerna corporis. & Polemon dicebat: Oculi sunt fores & fenestrae auimi, nec non Ecclasiastes cap. ult. nominat faciem hominis plate am animae: XXXIII. Hinc obiter notantum, AEgyptios oculis maximam attribuisse vim, eorum enim tùm remissione, tùm conjectu, tùm hi laritate motus animi explicari, illosque loqui, quemadmodum affecti simus, crediderunt, &quemadmodum antiqua Gentilium superstitio singulas humani corporis particulas singulos Deos obtinere existimavit, sic oculos Junoni detulerant, illosque in ejus tutelâ fuisse ait Sext. Pomp. Hinc Lucina etiam dicta JUNO, quoniam lucem i. e. visum homini tribuere crediderunt. Tiraqv. in l. 2. Connub. gloß. 1 p. 2. n. 34. Quo referri potest illud Rusini ab Hadr. Jun. Latinè redditum: Lumina Junonis tibi sunt! Ubi tamen quidam per lumina tantùm supercilia intelligunt, illaque solummodo Junoni sacra fuisse, non etiam oculos, quos Cupidini, Veneris filio, in quibus tanquam in specula quadam excubet, [926] tribuit Philostratus, quia illorum fulgur & amabilis intuitus sunt potentissimum amoris incitamantum, & juxta Propertium, sunt in amore Duces, Imò amorem venari oculi dicuntur, sicut Ovidius scribit: Nam formosa foemina, tanquam viscus volucres, Juvenes capit & attrahit, ut non absque ratione Juvenalis prodigii loco habeat coecum amantem: Qui nunquam visae flagrabat amore puellae. De oculorum porrò vi ad excitandum amorem fidem facit Apulejus, lib. 10. quando inquit: Isti tui oculi per meos ad intima delapsi praecordia meis medullis acerrimum commovent incendium. Hinc oculissimum dicimus id, quod est nobis charissimum, sicut apud Plautum & alios frequenter invenimus, eò quod oculorum sensu nihil nobis esse potest charius, nihilque jucundius, quod Muretus ad Catullum notavit. Ambobus mihi quid charius oculis. Salmuth ad Pancirolli nov. repert. tit. 15. XXXIV. Oculos magnos pulchritudine̅ hominis designare volunt, unde Homerus Junonem [Greek words] appellat, i. e. bovinis oculis, & Cicero, ad Atticum Epist. 9. Clodiam illam, Clodii sororem, qua & ipsa Clodius ut uxore abutebatur, eodem epitheto ornat; quin etiam Homerus eodem elogio insignivit Euriphaësam, Solis matrem, in Hymno Solis. Hesychius autem scribit, Junonem primum ab Eupoli ita fuisse vocatam, quod pulchros & magnos haberet oculos, quod tamen verum non est in eo, quod de Eupoli dicit, cum ante eum longo tempore fuerit Homerus; at illud verum est, hujusmodi oculos pulchros & amabiles reputari. XXXV. Oculos illos etiam, quos vocamus glaeucos, coesios, coeruleos, Germ. Graue- oder Katzen-Augen / exinde, quoniam feles istius coloris oculos habent, Cenf. Besold. thesaur- prast. voc. Katzen-Ritter / ibi??? Dither. in notis. multi physiologi referunt inter pulchros, ex iisq; formositatem colligunt, splendoremque in oculis, & glaucum colorem in pupillis acumen ingenii significare scribunt, indeque Pallas ab Homero, lib. 1. Illiad. & ab Hesiodo [Greek words]: i. e oculos glaucos habens, vocatur. Attamen Terentius illos deformitati tribuit, in Heautontim. Ibi: Ruffamne illam virginem, caesiam, sparso ore, adunconaso? non possum pater. Et scribit Aristot. lib. 5. e. ???. de generat. animal, Glaucis oculis sive caesiis plurimum ignem inesse; & Alb. Ma [927] gnus, lib. 1. de Animal. glaucos oculos significare dolosos, aud aces & Martiales. Hinc Tacitus refert, Germanos haberc oculos truces & coeruleos. Guazzus verò lib. 4. de civili conversatione asserit: majorem vim ad incendium amoris inesse nigris oculis, & apud Italos eos maximè laudari, &, tales quoque Veneri oculos fuisse, perhiberi. Apud Ultra-montanos tamen coeruleos oculos primas tenere. XXXVI. Apulejus Fotidis, amasiae suae oculos morsicantes scitè appellat, lib. 2. quemadmodum Horatius oculos in Damalim putres dixit, hoc est in Damalis amorem solutos, quo sensu & Persio, Satyra 5. in Venerem putris est, qui in hanc solutus & profusus, datâ Metaphora à solo, quod 2. Georg. putre vocat Virgilius, & cui putre solum: nam??? hoc imitatur arando. Significans, optimum solum esse solutum: nam cum aramus, hoc agimus, ut terram solutam reddamus. Turneb. lib. 18. advers. c. 27. Artifex quidam Venerem dormientem effinxit, cum hâc inscriptione:
Cave Viator, excites somno Deam,
Sua adaperiens, tua nam??? claudet lumina. Phil. Camer. cent. ???. Hor. subcisiv. cap. 81. p. 309. XXXVII. Allein wir wollen uns in dieser Materia nicht länger aufhalten / indem derjenige / welcher von den Augen / item ihrer Krafft / Glantz und Eigenschafft ein mehrers zu lesen begehret / nesbt vielen andern / aufschlagen kan cit. Camerar. d. tr. cent. 1. cap. 57. per tot. cent. 2. c. 5. & cent. 3. cap. 84. Salmuth. ad Pancirolli nov. repert. tit. 15. Joh. Georg. Schielen / Biblioth. enuclcat. pag. 455. & 456. Guil. Boekel. disquis. de publ. judic. 6. pag. 166. & 167. sondern zum Beschlus dieses Captitels nur mit wenigen noch de effossione oculorum injuriosa & culposa handeln / weil in jure nostro ein und ander Exempel davon vorkömmet / als in L. 5. §. fin. ff. ad L. Aquil. & L. 13. §. 14. ff. Locat ubi sutor discipulum parum benè facientem, quod demonstraverat, forma calcei, quae mustricula Festo dicitur [Germ. ein Schusters-Leist] percussit, ut oculus puero effo deretur. Pari modo Tabernarius quidam alicui, qui lucernam abstulerat, reposcentemque tabernarium flagello, in quo dolon. i. e. cultellus parvus inerat, verberaverat, oculum in rixa effodit.
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L. 52. §. 1. ff. ad L. Aquil. Sic etiam Licurgo Lacedaem. Legis latori Alexander baculo eruit oculum. Plutarch. in ejus vita XXXIIX. Quâ poenâ autem ejusmodi excaecatores hodie puniuntur? Atrocissima enim haec est injuria, L. praetor edixit, §. ult. ff. & §. atrox Inst. de injur. Menoch, de A. I. Q. cas 263. n. 30. ait, Papiae eruenti oculum alteri 200 librarum poenam indici, quam si intra XV. dies non solvat, oculus pari modo ipsi eruitur, secundum illud Evangelium, oculus pro oculo, Matthaei c. 5. v. 38. Sic etiam Imperator Leo in Nov 92. orbatorem unius oculi poenam talionis sustinere jubet, duorum verò oculorum jacturam alicui inferenti, licet dignus sit, ut eandem in coecitatem conjiciatur, tamen solummodo unus eruatur Oculus, & quoniam loco alterius oculi sceleratae manus amputationem pati debeat, illud autem ei, cui nocitum est, nihil prosit, nec in acerbae vitae consolationem id cedat, besse bonorum amissionem manus redimat, sic enim laesus modicum quoddam calamitatis sentit lenimentum, & poena facinoris uno oculo expiatur pauper verò maleficiis, qui nihil habet in bonis, utroque oculo orbatus coecus vivat. XXXIX. Sed cum hodiè Excoecationis poena in desuetudinem abierit, illum, qui alterum oculo orbaverit, pro judicis arbitrio, & qualitate circumstantiarum puniendum volunt, illi, qui oculo carere debet, resarciri debent impensae in curationem factae, & mercedes Medicoru̅, item omne, quod venit sub nomine Interesse, ut sunt operae, quibus caruit, & cariturus est. Et refert Gail. de pac. publ. lib. 2. c. 2. n. 19. aliquando Nobili utroque oculo orbato multa millia pro militaribus officiis, quibus postea cariturus erat, fuisse adjudicata. XL. De jure Saxonico pro effossione oculi, uti Carpzov. Crim. Quaest. 99. n. 34. utplurimum emenda, raro tamen ultra 50. solidos solvitur, quandoque tamen pro qualitate personae laesae usque ad 100. florenos aucta. n. 35. quod diversis praejudiciis confirmat. XLI. Sed quid judicandum de illis, qui per ariolum, magum aut sortilegum oculum erui fecerunt illi, quem de surto suspectum habent [die dem Dieb bey dem weisen Mann / oder weisen Frau ein Auge auschlagen lasse.] Goldast. von Confiscation der Hexen-Güther / pag. 62. lit. C.
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Equidem quia res haec est mali exempli, & plena superstitionis, & maximè in alterius damnum & injuriam fit, de Jure civili capitis supplicio punitur. arg. L 5. C. de Malef. & Mathemat. Autor tamen Consultat. Saxon. tom. 2. part. 4. Quaest. 7. n. 10. & 11. relegationis vel etiam fustigationis poenam substituit. XLII. Das Schlagen auf den Nacken ist auch den Augen schädlich / wie in L. 5. ff. ad L. Aquil. zu sehen / allwo eines Schusters gedacht wird / der seinen Lehrjungen mit einen Leist auf den Nacken geschlagen / ut oculus ipsi perfunderetur, vel ut effunderetur, uti in L. 13. §. 4. ff. locat. legitur, alii legere malunt effo deretur. Sed retinemus lectionem primam, ita ut perfundere idem sit, quod suffundere. Suffusio verò Medicis est concretus humor in pupilla, qui visionem impedit, & inter alia ex ictu capitis oriri solet, cum suffusio in progressu visum planè auferat. Zachias, Quaest. medico leg. lib. 8. i. 1. q. 7. n. 9. Drum auch solch Schlagen auf den Nacken der Kinder deuen Schulmeistern zu verbiethen / wie D. Brunnemann, Comm ff. add. L. 5. ad L. Aquil. n. 5. erinnert. Ja daß des Kindes Vater deßhalben einen solchen unvernünstig schlagenden Schuel- und Lehrmeister actioniren könne / zeiget Moevius. part. 1. Dicis. 21. & D. Stryke, de Jure Sens. Diss. 1. c. 5. n. 4. 5. & 6. Rationem Medicorum quidam hanc reddunt: quia in cervice principium nervorum est, ex cujus percussione nervi optici facillimè laedi possunt. Insignis Medici, Epiphanii Ferdinandi, in Theoremat. M???dic. lib. 1. Theorem. 51. n. 4. judicium hac de re est tale: qui vulnus patiuntur in occipitio, utplurimum caeci evadunt; Ex capitis enim concussione & ictu humor quidam in cerebri substantia redundans, vel sanguis, rupto aliquo vase tenuiore, ad opticos confluxisse dicendus, at que hos obstruxisse, quo videndi facultas dempta. XLIII. Dem Gesichte schadet auch sehr / wenn man strack nach den Essen über die Bücher fält / studiret / lieset oder schreibet. Hieron. Mercurial. tom. 3. consult. 102. in med. Allwo er auch hinzuthut / daß in Blödigkeit des Gesichtes / u. Wehe-thun der Augen / man keinen Wein trincken solle. Eben derselbe Autor in der 66. Consultation d. tom. 3. welche er wegen eines Studiosi Juris, der ein blöde Gesichte gehabt / geschrieben / führet hievon folgende Wort / welche alle Literati wohl beobachten solten: Studia semper temperata sint oportet, nec [930] unqvam in ea incumbatur, nisi ubi stomachus â cibo vacuus est, quandoquidem nihil est, quod aequè oculos laedat, atque legere, meditari, scribere à cibo; ob quod similiter juvabit, libros habere in loco viridibus aut coeruleis pannis obtecto, quibus coloribus oculos infirmos & defatigatos blandè recreari scimus. D. Stryke, de jur. Sens. diss. 1. c. 5. n. 2. & 3.

CAPUT XLIII.
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Von Abschneidung der Ohren und Nasen. I. DIese Straffe ist schon von Alters her sehr gemein und üblich gewesen / und sind damit beleget worden diejenige / welche einer Schand-That / oder sonst groben Bubenstücks halber / in Hafft gerathen / und zwar zu dem Ende / damit durch solche abscheuliche Verstellung des Gesichts Männiglichen die atrocität und Grausamkeit der That repraesentiret und vor die Augen geleget / auch dem Delinquènten selbst ein stetiges Denck mahl seines abscheulichen Verbrechens hinterlassen werden möchte- Adrian. Turneb. lib. 25 adversar. c. 26, Nic Henel, in Otio Uratislav. c. 17. pag. 130. II. Von den Griechen ist sie [Greek words] genennet worden / teste Suida, in [Greek words]. III. Plautus, gedencket derselben auch in Cistellar. ibi: Capillo scisso at??? excissatis naribus. IV. Es haben auch die Könige in Persien ihren Trabanten die Ohren und Nasen abschneiden lassen / welches dem Smerdi Mago von dem Cambyse, wie der noch jung und sein Knecht gewesen / ebenmäßig wiederfahren / und dadurch der Betrug / das er nicht der rechte Smerdes, des Königs Cyri Sohn sey / an den Tag kommen.
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Herod. lib. Justin. lib. 1. c. 9. Dionys. lib. 7. c. 2. Zonar. tom. 1. Annal. Ingleichen denen Gefangenen. Diod. Sicul. lib. 17. V. Apryes, König in Egypten hat einen ehrlichen Mann sein Gesicht geschändet / weßhalber seine Soldaten dergestalt zu Zorn gereitzet worden / daß sie ihre Gemüther gantz von ihm gewendet. Herod. lib. 2. VI. Zopyrus, des Königs Dary vornehmsten Räthe und Freunde einer / schnitte ihm selber seine beyde Ohren / Nase und Lefze ab / und gewan dadurch die grosse und mächtige Stadt Babylon / welche gedachter König fast bey die 2 Jahr vergeblich belagert hatte. idem Herd. lib. 3. Justin. lib. 1. c. 10. Front. lib. 3. c. 3. VII Alexander Magnus hat seinem gewesenen Freunde Telesphoro Rhodio nich allein die Nase und Ohren abschneiden vnd zerstümmeln / sondern auch in einen Kefig stecken / und als ein wildes und unbekantes Thier zeigen lassen. Justin. lib. 15. Seneca 9. de Ira c. 17 Plutarch. in libello de Exilio. VIII. Julius Caesar ist auch gewohnt gewesen / diese Strafe zu exe quiren / inmaßen er den lib. 7. de bello Gallico selber also von sich schreibet: majore commisso delicto, igni atque omnibus tormentis necat: leviori de causa auribus desectis, aut singulis effossis oculis domum remittit. Livius, lib. 29. c. 9. thut derselbe̅ gleichfals meldung / wen̅ er spricht: Milites pseminium ab suis interceptum & seclusum hostiliter lacerant, & propè exsanguem naso auribusque mutilatum relinqvunt. Und Tacitus, lib. 12. c. 14. meldet / de Gotarze Parthorum Rege, qui Meserdatem à Persis expetitum Regem, auribus decisis, vivere jussit. Deßgleichen führet Virgilius, lib. 6. AEneici. an / daß der Deiphobus, welcher mit der Helena Ehebruch getrieben / also gelohnet worden / wenn er ihn folgender Gestalt beschreibet:
Deiphobum vidit lacerum crudeliter ora,
Ora manus??? ambas, populata??? tempora raptis
Auribus & truncas inbonesto vulnere nares. und Martialis, lib 3. Epig. 85, lachet einen Mann / welcher seines Ehebrecherischen Weibes-Buhlen die Nase abschneiden lassen / sehr derb aus / weil derselbe [932] mit solchem Glied nicht gesündiget hätte / es auch nicht groß achten würde: Zumahl das Beste noch in salvo und unverletzt wäre / hisce versibus:
Quis tibi persuasit nares abscindere moecho?
Nil hac peccatum est parte marite tibi.
Stulte, quid egisti? Nihil hic tua perdidit uxor,
Dum sit salva sui mentula Deiphobi. aus welchen abzunehmen / daß diese Straffe in crimine adulterii gebräuchlich gewesen: Immassen auch L. 3. C. de Adult. klar zeiget. Quae constitutio, teste Gothofredo, ibid. sumpta est ex LX. Ecclog. 37. c. 67. & Harmonep. tit. 2. cujus autem sit Imperatoris ignoratur. Nam licet Leo Imperator eandem in Nov. 32. receperit, non se tamen, sed alios autores profitetur; Veruntamen quia cum olim id facinus morte puniretur, visum est posterioribus mitiorem proferre sententiam: At verò nos fere ad benigniora trahimur, quam illi constituerunt poenam, ut nempe nasus detestandis ambobus abscindatur. Hanc & nunc statuimus. Atque haec quidem nefarii istius sceleris esto poena. vid. 4. Harmenop. XII. §. 4. Rittershuf. in Novell. pag. 680. n. 22. D. Stryke, de jur. Sens. Diss. 3. c. 5. n. 15. IX. Die Ursache aber / warum man diesen und andern losen Gesindlein mit der Nasen auch zugleich die Ohren abgeschnitte / soll seyn / weil man davor gehalten / es sey eine Ader hinter den Ohren zubefinden / welche mit dem Saamen eine Verwantnis habe / wenn nun dieselbe geöfnet oder gar inzwey geschnitten würde / könte ein solcher Mensch keine Kinder mehr zeugen / der auch nicht werth wäre / daß von seinen Saamen ichtwas auf Erden überbliebe. Ursill. in §. ex Maleficiis n. 22. cum seq. Instit. de Action. Bodin de Republ. lib. 5. c. 1. n. 506. ubi addit Scytas indignè ferre, quod ad Venerem inepti sint, quapropter sese ipso castrare PAROTIDOS VENAE, quae sub aure latet, SECTIONE. Andr. Knichen, de sublim. & Reg. Territ. Jure c. 3. n. 403. & seq. Schönborn, lib 3. Polit. c. 20. Theod. Reinking. in tr. de Regim. Secul. & Eccles. 2. Class. 1. c. 8. n. 7. Henel. in Otio Uratislav. c. 17. pag. 133. Sithmann, in Specul. Imp. Rom. c. 16. n. 93. Et hoc Medicorum etiam filii Hippocratis authoritate de aëre, aqvis & c. pag. 39. & lib. de fem. gen. natura. p. 43. confirmant, venis post aurem sectis homines fieri infoe cundos, ad Venerem ignavos & impotentes, Ideo ni [933] mirum, quod vel hujusmodi venarum sectio principem illam partem, ac seminis primum opificem, promptissimè & insigniter refrigeret, vel quod plurima pars geniturae à capite juxta aures in spinalem medullam procedat, cicatrice autem per sectionem inductâ, meatus iste sive transitus durescat claudaturque. Quae si quis in dubium vocaverit, is adeat consulatque, Johannem Langium, Epist Med. lib. 1. Epist. 10. Hippocratem, in lib. de aëribus, aquis & locis, pag. 357. Paulum Zachiam, Med. Roman. Quaest. Medico leg. lib. 3. n. 1. Quaest. 5. n. 39 & seq. Wiewohl D. Cornelius Bontekoe, in der weitern Fortsetzung des neuen Gebäudes / der Chirurgi cap. 2. von Aderlassen in addit. ad §. 13. & 14. Item D. Ammann, in Irenico Numae Pompilii cum Hippocrate, pag. 165. & seqq. us??? 168. solche Meinung / als irrig / verwerffen und refutiren. X. Die AEgyptier liessen nebst vielen Schlägen nur allein denen Weibern / so Ehebruch begangen / die Nasen abschneiden / den Männern aber nicht. Diod. Sicul. lib. 1. c. 3. Noverant quippe sapientissimi legum latores, immoderatam & indomitam foeminei sexus ambitionem à libidine & voluptatibus non tam severitate poenarum, quam formae turpitudine & infamia deterreri. Henr. Salmuth, ad Panciroll. nov. repert. de Porcell. tit. 2. pag. 186. Ferner sind auch die gemeine Huren / Item Die Beutelschneider also abgestrafft / damit sie jederman kennen und sich vor dieselbe hüthen und vorsehen könte. Matth. Stephani, in addit. ad art. 198. Const. Crim. Cali V. Gestalt man denn in Käyser Friderici Barbarossae Krieges-Articuln / bey dem Günth. Ligur. lib. 7. v. 282. findet / daß zu der Zeit kein Weibes-Bild im Lager unter den Soldate gelitten worden / sondern wenn sich eine drinn betreten lassen / ist ihr strack die Nase abgeschnitten / der Soldat aber / so [934] mit ihr zuthun gehabt / vorn Schelm weggejaget worden / welches er in folgende Verse verfasset:
Non erit in nostris nobiscum foemina castris,
Qui reus extiterit, spoliis nudatus abidit
Turpiter, & naso mutilabitur illa resecto. add. Pet. Pappi, Krieges-Recht / pag. 605. Käyser Heinrich wolte gleichfals keine unzüchtige Dirne unter seiner Armee wider die Ungarn leiden / weil dabey wenig Glück zu hoffen / und ist der Orth / worauf er das Lager geschlagen / der keusche Berg zum Andencken genennet worden. Er gedachte an Bernhardi Worte: Erubesce volutare in coeno, qui es de coelo. Erasm. Francisci, cap. 54. letzter Rechenschafft. XI. Alexander ab Alexandro, lib. 3. Genial. dierum, gedencket eines Königs in Morenland / der alle delicta, so den Todt verdienet / mit Abschneidung der Ohren und Nasen bestraffen lassen: Damit durch solchen heslichen Spiegel die andern von dergleiche̅ bösen Thaten abgeschrecket werde̅ möchten. Er erwehnet auch ferner eines Königs in Persien / denn er eben so wenig / als den ersten nennet / welcher / als er bey einen Tumult und Aufstand von seinen Unterthanen übel gescholten worden / er denselben fast alle miteinander die Nasen abschneiden lassen. Aripertus hat des Asprandi der Longobarder Königs Gemahlin und Schwester / die er gefangen bekommen / eben auch so schändlich zurichten lassen. Eryc. Putean. Hist. Insubr. lib. 3 pag. 65. Käyser Commodus stellete sich bißweilen wie ein Barblerer / beschur seine Freunde / und gute Bekanten / ehe sie sichs aber versahen / schnit er einen mit dem Scheermesser ein Ohr / dem andern aber die Nase hinweg. Joh. Ludov. Gothfrid, in der Historischen Chronic. part. 4. pag. 347. XII. Bey den Longo bardern hat man die Verräther des Landes / L. de conspiratorib. d aggress. in vico fact. in LL. Longob. Item die Diebe also abgestraffet. Juxta L. de latronib. L. si quis latro. Cod. Longob. de Furtis. Tholosanin Syntagm. Jur. Univ. lib. 31. c. 16. n. 10.
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Welches auch noch an etlichen Orthen in Teutschland / Franckreich / Hispanien / Schweden und Holland üblich seyn soll / wie Joh. Meursius, in Comm. ad Lycophronem. pag. 343. Wehner. Pract. Obs. lit. B. voc. Brandzeichen. Jan. Langlaeus, lib. 10. Semest. c. 2. Wesebec. in [Greek words]. de poenis. n. 17. Petr. Papp. in not. ad Corp. Jur. milit. tit. 8. pag. 385. D. Rudolph. Godofr. Knichen / in Op. Polit. lib. 2. part. 1. c. 13. th. 19. explic. ??? bezeugen Item die Huren Wirte. D. Stryke, de Jure Sens. Diss. 3. c. 5. n. 15. XIII. Die Moßcowiter schneiden gleichfals den Dieben / wenn sie zum andernmahl gestohlen / die Nase oder Ohren ab / und brennen ihnen ein Zeichen vor die Stirn: Keiner aber wird deßhalber am Leben gestrafft / es sey dann ein Mord dabey vorgegangen. idem Papp. pag. 574. Actisaves, König in AEgypten / weil er sahe / daß der Diebstahl bey seiner Regierung sehr gemein werden wolte / machte ein Gesetze / daß allen / so einiger Mäuserey überzeuget worden / der Hencker die Nase abschneiden solte. Er bauete auch eine Stadt in der Wüsten Rinocera genant / [welches so viel heisset / als abgeschnittene Nasen / und gab denen Ohn-Näsichten dahin verwiesenen Einwohnern die Freyheit / daß sie ohne Brillen sehen solten. Strabo, lib. 16. Diebes Histor. lib. 1. c. 7. XIV. Heutiges Tages werden den Soldaten / so Geld auf die Hand genommen / und sich werben lassen / aber zum erstenmahl / da sie etwan noch nicht zum Fähnlein geschworen / ihren gebührenden Sold nicht empfangen / oder sich sonst eine andere erhebliche Ursache darbey ereignet / daß sie mit Fug und Recht nicht aufgehengt werden können / entlauffen / doch wieder ertapt werden / Nasen und Ohren abgeschnitten. D. Heinr. Günther Bötticher, in Disp. inaug. Jenae Anno 1681. habita, de amputatione membrorum, in his, qui delinquunt §. 11. Knichen. d. op. polit. Papp. cit. tit. 8. Allwo Er zugleich meldet / daß vor diesen in der Churfl. Brandenbrg. Vestung Spandau ein Obrister R. und in Preussen ein General Leutenant K. gewesen / welche denen ausgerissenen ohne Unterscheid Ohren und Nasen ab [936] schneiden lassen. Und daher siehet man hin und wieder in den Vestungen und Guarnisonen an denen auf den Märckten / oder andern Plätzen vor die Soldatesca aufgerichteten Schnap-Galgen / mehr als zu viele abgeschnittene Ohren und Nasen angehefftet. XV. Wenn es sich aber begebe / daß man einen solchen Ubelthäter ein oder wohl beyde Ohren abschneiden lassen wolte / und hätte keines mehr / daß es gienge / wie jener Dieb zum Scharffrichter sagte: Man kan ja vor euch Schelmen kein Ohr mehr behalten / Carl. Paul. Höhn / Disput. de cadaverib. puniendorum, cap. 2. thes. 4 in fin. pag. 16. Was alsdan vor Raht? R. bey solchen Fall kan der Richter den Delinquenten mit einer andern wilkürlichen Straffe belegen. Manzius in append. ad Const. Crim. Carol. Menoch. A. J. Q. cas. 589. Socin. c. liberti 61. caus. 12. q. 2 XVI. Item wenn etwan einer im Duel, oder sonst vor dem Feind / oder auch durch einen andern Zufall um ein / oder wohl beyde Ohren kommen wäre / hat er sich bey der Obrigkeit anzumelden / und einen Schein in beglaubter Form auszubitten / drinn attestiret wird / daß er ehrlicher Weise / und nicht durch eine Schand-That die Ohren verlohren habe. XVII. Aurem qui tangit, totum corpus tetigisse videtur, vox est Trebatii in L. 21. pr. ff. de Furt. ejus argumento dico, ignominiam aut injuriam huic membro illatam in totum corpus. i. e. hominem redundare. Proinde si poena resecandae auriculae alicui decernitur, proximus ejus comes est infamia, affinitatem quippe ista habet poena cum manus, pedis, digiti, nasive amputatione fustigatione, aut aliis corporis afflictivis, quas immediate nota infamiae subsequitur- Expediti enim juris est, quod condemnatus ex publico judicio notetur infamia L. 1 ff. de his, qui not. ibique VVesemb. in Paratit. Hartm. Pistor. Obs. 177. Jam verò poena corporalis haec non imponitur nisi ex publico Judicio, & causa famosa conde mnato, utique ergo talis cui per Sententiam auris abscinditur, pro infami regulariter habetur, exindeque fit, ut raro honestioribus illa infligatur, arg. L. 28. § 1. & 2. ff. de poenis, sed plerumque alia substituatur.
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XVIII. Bellisarius, wie Procopius, lib. 1. de bello Gothor. von ihm schreibet / hat einen Uber äuffer und verrätherischen Soldaten / der zu ihm aus des Feindes Lager kahm / die Nase und beyde ohren abschneiden lassen / und ihm also dem Feinde wieder zugeschicket. Der Marckgraf von Pescara hatte befohlen / daß man einen Soldaten / welcher aus der Ordnung gegangen war / die Ohren abschneiden solte: Aber der Soldat rief / er wolte lieber sterben. Da ließ er ihm die Gnade wiederfahren / daß er an den nechsten Baum gehenckt wurde. Bernhardin. de Escalante, dial. 3 pag. 23. b. Papp in annot. des Holländ. Krieges-Rechts / pag. 654. XIX. Olearius, in der Persischen Reise-Beschreibung pag. 171. meldet / daß in Rusland man demjenigen / welcher wieder Verboth Schupf-Toback genossen / die Nasen / zur Straffe / aufschlitzen lassen / und daß ihm viel dergleichen Leuthe begegnet seyn. XX. Käyser Justinianus, wie Pet. Greg. Tholosan. d. Syntagm. Jur. lib. 36. c. 8. n. ult. referiret / hat im Krieges-Recht unter andern verordnet / daß / wenn ein Soldat eine ehrliche Jungfer beschlaffen und schwängern würde / demselben die Nase abgeschnitten / und von seinen Güthern ihr der dritte Theil zugeeignet werden solte. Vid. Speidel. in notab. v. Nase / pag. 894. Ubi addit: Hac lex si praeteritis nostris Germanicis bellis observata fuisset, multas Legiones naribus absciscis conspicere potuissemus, nec chirurgi isti Italici, qui operatione & industria sua nasos restaurare & reficere possunt, suffecissent, sed opus fuisset etiam Germanis Chirurgis, hanc artem & modum curandi addiscendi. Welches man auch wohl bey unsern ietzigen Zeiten von den Franzosen sagen möchte / wegen ihrer an den Rheinstrohm / und in den Spanischen Niederlanden verübten Viehischen Unzucht und Leichfertigkeit. XXI. Robertus, Käyser in Orient, Petri Sohn / hat zu Constantinopel einen Burgundischen Graffen / welcher ein tapfferer Held und Soldat wahr / seine versprochene Braut / eine über alle maße schönes Weibesbild / mit Gewald genommen / und ihm selbst vertrauet. Durch diese Gewalt-That machte er ihm viele von dem Französisch- und Niederländischen Herren zu Feinden / wie denn auch der erste Bräutigam in solche Eiffersucht / oder vielmehr Unsinnigkeit gerieth / daß er ihm einen Anhang machte / in Abwesenheit Käyser Roberti in die Käyserliche Cammer drang / der Braut / [938] [weil sie in solche Entführung gewilliget] erst die Nase / darnach die Gurgel in ihren Bett abschnitt / ihre Mutter aber / als die Kuplerin / vom Fenster herab ins Meer stürtzte. Da Robertus dieses vernahm / satzte er sich gäntzlich für / diese unmenschliche That aufs grausamste zu straffen / eilete demnach auf Constantinopel zu / starb aber vor grossen Unwillen und Grim̅ auf dem Wege in Achaja, Anno 1228. als er noch nicht 7. Jahr regieret hatte. Gotefried / in der Hist. Chron. pag. 578. Bey welchen unterschiedliche Exempel mehr / denen die Ohren und Nasen abgeschnitten worden [welches vor Alters gar gemein wahr] zufinden / als pag. 274. 487. 496. und 405. XXII. Als in dem dreyzehenden Seculo nach Christi Geburth / die Tartarn in Pohlen und andern benachbarten Landen einfiehlen / haben sie von den Christen in einer Schlacht so viel niedergemacht / daß / da sie iedweden nur die Nase abgeschnitten / neun Säcke voll damit gefüllet worden / die Tartarn wahren damahls funfmahl hundert tausend Mann starck. Dubrav. lib. 3. hist. Bohëm. Münster, lib. 4. cosmograph. c. 41. pag. 1181. Del-Rio, lib. 2. disquis. Magic. q. 12. pag. 175. Zeiler, in der 414. Epistel führet gleichfals an / daß als Anno 1552. die Christen die Stadt Segedin in Ungarn denen Türcken abgenommen / und sie denen zum Entsatz des Schlosses ankommenden Türcken entgegen gezogen / sie eine grosse Niederlage erlitten / daß die Türcken damahls 5000. denen Christen abgeschnittene Nasen / mit 40. Fahnen und etlichen Gefangenen / nach Constantinopel geschickt. XXIII. Hierbey wird incidenter gefraget / ob ein Handwercksmann / oder andere ehrliche Person / welche von den Soldaten mit Gewalt und grosser Bedrohung gezwungen worden / einen andern ein Ohr abzuschneiden / üm deswillen aus dem Handwerck zuwerffen / und ihrer Dienste zu entsetzen? welches von D. Richtern / Decis. 80. n. 26. mit Nein beantwortet / auch daselbst mit einem diesfals gesprochenen Urthel bestärcket wird. XXIV. Kluge Politici haben nie darzu gerathen / daß ein Feind den andern beschimpffen soll / so geringe er auch ist / oder wenn er gleich dißmahl gesieget / daß er seine Victorie jenem viel exprobire / es ist offt geschehen / daß so harte / schimpfliche Conditiones groß Unheil verursachet. Man weiß / wie es Anno 1506. zu Gröningen in Sachsen hergangen. Dracksdorf hieß der [939] Oberste / so es belagerte / und wann er iemand von ihnen bekahm / den sch???mpfete er / schnitt ihnen die Ohren ab / brandte sie ins Gesichte / halb machte er dem Weibesvolck die Kleider kürtzer / und ließ sie solcher gestalt in die Stadt lauffen. Einen armen Mann traf er samt seiner Frauen an / und da derselbe keine Ranzion geben kunte / besahl er ihn in die Backen zu brennen / die Ohren abzuschneiden / und an stat eines Emblematis auf den Hut / zuhefften / am Hals einen Hering / ein Bißlein Brodt / und ein wenig Saltz dabey / die Hände ausn Rücken gebunden / und denen Gröningern zusagen: diese Praesente schickte er denen Bürgemeistern. Das aber verursachte er damit / daß sie sich Graff Eckarten ergaben / und die Sachsen ihre Bloquade aufheben musten / weil Succurs und Proviant in die Stadt gebracht wurde. M. Stiefler / im Geistl. Kirchen-Schatz / cap. 28 pag. 1858. XXV. Ein Jurist in Engeland / welcher wieder die Comödien / Täntze und Mascaraden geschrieben / und dieselbigen verdammet hatte / ward deshalber gefangen genommen / ihm die Ohren abgeschnitten / und muste noch darzu 25000. Pfund Sterling zur Busse erlegen. Theatr. Europ ad Annum 1634. pag. 179. Ein anderer / welcher wieder die Königin Elisabeth frevele Reden ausgestossen / verlohr erstlich seine Ohren / muste 5000. Thal. Straffe geben / und ward noch darzu in ein ewig Gefängnis verurtheilet. ibid. pag. 805. Casp. Zillesius, de mulcta & jure mulct andi, cap. 12. n. 142. XXVI. Bey Regierung König Caroli IX. in Franckreich / da man sich noch der Kappen gebrauchte / befand sich eines Tages ein Beutelschneider / so durch dieses Handwerck reich worden wahr / in dem Burgundischen Pallast zu Paris bey einer Comödi / mit einer solchen Kappe / wie sie die Edelleuthe trugen / daran hinten ein Dutzend güldener Knöpffe wahren. Ein anderer Beutelschneider / als er dieses ersahe / hat sich im Gedränge des Volcks nahe hinbey gemacht / sein Meister-Stück zu probiren. Da er nun seine Instrumenta accommodiret hatte / schnitte er einen Knopf nachdem andern fein hübschlich herunter / biß auf den Letzten / welchen er auch allbereit ergriff / solchen abzuschneiden: aber der andere griff ihm in einem Augenblick nach dem Ohr / und schnitt ihm solches herab. Der Beutelschneider schrie: Mein Ohr! Mein Ohr! und der vermeinte Edelmann hingegen / Meine Knöpffe! Meine Knöpffe! Ach Herr sprach jener / da habet ihr eu [940] re Knöpffe / und dieser: Siehe / nimm hin dem Ohr! Also wurden sie mit einander verglichen / wiewohl das Ohr nicht so leicht / als die Knöpffe hat angemacht werden können. XXVII. Si Studiosus desponsatus promittat matrimonium, quando ex Italia venerit, & ibi nasus ipsi fuerit abscissus, desponsata ad nubendum ei compelli non debet. arg. c fin. de conjug. lepros. Barsohamp. de claus. c. 4. n. 25. pag. 61. XXVIII. Ex forma nasi physiognomi multa colligere folent. Sic in vulgus communi opinione fertur: Eine lange spitzige Nase und spitzig Kin / da sitzt der Teufel drinn! Nasum longum & aliquantulum subtilem volunt significare hominem audacem, curiosum in factis, iracundum, vanum, citò tamen convertibilem, ad utrumque debilem & ex facili credentem. Cujus nasus fuerit valde acutus in puncta, & mediocris inter longum & brevem, grossum & subtilem, significare hominem cito irascibilem, rixosum & dedignosum, sagacem, debilem, malitiosum, seductorem, minacem & memorem. Cujus nasus fuerit nimis longus, & in puncta plus subtilis quam grossus & convenienter rotundus significare homine̅ in loquendo audacem, facilè injuriosum, fallacem, invidum, tenacem, cupidum alieni, multis modis latenter malitiosum, uti recenset Michaël Scot. in Physiognom. ad Frid. Imp. c. 4. de Naso. Sed Judicium ex Physiognomia debile ac fallax est. Hinc etiam Nasato rum peculio [ut est in proverbio] miserè decepta fuit muliercula illa, quae nasi magnitudine mutonis quantitatem mente percipiens, at spe frustrata exclamabat: O Nase, quantum me fefellisti! ex Joh. Nevizani Sylva Nuptial. Salmuth, ad Panciroll. nov. repert. tit. 10. p. 424. Von den Adlers- oder Habichts-Nasen hoher Standes-Persohnen / des Frauenzimmers mittelmäßigen / und der Moren breiten und flachen Nasen / Vid. Erasm. Francisci Liebes-Kammer / p. 575. XXIX. In Hessen ist vor diesen einem Oberförster / welcher wieder seine geleistete Pflicht gehandelt / und untreu gewesen / das rechte Ohr abgeschnitten / und er des Landes ewig verwiesen worden. Anton. Seidensticker / in dissert. von Wild-Dieben / th. 16. Granatensis schreibet / daß ein frommer Mann / seiner Kranckheit abzukommen / mit glüenden Eisen sich habe ins Ohr lassen brennen / welches ihm so [941] grosse Schmertzen verursachet / daß er geschworen / er wolte lieber in den strengesten Orden treten / und Lebenslang ein Mönch seyn / denn noch einmahl solchen Zwick aushalten. Gütiger GOtt / ist ein einziger kurtzwährender Eisen- und Ohren-Brand ein so hefftiger Schmertz! O wie wird es erst wehe thun in Ewigkeit / da am gantzen Leibe eine völlige Gluth und Feuersbrunst wird gefühlet werden müssen / da alle Glieder / alle Adern und Nerven / Därme und Ingeweide / Marck und Bein werden durchfeuret werden in der Hölle / nicht anders / als ein Schwam mitten im Meer durchwässert wird. Guilielm Stamhurst / part. 3. de Novissimis. XXX. Joh. Sichard. ad authent. rogatin. 1. C. de testibus scribit, se Noribergae vidisse instrumentum ante octingentos annos confectum, quod in fine adscriptum habuerit: Testibus vocatis, & auribus tractis. Antiqui enim soliti fuere, pro rogatione testibus vellere aures. De Adagio aurem vellere vide Widerum, in der Spichwörter-Postill / pag. 267. & seq. Warum man einen / wenn eine neue Speise aufgesetzet wird / mit einem Ohr-Rupfer pfleget zu erinnern / tradit idem. Dither. in contin. Besold. v. Haarrupffen. XXXI. Ex LL. XII. Tabularum quoque est notandum, quod olim auris illius, qui in jus vocatus comparere recusabat, tangebatur. Verba haec sunt: Si in jus vocet, at??? eat, si vis fuat vocationi, antestaminor: Ni it, aurem capito antestati. i. e. Si adversarium in jus vocaveris, & is vi restiterit, ut vim adhibere necesse sit, testes advocato: Si ita ire nolit, aurem tangito. Mos enim erat in antestatione, ut memoriae causâ Actor auriculam imam tangeret attestati, hoc addito verbo: Memento! Hinc Plinius, lib. 11. c. 45. Est in aure imâ memoriae locus, quem tangentes antestamur, [alii attestamur], ibique Jacob. Delechampius, in annotat, lit. G. pag. 551. add. Joh. Rosin. Antiq. Rom. 8. c. 6. n. 26. Car. Sigon. l. 1. de jud. c. 18. Strycke, de Jure Sensuu̅, dis. 7. c. 1. n. 59. XXXII. Morbi auricularis quoque in jure fit metio, dum hoc morbo laboranti à personalibus muneribus vacatio conceditur in L. 2. C. qui morbo se excus. Quamquam alii pro morbo auriculari alii articulari legere malint Gothof. ad d. l. 2. Morbus auricularis ex frequentato Veneris usu etiam oriri solet. Stryke, dict. tr. dissert. 3. c. 5. n. 3. XXXIII. Testatur porrò Medicorum Schola, auriculis abscissis non amplius exactum sonum, sed instar fluentis aquae per auditum percipi. Paul. Zachias, Quaest. med. Legal. lib. 5. tit. 3. q. 4. n. 24.
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Flexuosam enim meatus figuram in auricula conspicuam ad ipsos sonos, qui aëris motitatione constant, excipiendos praecipuè factam indicant evidenter conchae quaecunque illamet figura cavae flexuosae scilicet & & contortae: Eae enim auribus admotae ex eo solo, quem in se continent aëre, etiam nullo extrinsecus accedente motu, tinnitum edere continenter sentiuntur, adeo facit illa figura, ut aer inclusus sonet, uti ex Galeno notat Francisc. Valles. de Sacr. Philosoph. c. 58. Unde aliquos qui minus liquido auditu uterentur, cavâ manu admotâ auribus, audiisse melius, testatur celeberrimus quondam Galliae Regis Medicus Andr. Laurent. in Histor. Anatom. human. corp. lib. 11. c. 12. XXXIV. Bey den Ebräern war es üblich / wenn sich eine Manns-Person / oder Weibes-Bild als ein Knecht oder Magd verkauffte / musten sie 6. Jahr dienen / in siebenden aber wurden sie frey loßgegeben / doch daß sie nicht leer / oder mit blossen Händen fortgiengen / sondern der Herr ihnen von Schaaffen von der Tenne und Kelter auflegete / sich eine Zeitlang zuerhalten. Wolte aber einer / oder eine nicht frey werden / sondern ferner dienen / nahm der Herr einen Pfriemen / und bohrete ihn durch ein Ohr an der Thür / alsdann musten sie ihr Lebtage / Knechte oder Mägde bey ihn bleiben. Deut eronom. c. 15. v. 12. 13. 16. & 17. XXXV. Auriculam etiam auris esse membrum contra Covarruv. tom. 1. relat. de homicid. part. 3 n 8 affirmat D. Stryke, de Jure Sensuum, Diss. 3. c. 5. n. 19. 20. & 21.

CAPUT XLIV.
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Von Abschneidung der Lippen und Zunge. I. DIe Zunge ist ein edles Glied / und die Sprache eine unschätzbare Gabe Gottes an dem Menschen. Den was in der verborgene Rath-Stube der Vernunfft beschlossen / und in der geheimen Cantzeley des Gedächtnißes aufgezeichnet worden / wird durch den Herold [943] der Zunge und Sprache öffentlich ausgeruffen / daß es andere so eigentlich wissen kön̅en / als wen sie selbst dem Rath-schluß beygewohnet hätten. Und solcher gestalt sind die Reden gleichsam der Menschen sichtbare Gedancken / und unsichtbare Gemählde / darin die verborgene Hertzens-Stube vorgebildet wird. Den wessen des Hertzens-Brunn-Quelle voll ist / dessen läufft der Mund über. Wen nun eine holdselige Rede an den Lippen-Porte aussteiget / kan kein Honig so süsse / Prov. 16. v. 24. kein Seitenspiel so anehmlich / Syr. c. 40. v. 20. und kein Gold so schön seyn / daher auch nicht allein vor trefliche Redner von den Alten sind Gölden-Mund / wie Chrysostomus, oder Golden-Redner / wie Petrus Ravennas genennet worden / sondern man hat auch die Wohlredenheit in gestalt eines Weibesbildes abgemahlet / so einen grossen Hauffen Volcks allerley standes an güldenen Ketten nach sich gezogen / anzudeuten / daß die Redner-Kunst ihr alle Welt könne verbunden machen. II. Wie nun der Mißbrauch in allen dingen schaden kan / also kan auch die Zunge durch unnütze / ob gleich zierlicher / Reden ihr selbst eine Brücke zum Untergang bauen. Die Natur hat den Mund nicht ohne Ursache mit dem Bolwerg der Zähne ümmauret / und mit dem Lippen-Wall ümschantzet / sondern sie hat wollen andeuten / daß die Vestung der Beretsamkeit bisweilen müsse verschlossen seyn / weil ein unbedachtsames Plapper-Maul nicht anders ist als eine Stad ohne Mauren / da einjeder aus und einlauffen kan. III. Wer nun die Thore seines Mundes nach der Lehre Syrachs nicht zu rechter Zeit weiß auf und zu zu schliessen / wird gar offte von den Feinden überrumpelt / ich will sagen / wer nicht reden kan / wen das Sti???schweigen schädlich / und schweigen / wen das Reden nicht vortheilhafftig ist / bringet sich selbst in Schaden / ja offte gar in Leib und Lebens-Gefahr: Zumahl wen er die Rede sichtbar gemachet / und dem Papier vertrauet hat. Michael Weidemann / in seinen alzuberedten Redner Mens. Jul. 1689. pag. 5. & 6. IV. Drum auch die hohe Obrigkeit wohl thut / daß sie die jenige / so mit der Zungen und Lippen gefrevelt / auch an solchem Glied andern zum abscheulichen Exempel bestraffet.
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V. Also erfodern des König-Reichs Franckreich Gesetze / daß ein Gottes-Lästerer zum ersten mahl auf einen Pilar. von ein bis neun Uhren / einen Monat lang gesetzet / mit allerhand Unflat ins Gesichte geworffen / hernacher mit Wasser und Brodt gespeiset wird. Zum andern mal sol man ihn wieder auf ein pilar setzen / und mit einen glüenden Eisen die oberlefzen also aufschneiden / daß die Zähne heraustehen. Zum dritten mahl sol man ihm die unterste Lefzen aufschneiden. Zum vierdten mahl alle beyde Lefzen / und endlich gar die Zunge wegschneiden.
Boer. Decis. 301. n. 15. vcrs. sed per aliorum Regum Franciae ordinationes, & seqq.
Damhoud. in prax. crim. cap. 61. n. 32. & seqq. Welche Straffen auch gradatim bey Regierung König Philippi Valesii an einen solchen Gotteslästerer zu Paris vollstrecket worden. Petr. Gregor. Tholosan. lib. 33. Syntagm. Juris c. 12. Vivius decis. Neapol. 388. Berlich. part. 4. Concl. i. n. 52. Eberhard Speckhan cent. i. q. 93. D. Henr. Günth. Bötticher, disp. inaug. de amput. memb. in his qui delinq. §. 12. St. Ludovicus, König in Franckreich / gebrauchte sich derselben auch / und als etliche sich beklagten / daß solche allzu strenge wehre / hat er drauf geantwortet: Wolte GOtt / daß meine Zunge mit einen glüenden Eisen durchstochen wäre / und man hinführo keinen Fluch / noch Gottes-Lästerung in meinen gantzen Königreich hören solte. Petr. Papp. in annot. über das Holländ. Krieges-Recht pag. 531. Thesaur. decis. Pedemont. 24. Besold. p. 2. Cons. 48. Lud. Gilhausen in arb.. jud. crim. c. 2. tit. de Blasphem. n. 6. & seq. VI. In Hispanien wird denen Gotteslästerern / wen sie zum andern mahl wieder kommen / mit einem glüenden Eisen das Zeichen eines Kreutzes auf die Lippen gebrant / zum dritten mahl aber verliehren sie die Zunge. Das erstemahl werden sie nur geprügelt. Didac. Covarruv. in c. quamvis 2. part. 1. § 7. n. 22. in pr Zu Neapolis wird ihnen die Zunge öffentlich durchboret. Grammat. Decis. 50. n. 1. & seqq. VII. Das Holländische Krieges-Recht will / daß wer den Namen des HErrn lästert / oder misbrauchet / derselbe für das Erstemahl eine öffentliche Ab [945] bitte thun / und dann drey Tage im Gefängnis mit Wasser und Brod gespeiset werden: Zum andern mahl aber ihn die Zunge mit einen glüenden Eysen durchstochen / und bis aufs Hembt ausgezogen / und aus den vereinigten Provintzen verbannet werden solle. Holl. Kriegs-Recht art. 1. Papp. in Corp. Jur. milit. p. 275. Durch gantz Italien ist gebräuchlich / daß man die Gotteslästerer auf die Galeen schmiedet. Farinac. tr. Crim. lib. 1. tit. 3. q. 20. n. 67. VIII. Die AEgypter haben denen Uberläufern und Verräthern die Zunge ausgeschnitten. Diodor-Siculus lib. 2. Bibliothec. cap. 3. Alexandr. ab Alexaud. lib. 2. Gen. dier. c. 13. p. 180. Waremund. ab Ehrenberg in tract. pro foeder. c. 2. n. 80. IX. Artaxerxes ist den Lügen so feind gewesen / daß er auch einsmahl eines Lügners Zunge mit drey Nageln an einen Pfal hefften lassen. Cit. Alexand. lib 6. c. 10. pag. 896. Plut arch. in ipsius vita. X. Die Alte Teutschen haben auch ein scharfes Recht wieder alle liederliche Zungen-Drescher ergehen lassen: Indem sie ihnen die Augen ausgestochen / das Maul zugenehet / oder die Zunge gar aus den Rachen geschnitten. Joh. Stiefler. Geistl. Historien-Schatz cap. 11. pag. 812. XI. In der Peinlichen Hals-Gerichts-Ordnung / Caroli V. art. 198. wird dieser Straffe auch gedacht / so viel die formirung der Urthel betrifft. Als aber wider die Gottesschwerer und Lästerer vorher art. 106. und in den Reichs-Abscheiden / de Annis 1548. & 1557. tit. 1. §. 2. gesetzet worden / daß dieselbe nach Gelegenheit / und Gestalt der Personen und Lästerung an Leib / Leben oder Gliedern gestrafft werden solten / der Zungen aber nicht ausdrücklich gedacht / hat der Chur-Fürst zu Sachsen Constit. 1. part. 4. diese Erleuterung hinzugethan: ibi: Jedoch mit dieser Erklärung / daß die Wörter / mit Benehmung etlicher Glieder / auf die Zunge / damit solche Lästerung verwirckt / zu verstehen sey. Welche auch nachgehends durch das Torgauische Ausschreiben / Anno 1583. confirmiret / und in der Landes-Ordnung / Anno 1612. tit. 2. wiederholet worden. vid. Corp. Jur. Saxon. p. 285. Und hat zu der Zeit der Churfl. Sächß. Schöppen-Stuhl zu Leipzig folgender Gestalt gen Lützen M. Majo 1579. gesprochen: So möchte sie deß [946] wegen für das Rathaus oder Kirche öffentlich gestellet / und hernach it Benehmung eines stücks von ihrer Zungen des Landes ewig verwiesen werden / V. R. W. vid. Eberh. Hoyers Churfl. Brandenb. Krieges-Recht / art. 2. ibi??? annotat. pag. 9. Berlich, part. 4. concl. 1. n. 74. XII. Es ist aber diese Straffe sonderlich in denen Sächsischen Landen in Abgang kommen / und an deren Stelle der Staupen-Schlag mit der ewigen Landes-Verweisung surrogiret und eingeführet worden / teste Carpzov. in Prax. Crim. Quaest 45. n. 31. & part. 4. const. 1. def. 3. n. 7. & 8. Worbey er zugleich anführet / daß in den zwölf Jahren / da er damahls Assessor des Schöppen-Sthuls gewesen / nicht ein einzigmahl obige Straffe erkant worden. XIII. Menoch, de Arbit. Jud. Quaest. cas. 375. & Thesaur. Decis. 241. Haben viel von der Straffe der Gotteslästerer geschrieben / gedencken aber der Ab- oder Ausschneidung der Zungen auch nicht mit einem Wort / sondern incliniren ad poenam arbitrariam, anbey erwehnende / daß zu ihrer Zeit ein Jude zu einen Christen gesagt: La Fede Vostra è da gazzo, vel Fede de gazzi. [Euer Glaube ist ein Katzen-Glaube] nur um Geld gestrafft worden / welches aber / daß der Jude zu gelinde durchgestrichen / Thesaurus, d. decis. n. 6. selber gestehen muß. XIV. Ex Novella quadam Leonis perjuro etiam linguam praesoindi ex Cujacii obs. 13. testatur Gothofred. ad Nov. Justin. 134. cap. 13. XV. Johannes Jessenus, Doctor, Orator & Professor Collegii Carolini zu Prage ist / weil er Pfaltz-Graff Friederichen zu der angenommenen Böhmischen Cron / die er aber nicht lange behalten / in einer Lob-Rede Glück gewünschet / nachgehends gefangen genommen / ihm die Zunge abgeschnitten / und er geviertheilet worden / welche Execution, auf Käyseri. Befehl / der Fürst von Lichtenstein Anno 1621. den 7. Junii, an ihn vollstrecken lassen. Meteran. in 3ten Theil Niederl. Hist. lib. 38 pag 82. in fin. XVI. Man hat auch wohl vor diesen den Gotteslästerern die Zunge an eine Seule / oder auf einen Block genagelt / und sie so lange stehen lassen / biß sie selbsten solche durchgerissen: Immassen der Schöppen-Sthul zu Coburg [947] einsmahl gesprochen: Hat ein Töpffers-Gesell / als er gespielet / Gott gelästert / mit nachfolgende̅ Worten: So Gott nicht so hoch droben wäre / so wolte er sich mit ihn hauen / als ein Schalck mit den andern / er wolte ihm St. Velten geben sc. Wann aber er die Gotteslästerung damahls / oder sonsten / mehr dann einmahl gethan / oder geübet hätte / und er würde dieses bekennen / oder aber überwiesen / möchtet ihr ihn mit der Zunge anf einen Stock nageln lassen / als lang er sie sich selbst ausreissen müste / von R. W. XVII. Und führet Boer. Decis. 301. n. 16. an / daß in Curia Burdegalensi, Anno 1530. d. 20. May einem / der die Jungfrau Maria gelästert / die Zunge abgeschnitten / und er noch darzu decolliret worden. Imgleichen einen / mit Nahmen Huault Girand, sey wegen ausgestossener Gotteslästerung erst die Zunge durchstochen / hernach er verbrant worden. XVIII. Eines Bürgemeisters zu Prage Knecht / Nicolao Diewischen / wurd die Zunge auch mit einen Nagel an einen Pfal geheftet / u. muste also eine Stunde stehen / ist aber wegen grossen Schmertzens den folgenden Tag gestorben. Meteran. d. l. p. 83. XIX. Anno 1672. wurde ein berühmter Jüdischer Medicus daselbsten / so die Jungfrau Maria gelästert / und deßwegen anderthalb Jahr in Arrest gesessen / erstlich mit der lästerlichen Zunge an die Schand-Seule geheftet / hernach mit Ruthen ausgestrichen / und auf ewig der Käyserlichen Erb-Lande verwiesen. Henr. Roch / in der Böhmischen Chronic. p. 112. XX. Anno 1677. Zu Ende des Aprils ist einem Soldaten zu Königs-Grätz / welcher daselbst nach einem Crucifix geschossen / die Zunge zum Nacken heraus geschnitten / und ihme nachmals der Kopf abgeschlagen worden. idem p. 118. XXI. Als der grausame Wüterich Duc de Alba die Holl- und Niederländer wegen der Religion verfolgete / lagen die Gerichts-Plätze mit Blut überschwemmet / die Galgen / die Räder / die Stöcke und Bäume an den Wegen waren überladen mit Leichen der Erwürgten / Enthalseten und Geräderten. Der Schmauch und Rauch von denen unschuldig verbranten überzohe die Lufft mit einen so dicken Qualm / daß die Strahlen der Sonne [948] kaum durchbrechen konten / und daß aller grausamste war / daß man auch selbsten andern Menschen das Weinen und Seufzen über so unbarmherziges Handeln ihrer Bekanten und Bluts-Freunde verbothen / ja sie wohl gar deßwegen / als Verdächtige / gefänglich einzog / u. zur Peinlichen Banck brachte. Die Un-Römische wurden meistentheils verbrant / u. weil sie nach dem Feuer zutreten / und ihr Glaubens-Bekäntnis mit behertzter Zunge zuthun pflegten / erdachte man / solches zuverhindern / ein greuliches Werckzeug. „ Dieses war gleich als ein Schraubstock / darzwischen die Zunge geschraubet ward / welche man voran mit einem glüenden Eisen brante / daß sie aufschwellen / und nicht einwarts schlüpffen solte / und also gaben diese Armselige in der Flamme ein holes dumpfigtes Geräute / und brülten eben als dieselben / die der Sicilische Wüterich in den glüenden Kupffer-Ochsen / den Meister-Fund des Perills / werffen liesse. Philipp. von Zesen / in Beschreibung der Stadt Amsterdam / pag. 148. XXII. Das Stat-Recht zu Nürnberg straffet gleichfals die Gotteslästerer mit Abschneidung der Zunge. Conrad. Celtes, de morib. & Instit. Norimberg. c. 14. Der Rath zu Straßburg hat deßgleichen gethan / wie solches Theodor. Zvvinger, in seinem Theatro vita humana, vol. 6. lib. 5. fol. 3091. erzehlet. Dann es begab sich im Jahr 1569. / daß zween Soldaten zugleich in Hafft genommen worden / der eine / dieweil er GOtt gelästert / der andere / weil er sich seinem Hauptmanne widersetzet. Ob nun schon für den ersten / welcher ein tapfferer Soldat war / grosse Fürbitte geschahe / und für den andern keine / so hat doch obgedachter Rath den Gotteslästerer [unangesehen / er solches in Trunckenheit gethan] die Zunge aus dem Halse reissen lassen / in sonderlicher Betrachtung / daß es sich keinesweges gebühren wolte / daß der Gotteslästerer solte der Straffe erlassen / und der andere / der sich nur an einen Menschen vergriffen hatte / zur Straffe gezogen werden. Papp. cit. loc. p. 532. XXIII. L. Charondas, in Codice Henrici, lib. 8. tit. 1. saget / daß man denen [949] Gotteslästerern keine lindere Straffe anthun möge / als ihnen die Zunge durchstechen / und sie aus dem Lande verweisen. Wormit auch der Capitain Imperiale Cinuzzi, de la disciplina militare l. 1. c. 52. n. 41. übereinstunmet: Doch ist er der Meinung / es wäre besser / daß man sie am Leben straffe / als des Landes verwiese. XXIV. Als Anno 1553. die Wiedertäuffer einen grossen Aufstand in der Stadt Amsterdam angerichtet / wurden ihrer viele enthäuptet / gehengt / geviertheilet und gerädert / sonderlich bekahm Jacob Jansen / oder Jacob von Kampen / der sich vor einen König zu Zion aufgeworffen / und zum Bischoff zu Amsterdam gemacht / seinen verdienten Lohn. Daß schröckliche Urthel wider ihn lautete also: „Weil Jacob Janson / bürtig von Iselmünde unter Mastenbruch / sonsten Jacob von Kampen genennet / sich erkühnet hat / den Bund der Widertäuffer anzunehmen / indem er sich durch Peter Holtzsägern wieder tauffen lassen / und von dem Sacrament der H. Kirchen eine böse Meinung geführet / dem Heil. Christen-Glauben zuwider / auch denen Verordnungen derselben Kirchen / und den geschriebenen Rechten / auch Ausschreiben seiner Königlichen Maj. unsers gnädigsten Herrn / ja / welches ärger ist / das Amt anderen Menschen zu predigen / zu lehren / zu verleithen / und wieder zu tauffen / ihm durch vorgemelten Holtzsäger aufgeleget / angenommen und verrichtet / sonderlich aber in dieser Stadt / als ein Bischoff derselben / auch zu Leiden und Alsmuhr unterschiedliche Leuthe von der Warheit des H. Christen-Glaubens gebracht / verleitet und wieder getaufft hat / welche auch eines Theils [Gott bessere es] in solchen Irthum geblieben und gestorben seynd / in Verstörung des H. Christlichen Glaubens / und Forderung der einfältigen Menschen / durch den vorgemelten Verleither betrogen: Welches alles Sachen seynd / die eine sonderliche Straffe / andern zur Abkehr / vereischen: So ist es / daß meine Herren / die Schöppen / auf den Eisch meines Herrn des Schultzen / wegen S. K. May wieder mehrgemeldten Verbrecher gethan / indem man auf seine Verantwortung und Bekäntnis / auch auf die Beschaffenheit dieser Sachen reiflich Achtung geschlagen / den gemeldten Missethäter durch Verurtheilung verdamt haben / daß er mit einer Bischoffs-Mütze auf seinen Kopf in einem Stuhl auf öffentlichen Blutgerüste vor dieser Stadt aufgerichtet / eine Stunde oder länger / nachdem es de Schultheisse beliebt / sitzen / u. wann er allda so lange gesessen / seine Zunge / damit er seine fal [950] sche Lehre hat ausgebreitet / durch den Scharffrichter abgeschnitten / seine rechte Hand / damit er wiedergetaust hat / und darnach sein Haupt von seinem Leibe gehauen / sein Rumpf mit Feuer verbrant / das Haupt aber mit der Bischoffs-Mütze / und die Hand darbey auf einen Staken / andern zum Lehr-Spiegel / gestelt soll werden. Im übrigen erkläret man seine Güther verfallen / zum Nutzen S. K. Majest. als Graffen von Holland. Geschehen d. 10. Ernd-Monats in 1535. Jahre / in Gegenwart des Schultheissen Gosen Jansen Rehkalbs / und Heimens von Amstel / Jacobsen / Burgem. Simon / Londrisens / Johann Eisbrantsen Holleschohts / Meister Heinrich Dierksens / und Kloß Luhns / Scheppen auf Zustimmen Gerret Andresens und Dierck Hillebrantsens / auch Scheppen. Philipp. von Zesen / in Beschreibung der Stadt Amsterdam / pag. 118. & 119. XXV. Sonsten ist bekant / daß vielen Märtyrern die Zungen gantz ausgeschnitten worden / als dem QUIRINO, Ado 111. Kl. April. ANANIAE prebytero, Martyrolog. Rom. XI. Kl. Maji. S. FLORENTINO, cit. Martyrol. V. Kl. Octob. Hondorf. Calend. Hist. pag. 32. der ANASTASIAE majori, FEBRONIAE, BASILISSAE, AGATHOCLIAE, und unzehlich viel andern Mannes- und Weibesbildern. Dieses aber ist notabel, und ein groß Wunderwerck des Allerhöchsten GOttes gewesen / daß viele Märtyrer / ungeachtet sie keine Zungen mehr gehabt / dennoch deutlich geredet / und GOtt mit heller Stimme gepriesen: Prudentius, in hymnis, de coronis Martyrum. Massen denn auch Käyser Justinianus in L. quas gratias. Cod. de offic. praefect. Praetor. Afr. selbsten bezeuget / daß er etliche derselben mit Augen gesehen / und ihre Rede angehöret / ibi: Vidimus venerabiles Viros, qui abscissis radicitus lingvis poenas suas miserabiliter loquebantur. Notat autem hic Justinianus Vandalicam persecutionem, in qua inter alias poenas hâc ipsâ lingvarum eradicatione Hunericus, Rex, adversus Catholicos saeviit, ut Arii doctrinam sequerentur. Petr. Greg. Tholos. de Republ. lib. 15. c. 5. in fin. And. Hondorf, in Calend. Hist. pag. 2. 4. 5. 11. 32 & 62. Plura vide apud Gallon. de Martyrum Cruciatibus, pag. 423. & D. Casp. Sagittar. eod. trast. cap. 16. §. 38. & seqq. us??? 48.
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XXVI. Worbey ferner zuwissen / daß wenn die Zunge einem Ubelthäter gar ausgeschnitten wird / dieselbe hinten im Nacken pfleget abgelöset / und heraus gezogen zu werden. Zuweilen muß wohl auf Befehl der Obrigkeit der Scharffrichter die herausgeschnittene Zunge / wenn die ausgestossene Lästerungen gar zu groß / dem Delinquenten aufs Maul schlagen. XXVII. Severus, Bischoff zu Alexandria, ein rechter Arrianer, als er ungescheuet viele Läster-Worte wieder Christum ausgegossen hatte / ließ ihn Käyser Justinus sahen / und einziehen / und ließ ihm zur Straffe die Zunge aus dem Halse reißen. Mich. Sachß. in der Käyser-Chronic. part. 2. fol. 30. Idem in Alph. Hist. lit. F. pag. 167. XXVIII. Rudolphus, Pfaltzgraf am Rhein / hatte einen Renthmeister / Otto Wahndörffer genant / der in grossen Gnaden und Ansehen bey ihm wahr / welches er aber sehr gemißbrauchet / und manchen ehrlichen Mann / dem er nicht günstig wahr / mit falschen Bericht in Ungnade und Straffe brachte / und also seinem Muthwillen an vielen übete / weil er Audienz und Ansehen / wie gedacht / bey dem Hertzog hatte / daß / was er vorbrachte / wahr seyn / und gelten muste. Endlich kahm die wohlverdiente Straffe / denn er auch des Hertzogen Frau Mutter einlappen / und Mißverstände zwischen beyden anrichten wolte / welche aber nebst andern treuen Dienern des Renthmeisters Untreu / die er lange geübt / offenbahrte / also daß das Bad über ihn ausgegossen ward. Denn der Hertzog ließ ihm erst die Augen aussiechen / und die Zunge zum Nacken ausreissen / daß er drüber schändlich und schmertzlich sterben muste. Chron. Aventini, lib. 7. Calend. Sturmii, fol. 86. XXIX. Nicht weit von Zeitz wurde einer von Adel / Caspar von Heldorf / von den muthwilligen Soldaten nicht allein ausgeplündert / sondern auch gezwungen / daß er geben solte und muste / was doch nicht in seinem Vermögen wahr / doch sagte er endlich zu / ihnen zu geben: Als sie es nun haben wolten / und ihn vorhielten / er hätte es ihnen ja versprochen / doch die Unmüglichkeit da wahr / er grimmete er im Gemüth also hefftig drüber / daß er vor Sorge und Kümmernis ihm selbst die Zunge zum Maul heraus schnitte / und solche den Soldaten vor die Füsse warf. M. Schacher / conc. 10. pag. 284. Matth. Hammer / in virid. Hist. c. 17. pag. 264.
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XXX. Berosus wahr ein solcher beredter Mann / daß ihm auch nach seinen Tod ein Bildnis aufgerichtet wurne / dem eine güldene Zunge im Munde lag. Graeter, part. 2. Redl. Christen-Hertzen. XXXI. Apud Graecos excaesâ victimá nonnunquam capite & ventre excepto, coetera dabantur Diis, Lingvae verò praeconibus. Gyrald. de Diis Gent. Syntagm 17. Alex. ab Alex. Gen. dier. lib. 4. c. 17. pag. 558. XXXII. Dem General Gewaltiger gebühret heut zu Tage die Zunge von allem Rind-Vieh / so von den Marcketendern / oder andern geschlachtet wird / es sey gleich im Felde / oder Guarnison. Königl. Schwedische Gewaltiger-Ordnung / § 11. Petr. Papp. in Corp. Jur. milit. p. 213. Dither, in contin. Thesaur. Besold. v. Zunge / in fin. pag. 687. XXXIII. Erasmus Francisci, im Neu-polirten Geschicht-Kunst- und Sitten Spiegel / pag 161. schreibet von einem Mönch / Gabriel Andreas genant / dem der Abyßinische König / wegen etlicher freyen Reden / die vorderste Spitze von der Zungen abschneiden lassen / ihn damit zuerinnern / daß er hinführo seine Worte ein wenig besser beschneiden müste / ehe er sie unbedachtsam heraus stiesse. Francisc. Alvarez, in der Aethiopischen Reise-Beschreibung / cap. 113. XXXIV. Wenn ein Ubelthäter ihm selber die Zunge abschneidet / in Meinung / sich dadurch der Volter zuentbrechen / und nichts zubekennen / hat dennoch dieselbe stat / wenn er schreiben kan: wo nicht / wird er pro confesso gehalten: Carer. in praxi crim. de indiciis §. Tertium indicium, in fin. n. 33. Just. Oldekop. obs. crim. tit 4. obs 42. n. 3. Quod intelligo, si plenè convictus fuerit. Stryke, de Jure Sensuum, dissert. 4. cap. 5. n. 31. & 32. XXXV. Nach dem Tode Pisistrati, nahm sich sein Sohn Hipparchus des höchsten Gewalts zu Athen an / als er sich aber desselben mißbrauchte / ist er nicht allein der Herrschafft / sondern auch des Lebens entsetzet worden / aus dieser Ursache. Aristogiton, ein vornehmer Bürger zu Athen / hatte für [953] andern lieb und werth einen edlen Jüngling in der Stadt / mit Nahmen Harmodium, diesem Harmodio hatte Hipparchus etliche mahl unerbare Sachen zugemuthet / unterstund sich auch / seiner mit Gewalt zumisbrauchen. Daher sie beyde bewegt wurden / weil ohne dem Hipparchus zu Athen sehr verhaßt wahr / ihm nach dem Leben zustellen / welches ihnen auch gerieth / daß sie den Tyrannen ümbrachten / wurden aber von den Trabanten / und des Entleibten Bruder / Hippia, ergriffen und hingerichtet. Nun hatte Harmodius eine Beyschläferin / Leaena genant / die ward auch eingezogen / und weil sie nicht auf ihren Bulen bekennen wolte / härtiglich gevoltert. Damit sie aber ja nichts sagen könte / was Harmodio, und andern ihren Bulen nachtheilig wäre / biße sie ihr selbst die Zunge mit den Zähnen ab / und spiehe sie dem Hencker ins Angesicht / muste doch eines weges / wie die andern sterben. Die von Athen haben den Zweyen / so den Tyrannen erschlagen / Bildnisse zu ewigen Gedächtnis aufgerichtet / und Jahr-Begängnisse gegestifftet / dem Weibe aber zu Ehren eine Marmorsteinerne Löwin dabey gesetzt / welche zwar einen offenen Rachen / aber keine Zunge darinnen hatte / denn sie sich schämeten / einer Courtisanin ein Bildnis aufzurichten / wiewohl sie dessen wegen der grossen Gedult und Beständigkeit wohl werth wahr. Justin. lib. 2. cap. 9. Herod. lib. 5. & 6. Thucyd. lib. 6. Gellius, lib. 17. N. A. cap. 21. XXXVI. M. Tullius Cicero, dessen Bücher noch heutiges Tages hoch gehalten werden / ist zwar ein vortreflicher Redner gewest / also / daß man ihn auch Miraculum Eloquentiae zu nennen pflegte; aber da er das Maul mißbrauchte / brachte er sich damit in so grosses Unglück / daß man ihn den Schädel abhieb / die Zunge zum Halse heraus risse / mit spitzigen Nadeln durchstach / ja seinen Kopf und Hand endlich zum Spectacul öffentlich pro rostris aufhengen ließ / maßen hiervon mit mehrern bey dem Plutarcho zulesen. Da hies es: effrenati oris comes est infortunium, wie Euripides saget. Vid. Camerar. tom. 2. oper. subcisiv. c. 39. pag. 134. 135. & 136. XXXVII. Ein leichtfertiger Mensch hatte insonderheit denen Geistlichen übel nachgeredet / da er nun nach langer Zeit im Grabe ungefähr besichtiget worden / soll der Cörper zwar gantz verfaulet da gelegen haben / aber die [954] Zunge ist noch unversehrt gewest / zum Zeichen / daß auch die Würmer einen Abscheu an Verläumdung haben. M. Joh. Stiefler / Geistl. Hist. Schatz / c. 11. p. 841. XXXVIII. Dem Ketzer Nestorio haben die Würmer bey lebendigen Leibe die Zunge ausgefressen. Evagrius, lib. 1. c. 7. Hingegen lieset man von den heiligen Antonio de Padua, einen Hispanier / so bey Zeiten Pabst Gregorii IX. berühmt gewesen / daß / als sein Leichnam viele Jahre in der Erden gelegen / und man ihn ausgegraben / weil sein Cörper an einen andern Orth geleget werden sollen / seine Zunge noch so frisch / und gantz roth gewesen / als ob er neulich erst verschieden wäre. Drum in den Jahr hernach / als Anno 1236. die von Padua eine grosse Kirche zu seiner Ehre erbauet haben. Schedelius, in Chron. aetat. 6. Hondorf. Calend. Hist. pag. 134.

