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JACOBI DöPLERI, Gräfl. Schwartzb. Hoff- und Cammer-Raths THEATRUM
POENARUM, SUPPLICIORUM ET EXECUTIONUM CRIMINALIUM, Oder Schaü-Platz /
Derer Leibes und Lebens-Straffen / Welche nicht allein vor alters
bey allerhand Nationen und Völckern in Gebrauch gewesen / sondern auch noch heut
zu Tage in allen Vier Welt-Theilen üblich sind. Darinen zugleich der gantze
Inquisitions-Process, Captur, Examination, Confrontation, Tortur, Bekäntnis
und Ratification derselben; item die Abstraffung der Verbrecher / auch endliche
Hinrichtung der Malefiz-Personen / und wie bey jedweden legaliter und
gewissenhaft zuverfahren / enthalten. Mit vieln Autoritatibus, Decisionibus
und Urtheln derer vornehmsten Criminalisten / Schöppen-Stühle und Facultäten
bekräftiget. Anbey mit unterschiedlichen Protocollen, sonderlich bey den
Zauber- und Hexen-Torturen: Item Steckbrieffen / Urpheden / Beeydigungen /
Urgichten / auch Heg- und Haltung der hoch-noth-peinlichen Hals-Gerichte / und
andern dergleichen nöthigen Dingen mehr angefüllet. Alles nach dem heutigen
Stylo Curiae, und üblichen Praxi, zuförderst denen peinlichen Gerichts-Herren
und dero Beambten / Verwaltern / Actuarien und Gericht-Schreibern sehr nützlich
und nöthig. Mit Chur-Sächs. Privilegio. Sondershausen / In
Verlegung des Autoris. Druckts Ludwig Heinrich Schönermarck /
Hof-Buchdrucker daselbst. ANNO M. DC. XCIII.
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Beneigter Leser.
GEgenwärtiges Theatrum Poenarum, Suppliciorum & Executionum
Criminalium ist in zwey unterschiedliche Tractatus und Handlungen abgetheilet /
als in Leibes- und Lebens-Straffen / deren jede einen besondern Band gibet /
weil wegen Vielheit derselben es unmüglich gewesen / solche alle kurtz in eins
zu fassen. Vor jetzt praesentiret sich der Schau-Platz derer Leibes-Straffen.
Sehe ich / daß dieser abgehet / so soll auch der andere von Lebens-Straffen
künfftige Michaels-Messe folgen / und zum Vorschein kommen: Derselbe bestehet in
folgenden Capituln [1.] von Hinrichtung mit dem Messer [2.] von Hinrichtung mit
den Beil [3.] vom dem Schwerdt ingemein [4.] insonderheit von des
Scharffrichters Schwerdt / und was damit vor Aberglauben getrieben werde [5.]
von Hinrichtung mit dem Schwerdt [6.] von Schickung des Kopffs / und [7.] von
Abstossung [ID00006] Kopffs und Halses mit einer Dielen [8.] von
Abährung des Halses mit einen Pflug [9.] von Schlagung eines spitzigen Nagels
durch den Kopff / Augen / Schultern und Knie [10.] von Ersticken [11.] von
Stranguliren (12.) von Aufhencken (13.) von Haupt-Fleisch / Knochen und Haaren
der Gehenckten: Item von den Galgen- oder Diebes-Ketten / Stricken und Nägeln /
und wozu dieselben gemisbrauchet werden (14.) von der Mandragora und
Galgen-Männlein (15.) de Uncis, oder von den eisernen Hacken / daran man die zum
Tode verdammete entweder gehencket / oder sie damit in die Cloaken / Canäle oder
Wasser-Flüsse gezogen. (16.) von Ersäuffen (17.) von Aufhauen der Adern / und zu
tode bluten (18.) von Aufschneidung der Leiber und Bäuche (19.) von Rädern und
Radebrechen (20.) von Reissen mit glüenden Zangen (21.) von Schleiffen mit
unvernünfftigen Thieren zur Fehnstatt (22.) von Viertheilen (23.) von
Riemen-Schneiden aus der Missethäter Rücken und andern Orten des Leibes (24.)
von Spiessen (25.) von Schinden der lebendigen Menschen (26.) von Zerreißung der
menschlichen Leiber mit eisernen Kämmen und Striegeln (27.) von Zerschneidung
der menschlichen Leiber mit eisernen und höltzernen Sägen (28.) von Schlagung
eines spitzigen Pfahls durch den Leib. (29.) von Zerreissung der [ID00007] Ubelthäter mit niedergebogenen und wieder zurückschlagenden Gipffeln der Bäume
(30.) von Zerreissung der Missethäter Leiber mit Wagen und Pferden. (31.) von
Niederseblen (32.) von Erschlagung mit eisernen Flegeln (33.) de Cyphonismo
(34.) de Scaphismo (35.) de Scalis sive Gradibus Gemoniis. (36.) von
Herabstürtzung der Maleficanten von hohen Klippen / Thürmen und andern erhabenen
Orten: Item de Defenestratione. (37.) von Einmauren der lebendigen Menschen.
(38.) von der Straffe des Steinigens (39.) von lebendigen Begraben der
Missethäter [40.] von Einspündung der maleficanten in Fässer mit spitzigen
eisernen Zacken / Stacheln und Nägeln durchschlagen. (41.) von Hinrichtung mit
Gift (42.) von Ertödtung der Menschen durch Hunger u. Durst (43.) de Damnatione
ad Bestias, & Objectione Bestiarum (44.) von Schmieden der Raubschützen
und Wildbrets-Diebe auf lebendige Hirsche (45.) von der Creutzigung. (46.) von
der Straffe des Verbrennens (47.) von Braten der lebendigen Menschen an Spiessen
(48.) von den Ehrnen Ochsen des grausamen Tyrannen Phalaridis, und von
metallinen Löwen zu Clinsam in der Barbarey. (49.) von Schmeuchen (50.) de
Poenis civitatum, & aratri in urbes eversas inductione (51.) von den
Soldaten [ID00008] Straffen sowohl wie sie vor alters üblich gewesen
/ als auch jetzo noch in Gebrauch sind. (52.) von der Schiff-Justitz oder
Straffen auf den Schiffen. (53.) de Executione in effigie (54.) de Damnatione
memoriae.
Den Inhalt der Capitel in den jetzo herausgegeben zeiget der gleich nach dieser
Vorrede folgende Index Generalis. Zwar bekenne ich gerne / daß das Werck nicht
so accurat nach der in den Schulen gebräuchlichen Methode eingerichtet / auch
ein und anderes noch besser hätte ausgeführet werden können und sollen; allein
weil der Materien gar zu viel / ich mich auch der Kürtze beflissen / nur den
alten und jetzigen Zustandt der Straffen gegen einander halten / und zeigen
wolle̅ / was davon noch heut zu Tage in praxi üblich / als
habe ich mich nicht so genau an die Kunst-Regeln binde kön̅en. Ich
hätte auch mit leichter Mühe noch viele Exempel aus denen Historicis jeden
Capitel anzufügen vermocht / es wäre aber das Werck nur dadurch vergrössert / u.
mehr Unkosten gemacht worde̅. Drum ich nur bey allen den rechten
Kern behalten / die Hülsen aber mit Fleiß zurück gelassen und weg geworffen /
auch das Wenige / was in meinen fünf und zwantzig-jährigen Fürstl. und Gräfl.
Ambts-Bedienungen / bey so unzehlich viel vorgekommenen peinlichen Fällen /
Torturen und Hinrichtunge̅ der Maleficanten ich observiret /
hinzugethan. [ID00009] Der geneigte Leser glaube mir / daß ich in
Herausgeb- und Darstellung dieses Theatri Criminalis nicht eiteln Ruhm (als dem
ich mein Lebtage feind gewesen) suche / wie denn auch vielleicht nicht viel
daran zurühmen seyn wird / sondern nur GOtt die Ehre zugeben / und meinem
Nehesten zu dienen. Ich hätte auch solches der gelehrten Welt durch den Druck
nicht gezeiget / indem ich alles nur zu meiner privat information, wiewohl nicht
ohne grosse Mühe / und meistens nur bey Nacht-Stunden / aus so vielen
Crimialisten und andern bewerthen Autoribus colligiret / und unter gewisse
Capitel zusammen getragen / damit ich / ohne vieles und lang-verweilendes
Nachschlagen / strack in einen Blick gleichsam haben und sehen könne / was bey
jedweden Falle zu thun / und wie darin̅e legaliter und
gewissenhafft zuverfahren / wenn nicht einige meiner treuen aufrichtigen Freunde
/ die das MS. bey mir gesehen / mich darzu beredet hätten. Ich getröste mich
hierbey dessen / was Caspar Zillesius, in den Prooemio seines Tractats de Mulcta
& jure mulctandi, n. 21. anführet / nemlich daß diejenigen / welche
Materias singulares, practicas & quotidianas in Legum &
interpretum Voluminibus sparsas unter gewisse Titul und Capitul tragen / und
gleichsam in ein Bündlein zusammen fassen / von gelehrten / verständigen und
aufrichtig-gesinneten [ID00010] Leuten vielmehr zuloben / als
zuschelten und zu tadeln. Denn die überwitzige naseweise Klüglinge aestimire ich
vor nichts / sie geben was bessers heraus / damit man sehe / wie sie ihre Zeit
angewendet haben, secundum illud, si quid novisti rectius istis, candidus
imperti; & Cum tua non edas, carpis mea carmina, Laeli, Carpere velnoli
nostra, vel ede tua.
Zwar bleibet wohl wahr / was Socrates dem Xenophonti sagte: Nullum est opus, in
quo non accusentur homines, difficile namq; est, ita quidquam peragere, ut nihil
erres, quod si etiam sine errore quisquam aliquid peragat, difficile est, non
iniqvum Judicem reperire. lib. 2. de fact. & dict. Socrat.
Doch weil kein Buch so schlimm ist / darin̅e nicht etwas zufinden /
das noch nützlich und merckwürdig wäre / teste C. Plinio Secundo, lib. 3.
Epistol. 5. So zweiffele ich auch dißfals an diesen meinen Theatro nicht.
-- Cuncta legenti
Forsitan occurret, vacuas quod mulceat aures, Poeniteatq; minus suscepti in fine
laboris.
Vale. Sondershausen / den 6. Maji Anno 1693.
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INDEX GENERALIS.
- CAPUT I.
- Von den Gerichten in gemein: Insonderheit aber denen peinlichen Hals-Gerichten / wie dieselbe vor alters / bey allerhand Nationen und Völckern in Gebrauch gewesen / und gehalten worden / auch zum theil noch heut zu tage üblich sind. pag. 1.
- CAPUT II.
- Von den peinlichen Richter / item den Inquisitions-Proces, Tortur und Hinrichtung der Ubelthäter. 180.
- CAPUT III.
- Von den Gerichts-Schöppen. 463.
- CAPUT IV.
- Von dem Actuario oder Gericht-Schreiber. 470.
- CAPUT V.
- Von den Gerichts-Dienern / item Stock- und Kercker-Meistern / Ambts-Frohnbothen / Stadt- und Land-Knechten / Häschern und Diebes-Fängern. 490.
- CAPUT VI.
- Vom Scharfrichter. 527.
- CAPUT VII.
- Von der Richt- oder Vehm-Stadt / Hoch-Gericht / Rabenstein / Galgen / Rädern und Hexen-Stöcken. 601.
- CAPUT VIII.
- Was vor Solennitäten bey Aufricht- und Setzung der Hoch-Gerichte / als Galgen / Räder / Hexen-Stöcke / Pranger und andern Zeichen der Gerichte über Hals und Haut pflegen vorzugehen: Item auf wessen Unkosten solches geschicht? und was sonst darbey in acht zunehmen. 608.
- CAPUT IX.
- Von vielerley Art Fesseln / Ketten und Banden / womit vor alters die Knechte und Gefangene beleget und angeschlossen wurden / theils auch noch heut zu tage üblich sind. 616.
- CAPUT X.
- Vom Gefängnis und dessen Straffe. 623.
- CAPUT XI.
- De damnatione ad latomias & ad fodiendam arenam: Item ad opus publicum & in pistrinum. 691.
- CAPUT XII.
- De condemnatione in metallum, in opus metalli, & ministerium metallicum. 695.
- CAPUT XIII.
- Von den Zucht-Werck-Rasp- und Spinhäusern. 703.
- CAPUT XIV.
- Von den gemeinen Straffen bey Hofe / als Führung in die Küche / Küchen-Schilling / Anhängung der Jungfer / auch Abstraffung mit den Spanischen Mantel / eisernen Kappen und dergleichen. 725.
- CAPUT XV.
- Vom Weidmesser-Schlagen / Item von Pritschen. 727.
- CAPUT XVI.
- Vom Stock-Schilling. 729.
- CAPUT XVII.
- De lapide vituperii & Cessionis bonorum. 737.
- CAPUT XVIII.
- Vom Lasterstein / Spannung in die Futter-Wannen / und Anthuung der Geigen. 744.
- CAPUT XIX.
- Vom Kaak. 748.
- CAPUT XX.
- Von Auspaucken und Aufsetzung eines Stroh-Krantzes. 749.
- CAPUT XXI.
- De supplicio Furcae. 751.
- CAPUT XXII.
- De Confinatione. 755.
- CAPUT XXIII.
- De Exilio, Ostracismo & Petalismo. 762.
- CAPUT XXIV.
- De deportatione in Insulam. 768.
- CAPUT XXV.
- De detrusione in Monasterium. 785.
- CAPUT XXVI.
- De interdictione aquae & ignis. 787.
- CAPUT XXVII.
- Von Schicken und Schmieden der Gefangenen auf die Galeen. 791.
- CAPUT XXVIII.
- De Catamidiatione. 796.
- CAPUT XXIX.
- Mithrare quid sit? & de poena mitra. 797.
- CAPUT XXX.
- De Ignominia Corbis, nec non de ea, qvae dicitur ad speculum adigi. 798.
- CAPUT XXXI.
- Von Anschlagung der delinquenten Nahmen an das schwartze Bret: Item von Einschreibung derselben in das schwartze oder rothe Buch. 800.
- CAPUT XXXII.
- Von den grünen oder gelben Hüten / welche die Banquerottierer und Falliten tragen müssen: Item von den Schelmen-Hütlein Sambenito in Italien. 805.
- CAPUT XXXIII.
- Von schimpflicher Reithung auf einen lebendigen Esel / das Angesichte nach den Schwantz zugekehret. 817.
- CAPUT XXXIV.
- Von Recantation und Wiederruff der ausgestossenen injurien und Schmach-Reden / auch Schlagung seines eigenen Mauls. 324.
- CAPUT XXXV.
- Von Stellung am Pranger und Hals-Eisen. 829.
- CAPUT XXXVI.
- De Jugo, & missione sub jugum. 840.
- CAPUT XXXVII.
- Sepulchro claves superponere, die Schlüssel aufs Grab legen quid sit? 843.
- CAPUT XXXVIII.
- Von der zeitlichen und ewigen Landes-Verweisung. 844.
- CAPUT XXXIX.
- Vom Staupenschlag. 865.
- CAPUT XL.
- Von der Straffe Tratto di Corda, Wippen / Prellen / Schnellen / am Wipp- oder Schnell-Galgen. 900.
- CAPUT XLI.
- De fronte cauteriata, sive de stigmatis inustione, von Bren̅nung eines Zeichens oder Mahls vor der Stirn / auf der Hand / Rücken oder andern Orten des Leibes. 904.
- CAPUT XLII.
- Von Ausstechung der Augen. 916.
- CAPUT XLIII.
- Von Abschneidung der Ohren und Nasen. 930.
- CAPUT XLIV.
- Von Abschneidung der Lippen und Zunge. 924.
- CAPUT XLV.
- Von Zermalmung der Kinnbacken / item Ausschlag- und Ausbrechung der Zähne. 954
- CAPUT XLVI.
- Von der Schande des Bartspeiens / und einer besondern Straffe mit Menschen-Speichel: Item de Barba pice illita. 957.
- CAPUT XLVII.
- Von Abschneid- und Zerreissung der Brüste. 959.
- CAPUT XLVIII.
- Von Abhauung der Finger. 962.
- CAPUT XLIX.
- Von Verhauung der Daumen und Zehen. 980.
- CAPUT L.
- Von Abhauung der Hände. 989.
- CAPUT LI.
- De Lumbifragio. 1007.
- CAPUT LII.
- Was [Greek words] und [Greek words] vor Straffen gewesen. 1007.
- CAPUT LIII.
- Von Ausschneidung der Manns- und Weibes-Bilder. 1009.
- CAPUT LIV.
- Von Abschneidung der Geburts-Glieder. 1019.
- CAPUT LV.
- Mentula damnata tributis quid sit? 1066.
- CAPUT LVI.
- De Crurifragio oder von Zerbrechung der Gebeine an den Ubelthätern. 1068.
- CAPUT LVII.
- Von der Falaka, Schlag- und Aufschneidung der Fuß-Sohlen. 1070.
- CAPUT LVIII.
- Von Abhauung der Füsse. 1073.
- CAPUT LIX.
- Von Beschlagung der Hände- und Füsse mit Huf-Eisen.
- CAPUT LX.
- De [Greek words], oder von Hunde-tragen. 1080.
- CAPUT LXI.
- Von der Straffe des Haar- und Bart-Abschneidens. 1095.
- CAPUT LXII.
- Von der Degradation der Maleficanten / ehe und bevor sie / hingerichtet werden. 1131.
|| [ID00012]
|| [ID00013]
|| [ID00014]
|| [1]
CAPUT I.
Von den Berichten ingemein: Insonderheit aber denen peinlichen Hals-Gerichten
/ wie dieselbe / vor Alters / bey allerhand Nationen und Völckern in
Gebrauch gewesen / und gehalten worden / auch zum Theil noch heut zu Tage
üblich sind.
I.
MAn saget / daß einsmahls die Mörder / Strassenräuber / Hexen / Diebe und ander
dergleichen loses Gesindlein bey der hohen Obrigkeit üm Abschaffung der Galgen /
Räder und Hexen-Stöcke angehalten / mit dem Vorwand / es wären fürchtliche Dinge
/ und solche Sachen / wofür die Reisende offt Nasen / Mund und Augen zuhalten
müsten: Aber die Antwort gefiehl: Daß es nicht eher geschehen würde / Sie
enthielten sich denn ihres Raubens / Mordens / Zaubern und Stehlens. Da fing
einer aus Ihnen / der vor andern behertzt war / an und sprach:
Gnädige Herren / wir haben die Mauserey / Würgen / Zaubern und Stehlen nicht
erfunden / vielweniger gedencken wir es abzubringen / es ist vor uns gewesen /
wird auch wohl nach uns bleiben. Ey so müsset ihr Bösewichter wissen /
replicirten die Richter / daß wir gleicher gestalt weder Galgen oder Rad gebauet
/ noch auch die Hexen-Stöcke zu allererst setzen lassen / vielweniger dieselbe
erdacht haben / geschweige euch zu Gefallen abschaffen werden.
Johann Stiefler im geistlichen Historien-Schatz c. 36. p. 2232.
II. Denn solche Zeichen der hohen Gerichtbarkeit werden eben um des Willen
gesetzet und aufgerichtet / auch der justificirten Ubelthäter Cörper am Galgen
und auf den Rädern denen Raben zur Speise gelassen / daß gottlose / [2] und frevelhaffte Buben sich davor scheuen und fürchten
lernen / ein Exempel dran nehmen / und von ihren Unthaten ablassen.
Jodoc. Daemhouder. in Prax. Crim. c. 153. n. 13.
Petr. Gregor. Tholosanus, Syntagm. Jur. Univers. lib. 31. c. 14. num. 8.
Benedict. Carpzov. Pract. Crim. part. 3. qvaest. 101. n. 9. III. Und wo die Galgen und Räder wohl bespicket sind / ist es gemeiniglich eine Anzeigung / daß die hohe Obrigkeit scharf und strenge über die Justitz / auch das Land von bösen und schädlichen Leuten rein halte. IV. Immassen dann ohne dem das Ampt eines jedweden GOtt- und die Gerechtigkeit-liebhabenden peinlichen Richters solches erfordert.
L. congruit in pr. L. Praeses 3. in fin. ff. de offic. praesid.
L. 1. §. qvies 12. ff. de offic. Praetor. Urb.
c. dominus vers. justa autem bella 23. qv. 2.
c. administratores 23. qv. 5. §. si qvis.
Novell. 86.
Rudolph. Godofred. Knich. Oper. Polit. volum. 1. lib. 2. part. 1. c. 12. column. 632. V. Weil dem Allerhöchsten kein besser und angenehmer Opfer gebracht werden kan / als wenn grausame Ubelthäter / ihren Verdienste nach / abgestraffet / und aus dem Wege geräumet werden / juxta Senecam, -- Victima haut ulla amplior Potest, magisqve opima mactari Jovi, Qvam homo iniqvus.
Christoph. Crusius de Indiciis delictorum part. 1. c. 1. n. 39.
Casp. Zillesius in tr. de mulcta & jure mulct andi cap. 10. n. 47.
Wilhelm Anton Freüdenberg in coroll. Analect. ejus de Rescript. morator. postpos. Sect. ult. coroll. 2. ibi profecto Sanctissima pag. 35. VI. massen denn die Obrigkeit das Schwerdt darüm führet / daß Sie Gottes Dienerin / und eine Rächerin sey zur Straffe / über alle die böses thun.
Paulus Epist. ad Roman. 13. v. 4. Gladium habet à DEO ad Consolationem bonorum, & ad terrorem malorum. Si ergò malos non punit, qvando potest, nocet Reip. & bonis.
Gratian. Caus. 23 qq. 4. & 5.
Camerar. lib. 1. Medit. Hist. cap. 100. & mactat oves, qvi lupis parcit,
Besold. dissert. de poenis. cap. 3. §. 3. VII. Wachsen nun die Ubelthaten und nehmen zu / ey so ist ja billig und recht / [3] daß die Straffen / dem Bösen zu steuren und wehren / auch gescherffet und gemehret werden / juxta
L. 16. in sin. ff. de Poenis.
L. ult. C. de Episcop. & Cler.
Carpzov. Pract. Crim. p. 2. q. 77. n. 20. IIX. gestalt denn auch die öffentlichen Gerichte üm des Willen angestellet / und eingeführet sind / die Missethäter mit gebührenden Ernst abzustraffen / und allerhand Streit-Händel und Zwistigkeiten darinne zu entscheiden / zu erörtern und beyzulegen.
Cicero in Orat. pro Caecinna. IX. Doch haben die Judicia Criminalia und Straff-Gerichte eher als die Jud cia Civilia ihren Anfang genommen / welches Petrus Gregor. Tholosanus in Syntagm. Jur. Univ. lib. 22. c. 24. n. 2. artig zeiget / wenn er also setzet: Prius homo deliqvit, qvàm bona divisit, & damnatus primum Adam ipse, cum in communione degeret, Genes. c. 3. In Paradiso Judicíalis Ordo coepit, ibi enim ob escam homo deliqvit attentatam, se ipsum accusavit, & latere voluit, interpellatus à Deo, & vocatus, ubi esset? ibi per [Greek words], interrogationem & responsionem examinatus; dehinc confessione extortâ, cum sociis sceleris Evá & Serpente, Sententia punitus ejectus ex loco voluptatis. Coeperunt & postea possessiones distribui, ex qvibus orta sunt jurgia Civilia, & saepè Criminalia. add.
Clem. dudum de Sepult. c. 1. ne cler. vel monach.
L. proper andum ff. de Jud.
Can. qvo jure 8. dist. can. dilectissimus 12. q. 1. ex concupiscentiis enim hominum lites ortae sunt. Jacob. 4. X. Et constat, posse aliqvem delinqvere, anteqvam possit bona tractare, aut pro his litigare, ut & puerorum delicta sunt,
c. 2. de Delict. pueror.
c. Juvenis de Sponsal.
Can. Parvuli de consec. dist. 4.
L. 1. C. si advers. delict.
L. si arrogati ff. de tutel. & tamen in illos Judicia Civilia aut actiones, L. cum praetor de Jud. L. 2. de Reg. Jur. vel passivè non cadunt, qvia moventur eorum tutoribus vel Curatoribus.
|| [4]
tit. qvi Legit. Person. Standi in jud. hab.
ipsi enim qvid agant ignorare dicuntur.
L. 2. de Reg. Jur. L. 1. §. impuberes C. de fals. monet.
XI. Und ob wohl einige die Obrigkeit vor klug und fürsichtig halten / welche
nicht alles zu Boltzen drehet / nicht zu scharf ist / sondern vielmehr mit
Sanfftmuth / Gelind- und Freundligkeit regieret /
Plutarchus in Phocyon.
Plinius lib. 4. Epist. Und die / wie die Medici selten / oder doch nur in eussersten Nothfall / das Schneiden und Brennen vornimmt.
Dien. lib. 55.
Arnisaeus lib. 1. Polit. c. 16.
Reinking. de Regim. Secul. & Ecclesiast. lib. 2. class. 2. c. 6. num. 6. Sicuti enim Medico indecora sunt multa vulnera: ita etiam Principi multa supplicia.
Seneca 1. de Clementia 24. & de ira lib. 2. c. 33.
Ventur. de Valent. parthen. litigios. lib. 1. c. 14. n. 17. utitur qvippe bonus Princeps subditis ut liberis, Petr. Gregor. Tholosan. lib. 8. de Rep. c. 1. n. 20. estqve eorumqve pater, Homerus Odyß ???. Pro peccato autem magno parum supplicii satis est patri, Terent. in Heautontimor. Et bonus Princeps amorem apud populares, & timorem apud hostes sibi conciliare solet, Tacitus lib. 11. Annal. nec ulla ad DEUM homines propius accedunt ratione, qvam salutem hominibus dando, Cicero in Orat pro Ligario. XII. So muß doch dieselbige in Bestraffung des Bösen nicht zu weich / gelinde und furchtsam seyn / sondern ihr Schwerdt schneiden und Rache üben lassen: Denn es ist Ihr nicht drum gegeben / daß es immer in der Scheiden bleiben solle / und nur zum Ornat und Schmuck getragen werde / wie Johann Schelhammer in refut. Postill. Valentin. Weigel. cap. 13. pag. 202. redet. XIII. bevorab da dem gemeinen Wesen sehr viel dran gelegen ist / daß die Ubelthaten mit rechten Ernst abgestraffet werden.
|| [5]
L. ita Vulneratus ad L. Aqviliam 14. C. de poenis.
L. si longius §. 2. ff. de Indiciis.
L. in delictis §. cum Dominus ff. de Action. XIV. Damit die Obrigkeit sich nicht selber frembder Sünden theilhafftig mache. D. Casp. Zigler. conclus. 47. §. 6. & 7. qvi enim punire potest Crimen, nec punit, non minus coram Deo reus est, qvàm si id ipse perpetrasset. Marc. Anton. Freudenberg. d. Sect. 7. coroll. 2. pag. 34. column. 2. XV. noch auch Blut-Schulden auf das Lande lade. Devteronom. 21. v. 7. 8. & 21. welche GOttes Feuer-brennenden Zorn und erschreckliche Straffen nach sich ziehen / daß offt gantze Königreiche / Fürstenthümer und Republiqven drüber zu Grunde gegangen.
Vid. Petr. Gregor. Tholosan. lib. 10. de Republ. cap. 2.
D. Joh. Gerhardi centur. qvaest. Polit. Decad. 6. qvaest. 1.
Middendorp. qvaestion. Politic. 4.
Besold. Class. 2. Disp. Polit. 2. n. 1.
Bodin. lib. 5. de Republ. n. 542. XVI. Ja grosse Herren und Potentaten weil sie die Ubelthäter nicht abstraffen wollen / erstochen und elendiglich ümgebracht worden / wie sonderlich das Exempel des Königs Philippi in Macedonien / welchen der Pausanias üm des willen entleibet / weil er die Sodomiterey an dem vornehmen Minister Attalo, die er an den Pausania begangen / auf vielfältiges Klagen und Erinnern / nicht rechen wolte / sondern nur drüber lachte / Curtius lib. 1. Supplement. und andere mehr ausweisen. XVII. So gebeut GOTT selbst Devteronom. c. 17. v. 7. &c. 19 v. 21. daß die Obrigkeit die Bösen und Ubelthäter von sich thun / und ihr Auge derselben nicht schonen / sondern Seele üm Seele / Auge um Auge / Zahn üm Zahn / Hand üm Hand / Fuß üm Fuß wieder hergegeben und gelassen werden solle. add. Jerem. c. 48. v. 10. XVIII. Und dienet die Abstraff- und Hinrichtung solcher Missethäter vornemlich darzu / daß diefelbe / als böse Gliedmassen abgeschnitten / der übrige Leib aber unangestecket verbleiben möge Carpzov Part. 3. Pract. Crim. qvaest. 101. num. 14. Poenarum irrogatione peccata coërcentur, tollitur improbitas, innocentia conservatur, consolationem hauriunt illi, qvi injuriam passi sunt.
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Oldradus Consil. 3. Nec domus ulla nec Respublica stare potest, si in ea nec rectèfactis praemia extent, nec supplicia peccatis. Cicero 3. de Natur. Deor. qvibus duobus, qvasi fulcris Rempubl. contineti Sapientissimus dicebat Solon, Idem Epist. 15. ad Brutum. Et in his duobus, praemiis scilicet & poenis Justitia versatur, qvâ remotâ Regna non nisi magna sunt Latrocinia. Augustin. lib. 4. de Civitate Dei cap. 4. Nisi enim per Justitiam distribuitivam praemia bonis, poenae malis ac facinorosis irrogentur, Leges in extremum deducuntur contemptum, ac conseqventia necessaria Resp. pessum ire cogitur. Carpzov. part. 3. qvaest. 101. num. 2. Pract. Crim. Hinc etiam poëtae finxerunt, ne Jovem qvidem sine justitia ultrice regnare & gubernare posse. Lactantius cap. 17. de ira DEI. XIX. In Ansehung dessen haben vor Alters die Regiments-Räthe in Griechenland / damit sie bösen und ruchlosen Leuten möchten Zucht und Erbarkeit lehren / in den Tempel ihres Abgotts zu Delphis allerhand schröckliche Bilder / wie die und jene Person / so nicht recht gethan / durch den Scharffrichter grausam sey vom Leben zum Tode gebracht worden / mahlen lassen / mit der Bedeutung / wolten sie ein besser Ende nehmen / müsten sie solche Unthaten nicht begehen. Marcellin. Pisc. Dom. 1. Quadrages. Stiefler in geistlichen Historien-Schatz cap. 36. pag. 2141. XX. Fast ein gleiches referiret Erasmus Francisci in seinen Neu-polirten Geschicht-Kunst- und Sitten-Spiegel / in Beschreibung der Sineser Gerichts-Säle / lib. 2. Discurs. 2. pag. 316. wenn er also setzet: In einen grossen Saal / so in Form eines Vor-Tempels gebauet / und von oben biß unten mit vielen Gemählden besetzet / waren allerhand schreckliche Straffen vorgestellet / so die Scharffrichter / in schreckhafter Gestalt / grausamer Positur und Geberdung / an Leuten von allerhand Stande vollzogen. Unter jedweder gemahlten Execution lase man eine solche Uberschrifft: Dieser wird mit einem solchen Tode gestrafft / weil er eine solche Mißhandlung verübet hat.
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War also an den Gemählden eine Erklärung entworffen / wes Todes eine jedwede
Missethat schuldig wäre / auch wie strenge und scharf solche Lebens-Straffe
würde exeqviret.
XXI. Eben dahin hat der Römische Magistrat geziehlet / wenn Er Ihm durch die
Lictores FASCES ET SECURES, Ruthen und Beile / als Straff-Zeichen der
Delinqventen / vortragen lassen.
XXII. Deßgleichen Basanus der Sicambrer König / vor welchen allezeit / wo Er
gieng und stund / jemand ein bloses Schwerdt und Strick hertragen muste: Gestalt
Er dann so strenge war / daß Er auch seinem Sohn / wegen begangenen Ehebruchs /
ungeachtet aller Vorbitte / mit eigner Hand den Kopf abhieb / dabey sagende: Non
Ego Te, Fill, Occido, Sed Lex Patria.
Trithem. lib. 1. breviar. Hist. Franc. in VI. Rege Basano.
XXIII. Diesem kömmet fast bey die Gewonheit der Areopagiten oder Blut-Richter zu
Athen / welche so ernsthafft waren / daß bey Leibes-Straffe keiner in Ihrer
Gegenwart lachen durffte. D. Johann. Philip. Pfeiffer Antiq. Graec. Gentil. lib.
2. c. 33. pag. 287.
XXIV. Wie auch der Römer / welche ihre Gerichte gemeiniglich unter den blossen
Himmel hielten / welches entweder darum geschahe / daß / wie Wesenbecius und
andere davor halten / männiglichen der Verdacht aller Furcht und Schrecken
benommen / oder / wie Melchior Junius tom. 2. Orat. de AEdificiis publicis will
/ jederman vor Augen gestellet werden möchte / daß gottlosen bösen Buben und
Ubelthätern gerechte und schwere Straffen bereitet wären / andere aber sich vor
Sünden / Schand und Lastern hüten lerneten. Oder nach des Gryphiandri Meynung /
daß / wenn der Richter mit seinen Augen hinauf gen Himmel sehe / Er sich der
Gegenwart des Höchsten GOttes erinnern / und üm so vielmehr recht zu richten
angereitzet werden möchte.
XXV. Mit welchen das Sächsische Lehn-Recht Cap. XXXV. §. 19. & LXV.
übereinstimmet / ibi: Lehn-Recht soll nicht in einem verschlossenen Ort gehalten
werden.
XXVI. Es wird auch noch heut zu Tage an vielen Orten das peinliche Hals-Gericht
unter blauen Himmel geheget und gehalten / eben wie im Kriege das Stant-Recht.
XXVII. Und lieset man daß vor diesen die Teutschen Käyser / wenn sie ihren Zug
gen Rom / der Krönung halber / gethan / und das gefährliche Alp-Gebirge / und
die Berner-Clusen zurück geleget / ehe sie in jetzt gedachte Stadt ihren Einzug
gehalten / erst in der schönen Gegend bey Placenz an den Po-Fluß / [8] in den weiten Gefielde ihre COMITIA SUBDIALIA gehalten
/ allwo von des Reichs Nothdurfft / Recht / Gesetzen / Krieg und Frieden
deliberiret / auch ein jeder / welcher eine Gnade von den Käyser verlanget /
allda sich einfinden / und seine Aufwartung thun müssen. Derjenige aber / so
ohne erlangten Verlaub / ungehorsamlich aussen geblieben / ist als ein ingratus
Cliens, der Lehn verlustigt gewesen / so wohl Geistlicher als Weltlicher.
Otto Frising. lib. 2. c. 12.
Marquard. Freber. ab. Constit. Caroli 111. de Feud.
Rittershus. lib. 1. part. Feud. cap. 1. n. 4. & lib. 2. c. 4. n. 36. & c. 5. n. 47. XXIIX. Dergleichen Zusammenkunfften haben auch die Churfürsten gehalten / nicht weit vom Schloß Lohn-Stein beym Rhein / als Käyser Wenceslaus wegen seiner Undüchtigkeit des Reichs entsetzet worden / daher noch ein Ort / der Königs-Stuhl genannt / zwischen Holtz und Büschen / so seither dem da aufgewachsen / gezeiget wird.
Henel. in otio Wratislav. cap. 24. pag. 198.
Gryphiand. de Weichbild Saxon. cap. 56. num. 3. & 4. XXXIX. Die Juden hielten ihre Gerichte in den Thoren / davon mancherley Ursachen gegeben werden. Erstlich daß nicht allein die Bürger / sondern auch die Land-Leute und Bauren einen desto füglichern Zutritt hätten / und nicht benöthiget wären / deßwegen gar in die Stadt hinein zu gehen / sondern bey ihren Ein- und Ausgang gleich ihre Sachen fürtragen / und nach dem sie verabschiedet / alsobald wiederum heim an ihre Arbeit reisen könten. So hat auch durch diese Gelegenheit des Orts die Gerichts-Handlung leichtlich allen Volck kund werden können. Uberdas werden die Richter dabey stillschweigends erinnert / daß sie keinen die Verhör verweigern / oder sauer machen / sondern jedweden gern und bald für sich gestatten / ja ihm gleichsam begegnen solten / und die Verabscheidung möglichstes Fleisses befordern / ohne Aufschub / Verzögerung und Aufhaltung derselben. Zudem sind solche Oerther bequem allerhand Verspähungen / Hinterlist und Verrätherey zu verhüten / welche sonst leichter ihren Unterschleif finden / wenn das Gericht mitten im Lager / oder in der Stadt gehalten wird / da man die Umstehende so genau nicht beobachtet / noch kennet / wie im Thor.
Zepper in Explanat. Legum Mosaic. lib. 5. cap. 12.
Erasm. Francisci in den Neupolirten Geschicht-Kunst- und Sitten-Spiegel lib. 2. disc. 2. p. 335.
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XXX. Sonsten aber hatten die Juden ihr Sanhedrin oder grosse Raths-Versam̅lung zu Jerusalem / welche von Moyse zu erst angeordnet / darinne
waren siebentzig Beysitzer / hat auch zu der Richter / Könige und Hohenpriester
Zeiten gewähret / biß an die letzte Verwüstung Jerusalems. Solche Versam̅lung ward in den Heiligthum (wie Cunaeus aus den Rabbinen
erweiset) selbsten angestellet: Allwo die siebentzig Gerichts- und Raths-Herren
beydes geist- und weltliche Sachen richteten / und diese waren von den Edelsten
und Aeltesten Geschlechtern erwehlet / galt auch weiter keine Appellation von
ihnen. Was die Obrigkeiten und Richter in den andern Israelitischen Land-Städten
/ ja auch die Unter-Richter in der Haupt-Stadt Jerusalem selbsten nicht
schlichten kunten / das gelangte alles für dieses Ober-Gerichte.
XXXI. In ihrem Mittel waren zween / so an Authorität und Ansehen den andern
vorgiengen; deren einer das Haupt des gantzen Synedrii oder Consistorii gewesen
/ und von den Talmudisten der Fürst oder Fürnehmste aller Orten benamset wird.
Nechst demselben war ein ander / von Ansehen etwas geringer / und hieß der Vater
des Gerichts / unter den andern befand sich eine durchgehende Gleichheit.
XXXII. Diese Raths- und Ober-Gerichts-Würde ward keinen / ohne gebührliche
Ceremonien und Zierligkeit ertheilet. Vor allen Dingen musten den Neu-erwehlten
die Hände aufgeleget werden: Gleichwie Moyses und Josua denen siebenzig
Aeltesten thaten. Nach welcher feyerlichen Handlung alsobald der Geist der
Weißheit von oben herab auf sie gefallen / und ihren Verstand erleuchtet hat /
wie abermahl Cunaeus mit den Talmudisten redet. Und nachdem diese also
geordiniret / haben sie hernach andern also wiederum die Hände aufgeleget: Doch
konte solcher Gebrauch nicht ausserhalb des heiligen Landes verrichtet werden.
XXXIII. Alle solche Beysitzer musten ungebrechlichen Leibes seyn: Denn der einen
Mangel hatte / war solcher Ehren-Stelle nicht fähig. Frembde und Ausländische
wurden auch nicht angenommen / sie waren dann von einer Jüdin gebohren. Ihnen
lag ob das gantze Jüdische Land durchzuziehen / die Conventen und Versammlungen
des Volck zu besichtigen / in den Städten Obrigkeiten und Beampten zusetzen:
Auch die Cabala, oder Geheimnissen / so von Hand zu Hand von Anfang her ergangen
/ und in stetiger Gedächtniß beybehalten / zu authorisiren und zu deuten: Wie
nicht weniger in geistlichen Dingen einige Satzungen und Gebräuche zu stifften /
gewisse Weise / Lehr / Ordnung und Mittel an die Hand zu geben / wie man [10] das Gesetze am füglichsten könte lehren und auslegen.
Wer in geistlichen Rechten und der Cabala erfahren / aber dennoch / bey einigen
vorfallenden Zweiffel / dasjenige / was das gesambte Sanhedrin geschlossen /
nicht fürgenehm halten wolte / der ward hernach von dem gantzen Consistorio zum
Tode verdammet. Der Propheten und geistlichen Mißhandlungen wurden gleichfalls
vor diesen hohen Gerichte beurtheilet. Eben dieselbe setzten den König ein / und
berathschlagten alles / was zu Abtreibung des Feindes / oder Erweiterung des
Reichs angesehen: Jedoch mit Zuziehung des Volcks / weil hieran die gemeine
Wohlfahrt hing: Zu welchem Ende denn Reichs-Täge angestellet wurden / darauf
unterweilen einige Schlüsse / nach Beliebung des gantzen Volcks / gemacht
wurden. Das übrige alles haben die Rathsherren des Sanhedrin für sich allein
expediret / und solches desto besser thun können / weil man in dieses
Consistorium lauter wohlgeübte und kluge Leute gesetzt.
XXXIV. Ohne das Sanhedrinische funden sich zu Jerusalem noch zwey andere
Concilia, und in jeglichen 23. Richter. Gleichwie aber das grosse Concilium
Sanhedrin in dem Theil des Tempels war / so man Gazich hieß: Also ist eines
dieser beyden Richthäuser bey der Pforten des Eingangs oder Vorhallen des
Tempels gestanden: Das andere neben der Pforten / dadurch man zum Tempel-Berge
hinauf gieng.
XXXV. Ausser jetzt gedachten dreyen Concilien-Rath- und Richthäusern in Jerusalem
/ haben auch andere Israëlitische Städte / jedwede ihre Rath- und
Gerichts-Herren gehabt / in der Zahl drey und zwantzig Personen / die über der
Einwohner Gut und Blut / und sonst in allen Sachen das richterliche Am̅t verweset: Etliche wenige Fälle ausgenommmen / welche /
obberührter gestalt an den Sanhedrinischen Consess verwiesen wurden.
cit. Francisci d. tr. lib. 2. disc. 4. pag. 347. 348. & 349.
add.
Petr. Gregor. Tholos. lib. 4. de Rep. cap. 5. n. 28. & 29.
Allwo er anführet / daß drey- und zwantzig Beysitzer von obgedachten Siebenzigen
die peinliche Gerichte bey den Juden exerciret.
XXXVI. Bey den Bithyniern war der Richter-Stuhl gleich gegen der Sonnen gebauet /
weil sie davor hielten die Sonne wäre gleichsam als ein Gott und Praesident des
Gerichts zu gegen / die Streit-Sachen zu entscheiden / und Recht zu sprechen.
Alexand. ab Alexandr. lib. 3. Genial. dier. c. 5. pag. 292.
XXXVII. Zu Carthago sprachen alle Stadt-Obrigkeiten zugleich das Urthel.
|| [11]
In AEgypten die Priester / unter denen der älteste Gerichts-Praesident war / ein
Mann von unsträfflichen Sitten / der am Halse ein Saphiernes Bildlein hangen
hatte / welches die Warheit genennet wurde.
XXXIIX. Bey den Galliern waren die Druidae nicht allein dem Götzendienst
vorgesetzet / sondern sie hatten auch so grosse Gewalt in weltlichen Sachen und
Gerichten / daß ihnen auch die Könige zu Gebot stehen musten / ut Dio Prusaeus
apud Suidam vult.
Diodor. Siculus lib. 5. Bibliothec.
De omnibus Controversiis, qvà publicis, qvà privatis constituebant, & si
qvod fuerat admissum facinus, si caedes facta, si de hereditate, de finibus
controversia, iidem decernebant, & ut eò purius sanctius ac castius
administraretur Diva Justitia, certo anni tempore in finibus Carnutum, qvae
regio totius Galliae media habetur, (amoenissima, sylvis ac nemoribus
caesariata, hodie chartres nominatur) considebant in loco consecrato, qvo omnes
undiqve, qvi controversias habebant, conveniebant, eorumqve judiciis ac
Decretis, tanqvam Sacro-sanctis parebant.
Conf. Jul. Caesar. lib. 6. comm. de bello Gallico.
XXXIX. Wer ihren Schluß und Ausspruch sich nicht gemäß halten und demselben
gehorsamen wolte / dem ward mit vielen vermaledeyen Wasser und Feuer verbothen /
und als ein gottloser Mensch von den Opfern ausgeschlossen und bannisiret.
Welches bey ihnen vor die höchste Straffe gehalten wurde / sintemahl keiner mit
einen solchen Menschen / als der gleichsam in die Acht erkläret war / mehr
ümgieng / noch redete / sondern von ihn flohen / gleich hätte er eine
ansteckende Seuche an sich / ja es wurd ihm kein Recht mehr gesprochen / wenn er
gleich drum bat / noch auch einige Ehre erzeiget.
d. Caesar. d. lib.
XL. Käyser Tiberius und Claudius aber haben nachgehends nebst dem Götzendienst
auch ihre Gewalt cassiret und auf gehoben / zumahl da sie ihren vermeinten
Göttern lebendige Menschen geopfert.
Sveton. in Claud. c. 25.
Diod. Sicul. d. lib. 5.
Aurelius Victor in Claud.
Lipsius in notis ad 12. Annal. Taciti.
Esaias Pufendöfer in Dissert. de Druidibus, Lips. 1650. bab. [Greek words] n. & O. XLI. Zu Athen wehleten jede Zünffte aus dem Volck füns wohlberüchtigte Männer / so über 30. Jahr alt waren / welche unter ihrer Zunfft das Rich [12] ter-Am̅t vertraten / und alle beym Apollo, Ceres und Jupiter schwuren / sie wolten in denen Sachen / so in gemeinen Stadt-Gesetzen entchieden / nach den Gesetzen sprechen / in denen aber / worüber kein Gesetze geschrieben / nach der Billigkeit richten. XLII. Der Tribunalen oder Richthäuser waren Zehen / nach Anzahl der Zünffte / und mit rothen Buchstaben bezeichnet. An dem ersten stund ???. am zweyten ???. und so fort biß auf ???. alle Richter hatten ihre besondere Schreib-Tafeln / und eine Ruthe / oder Stock / so mit eben demselbigen Buchstaben bemercket / der ans Richthauß gemahlet war.
Scholiast. Aristoph. in Plut.
Joh. Philipp. Pfeiffer Antiq. Grac. Gentil. lib. 2. c. 26. XLIII. Wenn die Zeit des Gerichts herbey nahete / kamen sie alle auf den Richtplatz / der mit Stricken ümher bezogen war / daß niemand / der nicht zu klagen hatte / sich hinbey dringen durffte / zusammen. Es ward auch ein Zeichen mit der Trompeten gegeben / daß das Volck welchen muste. Da wurden ihre Nahmen alsdann durchs Loß aus einen Geschirr gehoben / und nach Anweisung desselben trat einer nechst den andern auf / üm sein Votum zu geben. XLIV. Sonst sassen die Gerichts-Herren auch anderswo / als im AREOPAGO, welcher Ort mitten in der Stadt Athen auf einen Hügel lag / und ihrem Abgott Marti geweihet war / drum es auch [Greek words] genennet wurde. [Greek words] enim est Mars, & [Greek words] summitas petrosae aut acutae petrae exsurgens in Summitatem, ut vult M. Joh. Schedius in Areopago c. 1. §. 3. in fin. Hinc Interpres Euripidis [Greek words] per Martium collem vertit. Vide qvoqve Suid. in voce [Greek words]. In welchen nur von Schweren und wichtigen Sachen gehandelt wurde / und ihr höchster Rath oder Gericht war. D. Joh. Philip. Pfeiffer l. c. pag. 243. XLV. Es hatte aber solch Gerichts-Haus ein schlechtes Ansehen / denn es war gantz niedrig / und noch darzu mit Erden oder Leimen bedecket.
Vitruvius lib. 2. cap. 1.
Schedius d. c. 1. §. 5. Noluit enim populus Atheniensis locum Judicii sui similem esse AEgyptiorum Templis, qvae extus splendebant, intus verò horribilissimis Deastris referta erant: maluit potius optimos Judices, eosdemqve summa innocentia, virtute & prudentia praeditos, contineri in aedificio stramineo, [13] qvàm tam Monstrosos Deos, more AEgyptiorum, in auratis Templis colere. Theodoretus lib. 3. Graecanicarum affectionum. XLVI. Jedennoch sahe man darinne 2. silberne Steine / einen zur Lincken / auf welchen der Kläger / und den andern zur Rechten / auf welchen der Beklagte saß. Ille [Greek words] LAPIS INJURIAE seu CONTUMELIAE; hic [Greek words] LAPIS IMPUDENTIAE cognominabatur. Pausan. in Attic. Die Steine waren darum von Silber gemacht / damit die streitende Partheyen sich darbey erinnerten / daß sie in Anklagen und Widersprechen sich der Integrität und Auffrichtigkeit befleissigen / und nichts vorbringen solten / als was wahr wäre / denn gleich wie das Silber nicht rostet; also solten / auch die Partheyen von aller Falschheit und widrigen Affecten frey seyn. Hadrian. Jun. animad. lib. 1. cap. 3. Ab his lapidibus argenteis lapidem illum apud Romanos, ad qvem Praeco pronunciabat ad populum, rerumqve venalium sectio, itemqve distractio & permutatio instituebatur, originem duxisse Autor est Joh. Baptista Pius annot. poster. c. 55. XLVII. Es befand sich gleichfals des Plutonis und Mercurii, wie auch der Erden Bildnisse und Säulen / denen diejenige / so den Hals davon brachten / opferten / wie auch die Statua des Heldens Lyci in gestalt eines Wolfes. Schedius d. c. §. 7. XLIIX. Ferner war allda zu finden Ara Minervae Avenae, welchen Orestes, als er von der Todes-Straffe absolviret wurde / aufgebauet / und ein Asylum vor alle Missethäter / ausgenommen die vorsetzliche Todschläger / daselbst angerichtet hatte. Pausan. & Joh. Bapt. Pius dict. Loc. Deßgleichen templum Eumenidum, darinn die Richter selber opferten / wenn sie über Menschen Blut richten wolten. XLIX. Solcher Martis-Richter Anzahl kam biß auf funffzig / wiewohl etliche weniger setzen. vid. Schedius cit. tr. c. 3. Und war ihr Ansehen so groß und hochgeachtet / daß man sie vor halbe Götter hielte. Drum nennet es auch Demosthenes, Orat. in Aristocrat. omnium maximè venerandum Areopagi Judicium. Wie auch Lysias in Andocidem, Venerandum & Justissimum, Item Seneca de tranqvillitat. cap. 3. Religiosissimum judicium. Gestalt es dann bey solchem Gericht alles autoritätisch und ernsthafft / ja [14] gantz verschwiegen hergieng: Drum auch die Sprüchwörter entstanden / Areopagitâ severior, Areopagitâ taciturnior.
Suidas in voce [Greek words].
Erasm. Roterod. Chiliad. 4. cent. 10. adag. 6. wiewohl nachgehends / als sie von der Observanz der alten Gesetze abwichen / Geschencke nahmen / und das Recht beugeten / sie sich selber in Schimps und Schande gesetzet haben / auch ihre Judicia improbiret und ausgelachet wurden.
vid. Meursii tr. de Areopag. c. 5.
Schedium c. 3. §. 5. L. Areopagitae Sententiam ferebant sum̅o cum silentio: modus autemerat talis: Cadisci seu Urnae duae positae erant, in qvas calculos immittebant, ut cognosci minime posset, qvis, cujusqve judicis esset: & qvae absolventium erat, ea [Greek words]. h. e. Misericordiae, etiam posterior appellata; qvae damnantium, haec [Greek words] i. e. Mortis, alio nomine anterior dicta, teste praeter alios Scholiaste Aristoph. in Vespas. Qvi absolvebant, in posteriorem, qvi damnabant, in anteriorem urnam calculum suum conjiciebant. Insuper prior etiam [Greek words] i. e. propria nuncupabatur, posterior [Greek words] i. e. impropria adstruente iterum Comici ejusdem Scholiaste ad easdem Vespas. ille aeneus hic ligneus erat,
idem ad Eqvites & Jul. Pollux lib. 8. cap. 10.
Conf. Gesner. Lex. Graec. sub voce [Greek words]. LI. Saepè factum etiam, ut cum de causa cognovissent judices, loco surgentes in has Urnas ipsi Calculum immitterent, qvidam autem retinerent. Tum praeco circumibat & circumse rebat urnam, ut colligeret: sed cum nihilo minus animi gratiâ qvidam calculum retinerent nec immitterent, Praeco eos, qvi retinuissent fortè, immittere jubebat. Scholiast. Aristoph. in Vesp. Sed qvoniam, conjectis in has Urnas Calculis, clam omninò haberetur, qvae cujusqve Sententia esset, [Greek words] dicebatur i. e. occultum Suffragium serre. LII. Aliàs palàm suffragia ferebant, in duabus illic mensis calculos abjicientes. Qvantumvis & XXX. Tyranni, ut in potestate suâ Areopagitas haberent, & suffragia pro libidine ferre cogerent, novo more, non in urnis, qvod solebant, sed in mensis ejusmodi calculos suos mittere jusserunt, teste Lysia in Orat. contra Agoratum. Secus qvàm fiebat in urnis, in qvas insuper Calculos conjiciebant, tribus digitis eos tenentes, pollice, indice ac medio. Aristoph. in Vesp. & ejusdem Comment. Deniqve cum calculi essent projecti à Judicibus, promebantur ex suis qvide Urnis singu [15] lae, inq; aliam aeneam conjecti, numerabantur, teste Scholiaste Comici ibid. LIII. Dinumeratis calculis, si reperti essent plures nigri in tabella Cerâ obducta, ungue lineam longiorem faciebant; qvod si albi essent plures, breviorem: lineaqve longiore condemnabant; breviore absolvebant.
Meursius in Areopag. p. 61.
D. Joh. Philip. Pfeiffer Antiq. Graec. lib. 2. c. 30. LIV. Jetztgedachte schwartze Steinlein welche die Areopagiten in ihren Blut-Gerichte gebrauchten / und damit den armen Sündern das Leben aberkanten / waren durchlöchert / die weissen aber damit sie absolvirten und loßsprachen / waren gantz. Ulpian. in Timocratem Demosthenis f. 823. B. Etliche sagen gar / daß solche schwartze Calculi von Schweine-Knochen gemacht gewesen. Laudat. D. Joh. Philipp. Pfeiffer Antiq. Graec. lib. cap. 29. pag. 269. Vor dem brauchten sie darzu weisse und schwartze Bohnen. Plut arch. in Pericle. Andere Kreiten und Kohlen.
Alex, ab Alexand. lib. 3. Gen. dier. c. 5. pag. 295.
Hic illud Ovidii lib. 15. Met amorph. vers. 41. & 42. Mos erat antiqvis, niveis atrisqve lapillis His damnare reos, illis absolvere culpâ. & Horatij lib. 2. Serm. Satyr. 3. Qvorsum abeant sani? an Creta an Carbone notandi? nec non Persii Satyr. 5. Qvaeqve seqvenda forent, & qvae vitanda vicissim, Illa prius Cretâ, mox haec carbone notasti. Noch andere Meerschnecken / etliche kleine geschmiedete Stücklein Metall oder Ertz / welche calculi forenses genennet wurden. LV. Das Gefäß darinn man sie warf / hieß Urna, der Hals oder die Röhre / darinn sie hinab fihlen / hieß Camus.
Jul. Pollux Onomast. lib. 8. c. 6.
D. Pfeiffer d. c. 29. lib. 2. p. 269. LVI. In Palladio richtete man die Todschläge / so aus Irrthum und unversehens geschehen waren. LVII. In Delphinio denjenigen / welcher nach den Rechten und Gesetzen einen andern das Leben genommen / an welcher Richtstatt Theseus loß gesprochen / nachdem er den Palantem, sam̅tdessen Söhnen erwürget.
|| [16]
LVIII. Im Prytaneo [war der fürnehmste Ort in Athentensischen Schloß / und
bedeutet so viel als das öffentliche Korn- und Proviant-Hauß] stellete man
gerichtliche Untersuchung an über die Schwerdter oder ander Gewehr / womit
jemand entleibet worden / vermöge des Draconis und Erechthei Gesetzen / nach
welchen solche Sachen öffentlich verdammet / und über die Grentzen weggeworffen
wurden / als des Theognidis Bildniß / so einen Menschen befallen und erschlagen
/ wiederfuhr.
LIX. In dem Gericht Heliaea, so aus vier andern bestund / un̅ den
allerwichtigsten Sachen gewidmet war / sassen nach Gelegenheit der Sachen 50.
oder 100. 200. auch wohl 500. Richter / welche [Greek
words] genennet worden. Ita dictum hoc forum, qvod in loco
subdiali esset & Soli exposito, qvi Graecis [Greek words].
LX. In Parabysto aber wurden die geringe Streitigkeiten entschieden / darinne
waren 11. Richter.
Gesner. l. c. voc. [Greek words].
Erasm. Francisci in den Neu-polirten Geschicht-Kunst und Wunder-Spiegel Lib. 2. disc. 4. p. 346. LXI. Wenn die Richter die Sentenz gesprochen hatten / bekamen sie von dem Colocreta, oder Rentmeister / der die gemeine Gelder in Verwahrung hatte / ihre Gebühren / als einen Triobolum, welche hernach auf 2. biß 3. endlich Aristophanis, des Comoedien-Schreibens / Zeiten auf eine Drachmam gestiegen.
Aristoph. in Vespis. Suidas v. Colocreta.
Jul. Pollux Onomast. lib. 8. c. 8. num. 10. LXII. Bey den AEgyptiern war der Gebrauch / daß demjenigen / so von Leben zum Tode gebracht werden solte / ein Strick üm den Hals gebunden / und ein Zaum in den Mund geleget wurde / welches das Zeichen eines zum Tode Verdammeten war.
Plutarch. in Cleomene.
Alex. ab Alexand. lib. 3. Gen. dier. c. 5. pag. 293. Item wenn der König dem Gefangenen gute Leckerbißlein und Speisen von seiner Tafel schickte. Welches auch nachgehends bey dem Römischen Kaysern also aufkom̅en.
Sveton. in Domitiano c. 11.
Alex. ab Alex. d. l. ibiqve Tiraqvell. in annotat. pag. 293. LXIII. Die Mohren haben gleichfals vor Alters durch den Büttel das Bild des Todes ihren Gefangenen / die sie an güldene Ketten legten / zugeschickt. Drauf sie sich selbst entleiben müssen / auf was vor Art und Weise es jedweden beliebte.
|| [17]
Pompon. Mela lib. 3. cap. 10.
Diod. Sicul. lib. 4. cap. 1.
Solinus cap. 33. Denn sie liessen niemand von ihren Unterthanen durch den Scharffrichter abthun / sondern es muste ein jeder sein eigner Nachrichter seyn / und sich selbst ümbringen / wie es ihm gut deuchte. Alex. ab Alexand. cit. loc. & pag. LXIV. Apud Babylonios, ubi Reges jura dabant, qvatuor aves è tecti culmine pendere dicuntur, qvae fortunae varietatem, & ne qvis supra hominem se efferret, admonerent, scribit Alex. ab Alexand. lib. 3. gen. dier. c. 5. pag. 292. LXV. Die Lacedaemonier strafften ihre Ubelthäter nicht bey Tage / sondern des Nachts ab /
Herodotus lib. 4.
Valer. Maxim. lib. 4. cap. 6. in fin.
Polyen. lib. 7. Stratagem. weil sie vor gefährlich hielten / der gemeinen Stadt die Vielheit der Ubelthäter öffentlich darzu stellen. Seneca 1. de Clementia D. Joh. Gerhard. decad. 6. qvaest. polit. 2. Ihre Richter waren auch eingeschlossen / daß weder sie die Partheyen / noch diese jene sehen konten / sondern sie judicirten aus dem Geschrey / was beyde vorbrachten. Alex. ab Alexand. d. l. p. 293. LXVI. Qvod aeqve apud Romanos ferè comperimus, qvibus ante horam decimam de absente judicare jus non erat, neqve intra trigesimum diem sortiri Dicam, qvod Lege Rupilia vetabatur. Tametsi noctu sumere supplicium de nocente non liceret, qvia nota esse Supplicia ad aliorum emendationem publicè censuere. LXVII. In den öffentlichen und peinlichen Hals-Gerichten zu Rom hat sich die Anzahl der Urthels-Sprecher auf fünff und siebenzig belauffen: Doch ist bey dem Praetore gestanden / so viele Rechts-Erkenner zu benennen / als ihm beliebet: Massen in der Sache des auf den Hals angeklagten Milonis, für welchen Cicero advocirte / ein- und funffzig derselben gesessen; In der Gerichts-Session über den Gabinum siebentzig / und eben so viel über den M. Saurum, nemlich 22. Raths-Herren / 23. Römische Ritter / und 25. Tribuni AErarii Schatz-Herren oder Renthmeister. LXVIII. Unterweilen ward in dergleichen Sachen auch wohl durch einhel [18] lige Beystimmung des Volcks ein Qvaestor (den man jetzo einen Inqvisitions-Praesidenten nennen möchte) erwehlet / welcher vor den Tribunal saß / gleichwie die übrige Urtheiler aus den Unter- und Neben-Stühlen des Gerichts / und das war kein gemeiner Qvaestor, welches sonst ein Rentmeister oder Schösser bedeutet / sondern Qvaestor rerum Capitalium, Oberster Untersucher und Verhörer Der Hals-Sachen / ungefehr wie jetziger Zeit in Niederland der Ober-Schultheiß ist. Delicta ne manerent impunita, à populo constituti sunt, qvi rebus Capitalibus praeessent, QVAESTORES PARRICIDII dicti, sive homicidii, qvi enim liberum hominem modò occidisset, licet non Patrem, matrem aut filium &c. parricida hìc intelligitur, qvae appellatio a L. 2. Numae Pompilij desumta. LXIX. Hisce minores erant Trium-Viri Capitales, qvorum meminit Pompon. in §. 30. qvi carcerum modò habebant custodiam. LXX. Adjuncti OCTO-VIRI qvi nocturno tempore praeerant, cum Qvaestoribus prodire nec tutum, nec decorum fuit. Hi summariè in delictis notoriis procedebant, praesertim in vilibus personis & nocturnis obambulatoribus flagellorum castigatione. arg. L. 1. §. 1. in fin. de offic. praef. Vigil. Hujus Magistratus meminit Sosia apud Plautum in Amphitr Act. 1. Qvi me alter audacior homo? aut qvi confidentior? Juventutis mores qvi sciam? qvi hoc noctis solus ambulem? qvid faciam nunc, si tres viri me in carcerem compegerint? inde cras ex promptuaria cella depromat ad flagrum? ita qvasi incudem me miserum homines octo validi caedant. vide plura in Joh. Sithmanni Specul. Imp. Romani c. 16. per tot. LXXI. Wenn über eine Malesiz-Person solte ein Urthel geschöpffet und ausgesprochen werden / musten die Richter ihre Vota, Stimmen und Gutdüncken auf eine lange Tafel hinschreiben / damit sie sich nicht etwa aus Unbedachtsamkeit übereilen / oder dem armen Unrecht thun möchten.
Alex. ab Alex. lib. 3. gen. dier. c. 5. pag. 294.
Stiefler in geistl. Historien-Schatz c. 13. pag. 932. Id videre qvoqve licet ex Cicerone 1. in Verrem act. & ibid. Asconio Pediano, & iterum act. 4. & 6. de qvo Vos Sententiam per tabellam fertis, & alibi saepe. Nec non Sueton. in Augusto c. 33. qvi non tantùm duas tabellas DAMNATORIAM & ABSOLUTORIAM simul cognoscentibus dedit, sed tertiam qvoqve [scil. AMPLIATIONIS] &c.
|| [19]
LXXII. Welchem aufgesetzten Urtheil / wenn er von Leben zum Tode gebracht werden
solte / sie folgenden Buchstaben ??? oder T vorzeichneten. Wurde er aber
absolviret / schrieben sie ein A. davor / erforderte die Sache daß sie noch
weiter untersuchet würde / setzten sie N. L. non liqvet.
Isidor. lib. 1. c. 20. & 23.
Pseudo Cornutus ad v. 13. Sat. 4. A. Persii. Et potis es nigrum vitiis prafigere Theta! Judices literam theta apponunt ad eorum nomina, qvos supplicio afficiunt merito, [Greek words], eo qvod qvasi habeat telum suum, ideoqve qvasi triste intelligitur vel mortis signum, unde qvidam ait: O merito ante alias infelix litera Theta. Martial. lib. 7. Epigr. 36. Nosti mortiferum praetoris, Castrice, Signum, Est operae pretium discere Theta novum! LXXIII. Ex qvo est etiam illud Ausonij in Paedagogum liguritorem, carmine Choliambico: Miselle Doctor & tibi sit obscoeno, Tuumqve nomen theta sectilis signet. ??? enim erat signum suspendii, refert qvippe laqveum collo involutum. Theta autem, ut dictum, litera condemnatoria, qvin & in castris militem ex cohorte dispunctum haec nota significabat. Tiraqvell. in annot. ad Alex. ab Alexand. lib. 3. gen. dier. c. 5. pag. 293. LXXIV. At Asconius Pedianus 3. in Verrem act. scribit, ut nonnulli legunt, ??? notam fuisse condemnationis T. absolutionis N. L. ampliationis, qvo significabatur non liqvere. Verum Codicibus, qvos hactenus vidimus, scribitur A fuisse notam absolutionis C. condemnationis. Hinc Alexand. ab Alexand. d. c. 5. scribit: in capitis Judicio per ??? seu K in urnam conjectas literas, signum mortis notatum fuisse: nam K Graecorum est C. Latinorum. Sed sive ??? sive K signum condemnationis fuerit, Tullius in Orat. pro Milone utramvis tristem vocat, & T sive A Salutarem: Livius autem illam tristiorem. LXXV. Porro apud Hebraeos litera Thau signum erat Salvationis, ut patet Ezech. c. 9. Signa Thau super frontes virorum gementium &c. & paulò post omnem autem, super qvem videritis Thau, nec occidatis, ubi D. Hieronymus ejus rei rationem reddit, de qvo & eundem vide c. 59. LXXVI. Nec omiserim, Jurisconsultum Ulpianum, sine ulla nota, sed ex [20] tensis literis in illa ampliatione, de qva ex Pediano locuti sumus, usum fuisse. In L. idem Pomponius ff. de arbit. Proinde si fortè urgetur à Praetore ad Sententiam, aeqvissimum erit, si juret, sibi de causa nondum liqvere, spatium ei ad pronunciandum dari. & Paulus in L. Pomponius ff. de re judicat. Si uni ex pluribus Judicibus de liberali causa cognoscenti, si is juraverit sibi non liqvere. &c. Et Cicero pro A. Cluentio Habito. Deinde homines sapientes ex Veteri illa disciplina Judiciorum, qvi neqve absolvere hominem nocentissimum possent, neqve eum, de qvo esset orta suspicio, pecunia oppugnatum, re illa cognita primo condemnare vellent, Non Liqvere dixerunt. Et rursus, Eorum verò, qvi non liqvere dixerunt, sapientiam laudo qvi absolvere eum, qvem nocentissimum cognorant, & qvem ipsi jam bis antea condemnarant, nullo modo poterant condemnare, cum tanta Consilii infamia, & tam atrocis rei suspicio esset injecta, paulò posterius patefactâ re maluerunt.
Tiraq. d. l.
Rosin. lib. 9. Antiq. Rom. c. 9. ibiqve Dempster. pag. 947. LXXVII. Preto Johannes oder der Abyssiner König / weil er immer von einen Ort zum andern ziehet / hält nebst seiner Hoffstatt das Gericht in ebenen Felde unter einen langen Gezelt / Calalla genannt. Erasm. Francisci in Neu-polirten Geschicht-Kusnt- und Sitten-Spiegel l. b. 2. disc. 2. pag. 303. LXXVIII. In der Insel Taprobane (welche jetzo Zeilan genennet wird) pflegten dreyssig Gerichts-Herren des Königs in peinlichen Hals-Sachen zu sitzen. Welchem nun durch die meisten Stimmen derselben das Leben abgesprochen ward / der berief sich auf die Gemeinde. Diese verordnete hierauf siebenzig Richter / so den Verurtheilten aufs neue verhören musten. Ward er durch dieselbe des Todes unschuldig erkant / gerieth es dem dreyssig Urthetssprechern zu hohen Schimpf / und war ihnen all ihr Lebetage verweißlich. Solchen Eifer haben dieser Barbarn üm Erhaltung eines Menschen angewandt / und manche Obrigkeit Christlicher Religion unser Zeiten darinne sehr beschämet / die offt üm ein schlechtes Verbrechen den Kopf wegnimmt / und aus Fehlern Majestät-Verletzungen machet. LXXIX. Die Moscowiter oder Russen haben vor diesen etliche wenige beschriebene Gesetze und Gewonheiten gehabt / so von unterschiedlichen Groß-Fürsten / und zwar nur wider die Verächter des Vaterlandes / und Verbrecher der beleidigten Majestät / wider Diebe / Todtschläger und Schuldener eingeführet worden. Im übrigen sind die Urthel / nach ihren eigenen [21] Gutdüncken / wie sie einen wohl oder übel gewolt / gesprochen worden / aber im Jahr 1647. haben / auf des Zaars Befehl / die klügeste Personen aus allen Ständen müssen zusammen kommen / etliche Gesetze und Statuten machen und beschreiben: Welche der Zaar sam̅t seinen Bojaren bekräfftiget / und in öffentlichen Russischen Druck ausgehen lassen. Welches das einhellige und gesam̅te Recht getituliret wird. Nach welchen sie nunmehr ihre Urthel abfassen / oder doch abfassen solten: und zwar alles in Nahmen ihres Haars. Daher muß es auch unwiedersprechlich darbey bleiben / und darf niemand darwider appelliren. LXXX. In der Residentz-Stadt Moscau sind dreyssig Cantzeleyen / so Pricas benamset werden / deren jede ihre gewisse Verrichtung hat. Rosboinoy Pricas heisset man die Cantzeley / wo alle Strassen-Räuberey / Mord / Dieberey und Gewalt / so in der Stadt und auf dem Lande geschicht / anhängig gemacht / examiniret / mit der Volter verfahren / und nach Beschaffenheit der Sachen / ein Urthel gesprochen wird. Adam Olearius lib. 3. Persianischer Reise-Beschreibung c. 19. & 20. LXXXI. Der Türcken Gesetz- und Rechts-Buch ist ihr Mahometischer Alkoran: Jedoch gibt es viele Erklärungen und Rechts-Gelehrten darüber / so gebohrne Türcken seyn müssen. Diese lassen ihre Söhne in den Tempeln aufwarten / und erziehen / wo die verfluchte Lehr des Alkorans vorgetragen wird / welche / wenn sie zu reifen Alter und Verstande gelanget / zu Cadi oder Richtern und Schultheissen gesetzet werden / und das Recht sprechen. Die Execution aber stehet bey denen / so das Schwerdt führen. LXXXII. Diodor. Tulden lib. 1. c. 5. de Princip. Jurisprud. meldet / daß bey den Türcken der Codex Justiniani in Arabischer Sprache versetzt / und von den Sultan denen Obrigkeiten seines Reichs übergeben sey / nebst ernstlichen Befehl / nach dessen Anweisung / bey Adel und Unadel / Bürgern und Bauren Urthel zu sprechen. Dahero ohne Zweiffel komme / daß man solch Buch Commune Jus, oder gemeines Recht / nennet. LXXXIII. Man behandelt in Türckey die Sachen kurtz und ernstlich: Also daß nichts so verworren / darinn nicht in einer oder andern Session das End-Urthel solte erfolgen. LXXXIV. Christlichen Zeugen wird vor Gericht kein Glaube zu gestellet: Den Juden eben so wenig. Hundert solcher Zeugen gelten so viel nicht / als ein einiger Türck. Beklagter wird nach der Verhör also fort entweder abgestrafft / oder loß gesprochen / und stehet zu solchem Ende der Nachrichter gleich an der Hand.
|| [22]
Descriptio Imperii Turcici per Anonymum pag. 30. & 135.
LXXXV. Wenn der König von Persien im Gerichte sitzet / hat er ingemein zu
Beysitzern / neben zehen oder zwölff von den Hoffleuten und Officirern / den
Seder / Minatzim und Hakim. Der Hakim ist der Leib-Medicus, der allezeit mit dem
Könige zur Tafel sitzet / und demselben saget / welche Speisen zur Gesundheit
dienen / oder schädlich sind. Der Minatzim ist der Astrologus, welcher
gleichfals darbey seyn / und dem Könige die glückliche und unglückliche Stunden
etwas zu thun oder zu lassen anzeigen muß. Ihm wird als einem Oraculo geglaubet
/ darum der König / ohne dessen Einrathen / selten etwas fürnm̅it.
Der Seder ist das geistl. Oberhaupt / gleichwie in der Catholischen Kirchen der
Pabst / der wird vom König und Kasi erwehlet / muß der Gelehrteste seyn / den
Alkoran / und die Gesetze aus demselben wohl verstehen / und wenn er nicht
allein in geistlichen / sondern auch in weltlichen Gerichte [am meisten aber in
Criminal-Sachen] gefraget wird / seine Meynung sagen können. Nach dessen
Ausspruch werden auch die Urthel gefället. Etliche Urthel verfasset der Seder
selbst / und setzet sein Petschafft auf die andere Seite / und schicket es also
zum Könige / welcher es unterschreibet: Diß ist die Meynung des Seders / welche
wir bekräfftigen / und druckt sein Gerichts-Siegel drunter.
LXXXVI. Sonst ist unter den alten Heydnischen Persianern / so wohl das Gericht /
als das Regiments-Wesen durch die Magos oder Persianische Königliche Räthe / so
lauter kluge / und sonderlich in der Stern-Schauerey gelehrte Leute waren /
bestellet worden.
Francisci d. tr. lib. 2. disc. 4. p. 331.
LXXXVII. In der grossen Residentz-Stadt Morocco des Königreichs / auch also
genannt / sind nur zween Richter / ein Cadis zu Bürgerlichen Händeln / und ein
Hacqvin zu Criminal-Sachen. Der Cadis sitzet an dem Thor seines Hauses / oder in
seinen Vorhoff / wo er jederman Gehör gibt / der zu ihm zu klagen kömmet /
fertiget auch an der Stelle die Partheyen ab / und hat zu Vollziehung seines
Auspruchs / welcher mündlich ergehet / dann man allda nichts schrifftlich
handelt / unterschiedliche Citairis, welche Gerichts-Knechte sind / die alsobald
gehen / und zusehen / daß der Ausspruch gebührlich vollzogen werde / oder im
wiedrigen führen sie die verurtheilte Parthey in das Gefängniß / und ob man sich
wohl verwundern möchte / wie der beklagte Theil so geschwind / ohne Erfordern
bey der Straffe / vor den Richter zu bringen sey: So ist zu wissen / daß wann
eine Person seinen Gegentheil auf offener Strasse mit lauter Stimme anschreyet:
Agy fel chera, [23] kom̅ für Gericht / muß er
so bald dahin gehen / oder er ist in Gefahr / daß er vom Volck gesteiniget werde
/ welche nichts billiger halten / als daß man vor Gericht erscheine.
LXXXVIII. Betreffend den Hacqvin oder peinlichen Richter / ist vor dessen Hause
ein grosser Platz / wo in der Erden unterschiedliche Pfähle mit grossen eisernen
Haaken eingegraben stehen / an welche sie entweder die verurtheilte Personen
abwerffen / oder nehmen ihn bey den Kopff und Füssen / hängen ihn an solche
Haaken / und wo er darein gerathen / da lässet man ihn hängen / biß daß er
stirbt / ist also dem Verurtheilten am besten / wenn er am sterblichsten Theil
seines Leibes gehangen wird.
LXXXIX. Dieser Hacqvin hat auch vor seinem Hause etliche Folter-Bäncke / an denen
hängen Säbel / die Köpfe damit abzuhauen / oder Prügel / damit diese zu salben /
welche das Leben nicht verwircket haben. Weil auch diese Stadt sehr groß / und
dahero dieser Haqvin viel zu thun / hat er seinen zugeordneten Lieutenant / der
in einen Zelt / gegen Al Caleba, oder des Königs Pallast / sich aufhält / und
allda verrichtet er sein Am̅t.
Asiatische und Africanische Denck würdigkeiten dieser Zeit pag. 567. &
568.
XC. Die Chineser haben in alle ihren Städten viele und grosse Gefängnisse / bey
welchen Lust-Gärten und Fischweiher sind / darinnen sich die geringe Mißhändler
des Tages über erlustiren können / sind aber mit hohen Mauren und starcker Wache
wohl versehen. Die so zum Tode verurtheilet / und aber wegen fürfallender
Geschäffte alsbald nicht können hingerichtet werden / tragen des Tages eine
weisse Tafel am Halse / darauf ihr Urthel verzeichnet / bey Nacht werden sie
eingesperret / und auf den Boden für sich liegend / ausgestreckt / Hände und
Füsse in Stöcke geschlagen / und eiserne Stangen / so zu beyden Seiten mit
starcken Ringen verwahret / über sie hergezogen / darunter sie sich nicht regen
können / und also müssen sie die die Nacht zubringen.
XCI. Ehe die Richter zur Execution der Straffe schreiten / erwegen sie das
gefällete Urthel zum drittenmahl: Unterdessen wird den Gefangenen / so auf
Aschen-Hauffen niedergesetzt / Essen und Trincken gegeben. Da nun keine
Entschuldigung des Tods befunden / wird mit Glocken geläutet / das Geschütze
abgeschossen / und die Ubelthäter zum Tode geführet.
XCII. Die Diebe werden gemeiniglich mit Ruthen ausgestrichen / und bekommen
mannigmahl bey die 200. Streiche. Etliche werden in den Häusern auf folgende
Weise geschlagen. Erstlich wird der Sünder auf das Angesicht zur Erden geworffen
/ darnach die Hände auf den Rücken ge [24] bunden /
als dann mit 4. Finger breiten / und einen Finger dicken Bretern / so in Wasser
geweicht sind / von zween Henckern auf die Waden der Schenckel also greulich
geschlagen / daß nach sechs Streichen / er nicht auf den Füssen stehen kan /
nach funffzig Streichen aber sterben muß / wie offtermahls geschicht.
Lindschot part. 2. der Orient. Indien / in appendice der Fürbildung der frembden
Völcker Fig. 30.
Erasm. Francisci in Neu-polirten Geschicht-Kunst- und Sitten-Spiegel pag. 388.
& 389.
XCIII. In dem Königreich Indostan sitzt der grosse Mogol / oder ein ander an
seiner Statt / und zwar alle Tage üm die vierdte Stunde / auf einen weiten und
breiten Platze vorm Schlosse / auf einen Thron: Um der Unterthanen streitige
Sachen zu entscheiden / und den Leuten zu ihren Rechten zu verhelffen / welches
von ihnen mit aufgereckter Hand / und Darweisung eines Bittschreibens / begehret
und erlanget wird. Um den Thron her stehen zwölff Männer / so die Suppliken
alsobald durchlesen / und dem Mogol getreulich und fleissig allen Inhalt
vortragen. Klagender Theil aber hat sich wohl fürzusehen / daß er nicht mit der
Unwarheit ümgehe / oder es beköm̅t ihm sehr übel.
Francisci d. tr. lib. 2. disc. 2. p 323.
XCIV. Bey den Sinesischen Gerichten wird alles öffentlich abgehandelt / und
nichts in geheim. Keiner darf einen Abtritt nehmen / noch dem andern etwas ins
Ohr sagen; damit alles aufrichtig / ohne Betrug und Gefährde zu gehe.
XCV. In peinlichen Hals-Sachen verfähret der Richter sehr langsam: Und ob er
gleich spühret / daß der Schuldige sein Leben verwircket habe: Lässet er doch
Urthel und Execution nicht eher ergehen / bevor die Sache ordentlicher Weise
völlig erörtert / erkant / und die That unwiedersprechlich erwiesen ist.
XCVI. Wiewohl hingegen in andern Straffen / die noch nicht ans Leben gehen / als
nemlich in der peinlichen Frage / die Sinesische Richter grob und unbarmhertzig
gnung mit den Gefangenen umgehen: Also daß unter den Schatten solcher
Langsamkeit und Gelindigkeit eine langwierige harte Grausamkeit verborgen steckt
/ und die auf den Hals gefangen liegende lieber heut als Morgen den Todt
wünschen / vielmah's auch / für schmertzlicher Ungedult und Verzweiffelung /
sich selbst ümbringen.
Maffejus lib. 6. Hist. Indic. pag. 264. edit. Colon. 1590.
|| [25]
XCVII. Wenn ein vornehmer Befehlshaber bey ihnen sterben soll / wird ihm von
Könige / als eine sonderliche Gnade und Ehre / verstattet / daß er ihm selbsten
das Leben nehme / und von keines andern Hand / als welches vor eine Schmach
gehalten wird / sterbe: Massen der König ihm alsdenn ein Schwerdt oder Strick in
einen güldnen Trühlein / so mit dem Königlichen Insiegel verschlossen /
zuschicket / nebst dem Befehl / er solle sich hencken oder niederhauen: Darbey
zugleich angedeutet wird / solche Selbst-Erwürgung werde ihm aus besonderer
Gunst zugelassen.
Erasm. Francisci d. pag. 389.
XCVIII. Der Richter-Stuhl der Inqvisition in Portugal ist anders nichts / als ein
geistlicher Gerichtszwang / der zwar anfänglich nicht böße gemeint gewesen /
hernachmahls aber in eine Werckstatt der Ungerechtigkeit und unmenschlichen
Grausamkeit verwandelt worden. Er hat eine völlige Gewalt über vier Laster
[nemlich die Ketzerey / die Polygamiam, Zauberey und Sodomiterey] das Recht und
Urtheil zusprechen / und ist ungefehr üm das Jahr Christi 1475. als Ferdinandus
der König von Castilen die Mohren oder Saracenen unter seinen Gehorsam gebracht
/ und sie gezwungen / aus dem Königreich Spanien zu weichen / oder den
Christlichen Glauten anzunehmen und sich tauffen zulassen / eingesetzet und
aufgerichtet worden / damit er auf solche Art diejenigen abstraffen möchte /
welche unter den falschen Schein einer Bekehrung darinnen verbleiben würden. Und
gleichwie unter diesen Vorwandt sich ihrer sehr viel in Portugal eine Zeitlang
in geheim gehalten / als ist auch die Inqvisition darinnen schärffer / als in
Spanien / befunden worden / weßwegen hiervon etwas mehrers zu melden. Es ist
solche Inqvisition anfänglich den geistlichen Dominicanern / welche die
Franzosen Jacobinen nennen / völlig anvertrauet worden; allein es haben sobald
die Thum-Herren / Bischöffe und Ertzbischöffe ihre Authorität / als Richter in
geistlichen Sachen / damit sie den Dominicanern / die schon allbereits die
Freyheiten eines jedweden Kirchen-Gebiets zuschmälern sich unterstanden hatten /
einige Schrancken setzen möchten / in diesem Ketzermeister-Collegio, wie mans
nennen mag / von sich wollen verspüren und sehen lassen. Diesen folgten so balde
die Könige aus Portugel selbsten nach / mit dem Titul eines Ober-Praesidenten
der Inqvisition, auf daß sie dadurch theils diesen Richter-Stuhl ein desto
grösseres Ansehen geben theils aber von den mehr als verdrießlichen Bitten und
Flehen der Beschuldigten / die allezeit von Jhr. Majestät einige Gnade
zuerlangen verhoffet / befreyet würden. Nachdem Exempel der Könige / haben
sich [26] auch die vornehmsten Herren unter den Nahmen
der Familiers oder Bekandten mit eingemenget / welcher Verrichtung in diesem
beruhet / daß sie die Angeklagten allzeit in Verhafft müssen nehmen lassen. Die
überaus grosse Ehren-Bezeugungen gegen die Familiern / nebenst der entsetzlichen
Furcht der Marter / die der Beschuldigte sonst würde auszustehen haben / wenn er
sich nicht so balde darstellen solte / befördern dergleichen gefängliche
Einsetzungen dermassen gewaltig sehr / daß der Beklagte ohne eintzige
Widersprechung / und gantz ungebunden sich in das Gefängnüß muß werffen lassen /
so balde nur einer aus den Familieren nachfoldende Worte / de la parte de la
Santa Inqvisition, zu ihm wird gesprochen haben / und scheinet als wenn diese
Rede eine Magische Krafft in sich habe; sintemahl kein Nachtbar sich alsdenn
widersetzet / noch deß wegen murmelt / und pflegen in dergleichen Begebenheiten
die Eltern ihre Kinder / die Männer ihre Weiber selbsten der Inqvisition in die
Hände zuliefern. Wenn auch im Fall einige Empöhrung darüber entstehen / und der
Beschuldigte darauf entkommen solte / so werden alle diejenige in Verhafft
genommen / welche nicht Gewalt gebraucht / sondern vielmehr den Verklagten haben
entwischen und durchgehen lassen. Man setzet nachdem die Gefangenen / einen
jedweden absonderlich / in ein grausam sehr finster Loch / in welchem sie
manchmahl Jahr und Tag verbleiben müssen / ehe sie einmahl [in dem täglich
erwartet wird / biß sie selbsten die Ursach ihrer Gefangenschafft offenbahren /
und ihre eigene Verkläger abgeben / sintemahl man ihnen niemahl eintzige Zeugen
entgegen stellet /] verhöret und examiniret werden. Alsbalden solches geschehen
/ ist man des Gefangenen Verlusts dermassen wohl versichert / daß auch seine
Eltern und Befreunde von Stund an die Trauer anlegen / und seinen Todt kundbar
zumachen pflegen / ja was noch mehr / so unterstehen sie sich niemahln / nachdem
ins Gefängnüß zunähern / vielweniger um einige Gnade zubitten / also hefftig
groß ist die Furcht / daß man hiedurch mit in Verdacht gezogen werde / und sich
selbsten in die Unglücks-Grube des Verurtheilten stürtzen dürffte. Woher auch
köm̅t / daß der meiste Theil seiner Befreunden hierauf in
frembde Länder sich in Sicherheit begiebet. Denn wenn es mit dem Gefangenen so
weit gekommen / daß er sich selbsten anklagen / und seine Mithelffer offenbahren
muß / er aber zu seinem höchsten Unglück nur einen ausläst / als pflegt man
daraus so balde seinen falschen Glauben und Untreu abzunehmen / weßwegen sich
ein jeder befürchtet / er möchte mit Recht oder Unrecht von ihme gleicher
gestalt angegeben werden. Wenn sichs nun zuträgt / daß ein [27] Gefangener / der seinen leiblichen Vater / oder selbst eigene Kinder
/ im Fallsie schuldig seynd / anzuklagen vergessen hätte / als beraubet man ihn
so balde seines Lebens por Negativos, welches ihre gewöhnliche Redens-Art ist:
Solte sichs aber begeben / daß wider den Beklagten nicht gnugsame Proben seines
Verbrechens könten dargethan werden / so schickt man denselbigen / jeduch
allererst nach einer langwierigen Gefängnüß / wenn ihm zuvor mehr als die
Helffte seines Vermögens auf die Inqvisitions-Unkosten aufgangen / befreyet
nacher Hauß. Man kan zum zweyten mahl / in dem man üm Verzeihung bittet / por
Negativos loß gesprochen werden / jedoch verliehret der Beschuldigte
gemeiniglich zum erstenmahl den meisten Theil seiner Güter / die zum Nutzen der
Königlichen Cammer alsdenn / und die Unkosten der Inqvisition darmit zu bezahlen
/ eingezogen werden. Die gerichtlichen Proceduten ingesam̅t /
werden dermassen geheim gehalten / daß auch / ob schon nur ein eintziger Tag im
gantzen Jahr / üm den unglücklichen Ausspruch zufällen bestimmet / man jedoch
denselbigen niemahlen wissen kan; zumahlen man sich noch über das / wegen des
Argwohns / darnach zu fragen befürchtet. Das Urtheil der Verdammung wird
genannt: Auto da fe, und gleich darauf an den Beschuldigten vollnzogen. Es
geschicht ferners solcher Richterliche Ausspruch mit gantz ungemeinen
Ceremonien: Man richtet ein grosses Theatrum, daß fast den gantzen offentlichen
Marck einnim̅t / und mehr als 3000. Personen enthalten kan / von
Bauholtz auf / und setzet an einem Ende desselbigen gleich einem Amphitheatra
unterschiedliche Reihen Stühle. Diesen wird gegenüber ein sehr reich-bezierter
Altar nebens einer überaus hohen Catheder zur Seiten des Evangelii gestellet /
die Ceremonien fangen früh Morgens üm 6. Uhr an / und enden sich an eben
denselben Tage gemeiniglich üm diese Stunde wiederüm gegen Abend. Einer aus
denen Inqvisitorn oder Ketzermeistern betritt die Catheder / nennt je einen
Beschuldigten nach dem andern bey Nahmen / welcher sobalden aufstehet / zwischen
die Familiers / die auf dem Amphitheatro Achtung auf ihn geben / hervor trit /
seine Laster und Mißhandlung / üm deren Willen er ist angegeben worden /
verlesen anhöret / und alsdenn sein über ihn ausgesprochenes Urtheil empfähet.
Unter andern ubelthaten / deren man sie beschuldigt / werden ihnen manchmahl
auch diese zugeschrieben / daß sie die Cammern hinderst zuförderst / das ist /
den Mist von der Thüren gegen dem Herd / da sie denselben vielmehr vom Herd
gegen die Thüren werffen sollen / ausgekehret hätten; sintemahl man bey denen
Mohren und Juden / so sich noch heimlich im Lande aufhalten / als sehr [28] abergläub???chen Leuten [weiche je / nachdem sie
unterschiedliche gewisse Sachen / auf die sie absonderlich und gantz
gewissenhafft Achtung haben / verrichten / gantz ohnfehlbahre Propheceyungen des
guten so wohl als des bösen alsdenn daraus ziehen wollen] auch diese angenommene
Weise hinter sich zufegen / vor eine Uberzeugung ihres Judenthums zuhalten
pflegt / worüber ihnen ihr Proceß so balden von der Inqvisition gemacht und
vollzogen wird. Ob wohl die Inqvisition dieses auch noch vor ein Verbrechen /
wenn man des Sambstags ein weises Hembd anziehet / oder das Geschirr des
Freytags ausspielet / alldieweil der Sonnabend von den Juden geheiligt wird /
zuhalten pflegt; so beruhet doch der allervollkommenste und gröste Beweißthnmb
meistentheils in nachfolgenden / wenn nemlich der Beklagte überzeuget ist / daß
er sich des Schweinefl eisches und der Kaninnichen enthalten / oder etzlicher
Massen das Gesetz mosis in acht genommen / welches den Juden in dem Lande /
weiln sie die Schrifft nicht lesen dörffen [also genau wird die Policey im
Königreich in acht genommen / daß man keine verdächtige Bücher darinne dultet /]
in gröster Dunckelheit / gleichsam nur von andern Personen ihren Erzehlungen her
bekandt gemacht worden ist. Die Gefangenen / die aus der Gefängnüß gelassen /
und auf das Theatrum geführet werden / nehmen ihr böß oder gutes Geschicke aus
dem Unterscheid der Kleider / welche man ihnen anlegt / so balden ab. Diejenigen
/ denen ihre gewöhnliche Kleidung verbleibet / werden mit einer gewissen
Geld-Straffe erlassen / und seynd verbunden / sich in dem Catechismo wiederem
von neuen gleichsam / als wenn sie nicht mehr als allererst 6. Jahr alt wären /
unterrichten zulassen / die / welchen man einen gelben Uberrock ohne Ermel / auf
dem ein rothes Creutz des Andreae genähet / angelegt / verliehren / wo nicht
ihre Güter mit einander / doch zum wenigsten ein guten Theil derselbigen / und
seynd des Lebens versichert. Die so auf ihren Uberrock oder San-Benito, (also
nennen sie eben diesen Rock ohne Ermel /) hin und wieder von rothen Sarsche
eingehefftetete Flammen ohne einiges Croutz / tragen / die sage ich / seynd
überwunden / daß sie das Leben verwircket / dorbey aber zum erstenmahl Gnade
empfangen haben. Die letztern aber denen noch über die Flammen auf ihren
San-Benito ihr eigen Conterfeit / das mit allerhand garstigen Teufels-Figuren
ümgeden / fest gemachet / seynd ohne eintzige Entschuldigung zum Tode verdam̅t. Diejenigen seynd der Straf zum zweytenmahl entlassen / die da
versprochen / dem Judenthum abzusagen / und alle ihre ihnen bewuste
Mitbeschuldigten getreulich entdecket haben / wenn sie aber zum drittenmahl
angeklaget werden / so ist alsdenn weder Gnade noch Barmhertzigkeit mehr vor sie
übrig.
|| [29]
XCIX. Die Inqvisitores sprechen / wegen ihres geistlichen Standes / den
Beschuldigten niemahlen das Leben ab / sonden setzen allein eine offentliche
Schrifft auf / welche sie ihnen vorlesen / und darinnen anzeigen / das die
Inqvisition mit ihrem grösten Mißfallen den Strafwürdigen / nach dem er von
dergleichen Mißhandlung überwunden / wie er solches denn selbsten gestanden /
der weltlichen Obrigkeit einhändige und übergebe / sie setzen noch über das
hinzu / daß sie das weltliche Gerichte mit gantzen Eifer / so viel ihnen müglich
/ und um alle das geheiligte / was in dem Christenthum anzutreffen / inständig
ersuchen und bitten / daß solches doch in aller Gelindigkeit und ohne
Blutvergiessung mit dem Beschuldigten verfahren wolle. Die Schrifft wird alsdann
denen sieben Richtern / die sich zur lincken Seiten des Altars befinden /
eingehändiget / und der Beschuldigte hierauf / lebendig verbrandt zu werden /
zum Tode verurtheilet: Damit sie aber die von der Inqvisition ihnen überreichte
Acten in etwas respectiren / und kein Blut vergiessen lassen mögen / lindern sie
das Urthel / und verdammen den Missethäter / im Fall er leugnet daß er ein Jude
sey / zum Strick. Wenn sichs nun zutrüge / daß die sieben weltlichen Richter dem
übergebenen Arrest der Inqvisition zu wider handeln solten / würden sie sich
gewißlich selbst des Jüthums verdächtig machen.
C. Die öffentlichen Plätze / auf welchen gemeiniglich dergleichen Executiones
vollzogen werden / heissen die Portugiessen Russi. Man richtet aus zusammen
gebundenen Reiß oder Wolle eine Art / gleichsam einer kleinen Hütten zu /
woselbst hin eine Brüderschafft / Misericordia genannt / mit einer Fahnen / auf
welche die liebe Frau der Barmhertzigkeit abgemahlet / zusammen köm̅t. Diesem folgen noch viele andere Priester / die unter dem Geläut eines
Glöckleins den Ubelthäter auf das Hoch-Gericht führen / auf dem er / so bald er
sich zu den Füssen eines Pfaats gesetzt / von dem Scharffrichter erwürget / und
fo dann gleich drauf verbrandt wird.
Allain Manesson Mallot in Beschreibung des alten und neuen Europae zu Franckfurt
am Mayn Anno 1685. gedruckt L. VI. c. 12. à pag. 199. usqve 203.
CI. Von der Hispanischen Inqvisition schreibet Dn. Benedict. Carpzov. Comment. in
Legem Regiam Germanorum cap. 3. Sect. 5. n. 12. & seqq. usqve 27. also:
Coepit haec inqvisitio primum in Hispania, teste Reginaldo Montano &
Georgio Nigrino, ex qvo etiam Hispanica vocatur. Titus enim Vespasianus cum post
Hierosolymae excidium Judaeos ut Mancipia in Hispaniam relegaverat, hiqve in
summa libertate religionis vixe [30] rant, &
Ferdinandus Arragonius ac Isabella, Rex & Regina Hispaniarum, finem
bello imposuissent, adversus Mahometanos Monachis cura fuit commissa, ut pariter
Mahometistas & Judaeos converterent, sub capitali supplicio, qvo plurimi
affecti fuêre. Qvod inventum Regium postea à Sixto IV. Pontifice Apostolica
autoritate firmatum est,
Ern. Erem. de Orig. & hist. Belg. tumult. pag. 10.
CII. De hoc invento ita loqvitur Georg. Frid. Liber Imperii Baro apud Frid.
Achill. in consvet de Princ. in Prov. Europ. in Orat. contra Hispan. Religionis
Hispanicae I???ustrissimum [Greek words] est
Inqvisitio, qvae ubi primum comperit aliqvem in qvodam fidei Capite à Romana
Ecclesia dissentire, confestim opponit ei Syllogismum ex IGNE, AQVA aut LAQVEO
confectum, qvi fortius, qvàm qvi primae figurae dicuntur, concludat, atqve ubi
MORS necessariò ingrediatur conclusionem. Eô namqve satis superfluè belluinam
immanitatem ac crudelitatem suam testati sunt Hispani, qvi sitiunt esuriuntqve
carnem & sangvinem humanum. Qvam horribilis enim & crudelissima
fuit laniena adversus innocentissimos Americanos perpetrata? Qvam oculis se
vidisse refert
Franc. Bartol. de las Casas, Episcopus Hispanus in lib. de Persecut. Ind.
inqve ea ultra XX. milliones hominum miserè fuisse occisos, ait
Antonius Arnoldus in Act. habita pro Academia Parisiensi. Waremundus ab Ehrenberg
de foeder. lib. 2. n. 82.
Qvot millia Indorum canibus cesserunt in escam? saepius uno alterum ita
compellante: Da mihi frustrum carnis pro Pastu canum meorum, qvod si unum ex
meis occidero, id tibi restituam,
vid. Thuan. lib. 55. Hist. circa fin.
Ut propter hanc ferocitatem Indi putaverint, Hispanos non ut alios homines in
terre natos, sed ex spuma maris concretos venisse ad perdendum Mundum; qva de
causa Mare insectantur, qvod tàm immanem sobolem in terram immiserit, aliiqve
vicini populi, qvi carnibus vescuntur humanis, ab Hispanorum Cadaveribus
abhorrent.
Hieron. Benzo in hist. nov. orb. lib. 1. c. 25.
& hinc Matth. Cacicus ad ignem damnatus, à Monacho Franciscano admonitus,
ut in Christum crederet, qvaesivit, num etiam Hispani venirent in Regnum
Coelorum? Monacho affirmante, resposdit: se nolle petere Coelum, sed potius
infernum, ne sibi domicilium cum Gente crudeli commune esset.
cit. Georg. Frid. Baro in dict. or at. contra Hispan. p. 342.
|| [31]
CIII. Atqve ex hac crudelitate inventum istud diabolicum Inqvisitionis
promanavit: qvod propterea Anglis odiosum, Suecis horrendum, & Hungaris
portentosum visum fuit.
Cranzius de Pace relig. part. 2. problem. 2.
Ideoqve & Veneti, cum Pontifex iis Inqvisitionem aliqvando obtrudere
vellet, hoc responso Legatum remiserunt: VELLE SE IN RELIGIONE PECCANTES PUNIRE,
SED NON HISPANORUM MORE.
Joh. Sleidan. lib. 19. Hist.