CAPUT XLV.
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Von Zermalmung der Kinnbacken / item Ausschlag- und Ausbrechung der Zähne. I. DIeses ist bey Regierung des Käysers Decii, wie auch Diocletiani, unterschiedlichen Märtyrern wiederfahren / und sonderlich das erste zweyen Soldaten / als dem Papiae und Mauro, von welchen Beda, IV. Kl. Februar. also schreibet: Romae natale Papiae & Mauri, militum, tempore Diocletiani, qui videntes constantiam Saturnini & Sisinii, Martyrum, conversi sunt ad fidem, statimque jussum est á Laodicio, Urbis praefecto, ut Os eorum, qui Christum confitebantur, cum lapidibus contunderentur, & retruderentur in carcerem, ubi aptizati sunt â Papa Marcello. Iisdem poenè verbis utitur Ado. Item den Bischoff Polychronio, Beda XII. Kl. Martii, ibi: In babylonia natale Polichronii, E [955] piscopi ejusdem civitatis, qui, praesente Decio persecutore, ore lapidibus laeso manibus extensis, oculos ad coelum elevans emisit Spiritum. Deßgleichen S. Felici presbytero. Martyrolog. Rom. IX. Kl. Jul. weiter Graciliano, und der Jungfer Felicissimae, Martyrolog. Rom. prid. Id. Aug. wie auch S. Zenoni, Martyrolog. Rom. XI. Kl. Januarii, ibi: Nicomediae passio S. Zenonis militis, qui cum Diocletianum Cereri immolantem derisisset, maxillis confractis, dentibusque excussis capite truncatus est. D. Casp. Sagittarius, de Cruciat. Martyr. c. 16. §. 28. & seqq. us??? 33. II. Ferner sind die Zähne ausgeschlagen und ausgebrochen worden der H. Apolloniae, einer betagten Jungfer / zu Zeiten obgedachten Käysers Decii. Dionys. Alexandrin. Epist. ad Fabium Antiochenum, apud Euseb. lib. 6. c. c. 41. Niceph. lib. 8. c. 30. Der Anastasiae, Fabroniae, und andern mehr. Gallon. de Cruciat. Martyr. pag. 420. III. In Hißpanien wird demjenigen / welcher einen Mein-Eyd begangen / oder falsch Zeugnis / auch nur in civilibus gegeben / der fünfte Theil der Zähne zur Straffe ausgebrochen. Covarruv. ad c. quamvis de Pact. in 6 part. 1. §. 7. n. 9. Zahn, de Mendaciis, lib. 3. c. 17. n. 21. IV. König Johannes in Engelland / als er Anno 1206. mit König Philippo in Franckreich kriegete / und dieser ihm die Normandi wegnahm / hat er aus Mangel Geldes die Juden angegriffen / und ihnen ihre Barschafft wegnehmen lassen. Ein reicher Jude aber hatte sein Geld versteckt / und konte niemand erfahren / wo er solches hingethan. Der König ließ ihn gefangen setzen / und alle Tage einen Zahn ausbrechen / biß er es anzeigte. Da man ihm nun sieben Zähne also mit grossen Schmertzen ausgebrochen / war er froh daß er die verborgene Schätze hervor that / welches er auch wohl hätte vorher thun / und die Zähne behalten können. Gotefrid. Hist. Chron. pag. 570. V. Zu Ardebil in Persien hat man einen Wucherer / so Monatlich anderthalben Thalr. pro cento genommen / mit einem Hammer die Zähne ausgeschlagen. Erasm. Francisci, in Neu-Polirten Geschicht-Kunst und Sitten-Spiegel / lib. 2. disc. 8. pag. 403.
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VI. In der Insul Sumatra befleißiget sich das Frauenzimmer auf schwarze Zähne. Weil sie ihnen aber von Natur Schnee-weiß wachsen / so lassen sie ihnen selbige ausreissen / schwartz geätzte güldene / silberne oder stählerne dafür einsetzen / und solches deucht sie der gröste Zierath zu seyn. Erasm. Francisci, in ausländischen Suten Spiegel / lib. 2. cap. 35. pag. 802. VII. Von einen Affen-Zahn / welcher in der Insul Zeilan vor diesen auf den hohen Berg pico d' Adam in einen Kloster aufgehaben / mit köstlichen Edelgesteinen in Gold gefasset / verwahret gewesen / und für das allerkostbareste Heiligthum in gantz Indien / auch eine grosse Wallfarth dahin gehalten / nachgehends aber Anno 1554 von den Portugiesen weggenommen / und von den Indianern 700000. Ducaten in Gold davor gebothen / von dem Portugiesischen Vice Roy in Goa, nachdem der Ertz-Bischoff Don Caspar nicht leiden wollen / daß er zu ferner Abgötterey zurück gegeben werden solte / Beyseyns der Indianischen Abgesanten zu Pulver verbrant / und solcher theils in die Lufft / theils in die See zerstreuet worden / auch wie nicht lange hernach ein Benjane einen andern Affen-Zahn vor den ersten ausgegeben / der eben also verehret worden / vide Dn. Francisci, cit. Oper. lib. 3 p. 1029. & 1030. VIII. Deßgleichen von einen güldenen Zahn / welchen eines armen Bauten Kind in Schlesien Anno 1593. in Munde gehabt / berichtet Zeiler, Epist 78 pag. 48. ibi??? alleg. Wie auch von Steinern Zähnen / so in einer Höle bey Palermo wachsen / und recht als natürliche aussehen: Item von des Helden Stercotheri, so Anno Christi 400. gelebet / Zähnen / deren einer 12. Daumen dick; Und von eines andern Riesens / der Anno 1045. um Martini zu Krems in Oesterreich ausgegraben worden / Zahn / so fünfftehalb Pfund gewogen / kan gelesen werden Erasmus Francisci, im ausländischen Sitten-Spiegel / pag. 124. Theat. Europ. part. 5. fol. 974. IX. Plura de dentibus videsis apud Besold. in Thes. pract. & Dither. in. contin. v. Zahnbrecher / Joh. Georg. Schielen, in Biblioth. Enucl. pag. 225. Rosinum, Antiq. Rom. cum not. Dempsteri, lib. 5. c. 36.
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ubi inter coetera affert, moris fuisse, dentes, ut nitidiores fierent, urinâ quotidie, aut rebus aliis putidissimis levigare. Paul. Zachiam, Quaest. Medico-Legal. pag. 212. 322. 414. 444. 565. & 638.

CAPUT XLVI.
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Von der Schande des Bart-Speiens / und einer besondern Straffe mit Menschen Speichel. Item DE BARBA PICE ILLITA. I. WEnn der grosse Mogol in Indien einem vornehmen Bedienten zwar das Leben schencket / und dennoch einen mercklichen Schimpf erweisen will / so befiehlet er jemanden / der dem Verwircker öffentlich muß in den Bart speien. Welches der Orthen vor die allergrösseste Schmach gehalten wird. II. Wie dann das ins Angesicht speien in Orient auch unter den Juden schon vor langen undencklichen Jahren / bey einer hefftigen Ausschändung / gebräuchlich gewesen ist. Daher der Messias im 69. Psalm v. 9. klaget: Mein Angesichte ist voller Schande / anzudeuten / daß diejenige Schmach / so den Gottes lästerern / und andern losen Leuthen gebührte / nemlich der Jüdische Speiche / ihm in sein heilig und und unschuldig Angesicht gefallen. Und von der aussätzigen Mir Jam spricht GOtt: Wenn ihr Vater ihr inß Angesicht gespeiet hätte / solte sie nicht sieben Tage sich schämen. Numer. c. 11. v. 24. Erasm. Ftancisci, in Neu-Polirten Geschicht-Kunst- und Sitten-Spiegel / fol. 390. III. Bey den Griechen war auch gebräuchlich / daß / wenn sie einen unsinnigen [958] Menschen / oder einen / der die Schwere Noth hatte / sahen / ausspützeten / welches in sinum spuere genennet wurde. vid. Plautum, in Captiv. act. 3. Scen. 4. v. 18 ibi??? Taubmannum, p. 231. Plin. lib. 28. Hist. Nat. c. 4. Joh. Pfeiffer, antiq. Graec. Gentil. lib. 1. c. 61. pag. 174. IV. Anlangend die besondere Straffe mit Menschen-Speichel / schreibet davon Hieronym9: Er habe gelesen / daß die Juden aus Verbitterung den frommen Hur, dessen Ex od. 17. vers. 10. & 12. gedacht wird / als er sie / wegen der Abgöttische̅ Kälber Messe / ernstlich gestrafft / diesen Tod angethan haben / daß sie mit ihm zu einer tieffen Gruben gelauffen / und die gantze Gemeinde beruffen / die alle S. V. ihren Schleim und Rotz auf ihn speien und ausschneutzen müssen / biß er in solchen Stanck gestorben. Franciscus Joseph. Roth / in der 13. Paßions-Predigt / super Matth. Stiefler / im Geiftl. Historien-Schatz / cap 36 pag. 2236. V. Die Bactriani haben die Diebe an eine Seule gebunden / zu welchen ein jeder hingehen / und sie ins Gesichte spützen müssen / daß sie abscheulich ausgesehen. Alexander Sardus, de morib. & ritib. gentium, lib. 2. cap. 27. pag. 159. VI. Ubrigens ist unter andern Grausamkeiten / womit die Christen bey den Käysern und Tyrannen beleget worden / auch eine mit gewesen / daß sie ihnen die Bärthe mit Pech beschmieren / und hernach anzünden / drauf die Haut oben vom Kopf herab ziehen / und also jämmerlich ums Leben bringen lassen: Maßen solches in Actis Stephani junioris, quae exant in Appendice Operum Joh. Damasceni, und bey dem Surio, tom. VII. die XXVIII. Novemb. nach der Länge zu lesen. Wie auch im Martyrolog: Romano, IV. Kalend. Septemb. von St. Hypatio und Andr. Presbyt. item bey dem Ant Gallonio, in tr. de Cruciat. Martyr. pag. 364. und D. Casp. Sagittario, eod. tr. c. 16. §. 49. pag. 181. mit mehrern zu sehen.
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CAPUT XL VII.
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Von Abschneid - und Zerreißung der Brüste. I. DIe Anatomici berichten einmüthiglich / daß wegen der subcilen Adern eine über alle maße hefftige Empfindlichkeit in den Brüsten der Weibesbilder zuverspühren sey. D. Casp. Sagittarius, de Martyr. Cruciat. c. 15. §. 26. pag. 161. II. Welches die Heydnische Tyrannen bey Verfolgung der Christen angemercket / indem sie den Weibesbildern / welche bey dem Christlichen Glauben beständig verblieben / an den Brüsten über aus grosse Marter zugefüget / indem sie solche grausam gezerret / zerristen / und endlich gar abgeschnitten: Immaßen solches der Agathae, Anastasiae, Barbarae, Calliopae, Dorotheae, Encratidi, Erasmae, Euphemiae, Epiphanae, Febroniae, Helconidi, Julianae, Macae, Salamonae, Theclae, Theodosiae und andern begegnet / und wiederfahren / wie bey dem Anton Gallonio, de cruciat. Martyr. pag. 417. & 418. Item supra laudat. D. Sagittario, eod. tract. c. 15. pag. 161. & 162. nach der Länge zu lesen / welche offtmahls so arg zugerichtet gewesen / daß man ihnen das Hertze im Leibe sehen könne. III. Ja es hat ein Ertz - Ketzermeister zu Zeiten Käusers Constantii solchen gläubigen Weibern die Brüste zwischen den Deckeln der Kasten oder Laden abgeschnitten. Martyrolog. Rom. III Kal. April. Socrates, Hist. Eccles. lib. 2. c. 12. IV. Die keusche Jungfer und Märterin Martina ward an vier Pfäle nackend mit Händen und Füssen gebunden / und ihre zarte Haut mit Geisseln zerschmissen. Der Hencker schnitte ihre Brüste in kleine Stückgen / und warf das fromme Mensch / nach ausgestandener vieler Marter / aufs Feuer. Joh. Bockold, in Beicht - Wecker. Ado Kal. Jan. D. Sagittarius, d. c. 15. § 30. pag. 162.
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V. Der gelehrte Mann / Raymund Lullus verliebte sich / als er noch ein Student wahr / in eine von aussen sehr anmuthige Frau / und trachtete mit allen Fleiß dahin / wie er sie zu seinen sündlichen Willen bringen möchte. Dieselbe aber / der mit solcher Eitelkeit wenig gedienet wahr / entblößte / als ihm die hefftige Brunst anstieß / ihre beyde Brüste / welche der Krebs durchfressen / und übel stuncken / Lullus nahm diesen Anblick zu Hertzen / und lebte hernach keusch / daß sich seiner viele verwunderten. Kuhlmann / am 598. Tugend - Blat. VI. Conon ward üm schwerer Anklage willen zum Tode verurtheilet / daß er im Gefängniß sterben solte. Niemand durffte zu ihm gehen / denn seine Tochter Pero, so ein klein saugend Kind zu Hauße hatte / und wurde doch allezeit von den Hütern des Gefängnisses besuchet / damit sie nicht etwas Speise hinein trüge. Als es sich aber lang mit dem Alten verzog / und niemand wissen konte / wessen er doch geleben möchte / gab der Kerckermeister heimlich achtung / und befand / daß die Tochter den alten Bater an ihrer Brust säugte / gleich wie ein Kind / der zeigte dieses der Obrigkeit an / die solche Liebe ihr so wohl gefallen ließ / daß sie dem Alten das Leben schenckte / und die Tochter / wegen der erzeigten Treue / reichlich begabte. Ein gleiches Exempel hat sich auch zu Rom begeben [wiewohl nicht zu einer Zeit] doch mit diesen Unterscheid / daß eine Tochter nicht den Vater / sondern die gefangene Mutter gesäuget / und beym Leben erhalten hat. Valer. Maxim. lib. 9. c. 4. Plin. lib. 7. c. 36. VII. In der Landschafft Mingrelie, Georgie und Imirette, in Asien / bey dem Ponto Euxino, ist der Gebrauch / daß / wen̅ sie mit einem sich in Freundschaft und rechte Vertraulichkeit einlassen wollen / sie demselben adoptiren / und an Kindes - statt aufnehmen: Zu dessen ungefäl schter Bekräfftigung die Weiber ihm die eine Wartze ihrer Brust / üm an derseiben zu saugen / in den Mund geben. Ritter Chardin. in der Pers- und Ost - Indischen Reise - Beschreibung / pag. 207. VIII. Die Stadt Wimpffen an den Neckar - Strohm / in Schwaben gelegen / hat vor Alters Cornelia geheissen / und ist wegen ihrer Befestigung gleichsam ein Asylum aller / die daherum gewohnet gewesen. Als aber Attila der Hunen König / mit seinem Krieges - Volcke solche eingenommen / die Männer niedermachen / denen Weibesbildern aber / nachdem sie geschändet / [961] allen die Brüste abschneiden lassen / soll sie daher nachgehends Weibes-Pein / und zusammen gezogen / Wimpffen genennet worden seyn. Münster. Cosmograph. p. 599. M. Rudolph. Roth, in Attila Hunnor. Rege §. 29. Und solches bestätige auch Oldenburger / in Limnaeo enucleato, lib. 4. c. 63. anführende / daß deshalber noch auf den Rathhause zu Wimpfen folgende alte Reimen zubefinden:
Cornelia war diese Stadt
Verzeitn genant / ietzund so hat
Sie den Nahmen verwandelt / heist
Winipfen / kömt daher wie man weiß /
Daß zu Zeit des Köngs Attila
Die Hungarn sie zerschleiffet gar
All Mannsbild sie tödten behend /
Die Weibsbildr erstlich all geschänd:
Hernach ihr Brüste abgeschnitten /
Darum die Stadt anf Ceutsche Sitten
Weibs - Pein / ietzt Wimpfen / sonst gar fein Mulierum poena zu Latein. IX. D. Benedictus Carpzovius gedencket in seiner Practica Criminali, part. 3. c. 133. n. 34. eines Kerls / der femem Weibe täglich dermaßen an ihren Brüste̅ gesogen / daß ihr die Leibes - Kräffte und ihrem Kinde die Nahrung dadurch gäntzlich entzogen worden. Welchen man durch Straffe davon abhalten müssen / weil er in Güte nicht davon abstchen wollen: das Urthel / von de̅ Churfürst Sächß Schöppen zu Leipzig indieser Sache gesprochen / lautet also: Ist hiebevorn H H. zu Kecht die Straffe des Gefängnisses auf einen Monat lang derowegen zuerkant worden / daß er sein Weib täg lichen dermaßen an ihren Brüsten ausgesogen / daß ihr die Leibes - Kräffte / und ihrem Kinde die Nahrung dadurch gänzlich entzogen worden. Und wiewohl vorberührtem Urthel auch dieses mit angehenckt worden / da er sich des Aussaugens seines Weibes ferner nicht enthalten würde / daß er also dannn einer Loibes-Straffe gewärtig seyn solte; So hat er doch / als sein Weib anderweit auszusaugen sich unterstanden / daher sein Schweher [962] seine Tochter mit dem Kinde zu sich zunehmen verursachet worden sc. So wird vorgedachter H. H. von wegen berührtes seines unziemlichen Vornehmens anderweit auf zween Monat lang mit Gefangnis gestrafft / und darinnen mit Wasser und Brodt gespeiset / mit dieser fernern Verwarnung / da er in künfftigen davon nochmahls nicht abstehen werde / daß mit einer Leibes - Straffe wieder ihn verfahren werden soll / V. R. W. Ad requisitionem Quaestoris in Löbnitz / Mens. Mart. An. 1605. X. Heute zu Tage wenn ein Weibesbild einen grausamen Mord an ihren Mann oder Kindern begangen / und ihr unter andern die glüende Zangen-Risse zuerkandt werden / geschehen dieselbe auch an den Brüsten und Armen / wo es fleischicht ist.

CAPUT XL VIII.
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Von Abhauung der Einger. I. Unter andern Solennitäten / welche bey Ablegung eines Cörperlichen Eydes pflegen vorzugehen / ist auch dieses eine mit / daß der Eyd-Schwerer den Daumen / item den Zeige - und Mittel - Finger der rechten Hand / bey Absch werung des Eydes / nebst den Arm in die höhe heben / und halten / den Gold - und kleinen Finger aber in die Hand aber ein GOtt und HErr aller Dinge bedeutet. Georg. Crauser, Horcolog. Christian. quaest. 8. pag. 52. & 53. D. Stryke, de jure Sensuum, dissert. 7. c. 2. n. 39. so daß Verstand dieser ist / als ob der Eyd - Schwerer sagte: So ferne ich falsch schwere / oder gesch worne Eyde nicht / halte / oder auch die War [963] heit wissentlich und vorsetzlich verhele / so straffe mich die heilige Dreyfaltigkeit an Seel nnd Leib / hier zeitlich und dort ewig. Rauchbar. Quaest. Jur. Civ. tom. 2. q. 2. n. 88. Bechmann, in Jur. Publ. exercit. 3. §. 5. II. Und diese [Greek words] oder Aufhebung der Hand scheinet ihrer Ursprung aus der heiligen Schrifft genommen zu haben / in welcher solch Aufheben eben so viel ist / als schweren / Deuteron. c. 32. v. 40. ibi: Dennich will meine Hand in den Himmel heben / und will sagen / ich lebe ewiglich sc. Textus parallelus est. Num. 14. v. 20. Ezech. 36. v. 7. & ibi glossamarginal. ich hebe meine Hand auf / das ist / ich schwere Frid. Balduin. Cas. conscient lib. 2. c. 9. in fin. III. Die Weibes - Bilder aber heben den Daumen und die zwey folgende Finger bey dem Eydschweren nicht in die Höhe / wie das Mannes - Volck / sondern zum Zeichen der Demuth legen sie solche aus die imcke Brust / und sprechen den vorgelesenen Eyd nach. Jerem. Setser, de jurament. c. 15 n. 20. anzudeuten / daß / gleichwie sie mit den Fingern auf ihr Hertz / so in der lincken Brust befindlich / zeigeten / also auch von Hertzen sie die Warheit bekennen und aussagen wolten / bey Verlust ihrer Seelen Seeligkeit. D. Stryke, d. tr. diss. 7. c. 1. n. 41. Oder / daß der allwissende GOtt ein Hertzenkündiger / Actor. c. 1. v. 24. und seine Augen viel heller seyn / als die Sonne / und sehen alles / was die Menschen thun / reden / gedencken / und schauen auch in die heimliche Winckel / Syrach. c. 23. v. 28. / dergestalt / daß ein solch Weib selbsten sich also vermaledeyet: Wenn ich falsch schwere / oder die Unwarhelt rede / so sey verflucht die Brust / die ich gesogen habe / und der Leib / der mich getragen hat / Luc. c. 11. v. 27. Ja GOtt wolle mir versiegene Brüste / und einen unfruchtbaren Leib geben. Hos. c. 9. v. 14. daß ich keine fröllche Kinder- Mutter werde / Psalm. 113. v. 9. oder da ich ja solte gesegnet werden mit meiner Leibes-Frucht / wie Rahel / auf den Platz bleiben möge. Genes. c. 35. v. 18. Lib. 1. Sam. c. 4. v. 19. Crauser, d. Horcol. q. 8. pag. 61. Henel, in otio Uratislav. c. 15. p. 117. IV. Welche Ceremonie und Gebrauch / ob sie gleich Jacobo Eberten, in tract, Ethic. de jurament. nicht allerdings gefallen / vielweniger die obige Aus [964] legung annehmen will / vorgebende / daß die Urheber solchen Gebrauchs Heyden gewesen / die von der H. Dreyfaltigkeit nichts gewust / sondern eine andere Erklärung mit folgenden Worten thut: INDEX elevatur, aut imponitur Sacris, quod quem jurans sermonis sui testem vocat, eundem vindicem esse velit, si fallat. medius, ut mentis atque affectuum ostendatur integritas, quod media incedens via verum asserat. Jung verò utrumque, ut significetur copulatio jurantis, & eonsensus cum eo, per quem jurat. Limnaeus. Jur. Publ. lib. 2. c. 1. n. 42. so sind es doch feine Theologische Gedancken / dadurch die Heil. Dreyfaltigkeit geehret / und derjenige / so da schweret / von den Mein-Eyd abgeschrecket wird. M. Avianus, in tr. de jure jurand. p. 41. V. Vocatur [Greek words], ein Cörperlicher Eyd. L. 3. in fin. C. si minor se major. L. 1. C. si advers. vend. VI. Bey den Käyserlichen Hoff-Gericht zu Rothweil ist üblich / daß / wenn ein Weibes-Bild ihre Güther verkauffen / oder sonst beständige Verzicht in ein und andern thun will / solches mit Hand und Mund / mit Zopf und Brust geschehen muß / wenn sie vorher auf Befragen gerichtlich bejahet / daß sie es aus guten freyen Willen ungezwungen thue. vid. Ordin. Rotvvilens. part. 11. tit. 10. ibi: „daß die Frau solch Verhaften / Vermachen oder Verzeichnen / oder was sie den thun will / daß ihre Morgen-Gabe berühret / thue mit Hand und mit Mnnd / mit Zopff und mit Brust / und ihres Curators oder Voigts Hand / gegen dem sie das thun will. Und wenn darauf der Hoffrichter den Stab darbeut / so soll er den der Frauen an der lincken Brust vornen setzen / und soll die Frau mit ihrer lincken Hand greiffen zu ihren Haarlock oder Zopf des Haupts an der rechten Seiten / und den Zopf oder das Haar ein wenig hervor ziehen / und mit der Hand den Stab und die lincke Brust vornen begreiffen. add. Wehmer, obsern. pract. v. mit Mund und Hand. &c. VII. Vor Alters bey den Heyden musten die jenige / so einen Eyd schwuren / die Finger auf ihrer Götzen Altar einem legen / oder denselben angreiffent: Quod innuit Cicero, pro L. Flacco: is qui, si aram tenens juraret, crederet [965] nemo. per Epistolam, quod volet, injuratus probabit. Cujus solennitatis etiam Virgilius, lib. 12. AEneid. meminit: Tango aras, mediosque ignes & Numina testor. VIII. Die Römer hielten bey den Eydschwur einen Stein in der Hand / den sie hernach wegwurffen / mit diesen Worten: Si te ego sciens fallam, ita me ejiciat Diespiter Bonis, salvâ urbe & arce, ut ego hunc lapidem! Welches auch geschahe / wenn sie Bündnis mit andern Völckern machten. Polyb. lib. 3. Hist. Pet Greg. Tholosan. lib. 50. Syntagm. Jur. Univ. c. 8. n. 5. Confer. Matth. Wesenb. Pamtit ff. de jure jurand. n. 6. IX. Die Athenienser, wenn sie schwuren / hielten in den rechten Hand einen grossen Kieselstein / in der lincken aber ein Lamm / sagende / wenn sie falsch schwören / oder das / was sie durch solchen Eyd versprochen / nicht hielten / oder untreulich handelten / solte sie GOtt also hinrichten / wie sie dem Lamm thun wolten / dem sie mit dem Kieselstein dem Kopf einschlugen / und zerschmelterten. Auf welche Arth auch ihr General Hannibal geschworen / Livius, lib. 1. decad. 2. Tholosan. Syntagm. Jur. Univ. lib. 1. c. 8. n. 11. X. Die Juden legten bey den Eyd-Schwüren dem andern die rechte Hand unter die Hüffte / wie die Exempel an Abrahams Knecht / Genes. 24. v. 2. item da Joseph seinem Vater Jacob also geschworen / Genes. c. 47. v. 29. ausweisen und bezeugen. Cujus rei hanc reddunt rationem; ideo videlicet tactis femoribus jurasse Abrahami servum, quod inde proditurum esset semen in gentium populorumque omnium benedictionem promissum. Setfer. de juram. lib. 1. c. 15. n. 12. XI. Bey den Christen ist der älteste Gebrauch / daß sie bey Ablegung der Eyde die Finger auf die Evangelia geleget / wovon man nicht alleine in Jure Canonico c. hortamur 20. c. 3. q. 9. sondern auch Civili, als L. rem non novam 14 C. de judic. L. 2. C. de jur jurand. calum. d and. L. cum furiosus 7. §. 5. C. de curat furios. Nachricht findet. Zuweilen hielten sie auch besagte Evangelia beym Schweren in der Hand / hinc formula jurandi. Unde jurans dico per Deum omnipotentem, & haec Sancta quatuor Evangelia, quae in manibus meis teneo. Gregorius, in c. quoties 9. c. 1. q. 1. In den Novellen geschiehet derselben auch Meldung / als in Novell. 9. item Nov. 74. c. 5. & in Nov. 123. c. 7.
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XII. Der Käyser beschweret die Capitulation nach der Crönung mit beyden auf den Altar gelegten Händen / quem ritum ut & juramenti formulam refert Melchior Goldast. Politisch. Reichs-Händeln / p. 1. p. 22. Dn. de Jena, de Elect. Imper. Disp. 5. th. 9. Sleidan. de statu Religion. lib. 2. Die Geistliche Churfürsten / oder Dero Abgesante / gehen alsdenn / nach vollbrachter Messe / zu den Altar / darauf die Messe gehalten worden / woselbst vor dem Evangelio St. Johannis: in principio erat verbum &c. so man ihnen fürleget / sie schweren / dergestalt / daß sie ihre Hände mit Ehrbarkeit auf ihre Brust legen / die Weltliche Churfürsten aber / ohne Unterscheid der Religion, solch Evangelium mit ihren Händen berühren. Aurea Bulla Caroli IV. tit. 2. & ad illam Aurumaeus, disc. 2. v. 7. Die Bischöffe gebrauchen eben die Ceremonien, wie die Geistliche Chur-Fürsten. D. Stryke d. diss. 7. c. 1. n. 20. 21. & 22. quae ipsa pectoris tactio Episcopis ac Ecclesiasticis Electoribus honoris ac reyerentiae causa videtur concessa. Joh. Limnaeus, de J. P. com 1. lib. 2. c. 3. n. 41. XIII. In der Cammer zu Speier / oder nunmehr zu Wetzlar / werden die Eyde auch mit erhobenen Fingern geschworen / und ist weder Fürst / Graff / Freyherr / Geistlicher / Edel oder Unedel davon befreyet. XIV. Und ob wohl einsmahls ein Hof-Prediger an einen gewissen Orth sich weigern wollen / bey dem Eydschwur die Finger aufzuheben / vorgebende / es sey nur eine Ceremonia arbitraria, welche ad essentialia nichts thäte: So ist er doch / seines Einwendens ungeachtet / zu solchen üblichen Gebrauch angehalten worden. Leibius, Respons. Jur. 6. ubi elevationem digitorum planè inter substantialia refert, & exemplum D. Meifarti allegat, qui hac ipsa formâ, elevatis scilicet digitis, juraverat. Von welchen auch nicht leicht abzusetzen / zumahl da GOtt undd ei H. Engel auch mit erhobenen Händen geschworen / wie zum theil droben angeführet / und noch weiter Exod. 6. v. 8. Apocal. c. 10. v. 5. Dan. 12. v. 7. zu sehen. Und wenn schon in einem Urthel oder Bescheide die Worte / mit erhobenen Fingern zu schweren / aus drücklich nicht enthalten: So wird es doch implicitè unter der gewöhnlichen Formul, vermittelst gewöhnlichen Zeugen Eydes / oder vermittels eines Cörperlichen Eydes / mit verstanden.
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XV. Da aber einer durch einen Unglücks-Fall / u. nicht zur Straffe um seine rechte Hand oder Finger an derselben kommen wäre / kan er wohl bey Abschwerung der Eyde die lincke Hand und Finger aufheben und gebrauchen. Speidel. in specul. jur. v. Hand. pag. 564. XVI. An etlichen Orthen pfleget man bey den Eyd-Schwüren Lichter anzuzünden / und wieder auszuleschen / darbey diese Worte brauchend: Eben so tilge der gerechte GOtt deinen Nahmen aus den Lebens-Buch / und lassen dein Gedächtnis stincken / so du mit Falschheit uns / deine vorgesetzten Obern / betreugst / oder mit Unwarheit umgehest. Endlich werden die Kertzen auf den Erdboden geworffen / mit Füssen drüber gangen / und geschicht folgender Wunsch: GOtt zertrete so dein Glück und Wohlfarth / wenn du unrecht hast. Christoph. Nicol. 3. Paßions-Predigt. M. Joh. Stiefler / Geistl. Hist. Schatz / c. 11. pag. 469. XVII. Die Reussen und Liefländer legen ein Stück ausgegrabenen Rasen [Turff] aufs Haupt / nehmen einen Stecken / davon die Rinde abgeschelet / in die Hand / und schweren / anzudeuten / daß / wo ihr Eyd falsch / sie und alle das Jhrige auch gleicher gestalt verdorren / verschwartzen und verarmen möchten / ja sie setzen auch hinzu: So ich unrecht schwere / gehe der Fluch über meinen Leib und Seele / mich / meine Kinder / und alle meine Wohlfarth / biß ins neundte Glied. Idem Ibidem. Mit was vor Ceremonien die Moren schweren / und sich eydlich reinigen / kan man lesen in Erasm. Francisci Guinesischen und Americanischen Bluhmen-Busch / part 2. pag. 72. XVIII. Weil dann nun durch solch Aufheben der Finger der Schwerende GOtt zum Zeugen anrufft / und auf demsleben gleichsam weiset / daß er alle das jenige / was er versprochen und zugesaget hat / treulich und unverbrüchlich halten / und nicht darwieder thun wolle: So ist nicht unbillig / daß / wen̅ er demselben freventlicher / muthwilliger und Eydbrüchiger weise zuwieder handelt / an solchen aufgehobenen Fingern / andern zum Abscheu / Schrecken und Beyspiehl / abgestraffet werde. Massen denn die Straffe der Abhauung der Finger bey ietzigen Zeiten in zweyen unterschiedlichen Fällen noch üblich ist / als: Erstlich / wenn einer vor Gericht üm Geld und Guthes willen / so in seinen Nutzen kommen / einen gelehrten Meineyd geschwo [968] ren / oder einem das Guth durch den Meineyd abgeschworen hätte / nach mehrer Ausweisung der Peinlichen Hals - Gerichts - Ordnung Caroli V. art. 107. also lautend: Welcher vor Richter oder Gerichte einen gelehrten Meineyd schweret / so derselbige Eyd zeitlich Guth antrifft / das in des / der also fälschlich geschworen hat / Nutz kommen / der ist zuförderst schuldig / wo er das vermag / solch fälschlich geschworen Guth / dem Verletzten wieder zuzukehren / soll auch darzu verleumbdet / u. aller Ehren entsetzer seyn. [Concord. l. si quis. major. C. de transact.] Und nach dem im Heiligen Reich ein gemeiner Gebrauch ist / solchen falschen Schwerern die zween Finger / damit sie geschworen haben / abzuhauen / dieselbe gewöhnliche Leibes-Straffe wollen wir auch nicht ändern. Schepliz, ad cap. 45. §. 1. Prompt. Juris Clameri. Henel. in otio Uratislav c. 15. p. 118. Gryph. de Weichbild / c. 67. pag. 167. Perjurium enim grave & atrox est delictum, ita ut ipso homicidio, propter animae periculum & interitum, dicatur gravius. Tiber, Decian. lib. 6. c. 9. n. 1. Rauchbar / part. 2. q. 2. n. 35. Definiri solet mendacium jurejurando firmatum, ad cujus essentiam DD requirunt dolum & fallendi animum. Setser, lib. 1. c. 27. n. 2. pag. 242. de Jurament. Matth. Steph. ad art. 107. const. crim. pag. 126. Vox einen gelehrten Eyd schweren / nihil aliud significat, quam Juramentum ex praevia informatione praesttare; vide Dan. Clasen, ad d. art. 107. pag. 392. & 393. aliàs Jure communi Civili poena perjurii est fustium castigatio, L. si duo 13. §. fin. ff de jure jur. Item temporale exilium, L. ult. ff. de crimine stellionat. Divina ultio, L. 2. C. de jurejurand. & L. c. C. ad L. Jul. Majest. Schneidewin, ad §. postulante n. 117. Instit. de actionib. Fichard. cons. 148. n. 5. vol. 2. Jure Pontificio est excommunicatio. c. ult. 22. q. 1. c si quis convictus, in pr. c. parvuli v. & qui semel. item c. si quis Laicus, 22. q. 5. Clericus autem perjurium committens deponitur, d. c. si quis Laicus v. Episcopus presbyter.
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Hodiè verò poena est arbitraria, puta relegatio, carcer, aut mulcta pecuniaria. Carpz. I. P. F. part. 4. c. onst. 48. def. 6 ibi??? praejudicium. Wenn aber einer einen falschen Eyd geschworen / daraus weder ihm Nutzen / noch einem andern Schade zugewachsen / wird er mit der in dem 107. Articul angeführten Straffe nicht / sondern mit einer gelindern / als Landes-Verwelsung oder Gefängnis beleget. D. Clasen, cit. loc. pag. 396. Allwo er anführet / daß Anno 1672. den 27. Febr ein solcher Casus bey der Juristen-Facultät zu Helmstet vorkommen / daß ein Bürger zu Hallensleben eydlich verneinet / daß er seines Schwagers Hure nicht nach Braunschweig geführet / welches er aber doch hernach gestanden / und vorgeschützet / daß sein Schwager / als ein Gelehrter / ihm weiß gemacht / es hätte mit solchen Eyd nichts auf sich / und er also vermeinet / selbigen wegen des verdächtigen Ehebruchs zu entschuldigen / welchem nur Gefängnis-Straffe zuerkant worden. XIX. Der andere Fall ist / wenn jemand bey der Landes-Verweisung / oder sonsten eine Urphede schweret / weder die gefängliche Enthaltung / noch auch ander aus gestandenes Ungemach / wieder rechtlich zuanthen / sondern an Gleich und Recht sich begnügen zu lassen / oder aber / wen er geschworen / er wolle in so viel Jahren / oder wohl gar Zeit seines lebens / ohne speciale Erlaubnis der hohen Obrigkeit / nicht wieder ins Land / draus er verwiesen worden / kommen / keines derselben aber hält / sondern wissentlich und muthwillig darwieder handelt / sich selber verbothener Weise rächet / oder ohne Scheu im Lande sich wieder einfindet / da ihm den mit guten Fug und Recht seine Finger / so er bey Abschwerung der Urphede aufgehoben / kürtzer gemachet werden. Juxta Ord. Crim. art. 108. ibi: So aber einer eine Urphede mit Sachen / darum er das Leben nicht verwircket hat / fürsetzlichen und frevendlichen verbreche / der sol / als ein Meineidiger / mit Abhauung der Hand / oder Finger / und andern gestraffet werden. Mit welchen auch die Chur-Sächß. Constitution 48. part. 4. überein kommet / hisce verbis: Die / so auf einen geschwornen Eyd verweiset / wissentlich wieder kommen / sollen mit Abhauen der zwey forder Finger / damit sie geschworen / anderweit verweiset werden. Wann aber der Verwiesene zum andern mahl wieder käh [970] me / soll ihm nochmahls ewige Landes-Verweisung mit Staupen-Schlägen zuerkant werden. Würde er aber zum drittenmahl in das Land kommen / so soll er seiner wiedersetzlichen contumacien / auch des reiterirten Meineyds halber / mit dem Schwerd von Leben zum tode gestrafft werden. Und soll eine jegliche Stadt / Ambt und Gerichts-Herr dem andern zu erkennen geben / und drauf Achtung haben / damit die Verwiesene in der Zeit / so ihnen aufferleget / gewislich reumen / und aus dem Lande kommen / und da solches nicht geschehe / soll der Verwiesene von einem jedem Gericht eingezogen / und zu ordentlicher Straffe gebracht werden. XX. Man hauet ihnen aber die beyde gantze Finger nicht glat herab / als den Zeig- und Mittel - Finger / sondern nur das oberste Gelenck von jedem / und verweiset sie wieder aufs Neue. Carpzov. J. P. For. part. 4. Const. 48. def. 2. Dither in contin. Besoldi v. Abhauung der Hand pag. 75. Ita Scabini Lips. contra A. L. M. octob. 1579. pronunciarunt. Verb. sent: Ist A. L. nach geleistetem Urphede des Landes verwiesen worden / deme aber zuwieder er sich unlängsten alhier betreten lassen sc. So wird er / wegen solches begangenen und bekanten Meineyds / Abhauung der förder Glieder der beyden Finger / damit er geschworen / anderweit des Landes billich verwiesen V. R. W. XXI. Wenn aber einer im Churfürstthum Sachsen nur aus dem Weichbild verwiesen ist / und er kömmet wieder / werden ihm die Finger nicht abgehauen / sondern er nur des Landes ewig verwiesen. Idem Carprov. d. p. 4. Const. 48. def. 4. ibi??? praejudicia. XXII. Ebenmessig wird derselbe damit verschonet / welcher nicht dolosè sich wieder eingeschlichen. Ita Scab. Lips. in causa H. N. zu Leipzig M. Jan. Anno 1636. [verb. sent.] Ob nun wohl Inquisit solcher Urpheden zu wieder / sich in diesen Landen wiederum betreten lassen; dieweil er aber dennoch darneben zu seinem Behelff fürwendet / daß er den Eyd anderer Gestalt nicht verstanden / als daß ihme nur allein anher zu handeln verboten worden: Immassen er auch üm keiner andern Ursache willen wieder anher kommen / den̅ daß er seine Schulden bey den Juden einmahnen wolte sc. So verbleibet Inquisit gestalten Sachen nach / mit abhaung der förder Glieder der beyden Finger / damit er geschworen / verschonet. Er wird aber gleichwohl des Landes anderweit billig verwiesen / und darneben [971] ihm mit allen Ernst untersaget / sich ausserhalb Landes die Zeit seines Lebens aufzuhalten / damit nicht künfftig / wenn er zum andern mahl wiederkomme / die Straffe des Staupenschlages / Inhalts Chur Fürstl. Sächß. Constitution, an ihm volstrecket werden möge. V. R. W. Carpzov. d. const. 48. def. 15. XXIV. Begebe es sich den auch / daß solche Person entwerder durch einen Unfall / oder aber auch Meineydes halber / diese 2. Finger schon verlohren hätte / werden derselben nicht noch andere zween abgehauen [wie wohl teste Colero part. 1. Decis. 114. n. 9. der Schöppen-Stuehl zu Jena Anno 1579. M. Novemb. also gesprochen] sondern diese in eine andere Straffe verwandelt / als etwan in den Staupenschlag / wie Hartmann Pistor. obs. 188. n. 3. will / oder aber / wie Carpzov. Quaest. 47. n. 37. & q. 40. n. 47. am besten davor hält / daß in solchen Fall dem Reo die Leibes-Straffe gar erlassen / doch nach geschworner Urphede des Landes wieder zu verweisen / mit der angehengten Commination, Bedroh - und Verwarnung / daß wen er sich wieder einschleichen oder betreten lassen würde / er so dann unfehlbarlich den Staupenschlag bekommen solte. Henr. Günth. Bottich. disp. Inaug. de Amput. memb. in his, qui delinq. th. 18. XXV. Ferner finden sich auch zauberische Abschneidungen der Finger / als der Diebes-Däume. Tiraquell. de Nobil. c. 20. n. 114. Joh. Praetorius de pollice pag. 151. Imgleichen wenn Räuber und Mörder schwangere Weiber bekommen / dieselbe aufschneiden / die Kinder aus dero Leibern nehmen / ihnen die Hände abhacken / die Finger mit Wachs / in des bösen Feinder Nahmen / überziehen / und Diebes-Lichter draus machen / welche sie in den Häusern / da sie stehlens halber ein brechen / anzünden / und da durch machen / daß die Leute in einen tiefen Schlaff fallen / und sich nicht ermuntern können. Carpzov. part. 1. pr. Crim. quaest. 22. n. 59. 60. 61. Alwo er n. 62. folgendes Urtheil / so der Schöppen-Stuehl zu Leipzig Anno 1605 mens. Novemb. nach Wolckenstein gesprochen / anführet: Hat M. W. in scharffer Frage bekand / daß er nebst seinem Gesellens Z. S. Eheweib uf der Strassen erwordet / und ins Wasser geschleifft / dieselbe aber zuvor ausgezogen / und ihr mit seinem Messer ein Stück aus dem Halse / und die lincke Brust abgeschnitten / sein Geselle aber mit seiner Art ihr den [972] Leib aufgehauen / und das Eingeweide / Hertz / Lunge und Leber heraus geriffen / in Meinung die Leibes-Frucht darinnen zu suchen / von derselben die Händlein abschneiden / und Lichtlein daraus zu machen / damit sie ihre Dieberey desto besser vollbringen könten. Desgleichen die abgeschnittene lincke Brust einen Hund fressen zulassen / damit derselbe die Leute auf der Strassen anfallen sollen / und sie solche desto besser fällen mögen sc. So möchte er von wegen der an oberwehnten Z. S. Eheweibe begangenen und bekanten erschrecklichen Mordthat / zu Feimstat geschleifft / und mit dem Rade vom Leben zum Tode gestraft werden. Et in causa Simili nach Merseburg an Küchenmeistern / Mens. Frbr. Anne 1608. Mit welchem fast überein kommet / was Franciscus Torreblanca, in Epitom. Delictor. cap. 22. allwo er de maleficio somnifico handelt / Nrol. 11. & seqq. usque 14. pag. 224. setzet / nemlich: Hoc maleficium fomnificum variè fit, scilicet per appensionem membrorum alicujus cadaveris, ut narrat Caesarius Cister. lib. 6. Miracul. c. 10. aut certis accensis luminibus, quae Apulejus, in Asin. Aur. lib. 1. appellat nebulas somnii. Interdum accedunt pedes vel manus mortuorum, inunctae prius oleo quodam à Daemone accepto, vel ad singulos digitos candelis affixis, ut ex Sagarum confessionibus observat, Remigius, lib. 2. Daemonol. c. 3. &. 4. Interdum facibus excantatis de certo genere lychni, & nota sibi pingvedine, ut singula comprobat exemplis Mart. Del Rio, lib. 3. Magic. p. 1. q. 2. Et his utuntur, ut ipse ait, vel accensis sibi praelucentes, vel eas domi certo loco defigentes accensas, & sopor durat, quamdiu lumen illud ferale: ad quod spectat Medea, apud Ovid. in Herois Flammea subduxi medicato lumine somno Et tibi quae raperes, vellera tuta dedi. XXVI. Sonsten haben sich auch einige in der ersten Kirche gefunden / so ihnen selbsten die Finger abgeschniten / dannenhero die Frage entstanden / ob dieselbe auch / als Verstümmelte / zum Priesterthum zubefördern? die Canones in 6. 6. & 11. dist. 55. distinguiren hie / ob einer aus Vorsatz und mit guten Willen sich die Finger abgeschnitten / oder ob es unversehens und durch einen Zufall geschehen? Bey dem ersten wird er nicht zugelassen / ja wenn er schon in Clericatu ist / wird er vor untüchtig geachtet und entsetzet. Im letztern Fall aber wird er nicht allein admittiret / sondern auch darinnen ge [973] dultet / wie die Päbste Innocentius und Stephanus verordnet. Es setzen etliche hie entgegen das Exempel St. Marci, welcher / wie in der Kirchen-Histori zu lesen / ihm selber einen Finger abgeschnitten / damit er zum Priesterthum incapabel werden möchte / so aber dennoch darzu investiret worden. Aber die Glossa add. c. 6. dist. 55. antwortet / daß solch einig Exempel keine Folge machen könne: Hinc cui medietas palmae, licet casualiter cum digitis abscissa, propter debilitatem & deformitatem membri Missam celebrare Pontificii non admittunt, licet coeteris officiis sacerdotalibus praeesse possit. c. 2. X. de cler. aegro. An is, cui digitus abscissus, sanus reputetur, disces ex L. 10. pr. ff. de aedil. Edict. XXVII. Von der Emenda, Busse / Kahr und Wandel / welche derjenige / so einen andern den Daumen / Finger und andere Glieder des Leibes durch Schlägerey und Verwundung verderbet / unbrauchbar gemacht / abgehauen oder ausgestochen / vor diesen nach Sachsen-Recht praestiren / leisten und gut thun müssen / kan gelesen werden Carpz. part. 2. q. 99. von n. 31. biß 43. und andere DD. so er allda allegiret. Welches aber per Constit. Elect. 42. part. 4. geändert / und dem arbitrio judicis, zum Erkäntnis anheim gegeben worden. XXVIII. Vor Alters haben die Heyden die fünff Finger an ieder Hand der Göttin Minetvae, als heilig / zugeeignet. Servius, in 7. Eclog. Virgilii, Alex. ab Alex. lib. 4. gen. dier. c. 26. pag. 606. Hatten auch ihre eigene Namen / als der Daume Pollex oder [Greek words], quasi altera manus, cujus adjumento reliqui digiti reguntur, & qui socius & adjutor est in unaquaque re. Macrob. lib. 7. Saturn. c. 13. & Pollux, lib. 2. Onomasticôn. Der Zeige-Finger Index oder Salutaris. Sveton. in Augusto c. 80. Cujus interpres Beroaldus putat, hunc ita vocari, quod silentium indicet. Hinc Apulejus, lib. 1. Metam. At ille digitum à pollice proximum ori suo admovens, & in stuporem attonitus: Tace! Tace! inquit. Alii ab indicando vel exprobrando deducunt, quo usum esse crassum oratorem Cic. lib. 2. [974] de orat. & Quintilian. lib. 11. c. 3. notificant. Huc quoque pertinet illud Juvenalis, Satyr. 1. Digito compesce labellum, Accusator erit, qui verum dixerit, hic est. Atque illud Ovidii lib. Metam. 9. non longè à fine, ubi Harpocratem silentii significat, qui digito ad os apposito pingebatur: Quique premit vocem digitisque silentia svadet. Martius Septimius, welcher ein Grob-Schmid / hernach aber Käyser worden / wahr an seinen Zeige-Finger so starck / daß er einen beladenen Karren samt dem Pferden damit zurück stossen / und auf eine andere Stelle versetzen konte: Ja wenn er iemandten nur einen eintzigen Schlag mit solchen Finger gab / wahr es eben / als wenn man ihn mit einen Stab Eisen oder grossen Prügel geschlagen hätte / drum man auch sagte: Er hätte nicht Adern / sondern eiserne Nerven in den Fingern. Trebellius Pollio, in ejus vita. Käyser Tiberius konte mit seinen Zeige-Finger einen frischen Apffel zerreiben. Sveton. in vita illius c. 68. Käyser Claudius Secundus hatte solche starcke Finger / daß er offt auch nur mit einen Schnall oder Nasestüber / den Pferden und Maulthieren die Zähne auschlagen konte. Cit. Pollio, in descript. ipsius vitae. Hingegen hat Käyser Augustus solchen Zeige-Finger nicht wohl brauchen können / wie gedachter Svetonius in seinem Lebens - Lauf meldet / c. 80. Der dritte oder Mittel-Finger war genennet Famosus, petulans & libidinosus: Weil / wenn sie einen beschimpffen / honecken und verächtlich halten wolten / den Mittel-Finger ihm entgegen hielten / die andern Finger aber einwarts schlugen / eben als wenn man bey uns einen die also genante Feige weiset. Martial. lib. 9. Epigramm. 69. Ostendit digitum, sed impudicum, Alconti, Dasioque, Symmachoque. Welches die Griechen, Symmachoque. Welches die Griechen [Greek words] genennet. [Greek words] enim praetentare est digito, an gallinae ova conceperint, die Hüner befühlen / ob sie legen wollen. Rhodigin. lib. 17. Antiq. lect. c. 12. Sicut [Greek words], ubi quempiam flocci facere ostendunt. Idem lib. 26. c. 21. Quare ab Atheniensibus medius Catapygos, quasi Cinaedus & fcortum, adnominatur, quod infamiam incuteret, & convitium faceret, Alex. ab Alex. gen. dier. lib. 4. c. 26. pag. 605.
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Apud Graecos Sycophanta aut Hodidocos, qs. obsessor viarum & latro, vel propudium, convicium censebatur maximum. Vid. omnino Athenaeum Dipnosophistarum lib. 3. c. 3. Rhodigin. lib 18. c. 9. adfin. Erasm. in proverb. Sycophanta. Sicut Persis virum ignaviorem, mulierem appellate nulla insignior contumelia fuit. Herod. lib. 9. Tiraquell. in LL. connub. 9. Aud AEgyptios Asini nomen objectare, magnum erat ingerere probrum, quod Typhonis hostis Osiridis colorem ferret. Quare cum Persarum Regem Ochum summi dedecoris loco AEgyptii Asinum appellarent, in tantum exarsit, ut diceret, faciam, ut hic Afinus vestrum bovem depascatur, quid haud multò post, ingenti coactâ manu, occupata AEgypto, Apim immolavit. Rhodigin. lib. 30. c. 21. Porrò Medius digitus, quia deses & ignavus in medio situs, nulli rei adjumento est, idcirco despectissimus habitus. Qui etiam Verpus dicebatur: namque Judaeis usque eo eviluit, ut interanea exulcerata & putrescentia viscera illo reconderent & foverent. Alex. ab Alex and. lib. 4. Genial. dier. c. 26. p. 608. Verpus à verrendo podice dicebatur, quod potensis duobus aliis utrinque proximis complicatis digitis ingvinis speciem quandam referat. Ob quam etiam causam infamis à Persio, & impudicus à Martiale appellatur. Quod fit, ut Judaei peculiari vocabulo Verpi dicantur, qui praescripto Legis praeputium pueris praecidunt. Martial. Epigram. lib. 7. epigr. 81. Dum ludit media, populo spectante, palaestra, Delapsa est misero fibula, verpus erat. Cumque reliquos auro gemmisque insignirent, hunc prisci Romani nudum & honore destitutum reliquere, veluti infami contumelia notaretur-Galli verò & Britanni medio tantum annulos adjiciunt, illum praecipuo honore colentes. Plin. lib. 33. c. 1. Graecis verò medius non famosi nomen habet, sed mediti: digitis enim apud illos haec indita fuere nomina [Greek words], ac si dicas, pollex, index, medicus, annullaris, auricularis, oder wie man sie ietzt wegen Ansteckung der Ringe nennet: Doctor, Mercator, Stultus, Studiosus, Amator. Zeiler. Epist. 461. Apud Pollucem haec fuere nomina: Antichir aut megas, der Daumen / Lichanos, der Zeigefinger / Mesos, der Mittelfinger / Paramesos, der Gold [976] finger / und endlich Micros oder Parvus der kleine Finger. Der Goldfinger ward von den Römern annullaris & medicus genennet / maßen sie auch an demselben an den lincken Hand die Ringe trugen. A. Gellius, lib. 10. c. 16. Dessen Macrobius, lib. 7. Saturnal. c. 13. die Ursache anführet / daß nemlich ein Nervus oder Aederlein von den Hertzen biß zu demselben Finger rieche / und eine verborgene Zuneigung des Hertzens und Gehirns zu solchem Finger sich befinde. Isidor. lib. 19. orig. c. 32. Vid. Joh. Phil. Pfeiffer / antiq. Graec. gent. lib. 4 c. 11. pag. 626. & 627. Darüber aber Hieronymus Fabritius ab Aquappendente, ein vornehmer Professor zu Padua / nicht einmahl gelacht hat / weil nichts dergleichen in dem menschlichen Cörper bey der Anatomi sich finden / noch sehen lasse. Zeiler, Epist. 63. & 461. Der kleine Finger aber Auricularis, weil man mit demselben die Ohren zu reinigen pflegte. Alex. ab Alex. d. lib. 4. & c. 26. p. 609. Man hatte auch vor Alters den Gebrauch / daß man mit Zück - und Winckung des kleinen Fingers / einen zum Streit und Kampf ausfordere. Hinc Horatius, lib. 1 Serm. Satyr. 4. in princ. Crispinus Minimo me provocat, accipe si vis, Accipe jam tabulas: detur nobis locus, hora, Custodes: videamus, uter plus scribere possit. Ubi Acron & Porphyrion interpretes dicunt, eos solere minimo digito alios provocare, qui volunt postendere, plus esse virium in suo MINIMO DIGITO, quam in alterius toto corpore. Tiraquell. in not. ad Alexand. ab Alex. c. 26. p. 609. lit. K. XXXIX. In auctionibus & locationibus attolere digitum, se emptorem & conductorem; Cic. 3. in Verrem ibi: Ita??? renunciat Rabonius illam Decisionem tutoribus: accurrunt tamen ad tempus tutores, DIGITUM TOLLIT Junius Patruus. In certamine & pugna deditionem; Persius, Satyr. 5. Nil tibi concessit ratio? digitum exere, peccat!
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[Nonnulli tamen hunc locum aliter explicant. Vide Interpretes add. Erasin Chil. 3. cent. 4 c. 14.] Manum verò protendere, pacem peti significabant. Quintil. lib. 11. c. 3. XXX. Aus der Chiromantie setzet Francisc. Torreblanca, in tract. de Magia lib. 1. cap. 9. n 40. von den Fingern folgendes: Digiti subtiles & malè ad invicem cohaerentes, adeò ut aer transpareat notabiliter inter eos, significat subtilitatem ingenii & curialitatem cum loquacitate: Sed contra digiti grossi, & nimium adhaerentes, inter quos aër vix transpareat, hebetem animum simul & avarum, cum invidentia ostendit. Digiti autem extensi & recti bonam complexionem denotant, & subtilitatem ingenii: curvi tamen & intrò versus palmam, auarum & cautum hominem faciunt: reflexi autem ad dorsum manus, simplicitatem animi & parvum ingenium portendunt. XXXI. Decreto Alexandri Falsario cuidam Nervos digitorum incisos legimus apud Salmuth. ad Pancirolli Nov. repert. tit. 2. de porcellan. pag. m. 184. ex Lampridio. Eandemque poenam Falsario Giessae Cattorum Anno 1663. infligi vidisse testatur Dn. Georg. Ludow. Schelhas, Consiliarius Aulae Isnac-Affinis meus honorandus. in Antropolog. MSC. cap. 23. obs. 4. Digitis abscissis totius mannus utilitas tollitur, Paul. Zachias. lib. 5. tit. 3. q. 6. n. 8. In iis enim consistit praecipua manus utilitas. idem. d. loc. n. 13. XXXII. Zu Rom siehet man in der Frauen-Kirch / nicht weit von St. Sabinae Berg / einen runden Stein liegen / derselbe hat Augen / Nase und ein offnes Maul. Hierbey muste vor Alters ein Weib / wenn sie Ehebruchs angeklaget wahr / nieder knien / ihre Finger drein stecken / und also schweren. Wahr sie ohne Schuld / zog sie die Hand gesund wieder heraus / und erlangete grössere Ehre: Im Fall sie aber das sechste Geboth übertreten / biß das Bild ihr die Finger ab. Wenn heute diese Weise die Keuschheit zu probiren / noch üblich wäre / würden sehr viel zerstümmelte Fäuste haben.
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D. Bak, sup. Psalm 51. Erasm. Francisci, im Neu-polirt. Gesch. Kunst- u. Sitten-Spiegel / lib. 2. pag. 357. XXXIII. Apud Valerium Maximum, lib. 6. c. 3. C. Vettienus sinistrae manus digitos sibi abscidisse memoratur, ne bello Italico militaret, quem Senatus publicatis bonis in aeterna vincula conjecit. XXXIV. Extat quoque Lex Constantini lib. 1. Cod. Theodos. de filiis militar. apparitorum & veteranorum. Veteranorum liberos aptos militiae, quorum quidam ut desides recusant militarium munerum functionem, quidam adeo ignavi sunt, ut cum dispendio corporis militiae velint necessitatem evadere, jubemus, si ad militiam inutiles, resectis digitis judicentur curialibus muneribus atque obsequiis adgregari. Consimilia habentur in lib. 4. & 10. C. Theodos. de tironibus. Sed longè severissima est lib. 5. d. tit. Si quis ad fugienda Sacramenta militiae fuerit inventus truncatione digitorum damnum corporis expedisse, & ipse flammis ultricibus concremetur, & dominus ejus, qui non prohibet, gravi condemnatione feriatur. Videtur tamen, hanc poenam locum habuisse in servis duntaxat, supra d. LL. verò in ingenuis. add. Sam. Puffendorff / de jur. Nat. & Gent. lib. 8. c. 2. pag. 1139. XXXV. Anno 1624. im Octobr. hat einer von Adel in Lignitzischen einen Zauberer / Großkopf genant / nebst Versprechung statlicher Verehrung schrifftlich ersucht / ihm einen / mit Nahmen Georg Rudolph / der ihme sehr beschwärlich wäre / aus dem Wege zu reumen. Solches hatte der Großkopf bald gemercket / daß es der Herzog von Lignitz seyn muste. Hat es seinem Herrn Schaffgotschen offenbahret / und dieser bald dem Hertzog seinem Schwager es zu wissen gemacht / worauf der von Adel erfodert / verarrestire / und im December aus dem Gefängnis geschleifft / auf dem Marckt ihme die zwey Eyd-Finger mit glüenden Zangen abgezwickt / darnach enthauptet / endlich geviertheilet / und die Viertheile / auf Vorbitte des Herrn Schaff-Gotschen / unter den Galgen begraben worden. Der Kopf aber wurde auf das Heinauischen Thores Thurm auf eine eiserne Spille gesteckt. Henr. Roch / in der Schles. Chronic. pag. 267. XXXVI. Vor diesen schwuren die Soldaten in der Vestung Castell denen [979] Grau Püntern einen Eyd / daß sie dem Hause Oesterreich wider sie nicht dienen wolten / hieltens aber nicht. Drauf wurden die Mein-Eydige geschlagen / und wie man sie begraben / haben sie ihre Arme aus den Gräbern / und ihre zwey Finger / zu Bezeugung des Mein - Eyds in die Höhe gereckt. M. Joh. Stiefler / in Geistl. Historien-Schatz / c. 11. pag. 479. XXXVII. Eine Müllerin schwur einen Eyd zu Einsdorf / sie hätte sich mit dem Müller nicht verlobt / legete die hand / wie beym Schweren der Weiber gebräuchlich / auf die Brust / und sprach den Eyd nach. In vier Wochen wurde sie hernach kranck / und lag lange darnieder / und konte man ihr die rechte Hand nicht von der Brust wegbringen / starb also endlich / und ward mit der Hand auf der Brust begraben. Bütner, in Epitom. Histor. fol. 406. Matthaeus Hammer, in viridar. Histor. pag. 298. XXXVIII. Die Völcker / welche an der eusersten Spitzen / gegen Sude̅ in Africaso das Vorhaupt der guten Hoffnung benahmet wird / wohne̅ / sehr grob / bestialisch und wild sind / Kaffer / oder Hottentotten von den Holländern genennet werden / haben einen wunderlichen Gebrauch / daß / wenn ein Mann oder Weib gestorben und begraben wird / alle Freunde biß in den dritten Grad / und wenn es auch schon nur ein Kind von einen viertel-Jahr wäre / ihrer alten Gewohnheit nach / ihnen den kleinen Finger an der lincken Hand abhauen / und mit ins Grab zum Todten werffen. Wenn aber der Verstorbene viel Vieh gehabt hat / und etliche Freunde nach sich verlässet: So müssen dieselben / die solches Vieh erben / als eine Schwester von der andern / eine Tochter von der Mutter / eine Mutter von der Großmutter / von jeden kleinen Finger ein Glied ablösen lassen / ehe sie das Vieh ohne Vermachen / zu sich nehmen dürffen. Denn der Krancke vermag auf seinem Todt-Bette nicht das geringste wegschencken / als denen allein / die es als rechtmäßige Erben haben sollen. Aber sie sehen nicht gern / daß jemand stirbet / darum lassen sie / sobald einer kranck wird / den Wund-Artzt holen / welcher gantz kein Werckzeug / noch einige Salbe bey sich führet / als nur ein scharffes zweyschneidiges Messerlein / und ein langes Eisen / daß voran ein Knöpgen hat. Dieser lässet den Krancken mit dem Messer die Ader / u. bren̅et am Arm mit den glüenden Eisen einen Brandfleck / darauf er frisch gekochte Milch / mit einem Kraut / welches allda wächset / trüpffen lässet. [980] Die Wund-Aertzte kennet man an ihren vielfältigen Wurzeln und andern Sachen / die sie um den Hals hängen haben / wie auch dergleichen Weiber. Sie leben sonst sehr lange auf 80. 90. 100. 110. 120. ja mehr Jahre. Eberhard. Guerner Happel. tom. 3 part. 1. Relat. Curios. pag. 98.