Prudentissimum sanè hoc Venetorum responsum, qvibus curae est conservare
Rempublicam, cui maximè nocet haec Inqvisitio.
CIV. Qvis enim nescit, hance Papalem Inqvisitionem causam fuisse, ut tot
Provinciae Belgicae auspicatissimo & masculo ausu Hispanicae saevitiae
jugum excuterent.
Samuel à Remchinus de Pace Relig. dissert. 2.
Felix fuisset Philippus II. Rex Hispanicarum, si pactum Patris Caroli V. de non
inducenda Inqvisitione haud violasset. Felix fuisset, si non Anno 1559. post
celebratum Festum aurei Velleris mense Augusto, in Urbe Gandavo cum Antonio
Perenotto, Cardinale Granvellano de inducenda Inqvisitione deliberasset. Felix
fuisset, si Maximiliani Imperatoris consilium, ut Clementiam sibi commendatam
haberet, secutus, de novo Inqvisitionem non praecepisset. Felix fuislet, si
consilio & svasu Margarethae Ducissae Parmensis & Gubernatricis
Belgicae Inqvisitionem abrogasset: & Felicissimus, so non Ferdinandum à
Toledo, Ducem Albanum, cum plenissima potestate, puniendi rebelles, &
cogendi Subditos ad Religionem Catholicam in Belgium misisset
Eman. Meter an. in hist. Belli Belgici. Ernest. Eremund. de orig. & hist
Belg. tumult.
CV. Von der Spanischen Inqvisition hat Reginaldus Gonsalvus ein gantz. Buch
geschrieben / so Anno 1567. zu Heydelberg gedruckt / mit diesen Titul:
Inqvisitionis Hispanicae artes aliqvot detectae ac palam traductae,
add.
Casp. Klock. lib. 1. de AErario c. 6. n. 79. & seqq.
Joachim. Bering. c. 2. & 4. von der Spanischen Inqvisation Heimlichkeiten.
Innocent. Gentillet. lib. 4. exam. Concil. Trident. Sess. 22.
Vent. de Valent. Parth. litius lib. 2. c. 3. n 7. ubi dicit, qvid aliud est Inqvisitio Hispanica, qvàm mera & vera carnifici [32] na? In qva numerus occisorum penè innumerus est, absqve legitimis indiciis, absqve processu, absqve defensione, absqve Christiana veritate condemnatorum. Verè ergò illicitum est hoc litium Ecclesiasticarum remedium, verum Anti-Christi critirium, & Christianorum Martyrium. CVI. In Engelland hat niemand hohen oder niedern Gerichts-Zwang / als der König / und kan sonst keiner ein Gericht hegen. Dannenhero werden alle Processe, so jemands Leben oder Glieder angehen / Processe der Cron genennet / und können nicht in Nahmen einiger geringern Person gehalten werden / als die die Cron Engelland hält; Wie denn auch niemand deßhalber Perdon geben kan / als der König alleine. Wiewohl in vorigen Zeiten etliche Palatinische Graffchafften / als Ehester, Durham und Elishohe Justitiarii waren / und Edicta in ihren Nahmen ausgaben / als auch etliche Grund-Herren von Wahis gewesen / die dergleichen Privilegia praetendiret. Die sind aber nun längst verweset / und wird die höchste Justiz wieder allein in des Königs Nahmen / und durch dessen Authorität / gethan und vererrichtet. Author der eigentlichen Beschreibung des Parlaments von Engelland Anno 1689. gedruckt. CVII. Es sind aber in Engelland die Straffen der Verbrechen weit anders / als in andern Ländern. Denn allda ist erstlich der hohe Verrath / welcher grösser / abscheulicher und verhaffter ist / als alle andere / so noch hierunten erzehlet werden sollen: Denn der Verräther wird auf eine Schleiffe geleget / und biß an den Galgen geschleppet / allwo man ihn an den Hals aufhenckt; ehe er aber noch erstickt / häuet man den Strick entzwey / schneidet ihm den Bauch auf / ziehet das Eingeweide heraus / und verbrennet es. Nach diesem häuet man ihm den Kopf ab / und den Leib in vier Theile / welche auf Pfähle gesteekt werden / wohin es der König befiehlet. Uber dieses confisciret man ihm alle seine Güter / sie mögen seyn vor was Art sie wollen. Die Frau verlieret alles / was von dem Mann herrühret. Die Kinder werden unedel / und sind incapabel, ihre Eltern zu erben. Und dieses geschiehet denenjenigen / so sich unterstehen den König ümzubringen / oder seine Majestät von ihren Estat zu verjagen / weil der König / wie die Engelländer sagen / gleichsem die Lufft ist / davon die leben / drum auch bey ihnen nichts anmuthigers zu sehen / als wenn eines solchen Verräthers Leib zerstümmelt / seine Güter eingezogen / auch seine Nachkommen verjaget / und ausgerottet werden. CIIX. Ferner ob gleich das Laster der verfälschten Müntze auch unter [33] den hohen Verrath gehöret / dennoch ist man seither der Verordnung König Eduardi III. zu frieden gewesen / es solcher gestalt zu straffen / daß die Verbrecher nur zu den Galgen geschleppet / und allda gehenckt worden. CIX. Der kleine Verrath ist / wenn ein Knecht seinen Herrn oder Frau / oder eine Frau ihren Mann / oder ein Priester seinen Praelaten / welchen er gehorchen soll / erwürget und ümbringet; Dieser wird folgender gestalt abgestrafft: Man schleppet den Verbrecher zum Galgen / und hencket ihn auf / daß er dran erwürget. Ein Weib welche einen grossen oder kleinen Verrath begangen / und dessen überwiesen ist / wird geschleiffet und verbrandt. CX. Alle übrige Capital-Verbrechen heissen Felonien oder Abtrünnigkeiten / und hat man dieselbige nicht auf einerley Art gestrafft / biß König Henricus I. angeordnet / daß das Laster der Feloni solte mit dem Galgen gestrafft werden. CXI. Wenn aber ein Pair des Königreichs einen grossen oder kleinen Verrath oder Feloni begehet / so condemniret man ihn zwar wohl eben auf die Art / wie die andere gemeine Personen; allein der König thut ihm ordentlich die Gnade / daß er ihm den Kopf abschlagen lässet. CXII. Wenn ein Delinqvent, so eines kleinen Verraths / oder einer Feloni beschuldiget worden / dasselbe nicht gestehet / gleichwol aber nach den Gesetzen des Landes gerichtet werden soll / der muß alsbald die erschreckliche Straffe / welche man Painc fort & dure nennet / leiden / das ist so viel gesaget / er muß wieder ins Gefängniß / darinne man ihn in eine niedrige finstere Kammer auf den Rücken leget / die Hände und Füsse mit Stricken an alle vier Ecken der Kammer gebunden / end auf seinen Leid leget man ihm eben so viel von Eisen und Steinen / als er ertragen kan / und wohl mehr. Des andern Tages gibt man ihm drey Bissen von Gersten-Brodt / welches man ihn ohne Trincken lässet hinterschlucken / und den dritten Tag gibt man ihn Wasser zu trincken / welches nechst an der Thür des Gefängnisses vorbey fleust / es sey denn / daß das Wasser klar wäre / ohne Brodt / und diese Diät lässet man ihn / biß er stirbt / halten. Welche Art des Todes durch etliche ruchlose Leute erwehlet worden / damit wenn sie ihrer Laster nicht überführet / ihre Güter von dem Könige nicht confisciret / sondern vor ihre Kinder erhalten / und ihre Nachkommen nicht mit Schmach und Unehre beleget werden möchten. CXIII. In hohen Verrath aber wenn einer sich schon darinne als stumm [34] anstellen / und nichts gestehen wolte / unterläst man doch nicht / den Delinqventen zu verdammen / und seine Güter einzuziehen. CXIV. Nach der Execution des Schwerdts oder des Galgens / läst man gemeiniglich den Befreunden oder Frembden zu / die Justificirten / nach gewöhnlichen Ceremonien / zu begraben / wenn es ihnen gefällt: Es wäre den / daß die Missethat sehr grausam / als wenn einer einen Meuchel-Mordt oder Strassenraub begangen hätte / alsdann werden den Gehenckten eiserne Ketten zwischen den Beinen / und unter die Armen üm den Hals gethan / und der Leib an den Galgen gelassen / biß er verfaulet. CXV. Den Diegen wird mit einen brennenden Eisen ein T. oder M. welches bedeutet Thieft oder Mansladacier i. e. gestohlen oder getödtet / auf den Rücken gebrandt / oder ihnen wohl die lincke Hand abgehauen. Die Bettler und Landstreicher werden mit einen R. auf die Schultern gezeichnet. Vor diesen als die Könige / so von den Normandiern entstanden / regierten / verurtheilte man einen gar selten zum Tode / sondern man legte den Delinqventen grosse Geld-Bussen auf. Wenn aber das Verbrechen gar groß war / verurtheilte man sie zum Verlust ihrer Augen / oder Testiculorum, auf solche Weise ließ man ihnen öffentliche Zeichen ihrer Gottlosigkeit. Der kleine Stiebstahl nemlich der Werth von zwölff Sterlings-Pfennigen oder weniger / ward vor diesen gestrafft durch etliche Streiche mit einen Prilgel / zuweilen schnitte man ihn auch wohl ein Ohr ab / aber seither der Regierung Königes Eduardi des III. hat man sie mit Wippen gestrafft / und wenn der Delinqvent entläufft / wird sein Gut confisciret. CXVI. Der Meineydige oder falsche Zeuge / dessen Außsage mit den Eyde bekräfftiget / ward an einen Pilar, oder Pranger / so man auf Latein Collistrium nennet / gestellet / und mit einen P. durch ein brennend Eisen an die Stirn gezeichnet / und sein Gut confisciret. CXVII. Der Pranger oder Hals-Eisen ist auch die gemeine Straff der falschen Zeugen / Pasqvillanten und derer / so falsch Gewicht und Maaß haben / item welche ihre Eßwaaren auf den Marckt vor der Zeit verkauffen / und die so in Bier oder Brodt betrügen. Man hefftet sie offtmahl an einem Ohre / oder an allen beyden am Pranger / offtmahls schneidet man sie ihnen ab / oder durchsticht ihnen die Zungen mit einen brennenden Eisen. CXIIX. Derjenige / so einen Delinqventen von hoher Verrätherey hilffl / daß er durchgehet / und davon kömmet / oder ihn nur verborgen hält / wird mit [35] Confiscation seines Einkommens / wie auch aller Güter sein Lebelang gestraffet / und muß darzu in ewiger Gefangenschafft bleiben. CXIX. Wer jemand bey des Königs Hof blutrünstig schläget / dem wird die rechte Hand mit sehr prächtigen Ceremonien abgehauen. CXX. Wer aber einen in den Saal zu Westermünster schläget / wehrender Gerichts-Sitzung / der wird mit ewiger Gefangenschaft / und Consiscation aller seiner Güter gestrafft. CXXI. Wer sich verstärcket wider den König / wird von der Protection seiner Majestät gethan / man ziehet sein Guth ein / und behält ihn so lange im Gefängniß / biß es dem König beliebet / ihn wieder loß zu lassen. CXXII. Die Strafe der Unter-Richter / wenn sie überwiesen sind / wissentlich wieder die klaren Beweise oder Indicia ein Urthel gefället zu haben / ist strenge und erschrecklich: Denn man verurtheilet sie der Freyheit derer Gesetze oder Rechte verlustig / das ist so viel gesaget: Man erkläret sie vor infam und unwürdig aller Treue und Glaubens / und untüchtig Zeugen oder Richter zu seyn. Man giebet ihre Häuser / Land und Güter in die Hände des Königs / man reisset ihre Häuser biß auf den Grund ab / man ackert ihre Wiesen / und reisset ihre Bäume üm / und wirfft ihre Leiber ins Gefängniß. Eben dieser Strafe sind auch diejenigen unterworffen / welche conspiriren / eine unschüldige Person der Rebellion / fälschlich und bößlicher Weise / zu beschuldigen. CXXIII. Ein Mann oder eine Frau / welche der Ketzerey an den Bischofflichen Gericht ist überwiesen worden / wird dem Brachio-Seculari geliefert / und verbrandt. CXXIII. Ein Felo de se, das ist einer der sich selbst aus Vorsatz tödtet / kan nicht mit ordentlichen Ceremonien in die Gräber der Christen begraben werden / sondern man stösset ihm einen Pfahl durch den Leib / und confisciret seine Güter. CXXV. Die Trunckenbolde und Landstreicher leget man in die Gefängnisse / und ihnen schwere Ketten und Bande an die Füsse. CXXVI. Eine zänckische Frau stecket man in einen Kasten oder Korb / wie eine Wage gemacht / den man Cuckinus stool nennet / der ist über einen Canal oder sehr tieffen Graben gehencket / in welchen man sie dreymahl eintauchet / ihre Hitze und Zorn abzukühlen. CXXVII. Die übrigen Missethäter werden ordinair mit Gefängniß / oder mit Geld-Bussen / und bißweilen mit beyden gestraffet.
|| [36]
CXXIIX. Das Rädern und andere schwere Pein halten die Engelländer allzu grausam
vor Leute / die Profession machen / Christen zu seyn.
CXXIX. Item daß die TORTUR und Extraordinair Qvaestion zu sehr mit der Sclaverey
überein komme / ausgenommen wenn es geschicht wegen Laster des hohen Verraths.
Hinc Angli tormenta Catholicis, qvi Majestatis Criminis suspecti erant,
adplicabant, ut refertur in libello, qvi Justitiae Britannicae titulum praefixum
habet, ad fin.
adde Paul. Jovium in descriptione Britanniae.
Und weil sie den Tod nicht groß achten / wollen sie sich lieber schuldig aller
gröbsten Laster bekennen / als sich torqviren lassen. Und weil das Volck solcher
Grausamkeit der Volter nicht gewohnt ist / würde es sehr mitleidend seyn mit
demjenigen / welchen man so übel tractiren wolte / ja den Ober-Herrn mit allen
seinen Richtern verfluchen: Auch der Richter seines Theils lieber den Ubelthäter
loß lassen / als die Bekäntnis von ihm auf solche Art / Mittel und Wege
erzwingen.
Eduart Chamberlayne, L' Estat present de l' Angle terre Chap. 2.
CXXX. Ferner der Hoff und das Hauß des Königs / wo er residiret / ist zu
betrachten als ein heiliger Ort / allwo / wenn einer ertappet wird / daß er
einen andern schläget / so daß das Blut hernach gehet / so hauet man ihn / wie
auch schon oben gedacht / die rechte Hand ab / und verdammet ihn in ewige
Gefängnisse / und darzu zu einer Geldstraffe. Nach den alten Gesetzen
Engellandes condemnirte man ihn zum Tode mit Confiscirung aller seiner Güter. Es
geschiehet aber solche Abhauung der Hand mit folgenden grossen Ceremonien und
Solennitäten:
CXXXI. Der Sergeant oder der Verwalter über des Königs Holtz-Vorraths-Haus träget
auf den Platz / wo die Execution geschehen soll / einen viereckigten Klotz oder
Bloch / einen Meissel / einen Haken und einen Strick / üm den Verbrecher die
Hand anzubinden. Der Yeoman oder Sudlerey-Knecht / das ist des Orts wo man die
Schüsseln verwahret / bringet ein grosses Kohlfeuer neben den Block / und der
Oberste Schmiedemeister träget die Instrumenta, welcher man sich bey der
Execution bedienen soll. Der Knecht von der Gewürtze- und Brüh-Cammer träget
Wein-Essig und frisch Wasser zu. Die Vornehmsten der Dienste von den Bechern und
von Backhause müssen sich auch bereit halten / der eine mit einem Glase rothen
oder schielerfarben Wein / und der andere mit einen Bissen Brodt nach der
Execution, und nachdem man den ersten Band auf die Wunde geleget hat. Der
Segeant von Serdeau bringet die leinene Lappen / den Arm zu verbin [37] den und einzuwickeln. Der Knecht von
Hüner-Hause bringet einen Hahn / ihm auf die Wunde zu legen. Der Knecht von den
Lichten und Leuchtern bringet auch Lappen zur Wunde. Und der Küchenmeister /
oder Mundkoch ein groß sehr scharffes Küchen-Messer / welches der Sergeant von
der Speck-Kammer hoch in die Lufft hält / unterdessen daß die Execution
geschiehet / durch einen Bedienten / welchen man darzu benennet. Nach diesen
wirfft man den Verbrecher in ein ewig Gefängniß / und leget ihm eine arbitraire
Geld-Strafe auf.
idem Chamberlayne cap. 12. pag. 220.
CXXXII. Der Author des Neu-geharnischten Groß-Britannien / Anno 1690. zu Nürnberg
gedruckt / beschreibet die Gerichte in Engelland pag. 23. & 24.
folgender gestalt: Dreyerley Gerichte sind in Engelland / nemlich der Stände /
des Kampffs und der Gerichtlichen Zusammenkunfft; Das erste ist das Parlament /
oder kömmet doch mit demselben überein. Das Haupt-Recht / ob es wohl nicht mehr
im Gebrauch / ist doch das Kämpfen nicht allerdings verbothen / weil die
Engelische davor halten / man solle es keinen ehrlichen Mann abschlagen / wenn
er dessen sattsame Ursachen beybringet / die Formul des Aufbots und Kampfs
findet man in des Britonis Schrifften. Anlangend die Gerichte / so die
Königliche Sitze genennet werden / haben selbige den Nahmen daher / weil die
Könige denselben vor Alters in der Person beygewohnet: Jetzo spricht der Obriste
Justicier in Engelland Recht / sam̅t seinen Beysitzern. In der
Bürgerlichen Gerichts-Cammer werden die streitige Sachen zwischen
Privat-Personen erörtert: Allda ist ein Richter mit dreyen Beysitzern / der
urtheilet nach Englischen Rechten. Das Urthel wird durch die Vitz-Grafen
exeqviret.
CXXXIII. Die Rechen-Cammer wird von den Engelländern Scaccarium genannt / von der
viereckigten Tafel / daran die Rentmeister sitzen / und wird allda verhandelt /
was zur Königlichen Renth-Cammer gehöret.
CXXXIV. Was das peinliche Hals-Gerichte betrifft / ist in Engelland kein grosser
Unterscheid / weil fast alle Malefitzien (ausgenommen das Laster der verletzten
Majestät) mit dem Strange gestrafft werden. Mörder / Diebe / Strassenräuber /
Fälscher werden alle aufgehenckt / und geschiehet wunderselten / daß man einen
Menschen foltert oder köpfet / oder viertheilet oderädert / ja man höret kaum
davon. Die Strassenräuber / und öffentliche Mörder lässet man an Galgen
verfaulen / derer andern Cörper aber werden abgenommen und begraben. Ein Weib /
so ihren Mann ümgebracht / und [38] dessen überwiesen wird /
verbrennet man lebendig. Ein Knecht der seinen Herrn getödtet / wird auf einer
Weiden-Flechten an die Richtstatt geschlieffet. Wer einem mit Gifft nachstellet
/ wird nicht gerichtet. Wann ein Todschlag begangen wird / so werden alle die
vor Mörder gehalten / die demselben beygewohnet haben. Die Verräther des Königs
/ oder Vaterlandes / werden also gestrafft: Erstlich hencket man sie / thut sie
aber herab / wenn sie noch Athem holen. Darnach schneidet man ihnen den Bauch
auf / und nim̅t das Eingeweide heraus / hauet ihm mit einer Axt
den Kopf ab / theilet den Cörper in vier Stücke / und henget sie auf die
Strassen.
CXXXV. Wenn sonst ein Missethäter zum Tode verurtheilet ist / so führet man ihn
auf einen Karren zum Galgen / seine Freunde und Verwandten folgen ihm nach / als
wenn sie mit der Leiche giengen / daselbst wird er an eine Ketten gehenckt / die
beynahe drey Finger breit ist. Weil aber die Kette nicht einschneiden / noch dem
armen Menschen den Athem so bald nehmen kan / so ziehen ihn seine Freunde starck
mit den Füssen unter sich / damit er desto balder und geschwinder sterbe / und
also der Marter abkomme. Es wehret auch kein Richter diesen Dienst / weil man
Exempel hat / daß etliche von Morgen biß auf den Abend gehangen mit grossen
Schmertzen / und doch nicht haben sterben können.
CXXXVI. Die Hertzogen / Marggrafen / Freyherren / so einen Sitz im Parlement
haben / geniessen dieses Privilegii, wann sie das Laster der verletzten Majestät
begangen / daß sie von niemand als ihres gleichen / mögen geurtheilet werden.
CXXXVII. Von dem Gericht zu Westmünster / darinne denen Recht gesprochen wird /
welche von den Reichen und Mächtigen geschmähet / und unterdrücket werden; Item
von der Weisen-Cammer / darinne der Pupillen Sache verhandelt / wie auch von der
Gerichts-Cammer des Hertzogsthums Lancaster; Deßgleichen von der
Reqvesten-Cammer / darinne den Knechten und sonst armen Leuten üm Gottes willen
/ ohne Geld Recht gesprochen / und also die Cammer des Gewissens genennet wird /
und dann endlich von den Kirchen-Rath / oder Cammer der geistlichen Sachen / kan
man gleichfalls bey diesen ungenannten Autore pag. 24. & 25. Nachricht
finden.
CXXXVIII. In Schottland ist nach dem Hohen oder Reichs-Rath / welches eine Art
eines Parlements / die Cammer der Justitz / welche König Jacobus V. angestellet
/ und darbey einen Praesidenten sammt 14. Beysitzern verordnet hat. Sieben
Geistliche und so viele Weltliche / [39] sammt dreyen
Advocaten und dreyen Protocollisten. Allhier ist täglich Audientz / ausserhalb
am Sontage / nnd von 1. November biß auf den 15. Martii / von ersten Sonntag
Trinitatis biß auf den 1. Augusti. Nechst diesen sind in jeder Grafschafft
gewisse Vice-Grafen / und ist die Würde erblich / ihr Ampt aber / daß sie Recht
sprechen / so wohl in bürgerlichen / als peinlichen Sachen. Drittens ist das
Commissariat / deren das fürnehmste in Edenburg ist / da vor vier Richtern
gehandelt wird von Testamenten / geistlichen Pfründen / Zehenden /
Ehescheidungen und dergleichen / welche Sachen sonst vors geistliche Gericht
gehören.
CXXXIX. Anlangend die hohe Malefiz-Rechte / so hat der Oberste Richter seinen
Stuhl zu Edenburg / und haben dieses Am̅t vor Zeiten die Grafen
von Argatelia vor erblich gehabt. Dieser und die andern Richter übergeben die
Sachen zweyen oder dreyen Rechtsgelehrten / es treffe gleich Leben / Leib und
Blut / oder die Confiscation der Güter an.
CXL. Der Beklagte / wenn es schon das Laster der Majestät antrifft / mag sich
eines Advocaten gebrauchen. Bißweilen verordnet der König / über die
jetztgemeldten / etliche sonderbare Richter in Malefiz-Sachen.
CXLI. Es mögen die Vice-Grafen in den Provinzen / und der Magistrat in den
Städten ein Urthel über einen Todtschläger fällen / da derselbe innerhalb 24.
Stunden ergriffen wird. Aber nach dieser Zeit gehöret solches vor des Königs
Gerichte. Dieses Privilegium haben auch etliche von Adel / so ein Todtschläger /
oder Strassenräuber in ihrem Gebieth ergriffen wird.
idem Autor pag. 294.
CXLII. In Irrland hat man folgende Gerichte / die Stern-Cammer / die Cantzeley /
die Königliche Banck / die gemeine Banck und die Straff-Kammer.
idem pag. 418.
CXLIII. In Teutschland hat man gleichfalls von Alters her viele und mancherley
Arten der Gerichte gehabt / davon auch noch unterschiedliche biß auf den
heutigen Tag in Gebrauch sind. Wir wollen derselben etliche nach dem Alphabet
hie anführen / als
CXLIV. (I.) Das Acht-Gericht / welches sonst auch Bann-Recht genennet wird /
bestehet bey Hegung des ordentlichen Hoch-Noth-Peinlichen Hals-Gerichts darinn /
daß der Ankläger fürtritt und bittet / ihme den Frohnboten zu leihen / daß
derselbe seine geschliffene Wehr ausziehe und ihm / dem Kläger dieselbe mit
gewapneter Hand [i. e. mit einen Blech-Handschue] fürtrage / das vergönnet der
Richter / und darnach gehet das Gerüffte / [40] das ist / das
Zetter-Geschrey dreymahl / als nemlich: Zetter über N. als Thätern / daß er N.
wider GOTT und Recht vom Leben zum Tode gebracht / oder diese und jene Unthat
begangen hat! Und wenn das Zetter-Geschrey geschehen ist / so fraget der Kläger
/ ober sein Zetter-Geschrey oder Gerüffte vollführet habe / und damit vorkommen
sey / wie recht und gewöhnlich ist? Darauf / nach Befragung des Richters /
antwortet der fünffte Schöppe / er habe es vollführet / und sey fürkommen wie
recht und gewöhnlich ist. So nimmt der Frohnbot das Schwerdt / und leget es
nieder auf die Erde / oder auf eine Banck / die man setzen mag / entweder in der
Schöppen-Bäncke / oder ins Gericht / da Richter und Schöppen sitzen.
Schilian König. in Prodess. c. 143.
Just. Georg Schottel. in tr. de singularibus qvibusdam & antiq. in German. Juribus c. 3. p. 65. & 66. CXLV. Dieses wird in den Städten also mit dem Schwerdt gehalten / in Dörffern und etlichen Gerichten auch geringen Städten träget der Kläger das Schwerdt selber für Gericht / und so er es niederlegen will / muß er solches mit Urlaub des Richters thun. An theils Orten hält der Richter das Schwerdt selbst an Statt des Gericht-Stabes / dieweil das Gericht währet. idem König. tir. Process. in peinlichen Noth-Hals-Gericht. pag. 793. CXLVI. Das auch vor diesem den Ankläger das Gerüfe und Zetter-Geschrey selber selber thun müssen / erhellet Lib. 1. Landrecht c. 63. vers. da sehe ich selber ihn selbst / und beschreye ihn mit dem Gerüfe. Der Frohnbot aber / so heutiges Tages gemeiniglich das Zetter-Geschrey verrichtet / wird der Blutschreyer genannt / weil auf solch / nach dem Bann-Recht oder Acht-Gericht erschollenes Mord- und Zetter-Geschrey / das Blut oder Leibes-Strafe des Thäters so fort zuerfolgen pfleget. Schottelius d. l. p. 66. In etlichen Städten hat man darzu gewisse bestellte Blutschreyer / oder Blut-Redner König. cit. Process. pag. 793. sonderlich zu Straßburg Berhard. Friese in disc. Jurisd. de clamore violentiae th. 11. Ja es geschicht solch Gerüffte und Zetter-Geschrey zu weilen wohl gar vom [41] Scharfrichter / als in den Fällen / da der Thäter gefangen für Gericht persönlich geführet wird / und sich vorhin in peinlicher Frage oder ausserhalben zu der Missethat bekant hat. Wo aber ein Thäter ein redlicher Mann ist / und hätte die That noch nicht bekant / ist auch noch nicht überwunden / da soll der Blut-Redner oder ein ander diß Zetter-Geschrey thun / und nicht der Scharfrichter. König. a. l. pag. 749. In Pommern / und sonderlich zu Gryphswalde ist üblich / daß der Scharfrichter dreymahl nach einander öffentlich vor das Gericht-Haus / oder auf den Marckt trit / und mit ausgezogenen Schwerdt und lauter Stimme ausruffet: Wer klagen wil / der klage feste! cit. Frisc. d. disc. th. 11. CXLVI. Des Zetterschreyens wird auch in Heil. Schrifft gedacht / als Jerem. c. 12. v. 6. Amos c. 3. v. 9. & 10. Judith. c. 14. v. 16. und halten einige davor / es käme von Zittern her / so daß es so viel bedeutete / als ein zitterndes Geschrey: Qvod scilicet per horrendam hans vocem & clamorem terror & tremor audientibus incutiatur.
Christian Biccius in tr. de clamore c. 2. th. 5.
Friese d. discurs. th. 1. Pet. Albinus aber deriviret es von dem Lateinischen Wort citare, citiren her / weil hiedurch die Thäter gleich als zur Verantwortung citiret werden. In Chron. Misn. tit. II. fol. 125. CXLVII. Dieses Acht- oder Bann-Gericht wird auch in der peinlichen Hals-Gerichts-Ordnung Caroli V. art. 87. approbiret / und zwar mit diesen Worten: Mit dem Beschreyen der Ubelthäter soll es im selben Stück in Gegenwärtigkeit / und auf Begehren des Anklägers / nach jedes Gerichts guter Gewonheit gehalten werden. Die Bambergische Hals-Gerichts-Ordnung art. 100. und die Brandenburg. Hals-Gerichts-Ordnung ebenmässig im 100. Articul thun desselben gleichfalls Meldung. Item
Col. p. 1. decis. 108.
Consult. Saxon. tom 3. p. 3. q. 97.
Fachs. Cons. 3. n. 63. & seqq. CXLVIII. Und ob wohl solch Gerüffte und Zetter-Geschrey nach den gemeinen Rechten nicht nöthig ist / c. evidentia 9. X. de Accusat. So ist es doch in den Sächsischen Landen also eingeführet.
|| [42]
Lib. 2. Land-Recht 64.
Dan. Moller. lib. 4. somest. c. 33. n. 12.
Besold. Thes. Pract. v. Zetter - Geschrey. CXLIX. Ehe und bevor man aber solch Acht - Gericht anstellet / wird nach Alten / und annoch heut zu Tage üblichen Sachsen-Recht erfordert: [1.] Daß der Ubelthäter auf Handhaffter frischer That betroffen / oder daß zum wenigsten die Klage in continenti geschehen / und nicht übernächtiget worden sey. Land-R. lib. 1. art. 7. §. ult. & lib. 2. art. 64. Denn wenn die That übernächtiget / wird weder Acht - Gericht noch Zetter-Geschrey gehalten. Matth. Coler. Part. 1. Decis. 108. n. 12. Es heisset aber dieses eine handhaffte That / wenn man einen Mann begreifft in der That / nemlich wenn indem die That mit der Faust thätlich und mit Gewalt verrichtet wird / oder kürtz vorher verrichtet worden /
Land-R. lib. 2. art. 35.
Schottel. d. c. 3. pag. 67. Und wo keine handhafftige That ist / da mag man ohne Gerüffte klagen / ob man ohne Schaden bleiben wil. Ergò wo einer nicht eine redliche Ursach hat zu klagen / und beklaget einen darüber mit Zetter-Geschrey / so bleibet er nicht ohne Wandel / sondern muß Abtrag thun / & ea propter injuriarum conveniri potest. Land-Recht d. l. 2. art. 64. CL. [2.] Muß der Judex des Corporis delicti halber gewiß seyn. per L. 1. §. item illud ubi Bartol. ff. ad SCtum Silan. Drum auch entweder der verblichene Leichnam / oder ein Stück von seinen Kleidern / so mit Blut besprützet ist / vor das Gericht gebracht wird / welches letztere man das Leib-Zeichen nennet
Andr. Knich. de Sublim. territ. jure c. 3. n. 405. & seqq.
Schottel. cit. tr. c. 3. pag. 68. Qvomodo autem de corpore delicti constare debeat, non una eademqve omnium est sententia. Sicuti delicta non sunt unius ejusdemqve generic ac qvalitatis, dum qvaedam occultiora, alia manifestiora, arbitrio Judicis relinqvendum existimo, qvando delictum verè perpetratum esse sufficienter probatum existimare velit. arg. L. 1. ff. de jure delib. Et in praxi recepta est doctrina Angeli de aretino, qvod, qvando furtum [43] vel aliud maleficium committitur, Judex mittere debeat ad Iocum, pro reportanda oculata fide, an maleficium commissum sit, & si aliter processerit, teneatur in Syndicatu;
Angel. tr. de malef. verb: fama publica n. 108. & 114.
Hippol. de Marsil. Cons. 134. Vol. 2. n. 1. & cons. 8. Vol. 1. num. 1. Cons. 2. n. 34. Cons. 14. n. 12. Idemqve & multò magis fieri debet, qvando instituitur talis processus Banni & clamoris des Zetter-Geschreyes / cum per hoc multum gravetur fama & opinio rei, saltem apud bonos viros,
Lipsens. Decis. 84.
Wehner. obs. pract. v. Acht-Gericht. pag. 8. CLI. [3.] Die That auch Lebens-Straffe uf sich habe. Weiehb. art. 38. ubi Glossa expressè dicit, nullam accusationem eum clamore institui posse, nisi in tribus casibus, FURTI scilicet, HOMICIDII & RAPTUS. CLII. [4.] Item daß der Richter vorher den Thäter wisse / und [5.] dieser letztere abwesend sey: Denn wenn er zu gegen / ins Gefängniß und zur Hafft gebracht worden / ist unnöthig solch Gericht zu halten. vid. Carpzov. part. 3. prax. Crim. part. 3. qvaest. 136. n. 64. & multis seqq. CLIII. Es kan auch das gewöhnliche Zetter-Geschrey oder das Beschreyen des Ubelthäters / in denen noch nicht übernächtig gewordenen Thaten / weder von dem Richter selbst / salvo processu Criminali, noch auch auf Anhalten und Bitten des Thäters Befreunden ausgelassen werden. Weil dieses ein solenne reqvisitum des Acht-Gerichts / auch / die Bösen von solchen Unthaten abzuschrecken / erfunden und eingeführet ist. Carpz. d. p. 3. q. 136. n. 109. & 113. cum seqq. CLIV. Wenn aber ein Erschlagener gefunden wird / und man des Thäters halben keine Gewißheit haben kan / jedoch wieder ein und andere Person ein Verdacht obhanden: Alsdenn werden die Verdächtige gemeiniglich zu den Entleibten geführet / üm zusehen ob der Getödtete Blut vonsich geben / oder [wie man sonst redet] das Blut klagen möchte. CLV. Weil nun solche übel-betraute Leute vor die Baar / worauf der Umgebrachte lieget / gestellet / und benebenst ihres starcken Verdachts / der warhafften Bekäntnis ernstlich erinnert werden / wollen die Rechtsgelehrte / daß diese Handlung deßwegen Baar-Recht genannt werde. Sonst heisset es auch Jus cruentationis: Item Sandapilae & Feretri Schottel. de Sing. & Antiq. in German. Jur. c. 3. n. 4.
|| [44]
Aber dieses Wort breitet sich noch weiter aus / und begreifft alles Recht / alle
gerichtliche Anstalt / so über einen Ermordeten gehalten wird / dessen
Todschläger entweder gantz unbekant / oder zwar bekant / aber entrunnen ist /
oder aber noch an einen verborgenen Ort steck; und also nicht nur allein
vorberührte Hinführung des Verdächtigen zu der Baar: Massen denn in Nieder -
Teutschland etlicher Orten /
Zieriz in not. ad Const. Crim. Caroli V. art. 149.
Item in Bäyern /
Georg Everhard. Vol. 1. Cons. 35. n 35.
Der Gebrauch ist / daß wenn ein Getödteter wird angetroffen / es sey gleich in
oder ausserhalb der Stadt / und man weiß entweder den Thäter noch nicht / oder
kan seiner / weil er geflohen / nicht mächtig werden / der Richter in selbiger
Stadt oder Gebiet / sam̅t etlichen Beysitzern / dem
Gericht-Schreiber und Fiscal an der Stätte / wo der todte Cörper lieget / eine
Session hält / und nach geschehener Anklage / auch Protestirung / daß dieselbe
Stadt und Gemeinde / oder die Herrschafft an dem vergossenen Blut unschuldig sey
/ den Thäter durch den Nachrichter / mit dem blossen Richt-Schwerdt / dreymahl
überlaut citiren und ruffen lässet / welches man selbiber Enden eben so wohl das
Baar-Recht nennet. Ja da jemand unversehener Weise den andern erschösse / und
davon flöhe / oder da einer durch einen ungefehren Zustand üms Leben käme: Als
da ihn irgend ein von Dach herabfallender Stein oder Balcken zerschmetterte /
wird der Leichnam der Orten / gleichfalls mit dem Baar-Recht / jedoch ohne
Beyseyn des Scharffrichters / aufgehoben / und darff ihn keiner wegnehmen /
bevor solches Baar-Recht darüber gehalten worden.
CLVI. Mit Hinbeyführung des vermeynten Thäters oder anderer verdächtigen Personen
aber / so mit bey der Schlägerey und Rauff-Handel gewesen / wird es folgender
Gestalt gehalten: Wenn sie bey die Baar / drauf der Ertödtete lieget / gebracht
/ und ernstlich vom Richter / oder auch wohl einen Geistlichen / der darzu
gebraucht wird / ermahnet worden / die That gutwillig zu gestehen / sie aber von
der Enileibung nichts wissen wollen / müssen sie an etlichen Orten vorher einen
gewissen verabfasten Eyd dreymahl nach einander schweren / und so dann ihre 2.
forder Finger der rechten Hand erstlich auf des entseelten Cörpers Mund /
hernach auf die Wunden / und endlich auf dessen Nabel legen / und gewisse Worte
/ so ihnen entweder der Richter / Gerichtschreiber oder Geistliche vorsaget /
nachsprechen / ungefehr [45] also: Bin ich schuldig an de
nen Tod / so thue ein Zeichen / oder hab ich Schuld an deinem Tod / so gib ein
Zeichen von dir!
Joh. Christoph. Hundeshagen, in Discurs. Physic. de Stillicidio sangvinis in
hominis violenter occisi cadavere conspicui §. 49. circ. fin.
üm zu versuchen / ob / wenn die berührte Wunde anhebt zu bluten / hierdurch der
rechte Schuldner solches Bluts möge offenbahret werden.
Gerh. Feltmann, de Cadav. in spiciend. cap. 59. per tot.
Zeiler. Epist. 345.
Besold. Thes. pr. v. Baar-Recht pag. 69.
Erasm. Francisci in Neu-polirten Geschicht-Kunst- und Sitten-Spiegel lib. 2. Disc. 3. pag. 336.
Chirstian Conr. Oelsner Dissert. de Jure Feretri. c. 1. §. 4. CLVII. Doch geschiehet solch zeichnen und bluten nicht allemahl auf einerley Art und Weise aus der Wunden und sonsten / allermassen aus folgender Registratur / welche hiebevor von Wertheim aus Francken nach Tübingen an die Juristen Facultät geschicket worden / und bey dem Besold. in Thes. Pract. v. Baar-Recht zu finden ist / erhellet / also lautend: Nachdem auf fleissige Inqvisition der Thäter sicht befinden / noch angeben wollen / ist man deßwegen verursachet worden / ein Baar-Recht anzustellen; bey solchen hat Niclas und Balthasar kein Zeichen an den Cörper / welcher albereit 36. Stunden armordet gewesen / und theils im Gewölbe / theils etliche Stunden vor dem Actu unter dem freyen Himmel bey ziemlich kalten Wetter / mit aufgedeckter Brust und Bauch gelegen / erweisen wollen / und sind beyde auf ihrer ersten Aussage satis confidenter verharret. [NB. Es haben vier auf den Entleibten gewartet / da der Entleibte mit einer Helle-Parthen kommen / sind obermelte zwey hinweg gelauffen.] Auf Vorführung des Jörgens hat der Cörper aus dem Munde blutigen Schaum gegeben. (NB. Dieser ist praesens blieben / da der Occisus gestochen worden / hat aber nicht Hand angeleget.) Nach folgender Vorführung Clausen des Wächters [welcher ratione officii und auf Fordern zu gelauffen / auch Friede machen wollen / und dem Entleibten seine Helle-Parthen genommen] hat gedachter Cörper aus den Wunden Blut gegossen / und solche [welche über das Hertze gewesen] nicht anders gebebet / als wenn das Hertze noch lebte. Dessen ungeachtet / hat gedachter Wächter die ihm angehaltene Formulam juris jurandi dreymahl geleistet. [NB. Er hat [1.] zween Finger auf des Entleibten Mund / [2.] auf den Stich und [3.] auf den Nabel geleget / auch dem Pfarrer / so ihn seines Gewissens erinnert / nach [46] sprechen müssen / die That aber nicht bekennen wollen.] In Gegenwart Lorentzen / mit welchen der Entleibte / da er den Stich bekommen / zu thun gehabt und gerungen / hat der Cörper blutigen Schaum abermahl aus dem den Tages hat der Wächter selbst zu einem Thäter sich angegeben. Ex hoc apparet, vulnus corpus???ve mortui gradus culpae observasse. Da der Jörg praesens gewesen / ist recht natürlich Blut aus dem Munde gescheumet / [NB. dieser war fast der Anfänger des Handels / Ergo hat der Mund ex rancore gescheumet / sed non vulnus, weil er nicht der Thäter.] Da der Wächter gegenwärtig / hat sich beym Munde nichts ereignet / da er zween Finger auf den Nabel gethan / hat die Wunder wieder ebulliret / aufgejoren und gezuckt / gleich wie die Puls-Adern schlagen. Der Lorentz hat mit dem Occiso gerungen / im Nachsprechen ist dem Todten blutiger Schaum zum Maule ausgelauffen / als er auf die Wunden die Finger geleget / hat die Wunde wieder gezucket und sich gereget. Da Lorentz abgeschieden / hat sie nicht mehr gezuckt sc. CLIX. Woher nun dieses / welches in der offenbahren Experientz beruhet / eigentlich rühre / und ob es einer so wunderbahren verborgenen Feindschafft zwischen den todten Leichnam / un̅ den gegenwärtigen Thäter beyzumessen / wie
Martin. Delrio lib. 1. Disq. Magic. c. 3. q. 4. pag. 23. & in comment. ad Senecae Octavian. v. 127. p. 523.
add.
Thes. Critic. Gruteri, part. 2. pag. 1373.
Athan. Kircher. lib. 3 part. 7. c. 6. pag. 724. de arte Magnetica.
Binsfeld. de confession. Malef. Praelud. 12. dub. 4. concl. 8. und andere wollen / oder ob hierunter nur blosser Dinge Gottes Hand und Gerichte augenscheinlich zuspüren / davon mögen disputiren und dran zweiffeln wer wil / die hiervon verhandene / und bey den
Hippol. de Marsil. Pract. Crim. §. diligenter n. 181.
Joseph Sesse, in Decis. Arragoniae III.
Kornemann. de mirac. Mort. lib. 2. c. 24. & 29.
Erasmo Francisci in Neu-polirten Geschicht-Kunst- und Sitten-Spiegel. lib. 2. Disc. 3. per tot.
Just. Georg Schottelio, de singular. qvibusdam & antiq. in German. Jur. cap. 3.
|| [47]
Cantipratano, lib. 1. mirac. c. 16. §. 2.
Crusio, part. 3. Annal. Suev. lib. 9. c. 16.
Zeilero, in der 16ten traurigen Geschicht.
Harsdörffer / c. 129. p. 3. der jämmerlichen Mord-Geschichte.
D. Becmanno, Prof. Francof. ad Viad. in Dissert. de judicio Dei.
Joh. Christiph Hundeshagen / in Discurs. Phys. de Stillicidio Sangvinis §. 47 48. 49. & 60. und andern befindliche vielfältige Geschichte und drauf erfolgte wunderbare Bekäntniß und gerechte Bestraffungen / [so anher zu setzen wir vor unnöthig erachten / damit das Capitel nicht gar zu lang und weitläufftig werde] sind also bewand / daß ein gewissenhaffter Mensch nicht anders sagen und bekennen kan / als hie sind Gottes Finger! Da nemlich GOTT der HErr heimliche / verborgene / ungestraffte Ubelthaten wil offen bahren und straffkündig machen. Schottel. à. tr. cap. 3. §. 13. pag. 89. & 90. CLX. Ob man aber einen deßwegen strack beym Kopf nehmen / und auf die Folter werffen lassen könne / wenn der Entleibte bey Legung der Finger auf die Wunde / Mund oder Nabel / und obgedachter Anrede / starck anzubluten fänget / ist die Frage? Antwort: Hierbey finden sich drey unterschiedliche Meinungen. CLXI. Etliche statuiren / daß dieses eintzige sufficientissimum indicium ad torturam sey / als.
Menoch. de praesumpt. 89. n. 128. & lib. 2. de A. I. Q. cent. 3. sas. 270. num. 16. & 17.
Mascard. de probat. vol. 2. conslus. 868. n. 24.
Boer. qvaest. 166. n. 1.
Matthias Berlich. part. 4. Concl. 11. n. 74. ubi in Academia Marpurgensi Anno 1608. ejusmodi easum refert accidisse, reosqve ea propter esse tortos, crimineqve confesso capite truncatos. Et tanti hanc praesumptionem faciunt, ut dicant, ab ea experientia non esse recedendum,
Paris de Puteo, tr. de Syndicat. verb. tortura cap. 3.
Chassanaeus in tr. de indiciis. cap. 3.
Nicolaus Florentin. Serm. 5. tr. 1. cap. 6. CLXI. Andere wollen die Mittel-Strasse gehen / und sagen / weil dieser Blur-Beweiß / so nach einen oder mehr Tagen / dem Entleibten entweder zum Munde / oder zur Nasen heraus schweisset / gar selten betriege; als [48] könne man es zwar billich für ein Indicium oder Anzergung mit annehmen: Es sey aber vor sich allein nicht gnung zur Tortur / sondern es müsten noch andere / non levia, sed probabilia & verisimilia indicia concurriren / worunter
Dn. Carpzov. part. 3. prax. crim. qvaest. 122. n. 36.
Zanger. in tr. de qvaest. seu tortur. c. 2. n. 160.
Treutler. Select. disp. vol. 2. disp. IV. th. 7. lit. E.
Erasm. Francisc. in Neu - polirten Kunst - Wunder - und Sitten - Spiegel Lib. 2. disc. 3. p. 344. & 345. mit begriffen. CLXII. Die Letztern aber negiren gantz und gar / daß es ein Indicium sey / als
Dn. Struve, Dissert. de Indiciis c. 3. indic. 2. §. 1.
Gomez. tom. 3. var. resol. c. 13. num. 15.
Arumaeus, Exerc. 20. thes. 19.
Goedd. disp. Juris part. 3. disp. thes. 11.
Ilico Ummius, disp. ad process. 15. n. 46.
Schnobel. disp. ff. 24. thes. 25. und viele andere mehr / deren Meinung auch die beste ist. CLXIII. Nam, ut judex legitimè utatur remedio torturae, D. Eckolt Comment. ff. de qvaestionib. §. 5 qvatuor notat reqvisita, qvae accuratissimè debet observare [1] ut causa & accusatio sit Criminalis, eaqve atrox & capitalis.
L. 8. ff. de qvaestion.
Ord. Crim. art. 8. in princ.
Wesenb. ad tit. de pvaest. num. 8. [2] ut deficiant aliae legitimae probationes, sic ut veritas aliter haberi neqveat, juxta Paulum in L. 8. ff. de qvaest. non enim à tortura inchoandum. L. 10. ff. eod. [3] ut de corpore delicti praeprimis constet, & qvidem certò, illudqve verè perpetratum fuisse appareat.
L. 1. §. 24. ff. ad S. C. Syllan.
L. 1. Cod. ubi Causa Fiscal. & [4] reqviritur, ut reus multis indiciis oneratus & argumentis propemodum convictus sit, si velit dictum remedium decernere.
|| [49]
L. 1. §. 1. L. sin. ff. L. 3. & 8. §. 1. C. de qvaestion.
qvo cum concordat Constit. Crim Caroli V. art. 20. verbis: So jemand einer
Ubelthat durch gemein Leimuth berüchtiget / oder anderer glaubwürdiger Anzeigung
/ Verdacht und Argwohnung / und deßhalber durch die Obrigkeit von Am̅tswegen angenommen würde / der soll doch durch peinliche Frage
nicht angegriffen werden / es seyn den zuvor redliche und deßhalben gnungsame
Anzeigung und Vermuthung von wegen derselben Missethat auf ihn glaubwürdig
gemacht.
CLXIV. Praeterea Deus non vult extraordinariis remediis veritatem delictorum in
homicidiis clandestinis proferre: nec absqve necessitate producit miracula; Et
judices hujus mundi debent judicare secundum prudentiam, qvae cadit in hominem,
relinqvendo coetera judicio Dei.
Heig. part. 2. q. 39. n. 116. & seqq.
Just. Oldekop. observ. Crim. tit. 4. obs. 16. n. 19. CLXV. Man findet auch kein Wort von diesen Blut-Beweiß in der peinlichen Hals-Gerichts-Ordnung Caroli V. die doch mit Zuziehung und Rath so vieler vortrefflicher / gelehrter und verständiger Männer aufgesetzet worden / die ohne Zweiffel solchen darum ausgelassen / weil sie es vor ein ungewiß / ja gar vor abergiäubisch Ding gehalten. Dan. Clasen, in Comment. ad dict. Const. Criminal. art. 33. pag. 178. CLXVI. Drum auch das Baar - Recht an den meisten Orten in Abgang kommen / und selten exerciret wird. Christian. Conrad. Oelsner, dissert. de Jure Feretri cap. 1. §. 11. in fin. CLXVII. Zumahl da man aus der Erfahrung hat / daß / wenn schon der Thäter bey des Entleibten Cörper gestellet worden / mannichmahl es gar kein Zeichen gegeben / Erasm. Francisc. d. l. pag. 339. Hingegen derselbe in Umstand seiner Freunde und anderer unschuldigen Leute häuffig Blut von sich gelassen.
vide B. Sperling. lib. 2. Instit. Physic. c. 3. q. 1. pag. 299.
Joh. Christoph. Hundeshagen, disc. Physic. de Stillicidio Sangvinis & hominis violenter occisi §. 109. & seqq.
& Georg. Horst, tr. de cruentat. Cadav. per tot. CLXIIX. Hinc rectissimè responderunt Scabini Lipsiens. teste Carpzov. Pract. Crim. part. 3. qvaest. 122. n. 35. ad reqvisit. Senat. Zwic Kaviens. mens. Jan. Anno 1606. p. p. Ob nun wohl des entleibten Cörper / so allbereit gar kalt und starrend gewesen / wie derselbe für Gericht getragen / und die drey [50] Gefangene für ihn gestanden / aber ihn nicht angreiffen wollen / an den empfangenen Schaden von deuen gar frisch Blut zu bluten angefangen / und so lange als die Gefangene darbey gestanden geblutet / ungeachtet daß das Blut / so aus der Wunden gelauffen / abgewischet worden / welches aber hernach / so bald die Gefangene vor Gericht abgetreten / sich gestopfft: So mag doch derowegen in Mangel anderer kräfftigen Indicien / wider die drey Gefangene noch zur Zeit nichts peinlich vorgenommen werden B. R. W. add. Herm. Goëhausen, in peric. Academ. de Jure publ. p. 3. pag. 540. CLXIX. Die Bann-Gerichte aber / bey welchen solch Baar-Recht noch üblich ist (wie denn in Italien dasselbe noch an ein und andern Ort exerciret wird / teste Dn. Conringio, in Disqvisit. Politic. de forma Judiciorum in Repretè instituenda, Helmstad. Anno 1667. habita. §. 265. & 294) haben sich wohl in acht zunehmen / und dabey behutsam zu verfahren / damit der todte Cörper zur selbigen Zeit nicht gerühret / gewendet / oder auf andere Masse moviret werde / sondern wenn derselbe eine gute Zeit stille gelegen / erkaltet / und also nicht zu vermuthen / daß er / natürlicher Weise / mehr bluten könne / alsdenn kan die verdächtige Person vorgestellet / und zum Anrühren angehalten werden. CLXX. Was sich auch hierbey vor Umstände ereignen / ist mit Fleiß zu registriren / der verdächtig befundene in Verwahrung zubringen / ümständlich zu examiniren / sernere Erkundigung einzuziehen / und die Acta hernach zum Verspruch Rechtens zu schicken. Autor Prax. Crim. Alteb. p. 146. & 147. CLXXI. Uber dieses hat man vor Alters auch eine Gewohnheit gehabt / daß wenn ein erschlagener und ümgebrachter Mensch gefunden worden / und niemand den Thäter gewust / die Obrigkeit alle Unterthanen eines gewissen Distriets / was Männlich gewesen / zuweilen auch wohl wegen mitunterlauffender Umstände / die Weibesbilder zusammen kommen laffen / da einer nach dem andern den Entleibten anrühren müssen / üm zusehen / ob er bey ein und des andern Anrühren ein Zeichen durch Bluten / oder sonsten von sich geben würde / den Thäter dadurch zu erkennen und zur Hafft zu bringen. Wenn man aber ein ümgebrachtes Kind gefunden / haben alle Mannbare Jungfern / und die Wittben hinbey kommen / und das todte Kind anrühren müssen. Hundeshagen, d. tr. §. 1. CLXXII. Andere haben solchen tod-gefundenen Menschen / da man keine Nachricht erlagen können / wer die That begangen / den rechten Daumen [51] gantz mit den Musculis abgeschnitten / in den Gerichten an einen gewissen Oet / oder auch wohl gar in die Gefängniß an einen Faden oder Band aufgehenckt und behalten / daß / wenn etwan der Thäter ungesähr dieser oder anderer Unthaten halber / in Hafft käme / solcher Daumen noch ein Zeichen geben möchte. CLXXIII. Etliche haben dem Entleibten wohl gar eine Hand abgehauen / und solche aufgeheben / gestalt denn Schottolius de sing. & antiq. in Germania Juribus c. 3. pag. 101. aus dem Chytraeo erzehlet / daß einem Ermordeten die Hand abgeschnitten / und nach Begrabnng des übrigen Leichnams in dem Gefänguiß zu Izehoe aufgehänget worden; woselbst sie auch gantzer zehen Jahr über an einen Faden gehangen. Endlich wird einer auf Dieberey erwischet / und dahin geführet / bey dessen ersten Eintrit die schier verdorrete Hand augefangen zu bluten. Worüber der Dieb hart befraget / auch beweget worden / zu bekennen / daß er vor zehen Jahren einen Mann auf der Strassen ümgebracht / dessen die Hand sey / deßhalber er auch den verdienten Lohn durch den Diebs-Hencker bekommen. CLXXIV. Wenn der Thäter durchgangen / pflegen etliche Richter den Entleibten / wenn sie zu ihn mit den Gerichts-Personen kommen / durch den Diener auf den Bauch und das Gesichte zu wenden / oder ihm den rechten Schue ausziehen / und auf das Antlitz legen zu lassen / den Aberglauben darbey habende / es könte alsdann der Thäter nicht aus der Stadt / Gerichtsoder Dorfs-Gräntze kommen / sondern müste drinn bleiben / und so lang herum gehen / biß er ertappet würde / welche Procedur aber keines Weges gebilliget wird. Wey dem Caspar Schotto, pag. 407. findet man hievon ein notabel Exempel / wenn er also setzet: Prodi inqvit, à Daemone occisores solere nec mirum est, nec novum, ut patet in iis, qvi cadavere occisi inverso fugere neqveunt, ut memini me legisse apud aliqvos, & hisce meis oculis aliqvando vidi adhuc puer. Ex urbe qvadam egrediebantur duo juvenes artifices gladiis accincti, & Sarcinulis onusti, peregrinaturi ad opificium in aliis Urbibus exercendum pro more patriae. Horum unus benè potus, nescio ob qvod verbulum licentiosius effusum antea in hospitio, alterum provocat ad duellum. Renuit hic. ut temulento parceret. Temulentus contra evaginato gladio irruit in alterum, & excusso primu̅ pileo laedit eum in vertice ad copiosum sangvinis defluxum. Coactus igitur congreditur cum temulento, post gladium per inguina transadigit, prostatoqve inimico in terram supino abit cum sarcinula [52] sua. Accurrunt statim ex Urbis vicinâ portâ multi ad occisum adhuc spirantem, interqve illos militis uxor protinus evertit spirans Cadaver, ut vultus ac Venter terram contingeret: Et Ecce! eodem statim momento, ut notatum ab excubitore milite supra Urbis portam fuit, fugiens retrahi se sentit, & post longam luctam inter abitum & reditum, tandem spontè redit ad Urbem, & Magistratui se sistit. Retractus igitur hic fuit non ab alio qvam à Diabolo ex pacto cum militis illius uxore seu explicito seu implicito, &c. CLXXV. Hinc pendet etiam ratio cujusdam moris antiqvi eorum, qvi caesorum à se corporum, per insidias maximè, summas partes recidere & secum sub alis appensas gestare consueverant, sperantes hoc modo infirmum reddi mortuum ad vindicandum facinus. Innuit & hoc Apollo Rhod lib. 4. Argonaut. additqve, TER SANGVINEM CAEDIS AUCTORES EORUM, QVOS INTEREMISSENT, LINGVERE consuevisse. Petr. Greg. Tholos. lib. 36. Synt. Juris univ. c. 20. n. 8. CLXXVI. Ferdinandus Gonzaga, Fürst zu Mantua erforschte den unbekanten Todtschläger auf diese Weise: Er ließ für sich kom̅en den gantzen Hauffen / unter welchen der Thäter vermuthet ward; Hieß einen jeden die Brust blössen / und begriff dieselbe mit eigner Hand / biß er endlich zu einen kam / welchen das Hertze mercklicher klopffte und zappelte / weder des vorigen; zu diesen sprach er alsobald: Du hast es gethan! Und derselbe gestund es auch alsobald / weil ihm die Angst seines bösen Gewissens solchesheraus trieb. Erasm. Francisc. d. lib. 2. disc. 3. pag. 336. CLXXVII. An etlichen Orten hält man dafür / wann einem / der bey einer Feuers-Brunst sich befindet / die Schuh an den Füssen anfahen zu brennen / derselbe der Thäter sey.
Just. Georg. Schottel. in der Teutschen Haupt-Sprache fol. 501.
Besold. in Thes. pract. v. Baar-Recht pag. 71. CLXXVIII. [II.] Das Acker-Gericht / darinn werden die Streitigkeiten wegen Rein und Stein / auch anderer Urkunden der Aecker / Wiesen und dergleichen Feld - Güter entschieden und erörtert / welches sonderlich zu Franckfurt am Mäyn üblich / wie mit mehrern aus derselben Reform. part. 9. tit. 3. zusehen / ibi: So sich die alten Steine in der Furchen / oder sonsten wiederum finden / so gelten die alten und nicht die neugesetzte Steine. Diejenigen / so die gesetzte Steine / sie seyen jung oder alt ausheben / auswerffen / oder dieselben sürsetzlich mit Wasamen [i. e. Rasen] Erden oder sonst De [53] cken / sollen zehen Gülden dem Acker-Gericht erlegen / und auf ihre Kosten die ausgeworffene Steine wiederum setzen lassen.
Dither. in addit. Thes. pract.
Besold. v. Marck / Marckstein fol. 624. CLXXIX. [III.] Das Aisch-Gerichte / dicitur corruptè pro Frais-Gericht. Aisch sumitur pro Information-Urthel. Und sind vor diesen gewisse Oerter benennet gewesen / von welchen man die Information Urthel hat einholen müssen. Dither. in Contin. Besold. h. v. pag. 65. CXXC. [IV.] APPELLATIONS-Gerichte / hievon handelt ausführlich Georg Engelhard von Lön-Eisen / in der Hoff-Staats- und Regierungs-Kunst von fol. 445. biß 465. add. Die Churfürstl. Sächs. Appellations-Ordnung / in Corp. Jur. Saxon. pag. 607. & seqq. CXXCI. [V.] Ampts-Rath oder Ampts-Gericht / von diesem Concicilio Qvaestorio kan man gleichfalls bey jetztgedachten Lön-Eisen von fol. 332. biß 374. lesen. CXXCII. [VI.] Das Bau- und [VII.] das Bauren-Gericht wird nebst andern zu Nürnberg gehalten.
vid. Reform. Noric. tit. 1. Lib. 3. & 4.
Wehner. obs. Pract. v. Gericht pag. 160. &
Dither. in Contin. Besold. v. Baurichter. CXXCIII. Von Bauren oder alt Weiber-Scheid kan man Nachricht finden bey Balth. Conr. Zahnen / in der Ichnographia Municipiali cap. 8. n. 33. & 34. CXXCIV. [VIII] Blut-Gericht oder Blut-Bann ist so viel / als die Ober- und Hals-Gerichte. Und wird in den Käyserlichen Lehn-Briefen gemeinlich der Bann über das Blut zu richten genennet. vid. Besold. in thes. Pract. v. Vlut-Bann p. 108. CXXCV. [IX.] Bürger Gericht. Wehner. v. Gericht p. 160. CXXCVI. [X.] Cammer-Schultz- und Voigt - Gericht ist zu Speyer üblich gewesen / vide Lehman. Chron. Spirens. lib. 4. c. 19. per 101. CXXCVII. [XI.] Das Cammer-Gericht. Vor uralters muste die höchste [54] Justiz bey dem Käyserlichen Hof-Lager gesucht werden / und gienge dieselbe mit dem von einem Ort zum andern / welches denen Ständen beschwerlich fiehl. Und werden die Käyserliche Räthe / welche in Justiz-Fällen / in Nahmen und aus Befehl Käyserl. Majestät erkanten / und denen Partheyen Bescheide ertheilten / Hof- und Platz-Grafen genennet / davon noch auf den heutigen Tage die Würde der Comitum Palatinorum mit gewisser Masse im Gebrauch ist. Nachdem aber hierdurch nicht allein die Sachen mercklich aufwuchsen / sondern auch mannichmahl in gefährlich- und wichtigen Vorfallenheiten / der Käyserl. Hof gar nicht zu erlangen war / auch dannenhero grosse Ungelegenheiten im Reich entstanden: Als hat Käyser Conrad der III. seinen Schwaben und andern Reichsständen / auch deren Unterthanen Anno 1147. ein beständiges Gericht zu Rotweil angeordnet / dessen Bezirck und Befreyung beym Limnaeo lib. 9. jur. publ. c. 3. die Verordnung aber beym Goldasto in den Reichs-Satzungen pag. 8. zu ersehen / welches von dem Grafen von Sultz / als Erb-Hofrichtern / und dem Rath zu Rotweil / als Schöppen / besetzt. Wie aber denen Sachen damit nicht geholffen; als hat man / (wie auch / schon zu Zeiten König Caroli des Grossen und dessen Sohns Ludwig des Frommen / vor gut befunden worden / jährlichen geistliche und weltliche Stände zusammen zu beruffen / des Reichs Nothdurfft berathschlagen und erledigen / auch darüber Verordnung thun zu lassen) jährlich alle Reichs-Stände convociret. In dem sich aber auch hiebey hervor gethan / daß durch solche Reichs-Täge / die einen Monat wehren sollen / denen Emergentien nicht gesteuret / und darbey grosse Unkosten und Versäumniß geklaget worden / hat man des Reichs Regiment Anno 1500. zu Augspurg von zwantzig Personen / auf gewisse Jahre angeordnet / welches eine Zeitlang gedauret / hernach wieder abgethan / und die jährliche Reichs-Tage eingeführet / anno 1521. aufs neue bestätiget / ihm aber doch die Gewalt / welche es Anno 1500. erlanget / mercklich abgekürtzet / und endlich gegen Anno 1530. gar getilget / hingegen das Cammer-Gericht gegründet worden. Und weil dessen Hegung ratione des Orts in Käyserl. Majestät Willkühr gestanden / doch daß es nicht über Cölln oder über Augspurg geschehe / R. A. zu Worms de Anno 1521. §. und soll obgenant sc. so ist solches in des H. Reichs Stadt Speyer beständig und bleiblich gesetzet / und zwar der gestalt / daß Käyserl. Majestät / auch Churfürsten und Stände des H. Reichs dasselbe durch einen Richter / und vermöge des Friedens-Schlusses / funfzig Assessores oder Urtheilere von beyderley Religionen / und zwar der Catholischen 26. deren Evangelischen aber 24. mit eingerechnet der vier Praesidum, so Grafen oder Herrn Standes / und [55] zween davon der Catholischen / die andern beyde aber der Evangelischen Religion bey gethan seyn sollen / bestellet / und denen in allen und jeden Sachen / die Stände betreffend / [doch diejenige worinn Käyserliche Jurisdiction allein fundiret / ausgeschieden] des H. Reichs Satz- und Ordnungen / auch gemeinen beschriebenen Rechten / und dero Stände redlichen Gewohnheiten und Statuten gemäß / zu urtheilen und zu judiciren eingeräumet. Wie die Zahl der Assessorum nach und nach gestiegen / und / wer dieselbe zu praesentiren / davon ist ausser obangezogenen zu Worms datirten Reichs-Abschiede der R. A. zu Speyer de Anno 1570. §. dieweil denn auch sc. wie nicht weniger das Instrumemum Pacis art. 5. §. sin. und zumahl aus der Cammer-Gerichts-Ordnung de Anno 1555. deren reqvisita, Pflichte und dergleichen zu ersehen. Darbey auch zu mercken / daß kein Gericht / so hoch das auch im Römischen Reich sey / entweder neue Gesetze und Ordnungen vor sich zu geben / oder die bereits von des Reichs wegen geschlossene und promulgirte zu expliciren Macht habe / sondern deren Gewalt blößlich in Recht geben / oder wie es die Griechen nennen / [Greek words] bestehe: Die [Greek words] und deren Erklärung aber Käyserl. Majestät und dem H. Reich ruhend bleibe. Ausser der Assessorum Zahl / ist auch ein Advocatus und Procurator Fisci Imperialis, welche Käyserl. Majestät zu benennen / und zu bestellen hat / deren Ampt und Verrichtung Denaisius in compend. Jur. Cameral. tit. Causae Fiscales erzehlet. Den Cantzeley-Verwalter / und die Secretarios, Protonotarios, Notarios, Lesere / Ingrossisten / Copisten / Pedellen und Bothen sc. pfleget Chur-Mayntz / als des H. Reichs durch Germanien Ertz-Cantzler an / und in Pflichte zu nehmen. Unter denen / wie auch allen Ministris Camerae soll paritas religionis in acht genommen werden. Und ist eines jeden Ampt an obgedachten Ort der Cammer-Gerichts-Ordnung ümständlich beschrieben / auch solcher Ordnung nach und nach angehengte Verbesser-Erleuter- und Enderungen beym Denaisio in seinen Compendio Jur. Cam. und den Reichs-Abschiede de Anno 1654. zu erlernen. Die Advocaten und Procuratores aber werden von der Cammer / wenn sie habiles und tüchtig erfunden werden / verpflichtet. Autor Jur. Publ. Rom. Germ von pag. 233. biß 237. add. Tob. Baurmeister de Jurisdict. pag. 444. n. 13. & seqq. usqve 20. Item pag. 445. n. 18. pag. 446. n. 19. & pag. 447. n. 22. Matth. Stephani de Jurisdict. lib. 2. part. 1. cap. per tot. Petr. Heigius lib. 1. qvaest. 9.
|| [56]
Joh. Calvinus in Process. fol. 152. & multis seqq.
Otto in Jur. Publ. pag. 152.
Limnaeus J. P. tom. 3. lib. 9. cap. 2. per tot.
Carpzov. in Capit. cap. 9. n. 13. & seqq. CXXCVIII. Von dem Churfürstl. Cammer-Gericht in der Marck-Brandenburg / und dessen Bestellung / kan gelesen werden D. Lambertus Distelmeyer / gewesener Churfürstl. Brandenb. Cantzlar / in Constit. March. tit. 2. & Joachim Schepliz ibidem, ubi dicit: Judicium Camerale unicum habetur in Marchia. Es soll nur ein Cammer-Gericht und Cantzeley im Lande gehalten werden. In Gallia similiter unam solummodò esse Cancellariam, qvae dependet ab officio & potestate Cancellarii Franciae, testatur Bartol. Chassanaeus, in Consuet. Burgund. rub. de gabell. verb. sous les se aux de la & c. n. 1. CXXCIX. Hinc is ibidem sumit occasionem qvaerendi, unde dicatur Cancellarius? & inqvit, qvod dicatur à cancellando, qvia Rescripta & Privilegia sigillo Regio munienda [qvod apud se est] priusqvam eo muniantur, corrigit & cancellat, adducens Politiani versiculos in Prologo, dum inqvit: Hic est, qvi leges Regum cancellat iniqvas, Et mandata pii Principis aeqva facit. Si qvid obest Populo, vel Legibus est inimicum, Qvicqvid obest, per eum desinit esse nocens. Qvod Pari modo confirmat Joh. Spiegel in Lexic. in verb. Cancellare, ubi inqvit: Illius officium esse, Rescripta vel Responsa Imperatoris & mandata Inspicere, & malè scripta cancellare, benè vero scripta signaculo suo obsigillare. Qvi ibidem qvoqve ex Budaeo in annot. ad rub. de offic. Praefect. Praetor. qvalis esse debeat Cancellarius, indicat: illum PROMUM CONDUM clementiae benignitatisqve Principalis factum esse declarans, id est, qvi illius aeqvitatis officinae, qvam CANCELLARIAM dicimns, liberam administrationem habet. Ubi etiam refert, qvamvis nonnulli velint, Cancellarii nomen non reperiri apud probatos Authores, nisi Flav. Vopiscum: attamen qvomodo vox illa probetur Oldendorpio, apparere ex Epistola scripta ad Cancellarium Hassiae, cujus verba qvoqve adducit, apud qvem qvilibet hoc videre potest. Et ibidem Spigelius ex Aurelio Cassidoro ostendit, etiam Justiniani Imperatoris Principatu, Cancellarii nomen tum officium fuisse amplissimum, sicuti Chassanaeus d. loc. n. 2. commemorat, qvod ipse Can [57] cellarius scilicet sit secunda Persona Galliae qvoad Jurisdictionis administrationem. CXC. Hinc etiam cernimus in Romano Imperio Cancellariatus officio fungi Electores Ecclesiasticos, qvi certè hâc ratione & dignitate antecedunt reliqvos Electores seculares, uti id manifestè etiam colligitur ex his, qvae traduntur ab Andr. Knichen, in eruditissimis suis commentariis, de Saxon. non Provocand. Jure & Privileg. verb. Electorum c. 1. n. 74. add. Crus. de Praecedentia lib. 4. c. 2. n. 9. ubi de CANCELLARIIS ita scribit: Olim Cancellarii dicebantur, qvi Cancellos servabant, fores enim Veterum erant cancellatae i. e. ex lignis reticulatis compositis textae. Sed paulò post Carini & Vopisci tempora, uti patet ex Cassiodoro in formula Cancellariatus lib. 11. Cancellarius non, ut olim, ostiarii munus sustinuit, verùm ex parte eorum, qvi hodie in Aulis communiter Principibus à Secretis & libellis supplicum sunt, stetit. In Constitutionibus Caroli M. Cancellarius simpliciter pro Scriba & Actuario usurpatur. vid. Goldast. Const. Imp. pag. 269. Sed postea sub nostris temporibus & Regibus Francorum eò ascendit Cancellarii dignitas, ut, qvo munere olim apud Romanos Qvaestor Sacri Palatii vel Logotheta apud Constantinopolit anos, eodem in Aulis Principum & Regum utatur Cancellarius. Gastell. de Statu publ. Europae p. 404. Bernh. Malinkrot. de Cancellariis & Archicancellariis. CXCI. [XII.] Cantzeley-Rath und Gerichte / hievon handelt ausführlich Georg Engelhard Löhn Eis in seiner Hof-Staats- und Regierungs-Kunst von fol. 396. biß 419. CXCII. [XIII.] Das Cent-Gericht oder Cent-Grafen-Gericht. Der Cent-Grafe ist des Gaw-Grafens oder Landrichters Stadthalter / in Verwaltung der mochentlichen gemeinen Verhör-Täge auf den Lande / zu Zeiten der Fränckischen Königen gewesen / den die Gaw- oder Grafschafften hat man in Centen abgetheilet / das ist in gewisse Dorfschafften / welche zusammen eines Cent-Grafen Gericht unterworffen / und von demselben Recht genommen. Capit. lib. 3. c. lib. 4. c. 23. Regiones per Centenas distinctae erant: unde Centenarii nomen. Is Magistratus qvi Centenae praesidebat, Comiti erat subjectus. Es hat aber der Zehnt-Graf allein Frevel geteidigt / Schuld und andere geringe Sa [58] chen entschieden. Was Malefiz oder eines Freyheit / Erbe und Eigen angelanget / das ist der Grafen Verrichtung zu gestanden / davon ein ausführlich Gesetz Capit. lib. 3. c. 69. CXCIII. So haben auch die Freie / das ist Adeliche Personen auf dem Lande und in Städten die Freyheit gehabt / daß sie vor der Cent-Grafen Gericht nicht erscheinen dürffen / sie seyen dann demselben als Richter / zugeordnet / oder Kläger / oder als Zeugen fürbeschieden gewesen; sonst hat jederman aus den Gemeinden auf den Dorfschafften vorm Gericht sich ein stellen müssen / wenn einer oder ander in seinen Sachen einen beklagen / und Zeugen führen wollen / daß der Beklagte und Zeugen gleich an der Hand seyn / und der Cent-Grafe mit seinen zugeordneten alsbald Bescheid geben können. CXCIV. Der Cent-Graf hat gleichen Eyd / immassen andere Richter / geschworen / und so er sich demselben ungemäß verhalten / und dessen in Gegenwart der Königlichen Gesandten auf dem Land-Gericht überwunden / haben dieselben den Cent-Grafen seines Ampts zu entsetzen / und einen andern an dessen Statt zu erwehlen Macht gehabt.
Capit. lib. 3. c. 11.
Lehmann. in Chron. Spirens. lib. 2. c. 23. CXCV. Denominationem vocis Cent vide apud Andr. Knichen de Sublim. & Regio Territ. Jure c. 4. n. 39. seqq. usqve 78. Schottel de Sing. & Antiq. in Germ. jur. c. 7. pag. 211. 212. & 213. CXCVI. Heut zu Tage aber haben sich die Centen gantz ümgewendet / und ist ihre Bürgerliche Jurisdiction in ein Malefiz- oder Hals-Gericht allerdings verwandelt. Acta Lindaviens. fol. 580. In dem Lande zu Francken gehören allein die vier Fälle Mord / Raub / Brand und Diebstahl zur Centlichen Obrigkeit.
vid. Knichen. d. tr. c. 4. n. 331.
Knipschild. de jure Civit. Imp. lib. 1. c. 6. n. 156. Besold. in thes. pract. v. Centbarliche Obrigkeit p. 148.
Dither. in Contin. Besold. pag. 134. Anderswo begreifft dieselbe in sich alle Fraiß / Malefiz-Fälle / hohe und Haupt-Rugen / alle Fälle und Rugen / so Leib und Leben / Hals und Hand / Haut und Haar / und dergleichen betreffen: Alle hohe und niedere Gebot / und Verbot auf der Gemeind ausserhalb und auf den häußlichen Lehn zu [59] Dorf und Feld / Gassen und Strassen / Engern / Plätzen alle so innerhalb der Land- und Cent-Gräntzen [haec enim diversa sunt] gesessen / auch alle Güter darinn begrentzt / bekreist / begriffen / bezirckt / gelegen: Alle Anlagen / Aufsatzung / welche in den Cent pro re natâ fürfallen / Cent-Pflicht / so alle Mündige an der Cent würcklich ablegen und leisten müssen. Centschrey / Centvolg / Kirchweih / Schutz und Schenckung / deren so wohl als der Hochzeit und Kindtauff Verlagen / deren Schutz und Friede gebothe auf der Gemeinde und Voigtheybahren Lehn / gemeine Aempter in Dörfern zu besetzen / enturlauben / beeydigen / deren Rechnung anhören und dispungiren / rectificiren / Abscheidung / Einzug / Niederlag / Handwercks-Bussen / Meister-Geld / Rein / Stein / Herd oder Beysitzer / und Schutzgeld / Rüge / Cent- und Vogteyhaber / Futter / Mahl- und Atzung aufder in der Cent gelegenen Gütern / Lager und Landwehr Geld / hohe und gemeine Land-Gericht zu besuchen & similia
vid. Petr. Leopoldi apud Arum. tom. 1. discurs. 24. th. 4. & seq.
Besold. in thes. pr. pag. 148. Ist demnach Cent / Cent-Gericht / Cent-Recht / Cent-Gerechtigkeit sc. so viel als die hohe Fraiß / Gerichts-Zwang / Hals-Gericht / peinliche Obrigkeit / Blut-Bann / Voigtey über das Malefiz sc. und wird ein Herr dem die Cent gebühret / Cent-Herr und Fraiß-Herr genannt / Zeiler. Epist. 345. Cent-Grafe aber ist hodie ein peinlicher Richter /
Acta Lindav. fol. 550. & 580.
Dither. add. Thes. Pract. Besold. v. Cent-Grafen 26. pag. 149.
Plura vide apud Wehnerum in observ. Pract. v. Zent / item Voigtey &
Matth. Bernegger. qvaest. 64. ex Tacito.
Speidel. in Spec. notab. pag. 209.
Theoph. Valent. Schubarti Disp. sub Praesidio D. Linkii de Centena. Altdorphii anno 1676. habita. CXCVII. [XIV.] Dorf-Gerichte wurden vor Alters darum auf den Lande und in den Dörfern angestellet / damit die Bauers-Leute nicht weit nach den Städten und Aemptern gehen / und viel an ihren Ackerbau und Feld-Arbeit versäumen / sondern / wenn sie was zuklagen / die Gerichte nahe bey sich haben möchten.
auth. agricultores C. qvae res pign. oblig. poss.
rubr. C. de Rustic. ad nullum obseq. devoc. L. XI.
Andreas Knich. de Superiorit. territ. c. n. 566.
|| [60]
Welches ihnen von der hohen Obrigkeit als eine sonderbare Gnade ertheilet worden.
Polyb. lib. 4. cap. 43.
CXCIIX. Solche Dorf-Gerichte aber wie sie vor Alters gewesen / sind mit der Zeit
in Abgang kommen / daß davon nur noch wenig vestigia an ein und andern Ort übrig
seyn.
vid. Schifordegker, lib. 3. tract. jur. tract. 29. q. 2.
& Speidel. in Specul. notab. verb. Dreyding.
CXCIX. De judicio paganico Bavariae Wigulaeus Hund, im Bayrischen Stam̅buch Part. 2. pag. 401. ita scribit: Dorf-Gerichte ist nicht so
viel / als Hof-Marck-Gericht / welches die Nieder-Gerichtliche Obrigkeit
durchaus begreifft / laut der Bayrischen Landes-Enderung / diß ist allein über
Meyen / über ägen und dergleichen geringen Sachen / hat auch nicht höher als um
72. Pfenning zu straffen.
CC. Heut zu Tage sind die Dörfer zweyerley: Ampts-Dörfer und Gerichts-Dörfer. Die
ersten belangend / haben dieselbe ihre gewisse Beampten / vor welche sie stehen
/ und den Rechtspruch erwarten müssen. Und obschon in den meisten Dörfern noch
Richter oder Schultheissen zu finden sind / haben sie doch das wenigste mit den
Gericht-Sachen zuthun / sondern sind nur zu Bestellung der Fröner / item daß sie
acht auf der Herrschafft Intraden und Gefälle geben / imgleichen wenn was
Straffbares vorgehet / daß sie es so bald höhern Orts anzeigen sollen /
angenom̅en / haben auch ausser der Dienst-Freyheit offtmahls
wenige / oder wohl gar keine Besoldung. In den Gerichts-Dörfern aber / so denen
von Adel und andern zuständig / exerciren die Gerichts-Herren ihre Gerichte
entweder selbst / daß sie bey den angestelten Gerichts-Tagen persönlich zu gegen
sind / oder haben ihre Gerichts-Halter / Verweser / Verwalter / oder
Gericht-Schreiber / die es verrichten. Doch wenn peinliche Fälle vorkommen /
wird der Schultes nebst denen Gerichts-Schöppen auch darzu gezogen.
Dn. Cancellar. Fritsch. de jure pagor. Germ. cap. 13.
CCI. Es haben auch die Dörfer gemeiniglich ihre sonderliche Dorfs-Einungen oder
Dorfs-Ordnungen / nach welchen gute Disciplin und Zucht erhalten / auch ein und
ander geringes Verbrechen abgestraffet wird / sind gemeiniglich von der
Landes-Herrschafft confirmiret
CCII. [XV.] Erb-Gerichte / diese werden auch Unter- oder Nieder-Gerichte / Vogtey
/ das Vogt-Gericht / Vogtheiligkeit / Vogtheilische Gerichte genen̅et /
|| [61]
Schottel. de singul. & antiq. in German. jurib. c. 7. pag. 215.
Vor welche die Bürgerlichen Sachen / auch Güld / Schuld / Güter liegend / stehend
/ fahrend / beweg- und unbeweglich; Item Abstraffung der geringen Verbrechen /
als wenn einer den andern raufft / stösset / schläget braun und blau / Messer
zucket; Item blutrüstig machet / ohne Fleisch und Kämpfer-Wunden / und andere
dergleichen kleine Brüche / gehören /
Schneidewin. de feud. part. 2. num. 88.
Wer hievon gründlichen Unterricht haben wil / der lese
Coler. de Process. Executiv. part. 2. c. 1. à n. 16. usqve ad finem cap.
Carpzov. part. Pract. Crim. q. 109. n. 31. & seqq.
Sprenger. Jurisprud. Publ. p. 344.
Wehner. Obs. Pract. v. Gericht p. 160.
Speid. Specul. notab. h. v.
Besold. Thes. pr. pag. 969. & 97.
Dither. in contin. Besold. p. 609.
Adam Volckmanni tract. Crim. Sect. 1. Cons. 1. n. 4. pag. 3.
Author. Prax. Crim. Alteburg. pag. 16. 17. & 18. Fürstl. Sächs. Weymarische Landes-Ordnung de Anno 1589. c. 26. Item das von den Churfürstl. Sächs Schöppen-Stuhls zu Leipzig Anno 1620. Mens Febr. ad consultationem Senatus in Thumb gesprochene und bey dem Carpzovio part. 3. Pract. Crim. qvaest. 109. n. 33. 34. & seqq. befindliche Utheil ibi: Was aber kleinere und geringere Fälle seyn / als nemlich Haar-Raufen / Schläge / die nicht tödtlich sind / noch Lämde bringen / daraus auch keine Wunde wird / wenn sie gleich zerschwollen / auch braun und blau / Nasebluten / Maulschellen / Zahnbluten / so die nicht wackeln / auch andere Blutrunsten mit Nägeln gekratzt / oder sonst verletzt / draus keine Gefährlichkeit des Todes / Lämde / Fleisch / Kampfer / noch öffentliche Wunde entstehen / schlechte Lügen-Strafe / schlechte Schmähwort / die nicht an freyen Orten / oder hohen befreyeten Personen geschehen / und peinlich nicht geklaget werden / unzüchtig / muthwillig Geschrey / Messer-Züge / wenn niemand dadurch beschädiget wird / Messer / Armbrust / Schwerdt / oder andere verbothene Waffen tragen / in einer Stadt / oder auf einem Dorffe / verbothene Waare feil haben / verbothene Spiele spielen / einen der grosse und schwere Brüche / Ubelthat und Mißhandlung gethan / zu dem Ende gefänglich setzen / und halten / auf daß er ihn demjenigen / welchem das Ober- und Hals-Gericht zuständig / überantworten möge; Da einer den Gerichten ungehorsam wird / oder daselbst [62] etwas bewilliget / und solchem nicht nachköm̅t / Diebstahl unter drey Schilling / schlechte Hurerey / wenn beyde Personen / so dieselbe begangen / nachmals einander ehelichen / oder auch Braut und Bräutigam vor der Priesterlichen Copulation sich zusammen finden; Imgleichen alle Bürgerliche Sachen / als Schülde / Gülde / Schäden / Pfandung / Güter liegend / stehend und fahrend / beweglich oder unbeweglich / sie betreffen viel oder wenig; Diese Fälle und Sachen alle werden in die Erb-Gerichte gerüget / und durch dieselbe gerechtfertiget: Jedoch was die Sachen / Geld-Bussen oder Abtrag anreichen thut / so von peinlichen Sachen herfliessen / welches geschicht / wenn eine peinliche Sache mit Zulassung der Gerichte / und Bewilligung des verletzten klagenden Parts / oder aus andern Ursachen Bürgerlich würde / oder aber daß sich ein Mord / Lämde / oder anders nicht aus Vorsatz oder Argelist / sondern aus solchen Unfleiß oder Verwarlosung zutrüge / daß sie zu rechte / zu einen Bürgerlichen Abtrag gelassen würde; Solche Fälle / ob sie wohl zu Geld-Bussen gereichen / so werden sie doch gleichwohl durch die Ober-Gerichte gestrafft / und wird von ihnen die Straffe eingehoben. Und ist schließlichen hiebey in acht zu nehmen / wenn ein Am̅t- oder Gerichts-Herr durch sonderliche Vorbehaltung / Begnadung / Verschreibung / oder verwehrte beständige Verjährung es also gehalten und hergebracht / und etliche Fälle / so in die Ober-Gerichte gehörig / als Erbgerichte / und hinwiederum etliche so unter die Erb-Gerichte zu rechnen / als Ober-Gerichte erlanget und geübet / daß es dabey billig verbleibe / und ein jeder bey solchen erlangten / hergebrachten / und unverbrüchlich geübten Gerechtigkeit nochmahls gelassen werde alles V. R. W. CCIII. [XVI.] Ehe-Gerichte sind von den Alten darum angeordnet / weil sie aus der Erfahrung gelernet / daß viele Streit Zwist- und Uneinigkeit in Ehe-Sachen vorzugehen pflegen / welche offt schwer zu entscheiden / drum sie auch zu solchen Gerichten / welche bey unser Zeit die Consistoria sind / gewisse geist- und weltliche Personen bestellet / die sothane Dinge in Verhör ziehen / vergleichen oder entscheiden müssen.
Cypraeus de Sponsal. in praefat. n. 13.
Speidel. in Spec. jur. v. Gericht pag. 479.
Dither. in addit. ad Thes. Pract. Besold. v. Consistorium p. 179.
Carpzov. Defin. Consist. lib. 2. tit. 8. defin. 147. n. 1. 2. & 3.
Michaël Havemann. Gamolog. lib. 4. tit. 1. pos. 4. pag. 478. & seqq. add. Churfürstl. Sächs. Ehe-Ordnung Anno 1624. in Corp. Jur. Saxon. in Kirchen-Sachen p. 293. & seqq.
|| [63]
Hertzog Johann Georgens zu Sachsen Eisenach Ehe-Mandat Anno 1685.
CCIV. Das Wort Ehe / oder Ehestand kömmet her von den alten teutschen Wort Ehe /
welches ein Pactum oder Verbündniß heisset /
teste Goldasto, in Animadvers. ad Tyrolis Paraenesin fol. 367.
Vide qvoqve Speidel. in Speculo Jur. v. Ehe.
Rudolf. Godofred. Knichen, op. Polit. tom. 1. c. 1. th. 7. pag. 36. CCV. [XVII.] Das Fehmen-Gericht. Etliche schreiben das Wort Fehm mit einem V. Vehm / wie es denn auch auf beyderley Art in den alten Urkunden gefunden wird: und meinen es wäre zusammen gesetzet von Weh und My, Vae mihi! well es bey solchem Gericht sehr scharf zugangen / daß offt Haut und Haar / ja der Kopf wohl gar im Stiche geblieben; andere wollen Vehmicum judicium, Vetitum judicium gelesen haben: Da doch nach der alten Teutschen Rede-Art / Vehm so viel als Separationem ad certum aliqvem Actum bedeutet / und demnach Vehm-Gericht so viel ist als judicium separatim & ad certam normam constitutum. CCVI. Daher unterschiedene Worte / als die Vehm-Zeit / qvo actus certus & destinatus perficitur; Vehme-Ding / libera judicii Vemici sedes; Vehmer / Judex ipse Vemicus. Vehme-Schöppe-Assessores judicii Vemici. Vehm-Wröge / Delationes & causae ad judicium Vemicum pertinentes. CCVII. Ob man nun wohl bey unsrer Zeit so keine accurrate Norm und Form hat und findet / wie solch Fehm-Gericht eigentlich gehalten / so ist doch aus obangezognen teutschen Wort Fehm oder Vehm abzunehmen / daß es in geheim / besonders / und doch nicht ohne Solennitäten celebriret worden. Nachdem aber ein grosser Mißbrach darbey entstande / und ungeachtet ein und andermahligen Reformation, derselbe nicht aufhören wollen / sind solche Vehm-Gericht gäntzlich abgestrafft / und / wie einige davor halten / der Nahme der Westphalischen heimlichen Gerichte an deren Stelle kommen.
Schottolius desing. & antiq. in German. Jur. c. 29.
Winckelmann. in notit. Hist. cap. ult. n. 63. & seq. CCVIII. Doch müssen sie nicht untereinander confundiret werden: Zumahl mit denen alten Vehm-Gerichten / wie sie noch in ihren guten und richtigen Stand gewesen / als welche nicht allein in Westphalen / sondern auch durch gantz Sachsen exerciret und gehalten worden. vid. Gryphiand. de Weichbild. Saxon. c. 59.
|| [64]
CCIIX. De hoc jure Vemico scripsere
Marq. Freher peculiar. tract. Avent. lib. 4. Annal. Bojor.
cit. Winckelmann. in notit. Hist. Polit. vet. Saxon. Westphal. c. ult.
d. Gryphiander c. 59.
Herm. Conring. de Orig. Jur. Germ. c. 19.
Meibom. de Irmensul. Sax. c. 12. & aliis vid. infra Vehm-Gericht. CCIX. [XVIII] Feld-Gerichte / so auch das freye Feld-Gericht genennet wird. In demselben waren vor Alters sechzehen Personen / unter welchen der ältere Graf / das ist Oberrichter / und der jüngste Froner / das ist Knecht oder Frohnbot gewesen / die übrigen hat man Schöppen genennet. Diese 16. Personen / haben alle zugleich unberüchtiget / auch von ehrlicher und ehlicher Geburt seyn müssen / wann einer oder mehr verstorben / haben die Priester der Irmen-Seul / doch mit Rath und zuthun des Grafen und Froners / einen andern erwehlet. Solche Wahl aber hat der Frohner / wann er zu Hause wieder angelanget / in beysein des Grafen und zweyer Frey-Richter / vor des Mannes Hofe / welcher erwehlet / unter dem offenen Himmel siebenmahl nach einander vermelden / und ankündigen müssen. Und nach solcher Ankündigung ward derselbe von männiglichen vor einen Frey-Richter gehalten und geehret. CCX. Als sich die Sachsen zum Christlichen Glauben bekehret / und Christen wurden / und Ludovicus Pius das Kloster Corbey gestifftet / gebauet und ein weyhen lassen / auch nunmehr die Irman-Seul allerdinge zu Grunde zerstöret und abgeschaffet / und an derselbigen Stätte eine herrliche und geistliche Probstey anzurichten befohlen / hat er dieselbige Pröbstey / zusam̅t der althergebrachten Gerechtigkeit des freyen Feld-Gerichts / dem Stifft Corvey zugewandt und einverleibet. Man hat aber mit den vielbenandten Corbeischen freyen Feld-Gericht folgende Maaß und Ordnung gehalten: Wann einem Hauß-Vater der benandten Oerter an seinen Acker / Hofe / Garten / Wiesen und Weyden / so viel einer dessen vor Frey-Gut bekräfftigen können / Eintracht oder Abbruch geschehen / so hat derselbige das in Gegenwart zweyer Frey-Richter / dem Eltesten oder Gräfen klagende fürbringen müssen. Alsdann hat der Gräf / in beysein zweyer Frey-Richter / den Frohner oder Frohnboten befehlen müssen / bey scheinender Sonnen / und unter den offnen Himmel / allen Frey-Richtern / auch den Freyen / so viel deren daselbst / da der Irrthum ist / wohnen und dingpflichtig seyn / zu verkündigen / daß sie auf erstkommenden Sonnabend zu rechter Zeit Tages / an den Ort / da der Irrthum ist / vor den ordentlichen und [65] im alten Rechten erkandten freyem König-Stuhl im N. Felde gelegen / bey Poën und Straff der alten erkandten Busse ankommen solte. Die alte erkandte Busse aber war ein Pfund Wachs und 9. Werbergische Pfennige. Der König-Stuhl ist gewesen in einer jeglichen Art Feldes / oder Acker / so weit und ferne sich dieses freye Feld-Gericht erstrecken thut / ein viereckichter freyer und grüner Platz / sechzehen Schuh lang und breit / und anfänglich dadurch zum freyen König-Stuhl gemachet / daß der Frohnbote in der Mitte eine Gruben Ellen tief gegraben / dann haben alle sechzehen freye Richter / ein jeglicher besonders / eine Handvoll Asche / eine Kohlen / und ein Stück von Ziegelstein hineinwerffen müssen / und sie dann wieder zu gescharret. Und auf dieselbe Stätt hat allemahl / wann auf solchen Platz ein frey Feld-Gericht gehalten / der Frohne den Grafen den Stuhl setzen müssen. Wenn man aber an den jetztbemeldten Platz gezweiffelt / und man nicht eigentlich gewust / ob es ein rechter beständiger König-Stuhl wäre / oder nicht / so haben die Frey-Richter / in der des Orts Inwohnenden freyen Gegenwart / die Bestätigung / Urkund und Wahrzeichen [oben genandt] suchen müssen. Wann aber daselbst solche Erkand- und Wahrzeichen nicht befunden worden / so sind alle Urtheil / so zuvorn daselbst gesprochen / nichtig und unbündig gewesen. Wann dann nun der angesetzte Gerichts-Tag heran kommen / haben sich die Frey-Richter / und Freyen des Orts / da man Gericht halten wollen / vor des Ober-Richters Hause oder Herberge versam̅let. Dann ist der Ober-Richter heraus gangen / und hat sich zu dem des Orts gebräuchlichen König-Stuhl verfüget / welchem die Frey-Richter gefolget. Die beyden jüngsten aber von denselben haben der eine den Stuhl / der andere eine Stange getragen / dem sind die Freyen des Orts wohnhafftig alle gefolget in das Feld hinein / in welchem der Mangel gewesen / und worüber geklaget worden / biß vor desselbigen König-Stuhl / aber niemand hat ohne Erkäntniß / bey Straff der alten Buß / in den König-Stuhl / das ist / in den viereckichten grünen Platz treten mögen. Darüm dann / wann der Ober-Richter / und alle Frey-Richter üm den König-Stuhl herüm gestanden / hat der Frohne ein Stillschweigen geboten / und darauf angefangen und gesagt: Herr Gräffe / Met Orleve / Unde met behage / Eck jock frage / Segget my vor Recht /
|| [66]
Eff eck juwe Knecht
Düssen Stoel sette möge /
Up den König-Stoel met Oorleve?
Darauf antwortete der Ober-Richter oder der Gräffe also:
Alldewiele die Sünne mit Rechte
Beschienet Herrn und Knechte /
Unde alle use Wercke /
So sprecke eck dad Recht so stercke /
Den Stoel tosetten even /
Unde rechte matht thogeven /
Den Kläger recht tho hören /
Dem Beklagenden tho antworen.
Hierauf wird alsobald von den Frohnen der Stuel mitten in den Platz des
König-Stuhls gesetzt / und spricht der Frohne zum andernmahl.
Herr Gräffe leve Herre /
Eck vermahne jöck juwer Ehre /
Eck sy juwe Knecht /
Darüm segget my vorrecht /
Eff düsse Mathe sie gelicke /
Dem Armen alse dem Ricken /
Thomethen Land und Stand /
Bey juwer Seelen-Pand.
Und indem legt der Frohne die Stangen vor den König-Stuhl an die Erden / dann
tritt der Ober-Richter mit seinen rechten Fuß an das Ende derselben Stangen /
und darnach auch die andern 15. Frey-Richter / nach graden und Ordnung / als sie
nach einander zum Am̅t kommen sind / also das die Stange 16. Schuh
lang seyn muß. Dann hebet der Frohne zum drittenmahl an / und spricht:
Herr Gräffe
Eck frage met Orlöve /
Eff eck möge meten /
Met juwen Medde weten /
Openbar und unverhohlen /
Diesen freyen König-Stoelen.
Darauf antwortet der Ober-Richter und spricht also:
Eck erlove recht /
|| [67]
Unde verbde unrecht
By Poen der Olten Erkandten Recht.
Dann wird der König-Stuel in die qver und überqver in aller Gegenwart gemessen /
also das er allenthalben 16. Schuh lang und breit seyn muß / so aber etwas daran
mangelt / hat man dasselbige in denen daran liegenden Aeckern suchen müssen. In
welchen Acker alsdann die Ubermasse befunden / hat der Herr desselben Ackers die
alte Buß und Straff so bald in den König-Stuel erlegen und bezahlen müssen / hat
es aber der Frey-Richter einen getroffen / hat er zweyfache Busse geben und
erlegen müssen; Darüm hat ein jeglicher mit Fleiß darauf sehen müssen / daß er
seinen Nachbarn mit den Pfluge nicht so nahe gegriffen. Wann sich der
Ober-Richter in den König-Stuhl gesetzt / und durch die jüngsten beyde Frohnen /
Klag und Antwort fürbracht / hat der Ober-Richter die Frey-Richter in Gegenwart
aller Freyen mit folgenden Worten Recht und Urtheil zu sprechen ernstlich
vermahnet:
Alldieweil an diessem Tage /
Mit juver allem Behage /
Unter den hellen Himmel klar /
Ein frey Feld-Gericht openbar
Geheget byen lechten Sunnenschien /
Met nochtern Mund kommen herin /
De Stoel ock is gesettet recht /
Dat math gefunden upgerecht /
So precket ane With und Wonne /
Up Klage und Antwort / wiel schient de Sunne.
Darauf hat ein jeder Frey-Richter oder Schöppe seine Meynung sagen müssen / dann
hat man der meisten Stimme Beyfall geben / und darauf ein Urtheil zu sprechen
einträchtiglich beschlossen / an welchem sich beyde Theil ohne alle Ein- und
Wieder-Rede genügen lassen müssen / auch davon nicht appelliren dürffen. Und da
auf solchen Floren / Feldern und Aeckern in das Corbeyische frey
Feld-Gerichts-Recht gehörend / ein Mord eines Menschen oder Viehes / oder ein
Diebstahl / an Pflügen / Eggen / Wagen oder Viehe geschehen / musten die
Frey-Richter nach obbemeldter Form darüm richten / und sprechen biß ans Blut /
und alsdann den Ubertreter der ordentlichen hohen Landes-Fürstlichen Obrigkeit
zum Blut-Urtheil / und zur peinlichen Execution überantworten. Wer aber vor
diesen Gericht eine Klage fürbringen wolte / und seine Klage mit klaren
gewissen [68] und gnugsamen Gründen nicht beweisen kund /
dem ist zwiefache Buß und Straff erkandt und auferlegt worden; In
Criminal-Sachen ist die Straffe nach Gelegenheit peinlich gewesen. Es hat auch
kein Freyer einen Unfreyen / sondern einen Freyen sein Gut verkauffen und
auftragen mögen / und wann das geschehen / so hat der Verkauffer den Kauffer das
Gut vor den freyen Gericht auftragen müssen. Und damit war der Aufträger seiner
Freyheits-Gerechtigkeit beraubt / und dienstbar. So hat auch kein Freyer sich
mit einer Unfreyen verheyrathen mögen. Wann auch ein Frey-Richter mit Unthaten
berüchtiget / hat er vierfache Straffe geben müssen / und ist seiner Würde und
Freyheit beraubet worden. Darüm hat dieses Gerichte nicht weniger / als das
Fehm-Recht in der Zucht gehalten das Volck / damit sie nicht üm ihre Freyheit
kommen möchten. Endlich ist dieses Feld-Gericht / bey Hertzog Heinrichs des
Löwen Zeiten / als die Grafen / so gemeiniglich Ober-Richter waren / und nunmehr
zum Kriege gebrauchet wurden / in einen Mißbrauch und endlichen Abgang gerathen
und kommen / und zuletzt gar gesallen.
CCX. [XIX.] Das Frohn-Boten Gericht ist zu Nürnberg üblich / an welchen
gering-schätzige Sachen auf sechs Gülden werth in Gold verrechnet werden.
Reform. Norica tit. 1. L. 1. & 2.
Wehner. obs. pract. v. Gericht pag. 160. CCXI. [XX.] Das Fünfer-Gericht wird gleichfalls zu Nürnberg gehalten / an welchen die Schmach-Sachen / remota appellatione, gehandelt werden.
d. Reform. Noric. tit. 1. L. 5.
Limn. in J. P. lib. 7. c. 35. n. 22. Und weil fünf Männer in diesem Gericht als Richter sitzen / wird es das Fünfer-Gericht genennet. Hinc trita vox, man sitzet vor der Fünfe; und derer / die da fürstehen / Nahmen werden ins Haderbuch geschrieben / welches manchen / der unschuldig ist / und doch erscheinen muß / sehr beschwerlich ist. Dither. in contin. Besold. v. Fünfer / Fünfe Gericht pag. 220. add.
Gastel. de Stat. Publ. Europae pag. 1208.
Fritsch. in Supplem. p. 122. vide infra unter Rüge-Gericht. CCXII. [XXI.] Das Gast-Gericht is sonderlich in den See- und andern grossen Handel-Städten eingeführet / daß zu Erhaltung Credits in Han [69] del und Wandel denen Fremden / so klagen / schleunige Hülffe wiederfahre / ohne weitläufftigen Process und Auffenthalt / welches auch darum das Gast-Recht genennet wird. Schottel. d. tr. c. 15. §. 1. Die Termine sind gantz kurtz von dreyen Tagen zu dreyen Tagen / zu weilen wohl gar nur de die in diem, von einen Sonnenschein biß zum andern / wird auch die Vollstreckung des Bescheides nicht länger aufgeschoben / Mevius ad Jus Lubec. lib. 5. pag. 282. & lib. 3. pag. 8. Judicii hujus formam & Processum accuratè determinarunt Rostockienses in der Gerichts-Ordnung lib. 2. tit. vom Gast-Rechte. CCXIII. Im Hertzogthum Würtenberg ist solches auch üblich / vid. Fürstl. Wüntenb. Land-Recht part. 1. tit. 5. §. fin. Item in Schlesien / sonderlich zu Breßlau. D. Schickfus in der Schlesischen Chronic. lib. 3. c. 22. p. 518. Denn da mag ein Fremder wider einen Fremden zu Gast-Recht seiner Anfoderung halber fürkommen / ein Bürger aber weder für sich / noch in Macht eines Fremden / dann er seine Zusprüche wider den Fremden bey den ordentlichen Stadt-Recht vorbringen muß / und in denselben sich rechtfertigen lassen: jedoch wo der Gast das ordentliche Recht zu erwarten Beschwer trüge / so ist ihm frey- und zugelassen / ein Gast-Recht / wie oben vermeldet / zu bestellen. Wann diß geschicht / so muß der Bürger zu Gast-Recht klagen und verfahren. Es trefe denn liegende Gründe und Pfände an / so müste der Process im Großding oder Stadt-Recht verfolget werden. Die Ursach aber mag wohl im Gast-Recht seine Rechtfertigung erlangen / wird alsdann dieselbige für rechtmässig angesehen / und erkandt / so muß nach Gelegenheit der Sachen / weiter in ordentlichen Rechten procediret werden / hätte aber ein Gast mit Klage / Antwort und dergleichen sich zu ordentlichen Stadt-Rechten eingelassen / so möchte er nochmahls die Sache in das Gast-Recht nicht ziehen. CCXIV. Jure Saxonico wenn ein Gast wider einen Bürger ein Gast-Recht / oder Gast-Gericht erlangen wil / so muß er schweren / daß er das Geding / [hoc est Gericht] in einem Tage nicht besuchen mag.
Weichbild. art. 47. in gloss. column. 4. circa finem.
Matth. Coler. de Process. execut. p. 3. c. 6. n. 11.
Matth. Berlich. p. 1. concl. 8. n. 21.
|| [70]
Fürstl. Brandenb. neue Amts-Ordnung zu Onoltzbach tit. 9. §. 4.
Modest. Pistor. Cons. 58. n. 1. vol. 1.
Land-Ordn. der Fürstl. Grasschafft Tirol. lib. 2. tit. 39.
Manzius decis. 79. n. 13.
d. Casp. Zigler. dicast. concl. XIII. §. 30. & 31. CCXV. [XXII.] Geistlich Gericht / solches ist zu Fortpflantzung des heiligen Worts Gottes / Erhaltung reiner Lehre und Religion / sam̅t Christlicher Disciplin und Zucht eingeführet / Wehner. obs. pract. p. 160. CCXVI. Es gehören aber davor 1. Insgemein alle Sachen / so eigentlich geistlich sind / und die Handhabung der Lehre / des Glaubens-Bekäntnisses / nach der Warheit der heiligen Göttlichen Schrifft / der dreyen Haupt-Symbolorum der Christlichen Kirchen / als Apostolici, Nicaeni, und Athanasiani, und anderer Symbolischen Bücher / belangen und antreffen. 2. Welche anlangen den eusserlichen Gottesdienst / die Kirchen Agenden / Kirchen-Gebräuche und Ceremonien. 3. Die Beruffung / Annehm-Bestraff-Versetzung / Suspension, Ent-urlaubung / auch Am̅t / Lehr und Dienst der Kirch- und Schul-Diener. 4. Was denen eigentlich also genannten geistlichen Sachen anhängig / als da seynd alle Sachen / so der Kirchen / Schulen / Hospitälen / und gemeiner Gottes-Kästen-Güter / bewegliche und unbewegliche: Item ihre Rechte / Gerechtigkeiten und Freyheiten / Kirch- und Schuel-Gebäude / Pfarr-Schuel- und Kasten-Häuser / Weinwachs / Ackerbau / Wiesen / Holtzung / Fischwasser / Zinse / Lehen / Einkommen und Nutzung betreffen. 5. Alle Sachen / so Christliche Kirchen-Schuel- und Haußzucht / erbares Leben und Wandel / bey Obern und Untern / geist ichen und weltlichen / Lehrern und Zuhörern / Obrigkeiten und Unterthanen belangen / und solche Uberfahrung der ersten und andern Tafeln göttlicher Gebote / darauf entweder in weltlichen Gesetzen keine sonderbare Strafe verordnet / oder welcherhalben nechst der weltlichen Strafe eine Kirchen-Censur, oder Kirchen-Busse vonnöthen. Endlich und 6. alle Sachen / die zum Theil und auf gewisse Maaß geistlich / und zum Theil / und auf gewisse Maaß weltlich / oder doch / dem bey dem Evangelischen Ständen üblichen Brauch nach / vor die Consistoria und geistliche Gerichte zur Erörterung gewiesen sind / als Lehnschafften über geistliche Stifftungen / Pfründe / Stipendia und Allmosen / Decima [71] tiones, Gerechtigkeit des Patronats / Wucher und Aufsatz / wenn solcher vor der weltlichen Obrigkeit dargethan / und von dar / als eine geistliche Sache / remittiret worden / Eydschwur / wenn nicht Erlassung desselben zu dem Ende gesucht wird / daß derjenige / so mit einem Eyde sich gerichtlicher Klage / und rechtlicher Anthun verzihen / solche wieder eröffnet werden möge / von den Rechtsgelehrten juramenti ad effectum agendi relaxatio genennet. Denn auf diesen Fall bleibet das Erkäntniß der weltlichen Obrigkeit. Alle streitige Verlöbnissen und Ehe-Sachen / wie die Nahmen haben. Wenn Eltern oder Herrn üm schändlichen Gewinstes Willen ihre Kinder oder Gesinde zur Unzucht ziehen / oder doch ihnen hierinnen nachsehen. Erziehung weggelegter Kinder; Streitigkeiten über Begräbnisse in Kirchen / und auf den Kirchhöfen / wie auch über die Kirchen-Stühle. Wenn in Kirchen oder Kirchhöfen Frevel oder ander Ungebühr und Unzucht begangen wird / Auffsicht über Druckereyen / damit keine Bücher und Schrifften / wie klein und gering sie auch seyn mögen / ohne vorgehende Durchsehung derselben durch die hierzu Deputirte / und deren Approbation, in Druck gegeben werden möge. Fürstl. Gothaische Landes-Ordn. part. 1. c. 2. tit. 1. p. 17. CCXVII. Von Bestellung des Consistorial Raths hat ausführlich geschrieben Georg Engelhard Löhn-Eis in seiner Hof-Staats- und Regierungs-Kunst von fol. 258. biß 270. qvem vide. CCIIX. [XXIII.] Geistlich Unter-Gerichte. Dieses wird in obgedachter Fürstl. Gothaischen Landes-Ordnung part. 1. c. 2. tit. 6. pag. 23. 24 & 25. folgender Gestalt beschrieben: Damit die vorfallende Kirchen-Sachen desto beqvemer und beförderlicher in Consistorio mögen abgehandelt werden / als haben Wir für nützlich befunden / in unserm Städten und Aemptern / darinnen Superintendenten und Adjuncten sitzen / geistliche Unter-Gerichte dergestalt anzuordnen / daß dieselbige von denen Superintendenten und Adjuncten mit Zuziehung unserer Beampten in jeden Aemptern / in den Städten aber zweyer verständigen Raths-Personen gehalten / und jedesmahl von dem / welcher unter ihnen seinen Stand nach den Vorsitz hat / der Vortrag gethan werden solle / welchen Verordneten in dem Aemptern der Ampt-Schreiber / in den Städten aber der Stadt-Schreiber / an statt des Actuarii, zuzuordnen / auch sollen ihnen jedes Orts Gerichts- oder Gemein-Diener unweigerlich zur Hand gehen; An solche Verordnete sollen die in die Superintendent- oder Adjunctur gehörige [72] Pfarrer und Schul-Diener die vorfallenden unerörterten streitigen Pfarr-Ehe-Schul- und dergleichen Sachen berichten / und deren Versam̅lung etwa in der Superindentur oder in den Aemptern / oder auf den Rathhause / absonderlich gehalten / von dem Actuario das Protocoll und die Acta an den Ort der Gerichts-Stelle in Verwahrung beygelegt / und die Zeit zu ermeldten Zusammenkunfften / nach Gelegenheit und Menge der einkommenden Sachen / von den Superintendenten oder Adjuncto und den Beampten benennet / und auf solche auch die Partheyen citiret / oder da sie in loco weren / mündlich von den Kirchner und Schulmeister vorgefordert werden. Welcher verordneten Ampt ist: 1. Der Kirchen Nothdurfft / wegen der Kirchen-Gebäude / Pfarren / Schulhäuser / sc. zubetrachten / und / was nothwendig / anzuordnen. 2. Vorfallende geringe Strittigkeiten / oder Differentien zwischen Pfarren / Schul-Diener Gemeinden sc. in der Güte beyzulegen. 2. Die Aufsicht über die Disciplin mit gebührenden Fleiß zubeobachten / und gradus admonitionum mit öffentlichen Sündern vorzunehmen / ehe den die Sachen vor das Consistorium gebracht werden. 4. Den Examinibus der Schulen beyzuwohnen. 5. Klagen wegen der Kirchen- und Schul-Diener Besoldungen / Accidentien / und in dergleichen Sachen anzuhören / und denselben / wo möglich / abzuhelffen. 6. Die Ehe-Sachen mit gewisser und dieser Massen vorzunehmen / daß sie darinn allein für die Ehe / und dasjenige / was zu Vollziehung der geschlossenen Ehe-Gelöbnissen dienlich / gütlich zu handeln / und zwischen Eheleuten / welche in Uneinigkeit mit einander leben / gutes Vertrauen und Einigkeit wiederüm zustifften / keines weges aber Definitiv-Bescheide zu ertheilen / noch Ehescheidungen / auch mit Sonderung der Eheleute zu Tisch und Bette vorzunehmen / vielweniger in verbotenen Graden zu dispensiren / noch den Bann oder die Kirchen-Busse anzuordnen / sondern von allen dahin auslauffenden und andern dergleichen wichtigen Sachen allein in das Consistorium zuberichten / und von daraus fernere Verordnung darinne zu erwarten haben. 7. So sollen auch vor denselben in erster Instantz die in unsern Aemptern und Stätten gesessene Rectoren und Schul-Collegen / ingleichen die Dorf-Schulmeister / in persönlichen Bürgerlichen Sachen belanget werden / welche / wenn durch gütliche Handlung kein Vergleich zutreffen / darinn auch Sprüch- und Erkäntniß zu thun haben sollen / doch das dißfalls bey sitzende weltliche Personen / da sie gleich sonsten in diesen Gerichte nicht dirigirten / jedesmahl dieselbe Bescheide abfassen / wenn von denselben appelliret wird / die Ap [73] pellationen / gleich wie von Aemptern oder Räthen in Städten / an gehörige Orte erwachsen sollen / und die der Verbrechung halben gegen die Schul-Bediente etwan erkennete Geld-Straffen der Obrigkeit / welcher solche sonsten in gleichen Fällen gebühret / verbleiben. Aber bey denen / so verlihene Gerichte haben / lassen wir es wegen der Bottmäßigkeit über die unter ihnen gesessene Schul-Bediente allerdinges bey den Herkommen bewenden. Ingleichen haben die säm̅tliche Schul-Bediente auf dingliche Klagen für den Richtern gelegen / zu antworten / wie auch in Malefitz-Sachen sich mit keinen ausnehmen von den dißfalls jedes Orts ordentlichen Gerichts-Zwang zu behelffen. CCIX. [XXIV.] Gottes Gericht. Judicium DEI, Ordalium, Ardalium, Urtella, Ordel, Gades-Ordel / Gottes-Urthel ist vor Alters der vermeinte wunderbare Beweißthum durchs Feuer und Wasser gewesen / da man eine zweiffelhaffte irrige Sache beweisen / oder / wegen einer beschuldigten Ubelthat / seine Unschuld öffentlich bezeugen muste / entweder durchs Feuer / nemlich daß man ein glüend Eisen (Pflugschar oder Platte) in blosser Hand halten / auch wohl etliche Schritte tragen / oder glüende eiserne Handschuhe anziehen / oder glüende Kohlen in den blossen Busen schütten / oder mit blossen Füssen durchs Feuer / oder auf glüenden Eisen gehen muste. Wer hierbey unverletzt bliebe / ward unschuldig erkannt; Wer verletzt wurde / ward alsbald verdam̅t und abgestraffet.
Selden in Jano Anglor. lib. 2. fol. 112.
Covarruv. 4. var. resol. c. penult.
Hottomann. de Feudis. c. 44.
Besold. de praemiis & poenis c. 5. per tot. CCX. Oder auch geschahe der Beweißthum durchs Wasser / so entweder heiß oder kalt: In das heisse prodelnde Wasser muste man den Arm bloß biß an den Ellenbogen hinein stecken / und gewisse Zeit darinn halten; In das kalte Wasser ward der Beschuldigte geworffen / ging er zu Grunde / ward er unschuldig / wie auch derselbe / der seinen Arm aus den heissen Wasser unversehrt heraus zog / für unschuldig / der verletzt war / für schuldig geschätzet / und erfolgte gleichfalls sofort drauf die Loßzehlung oder Verdammung.
Lehmann. in Chron. Spirens. lib. 2. c. 30. pag. 119.
Schottel. de sing. & antiq. in Germ. Jur. c. 28. pag. 547. & 548.
Cameraer. tom. 1. op. succis. c. 53. in princip. CCXI. In promptu est exemplum Johannis Senis, nobilis, qvi sub Henri [74] co II. Anglorum Rege cùm imputatâ ipsi fratris Comitis de Ferrariis caede, aqveo hoc se non expediret judicio, poenas dedit patibuli. Selden. d. l. fol. 114. Occurrit qvoqve Gangolphi Burgundionis uxor, qvae adulterio commaculata, cum probare vellet, innoxiam se esse, demersâ in aqvam manu adjuravit, ne eam sine prodigii specie, si culpam ferret, inde posset levare. Qvae imprecatio haud fuit irrita. Nam cum ex aqva manum attoleret, desiccatam extraxit, non aliter, qvàm si in mediis eam tenuisset ignibus. Itaqve ob prodigium hoc à viro etiam postea fuit separata. Zvvinger. in Theat. vit. hum. vol. 3. lib. 4 fol. 363. CCXII. In den Sachsen-Spiegel lib. 1. art. 13. ist hiervon dieses zu lesen: Die ihr Recht mit Dieberey oder mit Raub verlohren haben / ob man sie Dieberey oder Raubens anderweit beschuldiget / sie mögen mit ihren Eyde nicht unschuldig werden / sondern sie sollen haben dreyerley Wahl: Das heisse Eisen zu tragen / oder in einen wallenden Kessel zu greiffen biß an die Ellenbogen / oder mit Kampf sich zu erwehren. Welches eben die drey Arten des Beweises zu der Zeit waren / und ist solche Gewonheit erst bey den Celtis aufkommen und üblich gewesen / welchen hernach die Teutsche / Longobarder / Gothen / Engländer / Frisen / Burgunder und andere gefolget / und dieselbe in Italien / Franckreich und Spanien nach und nach / wie sie ein und andere Provintz eingenommen / gebracht.
Besold. de praem. & poenis c. 5.
Selden. in Jano Anglor. lib. 2. fol. 112. CCXIII. Leges Franciae & Longobardicae jubebant per novem vomeres ignitos homicidii accusatum se expurgare. Slavi, postqvam veram amplexi sunt religionem, in arboribus, fontibus, lapidibus jurare desierunt, recepto usu examinandi per Sacerdotes suspectos, adhibito ferro vel vomere candenti. In Flandria qvoqve hanc legem Philippus Comes anno 1164. tulit: SI QVIS VULNUS IN NOCTE ACCEPTUM ALII IMPUTAVERIT, SI SCABINIS DIGNUM VIDETUR, FERRO CANDENTE SE EXCUSABIT. ACCUSATUS SI AUFUGERIT, MANUM PERDET, item: SI FUR VOCATUS ACCUSATUS FUERIT, FERRO CANDENTI SE EXCUSABIT. SI CULPABILIS PERMANSERIT, SVSPENDETVR.
ex Meieri Chron. Fland. lib. 5.
Martin. Delrio disq. Magic. lib. 4. q. 4. Sect. 3. pag. 685. CCXIV. Ehe und bevor aber der Angeklagte / oder Verdächtige solch glüend [75] Eisen in die Hand nahm / oder drüber mit blossen Füssen hinging / wurd durch einen Geistlichen nachgesetzte Formul / so bey dem Aventino lib. 4. annal. zu finden / drüber gesprochen: DEUS JUDEX JUSTUS, QVI AUCTOR PACIS ES, ET JUDICAS AE QVITATEM, TE SUPPLICITER ROGAMVS, VT HOC FERRVM ORDINATVM AD JVSTAM EXAMINATIONEM CVJVSLIBET DVBIETATIS FACIENDAM, BENEDICERE ET SANCTIFICARE DIGNERIS. ITA SI INNOCENS (de praenominata causâ, unde Purgatio qvaerenda est) HOC IGNITVM IN MANVS ACCEPERIT, ILLAESVS ADPAREAT; ET SI CVLPABILIS AT QVE REVS, JVSSITSSIMA SIT AD HOC VIRTVS TVA, IN EO CVM VIRTVTE DECLARANDVM, QV ATENVS JUSTITIAE NON DOMINETVR INI QVITAS, ET FALSITAS SVBDATVR AE QVITATI, PER DOMINVM NOSTRVM &c. das ist: GOTT du gerechter Richter! der du ein Friedens-Stiffter bist / und richtest / was billig ist / wir bitten dich demüthig / wollest dieses Eisen / welches / zu rechmässiger Erforschung allerley zweifelhaffter Sachen / verordnet ist / segnen und heiligen: Also daß / wofern ein Unschuldiger [hierbey ward die Sache nahmhafft gemachet] dieses feurige Eisen in die Hand nim̅t / keine Verletzung davon an ihm verspüret werde. Ist er aber schuldig und straffbar / so erweise deine gerechte Krafft / hierdurch zu offenbaren / daß das Unrecht über die Gerechtigkeit nicht herrsche / sondern die Billigkeit der Unwarheit zu gebiethen habe / durch unsern HErrn sc.
Selden, d. loc.
Zvvinger. in theat. vit. hum. vol. 3. lib. 4. fol. 362. CCXV. Es sind auch in den Historien viele wunderbare merckwürdige Exempel verhanden / wie verborgene Unschuld durch dieses Feuer- und Wasser-Mittel an den Tag gebracht / und heimliche Schuld und Ubelthat gestrafft worden. CCXVI. Das Königreich Dennemarck ist durch Ordalium ignis, oder das glüende Eisen- tragen / zum Christlichen Glauben bekehret / wie bey dem Olao Wormio. Danic. monum. lib. 1. c. 11. & Sax. Grammat. lib. 10. p. 189. Item Schottelio d. tr. c. 28. pag. 549. zu lesen. CCXVII. Nach tödtlichen Abtrit König Ludwigs in Teutschland / wolte [76] Käyser Carolus Calvus, gedachten Königs Bruder / dessen Söhnen ein Stück Landes am Rheinstrom entziehen / und mit Krieges-Gewalt zu sich reissen. König Ludwig der Jüngere ist / solches zu verwehren / mit seinen Krieges-Volck von Franckreich aufgebrochen / und hat sich andersseits des Rheins gegen seinen Vetter den Käyser / gelägert: Jedoch zuforderst die Güte versuchet / Gesandten zu ihn hinüber geschickt / und die Unbilligkeit solches Fürhabens demselben zu Gemüthe führen lassen / mit Bitte / sich feindseliger Handlung zu enthalten. Weil aber dieses bittliche Ersuchen nichts gefruchtet / hat er dreyssig andere Personen zum Käyser abgefertiget / deren Zehen durch siedend heisses / Zehen durch kaltes Wasser / und Zehen mit glüenden Eisen dargethan / erwiesen und bestätiget / daß ihme / König Ludwigen / das strittige Land / von seinen Vater her / Erb- und rechtmäßig gehöre / gegenseits der Käyser kein Theil / Fug noch Anspruch dran habe. Wiewohl nun die Sache durch solche gebräuchliche Mittel ausfündig gemacht / und der dreyßigen keiner verletzet worden: Hat dennoch der Käyser sein Fürnehmen nicht geändert / sondern den Krieg fortgesetzet; aber darbey schlechten Stern und Glück gehabt: Ist im Treffen unten gelegen / und mit seinen Heer geschlagen worden
Lehmann. in Chron. Spirens. lib. 2. c. 30.
Crus. Annal. Suevic. lib. 2. part. 2. in fin. allwo er mit diesen Worten schleust. Calvus profligatur Castris & bonis omnibus amissis. Vxor etiam, quae aelibi erat, fugit postridie, clade cognita, nocte infantem peperit, eum humeru suis portans, fugere non prius destitit, qvàm Attiniacum pervenerit. En fructus injustitiae & avaritiae! CCXIIX. Käyser Caroli des Dritten Gemahlin Richarda, wurd Ehebruchs beschuldiget / hat aber ihre Unschuld mit solchen glüenden Eisen tragen bewehret.
Annal. Bojor. lib. 4.
Delrio d. lib. 4. c. 4. q. 4. Sect. 3. pag. 686. CCXIX. Deßgleichen Kunigunda Käyser Henrici II. Gemahlin / wiewohl die Historici nicht allerdings übereinstimmen / indem etliche sagen sie wäre mit blossen Füssen 15. Schritt über die glüende Eisen gangen / andere aber wollen / sie hätte sechs glüende Pflugschare getragen: Doch kans seyn / daß eins nach dem andern geschehen.
Fulgos. lib. 8. c. 1.
Cranz. lib. 4. Saxon. c. 52. & lib. 4. Metrop. c. 4. junct. cap. 32.
|| [77]
Hoc factum duobus hisce comprehensum est versibus:
Judicio vomeris Cunegundis Virgo probatur;
Coetus at hoc procerum mirans, ipsam veneratur.
Besold. de praemis & poenis c. 5. CCXX. Emma eine Königin in Engelland / Königs Eduardi Mutter ist gleichfalls baarfuß über glüende Pflugschare / ihre Unschuld / und daß sie mit dem Bischoff Aduino nicht Unzucht getrieben / darzuthun gegangen. Polydor. Vergil. Hist. Angl. lib. 8. CCXXI. Verwunderns würdig ist auch / was Saxo Danus lib. 14. hist. Dan. von einer ??? in der Insel Rügen / so von ihren Mann mit Unrecht Ehebruchs beschuldiget worden / mit folgenden Worten setzet: Cum purgandae infamiae gratiâ, manum admovisset candenti laminae, subito ferrum, qvod erat exceptura, perinde atqve innoxae manus contactum fugiens, neglecto pondere, in sublime se extulit, penduloqve motu gradientis foeminae incessum comitans, cum ante aram jactandum esset, inter religiosam adstantium admirationem proprio impulsu humi decidit. CCXXII. Käyser Otto der Dritte / ließ auf Anstifften seiner geilen und untreuen Gemahlin Marien de Arrogonia, einen Grafen von Mutina den Kopf üm deß Willen abschlagen / weil die Gemahlin fälschlich vorgegeben / daß derselbe mit ihr Unzucht und Ehebruch treiben wollen / da doch sie den Grafen zum Beyschlaf nöthigen / dieser aber dem Käyser zum Schimpf es nicht offenbahren wollen / jedoch vor seinem Tod seiner eignen Gemahlin es gestecket / die nach Hinrichtung desselben / den Käyser vor der gantzen Reichs-Versam̅lung verklaget / und mit Tragung des glüenden Eisens ihres Ehe-Herrn Unschuld dargeleget / auch / wie die Käyserin es begonnen / öffentlich erzehlet / welche üm deßwillen verbrandt worden / die Wittbe aber vom Käyser 4. Schlösser in Hetrurien geschenckt bekommen.
vid. Crus. Annal. Suev. part. 2. lib 5. pag. 176.
Cranz. lib. 4. Saxon. c. 26.
Delrio, disqvis. Magic. pag. 686.
Schottel. c. 28. pag. 151. & seqq.
Joseph. Mascard. de prob. Vol. 1. q. 4. n. 9. & 10.
Godelmann. in tr. de Lamiis lib. 3. c. 5. n. 16.
Kornemann. de Miracul. vivorum fol. 262.
Besold. de praemiis & poenis c. 5. Welche noch mehr Exempel anführen. CCXXVIII. Anno 1349. ward zu Witterberg im Hertzogthum Meckeln [78] burg ein Mann beschuldiget / daß er solte etliche Häuser angesteckt haben. Er verneinte solches / entschuldigte sich dessen auch eydlich / als aber nichts helffen wolte / erbot er sich zu der gemeinen Probe des glüenden Eisens / welches ihm auch zu gelassen wurde. Worauf er das glüende Eisen ein ziemlich stück Weges getragen / und endlich aus der Hand geworffen / die ihm gantz unversehrt blieben. Das Eisen ist mit hoher Verwunderung allen Leuten aus de Augen verschwunden. Es verläufft schier ein gantzes Jahr / biß ein ander / so die öffentliche Stadtgassen mit Steinen zupflastern Willens / in den Sande des Orts selbiges Eisen noch glüend antrifft / und die rechte Hand dran verbrennet. Dessen sich die / so darbey gestanden / verwundert / und es dem Obersten Befehlshaber daselbst angedeutet / welcher alsobald Argwohn bekommen / dieser müste der That schüldig seyn / so vorhin dem Unschuldigen Schuld gegeben worden / und ihn albald zur scharffen Frage gezogen. Da er seine Missethat gestanden / und darum aufs Rad geleget worden /
Albert. Cranz. lib. 8. Wandal. c. 31.
Hans Peckmann / in der Lübeckischen Chronic. p. 22.
Hottom. de Feudis c. 44. CCXXIV. Ja es haben Vorzeiten die Geistliche selbsten nicht allein ihrer Kirchen und Clöster Befugniß durch diese Ordalia behaupten wollen / sondern man hat auch fast in der gantzen Christenheit in Europa zu sonderbarer Einrichtung solcher Ordaliorum, die Geistlichkeit herbey gezogen / und Gottes Wort darüber brauchen [oder vielmehr mißbrauchen] lassen / davon in antiqvissimis monumentis viel Dinges zu lesen. CCXXV. Die Form / Art und Weise derselben / item wie es darbey hergangen / beschreiben /
ex Legibus Adelstani, Regis Angliae, qvae est numero XXX.
Spelmannus in Concil. Decret. Anglic. pag. 404. circa annum Christi 928.
und Joh. Bromton, in Chron. ad annum 924. fol. 824. mit diesen Worten. Si qvis Judicium ferri vel aqvae subire vult, accedat tribus ante noctibus ad Presbyterum, qvi sanctificare debet eum, & pascat se pane & sale & aqva & herbis, & audiat Missas singulorum ipsorum trium dierum, & offerat, & eat ad Sacro-sanctam Communionem ipsa die, qva Ordalium examinari debebit, & juret, qvod jure publico sit innocens illius accusationis, anteqvam ad Ordalium veniat. Et si judicium aqvae frigi [79] dae sit, tunc mergatur ulna una & dimidia in fune. Si ferrum calidum sit, tres noctes transeant, anteqvam inqviratur, & videatur manus ejus & coetera &c. Et inter Leges Eduardi apud eundem Bromton, fol 856. n. 19. haec est: De Ordalio praecipimus in nomine Dei, praecepto Archiepiscopi & omnium Episcoporum, ne aliqvis intret Ecclesiam, postqvam ignis infertur, unde judicium calefacere debet, praeter Presbyterum & eum, qvi ad Judicium iturus est. Et sint mensurati noven pedes à Staca usqve ad Mercam ad mensuram pedum ejus, qvi ad judicium ire debet. Et si aqvae judicium sit, calefaciat, donec excitetur ad bullitum, & sit alfetum ferreum vel aeneum, vel plumbeum, vel de argilla, & immergatur manus post lapidem & si triplex occasio sit, usqve ad cubitum. Et qvando judicium paratum erit, ingrediantur ex utraqve parte duo homines, & certi sint, ut ita calidum sit, sicut praediximus, & introeant totidem ex amba parte, & consistant ex utraqve parte judicii de longo Ecclesiae, sint omnes jejuni, & ab uxoribus suis se continuerint ipsâ nocte, & aspergat Presbyter aqvam benedictam super eos omnes, & humilient se singuli ad aqvam benedictam, & det eis omnibus osculari textum Sancti Evangelii & signum Sanctae Crucis. Et nemo faciat ignem diutius, qvam benedictio incipiat. Sed jaceat ferrum super carbones usqve ad ultimam collectam, postea mittatur super staplas, & non sit illic alia locutio, qvam ut precentur sedulo Deum patrem omnipotentem, ut veritatem suam in eo manifestare dignetur, & bibat accusatus aqvam benedictam & inde conspergatur manus ejus, qva judicium portare debet, & sic adeat. Novem pedes mensurati distingvantur inter ternos. In primo signo secus Stacam teneat pedem suum dextrum. In secundo transferat dextrum pedem, in tertium signum qvando ferrum projiciet, & ad Sanctum Altare festinet, & insigilletur manus ejus, & inqviratur die tertia, si munda vel immunda sit intra sigillationem, & qvi Leges istas fregerit, sit ordalium i. e. judicium vel examen fractum in eo & reddat Regi centum viginti solidos Witae. [i. e. Mulctae.] CCXXVI. In vetustis Alemanicis & Francicis Legibus plura hinc inde de Ordaliis, eorum benedictionibus & forma inveniuntur, ubi Carolus M. & alii Imperatores varia sanxerunt.
vid. Leg. Salic. cap. 1. §. 1.
Leg. Longobard. II. tit. 10. §. 3.
Leg. Ripuar. tit. 30. §. 1. capit. Carolus & Ludov. lib. 4. tit. 13.
Longob. lib. 1. tit. 9. & tit. 33.
|| [80]
Leg. Wisigoth. lib. 6. tit. 1.
Leg. Frisior. tit. 3. §. 4. & 5. 6. & tit. 14. §. 3. CCXXVII. Gallis etiam ritum hunc probandi per ignem olim fuisse usitatum, consuetudo ipsorum & communis loqvendi formula, qvâ dicunt: se purger par l’ eau & par ignise, probat manifestissimè. Unde qvidam. alicubi: Haec si qvisqvam vestrum aliter esse putet, meqve indignum, cui credatur, credat igni, ferventi aqvae, candenti ferro, faciant fidem tormenta, qvibus non sufficiunt mea verba.
Lindenb. in Glossar. suo verb. aqvae ferventis Judicium, Concil. Rhemens. c. 11. pag. 19.
Isaac Potan. lib. 6. orig. Francic. fol. 518.
Besold. de praemiis & poenis c. 5. CXXIIX. Ferner ist aus dem IV. Buch Mosis am V. Capitel das Poculum Zelotypiae, oder die Probe des bittern Wassers bekannt / da der Hohepriester einem Weibe / wenn sie beschuldiget wurde / daß sie ihrem Mann nicht treu gewesen / sondern mit einem andern geehebruchet / von dem verfluchten bittern Wasser zu trincken geben / und dabey gewisse Worte und Ceremonien gebrauchen muste / da es sich den begab / daß wenn ein solch Weib schuldig / ihr die Hüffte schwund / und der Bauch aufschwolle / daß jederman ihre Schande kund wurde; wo sie aber unschuldig / wiederfahr ihr nichts. Diesen Gebrauch / der doch allein die Mosaische Policey und die Kinder Israel anging / haben andere Völcker nachthun wollen mit ihrer heissen und kalten Wasser-Probe / nicht zwar daß die Angeschuldigte es trincken / sondern / wie allbereit oben gedacht / in das heisse prodelnde Wasser den Arm biß an den Ellenbogen stecken / und eine gewisse Zeit drinn halten müssen / in des kalte aber geworffen worden / üm zu sehen / ob sie oben schwimmen / oder untergehen würden. CCXXIX. Und hierbey gebrauchten sie allerhand Ceremonien / Gebete / Seegen und Beschwerungen / welche bey dem Delrio disq. lib. 4. c. 4. Sect. 4. von pag. 696. biß 707. nach der Länge gelesen werden können. CCXXX. Etliche haben die Hände wohl gar in siedend Oel stecken / und halten müssen / teste Zeiler. cent. 2. var. qvast. 97. CCXXXI. Man hatte auch noch andere Proben / als durch das Creutz / Loß / und Nehmung der heiligen Hostie / seine Unschuld zu erweisen / von welchen mit mehrern
|| [81]
Gödelmannus d. tr. lib. 3. c. 5.
und Hottomannus in disp. Feud. c. 44. handeln / sonderlich aber findet man ein notabel Exempel wegen der Hostie / welche Pabst Gregorius VII. zu seiner Exculpation, halb mit vielen execrationibus genommen / und Käyser Heinrichen nöthigen wollen / bey der Communion die andere Helffte zunehmen / bey dem Lamberto Schafnaburgensi, und Erasm. Francisci in Neu-polirten Wunder-Kunst- und Sitten-Spiegel lib. 2. disc. 2. pag. 325. seq. CCXXXII. Wer aber seine Unschuld mit Zeugen oder obberührten Mitteln nicht erweisen konte / oder wolte / der hatte noch diesen Weg vor sich / daß er gegen den Kläger durch einen öffentlichen Kampf / seine Unschuld ausfündig machen können. Si actor venerit, & rem intentatam recipere renuerit, campo contendant. Capit. lib. 3. c. 46. L. Aleman. c. 43. Si qvis liber libero crimen aliqvod mortale imposuerit, & ad Regem vel ad Ducem eum accusaverit, & inde probata res non est, nisi qvod ipse dicit, liceat illi alio, cui Crimen imposuit, cum tractâ Spata mit blossen Schwerdt / se idoneare contra illum alium. CCXXXIII. Stumphius schreibet davon lib. 3. Hist. Helv. c. 92. also: Es haben die alten Francken / auch nach Bekehrung zum Christlichen Glauben / die Heydnische unmenschliche Art in Ubung gehabt / daß sie üm geringer Ursachen Willen / und fast in jeder Sache sich zum Kampf um Leib und Leben erbothen / und hiemit die Unschuld und Gerechtigkeit an Tag bringen wollen / gleich als hätte der Stärckere Recht / und der Schwächere Unrecht. CCXXXIV. In Alemanien hat es auch den Process gehabt / wenn Partheyen üm Aecker / und andern Feldbau streitig worden / und über eines oder des andern Befugniß und Recht an Beweiß Mangel fürgefallen / ist der Grafe und Gericht des Orts / sam̅t den Partheyen an den streitigen Ort gangen / und nach dem sie den Augenschein wohl eingenommen / hat ein jeder Theil von dem Ort / da er berechtiget zu seyn vermeynet / eine Hand voll Grund oder Erde ausgegraben / und dem Grafen zugestellet / derselbe hat es in ein Tuch verwahret und versiegelt / und einem andern biß zu nechsten Gerichts-Tag zu behalten geben. Wann man den Gericht gesessen / haben die Partheyen sich eingestellet / und angelobet / daß ein jeder seine Gerechtigkeit / an den streitigen Orte / mit dem Schwerdt / ge [82] gen seinen Gegentheil wolle ausfechten. Wann sie nun sich darzu / wie bräuchlich / mit einem Schild und Schwerdt ausgerüstët / hat man den verwahrten Grund aufm Platz in die Mitte gelegt / welchen die Kämpfer jeder mit seinme Schwerdt zuförderst berühret / und daneben GOTT angeruffen / daß er dem / der die Gerechtigkeit für sich hätte / den Sieg geben wolle. Welcher nun den Kampf erhalten / dem hat man das Gut zu gesprochen / der ander Theil und sein Beystand aber haben den Unfug mit Geld gebüsset und abgetragen. L. Aleman. c. 83. CCXXXV. Ehe die Partheyen den Kampf angefangen / hat man sie insonderheit versucht und probiret / daß keiner den andern mit Beschwerungen und andern Künsten verzaubern und überlisten können. Exempla hat man in Annall. Franc. und bey dem Nithardo. vid. Lehmann. in der Speyrischen Chronic. lib. 2. c. 30. pag. 119. & 120. CCXXXVI. Die Japaner gebrauchen sich wider die Diebe / so der That noch nicht völlig überwiesen sind / einer besondern Feuer-Probe / oder wie sie es nennen strengen Frage / folgender gestalt-Man läst ein vierecktes Stück Eisen / so ungefehr eines Fingers dick / und ein Viertel von der Ellen lang ist / im Feuer recht glüend werden / hernach die Hitze ein wenig abnehmen / biß das Eisen den feurigen Glantz verleuret / und blaue Farbe gewinnet. Alsdenn legt mans denjenigen / auf welchen der Argwohn hafftet / in beyde flache Hände: Wirfft doch gleichwohl ein und andres Blätlein Papiers darzwischen / auf welchen etliche Bildnisse der bösen Geister gemahlet stehen / üm die Hand unverletzt zuerhalten. Dafern nun das Papier alsobald verbrennt / und dennoch / nach dem das Eisen zurück geworffen / die Hand unversehret geblieben ist / wird der Beklagte absolviret. Spüren sie aber daß die Hand nur ein wenig gebrandt / oder auch nur die Haut in etwas zusammen geschrumpfet / so muß er Schuld haben und ans Creutz. Erasm. Francisci in seinen Neu-polirten Geschicht-Kunst- und Sitten-Spiegel lib. 2. disc. 8. pag. 408. CCXXXVII. In dem Reich Siam ist die Wasser- und Feuer-Probe noch im Gebrauch: Denn wenn eine Sache [so wohl bürgerlich / als peinlich] zweiffelhafft und dunckel fält / daß es nemlich an scheinbahren Anzeigungen mangelte / und daher die Richter auf keines Seite nicht leichtlich [83] sprechen könten: Ist Klägern oder Beklagten / nach erlangter Bewilligung des Gerichts / erlaubt / auf andere Weise und Wege die Unschuld und Billigkeit ihrer Sachen darzuthun: Indem er nemlich sich ins Wasser senckt / oder die Hände in siedendes Oel steckt / oder mit blossen Füssen mitten durchs Feuer gehet / oder auch einen Klumpen mit harten Flüchen beschwornen Reises aufisset. Wie denn diese und andere dergleichen Proben / vor dem Gericht und allen Volck auf öffentlichen Platz / entweder durch die Partheyen selbst / oder durch deren Gevollmächtigte geschehen. Mit der Wasser-Probe gehet es also zu: Am Grunde des Wassers stecken zween Stäbe / vermittelst deren fahren beyde Theile in den Grund hinab zu gleicher Zeit. Welcher aber von beyden am längsten unter dem Wasser dauren kan / und am spätesten wieder empor kömmt: der wird loßgesprochen / oder gewinnt die Sache. Also auch wer seine ins heisse Oel gedauchte Hände gar nichts / oder weniger als des Gegners seine verbrandt wieder heraus zeucht: oder wer dreymahl nach einander / vier oder fünf Schritte weit blosses Fusses / unverletzt über glüende Kohlen gehet / der sieget gleichfalls ob: Jedoch gibt man bey solcher Feuer-Probe wohl Achtung / daß der durchgehende mit leichten Füssen nicht etwa nur überhin hüpffe / noch die Glut gelinde berühre / gestalt denn zu beyden Seiten dißfalls einer darbey stehet / und ihm die Schultern fein hart niederdrücket. Denn mit vielen Beschwerungen gleichsam durchgewirckten Reiß-Teig aber reichen die Priester den rechtenden Theilen mit vielen Gebräuchen und Ceremonien / wer denselbigen hinab schlingen / und ohne Erbrechen bey sich behalten kan / der behält den Sieg: Angesehen die Richter / sobald er durch dieses Mittel sein Recht oder Unschuld bewehret hat / ihn ledig sprechen / und die Freunde mit Frolocken und Triumphiren solchen in sein Hauß begleiten. Der falsche Ankläger aber / wie auch der Leugner des beschuldigten Verbrechens / werden in peinlichen Sachen / nach solcher Wunder-Probe / in casu succumbentiae, wenn sie die Bewehrung verlohren / des Lebens beraubt; sonst aber in andern Rechts-Sachen zur Folter oder Gefängniß condemniret. Jodoc. Schoute oder Schultze in Beschreibung des Reichs Siam, pag. 293. & 294. vide Erasmi Francisci in neu-polirten Geschicht-Kunst- und Sitten-Spiegel part. 6. disc. 2. pag. 1498. & seqq. allwo wegen einer in Siam mit Gifft vergebenen Königlichen Princeßin viele durchs Feuer gehen müssen.
|| [84]
CCXXXIIX. Solche letzte Probe ist auch in Europa bey vielen gottlosen und
abergläubischen Leuten im Gebrauch / nemlich daß sie / wenn im Hause etwas
weggekommen / und vermuthlich gestohlen ist / üm den rechten Thäter zu erfahren
/ einander ein Bißlein Teigs / oder Käse zu essen darbiethen / so mit gewissen
[Zweiffels ohne zauberischen] Zeichen bemercket sind. Wer schuldig ist / der kan
dergleichen Bißlein nicht hinab bringen / sondern müste eher dran erwürgen.
Weigert sich einer solches Hexen-Gefresses / so halen ihm die andere für
schüldig.
idem Erasm. Francisci lib. 2. disc. 2. pag. 324. & 325.
CCXXXIX. Moris etiam olim fuit, panem certis qvibusdam destinatisqve sententiis
consecratum reo gustandum offerre: habebant enim penitus insitam opinionem, non
posse qvemqvam mali conscium panem hoc modo dedicatum glutire, OFFAM JUDICIALEM
alii dixerunt.
Lambardus in priscis Anglorum Legibus in explic. verborum & rerum.
Schottel. saepè dict. tr. c. 28. pag. 558. CCXL. Es befindet sich auch noch einander Process, damit die alten Teutschen die Wahrheit bezeuget und bestätiget / nemlich daß sie einen Büschel Aehren in der rechten Hand gehalten / GOTT und die Engel sam̅t den Umstand über dem / was sie gesaget / zu Zeugen angeruffen / und darauf die Büschel aus den Händen in die Höhe geworffen. idem Schottel. pag. 557. CCXLI. Hernach ist der Gebrauch aufkommen / daß man alle Eyde in Kirchen geschworen / und in Schweren die Finger auf ein Kästlein mit Reliqvien gelegt / und die Worte darzu gebraucht: So wahr mir GOTT helffe und die Heiligen / deren die Reliqviae sind / daß ich die Wahrheit sagen könne. CCXLII. Die Alemanier / als streitbare Völcker / haben in der Verhör und wenn die Zeugen ihre Deposition gethan / die Knöpfe ihrer an der Seiten habenden Degen angegriffen / und damit zu verstehen gegeben daß sie auch mit dem Schwerdt die Wahrheit / die sie ausgesaget / wolten versechten / inmassen denn geschehen / wenn die Zeugen / die der Kläger und Beklagte geführet / nicht zusammen gestimmet / und kein Theil den andern Recht geben wollen / daß alsdann ein jeder Theil einen ausgeschlossen / die auf freyen Feld mit Prügeln über die Wahrheit gekämpfet / und haben die Kämpfer keine andere Rüstung / dann einen Schild gehabt / welcher unter den beyden überwunden worden / den hat man / wie auch allen seinen Bey [85] stand für meineydig und falsche Zeugen gehalten / und ihm hierüm die rechte Hand abgehauen. Lehmann. in der Speyrischen Chronic. lib. 2. c. 30. CCXLIII. Hieher gehören auch die Sortilegia, wenn sie den Diebstahl ausmachen wolten vel per Astrolabii inspectionem, vel per CRIBRUM ET FORFICES, wenn sie das Sieb lauffen lassen / invocatis perperam Divis, qvibus vulgus maximè abutitur.
Petr. Gregor. Tholosan. Syntagm. Jur. Univ. lib. 48. c. 14. n. 8.
vide qvoqve, qvae habet Michael Freudius in Gewissens-Fragen von Hexen qvaest. 363. & 364. CCXLIV. Dionysius Halicarnassaeus lib. 2. Antiqvit. Roman. pag. 195. gedencket einer Vestalischen Nonnen / Tucia genannt / welche ihre Unschuld darzuthun in einen durchlöcherten Siebe Wasser aus der Tyber geschöpffet / solches ein ziemlich Fleck fort getragen / daß kein Tropfen heraus gegangen / und solches zu den Füssen der Pontificum ausgegossen. Es hat sich aber / wie dieses geschehen / ihr Ankläger nirgends mehr finden oder antreffen lassen. Q. Claudia. auch eine aus obiben Orden / ward berüchtiget / als ob sie unkeusch gelebet hätte / die bewiese ihre Unschuld dergestalt / daß sie ein grosses Schiff zu Rom / welches weder von Menschen noch Vieh aus der Tyber ans Land gebracht werden konte / gantz leicht mit ihren Gürtel herbey zog. Livius lib. 2. de bello Punico. Ovid. in Faltis. Und Cicero lib. 1. de divinatione schreibet von dem Actio Navio Augure, daß derselbe zu seiner Exculpation einen Wetzstein mit einen Messer von einander geschnitten. CCXLV. Endlich ist auch die Wasser-Probe der Hexen nicht zu vergessen / welche vor diesen in Italien / Hispanien / Franckreich / Nieberland / und gantz Teutschland üblich gewesen / mit der es also zugieng: Wenn eine Manns-Person oder Weibesbild / der Hexerey halber / verdächtig war / nahm man dieselbe / ohne weitere Nachforschung / beym Kopf / führete sie ausserhalb der Stadt / oder des Dorfs / band ihnen den rechten Daumen an den lincken grossen Zehen / und den lincken Daumen an den rechten grossen Zehen / und also Creutzweise über einander / legte sie gantz leise oder mählig in ein kaltes fliessendes Wasser / oder in einen Teich / suncken sie unter / hielte man sie vor unschuldig / schwummen sie aber / als die Gänse oder Endten empor / wurden sie vor Hexen gehalten / auf die Voller geworffen / und gepeiniget / biß sie bekandten.
|| [86]
Speidel. in spec. Jur. v. glüend Eisen tragen. Item Wasser-Urthel. Michaël Paris
Walburger de Lamiis c. 8. §. 8. pag. 100.
Joh. Christoph. Nehring. disp. de indiciis & proba per aqvam frigidam
sagarum, Wasser-Probe der Hexen circa finem.
CCXLVI. Ob nun wohl unterschiedliche gelehrte Leute wider solche betriegliche /
und von abergläubischen Henckern vermuthlich Anfangs erdachte Probe ihre Feder
geschärffet / ist dieselbe doch noch etlicher Orten / sonderlich in Westphalen /
gebräuchlich / unter den Vorwandt / es wäre bey ihnen so ein alt Herkommen / und
nehmen die Richter allda aus solchen Baden und Schwimmen eben kein Indicium,
sondern thäten es nur darum / daß man die Schuldigen etwas leichter zum
Bekäntniß bewegen möchte. Qvasi non alia media extorqvendi confessionem
superessent, ut proinde confugiendum sit ad oraculum Daemonis! Fieri enim facilè
posset, ut diabolus criminis hujus certissime reum submergeret, innocentem vero
sublevaret, ut judices hac ratione ab inqvisitione & condemnatione
absterreret, ac ita in condemnando & absolvendo, non sine enormi
peccato, ludificaret.
Walburger. d. c. 8. & §. pag. 102.
Cujusmodi Exemplum ipsemet vidit & recenset
Gödelmann. lib. 3. de Lamiis c. 6. n. 35.
CCLXLVII. Es haben auch etliche / darunter
Scribonius, in Philologia, de natura sagarum fol. 115. & 130. nec non in
Epist. ad Lemgovienses.
Jacob Rickius, in seinen zu Cölln am Rhein Anno 1597. gedruckten Tractat / dessen
Titul ist Defensio compendiosa, certisqve modis adstricta probae, ut loqvuntur,
aqvaefrigidae & c.
Johann. Albrecht, in disput. polit. de forma judicior. in Rep. rectè instituenda
thes. 291. 292. & 293. habita sub praesidio Conringii.
solche Hexen-Probe / als gut und rechtmässig / noch defendiren wollen; allein
Gödelmannus, lib. 3. de Lamiis c. 4.
Delrio, disqv. Magic. lib. 4. c. 4. q. 5. Sect. 1. 2. 3.
Goëhausen, in proc. contrasagas, qvaest. 1. per tot. und viele andere mehr haben ihre vermeintliche argumenta und Schein-Gründe solidè refutiret / und diese Probe gäntzlich yerworffen. [1] Qvia diaboli invidiâ & instinctu est inventa & excogitata. [2] Qvod tentetur Deus, & sic committatur peccatum mortale.
|| [87]
per text. in c. monomachiam 2. q. 4. fin. de purg. vulg.
[3] Qvod multi innocentes hac ratione condemnationem incurrere qveant.
[4] Qvod neqve in Dei neqve Caesaris Codice haec proba approbata inveniatur.
Damhoub. in Pr. crim. c. 43. n. 2.
Joh. Borcholt. de feud. c. 7. n. 12. & alii, qvorum fundamentis innixae omnes Facultates Juridicae in Academiis Germaniae hanc prodam rejiciunt & improbant. de qvo testatur Gödelmann. d. loco. CCXLVIII. Nec in Germania solùm in desvetudinem abiit haec proba, sed & in Italia, Hispania, in Francia & Belgio. Proinde cum in tota fermè Europa hic mos per aqvam frigidam sagas probandi exoleverit, non potest non fieri, qvin solus Westphaliae circulus eo solo nomine contumaciae & superstitionis notam incurrat, sunt verba Walburgers d. tr. pag. 101. CCXLIX. Es sind aber nachgehends solche PURGATIONES VULGARES, [sic dictae, qvia à vulgo erant inventae vel servatae, Petr. Greg. Tholos. in Syntagm. Jur. Univ. lib. 48. c. 15. n. 2.] als mit dem Feuer / glüenden Eisen / kalten und heissen Wasser / Kämpfen / Creutz / Hostien / Loß und in Summa alle andere durch die Christliche Käyser sonderlich Carolum M. Constit. c. 25. Fridericum II. Constit. Neap. lib. 2. tit. 31. Carolum IV. Const. Regni Bohem. rub. 39. ut pluribus ostendit
Becman. de judicio Dei c. 6.
& Lambec. lib. 2. de orig. Hamburg. p. 126. & seqq. abgeschaffet und ernstlich verbothen / in qvibus potius Deus tentaretur, & ad iracundiam provocaretur, qvam verum haberetur innocentiae testimonium.
c. fin. de purg. can.
c. qvaeritur 22. q. 2. c. si nulla 23. q. fin. Hingegen aber Purgatio Canonica, oder der Reinigungs-Eyd eingeführet und behalten worden. dict. Petr. Georg. Tholos citat. lib. 48. c. 15. n. 11. Sicuti enim nec omnia Deus punit in hoc seculo delicta, sed suo Judi [88] cio qvaedam reservat: Sic & non omnia vult ad punitionem, vel ad temerariam accusationem revelare.
c. si omnia 6. q. 1.
Just. Oldekop. Obs. Crim. tit. 4. observ. 16. n. 19. Et occulta non sunt fori hujus seculi, sed solius Dei.
c. compescant 32. dist.
c. Christi. ma religio 22. q. 7.
D. Maranta de jurisdict. Ecclesiast. part. 4. c. 44. n. 3.
Nevizan. in Sylv. nupt. lib. 3. n. 37. Saepè etiam fallax hoc judicium vulgare, & tentato Deo ex praesumtionibus innocens damnabatur impie, c. significantibus de purg. Vulg. P. & Daemones miraeula imitabantur & perstringebant oculos, ut vel innocenti illuderent, vel impium liberarent meritis poenis. Praeterea multi corriguntur, ut Petrus, multi tolerantur ut Judas, multi nesciuntur, donec veniat Deus, qvi illuminabit abscondita tenebrarum. Gödelmann. lib. 3. de Lamiis c. 3. n. 29. Huc commodissimè & eleganter qvadrat constitutio Caroli M. inter veteres ejus Leges, teste Annaeo Roberto lib. 1. Rerum judicat. c. 4. pag. 52. reperta, sic sonans: In ambiguis Dei judicio semper reservetur sententia. Qvod judices certè agnoscunt, suo, qvod nesciunt, divino reservent judicio. Qvoniam non potest humano condemnari examine, qvem Deus reservavit suo judicio. CCL. Hieher gehöret auch letzlich die Fürladung vor Gottes Gericht / oder die Citation ins Thal Josaphat für dem Richterstuhl GOttes / welches geschicht / wenn einer wider alles Recht und Billigkeit beschweret / ungehörte Dinge / ja unschuldiger Weise / condemniret und zum Tode verurtheilet wird / da ein solcher armer verlassener Mensch / wenn er siehet / daß niemand auf dieser Welt sich seiner annehmen / noch auch seine Unschuld retten wil / sich endlich zu GOTT dem allgerechten Richter wendet / an demselben appelliret / und den ungerechten Welt-Richter vor das gestrenge Göttliche Gericht citiret und fodert / allda mit ihm zu erscheinen / und wegen seines unschuldig vergossenen Bluts / oder sonst angethanen Todes / Rede und Antwort zu geben. CCLI. Von den Ursprung solcher Citation findet man unterschiedliche Meinungen. Chrysostomus tom. 5. hält davor / daß das Jüngste Gericht im [89] Thal Josaphat werde gehalten werden / weil bey dem Propheten Joël. c. 111. v. 1. & 2. also stehet: Dann siehe in den Tagen und zur selbigen Zeit / wann ich das Gefängniß Juda und Jerusalem wenden werde / wil ich alle Heyden zusammen bringen / und wil sie ins Thal Josaphat hinab führen / und wil mit ihnen daselbst rechten / von wegen meines Volcks / und meines Erbtheils Israel / das sie unter die Heyden zerstreuet / und sich in mein Land getheilet. sc. und daß üm des willen die ungerechte Richter billich dahin citiret werden. Thomas de Aqvin. und mit ihm andere sind in dem Wahn / als ob das Jüngste Gericht auf den Oelberge / ad cujus radices das Thal Josaphat gelegen / würde gehalten werden / und beziehen sich auf das 1. Capitel in der Apostel-Geschicht v. 11. Aber Johannes Nordermann in dissert. de Jure Principatus Volum. 4. disp. Basil. Thes 51. trifft es vielleicht wohl am besten / wenn er die Ursache dieser Citation der Erlöß- und Befreyung des Josaphats von der Verfolgung der Syrer zuschreibet / wovon im andern Buch der Chronic am 18. Capitel zu lesen; Da er bey der Zurückkunfft von der Schlacht / in diesem Thal GOTT vor den wundersamen Sieg hertzlich gedancket / und die Beute ausgetheilet hat / daher es auch das Lobe-Thal genennet worden. Ferner ist der HErr Christus / als Er sein Leyden angetreten / durch das Thal Josaphat auf den Oelberg gegangen / und hat allda die ankommende Rotte / so ihn suchte / aus Göttlicher Krafft fast nur mit einem eintzigen Wort zu Boden geschlagen / und seine erschrockene Jünger aus ihren Händen errettet. Sey demnach das Fürladen eines ungerechten Richters ins Thal Josaphat so viel / als daß GOTT an demselben Rache üben wolle / wie Er zu Zeiten Josaphats an den Syrern gethan: Item / daß gleichwie seine Allmacht den Josaphat / und Christus seine Jünger / aus der Feinde Hände errettet / derselbe auch ihn / den unschuldig verdam̅ten Menschen / wenn Er wolte / zu rechter Zeit liberiren / oder aber seine Unschuld an den Tag bringen und drüber Rache üben werde. CCLII. Atqve hoc modo saepè deterrentur iniqvi homines [addit idem Norderman. d. loc.] praesertim si ipsis terror incutiatur futuri Judicii & aeterni cruciatus, qvi terror in ipsis augetur, si proximam Vallem GEHINNON [qvae à Christo passim in Evangelio Gehenna nominatur] in memoriam revocaverint. Est autem haec Vallis ad montis Moriae [in qvo olim jussus Abraham immolare filium Isaacum Gen. 22.] radices propè Jerusalem, non longè à valle Josaphat, ubi olim Judaei Molocho, seu Saturno, Ammonitarum Idolo filios suos sacrificabant. Qvod Al [90] tare pius Rex Josias destruxit, & deteltandum cultum sustulit, illuc transferendo ingentem ossium mortuorum acervum, ut ita subditos ab immanissima Idololatria deterreret. Postmodum omnes Urbis sordes illuc deportarunt; unde, ad similitudinem, infernus fuit appellatus, Gehenna à terribili aspectu; qvemadmodum Vallis Josaphat divinum judicium & vindicta, à miraculoso auxilio. CCLIII. Einige führen aus der Bibel das Exempel Sarae an / welche ihren Mann Abraham / wenn er ihr wider die Magd Hagar nicht helffen wolte / für GOTT citirte. Genes. c. 16. Item des verfolgten Davids / welcher den König Saul / 1. Sam. c. 24. deßgleichen des Propheten Zachariae / der den König Joas / 2. Chron. 24. Jeremiae / so seine Zuhörer / c. 11. & 20. Pauli des Apostels / welcher seine Verleumbder / 1. Corinth. 4. und nahmentlich den Schmidt Alexandrum, 2. Timoth. 4. wie auch der Märtyer Seelen die Tyrannen / Apocal. 6. vor den Richter-Stuhl Gottes geladen. CCLIV. Es hat auch GOTT der HERR folche Provocation nicht allemahl ohne Effect seyn lassen / wie die viele verhandene Exempel klar ausweisen. Ein und anders nur anzuführen / so ist aus dem Fulgosio lib. 1. cap. 6. bekandt / daß Ferdinandus IV. König in Spanien zween Ritter / so fälschlich angegossen waren / als wenn sie Land und Leute verrathen wollen / von einen hohen Thurm herab stürtzen lassen / welche auch kurtz vor ihren Tod / ermeldten König auf einen gewissen Tag vor GOttes Gericht zu erscheinen vorgefordert. Da denn / wie derselbe Tag herbey kommen / der König in seinem Bette tod gefunden worden. Ebenmäßig erzehlet Fulgosius an bemeldten Ort / daß als ein Tempels-Herr von Neapolis bürtig zu Burdegal ohne Ursach zum Feuer verdammet worden / derselbe aber / wie er jetzt verbrandt werden sollen / den Pabst Clementem und König Philippum pulchrum in Franckreich beysammen an einen Fenster stehen gesehen / den Pabst mit lauter Stimme also angeredet: Saevissime Clemen [91] tissime Tyranne, posteaqvam mihi inter mortales nullus jam superest, ad qvem appellare qveam, pro gravi mole, qva me per injuriam afficis, ad justum Judicem Christum meum appello Redemtorem, ante cujus tribunal te voco unà cum Philippo rege, ut intra annum diemqve ambo illic compareatis, ubi causam meam exponam, & jus sine pravo affectu administratur. Und ist gegen selche Zeit der Pabst Clemens plötzlich dahin gestorben / welchen König Philippus auch bald gefolget. Besold. de Appellat. c. 2. §. 3. Simile exemplum ex Olao magno lib. 14. c. 20. de Johanne Turson refert D. Danhauer in Evangelischen Memorial. fol. 880. qvi cum qvendam, sine dubio innocentem, capite plecti juberet, genibus innitebatur reus: en morior, inqvit, injuste, teqve voco hâc horâ ante Tribunal Dei, ut respondeas, cur me innocentem condemnes. Vix autem miser ille manu carnificis obtruncatus erat, & corruebat judex exanimis. Und Georg Lauterbeck im Regenten-Buch part. 5. c. 4. erzehlet: Daß als ein Richter mit seinen Schöppen einen Lands-Knecht zum Tode fälschlich verurtheilet / derselbe aber sie auch für das Jüngste Gericht ins Thal Josaphat lude / sie drüber gelachet / ein Gespött damit getrieben / und gesaget / er solte nur voran gehen / sie wolten schon folgen. Aber ehe ein Jahr üm kam / gingen ihrer viere schrecklich dahin / einer ward vom Donner erschlagen / der ander in einer Zeche erstochen / der dritte wegen Diebstahls gehenckt / der vierdte schwerlich kranck / und da er sterben solte / sagte er: Was säumest und verzeuchst de / Satan / meine Seele hinweg zuführen / dir habe ich treulich gedienet / derohalben bin ich auch dein! Aber daß ich soll mit dem Lands-Knecht im Thal Josaphat vor Gericht stehen / wie gerne wolte ich des überhaben seyn / den da wird ein erschrecklich Urthel über und wider mich gestellet und gefället werden! Mehr Exempel können gelesen werden bey den
Carol. von Hagen / Lib. 1. J. P. c. 4. pag. 103.
Petav. in ration. Temp. l. 9. c. 4.
Marc. Zuer. Boxhorn. Hist. univers. p. 824.
Balaeo in vit. Pontif. pag. 301. & 302.
Scipion. Aurel. lib. 4. c. 26. de Reb. gest. Gall. p. 316.
Aventin. lib. 4. Annal. Bojor.
Wolfio lection. memorab. cent. 12. p. 331. & 332.
Joh. Wilan. lib. 8. Hist. Florent. c. 29. p. 640.
Cent. Magdeburg. VII. c. 6. p. 937.
|| [92]
Majol. tom. 2. dier. Canic. colloq. 2. pag. 524.
Bacon. Tom. 11. Annal. anno 1509. n. 81. & 82.
Joseph. Marian. lib. 15. Annal. Hispan. c. 11. Besold. in Polit. lib. 2. c. ult. n. 55. & de Poenis fol. 313. dee rep. curanda c. ult. 9. 10. Philipp. Harsdörffer / im Schauplatz Lust- und Lehrreicher Geschichte p. 3. pag. 251. & part. 8. pag. 255. & 256.
Camerar. Hor. successiv. part. c. 38. pag. 130. & seqq.
Just. Lips. in monuit Polit. lib. 2. c. 11. pag. 281.
Abraham à Krechwiz, in Sylvula Polit. Hist. sub rubr. was die Erfoderung vor GOttes Richterstuhl für Krafft habe fol. 356. & seqq.
Zwinger. in theat. Vol. 5. lib. 4. fol. 1354.
Adam Cortrejo in dissert. Jurid. de Extrema Provocatione ad constantissimum & innocentissimum Tribunal JEsu Christi c. 5. th. 12. 16. & 17.
Zeiler. Epist. 324. CCLV. Worbey aber zu mercken daß in Bürgerlichen Sachen / da einer sein Recht von der Obrigkeit / wie er vermeinet / daß er es haben möchte / nicht erlangen kan / oder wenn ihm die Sache gantz abgesprochen würde / solche frevele und boßhaffte Fürladung vor Gottes Gericht ohne Straffe zu unterfangen sich nicht erkühnen darff / weil er noch immer an einen höhern Richter / und endlich gar an die Landes-Herrschafft selbst appelliren kan. Denn wenn diesen also nachgesehen würde / dürffte viele Boßheit und eigne Rache mit unterlauffen / auch die Obrigkeit endlich gar für nichts gehalten werden / sondern ihre Autorität mercklich fallen / und mancher es den Advocaten / dessen Georg Valent. Winther. in parth. litig. lib. 2. cap. 14. num. 19. gedencket / nachthun wollen / welcher dieser unzulässigen Provocation sich vielmahl freventlicher Weise bedienet hatte / als er aber tod kranck / und darbey erinnert wurde / daß er nun seiner Seelen wahr nehmen solte / daß sie wohl führe / blieb er bey seinem alten Lied Appello! Appello! und damit starb er elendiglich dahin / absqve dubio sententiam immutabilem atqve inappellabilem expertus. Drum setzet auch ermeldter Winther in angeführten Tractat Lib. 3. c. 31. klar / daß solche Art zu appelliren keines weges aus den Rechten defendiret werden könne. Welchem geichfals
Menoch. Lib. 2. de A. I. Q. cent. 4. p. 556.
|| [93]
und Jul. Clarus lib. 5. sentent. §. final. Pract. Crim. q. 88. n. 17. beystimmen / allwo der letztere setzet / daß zwey / so sich solcher Fürladung für GOttes Gericht freventilcher Weise unterfangen / von dem Senat zu Meyland willkürlich gestraffet worden / dergestalt daß der eine / Carlettus genandt / an den Pranger gestellet / und ihm das Hals-Eisen ümgethan worden / den 10. April 1553. der andere aber / Thomas Mantellus hat solche Provocation öffentlich widerruffen / und drauf den Staupenschlag den 10. Sept. 1556. erleiden müssen. CCLVI. In Ansehung dessen ist an. 1656. im Majo zu Jena / ad reqvisitionem Innoc. Freywalds zu Leipzig / mit folgende̅ Formalien zu recht erkandt worde̅: Daß Rector Academiae angezogene grobe Injurien / und die aus Leichtfertigkeit unnöthiger Weise angedrohete Fürladung vor GOttes Gericht gebührlich zu vindiciren / und insonderheit die Universität / bey so gestalten Sachen / üm Schutz anzusuchen wohl befuget / und wofern es oberzehlter Massen also bewand / so ist Injuriant, wegen seiner groben und ärgerlichen Verbrechens nicht allein die niedergeschriebene Droh- und Beschuldigungs-Worte / als wolle er deßwegen den Rectorem wiederum vor das Jüngste Gericht citiren / weil ihme Justitia denegiret / und er gedruckt würde / uf vorhergehende recognition, coram Senatu Academico zu revociren / und dem Rectori eine Abbitte zuthun schüldig / sondern er wird auch hierüber / andern zum Abscheu / cum exclusione & amissione privilegiorum, oder einer ziemlichen Geld-Strafe / seinen Vermögen nach / nicht unbillich willkürlich beleget V. R. W. CCLVII. In peinlichen Sachen aber / zumahl wenn ein armer Sünder / ohne gnungsame Erforschung des Verbrechens / und Untersuchung seiner Unschuld / zum Tode verdammet wird / und weder die niedere noch hohe Obrigkeit sich seiner annehmen / noch ihn gnugsam hören wil / und er also siehet / daß er von aller Welt verlassen sey / kan solche nicht allerdings improbiret werden. De qvo satis testatur Martin. Rumelin. ad Aur. Bullam, ubi, posteaqvam hanc in civilibus consvetudinem reprehenderat, tandem disertè concludit: QVOD TAMEN NON ITA ACCIPI VELIM, QVASI NULLO OMNINO CASU TALIS AD TRIBUNAL DEI APPELLATIO LICITA ESSET. QVID ENIM IN CAUSIS CRIMINALIBUS? QVID INQVAM, SI JUDEX VEL EX ERRORE AUT FALSO TESTIMONIO PERSVASUS, AD ULTIMUM SUPPLICIUM CONDEMNET ETIAM INNOCENTISSIMUM? QVEM [94] ALIUM HIC MISER INNOCENTIAE TES TEM, PRAETERQVAM JUSTISSIMUM ET OMNIUM RERUM GNARUM JUDICEM DEUM APPELLARET. Haec Citatio tamen nec indistinctè rejicienda, nec admittenda; Sed videndum, ne contra patientiam Christianam peccetur. Dither. in contin. Thes. Pract. Besold. v. ins Thal Josaphat laden pag. 305. CCLVIII. Am sichersten ist es / daß bey solcher Begebenheit der Judex die gantze Sache nochmahls aufs beste untersuche / und alle Umstände wohl ponderire und erwege / damit den armen Gefangenen nicht Gewalt und Unrecht geschehe / und ist in solchen Fall / wenn einiger Zweifel noch obhanden / besser / einen Schuldigen loß lassen / als einen Unschuldigen verdammen. Denn es sind notabele Wort hievon in Gloss. Germanic. in art. 60. lib. 1. Landrecht n. 3. zu finden / nemlich: Ich sage dir auch du Richter / legestu einem überwundenen Mann einen andern Tod an / als den / welchen ihm das Recht giebet und zutheilet / ob er auch wohl drum bittet / so bistu an seinem Blut und an seiner Seelen schuldig / darum daß du ihn aus seinen selbsteigenen Willen oder Rath tödtest / und nicht daß du ihn aus seinen selbsteigenen Willen oder Rath tödtest / und nicht durch das Urthel. CCLIX. [XXV.] Das Grafen-Gericht / das gantze Königreich der Teutschen Francken war vor Alters in gewisse Gaw / Pagos Comitatus oder Grafschafften abgetheilet / und sind die Grafen des Königs und Reichs Beampte und Land-Richter gewesen / und werden bey den Historicis Principes, Proceres, Optimates und Primores geheissen. Anges. leg. Franc. lib. 2. c. 6. Regis veri Adjutores & populi Conservatores. CCLX. Käyser Ludwig der Erste nennete sie seine getreue Mitgehülffen / und des Volcks Schutz- und Schirm-Herren. Deren sind nur dreyerley unter der Carolinorum Regierung / als Pfaltz-Grafen / Grafen und Zehnt-Grafen / und weder Marggrafen noch Landgrafen in Teutschen Reich zu befinden gewesen. CCLXI. Jhr Ampt ist gantz auf der Justitz bestanden / daß sie in Malefitz- und Bürgerlichen Sachen / geistlichen und weltlichen in dem gantzen Gaw oder Grafschafft / darinn sie gesessen / Recht gesprochen / und gegen die Missethätige / nach Ausweisung des Reichs-Gesätzen und Ordnungen / mit gebührender Straff verfahren. Jhr Bestallungs-Brief hat dahin gelautet: Daß sie von gantzen Hertzen die Justiz lieben / und nach ihren Kräfften dieselbe verrichten und vollstrecken / der Kirchen / [95] Armen / Wittben und Wäysen / und aller / die in ihrer Ampts-Verwaltung begriffen / Recht und Gerechtigkeit schirmen / und sich derselben mit wachender Sorgfältigkeit annehmen sollen. Was für Sachen und Klagen für sie kommen / oder gebracht werden / solche reiflich / bedächtig und rechtmäßig erwegen und entscheiden / und alles das thun / was recht und gerecht ist. Wenn sie zum öffentlichen Gericht sitzen / zu erst und vor allen andern der Wittiben / und Wäysen und Armen Klagen und Beschwerden verhören / und alsbald und ohne Aufschub und Verweilung denselben ihre Erledigung geben. Anges. lib. 4. c. 93. sub Ludov. & Lothar. Impp. Comites pleniter Justitiam diligant, & juxta vires eorum expleant & justitiae sanctae DEI Ecclesiae vigilanti cura insistant; Orphanorum, viduarum, nec non pauperum Causae deliberentur, nec propter aliqvam dilationem eorum Justitia à Judicibus dilatetur. Ibid. lib. 2. c. 6. Monemus vestram fidelitatem, ut memores sitis fidei Nobis promissae, & in parte Ministerii vestri vobis commissi, in pace scilicet & justitia facienda, vosmet ipsos coram DEO & hominibus tales exhibeatis, ut & nostri veri Adjutores & populi conservatores justè dici & vocari possitis, & nulla qvaelibet causa, aut munerum acceptio, aut amicitia cujuslibet, vel odium vel timor vel gratia à Statu rectitudinis vos deviare compellat, vel odium vel timor vel gratia à Statu rectitudinis vos deviare compellat, qvia inter proximum & proximum semper justè judicetis, pupillorum verò & viduarum & coeterorum pauperum adjutores & defensores, & sanctae DEI Ecclesiae, vel servorum ejus honoratores, juxta vestram possibilitatem sitis. Illos qvoqve, qvi temeritate & violentia in furto & latrocinio sive rapinis communem pacem populi perturbare moliuntur, vestro studio & correctione, sicut decet, compescite. Et si aliqva persona i aliqvo vobis impedimento fuerit qvin ea qvae dicimus, facere non valeatis, nobis ad tempus illud notum fiat, ut nostrâ Authoritate adjuti, ministerium vestrum digne adimplere possitis. Lehmann. Chron. Spir. lib. 2. c. 17. pag. 86. CCLXII. [XXVI] Hals-Gericht / Jure Saxonico distingui Judicia dupliciter, secundum Jurisdictionem, notum est. Alia enim est Imperii, sub qva comprehenduntur omnes gradus meri & mixti Imperii, Altae videlicet Justitiae, qvae vulgò appellatur Jurisdictio Poenalis & superior, seu judicium Criminale, jurisdictio suprema das Hoch-Ge [96] richt / die Ober-Gerichte / Hals-Gerichte / peinliche Gerichte / die hohe Frais- oder Zent. Qvando poena concernit diminutionem vitae, amputationem manus, aut alterius membri & c. Et pertinent ad hanc Jurisdictionem omnes qvaerelae & accusationes, super qvibuscunqve delictis & Maleficiis, qvae Ungericht vocantur in Jure Saxonico. Altera species Jurisdictionis seu Judicii Saxonici vocatur simplex jurisdictio, seu Bassa, vulgò die Erb-Gerichte / Nieder-Gerichte / Mittel-Gerichte / Unter-Gerichte / Voigtey / das Voigt-Gericht / Voigtheiligkeit / Voigtheyliche Gerichte; In hanc speciem Jurisdictionis includuntur causae pecuniariae & Civiles, & vocantur Güld und Schuld.
Coler. de Process. executiv. part. 1. c. t.
Wehner. Observ. Pract. voc. Gericht.
Schottel. d. tr. c. 7. §. 4. pag. 215. CCLXIII. Es ist aber das Hals-Gericht ein peinlicher Actus über Haut und Haar / Hals und Bauch / wie der Sachse spricht / hoc est, qvando ad poenam corporis afflictivam agitur. Daß man einen zur Staupe schlage / und da an Leib und Leben gesprochen worden.
Peinl. Hals-Gerichts-Ordn. art. 81. 82. & 87.
Sächß. Landrecht lib. 1. art. 59. in fin. text.
Wehner. in Observ. Pract. lit. Z. zu Haut und Haar.
D. Georg. von Priezen in Compen. Jur. Civ. & Saxon. lib. 5. tit. 8.
Volckmann. in Process. Crim. Part. 1. tit. 2. c. 6. n. 1. CCLXIV. Was vor Mißhandlungen und Bestraffungen zu den Ober- und Hals-Gerichten gehören / ist aus jedwedes Landes- und Gerichts hergebrachter Gewonheit zu erlernen: In des kan doch zur Information gelesen werden
Arnold. de Re Reyger, in Thesaur. Juris tom. 1. pag. 2007.
Theodor. in Colleg. Crim. pag. 2361. n. 9. Die Churfl. Sächs. Landes-Ordnung de anno 1555. sub tit. was zu Ober-Gerichten gehörig. Fürstl. Sächs. Weymarische Landes Ordnung de anno 1589. tit. 26. Fürstl. Sächs. Gothaische Landes-Ordnung part. 2. c. 1. tit. 9. pag. 108. & 109. add.
Speidel. in specul. Jur. v. Hals-Gericht pag. 560.
Dan. Moller. lib. 4. Semest. c. 45. n. 3. & seqq.
|| [97]
Matth. Berlich. part. 1. qvaect. pract. 1. & part. 1. conclus. 3.
Volckman. Consil. Crim. 1. n. 1.
Alteburg. Prax. Criminal. pag. 14. 15. & 16. Item Das Urthel der Churfürstl. Sächs. Schöppen zu Leipzig Mens. Febr. 1620. ad consultationem Senatus im Thum gesprochen / bey dem Carpzov. p. 3. q. 109. von n. 31. biß 36. befindlich / folgenden Inhalts: Als ihr uns Copeyen zweyer Urthel / und eines Churfürstl. Sächs. gndst. Befehls mit Lit. A. & B. signiret / beneben einer Frage zugeschickt / und euch zu berichten gebethen habet / was eigentlich zu den Ober-Gerichten gehörig sey: Demnach sprechen Wir Churfürstl. Sächs. Schöppen zu Leipzig darauf vor Recht: Daß diejenige / welchen Ober- und Hals-Gerichte zustehen / ungefährlich folgende Ubelthaten und Mißhandlungen zu straffen und rechtfertigen befugt / nemlich Ketzerey / Zauberey / Teufels-Seegen und Wahrsagen / Gottes-Lästerung / Kirchen-Ehe- und Landfriede-Bruch / Mord / Todschlag / Nothzucht / Blut-Schande / Mordbrand / Vergifftung / Sodomiterey und Unkeuschheit mit unvernünfftigen Thieren / Abtreibung der Leibes-Früchte / unmenschliche Vermischung mit verstorbenen Weibes-Personen / Kuplerey ehlicher und lediger Personen / Entführung der Jungfrauen und Wittiben / Verlobung und Heyrath mit zweyen Weibern / Aufruhr / Verrätherey / Meineyd / wissentliche Beherbergung geächtigter Ubelthäter oder Mißhändler / Verursachung eines Auflaufs oder Zwietrachts / Verhetzung der Gemeinde wieder ihre Herrschafft / Absage der Vehden / und Steckung der Brandzeichen / Deube / die drey Schilling [das ist 4. Groschen] oder mehr werth seyn. Verhelung oder Mitgeniessung des Diebstahls / Abschneidung und Verderbung Männlicher Glieder und Weibes-Brüste / Rath und Hülffe wieder die Obrigkeit oder Erb-Herren / Verkauffung der Leute und Wegführung derselben wider ihren Willen / Aufgrab- und Spolierung der Todten / Bestehlung der gerechtfertigten Missethäter an den Galgen oder auf dem Rade / und Abnehmung derselben von den Gerichten / Beraubung der Pflüge / Mühlen und Bienstöcke / Suchung eines andern mit gewapneter Hand in den Seinen / zu dem Ende ihn zu übergeben und zu tödten / Haus-Friedebruch / freventliche Beschädigung der Thüren / und Ausschlagung oder Auswerffung der Fenster / Schmähung an befreyeten Oertern / als Schlössern / Rathhäusern / oder Kirchen / ufn Marckte oder Landstrassen / [98] Erdichtung schändlicher Schmäh-Schrifften / und wenn man dieselbe anschlägt / ober die findet / und andern offenbahret. Schmähungen / die peinlich geklaget werden / und Injurien hoher befreyeten Personen / die im Regiment sind. Fertigung falscher und schändlicher Briefe / Siegel und Petschafft / und Verfälschung der Briefe mit Ausleschung / oder ander Gestalt / auch ungebührliche Eröfnungen der Briefe / und Offenbahrung des Inhalts eines Briefes / so desjenigen / deme er zustehet / Gegentheil gethan wird / Verkauffung oder Versetzung eines Dinges / so zweyen geschicht / falsches Gezeugniß / und wenn ein Richter oder Zeuge zu eines Nutz zu rathen / oder Gezeugen corrumpiret werden / Bereitung falscher Müntze / derselben wissentliche Ausgabe / Schmeltzung / Geringerung und Beschneidung / sie sey groß oder klein / falsche Gewichte oder Maaß / so zu kaufen und verkauffen gebraucht wird / Zerhauung oder Auswerffung der Mahlbäume und Mahlsteine / Ufsetzung neuen Zolles / Abstech- und Vergrabung der Teiche / Theuermachung des Korns und andern Geträydichs / Ufhebung todter Cörper / Verwahrung unsinniger Leute durch die Freunde oder aus Richterlichem Ambte / Zerbrechung der Stadt- und Schloßmauren und Verderbung eines Ackers / so bey nächtlicher Weile vorgenommen / Handanlegung an die Eltern. Und wird unter des Ober-Richters Strafe ferner gezogen / wenn sich jemand für einen Fürsten / Grafen / Frey-Herrn / Ritter oder eines würdigen Standes ausgibt / auch sich einen Kunstmeister / der er doch nicht ist / betrieglich rühmet / und wenn einer seinen Nahmen / Wapen / Gewerck oder Zeichen dem andern zu Schaden verändert / und ein Amptmann üm Gifft / Gaben oder Verheissung willen etwas thut / das nicht recht ist / oder das lässet / daß er hätte thun sollen / wie den auch heimlich Gifft und Gabe darum gegeben / daß er zu einem Amptmann erkohren und erwehlet worden. Hierüber gebühret ihm zu rechtfertigen die Kampfer-Fleisch- und offene Wunden. Item die Wunden / so erstlich Beulen seyn / und darnach aufbrechen und Wunden werden / gezogene Messer oder Waffen / damit einer den andern verwundet / gelämt oder erwürget / Mord- und Zeter-Geschrey / wenn einer den andern morden / oder ein Weib oder Magd nothzögen wolte / Haußsuchung / wenn jemand den andern gefänglich entsetzt und hält / stossen / treten / braun und blau werffen / Schwächung der Jungfrauen / Beschlaffung der Wittiben / schlechte Hurerey / und da dieselbe mit Gefangenen in anbefohlenen Custodien / oder mit wanwitzigen sinnlosen Weibes-Personen begangen. Alle solche und dergleichen Brüche und Mißhandlun [99] gen / neben der scharffen und peinlichen Frage / Verbiethung einer Stadt und Dorfs gehören die Ober-Gerichte / und werden durch sie gerüget / wie den auch die Folger und Helffer oberzehlter Missethaten / so darzu Beystand gethan / von ihnen gestrafft werden sc. V. R. W. CCLVX. [XXVII] Der Käyserliche Reichs Hof-Rath / ausser dem Käyserlichen Cammer-Gericht / welches in Nahmen eines jeden regierenden Käysers verwaltet / und jeder Process und Befehl unter demselben / wie auch dessen Käyserlichen Secret, erkannt und ausgefertiget wird / ist das höchste Gericht im Reich der Käyserliche Hof-Rath / welcher mit obigen Concurrentem jurisdictionem, oder gleichgewaltige Bothmäßigkeit hat: Doch dergestalt / daß / wo unter diesen beyden Gerichten eine dahin gehörige und der Käyserlichen Majestät unmittelbahren Decision nicht reservirte Sache einmahl anhängig gemacht / ihr Lauf daselbsten nicht gehindert werden / sondern stärcklich fortlauffen muß. CCLXVI. Dessen Anfang / vermuthlich von anno 1512. rühret. Da dem Käyser Maximiliano I. auf sein Begehren / und aus hochwichtigen Ursachen / zu des Reichs-Sachen Acht Räthe gehalten / besoldet / und mit gewisser Instruction versehen / auch viere davon von dem Churfürsten / die andere viere aber von den übrigen Fürsten und Ständen gegeben und benamet worden. R. A. zu Trier und Cölln de anno 1512. §. Item haben uns Churfürsten sc. Es ist aber nach solches Löbl. Käysers Ableben diese Verordnung gantz verkehret / und / bey zumahl entstandenen Religions-Zwiespalten (da man aus Haß gegen die Evangelische alles im Reich nahend über und über gehen lassen / und gegen deren Austilgung sich der schweren servitut willig unterworffen hätte) dem Käyser Spanische Räthe vor sich in Reichs-Sachen zu bestellen / denen solche zu committiren / und die auf seine Kosten zu halten / zugesehen worden. Wiewohl nicht ohne / daß bey Reichs-Tägen denen von den Käysern ordentlich bestellten Reichs-Hof-Räthen aus der Stände Mittel etliche adjungiret / und die dabey vorgefallene Geschäffte zuerledigen / zugesellet werden. CCLXVII. Heutiges Tages bleibet es noch darbey / und ist beym jüngsten Frieden-Schluß noch nich geschlossen worden / daß die Stände / ob sie es schon eiferig urgiret / und deren Besoldung übernehmen wollen / bey Praesentation der Reichs-Hoff-Räthe / concurriren sollen: sondern Käyserl. Majestät mögen zu den Reichs-Hoff-Rath aus dem H. Reich gelehrte und der Sachen erfahrne Leute / nach Belieben / bestellen; doch daß darunter so viel der Evangelischen Religion beygethane seyn / deren Anzahl zu [100] Berathschlag- und Erledigung solcher Glaubens-Verwandten daselbst vorfallenden Sachen gnungsam / und also beydes aus denselben / als auch aus denen Catholischen ein Käyserlich Gericht von gleicher Anzahl der Personen niedergesetzet werden möge. Die Cantzeley aber muß dem Churfürsten zu Mayntz / als Ertz-Cantzlern / schweren / dahero auch der Reichs-Vice-Cantzlar die Haupt-Diplomata vice Reveren dissimi Electoris Moguntini subsigniret / und dessen Stelle vertrit. CCLXIIX. Es bestehet aber solches Collegium auf einem Praesidenten / Vice-Cantzlar / Vice-Praesidenten / und etlichen Reichs-Hoff-Räthen / welche in ungewisser Anzahl sich in zwo Bäncke / nemlich die Herren oder Ritter / und die Gelehrte Banck theilen; deren jene von Grafen / Herren und von Adel [welcher letztere doch selten etliche darzu kommen] diese aber von Gelehrten besetzet / und aus denen ein und ander zum Referendario gebraucht wird / denen etliche Secretarii, ein Taxator, Registrator, Protocollisten / Ingrosisten und Cantzelisten von Lateinischer und Teutscher Expedition untergeben sind. Plura vid. apud Autorem Jur. publ. Roman. German. cap. 5. p. 238. & seqq. usqve 246. Item Georg Engelhard Löhn-Eisen in der Hof-Staats- und Regierungs-Kunst von fol. 744. biß 777. wie auch Joh. Christoph von Uffenbach / in seinen Tractat von Käyserl. Reichs Hof-Rath. CCLXIX. [XXVIII.] Hof-Gericht / das Käyserliche Hof-Gericht zu Rotweil ist / wie droben beym Cammer-Gericht auch erwehnet / von Käyser Conrado den III. anno 1146 / oder wie etliche wollen anno 1147. in derselbigen Reichs-Stadt gegründet und deme ein gewisser Bezirck [der sich auf die Oestereiche / Fränckische / Schwäbische und Rheinische Kräyse / doch nur zum Theil / aber auf die Sächsische / Bäyrische / Westphäl- und Burgundische Kräyse gar nicht erstrecket] untergeben. Von dem ist auch zu mercken / daß es von Käyserl. Majestät allein herrühre / und der älteste Graf von Sultz dessen Erb-Richter aus Käyserl. Reichs-Belohnung sey / es aber an sich selbst / wie vor Alters durch dreyzehen von Adel / also heutiges Tages durch so viel Assessores aus dem Stadt-Rath / welche vorhero von Richtern und übrigen Assessoren examiniret werden / besetzet werde. Münster. lib. 3. Cosmog. c. 321.
|| [101]
Christoph. Peller, in annot. ad Klock. tr. de AErario c. 50. pag. 703.
Rud. Godofred. Knich. Op. Polit. tom 2. lib. 2. part. 3. Sect. 1. thes. 5. expl. 1. n. 5. pag. 189. & Sect. 4. pag. 551.
Paurmeister, de Jurisdict. p. 773. n. 6.
Rudinger. cent. 4. observ. Cam. 39. CCLXX. Diesem Gerichte stehen nicht nur actus contentiosae, sondern auch Voluntariae Jurisdictionis, als Vormundsetzung / und dergleichen zu; weiln aber dasselbe / sonderlich bey Anrichtung des Käyserlichen Cammer-Gerichts / mercklich abgenommen / und wegen dessen Beysitzere in ein schlecht Ansehen gerathen: Zumahl man es vor kein höchstes Gericht mehr zu achten / in dem von dessen ergehenden Bescheiden an das Cammer-Gericht appelliret werden kan / dieselbe Appellationes auch daselbsten recipiret und ventiliret werden: Als haben sich viele hohe und geringe Standes-Personen [dann die Churfürsten seynd ohne davon exemt] ja wohl auch Particular Reichs von Adel / vor und nach Constitution des Käyserl. Cammer-Gerichts / darwieder privilegiren lassen: Welche dann auch solches Orts / ausser was Ehehafften betreffen / weder Recht geben / noch nehmen. CCLXXI. Und hat man bey denen General-Friedens-Handlungen davor gehalten / weil dieses und andere Käyserliche Cammer-Gerichte / welcher Urtheile der Appellation und anderwärtigen Cognition an höhern Ge-Gerichten untergeben / die Stände und deren Unterthanen nur in Weitläufftigkeit und grosse Unkosten führen / auch Zeit und Weil hinweg nehmen / daß man dieselbe / so weit sie über frembde ihre Bothmäßigkeit erstrecken wollen / cassiren / und sie weiler nicht greiffen lassen solle / als sofern sich derer Gerechtigkeit oder Weichbild extendiret / worauf es dann noch stehet. Autor Jur. Publ. Roman. German. c. 5. pag. 246. & 347 vid. Rud. Godofred. Knichen op. Polit. tom. 2. lib. 2. part. 3. sect. 4. c. 1. pag. 551. & 552. Georg Englhard Löhn-Eisen in der Hof-Staats- und Regierungs-Kunst von f. 744. biß 777. CCLXXII. De Jure Dicasteriorum & Judiciorum Provincialium eringendorum, Statibus Imperii competente, notanda sunt seqventia: [I] Illa à Statibus ad imitationem Camerae Imperialis introducta esse, adeoqve illa Ordinariam habere Jurisdictionem, ut benè observat Vultejus de Jud. lib. 1. c. 4. n. 62.
|| [102]
& proinde [2] illorum erectionem signum infallibile esse Superioritatis
Territorialis.
Myler. & alii ab illo allegati, de Princip. & Statib. Imperii c.
42. & §. 2. & seqq.
[3] Ab illis ad Cameram & Aulicum Judicium appellari posse, nisi
Privilegia id inhibeant.
Rudolph. Godofred. Knichen op. Polit. vol. 2. lib. 2. part. 3. sect. 1. thes. 10.
pag. 194.
CCLXXIII. In den Chur- und Fürstl. Häusern Sachsen findet man jetzo drey
Hof-Gerichte / als eins zu Leipzig / welches das Ober-Hof-Gericht genennet wird
/ das andere ist zu Wittenberg / und das dritte zu Jena.
vid. Churfürstl. Sächs. Ordnung des Ober-Hof-Gerichts zu Leipzig de anno 1549.
Item
Die Churfürstl. Sächs. Hof-Gerichts-Ordnung zu Wittenberg anno 1550.
wie auch
Die erneuerte Fürstl. Sächs. gemeine Hof-Gerichts-Ordnung zu Jena anno 1653.
Vor diesen ist zu Coburg das Hof-Gericht gewesen.
vid. Hertzog Johann Casimiri und Hertzog Johann Ernstens zu Sachsen
Hof-Gerichts-Ordnung daselbsten anno. 1598.
CCLXXIV. Das Chur-Pfältzische Hof-Gericht ist zu Heydelberg / de qvo legi potest
ejus Ordinatio.
CCLXXV. Im Hertzogthum Würtenberg ist solches zu Tübingen.
Zeiler. in Itin. German. c. 8. pag. 201.
CCLXXVI. Ferner in Hertzogthum Brauschweig und Lüneburg zu Hannover.
vid. Hertzog Georgens Hof-Gericht Ordn. anno 1639. daselbst gedruckt.
Item zu Wolffenbüttel /
Hertzog Augusti Hof-Gerichts-Ordnung anno 1662.
Privil. Ferdin. I. apud Limn. lib. 5. c. 6. n. 26.
CCLXXVII. Zu Marpurg ist das gesam̅te Hof-Gericht des Fürstl.
Hauses Hessen.
de qvo legi potest der Fürstl. Heßische Vergleich de anno 1627. den 24. Sept. so
ein appondix ist des Haupt-Vergleichs / n. 29.
|| [103]
CCLXXIIX. In Hertzogthum Pommern sind derselben zwey / als eines zu Stetin / das
andere zu Wolgast / ut refert
Micraelius in der Pommerischen Chronic. lib. 6. pag. 432.
CCLXXIX. In Hollstein das Hof und Land-Gericht / dessen gedacht wird in
Privilegio Ferdinandi. II. anno 1621. d. 14. Julii Domui illi dato, an. 1641. d.
2. Julii à Ferdinando III. confirmato, ac in Camera 1651. d. 11. Febr.
acceptato.
Roding. in Pandect. Cam. lib. 1. c. 20. Sect. in not. p. 325.
CCLXXX. In Meckelnburgischen ist eins zu Parcheim /
cujus Ordinatio anno 1569. M. Febr. ab Imperatore Maximiliano II. confirmata, ac
seqventi anno 20. Septemb. in Camera acceptata fuit.
Roding. d. l. pag. 326. in not.
CCLXXXI. Und weil solche Hof-Gerichte Asyla aller Bedrängten / und die das rechte
Recht in den andern Gerichten nicht erlangen können / seyn sollen; als ist
nöthig / daß dieselbe mit redlichen / tapfern / aufrichtigen / verständigen /
gelehrten und geschickten Männern besetzt werden / welche die Justiz gleich
durchgehends / ohne Ansehung der Personen / Annehmung der Geschencke / oder
andern Respecten und Ursachen administriren.
Fürstl. Hof-Gerichts-Ordnung zu Jehna cap. 1.
CCLXXXII. [XXIX.] Hof- und Rittermann-Lehn-Gericht / wird zu Würtzburg gehalten /
die Lehn-Sachen darinn vorgenommen und erörtert.
Wehner. observ. Pract. v. Gericht pag. 160.
CCLXXXIII. [XXX.] Das Hauß-Genossen-Gericht / ist Vorzeiten in der Stadt Speyer
gebräuchlich gewesen / und beschreibet solches
Lehmann. in der Speyrischen Chronic. lib. 4. c. 20. qvem vide.
CCLXXXIV. [XXXI.] Das heimliche Gericht.
vide supra Fehm-Gericht / & infra Westphalisch heimlich Gericht.
CCLXXXV. [XXXII.] Das Helff-Gericht.
Wehner. obs. Pract. v. Gericht pag. 160.
CCLXXXVI. [XXXIII.] Die Hohe-Gerichte.
vide supra Hals-Gerichte.
CCLXXXVII. [XXXIV.] Das Huben-Gericht.
Wehner. v. Houb / Hueb / Hueb-Geld & c. p. 215.
CCLXXXIIX. [XXXV] Kampf Gericht / die alten Teutschen hatten in Gebrauch / daß
sie ihre Klag- und Streit-Sachen lieber mit den Degen [104] und andern Waffen / als der Feder / ausgeführeten und endigten. Volebant magis
belli-potentes qvam Sapienti-potentes esse, wie
Pet. Heigius part. 1. qvaest. 7. n. 32.
ex ore Ennii redet / drum sie auch öffters duellirten / so / daß wer unten lag /
oder sich gefangen geben / und üm Perdon bitten muste / die Sache verlohr / oder
sonst vor schuldig erkant wurde. Absonderlich aber provocirte der Kläger zum
Zweykampf / wenn er keine Zeugen hatte / womit er seine Klage beweisen konte.
Gryphiand. de Weichb. Sax. c. 45. n. 16.
CCLXXXIX. Und gaben sich die Sachsen aus vor Erfinder und Anstiffter solches
vermeinten Rechts / so sie Kampf-Faust- oder Kolden-Recht nenneten.
Gloss. ad art. 35. Weichbilds ibi:
Kämpfen ist sonderlich den Sachsen Eigenthum / des sie sich ziehen an ihr
Privilegium.
CCXC. Item die alten Schwaben und Francken /
Schottelius in tr. de singular. & antiq. in German. jurib. c. 28. §. 9.
Welche gewisse Ordnungen und Gesetze gemachet / auf was Art und Weise / aus was
vor Ursachen / mit wem / und mit was vor Waffen sie solchen Kampf antreten und
vollenden solten / wie nach der Länge
im Sachsen-Spiegel. lib. 1. art. 63.
Item in Weichbild art. 35.
und Schwaben-Spiegel cap. 70. 71. 72. & 73.
Deßgleichen bey dem Goldasto part. 2. der Reichs-Satzungen sub annum 1410.
zulesen. So daß man sich nicht gnung verwundern kan / mit was vor Ernst und Eifer
sie über solch Kampf-Recht gehalten.