CAPUT XLIX.
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Verhauung der Daumen und Zehen. I. VOr Alten Zeiten hatten die Uberwinder den Gebrauch / daß sie denen überwundenen Feinden die Daumen und Zehen abhaueten / um sie dadurch zu Tractir- und Führung der Waffen / wie auch zum gehen untüchtig zu machen / damit sie sich ihrenthalben weiter nichts zubesorgen haben möchten. Andr. Tiraquellus, in addit ad cap. 26. lib. 4. Genial. dier. Alexandr. ab Alexand pag. 607. II. Gestalt man denn auch ein Exempel in der Heil. Schrifft / und zwar im Buch der Richter am ersten Capitel findet allwo der Stamm Juda / nachdem er wider die Cananiter gestritten / und dem König Adoni Beseck von Beseck in der Flucht ergriffen / die Daumen an seinen Händen und Füssen verhauen. Da gemeldeter Adoni Beseck angehoben: siebenzig Könige [i. e. Fürsten] lasen auf [die Brosamen] unter meinen Tisch / wie ich nun gethan habe / so hat mir GOtt wieder vergolten. D. Amman nennet denselben / in Irenic. Num. Pompil. p. 252. König Pfotenhauer. III. Käyser Justinianus hat etlichen Meutmachern zu Constantinopel die Daumen ebenfals darum abhauen lassen / daß sie untüchtig wurden / ferner die Waffen zu führen.
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Landulph. Sagax, in Histor. Miscell. lib. 16. Corp. Jur. milit. cum not Petr. Papp. von Tratzenberg / pag 610. IV. Die Athenienser haben solches denen AEginetis, so von ihnen abgefallen / gleichfals gethan / teste Lud. Coel. Rhodigin. lib. 15. Antiq. Lect. c. 27. pag. 581. ibi: Scimus decreto sancitum, ut AEginetis si caperentur, manus abscinderetur dextrae pollex, quo ne gestare utique hastam possent. add. Petr. Gregor. Tholosan. lib. 35. c. 1 n. 35. c. 1. n. 35. Syntagm. Jur. univ. Ingleichen ihren eigenen Soldaten / welche nicht treulich vors Vaterland gestritten / die sie noch darzu auf die Galeen zum Rudern condemnirten. AElian. lib. 2. var. hist. V. Es haben auch vor Zeiten die Kriegesleuthe / wenn sie zum Fähnlein geschworen / den Daumen an der rechten Hand in die Höhe recken müssen: Dannenhero man viele gefunden / die ihnen die Däume abgeschnitten / daß sie nicht mit in den Krieg ziehen dürffen: Gestalt denn auch Käyser Augustus einen Römischen von Adel und Ritter / daß er seinen beyden Söhnen um deßwillen die Daumen abgeschnitten / alle seine Güther eingezogen / und ihn selbst mit den Güthern sub hasta verkauffen lassen. Sueton. in vita Augusti, c. 24. VI. Ammianus Marcellinus, lib. 15. ad fin. nennet schertzweise diejenige / so ihnen selber selber die Däume abgeschnitten / Murcos, hisce verbis: ad militandum omnis aetas aptissima. Loquitur de Gallis: & pari pectoris robore senex ad procinctum ducitur & adultus; gelu duratis artubus, & labore assiduemulta contemplaturus & formidanda. Nec eorum aliquando quisquam, ut in Intalia, munus Martium pertimescens, Pollicem sibi praecidit: quos jocalite MURCOS appellant. Gratianus quoque, Valentinianus & Theodosius de Murcis illis ad Eutropium praefectum praetorio in haec verba rescripserunt, Leg. de Tironibus: qui spurca amputatione digitum declinat, usum armotum non evadat, illa, quae vitat, sed insignitus maculâ, ferat impositum militiae laborem, qui declinaverit. VII. Etiam Arrius Menander Lege 4. ff. de Re milit. eum, qui filium debilitavit, delectu per bellum indicto, ut inhabilis militiae esset, Edictum Trajan [982] deportasse ait. At Valentianus & Valens L. 5. C. Theod. de Tironibus statuerunt, flammis ultricibus comburendum eum, qui, ad fugienda Sacramenta militiae, truncatione digitoru̅ damnum corporis expetiisset; & dominum ejus, qui non prohibuisset, gravi condemnatione feriendum, hoc enim utuntur verbo: Cujacius, lib. 15. obs. ult. O filius dicit, si homini digitus sit abscissus, membrisve quid laceratum, quamvis consanaverit, si tamen ob eam rem eo minus ut possit, non videri sanum esse, in L. 10. ff. de AEdilit. Edict. Catonem quoque scribere lego cui digitus i. e. pollex de manu aut de pede praecisus sit, eum morbosum esse, quod verum est secundum modò dictam distinctionem. VIII. Pollex nomen habet ab eo, quod pollet, est promanus vel [Greek words], & dicitur secundum excellentiam digitus, quoniam continet in se robur totius manus. Et pollex sinistrae manus [Greek words] nominatur. D. Amman. in Iren. Num. Pompil, pag. 282. IX. Die Indianer hauen denen Mein-Eydigen die Finger an den Händen / und die Zehen an der Füssen / Alex. ab Alexand. lib. 6. Genial. dier. c. 7. Pappus, in not. ad Corp. Jur. milit. pag. 280. Item den Räubern die Daumen von beyden Händen ab. Erasm. Francisci, in Neu-Polirten Geschicht-Kunst- und Sitten-Spiegel / lib. 2. disc. 2 pag. 309. X. POLTRONI vel POLTRONS sunt infames & abjecti homines, quibus cum infamia ob certum crimen in Italia resecabantur olim Pollices, & ita dicti, quasi POLLICE TRUNCATI; AEgid. Menag. amoenit Jur. pag. 16. & 17. qui, in Origin. Linguae Francicae, hoc vocabulum deducit ab Italico Poltro, quasi dicas, qui semper pulvinar domi premit. Dn. Sam. Puffendorf, de jur. nat. & Gent. lib. 8. c. 2. §. 3. in fin. XI. D. Amman, d. tr. pag. 254. statuit, in Tortura forcipibus ferreis [mit den Daum-Stöcken] pollices propterea comprimi, salvis aliis digitis, quia pollex in furto committendo potissimam adhibet operam, uti supra c. 2 quoque dictum. Alià dicitur POLETRUM, der Daumen-Stock / oder Daumen-Schraube / de quo
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Casp. Manzius, Dec s. Palatin. Quaest. 88. per tot. & Besold. in Thesaur. Practic. & Dither, in contin. h. verb. XII. Sonst war vor Alters der Daumen eine Anzeigung einer besondern Gunst und Gewogenheit: Doch mit diesen Unterscheid / daß / die einander günstig waren / die Daumen zusammen drückten: Die aber / so nicht gute Freunde / kehreten dieselbe um Und ist also aus diesen Daumen Gebärden ein Sprüchwort worden / das premere pollicem so viel als günstig seyn / convertere pollicem aber so viel / als Feind und gehäßig seyn / bedeutet. Plinius, lib. nat. hist. 28. c. 2. Henric. Salmuth, ad Panciroll. nov. repert. tit. de porcellan p. 206. & 208. XIII. Utroque pollice laudare perinde est, ac manu utrâque sublatâ, ac saepius motâ laudare. XIV. Bey den Türcken ist der Gebrauch / daß / wenn sie einander die Hand darreichen / sie mit den Daumen und mittelsten Finger des andern mittelsten Finger und Daumen ergreiffen / und fest zusammen drücken / biß es / in Abzeihung des Finger einen Knipperling oder Schall giebt. Jeheller oder lauter nun das Knipperlein schallet / je höher wird dasselbe als ein Zeichen der Freundschafft geachtet. Wilh. Joh. Müller, in Descript. Afric. part 1. c. 4. pag. 43. XV. Es ist auch bey etlichen ausländischen Barbarischen Königen vor Alters üblich gewesen / daß / so ofte sie miteinander einige Freundschafft und Verbünduis gemachet / sie die rechten Hände zusammen gethan / die Däume gantz fest aneinander gebunden / und mit einen Bande zugeschnüret. Wenn sich nun das Bluth in das oberste Glied des Daumens gezogen / haben sie unter einander denselben ein wenig verwundet / das Blut heraus gedrückt / und aufgeleckt / welches sie darum gethan / damit diese ihre Freundschafft und Verbündnis / weil sie mit ihren eignen Blut bekräfftiget / desto steiffer und fester möchte von den beyden Theilen gehalten werden. Tacitus, lib. 12. Annal. Alex. ab Alexand. lib. 2. Gen. dier. c. 2. Rhodigin. Lect. Antiq. lib. 12. c. 12. Philipp. Camerar. cent. 1. Hor. Succis. c. 6. pag. 57. Id foedus arcanum habebatur, quasi mutuo cruore firmatum. Hoc quoque apud Scythas usitatum fuisse, apparet ex Luciano, in dialogo suo, cujus [984] titulus est: Toxatis sive amicitia, ubi eorum foedus ac jus jurandum, quod maximum appellat, recensetur. Etenim, inquit Scytha illa Lucianicus, simulat??? incisis digitis sanguinem in calicem destillaverimus, summis??? intinctis gladiis, ambo pariter admoventes biberimus, non est quicquam, quod deinde nos queat dirimere. Huc quoque Solinus, polyhistor, spectasse videtur ubi de Scythis ita scribit: Haustu mutui sanguinis foedus sanciunt, non sua tantum, sed Medorum quo??? usurpata disciplina. Simile quiddam tribuit Posidonius, apud Athenaeum, Germanis, ferunt, inquit, hos in symposiis benignè complexos, venas in fronte adscindere, & sanguinem defluentem in poculo miscentes bibere, summum amicitiae terminum attigisse existimantes, cum sanguinem vicissim inter se degustarint. XVI. Einer solchen Manier hat sich auch Radamistus Pharasimanis / Königs in Iberien / welche Landschafft heut zu tage Georgiana genennet wird / Sohn / wie wohl lechtfertiger und betrieglicher Weise / wieder seinen Vetter Mitheridatem, König in Armenien gebrauchet: Denn als er demselben weder durch Gewald / noch Hinterlist bey kommen konte / stellete er sich / als wolte er die bisherige Streitigkeit durch gütlichen Vertrag und Bündnis beylegen / verschaffte auch / daß der gute Mithridates zu ihm auf ein Gespräch und Unterredung kahm. Als es nun an dem wahr / das zu Bestetigung des Friedens beyde Könige ihre beyde Daumen zusammen binden lassen wolten / stellete sich der / so das Band in händen hatte / als wenn ihm solches unversehens auf die Erde fiehl / wahr aber geschwinde her / und band damit dem Mitheidati die Füsse / daß er mit samt der Gemahlin und Kindern von dem Radamisto gefangen genommen / und weggeführet wurde. Ob nun wohl dieser ihnen versprochen / sie weder mit Schwerd noch Gifft zu verletzen / hat er sie doch alle mit Küssen / so man ihnen über die Gesichte gelegt / ersticken lassen. Ex Baptista Fulgoso Camerar. d. cap. 57. And. Ehrens. lib. 9. memorab. exempl. de proditione. XVII. Wenn die Einwohner der Palm-Insel die alda ankommende Fremde in ihre Gunst und Freundschafft aufnehmen / schneiden sie sich mit einen Scheer- oder scharffen steinernen Messer in die Zungen / Hand / Arm / oder ander Gliedmaß des Leibes / in Beyseyn solches Fremden / daß das Blut auf die Erde laufet / davor haltende / es wehre keine rechte Freundschafft zu ach [985] ten / wenn nicht einer vor den andern sein Blut / ja Leib und Leben lassen wolte. XVIII. Diesen Gebrauch äffet der böse Feind nach / wen̅ er mit den Zauberern und andern seinen lieben Getreuen einen Bund machet / da sie die Obligation entweder gantz mit ihren Blut schreibe̅ / oder doch zum wenigsten ihren Nahmen mit solchen unterzeichnen müssen. Speidel. in Spec. jur. v. Hand. p. 562. Wie man dessen viele Exempel hat. Vide omninò Martin. Del Rio, lib. 5. disq. Magic. q. 4. per tot. Item Joh. Henr Pott, de nefando lamiar. cum diabolo coitu c. 6. n. 2. welcher letztere auch am Ende solchen tractats ein Pacium / so ein zu Pignerol in Franckreich Anno 1676. gefangen sitzender Hertzog mit den bösen Feind / seiner Erledigung halber / gemacht / anführet. XIX. Hievon soll auch die Benennung Feudi Ligii herrühren / weil sonderlich in dem Königreich Neapolis üblich ist / daß / wenn ein Vasall, der mit solchem Feudo belehnet wird / und er den Eyd der Treue abschweret / seinen Daumen an des Königs seinen binden lassen muß / welchen Process Jovianus Pontanus lib. 2. de Rebus gestis Regis Ferdinandi, Alphonsi filij, also beschreibet: Ursus Neapolim ad Regem profectus juravit de more Neapolitanorum Regum, in ejus verba. Ritus verò jurandi verborumque hujusmodi est formula: Sedet Rex medius regia in sella, editiore loco constituta: assident juxta primi ordinis optimates ac proceres: stant inde purpuratorum frequentes ordines, loco quisque suo: Regis ad pedes genibus innitens à dextra procumbit parte Epistolarum Magister qui nunc Secretarius dicitur, sinistra Antistes Evangeliorum, libros Regio in sinu astratos tenens, Horum medius genibus & ipse ille innisus procumbit, qui in verba jurat, utraque manu libris adapertis imposita. Ibi Magister Epistolarum verba praeit quae juraturus inverba sequitur. Igitur posteaquam Ursus Regios ad pedes provelutus, palmam in codice utramq; expansam statuit, tum Magister verba praeire coepit, Ursusque ea est securus: Ursus ego Ursus ego Ursinus Nolae & Atripaldi Comes, Asculi, Lauri, & Fiorini Dominus illoru̅q; agrorum & finium civium ac popularium &c. Tibi Ferdinando Regi, Liberisq; Successoribusq; in Regno Neapolitano tuis polliceor, promitto, spondeo pro liberis successoribusq; in hisce item urbib???, oppidis, agris, finibusq; meis, fidelem meq??? parituros, atq; imperata facturos cum hisce Urbibus, oppidis, agris finibus popularibussque perpetua cum constantia & fide. Siquid verò adversus Teve illosve parari fraudis, dolive insidiarumve audivero, sciero, compertumve significatumve habuero: [986] indicaturum illud è vestigio, ac facturum palam tibique illisque; officia demum obiturum meque illosque omnia domi forisque, pace belloque, adversum quoscunque ac pro imperio, quae probi ac fidelis subjecti jure lege naturae obeunda ac praestanda sunt Regi: Deumque his Opt. Max. testem invoco, perque Sacrosancta haec Evangelia sciens, volens, libensque verbis conceptis juro. Atque his dictis manus ipse è libris sustulit. Tum Rex Ursi manus utriusque digitis pollicibus apprehensis, suosque intra pollices iis insertis, devinxit illos suis, statuitque super Evangelia. Hic rursum Ursus Magistro praeeunte verba: Ego me, inquit, cum liberis successoribusque meis Ferdinandi Regis mei, Domini mei, liberorum ac successorum ejus Ligium Hominem statuo, dedicoque, eumque me hîc sisto! Haec ubi ter dixit, Regios osculatus est pollices, Rexque ore suo illius os excepit, moxque comiter appellatum dimisit. Hic est usitatus jurandi mos in verba Regum Neapolitanorum, quique Ligios illorum se faciunt, ipsum hunc servant. Dicti inde Ligii, quod ligatis Reges pollicibus illos fidei, imperiisque sic suis vinciant, atque obnoxios statuant. De origine vocis Ligii & Feudo Ligio vide quoque, quae habent Henric. Rosenthal / in Synops. Jur. Feud. cap. 2. conclus. 4. & ejus Commentator p. 31. & 32. nec non Simon Schardius, in Lexic. Jurid. voc. Ligius & Ligium. Idem Carprov. disp. 2. feudal. thes. 23. & seqq. us??? 27, XX. Ferner haben die Alten den Gebrauch gehabt / daß / wenn sie Recesse, donationes, Vergleichungen und andere Briefe von grosser Wichtigkeit verfertiget / und wächserne Siegel dran gehenget / zum Wahrzeichen und desto mehrer Bekräfftigung / auf die lincke Seite solches Siegels einen Hügel oder Rücken von Wachs gemachet und 2. 3. auch wohl mehr mahl die Däume hinein gedrücket / wie man noch an vielen alten Briefen siehet. Hinc Belgae ante aliquot annos Literis Regis Daniae non prius fidem habere voluerunt, quam pollicem impressisset cerae, seu sigillo adjecto. Joh. Praetor. de pollice, pag. 102. XXI. Wenn man hiebevor die Wasser-Probe mit den Hexen vorgenommen / hat man ihnen die Daumen an den Händen / u. die grosse Zehen an den Füssen kreutz weise zusam̅en gebunden / u. sie also aufs Wasser geworffen. Sind sie alsdann oben geschwommen hat man sie vor Rechtschuldige gehalten / in dem das Wasser sie zur Straffe nicht annehmen wolte / sondern dem Feu [987] er vorbehielte. Suncken sie aber unter / hat man sie / als Unschuldige loß gelassen. M. Joh. Praetorius, in tr. de pollice, pag. 101. Michaël Paris Walburger de Lamiis c. 8 §. 8. pag. 100. XXII. Theils Gottlose Leuthe schneiden denen an Galgen hangenden Dieben die Däume ab / miß brauchen dieselbe zur Hexerey / und andern verbothenen Dingen: Ja theils hengen solche wohl ins Bier / wenn sie dasselbe ausschencken / in Meinung / es würde dadurch süsser und wohl geschmäckter / ginge auch desto eher ab und aus / wenn aber solches erkundiget wird / werden die Bier-Wirthe mit Staupenschlägen / Landes-Verweisung / oder einer hohen Geld Straffe beleget. Zeiler Miscellan. v. Wein pag. 456. Georg. Groshein / in der Spruch-Postill / part. 2. pag. 29. Mathesius, in postill. fol. 33. tom. 3. Joh. Praetorius in tr. von Diebes-Daumen pag. 142. Ein alt vorwitzig Mütterchen wolte auch gerne einen Diebes-Daumen haben / vermeinende / dadurch kähme das Glück und Nahrung in ihr Hauß. Der Sohn stihlet des Winters in der Nacht einen Dieb vom Gaigen / ter dem Ofen an die Wand / und sagte zu der Mutter / sie solte hinter den Ofen suchen / da würde sie finden / was sie bisher verlanget habe. Das Weib ging ohne Licht in finstern in die Stube / voller Freude̅ / in Meinung / der Sohn hätte den abgeschnittenen Diebes-Daumen etwa an die Wand gehenckt / üm mehren ausdorrens willen. Wie sie nun in finstern gantz alleine darnach greifft / fält der angelehnete Dieb auf sie / drüber sie dermaßen erschricket / daß sie auf der Stelle tod blieb. Idem Prator. in pollice c. 5. p. 145. XXIII. Sonst berichtet Stiefler, in Loc. Theol. Histor. p. 68. daß die Diebe den Gebrauch haben sollen / daß sie einem gehenckten Diebe den Daumen von der Hand abschneiden / und wenn sie aus Stehlen gehen / bey sich stecken / alsden könne ihnen ihr Anschlag nicht mißlingen. Nun trug es sich einsmahls zu / daß man einen Strassen-Raüber solte sein Recht thun / und mit dem Schwerd das Leben nehmen / derselbe / als er gleich jetzo die Galgen-Leither hinauf stieg / und seines gleichen etliche da in der Lufft baumeln sahe / bekante er öffentlich / daß er an diesen schmälichen Orte sich nicht befinden wolte / wenn er nur einen dergleichen Daumen und Finger hätte / den er bisher bey [988] sich getragen. Ich hatte auch schon in Willen / sprach er / diesem meinem künfftigen Nachbar / seinen Daumen vor etlichen Tagen abzuschneiden / ich war aber zu lange gewest / denn da ich des Nachtes her kam / hatte ihn bereit jemand vor mir geholet. Der todte Dieb / von welchen der arme Sünder redete / fing Augenblicks an / und sagte mit grossen Erstaunen der ümstehenden Leuthe: Ja dein Vater hat ihn heute vor neun Tagen geholet! also wurde beyde Vater und Sohn zusammen gehencket / und brachte der betriegliche Satan / der durch den todten Dieb redete / den jenigen / welchen er zuvor zu Stehlen geneiget und gereitzet hatte / selber an Galgen. Idem refert Steinhard, in Epitom. Histor. de pollicibus. Vide quoque M. Joh. Mich. Schwimmeri curiositat. physic. dissert. 5. th. 2. §. 17. p. 82. Anno 1677. ante Paschatis Festum Zizae fur, aetat. 20. suspendebatur, quem mater superstes seduxerat à juventute: quare etiam captivabatur, tum quia natus tres calices prodiderat, abstrusos domi sub ligno, sed de quib??? saltem duos repererant, ablatos furtim ex templis. Confessus fuerat nequam, se adhibuisse ad praxin suam, tum propter felicitatem, tum indeprehensibilitatem & pollicem furis, & pedem felis: verum à priori minus auxilii esse susceptum, à posteriori magis, praesertim quando equos ex stabulis abducere in animum induxisset suum, quod tunc adjutu pedis felini à nemine sit turbatus. Et tamen tandem patibuli pistillum fiebat, nec fato suo illudere ulterius potuit, adeo ut etiam oportuerit perpetuò pendulum manere. Praetorius, d. tr. pag. 145. adde etiam, quae affert pag. 158. XXIV. Alus oder Alex wird der grosse Zehen genennet. Festus Pompejus, lib. 2. Die andere Zehen aber [Greek words], monocampti, weil sie nur ein Gelenck haben. Alex. ab Alex. lib. 4. Gen. dier. c. 26. ibi??? Tiraquell. in annotat. lit. T. & U pag. 606. Königs Pyrrhi prosser Zehen am rechten Fuß hat die Kraft gehabt / die Miltzsüchtigen zu curiren / welcher auch nach seinen Tod / ungeachtet der Leib zu Aschen verbrant / gantz und unverletzt befunden worden. Plinius, lib. 7. c. 2. & lib. 28 c. 4. Plutarchus, in vita illius. So schreibet man auch von den Lamisco, welcher bey den Lucanern regieret / daß dessen dritter Zehen eine Wolffs-Klaue gewesen. Heraclides, in Politicis. Alex. ab. Alex. d. c. 26. p. 607.
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XXV. Omnes pedis digiti si abscisci fuerint, statio & ambulatio non idcirco omnino peribunt, sed depravabuntur, quod exemplis declarat Paul. Zachias, lib. 5. quaest. Medico. leg. tit. 3. q. 6. n. 26. & 27. Bene tamen procedit, quod majus damnum ex majoris digiti, quam ex coeterorum cujuslibet amputatione pes consecuturus sit: & sic incipiendo ab eo, qui pollici manus respondet, damnum semper majus est ex amputatione digiti, qui illi magis vicinus est. Quoniam verò pedum digiti ad eorundem tantùm stabilimentum, non ad aliam quampiam actionem sunt procreati: Alex. Bened. in histor. corp. hum. c. 2. idcirco tantò antecellit laesio digitorum ipsius manus laesionem digitorum ipsius pedis, quantò actio manus praestat actioni pedis. Idem Zach. cit. q. 6. n. 28.

CAPUT L.
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Von Abhaung der Hände. I. WEil mit den Händen die meisten Delicta geschehen: So ist ie billig / daß dieselbe / eben wie andere Glieder des Leibes / womit man gefrevelt / drum Straffe leiden. arg. Nov. 42. c. 1. § 2. L. 3. C. de serv. fugitiv. Nov. 17. c. 8. Carpz. pract. crim. q. 47. n. 10. II. Also strafften die Egypter die falsche Müntzmacher mit Abhauung der Hände. Diod. Sicul. lib. 2. c. 3. & 6. Menoch. de A. J. Q. cas. 316. n, 12. Die Griechen thäten solches ebenmäßig. Harmenop. l. 6. c. 14. Welchen Gebrauch Lotharius, der Longobarder König / auch gut geheissen / Lib. 1 LL. Longob. tit. de eo, qui fals. monet. Imgleichen Käyser Carolus Magnus, in Capitul. tit. de fals. monet. & LL. Wisigoth. lib. 2. Cod. Wisigoth. l. 8. tit. 5. III. Die Hebräer hieben denen Weibern / so sich erkühneten / andern Män̅ern / [990] welche sich mit ihren Ehe-Männern schlugen / an die Scham zugreiffen / sie dadurch zu retten / und von einander zubringen / die Hände ab. Deutoron. cap. 25. vers. 11. & 12. Welches auch bey den Römern denen wiederfuhr / die ihre Eltern schlugen / Rosin. lib. 8. Antiq. Rom. cap. 34. cum Not. Dempster. pag. 875. Item denen Plagiariis oder Menschen-Dieben bey den Griechen. Harmenop. l. 6. Epit Jur. t. 8. Menoch. de A. J Q. cas. 536. n 2. ibi: Servi aut liberi homines, qui servos alienos distrahunt aut alienant, caesi & rasi manu truncantur. Et idem paulò post: Si quis sciens liberum esse hominem emerit, vendiderit, donaverit, in dotem dederit, vel pro re permutaverit, unaqualibet harum causâ probatâ, manus ei abscinditur. Conf. Gothofred. ad Nov. 17. c. 8. lit. L. Petr. Greg. Tholos. lib. 36. Syntagm. Jur. Univ. cap. 3. n. 6. & 7. IV. Käyser Galba ließ einen Einnehmer / welcher mit dem Gelde untreulich ümgangen wahr / die Hände abhacken / und an den Einnahme - Tisch nageln. Svet onius. in ejus vita c. 9. Exactori publico, res susceptas non ex fide describenti, manus etiam amputabatur. Nov. 17. cap. 8. Eben als wie man heut zu Tage die böse Münzen an den Orthen / wo die Geld-Einnahme geschiehet / andere / die dergleichen auszugeben etwan in Sinn haben / abzuschrecken / anzunageln pfleget. D. Henr. Günth. Bötticher, Disp. inaug. de amput. memb. §. 15. V. Sonderlich aber ist sie eine Straffe der Untreu / Mein - Edes und Falsches gewesen. Sicuti Falsario incisos digitorum nervos. Alexandri decreto, Lampridius: Claudii verò praecisas manus, Svetonius scribit. Et perpetuò in Regno Neapolitano manum abscissam testatur Clarus, in §. perjurium. n. 81. nec non Matthias Stephani, ad art. 108. const. crim. vide Lud. Carer. pract. crim. pag. 231. n. 60. VI. Man lohnete auch mit Abhauung der Hände die jenige / welche Ketzerische Bücher / Nov. 24. Item Bücher / von Teuffels und andern verbothenen Künsten / Sodomite [991] reyen / Hurerey / Schmähe-Schrifften und dergleichen ärgerlichen Dingen verfertigten und ausgehen liessen. Nov. 42. ???3. §. 2. v. à nemine. Besold. in thes. pr. v. Sodomiterey. Drum es auch heut zu Tag bey hoher Straffe verbothen / daß die Buchdrucker nichts ohne vorhergehende Censur drucken dürffen / oder doch sollen. Recess. Imp. de Anno 1577. tit. 35. von Buchdrucken / Schmähe-Schriften / sc. Recess. 1529. §. dazu sollen. 9. & Recess. Anno 1547. tit. 43. VII Nach dem Lehn-Recht verlohr der die Hand / welcher einen falschen Lehn-Contract geschrieben hatte / und der Notarius oder Schreiber zugleich sein Ambt und Ehre. 2. Feud. 52. & 55. in fin. de prohib. Feud. alien. v. scribae. Cujar. lib. 2. Obs. 13. Boem. de natur. popul. lib. 1. c. 5. Anton. Matth. de crimin. lib. 47. tit. 1. n. 4. Schnobel. Disp. Feud. X. th. 24. Struve, Jur. Feud. cap. 13. Aphor. 9. n. 13. ibi??? allegati. welche harte Straffe ihnen Käyser Fridericus I in Cap. Imperialem, de prohibita Feudi alienatione gesetzet. vide Rittershusium, ad Novell. part. 9. cap. 26. n. 6. pag. 638. Bey unsern Zeiten aber ist in solchen Fall poena arbitraria, und obige nicht mehr üblich. Struve. d. l. VIII. Apud Longobardos manum amittebat Tabellio Instrumentum conscribens venditionis factae per mulierem consentiente viro. L. 2. qual. mulier. permiss. est alienat. in LL. Longobard. Presbyter qui sanctum chrisma ad judicium pervertendum dederat. L. 1. de eo qui sanctum chrisma & c. eod. Injustus Advocatus, Freinsheim. in Indic. ad Flor. lib. 4. c. 12. n 37. Tabellarius proditor, Author. horrib. Hist lib. 2. pag. 276 Gnomonem nauticum adulterans, Olaus Magnus lib. 10. c. 16. Gent. Septent. IX. Ferner hieb man denen Raptoribus oder Jungfern-Räubern die Hände ab. Nov. Leon. 35. v. quando autem. Petr. Greg. Tholosan. Syntagm. lib. 13. c. 16. n. 6. Item den Dieben bey den ersten gefährlichen Diebstahlen durch Einsteigen oder Brechen nach Gelegenheit der Person / wie auch der Umstände / u. Ermäßigung des Richters.
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Peinl. Hals-Ger. Ordn. Caroli V. art. 159. Wie auch den Friedebrechern / Schepliz. ad prompt. Juris Clameri, tit. 45. p. 705. X. Quod poenae genus alii nimis grave esse dicunt, & quidem exinde, quod Justinianus omnium artuum aut membrorum amputationem, imprimis in causa furti detestatus sit, & prohibuerit, Auth. sed Novo jure C. de serv. fugitiv. & ibi Brunnemann. p. 657. Nov. 134. c. ult. Vide etiam quae Richter add. Authent. p. 5???. & seqq. desserit. Quoniam verò modi poenarum semper diversi fuerunt pro temporum varietate, & ita diversis Principibus diversa suppliciorum genera placuerunt; ideò quemadmodum Constantino placuit in servo fugitivo amputatio pedis, ne amplius fugiat: Friederico autem in TURBATORE PACIS amputatio manus, ne porro turbet: 2. Feud. 27. Sic quoq; Imperatori Carolo placuit in fure manus amputatio, ne tam facile iterum ad furandum procedat: Et in PERIURO, art. 108. ne amplius pejeret. Tabor in Racem. pag. 489. Dan. Clasen. in Comment. ad. d. art. 159. pag. 686. add. Damhoud. prax. rer. crim. cap. 110. n. 31. & 32. pag. m. 328. &. 329. Wiewohl die Abhauung der Hände im Diebstahl heutiges Tages gar nicht mehr / oder doch sehr selten practiciret wird. XI. Wenn einer bey den alten Francken am Sontage arbeitete / ward er geprügelt / und wenn er es nechst dem nicht unterließ / ihm die rechte Hand abgehauen. Lex Bajuvar. tit. 6. cap. 2. §. 3. Servus pro tali crimine flagelletur, & si non emendaverit, manum dextram perdat. Sonderlich aber wurden bey ihnen die falsche Zeugen / und insgemein alle Meineydige also abgestrafft. Caroli M. Capitulare 1. an. 802. cap. 36. Si quis post hoc in perjurio probatus fuerit, manum dextram perdat. Ejusdem Capit. 5. an. 803. c. 13. si inventus fuerit quis falsum testimonium dixisse, manum perdat, aut redimat. Capit. 2. an. 805. c. 11. Item ejusd. anni Capit. 3. c. 13. Item ejusd. ann. Capit. 4. c. 11. Capitul. ann. 808. c. 4. Si quis convictus fuerit perurii, perdat manum, aut redimat. Cap. 3. an. 813. c. 30. Si quis in sanctis reliquiis pejuraverit, manum suam perdat, aut eam redimat quartâ parte de suâ Leode in Dominico Ludovici pii Capitul. 1. an. 810. Aquisgran. datum, c. 10. Campioni, qui victus fuerit propter perjurium, quod ante pugnam commissit, dextera manus amputetur. Wie auch die / so eine Schrifft verfälschet. Caroli M. Capit. 5. an. 803. c. 13. Si inventus fuerit quis chartam falsam fecisse, manum perdat, aut redimat.
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XII. Ferner hatten die Alten ein Gesetze / daß demjenigen / welcher junge Weiden-Bäume / muthwilliger Weise beschädigte / die rechte Hand abgehauen würde. M. Joh. Stiefler / im Geistl. Histor. Schatz / cap. 10. pag. 467. XIII. Die Athenienser liessen den / so sich selbst ermordete / die Hand / womit er solche That begangen / abnehmen / wegwerffen / und unbegraben liegen / den Leib aber bedeckten sie mit Erden. AEschines, in Orat, advers. Ctesiphonem. Alex. ab Alex. Gen. dier. lib. 5. cap. 28. pag. 813. XIV. Denen überwundenen Feinden hieb man auch wohl die Hände ab. Freinshemius, in Indice ad Florum, lib. 3. c. 11. §. 11. & lib. 2. c. 18. §. 4. Joh. Praetorius de pollice, pag. 137. XV. Von dem Martyren / welchen die Hände abgehauen worden / kan man lesen Gallonium, de cruciatibus Martyrum, pag. 422. & 423. Deßgleichen D. Casp. Sagittarium, in einen eben also titulirten Tractat, pag. 183. th. 58. So führet auch Gotefrid. in der Historischen Chronic. pag. 209. 496 641. & 676. unterschiedliche Exempel an / denen die Hände und Füsse abgehauen worden. XVI. Als Heracli??? Käyser Phocam zu Constantinopel gefangen bekahm / liesse er ihn wegen der vielen Ehebrüche und Hurerey / so er nebst seiner grausamen Tyranney getrieben / ausschneiden / darnach Hände und Füsse abhauen / der Cörper ward hinweg geworffen / von den Soldaten in Koth herum geschleifft / und endlich verbrant. Nicephor. lib. 18. c. 55. XVII. Cilliconta quendam legimus Prienensibus patriam prodidisse Miletum: id nobilissimo cuique non modo odiosum, sed & tenuioris fortunae hominibus. Fuit lanius Theagenes nomine, Syrus, audierat Cillicona carnes empturum, at dissimulato Theagenes odio, ut qui toto animo illi satisfactum cuperet, carnium portionem porrigit, tanquam, quod superfuerit, absissurus. Ilso autem manum proferente elatam copida lanius impegit, resectaque manu addidit generosius dictum: Hac inquies abhinc civitatum prodes nullum! Coel. Rhodigin. lib 8. Lect. Antiq. cap. 3. pag. 283. XVIII. Sergius III. Pabst zu Rom ließ seines Vorfahren / Pabst Formosi Leichnam aus Neid ausgraben / mit Päbstlichen Kleidern anthun / und für etlichen Bischoffen / die er deßwegen beschrieben hatte / gleich als wenn er [994] noch lebte / vor Gericht stellen / klagte ihn an / und verdammete ihn vieler Laster. Drauf ließ er ihn degradiren / die 3. Finger an der rechten Hand abhauen / damit er consecriret hatte / solche in die Tyber / den übrigne Leib aber sehr zerstümpelt und enthanptet / unbegraben hinwerffen. Platina, in vita Sergii. XIX. Sonst ist bekant / was es vor einen schlechten Ausgang mit Hertzog Rudolphen in Schwaben gehabt / der sich wider Käyser Henricum IV. durch Verhetzung Pabst Gregorii VII. verleuten lassen / daß er demselben nach Cron und Zepter gestanden / da in der Schlacht ihm die rechte Hand / drinn er den Degen geführet / abgehauen / u. er also ver wundet nach Mörseburg geführet worden / allwo die Sächsische Bischöffe / so sich aus der Schlacht mit der Flucht salviret / zu ihn kommen / denen er den Strumpf seines Armes gewiesen / und gesaget: Sehet ihr Herren / diß ist die Hand / damit ich meinem Herrn und Käyser Heinrichen treu und hold zu seyn geschworen habe / aber auf eure und des Pabstes Verführung solche gebrochen / und dem Käyser nach Leib und Guth gestanden. Nun habet ihr mich nicht fein geführet / daß ich jetzo mein Leib und Leben / samt den Reich verliere? Ich zwar empfange meinen Lohn / ihr aber sehet zu / wie ihr solches verantworten möget. Ist also drauf mit grossen Trauren und Schmertzen den 16. Octobr. Anno 1080. gestorben / auch zu Mörseburg zur Erden bestattet worden. Author vitae Henrici IV. Helmold, lib. 1. c. 29. XX. Anno 1594. hat der Graff von Hardeck zwey Säcke voll Ducaten von den Sinan Bassa genommen / und ihm die berühmte Vestung Raab übergeben und eingeräumet / mit grossen Schaden der Christenheit. Drum ward ihm zu Wien / den 5. Junii 1595. erst die rechte Hand abgehauen / als einem Mein-Eydigen / und darauf auch der Kopf abgeschlagen / ex Chron. Levin Hulsii, Michael Sachs / p. 4. Alphabetb. Hist. pag. 241. XXI. Als Anno der Schwedische General Banner in das Cartheuser Closter bey dem Städtlein Githsch in kahm / ließ er in selbigen Closter des Wallensteiners Grab öffnen / dessen Haupt und rechten Arm heraus nehmen / und solches beydes in Schweden führen / mit diesen Vorwa???d / daß dieser aller Kriegs-Uaruhe / des Königs in Schweden auf den Teutschen Boden Herauskunft / und daher dessen Todes rechte Ursache gewesen / und also wohl werth / daß sein Hanpt in Schweden Männiglich gezeiget werde.
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Roch / in der Böhmischen Chronic. pag. 90. XXII. Bischoff Dustau / da ihm Cduart König in Engelland / gewöhnlichen Brauch nach / empfangen wolte / und die Hand both / wolte die Seine nicht eins hlagen / sondern zog sie zurück / und sagte: Ihr gewissen-loser Mann dürft euch noch unterstehen / mit euren Hurenfleisch meine Faust zuberühren / da ihr doch einer GOtt verlobten Closter-Jungfer / gantz unerhörter Weise / Gewalt angethan! Ich begehre mit solchen Leuthen keine Freundschafft / die Christi Feinde sind. M. Stiefler / in Geistl. Hist. Schatz / c. 11. p. 611. XXIII. Eine stoltze Edelfrau / als sie einsten ihre Land-Güther besichtiget / entboth dem Pfarrer / er solte nicht eher lassen ausleuten / als biß sie selbst zur Stelle kähme. Wie sie aber des Putzes halber zulange ausblieb / verrichtete der Pfarrer dennoch den Gottesdienst. Als nun diese gefahren kam / begegneten ihr die Leute / so aus der Kirchen heimglengen. Drauf machte sie sich voller Zorn in die Kirche / und gab dem Pfarrer eine Ohrfeige / sagende: soltestu Pfaff deine Lehns-Frau nicht besser respectiren? Aber kurtz hernach gebahr sie eine Tochter / welche nur eine Hand hatte. Quirin Kuhlmann, im 519. Tugend-Blat. XXIV. Und ob wohl D. Chilan König / in processu, cap. 138. §. begebe es sich aber sc. in Zweiffel ziehen will / daß von wegen bößlicher Verwundung die Abhauung der Hand / bevorab nach Sächsischen Rechten / jetzo mehr in Ubung stehe / dem auch Theodor. in Colleg. Crim. D. 10. th. 2. lit. G. mit beyzustimmen scheinet: Item Matth Wesenbec. in paratit. ff. ad L. Cornel. de Sicar. n. 18 qui putat, hanc poenam, ceu peregrinam, ac saepè & ipso capitali supplicio acerbiorem, in pronunciando non observandam, sed hujus loco relegationem perpetuam, damnationem ad remos, vel deportationem decernendam esse; So ist doch mehr als zuwar / daß solche Straffe noch die Stunde gebräuchlich ist / werden auch durch die P. H. G. Ordn art. 159. Item das Sächß. Land-Recht / lib. 1. art. 66. & lib. 2. art. 16. verb. wer den andern lähmet / oder verwundet / wird er dessen überwunden / man schläget ihnen die Hand ab. & lib. 3. art. 50. Wo ein Mann sein Leib oder seine Hand verwircket sc. Item durch die Worte der Chur-Sächß. Constitution 8. 1. 12. und 13. part. 4. als mit Faust abhauen / Staupenschlagen sc. überzeuget und überwiesen: Zumahl da die Schöppen-Stühle bey vorkommenden Fällen auch drauf prechen / bevorab wen̅ jemand sich erkühnet / an einen privilegirten oder gefrey [996] eten Orth / als in einen Schloße / Fürstl. oder Gräflicher Residenz, auf den Regirungen / Canzeleyen und Gerichts-Häusern einen feindlicher Weise anzufallen / zu schlagen / das Gewehr zu entblöffen / und jemanden gar zu verwunden / auch solcher Gestalt den Burg-Frieden zubrechen / da die Abhauung der Hand gemeiniglich pfleget erkant zu werden. Carpzov. prax. crim. part. 1. Quaest. 40. n. 30. & 33. Allwo er auch zugleich ein praejudicium des Schöppen-Stuhls zu Leipzig Anno 1596. wider einen Edelpagen zu Altenburg / so einen Andern Edelmann in Schloß allda geschlagen / und mit einen Dolch verwundet / anführet / also lautend: P. P. So mag er von wegen solches in der Fürstl. Burg begangenen Frevels und Muthwillens / und H. à B. zugefügten Schadens / woferne man ihm in Ansehung seiner Jugend und Trunckenheit nicht Gnade erzeigen wolte / mit Abhauung einer Faust / dero er am gesten entrathen kan / des Landes ewig verwiesen werden. V. R. W. Also erkante gleichfals der Schöppen-Stuhl zu Jena Anno 1661. Ludwig Schaumburgen / Fürstl. Cammerdienern zu Eisendach / die Abschlagung der rechten Hand und des Kopfs zu / weil er bey damahlieger Anwesenheit Herrn Herzog Wilhelms zu Sachsen-Weimar Fürstl. Durchl. und Dero Printzen / nunmehr höchst. Sel. Andenckens / den Hoffmeister / melcher ihn vorher mit Schlägen übel tractiret / hinterrücks auf der Gallerie im Fürstl. Schloß daselbst mit einen Carabiner erschossen. Welches Urthel auch im Augusto bemeiten Jahrs an ihn vollstrecket wurde. Ferner findet man auch bey dem Carpzovio, part. 3. pract. crim. Q. 94. n. 45. folgendes praejudicium, welches der Schöppen-Stuhl zu Leipzig M. Nov. Anno 1609. gesprochen / folgenden Inhalts: P. P. Mit dieser ausbrücklichen Verwarnung / woferne er sich hinführo solcher schimpflichen und Ehrenverletzlichen Reden gegen H. I. von D. gäntzlichen nicht enthalten würde / daß er also dann mit Leibes-Straffe / entweder öffentliche̅ Staupenschlag / oder Abhauung einer Faust / jedoch auf anderweit vorhergehendes Rechtliches Erkäntnis / beleget werden sol. V. R. W. Imgleichen part. 4. const. 13. defin. 5. Da demjenigen / welcher die Stadtwächter arglistig darnieder geschlagen / und wund gehauen / die Abschlagung der Hand Anno 1591. zuerkant worden / hisce formal: Hat euer [997] Bürger N. N. eure verordnete Statwächter mit einer Parthen / unversehenes Dinges / ohne alle Ursach vorsetzlichen und arglistig darnieder geschlagen / und Wunden gehauen sc. So möget ihr ihm die Hand abschlagen lassen. Wollet ihr aber ihm Gnade erzeigen / so möget ihr ihm verkauffen heissen / und eurer Stadt verweisen. Add. Zigler, Disp. de necessaria emptione & venditione, th 31. const. Elect. Sax. 8. 11. & 12. part. 4. Ferner bey dem Richtero, volum. 2. cons. 344. in fin. daß einem Mann / welcher sein schwangeres Weib dergestalt übel mit Schlägen tractiret / daß sie den folgenden Tag drauf ein tod Kind zur Welt gebohren / die Abhauung der Hand Anno 1602. zuerkant worden / verba Sentent. Hat der Mann das Weib dermassen gekrümmet und gedruckt / daß sie in Ohnmacht gefallen / in liegender Ohnmacht sie mit einen Hand-Beil um den Kopf sehr übel / beyde Ohren entzwey / hinter denselben 3. offene Wunden / so lang des Hand-Beils Nacke gewesen / auch forn an der Stirn zwey spitzige Löchlein geschlagen / sie für tod liegen lassen / darauf sie den 5. Julii um 6. Uhr ihre Leibes-Frucht / damit sie hoch an der Zeit der Geburt gangen / tod zur Welt gebohren / und haben die Weiber u. die Hebamme auf Befragung nichts anders berichtet / denn daß des Kindes Tod von der Multer Erschrecken / und empfangenen Todesgefährlichen Schaden herrühre. Ob sie nun wohl ihren Mann der Mißgeburt halber entschuldiget mit Vorwenden / daß sie vor dieser Zeit sehr schwach und kranck gewesen / und mit schweren Heben und Tragen ihr zuviel getrauet / u. gebethen / ihm seine unchristliche thätliche Beschädigung zu verzeihen / aber in ihrem Haupt sehr schwach- und kindische Reden führet / daß zubesorgen / sie diese Schlägerey und Schäden langsam und schwerlich wird über wünden können: So wird der Gefangene / Hanß Heß er mit Abhauung der rechten Hand und ewiger Verweisung gestrafft / im massen auch dem Weibe ihres Mannes-Güther billig eingeräumet werden. V. R. W. Vide etiam Colerum, part. 1. Decis. 163. n. 1. & in Process. execut. part. 1. c. 9. n. 54. vers. licet autem n. 56. versic. tamen contrarium. Modest. Pistor. q. 107. n. 36. part. 3. Sächß. Land-R. L. 2. art. 16. Weichbild / art. 50. & 71 ibi: Der ein Schwerd auf einen zuckt / und denselben verwundet / da solch solch Unrecht auf ihn bracht / als Recht / so verlieret er seine Hand. Puta si criminaliter agatur. Quae tamen poena hoc in casu ab usu hodie recessit, & ejus loco [teste Colero d. l.] pronunciatum: Vulnerato dari dimidium Werigeldum. Ad. Consult. Saxon. Tom. 2. part. 4. q. 50. Petr. Theod. in jud. crim. pr. cap. 7. aph. 6 n. 62. [998] p. 1035. Dither. in contin. Besold. pag. 74. & 75. oder wie / dem heutigem Gebrauch nach / der Richter es arbitriret. XXV. Im Hertzogthum Hannoder verlichret der die Hand / weicher dolosè & contra mandatum Reiher fänget. Anton Seidenstücker / von Wilddieben / thes. 47. XXVI. Es geschicht auch solches wohl einem Diener / der an seiner Herrschafft untreu und meineddig worden / ehe ihm der Kopff abgeschlagen wird. Dan. Clasen. ad art. 101. Const. crim. Caroli V. pag. 374. XXVII. Weil dann nun diese Straffe in gewissen Fällen noch üblich ist: So kömmet hierbey die Frage für / wenn jema den solche ohne gewisse Benennung der rechten oder lincken Hand / sondern nur insgemein die Abhauung einer Faust zuerkant würde / von welcher es zu verstehen? Ob es von der schwächern / als nemlich der lincken wie Acursius, Bartolus, Baldus und Coepolla wollen / oder der stärckern / als der rechten arg. L. quaeritur 10. ff. de Stat. hom. oder von der / damit er die That verübt / ut vult Odofredus, auszulegen? Hierauff wird goantwortet / daß dem Reo allezeit die Hand / so bey ihm am schwächsten ist / und deren er am besten entrathen kan / abzuhauer. arg. L. praeses 32. & L. interpret ationes 42. ff. de poenis. Jul. Clar. lib. 5. Sent. §. fin. quaest. 69. n. 4. Carpzov. in pract. crim. part. 1. q. 40. n. 43. & 44. Rittershus. in Novell. part. 13. c. 2. n. 4. Joh. Frid. Vertzog / disp. de poenis §. 47. Welches gemeiniglich die lincke zu seyn pfleget / es wäre denn Sache / daß einer lincks wäre / da ihm die rechte / item eine schwindende / oder auch eine gantz untaugliche vor der gefunden und starcken Hand abzunehmen. Bertachin. in Repert. Jur. v. manus. Berlich part. 3. Decis. 371. n. 12. & seqq. us??? 17. Rittersh s. ad Novell. pag. 700. n. 4. Petr. Theod. in judic. crim. pr. c. 10. aph. 2. n. 46. in fin. Allermassen denn auch die Schöppen zu Leipzig notanter dem Urthel / so wider den Edelknaben zu Altenburg gesprochen / und droben nro. 24 berühret worden / die Worte: Mit Abhauung einer Faust / die er am besten entrathen kan inserirt haben. [Limitatur tamen in eo, qui salsum scripsit Instrumentum, sicuti vult Gothofredus, in Auth. novo Jure C. de serv. fugitiv. ut ei dextra praecisè abscindatur, per text. in 2. F. §. callidis, in quo speciale quid hactonus observatum fuisse ait.] Und sichet die Wahl dießfals nicht bey dem Reo, sondern dem Judice.
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XXVIII. Wenn aber der delinquent nur eine Hand hätte / ob denn ihme dieselbe auch vollends zu nehmen / daß er keine behielte? Resp. ob wohl Caepolla, in Authent. sed novo Jure, und Petr. Theodor. cit. loc. der Meinung sind / daß / wen der Reus nicht ohne gefehr und wider sein Verschulden / sondern we???en einer Ubelthat die eine Hand verlohren / die andere auch hergeben müste: So zweiffelt doch Dn. Carpzovius part. 1. pract. crim. quaest. 40. n. 50. billich / daß solche bestchen könne; massen den Clarus, cit. quaest. 69. n. 5. Ludov. Gilhausen, in arb. crim. Cap. 1. de mero Imp. n. 75. §. porro si delinquens. Bald. in L. 1. in ult. column. C. de sent. quae pro eo, quod interest. Paris de Puteo, in tr. de Syndicatu, §. licet dicatur. Joh. de Anan. in c. 1. n. 1. de calumn. Speidelius in Specul. Jurid. v. Hand. pag. 564. & in Rari. Chari Thecio Dither. fol. 643. in Addit. Fritschii. Zeiler. Epist. 365. daß Gegentheil und dieses statuiren / daß man ihm die Hand lassen / und die Straffe in den Staupenschlag und ewige Landes Verweisung verwandeln solle / wie denn auch Hartm. Pistor. obs. 188. n. 4. attestitet / daß der Schöppenstuhl zu Leipzig solcher letztern Meinung beygeflichtet / und darnach gesprochen habe. vid. Carpz. quaest. 129. n. 37. part. 3. Zumahl da heutiges Tages im H. Römischen Reich nicht mehr gebräuchlich ist / daß ma einem alle beyde Hände abhauen lässet. XXIX. Worbey ferner anzumercken / daß diese Straffe regulariter [absonderlich in Sächs.] auch die ewige Landes-Verweisung mit sich führe / aber gelinder / als der Staupenischlag gehalten werde. Carpzov. part. 1. prax. crim. part. 1. q. 40. n. 45. & part. 3. quaest. 129. n. 38. Alwo er meldet / daß wenn dieselbe einem Edelmann oder Krieges-Officirer zuerkennet / allemahl die Abhauung der Hand an statt des Staupenschlages / oder beyde zusammen gesetzet / und ihnen die Wahl gelassen worden / hunc in modum: So wird der Gefangene L. von W. wilkührlichen mit Staupenschlägen / oder Abhauung einer Faust / der er am besten entrathen kan / des Landes ewig verwiesen. XXX. Im übrigen halten die Rechts-Lehrer die Tortur, und Dehnung der Glieder vor eine gröffere Straffe / als die Abhauung der beyden Hände.
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Carpzov. quaest. 119. n. 58. & Justinian. in Nov. 134. Cap. 13. §. pen. Auth. ut nulli jud. Hippol. de Marsil. in L. divus pius ff. de quaestion. Coler. p. 1. decis. 164. n. 12. XXXI. Wenn einem ungefehr / und nicht aus Vorsatz die Hand abgehauen worden / hat der Thäter vordiesem dem beschädigten ein halb Wehrgeld [nach Sachsen-Recht] geben müssen. Land-Recht lib. 2. art. 16. §. Dieweil der Mann. idem Coler. d. l. n. 13. vide supra n. 24. Welches aber per Constitut. Elect. 42. part. 4. geändert / und dem arbitrio Judicis anheim gegeben worden / dergestalt / daß die Obrigkeit / nach Befindung der Umstände / der Verwundung und der Person / der Billigkeit nach / erkennen / und an keine gewisse Busse / wie vor alters / mehr gebunden seyn solle. Carpzov. part. 2. prax. crim. quaest. 99. n. 32. 33 & seqq. & part. 3. q. 127. n. 38. XXXII. Todte Hand / Manus mortua, wird in alten Schrifften dieses genant / wenn ein leibeigener Mann gestorben / und nichts verlassen / zum Haupt-Recht (welches das beste Stück Vieh gewesen / so dem Landes-Fürsten / oder auch wohl dem Gerichts-Herrn gegeben werden müssen) hat man ihm die rechte Hand abgehauen / und solche dem Herrn gebracht. D. Just. Georg. Schottelius, in tr. de singularit. quibusdam & antiquis in Germania Jurib. & observ. Cap. 2. pag. 53. 54. & 55. XXXIII. In der Stadt Lüttig hat sichs ums Jahr CHristi 1123. begeben / daß Bischoff Albertus, ein Gottesfürchtiger Herr / einsmahls in der Kirchen bey Nacht seinem Gebethe obgelegen / und gehöret / wie eine Wittibe vor der Kirchthüre ihren verstorbenen Haus-Wirth kläglich habe beweinet / daß sie seiner selbst / darzu ihres Hausraths / so dem Bischoff verfallen / müsse beraubet seyn. Solches habe der Bischoff behertziget / und hernach öffentlich solche unchristliche Befugnis abgeschaffet / und sich derselben vor sich und seine Nachkommen begeben. Chron. magn. Belg. fol. 153. Lehmann. Chron. Spir. lib. 2. c. 22. Item Schottel. pag. 41. Vide Peller. in addit. ad Klock. tr. de aerario, lib. 1. c. 7. n. 24. pag 202. & 203. Speidel. spec. Jur. v. Haupt-Recht / pag. 575. & 776.
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XXXIV. Wenn man vor alters einander die Hände eingeschlagen / ist dadurch angedeutet worden / daß man auf Treu und Glauben gehandelt habe / oder es aufrichtig meine. Coel. Rhodigin. lib. 4. antiq. Lect. cap. 3. Wie denn solches bey den Persern vor eine feste Verknüpffung der Bündnisse gehalten wurde. Diodor. Sicul. lib. 16. c. 10. Speidel. in spec. jur. v. Hand. pag. 562. Indem man davor hielt / es wäre etwas Göttliches oder Heiliges in der rechten Hand enthalten. Plin. lib. 11. c. 45. Alex. ab Alexandr. Gen. dier. lib. 2. c. 19. pag 211. ibiq; Traquell. in notis, lit. S. & t. Item Liv. lib. 1. dec. 1. ubi agit de Numa Pompilio, qui sedem fidei in dextris sacratàm collocabat. Hinc Ovid. lib. 16. Metamorph. Ut pignus fidei dextras utrasq; poposcit, Inter seq; datas junxit --- Drum auch / als Jehu den Jonadab antraff / fragte er ihn: Ist dein Hertz richtig / wie mein Hertz gegen deinem Hertzen? Und solches Jonadab mit einem Ja bestetigte; So begehrte Jehu / daß er ihm die Hand geben solte / wie im 2. Buch der Könige c. 10. v. 14. & 15. zu lesen. Und ist noch heut zu Tage üblich / daß man nach getroffener Abrede und Vergleich einander die Hände darschlägt. Drum auch in solchen Contracten gemeiniglich von den Notarien die Worte pflegen mit inseriret zu werden. Und haben es mit Hand-gegebener Treu einander zugesaget. Speidel. d loco pag. 562. col. 2. XXXV. Es wird ferner durch die rechte Hand das ewige Leben / und durch die lincke die ewige Verdamnis angezeiget. idem ibid. Item die Autorität / Macht und Gewalt der Könige / Fürsten und Herren verstandenn. Pomponius in L. 2. in pr. ff. de Orig. Jur. Hinc illud Ovidii: an nescis longas Regibus esse manus? Grosse Herren haben lange Hände / und können weit reichen. Wie denn auch bey geringern Personen manus so viel / als potestas bedeutet / so wohl in der Heil. Schrifft / Genes. c. 16. v. 6. da Abraham zu seinem Weibe Sara sagte: Deine Magd Hagar ist in deiner Hand [i. e. unter deiner Gewalt.] Mache mit ihr / wie du wilt; als auch in Prophanis, Vide §. 1. Inst. de libert. L. 4. ff. de J. & Jure L. pen. C. de furt. & serv. corrupt. Die Römer gebrauchten sich gleichfals der Hand bey der manumission, oder Freylassung der leibeigenen Knechte / wenn sie solchen beym Kopf / oder andern Theil des Leibes [1002] mit der rechten Handt hielten / und coram Praetore sagten: Hunc hominem liberum esse volo! und damit von sich wegstiessen / welches manumittere genennet wurde. L. 4. ff. de instit. Jur. Accurs. in §. multis Instit. de Libertinis. Die / so jemand zur Herberge aufnahmen gaben dem Gast die Hand / welches das insigne oder Zeichen des Hospitii war. Declarat illud Virgilius, lib. 3. AEneid. Jungimus hospitio dextras, ac tecta subimus. XXXVI. Die überwundene schlugen die Hände zusammen / anzudeuten / daß sie sich ergeben / und Frieden begehrten. Camerar. bor succis. lib. 1. c. 35. XXXVII. Zur rechten Hand sitzen wird für eine sonderbahre Ehre gehalten. Tiraquell. in praefat. de primo-genit. n. 13. Unde & Christus ad dexiram Patris sedere scribitur, ad Coloss. 3. ad Ephes. 1. Mattb. 22. Marci 12. Und ist ein Zeichen der praeeminenz und Vorzugs / wen̅ einer zur rechten Hand gehet oder sitzet / vor dem / der zur lincken Seiten einher trit. Gloss. in L. decernimus. C. de SS. Eccles. Drum auch vor Alters der erstgebohrne Sohn dem Vater zur rechten Hand saß. Felin. in rubr. de major. & obed. col. 4. in fin. Speidel. d. v. Hand. p. 563. Wel hes auch bey den E gyptern / Römern und Numidiern gebräuchlich gewesen. Tiraquell. de primogenit. n. 12. Und achtet man ohnedem die rechte Seite des Menschen ingemein für stärcker / als die lincke. Apulejus, apolog. Magiae. 1. XXXVIII. Bey denen Türcken aber wird hingegen das gehen und sitzen zur lincken Hand für honorabler gehalten. Budovvez, in horolog. p. 151. Wie denn auch König Cyrus im Gebrauch gehabt / seine vornehmste Gäste auf die lincke Seite zu setzen / weil solcher Theil des Leibes dem Hertzen am nähesten. Xenophon, in Paedia Cyri, lib. 8. XXXIX. Die Römer wenn sie vor einem Götzen-Tempel fürüber gingen / bückren sie den Kopf / neigten sich zur rechten Seiten mit dem Leibe / und küf [1003] seten ihre rechte Hand zur sonderbahren reverence und Ehrerbietung gegen solchen Götzen. Apulejus. d. loc. Plin. lib. 28. c. 2. Plautus, Curcul. adt. 1. sc. 1. Ph. quo me vortam nescio. Pa si Deos salutas dextro versum censeo. Daher noch biß auf den heutigen Tag auch in civiler conversation solche Ceremonie überblieben. Bisciola. horar. subceviv. lib. 7. c. 14. Die Soldaten pflegten auch vordiesem die rechte Hand ihres siegenden Generals zu küssen. Plutarch. in Catone Uticensi. Ingleichen die Griechen ihre eigne / nach verrichtetem Gebeth. Alex. ab Alex. lib. 4. Gen. dier. c. 17. pag. 555. XL. Vor Alters durffte bey den Persern niemand in Gegenwart des Königs die bloße Hände aus den Ermeln der Röcke hervorthun / sondern zum Zeichen der Demuth drin verborgen halten / ausgenommen der König allein: Drum schreibet Xenophon, lib. 2. rer. Graec. daß König Cyrus um deßwillen Xerxis beyde Schwester-Söhne tödten lassen / weil sie ihm mit entblösten Händen aufgestossen und begegnet / da doch die Ermel an den Röcken der Perser weit über die Hände hergegangen. Petr. Greg. Tholosan. Syntagm. jur. univ. lib. 47. c. 14. n. 8. XLI. Manus longa & benè proportionata, quae suo corpori corre pondet, bonitatem ingenii ostendit. Si longa extra debitam proportionem, animum liberalem & audacem denotat. Si nimis brevis, miserum astutum, pusillanimum. Si subtilis & gracilis, loquacem & voracem. Benè articulata fortitudinem. Francisc. Torreblanc. de Magia, lib. 1. c. 9. n. 39. XLII. Durch die ausgestreckte rechte Hand wird die Bringung des Friedens angedeutet / quo Virgilius, lib. 7. AEneid. v. 266. respexit, canens: Pars mihi pacis erit, dextram tetigisse Tyranni. Welches auch die Alten Statuen der Könige und Fürsten / die gemeiniglich mit ausgereckter Hand gebildet sind / bezeugen. Alex. ab Alexand. lib. 2 genial. dier. c. 19. p. 212.
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XLIII. Hertzog Albrecht zu Sachsen ward DEXTRA IMPERII darum genennet / weil Käyser Maximilianus I. durch ihn viele Siege und Schlachten erhalten. XLIV. Bey den Alten Teutschen war die Uberreichung eines Handschues ein Zeichen und Pfanb ihrer Ehre / Treu und Glaubens / wie bey den Römern die Aushändigung eines Ringes. Gödelmann, de Lamiis & Sagis lib. 3. c. 5. subn. 27. Drum wenn Käyser und Könige bey Schliessung des Friedens / Aufrichtung der Bündnisse / und andern Handlungen nicht zugegen seyn konten / schickten sie ihren Handschue. Camerar. hor succis. cent. 1. c. 35. pag. 164. D. Stryke, de jure sensuum, dissert. 7. c. 1. n. 46. Dergleichen geschahe auch sonderlich unter den Sachsen / bey den Schänck-Ubergab- und Abtretung der liegenden Güther. Gryphiand. de Weichbild Saxon. c. 74. n. 10. Bey den Teutschen / wenn sie alten Gebrauch nach / durch einen Zweykampf ihr Recht ausführen wolten / schickte oder wurf einer dem andern seinen Handschue zu. Gödelmann. dict. loc. Rittershus. Part. Feud. lib. 2. c. ult. p. 35. Wenn man vor Zeiten Städte bauete / oder Märckte machte / wurde ein Creutz auf den Marckt gesetzet / daß man sahe / daß das Weichfried [Stat-Recht] da war / man hengte auch daselbst des Königs Hand-Schue dran / anzuzeigen / daß es des Könzgs Wille sey. Gryphiander. d. loc. Rittershus. de jure Asyl. p. 47. Bey dem Creutz ward zu vernehmen gegegeben Gottes Friede von St. Peters wegen / [oder die Geistliche Gerichte.] Durch den Hand-Schue aber die Weltliche Gerichte. Weichbild / art. 9. Gryphiand. cit. c. 4. n. 4. Speidel???in spec. jur. v. Handschue / pag. 567. XLV. Vor Alters setzten Käyser / Könige und andere grosse Herren ihre Nahmen nicht unter die Briefliche Urkunden / so ausgefertiget wurden / sondern nur ein gewisses Hand-Zeichen oder Hand-Mahl / als etwan einen gewissen in einander geschrenckten Zug / Creutz oder einander dergleichen Ken-Zeichen. Speidel. in spec. jur. v. Hand-Zeichen pag. 570.
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Sonderlich aber [daß wir noch von dieser Materie ferner kürtzlich etwas anhencken.] geschahe die Unterzeichung der alten Griegischen Käyser mit dem Blut der Purpur-Schnecken: Womit kein ander gemeiner Mensch schreiben durffte; sintemahl dieser Schreib-Purpur allein der Käyserlichen Handschrifft gewiedmet war / und ihm zu Unterzeichung der Frey-Briefe / privilegien und anderer von seiner Majestät Hand bekräfftigten Urkunden dienete. Solche Purpur-Dinte war nicht allein aus den Blut besagter Schnecken zugerichtet / sondern man that auch den Staub der klein gestossenen Schnecken-Schalen selbst dazu / und vermischte es mit dem Saffte / welcher nahcmahls darauff geschüttet ward: Und solches ließ man so lange bey einander stehen / biß es eine taugliche Schreib-Di???ten gab / ward genennet Encaustum. Plin. lib. 9. Hist. c. 38. Wer nun diese Schrifft sahe / der glaubte ungezweisselt / es wäre des Käysers eigne Handalso folgends auch sein ernstlicher Wille und Meinung / daß dieses oderjenes geschehe. Es hat auch Käyser Leo in L. 6. C. de divers. rescript. ausdrücklich gebothen / daß die Käyserliche Befehle / und dergleichen / so ihre Krafft und Autorität von Sr. Majestät eigenhändigen Unterschrifft haben musten / mit solcher Purpur-Dinten und keiner andern unterschrieben seyn / anbey auch verbothen / daß kein Privatus sich dergleichen gebrauchen solte. Denn wer das that / ward für ein Rebellen geachtet / und seines Kopfs verlustig Nicetas de Rebus Manuelis Imperat???ris lib. 1. in Princip. Gvido Panciroll. Deperd. de Encausto, ibi??? Salmuth. in notis p. m. 16. 17. 18. ed. in 8. [Hercules soll die Purpur-Farbe erfunden haben / denn sein Hund hatte einsmahls am Ufer des Meers eine Schnecke gefunden und gefressen / davon ihm das Maul blutig / und über aus schön gefärbet war. Als er nun mit dem Hunde zu seiner Liebsten kam / hat ihr die Farbe an des Hundes Maul so wohl gefallen / daß sie zum Hercule gesagt: Sie wolte nichts mehr mit ihn zu schaffen haben / wenn er ihr nicht ein solch Purpur-roth gefärbtes Kleid verschaffen würde. Drauff sey Hercules hingegangen / und habe mit grosser Mühe so viel Blut von den Schnecken gesamlet / daß sie ihr ein Kleid damit färben können. Lazar. Baysius, in libro de re vestiaria. Basil. anno 1531. edito c. 3. p. 12. Heut zu Tage kan man dergleichen Purpur-Farbe nicht mehr haben / nicht zwar als wenn [1006] die Schnecken nicht mehr in der Welt wären / sondern wil niemand mehr Wissenschafft hat / wie man das Blut aus der Schnecken bringen soll / sonderlich weil die Seen / darinn solche Purpur-Schnecken zu finden sind / meistentheils von ungeschickten Barbarischen Völckern besessen werden. Wiewohl die Sineser / sonderlich die im Königreich Gannao wohnen / annoch aus einer besondern Art Affen-Blut eine überaus schöne Purpur-Farbe zu zurichten wissen. Erasm. Francisci in Neu-polirt. Geschicht-Kunst- und Sitten-Spiegel lib. 4. disc. 22. p. 1349.] Im fall der Griegische Käyser annoch minderjährig war: pflag desselben Vormund mit grüner Schrifft die Käyserliche Mandata zu unterschreiben / massen aus jetzt angezogenen Niceta ebenmäßig erhellet. Es hat auch noch Käyser Maximilianus einen Druck einer Signatur machen lassen / weil er mit gar zu vielen Geschäfften und unterzeichnen überladen gewesen / auch solches denen Ständen des Reichs eröfnet / jedoch darbey geordnet / daß dennoch alle Briefe durch die dritte Hand / Falsch zu vermeiden / zur gantzen Fertigung gehen müssen. Und ist erst zu Zeiten Käyser Caroli V. aufkommen / oder üblich worden / daß die Römische Käyser und Könige ihre Rescripta, Privilegia, confirmationes und documenta mit Hinbeysetzung ihres Nahmens unterschrieben / welches vor ihm die Vorfahren am Reich nicht in Ubung gehabt / sondern solche Briefe sind nur allein gesiegelt worden / wie man dergleichen noch viele in den alten Archiven findet. Autor Consilii, quod vol. 1. Cons. Argentor. cons. 2. n. 75. videre est. Speidel. cit. loc. p. 570. Limnaenus in Capitul. Caesar. fol. 765. Die Könige in Lusitanien wenn sie ihre diplomata unterschrieben / setztenallemahl bey den Namen fünf Puncta ??? welches sie vulnera oder Wunden nenneten / zum Gedächtnis der Wunden CHristi. Conestagius de conjunct. Portugall. lib. 6. f. 338. Der König in Spanien variiret in der Unterschrifft / denn zuweilen setzet er seinen Nahmen / zuweilen aber nur folgende Worte Vel Rey! vel El Rey. Rex. Vid. Baudium de induciis belli Belgic. lib. 1. pag. 26. Speidel. d. p. 570.
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CAPUT LI. DE LUMBIFRAGIO.
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I. DIeses ist auch eine knechtische Strafe gewesen / als die ohne dem als das Vieh geachtet wurden / auch dem Herrn freystund / seinen erkauften / oder sonst im Kriege erlangten leibeigenen Knecht / wenn er was hartes verbrochen hatte / ohne Zuthuung der Obrigkeit / selbst nieder zumachen und zutödten. II. Plautus in Amphitruone act. 1. Scen. 1. gedencket der Einschlagung der Lenden auch / und hat Taubmann pag. 34. in fin. in seinen annotationibus die Worte Lumbifragium auferes Teutsch gegeben / bringestu mich auf / so schlage ich dich / daß du die Lenden nachschleppest. Eben wie man an den Schweinen siehet / wenn die hinten aufs Creutz geschlagen werden / daß sie mit den Hinterbeinen nicht mehr fortgehen können / sondern die Lenden hinter her schleiffen / welches ihnen aber / wenn sie nicht gar zu arg und gantz lahm geschlagen sind / bald zu vertreiben / in dem man sie bey dem Schwantz in die Höhe ziehet / und darbey hin und wieder schüttelt / daß die ausgereckte Gelencke wieder eintreten / und man sie also dann wieder hinlauffen läst.

CAPUT LII. Was ??? und ??? vor Straffen gewesen?
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I. LEine lächerliche Straffe mag schier erdacht werden / weder die / welche die Athenienser / denen Ehebrechern / so nicht viel zum besten hatten / zufügten. Denn man sengete mit heisser Aschen das Haar f. v. vom Gesäß weg / stieß ihnen hernach eine grosse Rettich-Wurtzel in das Hinter-Kastel / und nandte solche Straffe [Greek words]. Die erste aber mit der Aschen [Greek words] enim est vello, aut depilo.
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Coel. Rhodigin. lect. Antiq. lib. 10. c. 5. Alexand. ab Alexand. gen. dier. c. 1. lib. 4. pag. 433. II. Dieser gedencket auch Aristophenes in Pluto, [Greek words], alius autem captus moechus propter te depilatur. III. Dubio procul Raphanos istos propter delicti similitudinem intra moechi podicem adegerunt, quandoque etiam, & imprimis apud Romanos adhibitus, atque per [Greek words], prout afflicta hujusmodi adulterorum posteriora Theocritus appellitat. IV. Unterweilen gebrauchten sie auch wohl dazu den Fisch / der in den Niederlanden der Härder / auf Lateinisch aber Mugulis genennet wird. Erasm. Francisci. im Neu-posirten Sitten-Kunst- und Wunder-Spiegel / lib. 2. disc. 1 c. pag. 413. Hinc illud Catulli, Epigram. XV. in Aurelium.
Ah tum te miserum, mali??? fati,
Quem attractis pedibus patente porta
Percurrent Raphani mugiles???! Et Juvenalis, Satyr. X. vers. 317. --- quosdam moechos & mugilis intrat. Et quidem, uti ex Satyrici hujus verbis aliquot antecedentibus colligi potest, ipsi mariti hoc supplicium adulteris intentarunt. Fuit autem Mugulis piscis grandis capitis, postremis exilis, Graecis inde [Greek words] Groß-Kopf / Meer-Asch / dicitur, docente veteri Scholiaste Juvenalis, ad d. l. Vide etiam, quae ibinotavit Anton. Muretus. V. Andreas Tiraquellus, in notis ad Alex. ab Alexandr. supra dict. c. 1. lib. 4. genial. dier. saget / daß nicht eben in der Stadt Athen / sondern bey den Laciadis, oder wie andere sie nennen den Placiadis, Völckern / so den Atheniensern subject und unterthan / diese Straffe üblich gewesen. add. Petr. Gregor. Tholos. Jur. Univ. lib. 36. c. 6. n. 41. D. Joh. Philip. Pfeiffer / antiq. Graecar. gentil. lib. 4. c. 24 pag. 661.
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CAPUT LIII.
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Von Ausschneidung der Manns- und Weibes - Bilder. I. SEmiramis, des Aßyrischen Königs Nini Gemahlin / ein freches unkeusches Weib / soll am ersten erfunden haben / die Knaben deren Dienstes man sich im Frauenzimmer gebrauchet / auszuschneiden. Ammian. Marcellin. lib. 14. Hist. Petr. Greg. Tholosan. Synt. Jur. Univ. lib. 7. c. 2. n. 18. Gotefried / in der Hist. Chronic. part. 1. pag. 25. Andere schreiben solches dem Gerlabo zu / welcher den Ehebruch zuvermeiden / sich selber die Virilia abgeschnitten / solche in ein Väßlein gethan / mit Honig / Myrrhen und andern Specereyen eingemacht / und mit seinem Ring versiegelt / dem König Antiocho verwarlich aufzuheben geschickt. Ejus historiam vide apud Lucianum [Greek words] pluribus expositam. II. Die Persier / wie sie der Griechischen Städte in kleinern Asien / so von Dario abgefallen / sich wieder bemächtigten / schnitten sie die jungen Knaben aus / die schönste Mägdelein aber führeten sie mit sich in Persien / und mißbrauchten sie zu Concubinen. Idem pag. 105. III. Die Egypter liessen demjenigen / welcher eine Freygelassene violiret / casttriren. Diodor. Sicul. lib. 2. c. 3. Alex. ab Alexand. gen. dier. lib. 4. c. 1. pag. 434. Salmuth, ad Panciroll. lib. 2. t. 2. Item die Ehebrecher / nachdem sie selbigen noch darzu tausend Steiche gegeben. Nic. Henel. ot. Uratislav. c. 35. pag. 294. Welchen hierinne die Perser auch gefolget. Joh. de Laët. in descript. Persiae, pag. 63. Desgleichen die Römer: massen denn Biblemus und P. Cernius es also [1010] practiciret / deren der erste Carbonem Actienum, der andere aber Pontium in Ehebruch bey ihren Werbern ertappet und ausgeschnitten / wie bey dem Valerio Maximo, lib. 6. c. 1. zu sehen. Hinc illud Horatii, lib. 1. Sermon. Satyr. ???.
- - - Qin etiam illud
accidit, ut cuidam testes caudamq??? salacem
Demeteret ferrum, jure omnes Galba negabat. IV. Ferner sind also abgestraffet worden die Raptores, oder welche Weibes-Bilder entführet. Item ehrliche Weibes-Personen genothzüchtiget. Jacob. Cruquius, ad dict. Satyr. 2. Horat. Desgleichen die Knaben geschändet / oder mit unvernünftigen Thieren zuthun gehabt. Vide Cod. Wisigoth. lib. 5. art. 116. lib. 7. Ebenmäßig die / so andere vorher castriret / als mit einer poenâ talionis, juxta Novell. Justinian. 142. c. 1. Welche aber Käyser Leo in seiner 60ten Novellawieder aufheben / und in eine andere Straffe verwandeln wollen / Ibi: Sancimus itaque, ut qui detestandae hujus artis artificem ad castrandum advocarit, si in albo Imperatorii famulatus sit, primum albo eximatur, ac deinde decem auri libris in Fiscum deferendis multatus in decennium relegetur. Malae verò istius artis artifex & ipse primum flagris cauteque tenus tonsione deformetur, & deinde bonis privatus eodem temporis spatio patriâ exulet. V. In Engeland hat man vor diesen die falsche Müntzmacher also abgestraffet. Kinch. de Saxon. non provoc. Jur. §. Ducum c. 5. n. 385. Joh. Rudolph Werner, super Quaestione: Ecquid in solutionibus tempus contracti debiti, vel solutionis de jure inspiciendem pag. 8. n. 15. VI. König Henricus II. und Richardus daselbsten liessen denen Wild-Dienben die Augen ausstechen / und die genitalia abschneiden. Anton. Seidensticker / de furibus ferarum, thes. 54. VIII. Bey den alten Francken wurden die Leibeigene Knechte / wenn sie was sonderliches verbrochen / zur Straffe castriret. Lex Ripuaorium c. 58. leg. 17. Si servus hoc fecerit [scilicet cum ancilla moechatus fuerit] tribus solidis culpabilis judicetur, aut castretur. Lex Salica c. 32. leg. 4. Si in ipso supplicio fuerit [1011] confessus [furtum] aut castretur, aut ducentos quadraginta denarios, qui faciunt solidos sex, solvat. VIII. Die Georgianer im Lande Albanien lassen die Diebe / welche nicht eben einen gar zu grossen Diebstahl begangen / ihrer Mannheit berauben / damit die hernach keine Kinder mehr zeugen mögen / die ihnen nach arthen. Brocardus Monachus, in descriptione terrae Sanctae. Dieses thun sie auch denen Ehebrechern. Erasm. Francisci, in Geschicht-Kunst- und Sitten-Spiegel / pag. 419. IX. Sonst ist aus den Historien-Schreibern gnugsam bekant / daß / wenn einer von den grossen Patentaten sich befürchtet / es möchten seine nahe Bluts-Freunde und Anverwante von Manns-Bildern ihn etwa künftig aus den Sattel heben / und des Reichs entsetzen / sie dieselbe castriren lassen / ihnen dadurch alle Hoffnung der Succession und Fortpflantzung ihres Geschlechtes zubenehmen. X. Man lieset auch / daß vor diesen die vornehmsten in Griechenland alte Männer / vor welchen man sich wegen Aufsetzung der Hörner nichts mehr zubesorgen hatte / zu Hütern und Wächtern ihrer Weiber bestellet. Suias in voce [Greek words] Menander, in Pseudo-Hercule. XI. König Agamemnon hinterlies seiner Gemahlin / der Clytemnestrae, einen Citharoedum, Hart- oder Lautenschläger / als er von ihr reisete / welcher nicht allein custos pudicitiae seyn / sondern ihr auch stets Liederchen von Lob der ehrlichen und keuschen Weiber vorsingen muste / es konte auch der Ehebrecher AEgystus ihr eher nichts angewinnen / noch sie zu Fall bringen / biß der Citharoedus aus dem Wege geräumet war. Athenaeus, lib. 1. Dipnosoph. cap. II. D. Joh. Phil. Pfeiffer / Antiq. Graec. gentil. lib. 2. c 64. pag. 434. XII. Es wird auch wohl den Eunuchis oder Verschnittenen solche Aufsicht anvertrauet / weil die Alten davor hielten / es wäre denselben die vis generandi, mit samt der Lust und Bergierde zum Frauenzimmer / benommen. Und gebrauchten sich Anfans derselben nur Königliche Personen. Terent in Eunuch. Act. 1. Scen. 2. vers. 87. Ja Käyser und andere grosse Herren nahmen sie zu Cammerdienern und Tranbanten. Xenophon, lib. 7. Paed. Assyriorum. Ammian. Marcellin. lib. 16. Hist. Man hält auch davor / es sey Potyphar, bey dem [1012] der Joseph in Diensten war / des Königs Pharaonis Eunuchus gewesen. D. Pfeiffer / antiqv. Graec. lib. 2. c. 55. p. 363. It. der Mohr der König in Candaces, welche̅ der Apostel Philipp??? getauft. Actor. c. 8. v. 27 Hen. ot. Urat. c. 35. p. 279 Und wurde̅ dieselbe gar teuer gekauft. Indeq; Ulpian. L. si servus servu̅ 38. §. Et sipuerum ff. ad L. Aquil. lib. 9 tit. 2 per castratione̅ puerum pretiosiorem fieri dixit. Eumque Accursius, in dicto §. Etsi puerum, intelligit, habito respectu locorum & opinionis, ut in A pulia pretiosior sit, non autem in Italia. Quoniam scilicet & in Apulia hujusmodi castrati non castratis magis idonei crederentur ad custo diam & fideliores- Die Priester bey dem Tempel der Göttin Dianae zu Epheso waren auch Eunuche, und wurden genant [Greek words]. Strabo, lib. 14. Geograph. XIII. Nach der Zeit aber sind die Eunuchi gar gemein worden / daß fast ein jeder Weib einen solchen verschnittenen Diener haben wollen / welche mannigmahl es so arg getrieben / daß sie die Weiber und Jungfern beschlaffen / und zu Huren gemacht / die sie doch vor andern hüten und bewachen sollen. Licet enim exsecti sint Eunuchis testiculi, ac proinde vasa servando semini genitali inidonea: tamen ardent illi libidines flammis, & exercent similia viris non castratis. Passim id innunt veteres, ut Basil. M. lib. de vera virgin. circa finem. Arnobius adversus Genten, lib. 5. multum ante med. Chrysostom. Homil. 63. in Matth. Augustin. lib. contra Julian. c. 5. Drum sie auch endlich gar verachtet wurden / so daß obgedachter Basilius Magnus, Epist 87. ad Simpliciam Haeriticam sie nennet ignominiosum genus, nec foemineum, nec masculinum, in saniens in mulieres, invidiosum, vilis pretii, animo feroci, effoeminatum, ventri deditum, auri cupidum, saevum, coenae jacturam plorans, inco̅stans, illiberale, quidvis suscipiens, insatiabile, furiosum & Zelotypum, & quid amplius dicendum est, ait, Cum ipsa statim generatione ad ferrum damnatum. Licinius hat sie tineas & sorices, palatii genennet. Henel. d. otio Uratis lav. c. 35. pag. 285. Firinicus, lib. 3. Astron. c. 7. facit, inquit, Eunuchos, abscissos, archigallos, aut hermophraditas, & qui semper hoc non agunt, sed patiuntur, quae mulieres pati consueverunt, praeposteris libidinum ardoribus vulvae tentigine concitati. Terentius, Act. 4. Enuchi, Scen. 3. v. 23 saget selber / daß sie grosse Liebhaber der Weiber sind. Drum auch manche geile Hure / in Meinung / sie könte mit diesen gantz sicher das Handwerg treiben / nicht nachgelassen / biß sie einen solchen Vogel zum Aufwärter bekommen / eben wie dorten die Gellia, deren Martialis, lib. 6. Epigramm. 67. ad Pannicum gedenckt.
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Cur tantùm Eunuchos habeat tua Gellia quaeris, Panice? Vult futui, Gellia, non parere. Phavorinus Philosophus ist auch ein Eunuchus gewesen / aber doch in Ehbruch ertappet worden. Muret. in var. Lect. lib. 10. c. 11. Drum nicht allemahl zu trauen / was von ihnen Iuvenalis, Satyra 6. v. 364. scopticè schreibet: Sunt, quas Eunuchi imbelles, ac mollia semper Oscula delectent, & desperatio barbae, Et quod abortivo non est opus. In quae ita scholiastes vetus: Eunuchi inutiles ad concubitum - - - Et si quando ad praelia ventum est, Ut quon dam stipulis magnum nam viribus ignis incassum furit. Conf. Aristot. Sect. 10. prob. 38. XIV. In Ansehung dessen sind auch die Käysere bewogen worden / daß sie solche gar ausrotten möchten / allermassen Käyser Augustus den Anfang gemachet / de quo Martialis, lib. Epigrammat. 2. Lusus erat, sacrae connubia fallere tedae Lusus & immeritos execuisse Mares. Utraq; tu prohibes Caesar, populisq; futuris Succurris nasci, quos sine fraude jubes. Nec Spado jam, nec Moechus erit, te praeside quisquam, At prius, o Mores! & Spado Moechus erat. Dem Domitianus gefolget / teste Xiphil. in Nerone & Dione. Ammian. Marcell. lib. 18. Hist. Sueton, in Domitiano, c. 7. Ein dergleichen Gesetze hat auch Nerva Coccejus gegeben. Xiphilin. in ejus vita. Käyser Alexander Severus hat die Eunuchos weder unter die Männer noch Weiber gezehlet / sondern vor eine dritte Art der Menschen / und also den Männern solche gäntzlich verbothen / auch kaum einen oder den andern denen Vornehmsten Römischen Weibern verstattet. Lamprid. in ejus vita. Zonaras tom. 2. Constantinus hat gar die Lebens-Straffe drauffgesetzet / wer einen castriren würde. L. 1. de Eunuch. L. 4. C. tit. 42. Agiturq; in hujusmodi castrantes, praeter necessitatem, judicio Legis Corneliae, de Sicariis. L §. qui hominem. & L. 4. §. idem Divus ff. ad Leg. Corn. de Sicar. Und von dem Käyser Theodosio dem Jüngern referiret Svidas, in voce Eunuchus, daß er aus Zorn und Ungnade / welche er auf den Antiochum praepositum geworffen / ein Ge [1014] both ausgehen lassen / daß kein Eunuchus unter den Patricien solte gelitten werden. Leo hat verbothen / im Römischen Reich Eunuchos zu machen / die aber schon würcklich drin / zu verkauffen: Jedoch verstattet / daß mit denen / so frembder und ausländischer Orten verschnitten worden / gehandelt werden möchte. L. 2. C. de Eunuch. Lucianus tradit in Eunucho, Philosophari non debere Eunuchum, & hujusmodi homines secludi debere non tantum à Philosophia, sed & ab omnibus Sacris, & ab omnibus coetibus publicis ejici, esseq; quoddam animal varium & anceps, non aliter, quam Cornices, quae neq; inter corvos nec columbas annumerari queant. XV. Carolus Magnus, in Capitularibus Legibus, quas addere LL. Longobardorum placuit, cap. 5. sic statuit de mancatione qualibet: Si quis alterum praesumtione sua vel sponte castraverit, & ei ambos testiculos amput averit, integrum Vuidrigildium suum juxta conditionem personae componat: si virgam absciderit, similiter si unum testiculorum, mediet atem solvat. Et in Legibus Salicis, tit. de debilitat. §. 17. 18. 19. 20. Si quis ingenuum castraverit, aut virilia transcapolaverit unde mancus 400. denariis, qui faciunt solidos centum, culpabilis judicetur. Si vero ex integro tulerit virilia, 8000. denariis, qui faciunt solidos ducentos: Si Saleucus Saleucum castraverit totidem praebeat: Si quis antrusionem castraverit, 2400. denariis, qui faciunt solidos 600. excepta medicatura, quae novem solidis componatur. XVI. Notandum autem est, Eunuchos alios ab aliis differe. Quidam enim sunt SPADONES, alli THLIBIAE, alii CASTRATI. Spadones illos dicunt, qui steriles nascuntur, & frigidi ac impotentes sunt ad generandum, propter vitium aliquod naturae. vid. Aristot. lib. 2. de Generat. animal. c. 7. & Galen, lib. de usu partium c. 15. Hoc sensu accipitur vocabulum Spadonis in L. 6. ff. de lib. & postbum. ubi scribitur, Spadonem posse post humum baeredem instituere: quod sanè perabsurdum esset, nisi intelligeretur is, qui coire quidem potest, sed generare propter naturae vitium aliquod non potest, tantisper dum hoc vitium aut hominis solertiâ, aut Dei benesicio quodam admirabili sit sublatum. Similiter accipitur in L. 14. §. 2. ff. de manumiss. vindicta. conf. L. 6. §. 2. ff. de aedilit. Edict. XVII. Thlibiae, qui & Thlasiae appellantur, sunt Eunuchi, quibus à nutrice, vel fortean à matre extriti sunt testiculi, [Greek words] e. per [1015] compressionem, quando relaxatis membris infantum aquâ calidâ digitis testiculi comprimebantur, usq; dum abolerentur & evanescerent, prout notat P. AEgineta, lib. 6 Dicuntur sic [Greek words], quod atterere significat. Mentio eorum habetur in L. 28. ff. de Verb. Signif. Item in L. 5. ss. ad Leg. Cornel. de Sicar. nec non Deuteron. 23. v. 1 in vulgata: non intrabit Ennuchus, attritis vel amputatis testiculis, ??? abscisso veretro Ecclesiam Dei. XVIII. Castrati sunt, quibus exsecta sunt membra virilia. §. Sed & illud. Inst. 49. de adopt. Ehi rursus sunt in triplici differentia. Quibusdam enim testiculi tantum evulsi, sine parastatis, h. e. vasis seminalibus; aliis testiculi sunt evulsi cum vasis seminalibus, quorum utrumq; genus propriè [Greek words] appellari potest, à verbo [Greek words], evello. Aliis testiculi cum parastatis & veretro h. e. ut Horatius ait, cauda salaci sunt amputati. Ex his ii quidem, qui testibus sunt attritis, interdum non modò ad coitum sunt idonei, sed etiam ad generationem: quibus autem testiculi sunt amputati cum veretro, ad neutrum valent. At quibus testiculi sunt amputati, nec tamen parastatae, illi semen quidem habent, sed infoecundum, erectam praeterea virgam, ut cum muliere coire possint. Et hi quidem salaciores sunt iis, qui castrati non sunt, quemadmodum docet Aristoteles lib. 1. de Generat. Animal. c 4. D. Joh. Philip, Pfeiffer / Antiq. Graecar. lib. 2. c. 55. pag. 361. & 362. XIX. Eustathius putat, Eunuchum dici qs. [Greek words], à privatione seu viduitate testiculorum. Alii [Greek words], quoniam videlicet ad cubilium & Gynaeceorum custo diam & curam comparari solerent. XX. Es ward auch vor Alters vor ein böses Omen und unglücklich gehalten / wenn einem früh beym Außgang aus dem Hause ein Verschnittener begegnete. Lucian. in Pseudologista, add. Henel. in otio Uratislav. c. 35. pag. 2993 XXI. Berenganus, ein Italiänischer Hertzog hatte einen Mönch / Nahmens Dominicus, zu seiner beyden Töchter Lehr-Meister bestellet. Ob nun zwar dieser ein garstiger und ungestalter Mensch war / von Person kurtz / an Farbe schwartz-gelb / an Sitten Bäurisch / an der Haut Sauborstig / und sonsten grob und Tölpelhafftig / so weiß ich doch nicht / wie es die blinde Liebe so weit gefüget hatte / daß diese Mißgeburth des Berengarii Gemahlin Witta des [1016] Nachts in ihrem Bette heimsuchen / und mit ihr verdächtig umgehen mochte. Doch ist gewis / daß als er einsmahls des Nachts zu Witta schleichen wolte / er von einen kleinen Hund verrathen worden / welcher mit Bellen Lerm gemacht / daß der Schleicher vor der Wittae Gemach ertappet wurde. Als es die Hrrtzogin merckte / sagte sie: Der Schelm sucht gewiß unser Frauenzimmer / womit er schon so viel verstund / daß er ja sagen solte. Ungeachtet nun Berengarius alles erfuhr / zwang ihn doch Witta mit Zauberey / daß er sie dennoch lieben muste. Den Dominicum aber ließ er ausschneiden / daß er künstig sein unzeitiges courtesiren muste bleiben lassen. Luitprand. Ticinens. Hist. lib. 5. c. 15. f. 149. M. Jacob. Dan. Ernst Confect. Taffel lib. 3. n. 96. p. 779. XXII. Origines hat sich selber auch verschnitten / damit er nicht von den bösen Lüsten angefochten werden möchte. Euseb. lib. 6. c. 8. Leontius, Bischoff zu Alexandrien ließ sich ausscheiden / daß er mit seiner Amasia Eustolia desto freier und sicherer courtesiren könte / ward aber abgesetzet. Henel. in ot. Uratislav. c. 35. p. 289. XXIII. Adramyntes, der Lydier König / hat unter allen zuerst Weibes-Bilder ausschneiden lassen / und zu seinen Dienst gebrauchet. Xanthus, lib. 2. rer. Lydiarum. Coel. Rhodigin. Lect. Antiq. lib. 20. cap. 14. pag. 775. Athenaeus, lib. 12. Dipnosoph. Pert-Gregor. Tholosan. Syntagm. Jur. Univ. lib. 7. c. 2. n. 20. Deme die Perser nachgefolget. Zeiler, cent. 4. Quaest. 52. pag. 276. XXVII. Der König in Assyrien schickte seine Gemahlin Stratonicem mit einem überaus schönen Baumeister / Combabes genant / nach Babylon / einen Königlichen Pallast allda anzulegen / und aufführen zu lassen. Damit nun der König nicht einen Verdacht auf ihn werffen möchte / als wenn er mit der Gemahlin was böses vornehmen würde / schnitte er ihn selber die testiculos ab. Dem etliche Edelleuthe / so mit in der Suite waren / drinn nachfolgeten. Dergleichen würde man heut zu Tage wenig finden / die es so machten. Lucian. in Dialog. de Dea Syria. Petr. Gregor. Tholosan. Syntagm. Jur. Univ. lib 7. c. 2. n. 24. XXIV. Johann von Essen hatte von dem Hertzog zu Cleve / gegen Erlegung einer Summa Geldes / ein Privilegium erlanget / daß er in seinem Lande das Vieh verschneiden durffte. Nachdem nun dieser Wind bekahm / daß einer mit seiner Tochter Kundschafft gemacht / hat er sie sobald in die Cammer [1017] gezogen / ihr mit Gewalt den Leib geöfnet / und sie / wie man dem Vieh zuthun pfleget / verschnitten / drauf geheilet / und untüchtig zum Kinder Empfahen und Zeugen gemacht. Deßwegen der Hertzog ihn nun etliche hundert Thaler gestrafft. Joh. Wier, lib. 4. c. 20. de praestig. Daemon. Zeiler. cent. 4. q. 52. pag. 276. Henel. in otio Uratislav. c. 35. p. 288. XXV. Und daß es müglich sey / die Weiber zuverschneiden / und sie zum Empffahen und Kinder-gebähren untüchtig zu machen / beschreibet Franciscus Rosettus, in tr. de partu Caesareo welche Caspar. Bauhinus Lateinisch vertiret, pag. 206. 297. & seqq. XXVI. So findet man auch in O. Dapperi Beschreibung Africae, pag. 498. daß etliche Völcker drinn befindlich / welche die junge Bräute / wenn sie zum erstenmahl heyrathen wollen / auf eine besondere Arth beschnitten / nemlich sie beschmierten ihnen den Orth / wovon sie Weibes-Bilder genennet werden / und dadurch von dem Mannes-Volck unterschieden sind / mit Honig / liessen es ein drucknen / und hernach von Ameisen / die sie hinbey thaten / so lange dran fressen / biß Haut und Haar herunter gieng / und es am selbigen Orthe aussahe / als eine Baumrinde sc. M. Paul. Antonius gedencket solcher auch / u. nennet die Völcker Banenses, & Monenses, in Exercit. Historic. de circumcisione Gentilium, Lips. 1682. habita. §. 2. XXVIII. Ein Tückischer Bassa, als ihm einer mit grossen Schrecken die Botschafft brachte / die Christen hätten Sigeth eingenommen / hat spötlich geantwortet: Was sagestu mir von einen so grossen Schaden? Du Narr / ich hab wohl Ursach über einen grössern Verlust zu klagen / weil mir dasjenige [wieß hiermit auf den Orth des Geburths-Gliedes] hinweg genommen worden / wodurch ich könte Mann und Vater seyn. Christ. à Wallsdorff / in Descript. Constantinop. XVIII. Puna, König in Indien / hat seinen Cämmerlingen nicht allein die Geburths-Glieder / sondern auch Nasen und Aerme hinweg schneiden lassen / traffs vielleicht besser / als jener Wallone, der ihm selbst die Mannheit gesein Weib schwanger würde / er sie des Ehebruchsraubt / damit wenn etwa überzeugen könte. Martin. Zeiler, lib. 1. Roset. illustr. XIX. Ein Hengst in Spanien / nachdem er durch sonderbahre Kunst-stückgen mit Fleiß geil gemacht / seine Mutter geschwängert hatte / soll ihm selber [1018] das Glied abgebissen haben / nachdem er zu sich selber wiederkommen war. S. du mont. in not. ad Tax, Cancell. Apostol. XXXI. Eunuchi tempore Juliani ad nullas dignitates admittebantur. Henel in otio Uratislav. c. 35. p, 286. Apud Judaeos judicare non poterant, credebantur enim crudeliores. H. Grotius, ad Deuter. 16. v. 18. In India commune est proverbium, bruta animalia castrata ferociam exuere, sed homines exsectos plerumque deteriores, superbiores & magis intolerabiles fieri. Dn. Sam. de Puffendorf / lib. 6. de jure Nat. & Gent. c. 1. §. 6. pag. 841. ubi addit: à quibus dam observatum, quod virorum numerus major, aut certè par sit foeminarum numero, inde occasionem esse petitam, faciendi Eunuchos in Regionibus illis, ubi foeminas una plures ducere est concessum. Alii tamen jure belli Eunuchos primum introductos arbitrantur, dum victor, qui occidere victios poterat, radicem velut propriorem affectuum & necessitudinem captis adimunt, ut eo securius rerum suarum custodiam illis credere posset. XXXII. In Phrygia hieb man denjenigen die Hände ab / welche andere / oder sich selber castrirten. Euseb. de praepar. Evangel lib. 6. c. 8. Man hat sie auch wohl bey den Römern mit der Deportatione in Insulam, & ademptione bonorum gestraffet. XXXIII. Und haben über gedachte Käyser auch Hadrianus, Justinianus und andere solche Arth de Eviration bey hoher Straffe verbothen / wie in L. 3. §. idem Divus ff. ad L. Cornel. de Sicar. Item bey den Ammiano Marcellino, lib 18. Hist. Sveton. in Domitiano. c. 7. Nov. 142. c. 1. Barnab. Brissonio, lib. 2. Select. Antiq. c. 21. Zusehen. XXXIV. Drum auch heut zu Tage die Obrigkeit / zumahl in Teutschland keinen Verbrecher zur Straffe mehr castriren lässet / vielweniger verstattet / daß einer sich erkühne / den andern solcher Gestalt zum Unmann zumachen / oder solcher an seinen eigenen Leibe zu practiciren. Menoch. de A. J. Q. cas. 570. in fin. Ubi poenam committit arbitrio Judicis. XXXV. Vor Alters wurd das Hauß / darinnen mit Vorwissen und guten [1019] Willen des Eigenthums-Herrn / solche Section vorgenommen / von der hohen Obrigkeit confisciret. L. 1. C. de Eunuchis. XXV. Den Juden / welche die Christen beschnitten / wurden auch alle Güther genommen / und sie aus dem Römischen Reich auf ewig verhannisiret. L. 16. C. de Judaecis, ibi??? Perez. & in L. 11. ff. ad Leg. Cornel. de Sicar. Welches ebenmäßig denenjenigen wiederfuhr / die sich auf solche Jüdische Arth beschneiden liessen. Finckelthaus / obs. 84. n. 31.