CCXCI. Majores illi nostri religiosissimi mortales [inqvit Aventinus Annal.
Bojor. lib. 4 pag. 248.] magis Deo, qvam sibi confisi, plus divinae justitiae
ejusqve promissis, qvam suo ingenio aut Sapientiae innitebantur: potiusqve
Coelestibus decretis, qvam suis opinionibus stabant. Officiis omnibus atqve
Actis Numen supremum interesse voluerunt, eaqve demum rata haberi, qvum divinum
auspicium addixisset. Cuncta qvasi in Theatro superum despectantium, in
conspectuqve Dei optimi maximigeri statuerunt. Proinde in causis ambiguis.
maximè criminibus, quae nullo humano testimonio probari poterant, ad coelestia
beneficia, ad summam Majestatem, qvae falli non potest, tanqvam ad arbitrium
honorarium, & judicem omnium confugiebant.
|| [105]
vid. LL. Alemann. tit. 44. & tit. 84. Recurrebant ad gladium [sunt verba Dantis Aligherii lib. 2. de Monarch. pag 186] ne justitia derelicta maneret, ubicunqve humanum judicium deficeret, vel ignorantiae tenebris involutum esset, adeoqve per eum de libero assensu partium non odio, sed amore justitiae, per virium tam animi qvam corporis mutuam collisionem divinum judicium postulabant. CCXCII. Bey den Longobardern ist das Kampf-Recht auch gebräuchlich gewesen / wie man noch davon Nachricht in Us. Feud. lib. 2. c. 27. findet add. Alciat. de duello c. 4. ibi Longobardi, qvotiescunqve ipsis deesset probatio, judici per duellum fidem faciebant. Massen den auch einige davor halten / daß die Monomachia von denselben zu erst eingeführet worden Camerar. cent. 3. Medit. Hist. op. Succis. c. 30. CCXCIII. Deßgleichen in Island / Aringrinus Jonas rer. Island. lib. 1. c. 9. Schottel. d. tr. c. 28. pag. 727. Allwo er die Art ihres Kampfs aus den Armgrino beschreibet. CCXCIV. Item in Dennemarck. Olaus Wormius lib. 1. c. 10. monument. Danic. CCXCV. Wie auch in der Moßkau.
Bodin. lib. 14. de Rep. c. ult.
Camerar. 2. Hor. Succis. c. 19. p. 76.
Tiraq. de jur. prim. q. 40.
Grammat. Decis. 1. n. 24.
Borcholt. c. 7. n. 50. lib. Feud.
Hottom. Illust. qvaest. 3. CCXCVI. Und in Engelland. Thom. Schmit. lib. 2 de Rep. Angl. c. 6 & 8. Und fast bey allen Europaeischen Völckern / dergestalt und also / daß auch Käysere / Könige / Fürsten und Herren die solches Kampf-Rechts halber gemachte Leges und Verordnungen selber confirmiret. Ideoqve tam multae Francorum, Longobardorum, Baiwariorum, Saxonum, aliorumqve populorum sanctiones de duellis, duellandi modis & effectibus constitutae leguntur.
Schottel. d. tr. c. 28 pag. 523.
|| [106]
Petr. Papp. in Corp. Jur. milit. pag. 393. CCXCVII. Man hat sich aber dessen so wohl in bürgerlichen / als peinlichen [an statt der Volter / Grat. cons. 4. lib. 2. Boekel. disq. de publ. jud. 6. pag. 142.] ja gar in Ehe-Sachen bedienet.
Cujac. in c. un. de Feud. lib. 1.
Parthen. litig. lib. 2. c. 2. n. 5. Item in allen irrigen / verworrrenen / Zweiffelhafften Dingen / da man weder durch Zeugen / noch andere Urkunden die rechte / gründliche Warheit heraus bringen können / sonderlich In Puncto Venificii. Lex Angl. tit. XIV. Homicidii. Lex Longob. lib. 1. tit. XXXII. c. 4. Furti. Lex Bojor. tit. VIII. §. 3. Incendii. Lex Bojor. tit. IX. c. 4. §. 4. Cum de agrorum terminis disceptaretur, etiam huc recurrebant. Lex. Bojor. tit. XI. c. 5. Item in deposito sibi vindicando ibid. c. 35. in falsa accusatione diluenda, Leg. Longob. lib. 1. tit. 1. c. 7. in libertate??? probanda, Leg. Long???h lib. 2. tit. 55. c. 39. in puncto injuriarum, aestimationis & famae. Schottel. de singular. & antiq. in Germ. jurib. c. 28. §. 8. Allwo er Käyser Ludwigs Kampf-Brief / einem Vornehmen von Adel Hector von Trautmannsdorf anno 1336. ertheilet / anführet / so einen andern von Adel Seyfried von Frauenberg / üm des willen daß er von vornehmern und Eltern Geschlecht / als jener feyn wollen / und sich dessen gerühmet / im Kampf überwunden / und der von Trautmannsdorf nebst seinen Erben den Rang oder Vorgang vor des Frauenbergers Geschlecht acqviriret und erlanget. Also erwehnet auch Crusius Annal. Suev. lib. 7. part. 3. c. 5. daß zwene von Adel die Kraffte und von Stegen / wegen Gleichheit des Wapens / uneinig und ihre Streitigkeit vor höchste Gerichte [107] gebracht worden / man hat aber die Sache nur durch Kampf wollen endigen / authoritate Imperiali litem duello finiendam esse, decretum est, ut sunt verba Authoris. Frotho König in Dennemarck hat ein Gesetz gegeben / daß alle Streit-Sachen durch ein Duel erörtert und abgethan werden solten /
Saxo Grammat. lib. 4. hist. Dan. c. ult.
Parth. litig. lib. 2. c. 2. n. 4. velut innocentiae testimonio, experimento certo atqve invictae subsidio. Dec. Consil. 487. n. 7. Guid. Pap. Decis. 617. Et idem Grammaticus lib. 14. testatur, Suenonem lites non prudenti judicio, sed Athletarum robori commisisse. Sic Princeps Melfitanus dum conatur immane duellandi remedium constringere ac tollere, necessitatem imposuit & coëgit, qverulos & temerarios mendaciorum insimulatores congredi, ac pugnare cum adversariis in ponte intra 4. Lanceas, sub periculo decidendi in aqvam, si retrocederent. P. Matthieu lib. 2. Hist. Henr. IV. n. 2. Et Taurini praefectus Regius Joan Langius duellaturos super ponte solos inclusit usqve ad noctem, nemine adspectante, ut ejusmodi inglorium aspernarentur duellum Molin. ad Dec. Consil. 686. CCXCHX. Ja es haben auch wohl grosse Herren und tapffere Helden dergleichen Zwey-Kampf gehalten / als 1. Bey dem Griechen. Menelaus mit dem Paride wegen Entführung der schönen Helenen / Achilles mit dem Hectore, und dieser mit dem Ajace, Diomedes mit dem AEnea, und dieser mit dem Turno, wie bey dem Homero und Virgilio zu lesen. 2. Bey den Römern Romulus mit dem Acrone, Manlius Torqvatus mit dem Gallo, die Horatii und Curiatii [Hinc refert Procopius, ad Urbem Romam in campis Neronianis stadii locum patentem & planum fuisse, in qvo inierunt Monomachiam.] Käyser Heraclius mit dem Persischen König Cosroe. Guil. Bockel. disq. Crim. 6. pag. 138. 3. Bey den Persern Artarxerxes und Cyrus wegen des Königreichs. Diod. Sicul. lib. 14. 4. Bey den Spaniern Petrus Torellus mit dem Hieronymo Anca in Gegenwart Käyser Caroli V.
vid. Camerar. hor. succisiv. cent. 2. c. 21. per tot.
Heuter. Delf. in vita Caroli V. Caesar. lib. 8.
|| [108]
5. Bey den Italienern Ludovicus Martellus und Bandinus, cui adjunctus fuit
Albertinus Aldobrandus pugnans cum Dante à parte Martelli
Jovius hist. lib. 28.
Welcher gestalt 13. Italiener mit 13. Franzosen üm die Ehre ihrer Nation
gekämpfet / da gleichwohl die Italiener obgesieget / ist zu lesen beym
Guicciardino lib. 5. Hist. Italic.
6. Bey den Franzosen ist notabel das Exempel / welches sich bey Regierung Königs
Caroli VI. begeben / als Johannes Carongius Jacobum Grifium beschuldiget und
verklaget / daß er in seiner Abwesenheit ihm die Gemahlin genothzüchtiget /
dieser es aber geleugnet / und also die Sache durch ein öffentlich Duel
ausgeführet / darinn Grisus getödtet / und durch den Nachrichter zum Galgen
geschleppet / Carongius aber mit tausend Francken baar / und über dieses noch
mit einer Jährlichen Provision von zweyhundert Francken von dem Könige
beschencket worden.
Gaguin. lib. 9. Hist. Franc. Frossard. lib. 3. Hist.
Memorabile qvoqve est duellum, confentiente & inspectanto Henrico II.
Rege Galliae inter Cabotium & Castaneum, viros nobiles, qvod Thuan. lib.
3. in anno 1547. recenset, ubi qvùm praeter opinionem Castaneus cecidisset, ait
Thuanus, Rex ex eo tantum cepit dolorem, ut, se nunqvam in duella consensurum,
religiosissimo jur amento obstrinxerit. Haec Regni funesta auspicia in funestum
exiisse finem à multis observatum est, Rege ipso, qvi in serium certamen
consenserat, qvod minimè debuit, in ludicro certamine inter plausus &
publicam laetitiam postea occiso. Was gestalt arch König Franciscus I. Käyser
Carln den V. zum Duell ausgefodert / ist bey dem Sleidano lib. 6. comment. Hist.
zu lesen. Es hat aber solches der Käyser mit guten Fug und Recht / auch ohne
Schimpf und Verkleinerung seiner hohen Authorität / billig abgeschlagen.
Schönborn. lib. 6. polit. c. 23. in fine.
7. Bey den Engeländern findet man / daß ihr König Edmundus mit den Dähnischen
Könige Canuto gekämpfet.
Polyd. Vergil. lib. 7. Hist. Angl.
Joh. Isaac Pontan. rer. Dan. hist. lib. 5. und Thomas Schmid schreibet Lib. 2. de Rep. Angl. c. 6. & 8. also: Angliae consvetudine invaluit, ut tribus potissimum modis sententiae, qvae summum litibus finem imponunt, pronuncientur: In Comitiis Parlamentariis, in certamine singulari, & in juridicis conventibus. Et fuit [109] in Anglia aliqvando tempus, qvo testimonia utrinqve pari numero dicerentur, & judices ob id suspensi ipsos testes more pugilum inter se pugnare cogerent, atqve inde victores demum, uti fide praestantiores, secundus litis eventus seqveretur. Jov. in Britan. Parth. litig. d. lib. 2. c. 2. pag. 365. Anno 1609. empfing der älteste Sohn des Freyherrn Warthons im Spielen eine Maulschelle von Johann Stuarden / einen jungen Herrn aus Schottland / weil er diesen seinen sonst besten Freund liegen geheissen. Drauf sind sie des andern Tages eine Meile Weges von Londen hinweg geritten / daselbst auf die Knie niedergefallen / ihr Gebet verrichtet / einander ümfangen / Wund-Aertzte bestellet / die Rappiere besichtiget / und sich darnach gebalget: Wie sie dann beyde nach zweyen oder dreyen Stichen ohne einige Rede tod dahin gefallen / und darauf ohne alles Gepränge / auf des Königs Befehl / in ein Grab geleget worden seyn. Sam. Metteran. lib. 29. der Niederländischen Historien. 8. Von Schottland führet Georg. Buchananus dieses an: Rex nobiles ulcisci cupiens, eos inter se committere jubet. Guil. Bockel. disq. de publ. jud. 6. pag. 139. 9. In Königreich Neapolis und Sicilien haben Carolus und Petrus, Könige in Sicilien und zu Neapolis / auch mit einander duelliren wollen / welches ihnen auch Pabst Martinus IV. zu gelassen. Als aber Petrus solches rückgängig gemacht / hat ihn der Pabst in Bann gethan.
Collenut. lib. 5. Hist. Neap. pap. 228. & seq.
vide tamen Fazellum de reb. Sic. dec. post. lib. 3. c. 1. 10. In den Nordischen Königreichen hat Atislar König in Schweden mit dem Folcone, Saxo Grammat. lib. 4. Hist. Dan. Corellus König in Norwegen mit dem Herwendillo, idem lib. 3. Hist. Dan. Haraldus mit dem Normanno, Pet. Bizar hist. Pers. pag. 137. n. 53. und Atiolus der Schweden König mit Frowino dem König in Jütland duelliret. Parth. litig. lib. 2. c. pag. 365. König Carolus IX in Schweden provocirte König Christian den IV. in Dennemarck anno 1611. im Anfang des Krieges / als er ihm die Stadt Colmar in Schweden weggenommen / zum Duell; das Cartel und die Ant [110] wort drauf stehet in R. lustigen Rhetoric oder kurtzweilen Redner part. I. pag. 183. & seqq. usqve 188. II. Des berühmten Sckanderbegs-Kampf mit einen grausamen Tartar ist bekant / der den gantzen Hof des Türckischen Käysers Amuratis gepochet / und weil der mordliche Kampf Mutter nackt geschehen solte / und daher nirgends ein Türck zu solcher Kampf-Art verhanden / hat der Sckanderbeg endlich die Haus-Ehr gerettet / den greulichen nackten Feind / wie er dessen Hieb mit der Lincken ausgeschlagen / mit erfolgten Gegenstreich darnieder geleget / auch nackent und blutig des Tartarn-Haupt dem Türckischen Käyser praesentiret. Schottel. d. tr. c. 28. pag. 541. Hanß Döllingers Kampf mit einen Saracenen Craco genannt / welcher ein Zauberer und zehen Werckschuhe lang / worinn doch der Döllinger endlich obsieget / beschreibet Gotofred. in den Monarch. p. 481. Von einen sonderlichen Kampf zwischen einem Manne und Weibe zu Bern anno 1288. den 5. Januarii, worinne das Weib den Sieg erhalten vid. Stumpf in der Schweitzerischen Chronic. lib. 8. c. 6. Laudatur qvoqve plurimum factum Joannis Sonnenbergii, Comitis, in duellum provocantem Anton Mariam Italum adeò vulnerantis, ut clamaverit Italus in signum deditionis, O SANCTA CATHARINA! Camerar. hor. Succis. cent. 2. c. 22. Der Herr Autor Monatlicher Unterredungen hat ad Annum 1690. mense Novembr. pag. 1060. zwey Exempel wunderbarlicher Kämpfe / so Käyser Maximiliani 11. Hof- und Krieges-Rath Andreas Eberhard Rauber gehalten / angeführet / welche wohl werth sind daß sie auch anhero gesetzet werden / nemlich es war ermelter Rauber länger als 3. Ellen / und mit einen wunderlangen Bart begabet / der ihm biß über die Füsse hinab hing / und jedermans Augen nach sich zog / daher er auf der Gassen den Bart auf beyden Seiten gleichsam als 2. Fähnlein fliegen ließ. Uber diß hatte er eine wunderbahre Leibes-Stärcke / welcher wit 2. Exempeln / einem Traurigen / und einem Lustigen bewähret wird. Jenes betrifft den Kampf mit einen getaufften Juden / der einen Riesen fast ähnlich schien. Ertz-Hertzog Carl wolte einsten probiren / welcher unter diesen beyden der Stärckeste wäre / und welcher dem andern eine Maulschelle aushalten würde. Da sie nun üm den Vorstreich spielten / gewann der Jude / und gab dem Rauber einen so harten Schlag / daß dieser darüber zu Boden fiel / wol acht [111] Tage deßwegen zu Bette liegen / und noch viel länger zu Hause bleiben muste. Nachdem er sich aber wieder erholet / und die Zeit bestimmet / da er dem Juden wieder eins versetzen solte / ergrif er ihn beym Bart / so auch ziemlich lang war / wickelte solchen zweymahl üm die lincke Hand / und schlug mit der rechten / so hart drauf / daß er nicht allein den Bart / sondern auch den untern Kinbacken in der Hand behielt / worüber der Jude bald sein Leben endete. Aber so böse war die andere Probe der Stärcke nicht gemeinet / welche Herr Rauber mit einen Spanier / der auch ein wacker Held / und länger als er war / übernehmen muste. Sie hätten beyde gerne ein schönes Fräulein / die das Käysers Maximiliani natürliche Tochter war / zur Gemahlin gehabt. Der Käyser ließ zwey nach ihrer Grösse gemachte Säcke ihnen in die Hand geben / mit dem Bedinge / welcher den andern in seiner Majestät Gegenwart hinein stecken würde / der solte das Fräulein bekommen. Sie streckten beyde ihre Kräffte weidlich dran / aber endlich zog der gute lange Spanier den kürtzern / und muste / alles Wiederstrebens ungeachtet / in den Sack hinein / verlohr sich aber bald drauf heimlich von Hofe / damit er nicht zur täglichen Kurtzweil und Gelächter dienen müste. Hingegen bekam Rauber die Braut / wiewohl er keine Erben mit ihr zeugete / welchen Verlust doch die andere Gemahlin / die ihm der Käyser gleichfalls aus seinem Frauenzimmer gab / mit acht Paar Zwillingen reichlich ersetzte. Plura exempla legi possunt apud Modium in Pandect. Triumph. tom. 2. lib. 3. ubi ex professo hanc materiam tractat. De qvo etiam legendus Bernhard. Saccus lib. 9. Ticin. Histor. c. 8. & seq. ubi de Longobardorum duellis agit. De his qvoqve multa utilia & scitu digna consignavit
Bangert. in not. ad Chron. Sclavor. Arnold. Abbat. lib. 2. c. 24.
Item Guil. Boëkel. disq. de publ. judic. disqvisit. 6. p. 139. 140. & seqq. CCXCIX. Es haben auch wohl einige ihre Bräute mit dem Schwerdt erwerben müssen. Petr. Papp. in corp. Jur. Milit. pag 393. Wie Haraldus König in Dennemarck / der dadurch des Königs in Norwegen Princeßin erlanget / wie mit mehrern Cranzius lib. 1. Dan. c. 3. beschreibet. Pugnam Starcuteri pro Rege Helgone, ut filiam Ingelli Danorum Regis uxorem haberet, ubi novem fratres stravit, memorat
|| [112]
d. Cranz. Norveg. lib. 1. c. 22.
add.
Gödelmann. lib. 3. de mag. lam. & venef. c. 4.
ubi putat, fabulas Amadisiacas exinde ortas, qvarum Author nominatur GORRAEUS
PARISIENSIS.
Salmuth. in nov. repert. Panciroll. tit. 12. p. 566.
Dither. in add. ad Thes. pract. Besoldi v. Amadis pag. 31. ubi addit Parochum von Kalenberg in Austria ad Danubium, aliàs vocatum Wigand à Theben. CCC. Und ist zu Verhütung grosses Blut-Vergiessens / offtmahls der Ausschlag des Krieges auf einen Zwey-Kampf ausgestellet worden / wie das Exempel Davids und Goliaths
Lib. 1. Sam. c. 17. ausweiset.
vid. Rittershus. in partit. feud. pag. 187. Et Cranzius lib. 1. Saxon. c. 4. describit duellum inter Hundingum, Saxoniae Ducem, & Regem Daniae Roe, ubi Saxo victus, & Saxones Chersonesum Cimbricam perpetuò amiserunt. Uffo Saxoniam cum Dania glorioso duello acqvisivit idem Cranz. 2. Danic. c. 22. CCCI. Rationem hujus remedii adducunt [1] ab eventu belli, qvi velut aeqvus judex, unde jus stat, ei dat victoriam, Liv. lib. 21. [2] Minori Reipub. jacturâ fieri, ut duo tantum pugnent & litigent, qvàm universa Civitas aut provincia sangvine civili perfundatur, & ita è duobus malis minus eligatur. Arnis. lib. 2. doct. polit. c. 5. Deinde si totum Exercitum in bello confligere peccatum non sit, qvid vetet, solum cum solo manus conserere, & litem definire? Unde Fridericus Imperator de pace tenend. §. si qvis hominem & seqq. certis in Casibus duella permittenda putat, qvod & fieri ex usu Reip. esse censet gl. feud. §. injuria de pac. jur. firm. §. non est. de alien. Feud. qvanqvam Legibus ea praescribi non oportet. Multa enim vel ex necessitate, vel boni publici causâ permittuntur, qvae aliàs non probarentur. Jung. Valent. Winther. Parthen. litig. lib. 2. c. 2. pag. 360. CCCII. Man hat auch wohl gewisse Oerter zu solchen Kämpfen- und Kampf-Gerichten bestellet / massen den in der Stadt Hall in Schwaben ein solch [113] Kampf-Gericht gewesen / wenn zween Edel Rittermäßige mit einander Kämpfen wollen um Ehr / und Glimpf / worbey diese Ordnung gehalten worden: Nach dem der Rath daselbst von Käysern und Königen vor vielen Jahren gefreyet ist / so sich also zween Edel Rittermeßig mit einander verunwilligen / und bey dem Rath üm Platz und Schirm bitten / schreibt ihnen der Rath folgender Gestalt: Ihr schreiben und begehr hab ein Rath gehöret / und der Unwill zwischen ihnen sey ihm leid / wolten gerne daß sie von ihren Fürnehmen abstünden / und bitte sie mit allen Fleiß des zu überheben / und sich sonst in ander ehrlicher und zimlicher weiß Mittel und Weg zu vereinigen / des wolle sich ein Erbar Rath zu ihnen versehen / das begehre ein Rath üm sie zu verdienen. Und da sie beyde wieder schrieben und bethen der Meinung / wie vor / und wolten nicht abstehen / auf das schreibet ihnen wieder ein Rath / wie vor. Wen sie aber weiter auf ihren Fürnehmen beharren / benennet ihnen der Rath einen Tag / drauf zu erscheinen / ihr beyder Klag / Anspruch und Anliegen gütlich zu verhören / und so sie dem Tag annehmen zu kommen / so hört ein Rath ihr Anliegen / und nach Verhörung thut der Rath möglichen Fleiß / sie auf andere Art und Weise gütlich oder aufs Recht zu vereinigen. Wenn aber solches fruchtlos abgehet / und sie von ihren Vorsatz nicht abstehen wollen / so saget ein Rath ihnen Platz und Schirm zu / und benennet ihnen einen Tag zukommen. Und wen̅ sie erscheinen / und ihr Begehren wiederholen / müssen sie zu GOtt schweren / ihren Fürnehmen stracks auf den bestimten Tag folge zu thun / und benennet jeden eine Anzahl Leuthe / so er mit bringen möchte / aber mehr nicht / als ihnen vom Rath verwilliget wird. Auf solchen Tag lässet der Rath den Marckt oder Platz mit Sand beschütten / denselben ümschrencken / und ieden eine Hütte / da Er mit den Grieswarten und seinen Verwandten seyn möge / machen / und ieden eine Toden-Baar mit Kertzen / Baar-Tüchern / und andern Dingen / die zu einer Leiche gehören / setzen. Es wird auch einem ieden seines Gefallens ein Beichtvater / zween Grieswarten / und einem als den andern gleiche Harnisch und Wehr zugelassen / oder mögen sich desfals selbst zu Roß oder Fuß vereinen / wie sie deshalber in Schrifften versprochen und zugesaget haben. Und alsdann in Gegenwart ihren beyden läst ein Rath gleichen Schutz und Schirm öffentlichen ausruffen und verkündigen / daß niemand schreye / deüte oder wincke / oder sonst Zeichen thue oder gebe. Und welcher dem nicht also nachkehme und hielte / dem wolte der Rath durch den Nachrichter [so gleich da stehet und aufwartet] mit einem Hand-Beil auf einen Bloch die rechte Hand und den [114] lincken Fuß abhauen lassen ohne Genade. Es werden alle Thor verschlossen / alle Thürm / Wehr und Mauren besetzet / und alle Gassen mit eisernen Ketten durchzogen / bewahret und versehen. Weiter wird verbothen und bestellet / daß kein Frauen-Bild noch Knabe unter dreyzehen Jahr alt darbey sey / oder ihm zuzusehen gestattet werde. Alsdan̅ bestimmet der Rath ihnen beyden eine gewisse Stunde auf den Platz / in ihre Hütten mit ihren Beicht-Vater und Grieswarten zu kommen / und verwechselt alsdann einen Grieswarten / und befiehlet ieden in seine Hütten zu gehen / und auf das allerhefftigste mit allen Fleiß Aufmercken zu haben / daß keiner wieder den andern Untreu / noch Gefährde noch Vortheil der Wehr und Waffen suche oder habe / in keine Wege. So das alles geschicht / alsdenn läst man Sie gegen einander austreten / und wird bestellt / mit lauter Stim̅ drey mahl zu ruffen / zum ersten / zum andern und zum dritten mahl. Alsdenn wenden sie sich gegen einander / und heben den Kampf an. Welcher verwundet wird / und sich dem andern ergiebe / der soll hinfüro geachtet werden Ehrloß / auf kein Pferd mehr sitzen / keinen Bart bescheren / noch Waffen oder Wehr tragen / auch zu allen Ehren untüchtig seyn. Wer aber tod bleibet / und also überwunden wird / der soll ehrlich zur Erden bestattet werden. Und dieser der also obsieget / der soll seine Ehre gnugsamlich bewehret haben / auch forthin ehrlich gehalten werden. Zu Würtzburg in Francken; Item / zu Anspach sollen vor Alters auch solche Kampf-Plätze gewesen seyn.
Münster lib. 3. Cosmograph. c. 305. pag. 820. & 821.
Joachim Schepliz ad Consvetud. March. part. 4. tit. 13. n. 26.
Wehner ad tit. 4. p. 5. ordinat. Rottwil.
Goldast. in Reichs-Satzungen / fol. 236. & 314. CCCIII. Einige halten davor / daß solche Duella nur zu Fuß / und nicht zu Pferde geschehen / prout refertur in Histor. Graeca Laonici Chalcondylae, apud Freher. tom. 2. Germ. script. in princ. Aber Petrus Greg. Tholosanus lib. 48. Syntagm. Jur. univ. c. 16. n. 2. setzet / daß solche Kämpffe auf beiderley Arth angestellet und vollbracht worden. Welches auch aus den Tournier-Halten gnugsam erhellet. CCCIV. Summa Kampf-Recht ist bey den Teutschen in spänigen / verworrenen und zweifelhafftigen Sachen von ieder Welt her in gerichtlichen Brauch und Ubung gewest / und ist auch keine Kayserliche oder Königliche Satzung von Alters zu finden / in welchen das Kampf-Recht abgesetzt.
|| [115]
CCCV. Was in der Hoff-Gerichts-Ordnung zu Rotweil part. 5. tit. 3. §. 3. Von
prohibition des Kampf-Rechts gelesen / ist per incuriam aus dem Rand in den Text
gesetzet.
Jackier. pol. in prompt. Juris ait: duellum abrogatum jure Municipali, art. 33.
Sed illud intelligendum de rusticis, welche des Kampf - Rechts nicht fehig.
Kampf-Recht ist noch Anno 1450. im Hof-Gericht zu Rotweil Gerichtlich erkant / zu
Würtzburg / Anspach und mehr Orten in Francken gebräuchlich gewesen / schreibet
Heimsfeld. tom. 1. const. Imp. pag. 315. ubi testatur se vidisse.
Vent. de Valent. parth. Litig. lib. 2. c. 2. n. 3. So hat auch Hertzog JULIUS zu Braunschweig und Lüneburg der Heinrich-Stadt bey der Vestung Wolfenbüttel noch Anno 1579. ein Privilegium solches Balgens halber ertheilet / also lautend: P. P. Da sich iemand mit den andern aus billigen nothwendigen Ursachen Balgen und Schlagen will und müste / zu Dero Behuf sollen sonderliche und beschrenckte Plätze in der neuen Heinrich-Stadt an gelegenen sichtigen Oerthern / nach Wohlgefallen des Fürsten geordnet / und das Balgen keinen Trunckenen oder Vollen / sondern gantz nüchtern und freudigen beleidigten Leuthen / auf nüchtern Morgen gestattet / und sonderliche Schiedes-Leuthe / damit niemand zu sehr verderbet / darzu gezogen werden. Und wer also voller Weise gefodert wird / soll nüchtern bey Verletzung seiner Ehren kommen / und seinen Escher [i e. Provocanten] warnehmen / und sich also mit gleichmäßigen Landesknechtischen Degen / oder schneidigen Wehren / und mit keinen Rappier balgen / darauf denn gesehen werden soll / daß keiner überwehret werde. Schottel d. tr. c. 28. p. 546. CCCVI. Ob nun wohl die Gewonheit des Kampf-Faust- und Kolben-Rechts biß in das funfzehen - hunderte Seculum nach Christi Geburth gewähret: Ist es doch / als ein dem natürlichen und Völcker-Recht:
L 3. ff. de Just. & Jur.
Rudolph. Gotofr. Knichen L. 2. op. polit. part. I. cap. 13. pag. 687. Ja der H. Schrifft
Deut. 32. v. 35.
Rom. 12. v. 19.
Matth. 5. v. 44. & Lucae. 6. v. 27.
|| [116]
Wie auch der Göttlichen Ordnung und Weltlichen Obrigkeit Authorität zu
wieder-lauffendes Unwesen
Paul. ad Rom. c. 13. v. 4.
L. ult. C. de vi privata.
L. 14. c. de Jud. Caelicol.
Viet. de duellis c. 32.
Struv. de vind. priv. c. 2. aph. 2. Welches der Teufel erfunden und eingeführet / der Menschen Seelen desto eher und mehr zu fangen / und in sein Netz zu ziehen / Quod benè agnovit Jus Canonicum In c. monomachiam 22. caus. 2. Quest. 5. Et Sacer ordo in Comitiis Galliae A. 1615. congregatis Regem inter alia ita allocutus: Regnum hoc jam est istarum abominationu̅ templum: Ara est area seu arena illa, in qua fit conflictus: Idolum est honos: Sacrificium pugna: Popae sunt Gladiatores illi, qui se mutuo conficiunt: Hostia est ipsorum vita & anima, quam Princeps inferorum hujus certaminis agonotheta ad se rapiat: quid? quod hae pugnae Regno detrimentosae, à natura & omni humanitate alienae, & Deo summè invisae, conscientiam tuam non parum onerant & gravant &c. Ut videri potest In contin. Thuani lib. 8. p. 480. Elegantur quoque invehitur in illud crudele & absonum vindictae & gloriae genus Silhon. in Ministro Status p. 2. disc. 1. pag. 26. add. Cothmann. Vol. 5. Resp. 2. n. 66. & seqq. Von den grossen Potentaten nunmehro gäntzlich aufgehoben Dither. in cont in. Besold. v. duellum. p. 160. Und zugleich alle andere Duella bey Straffe des Schwerds / Stricks / Verlust aller Dignität und Ehrenstandes: Ja Confiscation und Entziehung der Lehn- und andern Güther / verbothen worden / welches schon vorlängst Käyser Carolus V. in Meilandischen Stat gethan / teste Guil. Boekel. disq. publ. 6. pag. 139. Item in Hispanien Bodin. Bellug a Bonavent. Gauer de duell. concl. 30.
|| [117]
Dergleichen ist auch in Franckreich / durch ein Königlich Edict, dessen Guid.
Pap. decis. 617. gedencket / geschehen / welches nach dem unglücklichen Turnier
Königs Henrici II. erneuert worden.
Jac. Thuan. lib. 22. tom. 2. pag. 463.
Ludovicus XI. und Henricus IV. Könige in Franckreich haben ebenmäßig solche
Verbothe ausgehen lassen / sonderlich der letztere Anno 1602.
Vid. Thuan. lib. Hist. 129. sub An. 1602.
et Reinking. Bibl. Policey / lib. 2. axiom. 199. pag. 168. allwo dessen Edicts Abschrifft zu befinden. Wie auch der ietzt regierende König Ludovicus XIV. Joh. Gothofred. Schönwetter, in Historia de Cardin. Richelieu pag. 232. & seqq. Allwo er viele Exempel vornehmer Herren in Franckreich anführet / die also abgestrafft worden / und setzet endlich hinzu / daß der König keinen Menschen hierunter verschone. Weil / dem Bericht nach / Er bey seiner Krönung einen Eyd soll geschworen haben / denen Duellisten / Meuchelmördern und Strassen-Räubern keinen Perdon zu geben. Corp. Jur. milit. cum annot. Petr. Pappi von Tratzberg / pag. 398. & 399. Drüm wenn sich ein Paar in einen förmlichen Duell in Franckreich schlagen / und dessen überführet werden / ist es ohne Gnade der Tod / und confisciret man noch darzu ihre Güther. Sind es von Adel / verliehren auch ihre Kinder dadurch den Adel-Stand. Die dißfalls von den Römischen Käysern gemachte Verordnungen / sonderlich die Alten / hat Goldastus colligiret / bey dem man sie lesen kan. Käyser Matthias hat Zeit seiner Regierung ein solch Edict Anno 1617. auf dem Königlichen Schloß zu Prage publiciren lassen / welches Copei gleichfals in ermeldten Biblischen Policey pag. 665. anzutreffen. Käyser Ferdinandus III. ebenmäßig Anno 1651. welches der ietzige glor-würdigste Käyser Leopoldus I. Anno 1667. renoviret. Hieher gehöret auch die Käyserliche Resolution über des Reichs Gutachten wegen der Duellen Anno 1668. Item: Chur-Fürstl. Sächß. Mandat wegen des Unchristlichen Ausforderns / Balgens und dessen Bestrafung den 30. Jun. Anno 1650. Vid. Corp. Jur. Sax. pag. 254.
|| [118]
Ferner
Edict. Elect. 19. Julii 1665. 20. Sept. 1665. & 5. Octob. 1670.
Chur-Fürstl. Brandeburgisches Edictum wieder die Duella vom 17. Septembr. 1652.
und 6. Augusti, 1688.
Fürstl. Sächß. Gothaische Landes-Ordnung part. 2. c. 4. tit. 8. p. 237.
Hertzog Augusti zu Braunschweig und Lüneburg Edict wegen des Ausforderns /
Rauffens / Balgens und Kugel-Wechselns sub dato den 29. Decembr. 1646.
add.
Mansfeld in Magistro militari c. 18. pag. 304. Ubi aliquot Constitutiones
pontificum & Belgarum principum contra monomachiam refert.
Rachel. de duellis in fine.
Derschow. & Voet. de iisdem. Scheitmeier. in Spec. Polit. quaest. 28.
Rud. Gotof. Knichen, op. polit. lib. 2. p. 1. c. 13. pag. 688. & seqq.
Reinking. Bibl. Policey lib. 2. ax. 199. per tot.
Georg. Ludw. Lindenspür / ad Ord. polit. Würteb. pag. 318. & seqq. usque 326. Wie die Turnire abgeschaffet worden / kan man lefen bey dem Petr. Gregor. Tholosan. Synt. Jur. univ. lib. 48. c. 16. n. 24. CCCVII. [XXXVI.] Der Ketzermeister INQUISITION und Gericht. Anno 1231. gieng eine seltzame Inquisition in Teutschland vor / denn Conradus Dorso, ein Prediger Münch von Marpurg / führete einen lahmen Schüler mit sich / Johannes genant / und gaben beyde vor / sie kenneten die Ketzer und Zauberer gantz wohl. Erlangten derowegen vom Ertz - Bischoff Gewalt wieder dieselbe zu procediren. Sie fiengen an / und verbrandten etliche / die dessen mit Recht überzeuget waren / machten ihnen dadurch ein Ansehen / und weil sie der Obrigkeit der Verbrandten Güther zuerkenneten / bekahmen sie Hülffe und Handbiethung. Da sie diesen Favor erlanget hatten / griffen sie üm sich / und verbrandten Unschuldige mit den Schuldigen / sonderlich reiche Leuthe üm des Guths willen / hengeten auch an sich Bruder Conraden, der S. Elisabethen Beicht - Vater gewesen war / und andere mehr / damit sie desto mehr Authorität hätten. Wenn die gute Leuthe leugneten / sie wären keine Zauberer oder Ketzer / so musten sie ihre Unschuld durch Tragung das glüenden Eisens beweisen / das doch gar ein ungewiß Ding war. Die gebrant wurden / verurtheilten diese Lecker alsobald zum Tode. Da sie nun also unsinniger weise grassirten / kahmen sie auch zuletzt an Graf Heinrichen zu Sayn / und ängstigten Ihn / daß er an den Pabst appelliren [119] muste. Da der Pabst der vier Münche Procedur verstanden / lachte er und sprach: Die Teutschen sind Narren: Drum müssen sie auch Narren zu Richtern haben. Aber bald hernach [wiewohl manchen ehrlichen Mann viel zu späth] bekahmen diese vier Ertz-Bösewichter ihren Lohn: Dann Bruder Conrad der Beichwater / und seiner Gesellen einer wurden von etlichen Reuthern auf den Weg nacher Marpurg erschlagen / Bruder Dorso ward bey Straßburg erstochen / und Johannes der lahme Schüler bey Friedberg an den Galgen gehenckt. Ein solch Ende nahm die Ketzer-Meisterey. Gottefrid. in der Hist. Chron. part. 6. pag. 585. CCCIIX. [XXXVII.] Krieges-Gericht oder Krieges-Recht / wie dasselbe heut zu Tage angestellet / besetzet und gehalten / auch was für Sachen davor erörtert werden / lehren ausführlich Petr. Pappus von Tratzberg / in Corp. Jur. milit. pag. 1. biß 7. Item 35. biß 41. 94. 108. 109. 195. biß 205. Und Eberh. Hoyer. in Corp. Jur. milit. pag. 291. biß 300. 302. 351. 352. 442. biß 447. De Concilio militari vide quoque Georg. Engelhard Löhneisens Hoff-Stats- und Regier-Kunst / fol. 675 & seqq. usque 742. Leonhard Fronsperger hat auch Anno 1571. in folio einen Tractat von Käyserlichen Kriegs-Rechten / Malefiz und Schuld-Händeln zu Franck furth am Mäyn ausgehen lassen / darinn zu sehen / wie vor Alters darin̅e procediret worden / vid. in specie lib. 1. per tot. CCCIX. [XXXVIII.] Land-Gericht / das Land-Gericht des Burg-Grafthums Nürnberg / damit das Chur- und Fürstl. Hauß Brandenburg belehnet / hat vor diesen seinen Gerichts-Stab durch gantz Teutschland / ja wohl fast ausserhalb gewendet / und ist vordessen in der Stadt Nürnberg gehalten worden / ietzo aber wird es zu Onoltzbach exerciret. Dieses Gericht wird von des Hauses Brandenburg bestellten Räthen und Assessoren alle Virtel-Jahr geheget / dene̅ / Teutschen Ordens halber / gemeiniglich der Land-Comtor von Elbingen / und zwey des Raths zu Nürnberg / als Mit-Besitzere [weil beyder Stände Unterthanen mit darein gezogen werden] zugesellet / und die Appellationes von dar an das Käyserliche Cammer-Gericht gebracht werden. Von solchem und dem vordessen üblich gewesenen Kampf-Gericht / item dem Schrancken-Lauffen / so denen / welche sich in Peinlichen / sonderlich ohngefähren Tod-Schlages-Fällen / zu exculpiren [120] gedacht / verkappet zu thun vergünstiget gewesen / ist beym Limaeo in seinem Jure publico, sub tit. Fam. Brandeburg ein mehrers zu sehen. CCCX. Ein dergleichen Käyserlich Land-Gericht wird auch zu Bamberg / Würtzburg und an andern Ohrten mehr gebrauchet / welche sich ihrer Jurisdiction Verstärckung halber / zwar etwas / doch bey weiten so ferne nicht / als obige / erstrecken / dennoch aber künfftig deren abolition wegen / respectu derer denen Stifftern ohne Mittel nicht angehörigen Unterthanen / des H. Reichs Ausspruch erwarten müssen. Und wird von denen nicht ad Cameram, sondern Episcopos appelliret. CCCXI. Wie nun diese und dergleichen Gerichte ihren Ursprung und Gewalt von der Zeit hero haben / da die Stände vor sich noch keine eigene weltliche Gerichte / die sie vor sich geheget / geführet; sondern alles / was fast auf allerley weise und Wege / der Justiz halber / vorgelauffen / durch iemanden an statt und in Nahmen eines iederzeit regierenden Römischen Käysers administriret worden: Also und nachdem die Römischen Käyser / und deren verschiedener Orthen gesetzte Graffen oder Richter / ieder in seiner Qualität des übermäßigen an- und deren sich nach Ertheilung Rechtens sehnenden Parteyen nach-laufens müde worden / haben hiernechst die Römische Käyser / obangezogener massen / nicht allein den Fürsten / Graffen und Herren neben den Fürstenthümern / Graff- und Herrschafften / sondern auch nach und nach denen unmittelbaren Reichs-Städten die Jurisdiction, welche sie in denenselben noch in kurtz - verrückten Seculo durch ihre Reichs - Voigte und Schultheissen exerciret / über ihre Land-Stände / Unterthanen und respectivè Mit-Bürger verliehen und überlassen; doch mit Vorbehalt der Provocation und Appellation. Darmit nicht die Unter-Gerichte [welche man resp. der Höchsten im Reich also nennen mag] alles ohne Beyforge / daß sie einem höhern Haupt über ihre Actiones Rechenschafft zu geben hätten / ihres Beliebens / bey den Ihrigen / als des Reichs / wiewohl mittelbar zugethanen Gliedern disponiren möchten. Zu welchem Ende dann nicht allein in der Käyserl. Cammer-Gerichts-Ordnung / sondern auch fast allen und ieden Reichs-Abschieden / da von Anricht- oder Verbesserung der Justiz gehandelt wird / versehen / daß an der Stände Gerichten / ordent- und förmlich / vermöge gemeiner Rechte / und des H. Reichs löblichen Constitution und Satzung / verfahren / und zumahlen / ratione Processus, sich mit dem Cammer-Gericht / so viel möglich / einer Gleichheit beflissen werden solle. Autor. Jur. Publ. Rom. German. c. 5. pag. 249. 250. & 251.
|| [121]
CCCXII. In den Hertzogthum Braunschweig und Lüneburg ist auch ein sonderlich
Land-Gericht üblich / bey welchen es also herzugehen pfleget. Es werden alle
Unterthanen des Amts auf ernandte Zeit des Land-Gerichts zusammen gefordert /
woselbst niemand ohne Straff / oder genungsam erhebliche Ursache ausbleiben darf
/ müssen ihr bestes Gewehr bey sich haben / auch ieder seine Leuchte mit bringen
/ damit man sehe / ob zu Verhütung Feuers-Gefahr / ein ieder Hauß-Vater damit
versehen sey. Auf offenen Platz / oder so es Ungewitters halber unthunlich / in
einem eröffneten grossen Gemache werden zwey Tische gesetzt / bey dem einen
setzen sich diejenige / so zu dem Land-Gerichte von hoher Obrigkeit deputiret
worden / nebst denen Beampten / und einen unter den Land-Leuthen also genandten
Richter / bey den andern Tisch setzen sich die Schöpffen / Achts-Leuthe oder
Urtheils-Finder / derer gemeiniglich zwölf / und aus den Eltesten und
Achtbaresten der Unterthanen desselben Ampts genommen / auch bey Annehmung zu
diesen Schöppen-Stuhl beeidiget seyn. Dabeneben stehen vor den Tische zwey
Bauer-Leuthe / also genandte Urtheil-Trägere / und dann zum wenigsten ein oder
mehr Procuratores. Wann nun im Nahmen der hohen Obrigkeit das Land-Gericht
anzufangen von den Deputirten befohlen wird / dann stehet der also genandte
Richter auf / wenn sich alle Anwesende in einen Kreyß um die Tische gestellet
haben / damit alles was vorgehet von ieden kan gesagt und angehöret werden / und
spricht mit lauter Stimme zu dem / von den Amte hierzu bestellten Procuratore
also:
Herr Gerichts-Procurator ich frage euch üm ein Urtheil zu Recht / ob es wohl so
ferne Tages ist / daß ich im Nahmen GOTTes und von wegen des Durchlauchtigsten
Fürsten und Herrn sc. Unsers aller seits gnädigsten Landes-Fürsten und Herrn sc.
Dann wegen Seiner Hoch-Fürstlichen Durchläuchtigsten abgeordneten Herren
Deputirten / und auch Dero Beampten dieses Fürstl. Ampts / anietzo ein
öffentliches Land-Gericht anheben / halten / und högen möge / GOtt zu Ehren / zu
Erhaltung der lieben Gerechtigkeit / und den Unterthanen mit selbst zum besten?
Darauf der Procurator antwortet.
Dieweil der Richter die Genade von GOtt den Allmächtigen hat / und die Macht und
Gewalt von den Durchleuchtigsten Fürsten und Herren / Unsern allerseits
gnädigsten Landes-Fürsten und Herren / dann seiner Hoch-Fürstlichen Durchl
abgeordneten Herren Deputirten / und Dero Beambten dieses Fürstlichen
Ampts-Hausses; So ist es wohl so ferne Tages und der Zeit / daß ihr könnet ein
öffentliches Land-Gerichte anheben / högen [122] und halten /
GOtt zu Ehren / zum Schutz der Frommen / und zu bestraffen die Bösen.
Der Richter saget weiter.
Herr Procurator ich frage auch ferner um ein Urtheil / wann mir dieser Vormittag
zu Endung dieses Gerichts solte zu kurtz fallen / ob ich auch möge den
Nachmittag dazu anwenden?
Der Procurator.
Wird den Richter der Vormittag zu kurtz / kan er den Nachmittag mit anwenden / er
kan richten von der Sonnen Aufgang / biß zu der Sonnen Niedergang.
Der Richter.
So frage ich euch in demselbigen Urtheil / was ich hiebey heissen und verbieten
soll?
Procurator.
Der Richter soll zum ersten / andern und dritten mahl gebiethen Recht / auch zum
ersten / andern und dritten mahl verbiethen das Unrecht / auch hastigen Muth und
Scheltworte / und daß niemand vor dieses Fürstliche Land-Gerichte mit tödlichen
Gewehr treten / noch davor durch seine eigene Wort rede / werbe oder gewinne /
es werde ihn dann von den anwesenden Herren erlaubet / besondern seine führende
An- und Gegen-Klage durch verordnete Procuratores lasse vertragen / und darauf
Bescheits abwarte.
Der Richter.
So befehle ich hierauf also zuthun / und hege das Gericht im Nahmen Gottes / und
wegen hoch-gedachter seiner Hoch-Fürstl. Durchl und dero Abgeordneten und
Beambten allhier / Recht gebiethe ich / Unrecht verbiethe ich / zum ersten /
andern und dritten mahl / und das niemand mit tödlichen Gewehr vor dieses
Fürstl. Land-Gerichte trete / noch keine Ehren-rührige Worte / Frevel oder
wiedrige Reden führe / oder sein eigen Wort vorbringe / sondern alles mit guter
Bescheidenheit durch einen Vorspruch thuen lasse / oder in Schrifften kürtzlich
thue / und darauf Bescheides abwarte / wornach sich ein ieder zu achten / und
will hiemit dieses Gericht in seine Krafft und Würckung gesetzt haben. Hierauf
setzet sich der Richter nieder / und pflegt der Deputirte im Nahmen der hohen
Obrigkeit den Schöpffen oder Achts-Leuthen zubefehlen / daß sie auf die
öffentlich zuverlesende Wrogen / nach Inhalt der Land-Ordnung / des Landes
Constitution und Land-Tages-Abschiede / wie auch / des Orths Herkommen und
Gewohnheit gemäß / das Urtheil sprechen sollen. Wann nun hierauf die bey dem
Ampte das gantze Jahr durch ein [123] gebrachte und
Verzeichnete Klagten und Wrogungen ordentlich nach einander verlesen werden / so
müssen die Urtheil-Träger auf eine iede Wroge oder Klage / wie sie verlesen wird
/ so fortzu der Schöpffen Tisch treten / und wann die Schöpffen oder die
Achts-Leute sich der Erkäntnis verglichen / und den Urtheils-Trägern eröffnet /
treten dieselbe zu den Tische der Deputirten / pflegen den dabey sitzenden
Richter zu fragen: Herr Richter wollet ihr das Urtheil hören? der so fort
antwortet: gar wohl; Darauf denn die Urtheil-Träger aussagen: die ehrlichen
Schöpffen erkennen so und so / oder diß oder das / welches dann so fort / als
eine öffentliche zuerkandte Straffe / ad Protocollum verzeichnet wird. Ist aber
die Klage etwas schwehr / grob oder sonst bedencklich / alsdenn erkennen die
Schöpffen den Reum in Herren Gnade. Da dann den Deputirten über solchen Casum
nach Befindung zu cognosciren frey stehet / und solches auf den Nachmittag / mit
Zuziehung der Beambten / berichten: Wie dann auch ohne das denenselben frey und
bevorstehet / alles / was die Schöppen zuerkand / nochmahls zu erwegen / und
nach gründlicher Bewandniß also solche Bekäntniß praeviâ aliquali cognitione zu
moderiren / oder auch wohl zu schärffen und zu vermehren. Es wird auch von
solchen Erkäntnissen un̅ Decisis auf den Land-Gerichten
Appellation an das Hof-Gericht nicht verstattet / es könte dann eine sonderliche
nullität oder iniquität erweißlich gemacht werden. Wann das Gerichte soll
aufgehoben werden / nemlich / wann die Wrogen ingesamt abgelesen seyn / sagt der
Richter ferner: Demnach nun ein iedweder vernommen / wessen er beschuldiget und
verurtheilet / als wird denselben Ampts halber angedeutet / wer sich gedencket
auszuklagen / daß derselbe sich gebührlich durch verordnete Ansprachen anfinde /
sollen alsdann damit gehöret / und ihm zu Recht verholffen werden / und wird
hiemit das Fürstl. Land-Gerichte wieder aufgegeben / und biß zu der Zeit / wann
es seine Hoch-Fürstliche Durchl. und das Ampt wieder erfordern / und Land und
Leuthe vonnöthen haben werden / verschoben. Wann nun die gesamten Wrogen den
Vormittag können verlesen / und die Erkäntniß auf eine Wroge / so bald sie
öffentlich verlesen / und von den Urtheils-Trägern hinterbracht worden / geendet
werden / so werden die gesamten Unterthanen / so zuförderst gezehlet werden / ob
sie auch sich alle haben bey den Land-Gericht eingefunden / auch wann ihnen
vorher die Land-Ordnung von Puncten zu Puncten durch iemanden / den es befohlen
wird / ist deutlich vorgelesen / wiederüm dimittirt / und nach Hausse zugehen
ihnen zugelassen: Jedoch müssen diejenige verbleiben / oder so fern sie nicht
gegenwärtig / alsbald zum Gericht erfordert werden / welche von den Schöpffen [124] erkandt sind in Herren Gnade: Gleichfals ist allen
denen zuverbleiben erlaubet / welche sich gedencken auszuklagen / und ihre
Unschuld / der Zuerkäntniß halber / beyzubringen vermeinen. Wie dann solches
sofürder den Nachmittag / oder / so fern wegen Menge der Wrogen und Bewantniß
der Casuum es nicht möglich / folgendes Tages verrichtet wird. Ob nun wohl sehr
nützlich und nöthig / daß diese Land-Gerichte also öffentlich und alljährlich
gehöget und gehalten werden / zumahl die Unterthanen sich dafür nicht wenig
zufürchten pflegen / indem alles / was vorgangen an Schlägereyen / Zänckereyen /
Frevel / Scheltworten / Fluchen / Huren / Buben / Unfläthereyen und sonst von
ungebührlichen / ärgerlichen Händeln / öffentlich mit den Nahmen der Täyter
verlesen / die eingewrogte also ausdrücklich genandt / so fort darauf die
öffentlich erkandte und dictirte Straffe bald exequiret / und die Geld-Busse
ohne sonderliche Verzögerung eingefordert wird / nicht weniger auch die
Unterthanen also mit ihren Gewehr und Leuchten erscheinen müssen / auch der
Landes-Ordnung / und anderer ihrer Schuldigkeit als öffentlich und jährlich
erinnert werden / so lauffet doch darbey gemeiniglich eins und anders vor /
darüber bessere Anstalt und Verordnung dienlich wäre. Dann der nunmehr
unnöthigen und unschicklichen Formalien und Solennitäten bey anstellender Hegung
des Land-Gerichtes nicht zugedencken / so ist es nicht wohl müglich / was in
einen Jahr an der Unterthanen Excessen und Wrog-würdigen Sachen vorgangen / in
so kurtzer Zeit nach Geheiß der Rechten recht zu erörtern und abzustraffen / die
niedergesetzte Schöpffen und Bauers-Leuthe erken̅en auch nach
geschwinden Gutdüncken / alle Umstände und Verursachungen können unmüglich recht
erörtert werden. Die Leuthe / die sich wollen ausklagen [wie sie es nennen]
müssen vorher den Richter und den Anwalde Geld geben / ehe sie dürffen ihre
Nothdurfft vortragen / und also mit Gelde erkauffen / daß sie dürffen
innocentiam suam allegare, und solches Geld laufft oft so hoch / als die Straffe
selbst / deshalber offtmahls ein Unschuldiger lieber stille schweiget.
Wiederspricht der Gegentheil / und die Sache wird zweiffelhafft / kan keine
sonderliche Erörterungs-Frist vorhanden seyn / und zu Abhelffung der Sache
müssen [an etzlichen Oertern mit höchsten Mißbrauche] Kläger und Beklagter sich
in die Straffe theilen / und werden also über einen Leist gezogen / Excesse und
Thätlichkeiten / so billig hoch der Umstände halber / zu bestraffen / können in
Mangelung der Zeugen nicht recht untersuchet werden / weil dieselbe vor einen
viertheil / oder halben / oder gantzen Jahr geschehen: Die meisten schädlichen
Feld-Wrogen werden durch Untreu und Unfleiß der Pfänder verschwiegen / und
derglei [125] chen Mängel vielmehr / wodurch
so wohl die Fürstl. Cammer an gebührlicher Hebung / als der Unschuldige
offtmahls an seiner Defension, und der Schuldige an rechter Straffe / so zureden
/ auch verkürtzet wird.
CCCXIII. De Concilio Provinciali oder vom Land-Rath kan man ausführliche
Nachricht finden bey dem Georg. Engelhard Löhneiß / in der Hoff-Stats- und
Regierungs-Kunst / von fol. 271. biß 332.
add.
Des Herrn von Seckendorf Fürsten-Staat part. 2. c. 9. n. 5. pag. 226. &
seqq.
CCCIV. [XXXIX.] Lehn-Gericht / in diesen werden die Streitigkeiten zwischen den
Lehn-Herren und Vasallen von den Paribus curiae erörtert und entschieden.
Schrader. Consil. 1. n. 685. vol. 1. Christian. Gastel. de statu publ. Europ. c.
32. pag. 1190.
Von welchen man mehren Unterricht bey dem
Besoldo in Thes. pract. v. Lehn-Gericht p. 571. & Mann- oder Lehn-Gericht
Männer p. 617. & seqq.
Rittershusio lib. 2. partit. Jur. Feud.
Finckelthus. Illustr. controv. Feud. 23. in fin.
Arnold. Reyger in thes. jur. lit. P. verb. Pares Curiae Insonderheit aber bey dem Schottelio de Sing. & antiq. in Germ. jurib. c. 4. von pag. 115. biß 146. Item Georg. Engelhard Löhneiß / fol. 747. l. c. & 743. findet / andere vor ietzt zugeschweigen. CCCXV. [XL.] Mann-Gericht / Delicta Nobilium, Eqitum, Ministerialium olim alio modo apud Germanos puniebantur, quam plebejorum: Institutum ergo fuit solenne judicium, in quo Nobiles seu Milites Ministeriales accusabantur & condemnabantur; Dominus Territorii hoc judicium formabat, Praeside & Assessoribus constitutis. Judicii praeses vocabatur JUDEX CASTRENSIS, der Mann-Richter. Assignabantur eicerti Assessores, qui itidem erant Manni: i e. Nobiles, Milites, Ministeriales, Equestris Ordinis viri, & hoe ita constitutum judicium vocabatur Mann-Recht. CCCXVI. In Gallia non subeunt etiam Nobiles indistinctè illas poenas, quas plebeji. Et habet hoc locum non solùm respectu condemnationis, sed etiam respectu generis poenae. Sunt enim poenae, quibus Nobiles [126] nunquam subjiciuntur, ut est fustigatio & suspendium. Excipiuntur tamen delicta Nobilitati repugnantia. Vid. Tiraq. de Nobil. c. 20. Limn. not. regni Franc. l. 4. c 3. CCCXVII. MANNUS die Manne / propriè olim vocabantur ob virilitatem & animositatem NOBILES. Sic in Constitutionibus & publicis negotiis vocantur Electores, Principes, Comites die Reichs-Manne. Pares Curiae dicebantur etiam die Manne. Sic provinciae in Germania adhuc constant Praelatis, Nobilibus, Civitatibus; sie bestehen in den Prälaten / Mannen oder Ritterschafft / und Städten. Et honestissima erant, solisque Ministerialibus Nobilibus & viris Equestribus competebant illa vetustissima vocabula Germanica Haupt-Man̅ / Feld-Haupt-Man̅ / Krieges-Man̅ Ritters-Mann / Lehn-Mann / Hof-Mann / sc. Quae saepè jam, contemtu avitae virtutis, fastidimus, dum peregrina vocabula unà cum peregrinis vitiis allubescunt. CCCXVIII. Fuit ergo JUDICIUM MANNI seu MALLI JUDICIUM Criminale medii generis hominum, nimirum NOBILIUM, das Mann-Recht. Vid. Steph. de jurisd. lib. 2. part. 1. c. 7. menb. 6. CCCXIX. Citati ad MANNUM vel MALLUM Milites, Nobiles & Equestres praesentiam suam exhibere tenebantur sub certa poena. MALLARE significabat ad judicium vocare, & MANNIRE fuit citare. Sic Iegitur in libro Legis Salicae, tit. 1. § 3. ille, qui alium MANNUIT, cum testibus ad domum illius ambulare debet, & sic eum MANNIRE debet, ut ei faciat notum, quomodo ab illo MANNITUS sit: nam si in dominica Ambascia fuerit occupatus, MANNIRI non potest. In libro Legis Ripuariae tit. 4. §. 1. si, qui legibus ad MALLUM MANITUS fuerit, non venerit, si eum SUMIS [est Germanicum Säumniß / impedimentum legitimum] non detinuerit, XII. Solid. culpabilis esto. In libro legis Franciae, lib. 4. c. 14 si post unam & alteram Comitis admonitionem quis ad MALLUM venire noluerit, rebus ejus in bannum missis, venire & justitiam facere compellatur.
De voce SUMNIS vid. Martin. Lexic. in voce ipsâ Sumnis.
Item Lindenbr. in gloss. & hinc inde in ipsis LL. alleg. Namsaepius hujus vocis fit in antiq. LL. mentio. CCCXX. MALLUS in legibus antiquis est judicii locus: Vox per se Germanica Mahl significat signum, item metam, terminum: MALLIRE est in jus vocare ad judicem q. d. ad Signum illud, quod denotat locum judicii, Mahl-Stat / judicii exequendi locum. Hincmar. Epist. 4.
|| [127]
Zeiler. Epist. 349. pag. 398.
CCCXXI. Ejusmodi publica Malli Judicia olim sub Dio celebrabantur, unter dem
blauen Himmel / auf offenen freyen Felde / auf einem grünen Platze / ad
removendam omnem timoris, metusve suspicionem, & ut judex oculis in
coelum erectis Dei praesentiae admoneretur, & ad judicandum induceretur.
Gryphiand. de Weichbild. Sax. cap. 66. n. 2.
CCCXXII. Certitudo loci requirebatur ad quem comparendum erat: Ergo signum
aliquod adesse oportebat, ein Mahl / unde MALLUS denominatus. Signum hoc erat in
campo, & loco patente LAPIS, ARBOR, PERTICA, CRUX LIGNEA CUM GLADIO,
aliisque signis appensis. Satis ergò constat, quid MALLUS, & unde, quid
MALLARE, IRE ad MALLUM, MALLATUS sit.
Schottel. de Singul. & Antiq. in Germ. Jurib. c. 4. pag. 109. &
seqq. usque 115.
CCCXXIII. [XLI.] Marck-Gericht /
Wehner. observ. pract. v. Gericht / pag. 160.
CCCXXIX, [XLII.] Meyen-Gericht / dieses beschreibet Wehner. pract. observ. voc.
Schaurn / Beschaurn / pag. 434. also. In Franconia prope Kittingam sunt sex
pagi, vulgò die sechs Meyen-Dörffer / praefecturae Greglingensis, olim Dominatûs
Braunecks / hodie Marchionat. Brandeburg seu Burggraviatûs Norimberg. Als:
Sickershausen / Stefft / Obernbreit / Gnotstat / Mertesheim und Ober-Ickelsheim.
In his pagis decimae debentur dem Dom-Probsten zu Würtzburg & è contra
giebt der Dom-Probst dem Marg-Graffen jährlich zwölf Malter Schirm-Hafer / und
dreyßig Pfund Untz-Pfennige zu Schirm-Geld / die Unterthanen dafür zu beschauren
/ hoc est zu beschützen und beschirmen. So offt auch die Hoch-Gericht in
berührten sechs Flecken vom Ambtmann zu Weglingen besuchet und gehalten werden /
quod quolibet anno ter fieri solet, als im Herbst / Februario und Meyen / so mag
der Ambtmann mit so viel Personen und Pferden / als ihm beliebt / und deren Zahl
man nicht wissen mag / darzu auch mit schönen Frauen und Spiel-Leuthen sc. des
Abends ankommen / und des folgenden Tages / nach gehaltenen Hoff-Gericht / um
die Zeit und Stunde da er vorigen Tages angelanget / und also nach vier und
zwantzig Stunden wieder abziehen. Was damahls verzehret / muß der Dom-Probst zu
Würtzburg ausrichten.
|| [128]
add.
Limn. in Jur. Publ. lib. 3. c. 7. addit. tom. 1. pag. 818.
Mager. de Advoc. Armat. c. 10. n. 277.
Zeiler. Epist. 349. pag. 398. CCCXXV. [XLIII.] Mittel-Gericht / ist eben so viel als Erb-Gericht / Nieder-Gericht / Unter-Gericht. Schottel. saepè dict. tract. cap. 7. pag. 215. CCCXXVI. [XLIV.] Nach-Gericht / wann an etlichen Orthen das Stand-Gerichte gehalten / alsdenn wird über 14. Tage ein Nach-Gericht gehalten / darinnen ein ieder / was er annoch will vorbringen / erinnern kan. Schottel. de ling. German. pag. 640. CCCXXVII. [XLV.] Nieder-Gerichte / Jurisdictio Bassa, vide suprà Erb-Gerichte. add. Dither. in contin. Besold. pag. 442. & 909. CCCXXIIX. [XLVI.] Noth-Hals-Gericht / vide infrà Hoch-Nothpeinlich Hals-Gericht. & Schottel. d. tr. cap. 14. per tot. CCCXXIX [XLVII.] Ober-Gerichte / so auch peinliche Gerichte / Item Hals-Gerichte / Blut-Bann genennet werden / begreiffen alle die Brüche / welche Leib- und Lebens-Straffe / Hals / Hand / Staupenschlag und andere Leibes-Straffe / oder auch Landes-Verweisung / Verbiethung der Gerichte / Städte oder Dörffer / wie auch peinliche und scharfe Fragen nach sich ziehen. Author. Prax. Crim. Alteb. p. 12. & 13. CCCXXX. Was aber vor Verbrechen eigendlich zu den Ober-Gerichten gehören / ist aus iedwedes Landes und Gerichts hergebrachter Gewohnheit zu erlernen.
Theodor. in Colleg. crim. pag. 2361. n. 9.
Carpz. part. 3. prax. Crim. quaest. 109. n. 38. Vid. Churf. Sächß. Landes-Ordnung de Anno 1555. sub tit. was zum Ober-Gericht gehörig / sc. Item Fürstl. Sächß. Goth. Landes-Ordn. part. 2. tit. 9. pag. 108. Volkmann. Criminal. Cons. 1. n. 1.
|| [129]
CCCXXXI. [XLVIII.] Peinlich Gerichte / ist mit ietzt-gedachten eins. Peinlich
dicitur vel à Pein / h. e. à cruciatu corporis, vel à Poena, ut sit quasi
Poenalis, oder Poenal-Straffe.
Matth. Stephani, in praefat. ad Const. Crim. Caroli V.
& Christoph. Besold. Thesaur. pract. pag. 1055. CCCXXXII. [XLVIII.] Von dem Concilio Criminali oder Peinlichen Rath / und was darzu gehöre / kan gelesen werden Georg. Engelhard Löhneiß / in der Hoff-Stats- und Regierungs-Kunst von fol. 466. biß 510. CCCXXXIII. Rüge-Gericht / [XLIX.] Das Wort Rügen wird auf zeweyrley Arth gebrauchet / als einmahl vor denunciiren / anzeigen / hinterbringen und anklagen / zum andern vor Straffen. Wehner. in observ. Pract. pag. 424. CCCXXXIV. Und sind die Rüge-Gericht zu dem Ende eingeführet und angestellet / daß GOTTES Ehre befördert / gute Policey angerichtet / brüderliche Liebe gepflantzet / Christlicher und ehrlicher Wandel erhalten / und alle sündliche und ärgerliche Sachen und Untreu abgeschaffet werden möge.
Georg. Obrecht / in Politischen Bedencken / fol. 91.
Dither. in addit. ad. Besold. Thes. pr. voc. Rüge pag. 848. CCCXXXV. Weshalber auch gewisse Rüge-Gerichts-Ordnungen in öffentlichen Druck ausgangen / als: Die Fürstliche Sächsische Gothaische / Anno 1646. publiciret / so in der Landes-Ordnung von fol. 243. biß 283. und drin der Rüge-Richter / wie auch der Rügen Eyd / imgleichen das Verzeichniß der Laster und Verbrechen / drauf in den Rüge-Gerichten Nachfrage auzustellen / befindlich. Item in der Fürstlichen Würtenbergischen Land-Ordnung / sub rubr. Politische Censur und Rüg-Ordnung. Wie auch die Meckelnburgische Lands-Ordnung / tit 14. vom Rüge-Gericht. Ubi dicitur, damit die Mißhandlunge gebührlichen gestrafft / sollen NB. die Rüge-Gerichte in unsern Landen mit Fleiß erhalten / auch / wo bißher keine gehalten / aufgerichtet werden / denn hierdurch viel Ubels gestrafft / und mancher dadurch böses zu thun abgehalten werde. CCCXXXVI. In Bäyern hat man vor diesen allenthalben jährlich im Lande Rüg-Gericht gehalten / und auf anderer Leuthe Mißhandlungen inquiriret. Weil aber daraus grosser Unrath und Feindschafft erfolget / sind solche durch Herzog Albrechten Anno 1365. gäntzlich aufgehoben.
|| [130]
Wigulejus Hundius in den Bäyerischen Stamm-Buch fol. 408.
Speidel. in Spec. Jur. v. Rüg / Rüg-Gericht p. 1086.
CCCXXXVII. Es waren auch bey den alten Teutschen die Rüg-Grafen gleichsam als
Advocati und Procuratores Imperatoris aut Regis, durch die / oder in welcher
Nahmen die Fiscalische Sachen und Bussen in den Jahrzeitlichen Gerichten
accusiret und fürgebracht wurden.
Speid. d. v. Rüge-Recht / item Rulands-Bild & Graf.
CCCXXXVIII. Das Rüg-Ambt oder Fünfer-Gericht zu Nürnberg ist mit fünf
Raths-Herren besetzet / vor welchen Verläumbdung / Scheltwort / Frevel /
Verwundung / Ungehorsam / Ubertretung der Gebot und Verbot / und dergleichen /
geklaget / und gestrafft werden / wie solches Anno 1470. von Keyser Friderichen
befreyet.
Vid. Oesterreichisch. Spiegel der Ehren pag. 754.
Schottel. v. tr. c. 9. p. 277.
CCCXXXIX. An etlichen Orthen / wo die Rüge-Gerichte nicht eingeführet sind /
haben die Schultheissen die Inspection, und müssen dasjenige / so strafbar /
denen Ambt-Leuthen so bald anzeigen / wie in der Grafschaft Schwarzburg üblich
ist.
Teste Dn. Cancellario Ahasver. Fritsch. in tr. de jure pagorum c. 23. §. 1. n. 3.
in sin.
CCCXL. Es wird auch eine Rüge genennet / wenn iemand einen Todschlag / Ehebruch /
Diebstahl / Strassen- oder Kirchen-Raub und dergleichen denen Ober-Gerichten
angezeiget / welches fleißig und mit allen Umständen zu den Acten zu registriren
/ üm drauf mit der Inquisition und Captur zu verfahren / wovon in der Altenb.
prax. Crim. pag. 41. & seqq. Meldung geschiehet / auch etliche Formulen
solcher eingebrachten Rügen / als in puncto Homicidii pag. 73. Adulterii pag.
74. & Infanticidiip. 75. zu finden.
CCCXLI. [L.] Saal-Gericht /
Vid. Wehner. pract. observ. v. Gericht / pag. 160.
SALA est Aula seu Basilica, hinc Saal-Bücher / item Urbar-Bücher / quod in illis
praedia, quae Aulae Regiae censum praestant, fint inscripta.
Aventin. annal. Bojor. lib. 4. in princ.
Frid. Martin. de Jure Censuum lib. 1. t. 1. n. 4.
Zeil. Epist. 352. in pr. CCCXLII. Leges Salicae, quae de jure succedendi in SALA, hoc est regno seu Basilica, disponunt, foeminasque excludunt.
|| [131]
Vid. Covarruv. pract. quaest. c. 1. n. 8.
Limn. in Jur. publ. lib. 2. c. 2. n. 27. & seqq. n. 34.
Speidel. in spec. notab. lit. 5. n. 1. CCCXLIII. Saal-Leicht oder Saalman-Leichten fortè fuere Pares Curiae. Saal-Brieffe. Vid. Besold. in Thes. pract. v. Saal-Recht / p. 857. CCCXIV. Ur-Sal idem est, quod Erstattung. Den̅ im alten Sächsisch. Recht heist Sal so viel als Erstatte. Dicitur itaque Ursal / quasi dicas Irsal oder Irsoll oder Er soll. Hinc legitur im Lehn-Recht art. 58. Flucht-Sal / das ist so viel / als Erstattung seiner Flucht. Wehner. pract. obs. p. 491. v. Ursal. CCCXLV. [LI.] Send-Gericht / oder der Send / das Send-Recht / fuit annale Judicium Ecclesiasticum, ubi in villis & pagis Archi-Diaconi per Officiales cognoscebant de illis criminibus, quae erant in anno illo denuntiata, & ad hanc Jurisdictionem Synodalem pertinebant. Consistebat illa cognitio in inquisitione, correctione, punitione. CCCXLVI. Das Send-Recht oder Send-Gericht ward alle Jahr auf dem Lande zum wenigsten einmahl gehalten / über die Send-Wrogen [Send-Rügen] worzu auch gewisse Send-Schöpffen [Scabini Synodales] gezogen wurden. CCCXLVII. In den alten Sächsischen Land-Rechte lib. 1. art. 2. wird hievon dieses gemeldet: Ein ieglicher Christen-Mann der ist pflichtig den Send zubesuchen / dreymahl im Jahr / so er zu seinen Jahren kommen / in den Bistum darinnen er gesessen ist. Freyheit aber ist hieran dreyerley / Schöppenbare Leuthe die sollen der Bischöffe Send besuchen / die Pfleghaffte der Thum-Pröbste / die Landsassen der Ertz-Priester. CCCXLVIII. Schöppenbar / i. e. dignus munere, honore seu officio Scabini. Bar est in lingva nostra terminatio derivandi pertinentiam, proprietatem aut qualitatem rei, cui apponitur significans, ut Ehr / Ehrbar / Frucht / Fruchtbar / Dienst / Dienstbar. Schottel. d. tr. c. 6. p. 193. 194. & 195. CCCXLIX. Feld-Schaden / Schelt-Worte / Schlägerey und andere Unthaten wurden ins Land-Gericht / alle Haupt-Rugen und Ungericht aber ins Hals-Gericht gewroget. Was aber auf Feyertagen begangen / und sonst wieder die zehen Gebot geschahe / ward in den Send gerüget: Solches muste der Syndicus Villae [Baurmeister] aufzeichnen / und die Send-Schöppen [Scabini Synodales] erkenneten / nebst dem Official, darüber. Die [132] Send-Schöppen selbst musten auch dasselbe Rügen / was unter ihnen offenbar war. Vid. Gloss. col. 2. ad art. 2. Land-R. lib. 2. CCCL. In diesen geistlichen Gericht rügete und verurtheilete man auch nach dem Todte [1.] Die in Unglauben dahin gestorben. [2.] Welcher sein Erbe Ketzern verlassen / und [3.] Der / so in offenbahren Sünden ohne Beicht und Christliche Reue verstorben war. CCCLI. Send kom̅et her von Synodo, welches im reden contrahiret worden / Synd, Send. Plura vide apud Schottel. d. tr. 6. per tot. CCCLII. [LII.] Stad-Gerichte / sind die / welche bey iedweder Stad hergebracht und üblich sind.
Wehner. obs. pract. v. Gericht / p. 160.
Vid. Zahn. Ichnograph. municip. cap. 7. & 8. CCCLIII. Vocabulum Stadt à Romanis STATIVIS derivatum esse notat Johann. Herolt. in commentar. de Roman. in Rhetia litorali stationibus c. 11. atque in usum Germanicae lingvae receptum. Romani enim voces suas plerumque abbreviatas scribebunt, atque pro Stativa seu statione Syllabam illam STAT exsculpere solebant. Et haec, ut affertionibus multis confirmentur, opus non habent. Pauca enim Municipia reperies, paucas urbes, quae in Stat desinunt, quas non contingat esse antiquissimas, Romanorumque incolatu nobilitatas. Sicque Canstadi pro castris stativis usurpamus. Germani oppida & urbes Stäte vocant, quasi Stäth / scilicet firmè constituta. Martin. Naurath. in addit. ad Hipolyt. de Collib. tr. de increment. Urb. c. 1. lit. f pag. 13. CCCLIV. Wie aber das Concilium Civicum oder Stadt-Rath zu bestellen / und was vor Verrichtungen darbey vorlauffen / beschreibet Georg. Engelhard. Löhneiß / in seiner Hoff-Stats- und Regierungs-Kunst von fol. 511. biß 551. CCCLV. [LIII.] Spieß-Gericht / JUDICIUM HASTATUM CRIMINALE. Es ist ein alt teutsch Sprüchwort / einen durch die Spieße jagen / womit die äuserste Noth / Leib- und Lebens-Gefahr / so iemand zubereitet / angedeutet wird / rühret her aus den alten Krieges-Rechte der Teutschen / wo [133] mit es folgender gestalt zugieng: Wenn ein Feld-Herr mit dem Heer zu Felde gezogen / und dem gemeinen Krieges-Volcke das Recht übergeben und befohlen / das Ubel selbst zu straffen mit den langen Spießen / was wieder den Artickuls-Brief / und wieder das gantze Regiment gefrevelt: So hat der Obriste oder Hauptmann das Krieges-Volck zusammen fordern lassen / ihnen ordentlich vorgehalten / wie und welcher gestalt sie das Spieß-Recht führen und halten solten; darneben die Krieges-Knechte fleißig und treulich vermahnet / wofern günstige Straffe helffen wolte / daß einer den andern in guten straffen / wehren / einreden und warnen wolle / damit sich ein ieder darnach richten / und für Schaden hüten könte. In Mangelung der Straffe / und da solches nicht helffen wolte / muste den Aergerniß durch andere Mittel gewehret / Ernst gebrauchet / und durch Spieß-Recht abgestraffet werden. Es ist aber solches in diesen Articuln ordentlich bestanden. [1.] Sollen die Kriegs-Leuthe allesamt groß oder klein / einhelliglich einen ernsten und kräfftigen Eyd thun / zu GOtt und seinen heiligen Worte / ob einer oder mehr wieder solche Articul oder Regiment thun / handeln oder stifften würde / der solle gestraffet werden nach Laut der Ordinanz der Obrigkeit und Recht / und nicht ansehen Freundschafft und Feindschafft / Siepschafft / Gnade / Gunst / Gifft oder Gabe / auch nicht rächen alten Haß und Neid / sondern dencken / das Christus unser HErr am jüngsten Tage / wann er wird richten über die zwölf Geschlechte Israel über ihre arme Seelen / auch Urtheil sprechen wird wieder die / so das Ubel nicht gestraffet / oder selbst gethan haben. [2.] So dann einer oder mehr befunden würden / die solchen Articuls-Brief nicht hielten / sondern durch Verbrechung darwieder handelten / ohne Scheu oder Reu / so soll der Profos achtung auf ihn haben / und darzu beruffen seyn / daß er solche Missethäter gefänglich annimt / und wohl bewahret / darnach alsbald den Obersten anzeuget / was er verwircket habe / und darneben Bitte und Annahmung thue / daß der Oberste wolte die Gemeine des Volcks auf einen nüchtern Morgen zu rechter früher Tages-Zeit zusammen kommen lassen. Es soll auch der Profos mehr Gewalt und Aufsehen haben / als wo die Obrigkeit selbst richtet / wo es kein General-Profos ist. [3.] Item es soll auch der Profos keinen Gefangenen verkürtzen / in keinerley weise / ihm keine Klage oder Antwort vor der Gemeine zusprechen verbieten oder verbieten lassen / und ob einer Kundschafft hätte / die er geniessen möcht zum Recht / soll man auch nicht verbieten / sondern ihm sein bestes reden lassen / biß ihm das Zeugniß übertrifft / damit keinen zu kurtz geschehe. [4.] Wenn die Gemeine bey einander ist / und der Ring geschlossen wird / [134] so soll der Profos den Gefangenen in Ring bringen / und den gantzen Umstand einen guten Morgen bieten / und ferner sprechen: Liebe getreue und redliche Lands-Knechte / Adel und Un-Adel / wie uns GOTT zusammen gefügt hat / ihr traget gut Gewissen / wie wir anfänglich zusammen geschworen / daß wir wollen gut Regiment führen / den Armen als den Reichen / den Reichen als den Armen / durch ordentliche Recht das Ubel zustraffen an denen / die wieder unser Regiment thun und Eydbrüchig werden / darüm lieben Lands-Knechte / lieben Krieges-Leuthe ist mein Begehrn und Bitte / ihr wollet mir diesen Tag helfen ein Bewerb machen / solch Ubel zu straffen / daß wirs auch verantworten können bey andern Fürsten und Herren. Nun spricht der Profos einen Feldwebel an / daß er ihm wolt helffen beförderlich seyn der angefangenen Sachen. Darauf / lieben Landes-Knechte / spricht der Feldwebel: Ihr habt des Profosen Rede gehöret und vernommen / wann es euch lieb ist / denselben nachzukommen / so hebe ein ieder mit mir die Hand auf. [5.] Weiter begehret der Profos einen zum Beystand in seinen Rath / aus dem gemeinen Mann / damit die Sachen mit Rath und Recht vorzubringen / der Gefangene auch dergleichen einen Rath und Vorsprecher aus den gemeinen Mann / darnach düngen sie beyde Redner nach einander in das Recht vor den Krieges-Volck / wie denn gebräuchlich ist. [6.] Nun nimmt der Profos seinen Vorsprecher und Beystand / und gehet aus den Ringe / und hält Rath mit ihnen / zeiget ihnen die Sachen an / wie und was der Gefangene verwircket hat / und die Ursach seiner Gefängniß sey / und befiehlet den Vorsprecher / wie er soll den gemeinen Mann solche Mißhandelung vorbringen / und nachdem gehen sie wieder in den Ring / und der Vorsprecher sagt: Also lieben Knechte / wolt ihr mich hören / von wegen des Profosen? Antwort / Ja. [7.] Desgleichen nimmt der Gefangene auch seinen Vorsprecher und Rath an einen sondern Orth / und bittet / daß sie wollen Recht weisen un̅ werben / daß dem Profosen auf seine schwere Klage / so er mit ihme zuthun hat / möge Antwort gegeben werden. So giebet denn der Vorsprecher Antwort aufs beste / so er kan. [8.] So nimmt der Profos seinen Vorsprecher und Rath zu den andern mahl aus den Ringe / und bleibt auf seiner vorigen Klage; ob sich der Gefangene verantwortet / und auf die schwere Klage nichts geständig seyn will / so läst der Profos die Kuntschafft den Gefangenen vorlesen / wie er gehandelt hat / darnach muß der Gefangene Antwort geben / auf die verlesene Kundschafft / so wieder ihn ergangen ist. Weiter / so gehet der Profos zum dritten [135] mahl mit seinen Rath aus den Ringe / und tritt wieder in den Ring / bleibt bey seiner vorigen ersten und andern Klage / wiederhohlet es zum dritten mahl / auf verlesene Kundschafft / und setzet es damit vor den gemeinen Mann zu Recht. Hierauf muß der Gefangene den Profosen auch zum dritten mahl Antwort geben / und vor den gemeinen Mann zu Recht setzen / darauf üm ein gnädig Urtheil bitten. [9.] Nun schlagen die Fendriche ihre Fähnlein zusammen / und stecken sie mit den Spitzen in die Erden / darnach thut einer unter ihnen das Wort / und spricht: Also lieben redlichen Landes-Knechte / ihr habt gehöret und vernommen des Profosen schwere Anklage / mit augenscheinlich-beweißlicher verlesener Kundschafft / wieder N. N. von N. diesen Gefangenen vorbracht und zu Recht eingeführet / von wegen Regiments / darauf wir unsere Fähnlein zusammen gethan / und mit den Eysen in daß Erdreich gestecket / wollen sie auf dißmahl nicht mehr fliegen lassen / biß über solche Klage ein Urtheil gehet / auf daß unser Regiment aufrichtig gehalten werde: Hiebey / lieben Krieges-Leuthe / wollen wir euch ermahnet haben / ihr wollet im Rechten nicht partheyisch seyn / sondern urtheilen / so weit euer Verstand reicht und ausweiset / wann solches geschehen / so wollen wir unser Fähnlein in aller Maaß und Gestalt wieder fliegen lassen / wie vor / und bey euch thun / wie ehrlichen und redlichen Fendrichen zustehet. Item / ists Sache / daß nur ein Fendrich allein da sey / der spricht: Also lieben Landes-Knechte / lieben Krieges-Leuthe / ich stehe allhier als euer unschuldiger Fenderich / und werde mein Fähnlein mit der Spitze in die Erde stecken / über einen solchen Ehr-vergessenen / der den Articuls-Brief nicht gehalten / wie es redlich ist / sondern denselben gebrochen / und so schändlich Eyd- und Treu-loß worden / gedencke auch dasselbe forthin keines weges fliegen zulassen über einen solchen Ehrvergessenen / biß so lange und viel Urtheil und Recht über ihn erkandt / gesprochen und ausgehen mag / wie recht ist. [10.] Nun ruffet der Feldwebel einen alten verständigen Krieges-Man̅ im Ring / und fraget ihn bey seinen Eyd / so er gethan und geschworen hat / üm ein Urtheil über diesen Missethäter / auf gnugsame Anklage / darauf spricht der Krieges-Mann also: Lieben ehrlichen Landes-Knechte / ich bin gefraget worden bey meinem Eyd / üm ein recht Urtheil / über ietzt-erhörte Sachen / so bin ich zu diesen Dinge nicht weise noch verständig genung / derohalben begehre ich gute ehrliche Krieges-Leuthe / die dann im Ringe sind / in meinen Rath / nemlich so viel als viertzig Mann / Hauptleute / Befehlhaber / Gefreyte / Adel und Unadel / mit denselben will ich an einen sondern Orth gehen / und bey ihnen Rath suchen / treulich und ungefährlich / nach der Billigkeit / sofern es unser Verstand ausweiset.
|| [136]
[II.] Nun gehen die viertzig Mann / und berahtschlagen sich / darnach gehen sie
wieder in den Ring / da fähet der gefragte Krieges-Mann an / und erzehlet den
gemeinen Mann den Rath / so sie beschlossen und erfunden haben / da nun der Rath
den gemeinen Mann nicht gefallen würde / so mögen sie von den Ihren andere
viertzig Mann zu einen Rathschlage nehmen / in gleicher Weise und Form / als der
erste; ists dem gemeinen Mann noch nicht gefällig / sollen sie zum drittenmahl
andere viertzig Mann nehmen / und gleicher gestalt rathschlagen / oder mögen die
ersten vierzig Man̅ alle in dreymahl zu Rath gehen lassen.
[12.] Wann nun die drey Räthe in gleicher massen einer nach den andern
beschlossen hat / so muß man zu ieden Rath einen sondern Richter haben / darüm
daß ieder Richter seinen Rath den gemeinen Manne vorbringen könne: Wann dann die
drey Räthe ergangen und gesprochen seynd / so erzehlet man einen Rath nach den
andern / vor den gantzen Volck / darnach läst man mit drey Trummeln umschlagen
bey Ehr und Eyd / daß keiner den Rath über zwey- oder dreymahl zu wiederholen /
repetiren oder zu straffen begehren soll / sondern zu Recht gäntzlich
beschlossen seyn lassen. Darnach mag der arme Gefangene auf seine Knie fallen /
und üm ein gnädig Urtheil bitten / hier auf der Welt / und auch bey GOtt im
Himmel.
[13.] Hier muß einer von den Richtern / oder der Feldwebel den Gefangenen das
Urtheil vor den Volck mündlich verkündigen und öffentlich erzehlen / also:
Lieber N. wiltu wissen / was dir durch Urtheil und Recht über deine begangene
Missethat / wegen Regiments und den gemeinen Mann erkandt und auferleget worden?
Antwort / Ja. Du solt nach alten Brauch und Recht zwischen die lange Spieß
gestossen und damit an Leib und Leben gestrafft werden. Nemlich also: Es soll
ein ieder redlicher Kriegs-Mann / von wegen seines Eydes / Ehr und Redligkeit /
von wegen Regiments / und des Göttlichen / Käyserlichen Rechten / seinen langen
Spieß in dich stossen / biß du von Leben zum Tode bracht wirst / so ist unser
ehrlich aufrichtig Regiment gestärcket / und nicht geschwächet / auch dem Rechte
sein Genüge geschehen. Darnach bedancket sich der Fendrich gegen den gemeinen
Mann / daß sie so willig gewesen / und zu Stärckung der göttlichen Rechten gut
Regiment gehalten haben / und weiter zu halten begehren / darnach schlagen sie
ihre Fähnlein wieder auf / und lassen die fliegen gegen Aufgang der Sonnen / und
die Befehlshaber machen eine ordentliche Gassen / dieweil lässet der Profos den
armen Sünder beichten und berichten / und seine Sünde bekennen.
|| [137]
[14.] Wann die Gassen gemacht / und alle Dinge ordentlich angestellet seynd / so
kommet der Profos, und bringt den Gefangenen in die Gassen / und begehret / daß
man mit drey Trummeln ümschlagen lasse / daß ein ieder die Gassen verwahren
helffe / und in welcher Licken oder Statt der Gefangene hinaus kommt / oder
welcher ihm darvon hilfft / soll in seine Fußstapffen treten.
[15.] Wann solches geschehen ist / so führet der Profos den Gefangenen dreymahl
in der Gassen hin und wieder / und vermahnet ihn / daß er soll Urlaub nehmen von
den Krieges-Leuthen / und allen Menschen / und sie um Verzeihung bitten / und
begehren / daß ein ieder ihm üm Gottes Willen wolle verzeihen und vergeben / und
es nach seinen Tode in keinen argen mehr gedencken / noch seinen Freunden
vorwerffen / desgleichen will er auch iedermänniglich vergeben und verzeihen /
hie auf Erden und vor GOtt im Himmel / und sterben als ein Christ und frommer
Krieges-Mann. Hierauf sollen ihm die Fänderich auch trösten / damit er nicht so
gar verzweiffele / und sagen / er soll getrost und unverzagt seyn / sie wollen
ihn auf halben Weg entgegen lauffen und erledigen / er soll nur auf sie zu
kommen.
[16.] Läst man wieder umschlagen / daß keiner keinen alten Haß oder Neid rechen
wolle / nichts äusern / oder Meuterey anrichten / bey Leibes-Straffe / damit
lassen sie die langen Spieß nieder / und kehren rings um die Spitzen gegen den
armen Sünder / und die Fenderich kehren ihren Rücken gegen der Sonnen / da
schleust ihn der Profos aus den Eisen / und nimmt Urlaub von ihn / daß er ihm
wolle verzeihen / das / was er gethan habe / das habe er thun müssen /
desgleichen sein Vorsprecher nimmt auch Urlaub / und so der arme Sünder nicht
verzagt ist / und frisch reden kan / soll er sagen: Lieben Krieges-Leuthe / ich
thu euch alle freundlich gesegnen / und befehle euch meinen Leib und Leben /
GOtt und der heiligen Dreyfaltigkeit meine liebe Seele / und bitte mir die Pein
zuverkürtzen / der mit den ersten Spieß durchs Hertze sticht / der ist mein
bester Freund hie und in Ewigkeit Amen. Ist er aber zu verstockt / so mags der
Profos seinet wegen also reden; Darnach stellet ihn der Profos gegen die Spitzen
vor sich / und giebt ihm drey Streich mit dem Regiment auf die rechte Achsel /
im Nahmen des Vaters / und des Sohns / und des heiligen Geistes / und stösset
ihn von sich / da hilfft ihn GOtt / und sticht auf ihn / wer stechen kan. Wann
nun der arme Sünder verschieden ist / so kniet man nieder und betet ein Vater
Unser und Gebet / zu Trost seiner armen Seelen / darnach zeucht man mit einer
Zug-Ordnung dreymahl üm den todten Leichnam / und die Schützen schiessen
dreymahl im Nahmen des [138] Vaters / und des Sohns / und des
heiligen Geistes / darnach ziehen sie zu Hauff / und machen einen Beschluß-Ring.
[18.] Darnach tritt der Profos in den Ring / und bedancket sich gegen den
gemeinen Mann / und den gantzen hellen Hauffen / bittet und vermahnet sie weiter
/ daß ein ieder wolle des andern Straff annehmen / und keiner den andern
liederlich übergeben / auch soll ein ieder ein Exempel nehmen an diesen
Verstorbenen / damit sie nicht in seine Bande und Eisen kommen / dann was er
thue / das müsse er thun wegen Regiments / und Befehl der hohen Obrigkeit.
[19.] So ermahnet der Profos weiter / ob etwa gute Gesellen weren / die etwas in
Unguten zuschaffen hätten / das nicht Malefizische Sachen seyn / so mögen sie in
einen Ring treten / und solches anzeigen / so kan man Mittel und Wege suchen /
darnach die Handlung ist.
[20.] Da ruffet der Richter aus / oder der Feldwebel: da was in allen Dingen were
vergessen worden / daß es hätte sollen Rechtlichen zugehen / das solle dem
Obersten und den gantzen Regiment vorbehalten seyn. Es soll auch keiner den
andern was für übel halten / zum argen auslegen / noch bey Bier oder Wein
vorwerffen / dann über Kriegesleute richten ist ehrlicher / als über Schelme und
Diebe ausserhalb des Krieges / ist auch viel ander Recht / darnach schlägt man
die Trummeln / und zeucht ein ieder in sein Losament.
CCCLVI. Welcher gestalt in vorigen Seculo, die aufrührischen Bauern dieses
grausame Spieß-Recht wieder die von Adel aus erbitterten Gemüth gebraucht /
melden die Geschichte / und ist sonderlich denckwürdig was Joh. Lud. Gotfredi,
in seiner Chronick von den vier Monarchien part. 7. p. 713. mit Anführung eines
sonderbahren Exempels also meldet:
Der dritte Hauff der Bauren zogen auf den Ostertag vor das Städlein Weinsberg in
Francken / und nahmen dasselbe ein. Etliche von Adel / so darin̅
in Besatzung gelegen hatten / schlugen sie tod / und fiengen etliche / aus den
Gefangenen jagten sie Graff Ludwigen von Helffenstein / beneben etlichen von
Adel / durch die Spiesse / welches eine greuliche Arth des Todes ist. Diese Taht
machte noch viel abscheulicher / daß die unmenschlichen Bösewichter des Graffen
Gemahlin / welche Käysers Maximiliani natürliche Tochter war / und mit ihren
kleinen Söhnlein den ungehobelten Rülpsen zu Fuß fiel / und erbärmlich bath /
sie wolten doch den armen Kinde seinen Vater schencken / und leben lassen /
gantz schmählich abtrieben. Hieranf theileten sie ihre Hauffen / und zogen ein
Theil auf Ulm zu / wolten weder von Vertrag noch Friede hören / darauf zog ihnen
obgemeldeter Herr Truchses [139] des Schwäbischen Bundes
Obrister / starck unter Augen / zertrennete ihren Hauffen / erschlug ihrer
etliche tausend / fieng gar viel / die er strengiglich abstraffete / ließ unter
andern etliche / so an den Graffen von Helfenstein Hand angeleget hatteen / an
lange Ketten schmieden / und ein Feuer von weiten üm sie her machen / daß sie
also am Pfahl herum lauffen konten / und doch gebraten wurden / und hatten die
von Adel kein Bedencken / Holtz zu diesen Feuer herbey zu tragen / so gar waren
sie verbittert auf die unbarmhertzigen Schelme die Bauren.
Conf. D. Just. Georg. Schottel. in tr. de singul. quibusdam & antiq. in
German. Jur. c. 27.
add.
Leonhard. Fronsperger, Krieges-Recht lib. 1. fol. 21. usque 24.
CCCLVII. [LIV.] Vehm-Gericht / Vehm-Recht / Vein-Recht / welche auch mit einem F
geschrieben werden / deriviren etliche von dem Wort Venia, quasi dicas Jus
Veniae, welche aber Schottelius in seinem gedachten Tr. de siing. &
antiq. in German. Jur. c. 29. pag. 561. 562. 574. & 575. refutiret / und
zeiget / daß es von dem alten Teutschen Wort Vehm oder Vehm / quod separationem
ad certum aliquem actum denotat, herstamme. Vide supra Fehm-Gericht.
CCCLVIII. Wenn nun dieses Gericht vor Alters angestellt wurde / musten in einem
Ambt oder Gericht alle Einwohner / so über 12. Jahr alt waren / auf einer Heiden
/ oder auf einen grossen Platze unausbleiblich erscheinen / und sich auf die
Erde nieder setzen. Da wurden dann in der Mitte etliche Tische gesetzet / dabey
saß der Landes-Fürst / seine Räthe und Voigte / und musten dann die heimlichen
Richter die Delinquenten und Delicta anmelden / die giengen mit einen weissen
Stocke rings herum / und schlugen die Verbrecher auf die Beine / wer in dem ein
böses Gewissen hatte / und sich einer Leibes-strafbahren Missethat schuldig
wuste / dem war vergönnet aufzustehen / und in Tag und Nacht das Land zu räumen
/ und mochte auch wohl den andern Schlag aushalten. Wenn er aber zum drittenmahl
getroffen ward / so war der Nach- oder Scharff-Richter darbey / und ein Pastor,
reichte ihm das Sacrament / und zum nechsten Baum mit ihm zu. Wer aber nur ein
oder zweymahl getroffen ward / das war eine väterliche Warnung / sich hinfort zu
bessern. Daher etliche es Jus Veniae, daß noch Gnade dabey were / genennet.
Hertzog Wilhelm zu Lüneburg soll in Persohn solches Vein-Recht zum letzten mahl
bey Zelle geheget und gehalten haben.
|| [140]
Schottel. c. l. cap. 29. pag. 574. & 575.
CCCLIX. [LV.] Vlögel-Gericht / Sunt Tribunalia extra veteris Urbis Coloniensis
Moenia, quasi caeteris alae appendentes.
Limn. tom 2. J. P. addit. ad lib. 7. c. 10. pag. 186.
Haec Tribunalia olim sub-urbicaria erant, nunc novis moeniis inclusa in suo
Vigore & destrictu permanent.
Besold. in Thes. pract. h. v. pag. 979.
CCCLX [LVI.] Un-Gericht / ist eine Klage / die einem an den Leib / oder an die
Haut gehet / oder zu Haut und Haar / als üm Todschlag oder Mord sc. ist also
Un-Gerich eine iede böse That.
Coler. decis. 107. n. 29.
Pertinent ad Jurisdictionem supremam zu den Hoch-Gerichten / Ober- und Hals- oder
Peinlichen Gerichten omnes querelae & acusationes super quibuscunque
delictis & maleficiis, quae Ungericht vocantur in Jure Saxonico.
Schottel. de Sing. & Antiq. in German. Jur. c. 7 pag. 215. & 216.
CCCLXI. Und muste man vor Alters alles Ungerichte selb siebende beweisen / und
also gnugsam vollführen.
Weichbild. art. 110.
Land-Recht / lib. 1. art. 63. & 66.
CCCLXII. Es sind aber eigentlich die Ungericht-Recht genant worden / die vier
Haupt-Wrögen oder Rügen / als Mord / Dieberey / Raub- und Noth-Zucht. Die andern
Ungerichte sind von diesen unterschieden gewesen.
Weichbild. art. 38. Gloß.
Land-R. lib. 1. art. 57. Gloß.
Es gehet ihm das Ungericht an den Hals / hoc est, capite plecti debet.
Coler. decis. 163. n. 3.
CCCLXIII. [LVII] Unter-Gerichte /
Vide supra
Erb-item: Nieder-Gerichte.
CCCLXIV. [LVIII.] Wald-Gerichte / sind um des willen angeordnet und eingeführet /
damit die von Fürsten / Graffen und Herrn gemachte und publicirte Forst-Wald-
und Jagd-Ordnungen in guter Observanz und Schwange bleiben mögen.
|| [141]
CCCLXV. Weswegen sie auch gemeiniglich des Jahres zweymahl / als im Frühling und
Herbst / pflegen angestellet / und in den Aembtern gehalten zu werden / in
Beyseyn des Beambten / auch der Forst- und Jagd-Bedienten. Da den̅
diejenige / die 1. im Walde oder der Wild-Ban gefrevelt / 2. Holtz gestohlen /
ohne Anweisung abgehauen / verpartiret / verkaufft oder heim geschleppet. 3.
Nicht die ordentliche Haltz-Tage gehalten / sondern ausser denen im Walde herum
gekrochen. 4. Waffen / oder etwas hauendes bey dem Holtz-lesen mit genommen. 5.