CAPUT LIV.
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Von Abschneidung der Beburths-Glieder. I. DIe Nigriten oder schwartze Moren in der Insel Mossambique, welcher man Caffres nennet / haben einen Gebrauch / daß wenn sie wieder ihre Feinde zu Felde ziehen / und die Schlacht gewinnen / derjenige / so die meisten gefangen bekommt / oder caputiret / unter ihnen vor den Vornehmsten / Grössensten und Mannhafftesten gehalten wird / und daher vor andern in grossen Ansehen ist. Damit sie nun dessen Zeugnis haben / wenn sie vor ihren König kommen / schneiden sie allen / so sie gefangen / oder ümgebracht haben / das männliche Glied ab: Die Gefar gene aber lassen sie alsdann / nach geschehener mutilation, wieder hinlauffen. Solches geschicht darum / damit dieselben keine Kinder mehr zeugen möchten / welche ihre Feinde seyn / und ihnen Schaden zufügen könten Dasselbige Glied lassen sie woh / dörren / damit es sich halte / und nicht stincken werde. Wann es nun so fein gedörret ist / kommen sie für den König mit sonderbahrer Reverenze, in gegenwarth der Vornehmsten und Obersten in selbiger Gegend / nehmen eins nach den andern in den Mund / spü [1020] tzen es wiederum aus auf den Erdboden vor des Königs Füsse / welches der König mit einer grossen Dancksagung annimmet. Und damit er ihnen ihre Mannheit und Tapfferkeit wiederum mit einer besondern Verehrung vergelte / so lässet er alle die ausgespeiete membra virilia wieder von der Erden aufraffen / und giebt sie hinwiederum dem / der sie hat praesentiret / für eine sonderliche Gnade und Ehren-Titul / dessen er sich zu erheben habe / und forthin vor eine ritterliche Person zuhalten sey. Drauf nimmet er dieselbe alle mit einander / reihet sie zusammen an eine Schnur / und machet draus ein Pater noster. Wenn sie denn etwan Hochzeit / oder sonst ein Fest haben / so kommen die Bräute / oder auch wohl Eheweiber eines solchen Ritters hinzu / und haben dieses Pater noster mit allen solchen Plunder üm den Hals hangen / welches bey ihnen so eine grosse Ehre ist / als bey ums das güldene Flüß tragen. Und düncken sich die Bräute oder Weiber darbey so groß / hoch und gut / als wenn sie gar die Königin selber wären. Joh. Hugo von Lindenschott / part. 2. der Oriental. Indien / cap. 41. pag. 123. Hans Dietrich / und Hans Israel von Bey / in den eigentlichen und warhafften Fürbildungen aller fremden Völcker in Orient, Anno 1598. zu Franckfurth gedruckt / Figura 4. Es sind auch etliche unter diesen Völckern / welche den gantzen Leib und das Angesichte mit einen heissen Eisen zerpicken / und sind überall gemahlet / fast wie gepreßter oder geblümter Sattyn und Damast. Mit diesen Muster treiben sie Wunder-grossen Hoffart / vermeinen / es seyen keine schönere Leuthe unter der Sonnen / als sie. Theils seilen auch ihre Zähne scharf und spitzig / gleich wie Nägel oder Pfriemen / welches sie dann auch für eine sonderbahre Zierde halten. idem Lindenschott / d. cap. pag. 122. Im Königreich Pegu in Indien tragen viele Mannsbilder vorn an ihren männlichen Glied eine / theils auch wohl 2. Schellen / die so groß sind wie eine Welsche Nuß / welche also zwischen Fell und Fleisch hangen / und einen sehr lieblichen Klang geben / welches bey ihnen darum auf kommen / weil die Peguser grosse Sodomiten wahren / damit sie auf solche weise von gemeldten Laster abgehalten würden. Drum auch das Weibesvolck bey ihnen fast gantz nackend gehet / hat nur ein klein Tüchlein vor der Scham / welches sich im gehen von einander thut / und sie halb oder gar entblösset / üm die Männer an sich zureitzen / damit die Sodomiterey möge vermieden blei [1021] ben. Man findet etliche bey ihnen / welche ihren Töchtern / wann sie gebohren werden / die membra genitalia zunehen / lassen ihnen nur ein klein Löchlein / dadurch sie ihr Wasser abschlagen. Wenn sie denn erwachsen / und verheyrathe werden / mag der Bräutigam es wiederum aufschneiden / so groß und klein / als er vermeinet / daß es ihm eben recht sey. Dieselbige Wunden wissen sie mit einer besondern Salbe wiederum zuzuheilen. Citat. Lindenschot / part. 2. der Orient. Indien / cap. 17. pag. 48. allwo er noch folgende Worte hinzu thut: Man möchte vielleicht meynen / daß solches alles Fabelwerck wäre / aber es ist nichts destoweniger die bloße Warheit: Den̅ man weiß nicht allein durch die tägliche Erfahrung / und höret es von denen Portugallesern / welche dahin aus Indien kommen / sondern es bezeugen auch solches die Pegusen selbsten / deren viel in Indien wohnen / und zum Theil Christen sind / welche es alles vor eine Warheit erzehlen / wie es denn auch ihre Nachtbarn öffentlich bekräfftigen: Ja er führet darbey an / daß er selber dieser Weiber eine zu Goa gesehen habe / welche der Chirurgus an des Ertzbischoffs Hoff aufgeschnitten hatte. III. Theobaldus, der Umbrorum Heer-Führer wieder die Griechen / welche Beneventum inne hatte / ließ allen denenjenigen / so er vom Feind gefangen bekahm / die Virilia abschneiden / und wieder hinlauffen / biß endlich ein Weib von Benevent vor ihn trat / deren Mann auch gefangen worden / und es bald an dem wahr / daß es gleichfals sein Kleinod verliehren solte / und mit vielen ächtzen und seufftzen fußfällig ihn also anredete: O Theobalde, waß haben wir dir zu Leide gethan / daß du uns den Krieg ankündig est? Wir sind keine streitbahre Weiber / wie die Amazonen / sondern treiben unsere Hand-Arbeit mit Nehen und Spinnen / und wissen mit den Waffen nicht umzugehen. Warum schneidestu unsern Männern das beste Kleinod weg / und beraubest uns Weiber dadurch aller Wollust? Unsere Männer haben ja Augen / Nasen und Hände / die du immerhin abschneiden / nicht aber dasjenige / welches die Natur uns Weibern zu unsern Gebrauch gewidmer / mit unter das Krieges-Recht ziehen sehr belustiget / ihr den Man̅ unverletzt wieder gegeben / und mit solcher schändlichen Verstümmelung inne gehalten. Camerar. cent. 1. horar. subcisiv. c. 99. pag. 465. Henel. in otio Uratislav. c 35. pag. 296. & 297.
|| [1022]
Malebat scilicet pudicissima foemina quavis alia, quam tam nobili corpo ris parte maritum destitui, utpote quae sola discordantes conjugum animos, si quod fortè inter eos interced ret fribusculum, ut Ulpianus loquitur, in L. cum hic status. 32 §. quod si. 12. de Donat. int. vir & uxor. [per quod leve aliquod jurgium intelligo cum Papiniano, in L. quodsi 31. de Jur. dot. & L. si liberis 27. de pact. dotal.] in gratiam & concordiam redigi posset. Et rectius opinor, quam si vel ipsum Deae Viriplacae sacellum ipsis foret ingrediundum. Nam ut ex P. Victore, Va erius Maximus, lib. 2 cap. 1. memoriae prodidit, quoties inter virum & uxorem aliquid jurgii intercesserat, in Sacellum Deae Viriplacae, quod est in palatio, veniebant, & ibi invicem locuti, quae voluerant, contentione animorum deposita concordes revertebantur. Dea nomen hoc à placandis viris fertur assecuta: Veneranda quidem, & nescio an praecipuis, sed exquisitis sacrificiis colenda, utpote quotidianae ac domesticae pacis custos, in pari jugo charitatis ipsa appellatione virorum Majestati debitum ac foeminis reddens honorem. Guido Pancirollus, in nov. repert. tit. 2. de porcellanis, pag. mihi 203. ubi sequens da hâc discortantium conjugum conciliatione addit Epigramm: Hispano nupta viro Romana puella, Audiit ut mutili flaccida membra proci, Membra, quibus stabilem sigit lascivia sedem, Equibus arcitenenens spicula vibrat Amor: Non mihi (dicebat) fuerint connubia tanti, Ut cupiam mutilo nubere stulta viro. Nam??? maritales forsan discordia tedas Si turbet, quanam parte redibit amor? Scilice est medium, quo conciliantur amantes, MENTULA, quâ demtâ, gratia mulla subest. hinc etiam dicitur der Friedenmacher. IV. Sonsten hat man vor Alters denen Juden / wenn sie mit einer Christin Ehebruch getriben / zur Straffen / die Virilia abgeschnitten / wie bey dem Paulo Grillando, in tract. de poenis, quaest. 12. Alexand. cons. 99. vol. 6. Ludov. Carerio, in pract. caus. crim, pag. 109. und andern / so alda allegirt / zusehen. Und führet Andreas Hondorf, in promptuario Exemplorum pag. 343. aus des Zwingers Theatro vitae human lib. 13. an / daß ein Jüde zu Prage in Böhmen Anno 1530. gewesen / so mit einer Christin gebuhiet / und drüber ertap [1023] pet worden / welcher sein männlich Glied zu einen Spund eines gepichten brennenden Fasses hinein stecken müssen / und wurde ihm darzu aufs Faß ein schartig stumpf Messer geleget. Als ihm nun die Hitze so grimmig weh gethan / hat er ihm mit dem Messer sein Glied vor Schmertzen abgeschnitten. Und da er nun also blutig davon hat lauffen wollen / hat man böse Hunde an ihm gehetzet / die ihn zertissen. V. Welches auch noch bey denen Persern also denen Ehebrechern wiederfähret / die Ehebrecherinnen aber werden von hohen Türmen gestürtzet. M. Johann. Stiefler / im Geistlichen Historien-Schatz cap. XI. pag. 611. Wer allda ein Weibesbild mit Gewalt schwächet / und sie / des Landes Gewohnheit nach / einen Eyd drauf thut / wird dem Thäter das Instrument / womit er gesündiget / abgeschnitten. Ersm. Francisci, in den Neu-polirten Geschicht-Kunst- und Sitten-Spiegel / pag 403. VI. Diese Straffe ist noch Anno Christi 1308. in Teutschland gebräuchlich gewesen / so daß dem Ehebrecher nicht allein sein männlich Glied abgeschnitten / sondern er auch so lange geschunden worden / biß er gestorben / allermassen solches Abraham Saur / im Straf-Buch pag. 195. bezeuget. VII. In den grossen Orientalischen Königreich oder Käyserthum Japan, so 150. teutsche Meilen lang und 70. breit ist / hat ein Mann macht sein Weib / wenn er sie in Ehebruch / oder nur in einer zugemachten Cammer bey einen andern Manne / ob wohl ohne Beweiß / gefunden ohne alle Verhör zu ermorden / weiches auch in seiner Abwesenheit der Vater / der Sohn / der Bruder oder naher Freund / oder auch wohl gar der Knecht in Hause thun kan. Erasm. Francisci im Kunst- und Sitten-Spiegel lib. 2. c. 10. p. 415. VIII. So erzehlet man auch / daß als einer einsmahls sein Weib mit einen andern Manne in seiner Schlaff-Cammer gefunden / habe er den Mann umbracht / das Weib aber angebunden. Des andren Tages ladet er alle seine und ihre Freunde Mannes und Weibes Personen / wider Gewonheit zu Gaste. Als nun die Gäste am frölichsten wahren / und meineten / die Frau könte sich wegen Verrichtung in der Küche nicht sehen lassen / ließ der Mann die Frau loß / kleidete sie in ein Todten-Kleid / und [1024] schnitte dem Ehebrecher sein männlich Glied ab / thats in eine verdeckte Schachtel / und schickte / das Weib also zu den Gästen. Da nun die Gäste die Schachtel öfneten / und die Frau das verdeckte Gericht sahe / fiel sie in Ohnmacht / und der Mann kam herzu / und hieb ihr den Kopff ab / welches schreckliche Spectacul die Gäste alle nach Haus jagte. M. Jac. Dan. Ernsts Confect-Tafel lib. 2. n. 80. Pag. 709. IX. Bey den alten Egyptern wurden denen Ehebrechern die Virilia auch zur Straffe genommen / oder wenns gnädig zu gieng / wurden ihnen die Nasen abgeschnitten. Dioder. Siculus, Biblioth. lib. 2. c. 3. p. 36. X. Die Römer haben zu Zeiten ebenmäßig mit denen Ehebrechern also verfahren lassen / welches die Ehemänner oft selbst practiciret / wenn sie einen andern bey ihren Weibern ertappet / wie schon in vor Hergehenden Capitel von der Castration aus des Horatii lib. 1. Sermon. Satyr.. 2. angefithret worden. Dahin hat auch der Comödien-Schreiber Plautus in Poenulo geziehlet Act. 4. Scen. 2. v. 40. & 41. Syr. Facio quod deprehensi moechi haut fermè solent. M. Quid id est? Sy. refero V A S A salva! &c. Unde dicti sunt benè vasati, probe mutonati. Taubman. ad. d. loc. Plaut. pag. 923. vid. Lips. Antiq. Lect. lib. 1. c. 8. quales adamasse Faustinam, Adriani uxorem, tradit Spartianus. Sic Pythias illa Terentiana, in Eunuch. Act. 5. scen. 5. Nunc minatur porrò sese, id quod moechis solet Quod ego nunquam vidi fieri neq; velim. XI. Ad idem poenae genus respexit Diogenes, qui cum Didymonem moechum audivisset comprehensum, [Greek words] inquit [Greek words]. Nam Graecâ [Greek words] appellatione testiculi intelliguntur, quibus quidem cum nimio plus lascivire soleant Clerici, Alachis adversus Regem suum Cunipertum bello conflato juravit si postridie victoriam adnuisset Deus, puteum unum se clericorum testiculis oppleturum. Cui impietati dicam an crudelitati, quanquam voto frustratus, satisfecisse tamen dicitur, apud Coelium Rhodiginu, lib. 4. Antiq. lect. c. 7. XII. Welche Art zu straffen auch bey den alten Francken nicht undekant gewesen / immassen bey dem Luitprando lib. 6. c. ult. zusehen / wenn er also schreibet: Presbyterulus, qui ad Dominae asseclas adhinnivit, VIRILIBUS AMPUT ATIS, dimittitur.
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XIII. In Griechenland ist vor diesen nichts gemeiners / als das castriren / Ausschneiden und Blenden am Gesicht gewesen / zumahl bey denen / so zum Regierstand erhoben / welche solches mannichmahl aus einen blosen Argwohn und Furcht / als wenn ihre Brüder oder andere nahe Bluts-Freunde ihnen die Schuhe austreten wolten / practiciret und vorgenommen haben. Nec immeritò sanè ingenium saevitiae miratur Lipsius, cum certum sit, non aliâ re hominem magis abjici, & animo conatuq; cadere, quam exsectione illa & excaecatione. Qui aut virum viro, aut lumen demit, nihil ab eo ultra formidet, & in poenam aut ludibrium modo vivit. Lips. in monit. & exemp. polit. lib. 2. c. 5. tit. violentiae exempla n. X. Nic. Henel. in otio Uratislav. c. 35. pag. 295. & 296. XIV. Als die Türcken Constantinopel erobert / haben sie nach lang getriebener Fleisches-Lust mit den Weibes-Bildern / endlich dieselbe splitternackend ausgezogen / lebendig an die Bäume gebunden / und mit Pfeilen ihnen nach den Geburts-Gliedern geschossen / manchen die Hertzen aus dem Leibe geschnitten / die Kinder gespist / und alles von alten Personen in Stücken zerhauen. D. Herlicius, von Mahomets Reich. XV. Zu Neustadt schnitt ein reicher Bürger / weil er seine Köchin beschlaffen / ihm das Gemächte glat herab mit einem Scheermesser. Zeil. part. 1. Theatr. Trag. c. 13. Ein Notarius in der Landschafft Perigord nahm in der ander Ehe eine von Adel / mit der er anfing zu eifern. Und damit er / wenn sie schwanger werden solte / sie des Ehebruchs überwiesen werden könte / ließ schwanger werden solte / sie des Ehebruchs überwiesen werden könte / ließ er sich seiner natürlichen Gefäß durch einen Meister berauben / muste aber über 6. Wochen in grossen Schmertzen / im Lande Avergne zu Bette liegen. Seine besagte Ehfrau bekömmt die Wassersucht / so etliche Frauen / daß sie schwanger wäre / hielten. Er sagte / daß sie von Ihm nicht schwanger / sintemahln er vor 15. Monaten castriret wäre / wie er denn auch solches darzeigte. Sie starb nach 19 Monaten ihrer Kranckheit. Er ließ sie auffschneiden: Ihrer Freunde aber übten Rache an ihn / und starb er elendiglich zu Bergerac an einer langwierigen Kranckheit / und in grosser Verachtung. Ludov. Gujon. lib. 5. var. lect. c. 11. Zeil. Epist. 657. pag. 806. XVI. Man findet auch ferner in den Historien daß einige Geistliche / desto keuscher zu leben / und GOtt desto eiferiger zu dienen / ihnen selbst die viri [1026] lia abgeschnitten / als dorten die SACERDOTES MATRIS DEUM mit der Samia testa gethan. Alex. ab Alex. lib. 4. Gen. Dier. c. 17. pag 542. Henr, Salmuth. ad Pancirolli nov. repert. tit. 1. de novo orbe, pag. m. 134. edit. in 8. Plin. lib. 11. c. 49. & lib. 35. c. 12. ad fin. Unde illud Juvenalis, Satyra 6. ---- Ecce furentis Bellonae, Matrisq; Deum chorus intrat & ingens Semivir obscoeno facies reverenda minori, Mollia qui rupta secuit genitalia testa. Nam & hos seminares vocat Ovid. lib. 4. Fastor. Ibunt semimares, & inania tympana tundent Aeraq; tinnitus aere repulsa dabunt. Divus Augustinus lib. 7. de Civ. Dei scribit, abscissos Matri Deûm servire, ut significaretur, eos, qui semine indigeant, terram soqui oportere, quae Mater Deum nominatur. Lucretius verò lib. 2. Gallos ministerio Cybeles [quae mater Deunm appellatur] ideo dici addictos, quoniam, qui violant matrem, digni sunt, ut emasculentur, quo minus possint vivam procreare progeniem. XVII. Andere haben gar durch Kräuter und gewisse Träncke sich untüchtig zu den ehelichen Wercken gemacht / wie nach der Länge bey dem Alex. ab Alex. lib. 4. Gen. dier c. 17 pag. 513 zu lesen. Sic Athenis nonnulli bibebant cicutam, ut vim membri genitalis amitterent: Mulieres qraeterea initiaturae sibi lectos peculiaribus foliis substernebant, ut refrenarent libidinem. Phil. Camerar. Hor. succis. cent. 1. c. 1. XIIX. Von einer Spanischen Dame lieset man / daß als ihr Mann eine Zeitlang verreiset gewesen und sie zu Hause brache liegen müssen / ha te ihre Keuschheit gantz unleidliche Versuchungen des Fleisches / solche nun zu dämpffen / nahm sie eine glüende Kohle / und tödtete damit den Kitzel im Geburts-Glied / leschte also nicht allein die brennende Wollust / sondern auch gar ihr Lebens-Licht mit Feuer aus / weil der kalte Brand darzu schlug. Mariana, de Rebus Hispan. lib. 6. c. 17. XIX. Die Georgianer im Lande Albanien haben die Diebe / welche keinen gar zu grossen Diebstahl begangen / ihrer Mannheit beraubet / damit sie keine Kinder zeugen möchten / so den Alten nachschlügen. Erasm Francisci, im auswärtigen Sitten-Spiegel / pag. 410.
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XX. Alexander Magnus, nachdem er die Scythen und Thracier mit Gewalt unter sein Joch gebracht / und ferner an den Fluß Phusim seinen March fortsetzte / hat an den Orthen / wo er tapffern Widerstand von den Völckern empfunden / steinerne Seulen aufrichten / und oben drauf ein von Steinen formirtes membrum virile: Wo sich aber dieselbe bald und ohne Widerstand an ihm ergeben / ein Weiblich Geburths-Glied setzen / oder dran hauenlassen / ihre respectivè Tapfferkeit damit anzuzeigen / und auch ihre Zaghafftigkeit schimpflich / als Weibischer Mämmen / darzustellen. Alex. ab Alexand. lib. 1. c. 22. Genial. Dier. Philipp. Camerar. cent. 1. Horar. Succisiv. c. 15 pag. 89. Eben dieses schreibet auch Herodotus, lib. 2. n. 55. in fine von dem Sesostre. XXI. Als Pherono, ietztgedachten Königs Sesostris Sohn / in Egypten aus Frevel mit einen Pfeil in die Tieffe des hochangelauffenen Flusses Nili geschossen / ist er / nach Heydnischer Arth zu reden / von den Göttern an seinem Gesichte gestrafft worden / daß er zehen Jahr blind gewesen. Endlich im eilfften Jahr bekahm er von dem Oraculo die Antwort: Wenn er seine Augen würde mit Urin eines Weibes / so ihr Lebtag keinen mehr / als nur einzig u. allein ihren Man̅ / admittiret und zugelassen hätte / waschen werde / er sein Gesichte wiederbekommen solte. Drauf probirte er es mit seiner Gemahlin Urin / und als es nicht half / versuchte er es mit vieler anderer Weiber ihren / biß er eine antraf / dadurch siene Augen geöfnet wurden / welche er zum Weibe genom̅en / die andern aber nebst seiner Gemahlin in eine Stadt bringen / und alle miteinander verbrennen lassen. Herodotus, dict. lib. 2. n. 57. pag. m. 141. XXII. Es soll auch kein besser Mittel seyn / den Aussatz / sonderlich die Arth / welche man Elephantiasin nennet / glücklich zu curiren / wenn eine Manns-Person damit beladen ist / als daß man den Patienten castrire / und ausschneide: Maßen denn die Medici einmüthig bejahen / daß kein Verschnittener den Aussatz bekommen / sicut ex Archigene Aetius, & ex his Cujacius. l. 17. obs. 24. nec non Henel. in otio Uratislav. c. 35. p. 287. notant. Vielweniger das Podagra, Hippocrat. lib. 6. Aphorism. cap. 30. Sie kriegen auch keine Glatze / oder kalen Kopf. Plin. lib. 11. c. 37. Aristoteles, lib. 3. de Histor. animal c. 11. & proble. 10. c. 56. XXIII. Nechst diesem ist erschrecklich zu lesen / daß bey Verfolgung der Christen die Heidnische Henckers-Buben / theils Martyrern scharffes Rohr in [1028] die Geburts-Glieder gesteckt / und durch hin und wiederziehen und schneiden ihne̅ unerträgliche Schmertzen gemacht; Allermaßen solche grausame Marter dem Benjamini, Diacono Persico, und andern mehr angethan worden. Theodoret. Hist. Eccles lib. 5. c. 83. D. Sagittar. de Martyr. cruiciat. cap. 16 §. 69. pag. 186. XXIV. Bey Käyser Heinrichen den IV. kahm ein Bischoff / welcher sich bey der Käyserin / Frau Agneten, gar zubekant gemacht / in Ungnaden. Den belagerte er auf der Vestung Falckenstein / sagte ihm und der Besatzung Sicherheit des Lebens zu. Nach der Aufgabe ließ der Käyser den Bischoff ins Lager in ein Gezelt bringen / und dessen Männlich Glied mit einen Stecken wohl abblauen / und hernach mit der Besatzung auf Augsspurg fortziehen / er starb aber auf den Weg. Ex Sturmio Matth. Hammer, in viridar. Histor. p. 346. XXV. In der Wetterau im Städtlein Frauenstein ward ein böser Bube / unter einer Linden an einen Sontag bey vielen Leuthen sitzend / befunden / der spricht zu einem Mägdlein von 4tehalb Jahren: Komm Töchterlein / ich will dir einen Weck [oder Semmel] geben / lauffe in den Stall hinein [es war aber der Stall ein leerer wüster und verödeter Pfarhoff] das Kind thut es / begehrte auch von ihm in Stall den Weck / sitze her / sprach er / ich will dir ihn schon geben. Bringet das Kind unter sich zu Nothzucht / und weil es die Natur nicht will zugeben / seinen vertenfelten Willen zu vollbringen / wird er zornig / nimt das Messer / und ersticht das Kind mit 5. Stichen / wendet es um auf den Bauch / und lässet es verbluthen / kehret hernach das Kind wieder um / und reisset mit einen scharffen Messer das membrum muliebre [fit honos castis auribus] auf / und begehet also seinen Muthwillen. Als nun dieses alles vollbracht / zerhauet er das Kind auf 15. Stücke / fasset es in seinen Rock und Ermeln ein / und wil es verschleppen / da kömmet gleich ein Bürger darzu / nimmet ihm seine Wehr / schläget sie ihm um den Kopf / und nimt ihn gefangen. Da wurde er nach Mayntz geführet / und hat allda in der Urgicht bekant / daß er vorher mit einem siebenjährigen Mägdelein dergleichen vorgehabt / hätte aber demselben das Leben nicht genommen / noch auch solchem was angewinnen können. Als er nun zum Tode verdam̅et / hat man ihm mit glüenden Zangen erstlich das heimliche Glied zerrissen darnach die Brust und Rücken gezwickt / letzlich alle Glieder zerstossen / und ins Rab geflochten:
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Hiob. Fincel. lib. 2. de miracul. Hammer, de. virid. Hist. p. 355. &356. XXVI. Georg Andresen / in seiner Orienta lischen Reise-Beschreib. l. 1. c. 9. p. 12. setzet / daß der König zu Matram einen Holländischen Bootsmann / Peter von Alckmar / so mit dessen Weibern einer / deren er 1200. haben soll / Unzucht getrieben / drüber ertappet / den Bart / Nase und beyde Ohren / wie auch sein Gemächte abschneiden / und unter die alte Weiber / so da Reiß / Hüner und andere Sachen zu kauffe haben / ihn verstossen / daß sie ihren Spot mit ihn treiben möchten / dem Weibe aber ist der Kopf abgeschlagen worden. XXVII. Käyser Heraclius hat mit Verwilligung des Patriarchen zu Constantinopel seine Enckelin geheyrathet / ist aber an der Wassersucht gestorben / darzu dennoch ein ander abscheulich Gebrechen kommen also verdrehet / daß wenn er sein Wasser lassen wollen / er ihm selbst ins Angesichte gepisset / deß wegen er allezeit was fürhalten müssen / ohne Zweiffel zur Straffe der unnatürlichen Vermischung mit seiner Enckelin. Gotefrid, in der Historischen Chronic. pag. 431. XXVIII. Vor Alters / wenn die Inspectio ventris bey den Weibern / oder auch Wittiben vorgenommen wurde / bedieneten sie sich darbey unterschiedlicher Solennitäten / als daß fünf Frauen zugleich ein solch Weib / welches sich vor schwanger ausgab / an den blossen Leibe besichtigten und begriffen / um desto besser drauf ihre Meinung zueröfnen: Es geschahe auch in einen Gemach welches nur eine einzige Thür hatte / und noch darzu bey drey brennenden Lichtern. vid. L. 1. §. 10. & tot. tit. ff. de Ventre inspiend. & custod. part. Heut zu Tage aber gebraucht man sich solcher Ceremonien nicht mehr / wiewohl die Sache an sich selbst noch in praxi und üblich ist / als in indagatione graviditatis & virginitatis. Circa graviditatem kom̅en drey unterschiedliche Fäller vor / darin / auf Anordnung der Obrigkeit / solche inspectio ocularis oder Besichtigung vorgenommen wird / als [I.] wenn ein Weib / so von ihren Man̅ geschieden ist / ihm ansagen lässet / sie sey von ihm schwanger ut in L. 1. §. 12. ff. de agnosc. & alend. liber. den̅ solcher Denunciation darf der Man̅ nicht strack glauben geben / indem sie es wohl aus Haß / oder zu seiner Be [1030] schimffung vorgeben und erdichten könte. Drum nöthig / daß ehrliche / unparthelische / geschickte und erfahrne Heb-Ammer / Wehe-Mütter und Weiber abgeschicket werden / dieselbe zubesichtigen / und ihr judicium drüzu fällen. d. §. 12. [II.] Wenn ein Weib nach vorgegangener Ehescheidung leugnet / daß sie von ihren Mann schwanger sey / qualis casus habetur in L. 1. pr. ff. de Ventr. inspic. [III.] In Gegenstand wenn sie nach Absterben ihres Ehemanns vorgiebt / sie sey von ihm schwanger. L. 1. §. 4. ff. d. t. Welche practica der Weiber auch bey jetzigen unsern Zeiten genugsam bekant ist / sonderlich bey den Adlichen Wittiben / welche auf solche maße in der possession der Lehn-Gütern bleiben / oder eingewiesen werden. Struve, Syntagm. jur. civ. exerc. 30. th. 81. p. 162. Stryke de jur. Sens. diss. 1. c. 1. n. 47. Bechmann, Comm. ad. ???. tom. 2. part. 1. exerc. 4. pag. 106. n. 123. Drum auch nützlich und nöthig ist / daß bey solchen vorgebenden schwanger seyn die Besichtigung accurat, und mit höchsten Fleiß vorgenom̅en / auch so dann drauf gewisse Leute bestellet werden / die acht geben / damit das Weib kein unecht Kind einschiebe / sich von einen andern nicht schwängern lasse / oder wohl gar noch in den eilften Monat einkomme / und das Kind vor ihres verstorbenen Manns seines fälschlich ausgebe. Hahn ad Wesenb. tit. de Vent. inspic. n. 1. [Ammannus in Iren. Num. Pomp. pag. 72. negat, dari partum undecimestre] In welchen Fall denen Wehmüttern und andern erfahrnen Weibern / zumahl wenn sie beeidiget sind / geglaubet wird. arg. L. hac edictali 6. §. his illud C. de secund. nupt. L. comparationes 20. C. de Instrum. Novell. 7. c. 3. Vers. non enim in illis. Joh. Jacob Wissenbach, Exercit. adP andect. disp. 49. lib. 25. p. 510. & 511. Mascard. de probat. vol. 3. concl. 1130. n. 4. Sed quaeritur, si praetor obstetricum renunciationem secutus pronunciaverit, mulierem praegnantem esse, vel non esse, an hoc decretum retractari possit, errore cognito? Affirm. rationem hanc reddunt Doctores, quod Sententia ex judicio peritorum Iata, nunquam transeat in rem judicatam. Aflict. Decis. 32. n. 5. Maranta part. 6. de Sentent. n. 88. 130. & 131. Obiter hîc nota, in haereditatis petione ventrem pro tribus personis computari, h. e. mulier praegnans ita habetur, quasi ternos paritura. Struve Syntagm. Jur. Civ. exerc. X. th. 74. Ferner ist auch solche Besichtigung bey Erforschung der Jungferschafft nöthig / sonderlich in den Fall / wenn ein Weibesbild wegen Kinder-Mords verdächtig ist / aber dessen durch Zeugen nicht überwiesen werden kan / doch ihres vorgeführten bösen und unzüchtigen Leben und Wandels halber sehr [1031] verdächtig ist. P. H. O. art. 35. Ibi: So man eine Dirne / so fur eine Jungfrau gehet / in Argwohn hat / daß sie heimlich ein Kind gehabt / und ertödtet sc. & postea: Wo denn dieselbige Dirne eine Person ist / darzu man sich der verdachten That versehen mag / soll sie durch verständige Weiber an heimlichen Stätten / als zu weiterer Erfahrung dienstlich ist / besichtiget werden. Carpzov. pract. crim. p. 3. q 112. n. 19. & seqq. Matth. Stephani, in not. ad d. art 35. const. crim. Und in diesen Fall ist nicht gnung das blosse Anschauen / sondern die Wehemütter und andere Weiber / so von der Obrigkeit darzu abgeschickt werden müssen auch solch Weibesbild an den Orthen des Leibes / wo es nöthig / befühlen und betasten. Fulv. Pacian, de probat. lib. 2. c. 2. n. 17. Angel. Aretin. Consil. 142. n. 20. Obstare quidem videtur L. 1. §. 10. ff. de ventr. inspic. ubi dicitur, quod saltem inspicere, invitâ verò muliere ventrem tangere non debeant. Alia tamen ratio est probandae graviditatis, alia virginitatis: illa ex sola inspectione cognosci poterit, ad hanc verò & tactu opus est. Idem Pacian. d. c. 2. n. 18. So stehet es auc nicht in der verdächtigen Person wilkür / sich angreiffen und betasten zu lassen / oder nicht / dem wenn der Jndex wegen eines solchen delicti inquiriret / hat er Macht / auf allerley Art und Weise die Warheit zu erforschen / und an den Tag zu bringen. D. Stryke, de Jure Sensuum, dissert. 1. c. 1. n. 49. 59. 51. & 52. Doch werden zu solchen Besichtigungen der Weiber keine Manns-Personen / sondern nur Frauen gebraucht / juxta L. 1. in princip. & per tot am ferme Legem ff. de Vent. inspic. Tiraquel. L. 4. connub. gloss. 1. part. 4. n. 23. De notis virginitatis kan gelesen werden Pacianus, d. l. loc. n. 36. & seqq. Besold. consil. 144. n. 16. cum seqq. & omnino Paulus Zachias, quaestion. Medico-legal. lib. 4. tit. 2. q. 1. n. 7. & seqq. es fiele denn was sonderliches darbey vor / daß man einen Medicum darzu adhibiren müste. Ammann. in Iren. Num. Pomp. pag. 105. & seqq. Solcher Augenschein wird auch erfodert / wenn propter impotentiam cöeundi Eheleute unter einander uneins sind / und geschieden seyn wollen / als wenn der Mann klaget / das Weib sey so verschlossen / daß er mit ihr die ehliche Wercke nicht treiben / vielweniger sie eine Kinder-Mutter werden könne. Ulpian. in L. quaeritur. 14. §. 7. ff. de AEdil. Edict. Da gleichfals verständige und erfahrne Frauen zu Besichtigung eines solchen Weibes gebraucht werden / die aussagen müssen / wie sie die Sache [1032] befunden / und woran der Mangel sey / drauff so denn der Ausspruch der Obrigkeit und des Consistorii erfolget. XXIX. Weil aber dergleichen Fehl und Mangel an den Geburts-Gliedern so wohl bey dem Weibe / als auch bey dem Mann seyn kan / ist die Frage / welche Person / wenn eine das andere beschuldiget / daß es zu Treibung der ehlichen Wercke untüchtig sey / die Obrigkeit am ersten besichtigen lassen solle / den Mann oder die Frau? Die Rechts-Gelehrte machen hie den Unterscheid / ob die Braut / wie sie den Mann geheyrathet / eine Jungfer oder Wittibe gewesen? Bey den ersten Fall wird das Weib zu forderst durch verständige Weiber an ihren blossen Leibe besichtiget c. proposuisti 4. X. de probat. im letztern aber / wen̅ sie vorher schon einen Mann gehabt / u. vermuthlich von deselben geöfnet worden / wird / wenn si negiret / daß sie der jetzige Mann erkant / er zu erst von Medicis und Chyrurgis in Augenschein genommen. Pacian. de probat. lib. 2. c. 2. n. 22. D. Stryke d. dissert. 1. c. 1. n. 54. & 55. Worbey sich denn auf beyden Seiten viele sonderliche Verhinderungen finden kön̅en / ich will hie eine und andere / doch mit dem Vorbedinge / daß sich niemand dran ärgere / castis enim omnia sunt casta, in Lateinischer Sprache aus den JCtis uud Medicis anher setzen: [I,] Circa proportionem irregularem membrornm genitalium utriusq; sexûs vertitur dubium, an Mulier teneatur reddere debitum viro, qui nimis crassiori, aut nimis longiori mentula dotaretur? Et quoad crassitiem [nisi adeò immoderata appareat, ut sit monstrosa] vir sit cautus, & cum moderatione agat, neq; cum impetu & irrationabili violentia in agrum naturae irruat, & ubi etiam opus sit, aptis Medicamentis, nempe uteri angustiam relaxantibus, utatur: Et nisi altera ex parte uteri angustia tanta sit, ac tam praeternaturalis ut Medici magis, quam mariti operam desideret, nullum notabile secum periculum ea inducere potest, si aliqualem dolorem, aliqualemq; sed modicam lacerationem in primis congressibus factam excipias, Nonne vides, tenellarum juvencularum uteros in primo partu puerum emittere, cujus caput decuplo majus aliquando est quam quaevis etiam crassissima mentula humana? Illud certe palam est, facilè uterum dilatari ac constringi, & vix hominem reperiri tam crasso membro dotatum, qui jactare illud possit, quod in obscoenis habetur: Commoditas haec est in nostro maxima pene, Laxa quod esse mihi foemina nulla potest.
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Cui disticho aequivalens novum hoc est, de cunno augusto: Maxima noster habet vigilat??? quoq; commoda cunnus, Parva quod esse mihi mentula nulla potest. Itag??? nisi aliud obstet, ut esset uteripraeternaturalis angustia, aut muliebris corporis exiguitas, & habitus monstro sa gracilitas, non videtur ex hac exuperanti membri magnitudine ullum notabile periculum mulieri imminere. Disspar tamen ration est, ubi vir mentulam habet nimis longam, ita ut facilè concumbens in internum uteri osculum violenter impingeret, tunc enim & magis notabile & evidentius imminere periculum, cum odorem gravem, sanguinis rejectionem, inflammationem, ligamentorum disruptionem, at??? alia nonnulla Symptomata excitare posset, praeterquam quod excitando dolorem, omnem Veneris jucunditatem ac delectationem mulieri adimeret, unde etiam conceptio impediretur. Quod autem longitudo nimia ipsius penis per se sit causa, ut semen infoecundum evadat, eò, quod ob eam meatus longitudinem refrigeretur, antequam ad uterum perveniat, quod primo Aristot. lib. 1. de generat. animal. c. 6. & post illum multi medici ac philosophi tradiderunt, non immerit ò improbatur, ob nimiam viae brevitatem quam permeat, quantumcung??? mentula long a sit, & ob uteri, â quo illicò excipitur (imò inquam attrabitur,) caliditatem. Idem Zachias, lib. 7. tit. 3. q. 5. n. 9. & 10. & lib. 9. tit. 3. q. 6. n. 2. Nimia brevitas penis, ex eo, quod ad uteri interni osculum ejaculatum semen pervenire non potest, causa notissima est sterilitatis. Huchet. de steril. lib. 1. c. de colis pravitate. Et brevit as bujus membri aut semper, aut frequentius incommoda est. Fallop. lib. dè decor. c. 8. Et certum, est, ea diminuere coitum & maximè gignitivum, ut inquit Bertruc. in Collect. Med. sect 3. tr. 8. c. 1. Imò in totum impedit, ut in casu observato à Felic. Plater. lib. 1. obs. tit. in act. vener. defect. Nam homo erat, qui penem adeò brevem habebat, ut praeter glandem cum praeputio nihim praeterea à corpore prominer et. Nec dissimilis fuit ab hoc infans, de quo Tobias Greülin apud schenk, lib. 4. ob???. tit. de pene & praeputio, qui dotabatur quidem scroto & testibus, sed pene omnino carebat, in cujus loco foramen erat, per quod urinam [1034] reddebat. Zachias, lib. 9. tit. 3. q. 3. n. 3. & q. 6. n. 1. Crassities verò brevitati conjuncta, nisi brevitas enormis sit, minus fortè culpanda est, qui, nisi pudendum virile à pudendo muliebri constringatur & amplexetur, mulier nulla voluptate perfunditur, nec semen emittit, & conceptio sequi non potest: ideo licet alia ex parte, secundum alios, exilitas vel subtilitas longitudini convenienti associata minus culpabilis videatur, certe faeminis ob partium frictionem, quae melius, succedit cum crasso membro, quam cum exili, longè acceptior crassities est, quam longitudo: acpraeter frictionem melius vulva amplexatur penem, unde major insurgit delectation, & major in semine ejaculando voluptas, quibus de causis mulier fortè non ita reclamaret, ubi maritus baberet virgam brevem, sed crassem, quemadmodum ubi haberet longam & subtilem, nam constat experientiâ mulieres non facilè acquiescere membri subtilitati, licet apud Plater. loco supra citato, mulier quaedam vetula & pauper acquiescere se in judicio diceret marito, ditissimus erat, habenti mentulam minimi digiti magnitudine, ne eam ob causum matrimonio dissoluto, ad domesticam paupertatem rediret. Zacbias, d. tit. 3. q. 3. n. 3. Penis verò exiguitas si tanta esset in viro maximè respectu uteri mulieris, ut nullam voluptatem in coitu afferret, & in summa nullius penè usus esset, posset fortasse praebere causam divortio. Fidel. de rela. med. lib. 3. c. 2. Hostiens. in summa lib. 4. tit. de frigid. & malef. n. 14. & seqq. vide Zachiam, lib. 3. tit. 1. q. 6. n. 2. 3. & 4. Inter impedimenta, quorum causa illicò matrimonium dissolvi potest, est quo??? penis obliquitas, tortuositas, nodus contractio. Haec enim vitia omninò apparentia ac perpetua sunt, & ut plurimum sine remedio, unde citatus Zachias, lib. 9. quaestion. Medico-leg. tit. 9. q. 2. n. 10. dicit, se judiacasse, virum quendam, qui à pueritia membri contractionem ex ambustione bullienti lixivio facta contraxerat, inhabilem esse ad contrabendum matrimonium, tum ob eam contractionem, ob quam non modò membrum brevius evaserat, sed tortuosum remanserat, nec distendi poterat, licet durum gliscente appetitu Venereo evaderet, tum etiam ob angustiam foraminis ipsius, ob quam semen ad exitum properans remo [1035] ??? cogebatur, unde non ejaculabatur, sed, ut ille referebat, guttatim effluebat. Magnitudo penis quoad ejus crassitiem si magna & excedens sit, ita ut communem penis quoad ejus crassitiem si magna & excedens sit, ita ut communem crassitiem coeterorum membrorum exuperet, uxor verò angustiora loca habeat, quae adhibitis medicamentis dilat ari nequeunt, adeò ut nullo modo molem ejusmodi penis tolerare & admittere possit, est quo??? causa divortii. Zachias, d. op. lib. 9. tit. 3. q. 3. n. 1. ubi ex Foetic. Plater. lib. 1. obs. tit. in act. vener. def. n. 4. affert exemplum duorum virorum, qui membro nimis crasso dot ati nullo ingenio potuerunt unquam cum propriis acjam desponsatis uxoribus copulari, unde matrimonium dirimere coacti sunt, & tamen utrisque novis uxoribus matrimonio junctis, neutra earum reclamavit, nec de nimia penis crassitudine verbum ullum movit, aut conquesta est. Guilelm. Fabritius, cent. 2. obs 36. narrat, se vidisse virum, cujus membrum magnitudine aequabat caput infantis recenter nati: sed haec crassities non erat naturalis, sed exmorbo. Nonnungquam etiam sunt visi duplici pene dotati, testis est Hostiens. lib. 4. summ. tit. de frigid. & malef. n. 13. Et talem virum Bononiae visum fuisse in publicis dissectionibus ex Jac. Wether. observ. refert. Schenck, lib. 4. obs. tit. de pene. Frequentius quo??? conspicitur unicum membrum duo magnitudine aequans, omnes??? complens dimensiones, quali fortè dotatus Clodius, Pompejam Coesaris uxorem in templo bonae De aeconstuprans, de quo Juvenalis sat. 6. v. 336. & seqq. Zachias, lib. 9. tit. 3. q. 3. in princip. D. Stryke, in notis ad Brunnemann. Jus Ecclesiast. lib. 2. c. 17. §. 5. Ciraca arctitudinem verò mulierum suppeditat Papa Innocentius III. in c. fraternitatis 6. X. de frigid. & malef. remedium incisionis, si abs??? periculo vitae fieri possit. Conf. Matth. Steph. inexplicat. ad Novell. 22. n. 23. & arctitudinis impedimentum adcoitum in muliere, si est medicabile, non dissolvit matrimonium. Paul. Zachias, consil. & respons. Medico-Legal. decis. 48. n. 16. & 17 E contra arct atio in foemina, aut tuber in membro muliebri existens, ut à viro penetrari non possi, nullu̅ quo??? remediu̅ admittens, sufficit ad illud dirimendu̅, teste eodem Zachia, l. 7. Q. Medico-Legal. tit. 3. q. 5. n. 11. nec non l. 9. tit. 3. q. 5. n. 3. q. 5. n. 3. & seq. usg??? 7. Sed non vulvae amplitudo, quia artis praesidiis ad naturalem angustiam facilè refuci potest. Vid. de omninò Zachiam d. l. 9. tit. 3. q. 5. n. 8. ubi quog??? n. 9. de Clitoridis, Nymphae, mentulae aut virgae muliebris excrescentia, & n. 10. de uteri exitu, & quomodo coitum impediant, agit. [II.] defectus natur alis in foemina, cui vir propter crurium arctitudinem ordinario modo cohabitare nequit. D. Stryke, in supplementis ad brunnemanni Jus Ecclesiast. lib. 2. c. 17. § 7 ubë [1036] refert, Facult ati Juridicae Francofurto Viadrinae oblatum fuisse casum inter Pesonas illustissimas, ubi maritus satis aptus, omni adhibito labore, uxoris corpus ad copulam disponere non potuerit, quippe quae quidem arcta non fuerit, genua tamen disjungere, ob vitium aliquod naturale, cujus ipsa satis conscia fuerit, non potuerit, ut adeo praepostero coitu Marito illustri utendum fuerit. Hunc coitum cum aliquot septimanas continuasset, postea planè abborruisse ab eo, & duhit are cepisse an salvâ conscientiâ uxori hoc pacto ulterius cohabitare liceret, & annon divortium impetrare posset? Quod postremum laudara Facultas affirmavit, ox ra???ionibus à Dn. Strykio ibidem adductis. [III] Nimia potentia in Viro, propter quam mulier ejus congressum perferre nequit. D. Brückner decis. Jur. matrim c. 22. n. 5 part. 2. pag. 177. Jacobus Ciio, Episcopus Ilerdensis, in ??? frarenit atis, de frigid. & malef. scribit, suo tempore fuisse quempiam Catalonum adeò potentem ad rem Veneream, ut qualibet die cum uxore trigesies concumberet, quae de eare conquesta est apud Regem Arragoniae, qui maritum accersivit, cumg??? an id verum esset, interrogavit? qui id ipsum confessus est. Ideo ei prohibitum est sub poena capitis, ne plus quam sexies qualibet die uxorem cognosceret, ne ea in discrimen mortis incurreret. Herodotus enim lib. 8. tradit, aliquot Phocensium mulieres nimio stuprantium concubitu exspirasse. Exemplum quog??? habemus in Sacris, Judic. 19. Beronice Polemonem Ciliciae Regem maritum repudiavit ob immodicum ipsius coitum. Joseph. lib. 20. antiq. Judaic. c. 5. Herculis quog??? vires incredibiles ad concubitum fuere, ut qui 50. virgines Thespii Erithei Atheniensis silias una nocte compressit, & omnes gravidas maribus reddidit. Diodor. Sicul. lib. 5. biblioth. c. 2. Nec non Proculi Caesaris, qui centum virgines Sarmaticas bello captas quindecim dierum spatio vitiavit, & ex his decem una nocte. Notatu etiam dignum est exemplum Philippi, Hassiae quondam Landgravii, tribus numero testiculis praediti, quales triorches [à [Greek words], & [Greek words] testiculus, alias [Greek words] in specie quog??? buteonem, accipitris genus à testiculorum numero ita dictum, significare hâc voce docet Gesner. Lexit. Graeco. Lat.] Medici appellare sveverunt. Is quum tam in exhausti ad Venereos usus fucci esset, ut uxor eum toties quam vellet, admittere non potuerit, memorante Thuano, hist. lib. 41. primariae secundariam, seu coneubinam superinduxit, adhibitis tamen prius in consilium Luthero & reliquis Theologis Watebergensibus. Vid. Brückner. d. tr. c. 14. n. 68. seqq. p. 498. E contrario Aëas philosophus, ex Palaest nae Gaza cum pulche rima̅ uxorem duxisset, ter cum eatantum per totam vitam concubuisse, totideng??? filios genuisse fertur. Quem si viri imitandum sibi propenerent, nescio an foeminae quantumlibet pudicae sibi satis esse ducerent, Et profe [1037] ctò satius esset, omnino ejus voluptatis expertes eas manere, quam eam ipsam delibare, & velut primorjbus labris tantum attingere. Solon, qui & Sapiens unus fuit ex Septem, & [Greek words] i. e. Legum conditòr solus ex septem, Legibus sanxit, ut Plutarebus, in ejus vita tradit, ut ter singulis quibusg??? mensibus omnino Vir uxori congrederetur, tanquam is peccare videatur, vel in exuperantta, vel in defectur, qui frequentius rariusve coierit. Sed in his optimum est consilium Hippocratis lib. 6. Epidemiôn: Labores, cibi, potus, somni, Venerea, omnia sunto mediocria. Tiraquell. in 15. Leg. Connub. Gloss. 1. part. 15. n. 83. & 84. [IV.] Innata & incorrigibilis frigiditas membri virilis propter quam illud nunquam arrigitur. Zachias, in Quaest. Medico legal. tom. 1. lib. 3. t. 1. q. 3 & 5. & tom. 2. lib. 9. tit. 3. q. 2. & 3 vel quae fit ex maleficio & incantatione. Del-Rio disq. magic. lib. 3. p. 1. q. 4. sect. 8. Berlich. p. 2. concl. 3. n. 19. & seqq. Carpzov. in pract. crim. p. 2. q. 61. n 15. & p. 2. decis. 186. Amman. in Iren. Num. Pompil. p 131. & seq. [V.] Si mulier menstrui cruoris fluxum vel nunquam vel semper patiatur & illa diffimulato hoc vitio, eodemque perpetuo & insanabili nuptias celebraverit, eas ipso jure nunquam constitisse neminem ambigere posse statuit Brouvverus, de jur. connub. lib. 2. c. 4. n. 16. per c. 3. & 16. X. de frigid. quamvis quoad prius vitium merito adhuc dubitan dum sit, an propter illud, si alia non accedant, separatio concedi debeat. Cum Medici testentur, non defuisse nonnullas, quae nullo modo purgationis expertae generarint tamen, prout ex Schenckio annotat Zachias, Quaest. Medito-legal. tom. 1. lib. 3. tit. 1. q. 2. n. 20. & q. 4. & 21. Brükner, d. tr. cap. 24. n. 20. pag. 2. 7. [Antiqui quod; ut obiter hoc addam, menstrua mulieru̅ tanti aestimarunt, ut iis Menam Deam, Jovis privignam, Praeside̅ facerent, ut tradit Augustinus lib. 4. de civit. Dei c. 11. Vocatur etiam Fuonia, quod fluoribus menstruis praeesset. Proindeque ei mulieres Sacra faciebant, de quo Festus, Pompejus & alii. Horrendum autem est dictu quod scribit Epiphanius ille Sanctus Episcopus Cyprius, libr. contra haereses. 1. tom. 2. sect. 26. faeminas Gnosticorum, cum in fluxu sunt, sanguinem mentruum collectum in commune bibere, dicentes unum aliquid, quod nec ausim proferre nec velim, adeò mihi detestandum et execramdum visum est, cum Divus Paulus ad Colossenses 5. illud scripserit, quae in occulto fiunt ab ipsis turpe etiam est dicere. Quamvis idem Epiphanius id dicere non eru [1038] buit, quod ipsi, ut dicit, facere non erubescunt, ut omnibus modis horrorem incutiat hujusmodi sacinosa audientibus. Vid. Tiraquell. in L. 15. connub. gloss. 1 p. 15. n. 137. & 138. Menstruatae mulieris coitu abstinendum, Levit. 15. 18. & 20. ubi huic rei poena mortis irrogatur, Exech. c. 18. statim post princip. & iteru̅ c. 20. Nec non D. Clemens, in Epistola ad Julium & Julianum ita scribit: observet unus quisque, ne menstruatae mulieri misceatur: hoc enim ut execrabile dicti Lex Domini. Quod si Lex de his non admonuisset, nos ut canthari libenter volutaremur in stercore. Et hanc Legem, ut alias plurimas, Mahometes in suum Alcoranum transtulit: Menstruosas [ait] nemo tangat, nisi mundatae sint. Ex hujusmodi enim concubitu liberi Epileptici, elephantiaci & alias morbosi. Canon cap. ad ejus 5. dist. ibique Gloss. Archi. & alii. Hieronym. in comment. d. c. 18. Ezechiel. & iterum in lib. 1. Lament. Hieremiae c. 1. Plinius quoque lib. 28. c. 7. tradit, hujus modi foeminarum coitus in silente luna maribus exitiales esse atg??? pestiferos. Coeterum multum foeditatis ac maleficii, è co̅tra multas commodiates & medicamina obtinent hujusmodi menstrua, de quibus vide Columellam, lib. rei Rusticae 11. c. 3. Orpheus Sacris prohibuit mulieres menstruatas, Thressas mulieres id ad earum ignominiam inventum existimantes illu̅ unguibus interfecerunt, & in Hebrum flumen dejecerunt. Pausan. lib. 9. ???uellae recenter stupratae coitus sunt appetentiores, quia nondum per aetatem in iis est multum humoris spermatici. Ideoque nihil, a???t certè minimum ex eo emittunt in concubitu. Hin fit, ut quanto magis coëunt, tantò magis quoque appecant: Nempe quia per Venerem his humor attrahitur, sed non emittitur. Cùm autë attrahitur, calor simul & vento sitas generatur, quae res maximè coitu̅ stimulant. Item cum earum meatus sint adhuc augusti, is humor quantuluscunque in eis est, non facile labitur. Ideoq; titillatione illa Venerea admodum oblectantur, quo possint hujusmodi humorem expellere, ut scienter disseruit Petrus Aponensis maximus sua tempestate Philosophus, in comment. in Aristot. probl. lib. 4. c. 26. monens propterea parentes, ut filias eo tempore diligenter custodiant, & alias quoque ejus rei affert rationes, quas illic videre omnibus promtum est. Atipse Aristoteles, lib. 7. de histor. animal. c. 1. suadet, etiam Puellas tum maximè [1039] custodiendas esse, cum Menses habere incipiunt: tunc enim praecipuè ad osum rei Venereae incitari.] Plura de hac materia vide in dict. Decis. jur. matrimonial. D. Brükneri, nuper defuncti, part. 2. c. 16. 17. & seqq. usg, 23. ubi pluribus de divortio propter adulterium, malitiosam desertionem, dolum & errorem circa fortunam & virginitatem item propter vim & metum, nec non propter impotentiam ad matrimonium existentem & matrimonio supervenientem, & c. 24. de divortio propter coitum flagris provocandum, agit. Das Jus Canonicum, will zwar / in c. requisisti 2. 33. Quaest. 1. & in c. laudabilem 5. nec non in c. literae vestrae 7. X. de frigid. daß solcher streitenden Eheleute Bluts-Freunde / oder unparteyische Nachbarn / wenn keine Freunde vorhanden sind / schweren sollen / daß die beyde Eheleuthe die gantze Zeit ihres Ehestandes einander fleischlich nicht erkennen können. Welches aber bey den Evangelischen und Reformirten heut zu Tage nicht mehr gebräuchlich ist / sondern es bleibt / wie obgedacht / bey Besichtigung respectivè der erfahrnen Aertzte / Weh-Mütter und anderer gesch ckten Weiber / um zu judiciren / ob solch vitium corporis schon vor vollzogener Ehe vorhanden gewesen / oder allererst hernach dar zu kommen / item ob dasselbe zu curiren / oder nicht. Per inspectionem enim Medicorum & Chirurgorum peritorum, eorumque signa certius, quam per Juramentum Credulitatis propinquorum vel vicinorum ejusmodi defectus vel imbecillitas naturalis indagari potest. Brükner. d. tr. c. 22. n. 8. & 9. Add. Brunnemann. Jus Eccles. lib. 2. c. 17. §. 3. XXX. Penis magnus durum ac stolidum ingenium denotat. Riol. Anthropograph. lib. 1. c. 3. Zachias lib. 5. tit. 3. q. 2. n. 15. circ fin. De quodam Principe Germaniae scribit Nanzelius, in Analog. Microcosm. lib. 7 & ex eo Jonstonius, in Thaumaturgia, Class. 10. c. 5. art. 3. qui bombardae ictu eviratus, Argenteum sibi fabricari curavit penem, & felici successu liberis operam navavit. Caspar à Reyes, in Camp. Elys. jucund. Quaest 41. n. 24. Sed hoc credat Judaeus apella! Fortè hoc factum per adjutorium & remedium substitutivum. Vid. Amman. in Iren. Num Pompil. cum Hippocrat. p. 46. & 133. Nobilis adolescens Westphalus penem habuit inperforatum, qui lotium redditurus acu longa & crassiuscula meatum urethrae aperiebat, coalescente rursus paulatim exonerata urina. Wier. lib. 1. ohs. pag. 349. Aqua pendens pag. 269. observavit, penem fuisse in quodam perforatum fubter glandem, vel balanum Verpi. Tulpius, lib. 4. obs. 35. & Horstius, lib. 4. obs. 16. notarunt, ad radicem penis ante scrotum foramen in puero adfusse. Glande inperforata nati fiunt [1040] irregulares, nisi certo modo accedat dispensatio. Vid. Zachiam, lib 8. tit. 1. q. 14. n. 12. XXXI. Die alten Römer hatten auch in Gebrauch daß sie die Jünglinge nackend besehen liessen / ob sie puberes wären / aber an den Weibesbildern geschahe solches nicht / in dem sie dasselbe bey solchen Sexu vor schändlich hielten / ut ex text. in L. ult C. quando curat. vel tutor esse desin. welches aber nachgehends von Käyser Justiniano gäntzlich abgeschaffet worden. in pr. Instit. quib. mod. tutel. fin. Menoch de A. J. Q. lib. 2. cas. 58. n. 3. Non omnino dissimile est, quod & Plato sanxit, libro de I egibus XI. convenientiam [ait] aetatis ad nuptias & contra, judex omnio, mares nudos tantùm ad pubem usq??? foeminas conspiciens, judicet. XXXII. Die Hermaphroditen oder Zwitter werden noch heut zu Tage besichtiget / daß man wisse / welches Geburts-Glied bey ihnen praevalire, welches den auch nöthig ist / so wohl wegen Succession in Ritter- und Mann-Lehn Gütern / Ritters hus. paratit. Fendal. lib. 1. quaest. 6. n. 10. als auch des Heirathens halber / damit nicht Mann mit Mann / oder Weib mit Weib copuliret und getrauet werde. Carpzov. Jurisprud. Ecclesi est. lib. 2. defin. 16. D. Stryke, saepè dict. dissert. 1. c. 1. n. 59. 60. & 61. De Hermaphroditis & Androgynis vide, quae affert Ammann. in Iren. Num. Pompil. pag. 161. & seqq. usg??? 164. XXXIII. Romulus hat ein Gesetze gegeben / daß / welche Manns-Person sich nackend von einem Weibes-Bilde würde anschauen und besehen lassen / derselbe das Leben verwircket haben solte. Plutarch. in vita Romuli. Drum als der Käyserin Liviae, des Augusti Gemahlin / etliche nackende Männer begegneten / und man sie deswegen gleich tödten solte / hat sie dieselbe durch dieses Mittel beym Leben erhalten daß sie sagte: denen ehrlichen keuschen Weibern seyen solche nicht anders als leblose Bilder und Statuen. Dion Cassius, lib. 58. p. 618. Zeiler, Epist. 86. Und wahren die alten Römer so züchtig und schamhafft / daß der Vater nicht mit den Kinder / [so puberes wahren] noch auch der Schwieger-Vater mit den Eydam gebadet. Idem Plutarch in vita Catonis. Klock, de AErario, lib. 2. c. 12. n. 7. Es wahren auch die Weibesbilder von dem Manns-Volck in den Bädern abgeschieden / daß keins das andere nackend sehen konte. [Mixta olim quidem apud Romanos balnea fuisse, in quibus lavabantur viri & mulieres, praeter ea, quibus viri tantum utebantur, [1041] autumat Fulvius Ursinus, in Appendice ad Ciacconium, de triclin. pag. 154. seq. Adrianus autem Imperator, ut est apud Spartianum, in vita ejus. c. 18. lavacra pro sexibus separavit. Et cum iterum Heliogabalus ea per misisset, Alexander tamen Severus teste Lampridio in ejus vita c. 24. balnea mixta Romae exhiberi iterum prohibuit. Quarum vestigiis insistens Justinianus quoq??? Leges ad refrenandam lasciviam utriusq??? sexus promulgavit. Christoph Peller, in annot. ad dict. c. 12. l. 2. Klocki, de aerario n. 8. p. 507. Add can. non oportet. 81. dist. L. athleras 4. §. ait praetor, de his, qui notant infam.] Gestalt denn noch bey den Türcken Capital ist / wenn ein Mannskerl sich erkünnet / hinzugehen / und zuzusehen / wo sich die Weiber baden. Klock d. c. 12 n. 5. Worin sie viele Christen in Teutsch and bey denen solcher schändlicher Gebrauch / daß Manns- und Weibes-Bider / groß und klein / ohne Unterschied zusammen baden / noch gebräuchlich ist / beschämen; Aller massen Poggius Florentinus die warme Bäder zu Baden diesfals sehr durch die Hechel gezogen / unter andern diese Worthe setzende: nulla in orbe terraru̅ balnea ad foecunditatë mulierum accommodata magis sunt, innumerabilis multitudo nobilium & igno bilium eò conveniunt, non tam valetudinis, quam voluptatis causa. Omnes amatores, omnes proci, quibus in deliciis vita est posita, eò concurrunt fruantur rebus concupitis: Multae foeminae simulant corporum aegritudines, cum animo laborent, omnib??? una mens est, tristitiam fugare, quaerere hilaritatë non de communi dividundo agere sed de communica̅do divisa. Drum ist auch noch heut zu Tage üblich / daß wen̅ eine Ehefrau sich nicht schämet / mit andern Män̅ern nackend zu bade̅ / der Man̅ sich von ihr scheiden lassen kan und lucriret alsodann dotes & antenuptiales donationes, Novell. 22. de nupt. cap. si verò etiam 16 & Novell. 117 ut liceat matr. & aviae. cap. quia verò plurimas 8. circ. fin. In Gegenstand / wenn ein Eheman̅ so ches mit andern Weibern thut und vornimmt / privatur donatione propter nuptias. L. jubemus 11. §. inter culpas C. de repud. Henr. Salmuth in not. ad Guidon. Panciroll. lib. de perd. tit. de thermis aut balneis p. 165. edit. in 8. Weil solches ein indiciuim adulterii ist. Bocer. de adulter. c. 4. n. 51. & seqq. Klock, de aerario lib. 2. c. 12. n. 5. XXXIV. Käyser Tiberius aber hat dem alten verhurten vnd verschwenderichen Römer Sestio Gallo andergestalt nicht zugesagt / ???hin zu Nacht zu speisen / als daß er nur seine sonst gewöhnliche Essen auftragen / aber [1042] doch nackende Weibes-Bilder zu Tische dienen lassen solte. Sveton. in Tiberio c. 42. Käyser Heliogabulus [omnium, ut verbis Apuleji utar, bipedum nequissimus] ließ sich / nackend auf einen Wagen sitzend / von nackichten Weibern ziehen. Anaxarchus ließ sich gleichfals von nackenden Weibes Bildern bedienen. Clearchus lib. 5. variar. apud Athenaeum, lib. 12. c. 25. dergleichen geschahe bey den Thyrrhenis in öffentlichen conviviis denen Gästen Timaeus lib. 2. Historiar. Athenaeus lib. 4. c. 16. XXXV. Wenn die Römer der Florae oder Blumen-Göttin Fest feyerlich begiengen / lieffen die schamlose Huren Mutter-nackend die Gassen auf und ab / und machten / darbey allerhand leichtfertige Posituren und Minen. Joh. Christoph. Salbach. lib. 3. Antiq. Roman. c. 3. p. 103. XXXVI. Ja im Augusto hatten jährlich ein Fest / da die Weiber einem geschnittene̅ grossen männlichen Gliede hohe Ehre anthaten / solches trugen die vornehmsten und erbaresten Matronen zur Collinischen Pforten hinnaus in den Tempel Veneris mit viele̅ Pomp, und legte zu letzt es die allerzüchtigste Frau / nicht ohne Schamhafftigkeit / dem Bilde Veneris in den Schoß. Alex. ab Alexand. lib. 3. Genial. dier. c. 18. pag. 384. Eben also ward auch von den AEgyptischen Weibern der Abgott Bachus verehret. Vid. Herodotum, lib. 2. XXXVII. Die Britanier haben lange in Gebrauch gehabt / daß / wen̅ sie ihre vermeinte Götter versöhnen wollen / sie ihre und ihrer Söhne Weiber nackend in ihre Götzen-Tempel geführet / die gefangene Feinde geschlachtet / und derselben Blut geopffert. Alex. ab Alexandr. lib. 6. c. 26. pag. 1010. ibig??? Tiraquell in annotat. lit. q. XXXVIII. Von den schändlichen Entblöß- und Verspottungen der Märtyrer / und sonderlich der Christlichen Weibes-Bilder / so von den Heydnischen Henckers-Buden bey den Verfolgungen vorgenommen worden / kan der geneigte Leser Nachricht finden bey den Anton. Gallonio, de Gruciat. Martyr. pag. 474. & 475. und D. Casp. Sagittario, eod. tract. c. 15. XXXIX. So hatten auch die Athenienser eine recht schändliche Gewohnheit / welche Lycurgus durch ein Gesetze eingeführet / daß die Jungfern mit den Jungen-Gesellen / ja Männer und alte Weiber nackend unter einander ringen / oder auch bey sonderlichen Aufzügen und Spielen in solcher Blöse mit einander / in Gegenwart des Volcks / tantzen müssen / welches Gesetze auch Plato bestätiget / deßhalber aber von Eusebio und andern / so die Kirchen-Historien beschrieben / billig scharff durch die Hechel gezogen [1043] wird / welches auch Lactantius lib. 1. c. 20. de fals??? religion. thut. Add. Chrysostom. Homil. in Matthaeum 6. XL. Der Spartaner Weibes-Bilder Röcke / zumahl deren / so noch ledig und nicht verheyrathet / waren vorn und in den Seiten nicht zugenehet / sondern stunden offen / daß / wenn sie fortschritten / sich dieselbe von einander thaten / daß man ihre blosse Hüffte sehe̅ konte / um das Man̅es-Volck desto eher an sich zu reitzen. Tiraquell. in 4. Leg. connub. gloss. 1. part. 4. p. 91. n. 29. Eas [Greek words] appellat Ibicus, à patentib??? scilicet femorib???, uti etiam memorat lib. 7. Onomast. c. 13. [Greek words] Euripides, quod viros ob id in libidinem furere facerent. Die Jungfern in Peloponeso giengen ohne Röcke / nackend / in einen üm sich her gehülleten Mantel / welcher aber als ein Netz gestrickt war / daß man alle Glieder durchhin bloß sehen konte. Ex quo [Greek words] vice proverbii dictum adversus eos, qui corpore parum decorè nudato incedebant, de quo Erasm. Chil. 5. Cent. 2. c. 47. XLI. Taxilli sind Völcker in Indien / die haben den Gebrauch / wenn ein Vater eine erwachsene Tochter / aber keine Mittel hat / dieselbe auszusteuren / nimt er sie geschmückt mit in die Stadt / führet sie mit Trommeln und Pfeiffen auf den Marckt / und wenn das Volck hinzuläufft / auch sich Freyer darbey einfinden / hebet die Braut den Rock erst hinten auf / biß unter die Arme / und lässet sich also eine Weile nackend ansehen / hernach hebet sie sich auch vorn so hoch auf. Wenn nun einer vorhanden ist dem sie gefällt / handelt er mit den Vater / heyrathet sie / und thut also keinen blinden Kauff. Strabo lib. 15. ex authoritate Aristobuli. Tiraquell. in 4. Legem connub. gloss. prim. p. 4. pag. 87. n. 10. XLII. Der Zaar in Moscau wenn er heyrathen will / lässet die allerschönste und Tugendhaffteste Jungfern / hohen und niedrigen Standes / zu sich bringen / üm eine oder die andere zur Gemahlin draus zu erwehlen. Wenn er nun eine auserkohren / die seinen Augen gefällt / lässet Er dieselbe durch gewisse Weiber nackend besichtigen / ob sie auch zum Kinder-zeugen dichtig sey oder nicht. Paulus Jovius, in libello de Legatione Moschovitarum, alwo er zu gleich anführet / daß bey denen Türckischen Käysern eben dieser Gebrauch sey. Dergleichen Auslesung der Jungfern ist auch bey den Königen in Persien und Meden schon vor langer Zeit üblich gewesen / wie aus den Büchlein Esther c. 2. v. 2. 3. & 4. erhellet. Bey den Römern wurden die Bräute im Tempel Fortunae virilis von Weibern besichtiget / ob sie [1044] etwan einen Mangel am Leibe hätten. Tiraquell. d. l. n. 10. in fin. In der Insel Abraxa kommen Braut und Bräutigam zusammen / ehe und bevor die Ehe völlig geschlossen wird / und besehen einander nackend / damit sie nicht betrogen werden. Francisc. Sansovin. del Governo & administratione di diversi Regni & Republiche, lib. 12. Zeiler Epist. 79. pag. 190. edit. in fol. Petr. Greg. Tholosan. Syntagm. Jur. univ. lib. 9. c. 7. n. 4. nennet sie mit Thoma Moro, lib. 2. Utopiam. Franciscus Sfortia, Hertzog zu Mäyland / dessen Sohn Galeatius des Marggrafen zu Mantua Ludovici Tochter zur Ehe begehrte / schickte / gewisse Medicos ab / die Braut nackend zu besichtigen / ob sie auch zum Kinderzeigen Capabel wäre / welches aber ihr Herr Vater billig abschlug / sagende: wen̅ Galeatius sie in den Rock [cotte der femme] den er ihr geschickt / bedeckt und unbesehen nicht haben wolte / möchte er sich eine andere auslesen / wo er wolte. Francisc. Aretin. Cons. 142. XLIII. Die Babylonische Weiber / wenn sie bey einem Gastmahl waren / stelleten sich Anfangs gantz erbahr und züchtig / bald aber drauf zogen sie die Ober-Kleider aus / und letzlich wurffen sie den Rock mit samt dem Hembd / hinweg. Q. Curtius, lib. 5. de reb. gest. Alex. M. Camerar. d. cent. 1. c. 34. p. 162. Es erwehnet auch Johannes Damascenus, lib. Haereseon, einer Secte, die sich die Adamiani geneanet / da sowohl Manns / als Weibes-Personen nackend an einen gewissen Orth zusammen kahmen / und ihren vermeinten Gottes dienst hielten / und nenneten solche ihre Versamlung das Paradies. XLIV. Und ob wohl geile unzüchtige Männer nichts liebers seyen / als nackichtes Frauenzimmer / secundum illud Plauti, in Mostellaria: Pulchra mulier nuda erit, quam purpurata pulchrior. Daher auch die Venus und Cupido nackend gemahlet und geblildet werden / weil die Liebe an der Blöße eine sonderliche Vergnügung hat: Tiraquell. cit. Leg. 4. connub. pag. 88. n. 16. & 17 [vel ut alii volunt, quod crimen celari non possit. Fulgent. lib. 2. Mythol. vel quod effraenata voluptas inanes & nudo dimittat. Dempster, in not. ad Rosin. Antiq. Rom lib. 2. c. 20 p. 259.] So ist doch Zucht- und Ehrliebenden Weibes-Bildern nicht zu rathen / daß sie sich den Manns-Personen nackend praesentiren / denn es bleibet wohl dabey / was Gyges, Dascilli Sohn / bey dem Herodoto, lib. 1. Musarum saget: [Greek words] i. e. mulier exutâ tunicâ pariter & verecundiam exuit, wenn die Weiber den Rock / oder [1045] das Hembd ausziehen / werffen sie auch zugleich alle Schamhaftigkeit mit hinweg. Welches eben der Gyges ist / den der unvorsichtige König Candaules in Lydia, aus Närrischer Liebe / durch ein Loch in der Cammer-Thür seine nackichte Gemahlin zeigete / drüber der König das Leben verlohr / und Gyges anseine stat die Gemahlin und das Königreich bekahm. Maßen den folche Blösse der Weiber die Manns-Personen zur Unzuch anfeuret; Propert. lib. 2. Eleg. 16. Coelius Rhodigin. lib. 2. lect. Antiq. c. 7. wie man dessen gnugsam Exempel hat an den alten Susannen Brüdern / item an David / der die Batsebam nackend in Bade sahe / und daher nicht allein mit ihr Ehebruch / sondern auch einen Todschlag an ihren Mann beging. Lib. 2. Reg. c. 11. Käyser Antonius Caracalla ward dadurch zu Blut-Schande mit seiner Stiefmutter / der Julia / gebracht. Denn als sich dieselbe auch gegen ihn entblöste / und er von böser Lust entbrand anfing: vellem, si liceret / gab sie ihm zur Autwort: si libet, licet! An nescis, te Imperatorem esse, & leges dare, non accipere? Drauf er sie / mit grossen Aergernis des Bolcks / zur Gemahlin nahm. AElius Spartianus, in ejus vita. Gellius, lib. 17. c. 14. Macr. lib. Saturn. 2. c. 27. Aristoclea, ein ansbündig schön Mädgen / opfferte einsmahl dem Gott Jovi nackend / da ein vornehmer Jüngling / Nahmens Strato, sie ungefehr ersahe / und drüber in Liebe gegen sie heftig Entzündet ward. Es hatte sie aber auch ein ander / mit Nahmen Callisthenes, lieb / drum als sie Hochzeit hielt / haben sich diese beyde so grausam um sie gezerret / und einer den andern / dieselbe wieder nehmen wollen / daß endlich im Grimm daß gutte Mensch drüber in stücken zerrissen worden / auf deren todten Cörper sich Strato erstochen. Tiraquell. in 4. Leg. Connub. Gloss. 1. pag. 88. n. 14. XLV. Es wird auch die Entblössung der Weiber vor gantz schänd- und ärgerlich / ja höchststrafbar in der heil. Schrifft gehalten / wie Ezech. 16. Esaiae. 20. & 47. Thren. 4. und andern Orthen mehr zu sehen. So ward auch Noa / als er in Wein truncken / in der Hütten aufgedeckt lag / von seinen Sohn Ham verlachet / Genes. c. 9. v. 21. & 22. Es ist auch bey de̅ Lydiern vor die gröste Schande gehalten worden wenn ein Mann sich nackend sehen lassen. Herodot. lib. 1. Und ob wohl bey den Olympischen Spiehlen die Jünglinge sich auch nackend praesentirten udarstelleten / [welches Acanth???, oder wie andere ihn nen̅en / Neanth???, ein Lacedaemonier in der XV. Olym piade eingeführet.] ist doch zu wissen / daß kein Weibes-Bild an solchen Orth erscheinen / und zusehen dürffen / bey Straffe von den Felsen Typeo herunter gestürtzt zuwerde̅. [1046] Pausanias, lib. 5. Tiraquell. in 4. Leg. connub. Gloss. 1. Gloss. 1 part. 4. n. 36. & 37. pag. 92. & in 16. Leg. connub. Gloß. 1. part. 16. p. 265. n. 37. XLVI. Die Heidnische Göttinnen haben sich gleichfals nicht nackend von Mann-Personen beschauen lassen wollen / sondern wenn auch solches schon ungefehr geschehen / haben sie sich mit harter Straffe gerochen / immaßen Tiresias deßhalber von der Pallade seines Gesichts beraubet worden. Apollodorus / lib. Bibliothec. sive de Diis 3. Wiewohl andere vorgeben / die Juno habe ihn darum blind gemacht / weil in den Streit zwischen ihr und ihren Gemahl Jupiter / Er [als der nacheinander ein Weib und Mann gewesen] den Ausspruch gethan / daß die Weiber mehr Lust in Beyschlaf / den die Männer / empfünden: Tres voluptatis uncias in viro, novem in foemina pronunciavit, ut scribit Fulgent. l. 2. Mytholog. Add. Ovid. lib. 3. Metamorph. & Lucian. Dialog. Menippi & Tiresiae, & in alio, cui titulus est: [Greek words] Actaeon muste zum Hirsch / und von seinen eigenen Hunden zerrissen werden / weil er die Dianam mit ihren Gespiehlen im Walde nackend / sich badend / angetroffen. Ovid. lib. 3. Metamorph. lib. 3. fab. 4. & 5. lib. 2. Tristium: Inscius Actaeon vidit sine veste Dianam: Praeda suis canibus non minus ille fuit. Tradit & Lactantius, lib. 2. qui de örigine orroris inscribitur, c. 17 Junonem nudatam in sacrilegos sese vindicasse. XLVII. Es sind auch theils Weibes-Bilder Allzuschamhafft gewesen / als die Lysidice, welche wenn sie sich gebadet / dennoch den Rock und das Hembd nicht ausgezogen. Eine andere / Philetaera mil Nahmen / wenn sie in eine mit Wasser angefüllete Wanne stieg sich abzuwaschen / behielt allemahl das Hembdian / und hebete dasselbe nicht höher auf / als ihr Leib mit Wasser bedecket ward / welches sie auch in widerheraussteigen allemahl beobachtete / ob sie schon alleine / und kein Mensch bey ihr war. Tiraquell. Leg. 4. connub. Gloss. 1. p. 3. p. 87. n. 11. Theano vestem aliquando induens brachium fortè nudavit, & cum quidam dixisset: O pulchrum cubitum! At non publicum inquit Autor Clemens Alexandrinus, lib. 4. Stromatôn, & ante ipsumPlutarchus, in praeceptis connubi alibus cap. 32. ubi. hinc, subdit, pudicae mulieris ne cubitum quidem nudari oportere. XLVIII. Daher auch bey vielen Völckern noch auf den heutigen Tag üblich ist / daß das Weibes-Volck das Gesichte bedecken muß / vnd sich selten sehen lassen darf. Wiewohl bey den Spartanern nur allein die verheyra [1047] teten Weiber mit bedeckten / die Jungfern aber mit aufgedeckten freien Angesichte einhergiengen. Die Ursache setzet Charilus oder Charilaus [utrumque enim legitur] diese / weil die Jungfern durch ihre schöne Gestalt erst Männer suchen und erwerben müssen die Weiber aber schon ihr Theil / und also nach andern sich nicht umzusehen Ursach hätten. Tiraquell. d. L. connub. 4. pag. 89. n. 20. XLIX. Lucretia wie sie sich erstach / war sorgfältig / daß sie in Niederfallen sich nicht entblöste. Ovid. lib. 2. Fastorum: Tunc quoque jam moriens ne non procumbat honestè, Respicit: haec etiam cura cadentis erat. C. Julius Caesar, als er Meuchelmörderischer Weise erstochen ward / wickelte seinen Kopf in den Mantel / und zohe mit der lincken Hand den Rock über die Kniehe herab / daß er sterbend züchtig niederfallen / und sich nicht schändlich entbössen möchte. Suetonius, in ejus vita. Valer Maxim. lib. 4. c. 5. Plinius, lib. Epistol. 4. ad Minutianum laudat Corneliam, Vestalium maximam, quod cum incestus injustè damnata in subterraneum cubiculum demitteretur, haesissetq??? descendenti stola, vertit se ac recollegit. L. Ferner wenn eine Manns-Person sich erkühnet / eine Jungfer oder Ehefrau wider ihren Willen zu küssen / solche That kan als eine Injurie Rechtlich vindiciret werden; temeritatis enim & attentatae pudicitiae indicium est, unde pro actione injuriarum hoc nomine competente pronunciatum esse tastatur Strauch / ad Jus Justin. Disp 19. Aphor. 14. Und wird der Thäter noch darzu willkührlich bestrafft / Farinac, q. 142. n. 154. Menoch, de A. I. Q. lib. 2. cas 287. n. 2. Borcholt. de Feudis c. 8. n. 100. ubi tamen n. seq. subjicit, juvenem prae nimio amore puellam exosculantem mitius puniendum esse. Und hahen auch die Clerici hierin keine Freyheit / nach dem alten Vorwant / als wenn sie solches thäten ein Weibes-Bild zu segnen / oder daß sie solches ex Zelo charitatis thäten / welchen Nevizanus, in Sylv. nupt lib. 4. §. est nubendum. n. 76. artig also antwortet: a tali charitate libera nos domine; sondern es entstehet eben derselbe Verdacht wider sie / als bey einen Weltlichen / drum heisset es: manum de tabula! Die Hand von der Butten. Wie man es aber machen müsse / wenn man zuläßiger Weise eine Jungfrau recht küssen wolle / lehret Constantinus Rogerius, in tractatu, de dote, c 19. n. 18. ibi: Multi nesciunt osculari: Unde tu opponas alteram manum ad mentum mulieris, alteram verò ad occiput, cum eleganti labiorum impressione. Sed forte nemo hic praeceptorem desiderabit Rogerium.
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LI. Ein Weibes-Bild / so sich von einen Ehe-Mann schändlich ümfangen / Hertzen / und an die blosse Brüste greiffen lässet / ohne einziges Widerstreben / zumahl an einen abgesonderten / und zu der fleischlichen. Vermischung bequemen Ort / ladet einen grossen Verdacht des Ehebruchs auf sich. Carpzov. pract. crim. p. 2. q. 62. n. 27. Mascard de prob. concl. 453. n. 15. & seq. Drum auch ein Ehe-Mann bey solcher Beschaffenheit um die Ehescheidung anhalten kan / bevorab wenn zu beweisen und beyzubringen / daß s???m Weib von einem andern die Brüste betasten lassen. Hector AEmil. de test l. rub. testis adulterium n. 27. Farinac. q. 136. n. 40. Am schändlichsten aber ist es / wenn eine unzüchtige Mann-Person sich unterstehet / ein Weibes-Bild an heimlichen Orten anzugreiffen / und zubefülen. Omninò enim ad infamiam pertinet, pudicitiam alicujus attentare. L. 1. §. 2. in fin. ff. de injur. Drum kan auch eine ehrliche und züchtige Jungfer oder Eheweib / der dieses wieder ihren Willen begegnet / es vor die gröss???ste injurie anziehen / und rechtlich vindiciren. Massen der Thäter deshalber mit der Landes-Verweisung / Gefängnis / oder einer ziemlichen Geld-Busse gestrafft wird. Farinac. quaest. crim. 141. n. 103. Damhoud. prax. crim. c. 89. n. 42. Ein Eheweib / welche stelle hält / und solchen schändlichen tactum zuläst / ladet einen grossen Verdacht des Ehebruchs auf sich. Mascard. de prob. concl. 811. n. 5. Stryke, de Jure Sensuum, diss. 7. c. 5. n. 20. praesertim si permittat se tangi ab alio nuda, vel in pudibundis, tunc enim oritur praesumtio copulae carnalis. Paris. lib. 4. Cons. 6. n. & 13. Farinac. d. q. 136. n. 142. LII. Inter Conjuges servanda quoq??? est castitas, & impudicum quodvis vitandum. Citius tamen veniam excessibus conjugum indulgebit Deus, qui extingvendae libidini hoc ponere remedium voluit. 1. Corinth. 7. v. 2. Strycke d. dissert. 7. c. 5. n. 21. & 22. Manilium Senatu motum, quod uxorem praesente filia deosculatus fuisset, legimus apud Plutarchum, in vita Catonis Censorij, tanquam turpe esset, praesentibus aliis se invicem svaviari. Nam & Clemens Alexan drinus, paedagog. lib. 3. c. 10. in princip. jus non facit maritis, uxores suas coram famulis osculari. LIII. Von der Penepole, Ulyssis Gemahlin / und ihrer sonderbaren Keuschheit in der zwantzig-jährigen Abwesenheit ihres Ehe-Herrns / ist viel rühmens: Aber Duris Samius, in libro de Agathocle, und der Historicus Lysander setzen das Gegentheil u. dieses / daß sie sich in wehrender Zeit mit allen ihren Freyern vermischet / und einen Sohn gebohren / den sie Pan genen [1049] ret [Greek words] enim Graecis totum sive omne dicitur. Dessen auch der Griegische Poet Lyconphron gedencket / und sie [Greek words], scortantem, oder eine Hure neunet / zugleich anfügende / daß wie Ulysses heim kom̅en / und solches erfahren / er strack wieder fort in die Insul Cortynam sich begeben / und allda gestorben. Andere aber sagen er sey wieder zu der Circe gezogen / und von seinen eignen Sohn Telemacho umgebracht worden. Einige geben vor / Mercurius habe sich in einen Bock / den die Penelope lieb gehabt / verwandelt / und den Pan gezeuget / der auch eben drum Bocks-Füsse gehabt und Hircipes genennet worden. Herod. lib. 2. Cicero, de Nat. Deor. lib. 3 Julius Hyginus, fabul. c. 224. Nach dem Tod Ulyssis hat sie seinen mit der Circe erzeugeten Sohn Telegonum wieder geheyrathet. IV. Die Musen oder Göttinnen der freyen Künste / wurden von den alten als Jungfern abgebildet / daß sie keusch und rein seyn / drum sie auch Camoenae, quod sint castae mentis praesides, genennet werden / anzuzeigen / daß diejenige / so was rechtschaffenes studiren und lernen wolten / keusch / züchtig / und nicht verhurt seyn solten: Je dennoch schreiben Myrtilus und Arnobius, lib. 4. aedvers. Gentes, daß dieselbe des Macarei Töchter / Megaleonis Mägde und lose Huren gewesen / welches aber nicht wohl glä???blich; doch kan man nicht vor gewiß sagen / daß sie alle Jungfern gewesen / denn man findet daß der Cliûs Söhne Jalemus und Hymenaeus: der Euterpes oder Terpsichore, Resus: Der Thaliae, Palaephatus: Der Uraniae Linus: Der Melpomenes, oder wie ander meinen der Terpsichores, Sireues u. Melius: Der Eratûs Thamyris, der Polyhymniae Triptolemus: der Calliopes, Orpheus geheissen / ut videre est apud Tzetzem, in Commentariis in Hesiodum. LV. Vorgedachte Lucretia, welche um des willen / daß Tarquinius Collatinus sie des Nachtes in ihren Ehe-Bette überfallen / und genothzüchtiget / sich selbst in Gegenwart ihres Mannes Bruti erstochen / will von vielen auch nicht vor gar unschuldig gehalten werden / ungeachtet Augustinus lib. 1. de civitate dei c. 19. sehr vor sie redet / sonderlich weil Ovidius lib. Fastor. 2. also von ihr schreibet: Succubuit famae victa puella metu! eben als wenn sie famam & opinionem vulgi höher als ihre Zuch und Keuschheit gehalten [quod ex Livio quoq??? ad finem libri. 1. videre licet] oder aus Furcht dieselbe hindan gesetzt habe. Drum sie auch Martialis nicht vor gar zu keusch hält / wenn er lib. 1. also setzet:
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Erubuit, posuitq??? meum Lucretia librum, Sed coram Bruto: Brute recede, leget. Quasi scilicet non castitatem coleret ipsius castitatis amore, sed potius timore ac reverentia Bruti. Nec eam à nota adulterii vindicat Gloss. in §. Lucretiam, in verbo aldultera & seq. 22. & 45. tametsi illam Romanae pudicitiae ducem appellat Val. Maximus lib. 6. c. 1. Tiraquell. in 9. Leg. Connub. Gloss. 1. part. 9. n. 96. LVI. Cyrene, ein grausam unzüchtig Weib / ward dodecamechana zugenant / quia in Venereo usu duodecim excogitasset figuras, quo inscensori jucundius redderetur libidinis profluvium. Suidas, & interpres Aristophanis supra d. Voc. Ein andere / Elephantides genant / decripsit versibus modos, figuras, species, formas: i. e. ut uno verbo Graeco haec omnia complactar, Schemata concubituum; nam ejus libri titulus est [Greek words], quorum meminit Virgil. si is est, in obscoeno carmine ad Lalagen: Obscoenas rigido Deo tabellas Ducens ex Elephantidos libellis. Et Martial. lib. 12. in Sabellum. Facundus mihi de libidinosis Legisti nimium, Sabelle, versus, Quales nec didymi sciunt puellae, Nec molles Elephantidos libelli. Sunt illic Veneris novae figurae &c. Quin & Suetonius tradit, Tiberium cubicula plurifariam disposita tabellis ac sigillis lascivarum picturarum & figuraram adornavisse, librisq??? Elephantidis instruxisse. Idem quoq??? Phylaenis & Astyanassa ex Helenae famulis, & haec omnium prima, ut tradit Svidas, fecisse dicuntur. Quartilla, eine eben der Gattung / spricht bey dem Petronio von ihr selber also: Junonem meam iratam habeam, si me unquam meminerim Virginem fuisse, nam infans cum paribus inquinata sum, & subinde prodeuntibus annis majoribus me pueris applicui, donec ad hanc aetatem perveni. LVII. Cleopatra war eine Königs Ptolomaei Dionysiii des letzten Schwester und Gemahlin. Dio lib. 42. Nachdem aber dieser in einer See-Schlach ersoffen / ward sie erstlich Julii Caesaris, hernacher M. Antonii [waren beyde Römi [1051] sche Fürsten] unzüchtige Gemahlin. Idem lib. 43. Sonderlich war sie bey dem antonio so wollüstig / daß sie sich in ein öffentlich Huren-Haus begeben / und daselbst hundert und sechs Männer fleischlich vergnüget. Doch hat sie selbst bekennet / daß ihr der Kitzel daduch erst recht angezündet sey / un daß sie bekennet / daß ihr der Kitzel dadurch erst recht angezündet sey / und daselbst hundert und sechs Mäuner fleischlich vergnüget. Doch hat sie selbst bekennet / daß ihr der Kitzel dadurch erst recht angezündet sey / un daß sie zwar vom Hur-Hause wiederkäme / wäre aber noch nicht ersättiger / teste ipso Antonio, in Epist. ad Z. Soran. de incontinentia libidinis Cleopatrae Reginae. Dio lib. 48 & lib. 51. VIII. Käyser Claudius war mit seinen Gemahlinnen gar unglücklich / weil sie alle Huren waren. Die erste Nahmens AEmilia sties er von sich / ehe er sich noch völlig mit ihr vermählete. Der andern / so Livia Medullina hieß / hatte er schon am ersten Hochzeit Tage satt. Die fünfte aber / Nahmens Valeria Messalina, war die ärgste: Denn ihre Unersätlichkeit in der Wollust trieb sie dahin / daß sie sich vermasquirt ins Hur-Hauß begab / und sich Lycissa nennen ließ / und da sie es daselbst mit 25. Männern versucht / eignete sie sich dadurch vor andern einen grossen Ruhm zu / ungeachtet sie gleichwohl noch meinete / daß sie zwar müde / aber nicht sat worden. Lassata viris, non dum satiata recessit. Ist deßwegen von Claudio umgebracht worden. Jhre unersätliche Unzucht beschreiben Dio & Sueton. in Clauaio. Tacit. l. 2. Annal. Plin. lib. 10. c. 63. Juvenal. Satyr. 6. LIX. Käyser Otto III hatte auch eine unzüchtige Gemahlin / Mariam, eine Königin aus Arragonien / welche einen Jüngling / der ihr für eine Cam̅er-Jungfer dienete / aber mit demselben täglich Ehebruch und Hurerey trieb / hielte. Als aber der Käyser darhinter kam / ließ er denselben verbrennen / welches ihr zuletzt auch wiederfuhr. Mich. Sachs / Alphab. Hist lit. 1. n. 2. p. 233. Albert. Cranz. lib. 4. Saxon. c. 26. Joh. Conrad Dietr. Erev. Hist. in vit. Otton. §. 2. p. 295. Mich. Sachs p. 2. der Käyser-Chronic. pag. 48. LX. Sigismundus, Käyser Caroli des Vierten Sohn / ward König in Ungarn und Böhmen / durch Heurath der Königin Marien in Ungarn / endlich auch Römischer Käyser / ein gelehrter und weiser Herr. AEneas Sylvius, Hist. Bohem. c. 42. & 52. Nach dem Tode Mariae und seiner halb-Jährigen Gefangenschafft in dem Schloß Soklios, des Gros-Grafens Nicolai de Gera. vermählete er sich mit Barbara / Graff Herman̅s von Cilly in Krayn [1052] Tochter. Diese war eine über allemassen unzüchtiges Weibes-Bild / welche davor hielt / es könte keine Stunde glückselig seyn / wenn sie nicht mit fleischlicher Woll???st / Essen / Trincken und unzüchtiger Vermischung zubracht würde / deßwegen auch keine wohlgestalte Manns-Person für ihr sicher gewesen / die sie nicht zu sich beruffen / ihr zu Dienstezustehe̅. Vid Bonfin. dec. 3. lib. 7. Rer. Ungar. Christoph Lehmann, in der Speyerischen Chronic. lib. 7. c. 76 in fin. pag. 858. setzet hinzu / daß sie alle diejenige in ihren Frauenzimmer / so sich der Zucht / Erbarkeit und Christlichen Wandels befleissen / vor einfältig gehalten / und was man von ewiger Belohnung guter und böser Wercke gesagt / vor Fabeln und Mährlein gehalten. Nach des Käysers tödlichen / Abgang hat sie auf eine Zeit ein Geiftlicher zum eingezogenen Leben und Wandel ermahnet / und ihr zum Exempel die Turtel-Täublein vorgehalten / daß / wenn eins verstürbe / das andere in steter Traurigkeit verbliebe / dem sie geantwortet / wenn er ein Exempel von unvernünftigen Thieren geben wolte / begehrete sie lieber eins von den Spaten oder Sperlingen / die frölich und lustig wären / als von Turtel-Tauben zu hören. Ist Anno 1249. an der Pest gestorben. Cuspinianus, in Sigismundo, p. 49. 78. & 498. gedencket derselben auch / u. saget / fuit foemina immensae libidinis, & procacitatis inverecundae, quae saepius viros peteret, quam peteretur, saepissimè in adulterio à Sigismundo deprehensa, sed adulterae ignovit. Quotiescunque virum aliquem aut robustum aut libidini aptum contem plabatur, mox accersiri curavit, eoque tamdiu usa, quoad vix cruribus incedere posset. Et lassata viris, nunquam satiata recessit, ac resupina jacens multorum absorbuit ictus. LXI. Eben der Gattung war auch Adelheit / des Maggrafen von Vohburg Tochter / Käyser Friderici Barbarossae Gemahlin / die er auch um des willen von sich stieß. Ottonis de S. Blasio Appendix. Item Johanna / Königs Andreae zu Neapolis Gemahlin / welche ihren Herrn und Gemahl / weil er in Ludo Veneris ihr nicht gnugsam gewachsen / stranguliren lassen / accersebat enim quemlibet robustum, & cum longo naso, longum ex eo penem augurans, ut loquitur Author disp. de Hanreitate, thes. 31. Sie hatte gewiß Martialis distichon gelesen: Mentula tam magna est, tantus tibi Papile nasus, Ut possis, quoties arrigis, olfacere. Et illud Philelphi ad JCtum celebratissimum Catonem Saccum:
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Nam mensura, Cato, pendentis plurima nasi Creditur ingentem vulgò promittere caudam; Et propterea olim nasati [ut ex Lampridio in Heliogabalo, aut ut nonnulli legunt, Aliogabalo deprehendimus] dicebantur Viriliorse ac bellè mutoniati. Regina haec per cuncta cava corporis libidinem recipiebat. Tiraq. in Leg. connub. 9. Gloss. 1. p. 9. pag. 155. n. 99. LXII. Syllae, Caesaris, Pompeji. Luculli, Metelli, Lepidi, Scipionis, Agamemnonis, Philippi Königs in Macedonien Weiber / und unzehlich viele andere haben ihren Männern nicht reine Farbe gehalten / sondern ihnen Hörner aufgesetzt. Ja Käyser M. Antonius Philosophus, welcher in L. haereditas, & in L. ult. C. de testam. manu. Consultissimus Princeps, nec non, in L. unum ex familia §. ult. ff. de Legat. Vir providentissimus atq??? religiosissimus, & in L. cum Syllanianum de his, quib. ut ingign. Philosophiae plenus genennet wird / hat mit Fleiß / und wissendlich / seiner Gemahlin Faustinae [deren in L. si Augustae ff. de Legat. 2. auch gedacht wird] Ehebrüche verhelet / und solche seine Schwäger und Mithelffer zu grossen Ehren-Aemtern erhoben / sonderlich aber Tertullum, welchen er bey ihr ertapt hatte. Tiraquell. n 8. Leg. Connub. Gloss. 1. Part. 8. n. 14. LXIII. Von der Julia, Käysers Augusti Tochter / schreibet man / daß als ihre Courtisanen sich verwundert / daß alle Söhne ihrem Ehe-Herrn / dem Agrippae ehnlich sehen / hat sie denenselben zur antwort gegeben: Plena nave admisi vectorem! Macrob. lib. Saturnal. 2. c. 5. LXIV. Die Lacedaemonier hatten in Gebrauch daß sie einander die Weiber zum Kinderzeugen auf eine Zeit lang lehneten. Xenophon & Plutarchus in Lycurgo, welches die Tapyri, Parthische Völcker / gleichfals thäten. Strabo / lib. 11. bey den Römern hat Cato Uticensis dem Hortensio seine Frau die Martiam eben auch auf die Condition hingelassen. Appian. lib. 2. Bellor. Civil. Lucanus, lib. 2. Coel. Rhodig. lib. 13. antiq. Lect. 17. Eben also hat es Socrates mit seiner bösen Xantippe gemacht / der aber zugleich zwey Weiber gehabt / als ietztgedachte Xantippen, und die andere mit nahmen Myrtho. Athenaeus lib. 13. Dipnos. D. Joh. Phil. Pfeiffer Antiq. Graec. lib. 4. c. 3. pag. 602. LXV. Julius Caesar hat weiblich denen Römischen Weibern aufgewartet / massen er denn deswegen von Curione omnium mulierum vir genennet [1054] worden. Sveton in ejus vita, indem fast alle Frauen zu Rom verwilliget / ihm zu Dienste zustehen. Dio lib. 44 p. 150. LXVI. Käyser Valentinianus hat durch Gesetze denen Weibern / so gerne Kinder-Mütter werden wolten / Freyheit gegeben / es auf vielerley Art zuversuchen. Sulton in Caesar. c. 52. Cassiodor. lib. 8. Paul. Diacon. lib. 2. Dannenhero sind zu Rom solche gemeine Kinder-Väter gedultet worden / die man Proletarios [quia prolem darent] genennet. Oros. lib. 4. c. 1. Bey den alten Litkallern ist es auch so zugangen / daß sie einen oder mehr Ehe-Helffer gehalten / wie sie Münster. lib. 4. Cosmograph. nennet / so den Mann zuweilen in Ehe-Geschäfften subleviren müssen / die Männer aber haben keine Concubinen halten dürffen. AEneas Sylvius, de dict. & factis Alphonsi c. 8. Tiraq. in Leg. 7. connub. n. 60. LXVII. Etliche halten gar darvor / daß die Philister den gefangenen Simson zu einen solchen Ehe-Helffer gebraucht / weil sie gerne Kinder gehabt hätten / die solche Helden wären / wie er war / und dieses solle angedeutet seyn in den Worten: Und er muste mahlen im Gefangnis! Weil das Hebräische Wort (mahlen) so im Grund-Text stehet / in der H. Schrift nicht allein mahlen / sondern auch Kinderzeugen heisset. Führen darneben an den locum jobi c. 31 v. 10. Molat alteri uxor mea, mein Weib mahle einem andern / wie es Drusius gegeben. Lutherus verdolmetschet es. Es müsse mein Weib von einen andern beschlaffen werden. Vid. Joh. Rist. Meyen-Unterred. p. 78. LXVIII. Die Garamantes, Ilophagi & Ichtyophagi [quasi dicas pisceduli] qui ex AEthiopibus sunt, item die Massagetae, Trogloditae, Agathyrsi, Maclyes, Poenorum populi, Auses, Mosyni, Brachmanes, Persarum Sapientes, Tyrrheni, Scoti, Asoti, Galactophagigens Scytica, & in universum alii Scythae, Hircani, ante Alexandri M. tempora, Britanni, Persae, Nomades und andere mehr haben die Weiber unter sich gemein gehabt / es sind auch die Kinder aus der gemeinen Cassa und Einkünfften auferzogen / biß sie 5. Jahr alt worden / wenn sich dan̅gefunden / daß ein solch Kind dem Gesichte nach einem gleich gewesen / ist es solchem gegeben worden der es zu sich genommen / vor sein Kind erkant / und es vollend groß erzogen. Vid. Tiraq. in dict. 7. Leg. Connub. Gloss. primae part. 7. n. 51. 52. 53. oder welchen die Mutter muthmaßlich zu Vater angegeben / Herod. lib. 4. §. 124. Die Gindaner in Lybien halten gleichfals die Weiber gemein / welche rauche peltzerne [1055] Röcke trugen. Wenn nun ein Mann bey einer wolte schlaffen / muste er ihr zuvor einen Knoten in den zotigten Rock knüpffen / welche nun viele Knoten in dem Rauchwerck hatte / ward unter ihnen vor die Vornehmste und Statlichste gehalten. Idem Herodot. lib. 4. §. 123. Plato [von seinen breiten Schultern also beygenant / da er sonst / wie sein Vater / Aristocles hieß] Item Diogenes, Chrysippus, Zeno, Antisthenes, Cato und viele andere mehr haben gelehret / daß man die Weiber in gemeinen Brauch haben solte. Gvevarra, Horolog. Princip. p. 298. welchen auch unterschiedliche Ketzer / als die Nicolaiten / Marcioniten / Anabaptisten / Libertiner / Adiaphoristen / und andere mehr beygeflichtet / von welchen in Michael Wiedemanns Hist. Poet. Gefangenschaft / pag. 33. 34. & 35 weiter Nachricht zufinden. LXIX. Wann bey den Massageten [wahren Scytische Völcker in Asien] einem Manne ein Weibes-Bild begegnete / die ihm gefiel / und ihm eine Lust ankahm / legte er sein Gewehr / oder was um hatte / bey seit / und vermischte sich öffentlich ohne alle Scheu mit ihr / es mochte zu sehen / wer wolte. Wenn er das seine verrichtet / gieng ein jedes seiner Wege. Herod. lib. 1. §. 39. Die Nasamones, Angylae, Gnidanes, Stymphali &c. pflegten auch die ehelichen Wercke auf öffentlichen Gässen und Strassen. Tiraq. d. L. connub. 7. n. 56. ibig??? allegati Authores. Welches gleichfals Diogenes zuweilen wohl gar auf den Marckt mit seinem Weibe getrieben / daher er Cynicus oder hündisch genennet worden / weil die Hunde auch ohne Scheu auf öffentlicher Strasse reihen / Diogenes Laert. in vita ipsius. [Hinc canes dicuntur obscoeni à Virgil. lib. Georg 1. immundi ab Horatio, lib. 1. Epistol ad Lollium. & inpudentissimi à sanctissimo Scriptore Esaia c. 56.] Sed Juno cum ei concubitum offerret Jupiter in Idae montis cacumine, tametsi ejus rei esset imprimis avida, ut quae se ex composito ornaverat, quo illum in id alliceret; in eo tamen loco recusavit, quoniam nimium pateret caeteris Diis, qui eos concumbentes possent videre, quod [Greek words] esset. i. e. vituperabile. Homer. lib. Iliad. 14. Elephantes cum coire appetunt, solitudines quoq??? quaerunt. Aristot. in Histor. animal. lib. 5. c. 2. Plinius lib. 8. c. 5. & Lib. 10. c. 63. AElian. lib. Hist. animal. 6. c. 60. & 8. c. 17. Imo idem ipse AElian. lib. 13. tradit, Ranas, animal alioqin foedissimum, interdiu horrere, Venereo complexu se implicare: noctemq??? ut Veneri dent operam, expectare. Huc quoq; spectat cognomentum illud: quod inter alia Plurima Veneri datum est, ut scilicet MELANIS & MELAENIS diceretur, quia Venus in tenebris & abscondito sit peragen [1056] da [Greek words] enim Graeci nigrum vocant. Pausan. lib. 8. qui de Arcadicis est. Cujus Veneris Melanidis templum fuit apud Corinthum, ut tradit idem Pausanias. lib. 2. qui de Corinthiacis est. Et eadem ratione ea ipsa Venus Scotia à tenebris dicitur, cujus templum apud AEgyptios, fuit, teste Hesychio Tiraq. in 15. Leg. Connub. Gloss. primae part. 15. n. 163. LXX. Die Perser / Araber / Assyrer / AEgypter / Galater / Irländer und andere Völcker mehr haben vor alters ihre Mütter / Töchter / Schwestern und nahe Bluts-Freunde geheyrathet / massen den Artaxerxes seine eingne Töchter / Jupiter aber die Junonem, item Saturnus Rheam. Janus Camisiam, Osiris Isidem, Alexander Pyrrhi fil. Olympiadem, Mithridates Laodicem, Mausolus Artemisiam, Dionysius Sophrosynam, Ptolomaeus Cleopatram, Cimon Elpidem, als ihre leibliche Schwestern zur Ehe gehabt. Vide latè de his disserentem Tiraq. in 7. connub. gloss. 1. part. 7. n. 32. & seqq. usg??? n. 46. Ptolomaeus Philadelphus, Rex AEgypti, etiam Arsinoën sororem duxit uxorem, cui cum ob ib dixisset Sotades: [Greek words] i. e. in foramen minimè sanctum aculeum tradis, in vincula conjectus est, ut scribit Plutarchus, in lib. [Greek words] Hegesander autem, apud Athenaeum lib. 14. c. 7. dicit, eum id primum fuisse conjectum in figu inam plumbariam, deinde in mare inmersum. Von einer Königlichen Princeßin wird daß sie funffzehen Brüder gehabt / deren aller Weib sie / vermöge des Land-Gesetzes / seyn muste. Nun war der Brauch / daß wenn einer die Schwester besuchte / er seinen Stab vor der Cam̅erthür liegen lassen muste / denen andern damit ein Zeichen zugeben / daß sie ihm nicht verstöreten. Es war aber dieses 15. Männerige Weib [wie leicht zu erachten] ihrer Brüder überdrüßig / drum erdachte sie ihr zu Erleichterung diese List: Sie machte ihr einen Stab / welcher jenen ähnlich war / den legte sie vor die Cammerthür / und ließ ihn eine Zeitlang liegen. Da nun die Brüder einer nach den andern kamen / und den Stab sahen / musten sie wieder abziehen / biß endlich als sie alle 15. beysammen waren / lieff einer hin / die Schwester heimzusuchen. Als er aber den Stab abermahl sahe vor der Thür stehen / wurde sie von den Brüdern bey dem Vater / als eine Ehebrecherin verklaget / nachdem sie aber ihre Unschuld erwiese / ward sie loßgesprochen. Polyd. Vergil. lib. 1. de rerum inventor. cap. 4. LXXI. In der Insel Cypro, in Mittelländischen Meer / haben vor diesen die Jungfern / so zum heyrathen tüchtig / sich an das Ufer des Meers verfüget / [1057] und denen anlandenden Fremden ihre Jungferschafft verkaufft / und so lange Handel und Gewerbe getrieben / biß sie ein gut stück Geld zur Morgen-Gabe verdienet hatten. Justinus, lib. 18, c. 5. Daher dieses Land der Heydnischen Hurerey Göttin Veneri gewidmet gewesen / welche auch deßwegen Dea Cypria, oder potens Cypri genennet worden Horat. lib. 1. od. 3. Solches ist bey den Schythis und Corsis gleichfals üblich gewesen. Tiraq. in 7. leg. connub. gloss. 1. part. 7. n. 57. LXXII. Die Illyrici, Phoenices, Syracusani, Thebani und Hispani liessen vor Alters nicht allein ihren Töchtern / sondern auch Weibern zu / mit Manns-Bildern sich zu vermischen / nach ihren eignen Gefallen. Idem Tiraq. d. loc. n. 58. 59. & 60. LXXIII. Bey den Massiliensern freieten die Jungfern um die junge Gesellen / und wenn deren mehr waren / so auch affection zu ihnen hatten / reichten sie nach den Essen denenjenigen / so ihnem am besten gefiehl / eine Schale voll Wasser / und dem dieses wiederfuhr / war hernach der rechte Bräutigam. Athenaeus, lib. 13. cap. item 13. in pr. LXXIV. Es ist auch eine Arth Leuthe / Dapsolyber genennet / gefunden worden / bey welchen diese Närrische Gewohnheit gewesen / daß zu einer gewissen Zeit des Jahrs sich diejenige Personen / so heyrathen wollen an einen finstern Orth versamlen müssen / und zwar die Männer und junge Gesellen besonders / die Weiber und Jungfrauen auch besonders. Wenn sie nun alle beysammen gewesen / hat man die Lichter beyde Hauffen zusammen gelassen / da nun Männer und Weiber also durcheinander gelauffen / hat ein jeder eins erwischt / und was einer in demselben Gemenge vor eine erhaschet / sie sey schön oder heßlich / jung oder alt / gut oder böse gewesen / hat er auch müssen behalten / und also sind die heßlichen in der Summa mit verthan worden. Acerr. Phil. Lauremb. Cent. 5. n. 66. pag. 725. ex Plutarch. LXXV. Die Alten Babylonier verstachen zwar die heßlichen und schönen Jungfrauen auch mit einander / aber sie hatten ein besondern Mittel. Sie versamleten sich auch Jährlich einmahl / und da wurde die schönste ausgesondert / und verauctioniret. Wer nun das meiste davor gab / der kriegte sie; Wenn diese weg / ward eine andere ausgesondert / die auch ein wenig schön / welche ebenfals dem gegeben wurde / der das meiste vor sie darboth. Wen̅ nun die schönen alle weg / daß niemand nichts mehr geben wolte / nahmen sie das Gerd / so vor die schönen Jungfern einkommen war / und legten es zu [1058] den heßlichen / nach Proportion ihrer Heßligkeit / also giengs nun / wer die schönste haben wolte / der muste daß meiste Geld geben / wer aber mit der garstigen verlieb nahm / bekahm das meiste Geld mit ihr. Herod. lib. 1. c. 36. p. 79. & seqq. Alex. ab Alex. lib. 1. Gen. dier. c. 24. Strabo, lib. 16. Joann. oem. de morib. Legib. & ritibus omnium Gent. l. 2. de Asia c. 3. pag. 77. Eben dieses schreiben auch von den Thraciern Pompon. Mela, lib. 2. c. 2. und Solin. cap. 15. LXXVI. Bey etlichen Völckern gewissen theils Africae, Adyrmachidae genant / hat keine Adeliche Jungfer sich verehligen können / biß sie ihre Jungferschafft dem Könige offerirt / ob ihm vielleicht belieben möchte / die Blüthe derselben zu brechen / und der Erstlinge zugeniessen. Francisc Patric de Regno & Regis Instit. lib. 4. tit. de oblect. Herod. lib. 4. §. 122. Welches auch die Canarii also beobachten. Tiraquell. in Leg. 7. connub. Gloss. 1. p. 7. n. 62. aber dem Promneso König in Cephalenien übel bekommen / denn als derselbe auch geboth / die Bräute seiner Unterthanen ihm zur Defloration zubringen / hat ein Jüngling / Antenor genant / Weibes-Kleider angezogen / und heimlich ein Schwerd drunter verborgen / auch den Tyrannen in seinem Bert erstochen / welches ihm zu solcher Ehre und Ruhm hinaus geschlagen / daß er von den gemeinen Volck zu ihren General und Heer-Führer angenommen / ihm auch das schöne Mädgen / um derentwillen er diese That vollbracht / zur Ehe gegeben worden. Heraclides in Polyticis. Dergleichen Gebrauch soll in Königreich Schottland vor diesen gewesen / und von den Heydnischen König Eveno III. eingeführet worden seyn / daß die verlobten Jungfern denen vornehmsten Herrn des Landes / deren Unterthanen sie waren / musten überliefert werden / ehe sie einem Mann beygeleget worden. Leges Regiae Scot. ib. 4. c. 31. Buchanan, hist. Scot. lib. 4. & 7. Doch haben sie zu Zeiten des Königs Malcolini III. in Schottland Anno Christi 1096. oder wie etliche wollen 1057. der diesen schändlichen Gebrauch abgeschaffet / ein gewisses Geld pro redemtione virginitatis geben müssen. Ex Hector. Boeth l. 12. Klock. de AErario l. 2. c. 146. n. 27. welches auf eine Marck Silber kommen und noch Marcheta mulierum genennet wird Zeil. Epist 636. Et aureo Pudicitiam redimere nupturam quoque tradit Polyd. Virgil. lib. 10. Hist. Angl. Die Volsinienser haben ihre Töchter / ehe sie den Bräutigam beyge eget worden / ihren Knechten zu defloriren übergeben. Alex. ab Alex. lib. 1. c. 24 Gen. dier. Medi Deae Anatidi filias consecrant, ibi prostrata pudicitia mox maritis traduntur, Tiraquell. in 7. leg. connub. Gloss. 1. part. 7. n. 6. Turpe & illicitum quoque erat pactum, quod Canonicis & Comitibus [1059] Lugdunensibusquoad licentiam dabat, pro recognitione Feudorum primä nocte concumbere Vasallorum sponsis, quod pactum jus laxandae coxae aut CONNAGII jus nominarunt. Choppin. ad LL. Andegav. lib. 1. c. 31. n. 8. Camill. Borell. cons. 1. n. 158. Heut zu Tage haben die Indianer noch den Brauch / daß sie ihren Bräuten das Schloß der Keuschheit von einem Braminen [sind ihre Pfaffen] erbrechen lassen / und geben ihnen noch darzu gros Geld / daß sie diese grosse Mühe über sich nehmen / wiewohl die armen und geringen Leuthe es selbsten verrichten / und das Geld verdienen. Erasm. Francisci, Ausländ. Sitten-Spiegel / lib. 3. c. 2. pag. 936. Die Einwohner in Königreich Tarnassari u. Malacca begrüssen einen Ausländer um die Entblühmung ihrer Bräute / der nicht ihres Glaubens / sondern entweder ein Christ oder Muhammetaner ist. Als sich Ludwig von Barthema in der Hauptstadt Tarnassari aufgehalten / hat ihn ein vornehmer Kauffmann zu Gaste geladen / und ihn / weil er ein Ausländer / gebethen / er möchte doch die erste Nacht bey seiner Braut schlaffen / die er in etlichen Tagen heyrathen würde. Und ob er sich gleich darüber entfärbet / entschuldiget / auch wohl eine verborgene Schalckheit befürchtet / hat es ihm doch der Wirth ausgeredet / und versichert / daß es so des Landes Brauch sey / woraus sich einer von seinen Cameraden darzu bereden lassen [oder vielleicht er selbst] dem sie deswegen grosse Ehre angethan. Ludwig Barthem. Reise-Beschreibung / lib. 3. cap. 9. LXXVII. Die Heydnische Einwohner zu Goa führen die Bräute zu ihren Abgott Pagode, an welchem ein Männlich Glied von Helffenbein gemacht ist / daran erdrücken sie die Jungferschafft mit grossen Schmertzen unter närrischen Ceremonien / und muß also der Teufel dem Bräutigam Hörner aufsetzen. Lintschot / Navig Orient. part. 1. c. 33. Boeoticis & Locris nihil erat in sponsalibus firmum, nisi sponsus & sponsa in ara, Eucliae Virgini dicata, prius libarent, haut aliter, nisi more solenni antea libassent, matrimonium esse rati. Qui mos Romae quandoque invaluit: Siquidem olim nuptura in sinu FUTINI Dei sedere cogebatur. Alex. ab Alex. l. 1. Gen. dier. c. 24. cum not. Tiraquelli. p. 94. Lactant. lib. 1. c. 20. hunc Deum non FUTINUM, sed MUTINUM vocat, in cujus (inquit) sinu pudendo nubentes primum sedebant, ut illorum pudicitiam Deus delibasse videatur. Speidel. Spec. jurid. Voc. Jungserschafft / p. 671.
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LXXVIII. Bey dem Seneca lieset man / daß Vitellius sich belustiget habe / der Huren s. v. Rotz und Speichel aufzulecken: Ja den Hals damit zu schmieren. Mamercus Scaurus trug keinen Abscheu / was der Weiber Natur an heimlichen Orthen zu gewisser Zeit abtreibet [horrendum & obfoenum dictu!] mit dem Maul aufzufangen. Zeiler, part. 1. Theatr. Trag. c. 13. Stiefler / d. c. 11. ead. pag. LXXIX. Cornelius Balbus, Q. Heterius, Eques Romanus, Princeps quidam Tarentinus, Pindarus, Speusippus und andere mehr sind in ipso Actu Venereo, weil sie sich allzuhart angegriffen / tod blieben. Plinins, l. 7. Hist. Nat. c. 53. Valerius, lib. 9. c. 12. Tiraq. in 15. Leg connub. gloss 1. p. 15. n. 27. ubi plura affert exempla. Julius Firmicus, lib. Astronom. 8. c. 6. nennet solchen Tod mortem amoenam, dahin ziehlet auch Propertius, lib. 2. Eleg. ???. -- Laus in amore mori, Imgleichen Ovidius, lib. 2. Amor, Eleg. 10. Felix, quem veneris certamina mutua perdunt, Dii faciant, leti causa sit ista mei. Et paulò post: At mibi contingat, Veneris languescere motu, Cum moriar, medium solvar & inter opus. At??? aliquis nostro lacrymans in funere dicat, Conveniens vitae mors fuit ista tuae; LXXX. Von Moyse und Aaron wird geschriedben / daß sie zwar vorher / ehe sie von Gott beruffen / denen Rindern Istrael vorzustehen / Söhne und Töchter gezeuget / wie sie aber heilige Männer Gottes worden / findet man nicht / daß sie we???er ihre Weiber erkant / ja einige geben gar vor / Moses habe sich von seiner Frauen Zipora geschieden / destro besser und heiliger seinem Ambt vorzustehen / Epiphanius, contra baeresis lib. 3. c. 78. Eusebius Caesariensis, si is est, libro Evangelicae demonstrationis lib. 1. c. 9. Hebraei scriptores ad c. 12. Numer. Wiedenn auch bey den Heyden sonderlich an den Priestern die Keuschheit erfodert wurde / wie zu sehen an den Sacerdotibus Jovis Idaei in Creata, Veneris apud Siconios, matris Deum &c. Pausan. lib. 2. de Corinthiacis. Porphyrius, lib. 4. de abstinentia. Drum dursten auch die Priester kein Galtz / oder andere Speisen / so fruchtbar machen / essen. Plutarh. caus. natur. c. 3. Und bey den Römern keine Ziegen anrüren: Ja dieselbe nich einmahl nennen / weil [1060] es ein geil Thier ist. Es waren ihnen auch die Bohnen essen / und Epheu (hedra) anzugreiffen verbothen / weil die Bohnen Blehungen machen / das Epheu aber sich sehr ausbreitet / und alles / was es antrifft / gleichsam umarmet mit sich verbindet. Plutarch. u. in Symposiac. decad. 5. c. 10. & in Problem. Roman. c. 111. add. Horat. lib. Ephod. od. 15. & lib. 1. Carminum Od. 36. LXXXI. Hieher gehören auch die Vestalische Nonnen / so ewige Keuschheit zuhalten geschworen / item die Priesterinnen der Cereris, Dianae, Apollinis Pythii und andere mehr / so unter der Speise vieie Rauthen gebrauchten / welche der bösen Lust wehren soll. Dioscorides, lib. 3. c. 50. Plinius, lib. 20. c. 13. quo etiam argumento Graecè [Greek words] dici quibus dam placuit, [Greek words]. Congelat enim ob caliditatem suam & siccitatem hominis sperma. LXXXII. Die Göttin Venus wird von den Homero, Hesiodo, Virgilio und andern beygenant aurea, niveis lacertis, rosea cervice, argenteis pedibus, nigris??? oculis. Deßgleichen die Juno albiulna, [Greek words], bovinis oculis nigris??? super ciliis. Diana aurea [aureum hic propulchro sumitur] Themis pulchrigena, Pallas [Greek words], glaucis, sive caesiis oculis. Aurora roseis digitis. Thetis argenteis pedibus. Proserpina albiulna. Hebe pulchritala. Calypso, Ceres & Circe pulchris crinibus. Latona auricoma & puchris genis. Amathia, una Nereidum, pulchricoma. &c. Vid. omninò Tiraquell. in 2. leg. connub. gloss. 1. part. 2. n. 33. & seqq. us??? 39. LXXXIII. Von den Poëten wird gedichtet / daß Vulcanus oder der Schmiede-GOtt der ietzt-gedachten Liebes-Göttin Mann gewesen / womit sie auf das Officium Venerum geziehlet / als worzu Hitze erfodert wird. D. Augustin. lib. 20. advers. Faustum Manichaeum, c. 9. LXXXIV. Daß aber die Venus dem Saturno zuwieder ist / bedeutet / daß alte Greißen / Saurtöpffe und Nösseler bey dem Frauenzimmer schlechte / ja wohl keine Partes noch Gehör haben / Tiraq in 6. Leg. Connub. gloß 1. part. 6. n. 15. Drum wird nicht allein Cupido in Jünglings-Gestalt abgebildet / sondern auch das Alter von der Veneris Wohnung ausgeschlossen / Idem. Tiraqu. d. loc. n. 13. Senex vir inimica res est uxori juveni. Euripid. in Danae, apud Stobaeum, c. 49. quia nil oblectationis, nihil voluptatis mulieri est in illo, teste Homero. Et senis amplexus culta puella fugit, juxta Catullum. Es sind auch junge Weiber selten den alten Männern getreu: sondern [1062] [Theognidis Meinung nach] gleich einem Schiff / welches sich weder von den Steurmann mehr regieren und lencken / noch auch von den Ancker aufhalten lassen will / ja vielmehr loßreisset / und des Nachtes in einen andern Hafen einläufft Bevorab wenn die alten Männer immer über den Büchern liegen / und wie Tiraq. in 2. Leg. connub gloß. 1. part. 2. n. 25. anführet / sage: Non possum libris & uxori pariter inservire! Und wie Cicero dem Hircio geantwortet: Non possum uxori & Philosophiae operam pariter dare! Dadenn die Antwort gefällt: aut tu, aut alius! Item: Solve quod debes! Maritus: non sum solvendo! Uxor: ergo cede bonis! Worüber mancher Actaeonisitet wird / welches Laster nicht ungemein bey grosser / vornehmer und hochgelehrter Männer Eheweibern zuseyn pfleget / wie abermahl Tiraquellus in 16. Leg. connub. n. 60. & in 9. Leg. n. 122. klärlich zeiget / auch ohnedem die Erfahrung es gnungsam an den Tag leget. Junge Weiber wünschen auch nichts mehr / als daß ihre alte / abgenutzte Männer nur möchten zu Grabe getragen werden / damit sie davor einen Jungen erlauffen möchten. Bartol. in L. Mutianae col. ult. in. pr. ff. de condi. & demonst. Senes quippe ut plurimum inidonei sunt concubitui, vel tamen segniores in Venerem, exangues, frigidi, exnausti, procreant foemellas aut posthumos. Et quamvis nonnulli plus justo sint loquaciores, verba temen non implent marsupium, & ubi facto opus est, verba non sufficiunt. Vid. Tiraquell. in 6. Leg. connub. n. 18. 21. 26. & 28. Sie nehmen sich auch gemeiniglich der Herrschaft über die Män̅er an. Teste Euripide in Phoenice, ibi: [Greek words]. Domina enim seuinxor. Und obwohl die Venus sich mit dem alten Greissen Anchise vermischet / und von solchen Beyschlaf den AEneam gebohren / hat sie doch selbiges nicht so wohl aus Liebe / als darum gethan / weil sie von dem Oraculo verstanden / daß / wenn Troja zerstöret / und derselben Könige aus den Wege geräumet worden / des AEneae Nachkommen zum Regier-Stand erhoben werden solten. Ut à Michaele Byzantino, in Violario, est scriptum. Wiewohl auch noch im Gegentheil etliche junge Weiber gefunden werden / die lieber mit alten Männern / als Jungen-Gesellen zuthun haben / welches Julius Firmicus, lib. Matheseos 7. c. 18. der Influenz und Krafft der Gestirne zuschreibet. LXXXV. Ferner wird auch der Wein-Gott Bachus der Veneri zugesellet / [1063] anzuzeigen / daß der Wein eine Anreitzung zur Liebe sey. Aristot. in lib. problem. 30. c. 1. Vide Salomonem, Prov. 20. Paulum, ad Eph???s c. 5. Hinc illud Terentii in Eunucho: - Sine Cerere & Bacho friget Venus. Auch daher der Wein Lac Veneris genennet. Athenaeus, lib. 10. Dipnosoph. c. 15. Macrob. lib. 1. Saturnal. c. 12. und Horatius. lib. 3. Carm. od. 18. heisset Craterem vini Veneris sodalem. Wiewohl der Wein / wenn er alzu überflüßig und offt getruncken wird / an den Kinderzeugen hinderlich fällt / teste Tiraquell. in 15. Leg. connub n. 148. & seqq. Das Podagra ist auch vor eine Tochter des Bachi und Veneris erdichtet worden / weil es daher meistentheils enistehet und herkömmet. Idem in d. Leg. 15. n. 44. LXXXVI. Mercurius wird ihr gleichfals zur Seiten gesetzet / weil zu Gewinnung des Frauenzimmers Liebe / gute Beredsamkeit / viel Complimente und Zucker-süsse Worte / anbey artige und wohlanständige Minen: Item allerhandlustige und anmuthige Spiele / auch andere sinnreiche Erfindungen erfordert werden / und vonnöthen sind. Plutarch. in Praecept. Connub. statim post princ. Tiraq. in 9. leg. connub. n. 233. & in L. 1510. 82. LXXXVII. Desgleichen der Krieges-Gott Mars / welchen auch Vulcanus bey ihr [Greek words] ertappet und verstricket / anzudeuten / daß die Soldaten meistentheils verhuret sind / und in den Quartieren / auch sonsten / wo sie nur kön nen Gelegenheit darzu haben / ihren Wirten Hörner aufsetzen / oder doch Maistressen bey sich auf der Streu halten. Aristot. lib. 2. Polit. c. 7. Tiraquell. dict. leg. connub. 9. n. 124. LXXXVIII. Der vortreflich Mahler Phidias mahlete die Venus dergestalt / daß sie mit den Füssen auf einer Schnecke stund / anzuzeigen / daß die Weibesbilder zu Hause bleiben / verschwiegen seyn / und nicht aller Orthen herum lauffen oder reisen solten / lustige anständige Gesellschafft zu suchen / und ihre Ehre in Gefahr zusetzen. Plutarch. d. tr. c. 33. & lib. de Iside & Osiride Stobaeus, Serm. 72. Praesumitur enim ea meretrix, quae alienas domos, nunc hanc, aliam intrare consuevit. Angel. in L. si qua illustris C. ad S. C. Orph. cujus dictum confirmat Salomon, Proverb. 5. & 7. & quod Epigrammaticus Poeta de Levinia scribit, quae cum antea castissima esset, domo tamen non contenta, sed nunc Lucrinum, nunc Avernum profecta, [1064] nunc Bajas, meretrix facta est: relicto viro adolescentem secuta est. Ex hoc fit, ut plerumque malè audiant, velut parum pudicae mulieres peregrinae, quae videlicet domun relinquentes & patriam peregrè proficiscuntur. Von gereiseten Weibern und Jungfern hält man nicht viel! Usque adeo, ut meritrices peregrinae à Poetis vocentur, Terentius, in Andria: Pamphilum pro uxore habere hanc peregrinam? Ubi & hoc annotat Donatus, & alibi in eadem fabula: Adeon est demens ex peregrina? In quo etiam loco interpretatur Donatus, ex meretrice, subdens: Mulieres enim peregrinae, inhonestae & meritrices habebantur. Tiraquell. in. 10. leg. connub. n 34. & 35. Drum wird von der Bona Dea gerühmet / daß sie nie aus ihrem Frauenzimmer kommen / auch Zeit ihres Lebens kein ander Manns-Bild / als ihren Ehe-Herrn mit Augen gesehen: Maßen denn wegen solcher raren Keuschheit / Zucht- u. Schamhafftigteit die Weiber ihr Jährlich ein besonderes Fest in Verborgen hielten / worzu keine Manns-Person / ja auch nicht einmahl die kleinen Jungen̅ kommen dürffen / maßen denn die Weiber etliche Tage vorher / [eben als bey der Isidis Fest] sich der Ehelichen Wercke entäusserten- und alleine schlieffen. Lactantius, lib. 1. c. 22. Macrob. Saturn. lib. 1. c. 12. Und ein solch im Hause bleibendes Weib wird in in L. 3. C. de condi. inser. FOCARIA [nulla alia ratione, ut opinor, quam quod ea privatim focum viri servare debeat. vid. L. 2. C. de his veniam aetat impetr. Tiraq. in 10. Leg. connub. gloss. 1. part. 8. n. 31.] genennet / die sich mehr um das Kochen und ander Haußwesen / als um den Putz / und wie sie jhren Galanen und neben-Männern gefallen möge / bekümmert. LXXXIX. Unter andern wird auch die Venus Verticordia benahmet / welches daher kömmet / daß als die Kömische Weiber einsmahl Liebes-doll wurden / und ohne Scheu hin und wider Unzucht trieben / hat der Rath die Sibyllinische Bücher aufschlagen lassen / und angeordnet / daß der Veneri Verticordiae ein Bildnis aufgerichtet / und es Göttlich verehret werden solte. Wie dieses geschehen / hat die schändliche Brunst bey den Weibern sich geleget / und ist eine jede wieder zu ihen Mann gekehret. Valer. Maxim. lib. 8. c. ult. Lilius Gyrald. syntagm. 14. Hist. Deor. XC. Was vor ein Recept denen allzugeilen Weibern zugebrauchen / kan der curiöse Leser bey den Tiraquello in 15. leg. connub. gloss. 1. part. 15. n. 93. 94. 95. & 66. nec non in 16. Leg. connub. n. 14 finden.
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XCI. Und will ich schließlichen nur hie noch aus des Herrn Theveno??? in diesem 1693. Jahr in Teutschen Neu herausgegebenen Morgenländischer Reise-Beschreibung / lib. 2. c. 74. pag. 348. anführen / daß die Mohren ihre Töchter beschneiden / dergestalt / daß sie ihnen ein klein stück von dem hervorgehenden Häutlein / Nympha genant / abschneiden / welches die Weiber verrichten. Die Türcken aber beschneiden nur die Knäblein / wie die Juden. XCII. Als Mahomet sein Gesetze stifftere / hat er zum Model das Juden- und Christenthum genommen / und als er dabey anmerckte / daß beyde ein besonder Zeichen oder Einweihung hätten / dadurch der Mensch zum Juden oder Christen gemacht würde / nemlich die Beschneidung und Tauffe / entschloß er sich eine seinem Gesetz gleichförmige zuerfinden / und weil er ausser denen beyden keine zu seinen Vorhaben dlenlich sahe / erwehlete er die Beschneidung / als die älteste / und auch die bequemeste / weil die Mahometaner dafür halten / daß der Mensch / wenn ihm die Vorhaut abgeschnitten / zur generation viel geschickter sey / und die Araber haben in Warheit das Praeputium so lang / daß / wo es ihnen nicht beschnitten würde / sie davon viel Ungelegenheit haben solten / und siehet man bey ihnen kleine Kinder / denen es sehr lang herab henget. Uber dieses wenn sie ihre Vorhaut nicht beschnitten / ihnen nach den Harnen allezeit etliche Tropffen zurück bleiben würden / die sie / ihrer Meinung nach / verunreinigen würden. Und damit dennoch ein Unterscheid zwischen ihnen und den Juden sey / hat er nicht gewolt / daß die Beschneidung der Türcken mit den Juden ihrer in allen Stücken übereinkomme / denn die Jürcken mit den Juden ihrer in allen Tage / und nachdem sie das Vorhäutlein abgelöset haben / kneipen sie noch die Haut / so das übrige Theil der Eichel bedeckt / mit den Nägeln enzwey / und wicklen solche mit den fingern auf-dadurch die Eichel gäntzlich zuentblössen / dahingegen die Türcken ihre Kinder nicht eher / als im 11 oder 12 ten Jahr beschneiden / damit sie selbsten die Worte sagen können: La illah, illallah, Mehemet reson allah, daß ist: Kein GOtt / ohne der GOtt / dessen Prophet der Mahomet ist / und auch verstehen / was sie sagen / und dieselbe nicht nur mit dem Munde / sondern von Hertzen vorbringen / und zudem mit der Beschneidung der Vorhaut zufrieden sind. Etliche setzen noch zum Unterscheid dieses hinzu / daß die Juden die Beschneidung mit einen steinern / die Türcken aber mit einen eisernen Messer verrichten. Allein es ist gewiß / daß die Juden sich aller Messer / eines eisernen / hölzernen und steinern gebrauchen kön [1066] nen. Die Türcken stellen / so wohl als die Juden / bey der Beschneidung ihrer Kinder ein groß Freuden-Fest an / dan̅ wenn der Tag kömmt / daran das Kind dieses Alter erreicht / so machet man an selbigen folgende Ceremonien, nemlich man setzet es auf ein Pferd / u. führet es mit Pauckenschall u. Trommelschlagen in der Stadt herum / lässet dasselbe nach geschehener Widerheimkunfft sein Glaubens-Bekäntnis mit einen in die Höhe aufgehobenen Finger hersagen / und beschneidet es; Der Vater hält dabey ein Gastmahl / worzu er alle seine Verwandten und Freunde ladet / erzeiget sich nebst denselben mit Tantzen und Singen sehr lustig / und des folgenden Tages beschenckt ein jeder von denen eingeladenen das Kind / nach dem Stande des Gebers und Nehmers. Wenn ein Christ Türckisch wird / gebrauchet man eben die Ceremonien / aber so ferne es ein Jude ist / wird er nich beschnitten / weil es schon geschehen ist. Und obgleich dessen Beschneidung von der Ihrigen unterschieden / so lässet man sich dran gnügen / und ihm nur das Muselmännische Glaubens-Bekäntnis hersprechen / nachdem er ein Türck worden ist. Viele sind der Meinung / daß ein Jude / wenn er den Türckischen Glauben annehme / zuvor ein Christ werden müsse / welches aber falsch ist. Stirbet ohnegefähr ein abgefallener oder natürlicher Türck ohne Beschneidung / so bricht man ihm die kleinen Finger an der lincken Hand entzwey / und dieses dienet ihnen an stat derselben. Idem Thevenot, p. 1. lib. 1. c. 32. der Morgenländischen Reise-Beschreibung / p. 58. & 59

CAPUT LV.
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MENTULA DAMNATA TRIBUTIS QUID SIT? I. CIrcumcidere Judaeis filios suos tantum, Rescripto Divi Pii permittitur, in non ejusdem Religionis, qui hoc fecerit, castrantis poenis irrogatur. L. 11. ff. de circumsione, [1067] & ne quis Christianam mulierem in matrimonium Judaeus accipiat, nec Judaeae Christianus conjugium sortiatur. L. 6. C. de jud. & Coelic. II. Versipellium Judaeorum vafritiem, & illorum [Greek words] ubertim: nobis ob oculos ponit S. Scriptura & quotidiana experientia. Itaque ne à reliquis Gentibus haberentur pro Judaeis, refingebant sibi arte Chirurgica praeputium. III. Videre hoc est ex lib. 1. Maccabaeorum c. i. v. 15. [Greek words]; verùm Germanica versio Graecum textum non exhaurit, sie hielten die Beschneidung nicht mehr / quod non; nam Circumcisis iterum restituebant praeputia. Nec Lyranus hic obtinet ac si filios circumcisos dimisissent. Elucet hoc de refectione praeputii ex Corinth. 7. v. 18. Circumcisus qui est ne adducat [vel attrabat] praeputium. Patefit hoc insuper ex Martialis versibus:
Sed quae de Solymis venit perustis
Damnatam modo mentulam tributis, quod Domitius Chalderinus, Veronensis, in Commentario Venetiis 1493. impresso ita explicat: Mentula damnata tributis dicitur, quoniam cum Domitianus exigeret Tribuat, Judaeorum multi, ne solvere cogerentur, dissimu???abant originem, negando, se esse Judaeos, sed si differebant inspiciebantur, an essent circumcisi, & ita deprehendebantur. Aliquando senex nonagenarius inspiciebatur à Quaestoribus & frequenti concilio, an esset circumsectus? Nam cir cumsecti damnabantur ad solvenda Tributa. Mentula igitur damnata tributis dicitur concisa i. e. Judaea, quoniam eo judicio damnabantur ad tributa. IV. Quo autem modo sese recutierint, i e. novum praeputium praverint, docet Epiphanius, ubi de quodam Symmacho bis circumcifo loquens, hoc verò, inquit, gravius adhuc est, quod etiam â circumsione praeputi fiant, arte quadam Medica per attractorium Instrumentum, [Greek words] appellatum, infernam membrorum cuticulam attrabi sinentes, & glutinatoriis circumdatis praeputium rursus adducunt, ut cicatrix à circumcisone relicta planè extinguatur, & ipsi pro Judaeis amplius non habe antur; qua de re evolvi potest Cornelius Celsus, lib. 7 c. 25. ubi monum docet reficiendi praeputium tam corum, qui circumcisi sunt, qua̅ illorum, qui naturâ detectam habent glandem, qui posterior casus tantum respicit [Greek words], & raro contingit. Haec Ammannus, in Iren Num. Pompil. à pag 247. us??? 250.
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CAPUT LVI.
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DE CRURIFRAGIO, oder von Zerbrechung der Gebeine anden Ubelthätern. I. DIe Griechen nennen es [Greek words], die Lateiner Crurifragium, oder crurifrangium [nam tago & tango, frago & frango dixerunt] Germanicè das Beinbrechen / oder Zerbrechung der Gebeine. Lipsius, lib. 2. de cruce c. 14. II. Apulejus gedencket derselben lib. 9. de Aureo Asino, ibi: uxor diras in eum devotiones deprecata, & crurum ejus fragium abominata. III. Ist eine Knechtische Straffe gewefen / drum auch Plautus solche hin und wieder in seinen Comödien denen Knechten drohet / sonderlich in Asinaria, act. 2. Scen. 4. - Crura herclè diffrigentur, Age impudice, nisi istum percies. Vide ibi Taubmann. in annotat. pag. 105. IV. Seneca, lib. 3. c. 32. de ira schreibet gleichfals: Magnam rem sine dubio fecerimus, si fervulum infelicem in ergastulum miserimus, quid properamus verberare statim, crura protinus frangere? Item Suetonius, in Tiberio: Utrique mox [ministro cuipiam & tibicini] quod mutuo flagitium exprobrassent, crura fregisse. V. Zuweilen sind auch wohl freie Leuthe damit beleget worden. Ita M. Mario Gratidiano Cornel. Sulla perfringi crura, erui oculos, amputari manus jussit. Seneca de ira, lib. 3. c. 18. Et Spendiani rebelles in Africa cum Poenorum optimates coepissent, admutilantes & crura conterentes adhuc vivos projecerunt in foveam aliquam. Polyb. lib. 1. Histor.
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VI. Käyser Augustus hat seinem Schre ber dem Thallo, weil er Geld genommen / und verrathen / was in den Correspondenz-Briefen an den Käyser geschrieben war / die Beine zerbrechen lassen. Sucton. in Augusto. VII. Viele Märtyter sind auch bey den Heydnischen Verfolgungen also jämmerlich umgebracht worden / wie bey dem Eusebio, lib. 7. c. 12. und Anton. Gallon. de cruciat. Martyr. pag. 424. & 425. zulesen: Maßen denn unter dem Käyser Diocletiano der Märtyrer Hadrianus mit 23. andern solch Crurifragium auf einmahl ausstehen müssen. Martyrolog. Rom. IV. Martij. VIII. Von den Beinbrechen der beyden Schächer zur Zeit des Leidens Christi / und wie es damit zugegangen / sind unterschiedliche Meinungen. Etliche stehen in denen Gedancken / man habe ihnen die Beine mit einem Schwerd abgehauen / oder mit einer Sägen zerschnitten. Glaublicher ist es / daß die Henckers-Knechte mit einen grossen Hammer oder Keule dieselbe zerschlagen / welches / wie leicht zu gedencken / denen armen Sündern grausam weh muß gethan haben. Christoph Nicolai, Concion. 5. Jesu sanguinolenti. Joh. Stiefler / in Geistl. Historten-Schatz / c. 25. pag. 1613. mit welchen auch Lipsius d. lib. 2. de Cruce c. 14. pag. 94. fast übereinstimmet / wenn er also scheibet: Modus hujus supplicii, ut incus cum malleo vel vecte ferreo inferretur, ac tibias incudi imponerent, validis ictibus sic frangendas, colliges ex Actis Martyrum Priscis, quae Surius tom. V. die 8. Sept. vulgavit. Dem auch citatus Ant. Gallonius, de Cruciat. Martyrum p. 425. und D. Casp. Sagittarius, eodem tract. c. 16. pag. 187. beypflichten. Und war üblich / daß / wenn man die Ubelthäter nicht am Creutz hengen / uud dran verfaulen lassen wolte / man dieselbe entweder mit Spiessen durchstach / mit Rauch erstickte / oder die Beine zerbrach / daß sie der Marter abkahmen. Lactantius, lib. 3. c. 26. M. Henr. Kipping, de Cruce, Exerc. 29. §. 5. Daß aber die Römischen Krieges-Knechte dem HErrn JESU die Beine nicht zerbrochen / ist die Ursache / daß er schon am Creutz verschieden war / es öfnete auch drum der Soldaten einer ihm seine Seite mit dem Speer / daß er meinete / er rünge noch mit dem Tod / daß er ihm desto eher abhelffen wolte. Kipping, d. Euerc. §. 1.
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IX. Käyser Constantinus Magnus hat endlich / nebst der Creutzigung / auch diese grausame Zermalmung der Beine gäntzlich aufgehoben und abgeschafft. Victor in ejus vita. X. Constitutio Francisci I. Regis Galliarum Anno Domini 1534. Mense Januarii statuit, excussores seu expilatores, dicuntur Voleurs, aggressores, insidiatores vel grassatores itinerum apprebensos & convictos condemnari poena illa acerba, quae observata, ut malleis manus quaelibet, & pedes, & coxae, & renes frangantur vivis, demum rota sublati resupini in ea membris ita dissectis & contusis ex trunco corporis miserè pendentibus constituantur victuri, quamdiu Deus permiserit, agentes poenitentiam commissorum. Eisdem poenis imposit is iis, qui aliquo modo ita laborantibus in cruciatu subvenissent, eos??? vel cibo vel medicaminilus juvissent. Petr. Greg. Tholos. lib. 37. Synt. J. univ. c. 9. n. 11. Drum werden auch noch auf den heutigen Tag in Franckreich denen / die zum Rad verdamm sind / nicht mit dem Rad / wie in Teutschland gestossen / sondern mit einen dünnen u. breiten Eisen / als einen Schwing-Bret / so man zum Flachs braucht / die Arme und Beine entzwey geschlagen.

CAPUT LVII.
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Von der FALAKA, Schlag- und Aufschneidung der Fuß-Sohlen. I. DIe Herren in der Barbarey lassen ihre Sclaven um des geringsten versehens willens prügeln / oder ihnen die FALAKA geben. Diese FALAKA ist ein stück Holtz / vier oder süns Schue lang / und an zweyen Orthen eingeschnitten / wodurch der arme Esclav, welcher den Rücken auf die Erden mit gebundenen Armen legen muß / eingespannet wird / daß er die Füsse nicht zurück ziehen kan. In dieser Positur halten zween Sclaven / ieder ein Ende der Falaka, welche sie in die Höhe heben / mitler [1071] weile ein ander Sclav ein stück von einem Strick / eine̅ Farren-Schwantz / oder einen Prügel nimmet / und aus allen seinen Kräfften auf die Fus Sohlen des leidenden Sclaven zuschlägt. Wann aber dieser Sclav / welcher schläget / heucheln wil / und die Streiche nicht starck anbringet / so muß er eben diese Straffe ausstehen / die Schläge aber sind an keine gewisse Zahl gebunden. Insgemein aber sind es funfzig / achzig / hundert / hundert und funfzig. Wenn sich aber dieselbe auf 200. erstrecken / so ist die Fuß-Sohle des Leidenden dergestalt zerquetschet / daß man dieselbe aufschneiden / und das Blut heraus lassen muß / woran er denn unsägliche Schmertzen ausstehet / daß er etliche Tage lang weder gehen noch stehen kan. Wenn man aber dieses aufschneiden unterlässet / schläget der kalte Brand darzu / und muß der Mensche sterben. Diejenige / denen man vier oder fünfhundert Streiche giebt / sterben insgemein aus Mattigkeit mitten in währender Straffe. Allaiin Manesson Mallet, in Beschreibung des gantzen Welt-Kreyses / part. 3. von Africa, pag. 12. & 13. II. In Indien werden gleichfals die Knechte also geftraffet. Georg Andersen / in der Oriental. Reise-Beschreibung l. 1. c. 24. p. 39. III. In Persien stäupet man die Knaben in der Schule nicht mit Ruthen / sondern werden mit Stecken geschlagen. Ist aber das Verbrechen groß / müssen ihrer zwey dem Verbrecher die Füsse mit einen Riemen an einen Stecken bin den / und dem Praeceptori fürhalten / welcher etzliche starcke Schläge auf die Fuß-Sohlen thut. IV. Es werden aber mit obgeaachter Straffe nicht allein die Sclaven / sondern auch andere Delinquenten in Türckey / und sonderlich diejenige beleget / welche in Brod / Fleisch und Korn mit Gewicht oder Maß fälschlich umgangen. Erasm. Francisci, in Neu-Polirten Kunst- und Sitten-Spiegel lib. 2. Disc. 8. pag. 404. & seqq. V. In Sina schläget man die Diebe auf das Dicke an den Waden grausamlich / und leget sie an die Erden aufs Angesicht nieder. Ferner bindet man ihnen die Hände auf den Rücken mit höltzernen Bretern vier Finger breit / und eines Fingers dick / die im Wasser geweicht sind / zu Vermehrung ihrer Pein. Zween Hencker verrichten dieses zugleich an einem Ubelthäter / ein jeder schläget auf jeden Schenckel so greulich / daß nach sechs Streichen die elenden Menschen auf den Füssen nicht mehr stehen können. In funfzig Streichen aber beglebt es sich oft / daß sie sterben / und büsset also der mehrere Theil das Leben ein. Idem d. Op. pag. 408.
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VI. Bey den Türcken ist sie gleichfals üblich / wovon Herr Thevenor, in seiner Morgenländischen Reise-Beschreibung / lib. 1. c. 69. pag. 93. & 94. also schreibet: Die gemeine Straffen in Türckey sind die Knüttel-Schläge / entweder unten an den Fußsolen / oder auf das Hintergestell. Die auf die Fußsolen giebt man solcher gestalt: Sie haben einen grossen / an zweyen Orthen gegen die Mitte durchbohreten Stock / in dem selben sind 2. Löcher / guter anderthalb Schuhe weit von einander / dadurch gehet eine Schnur / und wenn man denjenigen / so bastoniret werden soll / auf die Erde geleget / so stecket man deffen Füsse zwischen die Schnur und den Stock / und 2. Kerl nehmen ieder das eine Ende des Stocks / wie auch die Schnur / und ziehen damit zu / daß er die darinnen enthaltene Füsse nicht regen kan / und indem sie ihm mit Aufhebung des Stocks die Fußsolen sehr hoch halten / er auch also auf denen Schultern liegend / keine Krafft sich zubewegen hat / so haben 2. Kerl / iedweder einen Stecken / eines kleinen Fingers dick / in der Hand / und schlagen einer nach den andern / wie die Schmiede auf dem Ambos / auf dieses elenden Menschen Fußsolen / und zehlen unter währenden Zuschmeissen die Streiche mit heller Stimm / biß sie ihm so viel gegeben haben / als ihrn geordnet ist / oder derjenige / so über ihn Gewalt hat / spricht: Es ist genung. Das Ve. kehren der Augen dieses armen Tropffens giebt gnungsam zuerkennen die grausame Pein. Und es sind ihrer viele / die hernach in etlichen Monaten nicht gehen können / sonderlich wenn sie 3=biß 400. Schläge bekommen / oder wie sie sagen / gessen haben / aber von einen halben Schock sind sie gantz nicht incommodiret. VII. Bey Bastonirung auf das Gesäß lässet man sie sich auf den Bauch niederlegen / und schläget sie auf die Unterhosen / gleichwie auf die Fußsolen; man gibt ihnen bißweilen biß 600. Streiche / und das ist das meiste. Und wann ein Mensch also tractirt worden / muß man ihm mit einen Scheermesser viel braun geschwollen Fleisch wegschneiden / aus Beysorge / es möchte der kalte Brand darzuschlagen / und er ist hierdurch gezwungen 5. oder 6. Monat auf den Bett zuliegen / ehe er wieder sitzen kan. Auf diese Arih schläget man die Weiber / wann sie es verdienet haben / aber niemahlen auf die Fußsolen. Sie brauchen offte diese Züchtigung üm einer geringen Ursache Willen / und muß zuzeiten deren einige / so die Schläge empfangen / vor einen ieden Streich so und so viel geben. Die Herren straffen ihre Knechte und Sclaven nicht anders / als durch die Fußsolen-Schläge / die sie [1073] ibnen üm einen schlechten begangenen Fehler zustellen lassen / und deswegen sind sie überaus wohl bedienet / denn man siehet in ihrer Anwesenheit die Knechte den gantzen Tag / wie die Staruen an einer Maur / aufgerichtet stehen / die Hände kreutzweise über den Leib haltend / und den Befehl ihrer Herrn erwartend / den sie auf den geringsten Augen winck Gehorsam leisten. Die Schuhlmeister züchtigen ebenfals ihre Schüler mit der gleichen Schlägen auf die Fußsolen / an statt der Ruthen / die man bey uns brauchet.

CAPUT LVIII. Von Abhauung der Füsse.
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I. WEnn bey den Römern die leibeigenen Knechte von ihren Herren / oder auch andere zu frembden Völckern übergiengen / und man sie wider ertapte / wurde ihnen ein Fuß abgehauen. L. 3. C. de Servis fugitivis. Ibi: Si fugitivi deprehendantur ad Barbaros transeuntes, aut pede am putato debilitentur, aut metallo dentur, aut qualibet alia poena afficiantur. Guid. Pansiroll. lib. 2. Nov. repert. tit. 2. pag. 84. Schönborn / lib. 3. Polit. cap. 20. pag. 237. D. Henric. Günth. Böttiger, Disp. in aug. de amput. memb. th. 19. Denn sie hielten davor / es wäre billig / daß sie an dem Glieb gestrafft würden / womit sie mißhandelt hätten. AEgid. Menagius, Amoenit. jur. civ. cap. 32. pag. 190. [Cui non obstat L. 38 §. 1. & L. 8. §. 2. ff. de poenis. ubi transfugis ad hostes capitalis poena, seu ultimum supplicium dictatur: ad quas respondet Brunnemannus, in Comment. ad Cod. b. t. quod ibidemagatur de iis qui nondum pervenerint ad hostes, hicverò de iis, qui jamjam fuerunt apud illos. Alii aliter respondent, prout videre est apud cit. Brunnemannum d. loc.] II. Worauf die Egypter in ihren Gesetzen auch vor Alters gesehen / wie Diodorus Siculus, libro 1. meldet / wenner spricht: Qui bostibus secreta enun [1074] ciarent, his lingvam exsecari Lex mandabat. Illis, qui monetam adulterarent, aut nova substit uerent pondera, aut sigilla transculperent, scribis etiam, qui tabulas falsas concinnarent, vel de relatis in tabulas publicas quidpiam demerent, aut Syngraphas ementitas obtruderent, Lex utram??? manum praecidijussit, ut, quâ quis??? corporis parte in Legem peccasset, hac ad finem us??? irreparabili cum damno & ipse culpam lueret, & alios poenâ hâc suâ commonefactos abeo genere facinoris deterreret. De sexu muliebri acerbas habebant Leges. Nam qui vim ingenuae attulisset, huic genitalia praecidi jubebant, unius enim facinoris enormitate tria maxima flagitia, injuriam, corruptelam, liberorum confusionem perpetrari judicabant. Si persvasu adulterium esset commissum, viro mille plagae fustium, mulieri narium detruncatio irrogabatur. Nam mulieri ad vetitas libidines sese exornanti praecipua venustatis lenocinia adimenda censebant. III. Die Diebe hat man gleichfals also abgestrafft / teste Agathia, lib. 4. Quia, qui sunt fugitivi, plerumque sunt & fures, ut rectè Martialis canit: Apedibus diciccre manus peccare protervae, Non miror furem, qui fugitivus erat. Inde fugitivus & fur saepius conjunguntur: ut apud Horatium, lib. 1. Epist. 16.
Nec furtum feci, nec fagi, si mihi dicat
Servus Menag. d. c. 32. p. 192. IV. Alexander Magnus ließ seinem Rath und Philosopho, dem Calistheni, weiler ihm als einen sterblichen Menschen / nicht Göttliche Ehre anthun wolte / die Hände und Füsse abhauen / Nasen / Ohren und Lefftzen abschneiden / und also in einem eisernen Gitter ümher tragen / biß er starb. Prompt. Sturmii, fol. 66. Mich. Sachß. Alph. Hist part 4. pag. 20. V. Von St. Victore dem Märtyrer lieset man / daß / als er hinbey geführet wurde / des Jupiters Bi???dnis Göttliche Ehre zuerweisen / und demselben zurä???chern / er solche Statue mit einem Fuß überhauffen gestossen / welcher ihm von den Heydnischen Henckers-Buben sobald abgehauen worden. Martyrolog. Rom. XVI. Kal. Novemb.
|| [1075]
VI. St. Andreas Cretensis, ein Mönch / welcher die Bilder nicht verehren wollen / hat / als nach vielen Schlägen ihm ein Bein abgelöset worden / drüber seinem Geist aufgegeben. D. Casp. Sagittar. de Martyr. cruciat. 16. p. 190. add. Ant. Gallon. eo d. tract. pag. c. 16. p. 160. Allwo noch mehr Exempel zufinden. Man hat auch wohl denen Märtyrern Löcher durch die Füsse gebohret / Stricke durchhin gezogen / und sie daran über Stock und Stein geschleppet. Idem Sagittar. d. tr. p. 189. n. 80. VII. Ausidius Cassius ließ denen entlauffenen Soldaten / wenn er sie wieder bekahm / Hände und Füsse abhauen / und wolte lieber / daß sie andern zum Exempel elendiglich leben / als strack ümgebracht werden möchten. Ayala, lib. 3. de jure & offic. bellic. cap. 12. in fin. VIII. Ja es wurden auch wohl solche Feldflüchtige und andere Deserteurs mit Lähmung der Kniescheiben / Knieröhren / Waden und Spanadern gestraff. Gallican. in Cassio, cap. 4. Julianus, in orat. apud Marcellinum lib. 23. pag. 247. IX. Die Persische Könige hatten 800. gefangene Griechen am Leibe übel zerstümmelt / auch theils Hände und Füsse / theils Nasen und Ohren abschneiden lassen. Denen aber / so in ein und anderer Kunst und Manufactur excellirten / wurde dasjenige Glied / so sie darzu nothwendig gebrauchten / gelassen / doch das äusserste an den andern Gliedern beschnitten. Welche Alexander M. nachdem er die Perser überwunden / und diese Griechen in so miserablen Zustand angetroffen / alle loß gelassen / und ihnen Freyheit ertheilet. Diodor. Siculus, in anno 6. Alex. lib. 17. X. Bey den alten Francken ist die Straffe der Abhauung eines Fusses auch gebräuchlich gewesen / wie aus den Worten / so in Käyser Caroli Magni Capitulari 3. an. 813. cap. 19. stehen / abzunehmen: Si quis hominis Franci curtem infregerit, solidos sex componat, in Dominico solidos quatuor, suam manum, aut suum pedem, aut suum oculum pro quarta parte de sua Leode.
|| [1076]
XI. Schach Abas, König in Persien / hat einen / der in etliche Häuser gelauffen / und das junge Weibesvolck seinen Willen zuthun gezwungen / Hände und Füsse abhauen lassen / welcher denen Fürstl. Holsteinischen Abgesandten vor Senkan, einer Stadt in Persien / mit dem Sultan / als ein Reuther entgegen geritten / und sein Pferd vor ihnen her getummelt / mit ihrer grossen Verwunderung / hat an stat der Arme zugespitzte Arm-Schienen mit Hacken gehabt. Olear. part. 2. der Pers. Reise-Beschr. pag. 351. Und ist noch heut zu Tage Nasen-Ohren-Hände- und Füsse-abschneiden / Kopf-abhauen / Nieder-seblen / das Fell über die Ohren ziehen / bey den Persern gantz gemein / und wird noch vor die geringste Straffe geachtet. Erasm. Francisci, im Neu-polirten Geschicht-Kunst- und Sitten-Spiegel / lib. 2. disc. 8 pag. 403. XII. Man schreibet / daß der Apostel St. Thomas in das Königreich Narsinga in Indien kommen / und allda geprediget / aber durch Anstifften der Brachmanen, so die Obersten und Priester find ihrer Pagodes, das ist / ihrer falschen erdichteten und teufelischen Abgötter / in seiner Capelle unterm Gebeth erstochen worden / dessen Tod GOtt also gerochen / daß die Nachkommen deren / die den Apostel getödtet / alle nur mit einem Bein auf die Welt gebohren werden / welches von den Knie an biß herunter so dick als ein Elephanten-Bein ist / soll ihnen aber am gehen nichts hindern. Joh. Hugo von Lindenschott / p. 2. Orient. Jnd. c. 15. pag 43. welcher hinzu setzet / daß er derselben sehr viel beydes Manns- und Weibes-Personen gesehen. XIII. Käyser Fridericus III. hat in seinem 78. jährigen Alter / wegen eines alten Schadens am Schiebein / darzu der kalte Brand geschlagen / sich den Schenckel abnehmen lassen müssen. Und weil er zuviel Melonen gegessen / aber keinen Wein / sondern nur Wasser drauf getruncken / hat er den Durch fall bekommen / worzu ein Fieber geschlagen / daß er darüber seinen Geist aufgeben müssen. Idem pag. 673. XIV. Käyser Commodus II. hat einen Soldaten bey der Stadt Ravenna welchen der Fuß biß über die Knorren abgehauen war / Stiefeln mit Gold gefüllet / verehret. Stiefler / im Geistl. Historien-Schatz / cap. 5. pag. 170. XV. Vor Alters giengen nicht alleine Knechte und geringe Leuthe / welches [1077] zuweilen Armuths halber geschahe / sondern auch Käyser / Könige / Fürsten und Herrn / item vortrefliche Generales und Krieges-Helden barfus. [Non ob paupertatem, sed ut patientis animi tolerantiaeque bellicae argumenta suis militibus praeberent. Talis fuit Phocio, qui nudis pedibus ruri & in castris incedebat, nisi atrocior hiems fuisset, hinc jocantes milites nullum certius saevientis frigoris putabant argumentum, quam Phocionem calceatum videre. Plutarch. in vita ipsius. De P. Scipione & Germanico idem refert C. Tacit. lib. 2. Annal. nec non de Catone Uticensi Horat. l. 1. Epist. 19. XVI. So hatte auch bey denen Lacedämoniern kein Jüngling Schuhe an / sondern giengen mit blossen Füssen einher / damit sie desto hurtiger und fertiger seyn möchten. Rosin. Antiq. Rom. lib. 5. ad cap. 36. Paralipom. pag. 695. cum not. Dempsteri. XVII. Die Juden strafften denjenigen / so kein Weib nehmen wolte / daß er immer darfuß gehen muste / damit er endlich den Appetit zum Kinder zeugen gar verliehren möchte. D. Cyprian. lib. 2. in Judaeos. Juvenalis, Satyr. 6. v. 159. Denn man saget / daß eben darum bey den Barfüssern aufkommen und eingeführet worden / daß sie in blossen Füssen einher treten / oder doch nur unter den Ballen der Füsse eine lederne Sohlen angebunden tragen / oder in Holtz-Schuhen gehen / damit sie [scil.] desto keuscher leben / und die Hurerey meiden möchten / weil die Blösse und Kälte der Füsse solche Brunst / wie man vorgiebt / sehr schwächen soll. XVIII. Die Heyden / zumahl die Griechen / Römer und Barbaren hielten jährlich ihre Nudipedalia, oder ein besonder Fest / bey welchen Manns- und Weiber-Volck in blossen Füssen erschienen / in Meinung die Götter dadurch zuversöhnen / daß sie schädliche Gewitter und grosse verderbliche Wasser-Fluthen von ihren Fluhren und Feldern abwenden möchten. Q. Tertullian. Apologet. c. 40. Rosin. dict. loc. p. 596. XIX. Des Französischen Königs Philippi ältester Printz oder Dauphin, Carol Valesius, verliebte sich in ein Sicilisch Fräulein. Weil aber dieser Clementiae Vater einen kurtzen Fuß hatte / deswegen er hincken muste / befahrete sich der junge König / ihr gerader Gang möchte auch durch Kunst herrühren. Damit er nun nicht erwan geteuscht würde / begehrete er vor der [1078] Ehestifftung / die künfftige Braut solte ihre Hüffte besehen lassen / ob sie nicht gebrechlich sey. Das blöde Fräulein schämete sich zwar erst solches zu willigen: Jedoch in Betrachtung daß sonst die Heyrath zurück gienge / ward sie bald anders Sinnes / ergab sich geduldig drein / und sagte: Hier bin ich / man betrachte meinen Leib immerhin / werde ich Königin in Franckreich / wer wird mich dürffen heute oder morgen beschemen? Auf diese Worte nahm man sie in Augenschein / befand die Schenckel ohne Fehl / satzte ihr die Kroauf / und vermählete sie mit grossem Pracht vorgemeldeten Erb-Printzen. Ex Marcellin. de Pise, tract. 2. Tom. 2. M. Stiefler / im Geistl. Hist. Schatz / cap. 21 pag. 1381. XX. Major est poena pedis, quam manus amputatio: & major quam effossio oculi, secundum Baldum in L. binas aedes de Servit. urb. praed. Petr. Greg. Tholos. Syntagm. Jur. Univ. lib. 31. c. 16. n. 6. Et pedibus orbatus homo magis inutilis est, quam orbatus manibus. Paul. Zachias, lib. 5. observ. Medico-leg tit. 3 q. 6. n. 11. In welcher Quaestion n. 9. er unterschiedliche Exempel derer Leuthe / die keine Hände gehabt / und doch allerhand Arbeit mit den Füssen verrichten kön̅en / anführet. XXI. Pedes contorti, qui ad intra, vel ad extra notabiliter respiciunt, notabilem deformitatem secum habent, & in libero incessu impedimentum, quod tamen majus est, si ad intra, quam si ad extra contorque antur, unde videndum an sufficientem causam irregularitatis habeant. Pedum autem digiti licet aliquam apprehensionem habeant ad similitudinem digitorum manuum, tamen non ad hoc sunt principaliter à natura fabricati, sed tantum ad corporis stantis stabilimentum, ut facilius homo erectus stare posset; quamobrem in eorum perditione totali circumscripta aliquali depravatione motus progressivi sola deformitas emergit, quae tamen aptis calceamentis occultari potest, unde ea de re non praebet eorum privatio sufficientem irregularitatis causam. Navar. lib. 5. Cons. 67. per tot.
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CAPUT LIX. Von Beschlagung der Hände und Füsse mit Hufeisen. I.
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SChach Sefi, König in Persien / ließ einem Rebellen Charib Schach, an Händen und Füssen mit Hufeisen beschlagen / und nach dreyen Tagen auf eine Vogelstange binden / da er mit Pfeilen zu tod geschossen worden / und ist er in einer Stunde so voll von Pfeilen worden / daß man keinen Leib gesehen / hat auch 3. Tage also droben bleiben müssen. Olear. in der Persischen Reise - Beschreibung / lib. 5. c. 3. pag. 547. II. Zum Schwartzenstein / eine halbe Meihle von Rastenburg in Preussen wahr eine Wirthin / die trieb grosse Schinderey mit ihren Bier - verkauffen / die nimmt der Satan zu sich / verzaubert sie in ein Pferd / weckt den Schmid eilend auf / er soll ihm das Pferd fein starck / geschwind und wohl beschlagen und hefften: Die Wirthin aber bitter den Schmid / er soll gemach thun / nicht starck noch geschwinde schlagen. Da erkenner der Schmid des Teufels Betrug / denn es wahr seine Gevatterin [andere sagen es wäre seine Schwiegermutter gewesen /] alsobald fieng der Hahn an zukrehen / und der Teufel verschwand. Die Wirthin ist lange hernach kranck gelegen / doch endlich noch mit den Leben davon kommen / und hat nicht mehr so grosse Schinderey getrieben. Matthaeus Hammer, in viridar. Histor. pag. 309. Und sollen 2. grosse Hufeisen deshalber noch in der Kirchen zu Schwartzenstein aufgehenckt zu sehen seyn / wie Casp. Henneberg. in Erklährung der Preusischen grössern Land - Cafel / Anno 1595. zu Rönigsberg gedruckt / pag. 427. & ex eo Zeiler, Epist. 399. bezeugen. III. Busbequius, in der 4 ven Epistel von seiner Cürckischen Ambassade, führet an den Aufzug / wie er von den Türcken angenommen / und nach Ofen begleitet worden / und meldet / daß etliche Türckische Fußgänger an ieden Arm über den Elbogen / ein durchstochen Messer / ia einer auf seinen Kopff ein Hufeisen / mit vielen Nägeln angehefftet / getragen / und zwar von vielen [1080] Jahren her / daß die Nagel dermassen ins Fleisch gewachsen / daß sie sich nicht mehr bewegten. Einige haben die Haut an ihren Lenden zerschnitten gehabt / daß sie quer durch ein Gewehr gesteckt gehabt / wie man sonst einen Sebel in der Scherpen zutragen pfleget. Spectacuium Historicum, Cent. 1. Hist. 40. pag. 83. & 84.

CAPVT LX. DE K???NO???OPÍA, Oder Von Hunde - tragen. I.
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VOr Alters ist bey den Teutschen / Francken und Schwaben diese Straffe / sonderlich im Kriege gebräuchlich gewesen / so / daß wenn einer ein Crimen laesae Majestatis, oder öffentlichen Friedebruch begangen / oder auch rebelliret / ehe und bevor er hingerichtet worden / zu desto mehrer Schmach und Schande / wenn es einer von Adelichen Geschlechte gewesen / einen [zuweilen gantz schäbichten] Hund bey den Vorderfüssen auf die Achsel fassen / und viele Schritte / ja wohl mannigmahl aus einer Graffschafft oder Gebieth ins andere / auf eine Meihle Weges / ein gemeiner aber einen Stuhl / und ein Bauer / wenn er dergleichen verübt / ein Pflugs - Rad tragen müssen. Arnoldus Lubecensis, lib. 7. c. 2. Otto Frisingensis, de gestis Friderici Barbarossae. Thom. Lansius, in Consult. orat. contr. Germ. pag. 1045. Wittichind. Monachus Corbeiensis, lib. 2. pag. 16. n. 40. ibi??? Henric. Meibom. in not. pag. 60. & 61. Speidel. in specul. jur. pag. 621. Besold. in thes. pract. v. Hunde-tragen. Nicol. Henel. in Otio Wratislav. c. 18. pag. 134. Welches man ein Ausding-tragen geheissen. Pet. Papp. in not. über das Holländ. Krieges-Rechtlart. 7. pag. 610. Und ist Pfaltz-Graf Herman beyn Rhein mitnoch zehen andern Teutschen Graffen damit beleget worden / als er / und Arnoldus, Bischoff zu Mäntz / in Abwesenheit des Käysers Friderici Barbarossae, so in Italien Krieg führete / den gemeinen Frieden durch rauben und brennen zerstöreten / und das Reich unruhig machten / wie [1081] solches Güntherus Poëta, in Ligurino l. 5. mit folgenden Versen zuverstehen glebt / vers. 194. & seqq.
Quippe vetus mos est, ut si quis, Rege remoto,
Sangvine velflamma, vel seditionis apertae.
Turbine, seu crebris Regnum vexarerapinis
Audeat, ante gravem quàm fuso sanguine poenam
Excipiat, si liber erit, de more vetusto
Impositum scapulis ad contigui Comitatûs
Cogatur per rura canem confinia ferre:
Sin alius, sellam. Cujus dispendia poenae
Ille Palatinae custos celeberrimus Aulae
Non potuit vitare Comes, cunctis??? videndus
Portavit scapulis passus plus mille latrantem.
Hanc quo??? tunc alii simili pro crimina poenam
Sustinuére decem Comites, totidem??? coacti
Foeda tulére canes generoso pondera collo. Sabinus alio hoc expressit Carmine apud Spangenberg. in Chron. Mansfeld. c. 224. pag. 261. AEgidius Dilanius, in Medulla Histor. fol. 635. scribit: Fridericum Imperatorem Monguntino ob aetatem & ordinem pepercisse, Palatinum verò, receptâ censurâ, canem in spectaculis publicis circumgestare coëgisse. Fridericus iste Imperator si praeteritis temporibus, quibus imperium Romanum incontinuo motu fuit, regnasset, quid fecisset! Et sunt qui qutant, quod ob multitudinem peccantium, & defectum canum à tali punitione abstinere, & alium poenam substituere debuisset. Martin Crus. Annal. Suev. part. 2. lib. 10. c. 4'. Limnaeus, lib. 6. Jur publ. c. 6. c. 89 & 90. II. Denen Böhmen ist solche Arth der Straffe auch nicht unbekant gewesen: Denn als Ladislaus Hertzog Böhmen seinen Bruder Borrivoy überwunden / und dessen Adhaerenten theils die Augen ausstechen / theils aber in Eisen und Banden schlaen lassen / hat er den Stadt - Voigt zu Praga üm deswillen / daß er ihn / als seinen Herrn nicht einlassen wollen / dergestalt abgestrafft / daß er einen schäbichten Hund tragen müssen / welcher ihn gantz schändlich zugerichtet und beschmeißt / hernach ihm den Barth abschneiden / und aus dem Lande wegjagen lassen. Henel, dict. loc. pag. 135. Joh Ludw. [1082] Gotfried / in der Hist. Chronic. pag. 529. Welche Historie / wiewohl etwas anders / auch Johannes Dubravius lib. 10. Histor. Bojemic. erzehlet. III. Worbey man wohl nach der Ursache und Bedeutung dieses Hunde-tragens fragen möchte. Erliche meinen / daß dadurch hohe und niedrige Krieges. Officirer / Vasallen und Unterthanen ihrer Treu und schuldigen Pflicht erinnert worden / welche ein solcher Verbrecher liederlich aus Augen gesetzet: Denn gleichwie der Hund ein treu Thier ist / seinen Herrn ken̅et / liebet / stets üm ihn ist / auch mit bellen u. beissen ihn zubeschützen suchet: Ja wie man Exempel hat / daß Hunde nach Absterben ihrer Herren kläglich gewinselt und geheulet / sich zu tode gehungert / auch gar zu ihnen ins Grab und Feuer gesprungen / und was noch mehr ist / die Mörder ihrer Herren durch stetiges Unbellen und ungewöhnliches Anfallen kentlich gemachet / und dadurch zur verdienten Straffe gebracht / wie bey dem Alex. ab Alex. Gen. dier. lib. 3. c. 7. ibi Tiraquell. in add. K. Philip. Camerar. Cent. 2. horar. succisiv. c. 94 per tot. Crusde Indicis delictorum, part. 1. c. 109. n. 8. & 9. Speidel. in Specul. Iur. v. Hundetragen. Zeiler, Epist. 26. ibi??? allegatis, zulesen / welches dem Jacobo Micyllo Anlaß zu folgenden Epigrammate gegeben:
Inter quadrupedes canis fidelis,
Inter quadrupedes canis voluptas,
Inter quadrupedes canis patronum
Cognoscit, veneratur & tuetur.
Hic, quae tu jubeas, facit libenter,
Hunc situ ferias dolet, gemit???,
Sed parcit tibi protinus revertens,
Hunc si tu expuleris, redit benignus,
Et caudam movet ille blandiendo.
Hunc si pro meritis loquendo laudes,
Et gestit tibi gratias referre.
Hic te, si marenaviges, sequetur,
Hic, tu si mare pernates, natabit.
Non te per medios relinquet aestus,
Non te deseret horridos per imbres,
Non te deseret asperas per Alpes,
Non te deseret ille vel per hostes.
|| [1083]