Grün Holtz abgehauen. 6. Nicht die gehörige Zahl der Hege-Reiser / noch auch die
gesunde und wächsige Aspen und Linden / ingleichen junge Eichen- und
Buchen-Reiser / ferner die wilden Obst-Bäume und derselben junge Stämme / item
Elsbeer-Bäume / Eschen- und Quitschen-Reiser bey Schlagung des Malter-Holtzes
stehen lassen. 7. Linden / Aspen und dergleichen Bäume und Reiser geschelet /
Rümpfe / Bast und Schalen / ohne vorher-geschehenes Anweisen / und Vorwissen des
Forst-Ambts gemachet / dadurch die Bäume gäntzlich verderben. 8. Mit dem Feuer
unvorsichtig im Walde ümgangen. 9. In den jungen Gehäuen gegrasset / oder Laub
gestrüffelt. 10. Oder mit den Pferden / Rind- und Schaaf-Vieh oder Ziegen in den
jungen Schlägen gehütet; Oder von der Jagd / ohne erhebliche Ursache und
Entschuldigung aussen geblieben / oder bey den Abzehlen nicht gewesen; Ihre
Spann-Dienste bey den Jagten / wie sichs gebühret / nicht verrichtet; Hirsch-
und Reh-Geweihe gefunden / und nicht nach Hoffe geliefert; Junge Hirsch- und
Wild-Kälber / desgleichen junge Rehe / Hasen / Trappen / Hasel-Hüner / Reb-Hüner
/ Wachteln und Enden / junge Vogel und Eyer ausgenommen; An den Saltzläcken
Schaden gethan / solche zerrissen oder zerbrochen; Die Hunde nicht / der Wald-
und Jagd-Ordnung gemäß / beknüttelt / sondern dieselbe in der Wild-Bahn ledig
herum lauffen / Wildpret fangen / zerreissen und fressen lassen; Item die so
Dachse / Marder und wilde Katzen verbothener weise hetzen oder fangen / behalten
verkaufen oder verparthiren; In gehegten Wassern und Bächen gesischet; Bienen
ausgehauen / ohne Zettel Eicheln und Buch-Eckern gelesen; Unbefugter Dinge
Wildpret gepirschet / Hasen gehetzet / verzehret / verkaufft oder verduppelt;
Den Hasen Schlingen geleget / sie gefangen und dieselbe verpartieret; Ohne
Verwilligung des Forst- und Jäger-Ambts Zogel-Schneiten gemachet; Drat- und
Haar-auch Tritt-Schlingen geleget / oder Fallen in den Vogel-Schneiten gemacht /
Aur- oder Birck-Hanen und Hennen / Hasel-Hüner und ander Feder-Wildpret darinn
zu fangen; Desgleichen in den Gehegen des Nacht- und Streich-Garns sich
gebrauchet; Oder in der Wild-Fuhr des Nachts mit Federlappen und Vortreten
abgeschrecket / Hunde [142] vorgehalten / oder gar Tücher
vorziehen lassen / die rechte bestimmte Zeit mit Pirschen / Jagen und Hetzen das
Wildprets nicht in acht genommen; Und ander dergleichen Verbrechen mehr wieder
die Wald-Forst- und Jagd-Ordnungen und Mandata begangen / mit der drin gesetzten
/ oder von der Herrschafft noch erkenneten Straffe angesehen werden. Müssen auch
dem Forst oder Jagd-Bedienten der sie gepfändet noch darzu das Pfand-Geld /
welches gemeiniglich 5. Groschen oder ein Kopff-Stücke ist / geben / dargegen
bekommen die Verbrecher das Pfand wieder zurück.
CCCLXVI. Im Hertzogthum Neuburg wird den Forst- und Jagd-Bedienten der dritte
Theil von den Straffen oder-Wald-Bussen gereichet / daß sie desto fleißiger acht
geben sollen.
Juxta L. 25. ff. ad Syllanian.
Wenn aber die Straffe zehen oder mehr Gülden antrifft / bekommen sie nur den
sechsten Theil.
Ordin. Forest. Duc. Neoburg. part. 11. ars. 2.
Seb. Khraisser, ad Const. Forest. Elect. Bavar. art. 81. CCCLXVII. Wer von solchen Wald-Gerichten auch Straffen und Wald-Bussen mehrere Nachricht verlanget / der lese Die Churfürstl. Sächsische Jagd-Mandata sub dato den 9. Junii 1613. den 24. Febr. 1626. den 10. Martii 1626. den 8. April. 1629. den 12. Decembr. 1630. Item 1649. 1650. 1659. und den 25. Julii 1670. Ferner Hertzog Friedrich Wilhelms zu Altenburg höchst-seeligsten Andenckens Jagd- und Weid-Wercks-Ordnung den 1. Maij, 1653. Fürstl. Sächß Weimarische Forst- oder Wald-item Jagd- und Weidewercks-Ordnung / den 9. Junij 1646. sonderlich part. 2. den IX. Haupt-Punct. Fürstl. Sächß. Gothaische Forst- und Jagd-Ordnung Anno 1644. publiciret / im XI. Haupt-Punct. Item: das Jagd- und Weidewercks. Mandat den 4. Maij 1642. und Anno 1667. revidirt. Fürstl. Sächß. Eisenachische Forst- und Wald-Ordnung / auch Jagd- und Weidewercks-Mandat, Anno 1683. im IX. Haupt-Punct / pag. 56. & seqq.
|| [143]
Fürstliche Hennebergische Wald- und Forst-Ordnung / de Anno 1615.
Fürstl. Braunschweigische Lüneburg. Forst- und Holtz-Ordnung / de 1591.
Serenissimi Hertzogen Augusti zu Braunschweig und Lüneburg Edictum wieder die
Wild-Diebe sub dato den 6. Junii 1645. Item wegen des Jagen und Kuren / den 14.
Augusti, Anno 1654.
Des Hertzogthum Würtenbergs erneuerte Forst-Ordnung / den 15 Aprill, 1651.
Fürstl. Heßische Jagd- und Forst-Ordnung / den 1. Januar. 1624. Item die Fürstl.
Heßische Landes-Ordnung de Anno 1665.
Fürstl. Mechlenburgische Landes-Ordnung. de Anno 1562. tit. 26.
Gräfl. Schwartzb. Rudelstädische Forst-Ordnung / Item das Jagt Mandat, Michaëlis
1626.
Gräfl. Schwartzb. revidirte Jagd-Ordnung Sondershäusische Linie de Anno 1673.
Item die Forst-Ordnung 1686. & 1693.
Gräfl. Stolbergische Forst-Ordnung de Anno 1642.
Gräfl. Hohenloische Erneuerte und verbesserte Wildbahn Forst- und Holtz-Ordnung
de Anno 1597.
Reuß-Plauische verneuerte Wald-Ordnung in den Obern Herrschafften
Schleiz / Lobenstein und Saalburg / den 7. Maji 1638. und andere mehr.
CCCLXVIII. [LIX.] Das Westphalische Freyheimliche und Blut-Gericht. Als Käyser
Carolus Magnus Westphalen und daß gantze Sachsen-Land zum Christlichen Glauben
gezwungen / die Einwohner aber sich an keinen Eyd / den sie etwan dem Käyser
geschworen hatten / kehreten / sondern offtmahls vom Glauben wieder abfiehlen /
ist er genötiget worden / Heimliche Richter in das Land zu setzen / denen Er
Gewalt gab / wo sie einen fünden / der seinen geschwornen Eyd des Glaubens
halber / gebrochen / oder sonst ein Tod-würdig Laster begangen hätte / den
möchten sie / alßbald sie Ihn betreten könten / nach ihren Gefallen tödten /
ohne fürgehende citation, ohne Klage / Verhörung und Entschuldigung. Und darüber
setzete er tapffere und gerechte Männer / die sich ihres Gewalts nicht eins
brauchen würden gegen die Unschuldigen.
CCCLXIX. Dieß Heimliche Gericht und Urthel erschreckte gar sehr die Westphalen /
und behielt sie auch zu letzt beym Glauben: Dann sie funden offt in den Wäldern
etliche vornehme und andere Leute von Mittelmäßigen [144] Stande / die man vorhin nicht angeklaget hatte / an den Bäumen hangen / und
wenn man nachfragte / was sie verwircket hätten / fand man / daß sie den Glauben
gebrochen hätten / oder sonst eine große Ubelthat begangen. Und hat solch
heimlich oder verborgen Gericht nicht vor so gar langer Zeit auffgehöret.
CCCLXX. Die so demselben vorgesetzet waren / hieß man Scheffen oder Schöppen /
welche ihre eigene Satzungen hatten / nach welchen sie die Ubelthäter hinrichten
ließen / gieng aber damit alles so geheim zu / daß man fast nichts davon
erfahren konte. Wenn sie / oder ihre Spionen durch die Lande zohen / gaben sie
acht auff die Ubelthäter / brachten dieselbe an und vor Gericht / und wenn einer
zum Tode verdammet oder verurtheilet war / schrieben sie ihn ins Blut-Buch / und
befohlen dem Jüngsten Scheffen die Execution, oder das Nachrichters Ambt.
CCCLXXI. Weil aber zuletzt leichtfertige und unachtbahre Personen zu solchen
Gerichte genom̅en / und manch ehrlicher unbescholtener Mann
unschuldiger Weise von solchen / aus Rachgier Haß und Feindchafft / hingerichtet
/ ist es endlich abgeschaffet worden.
Münster. lib. 3. Cosmograph. cap. 451. pag. 1072.
AEneas Sylvius, Cardinal. Senens. de Statu Europae c. 29. CCCLXXII. Man hat es auch das Vehem-Recht / Item den Frey-Stuhl und das Frey-Gericht genennet. Wehner pract. obs. pag. 505. CCCLXXIII. Den Richter hieß man den Frey-Grafen / die Assessores Schöppen und Stul-Herren. Und ist sonderlich gehalten worden zwischen der Wäser und den Rein. CCCLXXIV. Es haben auch diese alte Westphalische Frey-Schöppen über gantz Teutschland ihren Gericht Zwang erstrecken / und mißbrauchen wollen: Gestalt sie den absonderlich in Preußen den Hochmeister und die Stadt Dantzig vielfältig importuniret. Damit man nun den damahligen Stylum ersehe / so wollen wir hie ein Schreiben / so sie an den Rath zu Dantzig abgehen lassen / und bey Casp. Schützen in histor. Rer. Prussicar. zu finden / anher setzen / lautend wie folget: Wie vor ihnen / vor den freyen Stuel zu Eldringshausen unter den Hagedorn / gespanneter und bekleideter Banck zu richten über Leib und Ehre nach Satzung der heimlichen Achte / in Beywesen vielen andern Bey-Grafen / Edelen und Erbahren Frey-Scheppen / die dasselbe Gericht bestunden / schwere Klage für ihnen ist gedienet / über Hanß Holloger / welche Klage ihn antreffende Wahr an seinn Leib und höchster Ehre / darum daß er solte das jenige gemeldet haben / das Er nicht melden [145] solte / antreffend das Heimliche Gerichte / unter andern mehr Klagen und Worten / als derselbe Brieff inne hielt / um welcher Sache willen die vorgeschriebene Frey-Grafen dem Rath zu Dantzig gebothen haben / in Krafft ihres Brieffes / von Gewalt des Heil. Römischen Reichs / bey den Poen funfzig Pfund feines Goldes / daß sie den vorbenanten Hanß Holloger / nachdem sie ihn beschlossen / in Nagel und Thüren haben / zu Hand und von Stund an / nach Angesicht deßelben Briefes darzu halten sollen / redliche Bestellung von ihn zu nehmen / daß er an solch vorgeschrieben Gericht käme / daß ihm dann von ihnen verkündiget wäre worden. Und thäte das der vorgeschriebene Rath der Stadt Dantzig nicht / so solten sie solches verantworten für den vorgeschriebenen Frey-Grafen zu Eldringshausen unter dem Hagedorn für dem Freyen Sthuel auf den nehesten Donnerstag für Pfingsten. Wo nun das nicht seyn solte / und wo das alles nicht geschehe / so würde ein Volgerichte gehende seyn über den vorgeschriebenen Rath / sie alle / und das gantze Land zu Preußen an Leib und höchster Ehre / daß es ihnen etwan zu schwer würde. Dieses alles vorgeschriebene haben der Rath der Stadt Dantzig dem eher genandten Holloger zu erkennen geben / fragende / wie er sich in diesen Sachen halten wolte / ob er solche Befehlniß thun könte / und sich solcher vorgeschriebenen Klage für den Vorbenendten Frey-Grafen auf den berührten Tag / als ihm das verkündiget war / zugestellen / und zu verantworten / oder nicht gesonnen wäre & c. lib. 4. pag. 160. CCCLXXV. Drum sich auch ihrer Tyranney zu entbrechen / die hohe Obrigkeiten vieler Orthen vom Päbsten und Käysern wider diese vermeinte Frey-Graffen des Heil. Römischen Reichs sonderbahre Exemptions-Brieffe ausbringen müssen / damit ihre Unterthanen befreyet seyn möchten. Schottel. d. l. pag. 572. vid. Georg. Ludov. Lindenspür ad Ordinat. Polit. Ducat. Würtenberg. pag 49. allwo er gleichfals eines Würtenbergischen Privilegii de Anno 1495. wider die Westphalische und andere heimliche Gerichte gedencket / und diese Worte hinzu setzet: exinde apparet, magnam olim potestatem ac latitudinem, simulqve horrorem intolerabilem horum Judiciorum fuiste. ad d. Marqvard. Freheri tr. de Secretis Judiciis olim in Westphalia, aliis??? Germaniae partibus usitatis, postea abolitis.
|| [146]
ut &
Angel. de Werderhagen de Rebus publicis Hanseat. part. 1 fol. 252.
Item
Joh. Gryphiand. in tr. de Weichbild. Saxon. c. 54. & seqq.
CCCLXXVI. Johannes Agricola in der Außlegung gemeiner Teutschen Sprichwörter
prov. 57. pag. 31. Er ist Gewißen! schreibet / daß man solches geredet von denen
/ die in das Westphalische Heimliche Gericht geschworen gehabt / nichts davon zu
melden. Denn also hat man sie genennet / die Gewißen / das ist / die eine
Gewissenschafft dieses Gerichts gehabt / und doch verschwiegen gewesen sind. Wo
die Gewißenen sind zusammen kommen / ist das Zeichen gewesen / das Messer mit
der Spitzen zu sich / und die Schalen nach der Schüßel von sich gekehret / dabey
sie einander gekennet.
CCCLXXVII. Weil aber diese Frey-Graffen und Schöppen es gar zu arg machten / daß
ein Sprüchwort worden / Sie ließen die Inqvisiten erst an den Galgen hengen /
hernach aber forscheten sie erst nach / ob sie schuldig oder unschuldig wären /
auch zugleich des Anklägers / Richters und Executoris oder Nachrichters Stelle
vertraten / hierüber nicht Rechtlicher Verordnung / sondern ihren cerebrinischen
Guth-achten / belieben und Gefallen nach / procedirten / ist solch Blut-Gericht
anfangs von Käyser Friederichen den III. Anno 1442. und nachgehends von Käyser
Maximiliano I. auff den Reichstag zu Worms A. 1495. reformiret: Letztlich aber /
da es dennoch in Mißbrauch wieder gerieth / und eine Tyranney draus wurde / und
man es das verbothene Westphälische Gericht zu nennen begunte / ist daßelbe von
allerhöchst-gedachten Käyser Maximiliano I. auf den Reichs-Tag zu Cöln durch ein
öffentlich Decret Anno 1515. gäntzlich abgeschaffet worden:
Speidel. in Spec. Not ab. pag. 1360.
Wehner pract. observ. v. Westphalisch Gericht pag. 505. & 506. Daß also heute zu Tage von dessen Gebrauch wenig / oder wohl gar nichts mehr übrig ist / teste Sprenger. in jurisprud. publ. pag. 56. CCCLXXVIII. Wer hievon weitere Nachricht verlanget / der schlage auf Paul. AEmil. Veronens. lib. 3. de rebus Erancor. in Carolo Magno fol. 104. Cuspin. in vita Caroli Magni fol. 77. AEneam Sylvium, de statu Europae sub Friderico III. c. 29. Chytrei Orationem de Westphalia. Zeiler. Epist. 550. per tot.
|| [147]
CCCLXXIX. Ein sonderlicher Gebrauch dieses heimlichen Gerichts ist / noch bey
Menschen Gedencken / in der Graffschafft Wolpe / und in der Voigtei zum
Rotenwalde im Brauch gewesen: Wann daselbst die heimlichen Richter und Schöppen
in ihrem Gebieth einen gewust / der sich nicht alzurichtig in seinen Handel und
Wandel verhielte / haben sie denselbigen für erst eine wohlmeinende und
heimliche Warnung gethan / nemlich ihn bey Nacht schlaffender Zeit ein Zeichen
an seine Thür gemacht / auch in Zechen und Gelagen die Kanne / Krug oder Glaß
für ihm übergehen laßen. Wann er dann von seinem Unthaten nicht abgelaßen / und
sich nicht gebessert / und man unversehens das Gerichte gehalten / haben sie
alle an den Orth des Gerichts erscheinen / und sich unter den blauen Himmel
niedersetzen müssen. Dann sind die Richter und Schöppen mit Stricken zu ihnen
kommen / im Kreiß dreymahl herum gegangen / und alle zugleich folgende Worte
gesprochen / wer ein fromm Mann ist / der sitze stille! Wer sich nur einer
Mißhandlung schuldig gewust / der hat wohl mögen aufstehen / und davon gehen /
und durfte ihm niemand folgen. Der hat aber damit sein Guth verwirckt / welches
der hohen Obrigkeit / und ein Theil an das Gericht verfallen. Blieb er aber
sitzen / und Richter und Schöppen kahmen zum drittenmahl / so warffen sie ihn
den Strick an den Hals / treckten ihn hin an den nähesten darzu verordneten
Bauin / kahmen wieder und verlasen / oder vermeldeten denen im Kreiß das Urthel
/ daß der / den sie ietzt hingeführet / recht gerichtet sey. Dieweil aber die
Rotenwalder dieses Gericht gemißbrauchet / hat es ihnen der Durchlauchtige und
Hochgebohrne Fürst / Herr Erich / Hertzog zu Braunschweig und Lüneburg /
zugenant der Eltere / auf anhalten Justini Göblers / beyder rech Doctoris,
aufgehaben und nieder gelegt / und haben sich an den gemeinen Landes-Gericht
begnügen lassen müssen / wie andere Unterthanen desselbigen Landes.
Schottel. saepè dict. Tr. c. 29. pag. 574. & 575.
CCCLXXX. Wäisen-Gericht / solches ist an etlichen Orthen den pupillen und Kindern
/ deren Eltern ihnen frühzeitig absterben / zum besten angeordnet / daß ihnen
beyzeiten getreue Vormünder bestellet werden / welche ihre Güther wohl verwalten
/ Jährlich richtige Rechnung darvon thun / und sonst auf allerley zuläßige Arth
/ Weise und Wege ihrer Unmündigen Nutzen und Frommen suchen und werben / auch
ihnen mit Rath und That an die Hand gehen.
CCCLXXXI. Dergleichen ist im Fürstenthum Würtenberg angeordnet / wie [148] aus deßen Land-Recht fol. 26. 34. 447. 455. 460.
& 463. und Georg Ludwig Lündenspürs Commentario drüber pag. 158. n. 32.
33. & seqq. zu sehen.
CCCLXXII. Es gedencket auch des Wäisen Gerichts Besoldus part. 5. Consil. 252. n.
2. 3. & seqq. & in Thes. pract. h. v. pag. 992.
CCCLXXXIII. Zu Venedig ist gleichfals ein solch Gericht.
Petr. Justinian. lib. 11. hist. Venet. fol. 215.
CCCXXCIV. Von dar auch die Nürnberger ihre Leges Tutelares, in 35. capita
redactas, der Vormund-Stuben A. Christi 1506. als Leonhardus Lauretanus Herzog
zu Venedig gewesen / bekommen / und ist Conradus Im-Hof selbst dahin gereiset /
hat solche abgeholet / und mit zurück gebracht.
Besold. in comparat. Reip. Noricae cum Veneta lit. B. 3.
Vide quoque die Chur-Fürstl. Sächs. confirmirte Wäisen-Ambts-Ordnung im
Marg-Graffthum Ober-Laußnitz in Corp. Jur. Sax. p. 240. befindlich. Item die
Fürstl. Sächs. Eisenachische Vormundschaffts Ordnung Anno 1686. publiciret.
CCCLXXXV. [LXI] Wißenden Gericht. Was der Wißenden / oder Richter des heimlichen
Westphalischen Gerichts Freyheit und Recht / welche auch in den Obern
Teutschland eingerissen / und mit Privilegien der Fürsten bestetiget worden /
gewesen / gibt nachfolgende Copei Marg-Graff Ludwigs von den Brandenburg /
Hertzog zu Bäyern und Graffen zu Tyrol Freyheit-Brieff zu erkennen. WirLudwig
& c. & c. verjehen / daß wir mit unsern Rath / und mit unsern
Dienst-Leuthen überal zu Rath worden sind / daß wir in unserer Herrschafft zu
Tyrol so gethan neu Recht setzen und bestätigen wollen / wo ein schädlicher Mann
oder Frau ergriffen werden / ist er ein sotan Mann / das ihm zu glauben ist /
der ihn berichten will / der soll dargehen / und ihm ein zween Finger in den
Schopfflegen / und der Frauen die Scheitel / und soll ein Eyd schweren / daß er
das war wiße / daß er ein schädlicher Mann sey Land und Leuthen / und die Frau
eine schädliche Frau Land und Leuthen / da sollen 6 ihre Hände legen auf des
ersten Arm / und die solle̅ auch Bieder-Leuthe seyn / und sollen
schweren / daß der Eyd rein sey / und nicht Main. Damit soll man einen
schädlichen Mann / und eine schädliche Frau übersagen. Diese Rechte setzen wir
und bestätigen sie den nähesten Mannen Petern / Eberhardten und Eo???raden / den
Liebenbergern unsern Landes-Herren in den Ynthal / als wir die in andern unsern
Gerichten gesetzet haben / ihn oder wem sie in Unser Stadt zu Richtern setzen.
Datum Inspruch Anno Domini [149] M. CCC XLIX. Sabbatho primo,
ante Festum Nativitatis gloriosae Virginis Mariae.
CCLXXXVI. Die Recht oder Beweisung der Wißenden ist hernach ausdrücklich
verbothen / und nicht zugelaßen / hisce verbis: Circumscripta & exclusa
attestatione illa, qvae vulgò Wißend nominatur.
Wigul. Hund, in Bäyerischen Stam-Buch fol. 410.
Speidel. in Specul. Notab. v. wißende p. 1368.
Freher. de occult. Jud. p 3.
Abbas Trithem. in polygraphia lib. 5.
Schottel. de sing. & antiq. in German jurib. c. 29. pag. 568. und in der
Teutschen Haupt-Sprache fol. 504.
CCCLXXXVII. [LXII] Zaun-Gericht / Chur-Fürst Johann Georg zu Brandenburg hat ums
Jahr Christi 1573. eine Constitution wegen des Unterscheids der Straßen-Gerichte
und Gerichte binnen Zauns aufsetzen lassen / welche aber nicht publiciret worden
/ drin unter andern dieses stehet:
p. p.
Dieweil zum öfftern vorfält / daß einer etwa von Adel in einem Dorff das höchste
und niedrigst Gericht hat / und einem andern von Adel einer oder mehr Höfe mit
den Gerichten auch darinnen verliehen seyn / in welchen Fall dann der eine der
Dörffer Strassen / Gerichte / der ander aber auf seinen Höffen die Gerichte
binnen Zauns hat: So sol / wann in solchen Dörffern Verenderung mit den Höfen
sich zutrüge / ein jeder die Leuth auf seinen Höfen anzunehmen / von dene̅ auch Auffart / so wohlauch den Abschoß / deßgleichen auch die
Hülffe zu den belägern zu fordern und einzunehmen Macht haben. Also richtet auch
der Herr des Hofes / was in denselben an Peinlichen und Brüglichen Sachen sich
zuträget / der Dorffs-Herr / was im Dorffe / auf der Strassen und auf den
gantzen Feld-Marck zu richten vorfället. Und wenn es aus den Lehn-Brieffen nicht
klar / ob der Erb-Herr der sonderen Höfe die Gerichte binnen Zauns habe oder
nicht / so soll der / welcher das Rauchhun und die Dienste auff einem Hoffe hat
/ vor den Gerichts Herrn geachtet und erkandt werden; ob ein ander gleich die
Pächte hätte.
CCCXXXLVIII. Zu Latein wird es genant JURISDICTIO CIRCUMSEPTA qvae est Juris
dicendi potestas, intra limites certi praedii competens. Von welcher sub
praesidio Dn. Sam. Strykii in illustri Academ. Viadrina Albertus Fridericus de
Qvitzo, Nobilis March. Anno 1670. eine Disputation gehalten / welche
aufgeschlagen und gelesen werden kan.
CCCXXXLIX. Etlicher Orthen wird demjenigen / welcher die Zaun-Gerichte [150] hat / nicht gestattet / daß er Fälle / so in die
Peinliche Gerichte gehörig / vor sich ziehe / untersuche / und abstraffe /
sondern nur bloß die / so in die Erb-Gerichte lauffen.
CCCXC. In der alten Marck Brandenburg und in der Prignitz ist es gemeinlich
beyeinander / zumahl / wenn der / so die Zaun-Gerichte hat / auch befügt ist /
die Raubhüner einzuheben / welches vor ein Zeichen der hohen Gerichte alda
gehalten wird / weil sie hoch fliehen.
Joh. Köppen decis. 48. n. 23. & 24.
Kohl. Declarat. Const. March. q. 20. n. 23.
Prückmann. Vol. 1. Cons. 21. n. 83.
Frid. Husan de hom prop. c. 6. n. 64.
Tilemann. de Benign obs. Pract. Cam. Imp. pentec. 5. obs. 1.
Wehner. obs. pr. voc. Fastnachts-Hüner. CCCXCI. Und wird solche jurisd ictio circumsepta acquiriret 1. per Investituram. 2. per Privilegium. 3. per praescriptionem oder 4. per contractum CCCXCII Appellatio Zaun-Gerichte / vel Gerichte bin̅en Zauns à communiore praedia in pagisorum per sepes separatione deducta est. Ordinariè enim sepib??? utuntur: Hoc pacto tame̅ non excluduntur praedia, vel pariete, vel muro ab invice̅separata, quo minus & in his jurisdictio circumsepta obtinere possit; Cum & si planè nec sepem, nec murum, velaliud quippiã habeat praedium, adhuc tame̅ in illo circumsepta locu̅ habere potest juris dictio; modò de finibus praedii ex aliis signis vel indiciis sufficienter constiterit. cit. de O. vitzow. d. Disp. c. 2. n. 24. CCCXI. Et huic jurisdictioni particulari circumseptae communiter in Marchia Brandeb. opponitur jurisdictio illa universalis, quae in viis publicis competit die Land- oder Straßen Gerichte. Conf. Schepliz. ad consvet. March. part. 4. tit. 21. 9. 1. n. 1. Köppend. decis 48. de vocabulo Straßen vid. Knichen de Saxon. non prov. Jur. c. 5. n. 178. & seqq. CCCXCIV. Haec enim universalis dicitur, in respectu ad jurisdictionem sepibus inclusam, qvod sc. in omnibus locis ad illum pagum pertinentibus illa jurisdictio exerceri possit. Unde si alterius nobilis subditus extra sepem [151] sui praedii deliquerit, non jurisdictio circumsepta, sed ille, cui jurisdictio universalis seu viarum publicarum competit, de delicto inquirit, & delinquentem punit. CCCXCV. Wenn einer auf der Straßen ein delictum begangen hätte / und reterirte sich in solchen Hoff / drin der Eigenthums Herr die Zaun-Gerichte hat / darf zwar der / so jurisdictionem universalem deßelben Orths hat / in continenti diesen verfolgen / aber nicht aus jenes gewahrsam / unangemeldet und ohne ertheilten Revers, nehmen und abführen laßen / juxta illa, qvae tradit. Dambud. in prax. rer. Crim. c. 15. n. 35. Conf. Recess. Imp. de Anno 1555. §. So nun in solcher Nach Eyl. Reinking. de Regim. Secul. & Eccles. lib. 2. class. 2. c. 17. n. 101. Besold. Thef. pract. voc. Nach Eyl. & ibi Dither. in addit. CCCXCVI. Ob aber derselbe nur die Gerichte habe über dem Gehöffte / wo der Unterthan wohnet / oder auch die Aecker / so dem Unterthan zuständig / mit unter den Zaun-Gerichten begriffen? Antwort / hier ist zu unterscheiden ob die Aecker nahe an dem Gehöffte / oder weit davon unter ander Leuthe Aeckern liegen. im ersten Fal wird dafür gehalten / daß sie mit unter das Zaun-Gericht gehörig. Connexa enim & conjuncta habentur pro uno,
arg. c. cum singula 32. in med. de praebend. in 6.
L. eum actum 17. vers. planè si qvid connexum ff. de Negot. gest.
Jacob Menoch. de A. I. Q. lib. 2. cas. 95. n. 5. & 9. Et adhaerentia vel unita fiunt cum his, quibus accedunt, ejusdem conditio nis. Moevius part. 4. Decis. 106. n. 9. im andern Fall aber nicht. Hinc delictum in tali agro commissum non ad illum, qui circumseptam, sed qui universalem jurisdictionem habet, & ejus cognitio spectat. cit. de Qvizov. c. 4. n. 8. 9. & 11. CCCXCVII. Ferner fraget sicht / ob der so die Zaun-Gerichte hat / auch auf der Feld-Marck des Dorffs Jagen dürffe? Resp. daß solches aus den Concessions Lehn-Brieffen zu ersehen / wie und welcher Gestalt / auch auf was Arth und Weise ein solcher mit den Jagten beliehen. Wenn ihm auch auf den außerhalb Zauns gelegen Aeckern und Wiesen Schade geschiehet / darf er zwar wohl pfänden er muß aber das Pfand in der / so Jurisdictionem Universalem hat / Gericht liefern / und durch dieselbe den Schaden besichtigen und gebührlich schätzen lassen.
|| [152]
Itapronunciatum d. 24. Octob. 1611. à Facult. Jurid. Academ. Francof. ad Viad.
Et pari modo in Camera Electorali pronunciatum fuisse annotavit.
Schepliz Part. 4. tit. 21. n. 9.
CCCXCVIII. Abschoß oder Abzutz-Geld welches in der Marck der funfzehende Theil
ist von einem ieglichen Märckischen Schock / nemlich vier Märckische Groschen /
gebühret gleichfals dem so die Gerichte binnen Zauns hat / wenn jemand von
seinen Unterthanen wegziehen will.
Const. March. de Anno 1527. sub tit. von Kinder-Geld und Erb-Geld.
Item der Fleischzehend uti pronunciatum est in Camera Elect. d. 16. Junii 1690.
in Sachen Wartenbergs und des von Qvitzow.
ad effectum circumsepta jurisdictionis refertur etiam jus exigendi collectas
qvasdam ad elocationes filiarum, die Freulein Steuren einzutreiben.
CCCXCVIII. Wenn sich begebe / daß eine lose Dirne ihr Kind hinlegte und davon
gienge / welches alsdann der Obrigkeit so die hohe Gerichte hat zn alimentiren
und aufferziehen zu lassen gebühret.
Joh. Pet. Surdus de aliment. tit. 1. qvast. 81.
Carpzov. Pract. crimin. p. 1. q. 11. n. 27.
Daßelbige Kind aber auf oder innerhalb den Zaun gefunden würde / muß es der so
die Zaun-Gerichte / und zugleich mit denselben die hohe Gerichte hat / aufnehmen
/ lieget es aber außerhalb des Zauns / kömmet es dem zu / welcher mit der
universal jurisdiction beliehen ist.
Dn. de Qvitzow. c. 4. n. 29,
GCCXCIIIX. Ferner wenn ein Hauß dergestalt nach der Straßen heraus gebauet ist /
daß man darunter weggehen und fahren kan / welches man sonst ein Wagenschaur
oder Schuppe nennet / dergleichen in der Marck Brandenburg es viele in den
Dörffern und sonderlich bey den Wirths-Häusern gibt / und es geschicht unter
solchen auf die Gaße gebaueten Schuppen eine Entleibung oder andere Frevelthat /
da man meinen möchte / es wären solche extra sepes gelegen / und also die
Rechtliche vindication nicht dem / der die Gerichte binnen Zaun / sondern dem
die universa Jurisdiction im Dorffe hat / zu komme; allein das Gegentheil ist
von der Juristen Facultät zu Franckfurt an der Oder den 11. Aug. anno 1676. ad
requisitionem Reverendisimi Capituli Havelbergensis erkant worden / hisce
formalibus: Weil der Schuß unter ber Wagen-Schuppe / welche mit dem Hause /
woselbst das Dohm-Capi-Capitel die Zaun-Gerichte hat / unter einem Dache
begriffen / geschehen / und [153] bekandten Rechtens / quod
forum delicti competens sit, ubi delictum inchoatum, So halten wir dafür / daß
dem Dohm-Capitel den Inquisitions process zu formiren zustehe. Hoc enim casu qui
delictum patravit sub tecto illius, qui jurisdictionem circumseptam habet,
stetit, er ist zwischen seinen vier Pfälen gestanden. Et jurisdictio circumsepta
se eo usque extendit, quousque ipsius praedii Limites; Limites verò non tantum
per sepes, sed & per aedium situm designantur.
CCCC. Porrò Casus, qui etiam in Facto contigit, hic esto: Titius in praedio certo
intra sepes jurisdictionem habet: Opilio ejus in illo praedio habitans
adulterino coitu congreditur cum ancilla sua, quae uterum ex eo gerens, de partu
enec ando, sed ignaro opilione, consilium suscipit. Ubi enixa partum intra
septa, opere ipso consilium malitiosum exequitur, & infantem modo
genitum, in lacum sepibus vicinum, extra sepes tamen constitutum, projicit, mox
intra septa se confert iterum. Post aliquot dies infans suffo catus in lacu
reperitur, & à Mevio jurisdictionem Universalem habente solenniter
extrahitur. Sceleris indicia contra opilionis ancillam militant, quae &
ipsa mox confitetur facinus, & opilionem patrem prositetur. Duplex
itaque delictum puniendum occurrebat infanticidium & adulterium. Titius
in suo praedio factam esse impraegnationem, editum esse partum allegat; Mevius
in loco sepibus exemto infanticidium esse patratum urget, & ita quisque
animadversionem sibi incumbere praetendit. Sed decisum fuit pro Mevio, ut ut
enim antecedentia delicti intra septa commissa erant, implementum tamen extra
sepes secutum. Verum Mevius puniendo infanticidium contentus esse nolebat, sed
opilionem adulterum. ob connexitatem criminis à se puniendum esse contendebat.
Sed hoc in puncto pro Titio pronunciatum. Adulterium enim ab infanticidio
separatum erat, & cum nitra septa tantum commissum esset, Titio soli
animadversio relinquebatur in opilionem.
CCCC. De eo quoque disputatur, si crimen intra sepes inchoatum, in via publica
consummatum; cui competat jurisdictio? Sed hic primo amphibologia phraseos
inchoati criminis enodanda. Alia qvaestio est; an delinquens intra septa quidem
inchoaverit crimen, sed ut illud consummaret, extra septa se contulerit, E. g.
Si intra sepes aliquem vulnerare ceperit, hic tamen in viam publicam se
contulerit & ibi ulteriori vulnere illato decesserit. Hoc casu dubium
non est quin habenti die Strassen-Gerichte executio competat. Homicidium enim
ipsum non intra septa, sed in via publica admissum. Nec hic inchoatio criminis
inspicienda, ubi consum [154] matio sceleris tam à
parte occidentis, quam occisi sub aliena jurisdictione contingit. Vulnera intra
septa illata, subsecuto homicidio non attenduntur. Quamvis enim cuivis delicto
sua debeatur poena, id tamen in delictis successivis & inter se non
compatibilibus non obtinet; Hic enim atro cioris delicti poena tantum imponitur,
& minor poena à majori abforbetur.
Jul. Calr. pract. §. fin. Q. 84. n. 4.
Farinac. q. 22. n. 18 & seqq.
Carpzov. pr. crim. p. 1. q. 23. n. 48. CCCCI. Ergò & ex loco, ubi atrocius delictum commissum, fori competentia dijudicanda. Plures casus vide apud cit. Dn. de Qvitzow. c. 5. per tot. ubi n. 31. Coronidis loco addit, si jurisdictio circumsepta cum universali concurrat, in dubio pro universali pronunciandum. Circumsepta enim strictè interpretanda est, ne nimium deroget Jurisdictioni universali.
Köppen part. 1. quast. 48. n. 20.
Hieronym. Schürf. cent. 1. cons. 26. n. 7. Princeps quippe particularem jurisdictionem concedendo, tertii Jus laedere voluisse non praesumitur. argum. L. 2 §. 16. ff ne quid in loc. publ. CCCCII. Zu mehrer Erleuterung will ich einen Lehn-Brieff anher setzen / darin ein vornehmer von Adel und großer Minister / welcher bey seinem Ritter-Guth in Thüringen nur die Gerichte biß an des Dorffs Zäunen / drin es lag / hatte / aber hernach mit den hohen und nieder Gerichten auch in der darzu gehörigen gantzen Fluhr specialiter begnadiget wurde / also lautend: Wir &c. Uhrkunden hiermit und bekennen vor uns und Unsere künftige Lehnsfolgere / nachdem sich zwischen Unserm Ambte B. und denen Besitzern des Ritter-Guths und Dorffs A. ietzigerzeit dem Wohl Edlen Gestrengen und Vesten / Unsern lieben Getreuen und besondern Herrn S. G. von A zu A [praedicat.] wegen der Gerichte in besagten Dorffs A. Fluhr und Feldern unterschiedene Irrungen ereignet / indem es genandtes Unser Ambt B. die Gerichte Oberst und Niederst in der A. Fluch alleine haben / und sie den Besitzer des Ritter-Guths / vermöge Lehn-Brieffes weiter nichts als in den Dorff und Zeunen gestehen wollen / auch einige Actus possessorios angezogen. Hingegen der von A. den über das Ritter-Guth A habenden Lehn-Brieff auch allegiret / und daraus etliche Worte vor sich außgeleget / die man aber bey den [155] Lehn-Hoff / angebrachter maßen nicht verstanden haben wollen / also die Sache beyden theils controvers gewesen. Nachdem aber seither dem bey uns obgemeldter von A. in Schrifften gebethen / daß wir unsere bey diesen Gerichten habende starcke Befügnißen fallen laßen / und ihme solche mit zu Lehn conferiren wolten / welches er so dann vor eine Gnade anzunehmen / und zu erkennen erbötig wäre. So haben wir in Betracht / daß gegen uns der von A. als ein getreuen Vasal sich iederzeit bezeiget / und führo hin zuerzeigen willens ist / seinen suchen stat gegeben / und ihme die Gerichte zu A. auff nachfolgende Maße zu überlaßen / in Gnaden gewilliget. Derohalben conferiren und übergeben wir mehr bemeldten von A. und seinen künfftigen Lehns-Erben / oder andern Lehnsfolgern die Gerichte hohe und niedrige in der A. Fluhr und Felde / so weit solche Unserm Ambte bißher allein zugestanden / zu einen rechten Mann-Lehn / wollen auch selbige / als ein pertinenz-Stück des Ritter-Guths A. dem ietzigen und künfftigen Lehn-Brieff mit inserien laßen / und unsere Regierung darzu gemeßen befehligen / welche nach Recht und Billigkeit / und Landes-Gewohnheit bey denen sich ereigenden Fällen exerciren / hergegen ihme in dieser rechten Instanz von unsern Ambte kein Eintrag / geschehen soll / maßen dahin auch allbereit die Nothdurfft rescribiret worden / darbey wir uns aber vorbehalten / daß die Appellationes wir von denen andern im Dorff gehabten / also auch von diesen neuen concedirten Gerichten in unsere Cantzeley alhier gehen / und andere unsere hohen Jura & regalia unbeemtrechtiget bleiben sollen. Dan̅ weiter / daß es uns und unseren Nachkommen an der Koppeljagd in solcher Fluhr und Feldern wie auch an denen hiesigen Ambts zuständigen intraden Schuld-Geldern / und Erb-Zinsen auf theils stücken solcher Fluhr hafftend / und denen bey derer Verkauf / oder anderer Veränderung fallenden Lehn-Wahren unschädlich sey. Deßgleichen wollen wir / daß diese Gerichts Concession weder unsere Schäffereyen / noch den D. und andern an ihrer / wie auch dem Ritter-Guthe A. und deßen Inwohnern an ihren außerhalb diesen concedirten Gerichten habenden und bißanher exercirten Trifften und Hut-Gerechtigkeiten auf keinerley Weise hinderlich oder nachtheilig seyn solle. Nichts minder behalten wir uns bevor / daß die Gefangenen des Ambts B. durch diese Adliche Gerichte / auf vorher beschehenes anmelden / gratis geführet werden sollen. Alles treulich und ohne Gefehrde. Und wir &c. tot. tit. haben in Ansehung der von den &c. Unsern freundl. Geliebten Bruder beschehenen freund-Brüderlichen Ansuchens / Dann Unserer dem &c. Von A. zutragender sonderbahren Gnade / in die jenige Concession der Gerichte in der Fluhr zu A. die der &c. Unser freund [156] lich Geliebter Bruder obgenand ihme auf vorher beschriebene maße / wiederfahren laßen / hiermit consentiret / und wollen auch unsers Orths dasselbige in Zukunfft nachgelebet / und der von A. samt seinen Lehns-Erben / oder andern Lehnsfolgern geruhig darbey gelaßen werde. Uhrkündlich ist es von Uns beyderseits &c. Gebrüdern eigenhändig unterschrieben / und mit Unserm &c. Secreten besiegelt worden So geschehen den 20. Maj. anno 1687. N. N. N. N. [L. S.] [L. S.] CCCCIV. [LXIII.] Zeitel-Gericht / Solches wird auch das Forst-Gericht genennet / drin die Sachen wegen der Forsthuben / Zeitel-Güther / davon gemeiniglich ein gewisses an Wachs / wegen der Bienen gegeben wird: Item des Wald-Rechts / und dessen Pfandung halber / vorgenommen werden.
Vide Reform. Noric. tit. 1. L. 7.
Wehner observ. Pract. v. Gericht Pag. 160.
Goldast. de Constit. Imp. pag. 318.
Dither in Contin. Besold. Pag. 678.
Christian Gastel de Statu Publ. Europaec. 32. Pag. 1215, Endlich aber nach genommenen langen Umschweiff uud Erwegung aller in Teutschland sonst übligen Gerichts-Arthenauf unsern vorgesetzten Zweck / nemlich die Halt- und Hegung des Hoch-Noth-Peinlichen Hals-Gerichts / insonderheit wie solches bey uns in Teuschland / un̅ zumahl in Sachsen noch heut zu Tage üblich / zukommen / so ist zu wissen / daß man ein Hoch-Noth-Peinlich Hals-Gericht eigentlich dieses nennet / welches auf albereit erkandte Todes-Straffe / von wegen Eröffnung des End-Urthels / gehalten wird. Fürstl. Sächs. Gothaische Gerichts- und Process. Ordnung Part. 3. c. 10. §. 1. CCCCVI. Und heisset man es darum Hoch-Noth-Peinlich / weil nichts gewissers / als das Gericht und Straffe / so dem gefangenen an den Hals gehet / verhanden ist. Peinl. Sächs. Inquisition und Acht-Process. tit. 11. art. 1. pag. 161. & 162. Wan̅ aber ein ordentlicher oder Achts-Process wieder den delinquenten anzu [157] stellen / wir nur das Peinliche Hals-Gericht geheget / und das Wort Hoch-Noth-Peinlich / als unnöthig / ausgelassen: Alldieweil noch ungewis / ob Angeklagter der Verbrechung geständig sey oder überführet / und was für eine Straffe ihm zuerkant werden möchte. Carpzov. in Pract. Crim. Part. 3. quaest. 136. n. 53. & multis seqq. CCCCVII. Im Fürstenthum Gotha werden Noth-Peinliche Gerichte genennet / welche wegen Peinlicher Anklage / so entweder von Beleidigten Personen / oder von Fiscalen, so zu Peinlichen Sachen gewidmet sind / geschiehet / angestellet werden. Fürstl. Goth. Gerichts und Process-Ord. d. l. §. 2. CCCCVIII. Es wird aber das Peinliche Hals-Gericht allein in dem Fall geheget und gehalten / wann eine Todes-Straffe an Inquisito vollstrecket werden sol / oder doch in ordentlichen und Achts-Process wider den Verbrecher die Anklage uf eine Todes-Straffe gerichtet wird. CCCCIX. Wann man aber einen zur Staupen streicht / oder sonsten nur am Leibe oder mit der Landes-Verweisung / nicht am Leben straffen lassen wil / wird kein Peinlich Hals-Gericht hierzu sonderlich geheget. Denn ob schon auch der Staupenschlag oder abhauung der Finger und Fäuste / zu Haut und Haar gehet / und eigentlich eine Peinliche Straffe ist / daher auch das Gericht Peinlich genennet wird.
Matth. Coler. Part. 1. Decis. 22. n. 2.
Benedict. Reinhard. Part. 4. differ. 24.
Dan. Moller Lib. 2. Semest. 1. n. 1. So wird doch auf Sächsiischen Boden und Gerichten zur Execution solcher Straffen das Gerichte / Peinlicher Arth nach / nicht geheget / wie hievon zeuget. Carpzov. d. quaest. 136. n. 2. & n. 55. CCCCX. Und ist solches aus der täglichen Erfahrung bekant und offenbahr. Und wiewohl ohne sonderbahre Solennität und Hegung des Gerichts / die Todes-Straffe an Inquisito gebürlichen exequiret / auch bey dem ordentlichen / oder Achts Process die Anklage auff das Supplicium mortis gerichtet werden könte: So ist doch darum die gewöhnliche Heg- und Haltung des Peinlichen Hals-Gerichts nicht zu unterlassen / sondern es muß dieselbe als ein nothwendig Stück und requisitum des Peinlichen Processus, vorher gehen / [158] und daßelbe aus folgenden Ursachen: [1] Weil ausser Zweiffel vom Judice incompetente kein Missethäter zur Straffe verurtheilet / noch dieselbe an ihme exequiret werden mag / arg 1. & tot. tit. 1. si non à compet. Judic. I. 1. c. ubi decrim. agi oport cap. sidiligenti extr. de for. compet. Nun ist aber zu Sachsen-Recht / vor der Hegung des Hoch-Noth-Peinlichen Hals-Gerichts / der Richter pro Judice competente nicht zu achten / stehet ihme auch vor der Hegung des Gerichts keine Gewalt zu / den Gefangenen zu bestraffen und zu verurtheilen / Landr. lib. 1. art. 59. in verb. Ohne ob man uff ihn üm Eigen / oder auf einen andern Schöppenbaren freyen Mann Ungerichte klagete / daß mag der Richter nicht richten / denn allein zu rechter Ding Standt / und unter Königsban. Derowegen die Hegung des Peinlichen Gerichts nothwendig vorher gehen muß / welches auch die Gloß. German. an selbigen Orth des Sachsen-Rechtsmit diesen Worten klar und offenbahr machet / in verb. so klage ein jeglicher ibi. den̅ also dann ist das Gedinge geheget / und nicht ehe / und alsdann ist der Richter ein Richter / und nicht ehe / dann vorhin ist er einem andern Mann gleich geachtet. [2] so ist auch keine executio Poenarum vorzunehmen und zugestatten / ohne vorgehende Rechtliche Ordnung der Klage / litis Contestation, und anderer nothwendigen Solennitäten. l. si cum nulla ff. de re judic. lib. 1. ff. de exsecut. rei Jud. Vant. de nullit. tit. ex defect. Process. n. 49. Dergleiche̅ aber beym Inquisition Process nicht gehalten / sondern die Sache nur Summariè absq; strepitu & figura judicii tractiret wird / Johann Zanger. de except. Part. 1. cap. 1. num. 60. vers tricesimo primo & de quaest. seu tort. Reor. in prooem. num. 4. Damit nun selbiger Defect suppliret werde / muß die Haltung des Peinlichen Hals-Gerichts / darinnen nach Verordnung des ordentlichen Rechtens procediret wird / nothwendig vorgeben / Benedict. Carp. 2. dict. quaest. 136. n. 46. [3] Uberdiß erfordert auch das Bonum Publicum die Hegung und Haltung des Peinlichen Gerichts / damit nemlichen die Bestraffung der Ubelthaten / öffentlichen kundt gemacht / und da durch Jedermänniglichen von dergleichen Delictis abgeschrecket werde / worinnen ratio Poenarum irrogandarum fürnehmlich bestehet / Gell. lib. 6. Noct. Attic. capit. 12. Johann. Bodin. lib. 7. de Republ. cap. 4. num. 12. Petr. Heig Part. 2. quaest. 37. n. 27. CCCCXI. Es ist aber die Hegung des Peinlichen Hals-Gerichte an allen Orthen nicht einerley / in dem man hie weniger / anderswo mehr Ceremonien darbey gebraucht. Doch wil die Peinliche Hals-Gerichts-Ordnung art. 82. & 87. daß dasselbe nach Ländlichen Herkommen des Orths / und guter Gewohnheit eines jeden Gerichts / gehalten werde.
|| [159]
CCCCXII. In den Sächsischen Gerichten ist eine gewisse Art und Gewohnheit
eingeführet / wie dasselbe zu hegen und zu halten / sürnehmlich in vier Puncten
/ als auf die Besetzung des Gerichts / dessen Hegung / Haltung und Wieder
aufgebung bestehet. Denn da wird anfangs das Peinliche Gericht mit einer
gewissen Glocken in Städten und Flecken beleutet.
P. H. O. Caroli V. art. 82.
Welches darum geschicht / daß iederman zulauffe / die Heg- und Haltung des
Peinlichen Hals-Gerichts vernehme / und sich durch erfolgende Bestraffung von
dergleichen Ubelthaten abschrecken lasse.
Arg. L. 6. §. 1. L. 10. ff. de Poen. Petr. Heig. Part. 2. quaest. 37. n. 27
Drauf verfüget sich der Judex oder der Land-Richter mit den Schöppen an die
Stette / da man das Gerichte / nach guter Gewohnheit pfleget zu halten / und
setzen sich miteinander nieder / und hält der Judex ein bloßes Schwerd und Stab
in der Hand. Wenn nun der arme Sünder vor das Hoch-Noth-Peinliche Hals-Gerichte
geführet ist / und da stehet / wird dasselbe
CCCCXIII. Itu Chur-Fürstenthum Sachsen / folgender Gestalt geheget:
Erstlich redet der Richter den nechsten Schöppen zur lincken Seiten also an:
Herr Schöppe ich frage Euch / ob es an der Zeit sey / daß ich des
Durchlauchtigsten Fürsten und Herrn / Herrn Johann Georgens des Dritten /
Herzogen zu Sachsen / Jülich / Cleve und Berg / auch Engern und Westphalen / des
Heil. Römischen Reiches Ertz-Marschalln und Chur-Fürsten / Land-Graffen iN
Thüringen / Marg-Grafen zu Meißen / auch Ober und Nieder-Laußnitz / Burg-Grafen
zu Magdeburg / Gefürsteten Grafen zu Henneberg / Grafen zu der Marck /
Ravensberg und Barby / Herrn̅ zu Ravenstein &c:
&c. Meines Gnädigsten Herrn Hoch-Noth-Peinlich Hals-Gericht hegen möge
einem jeden zu seinen Rechten.
Der Schöppe antwortet:
Herr Richter / dieweil Euch die Gerichte befohlen / und Leuthe seyn / die
Peinlich-Noth-Hals-Gerichte begehren / so ist es an der Zeit daß ihr Ihrer
Churfürstl. Durchl. zu Sachsen und Burg-Grafens zu Magdeburg Hohe Peinliche
Noth-Hals-Gerichte hegen möget.
Ferner fraget der Richter den andern Schöppen
|| [160]
Ich frage Euch N. N. wie ich des Durchlauchtigsten Fürsten und Herrn &c.
[wie droben] Hohe Peinliche Noth-Hals Gerichte hegen sol?
Der 2. Schöppe antwortet:
Herr Richter gebiethet Recht / und verbiethet Unrecht un̅ Dinges
Unlust / und daß niemand sein selbst / oder eines andern Wort für Euch in
gehegter Banck Rede / er thue es dann mit Urlaube.
Der Richter
das bloße Schwerd und den Stab in seiner rechten Hand haltend stehet mit den
Schöppen auf und spricht: ich hege des Durchlauchtigsien Fürsten und Herrn /
Herrn Johann Georgens des III. tot. tit. ut supra Hohe Peinliche
Noth-Hals-Gerichte zum erstenmahle! Ich hege es zum andernmahl! Ich heges es zum
drittenmahl mit Urthel und mit Recht: Ich gebiethe Recht / und und verbiethe
Unrecht / und Dinges Unlust / und das niemand sein selbst / oder eines andern
Wort vor Gerichte rede / Er thue es dann mit Gerichts-Urlaub.
Weiter fraget der Richter den dritten Schöppen:
Ich frage Euch: N N. ob ich Ihrer Chur-Fürstl. Durchl. zu Sachsen &c.
&c. Hohe Peinliche Noth-Hals-Gerichte einem jeden zu seinen Recht
genugsam geheget habe:
3. Schöppe
antwortet Herr Richter / ihr habts gnugsam geheget einem jeden zu seinem Recht.
Der Richter.
befiehlet hierauf dem Frohn-Boten oder Gerichts-Diener / auszuruffen / daß das
Hoch-Noth-Peinliche Hals-Gericht geheget sey.
Der Frohn-Both
ruht hierauf also: Des Durchlauchtigsten Fürsten und Herrn / Herrn Johann
Georgens des III. Hertzogen zu Sachsen / Jülich / Cleve und Berg / auch Engern
und Westphalen / des Heil. Römischen Reichs Ertz-Marschallen und Chur-Fürsten
&c. Tot. Tit. Meines Gnädigsten Herrn Hoch-Peinlich Noth-Hals-Gericht
ist geheget mit Urtheil und mit Recht zum erstenmahl / zum andernmahl und zum
drittenmahl. Hat jemand vor diesem Peinlichen Noth-Hals-Gericht zu klagen / der
komme für / wie Recht ist / die Gerichte wollen einem ieden Rechtens verhelffen.
Nach beschehenes des Frohn-Botens ausruffen und Provocation zu klagen / [161] tritt der Peinliche Piscal [so beym inquisitiion oder
Achts-Process ex officio̅ hierzu verordnet / oder in Processu
ordinario Ankläger ist /] herfür und spricht: Herr Richter / ich bitte um Urlaub
vor das Hohe Noth-Peinliche Hals-Gericht zu treten / und mein eigen Wort zu
reden.
Der Richter
vergönnet solches /
Der Fiscal oder Ankläger
fähret fort: Herr Richter / diese N. That oder Verbrechen ist von N. in euren
Gerichten begangen worden / derowegen gedencke ich ihn mit Recht zu beklagen und
bitte mir solches zu verstatten / und mich zu berichten / wie ich mit solcher
meiner Peinlichen Klage für dieses Peinliche Noth-Hals-Gerichte soll vorkommen.
Diese Frage beantwortet der Richter nicht selbst / sondern läst solche an den
vierdten Schöppen / welcher drauf also antwortet: Er soll vorkommen mit
gewapneter rechten Hand und ausgezogener gesch! iffener Wehre und mit Gerüfte /
daß ist / mit Zeter-Geschrey zweyer und eins / wie recht und gewöhnlich ist.
Nach diesen gehet das Gerufte oder Zeter-Geschrey am / damit es zwar uf
Gegenwärtigkeit und Begehr des Anklägers / nach iedes Gerichtes guter Gewohnheit
pfleget gehalten zu werden / besage des 87. art. der Peinlichen
Hals-Gerichts-Ordnung. Aber uf Sächsischen Boden / gehet es fast aller Oerter
damit also her: Daß Kläger fürtrit und bittet / ihm den Frohn-Bothen zu leihen /
daß er / nemlich der Frohne / seine geschliffene Wehr ausziehe / und ihm dem
Kläger dieselbe mit gewapneter Hand fürtrage / das vergönnet der Richter / und
darnach gehet das Gerüfte / das ist / das Zeter-Geschrey dreymahl / als nemlich
Zeter über N. als Thäter / daß er N. N. wider Gott und Recht vom Leben zum Tode
gebracht / oder aber diese oder jene Unthat begangen hat. Und wenn das
Zeter-Geschrey geschehen ist / so fraget der Kläger / ob er sein Zeter Geschrey
und Gerüfte vollführet habe / und damit vorkommen sey / wie Recht und gewöhnlich
ist. Darauf / nach Befragung des Richters / antwortet der fünffte Schöppe / oder
welcher in der Ordnung folget: Er hats volführet / und und ist vorkommen / wie
Recht und Gewohnheit ist. Hierauff proponiret der Peinliche Fiscal oder Anwalt
seine Klage mündlich und bittet / daß Angeklagter zu der uf die begangene
Mißethat in Rechten verordnete und verdiente Straffe condemniret werde.
Angeklagter
Wird drauf nochmals befraget / ob er die albereit bekan̅te That
nochmals [162] gestehe / wird ihm auch seine Uhr-Gicht
wieder vorgelesen. Wenn Er nun dieselbe nochmals bejahet / spricht
Der Richter:
Dieweil du N. bekennest / das du N. N. auf freyer Straße ermordet und beraubet
hast / oder / was er sonst vor eine Unthat verübet: So erkenne ich N. N. Richter
zu N. N. uf Belernung der Churfürstl. Sächstischen Schöppen zu Leipzig / daß du
von wegen des begangenen Mordts und Raubes mit dem Rade vom Leben zum Tode
gestrafft werdest. V. R. W.
Wenn nun das Urtheil öffentlich durch den Gerichts-Schreiber verlesen worden / so
zerbricht der Richter den Stab / welchen er in der rechten Hand hält / und
übergibt den armen Sünder dem Scharff-Richter / mit Befehl / das Urtheil an ihm
gebührlich zu vollstrecken. Und damit lendet sich das Peinliche Hals-Gerichte.
Ehe und bevor aber solches wieder aufgegeben wird / muß der Frohn-Bot nochmals
zu dreyenmahlen außruffen / ob jemand noch vor dem Peinlichen Hals-Gericht was
zu klagen habe / denn sonst dasselbige wieder ufgegeben werden solte / ohngefehr
mit diesen Formalien: Hat iemand mehr vor diesem Peinlichen
Hohen-Noth-Hals-Gericht zu klagen / der mag es thun / sonst wollen die Herrn das
Gerichte aufgeben. Welches er über eine kleine Weile zum andern und drittenmahl
wiederum thum muß / damit solche Provocation zu dreyen unterschiedlichen mahlen
geschehe. Drauf fraget
Der Richter
Den sechsten Schöppen / oder so der Schöppen so viel nicht verhanden / den
jenigen / so nechst dem / welcher zuvor geredet / in der Ordnung folget / also:
Dieweil niemand mehr vor dem Peinlichen Hohen Noth-Hals-Gericht klaget / frage
ich Euch / ob ich solches Gericht möge ufgeben?
Der Schöppe
Antwortet: Herr Richter / dieweil niemand mehr verhanden / der uf dießmahl zu
klagen bedacht / so möget ihr das Peinliche Hohe-Noth-Hals-Gerichte ufgeben.
Der Richter.
So gebe ich dieses Hohe-Noth-Peinliche Hals-Gericht auff / im Nahmen des Vaters
und des Sohnes und des heiligen Geistes. Amen. Ist auch an etlichen Orthen der
Gebrauch / daß hierauf die Bäncke / drauff Richter und Schöppen gesessen /
umgestoßen werden / anzudeuten / daß sich das Hals-Gericht geendiget und wieder
aufgegeben sey / welches doch vor keine Nothwendigkeit zu achten ist.
Peinlicher Sächß. Inquisition- und Achts-Process. Tit. 11. Art. 2. & 3.
|| [163]
CCCCXIV. Ein ander Formular findet man in des Volkmanni peinliche Process. part.
2. tit. 6. pag. 83. & 84.
Im Fürstenthum Sachsen-Gotha /
Wird auf gnädigste Anordnung des weyland Durchlauchtigsten Fürsten und Herrn /
Herrn Ernsten / Hertzogen zu Sachsen / Jülich / Cleve und Berg /
Höchst-seeligsten Andenckens / das Hohe-Noth-Peinliche Gerichte auf folgende
Maaß und Weise geheget und gehalten / wie in der
Gothaischen Gerichts- und Process-Ordnung part. 3. C. X. pag. 159. &
seqq. us??? 163.
zu sehen.
Erstlich soll in unsern Aemtern unser Amts-Richter / neben noch dreyen
Gerichts-Schöppen / und dem Amt-Schreiber / in denen andern Gerichten aber der
Cent-Graff / oder sonsten ein ander Gerichts-Schöppe / so alsdenn
Richters-Stelle zu halten / neben noch dreyen andern Gerichts-Schöppen / und
denen Gerichts-Haltern / oder dem / welcher sonsten bey peinlichen Processen
hierbey / als ein Actuarius, das Protocoll zu halten hat / oder wer sonst iedes
Gerichts Gewohnheit nach pfleget gebraucht zu werden / dieses Gericht besitzen /
und diesen allen das eingeholte peinliche Urtheil noch vor förmlicher Hegung des
peinlichen Gerichts / iedoch an gewöhnlicher Gerichts-Stelle / vorgelesen
werden. Darzu / ehe gesessen wird / dreymahl nach einander von Virtel-Stunden zu
Virtel-Stunden geläutet / oder / wo es an Glocken mangelt / sonsten des Orths
Gelegenheit nach ein öffentliches Zeichen gegeben werden. Darauf sollen erwehnte
Personen an der Stelle / da dergleichen Gerichte / üblichem Gebrauch nach /
pflegen gehalten zu werden / erbar und geziemend nieder sitzen. Derjenige /
welcher Richter-Stelle vertritt / soll einen Stab / und weil es ein
Hoch-peinliches Gericht ist / hierneben ein blosses Schwerd halten / iedermann
zum Stillschweigen und Bescheidenheit vermahnen / Friede gebieten / und also das
Gerichte hegen / ungefähr mit diesen Worten:
Im Nahmen des sc. (Hier muß der Titul und Nahme deß / dem die Ober-Gerichte
zustehen / genennet werden) gebiete ich / daß iedermann stille sey / und keinen
Unfug anrichte / sondern dem Gerichte seinen gebührenden Lauf lasse / und gegen
dasselbe sich ehrerbietig erweise. Absonderlich sollet ihr / beydes Officirer
und Gemeine / die ihr mit enrem Gewehr allhier zu erscheinen / erfordert worden
/ [164] darüber halten / und das Gerichte mit seinen
Dienern schützen und handhaben.
Wenn solches geschehen / und also das Gerichte geheget ist / soll der Richter an
die dabey sitzende Schöppen ungefähr diese Rede thun:
Nach dem nicht allein Göttliche / sondern auch die Weltliche / und zumahlen
dieses Landes Gesetze erfordern / daß andern zum Exempel und Abscheu / die
Missethäter abgestrafft werden / und denn ietziger [dessen Nahmen sc. zu nennen]
Maleficant, nicht allein der Missethat [welche zu nennen] beschuldiget / sondern
auch / wie recht / überführet / und ihme auch durch eingehohltes / und von der
Obrigkeit bekräfftigtes Urtheil die Straffe [des Schwerdts sc.] zu erkandt
worden: So frage ich Euch / [nemlich den ersten Schöppen / zur lincken Hand /
und so fort] Ob ihr dafur haltet / daß das erkante / nnd von der Obrigkeit
bestätigte / auch Euch vorher vorgelesene Urtheil nunmehr dem armen Sünder
vorzulesen / und an ihm zu vollstrecken sey?
Wenn nun die Schöppen nach der Ordnung solches alles bejahet / und ieder sein
Wort gegeben haben wird / soll darauf der arme Sünder durch den Scharfrichter
fürgeführet / und weil in unsern Fürstenthumen und Landen dißfalls keine Anklage
noch Zetter-Geschrey gebräuchlich ist / ihm alsobalden sein Bekäntniß / darauf
das peinliche Urtheil gerichtet ist / fürgelesen und befraget werden / ob er
nochmahls geständig / daß solches sein Bekäntniß sey? Leugnete er nun etwan /
daß er dasjenige / was ihm fürgelesen wird / bekennet hätte / so sollen die
Gerichts-Personen / welche das Bekäntniß von ihm angehöret / ihn deswegen ins
Angesicht überzeugen. Wolte er aber dasienige selbst / welches er seinem
Geständniß nach / bekennet / wiederruffen / so sollen sie ihm andeuten / wie
solches Wiederruffen / indem sein Bekäntniß nunmehr zu Recht allerdings
unwiederruflich wäre / ihme nichts helffen würde / auch die anwesende Geistliche
beweglichste Erinnerung thun / daß er durch solches Wiederruffen sein Gewissen
nicht von neuen beschwere / und selbst sein Leiden länger und schwerer mache.
Verbliebe er aber gleichwohl auf solchen Wiederruffen / soller wieder in
wohl-verwahrliche Hafft gebracht / alle Umstände / so hierbey vorlauffen /
eigentlich nieder geschriben / und die Begebenheit eines solchen Falls von
unsern Aemtern aus / neben Mitschickung der Acten, zuförderst zu unserer
Regierung / berichtet: Bey denen Gerichten aber alsobalden fernere Belehrung
darauf / bey dem Schöppen-Stuhl / eingeholet werden. Verbliebe er aber auf
voriger seiner Aussage / soll das peinliche [165] End-Urtheil
durch den / so Actuarii Stelle halt / abgelesen werden / solches aber folgender
Gestalt eingerichtet seyn: Dienweil du N. N. nochmahls bekennet / daß du an
dieser oder jener Person / an diesem oder jenem Orthe N. N. dieses begangen / so
erkenne ich [N. N. der Gericht-Herr] Richter / auf Belehrung des Schöppen-Stuhls
/ zu N. N. daß du von wegen dieser That [Thaten] auf diese oder jene Art vom
Leben zum Tode gebracht werden sollest. Hierauf soll der Richter / wenn
Lebens-Straffe zuerkennt / den Stab zubrechen / und dem Scharfrichter befehlen /
das ausgesprochene Urtheil / wie es ausgesprochen / zuvollziehen. Darneben aber
in solchem Fall / da das Leben ab erkandt wäre / an den armen Sünder diese Wort
gebrauchen: Weil du / wie billich / dem allwissenden gerechten GOtt die Ehre
gegeben / und das Bekäntniß deiner verübten Missethaten vor diesem gehegten
peinlichen Gerichte öffentlich wiederholet hast; So ist nichts mehr übrig / denn
das dir vorgelesene Urtheil nunmehro zu vollziehen: Gestalt denn der gerechte
GOTT selbst die Verordnung gemacht / daß diese und dergleichen Ubelthaten
peinlich gestrafft / und das Böse aus dem Lande weg gethan werden soll /
deßwegen Er auch der Obrigkeit das Schwerd gegeben / und anbefohlen hat / daß
sie dasselbe zur Rache gegen dem / der Böses thut / gebrauchen soll. Um des
willen hastu dich nicht allein gedultig in die dir zuerkandte Straffe zu
ergebe̅ / in Betrachtung / daß GOtt selber durch die Obrigkeit
dieselbe gegen dich ausüben läßt / sondern hastu auch dem lieben GOtt hertzlich
zu dancken / daß du also zum Erkäntniß und Bekäntniß deiner Sünden gebracht
worden bist: Denn / wenn du in wahrer Busse / und rechtem Glauben an JEsum
Christum deinen Heyland und Seligmacher dein Leben enden wirst / dir / gleich
allen gläubigen frommen Christen / die Thür zu der ewigen Seligkeit und
derselben unaus prechlichen Freude / aufgethan werden wird.
Auch soll der Gerichts-Frohne / oder Diener hierauf ausruffen / und von des
Gerichts-Herren wegen bey Leibes- und Lebens-Straffe verbieten / daß niemand dem
Scharfrichter an Vollstreckung des aus gesprochenen Urtheils verhinder / noch an
ihn / ob es ihm gleich mißlingete / Hand anlegen / oder sich vergreiffen solle.
Endlich soll der Richter / nach Abführung des armen Sünders / sagen:
Nunmehr gebe ich dieses Hoch-Noth-Peinliche Hals-Gericht auf / im Nahmen GOttes
des Vaters / des Sohnes und des hei [166] ligen
Geistes; Und selbst neben andern Personen / welche nach iedes Orths Gewohnheit
von Gerichts wegen mit zu reiten pflegen / zur Richt-Stätte folgen.
CCCCXV. Im Fürstenthum Sachsen-Altenburg geschiehet es auf nachgesetzte maße:
1. Setzen sich die Gerichts-Personen an den / unter freyen Himmel / an etlichen
Orthen aber auf dem Saal des Rath-Haußes gesetzten Tisch nieder / und wenn der
arme Sünder bald herzu gebracht ist / ziehet der Richter sein Schwerdt aus /
nimmet es entweder allein / oder nebst einem weißen Stäblein / in die rechte
Hand / und redet den einen Schöppen zur lincken Hand auf diese Maaße an:
Herr Land-Gerichts-Schöppe ich frage Euch / ob es an der Zeit und Stunde ist /
daß ich des Durchlauchtigsten Fürsten und Herrn / Herrn Friedrichs / Hertzogs zu
Sachsen / Jülich / Cleve und Berg / cum toto titulo &c. Meines
gnädigsten Herrn Hoch-Noth-Peinliches Halß-Gerichte hegen möge / einen iedenzu
seinen Rechten / nach peinlicher Arth?
Hierauf antwortet der erste Schöppe zur lincken Hand:
Herr Land-Richter / dieweil euch die Gerichte befohlen / und Leuthe vorhanden
seynd / welche Hoch-Noth-Peinliche Halß-Gerichte und Recht begehren / so ist es
an der Zeit und Stunde / daß ihr des Durchlauchtigsten Fürsten und Herrn sc.
Hoch-Noth-Peinlich Hals-Gerichte anfahen und hegen möget / einem iedweden zu
seinem Rechten nach peinlicher Arth.
Der Land-Richter fragt so denn den andern Schöppen zur rechten Hand:
Herr Land-Gerichts-Schöppe ich frage Euch / wie ich des Durchlauchtigsten Fürsten
und Herrn / Herrn sc. Hoch-Noth-Peinlich Halß-Gerichte hegen soll / einem ieden
zu seinen Rechten / nach peinlicher Arth?
Der andere Schöppe
Antwortet: Herr Land-Richter: Gebiethet Recht / und verbiethet Unrecht / und
Dinges Unlust / und daß niemand vor gehegte Banck trete / er thue es denn mit
Erlaubniß des Herrn Land-Richters / und seiner zugeordneten
Land-Gerichts-Schöppen / und daß neimand sein selbst eigenes / oder eines andern
Wort rede / er thue es denn gleichfals mit Uhrlaub und Vergünstigung seiner /
seiner zugeordneten Land-Gerichts-Schöppen / es gehe ihm sonst an sein höchstes
Recht / nach peinlicher Art.
|| [167]
Hierauf
stehet der Land-Richter auf / und heget das Gerichte mit folgenden Worten: Des
Durchlauchtigsten Fürsten und Herrn / Herrn Friedrichs / Hertzogens zu Sachsen.
Tot. Tit. Meines Gnädigsten Fürsten und Herrn / Hoch-Noth-Peinlich Hals-Gerichte
hege ich mit Urthel und Recht / zum erstenmahl / ich hege es mit Urthel und
Recht zum andernmahl / ich hege es mit Urthel und Recht zum drittenmahl / ich
gebiethe Recht / und verbiethe Unrecht / und Dinges Unlust / und daß keiner vor
gehegte Banck trete / er thue es denn mit Erlaubniß meiner und meiner
zugeordneten Herrn Land-Gerichts-Schöppen / auch das keiner sein selbst eigenes
oder eines andern Wort rede / er thue es denn gleichfals mit Uhrlaub und
Vergünstigung meiner / und meiner zugeordneten Herren Land-Gerichts-Schöppen /
es gehe ihm sonst an sein höchstes Recht nach peinlicher Arth.
Alsdenn fraget der Land-Richter den dritten Schöppen / zur lincken Hand.
Herr Land-Gerichts-Schöppe / ich frage Euch / ob des Durchlauchtigsten Fürsten
und Herrn / Herrn Friedrichs &c. &c. Meines Gnädigsten Herrn
Hoch-Noth-Peinlich-Hals-Gerichte ich zu Recht geheget habe / einem ieden zu
seinen Rechten / mit Urthel und Recht nach peinlicher Arth?
Der dritte Schöppe
Antwortet: Herr Land-Richter; Ich erkenne und theile für Recht / daß ihr des
Durchlauchtigsten Fürsten und Herrn / Herrn Friedrichs &c. Meines
Gnädigsten Herrn Hoch-Noth-Peinlich Hals-Gerichte zu Recht gnugsam geheget habt
/ laßet es den Knecht abruffen.
Der Land-Richter befiehlet so dann mit diesen Worten: ???Knecht! ruffe es ab.
Der Land-Knecht braucht allhier diese Worte: Des Durchlauchtigsten Fürsten und
Herrn / Herrn Friedrichs / Hertzogs zu Sachsen / Tit. Tot. Meines Gnädigsten
Fürsten und Herrn Hoch-Noth-Peinlich Hals-Gerichte ist geheget mit Urthel und
Recht zum erstenmahl / es ist gehegt zum andernmahl / es ist gehegt zum
drittenmahl / hat iemand vor diesem Hoch-Noth-Peinlichen Hals-Gerichte zu klagen
/ der komme vor / wie recht ist / die Gerichte wollen iedweden Rechts
verhelffen.
Allhier kom̅t der Peinliche Ankläger / dessen Stelle der
Scharff-Richter an vielen Orthen bey solchen Actibus vertrit / und redet: Herr
Land-Richter ich bitte um Gunst und Uhrlaub / daß ich vor das
Hoch-Noth-Peinliche Hals-Gerichte treten und reden möge.
|| [168]
Der Land-Richter
antwortet. Es sey dir erlaubt und vergönnet.
Der Peinliche Ankläger oder Scharff-Richter sagt hierauf: Ich klage an diesen
armen Sünder / daß er wider daß siebende [oder welches es ist] Geboth gehandelt
/ ich klage ihn an zum erstenmahl / ich klage ihn an zum andernmahl / ich klage
ihn an zum drittenmahl / zu Hals und Bauch / und alles was er um und anhat /
damit soll er bezahlen heute diesen Tag.
Ferner redet er:
Herr Land-Richter ich frage Euch / ob ich heute meine drey Anklagen vollbracht
habe / wie sich solches zu Recht / und gewöhnlicher Arth gehöret?
Der Land-Richter
Antwortet. Ja du hast deine drey Anklagen gethan / wie es Recht ist / und sich
nach gewönhlicher Arth gehöret.
Der peinliche Ankläger oder Scharff-Richter
sagt: Herr Land-Richter / ich bitte um Gunst / daß ich weiter reden mag.
Der Land-Richter
antwortet: Ja es sey dir vergönnet.
Peinlicher Ankläger oder Scharff-Richter
sagt: Herr Land-Richter / ich frage Euch / ob es nicht recht und billig sey / daß
man dem armen Sünder das Urthel um seines bessern Verstandes willen vorlese /
und höre ob er seine Missethat geständig / damit ich Recht thue und Unrecht
lasse.
Der Land-Richter
Antwortet: Ja es soll geschehen / und saget hierauff zu dem Actuario, er soll das
Urthel ablesen.
Hierauf
lieset der Actuarius daß eingeholte Urthel öffentlich und deutlich ab / jedoch
weiter nicht / denn biß an die Wort: Woferne. Alsdenn hält er inne / und fragt
den armen Sünder / ob er diese That noch geständig. Wenn der Verbrechung mehr
denn eine ist / muß das Urthel nur von einem Delicto biß zum andern gelesen /
und Inquisit gefraget werden / ob er es geständig? Wenn nun der arme Sünder ja
antwortet / so dann werden die Worte des Urthels: Woferne uf diese Arth
verwandelt / und von dem Actuario abgelesen: Diewell nun Inquisit vor dem
Hoch-Noth-peinlichen Hals-Gerichte auf sei [169] ner
Aussage nochmahls verharret / so wird er mit dem Strang vom Leben zum Tode
bracht. V. R. W.
Und alsdenn wird auch der darauf erfolgte Executions-Befehl gelesen.
Der Scharff-Richter
redet hierauf also: Herr Land-Richter / weil ich denn gehöret / daß gegenwertiger
armer Sünder seine Missethat nochmals gestehet / und ich denselben anietzo vom
Leben zum Tode bringen sol / wie das Urthel vermag / so will ich ihn auf und
annehmen / und die Straffe vollziehen.
Der Land-Richter
sagt: Dieweil dieser gegenwertige arme Sünder seine in dem eingeholten Urthel
enthaltene Missethaten nochmahls allerdings geständig / so bist du wol befugt /
solchen nunmehr hinzunehmen / und an ihm die Straffe / wie Urthel und Recht
mitbracht / zu vollziehen / will demnach dir solchen hiermit über geben / und /
die Straffe an ihm zu vollziehen / anbefohlen haben.
Der Scharff-Richter
redet folgend: Herr Land-Richter! Ich bitte um ein frey sicher Geleit / so mir
etwa meine Kunst mißlingen möchte / welches ich doch / ob Gott wil / nicht hoffe
/ damit ich meinen Eingang / so wohl alsden Außgang haben mag.
Der Land-Richter
antwortet: Ja es soll geschehen / und darauf sagt er zum Land-Knecht: Knecht /
ruffe dem Scharff-Richter ein frey sicher Geleit aus.
Der Land-Knecht
ruffet das Geleit mit diesen Worte̅ ab: Es wird vor diesen
Hoch-Noth-peinlichen Hals-Gerichte dem Scharff-Richter / und seinen bey sich
habenden Leuten / ein frey sicher Geleit hiermit außgeruft / daß / wofern ihm
etwa seine Kunst mißlingen möchte / er seinen Eingang so wohlals den Ausgang
haben / und sich niemand an ihm vergreiffen solle / bey Leib und Lebens-Straffe.
Der Scharff-Richter
redet weiter. Herr Land-Richter! Ich bitte ihr wollet mir vergönnen / von diesen
Hoch-Noth-Peinlichen Hals-Gerichte abzutreten / und den armen Sünder / mir
nachzufolgen / von Rechtswegen.
Der Land-Richter
antwortet: Ja / es sey dir vergönnet / und fragt hierauf den 4 ten Schöppen mit
diesen Worten: Herr Land-Gerichts-Schöppe! Ich frage Euch ob es an der Zeit und
Stunde sey / daß ich des Durchlauchtigsten Fürsten und Herrn / Herr Friedrichs /
Hertzogens zu Sachsen &c. Meines Gnädigsten [170] Fürsten Hoch-Noth-Peinlich Hals-Gerichte mit Urthel und Recht wieder aufgeben
mag / wie es angefangen ist?
Der 4te Schöppe
antwortet: Ich befinde und theile vor Recht / daß weil niemand vorhanden / der
vor diesen Hoch-Noth-peinlichen Hals-Gerichte wieter zu klage̅ hat
/ oder Gericht und Recht begehret / ihr dasselbe im Nahmen Gottes wiederum mit
Urthel und Recht / wie ihr es angefangen habt / aufgeben möget Lasset es aber
zuvor den Knecht nochmals abruffen / ob noch jemand vor handen seyn möchte / der
vor diesen Hoch-Noth-Peinlichen Hals-Gerichte zu schaffen hätte.
Der Land-Richter
befiehlet hierauf mit diesen Worten: Knecht / ruffe es wiedrum ab.
Der Gerichts-Knecht
braucht alsdenn folgende Wort: Ob jemand vorhanden / der vor diesen
Hoch-Noth-Peinlichen Hals-Gerichte zu schaffen hätte / der mag vortreten / denn
die Herrn wollen das Gericht aufgeben. Wenn nun dieses geschehen / so hebet
Der Land-Richter
an und sagt: So gebe ich des Durchlauchtigsten Fürsten und Herrn / Herrn
Friedrichs / Tot. Tit. Meines Gnädigsten Fürsten und Herrn Hoch-Noth-Peinlich
Hals-Gerichte hiermit wieder auf / im Namen Gottes des Vaters / des Sohnes und
des heiligen Geistes. Unser HErr Gott behüte uns vor einem bösen Gerichte /
Amen. Und indem er diese Wort redet / zerbricht er den Stab / und wirfft ihn
hinter sich / darauf werden die Bäncke umgestossen.
CCCCXVI. In der Graffschafft Schwartzb. Sondershäusischer Linie wird das
Hoch-Noth-Peinliche Hals-Gericht also gehalten und geheget:
Der Land-Richter
Fraget den ersten Schöppen: Herr Schöppe N. N. ich frage euch: ob es an der Zeit
/ Tag und Stunde sey / daß des Hochgebohrnen Graffen und Herrn
Herrn
Christian Wilhelms /
oder
Anthon Günthers /
Der vier Graffen des Reichs / Graffen zu Schwartzburg und Hohnstein / Herrn zu
Arnstadt / Sondershausen / Leutenberg / Lohra und Klettenberg / [171] meines Gnädigen Graffen und Herrn / Hoch-Noth-peinlich
Hals-Gerichte / einen ieden zu seinen Rechten / ich hegen möge?
Antwort
Des ersten Schöppen:
Herr Land-Richter / dieweil euch die Gericht befohlen / und Leute vorhanden sind
/ die Hoch Noth-Peinliche Hals-Gerichts / und Rechtens begehren / so ist es an
der Zeit / daß ihr des Hochgebohrnen Graffen und Herrn /
Herrn
Christian Wilhelms /
oder
Anthon Günthers /
Der vier Graffen des Reichs / Graffen zu Schwartzburg und Hohnstein / Herrn zu
Arnstatt / Sondershausen / Leutenberg Lohra und Klettenberg / Meines Gnädigen
Graffen und Herrn / Hoch Noth-peinlich Hals-Gericht hegen möget.
Der Land-Richter fraget den andern Schöppen zu lincken Hand.
Herr Schöppe. N. N. Ich frage Euch / wie ich des Hochgebohrnen Graffen und Herrn
Herrn
Christian Wilhelms /
oder
Anthon Günthers /
Der vier Graffen des Reichs / Graffen zu Schwartzburg und Hohnstein &c.
Meines Gnädigen Graffen und Herrn / Hoch-Noth-peinlich Hals-Gerichte hegen
solle?
Antwort des andern
Schöppen:
Herr Land-Richter / gebiethet Recht / und verbiethet Unrecht / und allen Tumult /
und das niemand sein selbst oder eines andern Wort für euch in gehegter Banck
rede / er thue es dann mit Urlaub.
Hierauf heget der Land-Richter das Gerichte:
So hege des Hochgebohrnen Graffen und Herrn /
Herrn
Christian Wilhelms /
oder
Anthon Günthers /
Der vier Graffen des Reichs / Graffen zu Schwartzburg und Hohnstein / [172] Herrn zu Arnstadt / Sondershausen / Leutenberg / Lohra
und Klettenberg / meines Gnädigen Graffen und Herrn / ich Hoch Noth-peinlich
Hals-Gerichte von Gottes und meiner Herren Schöppen wegen.
Ich hege es zum erstenmahl.
Ich hege es zum andernmahl.
Ich hege es zum drittenmahl.
Ich gebiete in diesen Hoch-Noth-peinlichen Hals-Gerichte Friede / und verbiethe
Unfriede / erstlich gebiethe ich Gottes Friede / und so dann meines Herrn
Schöppen Friede. Wer diesen Frieden bricht mit Worten / dem gehe es an sein
höchstes Recht / Ich bedinge mir auch in diesen Hoch Noth-peinlichen
Hals-Gerichte / alle bedingliche Dinge / ich benenne oder benenne sie nicht /
mit zwey oder eins / nach Urhel und Recht.
Der Land-Richter fraget den 3. Schöppen zur lincken Hand.
Herr Schöppe N. N. ich frage Euch: ob des Hochgebohrnen Graffen und Herrn
Herrn
Christian Wilhelms /
oder
Anthon Günthers /
Der vier Graffen des Reichs / Graffen zu Schwartzburg und Hohnstein / Herrn zu
Arnstadt / Sondershausen / Leutenberg / Lohra und Klettenberg / Meines gnädigen
Graffen und Hern / Hoch Noth-peinlich Hals-Gerichte ich einem ieden zu seinen
Rechten genugsam geheget habe?
Antwort:
Ja es ist geschehen.
Hierauf befiehlet der Land-Richter dem Gerichts-Diener / daß er des Hochgebohrnen
Graffen und Herrn /
Herrn
Christian Wilhelms /
oder
Anthon Günthers /
Der vier Graffen des Reichs / Graffen zu Schwartzburg und Hohnstein / Herrn zu
Arnstadt / Sondershausen / Leutenberg / Lohra und Klettenberg / Seines gnädigen
Graffen und Herrn / Hoch Noth-peinlich Hals-Gerichte ausruffen soll.
|| [173]
Gerichts-Diener.
Höret zu ihr Bürger und andere: es ist ietzo des Hochgebohrnen Graffen und Herrn
Herrn
Christian Wilhelms /
oder
Anthon Günthers.
Der vier Graffen des Reichs / Graffen zu Schwartzburg und Hohnstein Tot. Tit.
Meines gnädigen Graffen und Herrn Hoch Noth-Peinlich Hals-Gericht geheget /
einem ieden zu seinem Rechten /
Es ist geheget
zum erstenmahl /
andernmahl /
drittenmahl.
Zweier und eins mit Urthel und Recht / und nach peinlicher Art / und daß niemand
vor das Hoch Noth-Peinliche Hals-Gericht soll vor / oder abtrete̅
/ er thue es den̅ mit Gerichts Urlaub un̅ Recht. Wer
nun vor diesen Hoch-Noth-Peinlichen Hals-Gericht zu schaffen hat / der komme und
trete hervor / nach peinlicher Arth / es soll einem ieden / nach Recht /
geholffen werden.
Hierauf trit der Scharffrichter vor / und spricht: Herr Land-Richter / ich bitte
daß mir vergönnet werde vor das Hoch-Noth-Peinliche Hals-Gericht zu treten.
Der Land-Richter antwortet:
es sey dir erlaubt.
Der Scharffrichter fragt!
Herr Land-Richter / wie soll ich mit meiner peinlichen Klage vorkommen?
Dem antwortet der Land-Richter:
Wie sich das nach peinlicher arth gebühret.
Der Scharff-Richter!
Herr Land-Richter und Herren Schöppen / allhier klage ich N. N. [des armen
Sünders Tauff- und Zunahmen wird hier genennet] Peinlich an / welcher dem andern
Gebothe Gottes und denen beschriebenen Rechten zu wider / Hex- und Zauberey
getrieben / [Nota: hat er ein ander Delictum, als Raub / Mord / Ehebruch /
Diebstahl und dergleichen begangen / wird es mutatis mutandis hie angeführet:]
welches er billig hätte unterlassen sollen. Dannenhero klage ich an zum
erstenmahl / ich klage ihn an zum andernmahl / ich klage ihn an zum drittenmahl.
[Vor diesen ist hinzu gethan worden zu Hals und Bauch / auch was er um und an
hat / damit soll er bezahlen heut diesen Tag / welches aber ietzt außgelassen
wird /]
|| [274]
Scharff-Richter
Bittet / ihm ferner zu verstatten zu reden.
Land-Richter:
Es sey dir vergönnet.
Scharff-Richter
Herr Land-Richter / ich frage Euch: ob ich heute diesen Tag meine drey Anklagen
in einer Klage vollbracht habe / wie sich solches zu Recht / und nach Peinlicher
Art gebühret?
Land-Richter:
Ja es ist geschehen.
Scharff-Richter:
Herr Land-Richter vergönnet mir ferner zu reden / und zu fragen / wie ich mich
gegen den armen Sünder verhalten soll / damit ich Recht thue / und Unrecht
lasse?
Land-Richter:
Wie es Urthel und Recht mit sich gebracht.
Scharf-Richter:
Ob es nicht billig sey / daß man diesen armen Sünder [oder Sünderin] die Urgicht
und das Urthel vorlese / und vernehme / ob er der Thaten nochmals geständig?
Land-Richter:
Das geschicht billig.
Drauf spricht der Land-Richter:
Herr Gericht-Schreiber / leset dem armen Sünder seine Urgicht vor.
Das geschicht.
Weil man ausserhalb den Gerichten solche Urgichten selten zu sehne bekömmet /
habe ich dem Curiösen Leser zur Nachricht etliche hiebey anführen wollen:
Urgicht H. M. von N. vorn Peinlichen Hals-Gerichte vorzulesen.
H. M. hat gestanden und bekant / daß er zeithero unterschiedliches gestohlen /
und zwar einen Bauren zu Harhausen eine Flinten / dem G. Müller eine Ofenblase.
HS. ein 16. Groschensttück 2. zinnerne Schüsseln und einen kupffernen Topff. Von
den Creutzen auf dem Gottes-Acker die kupfferne Tächder S. Scheuren ein Schloß
und Kloben; aus dem Rüsthause ein harnisch Brust-Stock / H. A. ein zinnern
Tellerchen / aus der Hof-Stube einen zinner [175] nen
Becher / aus der Kammer über der B. Stube auf dem Schloße 2. Vorhänge / aus des
B. V. Stuben ein klein Schlößlein / etlich Geld aus dem Keller Geld-Kästlein /
aus dem Wagenstein 10. gl. Ferner V. W. Kämladen zu unterschiedenen mahlen
erbrochen / Wolle / Korn und Käse draus / wie auch aus dem Keller 2. halbe
Thüren / und ein paar Bänder / nebst dem Schlosse genommen / aus der Hof-Schmide
13. Hufeisen entwendet / an den Feuer-Leitern 2. Schlosse abgemacht / auf den R.
Türmgen in Schloß-Garten ein Thür-Schloß abgebrochen. Imgleichen ein paar
lederne Hosen aus der Cammer in der Residenz. Item ein paar stück Leder von der
alten Kutschen vor der Stall-Stuben geschnitten. Einen Böttcher Hammer vor dem
Faßhause im Schloß-Platze. Ein stück Bleich-Leinwad von 20. Ellen zu M. und ein
Schar-Eisen A. N. gestohlen / und alles zu feinen Nutzen verwendet.
Noch eine andere Urgicht
In Hexerey-Sachen.
Maria S. hat in ihrer Urgicht / und hernach gütlich bekant / wiederholet und
gestanden / daß sie mit dem Laster der Zauberey beschmitzt / sich mit dem bösen
Feinde verbunden / der ihr versprochen / alles genug zu bringen / daß ihn auch
ihren GOtt nennen müssen / den HErrn Christum hergegen und ihren Tauf-Bund
verleugnet / von den Satan sich ümtauffen lassen / mit ihme unmenschliche
Unzucht getrieben / und solches zu unterschiedlichen mahlen wiederholet / auch
erstesmahl vier Kopf-Stück daher von ihm empfangen / die Hexen-Täntze besuchet /
auch durch Ubergebung dem bösen Feinde J. R. Kind und U. W. bezaubert. H. R. ein
Pferd gesterbet. Ferner daß sie ihre Beine und Arme mit Kräutig gewaschen / das
Wasser hernach in des bösen Feindes Nahmen vor K. Thür gegossen / und dessen
Weib dadurch bezaubert / und uf des Satans Geheiß früh ins Wasser gegangen / und
solches mit den Händen übern Kopff geschlagen / üm dadurch das Kopf-Weh zu
vertreiben / alles nach mehrern Inhalt der ergangenen Inquisition-Acten,
&c.
Noch eine /
Elisabeth F. von R. hat bekant und gestanden / daß sie eine Hexin sey / von dem
bösen Feind / der in Gestalt eines Kerls in schwartzen Kleid und Hute zu ihr
kom̅en / und sich Hanß genennet / in seinen Nahmen sich
ümtauffe̅ lassen / mit dem selben vielmahl unnatürliche
Unzucht getrieben / auch einen Bund mit ihm gemacht / bey dem heiligen Abendmahl
die Hostien zu dreymahlen wieder aus dem Munde genommen / und dem bösen Feinde
gegeben. [176] S. L. Kuh bezaubert / daß solche garstige
Milch und Raum gegeben / offtmahls denen Hexen-Täntzen beygewohnet / auch ihres
Sohns Kind von 10. Jahren / Annen Catharinen F. verführet / daß der böse Feind
dieselbe ümgetaufft / ihres Sohns Frauen ein Pülverlein / so sie von den bösen
Feind bekommen / in einen Trunck Bier gegeben / daß sie sterben müssen.
Ingleichen H. G. Kinde auch ein solch Pülverlein beygebracht / davon es sehr
aufgelauffen / und auch gestorben / sc.
Noch eine andere.
B. W. hat gütlich gestanden und bekant / daß sie eine Hexin sey / sich dem bösen
Feinde versprochen / ihme die Hand drauf gegeben / und einem Thaler von ihm zu
B. zum Tranck-Geld bekommen. Zu Binderleben bey dem Saltzborn / hätte er sie in
seinen Nahmen getaufft / den HERRN CHristum verleugnet / zweymahl auf dem
Brocks-Berg bey den Hexen-Täntzen gewesen / und dahin auf einer Calesse / davor
vier Böcke gespannet gewesen / gefahren / mit dem Satan zweymahl unnatürliche
Unzucht getrieben / und dadurch ein schwartz Ding eines Maaß-Krügleins groß /
gebohren. N. L. voll Läuse gemacht / die Frau von T. mit Hülffe des bösen
Feindes / ümgestossen / daß sie ein Bein gebrochen. N. E. Tochter durch einen
Butterfladen / worauf sie das von ihren Buhlen empfangene Pulver und Gesämig
gestreuet / getödtet / auch von solchen Pulver etwas in Klösse gethan / und
dadurch W. R. Katze gesterbet. R. Kind beschryen / daß es sterben müssen / auch
ferner M. V. etwas von ob-gedachten Pulver in einem Trunck Bier beygebracht /
wovon sie böse Würmer / und sonst allerhand Geschmeiß in den Leib bekommen /
davor sie weder Tag noch Nacht Ruhe haben können. Alles nach mehrern Inhalt der
ergangenen Inquisition-Acten, &c.
CCCCXVII. Wenn nun die Urgicht abgelesen worden / fraget der Land-Richter den
armen Sünder:
Gestehest du dieses?
Spricht der arme Sünder Ja!
Fähret der Land-Rrichter fort / und saget zu dem Gerichts-Schreiber:
Nun so leset dem armen Sünder auch sein Urtheil vor.
Welches der Gerichts-Schreiber thut.
An etlichen Orthen wird das Urtheil / wie es in den Schöppenstühlen gesprochen /
und denen Beambten oder andern / welche die peinliche Gerichte zu exerciren
haben / zugeschickt wird / nebst dem Executorial-Befehl ab [177] gelesen. Vielerwegen aber wird das End- oder Straff-Urtheil
im Nahmen der Herrschafft publiciret / folgender maßen:
Wir von GOttes Gnaden N. Herzog zu N. tot. Tit.
Oder /
Wir N. Graf zu N / sc.
Erkennen auf eingeholten Rath des Schöppenstuhls zu N.
Alldieweil O. T. Wittibe vor diesem gehegten peinlichen Gerichte nochmahls
gestanden / daß sie
1. Eine Hexe und Zauberin sey /
2. Dem bösen Feind zugesaget und angelobet sein eigen zu seyn /
3. Die heilige Dreyfaltigkeit verschworen / auch
4. Mit dem bösen Feind etliche mahl ummenschliche Unzucht getrieben.
6. Die Hexen-Täntze offt besuchet: So wird sie / wegen solcher begangenen und
gestandenen Missethaten / mit dem Schwerdt vom Leben zum Tode gerichtet / und
hernach der Cörper ins Feuer geworffen und verbrand V. R. W.
Urkundlich mit Unserm Cancelley-Secret bedrucket / und geschehen N. den 7. Octob.
1687.
[L. S.]
Noch eine andere Formul.
Wir Anthon Günther / der vier Graffen des Reichs / Graff zu Schwartzburg und
Hohnstein / tot. Tit. erkennen / auf eingeholte rechtliche Erkäntnis des Fürstl.
Sächß. Schöppen-Stuhls zu Jena / alldieweil C. H. eine Wittibe von R. vor diesem
gehegten peinlichen Gerichte nochmahls gestanden / und bekant / daß sie
1. Vor langer Zeit / als sie noch ein junges Weib gewesen / und ihr erstes Kind
von ihren ersten Manne N. N. gehabt / von einem alten Weibe aus E. bürtig / sich
allhier zu Arnstad / allwo sie sich wegen des Krieges-Wesens aufgehalten / zu
Hexerey verführen lassen.
2. Hätte sie der Teufel / welcher sich Johan̅es genennet / in der
Stuben in N. Hauß in der N. Gassen / mit Wasser aus der Ofenblasen / in sein
Namen gemißtauffet.
3. Daß sie mit Aufreckung zweyer Finger an ihrer rechten Hand / die [178] heilige Dreysaltigkeit verschworen / und ihm allein zu
folgen / und zu gehorsamen / mit einen Handschlag angeloben müssen.
4. Drauf sie die zeither so offt und vielmahl mit besagten ihrem Buhlen dem
Teuffel unmenschliche Unzucht getrieben / daß sie die Zahlen nicht benennen
könte.
[Dieses Weib war bey die 74. Jahr alt / und hatte gantzer 50. Jahr mit dem
Teuffel zugehalten.]
So wird sie wegen solcher begangenen und gestandenen Missethat mit dem Feuer vom
Leben zum Tode gestrafft. V. R. W.
Urkundlich &c. &c. Arnstad den 7. Octobr. 1687.
[L. S]
Wenn das Urthel verlesen worden / bricht der Land-Richter den Stab / und spricht
zu dem Scharff-Richter: Ich übergebe dir hiermit den armen Sünder / und befehle
das gesprochene Urthel an ihr zu vollstrecken.
Scharff-Richter.
Nachdem ich heute diesen Tag das abgelesene Urthel an diesen armen Sünder
vollstrecken / und ihn mit den Schwerd [oder mut. mutd.] vom Leben zum Tode
bringen soll / so will ich um ein sicher Geleith gebeten haben / im Fall es mir
wieder verhoffen mißlingen solte / daß sich niemand an mir oder den Meinigen
vergreiffen mag.
Land-Richter.
Gerichts-Diener / ich befehle dir / daß du den Scharff-Richter ein frey sicher
Geleite außruffen solst.
Gerichts-Diener.
Es lässet der Hochgebohrne Graff und Herr /
Herr
Christian Wilhelm /
oder
Anthon Günther /
Der vier Graffen des Reichs &c. [Tot. Tit.] Mein gnädiger Graff und Herr
/ den Scharff-Richter hiermit ein frey sicher Geleite außruffen / dergestalt und
also / da es über verhoffen / Ihm oder den Seinigen / an Vollstreckung des
Urtheils mißlingen solte / daß sich niemand an ihn vergreiffen solle / bey
Leibes-Straffe.
|| [179]
Scharff-Richter.
Herr Land-Richter / erlaubet mir wider ab zutreten.
Land-Richter.
Es sey dir erlaubet.
Land-Richter.
Ich befehle dir Gerichts-Diener / daß du außruffen sollest / ob noch iemand
vorhanden / der vor diesen Hoch-Noth-Peinlichen Hals-Gerichte zu klagen hätte /
daß derselbige sich mit Erlaubnis angeben möge.
Gerichts-Diener.
Ist iemand noch vorhanden / der vor diesen Hoch-Noth Peinlichen Hals-Gerichte zu
klagen hat / der mag es thun / sonsten soll meines gnädigen Herr
Hoch-Noth-Peinliches Hals-Gerichte wieder aufgehoben werden.
Hierauf folget die Aufgebung des Gerichts.
Der Land-Richter fraget den 4. Schöppen.