Te tut abitur ille vel per hostes,
Te nam diligit ille diligenter,
Non te deserit ille vel diebus,
Non te deserit ille vel tenebris,
Te non diligit ille non amantem,
Si venaberis, ille per labores
Conatur tibi complacere semper,
Et praedam tibi vincit aut triumphos,
Illaesum leporem tibi reportans,
Pro te non rabidos recusat ursos,
Et dentes patitur furentis apri,
Cervos, caepreolos, vafras??? vulpes,
Et sternit genus omnium fer arum,
Certè non sibi, sed tibi labor ans.
Si solvis, jacet ille sic solutus,
Et jussus jacet ille sub catenis,
Non audens querulas movere voces.
Hic custos pecorum, tuae??? villae,
Fures exigit arduos, vagos???,
Nec non arcibus ille praesidentes
Tut os insidiis facit latratu.
Non te pocula delicata poscit,
Non obsonia sobrius requirit,
Contentus latices bibisse Lymphas,
Nec non relliquiis, tuis??? frustis,
Qui tantos sibi sustinet labores.
Hos contendimus esse non habendos?
Hos contendimus esse non alendos?
Et non dulcius esse posse quicquam.
Inter quadrupedes canis fidelis,
Inter quadrupedes canis voluptas.
|| [1084]
Also währen auch obbenante Personen schuldig / ihren Herren und Obern getreu zu seyn / unabtrenlich ihnen anzuhangen / sie zuverthätigen / hülfliche Hand und alle möglichste Dienste zuleisten. Elegans quoque est rati̅o Nobilissimi Christophori Pflugii, quem Camerarius, Cent. 2. hor succis c. 95. allegat] canem â Nobili portatum fuiste ideo, ut eum officii sui neglecti admoneret, quod erat excubare in Aula, & Regem custodire & defendere. Andreas Fauyn, ein Franzus / hat in seinen Tractat de premiers Officiers de la Coüronne de la France, livr. 2. chap. 11. pag. 198. die Ursache hievon also gegeben: Weil der Hund ein Zeichen der Treue ist; als hätte der Edelmann / welcher an seiner Herrschafft durch angefangene Meutenation pflichtbrüchig worden / erwiesen / daß er ärger als ein Hund / ja ein treu oser Schelm sey / welcher die Treue und Gutthat seines Herrn so leichtfertig aus den Augen gesetzet. Vid. Höpping de Jure Insign. lib. 1. c. 2. n. 29. & seqq. Andere aber halten in gegentheil davor / daß man dadurch sowohl des Delinquenten gottoses und leichtsirzniges Gemüthe / als auch die Abscheulichkeit der That selbsten vorbidlden wollen / indem Hunde garstige / beißige und neidische Thiere sind / welche / was sie f. h. gespyen / wieder auffressen / und unverschämter Weise ihr Reihen öffentlich halten. Majolus, in Dieb. Canic. tom. 5. de dignitate hominis fol. 8073. & seq. Camerar. cent, 2. horar succisiv. c. 95 per tot. Hinc Lucretius, lib. 4.
Nonne vides etiam, quos mutua saepe voluptas
Vinxit, ut in vinclis communibus excrucientur?
In triviis quin saepe canes discedere aventes,
Diver si cupidè summis ex viribus tendunt
Cum interea validis Veneris compagibus baerent,
Quod facerent nunquam, nisi mutua gaudia nossent,
Quae cadere in fraudem possent, vinctos??? tenere. Et Benedictus Aria, in lib. Josephi, five de arcano sermone, inquit: Canis ingenio & sensu valet acutissimo, & tamen affectibus est immodicis praeditus amoris, libidinis, odii & inimicitiarum, atque crudelitatis & saevitiae: praeterea immundus est, & omnia comedens etiam putrida & immunda, atque salacissimus etiam, turpissimoque libidinis spectaculo notatus inter homines educatus, nec ab humana carne abstinet, sangvinis etiam lingendi avidissimus, saepissimè mingit, & ubique.
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IV. Haec adeo naturae observatio effecit, ut in contemptibilium vel crudelium vel prophanarum, vel aliis abominandarum personarum significatione ostendenda CANIS nomen usurpetur. Vide lib. 2. Samuel c. 3. v. 8 ibi: Da ward Abner sehr zornigüber diese Worte Jsboset / und sprach: Bin ich denn ein Hundskopf / der ich wider Juda an dem Hause Saul deines Vaters / und an seinen Brüdern u. freund n Barmherzigkeitthue. &c. 9. d. lib. 2. v. 8. Mephiboset betet an / und sprach: Wer bin ich dein Knecht / daß du dich wendest einem todtem Hunde / wie ich bin. Nec non c 16. v. 9. Abisai der Sohn Zeruja sprach zu dem König David / soll dieser todter Hund dem König fluchen / ich will hingehen / und ihn den Kopfabreissen. Apocal c. 22. v. 15. stehet: Haussen sind die Hunde / und die Zauberer / und die Todschläger. sc. V. Dahero ist auch kommen / daß entweder ex lege Pompeja, oder nachgehends ex Sanctione Constantini man bey einen Vater oder Kinder - Mörder nebst einen Haußhan / Otter u. Affen / auch einen Hund in den ledernen Sack gestecket / und miteinander ersäuffet / zur Bedeutung / daß gleichwie ein solcher böser Mensch seine Eltern oder Kinder noch nie erkant habe. Zeiller, Epist 365 in medio. Add. Lpen. ff. de L. Pomp. de Parricid. L. un. C. de bis qui par. vel lib. Thom. Demster, in addit. ad Antiq. Rom. Rosinl. 8. ad c. 24. Marquard. Ercher lib. 2. parerg. c. 26. VI. Ingleichen daß etliche brutale imd imbarmhertzige Richter einen Juden / wenn er Diebstahls halber am Leben gestrafft worden bey den Beinen / oder an den grossen Zehen zwischen zweyen Hunden / aufhencken lassen / da doch Käyser Caroli V. Peinliche Hals-Gerichts - Ordnung dießfals zwischen denen Dieben / sie mögen Christen oder Juden seyn / keinen Unterscheid machet sothane Grausamkeit auch die Juden zu der Christlichen Religion zutreten vielmehr abhält / als darzu reitzet / cogi siquidem Religio non debet. sed suaderi. Henel. d. c. 18. p. 136. VII. So findet man ebenmäßig in denn Historien / daß / als Andronicus das Orientalische Käyserthum an sich gebracht / die Mein-Eidige Griechen alle Lateiner / so viele sie nur immer gekont / ums Leben gebracht / unter andern auch Johannem, einen Sub. Diaconum der Römischen Kirchen / welchen der [1086] Pabst in gewissen Verrichtungen dahin abgesendet gehabt / enthanpten / und deffen Kopf an einen Hunde - Schwantz binden lassen Baron. ex Wilhelmo Tyrio, ad Annum Christi 1183. n. 10. & seqq. Robertus aber / welcher zu der Zeit gelebet / erzehlet die Sache etwas anders / und nennet Johannem einen Cardinal, welchen die Griechen getödtet / und an dessen Leichnam einen Hand gebunden / so daß des Hundes Schwantz gleich in des entleibten Mund gestecket / durch die Stadt geschleppet / in eine Grube geworffen und verbrant worden. VIII. Bey denen Polen hat man eine eigne Arth des Widerrufs der Lügen und falschen Beschuldigungen gehabt / darbey der Injuriant und Diffamant unter eine Banck kriechen / und als ein Hund bellen müssen. Cujus rei exemplum profert Polonicarum rerum scriptor accuratissimus, Martinus Cromerus, lib. 11. Hist. Polon. in Gnevossio Palevicio Suc-Camerario Cracoviensi, qui quod Reginam apud Maritum Regem adulterii cum Guilielmo Austriaco insimulasset, sed quae dixerat neque probasset, neque dixisse senegare posset, ex Decreto Judicii damnatus fuit, ut mentitum se esse clara voce & latratu subter scamnum edito profiteretur. Quam eandem calumniae poenam in simili causa paulo post subiisse quoque Clementem Mosurovium, Castellanum Vislicensem & praefectum Cracoviensem, idem Author lib. 16. icriptum reliquit. Henel. in Otio Uratis lav. c. 18. pag. 137. IX. Es haben auch unterschiedliche Heydnische Völcker vor Alters Hunde geopffert / sonderlich in Lupercalibus Mense Febr. u. ihren vermeinten grossen Gott Pan dem Marti und Hecatae, wie auch dem Hundes - Stern / ihr Vich und Früchte zubeschützen - Die Junge noch saugende Hündlein aber vor den Meh!tau und andere denen Früchten schädliche Witterung. Alexa ab Alex. Genial. dier. lib: 3. c. 12. pag. 352. et lib 4. c. 12 p. 513. Plutarch. in Romulo-Coel. Rhodigin. lect antiq. lib. 8. c. 18. lib. 20. c. 6. Joh Saubert. de Sacrif veter. c. 23. p??? 87 & Seq. X. Die Römer haben alle Jahr auf einen gewissen Tag einen lebendigen Hund an ein von Holunder Holtz gemachts Creutz gehefftet: Hingegen aber eine Gans in einer Sänsten sitzend aufs schönste geschmücket / und zwar darum / weil die Gänse mit ihren Geschrey die Besatzung aufgewecket / als die Galli das Capitolium ersteigen und einny ehmen wollen / die Hunde aber damahls geschlaffen / und mit ihren Bellen sich nicht hören laffen. C. Plinnat. hist. lib. 29. ??? 4. Rosinus, Antiq. Rom lib. 4. cum Not Demsteri pag. 419 Meminit hujus solennitatis etiam Plutarchus, in libro de fortuna Romanorum
|| [1087]
XI. Man hat auch vor unglücklich gehalten / wen̅ einem Reisenden eine trächtige Hündin begegnet / oder ein schwartzer Hund ins Hauß / oder ein Hase über den Weg yingelauffen / oder eine Schlange sich drauf sehen lassen / und andere albere Dinge mehr / wie nach der Länge bey dem Alex. ab Alex. Gen. Dier lib. 5. c. 13. p. 685 und obgedachten Rosino, lib. 3. c. 9. pag. 284. zulesen. XII. Im Würffelspiel war ein Wurf / welchen man den Hund nante / und vor böß geachtet wurde cit. Alex. ab Alex. lib. 3. c. 21 p. 398. Demster. Anziq. Bom. lib. 5 p 430. Hinc, Persius, Satyr. 3. Scire eratin voto, damnosa canicula quantum raderet &c. Et Ovidius, lib. 2. de arte amandi: Seu jacies talos, victam ne poena sequatur Damnosi, facito, sint tibi saepe canes, Nec non Propertius, lib. 4. Eleg. 9. Me quoque per talos Venerem quaerente secundos Semper damnosi subsiluere canes, Hingegen war die Venus der beste Wurf / die andern hiessen / Vulturius, Hercules, Basilicus, M. Plaut. in Curcul. act. 2. Scen. 3. Tace parumper, jacit Vulturius quatuor. Et paulò post: Jacto Basilicum, Propino magnum poculum, ille ebibit. Und ist dieses Würffel - Spiel sonderlich bey denn Griechen sehr in Gebrauch gewesen. XIII. Osiris und dessen Sohn Ambis haben in ihren Fahnen / als ein Zeichen der Wachsam- und Wehrhafftigkeit / das Bildnis eines Hundes gefüret. Diodor. Siculus, lib. 1. c. 2. XIV. Käyser Heliogabalus ließ sich auf einen Wagen von vier davor gespanneten grossen Hunden ziehen. AElius Lampridius, in seinem Lebens - Lauf. König Masinissa hielt seine Leibwache nur von Hunden. Alex. ab Alex. lib. 6 Gen. Dier. 22 p 357. XV. In AEthio pia sind vor Alters Völcker gewesen / so man Nubas genennet / wie auch in Africa die Ptoembari oder Ptoemphanae, welche einen Hund an frat ihres Königs hielten / und aus dessen Bewegungen / was sie thun oder laffen solten / abrahmen. Plinius lib. 6. Hist. Nat. c. 30. Solinus, 6. 43. Alex ab Alex. Gen. dier lb. 6. c. 2. pag. 827.
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XVI. Die Hircani haben eigene Hunde gehalten / die sie canes sepulchrales, Leichen - Parißgen genennet / welche wenn einer von ihnen gestorben / die todte Leichnahme zerreissen und fressen müssen / indem sie niemandten begruben / Strabo, lib. 11. Cicero, lb. 2. Tusc. Quaest. Silius Italicus, lib. 13. ubi id peculiariter Regum cadaveribus tribuit. Regia cum lucem posuerunt membra, probatum est Hyrcanis, adhibere canes &c. Diogenes dicebat, si canes suum cadaver laniarent, Hyrcani amsepulturam fore. [Greek words]. Apud Caspios idem observariscribit Eusebius, lib. 1. praeparat. Evangelicae cap. 3. Item apud Bactrianos quod tamen pro figmento habet AEneas Sylvius, in descript. Asiae c. 16. Kornemann. de Miracul mortuor. part. 8. c. 3. in fin. XVII. Zu Rom p wie auch bey dem Berg AEtna, hielte man in des Vulcani̅ Tempel / ingleichen in der Insel Creta, in aede matris Dictaeae Hunde zu Hütern und Wächtern / welche nur allein die Diebe anbelleten die andern aber passiren liessen. Alex. ab Alex. Gen. dier. lib. 1. c. 3. pag. 12. In der Tartarischen Landschafft Arrach in Asten sind so grosse Hunde / daß sie zum tragen gebraucht werden / wie bey uns die Esel. Scalig. Exerc. 217. 5. 2. XVIII. Cambyses, König in Persien / nahm seine leibliche Schwester zum Weibe / wider der Persianer Gesetze / erwürgte sie aber nachgehends aus dieser Ursache: Er ließ im Schau Spiehl einen jungen Löwen und Hund miteinander kämpffen / und als der Löwe dem Hund zu starck war / und solches ein ander Hund / dessen Bruder so mit dem Löwen kämpfte / ersahe / riß er sich loß / und kahm seinen Bruder / zu Hülffe / ward also der Löwe von ihnen beyden überwunden. Cambyses zwar mochte dieses Spectaculs wohl lachen / aber die Schwester seufzte und weinete drüber / und als sie von Cambyse deßwegen gefraget ward / sagte sie / es wäre grössere Liebe und Treu bey den Thieren / denn unter den Menschen: Denn dieser Hund wäre seinem Bruder in Nöthen zu Hülffe kommen / Cambyses aber hatte seinen Brudererwürgen lassen. Dieses Wort hat der guten Schwester ihr Leben gekostet Herodot. lib. 3. XIX. Sophites, ein Indianischer König / schenckte dem Alexandro Magno unter andern Königlichen Geschencken etlich Hunde / so über die Maße grum̅ und beißig / und wie man sagte von einen Hund und Tigerthier gezeuget waren / dessen nun eine Probe zu hehmen / lies Alexander einen Löwen herkom [1089] men / den griffen 2. diese Hunde so begierig an / und hielten ihn / daß ob gleich einer von den Indianischen Jägern dem einen Hund den Schenckel abschnitte / er doch deßwegen nicht schrie / viel weniger aber den Löwen gehen liß / sondern ihn so lange hielt / biß sie beyde erlagen und starben. Fast gleiches melden die Historici, sonderlich Plinius, von einem / welchen der Albaner König dem grossen Alexandro verehret / als er auf diesen Zug in Indien war. Es war dieser Hund über die Maße groß darum als Alexander seine Kräfte versuchen wolte / ließ er erstlich ein wildes Schwein / darnach einen Beeren hinein / aber der Hund blieb stille liegen / und nahm sich keins der Thiere in geringsten an. Da ward Alexander zornig / und hieß ihn als einen faulen Schelm tod schlagen. Da daß der Albaner König erfuhr / reuete es ihm sehr / daß er Alexandrum nicht besser berichtet hätte / schenckte ihm noch einen / mit Anzeige / er hätte sonst keinen mehr / doch solte er ihn nicht noch einen / mit Anzeige / er hätte sonst keinen mehr / doch solte er ihn nicht mehr an unedlen verächtlichen Thieren gebrauchen / sondern einen Löwen oder Elephanten mit ihn fechten lassen. Alexander ließ ihm einen Löwen für führen den gab der Hund bald im ersten Gang sein Theil / und brachte man einen Elephanten hinein / als diesen der Hund sahe / straubete er sich / fieng schröcklich an zubellen / griff ihn darnach an / und trieb diß ungeheure Thier so lang um / biß er toll gemacht zur Erden fiel / daß der Boden unter ihn erschiltterte. Da erkante Alexander erst / wie grossen Irrthum er begangen / daß er dieses Hundes Gesellen hatte umbringen lassen. Curt. lib. 9. c. 1. XX. Käyser Martus Aurileanus überfiehl die Gothen in Thraeia, schlug derselben 5000 samt ihren Obristen zu tod / schiffte von dannen hinnüber in Syriam, und lagerte sich vor die Stadt Thyana, aber die Bürger beschlossen die Thore vor ihm. Aurelianus hieß sie aufmachen / aber sie woltens nicht thun. Da schwur der Käyser / er wolte nicht einen Hund in der Stadt leben lassen. Indessen verrieth ihm einer die Stadt / daß Aurelianus hinein kahm. Dessen freueten sich die Soldaten / und hoffeten durch dieses Wort wäre ihnen die Stadt Preiß gegeben. Fiengen an zu morden und zu rauben. Aber aurelianus verboth beydes / sagend: Er hätte geschworen keinen Hund leben zulassen / darum solten sie alle Hunde zu tode schlagen / also ward die Stadt verschonet. Gottefrid. Hist. Chron. pag. 363. XXI. Käyser Maximinus, und sein Sohn eben des Nahmens / grausame Tyrannen / sind von ihrer Leib-Guarde umgebracht / die Köpffe ihnen abgeschlagen / und auflange Spiese gesteckt / ihre Cörper aber denen Hunden [1090] zu fressen vorgeworffen das übrige ins Wasser versencket / und beyder Köpffe verbrant worden. Idem pag. 357. XXII. Ums Jahr Christi 375. kahm ein frembd Volck / die Hunen genant / aus der hintersten Tartarey heraus / wild und grausam / und bedrängten die Gothen dermaßen / daß sie ihnen weichen / und ein gut Theil ihres Landes einräumen musten. Da begehrten sie / Käyser Valens solte ihnen ein Theil Thraciä einräumen / da sie wohnen möchten / dagegen wolten sie ihm dienen / wohn er sie haben wolte. Weil es ihnen aber an Proviant mangelte / begehrete die Gothen / des Käysers Ambtleuthe solten ihnen Frucht um die Gebühr zukommen lassen / aber man gab ihnen zur Antwort: Sie solten ihre Hunde und Pferde fressen! welches den Gothen dermassen verdroß / daß sie das gantze Land Thraciam biß an die Vorstätte zu Constantinopel verwüsteten / schlugen auch des Käysers Stathalter 2. mahl in die Flucht / Zosin. lib. 4. Sozom. l. 6. c. 36. Socrat. lib. 4. c. 33. 37. XXIII. Als Badeweil / beygenant Totila, der VII. König der Gothen in Italia die Stadt Rom Anno Christi 547. belagerte / ist solche Hungersnoth darinnen entstanden / daß die Belagerten Hunde / Ratten und Mäuse fressen müssen / biß sich die Stadt zuletzt ergeben. Gottefried. p. 5. Hist. Chron. pag. 415. XVIV. Der Griechische Käyser Heraclius ist grosse Schuld daran gewesen / daß Syria / Egypten / Judea und die Stadt Jerusalem verlohren worden: Denn er sich im Krieg wieder Coßroem der Araber und Sacracenen gebraucht / und durch ihre Hülffe die Persianer überwunden. Als nun nach erlangten Sieg denen Soldaten ihre Bezahlung gereichet ward / thäten sich ietzt-bemeldete Saracenen in grosser Menge herbey / und wolten ihren Sold / wie hillig haben. Da sprachen des Käysers Zahlmeister: Wer wolte diesen Hunden allen Geld genung geben! und wiesen sie also unbezahlt ab / worüber die Saracenen erzürnet / die Stadt Damascum / und andere in Syria und Orient angriffen / alles einnahmen und verwilsteten / und nachgehends das Türckische Reich aufrichteten. Idem pag. 431. XXV. Da Gunnarius, König in Schweden / den Norwegischen König Reginald überwu???den / hat er / der Norweger Zaghafftigkeit mit einer ungewöhnlichen Schmach vorzustellen / denenselben an statt eines Königs einen Hund zum Vorsteher gegeben / und darzu noch Land - Herren verordnet / die unter des Hundes Nahmen die königlichen Dienste verbrächten / und bey Lebens-Straffe gebothen / daß man diesen unvernünfftigen Thier gleiche [1091] Ehre und Aufwartung / wie dem Könige selber / erzeigen solte. Welches fürwar ein schändlicher Dienst wahr. M. Joh. Stiefler / in Geistl. Historien-Schatz / cap. 10. pag. 376. Zeiler, Epist. 462. pag. 458. XXVI. Sonst hat man auch vor Alters starcke Hunde mit in den Krieg genommen / und an die Feinde gehetzet: maßen sich derselben noch heutiges Tages die Indianer bedienen / und dadurch ihren Wiederwärtigen grossen Abbruch thun. Stiefler / pag. 1846. cap. 28. XXVII. Die Colophonier, Völcker in Jonien, waren so behertzt- und glückselige Soldaten / daß sich alle Völcker des Sieges vergewisserten / wenn die Colophonier zu ihnen stiessen / daher auch das Sprichwort kommen / Colophonem addere, eine Sache fertig machen / und zum Ende bringen. Sie brauchten aber in ihren Kniegen grosse Hunde zu Vorfechtern / welche sie abgerichtet hatten / daß sie des Feindes Heer angriffen. Plin. lib. 8. c. 40. Dieses haben auch die Cephalier gethan. Camerar. Hor. Succis. cent. 1. c. 23. XXVIII. Die Ritter von Rhodis hielten bey der Vestung St. Peter in Caria 50. grosse Hunde gleichsam zur Guarnison / welche sie des Nachts üm die Vestung herum lauffen liessen / und waren dieselbe treflich gescheide. Denn wenn iemand von den Christen kahm / thaten sie gar freundlich mit ihm / und begleiteten ihn biß ans Thor. Kam aber ein Türck / so fiehlen sie ihn an / und zerrissen ihn wohl gar in stücken. Theatr. Vit. human. Tom. 1. tit. Canis, p. 60. XXIX. Die Finnländer führeten auch Hunde mit in den Krieg wieder die Moscowiter. Zeil. Cent. 5. Epist. 24. XXX. Als König Henricus III. in Engeland dem Käyser Carolo V. eine Armee wieder Franckreich zu Hülffe schickte / wahren 400. Englische Docken darunter / mit stachlichten Halsbändern / die Schlacht desto besser zugewinnen. Joh. Casp. Crusius. Dial. von Hunden / pag. 11. XXXI. Wie die Spanier in West-Indlen Krieg führeten / hatte Didacus Dalazar, ein Spanischer Obrister / einen grossen Hund abgerichtet / daß er die Indianer anfiehl und zerriß. Einsmahls schickte er ein Indianisch Weib mit Brieffen weg / er hetzte ihr aber diesen Hund nach / daß er sie zerreissen solte / das Weib aber fiehl auf die Knie / sprach ihn freundlich zu / und sagte: Gnädiger Herr Hund / thu mir nichts! Der Hund ließ seinen Grim̅ fahren / that nichts mehr / als daß er sie anpissete / und davon gieng: Hieron. Benz. lib. 3. Nov. Orb. c. 5. Lansius, Consult. contr. Hispan.
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XXXII. Bossius, in Historia Rhodiana, erzehlet von einen Türckischen Hunde / der barmhertziger / als die Türcken selbst / gewesen. Denn als ein Christ auf der Flucht vor den Türcken in eine Cisterne / darinnen kein Wasser / gefallen wahr / und nicht wieder heraus konte / hat ihn ein Hund ausgespühret / und die Helffte seines Brods / so ihm zur Speise gereichet wurde / täglich gebracht. Weil aber der Hund hierdurch mager wurde / verwunderte sich sein Herr / gieng dem Hunde nach / und sahe / wie er das Brodt in diese Grube fallen ließ / verwunderte sich noch mehr über diese Vorsorge / und schenckte dem Christen die Freyheit. Joh. Adam Weber / Disc. curios. 52. cap. 5. obs. 11. pag. 1191. XXXIII. So barmhertzig waren die Hunde nicht / so den Actaeon ihren eignen Herrn zerrissen / Ovid. lib. 3. Metamorph. oder [ohne Fabel geredet] welche den Poëten Euripidem zerrissen / da er bey dem Könige Archelao in Macedonien zu gaste gewesen / und bey Abend nach Hauß gieng. Val. Maxim. lib. 9. c. 12. §. 4. XXXIV. König Colomannus schickte einen Ungarischen Herrn Benedictum aus / daß er seinen Bruder solte ümbringen / er ward aber von den anlauffenden Hunden zerrissen und aufgefressen / daß man nicht ein Bein von ihm wieder finden konte. Bonfin. lib. 6. decad. 3. Ist fast noch ärger / als mit der Königin Iessabel / 2. Reg. 9. v. 35. XXXV. Manes der verlauffene Knecht / ist auch von den Hunden zerrissen worden. Mich. Widemann / in Engeländ. Gewissens-Zügel / Monat Dec. 1689. pag. 110. & 111. XXXVI. Es hatten die Ungarn schon von Ludovici Pii Zeiten an Teutschland hefftig bedränget / und weil in Waffen den Frieden zuerlangen keine Hülffe war / musten die Teutschen solchen mit Geld erkauffen / welches sie den Ungarn jährlich abgestattet. Als aber Henricus Auceps, aus den Sächsischen Stamm / A. C. 919. das Käyserthum betreten / hat er ihnen nach 9 jährigen Stillstand den gewöhnlichen Tribut mehr zuerlegen verweigert / und die Ungarische Gesandten / welche denselben einfordern wolten / folgender massen abgefertiget: Es ließ einen grossen alten schäbichten Schaaf-Rüden die Ohren nebst den Schwantz abschneiden / auch die Haare herunter scheren / welchen nackenden Hund er gemeldten Legaten hernach zugestelet / mit diesen Bericht: Sie solten ihn ihren Könige an statt egehrten Zinses überbringen / und dabey sagen / wenn er eigne Leuthe haben wolte / die ihm seines Gefallens nach contribuiren müsten / möchte er sie ihm [1093] schaffen. Wofern er aber diesen Hund vor gedachte Summa nicht annehmen wolte / sondern begehrte einen andern und bessern / der ihm vergnügte / möchte er denselben in Person abholen / oder mit den Schwerd gewinnen. Ob nun wohl hierauf die Ungarn und Sclavonier in die 300000. Mann starck in Oesterreich und Bäyern einsiehlen / und allerhand unmenschliche Tyranney verübten / brachen sie im Frühling Anno Christi 933. auf / und theileten ihr Heer in 2. Hauffen. Der erste nahm seinen Weg auf Francken und Thüringen zu. Aber ein Graf zu Schwartzburg - begegnete ihnen bey Sondershausen / mit denen Käyserischen / und schlug sie / daß ihrer nicht viel davon kamen / ungeachtet sie über 50000. starck wahren / drum man auch noch heut zu Tage üm Sondershausen / und dem Paß zwischen dem Gehöltz / der Schling genant / alte kleine Huf-Eisen / Flitsch - Pfeile / Dolche und andere Rüstung in der Erden findet / weil daherum der Angriff und Schlacht geschehen. Es soll auch deßhalbe̅ der Orth noch der Schling von den vielen verschlingen der Ungarn heissen. Der andere Hauffe wahr für die Stadt Märseburg gerücket / solche zu belagern. Käyser Heinrich wahr nicht wohl auf / schonete aber seiner selbst nicht / sondern da er gute Zeitung von der ietzt-gedachten Victorie vernahm / grif er mit einen nicht sehr grossen / aber wohlgerüsteten Heer bey Weissenfels die Feinde an. So bald die 2. Heere einander ansichtig wurden / erhob sich ein Geschrey von beyden Theilen. Der Christen Wort wahr Kyrie Eleison. Der Ungarn aber Hui! Hui! Darauf begab sich ein solch Schlagen / daß zu beyden Seiten viel tausend darnieder lagen / sonderlich der Ungarn und Sclavonier / die nie grössere Niederlage erlitten hatten. Das / was nicht in der Schlacht blieb / ward zerstreuet / und verlief sich. Nach diesen ließ Käyser Heinrich viele Städlein hin und her mit Mauren und Wällen befestigen / ferner den neunten Mann auf den Land und Dörffern / mit darzu verordneten dritten Theil der Früchte / darein gesetzet. Und aus diesen ist entsprungen der Unterscheid zwischen Bürgern und Bauren / dergestalt / daß die / welche aufm Lande geblieben / und das Feld gebauet / sind von bauen Bauren genennet worden / jene aber / weil sie die mit Mauren ümgebene Oerther (so man vorzeiten Burg geheissen) bewohnt / haben den Nahmen Bürger bekommen. M. Simon Vornmeisters Käyser-Chronic. in vit. Henric. Aucupis. XXXVII. Der gemeine Nahme Hundsfut / welchen man einer feigen Memme / die keine Courage hat / zugeben pfleget / soll von den Hunnen herkommen seyn / die / wie ietzt gemeldet / in Teutschland gefallen / und mit rauben und [1094] brennen grossen Schaden gethan haben / niemahls aber Stand halten oder fechten wollen / daß / wann gefraget worden: Wer hat dieses oder jenes Dorf angestecket und ausgeplündert? die gemeine Antwort gewesen: HUNNUS FUIT, contractè Hunsfut. Quirin Pegeus, mil. 3. M. Stiefler / Geistl. Hist. Schatz / cap. 28. pag. 1873. XXXVIII. Als Anno 1110. Käyser Heinrich der V. denen Böhmen wieder die Polen zu hülffe kahm / und der König in Polen / Boleslaus / mit dem Käyser wegen Friedens tractiren ließ / inzwischen aber der Böhmische König starb / sind viele Böhmen / so bey des Käysers Armee waren / heim marchiret. Die Polen solches merckend / fiehlen die Käyserlichen an / und erschlugen den meisten Theil derselben. Die Polacken liessen die todten Cörper unbegraben liegen / darzu sich ein grosser Hauffe Hunde versamlet / selbige zu verzehren / und ward dasselbige Feld / welches nur 1. Meihl Weges von Breslau lieget / nach der Hand das Hunde-Feld genennet. Gottefr. Hist. Chron. part. 6. pag. 533. XXXIX. Nach dieses Käysers Tod / nemlich Anno 1126. ist ein solcher Hunger in Franckreich und Niederland gewest / daß viel Leuthe verschmachtet. Graf Carl von Flandern verboth / man solte kein Bier mehr brauen / hieß auch alle Hunde tod schlagen / weil sie das Brodt fressen / daß den Leuthen gebührete. Idem p. 541. XL. Auf dem Concilio zu Trient befand sich unter andern auch der Cardinal Crescentius, als Päbstlicher Legatus, derselbe als er den 25. Martii viele Schreiben an den Pabst auszufertigen hatte / und damti biß in die Nacht ümgieng / istihm unversehens ein grosser schwartzer Hund erschienen / mit feurigen Augen und langen Ohren / so fast biß auf die Erde herab gehangen / welcher stracks auf ihn zugegangen / hernach aber unter den Tisch gefallen. Worüber der Cardinal hefftig erschrocken / seinen Dienern geruffen / und den Hund suchen lassen / aber sie haben nichts gefunden / dadurch er in grössern Schrecken und tödliche Kranckheit gefallen. Als er ietzo sterben wollen / hat er immer geruffen: man solte den Hund wehren / daß er ihm nicht aufs Bette stiege. Sleidan. lib. 23. Thuan. lib. 9. XLI. Die Hunde in Guinea haben spitzigere Mäuler als die unfrigen / können nicht bellen / noch heulen / beissen auch niemanden / dafern man sie nicht ängstiget / da sie offt aus Furcht auf den Menschen zufahren / ihm einen Biß in den Fuß versetzen / und hernach davon lauffen. Sind von allerley Farben / als schwartz / weiß / gelb / braun und dergleichen. Werden zur [1095] Speise gebraucht / und deswegen an vielen Orthen / wie Schaffe / bey grossen Hauffen zu Marckte getrieben und verkaufft / und Ekia, oder Cabra de matto, das ist / ein Wald - Schaf genant. Will ein Guineer den Adel kauffen / so muß er am allerersten einen solchen Hund spendiren. Erasin. Francisci, in Guineischen und Americanischen Blumen-Busch / p. 1. c. 4. n. 1. pag. 60.
CAPUT LXI. Von Der Straffe des Har- und Bart abschneidens. I. DAß die Alten viel auf lange Hare und grosse Bärte gehalten / auch solche an einem Manne vor eine sonderbahre Zierde geachtet worden / ist aus den Historien gnugsam bekant. die Römer liessen von Anfang der Stadt Rom biß auf das vierhundert vier und funfzigste Jahr keine Hare noch Bärte abscheren / sondern dieselbe lang wachsen. Alex. ab Alex. lib. 5. Genial. dier. c. 18. pag. 733. Varro, lib. 2. de re rustica, c. ult. Polyd. Vergil, lib 2. de Rerum Inventor. Aber nach dem Publius Ticinius Mena etliche Barbierer aus Sicilien dahin brachte / kam es auf / daß die Jünglinge und junge Männer die Hare uud den Bart abnehmen liessen biß auf daß vierzigste Jahr ihres Alters / hernach aber wurde es weiter nicht gestattet / und war der erste / welcher täglich seinen Bart abschor / Aphricanus genant. Plinius, lib. 7. Hist. Nat. c. 59. II. Dieses hat gewäret biß zur Regierung Käyser Hadriani, welcher zuerst den Barth wieder lang wachsen lassen / daß er solchen unter den Kinn zusammen sassen kön̅en / u. hat / wie etliche wollen / er es aus Noth thun müssen. Denn er hatte in den Schlachten hin und wider unterschiedliche Wunden ins Gesichte bekommen / die ihn etwas verstelleten / drum ließ er ihm einen grossen Bart wachsen / daß er die Narben drunter verbergen konte. Xiphilin. in [1096] Trajan. p. 344. Spart. c. 26 pag. 293. Welches auch die nachfolgende Käyser ziemlich mit gehalten / so gar / daß Käyser Jodocus, der Anno 1410. regieret / seiner Thaten halber gar nicht bekant ist / als daß er nur einen grossen Bart gehab. Dit. Brev. Hist. in Jodoco §. 1. pag. 34. Und siehet man noch an den alten Müntzen / Gemählden und Statuen, daß alle Käyser / so vor diesen Hadriano gelebet und regieret / ohne Barth gebildet sind. Panciroll. de fibula, in fin. pag. 320. III. Der Gesetzgeber Lyourgus verordnete / daß der Spartaner Soldaten lange Hare tragen / hingegen aber die Bärte glat wegscheren musten. Plutarch. in vita Lycurgi, & in Apotheg. Lacon. IV. Die Mauri flochten ihre lange Hare und Bärte ein / wenn sie sich aufs schönste schmücken wolten. Strabo, lib. 17. V. Die Britani schoren alle Hare am Leibe ab / aus genommen auf den Kopf und über die Lippen. Dannenhero sie lange Zwickbärte trugen. Jul. Caesar, lib. 5 de Bello Gallico. VI. Die Lycii hielten so viel auf ihre lange Hare / daß sie auch eine grosse Summa Geldes in des Königs Mausoli in Caria Schatz gaben / nur daß sie von dem Gesetze / welches geboth / daß alle Unterthanen die Haare abschneiden lassen solten / eximiret und befreyet seyn möchten. Aristoteles, lib. 2. Oeconom. Quam Legem Condalus, Regis Praefectus, commentus fuerat, ut congiarium eliceret. Andr. Tiraquell. in annot. ad c. 18. lib. 5. Alex. ab Alex. gen. dier. p. 735. lit. h. Herm. Hugo, de militia Equest. lib. 2. c. 6. pag 1???9. Eben als die Geistliche in Franckreich zu Zeiten Königs Francisci I. welche auch viel Geld erlegeten / nur ihre grosse Bärte zubehalten. Vid. Camerar. part. 3. Honar. Succis. c. 96 pag. 360. VII. Die Lusitani liessen die Hare so lang wachsen / wie die Weiber. Strabo, lib. 3. Item die Galli Comati, daher sie auch den Nahmen bekommen. Strabo, lib. 4. Plinius, lib. 11. c 37. Virgilius lib. 8. AEneidos, loquens de Gallo, qui in summum Capitolii evaserat, quem Manlius anserum clangore casu excitatus umbone deturbatum facilè prostravit, his verbis: Aurea Caesaries illis, at??? aurea vestis. ib: aurea vestis nihil aliud est, quam aurea i. e. flava barba. Sic quoque de Gallis historiae loquuntur. Tiraquell. cit. loc. lit. m. VIII. Die Indianer / wie Q. Curtius, lib. 8 schreibet / pflegten ofte ihre Hare zu kämmen / niemals aber den Bart abzunehmen. Welches auch diodorus Siculus, lib. 4. c. 5. bezeuget his verbis: Indorum moris est, per omnem vitam [1097] barbam nutrire, huncque morem à Dionysio accepere, quem barbatum nominaverunt. Add. Strabo, lib. 4. IX. Die Suevi und Sicambri [alte Geldrische oder Clevische Völcker] haben ebenmäßig lange Hare und Bärte wachsen lassen. Camerar. lib. 1. Medit. c. 35. X. Etliche wollen zwar / daß die Longobardi ihren Nahmen von langen Bärten bekommen / andere führen es her von ihren langen Streit-Axten u. Hellbarten / oder auch gar / daß es grosse lange Tölpel und Bengel gewesen / Münster. Cosmograph. lib. 4. fol. 1147. Joh Sithmann, in Spec. Imp. Rom. cap. 2. n. 25. Allein es hat das Wort seinen Ursprung ex dialecto Germanica, von der langen Borden. Philipp. Melanchton, lib. 3. Chron. Joh. Gryph. de Coloss. Weich b. c. 49. n. 3. und haben die Longobarder zwar lange Hare / aber keine lange Bärte gehabt. Rhetius, lib. 1. tit. 2. pag. 64. Instit. Jur. Publ. XI. Insonderheit aber findet man / daß die alten Fränckischen Könige / und die Printzen vom Geblüthe strack Anfangs / auch ehe sie noch zur Regierung geschritten / sich den langen Hare und Bärte beflissen / um sich dadurch nicht allein ansehnlicher zu praesentiren / sondern auch von andern unterschieden und erkennet zu werden: Denn lange Haare und grosse Bärte war bey ihnen ein Zeichen der Herrschafft / kurtze abgeschnittene Haare aber trugen die Unterthanen in signum subjectionis. Aimoinus de Gestis Francor. lib. 2 c 12. Joh. Tilius, lib. 2. de Reb. Gall. Speidel, in Spec. Jur. v. Bart. pag. 111. Zeiler. Epist. 16. pag. 18. Drum sie auch die lange Har und Bärte unter die Reservata Principum mit zehleten ut hoc ipso Reges singulare quid habentes plus sibi Majestatis apud populum acquirerent. Vid. Hottomann. de Jure Regal. capillitii. XII. Bey denen Teutschen hatten vor Zeiten die Edelleuthe so lange Bärte / daß sie den halben Leib damit bedencken konten. Thimot. Polus, in lustigen Schau-Platz allerley Personen / Aemter / Stände sc. pag. 49. und setzet Christoph Ludwig Dietherr / in addit. ad Besoldi Thesaur. Pract. voc. radiren pag. 783 daß Hanß Steinigers / des Raths und Kirchenpflegers in Augspurg Vatter / auch Hauß genant / einen Bart viertehalb Ellen lang gehabt. Adde c. 1. §. 298. Es soll auch vor diesen in Ungarn ein Soldat wider den Türcken gedienet haben / welcher einen solchen langen Bart gehabt / daß er sich damit um den Leib aufschürtzen / wenn er aber solchen auseinander gebreitet / sich damit bedecken können / auf welchen er so viel gehalten / daß / als der General gebothen / es solten alle Soldaten die Bärte abnehmen lassen / dieser lieber sterben / als solches thun wolten / hat auch solchen dadurch erhalten. Tob, Magir, Polymnem. Jacob Thomas. Disp. de Barba, Memm. 4. n. 28. [1098] Und mögen hiebevor in Indien Zwerge gewesen seyn / welche / wenn man dem Ctesiae in seinen Indianischen Excerpten §. 10. pag. 582. trauen darf / so grosse und lange Bärte gehabt / daß sie solche an stat der Kleidung gebraucht / indem sie dieselbe allenthalben um sich hergewickelt. XIII. Einige Völcker haben auch darum lange Haar und grosse Bärte wachsen lassen / damit sie grausam aussehen / und ihren Feinden Furcht und Schrecken einjagen möchten / als die Scythen und Parther / Plutarch. in Crasso. Curtius, lib. 4. Die Indianer und Araber / welche / wenn sie in den Streit zohen / ihre Hare aufknüpften / und in die Höhe stürtzten / daß sie aussahen / als hätten sie Hörner auf den Kopf. Panciroll. Deperd. c. de sibula p. 377. Item die Longobarder / welche Theils ihrer Weiber bewafnet mit untergestellet / als wenns Männer wären / und zu dem Ende ihre Haupt-hare um die Mäuler hergebunden / als wenn sie so grosse Bärte hätten. Hotomannus, Dialog. de Barba, è Paulo Diacono. Jacob Thomas. Disp. de barba, Lemm. 4. n. 25. Wie auch die Catti und Teutsche / deren viele rothe Hare in Knoten zusammen genküpffet hatten / aber weder Hare noch Bart beschneiden liessen / sondern als zottichte Böcke in den Krieg lieffen / und nicht eher wieder nach Hause kamen / biß ein jeder einen abgehauenen Feindes Kopf mit sich heimbrachte. Alex. ab Alexand. d. c. 18. lib. 5. pag. 736. XIV. Es hat aber diese Verstellung nicht allemahl ihren vermeinten Effect erreichet / sondern zuweilen fehl geschlagen: Gestalt denn Gentianus Hervetus aus denen Schottischen Jahr-Büchern referiret, daß die Schotten / so ihre Bärte abgeschoren / 5000. der groß bärtigen Engeländer [qui aliàs etiam vitro, quod coeruleum colorem inducit, corpora inficiebant, ut eo crudeliores in pugna apparerent, Jul. Caesar, de Bello Gallic. lib. 5.] einsmahls erschlagen / worauf diese Scoptische Verße gemacht worden: Quid juvat, ô Stulti, tantam promittere barbam, Plurima promittens quae nihi ipsa facit? Caedibus ex vestris non fidere, discite barbae, Non fortes animos pendula barba facit. XV. Sonsten ist hierbey diese curiöse Frage; Ob auch Adam einen Bart gehabt? Die meisten bejahen solches / weil er von GOtt erschaffen / als ein Mann in seiner besten Blüthe der Jahre / wie Augustinus und andere mehr davor halten / auch damahls noch weder Schermesser noch Schere vorhanden war / womit er solchen abnehmen können / sondern erst lange hernach das Eisen erfunden und gebraucht worden. Genes. c. 4. v. 22. Also hat auch Gott [1099] selbst gebothen / daß seine Propheten und Priester keine Platte auf ihren Kopf machen / noch auch ihre Bärte abscheren solten. Levit. 21. v. 5. add. cap. 19. v. 27. Ja von Aaronis, Psalm. 133. v. 2. Item Davids / 1. Samuel, c. 21. v. 13. Bärten thut die Heil. Schrifft selbst Meldung. Ob Moses einen Bart gehabt / wird zwar nicht ausdrücklich gesetzt / man hält es aber doch davor / damit sein Ansehen bey dem Volck desto grösser seyn möchte / gestalt denn die Ursache / warum die Priester und Propheten lange Bärte tragen müssen / diese waren Erstlich / daß / wenn sie solche ansehen / nichts thun möchten / so ihrer Autorität und Würde entgegen / schimpf- und vorwerflig wäre. Zum Andern / damit das Volck ihnen um so viel eher und mehr gehorsamen und folgen möchte. XVI. Est enim in barba gravitatis quaedam tacita confessio, & solent homines etiam talibus externis flecti ad officium. Hinc suadent quoque Politici, ut magistratus aut princeps externam faciei formam inter curas non minimas habeat. Id quod non ignoravit olim Caligula, qui eam in rem quotidie ad speculum in omnem terrorem ac formidinem vultum componebat. Boxhorn. in Inst. Pol. lib. 1. c. 4. Sueton. in Caligula. Et intellexit idem probè Augustus, qui tanta oris & formae fuisse fertur gravitate, ut solo aspectu Actiacas legiones aliquando terruerit. Tacit. lib. 1. Annal. c. 42. Nec absimiles fuere Senatores Romani, qui pexis suis ac delibutis barbisgrandioribus tantum Senonibus Romam expugnantibus injecerunt timorem, ut non tam cum hominibus quam Numinibus sibi rem esse tremebundi, crediderint. florus, lib. 1. c. 13. §. 10. Jacob. Thomas. d. Disp. de barba Lemm. 3. n. 12. & seqq. XVII. In Ansehung dessen liessen auch die Heyden ihre Götter mit Bärten mahlen und kommen daher die Zusatz-Wörter: Apollo intonsus, labris genisque pilosus Mercurius, nigricomus Neptunus, Pan hirsutus, Lucianus, in Libello de Dea Syria. XVIII. Von des HErrn CHristi Aposteln melden die Historien / daß sie allesamt bärtige Leuthe gewesen / ausgenommen S. Johannes. Dunte, Quaest. 12. Relig. Papist. XIX. Die Alten Griechischen Philosophi hielten auch viel auf ihre grosse und lange Bärte / in Meinung / es w???ren solche signa gravitatis, bonitatis & sapientiae. Joh, Saubertus, de Sacrific. Veter. c. 7. pag. 166. Horn. lib 7. Hist. Philos. c. 13. Drum auch Horatius, lib. 2 Satyr. 3. Barbam saepientem,
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- Tempore, quo me Solatus jussit sapientem pascere barbam. Und Juvenalis, Satyra 10. Barbam gravem nennen. Gestalt denn per Barbatos gemeiniglich die Philosophi verstanden wurden. Hinc Persius, Satyr. 4. Rem populitractas, barbatum hoc crede magistrum dicere, und Juvenalis, Satyra 4. Barbatos licet admoveas mille inde magistros. [Greek words] aber wird Socrates von dem Persio, Satyra 4. barbatus magister genennet. und Prudentius, setzet in Apoth. Consule barbati deliramenta Platonis. i. e. vide quam Plato, aliàs sapientissimus, ineptierit. Arbonius vocat AEsculapii barbam amplissimam, boni ponderis, & Philosophicae densitatis. lib. 6. advers. Gent. Ja Valerius Maximus, lib 1. c. 1. n. 3. setze / daß das Bild des AEsculapii einen güldeuen Bart gehabt / welchen der Dionysius abgeschnitten. Quo alludens Persius, Satyr. 2. v. 28. inquit Idcirco stolidam praebet tibi vellere barbam Jupiter! Und Catullus hat ein artig Ephitheton des Barts / wenn er schreibet Egnati opaca quem bonum facit barba. XX. Wiewohl die Kappe keinen Münch / noch auch die Canzel einen Pfarrer / can. ult. dist 40. Also am wenigsten der Bart einen weisen / gelehrten und verständigen Mann machet / denn sonst würde der Ziegenbock der gelehrteste Magister seyn / juxta illud: Si prolixa facit sapientem barba, quid obstat, Barbatus fiat quin Caper ipse Plato? Drum auch diese Philosophi endlich / weil sie gar zu ein groß Wesen aus ihren langen Bärten / und Säuischen Arth zu leben machten / von männiglich verachter / ausgelachet / und wenn sie sich auf der Strassen sehen liessen / sonderlich die Cynici, vor Gecken gehalten / ja weil sie [Greek words] öffentlich profitirten / bald von diesen / so ihnen begegneten / am Mantel gezupft / bald von jenem am Barth gerupfft wurden. Casaubon. ad Pers. Satyr. 1. v. 133. Si Cynico barbam petulans Nonaria vellat. Welches dem Oratori Epicrati gleichfals wiederfahren / den die Athenienser [Greek words] nenneten / weil er gleich einem Schilde einen langen und breiten Barth getragen / da er doch ein klein Männichen von Statur wahr. Junius, de Coma c. 2. & Suidas in [Greek words]. Und hat Herodes Atticus, [1101] einen solcheu Großbart artig begegnet / welcher in einen langen Mantel zu ihm kahm / und üm Geld ansprach / daß er Brod davor kauffen könte. Denn als Atticus denselben fragte / wer er wäre? hat sich dieser drüber entrüstet / heraus gefahren und gesaget: Ob er denn nicht an seinen langen Mantel und grossen Barth sehe / daß er ein Philosophus sey? Atticus antwortete kurtz und gut; Barbam & Pallium, Philosophum non video. Gellius, lib. 9. Noct. Attic. cap. 2. Sentiebat nimirum Atticus, non fucum aut barbam, sed mores & scientiam Philosophum facere genuinum. Joh. Coras. Epist. quaest. 24. n. 4. & 5. XXI. Es gehöret auch hieher der Venetianischen Abgesandten kluge Rede an Käyser Friedrichen den dritten / welche als sahen daß man ihrer / weil sie nich alt / und keine grosse Bärte hatten / wenig achtete / auch zur Audienz nicht admittiren wolte / endlich aber doch noch einer vorkahm / der den Käyser also anredete: Si Venetorum Respublica, Sacratissime Caesar, sapientiam non in corde, sed in barba sitam credidisset, ad Vestram Caesare???m Majestatem dous vetulos & barbatos hircos misisset! Welcher / als er draus abnahm / was hinter den Abgesandten steckte / ihr Vorbringen willig anhörete. Draco, de jur. patric. lib. 2. c. 2. n. 15. Ein dergleichen Exempel referiret Herman Kirchner, lib. 1. de Legat. c. 4. n. 60. Und Besold. de Legat. c. 4. p. 38. von der Türckischen Käyser einem / welcher des Königs in Franckreich Ambassadeur, weil er noch sehr jung / keine Audienz gebe̅ wolte / der ihm aber eben die Antwort ertheilte / wie der obige / nimirum non ex barba virum nec ex piloso mento mentem hominis judicandam, alioquin forent barbatiores hirci prudentiores hominibus. Confer. etiam Finck. Q???illust. Theol. q. 123. Canescant [enim] alii mento, nos mente capillo, Nos animo, facie, nos pectore. XXII. Es sind auch die langen Hare ein Zeichen der Freyheit gewesen. Drum verstattete Clodius Comatus der Francken König seinen Unterthanen / als selbige die Gallos überwunden hatten / daß sie lange Hare tragen möchten / zur Anzeige der Freyheit / und damit sie von denen Gallis unterschieden und erkant werden könten. Zeiler, Epist. 16 pag. 18. XXIII. Oiris als er die Welt durchwandern wolte / that ein Gelübde / seine Hare nicht eher abschneiden zulassen / biß er wieder zurück in sein Vaterland kommen würde. Daher die Gewonheit kommen seyn soll / daß vor diesem die Reisende ihre Hare lang wachsen / und nicht eher abnehmen lassen / biß sie wieder heim gelanget. Natalis Comes, lib. 5.
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XXIV. Der kluge Diogenes, als er auf eine Zeit von einem gefraget ward / warum er einen Barth trüge? hat er gean???wortet: Der Barth erinnert mich daß ich ein Mann bin. Desgleichen Hieronymus Rhetus, weiland Professor zu Basel / welcher einen langen Barth hatte / der Barth lehret mich daß ich keine Frau / sondern ein Mann sey / und daß ich mich männlicher Tugenden mit standhafftigen Gemüthe befleisigen soll. Timoth Polus, in lustigen Schau-Platz allerley Personen / und Aembter / pag. 47. & 48. XXV, Die Longobarder adoptirten auch per comam & capillos. Und bey wem sie die ersten Barth-Hare hinterlegten [quod deponere barbam appellabant] den hielten sie vor ihren besten und vertrauesten Freund. Wahr auch das allerstärckste Band der Liebe und Freundschafft. Eben als wie bey den Persern / wenn der König einem einen Ring schenckte. Hoc enim foedus inexplicabile & summi amoris vinculum putabatur. Alex. ab Alex. lib. 1. gen. dier, cap. 18. pag. 100. XXVI. Johannes Castrius, ein Spannischer Kriegs-Obrister / trug einen sehr langen und dicken Barth. Wenn derselbe nur ein einzig Har aus solchen zog / und denen Indianern versetzte / liehen sie ihn flugs eine grosse Gumma Geldes: Immassen die Bürger in Goa vielmahl gethan / wenn zu Ausrüst??? ng der Krieges-Flotte die Königliche ???ntraden nicht zulangen wolten. Hotomann, dialog. de Barba, è Paulo Diacono. Joh. Henr. Ursin. lib. 33 Acerr. obs. 72. So hoch aestimirten vor diesen diejenige ihre Bärthe / denen Treu und Glauben zuhalten angelegen wahr. XXVII. Dannenhero auch die Gewonheit entstanden / daß etliche bey ihren Barth geschworen / wie man dessen Exempel hat an Käyser Otten den grossen. Jacob. Pontan. Attic. Bellar. part. 2. Synt. 1. hist. 25. p. 387. è Cranzio. Und Käyser Friedrich Barbarossen. Joh Agricola. Adag. Germ. 733. Besold. Thes. pract. voc. radiren. Welche alle dasjenige / was sie bey ihrem Barth versprochen / sanctissimè gehalten. Welches die Spanier noch thun sollen / Speidel Spec. Jur. v. Bart. pag. 111. XXVIII. Hieher kan gleichfals gezogen werden der Gebrauch / welcher bey denen Supplicanten vor alters üblich wahr / daß sie mit einer Hand desjenigen Knie / den sie anfleheten / mit der andern aber dessen Barth anrühreten / wie Barthius, ad Claudianum, lib. 1. de raptu Proserp. p. 877. & 878. mit etlichen [1103] aus bem Homero und Euripide angezogenen Orthen behauptet. Mit welchen fast über einkömmet der Locus Samuel. c. 20. da Joab den Amasa an den Barth griff / welches bey denen Hebräern ein Signum animi devoti wahr / und dennoch selbigen Schelmischer weise erstach. Jacob. Thomas. d. disp. de barb. cap. 2. lemm. 5. n. 108. XXIX. Es liessen auch die Jüden / wenn sie eine Trauer hatten / oder es ihnen sonst übel gieng / daß sie in Sack / oder geringer Kleidung / einher traten / und Asche auf die Häupter streueten / die Bärthe lang wachsen / zum Zeichen ihres Unmuths und Betrübnis. Wie man an Mephiposet siehet / welcher / so lange er verspührete / daß der König David traurig wahr / den Barth nicht abnehmen ließ. 2. Samuel. c. 19. v. 24. Sie sollen auch noch auf den heutigen Tag den Gebrauch haben / daß wenn ihnen nahe Anverwanthen oder Bluts-Freunde sterben / sie sich in 30. Tagen nicht waschen noch bescheren lassen. D. Geier, de Luctu Hebraeor. c. 8. §. 2. pag. 197. XXX. Diesen sind die Römer nachgefolget / welche auch in ihren Trauren und Leidwesen Hare und Bärte lang wachsen lassen. Stephan. Forcat. Necyomant. Dial. 58. n. 3. Maßen denn Käyser Augustus, als er vernahm daß Quintilius Varus die Schlacht wider die Teutschen verlohren / ihm aus lauter Kummer den Bart nicht abscheren ließ / ja er stieß sich mit dem Kopf wider die Wände / und schriebe dabey: Quintili, redde Legiones Sueton. in vit. August. c. 23. Vellej. Paterc. lib. 2. Hist. Welches man auch A 1691. M. Aug. an dem Türckischen Abgesanten zu Pottendorf wargenommen / welcher / als ihm bey den Salve schiessen / auf sein fragen / gesaget wurde / daß solches geschehe / weil ihre Armee bey Salankement eine grosse Niederlage erlitten / sich auf die Erde geworffen / und viel Stunden also gelegen. Die übrige Türcken / so er bey sich hatte / haben geweinet / sich beym Bart gezupffet / und grosse Traurigkeit verspüren lassen. Käyser Cajus Caligula als er hörete daß seine Tochter Drusylla gestorben / hat vor grossen Schmertzen in langer Zeit weder den Bart noch die Hare abgenommen. Suetonius, in ejus vita Terentius Varro imgleichen hat nach der Römer Schlacht bey Cannas Zeit seines Lebens den Barth und die Hare nicht bescheren lassen / vielweniger liegend / wie der Römische Brauch war / gespeiset Magir Polym. fol. 349. &. 350. Item Cato Uticensis wie er hörete / das Julius Caesar mit einem grossen Krieges-Heer herbey kam / verließ er die Stadt Rom / behielt seinen unbeschornen Bart / und eine Kleidung sein Lebelang / ob calamitatem patriae. Welches Lucanus, 2. Pharsal. vers. 372. artig also beschreibet:
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Ille nec horrificam sancto dimovit ab ore
Caesariem, duro??? admisit gaudia vultu,
Ut primum tolli feralia viderat arma,
Intonsos rigidam in fronte descendere cano
Passus erat, moestam??? genis incre???scere barbam,
Uni quippe vacat studiis odiis??? carenti
Humanum lugere genus) nce foedera prisci
Sunt tentata tori. Ja ietztgedachter Julius Caesar selbst hat solch Traurzeichen / accepta clade Titurianâ angeleget. Sueton. lib. 1. in ejus vita c. 67. XXXI. Dessen sich auch diejenige annahmen / so in reatu waren. Quod tum fiebat, quando Judex, rejectis exceptionibus dilatoriis, declinatoriisque pronunciabat, ad ulteriora procedendum. Post hujusmodi enim interlocutionem, quae vim cujusdam litis contestationis habebat, qui accusatus erat, incipiebat in reatu esse, hoc est, statu & conditione, in qua rei sunt, antequam vel absolvantur vel condemnentur. Reorum autem olim certum statum fuisse vel Plinius, in Epistola ad Suram, testatur, ubi moris [ait] reis fuisse, submittere capillum, quem non ante fas fuit rescindere, quam omnium sententiis absolveretur. Erant igitur rei squalore & illuvie confecti, promisâ barbâ, habitu sordido, pannoso, & ut Budaeus inquit, misericordiae aucupatore, qui status reatus dicebatur, quae vox Ciceroni & aliis antiquis inusitata primum à Messala conficta est, ut Quintilianus lib. 8. Orat. Inst. praedidit. Eâ tamen & Martialis usus est: Si det iniqua tibi tristem fortuna Reatum, Squalidus haerebo pallidiorque Reo. Et Modestinus, in L. si diutino 26. ff. de poen. Wie auch ihre Freunde und Confidenten, ad captandam eo magis à Quiritibus intercessionem & gratiam. Vid Henric. Salmuth, ad Panciroll. lib. 1. deperd. c, fibula pag. 374. & 375. Alex. ab Alexand. lib. 3. Gen. Dier. c. 5. pag. 297. ibique Tiraquellum, in annotat. lit. G. XXXII. Die Supplicanten so etwas von jemand ausbitten wolten / liessen gleichfals die Hare und Bärte lang wachsen / und erschienen in erbärmlicher Gestalt / damit sie um soviel mehr dem Patron und Geber zum Mitleiden bewegen möchten. Jacob Thomas. saepedict. Disp. de Barba, cap. 1. Lemm. 5. n. [1105] 39. Sic Alexandrinorum Legatos testatur Livius, Decad. 5. lib. 4. c. 49. sordida veste, capillo barbaque promissis, nec non ramis oleae ingreslos fuisse Curiam Romanam, ibique procumbentes lacrymis opem exorasse. Tali quoque habitu Catinenses aliquando Lacedaemonios adversus Syracusanos implorasse feruntur. Justin. lib. 4. c. 4. XXXIII. Etliche / wenn sie von andern grossen Schaden erlitten / schwuren oder gelobten / nicht eher ihren Bart bescheren zulassen / biß sie sich revanchiret und gerochen / und dieses ward genant Barba Votiva. Welches vor diesen die Catti, item die Saxen / als sie einsmahls von dem Schwaben sehr geputzet waren / daß ihrer nur 6000. aus der Schlacht entronnen / gethan / welche Letztere die Scharte tapffer wieder aus gewetzet. Paul. Diacon. lib. 3. de gest. Longob. c. 7. Probè siquidem intelligebant Veteres, hominum animos non magis ad vindictam posse concitari, quam si nonnullas expertae calamitatis notulas quotidie ante oculos cernerent. XXXIV. Königs Nini in Assyrien Wittibé / Semiramis, welche viele tapffere Thaten gethan / als dieselbe einsmahls ihre Hare strehlen liesse / und solche jetzo wieder aufbinden wolte / aber Zeitung bekahm / daß die Babylonier von ihr abgefallen / liesse sie die Helfte des Haars also ungebunden fliegen / und zog alsobald wieder die abtrünnige zu Feld / band auch die Hare nicht auf biß sie die Stadt gewonnen / und das Volck wiederum zum Gehorsam gebracht. Daher ihr auch in der Stadt Babylon ein Marmorsteinern Bild / in solchen Habit und Manier / wie sie zur Rache geeilet / zu Ehren aufgerichtet worden. Valer. Maxim. lib. 9. c. 3. Diod. Sicul. lib. 3. XXXV. Die Galli hatten vor alters den Gebrauch / wenn sie eienen alten / erbarn und ansehnlichen Mann sonderbare Ehre anthun / und als einen Vater veneriren wolten / daß sie demselbe̅ den Bart strichen oder anrührten. Panciroll. lib. 1. Deperd. cap. de fibula pag. 383. Welche Gewohnheit M. Papyrius, der Römische Rathsher / nich wuste. Den̅ als die Stadt Rom von den Gallis eingenommen worden / kahm einer von denselben zu ihm / und als er seinen schönen langen Bart ansahe / strich er ihn denselben hin mit der Hand / welches Papyrius vor eine Beschimpffung aufnahm / und den Gallum deßhalber mit einen Stecken schlug / drüber er nebst vielen andern Raths-Personen nieder gemacht wurde. Vid. Livius, lib. 5. c. 41. Steph. Forcatul. lib. 2. de Gallor. Imp. & Philosoph.
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XXXVI. Thomas Morus, Cantzlar in Engelland / als es eben andem war / daß er sein Haupt auf den Block legen / und geköft werden solte / antwortete dem Scharffrichter / da selbiger nach Gewohnheit um Verzeihung bath / er wolte es ihm gerne verzeihen / aber mit diesem Bedinge / daß???er sich hütete / ihm den Bart nicht mit hinweg zuschneiden. Welchen Schertz ihm etliche / bey sothanen Zustand / da er nunmehr an der Ewigkeit Schwelle gestanden / übel außlegten / weil es heisset: Schaffet daß ihr silig werdet mit Furcht und Zittern / Phil. 2. Erasm Francisc. p. 1. Trauer-Spiegels. XXXVII. Zu Lübec hielt sich ein feiner ehrlicher Mann vor diesen auf / der hatte einen grossen langen grünen Bart / welcher also von sich selber war aus dem Kinn gewachsen weil er ein Pfannen-Schmied gewesen: Aber wenn es das machen solte / müsten alle Kupffer-Schmiede grüne Bärte haben. M. Joh. Co̅ler, part. 1. lib. 6. c. 33. Oeconom. Add. Tom. 4. Ephemerid. Nat. Cur. Obs 155. Item Autorem der Monat: Unterredungen / Mens. Jun. 1689. p. 625 allwo mehr Exempel zufinden. XXXVIII. Die gestutzte Bärthe sollen An. 1566. an des Ertz-Bischoffs von Magdeburg Hoff zu Halla in Sachsen auf kommen seyn / wie Michael Pabst in seinem Kunst- und Artzney-Buch anführet. XXXIX. Es haben aber nich allein Männer grosse Bärte gehabt / sondern man hat auch wohl dergleichen zuweilen bey Weibes-Personen angetroffen. Also schreibet Danaeus, c. 97. de Haeresibus, daß der Georgianer Weiber / so in Meden und Persien / und an den Caspischen Meer wohnen / Bärthe wie die Männer haben. Imgleichen erzehlet Tobias Magirus, in Polymnem. fol. 148. daß er Anno 1605. in Siebenbürgen eine Jungfer mit einen solchen grossen Barth gesehen. Zacutus, lib. 3. Pract. observ. 91. saget gar / daß ihm ein Mädgen von 3. Jahren vorkommen / so gantz rauch auf dem Leibe gewesen / mit einen langen Barth. Mehr Exempel kan man bey dem Caspar Schotto, lib. 3. Phys. Curios. c. 32. pag. 482. & 483 finden / allwo er zugleich mit anführet / daß die heilige Liberata, welche sonst Wilgefortis genennet wird / und in den Märter-Büchern auf den 20. Julii eingeschrieben stehet / eines Heidnischen Königs in Lusitania Tochter / sie aber eine Christin gewesen / von ihren leiblichen Vater / wegen ihrer ausbündigen Schönheit zur Ehe begehret worden / sie aber GOtt flehentlich angeruffen / daß er doch an ihr alle dasjenige ändern und weg nehmen möchte / was ihren Vater / sie zu lieben / anreitzen möchte / da es denn geschehen / daß sie einen heßlichen und garstigen / langen [1109] Barth bekommen / wodurch der Vater abgeschreckt / ihrer müßig gegangen / und von ihr abgelassen. Fast eben dergleichen wird auch von der Jungfer Ehra gesaget / deren Bildnis man noch heute zu Tage in den Thum zu Braunschweig zeiget. XL. A. Torquemada, en la premiere journée de son Hexameron, schreibet / daß er zu Prato, einer Stadt in Welschland / so etwan dritthalb Meihlen von Florentz gelegen / ein neu-gebohrnes Kind gesehen / dessen Angesicht bedecket wahr mit einem dichten Barthe einem grossen halben Schuhe lang / sehr weiß / zart und weich / wie Flachts. Als es nun 2. Monat alt worden / fieng der Barth an auszufallen / nicht anders / als wenn das Angesichte durch eine Kranckheit wäre kahl gemacht worden. Füget anbey noch weiter an / daß er eine Person gekennet / welche gantz Spanien durchzogen / und seinen Sohn üms Geld gezeiget / welches ein Knabe von 10. à 11. Jahren gewsen / der so viel lange / dicke und krause Haar hatte / daß man von ihm nichts sahe / als den Mund und die Augen / Zu Zeiten Constantini Magni, Anno 308. wurde zu Antiochia ein Kind mit einem langen Barthe gebohren / worauf Aenderung im Regiment / und einheimische Kriege erfolget. XLI. Anno 1542. hat man im Elsas eine Wein-Traube mit einen rothen Barth gefunden / so auch groß Unglück bedeutet. So findet man auch bey dem Herodoto. lib. 8. daß / so ofte denen Amphictyoniern etwas Wiederwärtiges begegnen solte / der Minervae Priesterin ein grosser Barth wuchs. XLII. Sonsten ist keln Wunderwerck / wenn man ein alt Weib siehet / die viel Hare üms Maul hat / welches natürlich zugehet. Menses enim tunc temporis in iis solent subsistere, ac proinde ex viliori illo sangvine, qui per menstrualem fluxum debet separari, crines in facie oriuntur. Hippocrat. lib. 6. Popular. fect. 8. sub. fin. Add. Aristot. lib. 3. Hist. Animal. c. 2. Welches auch einige von den Jungfern judiciren / deren theils / sonderlich die schwartzhärigte / viel Hare üm den Mund habe. Kyperus, Med. univ. c. 6. Allein Dn. Tobias Vogel / Gräfl. Reuß-Plauischer Leib- und Hoff-Medicus zu Grätz / in seinem Anno 1690. Heraus gegebenen Curiösen Haut-Diener / c. 4. art. 2. pag. 109. & 110. setzet eine andere Ursache / die man aufschlagen und lesen kan. XLIII. Aber theils Weiber haben aus Boßheit und Leichtfertigkeit / durch tägliches Bescheren ihrer Mäuler und Kinne / Bärthe zuwege gebracht / [1110] welche M. Jacob. Thomasius, in mehr-gedachter Disputation de Barba cap. 1. lemmat. 6. n. 47. unter die Monstra non Physica, sed Ethica rechnet / id enim egerunt, ut sub ementito virilis oris honore fallerent. Drum sagen auch die Spanier: Hombre roxo, y hembra barbada, de lexos los saluda. Das ist / einen Roth-Har und bärtiges Weib grüsse von ferne / oder wie es die Frantzosen erklären / auf vier Meil-Weges weit / und auf den Nothfall mit vier Steinen in der Hand. Zeiler, Epist. 7. pag. 18. edit. in fol. Mit welchem auch die Italiäner überein stimmen. Vid. Hadrian. Jun. de Coma. cap. 2. XLIV. Die Römer ehreten / als eine Göttin / die Fortunam Barbatam, ut cultorum malas speciosius vestiret, à quibus autem sperneretur, glabros redderet. Augestin. lib. 6. de Civit. Dei. Item die in der Insel Cypro die Venerem barbatam, in gestalt eines Mannes mit Meiber-Kleidern angethan / putabant enim eandem marem ac foeminam esse. Macrob. lib. 3. Saturnal. c. 8. XLV. Es wahr auch bey den Römern ein Zeichen der Demuth und unterthänigsten bittens / wenn einer sich mit dem Haupt so tief neigete / daß er mit den Haren gleichsam die Erde kehrete / wie bey dem Claudiano zusehen / wenn er saget: - vocisque vacas & supplice crine verris humum XLVI. Gleichwie nun aus obigen allen zur gnüge erhellet / wie hoch und viel doch denen meisten / sonderlich aber denen Orientalischen Völckern an Zieh- und Erhaltung langer Hare und grosser Bärte gelegen / also ist auch üm so viel grösser und empfindlicher der Schimpf gewesen / wenn man einen die Hare und den Barth abgeschnitten und beschoren: Denn I. War es ein Zeichen der Subjection, M. Jacob. Thonas. saepè dict. disp. de Barba, c. 2. lemmat. 1. n. 59. Und damit bey denen Lacedämoniern ein Unterscheid unter dem Magistrat und dem gemeinen Pöbel seyn / dieser auch üm so viel mehr und eher zum Gehorsam / auch in den geringern Dingen angewehnet werden möchte / haben die Ephori, so bald sie das Regiment angetreten / befohlen / daß das gemeine Volck das Kinn bescheren / und denen Gesetzen gebührend nachleben solte / auf daß sie im wiedrigen nicht genöthiget werden dürfften / das rauche heraus zukehren / und mit der Schärffe wieder ein und den andern zuverfahren. Plutarch. in Agide, & in lib. de Sera Numinis vindicta. Hadrianus Junius, de Coma, c. 2. Drum auch die Fränckischen Könige / wie be [1111] reit droben berühret / keinem ihrer Unterthanen zuliessen / daß sie lange Hare trugen / sondern die Könige und die Printzen vom Geblüthe behielten sich solches alleine bevor / üm dadurch vor andern kentlich zuseyn II. Ein Merckmahl der Knechtschafft / sonderlich bey den Longobardern. Cit. Tho. mas. n. eod. & Coel. Rhodigin. lect. Antiq. pag. 337. Item bey den Griechen. Aristophanes, in Avibus. Die Römer imgleichen ließen ihren liederlichen Knechten zum Schimpf und Gelächter den Kopf auf der einen Selten abscheren / auf der andern aber die Hare stehen. Stiessen auch wohl dieselbe also verstellet in die Ergastula, oder andere Orthe / da sie tapffer arbeiten musten. Turneb. lib. 24. Advers. c. 9. Lipsius, lib. 11. Elect. c. 15. III. Ein Kenn-Zeichen der Dedition. Magir. Polymn. f. 354. Drum auch die im Krieg gefangene Heerführer / wie auch die gemeine Soldaten beschoren / und zuweilen gar im Triumph / also mitgeführet wurden. Dempster. ad Rosin. p. 1704. Camerar. Op. Succis. cent. 1. c. 36 pag. 153. XLVII. Ja welchen man alle Hoffnung dermahleins zum Königreich und zur Krone zugelangen benehmen wolte / dem beschor man. Joh. Saubert. de Sacrificiis Veter. c. 10. p. 233. Und das war eben die Ursache / daß die Königin Crotildis ihre Encke lein lieber ümbringen / als ihnen die Hare abschneiden lassen wolte / indem sie / als man ihr ein schwerd und Schere vorhielt / und frey stellete / eins von beyden zuerwehlen / heraus fuhr: Satius mihi est, si ad Regnum non eriguntur, mortuos eos videre, quam tonsos Camerar. part. 1. Horar. Succis. c. 36: pag. 166. Aimoinus, de Gest. Francor. lib. 2. c. 12. Turonens. lib. 3. c. 18. XLVIII. Der Griechische Käyser Romanus ist von seinen eigenen Sohn gefangen / beschoren und in ein Closter gestossen worden. Da nun dieser Stephanus samt seinen Bruder sich eines gleichen wieder ihren Schwager Käyser Constantinum unterstanden / kahm dieser ihnen zuvor / ließ sie gleicher gestalt bescheren / und in verschiedene Clöster thun. Gotefried. in der Hist. Chron. pag. 478. Isabella, Königs Eduardi II. in Engeland Gemahlin / war ihren Herrn ungetreu / ließ ihn auch gar in ein Gefängnis verffen / und zu mehrer Beschimpffung den Kopf und Barth bescheren / daß wenn er hin u. wieder geschleppet / desto verächtlicher von den Unterthanen gehalten werden möchte. Setzte hernach ihren Sohn Eduardum III. auf den Thron / und ließ obgedachten ihren Gemahl heimlich erwürgen. Author des neugeharnischten Engelandes / pag. 489.
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XLIX. Hingegen findet man / daß als Anno 1041. das Königreich Polen ins siebende Jahr keinen König gehabt / und im mittelst viel von den Nachbarn / sonderlich von Bretislao dem Hertzog in Böhmen erlitten / der Polen weit und breit ausgeplündert und verwüstet hat. Da ihnen nun das Wasser / so zureden / ins Maul gieng / beschlossen sie / Casimirum, BoIeslai ihres Königs Sohn / der mit der Mutter in Teutschland entwichen wahr / anheim zum Reich zuerfodern. Sie funden zwar die Mutter zu Braunschweig / aber der Sohn wahr zu Cluniaco in Franckreich ein Mönch worden / und hatte schon die Weihe eines Diaconi angenommen. Die Polen hätten ihn gern aus dem Closter gehabt / so wolte ihn der Pabst nicht folgen lassen. Letztlich musten die Polen verheissen / sie und ihrer gantze Nation wolten und solten das Haar nicht unter die Ohren wachsen lassen / zum Zeugniß / daß sie einmahl einen beschornen Münch zu ihren König gehabt / darnach daß sie von einem ieglichen Haupt im gantzen Königreich Jährlich einen Pfennig nach Rom schicken / und zum dritten ein ewig Licht in St. Peters Kirche daselbst halten wolten. Also bekahmen sie ihren König Casimirum, der 18. Jahr in Polen regierete / und allezeit Casimirus der Münch genennet wurde. L. Insonderheit aber ward das Abscheren des Barts und Abschneidung der Hare vor eine harte Straffe und grosse Beschimpffung gehalten. Gestalt denn vor Alters sonderlich bey den Griechen man demjenigen / der ein st upru̅ begangen / den Bart mit einen Beil abgehauen / und hernach / als anrüchtig und Ehrloß zum Lande hinausgewiesen. Camerar. d. Cent. 1. c. 36. p. 166. & Cent. 2. c. 40. pag. 171. Speidel, Spec. Jur. v. Bart pag. 111. Die Longobarder liessen den Dieben / wenn sie unter fünf Soliden gestohlen / die Hare abschneiden und mit Ruthen hauen. AIvarottus in §. fi quis quinque, de pace tenenda in U sib. Feud. Gandin. in tr. de Malef. c. de. poenis n. 56. LI. Ingleichen ließ man die / so die Königl. Mandata u. Befehle spötlich hielten und verachteten / nackend ausziehen / peitschen und die Haupt-Hare abschneiden. L. 1. si quis liter. nostr. de spexerit. Oder wenn ein Knecht drohete / Feuer einzulegen / oder was abzubrennen / muste ihn sein Herr ausliefern / daß er geprügelt und geschlagen wurde. L. ultim. de damno in via dato. Die Griechen straften solcher Gestalt die Todschläger. Cit. Camerar. lib. 1. Medit cent. 2. cap. 40. LII. Item die Indianer diejenige / so etwas grosses verbrochen / zum Zeichen [1113] der höchsten Beschimpffung. Stobaeus, Collect. Serm. 42. Isidor. Etymolog. lib. 1. Alex. ab Alex. lib. 3. Gen. dier. p. 294. Zeiler. Epist. 16. pag, 18. Sonderlich wird in Sina das Haar abschneiden so hoch aestimiret / als wenn man bey uns einen zum Schelm machet / Nasen und Ohren abschneidet. Erasm. Francisc. in Sitten-Spiegel / lib. 3. c. 2. pag. 1157. Die Candioten und Cretenser aestimirten es gleichfals vor eine grosse Straffe / wenn man einen den Bart abschnitte. Thevetus, in Cosmograph. 4. LIII. Und ist bekant das Exempel des Königes Hamnon, der Kinder Ammon / welcher des Davids Legaten / unterm Vorwand / als wenn sie Kundschaffer wären / die Bärte halb bescheren / und die Kleider halb abschneiden ließ biß auf den Gürtel / weßhalber König David solche Afronte und Beschimffung mit einen blutigen Kriege rechete. 2. Samuel. c. 10. v. 4. Mit diesen kömmet fast überein / was des Käysers Henrici des Voglers Abgefanten von den Feinden / so auf der Hartzburg / nicht weit von Goßlar / sich aufhielten / wiederfahren denn als dieselbe von solchen mit Ruthen übel gestrichen / und ihnen die Hare abgeschnitten worden / hat der Käyser solche violatores pacis & Legatorum grausam abgestraffet / und die Burg zu Grund zerstöret. Reiner. Reinec. lib. 2. c. 37. Chron. Slavorum. LIV. Die alten Teutschen / [wie Cornelius Tacitus, de moribus Germanorum schreibet] haben denen überführten Ehebrecherinnen ebenmüßig die Hare abscheren / und die Röcke unten abschneiden / und also mit grosser Schande / Hohn und Spot durch Städte und Dörffer führen / und andern Weibern zum Exempel zeigen lassen. Add. Besold. in Thes. Pract. pag. 783. Speidel. in Specl. Jur. v. Barth. Harmenopulus. lib. 6. tit. 2. §. 20. & 25. LV. Hieher gehöret auch / was Guilielmus Paradinus, in Chronico Gallico-Sabaudriael. 2. c. 155. von einen jungen Cavallier anführet / so sich an des Graffen stantinopel Tochter geschwängert / und deßhalber auf ihres Vaters hartes Anklagen und Begehren ihm / zur Straffe / die ersten Bart-Hare durch eine̅ Barbirer abgeschnitten worden. Welches dem Graffen / weil der Vater ein mehrers nicht verlanget / lächerlich vorkommen / auch weil der Cavallier ihm lieb / die Straffe vor dießmahl nicht schärffer exequiren mögen: Jedoch die ernste Verwahrung darbey thun lassen / daß wenn derselbe / oder ein ander seiner Diener dergleichen That wieder begehen und verüben würden / sie [1114] nicht nach dem gelinden Griechischen / sondern strengen Sabaudischen Gebrauch und Rechten diß fals angesehen werden solten. Camerar. p 1. Hor. succis. c. 40. p. 171. Und Käyser Leo setzet in der XXXV. Novella, daß der / so in Crimine Raptus Hand mit angeleget und geholffen / cute tenus Tondiret werden solle. Ingleichen gebeuth Käyser Carolus Magnus, in seiner Constitution wider die Conspiranten und heimliche Aufwiegler des Volcks / daß einer den andern zur Straffe solle pelischen / und die Nase abschneiden / da aber dadurch noch kein würckliche Aufruhr oder Schaden entstanden und geschehen wäre / solten sie sich untereinander nur die Hare abscheren. Capitular. lib. 3. c. 9. de conspirat. lib. 5. c. 21. lib. 6. c. 276. Add Bart Schobingerum, in addit. ad Jaoch. Vadiani lib. 1. de Monast. & Colleg. Germ. pag. 139. tom. 3. LVI. Daß auch bey den Sachsen solche Straffe in Gebrauch gewesen / siehet man in den Sachsenp-Spiegel / lib. 2. art. 13. woselbst dies Worte zu finden: Si quis in villa interdiu furtum, quod tamen tres solidos non excedit, commiserit co ipso die puniri potest in cute & crinibus: vel, ut articul. 28. loquirur, ejus crines & cutis tormentis subjiciantur, h. e. virgis caesus tondeatur, Salmuth. ad Panciroll. c. de sibula pag. 387. Item, Scultetus ipso die percutis & crinium extripationens judicabit, dict, art. 15. in princ. Welches denen Longobardern in damnatos forcipe [oder vielmehr forfice] & scopis animadvertere hieß. Saubert, de Sacrif. Veter. cap. 10. pag. 233 LVII. Manschnitte auch wohl denen zum Tod verdammeten / ehe sie geköffet oder gehengt wurden / die Hare ab. Nicolaus Damascenus, & Harmenopulus lib. 6. tit. 9. §. 18. LVIII. Da die Graffen von Egmont und Horn zu Brüssel enthauptet wurden / verboth man den Scharffrichter ausdrücklich / ihren Leib mit keinen Finger anzurühren / wie wohl der Herzog von Momoranci bey seiner Hinrichtung solche Eitelkeinten verachtet hat. Und als er einen redlichen Menschen zu diesen Trauer-Dienst haben können / dennoch freywillig dem Hencker die Schere / womit man ihnen die Harekürtzen solte / überreicht / sprechend: Daß thue du / es ist dein Ambt! Erasm. Francisci, im Hohen Trauer-Saal / c. 12. LIX. Ferner schreibet Menoch. l. 2. de Arbitrar. Jud. Quaest. Cent. 4. cas. 392. n. 32. das Baldus, in L. Reos C. de accusat. n. 6. gelehret / der Bart sey ein Glied an ei [115] nem Manne / und das deß wegen einer / so einem den Bart aus Beschimpffung abschneidet / eben der Straffe würdig / damit der / so einem andern ein Glied abnimt / pfleget beleget zu werden. Sed cum homo etiam sine barba nascatur, illam non magis ac dentes pro membro corporis reputandam esse puto, arg. l. 11 ff. de AEdilit, Edict. Rectius ergo Bertachinus, in repertor. Juris v. Barba v. membrum, scribit: Barbam, quatenus sumatur pro pilis, non esse membrum, quatenus autem sumatur pro mento, esse omninò formale membrnm. LX. Dannenhero auch nicht ohne Ursache wider solche Haar- und Barth-Stürmer / als violatores pacis & tranquilitatis publicae gewisse Constitutiones und Straf-Befehle ausgangen: Gestalt man denn in Legibus Alemannorum [quae temporibus Clotarii Regis sancitae sunt] auch folgendes findet: Si quis alicui contra legem totonderit caput liberum non volenti, cum XII. solidis componat. Si autem barbam alterius totonderit nolentis, cum sex solidis componat. Imgleichen in Constitutione Friderici de pace tenenda & ejus violatoribus: Si quis aliquem ceperit, & absg??? sanguinis effusione fustibus percusserit, vel crines ejus aut barbam expilaverit, X. libras ei, cui injuria illata esse videtur per compositionem impendat, & judici viginti libras persolvat. In Lege Salica ist auch eine gewisse Straffe denenjenigen gesetzet / welche Knaben und Mädgen die Hare abgeschnitten. Camerar. p. 1. Horar. succis. c. 36. pag. 166. Und im Lehn-Recht wird es vor eine weit grössere Injurie und Beschimpffung gehalten / wenn man einen die Hare oder den Bart ausrauft / als wenn man ihn mit der Faust oder Hand schläget. Zeiler. Epist. 7. pag. 18. Ja gar ins Gesichte speiet / drum auch die Alten Sprüchwortsweise sagten: Einen Bartgreiffer gehöret eine Maulschelle. Timoth. Polus, in lustigen Schau-Platz allerley Personen Aemter und Stände sc. pag. 49. LXI. Weßhalber Aristoteles und andere Philosophi eben nicht so unweißlich judiciret / daß der Bart von Natur dem Mann zur Zierde / und Erweckung mehrer anthoriät und Ansehen mitgetheilet worden. Barba enim si justâ proportione nutriatur, insignem homini gratiam ac pulchritudinem conciliat. E contra ubi debitum modum excedit, horrendam formidinem ac deformitatem affert. Dn. Thomasius, de Barba c. 1. lem. 4. n. 22.