Herr Schöppe N. N. Ich frage Euch / ob es nunmehro an der Stunde ist daß des
Hochgebohrnen Graffen und Herrn /
Herrn
Christian Wilhelms /
oder
Anthon Günthers /
Der vier Graffen des Reichs / Graffen zu Schwartzburg und Hohnstein / Herrn zu
Arnstad / Sondershausen / Leutenberg / Lohra und Klettenberg / meines gnädigsten
Graffen und Herrn Hoch-Noth-Peinlich Hals-Gerichte ich wiederum aufheben solle?
Antwort des 4. Schöppen.
Ja / es ist an der Zeit / daß des Hochgebohrnen Graffen und Herrn /
Herrn
Christian Wilhelms /
oder
Anthon Günthers /
Der vier Graffen des Reichs / Graffen zu Schwartzburg und Hohnstein Tot. Tit.
Meines gnädigen Graffen und Herrn / Hoch-Noth-Peinlich Hals-Gericht wiederum
auffgehoben werden möge.
|| [180]
Land-Richter.
So gebe des Hochgebohrnen Graffen und Herrn /
Herrn
Christian Wilhelms /
oder
Anthon Günthers /
Der vier Graffen des Reichs / Graffen zu Schwartzburg und Hohnstein / Herrn zu
Arnstadt / Sondershausen / Leutenberg / Lohra und Klettenberg / &c.
Meines gnädigen Graffen und Herrn / Hoch-Noth-Peinliches Hals-Gerichte auf in
Nahmen Gottes des Vaters / Sohnes und heiligen Geistes Amen.
Hierauf
werden die Bäncke umgestossen / und die armen Sünder fortgeführet.
CAPUT. II
Von den Peinlichen Richter / Item Den Inquisitions-Process, Tortur und
Hinrichtung der Ubelthäter.
I.
DEr alte Philosophus Chrysippus, damit Er die Hochwürdige und Königliche Dame,
die Justiz, männiglich wohl möchte fürbilden / pflegte dieselbe auch für den
äusserlichen Augen abzumahlen / daß / wer sie nur ansahe / gnugsame Ursach hatte
/ sie nicht allein mit sonderlicher Liebe und Begierde in sein Hertz zu fassen /
sondern sie auch fest und steif darinn zu behalten / als wenn sie ihm mit Gewalt
darein gedruckt / oder eingegraben wäre. Er machte ein Bild einer schönen und
reinen Jungfer / mit ernstlichen tapffern Anblick oder Gesichte / mit hellen
Augen / die gleichsam funckelten / und liebliche Flammen von sich ga [181] ben. Die Kleidung war erbar und züchtig / und
der gantze Stand und Bewegung nach einer gebührlichen und wohlanstehenden
Gravität gerichtet In solchen Gemählde wolte dieser hochweise Philosophus
anzeigen / wie die Richter und alle Personen / so der Gemeinschafft und
Conversation mit dieser Edlen Damen gewürdiget werden / sollen beschaffen seyn /
nemlich daß sie auch ihres Theils aufrichtige / fromme und unversehrte Jungfern
seyn sollen / gütig / freundlich / tapffer / ernstlich / mit hellesehenden und
flammenden Augen / die auch ein freundliches und liebliches Licht von sich geben
/ wie dann Gnade und Güte / oder Billigkeit wohl bey ernsten Rechte stehet /
erbarlich bekleidet / und in allen ihren Gebärden und Actionibus also beschaffen
/ daß überal eine moderirte und beständige Gravität heraus leuchte / auff daß
eine rechte und löbliche Convenienz unter ihnen beyden sey.
Aul. Gellius lib. 14. Noct. Attic. cap. 4.
Plato quoque lib 34 Dial. 12. de Legibus scribit: Judicium & Justitiam
Virginem esse pudicam. Nec non Orpheus in Hymnis, & Hesiodus in Ergis:
Ideo nulla corruptione pecuniae velgratiae esse tentandam, se??? ipsam ulcisci.
Petr. Gregor. Tholos. Synt. Jur. univ. lib. 36. c. 28. n. 7.
II. Denn es ist in Warheit nicht allein wohlständig / sondern auch hochnothwendig
/ daß ein Richter ein Gottesfürchtiges / reines / unversehrtes und aufrichtiges
Hertz und Gemüthe habe / welches gnugsam sey / allen denen Dingen / die Ihm
zuwider / und es schwächen / oder es nachtheilig versehren möchten / zuwider
stehen: Daß Er sich mit Geld nicht lasse bestechen / durch Furcht nicht beugen /
durch Liebe nicht erweichen / durch Unwissenheit nicht betriegen: Ja daß er sich
also nimmermehr bewegen lasse / daß er sich um einigen Respects willen
vergreiffe / noch die Ordnung der Justiz um einigen affects willen verkehre.
Thom. Garzon. in Piazza Univers. Disc. 115. pag. 1029.
III. Einen solchen rennete man vor Alters Sprichworts-Weise AEGYPTIUM JUDICEM i.
e. integrum, non constupratum, sed sanctum, nihil praemio, nihil metu à
Justitiae semita digredientem, & planè eum, quem vocant Graeci [Greek words], qui gratiae nihil prorsus tribuit,
estque, ut ita dicam, Justitia ipsa justior, & vel Stachane aequior.
Suggerunt quippe nobis Veterum monumenta, AEgyptiis Regibus, ex praescripto
Legis antiquae, moris fuisse, judices mox futuros jure jurando adigere, ne, si
Rex quidem injusti quippiam injunxisset, à virtutis medio declinarent, ne lineam
omnino [quod dicitur] moverent. Adjicit Diodorus, in Simandii monumento parte
quadam Judicum stetisse signa, eorumque principem ita [182] constitutum, ab ejus ut collo suspensa propenderet VERITAS, ipse autem esset
oculis paulò minus clausis, librorum cumulo circumjecto, ceu veritas modò sit
inspectanda. Quae res omnium censetur excellentissima. quando neque Hesperus
neque Lucifer ita nitet, sicut justus vir, ut dixit Euripides. Et Theognis
comprobat, justitiam continere virtutes omnes.
Coel. Rhodigin. Lect. Antiq. lib. 23. c. 13.
IV. Die nothwendige Eigenschafften aber eines Richters etwas ausführlicher
darzustellen / ist ja bekant / daß der Judex sey potissima pars, Dux &
Imperator Judicii, ut inquit
Baldus, in Rubr. Cod. si â non compet. Judic. n. 2.
Imò quasi lapis angularis, basis & fundamentum Judicii.
Seb. Vantius, de nullit. ex defect. Juris dict. n. 2.
Ludolph. Schrader, tr. de Feud. in praeamb. part. 10. n. 2.
Rudger. Ruland???tr. de commissar. lib. 2. c. 2. n. 1. Et oculus justitiae Bartholom. Blarer. in L. diffamari C. de ingen. manum. cap. 1. n. 9. Auf welchen iederman / der was zu klagen hat / siehet / und seiner rechtlichen Hülffe begehret. V. Drum auch derselbe ein vortreflicher Mann von guter Wissenschafft / langer Erfahrung / und vielen Tugenden seyn muß / unter welchen die Vornehmste die Gottesfurcht ist; denn wer GOtt fürchtet / der meidet das Arge / und hat die Gerechtigkeit lieb / er scheuet sich vor GOtt / von dem er sein Amt und Gewalt herschreibet / und weiß / was derselbe im Buch der Weißheit am sechsten Capitel saget: Euch ist die Obrigkeit gegeben vom HErrn / und die Gewalt vom Höchsten / welcher wird fragen / wie ihr handelt / und forschen / was ihr ordnet: Denn ihr seyd seines Reichs Amtleuthe. Und ist einem solchen nicht unbekant / was im 82. Psalm vers. 3. geschrieben stehet: Schaffet Recht den Armen / und den Wäisen / und helffet den Elenden und Dürfftigen zu rechte. Errettet den Geringen und Armen / und erlöset ihn aus der Gottlosen Gewalt. Und wenn grosse Herren dem Rath Jethronis folgen / und sich üm redliche Leuthe / die GOtt fürchten / bewerben / wird Recht wohl Recht bleiben! Denn es ist wahr / wo keine Gottesfurcht ist / da ist auch kein Recht / da gilt kein Recht / da bleibet kein Recht! Sintemahl wer GOtt nicht fürchtet / waß solte der Menschen / ja auch sein eigen Gewissen [183] fürchten? Daher spricht Salomon / Die Seele des Gottlosen wünschet Arges / und gönnet seinem Nehesten nichts. Von der Gottesfurcht aber saget der heilige Vater Ambrosius, Pietus justorum tribunal, egenorum portus, miserorum suffragium! Einen frommen Richter wirstu nicht bestechen / nicht beugen können / Er siehet keine Person / keine Gefahr / Gunst oder Ungunst an / sondern gehet gleich durch / thut Recht und scheuet niemand. Nunquam certè apud illum Legum Sanctitas valebit quicquam, qui DEum non veretur: nec justi Judicis partes sustinebit, qui Judicem supremum post hanc vitam non timebit. Dan. Clasen, ad art. 1. Const. Crim. Caroli V. pag. 43. Drum auch die alten Hohen-Priester zu Jerusalem / welche zugleich Richter mit gewesen / das Gesetz geschrieben oben auf dem Häupt zu tragen pflegten / zur Anzeige / daß das Gesetz höher sey / als sie. Steph. Guazzi, in seinen rechtschaffenen Richter und Ambtmann / in princip. Und war vor diesen der Gebrauch / daß auf den Richter-Stuhl allezeit die Bibel geleget wurde / den Richter zu erinnern / daß er nach Gottes Wort richten / sein Gewissen und letztes Ende bedencken solte. Franzke, lib. 2. var. resol. 13. n. 13. Add Novell. 90. cap. ult. in fin. Es setzet auch Joh. Schäffer in Beschreibung Lap-Landes c. 13. fol 180. daß daselbst ein Ambtmann in Gegenwart eines Richters und eines Priesters einem ieglichen Recht sprechen müsse. Vieleicht darum / daß durch des Priesters Praesenz die Ambt-Leute ihres Ambts desto besser warnehmen möchten. Bey den Römern waren vor alten Zeiten die Geistliche Personen / so man Pontifices nennete / auch zugleich mit weltliche Richter.
Pomponius in L. 2. §. 6. ff. de O. J.
Alex. ab Alex. Lib. 2. Gen. dier. c. 8. Eben wie bey den Gallis die Druides, Jul. Caesar lib. 6. Item bey den Egyptern die Priester. AElian. lib. Var. Hist. c. 34. VI. Aber es langet die Gottesfurcht allein nicht hin / der Richter muß auch gelehrt / weise / klug / vernünftig / vorsichtig / erfahren und rerständig seyn.
C. Status Dist. 61.
L. 14. §. Legum C. de judic.
Novell. 60. in fin.
|| [184]
Peinl. Hals-Ger. Ordn. Caroli V. art. 1.
Schrader. de Feud. p. 10. Sect. 14. n. 2.
Herm. Vultej. 1. Discept. 8.
Rutger Ruland. de Commiss. Lib. 1. c. 13. n. 4.
Carpzov. p. 3. Prax. Crim. q. 116. n. 9.
Dan. Clasen, ad art. 1. Const. Crimin. Carl V. p. 43. Denn wo Kunst und Erfahrung / welches beydes die Rechte Klugheit zusammen machet / nich ist / da folget gern ein nüchtern Urthel / da man die Katze vor den Käyser ansiehet / und den Schatten vor dem Leib ergreifft. Zieriz ad art. 150. Const. Crim. Caroli V. Maximum proinde est vitium Reipublicae, non eis lites tradere, qui ex se. quid agendum sit, sciant, sed admittere eos, qui quaerere debent alios, à quibus discant, quae ipsos in judicando eloqui decet. Novell. 82. in pr. Hinc Judex non Practicus ad gubernandum planè est inhabilis. Petr. Greg. Tholos. lib. 16. de Rep. c. 6. Per experientiam enim Vera acquiritur & idonea Praxis Actionum forensium & rerum gerendarum in Republica. Adam Keller, de offic. Jurid. Polit. Lib. 1. c. 27. pag. 195. Et usus superat omnium Magistrorum praecepta, ut loquitur Cicero Lib 1. de Orat. Unde optimus & efficacissimus Magister esse dicitur ab eodem Pro C. Rabirio. Lips. lib. 1. Polit. 8. Plin. lib. 1. Epist. 20. & Practicam optimam Regum interpretem dicit Vent. de Valent. part. litig. lib. 2. c. 5. n. 41. Hinc ad perfectum JCtum non saltem scientia Juris, sed etiam usus requiritur. Decian. in Apol. c. 11. n. 20. quia illa non est propter scire, sed propter operari. Natta, Cons. 1. n. 1. Et theoria sine praxi, i. e. Scientia sine experientia non est magni momenti. Joh. And. in c. post translationem Extr. de renunc. Et Leges in Scholis diglutiuntur, in Palatiis verò digeruntur. Bald in L. AEmilius ff. de minor.
|| [185]
Praxis quippe scientia est digestiva, ita ut, ubi desinit Theoricus, ibi incipiat
Practicus, aut potius utrumque conjungatur.
Cacheran. Decis. n. 10.
Vent. de Valent. d. c. 1. n. 38. Nam Theoria sine Praxi digestam solidamque juris cognitionem praestare nequit. Et Praxis absque Theoria periculosa & manca evadit. Pinell. ad L. 2. C. de rescind. vend. part. 2. c. 4. n. 2. Plus tamen vel sine doctrina prudentia, quàm sine prudentia valet doctrina, teste
Quintiliano, Lib. 6. Instit. Orat.
Menoch. de A. J. Q. cent. 5. Cas. 420. & seqq. Ja die Geschickligkeit und Erfahrung sind 2. Seulen / welche eine gantze Gemeinde erhalten.
Zeil. Epist. 40.
Vid. Keller. d. c. 27. per tot. Gryphiand. Oecom. Legal. lib. 1. c. 1. àn. 2. us??? 22. Ist es also nicht genug / daß ein Richter die Institutiones Juris, die Digesta und Codicem gehöret und gelesen habe / sondern es wird hierüber auch erfordert / daß Er erfahren sey / das ist / in Gerichts- und Peinlichen Sachen sich geübet / entweder als eine Gerichts-Person / oder Expectant eine zeitlang in einem wohlbestalten Judicio, wo dergleichen Sachen vorgehen / gesessen / die Processe mit angehöret / gesehen und geschrieben / oder als ein Advocat solche unter die Hände bekommen habe / und darinnen bedient gewesen. Wie denn die tägliche Erfahrung lehret / daß offt ein Schreiber / welcher kaum den Donat mit aus der Schulen gebraucht / sich aber bey den Gerichts-Sachen brauchen lassen / und darinnen exerciret / einer gelehrten und graduir???en Person / die ad praxin schreitet / von Process solche Nachricht geben kan / die er nicht vermeinet / noch geglaubet / ein solcher Schreiber auch von besserer und nützlicher Expedition ist / denn einer / der / nach blosser Durchlesung vieler Rechts-Bücher / zu einem Amt sich genug zu seyn einbildet. Author. Prax. Crim. Altenb. pag. 32. & 33. So ist auch kein gering Ding um Erfindung der Warheit / bevorab wenn sie durch der Advocaten Plauderey und Schmiererey verdunckelt und verdrehet worden. Wer will unter so viel angestrichenen Lügen / Verführungen / Bemäntelungen und Umschweiffe anders durchbrechen / als ein gelehrter / erfahrner und verständiger Mann?
|| [186]
Welches gleichfals der heilige Kirchen Vater Hieronymus, in den Commentario über
den Propheten Esaiam / bezeuget / wenn er spricht: Non est omnium rectè
judicare, sed eorum, qui sunt Prudentes.
Und gehet es heut zu Tage nicht mehr so zu wie bey den Römern / welche
Ungelehrten / ja wohl mannigmahl alten ausgedienten Soldaten und Officirern /
als eine Gnade / das Richterliche Ambt auftrugen / etliche Assessores aber /
welche auf etwas niedrigern Stühlen / als des Richters seiner war / sassen /
Ihnen adjungirten / die Rath gaben / wie solche ungeschickte Richter urtheilen
und Recht sprechen solten. Dannenhero auch ihren Bescheiden allemahl die
Clausul: Auf genommenen Bedacht / und gehabten Rath / inseriret und mit
eingerücket wurde / teste
Besold. in Process. Jur. Thes. Pract. annex. c. 3. pag. 1061.
Sondern ein ieder Fürst und Herr / trachtet darnach / daß er zu solchen wichtigen
Ambt tüchtige / gelehrte und erfahrne Leute erlange und bestelle.
Adam Keller. d. tr. c. 27. pag. 195.
Allermaßen auch Käyser CARL der Fünffte / in der Peinlichen Hals-Gerichts-Ordnung
/ Art. I. ausdrücklich gebeut / in Verb. Daß alle / sonderlich aber die
Peinliche Gerichte / mit frommen / erbarn / verständigen und erfahrnen Richtern
/ nnd andern Gerichts-Personen / so tungendlich und best dieselbe / nach
Gelegenheit iedes Orths / zu haben / und zu bekommen sind / zu bestellen.
Add. Praefat. Ord. Process. Jud. Sax.
ibi
Auch zu mehrern Verhuf dessen nicht allein nnsere Regierung / Appellation- und
Hoff-Gericht / Consistoria, Juristen Faculteten und Schöppen-Stühle mit
ehrlichen und die Gerechtigkeit liebhabenden Persohnen besetzet.
Ignorantia enim judicis, plerumque est Calamitas innocentis, inquit Augustinus.
Lib. 19. de Civit. Dei c. 6.
Et judicandi munere indigni habentur qui imperiti sunt Legum, & usu rerum
sunt destituti.
Novell. 82. pr.
Quia tales non possunt per se nosse, quid Justum sit, sed honestatem judicandi
aliunde emendicare coguntur, Hoc autem nihil aliud est, quàm alienis oculis
videre, & alienis auribus audire.
|| [187]
Matth. Steph. add. Nov. 82. n. 2.
Es machen auch grosse Herren / welche unverständige Richter / sonderlich in
Peinlichen Sachen / verordnen / über die bey Gott habende schwere Verantwortung
/ sich der Straffen theilhafftig / die ein solcher Idiota verdienet.
Blumblacher, in Comment. ad Const. Crim. Caroli V. art. 1.
Maßen denn auch ein sothaner Midas-Richter parti laesae ad interesse &
expensas, ob damnum imperitiâ datum, gehalten ist.
Innocent. in cap. saepe 44. X. de Appellat.
C. Sacros. 48. X. de commun.
L. filius-fam. 15. ff. de judic.
L. fin. ff. de Var. & extraord. cogn.
Philipp. in usu Pract. Inst. lib. 4. Ecclog. 39 n. 4. & 5. ibi??? allegg. DD. VII. Hierbey aber möchte man wohl fragen / welche sind denn gelehrt / tüchtig und erfahren? Und woran erkennet man sie? Käyser Justinianus antwortet in Novell. 161. c. 1. in pr. QUI IN EXERCENDA JUSTITIA PLURIMUM REPOSUERUNT SOLLICITUDINIS. Gott-fried Warlef, in Discurs. de abbrevianda lite part. 2. c. 1. pag. 131. aber saget / dieses sey eine schwere Frage / die sich so leicht nicht beantworten lasse. Er hatte auf der Hohen Schule zu Straßburg gesehen / und in acht genommen / daß man die vor gelehrt gehalten / die bey einem Professore ein paar Jahr zu Tische gangen / ein Collegium über die Institutiones, ferner über die Pandecten gehalten / und einmahl oder zwey disputiret / hernach Doctor worden. Wie man denn auch die vor gelehrte Professoren geschätzet / die viele Qnaestiones auf die Bahn bringen / pro & contra disputiren / viele Meinungen aus den Bartolo und Baldo anführen / dieselbe hernach widerlegen / und eine gantz funckel-neue dargegen erdencken können. Item die viele Bücher schreiben / darinnen das ridiculus est Gailius, falsus est Mynsinger, errat Menochius, sibi non constat Cujacius, delirat Zasius mit grossen Buchstaben gedruckt worden. Aber diese [sagt Er] meine ich nicht / die erste sind viel zu rohe / die andere richten nur innerliche Kriege und Meuterey an / womit den Partheien wenig geholffen / vielmehr aber zu Leutern und zu appelliren Thür und Thor aufgesperret wird. Denn es liessen sich solche eigensinnige Köpffe bey ihren Wahn erschlagen / und sind eben diejenigen / von welchen die so schädliche Ungewißheit der Rechte ihren Ursprung genommen / und noch täglich fortgepflantzet wird. Die recht Gelehrten aber sind / [188] die das honestum ex Ethicis studiret haben / und wissen / was da sey / suum cuique tribuere: Dessen Fundament anders nichts / als das von einem Holländer so hoch gepriesene Jus Naturale ist: Welche von dem Jure Divino nicht eines Nagels breit abweichen / sondern alle ihre Schlüste ex sana ratione hernehmen / ein gut Vernunffts-Licht bey sich haben / und mit einem Worte / qui veram, non simulatam Philosophiam sectantur. Und solches ist eben so schwer nicht / wenn man die aniles fabulas, so in den Corpore Juris Scharenweise herum schnurren / samt den eigensinnigen Glossen und zancksüchtigen Disputationen nach dem Pfefferlande schickte / und hingegen die vera Principia honesti, justi, aequi & boni den jungen Leuten einpflantzte. Ich lobe jenen reichen Bauren / welcher / nachdem er von seinen Sohn / so von der Universität kommen / auf vorhergethane Frage / vernommen hatte / daß die grosse Schrifft in seinem Corpore Juris der Text / Gesetz und Regeln / die Glosse aber an Rande die Kunst sey / den Text umzustossen / und zu verfälschen / mit seiner Schaff-Scheeren alle Glossen hinweg schnitte / und dem Sohn / der drüber erzürnet wurde / antwortete: Bleib du bey der Warheit und den Gesetzen / um der Lügen willen habe ich dir kein Geld zu Büchern geschickt. Hactenus Warlef. Henric. Morcelse, Dissertat. de Manuduct. Studiosi Juris per Academ. ad Remp. Ideam Juris Consulti hanc tradit: JCtus est Vir bonus, Studiis humanitatis primò edomitus, dein Sacri, Publici & Privati Juris peritia instructus, qui consilio, oratione & stylo justum ab injusto separando, aequum ab iniquo discernendo, Dei, populi & privatorum jura sarta tecta tueri, lapsa erigere, & fatigata possitreparare, qui, quameunque in Rep. politicam aut juridicam sortietur personam, eam decorè sustinere, & aà publicam omnium ac privatam singulorum salutem & tranquillitatem dirigere possit & velit. Eleganter Plinius Epist. 22. lib. 1. Nihil, inquit, Aristone gravius, sanctius, doctius, ut mihi non unus homo, sed literae ipsae omnes??? bonae artes in uno homine summum periculum in hujus valetudine adire vide antur. Quàm peritus ille & privati Juris & publici, quantum rerum, quantum exemplorum, quantum antiquit atis tenet? Nihil est, quod discere velis, quod ille docere non possit, mihi certè, quoties aliquid abditum quaero, ille thesaurus est. Joh. Brandes, in tr. de Vera & simulam Juris-Consult. Philosophia pag. 204.
|| [189]
beschreibet solchen gantz kurtz also: JCtus est Vir bonus, Jus suum cui???,
[Ecclesiae, Reip. proximo, sibi] publicè ac privatim tribuens. Welches an
iedweden Richter sich billig auch finden solte / der sonst ingemein / und den
Rechten nach / folgender Gestalt definiret wird: Judex est disceptator Juris,
qui causas suscipit dirimendas, judicandi facultatem habens; seu, qui de
negotiis vel controversiis litigatorum cognoscendi pronuntiandique jus habet.
L. rem C. de Jud. L. de qua re. 74. pr. ff. de Judic. c. verus 10. X. de V. S.
Und dessen Ambt und Pflicht-Schuldigkeit die Chur-Sächs. Process-Ordnung Tit. I.
kürtzlich also besehreibet: Daß sich ein ieder Richter / mit administration
gleich durchgehender Justiz, dermaßen redlich aufrichtig / fleißig und
unpartheüsch erweisen solle / daß er es gegen Gott / seinem selbst Gewissen /
und seiner hohen Landes-Obrigkeit verantworten könne.
Jung. cap. 9. der Fürstl. Magdeb. Process-Ordnung.
Ille sciat justum gemina suspendere Lance
Ancipitis librae, rectum discernat, ubi inter
Curva subit, vel cum fallit pede regula varo:
Sit??? potis nigrum vitio praefigere Theta.
Persius Satyra. 4. IIX. Obgedachter Warlef, in seinen Discurs, De abbrevianda lite p. 2. c. 1. pag. 142. & seqq. giebt diesen Rath / damit grosse Herren in Erwehl. und Beforderung eines rechtschaffenen Richters nicht fehl schlagen möchten / daß sie auf dessen Ankunfft / Sitten und Zuneigung forschen sollen: Denn ein grosses ist es / von ehrlichen Eltern erzogen seyn. Magnam vim, magnam possidet religionem paternus maternusque sanguis, sagt Cicero. Und wie einer sich zu Hause und in der Jugend gehalten / so wird er wohl Zeit seines Lebens fortfahren. Nam qui mentiri aut fallere insueverit patrem, aut audebit, tantò magis audebit coeteros. Die Füncklein lassen sich bald blicken / und brechen hernach / wenn sie Lufft kriegen / in eine volle Loh heraus. Meinestu [saget Er weiter] daß ein Schläger / Schorist / ein Säuffer und Müssiggänger auf Universitäten / wenn er in ein Ambt kömmt / gut thun solle? Naturam expellas furca, tamen usque recurret! Die auf hohen Schulen überflüßig zudisputiren / neue Meinungen zu verthädigen / und damit Iaureolam zu suchen sich bemühet / werden in den Gerichten Händel gnug ma [190] chen / viele wunderliche Bescheide geben / und überal noch darzu Recht haben wollen. IX. Insonderheit ist n̅icht zu rathen / daß man einen gewesenen Advocaten, [wie theils ietzo zänckisch und liederlich sind] leicht zu einem Richter bestelle: Denn die Katze lässet daß mausen nicht; dessen Gewissen / Zunge und Hand um den schnödesten Gewinst seil gewesen / der wird solch Handwerck nicht dahinten lassen / sondern ihm wird allezeit die Zuneigung zum Geschenck-nehmen / cavilliren / Recht verkehren / Weitläufftigkeit zu verstatten / ankleben. X. Ferner sey auch acht zu haben / ob eine solche Person / so angenommen werden soll / sich prächtig halte / über Stand und Vermögen aufziehe / schleckerhafft und wollüstig sey / viel von sich halte &c. Dann wie jenes einen grossen Verlag / und daher die Versilberung der Hände erfodert: Also wo große Einbildung ist / da folget gemeiniglich die Rache den Affecten hinten nach / wenn die geringste Beleidigung / deren doch ein Richter gewohnen / und viele verschlucken muß / etwa entstehet. Hat er Weib und Kinder / so erkündige man / wie er seine Haußhaltung führet / wie Er sich mit den Nachdarn beträget / waß er vor ein Lob und Gericht bey seinen Mit-Bürgern habe? Den̅ daraus würde man seinen Sinn / und Lebensarth urtheilen können / als worbey er es nicht allein lassen / sondern auch darinnen viel weiter um sich greiffen wird / wenn er die Macht in die Hände beköm̅t. Welchen Rath / unter vielen andern / auch der Author des Discursus von Justizien Werck vor wohlgethan schätzet. XI. Ob nun wohl Gottesfurcht / Geschickligkeit und und Weißheit bey einem Richter oben anstehen / und gleichsam den Gericht-Stab führen: So müssen sich neben diesen doch noch andere Tugenden mehr bey ihm finden / wiewohl keine genennet werden mag / so nicht aus benselben herstammen solte. Deren nun sind ferner die Ehrligkeit und Auffrichtigkeit / nicht allein / daß ein Richter vor sich selbst einen ehrlichen Wandel führe / kein ungerechter / eigennütziger / geitziger Mann: Ja kein Hurer / Ehebrecher / Dieb / Lästerer / Zäncker und Stäncker sey. Juxta D. Augustinum enim ille demum justè alios reprehendit, qui non habet, quod in se alius reprehendat. Et carere debet omni vitio, qui paratus est in alterum dicere. Gibt auch schlechten Respect und Gehorsam / wenn lasterhaffte Personen oben an sitzen / so / daß jener Jurist Recht und wohl schreibet: Quò excelsior est Judex, eò magis & turpius peccat. Et quomodo incorruptum Judicium de alterius delicto ferent illi, qui ipsi in eodem luto haeserunt: & quomodo alterum super eo delicto condemnabunt, qui de eodem nondum [191] sunt puniti: & quomodo integram pronunciabunt Sententiam, quam conscientia propria erga ipsos pronunciat quotidiè? Nec sufficit: Sum liberatus: delictum perpetratum est extinctum. Nam saucia conscientia monebit, se hoc promeruisse, quod in alium per Sententiam statuere cogitat. Carol. Ruinus, Cons. Vol. 3. Cons. 23. n. 153. Sondern auch der von allen Affecten frey. C. quatuor. c. 2. quaest 3. im Gericht sein Müthlein nicht kühle / ohne ansehen der Person richte / und bloß aus Liebe zur Gerechtigkeit ein gerechtes Urthel fälle. Von welchen Käyser Constantin??? also befiehlet: Wen̅ dein ärgster Feind Recht hat / so sprich ihm recht / und wenn dein bester Freund Unrecht hat / so sprich ihm unrecht. Gestalt von dem Römer Tito Manlio ein denckwürdiges Exempel erzehlet wird / nemlich daß / alß er auf eine Zeit zwischen den Macedoniern als Klägern / und seinen Sohn / als Beklagten / urtheilen sollen / Er folgende Sentenz gegeben: Cum probatum sit, Tilanum filium meum pecuniam accepisse, ipsum repudio, & prole meâ in dignum reputo. Bonus quippe Judex nihil ex arbitrio suo facit, nec ex proposito domesticae voluntatis, sed juxta Leges & Jura pronunciat. Drum auch Svetonius Tranquillus Käyser Augustum hoch rühmet / daß er niemals anders Recht gesprochen / dann es die Justiz und Gesetze erfodert: Allermaßen der Richter sich keine Verwand- noch Blut-Freundschafft verblenden lassen solle / daß / wenn es auch sein eigen Weib und Kinder betreffe / er ihm selbst die Schande anthun / daß Recht verbergen oder unterdrücken wolte. Damit ihm nicht vorgeworffen werden möge / was Johannis am 8. stehet: Vos secundum Carnem judicatis! Et personam Judicis exuit, quisquis amicum induit. Wiewohl ohne dem im Rechten nicht zugelassen wird / daß einer in seiner eigenen / oder der Seinigen / Item seiner nahen Bluts-Freunde Sache / Verdacht und böse Nachrede zu vermeiden / richten dürffe.
L. 17. in fin. ff. de Judic.
L. extat. 3. ff. quodmet. caus.
L. nullus 14. c. de Judoe.
L. 10. ff. de Jurisd.
L. unic. C. ne quis in propr. causa judic. Rationem dat Cicero, in Orat. pro Dejotaro c. 2. quod se sibi, quàm adversario aequiorem praebeat. Et nemo tam justus praesumitur, quin in propriâ & suorum causâ amore & affectibus ductus, pro se & suis potius, [192] quam alienis jus dicere velit. Cùm verò â judiciis & litibus omnis exulare debeat suspicio L. 16. C. de Judic. omnino iis haec potestas concedi non debet, & si fiat, periniqvum est. Adde his, quae latè habet Zigler. in Dicast. concl. 12. XII. In Ansehung dessen haben die Alten die Justiz oder Göttin der Gerechtigkeit mit verbundenen Augen gemahlet / daß sie niemand / weder Freund noch Feind / solle ansehen / sondern gleich durchgehen / und iedem / was ihm gebühret / zueignen. Die Thebaner bildeten sie ab mit gegen Himmel sehenden Augen. Die AEgypter aber dergestalt / daß sie ihr Gesichte in den Wolcken verborgen hielte.
Plutarch. in moral. lib. 1.
Zigler. Dicast. concl. 32. §. 16. Ja die Areopagiten [odes Blut-Richter zu Athen] hielten bey Nacht / ohne Licht und im Finstern Verhör / und entschieden die Sachen / damit sie nicht sehen möchten / wer die klagende und beklagte Personen wären / wohl wissende / daß das Ansehen der Personen / die Gestalt / Kleidung und Gebärden der Menschen zuweilen den guten Vorsatz und das Gemüthe des Richters zu bewegen pflegten. Drum sie auch verbothen / daß kein Ubelthäter mit Rhetorischer Wohlredenheit zu defendiren / noch auch mit sonderbahren zierlichen Reden die Affecten der Richter zur Barmhertzigkeit zu bewegen. Lucian. in Hermotimo. XIII. Insonderheit aber soll Er sich hüten / daß Er nicht durch Verleitung der Weiber ein ungerechtes Urthel fälle / wie Paris der Veneri zu Liebe wieder Palladem und Junonem: Denn die Weiber können mit einen geringen Winck den Richter zu Mitleiden bewegen / und unziemliche Liebe anzünden. Und ist war / wie man saget / daß viele Herren in einer Stadt / aber fast alle Knechte der Weiber sind. Drüm auch die Po???en bezeugen daß die Liebe viel stärcker und mächtiger sey / denn alle andere Götter / und ihnen alle ihre Waffen nehme / demm Jovi seinen Blitz und Donner-Keil / Apolloni den Bogen und Pfeil / Herculi die Keule / Marti seinen Helm / Mercurio seine Talaren / dem Bacho seinem Thyrsum, Neptuno seinen dreyfachtigen Zepter. Waß ist denn hoch zu verwundern / so Amor das Gehirn aus dem Kopffe / die Feder aus den Händen dem unkeuschen Richter nehme / und Abschiede oder Urtheil seines Gefallens mache. Adam, Samsonem, Loth, Davidem Salomonem Foemina de???pit, quis modo tutus erit?
|| [193]
Nihil enim est, ad quod naturâ magis inducimur, praeterquam ad foeminarum amorem,
& omnes, quotquot sumus, sumus à foeminis & ad foeminas scribit
Guazzus, de Civil. convers. Diss. 4. p. 7.
Sed
Teste Oweno 1. Epigram. n. 160.
Nulla sides Veneri, levis est, interque planetas
Ponitur, haud inter siderafixa Venus.
&
Quod juvat exiguum est, plus est, quod laedit amantes.
Ovid. 1. de Arte Amandi.
Hinc optimum illud, manum de tabula! Nam ut oculus, in quem humor aut phlegma
illapsum, parum videt, sic animi acies, quem amor inumbrat.
Lipsius. lib. 1. Epist. 36.
Er soll sich auch nicht durch ihre Heuchel-Trähnen zur unzeltigen Barmhertzigkeit
bewegen lassen / oder deshalber ihnen zu Liebe etwas thun / was wieder sein
Gewissen und die Rechte laufft / sondern mit dem Propertio, lib. 3. Eleg. ult.
sagen:
Nil moveor lacrymis; ista sum captus ab arte,
Semper ab insidiis, Cynthia, flere soles.
Denn die Weiber sind gleichsam zum Heulen und Weinen gebohren / daß es wohl
heissen mag / wie Euripides in Medea anführet:
- discunt lacrymare decenter,
Quôque volunt plorant tempore, quôquemodô.
Non omnis fides earum lacrymis adjungenda est [quas saepissimè simulatio
& hypocrisis excutit] neque etiam eorundem verbis. Habent enim [ut ait
Plautus, in Truculento] foeminae in lingua mel, sed corfelle contectum est,
aceto imbutum, & amaritudine plenum.
XIV. Ferner wird an Ihm erfordert die Vergnügligkeit / daß er mit dem / was seine
Herrschafft und Obern ihm zur Besoldung / Deputat und Accidentien verordnet / zu
frieden sey / und die Partheyen etwas mehrers zu thun nicht nöthige / noch durch
andere denenselben es stecken lasse / prout Imperator Justinianus statuit
|| [194]
Nov. 17. c. 1.
Vide etiam Nov. 25. c. 2. & Novell. 82. c. 9. in fin.
Zorer, quaest. 12. part. 1. n. 878.
Osvvald Hilliger, in Donell. enucl. lib. 14. c. 25. lit. c.
Joh. Brunneman, L. Sancimus. final. C. ad Leg. Jul. repetund.
Philippi, in Usu Pract. Inst. lib. 4. Ecclog. 94. n. 13. Viel weniger Geschencke nehme / das zu Recht zu beugen / denn damit verkauft er seine Libertät / seine Ehre / auch das Ansehe̅ und Kraft seines hohen Ambts / und muß wider seine Pflicht und Gewissen zulassen / daß der Reiche den Armen bedrenge / der Ungerechte und Schuldige den Gerechten und Unschuldigen beschwere / und giebt Ursach / daß beydes Gott und Menschen mit höchsten Betrübnis über ihn klagen. Wie man beym Propheten Esaia c. 1. v. 23. lieset / da GOtt der Allmächtige über die Richter seines Volcks selber Klage führet: Deine Fürsten sind Abtrünnige und Diebes-Gesellen / sie nehmen alle gerne Geschencke / sie trachten nach Gaben: Den Wäisen schaffen sie nicht Recht / und der Wittiben Sachen köm̅t nicht für sie. Daruß sie sehen können / waß sie für Ehre davon haben / nemlich daß sie Abtrünnige und Diebes-Gesellen / ja Feinde Gottes genennet werden / und folget denn darauf / wie Isiodorus in seinem Buch de Summo bono saget: Pauper, cum non habet, quod offerat, non solùm audiri contemnitur, sed etiam contra Justitiam opprimitur. Der heilige Antonius erzehlet ein artig Exempel von einem Richter / der von einer Partheyn ein Kalb hatte angenommen / welches die andere Parthey erfahren / und seiner Frauen eine Kuh verehret. Als sie aber für Gericht kommen / und der / so das Kalb geschenckt / wohl verspüret / daß seine Sachen nicht so wohl von statten gingen / als er verhoffet / und ihm vielleicht versprochen worden / hat er den Richter höfflich erinnern wollen / und gesagt: Seine Sache wäre so klar / daß ein Kalb darinne sprechen könte. Drauf der Richter geantwortet: Daß die Kuh so laut geschrien / daß man das Kalb nicht hören können. Damit er anzeigen wollen / wie die Geschencke im Gerichten so bald etwas gut / und auch böß machen können. Darüber aber Gott durch den Propheten Esaiam den Richtern seines Volcks das ewige Weh drohet / wenn er saget: Wehe euch / die ihr den Gottlosen um Geschencke rechtfertiget / und verkehret dem Gerechten seine Sache. Dafür sie denn Gott selbst ernstlich warnen lässet Exod. 23. v. 8. & Deuteron. c. 14. n. 19.
|| [195]
Der Richter soll kein Geschenck nehmen / denn dieselbe verblenden die Augen der
Weisen / und verkehren der Gerechten Wort.
Add. Esaiae c. 5. v. 23. & Mich. 3. v. 11.
Und wo Geld einziehet / da ziehet die Gerechtigkeit aus / und werden die Urthel
verkaufft.
Thebani, ut in corruptam signarent Justitiam, nec variari gratiâ, Judicum
Imagines sine manibus, Principis verò sine oculis in foro proposuere.
Plutarch. in lib. de Iside.
Einer von Adel bath einen Ambtmann / daß er doch seiner Sachen / so etliche Jahr
für ihm unentschieden angestanden / abhelffen und sie zum guten Ende bringen
möchte. Der Ambtmann fragte / waß er wohl geben wolte / wenn er ihm die Sache
innerhalb dreyen Tagen zum guten Ende bringen würde? Der von Adel sagte / er
wolte ihm geben / was er begehrte / und nur haben wolte. Da hat der Ambtmann
nicht mehr / als ein paar Handschue begehret / welches der von Adel schon
verstanden / und ihm ein paar Handschue darinnen funfzig Ducaten in die ledige
Finger gesteckt / verehret. Derowegen der Edelmann des folgenden Tages einen
endlichen Abschied bekommen. Ferner lieset man / daß einem Ambtmann so viele
Haasen verehret worden / daß er / damit sie nicht riechend würden / einen
sonderlichen Verkäuffer dieselbe wiederum zu verkauffen zugeschicket / und hat
der substituirte Verkäuffer berichtet / daß ihme einsmahls ein einziger Hase in
einem Tage fünfmahl wiederum zu verkauffen von demselben Ambtmann durch seinen
Diener unterm Mantel verborgen geschickt und zugebracht worden / welches daher
kommen / daß kein ander Hase / als derselbe / auf den Marckt feil / oder zu
kauffen kommen. Derowegen derselbe in einem Tage fünffmahl von fünf
unterschiedenen Personen gekaufft / und dem Ambtmann praesentiret und verehret
worden / und hat also derselbe sich auf drittehalben Thaler mit einem Hasen in
einen Tage bereichert / und war kurtzweilig zu sehen / daß demjenigen / so mit
krum̅en Arm vor seine Thür kahmen / dieselbe viel eher / als
denenjenigen / die sonst mit dem Ring anklopfften / geöffnet wurde.
XV. Etliche Richter stellen sich eußerlich gar fromm und heilig / wie die
Pharisäer / rühmen sich / als ob sie gar kein Geld noch Geschencke von den
Partheyen nehmen / haben aber ingeheim ihre Weiber und Kinder also abgerichtet /
daß dieselbe zur Verehrung güldene Ketten / Arm-Bänder / silberne Becher und
ander Geschenck / eben als wenn es ihnen / und nicht dem Mann oder Vater
geschehen / mit williger Hand annehmen. Ja es pfleget anch wohl nahe [196] an der Stubenthür ein Neben-Tischlein gestellet zu
seyn / auf welches der / so bey dem Richter gewesen / und um Beforderung seiner
Sachen angehalten / beym Abscheid und im hinausgehen stilschweigend das
eingewickelte Geschenck lynlegen könne / indes stellet sich der Richter / als ob
er es nicht sehe. Uber dieses bestellet man wohl bey den Handels-Leuten /
Cramern und andern / die vor Gericht was zu thun haben / sie möchten doch dem
Beambten oder Richter dieses oder jenes um Bezahlung mit aus der Meße bringen /
wenn sie es aber liefern / muß es geschenckt werden / sonst ist es finster im
Hause.
Eingewisser Scribent saget im Schertz / doch mit guten vernünfftigen nachdencken:
Wenn man lässet hören den Klang des Geldes für den Ohren des Richters oder der
Advocaten, derselbe Klang überteubet deß Orphei seine Harffen / des Amphionis
Gesang / des Virgilii Musam, und wenn das Geld redt / so wird die helle und
liebliche Trompete Tullii Ciceronis helscher / wo das Geld krieget / aldar
werden alle Kräffte des strarcken Herculis mat. Wo das Geld kämpffet / wird die
Tugend Herculis expugniret und überwunden.
Ja / wie von etlichen gesaget wird / daß der Stein Diasper keine Krafft noch
Würckung habe / er sey dann in Silber gefaßt: Also läst es sich ansehen / daß
das Gericht und Gerechtigkeit keine Krafft noch Würckung mehr habe / so
dieselben nicht mit Silber und Gold ümgeben werde. Und das gemeine Schrichwort
saget: Man fischet ümsonst / woferne keine Speise am Angel ist.
Placatur donis Jupiter ipse datis.
Dieses sind die drey güldene Aepffel / mit welchen Hippomenes die eilsertige
Atalante im Laus aufgehalten.
Ovidius lib. 10. Metamorph. fab. 13.
Daher ist auch entstanden das Geheimnis von den Strahlen oder Pfeilen Cupidinis,
oder der Liebe: Denn gleich wie die von Bley formirte Pfeile einführen Haß / und
Wieder-Willen bedeuten; also die güldene Strahlen erwerben Gnade / Gunst und
allen guten Willen.
Et genus & formam Regina pecunia donat.
Dieses ist eben der güldene Regen / darein sich Jupiter / wie die Poeten
fabuliren / verwandelt / als er die in einen eherne̅ Thurm
verschlossene Danaen betrogen / daß er etliche Tropffen in ihren Schooß fallen
ließ / durch welcher Krafft und Würckung sie geschwängert wurde.
Horat. lib. 3. Carm. Od. 16.
Allein Ehrliche / Aufrichtige und Gewissenhaffte Richter und Beambte [197] thun solches nicht / sondern sind viel zu genereus
darzu / und bedencken / daß / ob gleich das Silber an sich selber weiß ist /
den̅och wenn man damit auf einen garten und reinlichen Papier
Linien ziehet / solche schwartz werden und erscheinen; Also werden auch der
Richter Gesichte / wenn sie sonst schon weiß sind / durch Annehmung Gold und
Silbers / schwartz und heßlich / ja ihre sonst gute Gemüther werden gantz und
gar verkehret / es mag auch das Geschenck so gering seyn / wie es immer will.
Nam & in minimis est affectio, & ex minimis, si permittantur,
facilis ad majora optanda & capienda est via!
Jung. Valent. Winther. Parth. Litig. lib. 2. c. 10. n. 23.
Philip. ???. Pract. Inst. lib. 4. Ecclog. 49. n. 10. Gestalt denn die Gaben gleich sind den Schlangen unter den Blumen / welche das Hertze und Gewissen des Richters beschleichen / einnehmen / vergifften und dahin bewegen / daß er weit über die gebührliche. Grentzen und Schrancken eines guten Willens / und rechtschaffener Freundschafft schreitet / thut und handelt. Denn wer die Gerechtigkeit um seines eigenen Nutzens und Gewinstes halber befördert / liebet die Gerechtigkeit nicht anders / als der Zauberer den Gifft. Am besten ist es / wer es so machet / wie Horatius Flaccus lib. 4. od. 9. setzet. - bonus atque fidus Judex honestum praetulit utili, & Rejecit alto DONA nocentium Vultu - So kan ihm keiner was vorwerffen / sondern er getrost einem ieden in die Flanck en gehen / und muß der Teufel und seine Mutter ihn wohl mit Frieden lassen. Judex habeat oculos & manus continentes, veluti monuit Sophoclem Pericles, apud Valer. Maxim. lib. 4. c. 3. hoc est, ne se pecuniâ vel muneribus corrumpi patiatur, nisi turpiter facere, atque contra justitiam peccare exoptet. c. qui rectè 66. 11. q. 3. Imò si pecuniá vel muneribus corrupti Judices aliter judicent, quam reverà res se habet contra Deum, contra debitum officii sui faciunt, & denique contra humanam naturam & sic neque Deum timent, neque homines yerentur, & hoc ipso maledictionem sibi suisque comparant.
|| [198]
Matth. 12. v. 36. & 37. c. 16. v. 26. & seq. c. 18. v. 34. & c. 25. v. 19.
Deuteron. 27. v. 25.
Psalm. 14. v. 5.
&
Psalm. 62. v. 13. Et corruptio talismodi similis est praevaricationi: imo munerum acceptatio veritatis immutatio, c. qui rectè caus. 11. q. 3. oculorum & mentium occaecatio, Ecclesiast. c. 20. Libertatis & justitiae nundinatio, ipsius que Reipublicae pessima corruptela & proditio. Lud. Gunth. Martini Commentar. Forens in tit. 1. Ord. Jud. Sax. §. 1. n. 29. & 30. Praeterea Judex innocentem damnans, pecuniâ acceptâ, capitaliter punitur.
L. 1. §. 1. ad L. Cornel. de Sicariis.
Farinac. part. 3. Opp. Crim. Quaest. 111. n. 24.
Ventur. de Valent. Parthen. litig lib. 2. c. 12. n. 16. Ja wer mit Moyse in der That und Warheit sagen kan: Num. c. 16. v. 15. Ich habe nicht einen Esel von ihnen genommen / und habe ihr Keinen nie kein Leid gethan. Item mit Samuel: Lib. 1. c. 12. v. 3. Siehe hie bin ich / antwortet wieder mich für den HErrn und seinen Gesalbten / ob ich iemands Ochsen oder Esel genommen habe? Ob ich iemand habe Gewalt oder Unrecht gethan? Ob ich von iemands Hand ein Geschenck genommen habe / und mir die Augen blenden lassen? So will ichs euch wieder geben; Der ist vor aller Welt höchlich zu rühmen und zu preisen. add. D. Casp. Zigler. Dicast. Concl. 20. per tot. XVII. Sol aber nun ein Richter die Justiz unpartheyisch administriren / keine Geschencke nehmen / sondern sich mit seiner Besoldung begnügen lassen: So muß die selbe so austräglich seyn / daß er mit den Seinigen darbey ehrlich auskommen könne. In der Französischen Ordination de Blois, Chapitr. 18. findet sich dißfalls eine schöne Passage, folgender gestalt providiret: Sur tout est necessaire, que les Consilers soyent devement stipen [199] dies, pour feire leurs charges avec des mains nettes & impollues de corruption & du sang des parties. Und Gotfried Warlef in seinen Discurs, de abbrevianda lite, c. 4. erinnert solches auch mit folgenden Worten: Ein Richter kan nicht von den den Pfoten saugen / Weib und Kinder wollen ernehret und bekleidet / das Gesinde in Kost erhalten und belohnet / es will auch ein Ehren- und Noth-Pfennig vorhanden seyn. Manche Herren sind in den Wahn / wann sie nur Diener bekommen / die am wenigsten zur Besoldung nehmen / so hätten sie einen grossen Fisch gefangen / aber sie sie binden sich damit eine Ruthe über ihren eigenen Rücken: Sintemahl nothwendig daher kommen muß / daß die Diener stehlen / unrecht Guth zu sich ziehen / Geschencke nehmen / und alerhand gefährliche Sachen zuschmieden anfangen. Kluge Herren nehmen lieber desto weniger Diener an / die sie aber annehmen / müssen gut seyn / und ihr Amt verstehen. Drum empfangen sie auch billig einen reichen Lohn. Fragestu / woher? Denn die Fürstl. Renth-Cammer will das wissen / und meinet immer / was sie ausgiebt / das verlöhre sie? Antwort: Wenn auch gleich der Fürst etliche unnützte Diener / welche Fressen / Sauffen und Müßig-gehen ihre Aufwartung heissen / abschaffte / die Hoffstadt enger einzöge / etliche Pferde weniger auf der Streu hielte / die viele Operen Balette, Feuer-Wercke und unnöthiges kostbares Bauen theils zurücke setzte / und ein erkleckliches davon dem Richter und andern treuen Dienern / welche täglich ihre Last und Mühe haben / zuwendete / würde es an Handhabung der Justiz und andern Wohlstand in seinem Lande nicht mangeln. XVIII. Sonderlich würde auch ein Richter / und ander rechtschaffener Diener sich mit einem geringen begnügen lassen / wann sie wüsten / und versichert seyn möchten / daß nach ihrem Tode ihre hinterbleibende Witwe und Kinder versorget / und diese vor andern mit Beförderung begnadiget werden solten. Die Ost-Indianische Compagnie in den vereinigten Niederlanden / hält den Gebrauch / daß sie demjenigen Soldaten / so in ihren Dienst üm ihre Gesundheit kommen / eine jährliche Provision auf ihr Leben machet / daher flieget ihnen das Volck zu / welches dann tapffer und unverzagt ficht / und sich weder vor Wunden / noch dem Tode entsetzet. Vielmehr würden sich gelehrte Leuthe gerne gebrauchen lassen / und mit allen Kräfften aufrichtige Dienste thun / auch vor eine schlechte Besoldung / wofern sie sich nicht zu befahren hätten / daß die Ihrigen nach ihnen Mangel leiden dürfften.
|| [200]
Es sind viele Herren in dem falschen Wahn begriffen / werden auch von ihren
Cammer-Bedienten [welche nach der Gerechtigkeit gemeiniglich nicht viel fragen /
und den Dienern ihre Besoldungen lieber verkürtzet / als vermehret sehen / damit
sie nicht allein den Vorrath der Cammer vergrössern / sondern auch ihre grosse
Besoldungen desto sicherer und beständiger erheben mögen] mit Anziehung
allerhand fauler und nichts-würdiger Gründe darinnen verstärcket / ob sey ein
Herr nicht eben schuldig / der Diener Weib und Kinder zu ernehren / weil diese
keine Dienste thäten / sondern vielmehr den Herren allerhand Verdrießlichkeit
und Beschwerung erweckten / daher macht man auch keinen Unterschied / es sey ein
Beambter mit viel oder wenig Kindern von GOtt gesegnet / und dörffen auch wohl
sagen / wann ein solcher / so vor andern häufig bekindert ist / üm die
gewöhnliche Besoldung / darauf sein Vorfahr im Amt / der vielleicht eine
eintzele Person gewesen / gelebet / und wohl auskommen können / nicht dienen
wolle / so stünde ihm das Thor angel-weit offen / und weren zeeen Beambte und
diener vor einen vorhanden / so die Finger nach solchem Amt und Besoldung
leckten: Veranlassen daher entweder eine stete Enderung der Bedienten / mit
grossen Schaden der Gerechtigkeit / oder verursachen / daß der Beambte / so Noth
und Mangel leidet / seiner Schantze wahrnehmen / die Partheyen mit Gebühren
überlegen / und die Beschelde vor Geld zu verkauffen / hingeben muß.
Vielweniger können diese neidischen Cammeralisten vertragen / daß ein Herr gegen
seine treue und geschickte Bediente einige Freygebigkeit sehen lasse / welches
doch / wie Seneca saget / eine rechte königliche Tugend ist. Studiorum labor
meretur, ut in publicis muneribus constituti spe praemiorum provocentur,
bekennen die Käyser Diocletinnus und Maximinianus. Aber diese Tugend kommt heut
zu Tage gantz ab / vielmehr höret man tägliche Klagen / daß auch diese
beschnittene und abgekürtzte. Besoldungen fast keinen zu rechter Zeit gegeben
werden. Wie kan nun bey solchem Mangel jemand sein Ambt mit Freuden verrichten?
Ich halte davor / daß eintzig und allein die Hinlängligkeit der Besoldungen und
daß reiche Außkommen der Römischen Gerichts-Herren das Band unparteyischer
Administration der Gerechtigkeit gewesen. Es kömmet ferner hierzu / daß man mit
Abschaffung der Diener / sonderlich der alten / allzufix ist / und sind hierin
manche Fürsten dermaßen huy uud lüstern / daß sie immer was neues haben wollen.
Wann nun die andern solche Exempel sehen / so beginnen sie mit eines andern
Schaklug zu werden / dencken dann / wie sie pfeiffen schneiden mögne / weil sie
noch im Rohr sitzen. Wenn aber die alten abgelebten und wolverdienten
Beamb [201] ten mit guten Provisionen versehen
würden / so hätten sie auch nicht nöthig / ihnen durch Recht und Linck zu
rathen. Es kömmt ein Diener oft auf Reisen durch Diebstahl / Wasser- und
Feuers-Noth in Unglück / da solten die Herren ihre milde Hand aufthun / wie der
Gottesfürchtige Käyser Constantinus im Gebrauch gehabt / der auch deßhalber bey
dem Eusebio hoch gerühmet wird. Es schencket oft ein Fürst einem Schalcks-Narren
und Betrüger eine groß Summa Geldes / wie viel besser wäre es / wenn er solches
unter seine treue und nothdürfftige Diener austheilete? Hactenus ille.
Respublica duobus pedibus consistit, PRAEMIO & POENA, alterutro
deficiente claudicat. Procliviorem decet esse Principem ad meritorum praemia,
quam ad demeritorum supplicia. Obsequia praemio languescunt negato, vigescunt
collato. Nam sub ingrato Principe nihil magnum geritur, nec ulla Heroica
facinora patrantur. Et princeps utplurlmum non colitur ac suspicitur, quia
Princeps est, sed quia praestita sibi obsequia remuneratur, & praemia
tribuit magna magnis, minoribus minora.
Joh. Adam Weber, in Spiritu Principali, cap. 58.
XIX. Grosse Herren solten bedencken / daß die Freygebigkeit sey das Diamantene
Band / wodurch ihre und dero Diener Hertzen verknüpfft werden / und daß man mit
güldenen Hamen die Gemüther der Menschen fangen müsse. Wiewohl aller Uberfluß zu
vermeiden. Denn gleich wie ein kleiner / doch anhaltender Regen das land besser
durchweichet / als ein grosser Platz-Regen / der nur überhin läufft / also
hinterläst auch die mäßige Freygebigkeit ein längerwerendes Andencken der Liebe
und Huld in dem Hertzen derer / so die Wolthat empfangen / als die alzugrosse
Verschwendung.
Idem Weber d. tr. c. 22.
Und saget Jener wohl recht / daß gute / treue und aufrichtige Dienste allemahl
die Herrn unvermerckt ans Ohr zupften / solche extraodinariè zuerkennen / und es
nicht allein bey der ordentlichen Besoldung zu lassen / gestalt den auch eine
geringe Erkäntligkeit einen Diener zu mehrern Fleiß und Treue animiret.
Adam Keller, de Offic. Jurid. Polit. lib. 3. c. 4.
Est enim in minimis etiam affectio.
Brunnemann, ad L. 18. n. 2. ff. de Offic. Praesid.
Ven. de Valent. Parthen. litigios. lib. 2. c. 10. n. 23.
|| [202]
Zumahl wenn es solchen Dienern geschiehet / die es allbereit meritiret haben /
oder doch noch verdienen können / Juxta
L. fin. C. de st at. & imagin. Joh. à Chokier, in Thes. Polit. Lib. 2. c.
17. 5. 6. & 7.
Welches König Ludwig der XI. in Franckreich mit seinem Exempel / allen Herrn zur
Nachfolge / dargethan: Denn als demselben einsmahls 12000. Gülden gebracht
wurden / ließ er solche auf eine Taffel schütten / wol wissend / daß seine
Hof-Leute und Bediente hinlauffen würden / in Hoffnung / was davon geschenckt zu
bekommen / welches auch geschahe / und als alle das Geld mit begierigen Augen
ansahen / fing der König an / dieses Geld ist uns als ein praesent gegeben
worden / wir wollen davon auch unsere treue Diener bedencken. Wer ist nun da /
der Uns fleißig und aufrichtig gedienet hat? Und als er gewahr wurde / daß
sonderlich einer sich gar an den Hauffen Geldvergaffte / auch Maul und Augen
drüber aufsperrete / redete er demselben an: Wer bistu? Und was hastu uns vor
Dienste geleistet? Dieser gab zur Antwort: Er hätte viele Jahre her Ihrer
Königl. Majestät Falcken gewartet und gefüttert / darbey seinen Fleiß und
Sorgfald aufs beste herausstreichend und sich recommendirend. Dem folgeten
andere mehr mit Vorstellung ihrer Treu und mühsamen Verrichtungen nach. Der
Reichs-Canzlar stund von ferne / und schwieg gantz stille / den ließ der König
herbey kommen / welcher aber / als ein vortreflicher kluger Mann / weder von
seinen Meriten, noch auch wegen des Geldes das geringste erwehnete. Den endlich
der König / also anredete: Foderstu allein nichts? Weistu nichts / daß du von
deinem Uns und dem Königreich geleistet en Diensten vorbringen / und wie andere
/ aufschneiden köntest? Welcher antwortete: allergnädigster König Ew. Majstät
Enade und Freygebigkeit gegen mich / ihrem Unwürdigsten Diener / ist schon so
überschwenglich groß / daß ich nimmermehr mit meiner allerunterthänigsten
Aufwartung mich derselben werde würdig machen können / geschweige daß von Ew.
Maj. ich mit höchster Unbescheidenheit noch was mehrers begehren solte. Der
König replicirte: So bistu unter so vielen nur der einzige / der kein Geld
bedarff oder gebrauchet? Der Cantzlar antwortete abermahl / Ew. Königl. Majestät
höchstrühmlichste Freygebigkeit hat mich schon so bereichert / daß ich dessen
nicht bedarf. Der König sagte hierauf zu den andern Umstehenden Hoff-Bedienten;
bin ich nicht ein grosser König / der einen solchen reichen Cantzlar hat? Als
nun Jederman Zeit und Weile lang ward / wo doch das auf der Taffel liegende Geld
noch endlich hinkommen würde / ließ nach langen Warten der König den Cantzlar
wieder vor sich [203] kommen / und sagte: Weil du der einzige
bist / der nichts begehret / noch auch von deinen Diensten einig rühmens gemacht
/ wir aber aller deiner Uns und der Cron Franckreich von vielen Jahren her
geleisteten treuen und nützlichen Dienste Uns gnädigst erinnern / auch
versichert sind / du werdest in solcher Treu / Aufrichtigkeit und Fleiß noch
ferner beharren / so wollen / und befehlen wir dir hiermit gnädigst / daß du
einzig und allein alles Geld / so hie auf der Taffel vor deinen Augen lieget /
als ein Königlich Geschenck / zu dir nehmest / und zu deinem Beste̅ anwendest. Welches auch der Reichs-Cantzlar mit allen unterthänigsten Danck
annahm / denen andern vergeblich gehofften aber wurd der Trost gegeben / daß sie
künfftig auf Gelegenheit warten möchten / die ihnen auch was zutragen würde. Und
soll der König bey Ubergebung des Geldes an den Reichs-Cantzlar diese Worte
hinzugethan haben: QUI BENE SERVIT, ET TACET, ETIAM TACENS PETIT.
Carpar Ens, Epidorpidum lib. 2. pag. 193. & 194.
add.
Den getreuen Rechnungs-Beambten part. 1. cap. per tot.
Item / den ungetreuen Rechnungs-Beambten cap. 22. von n. 27. biß 57. alwo
ausführlich von den Besoldungen der Diener gehandelt wird.
XX. Der Judex soll auch seyn VIR CONSTANS, ein Mann standhafften Gemüths / und
von dem man sagen könne / ein Wort ein Wort / ein Mann ein Mann! Kein VERTUMNUS,
Wetterhahn und Wenneheyke / der den Mantel nach den Winde henge / und iedem
Theil / wenn sie zu ihm kommen und was schencken / Recht gebe / und also die
Partheyen dadurch verleithe / und in grosse Unkosten stürtze / sondern Er soll
ohn einiges Bedencken / Zweiffel / Hinterhalt oder Ansehen der Person / nach den
beschriebenen Rechten / Statuten und löbl. Gewonheiten iedes Orths urtheilen und
richten.
§. 1. Instit. de Offic. Jud. ibi??? DD. Authent. Jubemus C. de Judic.
Novell. 82. c. 13.
Gail. lib. 1. Obs. 36. n. 12.
Richter / Decis. 136. n. 22. & seqq. Nec his deficientibus à communi opinione in litibus terminandis recedat.
Jason, in Authent. Noviss. n. 22. C. de in officios. Testam.
Nevizan. in Sylva Nuptial. lib. 5. n. 1.
Toming. Decis. 23. n. 15.
|| [204]
Knich. ad Privileg. Saxon. de non appell. fol. 18.
Cothmann, Respons. 1. n. 545. XXI. So hat er sich auch vor niemand zu fürchten / sondern gleich durchzugehen / und den Armen so wohl / als den Reichen / den Fremden so wohl als den Einheimischen gleiches Recht mitzutheilen.
Levit. 19. v. 15.
Deuter. 1. v. 17. Judex debet examinare causas, non personas: hoc est, non attendere, quis & quasis in Judicio stet, sed quàm justam causam foveat.
Dan. Clasen ad art. 3. Const. Crim. Caroli V. Pag. 50.
Rudolph. Godofred, Knichen, Op. Polit. Vol. 1. lib. 2. part. 1. cap. 13. pag. 659. Denn bey einem tapffern Gemüthe sol Recht und Billigkeit allezeit mehr gelten / als Gewalt / drum sich auch dasselbe vor keine Drohungen fürchtet / sie mögen auch herkommen / von wem sie wollen. Garzon, d. Disc. 145. pag. 1031. Und wer furchtsam ist / dienet nicht zum Richter: Deßwegen Syrach c. 7 v. 4. recht und wohl saget. Laß dich nicht verlangen Richter zu seyn / du köntest denn durch dein Vermögen alles Unrecht zu rechte bringen: Daß du dich nicht vielleicht entsetzest für einen Gewaltigen / und das Recht mit Schanden lässest / wie dem Pilato wiederfahren / der zwar das Recht gewust / aber sich durch die Drohungen der Jüden also schrecken lassen / daß er mit Schanden davon abgewichen. XXII. D. Casp. Ziegler hat diese / und andere Virtutes Judicis, so er???an sich haben sol / gar artig zusammen gesetzet / wenn Er also schreibet: Judex debet esse FORTIS, ut non extimescat potentiam litigantis, & ut convitia, opprobria, libellos famosos, & quicquid denique adversi contingere possit, sebria, libellos famosos, & quicquid denique adversi contingere possit, serena fronte contemnat: TEMPERANS, ut sobriè rem agat, nec pleno gutture Sententias evomat: ab AVARITIA alienus, ne munera accipiat, neve corrumpi se patiatur. CONSTANS, ut omnes motus fortunae, mutationesque rerum, Personarum, temporum leves & imbecilles esse credat: PATIENS, sed cum ingenio, ne contemptibilis fiat. Non Iracundus, sed mansuetus, ne pravo in transversum rapiatur impetu: VERITATIS amans, ne quid omittat, quod ad Causae cognitionem plenè percipiendam facit. SEVERUS, ne histrioniam agere videatur, & ut Judicii autoritatem conservet: BENIGNUS, ne duriore interpretatione Leges extendat & pro [205] ducat in saevitiam: CONCORDIAE studiosus, ne lites faciat immortales: PRUDENS, ne quid temerè agat, neve seduci se patiatur. Breviter, AB OMNIBUS AFFECTIBUS VACUUS, cum Justus esse nequeat, qui ab affectibus regitur. In Dissert. praelim. Dicast. p. 8. 9. addatur
Francisc. Zypaeus de Judice lib. 1.
Rutger, Ruland. de Commiss. part. 1. Lib. 1. XXIII. Ferner wird erfordert / daß er sey Leutselig und freundlich / kein Misantropos, der sich nicht sehen oder antreffen lasse / oder wenn er ja endlich noch zum Vorschein kömmet / ein sauer und greßlich Gesichte / wie ein neunjähriger Wolff mache / und die Leute übel anfahre / daß sie drüber erschrecken / und lieber zum Hencker / als ihn gehen möchten / sondern daß er sich jeder mann / der bey ihm zu klagen / oder sonsten zu verrichten hat / willig zeige / und vor sich lasse / mit Gedult einem jeden gütig anhöre / auch mit freundlichen Minen die Klagen und Schrifften annehme / und was sich gebühret / drauf verfüge. Ord. Polit. August. de Anno 1548. tit. von Richtern / vers. daß sie den Partheyen. Ord. Polit. Francof. de Anno 1577. tit. 33. vers. und bey ihren Richten. Ord. Provinc. Vinar. Saxon. de Anno 1589. tit. 29. §. 2. vers. daß ihr die Leute in ihren Anliegen gerne und willig hören / nicht übel anfahren / die Partheyen ohne Verzug bescheiden / und sie in der Güte zu vertragen Fleiß anwenden &c. Ordin. Jud. Magdeb. c. 9. §. als wollen und befehlen wir. vers. in ihren Anliegen gutwillig hören / und ihnen die Billigkeit verfügen. Fibig. in Process. p. 1. c. 2. memb. 3. §. 2. reg. 5. In hoc enim instituta sunt ab initio Judicia. ut, quod injuria factum est, ex Jure corrigatur, & parti laesae satisfiat. Lud. Günth. Martini, Comment. For. in Ord. Pro 2. Jud. Sax. tit. 1. §. 1. n. 52. & 53. Dann welcher die Gerechtigkeit bedienen wil / sol einen guten Verstand haben zum erkennen / grosse Bescheidenheit in Ubersehen / guten Rath zu entscheiden / und einen guten Vorsatz und Neigung zum urtheilen; Nicht weniger ein tapfferes Hertz zum ausführen. Allermassen denn eines Gerechten Richters Ambt in folgenden vier Stücken bestehet: Mit Gedult verhören / [206] mit Bescheidenheit antworten / mit der Gerechtigkeit Urthel sprechen / und mit der Barmhertzigkeit alle Händel außführen:
Guevar, Epist. 8. &. 14.
Zeiler. Epist. 40. pag. 275. XXIX. Wenn auch ein Richter die Partheyen nicht anhören wil / haben sie Ursach / ihre Klagen an die höhere Obrigkeit zu bringen / und sich über die denegirte Justiz zu beschweren.
Mevius, part. 1. Decis. 162. per tot.
Richter / Decis. 103. n. 29.
Zigler. de offic. Jud. concl. 23. §. 28. Da denn zuweilen die Sache von einen solchen Richter abgefodert / oder ihm befohlen wird / die Justiz gebührend zu administriren / und den Process seine̅ Lauf zu lassen / oder / do Er den̅och nicht pariret / folget ein Mandatum Poenale,
Gail. lib. 1. Ob. 28. n. 1.
Petr. Gregor. de Appellat. lib. 2. c. 28.
Mevius, p. 3. Decis. 280. n. 17.
Mynsing. cent. 5. ols. 82. n. 3. item lib. 1. obs. 31. n. 7. Sed supplicans vel agens ante omnia probare debet, justitia̅ sibi denegata̅. Gail. d. Obs. 28 n. 3. item Lib. 1. Obs. 31. n. 7. Puta, idoneo aliquo documento. Richter d. Decis. 103. n. 32. XXV. Sonsten aber ist er schuldig / den Beklagten so wohl als den Kläger zuhören / denn bevor solches nicht geschehen / kan Er kein rechtmäßig Urthel sprechen.
Petr. Greg. Tholos. de Rep. Lib. 4. c. 5. n. 48.
Richter. Decis. 118. n. 12.
Carpzov. Resp. Elect. Lib. 3. tit. 4. resp. 32. n. 21 & seqq. Er muß es machen wie Alexander Magnus, der / als Ihm einer was klagte / daß eine Ohr zuhielt / sagende / daß solches zu Anhörung deß Beklagten Antwort vorbehalten werden müste. Den Gott eben darum dem Menschen zwey Ohren geschaffen / wie dorten der Poët saget: Cur geminas homini concessit Jupiter aures? Possit ut haec laesis, illa patere reis. Vor allen Dingen aber hat Er sich dahin zu bemühen / daß Er die lites abbreviire, und die Partheyen nicht zu grosser und kostbahrer Weitläufftigkeit lasse.
Jason, in L. fin. n. 5. C. de Edict. D. Hadrian. toll.
Bartolus, & coeteri DD. in L. 1. de R. C.
|| [207]
Wesenb. Cons. 14. n. 51. & seqq.
Vent. de Valent. Parth. litig. Lib. 2. c. 10. num. 28. & Lib. 1. c. 15. n. 36. Denn es ist dem gemeinen Wesen viel dran gelegen / daß die Streit - Händel und Rechts-Sachen bald zum Ende gebracht /
Wesenbec. in paratit. ad ff. de procurat. n. 6.
Martini, in Comment. Forens. Sax. tit. 7. §. 3. n. o. und nicht vergeblich aufgehalten / oder verlängert werden. Wie vor alters der Richter Bunas es gemachet / der mit Fleiß alle vor ihm gebrachte Rechts - Sachen proteliret / und auf die lange Banck geschoben / so / daß auch ein Sprichwort von ihm worden / BUNAS JUDEX EST! Ubi lis in longum proferebatur. Gryphiander, Oeconom. legal. Lib. 1-c. 16. n. 402. XXVII. Worbey denn ein Richter viel thun kan / wenn es ihm ein rechter Ernst ist / Juxta L. properandum C. de Judic. §. 1. Si Judex ipse noluerit, nullus tam audax invenitur, quipossit eo invito litem pro trabere. und er nicht selber durch seine unrichtige Bescheide Anlaß giebt / daß aus einem Streit immer mehr werden / welches doch der Praetor in L. 4. §. 3. ff. de re jud. verbothen. Ober den zancksüchtigen Partheyen / und deren Advocaten, welche offte heterogenea homogeniis misciren / Zigler, dicast. Concl. 26. §. 12. und von denen es heisset: Lis Litium mater, Advoatus Pater,
Author Discurs. von Justizien-Werck pag. 23.
Vent. de Valent. parthen. litig. Lib. 1. c. 9. n. 14. allzusehr nachsiehet / ohne Noth weitläufftige Sätze und Schrifften einbringen / und bey die Acta legen / oder sonst nach eignen Muthwillen sie verfahren lässet / oder wohl gar nachsiehet / daß sie personalia mit einmischen / einander schimpflich und Ehrenrührig anstechen und aufziehen / da er doch vielmehr dieselbe drum bestraffen solte: Zumahl wenn es in seiner Gegenwart geschiehet. Speckhan. Cent. 2. Class. 4. Quaest. 40.
|| [208]
Tib. Decian. Resp. 17. n. 19. vol. 1.
Goed. vol. 3. Cons. 32. n. 289. Ord. Cameral. part. 1. tit. 23. Sollen sich aller Schmehwort / Schimpffredens und unzüchtigen Gebärden enthalten. Fürstl. Braunschwl. Hoff - Gerichts - Ordn. tit. 8. §. 10. ibi: sich gäntzlich eußern / höhnlich / unbescheiden und schmälige Wort fürzubringen / bey ernstlicher Straffe. Weil solche anzügliche - Stachel-Reden mehr die Gemüther wieder einander verbittern / als der Sache abhelffen. Vent. de Valent. d. tr. Lib. 2. c. 7. n. 15. Est etiam boni Advocati officium, consultorem se praebere litigantibus, non etiam litium calumniarumque conflatorem.
Budoeus, in for. pag. 424.
Ventur. de valent. d. l. n. 14. Bey den Römern wurden dem Kläger sechs Stunden zu völliger Vorund Einbringung seiner Klage / dem Beklagten aber neun Stunden seine Antwort / und was er zu seinen Defension dienlich zu seyn vermeinte / drauf zu thun und einzuwenden verstattet / zu welchem Ende in den Gerichten ein Stundenglaß aufgestellet war / nach denselben die Stunden abzumercken. Plinius Secundus Lib. 4. Epist. Urso suo. Cn. Pompejus aber hat solches geendert / und dem Actori nur 2 / dem Reo aber 3. Stunden gesetzet / desto eher den Streit - Sachen abzuhelffen. Were gut / wenn man solches in Bürgerlichen Sachen wieder einführete / daß die Endigung der Processe nicht / wie leider! geschicht / auf Kindes - Kinder weg verschoben würde. Petr. Greg. Tholosan. Syntagm. Jur. Univ. Lib. 32. c. 24. n. 8. Drum soll Er die Advocaten in Zaum halten / daß sie in ihren gehörigen Schrancken bleiben / auch seine gröste Freude seyn lassen / wenn Er durch gütliches Zureden die streitende Partheyen vergleichen kan.
Zigler dicast, conc. 13. §. 18.
Martini d. Comment. tit. 1. §. 2. n. 3. Bevorab / wenn sich befindet / daß die Sachen von keiner sonderlichen Wichtigkeit sind / oder solche Personen betreffen / die Unvermögens halber langwirige Rechtfertigungen nicht zu vorlegen haben / wie auch / wenn sich zwischen Obrigkeit und Unterthanen / oder über solchen Sachen / die pias causas, Wittiben / Waisen / und andere dergleichen miserabiles personas betreffen / Streit entspönne.
|| [209]
Ordin. Process. Saxon. tit. 1. §. 2.
Resolut. Gravam. Johannis Georgii II. tit. von Justizien Sachen §. es wil auch
zum 36. vers.
setzen dernwegen / und wollen / daß in dergleichen Fällen die Güte vor allen
Dingen gesucht werde.
Rescript. Elect. Saxon. de Anno 1663. rubr. von Abfolgung der Gerichts Acten. §.
wie nun dieses denen rechten. vers.
Es werden unsere Beambte &c. in geringschätzigen Sachen / sonderlich
unwermögenden und gemeinen Leuten nicht alsob alten muthwillige Processe
verstatten / solchen durch gütliche Unterhandlung und Vergleich möglichst
abhelffen.
XXIIX. Et maximè incumbit judici, litigia in Principiis suis suffocare &
extinguere, ne vitiis partium inquinentur, & justa licet alterutra parte
sint, per longiorem processum injustitiae maculam attrahant.
Zigler, de officio Judicis, Concl. 22. 94.
Wilh. Anton Freiidenberg. de Rescript. morat. tit. 9. concl. 63. n. 222. & 223. lit. pp. & seqq. Solches geschiehet nun nicht allein ins gemein / durch Vorhaltung der Kostbarkeit der Processe, und alles andern Unfugs / so daraus entstehetdurch Ermahnung zum Friede und Einigkeit / und durch Einschärffung der Straffe / in welche sich der unterliegende Theil stürtzet / [wie dann auf denselben eine solche in alle Wege gesetzet werden soll] sondern auch und vornemlich durch heilfame / leichte und thuliche Vorschläge / durch examinir- und Prüfung eines jeden vermeinten Rechtens / und durch vernünfftige Wiederlegung dessen Gegen-einwendung / welches aber junge / ungeübte un̅ unerfahrne Studenten, so roh von der Universität / und Disputier - Banck kommen / wohl bleiben lassen werden: Denn wo ie eine Kunst und Gabe Gottes nöthig ist / so ist sie es bey der Persuasion zum Vergleich / und der Außrede des Rechts-Krieges. Dann ohne daß die Menschliche Natur zum wiedersprechen und Recht haben wollen geneigt / und ieder / wegen seines Interesse blind und taub auf remonstrationes und Vermahnungen ist / so langet bey solcher Gelegenheit eine gemeine Wissenschafft nicht hin / sondern der Richter muß die Sache / worüber gestritten wird / gantz inne haben / vernünfftig judiciren / und rationes pro & contra, ärger als ein Advocat, auf platler Stunde erfinden können. Darneben muß er auch authorithät haben / beliebt und angenehm / zutraulich und glaubwürdig seyn / daß man versichert lebe / er thue alles ohne Heucheley / partialität und Ehrsucht / bloß allein aus Liebe [210] zum Frieden / Gott zu Ehren / und den Partheyen zum besten. Denn wenn man ihn anders / als einen Vater und besten Freund anzusehen beginnet / so fället alles Vertrauen von ihm ab / und wird der Vergleich zu Wasser. Vid. Dn. Sam. Puffendorf. Lib. 5. de jure Nat. & Gent. c. 13. §. 4. XXIX. Ferner soll die Vermahnung zum Vergleich / sonderlich bey dem / der Unrecht zu haben vermuthet wird / am schärffsten klingen. Ja es soll dem / der Ursach an Zerschlagung solchen Vertrags ist / angedeutet werden / daß / wann er verliehret / Er der Obrigkeit mit eben so vielen in Straffe verfallen seyn solle / als die Summa der streitigen Sache austräget. Insonderheit soll diese Unterhandlung zwischen nahen Verwandten und Bluts-Freunden / zwischen Obrigkeit und Unterthanen / und zwischen den Armen und Unvermögenden [wie schon auch oben gedacht] fleißig getrieben werden. Bey den ersten beyden / damit Aergerniß verhütet werde / bey den letzten aber / daß sie nicht vollends gar an Bettelstab gerathen. Dann wann das Rechten schon nichts kostete / so macht es doch das Gemüthe unruhig / vertreibt den Seegen Gottes / hindert die Wercke des Burufs / und erwecket ruchlose und rachgierige Leute. Sonderlich wird sich heute zu Tage ein friedfertiger Mann darum desto eher zum Vertrag bereden lassen / wenn man ihm die gefährliche / aber leider! fast nicht mehr geachtete Eyde vor Gefehrde / den zweifelhafften Ausgang der Processe, [in dem die Bescheide und Urtheile / wie die Würffel im Brete / plumpsweise fallen] / die grosse Kostbarkeit bey so vielen Instanzien und Verschickungen der Acten, und Advocaten, so sich / wie die Barbierer und Bader auf Wunden / also auf Zanck und Hader freuen / abgefeimbde stücke vorhält. Wollen aber / über alles zu reden / vermahnen und warnen / keine Gründe helffen / und man wil / oder kan keinen Frieden erzwingen: so mercke der Richter wohl / welche Parthey halsstarrig ist / da vergesse er alsdann im Bescheide / wann sie auf dem fahlen Pferde befunden wird / das interesse, Unkosten und Straffen nicht. XXX. Wann nun die Partheyen sich zum Frieden erklären / soll der Richter geschwind und hurtig seyn / einen Receff aufzusetzen / solchen zu publiciren / unterschreiben zu lassen / selbsten zu confirmiren, oder durch die Regierungen und Cantzeleyen bestätigen zu lassen / und so dann fest drüber zuhalten / die Wiederspenstige aber un̅ Abtrünnige mit ihren kahlen Laesions-Klagen abweisen. Nullus quippe finis esset, si transactionum rescissio semel irruptionem in Rempublicam faceret.
|| [211]
Warlef. d. Discurs. de abbrevianda lite, Part. 2. c. 5. pag. 176. & seqq.
XXXI. Am allermeisten hilfft auch zu solchen Vergleich / sonderlich in schweren
Sachen / da die Partheyen nicht leicht zu gewinnen / wenn die Landes-Herrschafft
sebsten auf ihren Cantzeleyen und Consistorien gegenwertig ist / denn ihre
Autorität dringet durch / und können sie mit wenig Worten / und einer einzigen
Remonstration mehr ausrichten / als die Räthe und Richter mit vielen Vorstellen
und langen Zureden.
Jung. Valent. Winther. parth litigios. lib. 2. cap. 10. n. 5.
So hat es gemachet Käyser Augustus, welcher nicht allein bey den Verhören in
Bürgerlichen / sondern auch in Peinlichen Sachen / sich finden lassen. Item
Keyser Severus.
Svet. in August. c. 33. in Claudio c. 15. in Galba c. 7. 8. 9. in Domitiano c. 8.
Desgleichen Trajanus, Adrianus, Antonius, Alexander, und viele andere Keyser
mehr.
Vid. Anti-Machiavell. lib. 3. Comm. theor. 35.
Ebener maßen hat Lotharius Anno 820. befohlen / daß alle Richter vor ihm
erscheinen müssen.
Heiminsfeld. tom. 1. Constit. Imper. pag. 14.
Carolus Magnus hat selbsten der Partheyen An- und Vorbringen mit angehöret / die
Streitigkeiten entweder gütlich beygeleget / oder ex aequo & bono
entschieden.
Cit. Anti-Mach. d. Theor. 35.
Ludovicus Pius und Lotharius haben in der Wochen einen eignen Tag ausgesetzet /
an welchen sie selbst Gericht gehalten / ut ex Capitulari Anno 826. art. 83. de
audientia Regis, & 832. art. 28. constat.
König Rudolphus hat selbst zu Gericht / nach alten Herkommen der Teutschen Könige
/ gesessen / des Reichs Unterthanen Sachen verhöret und entschieden.
Lehman. in der Speierischen Chronic. l. 5. c. 109. pag. 632.
Keyser maximilianus hat im September Anno 1502. zu Augspurg zweymahl seine
Session im Cammer - Gericht genommen / und unterschiedliche Rescripta, so auf
die Supplicationes ertheilet worden / unterschrieben.
|| [212]
Vid. lib. annot. de Person. Jud. Imp. Ingolstad. Anno 1557. impressum.
Ant. Discurs. de concurrent. Jud. Aulae & Cam. pag. 48. & 49.
Ubi simul refert, duos Camerales Maximiliano II. Anno 1570. baculum Justitiae,
den Gericht-Stab / praesentasse, ut ipse ius diceret, quem reddidit, &
jussit, ut nomine suo Justitiam administrarent.
Philippus Augustus, Carolus Sapiens VII. & VIII. Ludovicus XII. Könige in
Franckreich haben gleichfalls ihrer Unterthanen Streitigkeiten mit angehöret /
und entschieden.
Anti-Machiavell. d. Theor. 35.
Und
Renatus Choppinus, de doman. Gall. lib. 3. tit. 7. n. 16.
bezeuget / Senatum Parisensem Anno 1458. rescripsisse ad Carolum VIII. moris
suisse hactenus, quod de Patritio flagitii reo princeps ipse, comitantibus
Patriciis, in Senatum venerit, ius dicturus. Von Lesco albo, Herzogen in Polen
schreibet Cromerus,
Lib. 7. Rerum Polonic.
also: Obibat cunctas Regiones ditioni suae subjectas, causasque &
controversias hominum omnibus in locis ipse per se cognoscebat &
iudicabat. Hugo I. Churfürsti zu Brandenburg hat auch täglich gewisse Stunden
bestimmet / darinnen Er sich bemühet / die Streitigkeiten seiner Unterthanen
beyzulegen.
M. And. Angelus, Lib. 2. Annal. March. pag. 59.
XXXII. Die Barmhertzigkeit / wird gleichfals an einem Richter erfodert / daß er
nicht als ein Tyrann / oder gar als ein Teufel sey.
Bald. in L. 2. n. 7. C. de sentent. ex brevic. recitand.
Carpzov. P. 3. Pract. Crim. Q. 119. n. 15- & Q. 143 n. ???
Sintemahl besser ist / die Barmhertzigkeit denn die Schärffe zuübertreten.
Jacob. 2. v. 13.
c. allegant. 26. Q. 7.
c. non satis 14. Distinct. 86.
Wesenbec. 1. cons. 19. n. 23. Und ist viel räthlicher gehandelt / der Richter lasse sich gütig und menheit die Gelindigkeit oder Barmhertzigkeit ist / wie der Text lautet
|| [213]
In c. singulis, Dist. 86. L. 11. ff. de poenis.
Jacob Otto, in Corp. Jur. criminal. pag. 212.
Des Richters Ernst soll allezeit mit Güthe / Freundligkeit und Barmhertzigkeit
oder Gnade temperiret / und ein Unterscheid zwischen des Richters ernstlichen /
un̅ des Henckers grausamen Anblicke seyn / davon Grogorius in
moralibus also schreibet: Omnis qui justè judicat, stateram in manu gestat,
utroq; penso justitiam & Misericordiam portat. Sed per Justitia̅ & Misericordiam reddit peccatis Sententiam: Per
Misericordiam verò peccati temperat poenam: Maßen denn hierinn ein weltlicher
Richter dem obersten Richter / nemlich Gott selbsten / nachzufolgen hat / von
dem der Prophet Habacuc saget: Cum iratus fueris, misericordiae recordaberis:
Wenn du zürnest / wirst du doch an deine Gnade gedencken. Drum auch bey den
Sinesern nebst dem Richter auf der einen Seiten ein Knabe mit einen Rosen-Strauß
stehet / auf der andern aber ein Jüngling / dessen geblöster / und mit Zi nober
roth gefärbter Arm einen blancken Sebel empor träget: Jener bildet die
Barmhertzigkeit / dieser aber die Gerechtigkeit für.
Stifler / in Geistlichen Historien-Schatz c. 36. pag. 2219.
Erasm. Francisci. in Neu-Polirten Geschicht-Kunst und Tugend-Spiegel Lib. 2.
Disc. 2. pag. 317.
XXXIII. Allein es muß keine unzeitige Barmhertzigkeit seyn: Judex enim non mitior
esse debet lege.
Novell 82. c. 10.
L. ult. C. de compens.
Barbosa, Thes. Pract. lib. 9. c. 88. axiom. 19. Wie denn auch GOtt selbsten solches verbeuth Exod. c. 21. v. 12. & 14. Num. 35. v. 31. Deuteronom. 13. v. 8. Dein Auge soll seiner nicht schonen / und solt dich seiner nicht erbarmen. Item c. 19. v. 13. & 21. Dein Auge soll sein nicht schonen / Fuß üm Fuß. Vide etiam Sächß. Land-Recht / lib. 2. art. 13. §. 4 & Weichleb. art. 17. ibi: Welcher Richter Ungericht nicht richtet / der ist desselben Gerichts selbst schuldig / daß über diesen soll gehen. Ubi Glossa Germanica: Hie höre zu Richter / lässest du einem Dieb loß / der gestohlen hat / so bist du ein Dieb. Et in Weichbild. Wo der Richter um Dieberey / Raub / oder solche Sachen / die [214] einem an den Leib oder Haut und Haar gehen / Rechts wegert / so were er sel ber des Ungerichts verfallen. Delictorum enim punitio iniquitatis & malorum medicina est. Aristot. 2. Ethic. L. nemo. & ibi Bald. C. de Episcop. & Judex qui percutit malos, & occidit pessimos, minister Dei est, non crudelis. c. non est crudelis 5. Reiher in Thes. Pract. p. 1. pag. 1904. n. 27. Lieffe auch wider des Richters Pflicht und Gewissen / wenn er dahin trachten / und sich bemühen wolte / einen Ubelthäter / so die Todes Straffe verdienet / beym Leben zu erhalten / und davon zu bringen: Denn dadurch machte er sich ja jenes Sünden theilhafft / lüde Gottes und der hohen Obrigkeit Straffe auf sich / und müste dem Ankläger fatisfaction geben.
Prov. Salomon. c. 19. v. 15.
L. 11. pr. ff. de poenis.
Dan. Clasen, in Comment. ad art. 150. const. Crim. Caroli V. pag. 651. Judices, qui dolosè palliant delicta, non evadent aeterm Judicis condemnationem.
Jul. clar. Quaest. 4. in fin. Lib. 5. §. fin. Vide etiam c. inferior 1. & facientis 3. Dist. 86.
Add. Cap. Lib. 3. Reg. v. ult. und er sprach zu ihm: So spricht der HErr: Darum daß du hast den verbanneten Mann von dir gelassen / wird deine Seele für seine Seele seyn / und dein Volck für sein Volck. Opus quippe pietatis est, delicta debito modo punire. Erid. Pruckmann. Vol. 2. Cons. 16. n. 7. Wie dann der selige Mann / D. Martinus Luther hievon in der Hauß-Postill diese nachdenckliche Worte führet: Der Hencker ist auch ein barmhertziger Prediger / sintemahl bösen Buben sonst weder zu rathen noch zu helffen ist. Sie verderbten sich und andere Leute mit ihnen / wo man die Barmhertzigkeit an ihnen nicht übete / und mit dem Schwerd nicht werete. Also ist daß Köpffen und Hencken / obs gleich schrecklich siehet / und wehe thut / ein Werck der Barmhertzigkeit: Denn wo es nicht were / würdestu keinen Bissen mit frieden essen / und keinen gantzen Fleck an deiner Haut behalten können.
|| [215]
Et misericordia crudelis dicitur, parcere uni in discrimenmultorum,
c. ult. distinct. 45.
Quam nemo intempestivè exercere debet.
L. si hominem 7. ff. Depos.
add. Zigler. Dicast. concl. 32. §. 32. & 47. §. 6. & 7. Es werden [ait pulchrè Joh. Gigas, in explic. Evang Dominical.] grosse Schälcke und Buben selten frömmer / wenn sie außgebethen / und ledig gegeben werden / sondern heben gemeiniglich an / auf ein neues zurauben / stehlen und morden: Drum wenn Obrigkeit Ertzbuben gefangen hat / und siehet ihnen durch die Finger / oder lässet sie wieder loß / ist es gleich / als wenn du Bären und wilde Schweine aus deinen Weingarten vertrieben hättest / und ließest sie wiederum willig hinein kommen. Art läst von Art nicht / und wo weder Haut noch Haar gut ist / da wird kein guter Peltz aus. Wilh. Anton. Freudenb. corall. Sect. 7. §. 2. pag. 34. XXXIV. Jedoch ist am besten und verantwortlichsten / wenn man das strenge Recht mit Gelindigkeit temperiret / wie Keyser Trajanus gethan / den man deßhalben für einen Gerechten Herrn / gehalten / weil er Recht mit Gnade zu weßigen gewust / auch seine Beambte und Richter darzu vermahnet. Garzon. Piazza Univers. Disc. 145. pag. 1023. Humahl in Zweiffelhafften Sachen / in welchen ohne dem ber Judex mehr zur Gelindigkeit / als zur Schärffe incliniren soll /
L. absentem ff. de Poenis.
C. in Poenis. 49. de R. & in 6
Besold. part. 4. Consil. 189. n. 116. und die des Menschen Leib und Leben betreffen Drum auch die alten Rechtsgelehrten davor gehalten / es sey besser / einen Schuldigen loßlassen / als einen Unschuldigen condemniren. L. 5. ff. de Poenis. Ob illam rationem, quoniam Judex damnationem semel injustè factam non corrigere: per absolutionem verò nocentem vel ad meliorem frugem perducere, quo casu intentio absolventis finem assecuta est, vel illum denuò peccantem eò tutius damnare potest. Et haec ratio quoque est, cur favorabiliores Rei, quam Actoris sint partes. Actor enim praeparatus semper ad judicium venit, Reus verò defensionem suam, non semper ita, ut necetsitas raquirit, instruere petest, adeoque benignitate & fayore judicis dignus aestimatur.
|| [216]
Rudolph. Godofred. Knichen. op. polit. vol. 1. lib. 2. part. 1. cap. 13. th. 15.
column 699.
Und gleichwie der Richter nicht gelinder seyn darf / als die Gesetze; also kömmet
ihm auch nicht zu / daß er wolte schärffer seyn.
L. 3. infin. C. de Apostat.
L. 3. § fin. C. arbitr. tutel. Oder eine härtere Straffe einführen / und exequiren / als die Gesetze und Rechte erkennen. Menoch. de A. J. Q. Caes. 276. per tot. Nam ubi Jura Caesarea poenam capitalem, vel corporalem, quoad vitam, corpus, aut corporis membra, vel etiam poenam infamiae non irrogant, in istis Casibus judex neminem ita ad mortem condemnare, vel aliàs criminaliter punire debet. Inde, quae poena legibus non est definita, Judex delinquentibus ea̅ temerè non debet imfligere. Quod si verò poena in Lege est definita, illam Judex sequi, nec duriorem temerè irrogare tenetur: Mitior tamen quandoque Poena, ex consilio prudentum, delinquenti irrogari potest, si ita ipsi arbitrentur pro ratione circumstantiarum, ex se autem & pro suo lubitu hoc facere nequit, nisi sit Judex superior, qui habeat jus aggratiandi, quamvis ille hoc temerè facere non debeat, nisi justis & urgentibus causis ad id fuerit inductus.
Vid. Clar. lib. 5. Quaest. 85. n. 10. fol 853.
Gilhausen, ad art. 104. Const. Crim. Caroli V. fol. 30. Und ist notabel, daß der Cham, oder Sinesische Gerichts - Praesident ein Scapulier am Halse träget / in dessen Mitte ein güldenes Täfelein zu finden / drauf eine Hand mit einer richtigen und gleichen Wagschalen gestochen / und rings umher diese Schrifft: Des allerhöchsten Herrn Natur ist bey seiner Gerechtigkeit / das Gewichte / die Maße und die Rechnung zu beobachten. Darum gib acht auf dasjenige / was du thust: Denn so du dich hier versündigest / must du davor mit ewiger Straffe büssen. Erasm. Francisci, in obgedachten Neu - polirten Kunst - Wunder - Sitten - Spiegel lib 2. Disc. pag. 317. Tanta debet esse poena, quanta aequitas humanitasque patitur, debet esse mediocris, clemens & delicto congruens. §. illud autem, in Authent. de Triente & Semisse. XXXV. Es soll auch der Richter über seine Authorität und Respect. halten / und sich von niemanden beschimpffen lassen: Gestalt er denn wohl befugt ist / denjenigen / welcher ihn / als Obrigkeit und Richter / afrontiret, injuriret / [217] und verächtlich hält / sobald arbitrariè zu bestraffen / ut delictum Reipublicae, vel ejus dignitati factum.
Innocent. in c. ex parte 23. n. 1. de V. S.
Menoch. lib. 2. de A. J. Q. cas. 263. n. 7.
Scrader tr. Feud. p. 10. sect. 1. n. 110.
Gail lib. 1. obs. 36.
Harprecht §. atrox. 9. n. 12. Instit. de injur.
Vent. de Valenth. part. litig. lib. 2. c. 8. n. 30.
Carpzov. part. 3. Prax. Crim Quaest. 104. n. 66. 67. & 68. Doch / daß Er es nicht selber veranlasse / oder / aus Haß / Neid und Feindschafft sein Müthlein an ein und andern zu kühlen / thue: Maßen ohne dem gefährlich und beschwerlich istunter einen feindseligen / und verdächtigen / und erzürnten Richter zu litigiren.
Can. quia suspecti 3. quaest. 5.
Gloss. in cap. solitudinem, in verb. Episcopus de Appellat.
Carpzov. d. q. 104. n. 65. Welcher auch deßhalber recusiret werden kan; Richter. Decis. 1115. per tot. Sondern er hat sich vielmehr einer aufrichtigen Güthe gegen männiglich zubefleißigen / drüm Er auch VIR SAPIENS, BONUS & HONESTUS genennet wird.
L. Continus 137. §. cum ita 2. ff. de. V. O
L. Vir bonus ff. judic. Salv.
L. Penult. ff. de procurat. Et VIR BONUS & JUDEX convertuntur, nt ait Baldus in L. caet. ff. fam. Ercisc. Hinc illud Horatii: Vir bonus est quis? Qui consulta patrum, qui Leges Juraque servat, Quô multae magnaeque secantur judice lites. Dessen Güte und Aufrichtigkeit darin bestehet / daß er / nach dem Spruch Deuteronom. c. 17. v. 20. Recht richte / oder daß er / wie jener begehrte / einem jeden daß rechte Recht mittheile und zulege. Gryphiand. Oecom. Leg. Lib. 2. c. 22. n. 23. Welches dann / nach Isidori Meinung / Lib. 20. Etymol.
|| [218]
der Lateinische Nahme Judex selber mit sich bringet; Denn / saget Er / Judex
dicitur, quod populo jus dicat, so in Teutscher Sprache auch zimlicher massen
zutrifft / daß er Richter heisset / weil Er den Leuten Recht spricht / und ihre
Spähn richtet.
Garzon. d. Disc. 145. pag. 1033.
Judicis quippe sapientis est. semper verum sequi, habere in consilio fidem,
religionem, ae quitatem. Libidinem autem, invidiam, metum, cupiditates omnes
amovere, maximi aestimare conscientiam mentis suae, meminisse posse, quem oderit
absolvere, quem non oderit condemnare; & semper non quae velit ipse, sed
quid lex & religio cogat, cogitare, eorumq; omnium se Deum habere
testem, cui administrationis reddenda sit ratio, ut scribit
M. Tullius Cicero pro Cluentio.
Imò summatim, & quasi in compendio universas comprehenderunt
Juris-Consulti virtutes Judicem decentes, qui eum VIRUM BONUM dixerunt, inquit
Zieler. in Dissert. praeliminar. Dicast. §. 8.
Maßen er denn auch also beschrieben wird / quod sit vir bonus, prudens juris
dicendi & aequitatis statuendae peritus & expertus, ad id
muneris publicâ authoritate vocatus & juratus: Ein frommer ehrlicher
Mann / der was recht und billig ist / zu sprechen und zu verordnen / gelehrt und
erfahren / auch zu solchem Ambt öffentlich beruffen und verpflichtet ist.