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LXII. Hingegen findet man weiter / Dag theils Völcker als die Araber, Abantes, Mysii, Curetes, AEtoli und Lacae domonier vorn an der Stirn selber die Hare weggeschnitten / aber am Hintertheil des Kopfs solche stehen lassen / damit im Krieg die Feinde sie nicht darbey halten / und caput machen könten / oder aber daß sie um soviel getroster dem Feind den Kopf biethen / und an kein Ausreissen gedencken möchten / weil sont in fliechen man sie hinten bey den Haren erhaschen / gefangen nehmen / oder desto eher massacriren könte. LXIII. Von Alexandro Magno schreibet man / daß / wenn er eine Schlacht mit seinen Feinden thun wollen / er seinen Soldaten erst die Bärte abscheren lassen / damit man sie darbey nicht erhaschen und erlegen könte. Denn also schreibet plutarchus, Apophth. Reg. von ihm / omnibus ad pugnam paratis cum interrogarent Duces: Ecquid praeterea mandaret: Nihil inquit, quam ut menta Macedonum radantur. Cumque miraretur Parmenio, an, ait, ignoras, in pugna nullibi facilius virum, quam barba apprehendi. Alex. ab Alex. lib. 2. Gen Dier. c. 7. Allein etliche halten davor / daß solches nicht erfolget / auch in so kurtzer Zeit an so vielen Soldaten nicht hätte geschehen können / weil es an Barbieren würde gemangelt baben / sondern vermeinen / Alexander Magnus habe es nur schetzweise geredet / nemlich er hätte nichts weiters zubefehlen / es wäre denn Sache / daß die Generals-Personen vor nöthig erachteten / daß man denen Soldaten erst die Bärte abscheren liesse / damit solche keine Hinderung brächten / oder gar veruhrsachten / daß sie in der Feinde Hände Kämen. Doch ist dessen Armee einsmahls der langen Hare wegen in grosse Gefahr gerathen: Denn des Darii Soldaten / wie sie den Macedoniern mit Waffen nicht anhaben konten / ergriffen sie solche bey ihren langen Har-zöffen / warffen si zu Boden und erstachen viele. Drauf ließ Alexander sein Volck zurück ziehen / und ihnen Hare abschneiden / führete sie drauf wieder an den Feind / da derselbe geschlagen wurd. Ambros. lib. 6. Hexam. ex Plutarcho. LXIV. Und gleichwie einige Völcker / als droben gemeldet / zur Zeit ihrer Trauer und Leid wesens / ihre Hare und Bärte lang wachsen liessen; Also im Gegentheil schnitten andere solche bey dergleichen Fällen ab / welchs sonderlich die Cgyptier und Griechen gethan. Herod. lib. 6. §. 4. Also raufie des Königs Darii Mutter ihr die Hare aus / da sie hörete / daß Alexander Magnus gestorben war. Q. Curtius, de reb. Alexand. lib. 10. Die Milesii schoren ihre [1117] Hare ab als die Stadt Sibaris von den Crotoniatis war zerstreuet worden. Alex. ab. Alex. lib. 2. 1. pag. 290. Und da die Argivi von Lacaedemoniern geschlagen worden / schoren sie ihnen die Hare ab / die Lacedemonier aber liessen ihnen die Hare wachsen / und machten ein Gesetz / daß wegen dieses Sieges ein jeder solte Har tragen / da es zuvor Brauch gewesen / daß sie sich glat beschoren. Herod. lib. 1. §. 15. LXV. Eh schwuren auch wohl einige gar / daß sie weder Hare noch Bart wachsen lassen wolten / biß sie sich an ihren Feinden gerochen hätten / wie sonderlich bey denen Sarracenen gebräuchlich gewesen. Camerar. part. I. Hor. Succis. cap. 16. p. 154. LXVI. Wenn denen Egyptiern iemand / ja auch wohl nur ein Hund / starb / ließ der Haußwirth / zum Zeichen der Trauer / sich und seinen gantzen Hauß-Gesinde / die Hare / den Barth und Augenbrannen abscheren. e Diod. Sicul. & Herod. lib. 2. Kirchmann. de Funerib. Rom. Ja es wurden auch wohl denen Pferden und dem andern Vieh / bey grosser Trauer / die Mähnen und Hare beschnitten. Plutarch. in vita Pelop. Herod. lib. 9. Mancher schnitte ihm selber die Hare ab / warf sie mit kläglichen Heulen und Weinen dem Verstorbenen / zu Bezeigung seines letzten Ehren- und Liebes-Dienste / ins Grab / oder legte sie dem Todten auf die Brust. Natal. Comes. Mythol. lib. 1. c. 13. Statius, lib. 6. Theb. --- Tergoque & pectore fusam Caesariem ferro minuit, fectisque jacentis Obnubuit tenera ora comis. Add. Euripid. in Iphig. Taur. Oder warf sie auf den Scheiterhauffen. Hinc Ovid. lib. 3. Fast. Pellitur Anna domo, lacrymansque sororia linquit Moenia, Germanae justa dat ante suae: Mixta bibunt molles lacrymis ungventa favillae, Vertice libatas accipiuntque comas. Man hieng auch wohl solche Haare neben der Grabstädte auf / wie man heutiges Tages die Kräntze / Kronen und Kreutze anzuhefften pfleget / welches nocht bey denen Serv???anern üblich seyn soll. Busbeq. in Epist. Turcic. Epist. 1. pag. 34.
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LXVII. Theils geben auch vor / man habe denen Verstorbenen / sobald die Seele ausgefahren / die Hare abgeschnitten. Saubert. de Sacrif. Veterum, cap. 10. p. 229. und solche vor die Hauß-Thüre aufgehenckt / welches Letztere aber nicht allerdings geglaubet wird. Sonst ist doch wahr / daß die Heiden davor gehalten / die höllische Göttin Proserpina schnitte allen Sterbenden die Hare ab / und weihete damit gleichsam die Hölle ein. Wodurch der Locus bey dem Horatio, lib. 1. Oda 28. Nullum saeva caput Proserpina fugit ausgeleget wird. LXVIII. Ja man flochte auch wohl denen gebährenden Weibern die Hare auf / die Kinder desto eher zur Welt zubringen. Ovid. lib. 3. Fastor. vers. 257. Si qua tamen gravida est, resoluto crine precetur. LXIX. Einige schnitten auch ihre Hare ab / wenn sie / in grosse Gefahr kahmen. Nic. Rigaltius, in not. ad Artemidori Oniroct. Wie Käyser Macrinus, welcher nachdem er von Avito, so nachgehends / als er zum Käyserthum gelanget / Atonius genennet worden / in die Flucht geschlagen / sich gen Antiochiam begab / konte wegen einheimischer Aufruhr allda nicht bleiben / ließ derowegen Har und Bart abscheren / verkleidete sich / und flohe durch gantz klein asiam. LXX. Bey denen Troezeniern schnitten die Bräute / ehe sie Hochzeit hielten / ihnen die langen Haupt-Hare ab / und opfferten sie ihren Göttern / desto besser Glück in ihren Ehestand zuhaben. Pausanias, lib. 2. Eben wie die Jungfern zu Sicyonia, die ihre Hare der Hygeae oder Göttin der Gesundheit und des Wohlergehens consecrirten. Idem in Corinthiacis. Der Griechen Jünglinge musten zu Zeiten des Thesei dem Abgott Apollini ihre Haupt- und erste Barth-Hare zu Delphis aufopffern. Hadrian. Junius, cap. 4. de Coma. Welchem die Römische Jünglinge / zumahl die von sonderlicher Conduite wahren / nachgefolget / welches auch Martialis, lib. 1. Epigramm. 32. anführet / in nachfolgenden Versen: Hos tibi, Phoebe, vovet totos à vertice crines Enclopus, domini centurionis amor Cratapudens meriti tulerit cum praemia pili Quam primum longas, Phoebe, recide comas. Dum nulla teneri sordens lanugine vultus, Dumque decent fusae, lactea colla jubae. Et Svetonius, in Nerone lib. 6. c. 12. ita scribit: Gymnico quod in septis edebat, [1119] inter Buthy siae apparatum barbam primam posuit, conditam in auream pyxidem, & pretiosissimis margaritis adornatam Capitolio consecravit. LXXI. Andere haben ihre Haupt- und Barth-Hare denen Meeren / Flüssen und Seen devoviret. Coel. Rhodigin. lib. 7. Antiq. lect. cap. 23. Ajunt ideo fluminibus dedicatas fuisse capillorum primitias, ut intelligeretur, rerum & ortum & incrementum cepisse ex aquis. Add. Hadrian. Junius, de Coma. Ibi: Adolescentes ad consistentem usque aetatem comam nutrire so liti, subsequente deinde tempore patriis eam fluminibus detonsam consecrabant, tribuentes hunc honorem aquae, ut alimoniae parenti, vitaeque conservatrici: unde & [Greek words] Epitheto dicti fuere Poëtis fluvii. Die Schifleuthe / wenn sie grosse Gefahr im Meer überstanden / hatten im Gebrauch / daß sie zur Danckbarkeit denen Göttern ihre Hare schenckten. Hinc Lucilius, in Anthol. Glauco & Nereo & c. Naufragio sospes Lucilius hosce capillos Dedico, nil aliud, quod superesset, habens. Dahero werden die Schifleuthe von Artemidor. lib. 1. Onirocr. c. 23. also eingeführet: --- Gaudent vertice raso Garrula servati narrare pericula nautae. LXXII. Die Vestalischen Jungfern bey den Römern schnitten ihre Hare ab / wenn sie in solchen Orden angenommen wurden / hernach aber / wenn sie ihnen wieder wuchsen / giengen sie immer mit aufgeflochtenen und lang den Rücken herab hangenden Haaren. Und solche abgeschnittene Hare hiengen sie an einen gewissen Baum / den sie capillatam vel capillarem arborem, oder auch Lothon nenneten. Lipsius, de Vest. c. 12. Daher der Gebrauch noch auf den heutigen Tag soll geblieben seyn / daß man denen Catholischen Nonnen / wenn sie eingekleidet werden / die Hare abschneidet. Thomas. disp. de Barba c. 2. lem. 5. n. 103 LXXIII. Bey den Heidnischen Priestern wahr es gleichfals üblich / daß sie die Bärthe abschoren. Herod. in Euterp. c. 36. Sonderlich bey denen Egyptiern / als Erfindern vieler Ceremonien / welchen andere Völcker nachgefolget. Saubert. de Sacrif. Veter. d. c. 10. p. 226, Welches aber denen Jüden ausdrücklich verbothen wahr. Levit. 21. v. 5. LXXIV. Der alten Teutschen Priester hatten entweder natürliche / oder [1120] durch Kunst also zugerichtete rothe / oder gelbe Hare / beschoren das Kin / den Knebelbarth aber liessen sie oben stehen / daß er ihnen übers Maul hieng. Confer. Diod. Sicul. lib. 5. Biblioth. Sveton. in Caligula. Auson. Idyll 7. Ammian. Marcell. lib. 15. Joh. Strauchium, in Tacit. de Morib. Germ. dissert. 1. c. 6. LXXV. Es unterschieden auch die Alten den Bart in fünf Theile / als 1. Theil war oben an den Backen / und ein Theil der Seiten des Kinnes zur rechten / und soviel Theil zur lincken / und dann unten die Spitze des Kinnes. Saubert d. loc. p. 224. LXXVI. So war ingleichen die Arth und Weise der abnehmung der Hare unterschiedlich: Denn etliche schoren die Hare von Kopf weg biß auf einen Lock / den sie oben auf den Kopf stehen liessen. vid. Herod. lib. 4. Die andere Arth hieß man Hectoream tonsuram, da man vor der Stirn die Hare wegschnitte / hinten im Nacken aber lang herunter hengen ließ. Julius Pollux. Die dritte Arth wurd genant Theseja, da man hinten von Kopf die Hare wegnahm. Plutarch. in vita Thes. LXXVII. Als die Stadt Carthago ums Jahr der Welt 3801. sich an die Römer ergabe / diese aber ihnen alle Schiffe und Rüstung abnahmen und verbrenneten / dreyhundert ehrliche Män̅er als Gesseln nach Rom schickten / anbey dene̅ Carthaginensern auferlegten / daß sie ihre eigene Stadt verbrennen / und weit von dem Meer eine andere bauen solten / wenn sie anders beym Leben bleiben wolten / gereuete sie es / daß sie sich in einen accord mit Verlust der Schiffe / Waffen und ihrer Kinder eingelassen / rüsteten sich demnach zum Krieg: schlossen ihre Stadt zu / baueten Schiffe / und da es an Hanf zu den Seilen mangelte / schnitten die Weiber ihre Hare ab / und gaben sie her. Gotefridi, Hist. Chronic. pag. 231. Dergleichen haben auch der Römer Weiber gethan / als die Stadt Rom von den Gallis erobert / und das Capitolium belagert war / deßwegen sie auch nachgehends denen Weibern / zu Ehren der Veneri Calvae, einen Tempel gebauet / u. sie darin verehret. Lilius Giraldus, Hist. Deor. Syntagm. 13. Joh. Nevizanus, in sylva nuptiali, lib. 4. n. 19. Item der Massilienser Eheweiber / quae Marti ad classis instructionem comas suas conferebant, quia funes deficerent. Maluerunt enim pudicae foeminae deformato ad tempus capite reparare exarmata navigi, & liberè vivere, quàm venustate integrâ hostibus cedere, hisque servitum ire. Frontin. lib. 1. Stratagem. c. 7. Vegetius, de re militari lib. 4. c. 9. Hiobs Weib ob sie schon nicht der besten Gattung gewesen / hat doch gleichwohl bey vielen Scribenten [1121] den Ruhm / daß sie / solchen ihren Mann in seiner Armuth zuerhalten / betteln gegangen / und ihre Hare abgeschnitten / welche sie vor Brod / seinen Hunger zu stillen / ausgetauscht / worüber denn der geduldige Creutzträger selbst in solches Hertzeleid gerathen / daß er endlich dem Tag seiner Geburh verfluchet / und ihm den Tod an den Hals gewünschet habe. M. Stiefler / in Geistl. Hist. Schatz / pag. 1682. LXXVIII. Sonsten aber ist aus den Geistlichen Rechten bekant / daß ein Weib / so ihr selber die Hare abschneidet / excommuniciret und in den Bann gethan werde. Canon ??? 2. Distinct. 30. LXXIX. Die Zeit und / Gelegenheit mahlet man auch / daß sie vor der Stirn nur Hare habe / hinten am Kopf aber kahl sey / juxta illud: Fronte capillata est prosthaec occasio calva! Die Griechen brauchen folch Wort in genere Masculino, und nennen die Gelegenheit [Greek words]. Hinc Pythacus Mitzlenus, unus ille ex septem Graeciae sapientibus, illud usurpabat: [Greek words] h. e. Nosce tempestivitatem, sive occasionem, quae rerum omnium potissima est; Si semel praeterfugerit, amplius apprehendi non poterit. Additur proinde occasioni comes metanoea i e poenitentia. Salmuth. ad Pancirol. c. Fibula, pag. 384. Hinc proverbium, capere crines, quod idem est, ac inserviendum tempori. LXXX. Einen in die Hare gerathen / oder einander in Haren liegen / ist so viel als Zancken. Man hält auch davor / wenn einen von Haren träumet / so bedeute es Zanck. LXXXI. Bey den Türcken kan noch heut zu Tage ein großbärtiger Zeuge die Sache gewiß machen / wer bey ihnen vor Gericht etwas will gezeuget haben / der muß sich nach großbärtigen Männern umsehen / will man dem Zeugnis nicht glauben / so beruft der Zeuge sich auf seinen reputierlichen Bart / streicht denselben ost / und spricht: Wie? Solte ein ehrlicher Mann / mit einen so erbarn Barte und Ansehen eine Unwarheit können für bringen? Drum kan auch ein so grosser Bart bey den Türcken oft in einer Stunde einen halben Thaler oder Gülden verdienen. Erasm. Francisci, lib. 2. des Ausländischen Sitten-Spiegels / c. 8. p. 405. LXXXII. Von Prometheo erzehlen die Poeten / daß er gen Himmel geflogen / und einen dürren Reiß bey der Sonne angezündet / und also das Feuer auf Erden gebracht / solches habe ein Satyrus oder Waldmann geschen / und [1122] weil ihm die Flamme etwas lieblich zu seyn geschienen / hat er es küssen wollen / sich aber unvermuthet den Bart versenget. Serv. in 6. AEneid. LXXXIII. Ja es haben ihnen etliche eingebildet / es stecke was Göttliches in den Haren. Den̅ Nisus, der König der Megarenser, hielt so viel auf seine Purpurfarbene Hare / als auf sein Land: Denn es war ihm prophezeiet worden / daß er um sein Königreich kommen würde / wenn er ihm die Hare liesse abscheren / welches auch geschehen: Denn als Minos, der Cretenser König / den Nisum bekriegte / schnitte ihm seine Tochter Scylla die Hare ab / und spielete also dem Minos das gantze Land in die Hände. Ovid lib. 8 Metamorph. Conf. Godfr. Bering. Dict. Poë. tit. Nisus. Welches fast auf den Schlag kommet / als wie mit Simsons Haren. Judic. 16. v. 17. 19. LXXXIV. Als der Römer Marius die Cimbern geschlagen / hat er mit derselben Weibern / die sich tapffer gewehret / viele Mühe gehabt. Endlich aber wie diese den kürzern gezogen / haben sie Gesante an Marium geschickt / daß er sie frey lassen / oder der Göttin Vestae schencken wolte / damit sie bey Ehren blieben. Da aber Marius ihnen beydes abschlug / machten sie Stricke von ihren Haren / erwürgten damit ihre Kinder / sie / die Weiber aber / erhenckten sich zum theil an die Karren und Wagen / so sie zur Wagenburg bey sich hatten / theils aber an die Bäume / viele erwürgten untereinander sich selbst / damit sie nicht in der Feinde Gewalt kommen möchten. LXXXV. Ein Sohn schlepte seinen Vater bey den Haren biß vor die Haußthür / da schrie der Vater: Höre auf Sohn / so weit habe ich vor diesen meinen Vater auch geschleppet. Cyane, eine Syracusanische Jungfer schlepte ihren Vater beym Haren / und opfferte ihm auf / weil er sie trunckenerweise zu Unehren gebracht. Krechvviz Sylv. pag. 24. LXXXVI. Eine karge filzigte Frau in Westphalen muste ihren Geitz mit ihren Haren und Behengung an einen Baum büsser: Denn als sie vor schrecklichen Geitz des Nachtes selber ihre Kirschen hüten wolte / und auf einen Baum sasse / der Schlaf sie aber übereilete / ist sie herunter gefallen / mit den schwebet / hätte auch wohl eine gute weile hengen müssen wenn nicht ein Hirte sie noch loßgemacht. Francisc. Schau-Bühne / erster Theil / pag. 131. LXXXVII. Als Anno 1396. König Sigismundus in Ungarn mit dem Tür [1123] ckischen König Bajazet, den Ersten dieses Nahmens / eine Schlacht gehalten / drinn bey die 20000. Christen erschlagen / wurden ihm die Landstände feind / legten die Hände an ihn / worffen ihm ins Gefängnis / schlugen ihn darzu / und rauftenihm den Bart aus. Gottef. Hist. Ch. pag. 630. Er kahm aber endlich durch Hülffe eines Weibes aus dem Thurm / drin er gefangen lag / entran in Mähren / brach ein Krieges-Volck zusammen / führete es in Ungarn / und bemächtigte sich des Landes. Alsobalden liesse er alle diejenige / welche ihn obgedachten Schimpf Schimpf angethan / greiffen / legte sie in harte Gefängnis / u. musten 32 der vornehmsten Herren und von Adel die Köpffe hergeben. Idem. d. loco. LXXXVIII. Käyser Maximilianus hat auf den Reichstag zu Worms An. 1495. Graf Eberharden von Würtenberg mit den Zunahmen Bart-Mann / zum Hertzogen gemacht / der doch diese Ehre nicht begehret hatte. Gotefrid. d. Chron. pag. 690. LXXXIX. Franciscus König in Franckreich hatte einen grossen Kropf am Halse / welcher ihn sehr verstelte / derwegen ließ er seinen Bart an beyden Seiten herab wachsen / daß er aussahe wie ein wilder Mann / denn es zur Zeit gar ungewöhnlich war / lange Bärte zeugen. Hoseman, de Amor. Conjug. XC. Balduinus, der sechste Graf in Flandern / hat einen artigen Bart gehabt / drum er auch Balduinus mit den schönen Bart genennet worden. seb. Münster. lib. 2. Cosmograph. c. 77 pag. 177. XCI. Da Franciscus von Bourbon, ein junger Fürst / wieder die Käyserliche Armee zu Felde lagen Italien ließ der Marckgraf von Tuast, derselben Feld-Marschall / dem Hertzog entbiethen / er solte ihm zuvor den Barth lassen wachsen / und alsdann sich in eine Schlacht mit ihm wagen. Dieser aber ließ ihm antworten: die Franzosen pflegten mit Degen / und nicht mit Bärthen zufechten / und schlage offtmahl der Jungen Künheit der Alten Klugheit aus dem Felde / masse auch hernach geschehen / daß der Hertzog victorisiret. Quirin. Pegens. 8. Kunst-O. Stiefler / im Historien-Schatz / c. 9. pag. 343. XCII. Käyser Henricus III. hat denen Raths-Herren zu Zwicke ein Privilegium ertheilet / daß sie und andere ehrliche Bürger Knebel-Bärte / item Kolben / oder capillos tonsos tragen möchten. Zeiler, Itin. German. p. 664.
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XCIII. Jener fragte / ob der Barth oder der Mann eher gewest? bekahm zur Antwort: GOtt hätte ja Ziegen und Böcke am vierdten Tage mit Bärthen / aber allererst am sechsten Adamen erschaffen. D. Luther, c. 1. Colloq. Mensal. XCIV. Zwey Professores geriethen mit einender in Discurs, ob auf der Welt mehr Augen oder Hare anzutreffen? Der erste bekräfftigte / es wären mehr Hare / sintemahl so wohl Menschen / als Pferde / Camele / Ochsen / Esel / Kälber / Küh / Geissen / Hande / Katzen / Bieber / Ottern und unzehlbahre andere Thiere mit Haren / iedes aber nur 2. Augen hätte. Der andere Doctor hingegen sprach: es seyen mehr Augen. Wie viel tausend Fische / sagte er / Krebse / Frösche / Kröten / Schlangen / Eydexen / Scorpionen / Mücken / Flöhe / Läuse / Wantzen / Schaben / Fliegen / Vogel und dergleichen mehr / giebt es / welche Augen / aber keine Har haben / welcher letzteren Meinung man beystimmete. Quirin. Kuhlman / im 145. Tugend-Blat. XCV. Man lieset / daß ein Jude und Christ mit einander ins disputiren gerathen / wegen Vielheit der Heiligen: Denn jener hoffte ihrer mehr zu beweisen aus den Alten als Neuen Testament / endlich beschlossen sie / daß bey Benennung seiner Heiligen jedweder ihm solte ein Haar aus den Barte rauffen lassen / da würde sichs weisen beim Ende / wer gewonnen habe. Der Jude machte den Anfang / und sprach: Abraham / zog dem Wiedersacher hiermit zugleich eine Bart-Haar vom Kinn. Der Christ antwortete: Petrus. Riß den Juden wieder eins aus. Der Jude fuhr fort: Isaac. Der Christ: Paulus sc. Weil es aber sehr lange werden wolte / ehe sie die gantze Biebel auf solche Weise durchgingen / riß der Christ aus Ungedult dem Juden den Bart weg / daß er wie ein alt Weib da stund / und rief S. Ursul mit Elftausend Jungfrauen. L. M. Faber, Conc. 5. de Zachaeo. XCVI. Einer hatte eine grosse Nase und kleinen dünnen Bart / davon ward geurtheilet / weil der Orth / da der Bart wachsen solte / allezeit von der Nasen beschattet würde / so könte die Sonne nicht reht hin zu kommen / und wehre die übrige Kälte des Haar-Mangels ursache. Stiefler, in Histor. Schatz / cap. 11. pag. 261. XCVII. Wenn die Weiber der Brachmanen, in Indien / sich mit ihren verstorbenen Mann nicht lebendig verbrennen lassen wollen / so schneidet man ihnen das Haar ab / und dürfen lebe Tage kein Geschmeide mehr am Leibe tragen: Ja sie werden verstossen / und von allen Männern verachtet / [1125] gleich als gemeine Huren. Lindschot part. 2. Orient. Ind. Beschreib. c. 3. 9. pag. 113. Icon. 9. XCVIII. Bey den Japanern wird denen Kindern mit einem Zänglein das Haar ausgerupft / bey den Bürgern nur halb / bey dem Adel aber über das gantze Haupt: Doch also / daß hinten ein Büschlein hencken bleibet / zum Zeichen ihres Standes. Erasm. Francisci, in Neu-polirten Geschichts-Kunst- und Sitten Spiegel / Lib. 2. disc. 38. pag. 832. XCIX. Die beyde Potentaten / der Mogul und König in Persien / pfegen bey ihren Gesandschafften offt einander zu beschimpfen / weil immer eienr höher / als der andere seyn will. Anno 1666. hat sich begeban / daß der Mogul, des Chorams Sohn / eine̅ Legaten an dem König in Persien geschickt / und als derselbe diesem Könige kein Zeichen der Chrerbietung geben wolte / hat derselbe befohlen / ihm meit einen Trunck zuzusetzen / und truncken zumachen / hernach hat er ihm in Schlaff den Bart abschneiden lassen. Nach solchem empfangenen Schimpf ist der Gesandte unangemeldet zurück gezogen. Als aber der König in Persien wieder einen abgesandten zum Mogul geschickt / mit vielen Geschencken die Sache wieder gut zu machen / nemlich etliche schöne Persianische Pferde / die in Jndien sehr angenehem / samt vielen güldenen Stücken / hat der Mogul solche Geschencke alle auf den Meidan, oder Groß-Marckt bringen / und in Gegenwart des Gesandten denen Pferden die Köpfe abhauen / auch die güldene Stücke und anders Sachen zerhauen und verbrennen lassen / und zu dem Gesandten gesaget: Er solte seinen König wieder reseriren, was er gesehen / und daß es ihm üm der Perser Geschencke nicht zu thun wehre / wolte mit seinem Lande auch also verfahren. Adam Olear. in Add. Jürg. Andresen Oriental. Reise Beschreibung. lib. 1. c. 23. pag. 38. Erasm. Francisci, auswärtiger Sitten-Spiegel p. 901 & seqq. welcher auch lib. 3. c. 5. p. 134. serner anführet / daß Baxymban, mit den Zunahmen Tutang, General Feldherr der Tzinesen / als er von dem Tartarischen Feld-Obristen überwunden sich nicht Tartarisch erklären / noch auch die Haare abscheren lassen wollen / (indem die Tzineser solches für den höchsen Schimpf halten) besagter Feld-Obriste ihm dennoch den Bart / daran doch wenig Haar gewesen / abscheren / hernach die Ohren abschneiden / die Augen ausstechen / Hände und Füsse / und zu letzt den Kopf / warum er endlich selbst gebethen / abhauen / die andere Gefangene aber durch Pfeile und Schwerdt alle nieder [1126] machen lassen. Denn dies Tzineser halten überaus viel auf ihre Haare / drin sie ihre Zierde suchen / sie lassen alle Morgen das Haar kämmen / oder thun es selbst / Arm und Reich führen sie aufwarts am Kopffe / und winden selbige auf den Wirbel in einen Knoten. C. Ob nun wohl / wie vorgedacht / die Mode mit den langen Haaren und grossen Bärten viele Jahre gewehret / ist doch dieselbe / wie man davor hält / üms Jahr Christi 1460. bey Regierung Philippi Boni, Hertzogs zu Burgund / guten theils wieder abkom̅en / und zwar daher / weil / als dieser Hertzog mit einer harten und langen Kranckheit befallen wahr / ihm die Meidici gerathen / daß er sein schön lang Haar abnehmen lassen möchte. Als er aber merckte / daß er wegen solches ungewöhnlichen Dinges von seinen Freunden und andern so ihn besuchen würden / derb ausgelachet werden dürffte / hat er ein Gebot durch sein gantzes Land ausgehen lassen / daß alle seine Hoff-Diener / Edel und Unedel ihre Köpfe bescheren lassen solten / welches so viel gefruchtet / daß auf einen Tag in Brüssel allein 500. solchem Gebot Folge geleistet / hat es auch durch den Dienst des Edlen Petri Vasquenbachs [welchen er hierunter gebraucht] in kurtzen dahin gebracht / daß nicht allein die zu Brüssel / sondern auch in andern Städten nach gefolge / und dergleichen gethan / so daß endlich alle Edeleuthe und Diener nicht ohne groß Gelächter des gemeinen Manns mit beschornen Köpfen einher gangen. Nicht lange hernach haben die Holländer / Frantzosen / und fast gantz Europa nachgeäffet. Henterus De'phius, lib. 4 de Reb. Burgund. CI. Wiewohl / wenn man es recht bedencket / dies nicht ohne Ursache / und weil die lange Haare einen in viele Wege hinderlich / auch in sonderheit bey Curirung der Wunden und andern Gebrechen des Haupts schädlich sind. Ist auch einem Erbarn Manne vorwerflich / wenn er als ein Weibes-Bild mehr Zeit zu Schmückung der Haare / als sonst anderen nötigen und nützliche̅ Dingen verwendet. Camerar. Hor succis. part. 1. c. 36. p. 169. Und dieses hat wohl inacht genommen Franciscus 1. König in Franckreich / welcher / damit er von einer Wunde am Kopff desto besser curiret werden möchte / sich kolben lassen / deme drauff alle Hof-Leute / und ferner auch alles Volck gefolget / dergestalt / daß man hernach bey Hofe die lange Hare verlachte / die doch vorhin eine Anzeige der Schönheit / und des Frantzösischen Adels gewesen / auch ohne das solche die Alten ehrwürdig / die Priester ansehnlich / die Soldaten schrecklich / die Jünglinge schön / und die Mägdelein holdselig machet. Limnaeus de J. P. lib. 1. c. 6. n. 28. Zeil. cent. 1. Fpist. 16.
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CII. Ja Cranzius lib. 3. Vandal. c. 23. meldet / daß Anno 1481. die Teutsche Fürsten gar einer dem andern geschrieben / und in den Brieffen Scheeren mit geschickt / mit Befehl / daß sie und ihre Printzen die lange Haare abschneiden solten. Die nun nicht gerne dran wolten / denen wurde nachgestellet / daß ihnen etwan mit Gewalt / oder in Schertz / oder gar wenn sie schlieffen / die lange Haare abgeschnitten wurden. Allein heut zu Tage findet man keine Liebhaber mehr solcher Kolben: Denn wenn der Baum keine Blätter und Blüte hat / so ist er unangenehm / juxta illud Ovid. Turpe pecus inutilum, turpis sine gramine campus, Et sine fronde frutex, & sine crine caput. Also wenn der Mensch seine Haare verlieret / so vergehet auch seine Schönheit / als die scheinbarste und öffentliche Zierde / dadurch auch das Gehrin bewahret und bedecket / und solches von Kälte und Hitze nicht so leichtlich beschädiget wird. CIII. Und stehen die lange Haare / vornehmlich aber die gelbe [welche / wie auch die lichtbraunen und rothe eine gute gesunde Leibes-Disposition bedeuten / auch nicht sobald grau werden] denen Weibes-Bildern wohl an / also daß die Alten dafür gehalten / wenn eine Jungfer gleich mit schönen Kleidern / Gold / Edelgesteinen und andern herrlich heraus geputzet / aber das Haar an ihr nicht schön / sie nicht vor gnungsam gezieret zuachten sey. Ex Apulejo Coelius, lib. 8. c. 10. Daher diejenige / so keine lange Haare hatten / sich frembder gebrauchten / so man crines supposititios nennete / als heut zu Tage die Perruquen sind. Zeiler. d. cent. 1. Ep. 16. CIV. Der Prophet Elisa ward wegen seines kahlen Kopffs von den Knaben zu Bethel gespottet / doch nicht ohne Entgehung der Straffe. lib. 2. Reg. c. 2. v. 23. & 24. Agathocles ein Tyran in Sicilien / als ihm die Haare ausfielen / bedeckte solche Blösse mit einen Myrten-Krantz. AElian Lib. 11. var. hist. C. Julius Caesar brauchte eben zu dem Ende eine Lorbeeren Krone. Welcher auch in Gallico Triumpho hören muste / daß die Soldaten überlaut rieffen: Uxores vestras servate Cives: vobis Moechum adduximus calvum! Käyser Carolus II. wurd wegen seiner Glatze mit den Beynahmen Calvus, oder der Kahle genennet. Camerar. hor. succis. part. 2. c. 96. p. 358. CV. Sonst pflegten bey den Römern die vornehmen Matronen ihre Haare wie einen Thurm in die Höhe aufzuführen / wie man noch an den alten Ita [1128] liänischen Contrasaiten der Weibes-Bilder siehet / drum saget dorten Juvenalis, Satyr. 6. v. 503. & seq. Tot adhuc compagibus altum AEdificat caput! - - - i. e. Sie pufft ihr Haar gar hoch hinauf / Und setzt sie als ein Thurm darauf. Vid. Tertullian. de cultu foemin. fol. 515. Von welchen ohne Zweiffel unser ietziges Frauenzimmer die Moden mit den Fontangen und Haarstirnen hergenommen. CVI. Sie hatten auch ihre besondere Haarnadeln / wie davon bey den Joh. Grassero, in Itin. Histor. Polit. pag. 126. mit mehrern zu lesen. CVII. Rothe Haare und Bart sind iederzeit vor verdächtig gehalten woden / drum auch das Sprichwort entstanden: Roth-Bart schelmischer Art / Item Per rufam barbam debes congnoscere Naquam. Doch trifft es nicht allemahl zu. Die Jüden fast insgemein haben voralters rothe Bärte gehabt / welches / wie Nicolaus Lyra, in seinem Comment. in Exod. lehret / daher kommen seyn soll / weil Moyses das güldene Kalb zu Pulver verbrennet / und ins Wasser geworffen / aus welchen sie trincken müssen / und daher rothe Bärte bekom̅en. Von Achille, und Agamomnone, als rothbärtigen weiß man nichts unbilliges. So muß man auch dem Käyser Friderico Barbarossae und Augusto mit höchsten Ruhm nachsagen / daß sie gütig gewesen / und viel gutes gestifftet. Es gibt heut zu Tage nicht so viele Rothbärte / dennoch aber mehr als zu viel schwartzbärtige Judas-Brüder / drum es nicht allemahl an den rothen Bart und Haaren lieget. CVIII. Absolon, König Davids ungerathener Sohn / hatte solch starck Haar / daß wenn er sich jährlich dasselbe einmahl abnehmen ließ / dasselbe 200. Seckel gewogen / blieb hernach / aus Gottes gerechten Gericht / damit an einer Eichen behangen / und ward mit 3. Spiessen durchstochen. 2. Samuel. c. 18. v. 9. & 14. So musten dem Nebucadnezar auch / zur Schande / die Haare so groß als Adlers-Federn wachsen Daniel. 4. v. 30. Simson hatte schöne Haarlocken / drinn seine Stärcke verborgen / wahr ein Nazareer oder verlobter GOttes von Mutter Leibe an / daß nie kein Scheermesser auf sein Haupt kommen; wie aber Delila ihm solche abschnitte / war seine Krafft [1129] dahin / und fiel schändlich in seiner Feinde / der Philister / Hände. Jud. c. 16. v. 17. Samuel war gleichfals ein solcher verlobter GOttes 1. Sam. 1. v. 11. CIX. Plutarchus, in Dione, schreibet / daß der ältere Dionysius in Sicilien iederman / ja sein eigen Weib und Kinder gefürchtet / drum er auch seine Haare und Bart nicht mit den Scheermesser abnehmen / sondern durch einen Hafner und Töpffer / so zu ihm gangen / mit einer Kohlen abbrennen lassen. Zeil. Epist. 824. pag. 608. Edit. in fol. CX. Es hatte Matthias Corvinus, der vortrefliche König in Ungarn / einen Barbirer / welcher / weil ihn sein Herr für andern lieb und reich gemacht hatte / sich auch gegen den fürnehmsten zu Hofe gar zu gemein machen wolte. Als sich auf eine Zeit begab / daß der Cardinal von Arragon, so ein Päbstlicher Legat, und derselben Königin Bruder / in Ungarn ankam / da er von dem Könige eines Abends mit einem statlichen Panquet und allerley Kurtzweile / so man nach dem Essen übete / empfangen ward / dabey gedachter Barbierer auch war / schneid er den Praelaten allen / so auf den Cardinal warteten / heimlich / doch nur zum Possen / ihre Röcke ab. Als man aber folgenden Tages / wer das gethan / nicht wissen konte befragte König Matthias gedachten Barbierer / auf den er einen Verdacht und Argwohn hatte / ob er es etwan gethan? Welcher mit lachenden Munde es bekante. Drauff ward ihm alshald aufs Königs geheiß [andern / so mit grossen Herrn schertzen wollen / zum Exempel] Nasen und Ohren abgeschnitten / damit er biß in tod zulachen gedrungen wurde / auch wenn er weinete. CXI. Ein anderer Barbirer / als er einen Fürsten den Bart putzete / und unter die Kehle kahm / sagte schertzend / daß dadurch manch guter Bissen gegangen wäre / die Strasse aber bald vermacht werden könte / bekahm aber zum Trinck. Geld / daß / als er fertig / er an einen Baum gehenckt wurde. Joh. Werner Gebhard, in Fürstl. Tisch-Reden lib. 3. c. 12. pag. 210. & 211. CXII. Anno 1461. wohnete zu Prage ein Bader / nahmens Janda, welcher mit dem König Georgen öfters Schimpf triebe. Als er nun einsten den König barbirte / sagte zu ihm: Gnädigster König / wessen ist das Königreich Böhmen? Der König anwortete: Janda es ist dein! Denn der König und sein Reich stehet in deinen Händen. Nach verrichteter Sachen sprach der König: Höre Janda, wer ist denn ietzt König in Böhmen? Er antwortete: Ihre Königliche Majestät sind es. Der König schlug ihn / daß er zur [1130] Erden sanck / und stieß ihn mit Füssen / des achten Tages hernach starb Janda. Wenceslaus Hagecius, in Chron. Bohoem. part. 2. pag. 171. Heinrich Roch / in der neuen Böhmischen Chronic. pag. 35. CXIII. Weil in Hispanien und Portugal alles theuer ist / muß einer allda des Jahrs über funffzehen Ducaten vor den Bart zu putzen geben. Carpzov. Comment. in leg. Reg. German. c. 8. sect. 9. n. 13. & 14. Richter / de signif. Adverb. lit. c. pag. 63. CXIV. D. Faust / ein bekanter grosser Schwartzkünstler / als er seiner bösen Stücke halber / zu Battoburg am Mose strohm in Verhafft faß / that ihm der Capellan Johannes Dorstenius viel gutes. Wie nun dieser sich einsten barbiren lassen wolte / sagte D. Faust / er wolte ihm zum Danck vor die erzeigten Wohlthaten eine Kunst lehren / daß er ohne Scheermesser des Bartes abkäme / hieß ihn aus der Apotheken Arsenicum hohlen / und damit den Bart und das Kinn wohl reiben / sagte aber nichts darzu / daß es zuvor bereitet / und durch gewisse Zusätze der Gifft gebrochen werden müste. So bald nun Dorstenius dieses gebrauchte / hat er das Kinn dermassen verderbt / das Haut und Haar nebst den Fleisch schmertzlich abgangen ist. D. Joh. Wier. lib. 2. de praestig. Daemon. c. 4. CXV. In den vierdten Tomo der Ephemeridum Naturae Curiosorum, obs. 152. wird gemeldet / daß so offt einer seinen Bart putzen lassen / sey ihm allemahl das Gesicht vergangen / je mehr er aber denselben wachsen lassen / je schärffer er gesehen. Ein ander so offt er die Haare unter den Achseln hinwegnehmen lassen / habe besser gesehen: hingegen übler / wenn er dieselbe wachsen lassen. Noch einander hatte grosse Kopf-Schmertzen / da er sich aber ohngefehr die Haare auf den Nacken abscheren ließ / vergiengen sie. Derowegen er solches allzeit thun müssen / wolte er anders davon befreyet seyn. CXVI. Barba densa & copiosa in loco tamen debito sita [nisi color ejus extraneus] bonam complexionem ex natura Jovis aut Veneris declarat: e us verò raritas, & mala situatio, signum est complexionis siccae, ac naturae Saturninae, vel Mercurii infortunati. Rufa Barba Martis naturam Cholericam satis demonstrat. Francisc. Torreblanca, lib. 1. de Magia, cap. 9. n. 38.
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CAPUT LXII. Von der DEGRADATION der Malefiz-Personen / ehe und bevor sie hingerichtit werden. I. WEnn Vornehmen Geistlichen Personen / Hohen Ministris, Rittern / Dochtoribus oder auch Krieges Off eirern / durch Urthel und Recht das Leben aberkant worden / werden sie an etlichen Orten / ehe und bevor man sie dem Nachrichter überlieffert / degradieret / oder ihres Ehrenstandes entsetzet / angesehen / daß niemand in seiner Dignität und Würde sterben soll. Ut statuunt Hartmannus Hartmanni, lib. 2. pract. observ. tit. Miscell. ex Jure civ. obs. 4. n. 8. pag. 400. in fin. & Jacob Penius, de privileg. JGtorum, part. 2. privileg. 44. folg. 59. Quae omnia introducta sunt in venerationem Ecclesiae, Academiae & militiae, ne tam dici possit, Clericum, Doctorem aut militem, quam â Clericatu, Doctoratu aut militia ejectum in exilium, aut metallum, aut furcam abire. L 2. § ingominiae causa ff. de his, qui not antur infamia L. 4. ff. de Re milit. Georg. Chritoph. Walther, in tr. de statu, juribus & privileg. Doctorum omnium facultatum c. 24. § 185. II. P. Ludovicus Engel, in Collegio Juris Canonici Anno 1674. Zu Saltzburg gedurckt / beschreibet die degradation der Geistlichen Personen / sonderlich bey den Catho iken / part. 3. lib. 6. tit. 17. n. 12. & seqq. us??? 17. folgender Gestalt: Degradatio fit cum certa solennitate, quae perscribitur in c. 2. de poenis in 6. ut nimirum prius Sententia degradetionis [quae ibidem degradatio verbalis dicitur] faratur coram certo Episcoporum numero, scilicet in degradatione presbyteri coram sex, in degradatione Diaconi vel Subdiaconi coram tribus c. Felix & seqq. caus. 15. 1. 7. quorum tamen Episcoporum loco, si commodè haberi non possint, hodie ex trident. session. 13. de reform. c. 4. conceditur, ut totidem Abbates, vel in istorum etiam defectu, alii Clerici in dignitate constituti intersint. Quod si Clericus in minoribus constitutus degradandus sit, hunc degradationem solus Episcopus sine assistentia aliorum peragere potest. Deinde [1132] post Sententiam Iatam degradandus Sacris vestitus vestibus in manibus habens librum, vas, vel aliud instrumentum seu ornamentum ad Ordinem suum spectans, ac si deberet in Officio publicè celebrare, ad Episcopum adducendus est, cui Episcopus singula ornamenta & vestimenta singulariter aufert, Incipiendo ab illo ornamento, quod in ultima ordinatione traditum fuit, & descendendo gradatim usq; ad primam vestem, quae datur in collatione tonsurae Clericalis: tunc radetur caput illius, ne Clericatus vestigium appareat, addenda quoq; in detractione insignium Clericalium sunt certa verba, ablationem Clericatus fignificantia, quae in Rituali habentur, & ultimo loco hoc vel simisi modo dicendum ab Episcopo: AUTHORIT ATE DEI OMNIPOTENTIS AC NOSTRA TIBI AUFERIMUS HABITUM CLERIC ALEM. DEPONIMUS, DEGRADAMUS ET EXUIMUS OMNI ORDINE, BENEFICIO ET PRIVILE GIO CLERICALI &c. Porrò degradatio Actualis refertur inter Actus Ordinis Episcopalis, & ideo fieri non potest, nisi ab Episcopo consecrato. Glossa communiter recepta in c. transmissam 15. Verbo de talibus, de Electione Trid. d. c 4. ibi in c. non potest de Sentent. & re judicat. Nihil tamen obstat, quin prolatio Sententiae degradationis per speciale mandatum committi possit Vicario, & executio sive actualis degratio alteri Episcopo consecrato, si proprius Episcopus impediatur, vel consecratus non sit. Post degradationem reus degradatus traditur Judici Seculari, qui in actu degradationis praesens esse debete: pro eo tamen Ecclesia intercedit, ne mortem patiatur c. novimus de Verbor, signif. Licet verò in eod. c. dicatur, Ecclesiam debere efficaciter intercedere pro vita degradati: hoc tamen verbum Efficaciter non est intelligendum, quod Episcopus obligetur, ut reum liberet â poena mortis, aliàs enim ipsae Leges Ecclesiasticae frustra juberent, in enormibus criminibus degradatum tradi Judici Seculari, secundum / eges civiliter paniendum, sed haec intercessio efficaciter, id est seriò & ferventer facienda est, ad ostendendam mansvetudinem Ecclesiasticam ne Episcopus faciens degradationem videatur mortem degradati desiderare. Numquid autem judex fecularis potest degradato novum Processum facere, & de justitia causae cognoscere? Respond. esse distinguendum, an crimen sit merè Ecclesiasticum, ut haeresis. Simonia, administratio divinorum â non Sacerdote facta &c. vel an sit mixti Fori, ut homicidium, Magia &c. Priori casu tenetur, judex Secularis praecisè exequi [1133] Sententiam declaratoriam judicis Ecclesiastici sine novo processu c. ut inquistionis 18. prohibemus de haereticis in 6. Altero autem casu poterit juder Secularis ab Ecclesiastico petere processum, & ipse quoq, novum super crimine facere, & poenam, prout sibi de jure visum fuerit, statuere. Panorm. in c. 1. de officio judicis ordinarii. n. 12. Licet verò aliqui existiment, nunquam posse deveniri ad degradationem nisi in casibus nominatim in jure expressis, nihilominus magis probo, quod docet Panorm. in c. etsi Clerici 39. & in c. cum non ab homine. n. 6. de judiciis Clarus lib. 5. Sentent. §. fin. q. 36. n. 47. Quod etiam in aliis criminibus valdè enormibus & Rei publicae vel Ecclesiae damnosis, & generaliter, quoties Ecclesia non poenam sufficientem ad vindicandum scelus & terrorem aliis hominibus inferendum, possit â judice Ecclesiastico poena degradationis, & traditio Curiae Seculari statui, ut in Parricidio, veneficio damnoso longius continuato &c. Nam quod ex causa poena praesertim arbitraria aggravari possit, jam ante praemissum est. Ordinarie verò propter furtum, homicidium simplex rixâ factum, adulterium, aut simile delictum grave quidem, sed non ex gravissimis, clericus non degradatur, nisi fuerit incorrigibilis, sed aliis poenis ac depositione verbali afficitur. d. c. cum non ab homine. In illis quoq; Criminibus quae poenam degradationis habent, non semper cogitur Episcopus degradatum tradere Curiae Seculari, sed potest aliquando ad proprios carceres perpetuò condemnare, si ita, pro qualitate causae vel personae sibi videatur, secundum Gloss. in c. 1. de haereticis. in 6. III. Petrus Gregorius Tholosanus lib. 31. Syntagm. Jur. Univers. cap. 30 n. 8. 9. & 10. schreibet davon also: Forma & solennitas degradationis est haec, ut coram Judice Seculari, cui tradendus est degradandus, publicè superior, qui deponit, tondeat Rei caput [2.] radat vitro vel ferro loca capitis & manuum, in quibus unctio facta est tempore Ordinationis [3] exuat ei habitum seu vestimentum clericale, & induat Laicale, & sic judici Laico concedat puniendum. Qui & huic judicio, quando Crimen hanc poenam mereri videbitur, interesse debet, ut postea statim puniat. §. si tamen de Criminibus & §. illud palam ut Cler. apud prop. Episcop. & coll. 6. tit. 11. in Auth. Idcirco reus antea indutus exhibetur vestibus sui ordinis, ut si Presbyter, Sacerdotalibus cum calice in manu, ac si celebrare vellet. Diaconus ut Diaconus, item Subdiaconus & Episcopus degradandus quilibet suo habitu. Et postea ab extremo usq; ad novissimum gradum sit eorum ademtio, ut presbytero primum adimatur C alix, & deinceps alia ordine retrogrado, quo ei data sunt. Sic in Episcopali [1134] bus ornamentis & aliorum ordinibus intelligi par est. can. Episcop. 11. q. 3. cap. 2. de poenis in 6. Coeterum solennitatis quoq; est, ne solus Episcopus sit, cum haec degratio fit. sed si Abbas Abbatia deponendus, adjungantur alii vicini Abbates, si negligens, crudelis vel fornicator, cum si quis Abbas 18. q. 2. c. miramur & ibi Gloss. & Doct. de ser. non ordin. In degradatione Presbyteri Episcopi sex adesse debent, nisi ob haeresin deponatur, tunc enim unus sufficit, convocatis Abbatibus, Praelatis, religiosis & literatis Dioeceseos c. 1. de haeret. in 6. Gloss. in d. c. 2. de poenis, & ibi Gloss. in 6. Si verò agatur de Clericis in minoribus ordinibus constitutis, unus sufficit Episcopus, cum praesentia sui capituli c. 2. de poenist & ibi Gloss. in 6. ca. qualiter in 2. de accus. c. 1. de exces. praelat. can. Episcopus 15. q. 7. c. non potest de Re jud. nisi consvetudo observata aliud statuat ca. 3. de consvet. Gloss. in d. c. 2. de poenis in 6. Si de Summo pontifice deponendo, ad concilium Generale recurrendum est in causis, in quibus deponi potest. ut in ca. si Papa 40. distinct. Videndus & Petrus de monte tit. de potestate Conciliorum quaestione quando Concilium sit supra Papam. versic. tribus modis. Causa Episcopi criminalis debet audiri à 12. Episcopis, & à sex Presbyteris, et à tribus Diaconis cum proprio suo Episcopo, secundum Concilium 2. Carthaginense & Agathense. c. si quis timidus. & c. felix 15. q. 7. cognosci etiam nisi in Synodali Consessu à Summo Pontifice decreto, de reatu Episcopali aliquando non licuit, can. nullus Episcopus 5. q. 4. Nec duodecim judices, qui decernuntur ad audiendum eundem, posse causae finem imponere statutum; sed Sententiam summo Pontifici relinquere & deferre debere, c. duodecim 5. 4. c. accusatus can. discutere 3. 6. Quamvis ipse Summus Pontifex possit sine Synodo condemnare & absolvere. á. 6. duodecim. Porro unus Episcopus quidem Sacerdotibus & Ministris cultus divini honorem dare potest, at adimere solus non potest. c. 1. & fin. 15. q. Difficilius enim destruuntur Spiritualia, quam construantur: Cum tamen contrarium in Corporabilibus sit, quae difficilius ae dificantur, quam destruantur. c. inter corpor ali. de translat, Episc. IV. Degrationem porrò locum habere in tribus casibus tantum tradit Lucas de Penna in L. 1. Cod. de privileg. Scholast. lib. 12. In haeretico c. ad abolendam §. 1. de haeret & c. c. excommunicamus, eod. tit. falsatore literarum Summi pontificis c. adfalsariorum de Crim. falsi. & in eo, qui insidiatus est suo Episcopo, vel eum calumniatus est. c. si quis Sacerdotem 11. q. 1. Plura qui scire cupit de degradatione Clericorum, legat Speculatorem, tit. de accusat. §. 2. vers & nota. Ludo vici Carerii practicam causarum Criminalium, [1135] pag. 240. & 241. Jacob Menoch. de A. 1. ???. cas. 415. per tot. Prosp. Farinac prax. crim. lib. 1. tit. 3. q. 19. n. 49. Bertachin. de Episcopa lib. 4. p. 3. Christoph. Crusii, tr. de Indiciis delictorum, part. 4. cap. 51. per tot. Martin, Del-Rio disq. Magicarum lib. 5. Sect. 16. pag. 845. & 846. V. Differunt tamen inter se Degradatio, Remotio & Suspensio ab Officio, nemde degradatio fit ob grave aliquod delictum, & qui eam patitur, non solum dignitatibus & honoribus, verum etiam privilegiis & Ordinibus Sacris exuitur, & seculari potestati puniendus traditur, uti supra dictum. Depositio autem est perpetua remotio ab administratione Altaris, & non eximit depositum à potestate Judicis Ecclesiastici, neq; aliis privilegiis & immunitatibus eum spoliat, sieut degradatio. Suspensio est, qua Clericus ad tempus suspenditur ab officio. Henr. Petr. Haberkorn / decis. 137. quaest. 137. pag. 231. VI. Serenissimus Saxoniae Dux Johann Casimirus, piae memoriae, Superintendentem Römhildensem M. c. c. loco & officio movit, eo, quod Secreta sacrae confessionis propalaverat. Georg Mundius vol. 1. cons. 14. n. 108. Adrian. Beier, de Sigillo confessionis c. 4. §. 11. VII. Anno 1414. den 6ten Julii ward M. Johann Huß ein Diener des HErrn JEsu der Kirchen in Prage zu Bethlehem auf dem Concilio zu Costnitz / wieder gegebens sichere Gleit / als ein Ketzer zum Feuer verdammet. Vor Ubergebung der weltlichen Obrigkeit satzte man ihm eine von Papier gemachte Crone einer Ehlen hoch in Form eines Bischoffs-Huts auf / dran grausame Teuffel gemahlet / und anbey mit grossen Buchstaben geschrieben stunde: HAERESIARCHA, das ist ein Ertz-Ketzer. Die sieben Bischöffe / welche ihn degradirten / sagten zuihm: Jetzund übergeben wir diene Seele dem Teuffel in der Höllen! Liessen ihn drauff zur Richtstatt führen / auf einen Scheiterhauffen setzen / verbrennen / auch ihm das Haupt ein wenig zerspalten / damit es desto eher zur Aschen würde. Das Hertze aber / welches sie unter dem Eingeweide noch gantz gefunden / mit Knütteln blauen / herrnach auf eine spitzige Stange stecken / und wieder ins Feuer werffen lassen / biß es verbrant war. Die Asche von seinem Leibe haben sie gantz fleißig aufgerafft / und in den Rhein geschüttet / damit ja kein Stäublein von diesem Manne übrig bleiben möchte. Henr. Roch in der Neuen Böhmischen Chronic. pag. 18. Desser Isagog. Histor. p. 3. pag. 596. vers. Gleichergestalt / juxta Edit. Germ. impr. Lips. VIII. Zu Jerusalem saß man Gericht in dem Theil des Tempels / welcher Gazith hieß über diejenige Priester / deren Geschlecht und familie disputirlich gemacht war. Und wenn sie daselbst überführet wurden / legte man [1136] ihnen schwartze Kleider an degradirte und entsetzte sie damit ihrer Priesterlichen Würden / und hieß sie schimpflich zu den Raths Saal des Synedrii oder Consistorii hinnaus treten. Wusten sie sich aber zu Legitimiren und zu recht fertige: So kamen sie bald drauf in weißen Kleidern für jedermans Augen aufgezogen / und traten zur Stunde / nebst andern ihren Collegen, an ihr Priesterliches Ambt / wie Cunaeus aus den Talmudischen tractat Massechta middoth anführet. Erasm. Francisci, lib. 2. des neu Polirten Geschicht / Kunst und Sitten-Spiegels pag. 384. IX. D. Johann. Brunnemann, in processu criminali cap. 10. n. 26. setzet / daß solche degradatio bey den Geistlichen Personen / ehe sie hingerichtet werden / in Chur-Fürstenthum Brandeburg auch üblich sey. Derselben gedencken gleichfals Clarus lib. 5. sentent. § fin. q. 74. und Sigismundus Scaccia, de judiciis lib. 1. c. 10. n. 71. wie auch Theodorus Reinking, in tractatu de Rcgimine Seculari & Eccle siastico lib. 3. class. 2. cap. 2. n. 10. X. Von der degradation eines grossen Dieners und Ritters findet sich bey den Sebastian Münster / in der Cosmographi, lib. 3. cap. 122. pag. 613. & 614. folgendes merck würdige Exempel / wenn er also schreibet: Hertzog Carl zu Burgund führete Anno 1474. Krieg mit denn Schweitzern / und gebrauchte darzu Petern von Hagenbach Landvoigten / welcher die arme Leuthe mit ungewöhnlichen Steuren beschwerete / gegen Edel und Unedel sich hochmütig erzeigte / allen Muthwillen mit Weibern und Jungfern trieb: Ja durfte sich wohl gar vernehmen lassen / er dürffte thun / was ihm in Sinn käme / wenn er es nur anders zu wege bringe könte: Denn er wüste wohl / wenn er stürbe / daß er des bösen Feindes mit Leib und Seele wehre. Als nun Hertzog Sigmund zu Oesterreich oft und viele mahl angelanget wurde / daß er dem bedrängten Lande zu Hülffe käme / geschahe drauf / daß die von Breisach diesen von Hagenbach gefangen nahmen / und ins Gefängnis legten, Wie dieses geschahe / sungen die Kinder auf denn Gassen: Christ ist erstanden / der Landvoigt ist gefangen / des sollen wir alle froh seyn / Sigmund soll unser Trost seyn; Kyrie Eleison! Wäre er nicht gefangen so wäre es übel zugangen / seith daß er gefangen ist / so Hilfft ihm nichts seine böse List. Darnach ward ein Tag beschrieben gen Breisach / und kam eine grosse Menge vom gantzen Elsas / von Strasburg / von Sundgow und dem Schwartzwald. Es kamen auch mehr den 400. von Basel dahin / unter welchen wahr Peter Rot Ritter / Burgemeister Heinrich Zigler / Ulrich zum Lufft / Heinrich Yselin und Hans Yrmy Es ließ auch Herr Hartmann von Eptingen / Hertzog Sigmunds Landvoigt beruffen tapfere Männer von Strasburg / Schlestadt / Kentzin [1137] gen / Neuenburg / Thann / Freyburg / Basel / Bern und Solothurn von einer jeglichen Stadt 2. Richter / denen gab er zu einen Richter / der den Stabführete / Thoman Schütz von Einsheim / und wurden der Richter mit denen Schuldheissen 27 da klagte des Landvoigts Fürsprach Heinrich Yselin von Basel 4. Articul über denn von Hagenbach. 1. Daß er im vergangen Jahr 4. redliche Männer ohne Recht und Urtheil hette enthaupten lassen / wieder Göttl. und Käyserl. Rechte. 2. Daß er Briefe und Siegel gegeben hätte / zu Breisach keine Neurung zu machen / noch Schatzungen aufzulegen / sondern die Stadt bey ihren alten Recht zu lassen. 3. Kein fremd Volck in die Stadt zu legen / so er aber nicht gehalten / sondern dennoch Fremde hinnein gebracht / und denenselben erlaubt / ihre Wirthe zu erstechen / und 4. Daß er viele erbare Frauen / Jungfern und Nonnen wieder ihen Willen geschwecht hätte. Auf diese Articul antwortete Peter von Hagenbach / durch seinen Fürsprecher Hans Yrmi von Basel also: Er habe viere lassen enthäupten / die ihm wiederspenstig gewesen / und wie er es seinen Hertzog und Käyser Friederichen angezeiget / hätte Breisachern geschworen / sie bey ihrer alten Gerechtigkeit zu lassen. Nach dem aber der Hertzog selbst hinein geritten / und die Bürger mit einen neuen Eid belegt / hätte sein Eid keine Krafft mehr gehabt: So habe er auch keine Steuer auf daß Volck geleget vor der Zeit. Daß er drittens die Welschen und Ausländer in die Stadt geführet / währe auf Geheiß des Hertzogs geschehen. Daß er mit dem Frauenzimmer so ümgangen / währe er nicht der Erste / sondern es stünden in den Kreis andere mehr da / die dergleichen gethan / und würden doch nicht an Leib und Leben gestrafft. Dieser Gerichtshandel verzog sich von 7. am Morgen biß wieder Abends üm 7. Uhr / da ward endlich ümgefraget / und einhellig geschlossen / daß man Petern von Hagenbach vom Leben zum Tode richten solte. Da dieses Urtyel ergangen war / trat herzu des Käysers Herolt und sprach: Peter von Hagenbach / es ist mir Leib / daß du dich also übersehen hast / und dein Leben verwirckt. Ich wolte daß du dich ritterlich gehalten hättest / so du aber solches nicht gethan hast / soll ich aus Befehl dieser strengen Richter von dir nehmen die ritterliche Würde und Zeichen. Und weil ich die in dir nicht finde / so verjäh ich dir doch öffentlich / und verrufe dich als einen / der nicht würdig ist der Ritterschafft S. Georgen / in welches Nahmen und Ehre du etwann Ritter worden bist. Demnach kehrete er sich gegen alle Ritter / so zugegen wahren / und gegen andern erbarn Männern und sprach: Sehet zu ihr strenge Herren / ich habe aus euren Geheiß diesen Peter von Hagenbach entblößet und beraubet aller Ehren / und von ihm genommen die Ritterliche Würde / und ihn ver [1138] rust als einen der nicht würdig ist daß es gezehlet werde unter die Ritterliche Gesellschafft sondern seiner Ubelthat halber / verurtheilet zu einer öffentlichen Straffe. Ich will auch euch / o strenge Ritter vermahnet haben mit samt andern so hie zu gegen sind / daß ihr nach Ritterlichen Würden streben / euch nach euren nahmen streng und aufrichtig halten / und diesen Hagenbach / euch ein Exempel seyn lassen wollet. Nach dieser Rede stund der Marschall anf und befahl dem Richter daß er verführe nach Ausweisung der Rechten. Da bath Peter von Hagenbach üm Gnade daß ihm das Haupt abgeschlagen würde / des ward er gewehret. Und demnach führet man ihn hinnaus für das Käferthor / und machte einen grossen Kreis und führte ihn drein. Da fing er an zu Reden / mich tauret nicht mein Leib / sondern mancher Biedermann / der darum sterben muß: Der Hertzog Carl wird dieses nicht ungerochen lassen. Er bat auch jedermann daß man GOtt für ihn bitten wolte. Er begehrte auch daß Hertzog Sigmund ihm sein Testament das er gemacht hatte / wolte approbiren und vollstrecken / in welchen er hat verordnet dem Gotteshause zn Breisach eine güldene Ketten und 16 Pferde / die wurden geschätzt auf 1100. Gulden und als er enthauptet ward / führete man seinen Leib gen Hagenbach / da ward er begraben zu seinen Vorfahren. XI. Wer zu Rom vor öffentlichen Gericht grosser Schande und Laster über führet wurde / denn begrub man nicht in seinen Väter Grab: Er durffte sein Haus nicht Schmücken / noch einzierlich Kleid mehr tragen: Ward seines Ehrenstanges und der Rathstelle entsetzet / verlohr auch das Recht des Adlichen Contrafaits seiner Ahnen. Und wenn einer von den̅ Römern zum tode verurtheilet ward / beteureten sie Eidlich daß sie demselben weder feind noch hold währen. Erasm. Francisci, in Neu Polirten Geschicht-Kunst- und Sitten-Spiegel lib. 2. pag. 382. XII. Jacobus Benius, de privilegiis Jctorum part. 2. privilegio 44. folio 59. führet aus dem Thoma Grammatico ein Exempel an wie zu seiner Zeit in Curia Vicariae an einen Doctore Donato de Falconibus die degradation vorgenommen / nemlich daß ihm erst 2. Rechts-Bücher / so aufgeschlagen gewesen / vorgeleget / hernach aber zugemacht / im gleichen ihm sein Biret durch den Gerichts Diener vom Kopf: Item der güldene Ring von finger / gerissen / und beydes auf die Erden geworffen worden. XIII. Solche privationem doctoratûs achten die Rechts-Gelehrte der deportation gleich. Jurg. Valent. Winther, lib. 2. parh. litig. c. 10. n. 25. Frid. Pruckmann, cons. 43. n. 21. Und ein solcher einmahl wegen eines groben Lasters und Verbrechens degradirter Doctor, wen̅ er schon perdoniret u. beym Leben / gelassen wird / kan sich weder aufs neue examiniren, noch auch anderweit zum Doctor machë lassen. Zasius, ad L. dedi tibi §. idem erit n. ult. ff. [1139] de condict. caus. dat. caus. non sec. ubi hoc etiam extendit ad Notarium si prop. ter falsum vel aliud crimen ab officio deponeretur, eumq; non à Comite Palatino, sed à solo Principe restitui Posse putat: Schrader, cons. 1. n. 140. vol. XIV. Requiritur ergò auctoritas Summi principis qui degradatum & insignibus suis exutum Doctorem prioribus honoribus restituere Potest, neq; hîc iteratio examinis, nec Doctorum collegia, nec alii Comites Palatini id praestare possunt. Joh. Sichardus in C. ad rubr. de bon. libertor cum seqq. t. t. n. 13 allegans Baldum, & addens non allegasse eum textum aliquem, cum tamen potuisset allegare L. 2. C. de divers. offic. & appar. judic. lib. 12. Besold in thes. pract. verb. Doctor ubi negativam simpliciter tuetur, led in dissert. de Studios. Magistr. c. 9 p. 139. ad autoritatem Principis refert. D, Lansius, de Academiss pag. 91. D. Stamm, de serv. personal. lib. 1. c. 1. n. 26. XV. Sunt etiam quidam in hac opinione, quod Doctor propter ingraditudinem commissam degradari possit, & indignus gradu Doctoratus judicetur. Francisc. à Ripa in repetit L. fin. C. de revoc. donat. n. 10. Tom. 5. Consil. var. 25. n. 296. authore Johanne à Borck. Sed hoc tum demum concedendum si ingratitudo ex alia causa majore aestimetur, ut proditione patriae, violatione Majestatis & Legum publicarum transgressione, non nisi simpliciter [Greek words] sit, quae licet inter vitia sit omninò referenda nullo tamen expresso textu Juris demonstratur, quod poenam singularem definitam habeat. Georg Christoph Walther in tr. de statu, juribus & Privilegiis Doctorum omnium facult atum cap. 24. §. 185. Eilenberg de Jure carnific. c. 4. §. 5. XVI. Doch schadet solche Degradatio oder privatio Cinguli doctoralis des degradati Kindern nicht. arg. tt. C. ne fil. pro patre Poenae enim debent tenere suos autores L. 22. C. de poenis. Et Doctoratus est dignitas personalis, quae non transit ad haeredes. Nisi forsan à Summo principe dignitas Doctoralis aut ejus Spes à parente in filium forsan per expectantiam derivata fuerit, sicut hunc casnm Tiraquellus fingit. XVII. Die Krieges-Officirer / wenn sie etwas hartes verbrochen drüber sie zu Schelmen gemacht werden / oder den Kopff hergeben und das leben lassen müssen / werden dergestalt degradiret / daß in Gegenwart des gantzen Regiments das Fähnlein über sie zusam̅en gewickelt / vom Scharffrichter ihnen der Degen abgegürtet / zerbrochen und vor die Füsse geworffen / so dann hernach Urthel und Recht an ihnen vollstrecket wird. Corp. Jur. milit. cum not. Petri Pappi pag. 185. & 331. Denen Reuthern werden die Pferde / und Gewehr abgenoem̅n u. archibusiret / die Fußgänger aber gehänckt. Marian. in c. proposuisti post. n. 34. de Foro Competent. Clarus lib. 5. Sentent. §. fin. quaest. 74. n. 5. infine. Oder wenn sie schon mit dem Leben perdoniret werden / jäget man sie doch vor Schelme durch den Stecken-Knecht fort / oder [1140] verweiset sie aus dem Lager. Rudolph Gedofred. Knichen Oper. polit. lib. 2. part. 4. Vol. 2. c. 9. tit. 12. §. 3. & 4. XVIII. Die Römer / wenn sie ihre Soldaten wegen einnes groben Verbrechens exauctorirten und degradirten / liessen ihnen gleichfals das Gewehr nebst der Montirung nehmen / auch ihr Cingulum militare, welches ein Gürtel oder Leibgehenck war / dran der Degen hing / ablösen und ihres geschwornen Eides entbinden; jugen sie drauf mit höchsten Schimpf / Schande / Hohn und Spott / als Schelme fort. L. 1. & 2. §. 2. 3. & 4 ff. de his, qui notant. infam. Xiphil. in Severo apud Dion. lib. 74. in pr. Exemplum refert Herodianus lib. 2. c. 43. & 44. & habetur apud Hirtium, de bello Africano, pag. 426. ubi Caesar C. Aviennum convocatis Tribunis & Centurionibus publicè cum ignominia ab Exercitu removit. Oder sie machten aus einen Reuther einen Fußgänger / oder aus diesen einen Schländerer. Front. lib. 4. c. 1. n. 17. Valer. Maxim. lib. 2. c. 7. n. 9. & 15. Item aus einen Officirer einen gemeinen Landsknecht / quod à Modestino in L. 3. §. 5. ff. de re milit. gradu militiae ejici dicitur. Welches die Türcken heut zu Tage vor eine härtere Straffe / als den Tod selbsten halten. Busbeq. Epist. Turc. 3. pag. 301. XIX. Wen̅ vor Zeiten ein Soldate sein Gewehr vereussert hatte / ist er am Leben gestrafft / und vorher Ehrlos erkant / seine Waffen sind ihme ausgezogen / sein Schild durchboret / und an statt es auf der Brust getragen werden solte / ihme auf den Rücken gebunden / der Degen ihm abgenom̅en / die Sporen mit einem Beil vom Fuß gehaue̅ / die Handschue weggenom̅en / u. sein Geschlechts Wappen umgekehret worden. Francisc. Mennen, in delic. ordin. Eq. pag. 36. Henr. Salmuth ad Panciroll. rer. Memor ab. lib. 1. Rub. fibulap 339. edit. in 8. XX. Unter die Arthen der degradation kan auch mit gerechnet werde̅ der böse u. schändliche Gebrauch bey den Römern / daß sie die Jungfern / so üms Leben gebracht werden solte̅ / nicht in ihrer Jungferschaft sterbe̅ / sondern dieselbe erst durch den Scharfrichter im Gefängnis defloriren u. schänden / hernach aber stranguliren liessen. Autore Suetonio, in Tib. c. 61. ibi: im̅aturae puellae, quia [more tradito] nefas esset virgines strangulari, vitiatae prius à carnifice, deinde strangulatae. Welches auch bey den Verfolgungen an etlichen Christl. Jungfern / so zur Marter hingeführet werden / practiciret worden. Teste Anthon Gal! onio, de Cruciatibus Martyrum pag. 392. 395. & 399. Addatur Tacitus lib. 5 Annalium, dum loquitur de animadversione in liberos Sejani Tradunt [inquit] temporis ejus Authores, quia Triumvirali supplicio affici virginem inauditum habebatur (loquens de filia Sejani) à Carnifice laqueum juxta compressam. Exin oblisis faucibus id aetatis corpora in Gemonias abjecta. vide Petr. Gregor. Tholos. lib. 31. c. 17. n. 3. Petr. Fabrum lib. 2. Semestrium c. 7. p. 94.
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Register Der merckwürdigsten Sachen und Wörter. ENDE.
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ERRATA TYPOGRAPHICA. Effugerunt oculos manus??? Thypothetae post ultimam, quam vocant, correcturam nonnulla, quae quùm sensum vel dubium reddere, vel corrumpere valeant, hic annotare consultum duximus, reliqua, quae tanti non sunt, ut de iis moneatur, Lector benevolus prorpiâ industrià emendabit. p. 32. lin. 21. pro Verhafter leg. Verhaster. p. 36. lin. ult. l. Sergeant. p. 43. lin. 10. l. Lipsiens. p. 52. lin. 14. pro linguere leg. lingere. p. 84. lin. 33. l. ausgeschossen. p. 90. lin. 26. & 32. l. Fulgoso & Fulgosus. p. 100. lin. 33. l. Belehnung. p. 122. lin. 21. l. vortragen. p. 143. lin. 33. pro eins brauchen l. mißbrauchen. p. 148. lin. 21. dele den. p. 150. lin. 20. lege à communiore praediorum in pagis per sepes &c. p. 153. lin. 27. pro nitra leg. intra. p. 167. lin. 26. leg. Knecht. p 174. lin. ult. l. Brust-Stück. p. 185. lin. 25. pro gebraucht pone gebracht. p. 198. lin. ult. l. Conseiller. p. 208. lin. 34. l. verlegen. pag. 209. lin. 34. platter. p. 221. lin. 18. pro weil lege will. p. 257. lin. 25. leg. justificari. pag. 260. lin. 19. lege, si aliter non poterit investigari. p. 263. lin. 3. leg. dissert. 7. p. 271. lin. 18. leg. Chartar. p. 273. lin. 25. leg. verfähret. p. 275. lin. penult. l. C. p. 285. lin. 7. lege bisulcas. lin. 19. pro Romanam pone Romana. p. 288. lin. 10. lege Chartarius. pag. 293. lin. 3. pro lit. lege lib. p. 294. lin. 30. Joh. p. 296. lin. 3. Chartar. p. 302. lin. 20. leg. Strick. p. 309. lin. antepen. leg. ingesserunt. p. 311. lin. 3. Legibus. lin. 18. art. p. 312. lin. 15. dele semel die p. 316. lin. 11. pro Klober lege Kloben. p. 333. lin. 31. l. n. 7. & 8. p. 335. lin. 9. pro Person. lege Cason. p. 337. lin. penult l. tit. 5. §. 5. lit. K. p. 251. & seqq. & in addit. p. 279. p. 338. lin. 2. lege Zepper. lin. 34. pro Freundschaft lege Feindschaft. p. 342. lin. 30. l. profuderint. p. 352. lin. 34 leg. ex Alberto Magno. p. 363. lin. 29. dele verba: unter den Capitel. p 371 lin. 2. dele Caput, & pone infra. p. 404 lin. 8. lege, wie die Glocke fünffe schlug. p. 409. lin. ult. pro 4. pone q. p. 414. lin. 22. leg. Sentent. lin. 32. leg. eigen. p. 415. lin. 13. pro mit pone von. p 419. lin. 21. lege addantur Bodinus & p. 442. lin. 33. pro den / lege durch den. p. 446. lin. 17. l. per. pag. 471. lin. 13. Notarios ad Banchum pertinet ad lin. 12. p. 480. lin. 9. pro vornehmste lege vornehme. lin. 21. hactenus. p. 481. lin. 32. l. Fe???r. p. 485. lin. 14. leg. [Greek words] p. 490. lin. 17. l. Caesareani. p. 513. lin. 8. Ang. [ID01192] Aretin. lin. 18. carcer. p. 528. lin. antepen. leg. ab. Urb. cond. p. 534. lin. 20. l. Speculatores. l. 22. nudato. p. 535 lin 21. pro b. l. n. 2. p. 536. lin. 13. leg. Bullaeus. p. 548. lin. 15. lege cruciatibus. p. 561. lin. 15. lege Episcopius p. 564. lin. 3. l. Onirocrit. p. 588. lin. 31. leg. Item Maranta. p. 606. lin. 4. leg. wenig oder viel gestohlen. p. 609. lin. 15. l. Pegvera. p. 613. lin. 2. dele. 3. p. 633. lin. 22. l. excutiret. p. 635. lin. 1. dele part. lin. 5. pro wiro l. wir. p. 637, lin. 3. l. ea: si diligenti. p. 643. lin. 20. leg. lib. 4. Hist. D. Joh. p. 644. lin. 31. pro gneus leg. ligneus. p. 662. lin. 22. l. über. p 676. lin. 8. pro besten leg. Kosten. p. 680. lin. 1. leg. Valentinianus. p. 681. lin. 4. leg. Rulandus. lin. 7. pro die gegene l. die jenige. p. 688. lin. 20. l. Basilovviz. lin. 30. l. vorher. l. 32. pro les l. alles. p. 710. lin. 9. pro lib. 30. leg. lib. 3. p. 746. lin. 33. leg. Wurstisius p. 752. lin. 7. l. Kipping. lin. 22. l. [Greek words] p. 787. lin. 22. leg. A. Caecinna. p. 788. lin. 9. leg cap. p. 801. lin. 14. pro Consilium leg. Concilium. p. 806. lin. 14. leg. promotos p. 807. lin. 1. pone. C. de Latin. lin. 6. l. tandem. p. 823. lin. 1. leg. vor Gerichte / nicht p. 826. lin. 18. leg. ausgelassen. p. 829. lin. 21. l. part. lin. 25. l. vor solcher. p. 843. lin. 9. l. sur la fosse. p. 848. lin. 5. l. Armgrinus. p. 903. lin. 29. l. aufgeschoben. p. 926. lin. 23. l. plaucos. p. 954. lin. antepen. l. baptizati. p. 981. lin. 27. l. jocaliter. pag. 1006. lin. 31. leg. Yel Reij. p. 1040. lin. 6. adde apparet. p. 1050. lin. 13. L complectar. p. 1058. lin. 31. lege Vergilius. p. 1089. lin. 22. l. Aurelianus. p. 1090. lin. 13. l. Zosim. p. 1100. lin. 11. pro Arbonius. leg. Arnobius. p. 1101. lin. 32. l. Osiris. p. 1113. lin. 8. pro Hamnon lege Hannon. p. 1128. lin. 21. leg. Agememnone. p. 1129. lin. 7. pro und l. oder.


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