XXXVI. Denn daß Er ordentlicher Weise vociret und beruffen sey / ist auch ein
nothwendig Requisitum mit. Denn gleich wie in einem ieglichen Ambte und
Verrichtung Göttlicher Beruf zu erwarten / und nicht durch allerhand verbothene
Mittel / durch Geld und Geschenck Schwägerschaft / und andere unrechtmäßige
Arthen sich einzudringe: Also ist es auch bey bem Richterlichen Ambte sehr
nöthig / daß ein Richter durch GOttes und seines Obern ordentlichen Beruf hierzu
gelange / damit er sich in solchen so vielen Verfolgungen / Wiedrigkeiten und
Beschwerungen unterworffenen Ambte Göttlichen Seegens / Beystands und Hülffe
getrösten könne / wie denn der weise Hauß - und Zucht - Lehrer Syrach alle
rechtschaffene und ordentlich - beruffene Diener mit folgenden Macht - Spruch
aufrichtet und anredet: Mein Kind / in Wiederwärtigkeit seygetrost / und trotze
auf dein Ambt / denn wer an seinem Amt verzaget / wer will deme helffen?
|| [219]
XXXVII. Er soll auch zu dem Richterlichen Ambt mit Pflichtenbeleget werden.
Juxta Nov. 8. in princ. ac Novell. 17. c. 1.
Mastrill. de Magistrat. lib. 6. c. 8. Omnes enim omninò Judices, sive majores sive minores, sive ordinarii, sive delegati, tenentur praestare juramentum de rectè judicando.
Mynsing. cent. 2. obs. 76.
Casp. Manzius, in Comment. rational. ad Const. Crim. Caroli V. art. 3. n. 1. Ergò etiam, & multò magis Judices Causarum Criminalium jurati esse debent. Thomas Mezger. Consil. Crim. 15. n. 14. Is enim qui juratus, praesumitur juramenti & salutis suae debitam fidelitatem & industriam in officio habiturus. L. 6. C. ad L. Jul. repetund. Und dieser Eyd kan durch kein Landes-Statutum, noch Gebrauch remittiret und abgebracht werden / Christoph. Blumenbacher / in Commentar. ad Const. Crimin. art. 4. n. 3. Denn man würde dadurch dem Richter Anlaß geben / nach Gefallen über die Schnur zu hauen / da doch solcher Eyd von uhralten Zeiten her üblich gewesen / sintemahl bey den Atheniensern der Richter schweren muste / daß er nach den gesetzen richten / und das Recht zubeugen keine Geschencke nehmen wolte. Denen die Römer nachgefolget / bey welchen keiner das Obrigkeitliche Ambt führen durffte / wenn er nicht zuvor mit einen Eyd darzu verpflichtet war. Ja vor deß Käysers Caji Zeiten / als die Richter noch durchs Loß erwehlet wurden / musten sie über eine iedwede Sache schwehren / daß sie darinne recht richten wolten. Lud. Günth. Martini, in Comment. Forens. proc. Sax. ad tit. 1. §. 1. n. 69. pag 51. Es leget auch der Römische Keyser und König bey der Wahl und Crönung einen leiblichen Eyd / die Justiz gebührend zu administriren / und ein Vermehrer deß Reichs zu seyn / ab. Eitel Friedrich von Herden / in der Grund - Geste des H. Römischen Reichs p. 3. c. 2. Author Jur. Publ. Rom German. von pag 202. biß 212.
|| [220]
Wie auch die Richter und Beysitzer am Keyserlichen Cammer-Gerichte.
Ordin. Cameral. 1. c. 57.
Und alle andere Richter / wie sie nur Nahmen haben.
Adam Keller, de offic. Juridico-Polit. Lib. 1. c. 29.
Nicol. ab Ehrenbach / Hyparcholog. c. 6. Sect. 2. n. 107. & 108.
Wie denn die remission und Erlassung sothanen Eydes ausdrücklich im Rechten
verbothen ist.
XXXVIII. Die Eydes-Formul des Richters so zu Zeiten Keyser Justiniani üblich
gewesen / findet man in
Novell 8. ad sin.
welche er in Novella 102. in praefat. nennet formulam horrendissimam, und lautet
auf Teusch also: Ich schwere bey dem Allmächtigen Gott und seinem eingebohrnen
Sohn / unsern HErr JEsu Christo / und dem heiiigen Geist / auch bey der Heiligen
/ Glorwürdigen Gottes-Gebährerin / und allezeit Jungfrauen Maria / auch bey den
4. Evangelien / die ich in meinen Händen halte; Imgleichen bey denen heiligen
Ertz-Engeln / Michael und Gabriel / daß ich mit reinen Gewissen unserem Herrn
Justiniano, und seiner Gemahlin Theodora, in dem von ihrer Landes Väterlichen
Fürsorge mir aufgetragenen und anbefohlenen Ambte getreue Dienste thun wolle.
Kraft dessen nehme ich auf mich / und gelobe hiemit / allen Fleiß und Schweiß /
mit begierlicher Lust / ohne alle List und Gefehrde / in dieser Verwaltung
anzuwenden / so mir von ihnen / über ihre Regierung / zum geneigten Wohlwesen
vertrauet wird: Auch daß ich in der allerheiligsten und Catholischen
Apostolischen Kirchen Gottes Gemeinschafft sey; Auch derselben iemahls zu keiner
Zeit nicht wiederstreben / nach einem andern / so viel in meiner Macht ist / ihr
zu wiederstehen / verstatten wolle. Ich schwere auch einen teuren Eyd / daß ich
keinen Menschen etwas / zu erlangung dieses Ehren-Gürtels / und besonderlicher
Gunst willen / gespendiret / noch zu verehren verheissen: Noch künfftig ihm
etwas / aus meiner Land-Pflegeschafft / an Geschencken zu übermachen /
versprochen: Auch weder denen hohen Befehlhabern und Reichs-Officialen, noch
denen / die üm sie sind / noch sonsten einigen Menschen das geringste senden
wolle / um dadruch eine beförderliche Stimme mir zuerwerben. Sondern wie ich den
Richterlichen Gürtel durch ordentliche Benennung erlanget: Also wil ich mich
auch gegen Unserer getreuen Landes-Väterlichen Ober - Herrschafft Unterthanen
rein und lauter erweisen / mich einig und allein mit dem lassen befriedigen /
was mir aus der Renth-Camer / zu ei [121] ner
Jährlichen Besoldung vermacht ist. Vors erste will ich möglichen Fleiß brauchen
/ die Angelegenheit des Fisci wachsamlich zu beobachten. Die Ungehorsamen oder
treuvergessene / und die so eines Zwangs bedürffen / mit aller Macht / zu
Beytragung ihrer Schuldigkeit / anhalten: Wil mich nicht von meiner Pflicht
neigen / noch deßfals einigen Gewinn ansehen: Weder durch Gunst noch Ungunst
jemanden über ziemliche Gebühr / Recht und Billigkeit etwas ansinnen / oder
Verhengen. Die Gehorsamen wie ein Vater tractiren / und die Unterthanen Unserer
allergnädigsten Herren aller Orthen / so viel mir müglich / wieder Beleidigung
schützen / beyden Theilen die Billigkeit wiederfahren lassen / und keinem /
wider Recht / etwas verwilligen / sondern alle Verwirckungen beeifern / alle
Billigkeit beobachten / nachdem mich recht und gut zu seyn bedüncken wird. Die
Unschuldigen sollen durch mich bey ihrer Unschuld gehandhabet / und wider Gewalt
beschirmet; die Schuldigen aber mit behöriger Straffe / dem Gesetzen nach /
angesehen werden. Ich wil ihnen an ihren Rechten weder in öffentlichen / noch
Privat-Contracten das geringste lassen zu nahe geschehen / sondern alle
Gerechtigkeit pflegen. Solte ich auch in Erfahrung kommen / daß der Fiscus
unrecht litte / [oder veruntreuet würde] weil ich nicht allein in selbst eigener
Person mich alles Ernstes darwider setzen / sondern auch einen solchen Beysitzer
zu mir nehmen / und sonst ins gemein redliche Gerichts - Diener um mich halten /
damit ich nicht etwan allein unsträflich handele / hingegen die andern / so um
mich sind / stehlen oder sonst mißhandeln. Solte aber ein solcher ungetreuer
Mensch in meinen Dienst erfunden werden / wil ich gehalten seyn / denselben von
mir zu schaffen / und den Schaden / so er gestifftet hat / gut zu machen [ita
interpretanda censet Erasmus Francisci in Neu-Polirten Geschicht - Kanst - und
Sitten-Spiegel pag. 360. verba illa textus: SI QUIS AUTEM INVENIATUR CIRCA ME
TALIS, ET QUOD FIT AB EO, ME SANARE & EUM EXPELLERE. Quamvis etiam ita
possent haec exponi, wil ich mein Gewissen salviren / und ihn von mir jagen.]
Werde ich solches alles nicht halten: So straffe mich Gott in diesen und jenem
Leben / an den erschröcklichen Gericht unsers grossen Herrn / Gottes und
Heylandes JEsu Christi. Er lasse mich Theil haben mit Juda / schlage mich mit
dem Aussatz Gehasi, und mit dem Zittern Cains! Uber das will ich den Straffen /
so dießfals in den Käyserlichen Rechten enthalten / unterworffen seyn.
Kayser Carolus v. in der Peinlichen Hals - Gerichts Ordnung setzet folgende
Formul.
|| [222]
Ich N. schwere / daß ich sol und wil in Peinlichen Sachen Recht ergehen lassen /
richten und urtheilen dem Armen als den Reichen / und das nicht lassen / weder
durch Lieb / Leid / Mieth / Gabe / noch keiner andern Sachen wegen: Und
sonderlich so wil ich Keyser Carls des Fünfften / und des Heil. Reichs
Peinlicher Gerichts - Ordnung getreulichen geleben / und nach meinen besten
Vermögen halten und handhaben alles getreulich und ungefehrlich / also helffe
mir Gott und die heiligen Evangelia. XXXIX. Vormals ist in Frießland eine
Ordnung und Schluß gemachet worden: Daß die Richter nicht allein bey
anfänglicher übernehmung ihres Ambts sich Eydlich verbinden solten / das Recht /
ohne ansehen der Person / iedermänniglich zu ertheilen / und ihre Gebühr in
allen zu erstatten / sondern auch nach Wieder - Abtretung solches ihres Richter
- Ambts einen teuren Eyd schweren / daß sie nichts vorsetzlichen Wissens und
Willens unterlassen / was ihre Schuldigkeit erfodert. Welche zwiefache
Beeydigung darum aufgebracht / damit daß Gewissen / selbiger Richter mit einem
doppelten Bande zu aufrichtiger Verwaltung der Justiz verstricket würde / und
sie zwischen so vielen Verreitzungen desto weniger / von der geraden Schnur deß
Rechtens abweichen möchten.
Ubbo Emmius Lib. 14. Hist. Fris.
XL. Juramentum, quod judices in comitatu Oetingenfi praestant, est tale: Daß sie
niemand unrecht sprechen / und dran seyn wollen / daß nicht Unrecht geschehe dem
Kind in Mutterleibe / dem Kalb in der Kuh / dem Vogel in der Lufft / dem Fisch
im Wasser.
Supplem. Pract. Wehn. u. Grafe Pag. 32.
XLI. Bey den Griechen / sonderlich denen Atheniensern / musten die Richter / so
in schweren Fällen urtheilen wolten / sechzig Jahr alt / darbey gerechte /
aufrichtige nnd unpartheiische Leute seyn / welche folgenden Eyd / den
Demosthenes in Timocrat. f. 796. B. anführet / schweren muster: Pronunciabo
secundum leges & decreta populi Atheniensis & Senatus
quingentorum. Tyrannidem verò, aut paucorum dominatum, mea sententia non
comprobabo. Neque, si quis populi Atheniensis libertatem oppresserit, aut
quicquam contra haec dixerit, aut decreverit, concedam neq; novas tabulas
privatim, neque agrorum Atheniensium divisionem, nec aedium. Neq; exules
revocabo, neque capitis damnatos, neq; eos, qui manent, expellam contra leges
receptas, & decreta populi Atheniensis & Senatus. Neque egomet
ipse, neque alium sinam, neque Magistratum creabo, ut is imperet, antequam de
alio gesto Magistratu rationem reddiderit, sive sit Novem - [223] Vir, sive Pontifex, sive quicunque cum Novem-viris eâdem die
creantur, sive Praeco, sive Legatus, sive Asseflor, neque bis eundem
Magistratum, eundem virum, neque binos Magistratus eundem gerere sinam eodem
anno, nec accipiam munera propter Heliaeam, vel ipse ego, vel alius meo nomine,
vel alii me conscio; non fraude, non machinatione ulla. Et natus sum annos non
pauciores triginta; audiamque cùm accusatorem, tùm reum, eodem modo utrumque, et
Sententiam de eo feram, quod est ìn controversia positum. Adjuro Jovem, Netunum,
Cererem, & ipse mihi exitium imprecor, & familiae meae, si quid
horum neglexero, aut violâro. Sin bona fide praestitero, praeclara mihi
& bona multa eveniant.
D. Joh. Philip. Pfeiffer Antiqu. Graec. Gentil. Lib. 2. c. 33. pag 285.
XLII. Die Kleidung eines Richters soll zugleich erbar / und g e chsam
Majestätisch seyn / zur Anzeigung der Ehren / und Nobilität seines Ambts.
XLIII. In seinen Geberden / Gang / Reden und Geschäfften muß gleichfals eine
höfliche Majestät herfür leuchten / welches denn auch der fürnehmsten Stücke
eins mit ist / so an einem Richter erfordert wird / aufdaß er weder sich / noch
sein Ambt bey leichtsertigen Leuthen in Verachtung bringe.
Thom. Garzon. in Piazza Univers. Discurs. 145.
Darum Er beydes in der Aussicht / und in allen seinen Geberden eine gebührliche
Gravität wisse zu halten / von wegen des hohen Ambts und der Dignität
desselbigen / beneben einen ziemlichen Ernst / nach Gelegenheit der Sachen / so
ihm vorkommen. Ita probanda est Mansvetudo & Clementia, ut adhibeatur
causae severitas, sine qua civitas administrari non potest.
Cicero lib. 1. de Offic.
Grstald auch die Poëten solche Nothwendigkeit eines gebührlichen Ernstes durch
die Fabel des MINOIS, der ein Richter in der Höllen seyn soll / andeuten wollen
/ welchen Virgilius deshalben rühmet / wenn er lib. 6. AEneid. also von ihn
schreibet:
Quaesitor Minos urnam movet, ille silentum
Consiliumque vocat, vitasque & crimina discit.
Desgleichen sagt auch Claudianus von Ihm /
Quaesitor in alto
Conspicuus Solio pertentat crimina Minos.
AEACUS ist gleichfals von den Heyden / wegen seines Ernsts im Richten und
Straffen / zu einem Richter in der Höllen gemacht / dessen Propertius in
nachfolgenden Vers gedencket:
|| [224]
Aut si quis positâ Judex sedet AEacus urnâ.
Ebenmeßig RHADAMANTUS, Virgil. lib. 6. AEneid. v. 561. seqq.
Gnosius haec Rhadamantus habet durissima Regna,
Castigatque auditque dolos, subigitque fateri,
Quae quis apud Superos, furto laetatus inani,
Distulit in seram commista piacula noctem.
Wie auch TRIPTOLEMEUS.
Cicero lib. 1. Tuscul. Quaest pag. 131. edit. in fol. cum not. Lambini.
Woselbst er sie alle viere zusammen setzet.
XLIV. Insonderheit aber hat sich ein Richter in Peinlichen Sachen sehr wohl
vorzusehen / weil darinn nicht de glande legenda, nec de oleo, vino, tritico
legato, de lana caprina, aliâve re levicula, non de partibus lucri ex societatis
contractu debiti, neque de tribus posthumi capellis, sondern von der Ehre und
gutem Leumuth des Menschen / ja dessen Leib / Leben und Tod gehandelt wird.
Oldekop. Obs. Crim. tit. 5. obs. ult. n. 6.
Hippol. de Marsil. in Pract. Crim. §. decurionem n. 3.
Carpzov. Pract. Crim. part. 3. Q. 116. n. 20.
Ventur. de Valent. Parthen. litigios. lib. 1. c. 14. n. 19. Cujus tanta est jactura, ut major esse nequeat.
Arg. L. in serv. 10. ff. de Poenis.
L. in pecudum §. 1. in fin. de Usuris Novell. 8. Daher ein guter Verstand und tapfferer wohl-bedachter Fleiß / experienz und behutsame Vorsichtigkeit darzu erfodert wird. Peinl. Hals-Gericht. Ordn. Art. 1. & Art. 150. in fine; ibique Zieriz. Peinl. Sächß. Inqv. und Achts-Process. pag. 9. Und hat sich niemand / bey erfolgten Fehler / mit seiner Unwissenheit / Ungeschicklichkeit / oder andern kahlen Entschuldigungen zu behelffen. De̅ gleich wie ein Medicus im Gewissen nicht entschuldiget ist / welcher aus Unerfahrenheit oder Unwissenheit übel curiret: Also ist auch derjenige / welcher über Leib und Leben zu richten / und Recht zu sprechen hat / nicht excusiret / wenn er weiß / daß er in solchen nicht gnugsame Wissenschafft und Erfahrung hat / sondern er soll gedencken: MANUM DE TABULA!
Blumenblacher, in Comment. ad d. Art. 150. Const. Crim.
add.
Zigler. Dicast. concl. 1.
|| [225]
&
D. Ahasver. Fritsch. in Tract. de peccat. minist. Princ. concl. 1.
Weil einem einmahl hingerichteten Menschen auf dieser Welt sein Leben und
vergossenes Blut nicht wieder ersetzet / noch mit Gelde bezahlet werden mag.
Georg. Remus, in praefat. Nemes. Carolin.
Theodor. in Colleg. Crim. c. 1. lit. C. n. 7. Und kan man einen zwar bald das Leben nehmen / aber nimmermehr wieder geben.
Garzon. in Piazza, Univers. Disc. 145. pag. 1031.
Reinkink. lib. 2. in der Biblischen Policey / axiom. 55. circa finem. XLV. Derowegen eine iedwede Obrigkeit und Gerichts-Person / so mit dergleichen Sachen zu thun / desto behutsamer zugehen / und allen Fleiß anzuwenden hat / daß sie weder gelinder noch schärffer / denn des Delicti Beschaffenheit erfordert / sondern wie es die in denen Rechten / und der Billigkeit / insonderheit aber Käysers Caroli V. und des Heiligen Römischen Reichs Peinlicher Hals-Gerichts-Ordnung / item die in den Sächsischen Landen auf löblich-hergebrachte Gebräuche und Gerichts-Ge-wohnheiten gegründete Processe mit sich bringen / verfahre /
Carpzov. in Inquisitions- und Achts-Process. pag. 4. §. haben demnach sc.
Author der Altenb. Prax. Crim. in Praefat. pag. 9. & 10.
Peinl. Sächß. Inqv. und Achts-Process. pag. 10. Ihr Amt treulich verrichte / die anbefohlene Gerichte / wo nicht von bösen Thaten gäntzlich rein und befreyet erhalte / doch / bey ein und andern erfolgten Delicto, entweder auf beschehene Anklage den ordentlichen Process rechtmäßig verführe und befördere / Carpzov. Pract. Crim. part. 3. Quaest. 104 per tot. Oder ex officio den Inquisitions Process anstelle. P. H. O. art. 214. in verb. so soll die Obrigkeit &c. Churfl. Sächs. Landes-Ord. de Anno 1555. sub tit. Von Unkosten der Peinlichen Rechtfertigung. § welches auch. Carpzov. d. part. 3. quaest. 107. per tot. XLVI. Hiezu müssen aber zuvor rechtmäßige gnugsame Indicia und Anzeigungen vorhande̅ seyn / den̅ sonst ohne dieselbe der angestelte Process null und nich [226] tig ist / und zerfält / auch dem Reo, wenn er schon die That gestanden / unnachtheilig ist. Farinac. tom. 2. quaest. crim. 81. n. 13. INDICIA in genere dicuntur delicti perpetrati indicativa sive demonstrativa argumenta. Redliche Anzeigungen / redliche Warzeichen / Argwohn / Verdacht und Vermuthungen.
Dither. in continuat. Thes. Pract. Besoldi pag. 506. n. 22.
P. H. O. Caroli V. art. 6. 7. 8. 18. 20. 22. & 23.
Tabor. de tortur. pag. 105. & 106.
Brunus, de Indic. & tortur. part. 1. Quaest. 1.
Bald. ad rubric. C. de probat.
Bossius, in tit. de indic. & consil. ante tortur. n. 2. Nomen fortiuntur ab indicando.
L. solent. §. quod si solutum ff. de praescript.
Dan. Clasen, ad art. 19. Const. crim. Caroli V. pag. 105.
Volckmann. consil. Crim. 18. n. 5. Et licet indicium, praesumtio, conjectura, signum, adminiculum, suspicio & opinio reverà inter se differant,
Farinac. lib. 1. tit. 5. quaest. 36. Oper. Crim. part. 5.
Menoch. lib. 1. de Praesumt. Quaest. 7. p. 10. & seqq. in materia tamen Criminali nomine indiciorum haec omnia comprehenduntur.
Remus, ad dict. art. XIX. Const. Crim. pag. 32.
Zanger, de quaest. & tortur. c. 2. n. 13. Suntque vel communia omnibus delictis, vel certorum delictorum propria. COMMUNIA sunt, ex quibus non de unius, certi & specialis, sed de aliquorum delictorum commissorum veritate constare potest. Argwohn und Anzeigunge / so sich auf alle Missethat ziehen. Haec sunt iterum duplicia [1] VEROSIMILIA, seu probalia. L. 8. §. 1. C. de Quaestion. Haec quidem rem arguunt esse veram, non tamen semper, sed saltem plerumque, qua de causa quoque vocantur probabilia, utpote è quibus verosimiliter & praesumtivè delicti commissi veritas colligi potest. [2] CER [227] TA & indubitata, quae gravissima dicuntur, quaeque verè & in suo genere concludunt ad inferendum delictum, quaeque Judicem ita certum reddunt de delinquente, ut nihil aliud, quàm accusati confessio deesse videatur. L. 1. ff. de Quaestion. Coeterum ex VEROSIMILIBUS unumquodq; indicium per se sufficiens non est ad Torturam, nisi & alia, juxta arbitrium judicis, concurrant, quae ipsum commovere possint, ad reum torturae subjiciendum. Sed è CERTIS & INDUBITATIS unumquodque ad torturam sufficit.
Ord. Crim. art. 27.
Seb. Guazzin.
Tom. 2. c. 4. n. 12. pag. 79. ad defensionem incarcerat.
Carpzov. p. 3. q. 129. n. 12. 13. 14. & 15. Pract. Crim. PROPINQUA indicia sunt, quae certum aliquod delictum indicant, & è quibus proximè & immediatè certi delicti veritas colligi potest. Describuntur ita, quod sint argumenta, è quibus judex de accusati delicti existentia informari potest, ut de ejus certitudine nihil amplius dubitari possit.
Vid. Mascard. de probat. vol. 1. Quaest. 15. n. 9.
Menoch. de Praesumt. Lib. 1. Quaest. 7. n. 14.
Boer. Decis. 164. n. 4. XLVII. Indicia communiter probari solent per duos testes juratos, & hoc quidem secundum communem DD. Sententiam.
Jul. Clarus, Lib. Sent. §. ult. q. 22, n. 1.
Zanger, de tortur. c. 3. n. 21.
Menoch. Lib. 1. q. 89. n. 21. de praesumt.
Anton. Gomez. Lib. 3. c. 13. n. 18. Var. Resol. Isti testes tamen debent esse omni exceptione majores, id est, quibus nihil ad reprobandam illorum personam objici potest. Interdum tamen & per unum testem omni exceptione majorem, & de proprio visu deponentem indicium validum ad torquendum desumi potest. Bonifac. Vitalinus Lib. 3. 6. 8. n. 5. De Malefic. Praecipuè si plura Indicia simul concurrant, vel etiam testium alter de uno, alter de alio tertius ad huc de alio, sed ad idem delictum significandum & probandum concurrente indicio deponat. Tunc enim omnium [228] testificatio simul juncta fidem verisimiliter facit de reo, qui propterea sub tormentis interrogati potest. Carpzov. Part. 3. Pract. Crim. Q. 123. n. 55 Et quamvis Menoch. De praesumt. lib. 1. Q. 91. n. ult. Gomez. Tom. 3. c. 13. n. 18. var. resol. existiment, ejusmodi testes, tanquam singulares, conjungendos haut esse, cum singuli testes fidem non faciant: Verissimum tamen est, quod plures imperfectae probationes in causis capitalibus conjungendae sint ad faciendam plenam probationem, cumprimis quoad torquendi effectum; Zanger. de Quaestion. c. 3. n. 35. modô haec tria concurrant, [1] ut testes sint omni exceptione majores, seu tales, quibus nihil ad infringendam eorum habilitatem testificandi potest ob ici. [2] Ut depositio fiat super indiciis delicto proximis i. e. immediatè tale delictum inferentibus. [3] Ut indicia illa, de quibus testes juratè deponunt, sint talia, ut ex illorum conjunctione Judex certus reddi queat de veritate & certitudine delicti à reo perpetrati. Farinac. lib. 1. tit. 5. Quaest. 37. n. 38. Quamvis tamen per unicum testem indicia probari possint, quoad effectum terrendi, modo Judici, pro ratione circumstantiarum, iliud justum & aeqvum fuerit visum.
Zanger. c. 1. n. 89. de Quaestion.
Carpzov. p. 3. Q. 123. n. 59. P. C.
Clasen, in exeges. Art. 19. Constit. Crim. Caroli V. pag. 106. & 107. XLVIII. Diese Indicia / Anzeigungen und Verdacht soll der Judex mit allen Umständen durch den Actuarium zu den Acten registriren und verzeichnen lassen. Author. Prax. Crim. Alteburg. pag. 4. & 71. So dann die Beschaffenheit des Delicti daraus wohl erwegen / und nachforschen / ob solches auch warhafftig geschehen sey
L. 1. item illud. 24. ibi: liquere igitur debet, scelere esse interemtum ff. ad S. C. Syllan.
|| [229]
L. hoc autem §. non defendt, ??? verb. constare debet & liquere Praetori ff. quib. ex caus. in possess. eat.
P. H. O. Caroli V. art. 6. & 19. Ibique Dan. Clasen in exeges. 1. pag. 58.
Crusius, de indic. delict. p. 1. c. 1. n. 47.
Jacob. Otto, in Corp. Jur. Crim. pag. 199. lit. K.
Peinl. Sächß. Inquisit. und Achts-Process. tit. 3. art. 1. Und zu mehrer Gewißheit die Zeugen / so davon Nachricht haben / summarisch abhören.
Clarus in §. fin. Q. 28. vers. sciat autem
Thom. Mezger, de captura reor. thes. 18.
Nicol. Reiisner, lib. 1. Decis. 24. n. 15.
Til. Decian. in tr. Crim. lib. 5. c. 29. n. 41. XLIX. Ferner soll er wohl ponderiren und überlegen / ob die Indicia und der Verdacht wieder die angerügte Person gnugsam / beständig / und zur Captur sufficient sind.
Hippolyt. de Marsil. in Pract. crim. §. princip. n. 5.
Const. crim. Caroli V. art. 6. & 9. Item 11 & 218.
Arnold. de Reyher, in Thes. Jur. Tom. 1. fol. 409. n. 3.
Oldekop. observ. crim. tract. 2. dec. 1. Quaest. 9. n. 5. Antequam enim ad minimum verisimiliter constet, aliquod delictum esse perpetratum, ad capturam procedi nequit. Anton. Gomez, tom. 2. part. 3. cap. 9. n. 1. Var. resol. Jur. Quia nuda inculpatio [etiam Socii criminis] ad incarcerandum non sufficit;
Peinl. Sächß. Inquisitions - und Achts - Process, tit. 4. art. 2. §. 2.
Carpz. p. 3. Quaest. 111. n. 27.
Richter, part. 2. Deeis 91. per tot. aliàs in potestate cujusque vilis personae esset, curare rapi ad carcerem etiam probum & insignem virum.
Thomas Mezger, de captura Reor thes. 17.
P-H. O. Caroli V. art. 11. v. So der Kläger / & art. 218. v. Item daß durch die Obrigkeit. Sed adsint talia indicia, quae supicionem delicti prae se ferre, & Judicem quodammodo ad incarcerandum disponere vel informare possint.
|| [230]
Manzius, ad art. 6. der Peinl. Hals - Gerichts - Ordn. n. 13. pag. 30.
Et licet leviora sint ad incarcerandum indicia, quam ad torquendum: Judex tamen
cautus esse debet, ne ad solius adversarii querelam ac delationem diffamatum ad
carcerem trahat, nisi aliae accedant conjecturae & praesumtiones. Imò
dixerim, si Judex, omissa illa informatione ex indiciis sufficienter collectâ,
diffamatum vel inculpatum incarceraverit, quod contra ipsum actio in uriarum
inveniat locum. Ratio est quoniam Magistratibus nihil malitiosè agere licet.
L. 32. ff. de injuriis.
Gravis quoque injuria est, absque praecedentibus Indiciis, & omissâ
circumstantiarum consideratione, aliquem in carcerem rapere, cum in carcerato
exinde non levis famae & existimationis jactura contingat.
Bald. in L. per diversas C. mandati.
Dan. Clasen. in comment. ad art. 6. constit. crim. Carolin. pag. 59.
Damhoud. in prax. rer. crim. c. 10.
Farinac. in prax. crim. lib. 1. tit. 4. Q. 27. n. 135.
P. Sächß. Inquisit. unnd Achts-Process, tit. 4. art. 1. 2. & 3.
Clar. in Pract. §. fin. Q. 28. n. 5.
Hippol. de Marsil. in pract. crim. §. constante. n. 1. L. Wenn nun alles sich in der That und Warheits-Grund also befindet / soll er ohne Verzug / und ehe der Delinquent echappiret und durchgehet / mit der captur und Verhafftung verfahren. Nam quoties contra diffamatum ejusmodi praesumtiones & conjecturae militant, unde Judex probabiliter colligere possit, illum esse gravatum, utique ad capturam procedere potest, etiamsi de corpore delicti nondum satis constet. Zieriz, ad art. 6. const. crim. Carol. pag. 10. Et fieri potest, ut diffamatus ob delictum atrocissimum possit apprehendi, & in carcerem conjici, etiamsi nondum const. et an ille delictum istud commiserit, si periculum fugae adfuerit, & metuatur, ne delinquens aufugiat, atque is postea nec haberi, nec puniri queat, modò tamen aliqua indicia & suspiciones contra diffamatum subfuerint. Ubi notandum, indicia ad inquirendum legitima ad capturam quoque sufficientia esse. Carpzov. d. part. 3. Quaest. 111. n. 25.
|| [231]
LI. Am besten aber thut der Judex, wenn er in schweren / und sonderlich
Hexerey-Fällen die Acta in einen Schöppenstuhl oder Juristen - Facultät schicket
/ und sich der Captur halber rechtlich belehren lässet / so ist er gantz sicher
und ausser Verantwortung.
Per constit. crim. Caroli V. art. 7. & 219. quod idem vult Novell. 82. §. pen. & Novell. 113. §. 2.
Hahn. ad Wesenbec. tit. de Quaestion. n. 5.
Walburger, de Lamiis c. 8. §. 4. pag. 92. LII. Wann es sich auch etwan begebe / daß iemand erschossen / erstochen / ermordet / tod geschlagen / oder sonst entleibet würde / muß der peinliche Richter die Aufyeb- und Besichtigung / auch Section deß todten Cörpers eilend und ohne Verzug mit adhibirung 2. Gericht-Schöppen / item des Gerichts-Actuarii und des Dieners anstellen und vornehmen / und die Section so fort durch einen / oder wohl mehr geschickte Aertzte und erfahrne Barbierer / um der lethalität der Wunden desto gewisser zu seyn / in seiner und der andern obgedachten Gerichts Personen Gegenwart / verrichten / alles was vorgehet / und wie es sich befunden / durch den geschwornen Gerichts-Actuarium punctuel registriren und niederschreiben / auch der Medicorum und Chirurgorum Relation und Erkäntnis in Schrifften unter ihrer Hand und Siegel zu den Acten legen lassen. LIII. Und ob wohl deßhalber / und wie man bey solchen Besichtigungen und Sectionibus legaliter verfahren solle / Käyser Carolus V. in der Peinlichen Hals-Gerichts-Ordnung art 149. gesetzet / welches auch in Geldern / Braband / Holland / Zütphen und Ober-Isel also observiret wird; teste Gerhard Feldmann, in tr. de cadavere inspiciendo c. 3. n. 7. So ist doch deßhalber sonderlich notabel die jenige Constitution, welche ihre Churfürstl. Durchl. Herr Friedrich Wilhelm zu Brandenburg / Glorwürdigsten Andenckens / Anno 1665. zu Cleve publiciren lassen / folgenden Inhalts: P. P. Notum facimus Nostris Satrapis, Ministris, Judicibus, cunctisque, quibus Jurisdictio criminalis in Nostris Provinciis Clivia & Marcâ concessa, vel ea ab antiquis competit temporibus, nec non cuivis alteri; Cum ex pluribus ad Clivense & Marcanum Regimen transmissis relationibus, & de homicidiis confectis, per nostros Ministros, eosque, quibus Jurisdictio data, Actis constiterit, quod cum inspectione interemptorum non fuerit actum eo modo, quem Caesaris Caroli V. & Sacri Romani Imperii Consti [232] tutio criminalis observari praecipit, & quod per eam Ministrorum Nostrorum negligentiam ordinaria homicidii poena evitetur. Ideo clementissimè edicimus, ut Judex loci, in quo occisus est mortuus cum duobus Scabinis, vel judicii Scriba, etiam uno, vel si eorum copia haberi queat, pluribus Doctoribus Medicinae, aut Chirurgis, qui prius jurare debent, CAD AVER, tam citò, ut fieri possit inspiciant illatas noxias & vulnera aperiri, eorum qualitatem, locum & numerum cum omnibus circumstantiis consignari curet, an vulnus, noxia, vel ictus Lethalis sit, vel non, & quaenam Symptomata accesserint, etiamque causas, cur chirurgi vulnus censeant esse lethale aut non, enunciari & diligenter ad Acta publica referri jubeat. Qvod si contingeret, cadaver sepultum esse, priusquam inspectio ejus ritè peracta fuerit, id ministri Nostri iterum effodi curabunt, atque ex modo praescripto agent. Jubemus ergò vos omnes, ut secundum praedicta agatis, aliàs poena vos mane bit arbitria, & si memorata cuncta non observaveritis, expensarum eam in rem factarum onus feretis. Clivis die 28. Febr. 1665. LIV. Denn solche Inspectio & Sectio deß entleibten Cörpers / ehe er begraben wird / ist höchstnöthig / damit man wisse / ob der Schlag / Hieb / Stich und Wunde stracks anfangs tödlich gewesen sey / oder nicht: Denn wenn solches ungewiß / und die Oefnung unterlassen worden ist / können die Urthelsfasser auf die ordentliche Todes-Straffe nicht erkennen / sondern müssen den gelindern Weg gehen / welche Verantwortung vor GOtt und der ho hen Obrigkeit alsdenn den unvorsichtigen Beambten oder Richter zuwächset.
Carpzov. Pract. Crim. Part. 1. q. 26. n. 50. 51. & 52.
Clasen, art. 149. Const. Crim. Caroli V. pag. 642. LV. Findet sich aber bey der Section, daß die Wunde / Stich oder Schläge simpliciter & per se lethal, muß der Thäter davor hafften / weil alsdenn die Praesumtion ist / daß der Entleibte an den Wunden oder Schlägen gestorben.
Farinac. part. 5. q. 1 B 7. n. 10. crim.
Boer. decis. 323 n. 4. & seqq. LVI. Hilft auch bey solchen Zustand Ihm nicht / wenn schon ein unerfahrner / oder gar kein Medicus oder Chirurgus bey dem Verwundeten wäre adhibiret worden / oder der Patient sich nicht darnach gehalten hätte / denn vor allen Dingen die Frage ist von der Tödligkeit der Wunden oder Schlägen / und ob daraus immediatè der Todt erfolgen müssen. Und wenn dieses war / [233] gewiß und ausgemacht ist / wird der Thäter billig mit der ordentlichen Todes Straffe beleget.
Bajard. ad Jul. Clar. lib. 5. §. Homicid. n. 144. & seqq.
Gail. L. 2. Obs. 111. n. 20. seqq. LVII. Da aber die Wunde nicht lethal, ist die Vermuthung / daß der Verwundete nicht an der Wunde / sondern entweder aus ungeschickter Cur des Medici oder Chirurgi, oder daß er in Essen urd Trincken / auch sonst sich nicht in acht genommen / oder durch einen andern Zufall / so hernach erst darzu geschlagen / umkommen sey. Drum auch der Thäter nur der Wunden / nicht aber des Verwundeten Todes halber / hafften und seine Straffe leiden muß.
Hippolyt. de Marsil. in Pract. Crim. §. & quia. n. 20.
Boer. à. decis. 323. n. 4. & 7.
Menoch. lib. 2. A. J. Q. Cas 274. n. 3. und wird nicht mit dem Schwerd gerichtet. Carpzov. part. 1. q. 26. n. 89. 10. seqq. ??? 12. Pract. Crim. sondern extraordinariè, pro arbitrio, juxta qualitatem delicti & personae, bestrafft.
Clasen, in Comment. ad art. 149.
Const. Crim. Caroli V. pag. 643. LVIII. Wenn auch etwan der Judex es versehen / und dem enseelten Cörper ohne Besichtigung und Oefnung begraben lassen hätte / derselbe aber nicht gar zulange in der Erden gelegen / und noch nicht faul worden / daß man die Wunden noch erkennen kan / wird er wieder ausgegraben / und die inspectio & sectio noch / wie oben augeführet / vorgenommen.
Corrad. in Pract. tit. de Inquisit.
Damhoud. c 75. n. 1. Pract. Crim. Den̅ solche gehöret mit ad corp9 delicti, un̅ ist pars necessaria Inquisitionis. LIX. Drum muß auch der Judex selbst in Person / nebst 2. Gericht - Schöppen un̅ den Actuario, wie vor gedacht / darbey seyn / auch die Medici und Chirurgi, so man darzu adhibiret / wenn sie nicht in würcklichen Diensten oder Pflichten stehen / als Stadt-Physici, Land - Medici, Stad- und Land-Barbierer / mit einem Eyd beleget werden / ihren besten Verstand / Wissenschafft / Kunst und Erfahrung nach / der Wunden / Stiche und Schläge halber / so sich an den entleibten Cörper finden / zu judiciren / und dasselbige schrifftlich zudeduciren / und so dann volzogen zu den Acten zu legen / damit die Urthelsfasser in Sprechen drauf sehen / und sich darnach richten können.
|| [234]
Farinac. p. 5 q. 127. n. 118. Crim.
Boer. Decis. 323. n. 24.
Cavarruv. Lib. 2. c. 13. n. 4. Var. Resol.
Gail. lib. 2. Obs 111. n. 13. & 14.
Formulam juramenti vide in Prax. Alteb. pag. 89. Cum enim ad scientiam legalem non pertineat, judicare de vulneris lethalitate, sed hoc ad artem Medicam spectet, ideo ad inspectionem cadaveris adhibendi sunt Medici, vel etiam Chirurgi, eorumque judicium requirendum est, numquid vulnus inflictum fuerit lethale, nec ne? Illis namque, utpote qui in arte sua periti habentur, omninò fidem habere oportet.
Mascard. Vol. 3. Concl. 1034. n. 1.
Fulv. Pacian lib 1. c. 47 n 14. de probat. Doch verschläget es nichts / ob sie vor der Section beeydiget werden / oder hernach ihre Relation und Judicium Eydlich bestärcken. Clasen, add. art. 149. Const. Crim. Caroli V. pag. 644. LX. Bey der Section müssen sie alle Wunden / Stösse / Hiebe / Stiche und Schläge wohl und genau besichtigen / öfnen / und mit dem Instrumenten forschen und fühlen / wohin sich die Stiche gewendet / ob sie auf oder niederwärts / oder gleichzu in den Leib gegangen / und was vor äußerliche und innerliche Gliedmaßen damit getroffen und verletzet worden: Ja sie pflegen auch wohl den Degen / und andern Waffen / damit die Entleibung geschehen / in die Wunde zu stecken / und zu probiren / ob auch die Wunde damit gemachei worden / oder nicht / und schreibet der Actuarius mit Fleiß auf / wie groß / breit / weit und tief die Wunde sey / Item was vor Flecken / Stösse / Tritte und Schläge an diesen und jenen Glied des Cörpers befunden worden. add.
Gerhard. Feldman. tract. de Cadavere inspiciendo, c. 3. & 4.
Just. Oldekop decad. 1. quaest. 8. ----
Blumbacher / in Comment. ad Constit. Crim. art. 149. n. 8.
Fürstl. Sächs. Gothaische Gerichts- und Process-Ordnung part. 3 c. 2.
Autor der Altenb. Prax. Crim. pag. 80. & seqq. ??? 98. LXI. Solche Aufheb-Oefnung und Besichtigung geschiehet auch an denen / so mit Gifft vergeben / erschlagen / erhenckt / erwürget oder sonst tod gefunden worden.
|| [235]
LXII. Und ist gleich viel / ob die Section in dem Gerichts- oder einem andern
Hause vorgenommen werde / wenn nur die obgedachte Gerichts-Persohnen darbey
sind.
Matth. Wesenb. vol. 1. Cons. 28. n. 24.
Clarus, quaest. 4. n. 4.
Carpzov. part. 1. q. 26. n. 30. Crim.
Praxis Crim. Altenb. pag. 81. Item 89 & 90. allwo das Formular einer registratur bey Besichtigung und Section eines todten Cörpers zu finden. Wie auch in D. Gottfried Welsch. Rational. vulnerum lethal. sonderlich c. 15. woselbst dergleichen mehr anzutreffen sind. LXIII. Ferner soll er den Inquisiten ohne Verzug / so bald er nur zur Hafft gebracht worden / über die beschuldigte That anfangs summariè vernehmen / nicht aber erst etliche Tage oder Wochen sitzen lassen / daß er Zeit habe / allerhand Lügen und Außflüchte zuersinnen / und hernach vorzubringen.
Peinl Sächs. Inquisit. und Achts-Process. tit. 6. art. 1. §. 1.
Autor. Prax. Crim. Alteburg. in Praefat. pag. 5. LXIV. Sodann das delictum mit allen Umständen in gewisse Inquisitional-Articul bringen / und dieselbe kürtzlich / deutlich und schlüßig abfassen. Peinl. Sächs. Inquis. u. Acht-Process. d. tit. & art. §. 1. & 2. Denn die sind das Hertz der gantzen Inquisition, und ist eine rechte Kunst / wenn man das Factum und alle Umstände: Item die Zeit und den Orth / wenn? wo? und wie es geschehen? kurtz und nervosè in Articul oder gewisse Fragen einschliessen kan. Ritè articulos Inquisitionales formare & benè examinare, schreibet Chartarius, in Practic. Interrog. Reor. Lib. 1. in Praefat. n. 3. & ex eo Tranquillus Ambrosinus, in Processu informativo Lib. 2. c. 2. pag. 71. est difficillimum negotium, & MAXIMI INGENII. Es bestehet auch darauf des Inquisiti Leib und Leben / Ehre und guter Nahme: Drum solche desto behutsamer zu concipiren.
Matth. Stephani, Commentar. ad Constit. Crim. Caroli V. art. 14.
AEgid. Bossius, in tit. de Inquisit. n. 75. & 76.
Carpzov. part. 3. quaest. 113. n. 28. & 29. Pract. Crim. LXV. Es sollen aber solche Inquisitional-Articul darum fein deutlich / kurtz und rund formiret werden / damit Inquisit die Fragen verstehen / und darauf antworten könne; durch dunckele oder weitläuftige Befragung aber nicht con [236] fundiret oder irre gemacht / und verführet / die Urtelsfassere auch so dann durch unnö thige Umscheiffe und überhäuffte Acta nicht beschweret werden.
Jul. Clarus, Lib. 5. Sentent. §. ult. quaest. 45. n. 11.
Peinl. Sächß. Inq. und Acht-Process d. tit. 6. art. 1. §. 2.
Author. Prax. Crim. Altenb. pag. 176.
Carpzov. cit. quaest. 113. n. 32. LXVI. Es wird auch erfodert / daß in einem Articul nicht mehr denn ein einzig factum gebracht / und Inquisito vorgehalten / auch mit Ja und Nein beantwortet werde / damit man nicht meine / er hätte den gantzen Articul mit allen darin enthaltenen factis bejahet / oder verneinet. LXVII. Wenn auch offte der Connexität halber in einem Articul mehr denn eine Frage gebracht werden muß / ist iedwede mit dem Puncto interrogationis? zu unterscheiden / und hat der Examinator darbey in acht zu nehmen / daß er Inquisito nur eine Frage auf einmahl vorhalte.
Flamin. Chartar. saepè dict. pract. cap. 1. n. 13.
Ambrosin. cit. Process. inform. Lib. 2. cap. 1. n. 4.
Carpzov. alleg. q. 113. n. 33. & seq. ??? praejudicia. LXVIII. In solchen Articuln aber darf weiter nichts angeführet werden / denn was das delictum betrifft / dessen Inquisit beschuldiget wird / oder weßhlber er verdächtig ist / und in Actis zufinden.
P. H. O. Caroli V. art. 20. in princip.
Farinac. in Prax. Crim. Lib. 1. tit. 1. quaest. 9. n. 21.
Peinl. Sächß. Inquisit- und Achts-Process. tit. 6. art. 1. § 3. Dannenhero keine Articul zu fingiren / noch auch aus den Gehirn zufertigen / und ungereimt zu schliessen: hat er diß get han / so hat er wohl mehr gethan / an solchen Fuchs bricht man keine Wildbahn. Ventur. de Valent. in Parthen. litig. lib. 1. c. 14. n. 34. Jedoch ist dieses nur zu verstehen / wenn / anderer Delictorum halber / keine Indicia wieder Inquisiten verhanden / v. g. Wenn eine Person einer gefährlichen Verwundung / oder eines Diebstahls halber in Hasst kommen / und es ereigneten sich indicia eines von ihm verübten Ehebruchs / auf diese Maße ist ein Richter allerdings befugt / auch schuldig / auf dergleichen / oder andere in Actis verhandene verdächtige Facta mit zu articuliren / und Inquisiten darüber zu examiniren / auch nach geendigten Examine wohl gar neue Articul deswegen abzufassen / wie solches / neben der täglichen Praxi, ehren
Carpzov. d. Q. 113. n. 26.
|| [237]
Peinl. Sächß. Inquisition- und Achts-Process, tit. 6. art. 1. §. 3. pag. 91. LXIX. Derowegen auch ein Richter den Inquisiten über diejenigen Facta und Delicta, so er vorher begangen / und ihm berichtet sind / ob er gleich darum bestraffet worden / wohl befragen kan / damit die Urthels-Fasser von seinem vorigen Leben und Wandel Nachricht bekommen. Brunnemann, in Process crim. cap. 8. n. 48. Imò Judex indagare obligatur, cujus primò vitae fuerit, & an talia, aut similia, de qu bus in praesentiarum inculpatur, facere consveverit, nam de unoquoque bonum vel malum praesumimus, consideratis primae aetatis suae moribus. L. desertorem §. 15. qui. L. non omnes §. à Barbaris ff. dere militar. Et ex gestis praeteritae vitae praesentia metimur.
Jodoc. Damboud. in prax. crim. cap. 10. n. 11. & 12.
Vid. Carpzov. part. 3 Quaest. 120. n. 17. LXX. Die Inquisitional-Articul sollen auch nicht captiosi, und also eingerichtet seyn / daß Inquisit dadurch verführet / und üm seine Defension gebracht werde. Vielmehr aber hat ein Richter dahin zu sehen / daß er auf solche Umstände mit articulire / wodurch Inquisiti angegebene Unschuld befördert werde. Peinl. Sächß Inq. und Achts-Proc. d. art. 1. §. 4. Judex enim debet etiam ea investigare, quae ad defensionem atque innocentiam Rei faciunt, & omnis inquisitio ita facienda est, ut non tantùm auferantur Inquisito defensiones suae, sed etiam, ut eae faciliores reddantur, & reus, fi innocens sit, se tueri facilius possit.
Jacob Schultes. ad Modest. Pistor. quaest. 25.
L. si non defendantur. 19. ubi Bartol. ff. de poenis.
L. 1. ff. de quest.
Authent qui semel C. quom. & quando Judex.
Nicol Reusaer Lib. 3. Cons 4 n. 9. & Lib. 2. Decis. 10. n. 13. Gestalt denn die Peinliche Hals-Gerichts-Ordnung art 47. einem jeden Richter ermahnet / daß er dem Inquisito Anleitung geben sol / wie er seine Defension vorbringen / und darthun könne. LXXI. Uber diejenige facta, so nicht klar und offenbahr sind / oder zur Gnüge zuerweisen / werden die Inquisitional-Articul nicht affirmativè: war / daß dieses und jenes geschehen? Sondern vielmehr per modum interrogatio [238] nis und also eingerichtet: ob nicht wahr / daß dieses und jenes geschehen sey? &c. &c. Vide die Fürstl. Gothaische Gerichts- und Process-Ordnung / part. 3. c. 6. per tot. allwo nicht allein unterschiedliche Inquisitional-Articul der Verbrechungen ins gemein / sondern auch in specie beym Todtschlag / Tödtung durch Gifft / Kinder Abtreibung und Tödtung / Diebstahl und Rauberey / Zaubern / Mordbrand / Falschen Müntzen / &c. zu finden. LXXII. So sind auch die Inquisitional-Articul zweyerley 1. GENERALES wenn [1 [nach des Inquisiti Nahmen [2] dessen Eltern [3] seinem Alter [5] wo er erzogen? [6] von seinem Leben und Wandel / Item [7] wovon er sich ernehret? und [8] waß er im Vermögen habe? articuliret und gefraget wird. 2. SPECIALES in welchen Inquisit um daß beschuldigte Delictum umständlich befraget wird. LXXIII. Und muß sich der Judex im articuliren nach des Inquisiti Gemüth richten / denn wenn dieser einfältig ist / kan er nach denen Articulis generalibus gar wohl zum delicto an sich selbst schreiten / und ihm vorhalten / ob er nicht dieß und jenes gethan? Wenn? wo? wie? &c. Wenn der Gefangene aber ein boßhafftiger / abgefeimter und verschmitzter Gast ist / muß man wissen / per ambages & circumstantias einen solchen bösen und verschlagenen Buben zubegegnen / und dahin zubringen / daß er per Contradictiones hinterkommen / und also zum Bekändtnis der Warheit gebracht werde. Vid. Joh. Brunnemann, in Process. Crim. cap. 8. m. 1. n. 43. 44. 45. 46. 47. 57. 58 59. 60. & 61. & talis diligentia & versutia Judicis in interrogando nonnunquam plus operatur, quam tortura, ad veritatem à reo exprimendam. Tranqnill. Ambrosin. in Process. informat. Lib. 2. cap. 2. n. 5. Dergleichen formirte Inquisitional Articul setzet / in puncto homicidii, der Autor der Alteb Prax. Crim. pag. 181. & seqq. ??? 158. In puncto Veneficii. Grilland. de Sortibus q. 7. n. 7.
|| [239]
LXXIV. Auf die abgefassete Inquisitional-Articul nun wird der Inquisit entweder
an gewöhnlicher Gerichts-Stelle / beyseyns der Gerichts-Persone̅ /
als des Richters / zweyer Schöppen und des Gerichts-Notarii, examiniret / oder /
da Umstände sich ereignen / warum es an solchen Orth nicht geschehen kan / gehen
obgedachte Gerichts-Personen zu dem Gefangenen in seine Custodie, und hören ihn
alda ab. Da er denn selbst in Person auf gedachte Articul antworten muß / es mag
ein Mann oder Weibes-Person seyn / und wird kein Advocat noch Curator darbey
zugelassen.
Carpz. Pract. Crim. p. 3. q. 105 n. 51. & seqq. & q. 113. n. 61.
Olim quidem cum examen Rei etiam in torturâ fieret, poterant, imò debebant
Advocati adesse.
L. 12. ff de publ jud. L. 27. §. 7. ff. ad L. Jul. de adult.
quod tamen hodiè non valet: nam neque accusati, neque accusatoris Advocatus ad
examen admittitur.
Jul. Clar. Lib. 5. Sent. § fin. q. 45. n. 12. & q. 64. n. 35.
Dan. Clas. ad art. 13. P. H. O. pag. 92. LXXVI. Ehe man das Examen anhebet / muß der Richter / oder die Person / welche dem Judicio vorgesetzet / den an die Gericht-Stelle gebrachten Inquisiten anreden / und zu vernehmen geben / aus was Ursachen er dahin gebracht worden / mit fleißiger Ermahnung / wohl zuerwegen / daß er nicht an einen sch???echten Orth / und vor bloßen Menschen stehe / sondern vor Gericht / wo GOtt selbst zugegen / und durch die Gerichts-Personen sein Ambt vertreten lasse / diese be hätten ihre schwere Pflicht über sich / und müsten die bösen Thaten zu rechtmäßiger Bestraffung erkündigen / daher Inquisit sich wohl in acht zu nehmen / GOtt und seinen Dienern die Ehre zu geben / und was er gethan / gütlich zubekennen / so dann hätte er sich bey GOtt vergebung seiner Sünden zugetrösten / würde auch dadurch seine Gefängnis mindern / und die künftige Urtelsfasser zu einer erträglichern Straffe bewegen / die er sonst / durch boßhafftiges Verläugnen / vermehren könte.
Jul. Clarusi, n Pract. Crim. §. final. Q. 55 n. 9.
Adam Keller, de offic jurid. polit. lib. 2. c. 12.
Author Prax. Crim. Altenburg pag. 181. Judex nec severè nimis, nec familiariter nimis cum Inquisito loquatur.
Flamin. Chartar. in pract. interrog. reor. lib. 3. c. 1. n. 6. 8. & 11.
L. 19. ff. de offic. praesid.
L. 9. §. 2. ff. de offie, Pro-Cons.
|| [240]
Sed vultum debet prae se ferre gravem, & quasi terribilem, ut vult
Imperator Justinian.
Novell. 17. c. 5 §. ult.
Qua parte tamen distingvendum est inter personas; alii enim aliis molliores sunt,
alii duriores. Erga hos terribilem, erga illos humanum seostendere debet.
LXXVII. Bey währenden Examine haben so wohl der Judex, als auch die Schöppen /
und der Gerichts-Notarius oder Actuarius nicht allein auf die Antwort / sondern
auch / und vornemlich / auf die Umstände zu sehen / mit was Angesichte /
Gebärden / Reden und Anzeigungen solche geschicht / ob Inquisit sich darbey
entfärbe / erschrecke / zittere oder frech anstelle / und also dadurch desto
eher anmelde / ob er an der That schuldig oder unschuldig sey.
Nicol. Reusner, lib. 3. Consil. 4. n. 35. Peinl. Sächß. Inquisit. und Achts-Proceß, tit. 6 §. 4. & 5. pag. 100.
Carpzov. Pract. Crim. p. 3. q. 113. n. 61. 64. & 65.
Christoph. Frid. Schmalkalder. in Disp. inaug. de Physiognomia c. 3. §. 5. LXXVIII. Wenn Hexen und Zauberer vorgenommen werden / sol der Judex sich bey dem ersten Examine nicht hart oder unfreundlich / sondern glimpflich erweisen / mit guten Worten sie anreden / und sagen: Er bedaure / daß sie sich so schändlich durch den Satan hätten verführen lassen / hätte ein Mitleiden mit ihnen / und kan die Schuld guten theils auf den allgemeinen Menschen-Feind legen / sie ihres Tauf-Bundes erinnern / und vermahnen / daß sie / als ein verirretes Schäflein / sich wieder bey Christo den rechten Sündenbüsser / der keinen bußfertigen Sünder / welcher warhaffte Reue und Busse thäte / verstossen / sondern mit allen Gnaden wieder annehmen will / einfinde und wiederkehre sc. Durch welche und andere gütliche Zureden mannichmahl solche abgefallene Leuthe ohne Volter die That / und wie sie verführet worden / bekant haben. Es soll auch der Richter nicht starck drohen / sie auf den Scheiter-Hauffen werffen / und verbrennen zulassen / weil nichts mehr das Bekäntnis hindert / als die Furcht des Todes. LXXIX. Vielweniger stehet ihm an / per verba aequivoca, oder solche Worte / so man auf zweyerley Art verstehen kan / ihnen Gnade oder Linderung der Straffe zu versprechen / um die Warheit und das Bekäntnis desto eher von jhnen heraus zu bringe / wie Sprenger. in Malleo Malefic. quaest. 15. und Del-rio Lib. 5. Disq. Magic. Sect. 10.
|| [241]
wollen / e. g. daß man unter dem Wort Gnade / die Gunst und Gnade verstehe /
welche dem bono publico und dem gemeinen Wesen wiederfähret / wenn böse Menschen
und Ubelthäter abgestrafft / und aus dem Wege geräumet werden / oder wenn einer
dem Reo verspreche / Er wolle ihm verhelffen / daß er länger leben solle /
welches Er aber von der verdamten Zauberey zu dem seligen und ewigen Leben
verstehet / oder daß er des Landes verwiesen / oder in ewige Gefängnis behalten
werde. Oder es könte der Judex sein Amt einen andern Inquisitori resigniren und
auftragen / von welchen er weiß / daß er es ihn nichtschencken werde. Item /
wenn man einem Zauberer verspreche / ihm ein neu Hauß bauen zulassen / wenn er
bekennen würde / aber den von Holtz zusammen gelegten Scheiterhauffen darunter
verstünde und meinete sc. Denn solche per dolum extortae confessiones sind nicht
von solcher Krafft / Nachdruck und Würckung / daß ein Mensch deshalber zum Tod
condemniret werden kan / es wäre denn Sache daß er / compertâ fraude, freywillig
sein Bekäntnis wiederholete / oder andere praegnantia indicia &
argumenta hinzu kähmen.
Binsfeld. de confeß. malefic. m. 2. concl. 7. dub. 3.
Goehausen, in Proceß. contr. Sagas, tit. 5. §. 2. 3. & 4. pag. 243.
& seqq. us??? 251. & in addit. lit. D. E. & F. ubi multa
quo??? affert de Jesuitarum aequivocationibus mental. von pag. 271. biß 278.
Dan. Clasen, ad art. 46. Const. Crim. Caroli V. pag. 216.
Vent. de Valent. Parth. litigios. lib. 1. c. 6. n. 16. LXXX. Anfangs des Protocolls muß der Orth / Item der Tag und das Jahr / auch in wessen Beyseyn das Examen geschehen und gehalten / hernach die Inquisititional-Articul, und das Delinquentens Antwort / und zwar dergestalt / daß allewege die Seite eines Blats getheilet / oder gleichsam zerspalten / und auf einer halben Seiten / als zur lincken Hand / die Articul, auf der rechten aber gegenüber alsobald die Antwort des Inquisiti gesetzt werden / ungefehr auf folgende Arth / iedoch mutatis mutandis, nachdem die Fälle sind. ACTUM Scharffenheim / Donnerstags / den 7. September. Anno 1693. Heute früh 7. Uhr ward der Gefangene Hans Unnütz / von Keifhausen / aus dem Gefängnis in die Fürstl. Amts-Stube allhier gebracht / und [242] von den Herrn Ambtmann Gotfried Rechtlieb / in Beyseyn zweyer Gericht-Schöppen / als Herrn Christian Frommans / und Herrn Theophili Ehrlichs / und meiner des geschwornen Gerichts-Notarii und Actuarii Ernst Fleißigens / wegen der an Georg Ackermannen in der Schencke zu Feldhausen den 2. dieses Monats begangenen Mordthat / auf nachgesetzte Articul examiniret hat auf dieselbe geantwortet / wie gegen über stehet:
- Articuli inquisitionales.
- Art. I.
- Wie Inquisit mit Nahmen heisse?
- Artic. 2.
- Wie alt Er sey?
- Artic. 3.
- Von wannen Er bürtig?
- Art. 4.
- Wer seine Eltern gewesen?
- Artic. 5.
- Wessen Er sich bißher genehret?
- Art. 6.
- Ob nicht wahr / daß er den 2. dieses Monats Septemb. nach Feldhausen kommen / sich in die Schencke allda
- Die Antwort drauf.
- ad Artic. I.
- Hans Unnütze.
- ad Artic. 2.
- Er gienge anietzo ins viertzigste Jahr.
- ad Artic. 3.
- Von Kiefhausen / unter dem Amt Zanckheim gelegen.
- ad Artic. 4.
- Sein Vater hätte Harbort Unnütze / die Mutter aber Anna Trinckgern geheissen / hätten die Schencke zu Kiefhausen in Pacht gehabt / wären aber / weil sie immer mit den Bauren zancken müssen / endlich in den Krieg gezogen / und drinn ümkommen.
- ad Artic. 5.
- Er wäre / als sein Vater und Mutter / wie gedacht / im Krieg ümkommen / unter die Hechelmänner / Ratten- und Mäuse-Fänger gerathen / und mit denenselben ein paar Jahr herum gelauffen: Ingleichen nachgehends mit den Kessel-Läppern 3. Jahr / hernach hätte er das Scheeren. Schleifen gelernet / dessen er sich nun zwölf Jahre genehret / und manche wackere Stadt und Land durchzogen?
- ad Art. 6.
- Er hätte erst unterschiedlichen Bauren und derselben Weibern Messer und Scheren geschliffen / hernach freylich sich in die Schencke verfüget / und den Tag 2. Stübgen Bier /
- gesetzet / und den gantzen Tag Toback und Bier gesoffen?
- Artic. 7.
- Wahr / daß Georg Ackermann / ein Bauren-Knecht etliche 20. Jahr alt / auch damahls in der Schencke gewesen / und neben andern Knechten getruncken?
- Art. 8.
- Ob nicht wahr / daß Inquisit an Ackermannen Händel gesucht / und denselben einen Schelm gescholten?
- und dabey / wie er gewohnet / Toback getruncken.
- ad Artic. 7.
- Ja / Ackermann aber hätte bey einen besondern Tisch gesessen / neben andern Bauren-Knechten / und weidlich gezechet / zu gantzen und halben Maßen.
- ad artic 8.
- Nein / er hätte mit Ackermannen im Anfang nichts zuthun gehabt / sondern derselbe ihn gefraget / wer Er wäre? Dem er geantwortet: ein Scheren-Schleiffer! darüber ein groß Gelächter unter den Bauren-Knechten worden / und Ackerman angehoben / Scheren-Schleiffer / Kessel-Läpper / Hechel-Männer und Ratten-Fänger wären Schelme / und ein Hunds sc. wie der ander! Drauf Inquisit retorquiret / ein Schelm und Hunds sc. sagte das! Da Ackermann strack zu gefallen / einen Schemel ümgeworffen / und ein Bein draus getreten / solches genommen / ihn beym Hals-Tuch ergriffen / die Kehle zugezogen / und ihn grausam mit den Schemel-Bein auf den Kopf und Rücken geschlagen / und mit Füssen getreten / daß er / Inquisit, unter die Banck gefallen / indem die andern Knechte Ackermannen beygestanden / auch mit Schemeln / Kannen und Krügen auf ihn loß geschlagen / und gleichfals mit den Füssen ihn auf den Leibe herum getemmelt / daß er den Tod vor Augen gesehen / und weil Ackermann ihn bey den Haren unter der Banck wieder hervor gezogen / hätte er sein Leben zuerretten / eine Noth-Wehr thun müssen / loß zukommen / und mit seinen Taschen-Messer Ackermannen zwey Stiche in die lincke Brust gegeben. Da er / Inquisit, aufgesprungen / und zur Stuben-Thür hinaus gewolt / der Schenck-Wirth aber / und die andern Bauren / so auch in der Schencke getruncken / hätten ihn mit grossen Zuber-Bäumen und sonderlich dem Schultheissen / welcher mit etlichen Ausschüssern darzu kommen / sich gefangen geben müssen / die ihn dem 3. hujus anher in die Amts-Gefängnis geliefert.
- Art. 9.
- Ob nicht wahr / daß / wie Ackermann solches nicht leiden wollen / er demselben noch darzu eine Ohrfeige gegeben?
- ad Art. 9.
- Nein / dem wäre nicht also / sondern die Sache warhafftig ergangen / wie er bey dem vorhergehenden Articul ausgesaget hätte.
- Art. 10.
- Ob nicht wahr / daß sie beyde drauf zusammen gefallen / und Inquisit Ackermannen mit dem Taschen-Messer 2, Stiche in die lincke Brust gegeben / daß derselbe gleich tod blieben?
- ad artic. 10.
- Er hätte / wie beym 8. Articul angeführet / eine Noth-Wehr thun müssen: Zumahl da er / als ein Fremder / keinen Beystand / sich auch zu keinem was gutes zuversehen gehabt / über dieses auch in augenscheinlicher Gefahr des Lebens gewesen / und der Bauren / sonderlich aber seines Feindes des Ackermanns Händen [als der schon offte und viele mahl / wie er gehöret / lose Händel und Schlägerey in der Schencke vorgehabt / auch deshalber tapffer vom Fürstl. Ambte gestrafft worden] ohne dessen Entleibung nicht entkommen können.
- Art. 11.
- Wahr / und ist Inquisiten aus GOttes Wort bekant / daß / wer Menschen-Blut vergeußt / dessen Blut durch Menschen wieder vergossen werden solle?
- ad Art. 11.
- Ja / das hätte er wohl gehöret und gelesen: Ackermann aber / wie beym 8. Articul gemeldet / hätte es an ihn gebracht / daß Er sein Leben erretten müssen.
- Art. 12.
- Wahr / daß Er solches wegen seines an Ackermannen verübten Mords und Entleibung wohl verdienet habe?
- ad Art. 12.
- Weil er eine Nothwehr thun müssen / hoffte er Gnade! bath / weil er ein armer Kerl wäre / ihm ex officio einen Advocaten / zu Ausführ- und Beybringung seiner Dafension, zu verstatten.
|| [243]
|| [244]
|| [245]
Christian Frommann /
Theophilus Ehrlich /
Gerichts - Schöppen.
Ernst Fleißig / N. P. C. und Gerichts-Actuarius, mm.
LXXXI. Der Inquisit soll und muß / wie aus diesem Protocol zu ersehen / mit
deutlichen unbewendenen Worten / entweder Ja oder Nein antworten. Und wenn er
solches etwan nicht thun wolte / hat der Judex ihn darzu ernstlich anzumahnen /
auch / wenn er auf seinen verstockten Sinn verharret / nach eingeholten
Rechtlichen Erkäntnis / vermittelst der Tortur darzu anzuhalten.
Peinl. Sächß. Inquisition und Acht-Process, d. tit. 6. art 3. §. 3. pag 99.
Clarus, lib. 5. Sentent. § fin. q. 45.
Carpzov. cit. quaest 114. n. 54. 55. & 56. LXXXII. Doch soll diese des Gefangenen Aussage gütlich und ungezwungen / keinesweges aber durch Bedrohung des Scharff-Richters / weniger dessen Vorstellung / auch nicht durch Abfoderung eines Eydes /
L. I § si quis ultrò: ubi Gloss. in verb. nonnunquam ff. de quaest. L. 2. C. quos Appell. non recip.
Farinac. part. 3. Oper. Crim. quaest 81. n. 47. & 48.
Hippol. de Marsil. Pract. erim. §. secunda quaestio. n. 31 & seqq.
Peinl. Sächß. Inquisit- und Achts-Process. tit. 6. art. 2. §. 3.
Carpzov. Pract. Crim. quaest. 113 n 48. Vielweniger Versprechechung einigen perdons, oder mitigation der Straffe / wie droben auch schon berühret / geschehen / sondern es soll derselbe blosser Dinge ermahnet werden / die Warheit auf jeden vorgehaltenen Articul zusagen / und was er so dann bejahet oder verneinet / auch darbey vor Umstände anführet und berichtet / nieder geschrieben werden.
Jul. Clar. §. ult. quaest. 55. n. 9.
Vent. de Valent. in Parthen. litig lib. 1. c. 14. n. 25.
Carpzov. part. 3. Prax. Crim. quaest. 113. n. 42. & 47. & q. 149. n. 9.
Vid. Decis. Elect. 1661. Decis. 91.
Adam Keller, lib. 2. de Offic. Jurid. Polit. c. 12. LXXXIII. Nach gethaner Aussage auf die Articul wird dem Inquisiten seine Deposition wieder vorgelesen / und befraget / ob er noch ein und das andere zu erinnern habe? Was er nun darauf noch vorbringet / wird in fine annectiret / zu den Acten registriret / und das gehaltene Protocoll von allen Gerichts-Personen / so der Verhör beygewohnet / eigenhändig unterschrieben.
|| [246]
P. H. O. art. 184. verb. was daselbst gefraget.
Churfl. Sächß. Policey Ord. de Anno 1612. tit. von Justizien Sachen. n. 5.
Fürstl. Sächs. Gothaische Gerichts- und Process-Ordn. p. 3. c. 6. n. 5.
Leugnet Er aber die That / oder einen und andern Umstand / werden die vorher in
der Inquisition summarisch abgehörte Zeugen vorbeschieden / und in Beyseyn des
Inquisiti, wie
Joh. Zangerus,
in Tract. de quaestion. & torturis cap. 3. n. 27.
Justus Oldekop,
Decad. I. quaest. 4.
Christoph. Blumbacher /
in Comment. ad art. 47. const. Crim. Caroli V. n. 8.
Julius Clarus,
§ fin. quaest. 45. n. 13. und
Brunnemann,
in Process. crim. c. 8. n. 2.
wollen / mit den Zeugen Eyde würcklich beleget. Dissentit.
Carpzov.
in Prax. Crim. part. 3. quaest. 114. n. 64. & lib. 6. tit. 9. Resp. 86.
n. 18.
welcher es nicht vor nöthig achtet / daß die Beeydigung der Zeugen allemahl in
Gegenwart des Inquisiten geschehe. Man richtet sich aber dißfals billig nach
eines iedweden Landes und Orths Herkommen:
LXXXIV. Nach diesem wird ein jeglicher Zeuge absonderlich vorgenommen / und von
dem Gerichts-Actuario jedweder Inquisitional - Articul, welchen Inquisit nogiret
und verneinet / oder auch wohl gewisse von neuen abgefassete
[Vide Gödelmann de Magis pag 147. & seqq. us??? 165.]
ihm deutlich vorgelesen. Darauf die Zeugen nicht allein mit Ja oder Nein
antworten / sondern auch alle und jede Umstände / ob er nemlich selbsten gesehen
/ daß die That geschehen? Wer mehr darbey gewesen? Wie? Welcher Gestalt? Auch
auf waß Art und Weise es darbey hergegangen? Und so weiter / berichten müssen /
welches mit eben den Worten / wie sie aus ihren Munde fallen / nieder
zuschreiben: Allermaßen Brunnemannus,
in Processu Criminali, cap, 8. n. memb. 2. n. 72.
|| [247]
auch erinnert / wenn er setzet: Admonendus est Judex & Notarius
diligenter, ut omnia testium dicta diligentissimè verbis formalibus consignent
literis. Reperiuntur, ut opinor, ejusmodi homines, qui solent ea tantùm dicta
testium consignare vel scribere, quae pro Fisco faciunt, quae verò contra Fiscum
faciunt, solent omittere, quô nihil magis barbarum & iniquum est. Alii
fortè testes, qui pro Inquisito deponere incipiunt, statim repellunt, quasi
suspectos. Cavendum etiam est Judicibus & Notariis, aequipollentia verba
fingant, aut locutiones testium contrahant, quo ipso haud rarò, nec absque summo
Inquisiti periculo, sensus attestatorum invertitur, sed locutiones testium
singulaque verba à testibus prolata, prout sonant, diligentissimè sunt
consignanda, quod, probè notandum dicit Dn. Carpzovius
part 3. quaest. 114. n. 83.
Imò Judices & Notarios, qui verba testium immutant, diabolicè agere, ac
Crimen falsi committere, sanguinem humanum sitire, ac turpia lucra anhelare,
conqueruntur
Jul. Clarus, quaest. 23. n. I. &
Ambrosinus, in Process. inform. lib. I. cap. 2. n. 9. & seqq. LXXXV. Dannenhero ist an einer guten / fleissigen und geschickten Zeugen-Verhör sehr viel / ja daß meiste gelegen. Consistit enim unicè in examine testium vis & robur causarum, & substantia condemnandi & absolvendi. Just. Oldekop, Decad. I. quaest 5. n. 50. & cum eo ibid. allegati. add. Constit. Crim. Caroli V. art. 70. ibi??? Manzii Comment. n. 17. & ad art. 71. n. 2. LXXXVI. Wenn dieselbe nun zum Ende / und mit des Inquisiti Antwort nicht übereinstimmet / wird er wieder an die Gerichts-Stelle gebracht / und ihm vorgehalten / was die Zeugen eydlich außgesaget / mit Ermahnen / sich nicht länger vergeblich in Unterdrückung der Warheit aufzuhalten / sondern GOtt die Ehre zu geben / die That in Güte zubekennen / und dadurch sein Gewissen zuerleichtern. Bekennet er / so dann ist es gut / wo nicht / wind ein Zeuge nach dem andern ihm vorgestellet / und mit ihm confrontiret / darbey gleichfals alles / was vorgehet / Item pro & contra geredet wird / auch wie sich der Inquisit bezeiget / mit höchsten Fleiß aufgezeichnet werden muß.
|| [248]
Jul. Clar. §. fin. quaest. 45. n 14.
Prosper Farinac. lib. 3. q. 72. n. 139.
Carpzov. q. 114. n. 80. & 83. Fürstl. Sächß. Gothische Gerichts- und Process-Ordn. p. 3. c. 6. n. 7. P. H. O. art. 186. in verb. so viel sich &c. Churfl. Sächß. Außschreiben Anno 1579. an die Schöppen-Stühle ergangen ibi: Darüber die Zeugen. Peinl. Sächß. Inq. und Achts-Process. tit. art. 4. §. 2. & 3. LXXXVII. Definitur Confrontatio, quod sit Commissio testium cum ipso Inquisito. Joh. Brunnemann. in Process. Crim. cap. 8. n. 79. Vel, ut vult Tabor, in tr. de Confront. D. 1. th. 9. pag. 8. Confrontatio est actus Judicialis, quo Judex vel testes inter se, vel reum cum testibus, vel etiam cum correo aut denunciante coràm componit, ad veritatem investigandam comparatus. Dicitur eine Gegen- und Zusammen-Stellung / & confrontare, ins Gesicht oder unter Augen stellen. Wehner. in Supplement. pag. 18. Und ist die Confrontation der Zeugen mit dem Inquisiten eine sehr nützliche und nothwendige Verrichtung / weil dadurch der Gefangene offtmahls zum gütlichen Geständnis gebracht / oder doch durch veränderliche Reden / unterschiedene Gestus, als entfärbung des Angesichts / Zittern der Gliedmassen / hin und her wenden / stammlende Reden / und dergleichen sich jemehr verdächtig machet / und die Urtels-Fasser sodann desto sicherer die Straffe / oder nach Befindung / die Tortur erkennen können.
Matth. Stephani, de Offic. Jud. lib. 9. c. 8.
Flam. Chartar. in Pract. interrog. reor. lib. 3. c. 1. n. 83.
Ambrosin. d. Process. inform. lib. 2. cap. 9. n. 6. ibi: Et ego quidem suadeo, ut quando testes habere potes, illos semper confrontare cures, quia reum magis urget. Praesentibus enim testibus reus vix poterit diffiteri veritatem, nam ubi testes singulas delictorum circumstantias commemoraverint, fieri non potest, quin titubet reus, nec posset commodas adducere responsiones. Facit quo??? ad innocentiam rei probandam. Licitum enim est reo, testes interrogare de una vel altera circumstantia, & falsitatis, si possit, convincere.
|| [249]
LXXXVIII. Solche confrontation geschiehet gleichfals / wenn zwey oder mehr
Gefangene einer Missethat halber vorhanden sind / und einer auf den andern
bekennet. Ingleichen wenn zwey Zeugen von einerley Sache / und bewusten
Umständen / wiedrig aussagen / alsdenn werden solche Personen einander
vorgestellet / und deßwegen gehöret.
Jodoc. Damhouder, in Prax. Crim. cap. 47. n. 3.
Tabor, de Confrontat. pag. 22. LXXXIX. Worbey zu mercken / daß wenn der Zeugen mehr als einer / Inquisitus iedesmahl mit einem nach dem andern zu confrontiren / damit er nicht / wenn sie alle auf einmahl auf ihn zustürmen / confundiret werde.
Chartar. d. lib. 3. c. 1. n. 95.
Ambrosin. c. 9. n. 15.
Tabor. de Confront. c. 1. th. 15. XC. Doch sollen nicht ohne Unterscheid alle Personen zur confrontation gebraucht werden: Maßen denn ein liederlicher / anrüchtiger und nichtswürdiger Mensch mit einem sonst ehrlichen Mann nicht zu confrontiren.
L. non debet. II. de dol. mal.
Tabor, dict. tract. pag. 23. thes. 32. & pag. 132. thes. 7. und wenn solches auch gleich geschehen / ist doch die confrontation von keinen effect. Joh. Brunnemann. Cent. 1. Decis. 48. n. 4. Und kan einer / welcher genöthiget worden / sich mit dergleichen Person confrontiren zu lassen / seine Beschimpffung zu anthen sich reserviren. Carpzov. part. 2. quaest. 114. n. 78. & 79. Sic quoque confrontatione abstinendum est, si filius contra patrem examinatus est, in casibus permissis, vel servus contra Dominum, vel vilis persona contra Nobilem, ac in dignitate constitutam, vel timidus ac pauper contra potentem, quia difficulter ejusmodi personae contra praedictos in eorum faciem sua dicta confirmare audebunt à confrontatione.
Chartar. lib. 3. c. 1. n. 94.
Ambrosin. cap. 10. n. 16. & seq. nisi exigat necessitas. Tabor, dict. tract. de Confront. part 1. th. 23. & 34. XCI. Sonst ist auch unter die confrontation mit zu rechnen / wenn in crimine diffidationis & minitationis, in Bevedungen und Bedrohungen / da einer sich unterstehet / einer gantzen Stadt / Dorffe / oder auch einer Person allein selbigen Orths zudrohen / dieselbe mit Feuer / oder auf andere Wege [250] zu verderben / darauf auch einen Brand- oder Bevehdungs-Brief anschläget / oder einwirfft.
Vid. Carpzov. p. 1. quaest 37. n. 14. usg??? 25. & 58. usg??? 68.
Joh. Laurent. Zubrodt, de Comparat. Literar. c. 6. §. 14. Ingleichen wenn Pasquille gefertiget / und außgeworffen / angehefftet oder angeschlagen worden / und der Thäter will das delictum nicht gestehen / alsdann wird der befundene Zettel Inquisito vorgeleget / und befraget: Ob es seine Hand sey? Negiret er es / muß er angehalten werden / daß er in Gegenwart der Gerichte schreibe / damit man ihn ex ductu literarum überführen könne.
Brunnemann, in Process. Inquis. cap. 8. m 7. p. 127.
Tabor, de Confront. p. 156. th. 7. iedoch hat man auf solche Gesellen wohl acht zuhaben / daß sie mit voller Hand und Feder schreiben / denn etliche dermaßen listig und verschlagen sind / daß sie die Buchstaben wohl auf 3. und mehrerley Arthen verziehen / auch wohl gar anderer Persohnen Handschrifft nachmahlen können. Drum müssen die Gerichts-Personen sich hierunter wohl in acht nehmen / daß sie durch solche Schrifften niemand unschuldig in Verdacht ziehen: Denn über dieses / daß / wie ietzt gemeldet / böse Gesellen andern Leuthen die Buchstaben nachzumahlen mit fleiß sich bemühen / bekant / daß viele Discipuli und Lehr-Knaben ihres Praeceptoris und Unterweisers Buchstaben und Handschrifft dermassen gleich schreiben lernen / daß vielmahl festiglich darauf geredet werden könte / es wäre dieser und jener Personen Hand. Wenn nun alßbald aus diesem fundamento allein zugefallen werden wolte / weil der ductus literarum einer solchen bösen Schrifft ähnlich / so würde mancher ehrlicher Mann in unschuldigen Verdacht kommen. Derowegen ohne sonderbahren wieder diese und jene Person verhandenen Verdacht mit solcher confrontation nicht zu verfahren.
Vid. Jacob Menoch. de A. J. Q. lib. 2. cas. 144.
Anton. Thesaur lib. sing. quaest. forens. decis. 24. n. 8.
Autor Prax. Crim. Altenb. p. 2. 19. & 220. XCII. Nach diesem / wenn der Judex alles gethan / was zu Erforschung des angeschuldigten delicti nöthig / und mit der Inquisition fertig ist / soll er den Verhafftete̅ es eröfnen / und fragen / ob er seine Defension führen wolle? Hat er nun Mittel / daß er einen Advocaten auf seine Kosten halten kan / werden demselben in dem Sächsischen Landen die Inquisitions Acta in loco judicii ad inspiciendum vel extrahendum, Beyseyns der Gerichts-Personen / vor [251] geleget. Geben sich auch seine Freunde / Vater / Muttier / Bruder / Schwester / Mann / Weib / Schwager / ja auch ein Fremder an / und wollen den Inquisitum defendiren / so ist der Richter schuldig / sie nebst ihren Rechtlichen Beyständen zu hören / und ihnen die Inquisitions-Acta vorzulegen.
Const. Crim. Caroli V. art. 47.
Carpz. part. 1. Const. 19. def. 17. & part. 4. Const. 8. & part. 3. prax. Crim. q. 115. n. 67.
Casp. Zigler. Dicast. concl. 31. § 6. do auch Inquisit bey perlustration und durchsehung der Acten nicht gewesen / oder der Acvocat sonst mit ihm zureden / und Umstände oder facta von ihm sich zuerkundigen vor nöthig befindet / muß der Richter den Advocaten und die Verwandten zum Inquisito lassen / doch nicht allein / sonder jedesmahl in Beyseyn einiger Gerichts-Personen / welche auf dasjenige / was geredet wird / und nicht heimlich / sondern laut geschehen soll / gute Achtung zugehen / auch dasselbe wohl gar zu notiren haben.
Brunnem. Process. Crim. pag. 8. memb. 3. n. 21. & 27.
Petr. Anguisius, Consil. 24. per tot.
Dan. Clasen, in Comment. ad art. 13. Constit. Crim. pag. 92. Ante torturam, etiam in atrocissimis, reus cum Advocato ponendus est AD LARGAM, ut loquitur Farinaceus, quaest. 13. 14. & 70. quod est ad locum publicum, ubi pro lubitu eum consulere, ac Procuratores & amicos alloqui possit.
Cothmann. Cons. 29. & 30. vol. 3.
Oldekop, tit. 1. Obs. Crim. 4. n. 6. nisi subsit timor subornationis, tunc enim allocutio non concedenda absque praesentia Notarii, vel Fiscalis, aut alterius personae ab ipsô deputandae. Farinac. quaest. Crim. 39. n. 70. Goehausen in Process. Contr. Sagas tit. 3. in addit. tit. pag. 148. & 149. XCIII. Es kan aber des Inquisiti Nothdurfft auf zweyerley Arthen angeführet / und beygebracht werden. [1.] Wenn der Advocatus des Inquisiti vorhergeführtes gutes Leben und Wandel beybringet / und dem Richter / oder künfftige Urtelsfasser dadurch so ferne moviret, daß er vor eine solche ehrliche Person gehalten wird / zu der man sich einer solchen beschuldigten That nicht zuversehen. [2.] Die wieder Inquifiten in Actis verhandene indicia colligiret / und nach der Ordnung erzehlet / hernach eines nach dem andern examiniret / auf was Grund solches bestehet / demonstriret / die abgehörte Zeu [252] gen so wohl ratione ihrer Person / und inhabilität / als ratione depositionis, und ihrer Aussage impugniret / und verwerflich machet / [3.] wohl gar andere Zeugen denominiret / und abhören lässet / welche das contrarium aussagen. [4] Den Process ex nullitatibus und befundener unrechtmäßigen procedur disputiret, dieses alles mit schönen Rechts-Gründen und bewährter Criminalisten Meinungen ausschmücket / durch eine solche Defension-Schrifft Inquisiten entweder von der Anschuldigung gantz zu absolviren / oder sonst pro re nata zu sententioniren bittet. Oder es fasset der Advocatus sowohl das jenige / was wieder / als vor Inquisiten ist / in gewisse Defensional-Articul, probiret zugleich jeden Articul per allegata Jura, in Actis befindliche Zeugen Aussagen / oder andere Umstände / auch vorher selbst eingeholte Attestata und Zeugnisse / welches gar eine feine beqveme Art ist / und die Herrn Urtelsfasser wohl informiren kan. Autor Prax. Crim. Alteb pag. 237. Worbey zu mercken / das Inquisito zu Beybringung seiner Unschuld / oder andern Nothdurfft / alle und jede Zeugen / wie er solche haben kan / es sey Kind / Weib / Mann / Vater / Mutter / Schwester / Knecht / Magd / und andere sonst zu Zeugen ungeschickte vorzustellen / nachgelassen.
Paul Grilan. de Relaxat. carcerat. in 3. q. princ. tit. de absolut. n. 2.
Farinac. de Testibus tit. 6. q. 63. n. 42.
Jul. Clar. §. fn. quaest. 24.
Carpzov. p. 3. q. 115. n. 75.
Barbos. in Thes. Jur. lib. 9. c. 64. ax. 1.
Cothman. Vol. 3. Resp. 13. n. 17. & seq.
Gail. de pace publ. lib. 1. c. 6. n. 22.
Berlich, p. 4. Concl. 14. n. 18.
Menoch. de A. J. Q. lib. 2. cas. 104. n. 6. Dissentit Fachin. Lib. 9. controv. c. 83. 2. pen. ff. & L. 2. C. de testib. cap. Accusatores. 12. Dist. 3. q. 5. XCIV. Wenn sich aber niemand des Inquisiti annimt / nach auch annehmen will / soll der Judex Officio ihm einen Advocaten zuordnen / der / was zu seiner Unschuld / oder Linderung der Straffe dienet / ausführe:
Hippolyt. de Marsil. in pract. §. nunc videndum n. 7.
Claud. de Batt andier, in Prax. Crim. reg. 21. n. 2.
Zigler, Dicast. concl. 31. §. 7.
|| [253]
Fürstl. Sächß. Gothaische Gerichts- und Process-Ordn. part. 3. c. 6. n. 11.
Ja der Richter soll deßwegen selbst bemühet seyn /
juxta text. egregium
in L. 19. ff. de poenis.
Gail. lib. 1. de pace publ. c. 18. n. 3.
Zanger. de quaest. & tortur. c. 3. n. 41.
Mevius part. 2. Decis. 321.
Rosbach, Prax. crim. tit. 5. c. 11. n. 12.
Manz. sing. in jur. commun. verb. innocentia n. 2. Est enim Judicis, ex se ipso, nemine licet defensionem petente, pro innocentia rei ejusque defensione vigilare. Dan. Clasen, in Comment. ad art 28. Const. Crim. pag. 152. ita ut, si hoc non fecerit, aedificet ad Gehennam, & animam occidat,
Hippol. de Marsil. Cons. 39. n. 27. & seqq.
Moller ad Const. Elect. 8. part. 4. n. 4. pag. 538. Und wenn gleich der Richter dafür hält / es habe der Captivus keine rechtmäßige Ursachen anzuführen: Item es sey das delictum notorium & manifestum, soll er ihn doch mit seiner Defension admittiren.
Carpzov. Pract. Crim. q. 115. n. 4.
Zigler, dict. concl. 31. §. 8. Ja die Criminalisten geben diese Lehre / daß / wenn es müglich wäre / daß der Teufel / dessen Boßheit mehr den zu wohl bekant / vor einem weltlichen Richter verklaget würde / derselbe nicht eher verdammet werden solte / er wäre denn mit seiner defension gehöret worden.
Hostiens. in cap. cum inter Extr. de Except.
Socin. Cons. 266. n. 46. vol. 1.
Natta, Cons. 451. n. 30. vol. 2.
And. Gail. in tr. de pace publ. lib. 2. c. 7. n. 8.
Suarez. Comm. Opin. in verb. defensio. n. 24.
Mev. part. 3. q. 200. n. 3.
Carpz. dict. part. 3. quaest. 115. n. 2. XCV. Und wenn der Inquisit auch schon das delictum gestanden hätte / aber nochmals um seine defension anhielte / ist ihm solche doch nicht abzuschlagen.
Jul. Clar. quaest. 49. n. 13.
Carpz. part. 3. q. 115. n. 30.
|| [254]
Denn auch hier noch viele zu derselben angeführet werden kan / daß nemlich [1]
die Inquisition coram judice incompetente angestellet [2] das Judicium nicht mit
Legalen Personen versehen / und der Actuarius entweder zum Gerichten nicht
geschworen / oder kein Keyserlicher creirter Notarius sey. [3] Das Geständnis
aus Irthum geschehen / [4] kein Corpus delicti vorhanden / und [5] Die Confessio
spe impunitatis & gratiae von ihm heraußgelocket worden. [6] nicht also
registriret / als er außgesaget. &c.
Athor Prax. Crim. Alteb. p. 226.
XCVI. Ja in den allergrausamsten Thaten kan man auch dem Inquisito die Defension
nicht entzichen / sondern er muß gehöret. werden.
Farinac. quaest 39. n. 41. & 43.
Defensio quippe est Juris naturae,
L. 4. L. 45. §. 4. ff. ad L. Aquil.
L. 1 §. cum arietes 11. ff. si quadrupes paup.
L. 1. §. 27. ff. de vi arm. Scilicet respectu inclinationis, respectu verò moderationis inculpatae tutelae erit Juris Gentium L. 3. junct. L. 1. §. ult. ff. de just. & Jur. quod postmodum melius Jus Civile explicuit & confirmavit, sicque etiam Juris Civilis defensio erit,
argum. L. 1. C. unde vi
L. 2. & 3. C. de Sicar. Quod & Juris Divini sit, patet ex c. 22. Exod. vers. 2. quae nemini auferenda Jure. L. ut vim 3. ubi Jason de Justit. & Barbosa, in Thes. Loc. Comm. lib. 4. c. 9. axiom. 1. & 4. XCVII. Der Advocatus aber / den er brauchet / oder ihm zugegeben wird / soll ein Christlicher / bescheidener / GOtt- und Recht-liebender Mann / und so gesinnet seyn / Inquisiten wieder befindliches Unrecht zu defendiren / keines weges aber seine unrechtmäßige Himmel-anschreyende / und üm Rache ruffende Thaten zuverdunckeln / verkleistern / und ihn dadurch der verdienten Straffe zuentziehen. Christoph. Blumenblacher / Comment. ad Const. Carol. V. art. 88. n. 16. & 17. Drum auch einem Richter wohl zugelassen / einem solchen verdächtigen Advocaten zu removiren / und einen andern Christlichern / verständigern [255] und aufrichtigern zu erkiesen: Allermassen auch etlicher Orthen üblich / daß die Advocaten vorher / ehe man ihnen die Inquisitions-Acta vorleget / vereydet werden / daß sie / wieder Recht und Gewissen / nichts rathen / noch schreiben wollen.
Const. crim. Caroli V. art. 88. ibi??? Blumenblacher.
Carpzov. part. 3. prax. crim. Quaest. 127. n. 93.
Brunnemann, in Proc. crim. c. 8. memb. 1. n. 22.
Fürstl. Gothaische Landes-Ordn. pag. 237.
Vid. Autor. Prax. crim. Alteb. à pag. 227. usg??? 233. Es wären denn Hoff-Aavocati, die schon in Pflichten stünden. XCVII. Die Vorlegung der Acten aber geschicht entweder dem Advocato allein / oder daß der Inquisit zugleich darbey sey. Wiewohl
Jul. Clarus. §. fin. q. 49. n. 2. Und
Justus Oldekop. tit. 4. Observ. Crim. 2. n. 8. & Quaest. Decad. i. mit Anführung vieler Rechts-Gründe / vor besser halten / man gebe auf Begehren dem Gefangenen oder Angeschuldigten / und seinem Advocato völlige Abschrifft der Inquisitions-Acten, damit der Advocat solche zu Hauße mit desto bessern Fleiß durchlesen / und was er im extrahiren etwan versehen möchte / ie mehr und mehr zu des Inquisiti Besten bedencken könne. Welches auch nach den gemeinen Rechten keinen Zweiffel hat / als da einen ieden / der seine Unschuld auszuführen Willens / copia indiciorum & aliorum Actorum gegeben wird /
C. qualiter & quando §. debet igitur Extr. de Accusat.
Petr. Heigius, part. 2. Quaest. 35. per tot.
Göchausen, in Proc. contr. sagas tit. 3. in addit. pag. 151. & 17.
Dan. Clasen, in comment. ad art. 73. const. crim. Caroli V. pag. 313.
add. Richt. vol. 2. cons. 139.
Berlich. p. 2. Decis. 161. n. 2. & seqq. Item 15.
Mev. Decis. 321. part. 2. n. 8. In den Sächsischen Landen aber wird es / wie oben gedacht / gehalten / daß dem Advocato nur die Inquisitions-Acta ad inspiciendum vel extrahendum in loco judicii vorgeleget werden. Corpzov part 3. Q. 115. n. 101. &. 102. Peinl. Sächß. Inquisitions - und Achts-Process, tit. 8. art. 3. p. m. 121. Churfl. Sächß. Policey-Ordn. de An. 1612. tit; von Justitien-Sachen / n. 5.
|| [256]
Fürstl. Sächß. Gothaische Gerichts- und Proceß Ordn. p. 3. c. 6. n. 20.
XCIX. Zu Einbringung der Defension giebt der Judex dem Inquisito und dessen
Advocato eine gewisse Zeit / gemeiniglich eine Monats- oder Sächsische Frist:
welche nach Beschaffenheit des Delicti, und anderer Umständer / auf Ansuchen
auch wohl verlängert wird.
Idem Carpzov. d. p. 3. q. 115. n. 86.
Brunnemann, in Process. crim. cap. 3. memb. 3. n. 2. C. Wenn derselbe nun zu desto besserer Deducirung seiner Unschuld gewisse Defensional-Articul aufsetzen / und etliche Zeugen darbey denominiren lässet / mit Bitte / solche / dem dabey angeheffteten Directorio nach / eydlich abzuhören / Vide Formul. in Volkmanni Process. crim. part. 2. tit. 9. pag. 213. & 214. werden solche defensional-Zeugen citiret / gleichfals beeydiget / und abgehöret: Der Judex aber darf keine Interrogatoria auf solche Defensional-Articul machen / so wenig dem Inquisito zugelassen ist / dergleichen wieder die Inquisitional- oder Probatorial-Articul einzugeben. Fürstl. Sächß. Gothaische Gerichts- und Proceß-Ordn. p. 3. c. 6. n. 8. Wenn es der Inquisit begehret / wird zugelassen / daß seinetwegen ein Notarius Adjunctus bey Abhörung der Zeugen sey / und wenn solches zum Ende / wird dem Advocato die Aussage vorgeleget / ihm auch wohl Abschrifft davon gegeben / um die defension desto accurater darnach einzurichten. CI. Es ist der Angeschüldigte von Anfang der Inquisition biß zur endlichen execution mit seiner defension zu hören: Ja wenn er auch schon vor dem Hoch-Noth-Peinlichen Hals-Gerichte stünde / und vorgebe / er habe noch was zu seiner defension auzugeben und außzuführen / ist er damit zuzulassen und die execution zudifferiren. L. unius 18. §. cogniturum. L. 1. §. si quis ultra 27. ff. de Quaest. Farinac. q. 39. n. 1. & 82. Wesenb. in Th. n. 12. ff. de Accusat. Struv. Synt. Jurispr. exerc. 48. § 101. CII. Drum auch der Inquisit nicht nur ein / sondern befundenen Umständen und der Sachen Wichtigkeit nach / wohl. 2. 3. und 4 mahl damit admittiret werden muß.
|| [257]
Gomez. tit. de delict. c. 13. n. 33.
Cartar de Execut. Sentent. cap. 1. n. 29. & seq. Reo nunquam deneganda est defensio, nec provocatio à terminis, etiam statuto reclamante. Franc. Pfeil. Cons. 167. cent. 2. CIII. Und solche defension kan ihm weder Keyser / König / Fürst und Herr / noch auch einiges Recht / Statutum und Gewohnheit benehmen.
Gilhausen c. 2. tit. 12. n. 24. arb. Crim.
Clar. lib. 6. §. fin. q. 49. n. 14.
Farinac. lib. 1. q. 39. n. 18.
Reusner. lib. 2. Decis. 10. n. 10.
Seb. Guazzin. in tr. ad defensam. Inquisit. tom. 2. Defens. 29. c. 4. n. 3. ibi??? alleg. DD.
Zigler. Dic ast. concl. 31. §. 2. CIV. Ja der Inquisit selbst kan sich in den Fällen / so Leib und Leben angehen / deren beständig nicht begeben.
Gomez. part. 3. Var. resolut. c. 1. n. 66.
Thomas Metzger, Cons. 15. n. 102. etiamsi renunciationem fecisset cum juramento. Decian. lib. 9. c. 1. n. 26. Criminal. nisi fortean agatur de poena saltem corporis afflictiva, quaeve non tendat ad mortem.
Clar. lib. 5. §. sin. q. 49. n 16.
Dan. Clasen, ad art. 47. Const. Crim. Caroli V. pag. 320. Et defensio adeò est favorabilis, ut morte non extinguatur, hinc potest astificari post mortem, & maximè in crimine laesae majestatis. cit. Guazin. d. defens. 29. c. 4. n. 29. CV. Wenn aber die defension volführet / und die deduction-Schrifft überreichet worden / sol der Richter mit fleiß solche durchlesen / und wenn er befindet / daß das factum entweder mit andern Umständen angeführet / denn es in Warheit sich verhält / die abgehörte Zeugen etwa zur Ungebühr was beschuldiget / und sonsten zu dem Ende was vorbracht worden / daß die Acta, und wer solche zu lesen bekommen möchte / confundiret und irre gemachet / der Inquisit aber der verdienten Straffe entzogen werden könte; So ist nöthig / daß der Richter entweder die Zeugen anderweit über die angeführten Umstände / nebst den Inquisiten höre / und dadurch die rechte Warheit beybringe / auch was er sonst Pflichtmäßig thun kan / erinnere / oder durch den bestal [258] ten Fiscal wieder dergleichen defensios-Schrifft / an stat des Entleibten / die rechtmäßige Nothdurfft beybringen lasse. Auth. Prax. Crim. Alteb. pag. 243. CVI. Nachdem nun dieses alles seine Richtigkeit hat / und zum Ende gebracht worden / gebühret dem Richter die Acta völlig zu inrotuliren / nach Rechtlichen Erkäntnis zu schicken / und sich des Rechtens belernen zu lassen / was in der Sachen ferner zu thun? Const. Crim. Caroli V. art. 7. 91 147 151. 160. & 161. Churfl. Sächß. Policey Ord. de Anno 1612. tit. von Justizien Sachen. n. 5. Fürstl. Gothaische Gerichts-Ordn. part. 3. c. 6. §. 12. Henning Renneman, de transmissione Actorum cap. 4. CVII. Bey der inrotulation der Acten will Justus Oldekop, Decad 1. quaest. 7. daß der Inquisit, oder dessen Advocat zugegen sey / ihm auch die Urthels-Frage zulesen gegeben werde. Dn. Carpzovius, aber / in seinem Inquisitions- und Achts-Process, hält es vor unnöthig. tit. 9. art. 3. §. 3. pag. 131. Die Acta werden ordentlich geleget / gehefftet und foliiret / sodann zusammen gerollet / in maculatur verwahret und gebunden / mit dem Gerichts-Siegel bedruckt / und die mundirte Urthels-Frage [davon das Concept bey den Acten gehefftet verbleibet] drauf gebunden / und so fort in den Schöppen-Sthul oder Juristische Facultät geschicket. Rennemann, d. tr. c. 6. n, 21. Fürstl. Sächs. Gothaische Gerichts- und Process-Ordnung / part. 3. c. 6. n. 12. CVIII. Die Urthels-Frage sol unpartheyisch seyn / so daß der Judex nichts drein mische / oder Umstände anführe / so in Actis nicht befindlich / noch auch einen Neben-Brieff mitschicke / sondern derselbe thut am besten / wenn er generaliter sich auf die Acta beziehet / und bittet / daß man ihm des Rechten belehren wolle / wie er er sich in der Sache ferner verhalten solle? vid. Renneman, cit. cap. 6. n. 17. 19. 20. & 21. Etliche Formularia derselben sind zu finden in Prax. Crim. Alteb. pag. 247. & 248. Item in Herr Stielers Secretariat-Kunst / ersten Band pag. 1096. und im zweyten pag. 436. wie auch beym Rennemann, d. ir. c. 6. n. 17.
|| [259]
Endlich erinnert hierbey Joh. Brunnemann,
In process. Crim. c. 8. memb. 7. n. 10.
daß man dem Inquisito nicht allezeit wissen lassen solle / in welchen
Schöppen-Stuhl / oder auf welche Universität man die Acta zuschicken willens /
weil man exempla hat / daß denen abgeschickten Bothen / von des Inquisiti
Freunden / oder sonst andern hierzu Vermochten / wenn er von / vornehmer Familie
gewesen / aufgepasset / ihnen die Acta weggenommen / oder doch die Urthel
erbrochen worden / ehe sie an gehörigen Orth gelanget.
CX. Wenn nun die Acta mit dem Urtheil wieder zurück kommen / darf der Beambte /
sonderlich in Sachsen / solche / ungeachtet die Uberschrifft an ihm hält / nicht
aufbrechen / sondern beydes uneröfner der Herrschafft / oder dero Regierung zu
schicken / die es aufmachen / und nebst den Urthel und Acten einen
Executorial-Befehl an dem Beambten zurück senden lässet.
Churfürstl. Sächß. Befehl an die Schösser und Beambte / den 9. Julii Anno 1609.
Peinl. Sächß. Inquis und Achts-Process tit. 10. §. 2. in addit.
Fürstl. Sächß. Gothaische Gerichts- und Process Ordn. dict. p. 3. c. 6. n. 13.
XCI. Ist nun dem Inquisiten die Territion zu erkant / wird das Urthel ihm nicht
publiciret / sondern in Geheim gehalten: Denn wenn dessen Advocatus oder
Befreundte etwas davon erführen / würden sie es ihm bald stecken / oder durch
andere zubringen lassen / daß er sich an diese Vorstell- und Bedrohung weniger
denn nichts kehren würde.
XCII. Jedoch geschicht solches / wann die Tortur selbst in Urthel erkant ist.
Denn ob wohl Dn. Carpzovius,
in den Inquisitions- und Achts-Process tit. X. art. 1. §. 1.
davor hält / daß solche publicatio in processu Inquisitionis nicht stat habe /
noch nöthig sey: So ist doch D. Justus Oldekop,
Decad. 1. quaest. 7. per tot.
socher Meinuung gantz zu wieder / und hat des Carpzovii rationes gründlich
wiederleget / so daß auch in vielen Sächsischen Judiciis von des Carpzovii
Meinung abgescheitten / und dem Inquisito das eingelangte Urthel vor der
Execution eröfnet / er vor der Marter und Pein gewarnet / und fleißig ermahnet
wird / in Güte die Warheit zubekennen. Da ihm denn nicht zuverwehren / daß er
darwieder nachmahls mit seiner defension einkomme / und anderweitiges
Rechtliches Erkändtnis drüber eingeholet werde.
Arnold de Reyger, in Thes. Pract. V. Tortura, in addit. n. 5.
|| [260]
XCIII. Es wird aber die Tortur also beschrieben / daß sie sey: INQUISITIO,
L. si quis 3. c ad Leg. Jul. Majest.
five INVESTIGATIO
L. Edictum 8. ff. de Quaestion.
L. milites 8. §. 1. C. eod. vel INTERROGATIO L. 1. §. qui Quaestionem 21. & §. Divus 22. ff. eod. tit. VIOLENTA d. L. si quis C. ad Leg. Jul. Majest. cum CRUCIATU CORPORIS CONJUNCTA, d. L. 1. §. 23. ibi res est fragilis ff. de Quaest. SUPER DELICTO COMMISSO,
L. 1. pr. ibi in Crimin, eruend ff. d. tit.
L. enim aliter. 1. §. item illud. 24. ff. de SCto Sylan. & Claud. ad ERUENDAM DELICTI VERITATEM,
L. Divus 9. ff. de Quaestion. & L. milites 8. §. 1. C. eod.
Gilhausen, Arbor. Crim. part. 1. c. 6. n. 2. SI ALITER POTERIT INVESTIGARI, d. L. Divus ff. d. tit. à JUDICE LEGITIME INSTITUTA.
Hunnius, in Colleg. Crim. dissert. V. §. 69.
Dan. Clasen, ad Constit. Crim. art. 45. p. 212.
Jacob Frid. Schilling / in Disp. Inaug. de reiterat. Torturae c. 1. §. 2. CIV. Sie ist ohne redliche Anzeigen und Vermuthungen wieder niemanden vorzunehmen.
P. H. O. Caroli V. art. 6. & 20.
Volckmann / in Process. Crim. part. 2. tit. 9. pag. 215.
Zanger, de tortur. c. 2. n. 1.
Carpzov. pract. Crim. p. 3. q. 119. n. 1. und muß der Judex alles vorher sehr wohl und genau untersuchen / und die wieder den Inquisiten streitende Indicia reifflich überlegen / ehe und bevor er zu derselben schreltet: ne sub praetextu justitiae & vindictae legitimae illegitimum committatur homicidium
Richter. part. 2. Decis. 91. n. 1.
|| [261]
Dan. Clasen, ad art. 29. Const. Crim. pag. 154. & ne loco poenae adhiberi videatur, contra L Quaestionis 21. ff. de Quaestion. Tabor de Tortura c. 2. §. 9. Nam Indicia ad Torturam debent esse luce clariora in sua specie, certa, non dubia, non aequivoca concludentia, ad delictum inferentia, probabilia, verisimilia, à jure approbata, & concludenter probata in genere suo. Ambrosin. lib. 4. Process. inform c. 1. n. 6. Zumahl da die Tortur nur ein remedium subsidiarium ist / wenn man sonst auf keine andere Art und Weise die Warheit erforschen / noch an den Tag bringen kan / sondern es nur bloß und allein auf des Rei Geständ- und Bekäntnis beruhet.
L. Edictum 8. & L. divus 9. ff. de Quaestion. & L. quoties 12. C. eod.
Daniel Clasen, ad art. 45. Const. Crim. Caroli V. Nec paria sint, hominem torquere, & pila ludere, ut inquit Hering. de Fidejussor. c. 10. n. 454. CXV. Drum wird I. erfodert daß die Sache und Klage criminal, atrox und Capital sey.
L. 4. 56. & L. Edictum 8. I. si quis 12. §. 1. ff. de Quaestion.
P. H. O. Caroli V. art. 8 ibi So die Missethat einer Todes-Straffe halben kündlich &c.
Richter, part. 2. Decis. 91. n. 8.
Idem sentit. Struve in Syntagm. Jur. Civ. Exercit. 49. §. 98.
ubi attestatur, quod in Scabinatu Jenensi nemini adjudicetur Tortura, nisi qui poena corporali puniri potest.
Bocer, de Tortur. c. 2. n. 1.
Brunnemann, in Proc. Inquis. e. 8. membr. 5. n. 20.
Tabor, de Tortura c. 4. n. 8. Ein Capital verbrechen aber wird genennet / das Leib und Lebens-Straffe auf sich hat /
art. 8. Crim. Caroli V.
Damhouder, in Prax. rer. Crim. c. 35. n. 4.
Theodor in Colleg. Crim. c. 9. th. 11. n. 8. lit. ff. woraus abzunehmen / daß in gemeinen Bürgerlichen Sachen / da es nur auf eine Geldbuße hinaus läufft / oder auch in andern delictis, da das Gefängnis / Verweisung / Pranger und Halseisen pflegt erkant zu werden / keine Tortur stat habe.
|| [262]
L. 4. 5. & 6. ff. de quaest.
L. Levia 6. ff. de Accusation.
L. nes quicquam 9. ff. de Offic. Procons.
L. Divus 9 § fin. ff. de quaestionib.
Richter, part. 2. Decis. 93. n. 4.
ubi addit, saepissimè hoc in Scabinatu Jenensi observatum fuisse. Es wäre denn Sache / daß die Causa civilis & pecuniaria ein solch Verbrechen mit sich führete / weßhalber der Reus torquiret werden könte. Als die Banckerot-Spieler / um ihre Handels-Bücher / Rechnungen und Schuld-Brieffe denen Glaubigern vorzuzeigen und auß uhändigen.
L. inde Neratius. 23. § 4 ff. ad L. Aquil.
Tabor, de Tortura c. 4. n. 10. Hic enim Crimen falsi & furti subest, dum dolosè chirographa & rationes supprimunt.
Tabor. de Tortura c. 4. 10.
Theodoric. in Colleg. Crimin. c. 9. §. 13.
Carpzov. in Pract. Crim. p. 3. q. 119. n 38. 39. & seqq. Und ob wohl Carpzov an ietzt-gedachten Orth n. 25. & seqq. statuiret / daß in solchen Verbrechen / die keine Leibes-Straffe auf sich hätten / die blose Territion und Schreckung / oder auch wohl die Anlegung der Daumen-Stöcke oder Schrauben / ja gar das Schnüren / nach Gelegenheit der Umstände / erkennet und vollstrecket werden könte: So wiedersprechen doch Justus Oldekop, decad. 3. contr. Carpz. Quaest. 1. n. 6. und Brunnemann, in Proceß. criminal. c. 8. membr. 5. n. 21. solchem so gar / daß keine territio realis oder Angriff des Scharfrichters / noch Anleg- und Zuschraubung der Daumen-Stöcke / vielweniger Hinführung zur Leiter / noch Leg- oder Anbindung auf dieselbe / in solchen Fällen geschehen könne / weil dadurch dem Reo ein unauslöschlicher Macul, Schimpf und Vorwurf / als der in des Henckers Händen gewesen / zugefüget würde / und demnach sothane Territio realis härter / als die Straffe selber wäre. Sondern es müste nur eine Territio nuda seyn / so / daß der Scharfrichter zwar dem Inquisiten die zur Tortur gehörige Instrumenta vorlegen / zeigen / und deren effect mit Worten beschreiben möchte / aber nicht angreiffen soll: / weshalber auch gemeiniglich in den Urtheln diese Worte pflegen mit eingerückt zu werden: Daß ihr wohl befuget / den Gefangenen dem Scharfrichter fürzustellen / [263] und durch denselben / als solte und wolte erihn angreiffen / bedrauen / aber doch / unangegriffen / in der Güthe befragen zulassen. D. Sam. Stryke. in tr. de Jure Sensuum, Disp. J. cap. 4 n. 23. Drum hat sich ein Richter wohl in acht zunehmen und vorzusehen / daß er nicht strack dem Scharfrichter verstatte / einen Angeschuldigten anzugreiffen und zubeschimpffen. Schilling, de reiterat. Torturae c. 1. §. 11. Maximum enim famae & existimationis creat praejudicium, & continet irreparabile gravamen. Daniel. Clasen, in Comment. ad art. 45. const. crim. Caroli V. pag. 214. Damit er nicht von denselben belanget werden möge.
Per text. in L. apud Labconem. §. Quaestionem de injur.
And. Rauchbar / Quaest. 49. n. 1.
Joachim Schepliz., in notis ad tit. 44. prompt. Juris,
Balth. Clameri §. 1. n. 8. in fine. Ubicunque Inquisitus indiciis non satis aggravatus est, nudae territionis termini non facilè excedendi. Secus si delictum paulò gravius sit, tunc conceditur quidem apprehensio & adductio ad scalam, imò applicatio tormentorum, sed SINE COMPRESSIONE. Stryk, d. tr. Dissert. 7. c. 4. n. 23. CXVI. Zum II. wird erfodert daß man sonst keinen andern Beweiß durch Zeugen und Urkunden haben / noch auch auf andere Arth und Weise zu Erforschung der Warheit gelangen kan.
juxta Paulum in L. Edictum 8. ff. de Quaestion. n. 1.
Honded. vol. 1. consil. 108. n. 52. & 53.
Oldekop. tit. 4. obs. crim. 16. n. 5. Quia Tortura, ut supra quoque dictum, extremum & subsidiarium indagandae veritatis est remedium.
arg. L. 22. vers. ante omnia C. de Administ. Tutor. vel Curator.
Clarus, in pract. crim. §. fin. q. 64. vers. debet etiam. 5.
Bossius, in tit. de indic. & cons. ant. tort. n. 129.
Carer, in pract. crim. de Tortura. §. 9. n. 29. pag. m. 183. CXVII. III. Muß der Judex nicht praesumtivè & per conjecturas, sondern vollkommen gewiß und versichert seyn / daß die That warhafftig und würcklich geschehen / und von den In quisiten begangen worden / ehe er zur Tortur schreitet.
|| [264]
L. in crimin alibus §. 1. ff. de quaestionib.
L. 1. §. item illud. 24. ff. de Scto.
Sylan. L. non defensae 1. C. ubi caus. Fiscal. P. H. O. Caroli V. art. 6. vers. 6. darzu soll auch ein jeder Richter in diesen grossen Sachen. & art. 20. ejusd. Const.
Tabor, de Tortur. c. 4. §. 3. & 4.
Rosbach. in Process. crim. tit. 5. c. 13.
Brunnemann, in Process. crim. 2. 8. memb. 5. n. 18. Denn es könte einer wohl aus Verdruß des Lebens / oder damit er den Scharf-Richter nicht unter die Hände kähme / noch auch grosse Marter und Pein außstehen dürffte / fälschlich die That bekennen / so er doch nicht gethan / oder verübt / wie jene Edel-Frau in Schweden / die in Verdacht gerathen / als wenn sie ihren Ehemann ums Leben gebracht hätte / auch sehrgraviret war. Welche nachdem sie von etlichen Königlichen Räthen deßhalben vorgenom̅en / und examiniret wurde / zweymahl / als sie gevoltert werden solte / sagte: Ja sie gestünde es / sie habe es gethan / man solte ihr nur das Leben nehmen! Aber das drittemahl bekahm der Scharff-Richter Befehl / er solte / ungeachtet ihres Bekändnisses / sie mit der Tortur angreiffen; ehe sie nun in des Henckers Hände kahm / sagte sie abermahl! Ja sie gestünde es / man könte ja weiter nichts von sie begehren. Sobald sie aber der Nachrichter angriff / auf die Leiter legte / und sie in etwas aufzog / rief sie überlaut: sie hätte es nicht gethan / welches sie anietzo / recht bekennete / indem sie in des Henckers Händen albereit wäre / vorhin hätte sie nur deßh sie in des Henckers Händen albereit wäre / vorhin hätte sie nur deßhalber gesaget / daß sie es gethan / damit sie aher sterbe / als daß sie in des Henckers Hände kähme. Sie ist nachgehends von der Juristen Facultät zu Franckfurth an der Ober / dahin die Acten verschickt / absolviret worden. Bey dem Goedelmanno in tr. de Magis, Venes. & Lamiis lib. 1. c. 10. n. 7. & seq. findet man noch mehr solcher Exempel. Doch ist obiges zu verstehen / wenn das delictum ist facti permanentis, daß nemlich einige Spur und Nachricht davon zurück bleibet / als in Todt-Schlag u. Kinder-Mord / der Entleibte un̅ umgebrachte Cörper. Da aber das delictum ist facti transeuntis, da die Spuhr gleich mit der That vergehet / als in Ehebruch / Sodomiterey und Ketzerey / sind rechtmäßige Conjecturen gnug.
L. non omnes 5. §. 6. vers. sed hoc ff. de Romilit.
Zanger. de quaest. & Tort. in Prooe??? n. 35.
|| [265]
Tabor, de Tòrt. c. 4. § 3.
Carpzov. in Pract. Crim. p. 3. 911 n. 60. & seq. CXIIX. IV. Muß auch der Inquisit mit vielen indicien und redlichen Anzeigungen dergestalt graviret und besch weret seyn / daß er bey nahe der That überführet ist.
L. 1. §. 1. ff. de Quaestion. L. 8. C. eod. Nov. 134. c. 13.
c. qualiter & quando 24. X. de Accusat. P. H. O. Caroli V. art. 6. in verb. Der soll doch mit Peinlicher Frage nicht angegriffen werden / es seyn dann zuvor redliche / und derhalben gnugsame Anzeigungen und Vermuthungen von wegen derselben Missethat auf ihn glaubwürdig gebracht. Item art. 7. & art. 20. verb. wo nicht zuvor redliche &c. art. 23. Tortura igitur sine indiciis facta nulla est, & cuncta sequentia.
Francisc. Cason. de torment. c. 4. & 5.
Oldekop, tit. 4. Observ. Crim. 2. n. 10. 11. & 13. Dannenhero der Richter alle Umstände gantz genau und mit höchsten fleiß untersuchen und überlege̅ sol / um zuerken̅en / welches indicia verisimilia sind. Et profectò hoc opus, hic labor est, nec digitorum percusione fit, ut in quit Claud.
De Blatt an dier,
in Process. Crim. Reg. 28. n. 1. Theodor. in Colleg. Crim. cap. 9. Aphor. 11. n. 20. welche alle hie anzuführen viel zu weitläufftig werden würde / auch nicht müglich ist / indicia enim criminum omnia non possunt commentario comprehendi, attestantibus
Bocer. de Tortur. cap. 3. n. 123. &
Carpzov. p. 3. q. 123. n. 28. doch kan man hievon Unterricht finden bey dem Christoph Crunsio, in tr. de Indiciis Delictorum, per tot. Francisc. Cason, in tract. ne reus per aliqua Indicia convincatur, ut poena capitali damnetur, per tot. Alexand. Consil. 23. column. penult. vol. 2.
|| [266]
Farinac.
Lib. 2. consil. 108. n. 69. & seqq.
Joh. Christoph. Lipold.
in Epit. delict. c. 15. à §. 4. us??? 20.
Berlich.
part. 4. concl. 4. n. 16. 17. & seq. 24. 64. 47.
Thom. Mezger,
de Tortur. reor. concl. 78. & seqq. 151.
Oldekop,
in Indicic. Obs. crim. v. Tortura & v. Indicia.
Ilico Ummio,
in Processu pag. 629. & seqq.
Maurit. Meibaum,
Disp. de tortuta, cap. 2. per tot.
Mich. Paris Walburger,
de Lamiis c. 8. §. 6. 7. & 8. ubi latè agit de indiciis in Crimine
Veneficii.
Arnold. de Reyger,
in Thesaur. Jur. tom. 2. v. Tortura, pag. 1529. 1530. 1537. & seqq.
Sebast. Meyer,
Disp. inaug. de indiciis in Crimine Magiae quoad torturam reprobatis &
approbatis, Altorffi habit. Anno 1684.
Insonderheit aber in der Peinlichen Hals-Gerichts-Ordnung Caroli V. als
Art. 33. Von Mord / der heimlich geschicht /
Art. 34. Von öffentlichen Todtschlägen / so im Schlagen oder Rumorn unter vielen
Leuten geschehen / das niemand gethan wil haben.
Art. 35. Von heimlichen Kindhaben und tödten durch ihre Mutter.
Art. 36. Eine andere Anzeigung begangener Kinder-Mord.
Art. 37. Von heimlichen Vergeben /
Art. 38. Von Verdacht der Räuber /
Art. 39. Eine andere begangenen Raubes /
Art. 40. Von Hausen / Hegen und Helffen der Käuber /
Art. 41. Von heimlichen Brand /
Art. 42. Von Verrätherey /
Art. 43. Von der Dieberey /
Art. 44. Von Zauberey /
gnugsame Anzeigung:
|| [267]
und bey jedweden Articul die Commentatores, als den Remum, Stephani, Clasen,
Manzium, Blumblacher und andere aufschlagen.
CXIX. Wenn nun der Gefangenen mehr / als einer / wird von demjenigen / welcher
der verdächtigste / und am meisten graviret ist /
L. 1. §. idem divus ff. de quaestion.
Decian. Resp. 115. n. 5. in fin. vol. 3.
Guazzin. ad defens. Inquisit. tom. 2. defens. 30. cap. 19. n. 4. ibi??? allegati DD. oder von den Schwächesten und Furchtsansten / und von dem man die Warheit am allerersten heraußzubringen vermeinet / der Anfang gemachet.
d. L. 1. §. 2. & in L. invitus ff. de quaestion.
Job. Zanger, de quaestion. & tortur. c. 4. n. 26.
P. S. Inquisition und Achts-Proseß, tit. X. art. 2. §. 2. oder auch von den / welcher vor andern eine böse Physiognomy und leichtfertig Gesichte / oder einen schändlichen Nahmen hat / concurrentibus tamen aliis indiciis.
L sciendum 7. in fin. L. facta 63. §. Si verò. ff. ad SCtum Trebell
Rosbach, in Proceß. crim. tit. 5. c. 15. n. 13.
Philip. Camerar. Hor. Succis. cent. 2. c. 3.
Christoph Frid. Schmakalder, in Disp. inaug. de Physiognom. c. 3. n. 5. & seqq. us??? 8.
Guazzin. d. defens. 30. c. 10. n 3. Und wenn Vater und Sohn zu Voltern sind / greift man gemeiniglich den Sohn in Gegenwart des Vaters zuerst an / damit dieser desto eher bekenne / weil er des Sohns halber mehr / als vor sich / Sorge träget: Drum wird auch die Mutter eher / als die Tochter torquiret.
L. 18. ff. de Quaestion.
L. isti quidem ff. quod. met. caus.
L. cum furiosus 7. c. de curat. Furios.
§. sed veteres. Instit. de Nox.
Bocer, de quaest. & tortura. c. 5. n. 6. & 7.
Freudius, in gewissens-Fragen von Zauberey / q. 307. Item ein Weibes-Bild eher / als eine Manns-Person vorgenommen / weil dieselbe leichter zum Bekändtnis zubringen / als ein Mann.
L. filia C. de inoffic. Testam. c. forus Extr. de V. S.
Tranquil. Ambrosin. in Proceß. inform. lib. 4. c. 6. n. 12. & 3.
|| [268]
Carpzov. Pract. crim. Part. 3. q. 124. n. 14. 15. 14. &. 16.
Cardinal. Tusch, in lit. T. concl. 327. n. 2. [Sed alii tradunt foeminas minus timere torturam, quàm mares, & diutius in negativa persisitere, & ob id esse in arbitrio Judicis, â quibus sit inchoandum, ut tradit Cavalc. de Brach. Regio p. 3. n. 133. Guazzin. d. c 19. n. 3.] CXX. Worbey aber anzumercken / daß der Judex alle bey den Inquisiten befundene Umstände / so wohl seiner Condition und Alters / als auch Leibes-Zustandes / ob er nemlich starcker oder schwacher Natur / Jung / mittelmässig oder alt sey / ob er Wunden / Brüche oder andere Schaden an sich habe / und an welchen Orth des Leibes: Item ob ein Weibes-Bild schwanger sey / oder ein Kind säuge / und was sonst mehr vor Umstände sich darbey ereignen / stracks anfangs durch den Gerichts-Actuarium oder Notarium zu den Acten registriren lassen solle / ehe und bevor sie verschickt werden / damit die Schöppen-Stühle oder andere Urtelsfassere selbst erwegen und erkennen mögen / wie und auf was Art und Weise die Person mit der Tortur zubelegen.
P. H. O. Caroli V. art. 59.
Clar. in Pract. crim. lib. 5. §. fin. q. 64. n. 33.
Joh. Brunnem. in Proceß. crim. c. 8. m. 5. n. 27. & seqq. us??? 32.
Reyges, in Thes. Pract. tom. 2, col. 1546. n. 144. & col. 1550. n. 236. CXI. Denn es finden sich etliche Personen / so mit der Volter / [welches Wort darum mit einem V. geschrieben wird / weil es à Volvendo, oder von Wendung des Haßpels / damit die Rei aufgeszogen werden / herstammet / Dither, in addit. Thes. pract. Besoldi, p. 731. Ob es schon andere mit einen F schreiben /] entweder gar nicht / oder doch nicht so hart oder empfindlich angegriffen werden können / als I. Die IMPUBERES oder Unmündige / so noch nicht 14. Jahr alt sind.
Juxta L. de minore, inpr. ff. de Quaestion.
Guauzzin, ad defens. inq. defens. 30. c. 11. n. ibi??? alleg. DD. Welches doh so zuverstehen / daß man sie nicht mit der Schärffe torquiren / aber noch wohl terriren / oder / befundenen Umständen nach / entblößen / binden / und nach der Leither zuführen / nicht aber würcklich drauf legen lassen dürfe. Ulpian. in L. 1. §. impuberi autem ff. ad JCtum Sylan. ubi dicit impuberem TERRERI posse & HABENA, & FERULA CAEDI.
|| [266]
Zanger, de Quaest. & Tortur. c. 1. n. 35.
Carpzov. Pract. crim. part. 3. Quaest. 118. n. 14. & 15.
Michael Paris Walburg. de Lamiis c. 8. §. 10. Maßen denn auch der Chur-Fürstl. Sächß. Chöppen-Stuhl zu Leipzig einen Jungen von 13. Jahren die Territion mit den Daumen-Stöcken zuerkant hat / test Carpzov. d. q. n. 15. Wenn sie aber 14. Jahr / iedoch noch nicht 25. Jahr alt sind / haben sie von der Volter keine Befreyung / doch werden sie in etwas gelinder / als die Aeltere / torquiret. L. 1 L. 2. C. si advers. delict. & L. si ex causa 9. §. 2. ff. de minorib. CXXII. II. Sind exemt die FURIOSI, Tolle und Wanwizige / als die keinen Verstand daben / L. Divus, in pr. ff. de Officio Praesidis. sondern den kleinen Kindern / L. 3 §. furiosi. ff. de Quaestion. Ja denen Todten /
L. qui ad certum ff. Locat.
L. bonorum §. 1. ff. rem rati habert. und Abwesenden gleich geachtet werden.
L. 2. §. furiosi ff. de Jure Codicill.
Bocer. de Quaest. & Tortur. c. 4. n. 10. Jedoch wenn sich einer Wanwizig stellen wolte / wird solches durch die Tortur und Fragung auf gewisse Articul erforschet. XXIII. III. Die mit dem AFFECTU MELANCHOLICO im höchsten Grad beschwehret sind / welches doch zuvor ein geschickter Medicus untersuchen und erkennen muß / ne scilicet malefici homines, furorem & Melancholiam fingentes, torturam & poenam effugiant. Carpzov. d. Quaest. 118. n. 19. & 20. CXXIV. IV. Die von Natur stumm und taub sind.
Francisc. Cason. in tr. de Tormentis, c. 10. n. 5.
Zanger c. 1. n. 44.
Bocer. d. c. 4. n. 16. Wären sie aber durch einen Zufall taub und stumm worden / könten aber iedoch lesen und schreiben / werden sie durch Vorlegung der Inquisitional-Articul examiniret / drauf sie ihre Antwort schrifftlich thun / oder in wiedrigen der Tortur erwarten müssen.
|| [270]
Ambrosin. de modo form. proceß. inform. lib. 2. c. 10. n. 11.
Francisc. Brunus, de Indic. & Tortur. p. 2. Quaest. 4. n. 25.
Carpzov. d. q. 118. n. 21. & seqq. us??? 24. Freudius, in Gewissens-Fragen von Zauberey / q. 306. Wie auch ein Blinder / der ebenmäßig zu antworten schuldig / und hilfft ihm seine Blindheit dißfals nichts / wenn er sonst guten und völligen Verstand hat.
Zanger, de Quaest. & Tort. c. 1. n. 48.
Bocer. d. l. n. 20.
Stryk, de Jure sensuum, dissert. 2. c. 5. n. 13. & 14. CXXV. V. Alte / schwache / krafftlose / verlebte und kindische Leuthe / welche über 70. Jahr alt sind / und denen das Gedächtnis vergangen / werden mit der Volter verschonet.
L. 3. §. ignoscitur ff. ad JCtum Syllan.
Damhouder, in praxi crim. c. 41. n. 6.
AEgid. Bossius, tit. de Tortura n. 19.
Paul. Girland. de Quaest. & Tortur. q. 6. n. 5. & 6.
Menoch. de A. J. Q. cent. cas 59. [Hoc tamen fallit in FALSARIIS MONETARUM, ubi etiam Septuagenarius torturae, licet leniori, subjici potest. Et ita bis pronunciarunt Scabini Coburgenses ad consultationem Johnn. Pregers / Adelichen Wangenheimischen Richters zu Sonneborn d. 17. Nov. 1615. & 23. Decemb. 1615. quae Sententia Mense April, 1616. Jenae confirmata est Sebast. Simon Eichsfeld / Disp. Inaug. de falsis. Erffurt. 1684. habit. c. 4. th. 2.] Da sie aber noch starck und von richtigen Verstand sind / schützet sie das Alter nicht: Drum auch der Churfl. Schöppen-Stuhl zu Leipzig einem Dieb von 64. Jahren die Tortur, ziemlicher maßen / Anno 1605. Jun. zuerkant hat / der / nachdem er die Deüben bekant / gehenckt wordem.
Carpz. d. Quaest. 118. n. 41.
Walburger, de Lamiis, c. 8. § 10. Wiewohl zuweilen geschicht / daß / wenn sie nicht gar zu schwach / unvermüglich und kindisch sind / die Warheit von ihnen heraus zutreiben / ad exemplum impuberum sie nur terriret / und mit Daumen-Stöcken angegriffen werden.
Julius Clarus, in pract. Crim. § fin. q. 64. n. 22.
|| [271]
Farinac. in prax. crim. q. 4. n. 24. & seqq. Carpzov. d. Quaest. allwo er n. 43. & 44. unterschiedliche Urthel anführet / daß an Männern von 69. 70. und 77. Jahren solches practiciret worden. CXXVI. VI. VALETUDINARII, oder fast immer kranckende und seuchelnde Leuthe / wenn sie nemlich solche Beschwerungen an sich haben / daß / da man sie mit der Tortur angreiffen wolte / gewiß der Tod drauf erfolgen mürde / werden auch damit verschonet / arg. L. 7. ff. de Quaestion. L. 3. in pr. ff. ad. JCtum Syllan. Matth. Stephan. ad Const. Crim. art. 59. doch daß verständige Medici ihr Bedencken eydlich drüber geben / wenn sie nicht schon zuvor in Pflichten stehen.
Francisc. Cason. de Torment. c. 10. n. 8.
Bocer. de Quaestion. & Tortur. n. 23. Item die / welche eine Wunde auf der Brust / die Blut-Stürtzung / einen Nabel- oder andern Bruch / einen schwehren Athem / oder auch morbum Gallicum oder die Franzosen haben.
Chatar. de reis interrogandis lib. 4. c. 1. n. 112.
Mod Romanus, Quaest. 39. n. 33. in fine. Doch pfleget man wohl / wenn es nicht so gar grosse Noth mit solchen Leuthen hat / ihnen die Daumen-Stöcke appliciren / und das Schnüren vornehmen zu lassen.
arg. L. 1. §. impuberi ff. ad JCtum Sylan.
Carpzov d. q. 118. n. 47. & 48. Oder / wenn keine Lebens-Gefahr zubesorgen / lässet man solche Valetudinarios wohl auch zur Leither führen / und ein wenig / aufziehen / doch mit der Maße / daß sie an ihren Schaden oder Wunden / so sie etwan am Leibe haben / am wenigsten verletzet werden. Juxta Sanctionem Carolinam, in Ordin crim. art. 59. Derjenige / so das Quartan-Fieber am Halse hat / kan an dem so genandten guten Tag / wenn er das Fieber oder den Paroxismum nicht kriegt / torquiret werden / doch bescheidentlich und mit guter maße / sine quassatione & Strapata, ut loquitur Guazzinus. in tr. ad defensam Inquisitor. defens. 30. cap. 16. n. 7. allwo er doch erinnert / daß bessersey wenn man vorher peritiores drüber consulirte.
|| [272]
Die PODAGARICI könten es mit den Ausrecken und Strecken der Beine und Zehen
versuchen / ob es etwan ein Experiment gebe wieder ihre Beschwerung / wie
Fabricius Obs. Chirurg. cent. 1. obs. 79. zwey Exempel anfüret / die dadurch von
den alten eingewurtzelten Podagra befreyet worden.
Die mit der Schweren-Noth behafftet sind / pfleget man auch selten zu Voltern.
Vid. Praejudicium apud Carpzov. saepè dict. Quaest. 118. n. 50.
Maurit. Meibaum / disp. de Tortur. & Torment. c. 3. n. 9. ibig??? Praejudicium Facult Jurid. in Illustr. Hier an Anno 1659. CCXXVII. VII. Schwangere Weiber sind nicht allein von der Tortursondern auch von der Territion frey /
Per L. 3. ff. de poenis.
Farirac. d. Prax. Crim. tit. 5. Quaest. 4. n. 84.
Gomez, tom 3. Var resolut. c. 13. n. 4 vers. & ita debet.
Matth. Stephan. in not. ad Const. Crim. art. 59. damit ihnen die Frucht nicht abgehe / oder doch sie / oder das Kind in Mutter-Leibe Schaden leide /
I. Imperator, ff. de statu hominum L. 14 §. 2. ff. de AEidit. Edict.
Bocer, d. c. 4. n. 25. & seqq.
Brunus de indiciis & tortura q. 7. secundae part. n. 3.
Zanger, de tortur. c. 1. n. 41.
Rosbach, in Proceß. crim. tit 5. c. 21. n. 6.
Damhoud. in Prax. rer. crim. c. 14. n. 7. Es mag das Weib von ihrem Ehemann / oder von einen andern / durch Ehebruch / Blut-Schande oder Hurerey schwanger seyn / das Kind in Mutterleibe albereit das Leben haben / oder nicht.
Ludov. Carrer in Pract in 2. tract. de indiciis & tortura §. circa tertium. n. 3.
Petr. Theodor. in Colleg. crim. Disp. 9. th. 10. lit. C.
Damhouder. in pract. crim. c. 41. n. 7. Und da der Judex aus groben Unverstand wieder Recht dieselbe torquiren liesse / und sie bekennete die That / gilt doch solch Geständ- und Bekändnis nicht / sondern er wird noch darzu härtiglich gestrafft.
Hippol. de Marsil. de quaestion in pr. n. 19.
Guazzin. d. desens. 30. c. 14. n. 2.
|| [273]
Ja wenn ein solch Weibes-Bild spricht / sie sey schwanger / wenn es auch nur 10.
biß 20. Tage her währe / daß sie empfangen / sol der Richter mit der Peinlichen
Frage inne halten.
Damhouder, in Prax. rer. crim. c. 41. n. 7.
Bertachin in Repertor. in verb foemina n. 13.
Hippol. de Marsil. in L. Edictum n. 27. ff. de Quoest.
Mod. Roman. q. 41. n. 83. Maximè verò creditur mulieri super praegnantia per tres menses, quia agitur de facto proprio; secundum
Angel. in L. illud n. 1. ff. si pars hered. pet.
Fulv. Pacian. de Probat. lib. 2. c. 4. n. 17.
Rosbach. in proceß. crim. tit. 5. c. 21. n. 6.
Freudius in Gewissens-Fragen / von Zauberey / q. 303. n. 35. Damit aber die Obrigkeit desto sicherer gehe / und nicht etwan aufgesetzt oder betrogen werden möge / hat sie drüber verständige / Medicos zu consuliren / auch das Weib durch geschickte Heb-Ammen besichtigen zu lassen.
Cason, in tr. de Tormentis c. 10. rubr. quae personae torq. poss. & quaenon. n. 6. & 7.
Farinac. Quaest. Crim. 41. n. 85.
Carer. in Pract. crim. in tr. 2. de indic. & tortur. §. circa tertiam. n. 34. De modo probandi praegnantiam tractat latè Mascard. de probat. lit. 3. concl. 1125. per tot. & Fulv. Pacian. eod. tr. part. 2. c. 4. n. 25. &. seq. Wenn nun diese judiciren / und sagen / das Weib sey nicht schwanger / der Judex aber mit der Volter verführet / und dem Weibe die Frucht abgehet / ist er ohne Schuld / und darf nicht davor stehen; sondern jene haben es zuverantworten.
Carpzov. part. 3. q. 118. n. 63.
Guazzin. d. defens. 30. c. 14. n. 3. Mulier menstruis fluentibus etiam non est torquenda: quia ex dolore & labore aut subita ac repentina retractio fieret ad sup eriora fluentis fanguinis, aut major venarum adapertio: praeterquam quod facilè tunc ea occasione posset mulier animo deficere, & alia Symptomata non sine vitae periculo incurrere. Terreri tamen potest. Paul. Zachias, lib. 6. Quaest. Medico-Legal. tit 2. quaest. 2. n. 9. & 10. pag. 482.
|| [274]
Nachdem das Kind zur Weit gebohren / muß man noch 40 Tage / oder biß die sechs
Wochen vorbey seynd / warten / ehe man zur Tortur der Mutter schreitet.
Hippol. de Marsil. in Pract. crim. §. num. videndum. n. 47.
Farinac. de indic. & tort q. 41. n. 79.
Rosbach. cit. loc. Gomez. lib. 3. Resolut. c. 13.
Cason. de torment. d c. 10. n. 6. Wenn das Weib das Kind selber stillet / wollen etliche / daß man auch mit der Volter inne halten solle.
Clarus, quaest. 64 n. 22.
Cardinal. Tuschus, lit. T, Concl. 328. n. 21.
Guazzin. defens. 30. c. 15. doch bezeuget Carpzov. d. quaest. 115. n. 61. daß zuweilen auch solche säugende Weiber mit der Tortur angegriffen worden / wiewohl mit der Maße / daß dem Kinde an seiner Nahrung dadurch kein Abbruch geschehe / weil man inzwischen das Kind schon an einen andern Weibe trincken lassen kan.
Tabor, de Tortura, thes. 30. pag. 63 c. 5.
Freudius, in gewissens-Fragen von Zauberey / q. 303. n. 36. Welche moderation auch bey einem solchen Kind-stillenden Weibe gehalten wird / wenn sie den Staupen-Schlag kriegt. Carpzov. part. 3. 9. 129. n. 24. CXXIIX. VIII. Fernerkönnen ob Privilegium & dignitatem eximiam etliche Personen nicht torquiret werden.
per L. 8. L. 10. C. de dignit.
L. 11. C. de Quaestionibus.
Guazzin. ad defens. Inquif. tom 2. pag. 80. n. 17. Alß vor Alters bey den Römern diejenige / welche Illustrissimi, Super illustres, Illustres, Eminentissimi, Spectabiles, Eximii und Clarissimi genennet wurden / als da respectivè wahren der Praefectus Praetorio, Praefectus Urbi, Magister militum, die Quaestores, Patricii, Consules, Comites Sacrarum Largitionum, Comites Sacri Patrimonii, Pro-Consules, Praesides, Decuriones und andere
Carpzov. d. q. 118. n. 67. 68. 69. & 70.
Zanger. de tortur. c. 1. n. 22.
|| [275]
Wie heutiges Tages die Hertzoge / Fürsten / Marck-Land- und andere Graffen / auch
Baronen.
Idem Carpzov. d. q. 118. n. 71.
Item die Bischöffe / quia sunt in culmine dignitatum,
Cap. venerabilis de Praebend.
Brunus, de indic. & tort. part. 2. quaest. 4. n. 19. in fin
Gomez. tit. de delict. c. 12. n. 26.
Guazzin. ad defens. Inquis. Tom. 2. defens. 30. c. 17. n. 1. und andere Geistliche und Weltliche in sehr hohen Ehrenstand sitzende Personen.
Guido de Suzaria, de indic. n. 9. & 16.
Bossius, tit. de indiciis ante. n. 110. & de Tortura test. n. 17.
Clarus, quaest. 64. vers item quaero, num quid.
Hippol. de Marsil. in L. edictum n. 7. ff. de Quaestionibus. Ferner die CONSILIARII, hi enim successerunt loco Decurionum, juxta Bartol. L. 1. ff. de Offic. Assessor & notatur in rubr. C. de decurion. Lib. 10. & judex torquens eos capite punitur, secundum Baldum, in L. decuriones C. de Quaestion. Ludovici, in addit. pract. crim. Jacob. de Bellovisu. lib. 3. c. 4. pag. n. 449. Item die von Adel /
L. nullus vers. generis C. ad Leg. de Jul. Majest.
Gomez. tit. de delict. c. 13. sub n. 3.
Bocer. de tortura c. 4. n 47.
Josias Nolden. de Statu Nobilium c. 15. §. 3. pag. 331. Deßgleichen die Judices und Gouverneurs der Städte.
Hippol. de Marsil. in L. Edictum n. 19. ff. de Quaestion.
Carrer, in pract. crim. in 2. tract. de indic. & tort. §. circa tertium, quae Person. torq. poss. n. 70. Wie auch Doctores und Licentiaten,
Paris de Puteo, in Tr. de Syndicatu, in verb. Doctor c. 2. n. 1. & 3.
Georg Christoph. Walther / de Statu, jure & privilegiis Doctor, omn. Facultat c. 17. §. 122. Und Soldaten /
L. milites 8 in pr. c. de quaestion.
L. 3 §. 1. ff. de re milit.
|| [276]
Welches aber nicht von gemeinen / sondern hohen Officirern / auch Rittmeistern /
Haupt-Leuthen / Leutenanten und andern Ober-Officirern zuverstehen;
Zanger. de Quaest. & tortur. c. 1. n. 58.
Carpzov. d. q. 118. n. 74. & 75.
Joh. Christoph. Lipold, in Epitom. delict. cap. 15. §. 28. CXXIX. Jedoch werden etliche Casus außgenommen / in welchen ohne Ansehen der dignität und Person wider sie mit der Tortur verfahren wird / als 1. In Crimine Laesae Majestatis, L. nullus C. ad Leg. Jul. Majest. 2. In Haeresi, per text. in L. 4. §. 4. C. de Haeret. 3. Proditione Patriae, L. 3. §. 10. L. 7. ff. de Re milit. 4. Crimine Falsi, L. 21. c. aàleg. Cornel. de fals. 5. Meleficio Magico, L. 7. c. de Malef. & Mathemat. 6. Homicidio,
Carpzov. p. 3. pract. crim. q. 118. n. 89.
Brunneman, in proceß. crim. c. 8. memb. 5. n. 25. qui tamen id ad expressum à Carpzovio casum non adstringendum putat. 7. In Crimine Simoniae, ut sentit Gloßin l. 4. in verb. Majest. c. ad leg. Jul. Majest. 8. Sodomiae, Adulterii, L. 32. c. ad leg. Jul. de Adult. 9. Incestus, L. 4. & seqq. ff. de Quaesion. 10. Raptus, Parricidii, Uxoricidii, L. fin. C. ad leg. Cornel. de Sicar. 11. Falsae Monetae, L. fin. C. de fals. Monet. 12. Sacrilegii, Incendii, Joh. Zanger, de Quaest. & tortur. c. 1. 7. 65. & 66. und in andern criminibus nefandis & atrocioribus mehr.
|| [277]
L. 7. C. de Malef. & Mathem.
Cessant enim omnia supradicta Privilegia, cum quis aliàs ita se gessit, ut vita
professioni contradixerit, nam tunc dignitas vitiis abfuscata est.
Tiraquell. de Nobilitat. Quaest. 22.
Zanger, d. tr. & c. n. 86.
Goehausen in proc. cont. Sagas tit. 4. in addit. 5. pag. 237. & cessante causa Privilegii, virtute scilicet & nobilitate, ipsum quoque cessare debet Privilegium, arg. L. si duas 6. §. Gentium 14. ff. de Excusationibus, ibi??? Gothofred. in notis lit. R. CXXX. Wenn aber Personae Illustres, welches ietziger Zeit die Graffen und Baronen sind / sonderlich in Crimine Laesae Majestatis Peinlich befraget werden sollen / muß dasselbe mit Vorbewust und allergnädigsten Consens der Röm. Käyserl. Majestät / wenn es aber von Adel sind / mit Einwilligung der hohen en Landes-Obrigkeit geschehen.
arg. L. Divus 27. §. 2. ff. de poenis.
L. nullus 4. C. ad L. Jul. Majestat.
L. penult. ff. ad leg. Cornel. de Sicar.
Thöming. Decis. 7. n. 27.
Meischner, Decis. Cameral. 5. n. 8. tom. 4.
Josias Nolden, de statu Nobil. c. 15. n. 56.
Carpzov. d. Quaest. 118. n. 95. 96. & 97. CXXXI. Geistliche / Magistri und Studiosi, wenn sie ihre grobe Missethaten in guten nicht bekennen wollen / sind so wenig / als andere von der Tortur befreyet.
arg. L. 8. C. de Episcop. & Cleric.
idem Carpzov. d. q. 118. n. 98. & seqq us??? ad finem.
Lippolt in Epitome delictor. c. 15. & 30.
Guazzin. ad defensam Inquis. defens. 30. c. 10. n. 1. 2. 3. & 9. Wiewohl Brunneman. in Proceß. crim. c. 8. memb. 5. n. 24. davor hält / daß die Studenten / in Ansehung ihrer andern Privilegien, davon exemt seyn / wenn sie ein oder das andere von obgedachten criminibus exceptis gethan und verübet haben. Maurit. Meibaum / disp. de tortur & tormmt. c. 3. n. 15.
|| [278]
CXXXII. Wenn ein promotus Doctor torquiret werden soll / wollen etliche / daß ihm
zuvor das cingulum Doctorale, oder der Titulus Doctoralis von dem / so ihm
solchem conferirt / nemlich von dem Decano, oder der Facultät, wo er promovirt /
abgenommen / und er degradiret / und einem Pfarrer bey solchem Zustande auf dem
Consistorio die Harz-Kappe ausgezogen werde.
D. Ernest. Fried. Schröter / P. P. Jenens. in Discursu suo aureo super D. Strauchii Dissert. ult. thes. 2. p. 452.
Michael Paris Walburger, de Lamiis c. 8. §. 10. pag. 106.
add.
Clarus, in pract. Quaest. crim. lib. 5. 9. 74.
Joh. Paepon. de Arrest. lib. 6. n. 2. arrest. 18.
Crusius, de indic. delict. part. 4. c. 51. n. 25. Item Seb. Guazin, d. defens. 30. tom. 2. c. 17. n. 6 pag. 97. qui addit sequentia: Licet DD. teneant, quod Doctores, antequam torqueantur, debeant degradari, quos refert Farinac. Quaest. 41. n. 44. tamen ibi sub n. 45. dicit, de consvetudine non servari, prout Curiâ Romanâ non servatur. CXXXIII. Daß auch die Ober-Officirer unter den Soldaten erst degradiret worden / wenn si haben gevoltert werden sollen / siehet man in
L. 7. C. de Malef. & Mathemat. ibi: Praesidio dignitatis exutus cruciatus & tormenta non fugiat.
Crusius, de Indic. delict. part. 4. c. 51. n. 22. CXXXIV. Bey der Volter soll der Judex nicht verstatten / daß der Scharfrichter neue / unerhörte und unbekante Instrumenta an den Inquisiten probire / sondern es sollen die im Lande gebräuchliche und gewöhnliche genom̅en werden.
arg. L. un. C. de Emend. Servor. & L. 2. C. de exact. trib.
Gomez, tom. 3. var resolut. c. 13. n. 5. ibi???
Emanuel Soarez, in annot. n. 5. in lit. C.
Icti Patavini, consil. 2. n. 138.
Carpzov. pract. crim. q. 117. n. 39. Fürstl. Gothaische Gerichts- und Process-Ordnung / part. 3. cap. 7. §. 3. ibi: Nach Landes-Arth diesfals üblichen und gewöhnlichen Mitteln.
|| [279]
Adam Keller, in tr. de Officio Juridic. Polit. lib. 2. c. 12. pag 4. 7,
Goehausen, in proc. contr. Sagas. tit. 3. pag. 160. Welches auch die Juristen Facultät zu Erffurth den 17. September Anno 1661. an den Raht daselbst / in causa Burchard Stohne / also erkant: Verb. Sentent. Dieweil. Inquisitut nicht allein den Diebstahl der zweyen Schachteln / samt den in Actis gemeldeten Inlage / bey Meister Hans Leichen / Böttichern allhier / woselbst er zum Wein gewesen / in Gegenwart seines Töchterleins / so es gesehen / vermessener weise begangen / solchen aber so lange verläugnet / biß er in der Zweyer-Manns-Cammer durch die Stadt-Knechte besucht / und der Diebstahl / wiewohl er solchen mit vielfältigen meisterlichen Practiken zuverdunckeln gemeinet / endlich bey ihm gefunden worden / sondern auch / wegen anderer bey sich in seinen Rantzen habenden allerhand Sachen sich wieder ihn starcker Verdach ereignet / daß er solche zum Theil durch Diestahl und Mord an sich gebracht / und zum Theil zu solchen Verbrechen seiner zugebrauchen willens gewesen. Als ist er / die Warheit zuerkundigen / den Scharfrichter zuuntergeben / erst gütlich / iedoch ernstlich / und mit Bedrohung derer zur Tortur gehörigen und beyhanden habenden Instrumenten, hernachmahls aber / und wo dieses bey ihm nicht verfahen wolte / Peinlich / iedoch zeimlicher maßen / nach Arth und Weise / wie es in Thüringen hergebracht / anzugreiffen und zu befragen V. R. W. CXXXV. Die Römer hatten eine sonderliche Machine zur Peinigung der Missethäter erfunden / welche ECULEUS Oder EQVULEUS Das Volter-Pferd. genennet wurde / solches beschreibet Johannes Rosinus, lib. 9. Antiq. Roman. c. 31. circa finem also: ECULEUS, quantum ex veterum non levissimis elici monumentis potest, catasta fuit lignea cochleata, ad intendendum ac remittendum apta, atg??? ad torquendos homines, ut facti veritas eliceretur, instituta. Tormentiverò genus erat hujusmodi: Ubi catastae huic brachia pedes??? ejus, qui torquendus erat, nervis quibusdam, quae FIDICULAE dicebantur, alligaverant: tum catasta intenta, atg??? in altum erecta, ut ex ea, quasi ex cruce quadam miser [280] ille penderet; primùm compagem ipsam ossium illius divellebant, deinde candentibus ejusdem corpori laminis admotis, at??? bisulcis ungulis ferreis lateribus laniatis, doloris acerbitatem augebant. Antonius Gallonius, nachdem er in seinem Tractat, de Cruciatibus SS. Martyrum cap. 3. unterschiedliche irrige Meinungen / was Eqvulus, und wie es gestalt gewesen / refuriret / schleust endlich mit diesen Worten: EQVULEUS apud Veteres machina fuit lignea, ad veri equi similitudinë fabricata, cum duabus striatis rotulis, in externis exeavatis??? ejus partibus inditis, quae, cùm erat aliquis in ea torquendus, per axiculos ductoriis funiculis trajectie versabantur: Quocirca ficbat, ut illis alligatus variè excruciaretur, at??? distenderetur. Ut autem clarius & dilucidius haec percipiantur, scire convenit, consisevisse Veteres hoc modo Eqvuleum construere. Praeparabant initiô operis faciundi stipitem rectum longitudinis latitudinisve convenientis: cujus extremis partibus ipsorum industriâ aliquantulum excavatis duas striatas rotulas, quae per axiculos verti possent, indebant: Tum deinde, ut ex omni parte elevatus remaneret è terra, desumebant quatuor ligna eo paulò arctiora at??? minora, quae deinceps clavis ferreis non longè ab ultimis stipitis partibus affigentes, fabricabant machiam quatuor quasi pedibus veri Equi instar insistentem. Quo paracto, si quis ibi eqvuleo torquendus aderat, in ipsum, vi cruribus devaricatis, conjiciebatur. Posthaec tortores funiculos aliquos sumentes, illorum altero cruciandi pedes, altero manus post tergum rejectas atg??? distortas vinciebant. Tunc rotulis sive orbiculis funiculos praedictos immittentes, & ad machinulam aliquam, Eqvulei pedibus affixam, Succulae [ut nobis probatur] similem, eosdem referentes, efficiebant, brachiorum ductu machinulam versantes, ut funiculi circa eam se involventes extenderentur; & deinceps ut illis alligatus, dorso super Eqvuleum, & facie ad Coelum versa, pariter extenderetur. Verùm cùm iterum ac saepi us in machinula vertenda defatigari non desisterent, & ex hoc singula jam vincti membra, cunctis compagibus resolutis, essent distracta, longo temporis spatio vel sic eum permanere sinebant, vel, judice annuente, funiculos relaxantes, incurvum ac pendulum sub Eqvuleo cadere, non sive maximo dolore, faciebant. Quanobrem arbit ratus tunc Judex, amplam condemnandi aut absolvendi eum se nactum esse occasionem, de actis ejus acerrimè inquirere, ac cognoscere prosequebabatur. Quod si rei constantia spem ipsius fefellisset atque superasset, jubebat continuò igneas laminas, lampadas, aut taedas ardentes afferri, vel etiam Ungulas, Uncos & consimilia, & his, vel horum saltem altero ejus latera, coeteras??? [281] corporis partes aduri, atg??? ex carnificari, ut sic novi doloris acerbitas quaereret veritatem. Welche Assertion er auch mit vielen authoritatibus und Exempeln bestätiget / Item / von pag. 94. biß 79. eine grosse Liste der Authorum anführet / welche dieses Marter-Instruments in ihren Schrifften gedencken / und pag. 171. die Abbildung desselben setzet. add.
Hieron. Magii tr. de Eqvuleo, & Jungermann. in notis, ad ipsum.
Turneb. lib. 4. Adversar. c. 3. Sigon. de judiciis lib. 3. c. 18. Joh. Christoph. Salbach / in tr. de Antiquitat. Urbis Roma, lib. 3. part. 3. c. 7. Imperator Constantinus erwehnet dessen auch mit / in
L. & si excepta 7. in fin. Cod. de Malef. & Mathem.
L. Vorax. 1. C. de numerar. Actuar.
Et Cicero 7. Philipp. dum ait: Ponie ante oculos vincula, verbera, Eculeum, carnisicem tortorem??? CXXXVI. Mit solchem Quaal-Holtz sind viele Martyrer Männ- und Weiblichen Geschlechtes beleget worden / wie in derselben Acten bey dem Surio, Gallonio und andern weitläuftig zulesen / da denn die Peiniger sonderlich der Weibes-Bilder Haare oben an den Balcken / oder Quer-Holtz des Equulei fest angebunden / damit / wenn dieselbe mit dem Leibe / indem die Stricke / damit sie angezogen / nachgelassen wurden / herab unter das Folter-Pferd fielen / und so behangen blieben / sie desto mehrere Wehetage empfinden / die Haare guten Theils aus dem Kopff ziehen / und in stich lassen müsten. S. Hieronym. Epist. 49. ad Innocent. CXXXVII. Solch Volter-Roß ward zuweilen auch LIGNUM TORTORIUM, Sozomen. lib. 5. Hist. Eccles. STIPES NOXIALIS,
Prudentius, in Hymno Divi Vincentii, & alibi.
Rosinus, supradict. loc. pag. m. 930. Item CRUX, Surius, tom. 1 de Theophilo in Equuleo torto. Ibi ecce modò, Christianus sum, quia incruce, i. e. Eqvuleo suspensussum. Equuleus enim crucis quandam similitudinem gerit.
|| [282]
und MALA MANSIO genennet.
Brisson. lib. de verb. signif.
Petr. Greg. Tholosan. Syntagm. Jur. Univ. lib. 48. c. 12. n. 3. Quamobrem, dum in tit. ff de poenis. legitur: Extendebatur Aliquis Ad malammansionem, perinde est, ac si diceretur, extendebatur Equuleo. Galon. d. c. 3 pag. 142. & 143. vide infra Caput vom Gefängnis. Tabor. de tortur. c. 2. n. 8. & seqq. us??? II. FIDICULAE CXXXVIII. Wie Sigonius, Lib. 3. de Judiciis, cap. 18. wil / wahren / bey eben denselben Römern / dünne Schnüre oder Seiten / womit man derjenigen Hände und Füsse band / so auf den Volter-Pferd lagen oder hingen / und sie damit hart anzog / die Schmertzen ihnen dadurch zuvermehren und grösser zu machen. Mit welchen auch Laurentius Valla lib. 1. überein zukommen scheinet / wenn er also schreibet: Fidiculas esse instrumentum ex duobus obliquatis lignis compactum, ita dictum vel ab extorquenda fide, vel à nerveis funibus, quibus torquendi alligantur Es wird auch derselben gedacht in
L. quaestiones 7. & L. de minore 10. ff. de quaestion.
Item in L. Decuriones C. de quaestionibus &
L. nullus C. ad Leg. Jul. Majestaris. Item bey dem Coel. Rhodigin. Antiq. Lect. lib. 10. c. 5. und Svetonio, in Tiberio c. 62. allein Antonius Gallonius, d. tr. de cruciatib. Martyrum c. 3. pag. 12. & seqq. thut dar / daß Fidiculae nicht Riemen oder Schnüre / sondern eiserne Häcklein gewesen / womit die Tortores diejenigen stüpfften / kratzten / und deren Fleisch / sonderlich in den Seiten aufrissen / so mit dem Equuleo gepeiniget wurden / Isidorum Lib. 5. Etymolog. c. ult. anführende / welcher saget: Ungulae dictae sunt, quod effodiant; hae & fidiculae, quia iis rei in Equuleo torquentur, ut fides inveniatur. Daß al [283] so fidiculae à findendo dem Nahmen hätten. Dem auch Prudentius in Hymno S. Romani Martyris beystimmet / in verbis Asclepiadis Judicis. Ibi: Vertat ictum carnifex In os loquentis, inque maxillas manum Sulcosque acutos, & fidiculas transferat, Verbositatis ut rumpatur locus. Per fidiculas Asclepiadem intellixisse ungulas, quae statim Auctor subjungit, aperiunt, his versibus: Implet jubentis dicta Lictor improbus, Charaxas ambas ungulis scribentibus Genas, cruentis & secat faciem rotis, Hirsuta barbis solvitur carptim cutis, Et mentum ad usque vultus omnis scinditur. Eodem pariter sensu accipiuntur fidiculae in L. decuriones C. de quaestion. siquidem fidiculis excruciari, vocat ibidem Imperator Cruentam Conditionem. Es vermeinet auch Gallonius, daß die fidiculae bey dem Suetonio, deren sich Käyser Tiberius gebraucht / gantz eine andere Arth der Pein von der ietztgedachten gewesen / wie auch aus dessen also lautenden Worten erhelletete: excogitaverat inter genera cruciatus etiam, ut longa meri potione per fallaciam oneratos, repente Veretris deligatis, fidicularum simul, URINAEQUE TORMENTO distendere. In Tiberio, c. 62. Mit welchen auch übereinkommet Martin. Del-Rio
in Comment. Troad. Senecae part. 2. n. 560.
vide quo??? Paul. Zachiae, lib. 6. quaest. Medico-Legal. tit. 2. quast. 1. n. 16. & 17. UNGULAE CXXXIX. Werden von Erasmo Francisci, in seinen Neu-polirten Geschicht-Kunst- und Sitten-Spiegel lib. 2. Discurs. 6. pag. 366. also beschrieben: Daß es viel spitzige Fleisch- und Klauen-Zangen gewesen / drinn eiserne Nagel oder Klauen gemacht waren / um damit nicht nur die Haut / sondern auch gantze Stücker Fleisch von den Rippen derjenigen / so damit angegriffen wurden / zu reißen. Eine solche Klauen-Zange / [284] womit die heiligen Martyrer gerissen worden / hat man unter Pabst Paulo den dritten zu Rom / auf den Vaticanischen Gottes-Acker gefunden / in den Grabe eines Märtyrers: Denn die ersten Christen pflegten dergleichen Marter-Zeug denen obsiegenden Märtyrern mit ins Grab beyzulegen. Und wird ietz-erwehnte Marter-Zange / die von Eisen / und sechs spitzige Zähne oder Nägel hat / in der Vaticanischen Kirchen / wie die verteutschte Beschreibung des Unter-irdischen Roms pag. 9. & 10. meldet / in den Heiligthum der heiligen Reliquien, als eine Sache / mit welcher kein Gold zuvergleichen / aufs fleißigste verwahret / und dem Volck / üm die verfluchte Grausamkeit der Tyrannen / und hingegen der heiligen Märtyer hoch-verwunderliche Standhafftigkeit dran zuerkennen / vorgeziget. Welches ebenmäßig Ant. Gallonius in tr. de Cruciatibus S. S. Matyrum cap. 5. p. 250. bezeuget / als der sie selber gesehen / und sie auf folgende maße beschreibet: Erant Ungulaegenus quoddam forcipis ferreae frusta oblonga aliquantulum, eo prorsus modo quo illa forcipis ferreae fabrorum connecti copulari??? solent: quorum extremae partes rotundae erant, & prope earundem finem paululum excavatae, quodidciro fiebat, ut hastulae aliquae in ipsis includi at??? affigi possent, ad majorem commoditatem carnificum, reos, aut SS. Martyres in equuleo positos, velstipitibus affixos, vel sublimè appensos discerpentium. Ostendit id fragmentum quoddam hastulae semicombustum, pariter rotundum, quod in Basilica Vaticana fixum cernitur. In partibus verò superioribus, â conjunctione nimirum incipiendo, unius palmi erant logitudinis, duorum digitorum latitudinis, exiguae??? crassitudinis, subtiles siquidem ac exiles construebantur. Porro his ferrei fex mucrones affigebantur, terni in singulis, hoc ordine servato, ut in alterius illarum medietate duo mucrones ejus fermè superficiei sixi essent, in medietate verò alterius unus tantummodo adversus duos: qui, si contingebat forcipes constringi, quia infrusti medio affixus erat, duobus prioribus aculeis, quodammodo obviam fiebat, at??? occursabat, pereos quasi seipsum trajiciendo. Amplius in iisdem etiam partibus alii totidem mucrones in earum [ut ita dicam] capitibus inerant, aculeorum ordine duntaxat immutato. Unde eveniebat, ut carnes illorum, quibus admoverentur, mucronibus illis & fodicarentur & sulcarentur. XL. Mit solchen Marter-Instrument sind viele Märtyrer gerissen und zerfleischet worden / als Papus, Petrus, Clemens Aneyranus, Theophilus, Theodorus, Mauritius, Justa, Rufina, Felix, Maurius, Hilarus Eulalia, Barcinonensis, Nestor, Epimachus, Valerianus, Maria, Erasmus, Callinicus & Pelagius.
|| [285]
Gallon. d. tr. p. 252. & 253.
Prudentius in Romano gedencket solcher Klauen-Zangen gleichfals Ibi: Costas
bisulcis execandus ungulis.
paulò post;
Quam si cruenta membra carpunt Ungulae.
& Peristeph. 1.
Ille virgas, secures, & bisculas Ungulas
& 5.
Tormenta, carcer, Ungulae.
Wie auch unterschiedliche Kirchen-Lehrer / die ermeldter Gallonius an gedachten
Orth allegiret.
Es ist solch Wort gleichfals in L. etsi excepta 7. C. de Malef. & Mathem.
zu finden.
CXLI. Inter suppliciorum tormenta erant etiam apud veteres genus
CHIRO THECARUM
FERREARUM quod acutis Uncis praefixum erat, quibus lacerabant corpora miserorum.
Hujus meminit saepè Prudentius, sicut & aliorum à Christianas
Antiquitates facientium infinitorum Philippus, Caroli in Bibliotheca Romanam
Manuscripta, pag. 110. referente Besoldo,
in Thes. pract. v. Handschuh / pag. 409.
CXLII. Die Athenienser gebrauchten bey der Volter ein gewisses Rad /
womit sie die Ubelthäter sehr ausdähneten / und erbärmlich peinigten / dessen
Meursius,
in Antiquitat. Atticis, fol. 169.
gedencket / auch drunten in Capitel von Rädern ausführlich beschrieben wird.
Antiochus Epiphanes, wie Josephus,
in libro, de imperio Rationis
anführet / hat sich solches Volter-Rads wieder etliche Maccabeer auch bedienet.
Allwo Josephus,
fol. m. 166. edit. Germ.
die Volter-Instrumenta / so damahls gebräuchlich waren / folgender gestalt
benahmet / ibi: da hat man herfür gebracht Räder / Eichspan / Krapfen / Büchsen
/ Häfen / höltzerne Stöck / Pfannen / Däu [286] mel-Ringe / Schraub-Tafeln / Eisen-Händ / Pfriemen / Blasbälge / das Feuer
damit aufzublasen / äherhne Häfen / Kessel / sc.
Ferner findet man folgende erschreckliche Marter und Peinigungen / so vor Alters
im Gebrauch gewesen / als
TORMENTUM IGNIS, Die Feuer Volter /
CXLIII. Welche auf zweyerley Arth vorgenommen wurde / einmahl daß der Reus barfuß
über glüende Kohlen gehen muste / oder daß man ihn auf den Rücken niederlegte /
fest anmachte und band / daß er sich nicht regen konte / sodann ihm die Füsse
lang außstreckte / mit Schnühren hart zusammen fügte / seine Fuß-Sohlen mit
Schweine-Schmeer / oder Speck schmierete / und an dieselbe glüende Kohlen
schürete / da er dann von der Hitze und den festen binden / überaus grosse
Schmertzen empfand.
Paul. Zachias lib. 6. quaest Medico legal. tit. 2. q. 1. n. 52. pag. 481.
Etliche haben ihnen auch wohl die Füsse in Beinstöcken hart zusammen gedrückt /
und damit an die Kohlen geleget.
Tranquill. Ambrosinus, in processu informativo, lib. 4. c. 9.
alwo er diese Marter-Handelung / so auch in Italien sehr gebräuchlich gewesen /
mit folgenden Worten beschreibet: Tunc Dominus Judex visa &c. Stante
&c. attento etiam &c. cum ipse Constitutum [reorum examen Itali
CONSTITUTUM nominant, eò quia à verbo constitutus solet initium facere Chartar.
d. Pract. lib. 1. c. 1. n. 6. & 7.]
tormento funis torqueri non posset, eò quia esset Brachio mancus, vel ruptus
&c. mandavit ipsum C. adduci ad locum tormentorum, ibique TORMENTO IGNIS
supponi, illo??? tormentari. Qui sic adductus ad praefatum tormentum ignis, fuit
pluriès per Dn. Judicem benignè monitus, ut ne exspectet dicto tormento se
cruciari. Respondit &c. Tunc Domn. cum videret dictum C. i. e.
Constitutum vel Inquisitum nolle veritatem fateri, mandavit eundem dictô
Tormento ignis supponi. Qui sic suppositus NUDATIS PEDIBUS ILLISQUE LARDO
PORCINO INUNCTIS, ET IN CIPPIS JUXTA IGNEM VALIDUM RETENTIS, cum stetisset per
unum Credo in dicto tormento, coepit postea alta voce voci [287] ferando dicere Ohime &c. Et cum videretur magnum
dolorem sentire, Dn. mandavit apponi tabulam ante pedes ipsius Constituti animo
&c. Qua sic apposita fuit idem C. per D. interrogat 9, ut veritatem
dicat &c. Respondit &c. Et tunc Dn. mandavit TABULAM ante pedes
dicti C. posita̅ amoveri. Qua sic amota idem C. alta voce dicere
cepit: misericordia, misericordia! ehe crudelta è questa &c. h. e.
Misericordia, quae haec est crudelitas! Tunc Dn. Mandavit iterum TABULAM apponi
ante pedes ipsius C. animo tamen &c-Qua sic apposita fuit idem C. iterum
per Dn. interrogatus & monitus, ut recedat à sua obstinatione, &
veritatem fateatur. Respondit, lo non posso dir: quello che non hò fatto, voi mi
fate, torto. patienza! h. e. non possum dicere id quod non feci: vos injustè
mecum agitis, patientia! Tunc Dominus cum videret ipsum Constitutum in negativa
persistere, & nolle aliud dicere, mandavit eundem à dicto tormento
amoveri, & ad locum suum reponi animo &c. Cum stetisset in dicto
tormento suppositus, computatis etiam appositionibus tabulae, per spacium duorum
Miserere.
Jodoc. Damhouder,
in praxi Rerùm Criminal. cap 37 n. 18.
und aus demselben
Carpzov. part. 3. pract. crim. q. 117. n. 35.
berichten / daß man auch wohl solchen Gefangenen neue Schuhe / so sehr fett
geschmieret gewesen / angezogen / und derselben Füsse über Kolen oder brennend
Feuer gehalten / daß die Schuhe eingeschrumpfft / hart worden / und erbärmlich
die Füsse und Zeen gedrücket / und gepeiniget. Weil aber dieses gar zu eine arge
und tyrannische Art zu Voltern wahr / dadurch die arme Gefangene gantz lahm
wurden / fast auf keinen Fuß / wegen Ausdörrung des Geblütes durch die Hitze /
mehr treten konten / ist dieselbe abgeschaffet worden / und nicht mehr im
Gebrauch.
Bernardin. in Schol. ad d. Ambrosin. tract. cap. 8. n. 10. & 11.
Zachias, cit. lib. 6. tit. 2. q. 1. Wiewohl sich nachgehends noch ein Dominicaner Münch / Johann de Roma genant / gefunden / der mancherley Arten erdacht / wie man die Evangelischen martern könte / unter welchen auch dieses eins wahr / Er ließ Stiefeln mit heißen Oel / oder Schmaltz füllen / selbe musten die arme Gefangene über die Füsse ziehen / darnach ließ er sie rücklings auf eine Banck binden / also daß ihnen die Beine mit den Stiefeln über ein ziemlich Feuer hiengen / als denn pflegte er sie zu examiniren / und hernach jämmerlich hinzurichten.
|| [288]
D. Mengering, in Kriegs-Belial, c. 11.
M. Stiefler / in geistl. Hist. Schatz / c. 14. pag. 1120. TORMENTUM AQUAE, Die Wasser-Volter / CXLIV. Geschach gleichfals auf zweyerley Manier, erstlich: daß man dem Reo Hände und Füsse band / die Nase niederdrückte / und viel kalt Wasser in dessen aufgesperretes Maul goß / daß der arme Mensch hätte drüber er sticken mögen. Ex Joh. Millaeo, Chatar. lib. 4. Pract. interrog. reor. c. 2. n. 3. Oder aber / daß man ihm das Maul zuhielt / und das Wasser zu den Naselöchern hinein goß. Brunus. de Indic. & tortur. part. 2. q. 2. n. 6. Ja etliche gebrauchten nicht nur bloß das Wasser / sondern mischten Kalck / Eßig / Merrettig und andere beissende Dinge / nicht ohne Lebens-Gefahr derjenigen / so es ausstehen musten / drunter / üm das Bekäntnis dadruch desto eher heraus zu treiben.
Zachias, d. lib. 6. tit. 2. q. 1. pag. 481.
Stryke, de Jure Sensuum, dissert. 6. c. 4. n. 7. Dieser letztern Arth gebrauchten sich auch die Herren gegen ihre Leibeigene Knechte / wie aus dem Aristophane zu sehen / welchen / Laurent. Pignor. in tr. de Servis pag. 14. anführet. Worbey aber offtmahls viele gefährliche convulsiones sich verspühren ließen / daß einer leicht das Leben drüber hätte einbüssen können. Herm. Goehausen, in Proceß. Jurid. contra Sagas tit. 3. in addit. lit. V. pag. 175. TORMENTUM FAMIS Oder Die Hunger-Volter CXLV. Nahm man also vor / daß dem Inquisiten, so nicht in Güte bekennen wolte / auf etliche Tage nichts zu essen gegeben wurde / sondern schmachten muste / biß er sich erkläret / er wolte die Warheit eröfnen / und es auch zugleich werckstellig machte.
|| [289]
Paris de puteo, tr. de Syndicatu, sub rub. tortura 3. c. 4. n. 10.
Brunus, de indiciis & tortur. part. 2. cap. 2. n. 1.
Joh. Andreae, in Gloß. ad Clement. 1. Haeree. §. propter quod verb. tormentis.
Ludov. Carer. in Pract. Crim. tract. 2. de Indic. & Tortur. n. 180.
Arnold. de Reyger. in Thes jur. tom. 2. v. torturap. 1525. n. 3. n. 506.
Stryke, de Jure Sensuum, Dissert. 6. c. 4. n. 5. & 7.
vid. L. Item apud 15. §. Quaestion. 4’. ibi malam mansionem ff. de Injuriis.
Paul. Zach. lib. 6. Quaest. Medico Legal. tit. 2. q. 1. n. 22. & lib. 4. tit. 1. q. 7. n. 4. & seqq. allwo er anführet / wie lange ein Mensch Hunger leiden könne / und viele Exempel derjenigen beybringet / die lange Zeit ohne Speise gelebet haben. Vide infra, cap. von Ertödtung der Menschen durch Hunger. Carcer, in quoquis famem patitur, tormentum appellat Bartol. in L. 1. §. Divus Antonius n. 2. ff. de Quaestion. TORMENTUM SITIS, Oder Die Durst - Volter / CXLVI. Ist viel schwerer und unerträglicher gewesen / als die Hunger-Volter / denn ein Mensch kan zwar wohl etliche Tage hungern / aber kaum wenig Stunden Durst leiden / wie obgedachter Paulus Zachias Lib. 5. Quaest. Medico-Legal. tit. 1. q. 5. n. 12. weitläuftig zeiget und darthut. Insitus enim calor, unde accenditur sitis, vexat amplius mordet que quàm siccitas, qua inoritus fames, estque actu potentior multo. Coel. Rhodigin. lib. 28. c. 33. pag. 1100. Lection. Antiq. Man versagte aber solchen Reis nicht nur das Trincken / sondern gab ihnen noch darzu starck gesaltzene Speisen zu essen / den Durst desto hefftiger zu machen.
Hyppolit. de marsiliis, super tit. ff. de Quaestion. fol. m. 6.
Stryke de jure Sens. Dissert. 6. c. 4. n. 7. Welches noch heut zu Tage an etlichen Orthen bey Volterung der Heren und Zauberer pfleget practiciret zu werden / daß die Scharffrichter vor [290] der Tortur ihnen eine Saltzerichte Suppen [die sie gar ungern einnehmen / und hinterschlingen] zu essen geben / hernach in der Volter - Stube warm einheitzen lassen / da denn die Hexen / wenn sie auf der Leiter hengen / so sehr nach einen Trunck thun / drum bitten und flehen / als wenn ihnen die Seele außgehen wolte / man gibt ihnen aber nichts / biß sie bekennen / und solches desto eher zubewerckstelligen / pflegt der Nachrichter eine Kanne Bier hineln bringen / und was davon in ein Glaß einschencken zulassen / ihnen den appetit zuvermehren / und sie also endlich zugewinnen. TORMENTUM cum SCARABAEO, vel MURE CXLVII. Dieses ist zwar / den Ansehen nach / eine lächerliche / aber sehr verdrießliche Marter gewesen / indem sie einen lebendigen Schröter / oder Feuer-Wurm genommen / und solchen dem Nackenden / auf den Rücken liegenden / und fest angebundenen Missethäter auf den Nabel gesetzet / ein Glaß oder ander Gefäß drüber hergestürtzt / daß er drunter bleiben / und durch sein krappeln und kneipen mit dem Hörnern demselben viele Schmertzen und große Verdrießlichkeit zufügen möchte.
Brunus. d. tr. de Indic. & Tort. p. 2. q. 2. n. 6.
Jacob de Bellovisu, in Practic. Judic. part. 2. rubr. de quaestion. n. 48.
Hyppol. de Marsil. ad L. 1. ff. de quaestionib. n. 55. fol m. 5. ubi Scambaeum nominat Scarafacium, Jacob de Bollovisu autem Thaonem, lib. 3. Pract. Crim. c. 7. pag. m. 497. Goehausen, in Process. jurid. tit. 3. in notis, pag. 167. schreibet / daß solche und dergleichen Würmer in ein eisern Justrument gethan / und dasselbe angefeuret / daß dieselbe druch die Hitze je mehr und mehr irritiret worden. Andere haben an stat solcher Feuer - Würme eine Mauß gebraucht / sonderlich bey denen / die sich davor gefürchtet / wie dergleichen Leuthe noch viele gefunden werden. Theils haben gar Hörnißen genommen / und solche unter das Gläserne Gefäß gethan / damit dieselbe den armen Menschen hart stechen möchten. Jodoc. Damhoud in Prax. rer. Crim. c 37. n. 18.
|| [291]
TORMENTUM cum CAPRA, Oder Die Ziegen-Volter /
CXLVIII. Geschahe auf folgende maße: Der Reus wurd auf eine Banck auf den Rücken
niedergeleget / und fest angebunden / daß er sich nicht regen konte / Schuhe und
Strümpffe ihn außgezogen / und die Fuß-Sohlen wohl mit Saltz-Lake gerieben und
gewaschen / auch die Füße fest angemachet / daß er sie weder zu sich zu ziehen /
noch damit von sich zu stossen vermochte / hernach führete man eine hungerige
Ziege hinbey / welche aus Begierigkeit zum Saltz ihm mit ihrer scharffen Zunge
dergestalt hart die Fuß-Sohlen leckte / daß gemeiniglich das Fleisch mit wegging
biß auf die Knochen / welches / wie leicht zugedencken / erschreckliche Pein
verursachet / und die Leuthe so zugerichtet / daß sie die Füsse nicht mehr
gebrauchen können.
Brunus, d. tr. p. 2. c. n. 6.
Hypol. de marsil. proximè citat. loc. fol. 6.
Gomesius, de Sale Lib. 2. n. 28.
Paul. Zachias d. lib. 6 quaest. Medico-Legal. tit. 2. q. 1. pag. 481. Drum sie auch Cavalcanus de Brachio Regio p. 3. n. 60. gantz verwirfft / und die Peinliche Richter davor warnet. Dracula Fürst in Siebenbürgen hat offtmahls denen gefangenen Tücken ide Fuß-Sohlen aufschneiden / mit Saltz bestreuen / und von solchen Ziegen lecken lassen / ihnen die Schmertzen zu ergrössern. Anton. Bonsin. part. 3. lib. 10. TORMENTUM ex SALE et LINTEO, die Saltz - Volter - oder Marter. CXLIX. War auch sehr gefährlich / daß ein Mensch leicht drüber ersticken konte / nemlich: sie machten ein leinen tuch oder Serviete in Wasser / mit viele Saltz vermischet / naß und schlüpfferig / und stackten dem reo solches durch den Mund in den Schlund des Halses / welcher wegen des Saltzes
|| [292]
sich erweiterte / und durch den Appetit im Schmecken immer weiter hinter fuhr /
so daß gar leicht geschehen konte / daß dem armen Delinquenten. dadurch die
Lufft - Röhre verstopfft wurde / und er also daran erwürgen muste.
Gomesius, d. tr. de Sale lib. 2. n. 28.
Jacobus de bellovisu,
in Pract. Jud. part. 2. rubr. de Quaestion n. 48.
führet solches auch an / setzet aber nur / daß das Tuch in bloß Wasser
eingetaucht worden / von Saltz meldet er nichts / kan seyn / daß es an einen
Orth anders damit gehalten und verfahren worden / als an den andern.
Der Striegel-Volter
CL. gedencket Heinricus Bocerus in seinem Tractat, de Quaestionibus &
Torturis Reorum, cap. 5. n. 20. pag. 357.
mit deisen Worten: Quibusdam in locis Carnifices ex mandato Judicis arctissimè in
scamnum aliquod Reos compingunt, atque Instrumentis dentatis tergum &
crura ipsorum contundere & STRIGILLARE solent.
TORMENTUM VIGILLAE, Oder Die Wach - Volter /
CLI. ward anfangs bey den Geistlichen Personen / München / Nommen und andern /
welchen man am Leibe nicht weh thun wolte / vorgenommen / und ward dergestalt
verrichtet: Sie setzten eine solche Person mit bloßen Gefäß / und auf den Rücken
gebundenen Händen / auf eine Banck / die nicht viel Enthalt hatte / und ließen
dieselbe bey die 40. Stunden also drauf angebunden stille sitzen / aber nicht
zum Schalf kommen / sondern es stunden aufbeyden Seiten Wächter / die offt
ablöseten / welche / wenn der Reus einschlummern / oder mit den Kopf nicken
wolte / selbigen anstiessen / raufften und zupften / oder wohl zuweilen gar
derbe Maulschellen gaben / und den Kopf wider in die Höhe rückten / daß er die
Augen offen behalten muste / drüm man ihn auch Wasser oder Eßig ins Gesichte
sprützete / biß er endlich von Schlaf und Müdigkeit überwunden / nur ein wenig
Ruhe zuerlangen / alles was er wuste / bekennete. Welche Arth / die Warheit
heraus zu bringen / in Italien noch üblich / und von unterschiedlichen
Criminalisten / [293] als probat und von guter Würckung
befunden / gerühmet wird / zumahl da sie den Mensche am Leibe keinen Schaden
bringet.
Farinac. lit. 1. tit. 5. Quaest. Crim. 38. n. 70. & 71.
Mart. Delrio in Senec. Troad. part. 2. n. 560. in fin.
Bajard. ad Clar. §. fin. q. 64 poct n. 105. & seqq.
Bocer. de Indic. & tort. c. 5. pag. 358.
Hyppol. de Marsil. ad l. ???in princ. n. 55. vers. aliud ect tormentum ff. de Quaestion ubi dicit, quod hoc torquendi genere feliciter usus sit in duabus mulieribus malesicis.
Paul. Girland. de Quaest. & Tort. q. 2.
Damhouder, in Praxi rer. crim. c. 37. n. 23.
Thom. Mezger, de Tortur. concl. 152. CLII. Wiewohl Herm. Goehausen, in Proceß. Jurid. cont. Sagat. tit 3. lit. Q. in fin pag. 132. & 131. nec non in addit. p. 168. & 169. und Michaël Paris Walburger, in Tractat de lamiis, earung??? processu Criminali. dieses Tormentum insomniae c. 8. §. 9. pag. 104. gantz verwerffen / vorgebende / es könte durch das viele Wachen an einen Stück hin der Delinquent gar in eine Dollheit und Unsinnigkeit gerathen / daß er selber nicht wüste / was er redete oder bekennete. CLIII. Zu mehrer Erläuterung des vorigen will ich aus des Tranquilli Ambrosini Processu informativo, lib. 4. c. 10. das protocoll, darinn / wie man in solchen Fall verfehret / zusehen anher setzen: Tunc Dn. Judex visis &c. cum tormento funis ipse Constitutus. torqueri non posset, vel videretur tormentum funis parvi pendere, vel attenta atrocitate criminis, cum jam torturae suppositus nihil fassus fuisset, & indicia contra ipsum laborantia minus essent elisa, mandavit ipsum C. adduci ad locum tormentorum, ibique spoliari, ligari & intormento VIGILIAE poni. Qui sic in dicto tormento natibus denudatis, bracchiis post terga vinctis, ac undique ligatus positus fuit per Dn. benigne monitus, ad veritatem fatendam. Respondit &c. Et cum stetisset in d. tormento per spacium decem horarum, & aliud ab eo haberi non posset, Dn mandavit, ipsum C. â dicto tormento deponi, dissolvi, eidem brachia reaptari, adlocum suum reponi animo &c. Et nota, quod [294] Notarius debet scribere diligenter omnia ea, quae singula quaque hora reus sic intormento positus dicit, & facit, videlicet: currente prima hora idem C. dixit &c. vel fuit per Dn. interrogatus &c. Respondit &c. Currente secunda hora dictus C. nihil dixit. Et sic de singulis horis. Nota etiam ad evidentiam, quod Tormentum vigiliae est scamnum quoddam ligneum altum â terra per septem, vel octo palmos incirca tribus inhaerens hastis tanquam fulcris, non planum seu paululum acclive, & in medio elevatum conficiens angulum, sed obtusum, super quo angulo manet reus ano denudato. Dico angulum obtusum: Qui si esset acutus, ut quandoque vidi, posset tortum ipsum fractis & perforatis sibi inferiobus partibus interimere. Ideo sis tu circa hoc benè cautus & oculatus. Hactenus Ambrosinus. Sebastian. Gvazzinus, in Tractat. ad defensam Inquisitorum, carceratorum reorum & condemnatorum super quocunque crimine tom 2. cap. 21. pag. 104. & 105. saget / daß heut zu Tage diese Tortur [welche ietzo Tormentum caballeti genennet würde] nicht mehr so gelinde sey / als vor diesem / weil dem Reo auch darbey die beyde Aerme in die Höhe gezogen würden / und er also sitzen müste / darüber mancher stürbe / wenn der Judex nicht damit abwechseln / und die Arme dann und wann loß machen ließe. Drum auch Pabst Paulus V. verordnet / daß die Latrunculatores [wie sie die Peinliche Richter nennen] sich solches Aufziehens der Arme enthalten solten / wann nicht der Inquisit urgentissimis indiciis graviret sey / alsdenn doch Maße darinn zuhalten / daß das Anziehen iedesmahl nicht über eine Stunde dauren / sondern die Arme herab / dem Reo ein wenig Frist gelasen / und hernach immer abgewechselt / weiter verfahren werden solte: maßen denn ein solches nur in atrocissimis delictis, als in crimine laesae Majestatis, Assassinio, Latrocinio, Robaria und dergleichen vorzunehmen. Joh. Carl. Antonell, de tempore Legali lib. 4. c. 20. n. 5. Drum nennet es auch Farinac. d. Quaest. Crim. 38. n. 70. & 71. tormentum in supportabile, tum ratione temporis, tum ratione immensi cruciatus & doloris. Und wird deshalber nur einmahl adhibiret / nicht aber wie andere Torturen wiederholet
Clarus, in Pract. Crim. §. fin. q. 64. vers. debet igitur.
Joh. Carl. Antonelli de tempore Legali lib. 4. c. 20. n. 2. pag. 576.
|| [295]
CLV. PERSEUS König in Macedonien ward üms Jahr der Welt 3784: von den Römern
geschlagen / und samt seinen Kindern durch AEmilium gen Rom gebracht / und in
öffentlichen Triumph gezeiget / drauf in ein Gefängnis geleget / in Meinung / er
solte sich selber ümbringen. Als aber solches nicht geschahe / und Vorbitte für
ihn bey den Rath eingeleget ward / brachte man ihn in ein erträglicher
Gefängnis. Da er aber seine Wächter erzürnet hatte / ließen sie ihm weder Tag
noch Nacht Ruhe / daß er nicht schlafen konte / starb also / nachdem er 2. Jahr
im Gefängniß gelegen.
Vellejus, lib. 1. c. 9.
Denen die man auf den Galeen als angeschmiedete Sclaven zum Ruder-Zuge
angestrenget / werden die Augen mit Eßig offt besprützet / üm ihnen hiedurch den
Schlaf zuvertreiben. NALIWAYKO ein gefangener Cossakischer Hauptmann war in
Verdacht / als hätte er einen grossen Schatz zusammen geraubet. Weil er nun
denselben nicht entdecken wolte / suchte man unter andern durch Verwehrung des
Schlafs / die Offenbahrung von ihn zuerzwingen / zu welchem Ende ihn die Wächter
stets anstossen / und also bey offenen Augen halten musten / wie man ihn den̅ auch deswegen spitzige Stacheln zum Kopf-Polster unterlegte /
die ihn des Wachens und der Schmertzen erinnern solten. Weil aber dennoch der
Schlaf solchen peinlichen Hindernüssen obgesieget / und ihn überwunden / haben
sie mit einer andern Erfindung an ihn gesetzet / alle seine Speisen sehr
versaltzt / und hingegen allen Tranck ihn entzogen / worauf ihn der Durst so
hart gequälet / daß er sich erbothen / alles Verborgene aufzuschliessen / und
nichts zuverschweigen / woferne man ihm nur einen frischen Trunck geben wolte /
so auch geschehen.
Erasm. Francisci, in der letzten Rechenschafft c. 48.
TORMENTUM FUNIS
VEL
CHORDAE,
Oder
Die Strick-Volter /
CLVI. Ist am meisten zu Rom und in andern Provincien Italiae, sonderlich zu
Meyland und Neapolis noch diese Stunde gebräuchlich.
|| [296]
Tranquill. Ambrosin. de modo formandi processum informativum lib. 4. c. 1. & ibi.
Francisc. Bernar din. in Schol. n. 2.
Chatar. in pract interrog. reor. lib. 4. c. 1. n. 4. & seq.
Peregrin. Consil. 2. decisivo n. 125. lib. 2.
Guazzin, ad defens. Inquisit. tom. 2. defens. 30. c. 21. n. 6. ist auch in gemeinen Rechten bekant.
L. nullus vers fidicularum tormenta C. ad Leg. Jul. Majest.
Brun. de indiciis & tortura part. 2. quaest. 2. n. 6.
Foller, in pract. Crim. in verb. rei indurati torqueantur n. 9. Und wird Regina Tormentorum genennet. Ambrosin. d. tr. lib. 4. c. 8. n. 1 Guazzin, cit. c. 21. n. 6. in princip. Womit sie folgender gestalt verfahren: Wenn nemlich Inquisit, alles Zuredens ungeachtet / in Güte seine Missethat / und die darbey vorgangene Umstände nicht gestehen will / lassen sie ihn / wie bey dem Voltern gebräuchlich / ausziehen [doch daß die Scham bedecket ist] binden ihm die Hände auf den Rücken fest zusammen / und ziehen solche hinterwarts durch ein oder mehr Stricke am Kloben hinauf / daß der Leib von der Erden erhoben / also schweben muß. Je dünner nun die Stricke und Siemen sind / ie grössere Pein leidet er.
Paris de puteo in tr. de Syndicatu in verb. tortura lib. 3. c. 4. n. 5. infin.
Modern Roman. Quaest. 38. n. 62. Drum muß auch der Actuarius die Qualität solcher Chorden und Stricklein beschreiben und mit ins Protocol setzen / damit die Urthels-Sprecher sehen und judiciren können ob etwan der Judex zuviel gethan / und eine ungewöhnliche Arth derselben durch den Scharffrichter adhibiren lassen? Guazzin. d. Defens 30. c. 21. n. 8. CLVII. Wenn der Reus hart und starcker Natur ist / und dieses nicht groß achtet / schwencket der Scharffrichter den also in suspenso schwebenden Leib in etwas / doch nicht gar starck / denn sonst verliehren sie die Sprache / und den Verstand / daß / wenn sie herab gelassen werden / nicht wissen was sie sagen / gleichsam als kähmen sie aus einer andern Welt / so daß alsdenn ihr Bekäntnis nichts ist und vor ungültig zuachten / weil solches bey guten Verstand und Vernunfft geschehen sol: Drum auch kluge und verständige Richter selten solche quassationes vornehmen lassen.
|| [297]
Idem Guazzin. cit. defens. 30. c. 21. n. 10. pag. 104.
CLVIII. Wenn dieses auch nicht verfangen will / pfleget man ihnen / nach
Gelegenheit ihrer Constitution, und der Arth des Verbrechens / 1. 2. biß 3. I
ctus oder Zucke mit dem Strick / dran sie hangen / zugeben / welches die
Schmertzen sehr vermehret / und zwar üm so viel ärger / wenn man ihnen die Beine
nicht zusammen lässet / sondern mit einen ziemlich langen Stock voneinander
sperret. Chartar. de Interrog. reor. lib. 4. c. 1. n. 105. Ja sie binden ihnen
auch wohl / wenn es halßstarrige Gesellen sind / schwere Fesseln / Steine /
Gewichte / auch Krüge mit Wasser gefüllet / unten an die Füsse / welche den
gantzen Leib desto länger auß dehnen / und herabziehen / sonderlich pflegen die
Scharffrichter denen Reis, wenn sie also insuspenso sind / kalt Wasser über den
Rücken / Arme / Schien-Beine und Füße / welche am meisten Noth leiden / fallen
zulassen / welches ebenmäßig sehr wehe thun sol.
CLIX. Doch wird diese scharffe Frage mit Anhengung des Gewichts / Zucken und
Beschüttung mit Wasser zu Rom / Neapolis und andern Orthen Italiae nur in den
grausahmen Verbrechen / als der Beleidigten Majestät / Vater- und Kinder-Mord /
Strassen-Kaub / Mord und Todtschlag adhibiret.
Paris de Puteo, de Syndicat. in verb. tortura lib. 3. c. n. 6.
Foller. Pract. Crim. in verbo. rei indurati n. 64.
Carer. in Pract. Crim. in 2. tract. de Indic. & Tortur. §. circa sextum, n. 3. vers. & maximè, si aquam frigidam.
Peregrin. in Consil. decisiv. lib. 2. n. 124. CLX Andere haben dieses vor probat befunden / daß wenn der Inquisit auf der Strick-Volter nicht bald bekennen wollen / sie denselben herab gelassen / auf einen höltzernen Stuhl gesetzet / ihn kalt Wassen über den bloßen Kopf und Rücken hergeschüttet / wen̅ es auch gleich in Winter gewesen / und ihn so sitzen und kalt werden / hernach wieder in die höhe ziehen lassen / da denn fast alle seine Gliedmaßen geknackt und gekrachet / als wie Holtz / wenn man es entzwey bricht / so daß / wegen der unerträglichen Schmertzen / sie ohne Verzug alles bekant haben. Hippol. de Marsil super tit. ff. de Quaestion. n. 55. pag. m. 6. CLXI. Theils haben das Wasser zurück / und sie nur allein kalt werden lassen / da die Pein dennoch verdoppelt worden.
|| [298]
Seb. Guazzin. ad defens. Inquisit. defens. 30. c. 21. n. 9. Paris de Puteo d. l.
CLXII. Etlicher Orthen hat man die Reos gebunden auf die Erde geleget / und in
einen Hui wieder aufgerissen / und dadurch manchmahl wegen der grossen
Schmertzen deß gehlingen aufziehens das Bekändtnis herauß gepresset / wie
Cavalcan. de Brachio Rogio p. 3. n. 61. selber / das er es also practiciret /
vorgibt.
CLXIII. Wenn aber einer gebrochen gewesen / oder nur eine Hand gehabt / hat man
ihm mit dem Tormento funis vel chordae nicht beleget / grössern Schaden
zuvermeiden / sondern auf eine andere Marter-Arth zum Bekändnis gebracht.
Chartar. de interrogandis reis lib. 4. c. 4. n. 6.
Wiewohl man Exempel / daß die / so nur eine Hand gehabt / oder mit der andern
lahm gewesen / dennoch an der einen / so gesund / aufgezogen worden.
Vid. Guazzin. d. tr. def. 30. c. 21. n. 7. ibi??? alleg. DD.
CLXIV. Bey welcher und allen andern Voltern der Actuarius, oder Notarius Judicii
alles harklein / was darbey vorgegangen / wie der Inquifit sich bezeiget / und
was er bekant niederschreiben müssen. Ich wil abermahl ein Protocol aus dem
Tranquillo Ambrosino. lib 4. c. 8. so viele dieses Tormentum betrifft / hie
inseriren / also kautend: á Dn. Judice interrogatus & monitus
Constitutus, ut velit tandem recedere à tot mendaciis, & inverisimilibus
responsionibus, cum ex jam deductis possit ipse C. clarè animadvertere, sibi
nullum negandi locum esse relictum, respondit: Jo ho detto la uerita, non posso
dir altro, e non ho detto bugia nessuna, h. e. Dixi veritatem, non possum dicere
aliud, neque aliquod dixi mendacium. Et Domino dicente, & ipsum
Constitutum benignè monente ad veritatem super praemissis traden dam, quam adhuc
minus dixit, nec expectet, quod pro illa habenda contra ipsum deveniatur ad
opportuna juris & facti remedia, prout devenietur, nisi ad dictam
veritatem super praemissis fatendam se disponat, respondit: Jo hò detto la
verità, é se mi volete dar li tormenti, pazienza, voi mi fate torto: jo non
posso dir altro. h. e. Ego dixi veritatem: & si me vultis tormentis
???ubjicere, patientia! Vos mihi injuriam irrogatis: non possum dicere aliud.
Tunc Dominus sedens &c. visa pertinacia & obstinatione ipsius
Constituti, visis???ue & consideratis indiciis contra ipsum
existentibus, & signanter depositionibus N. & N. [299] qui aslerunt, vidisse ipsum Constitutum exire de domo Basilii,
quaedam bona secum sub pallio deferentem, visis literis penes ipsum Constitutum
repertis, attenta etiam fuga per eundem Constitutum arrepta, statim visis
BIRRUARIIS, qui ipsum deinde captivum fecerunt, ac pluribus mendaciis &
inverisimilibus responsionibus ipsius Constituti, considerata??? mala ipsius
qualitate & vilitate personae, ac mala PHYSIOGNOMIA [si talis erat]
aliisque indiciis contra dictum Constitutum urgentibus, & ex processu
resultantibus: Pro veritate habenda super furto bonorum praedictorum, quae
aliter ab eo haberi non potest, mandavit ipsum Constitutum adduci ad locum
torturae, ibi??? spoliari, ligari & funi applicari. Qui sic adductus dum
spoliaretur, & ligaretur, fuit per Dominos benignè monitus &
hortatus, ut tandem libere veritatem dicat, & recedat ab ejus
pertinatia, nec exspectet, quod in FUNEM elevetur, prout elevabitur, quatenus
adhuc in ejus obstinatione persistat, respondit: Signire, io non posso dir altro
h. e. Domine ego non possum dicere aliud. Tunc Dominus, cum videret ipsum
Constitutum omninò recusare veritatem fateri, eundem jam spoliatum, ligatum,
& funi applicatum mandavit in altum elevari. Qui sic elevatus cepit
clamando dicere, Ohime, Ohime Dio, ô Madonna Santissima di Loreto, aiutate mi
&c. h. e. Ah, Ah Deus ô Sanctissima Domina mea de Loreto, fer mihi opem
&c. Nota, reus in tortura pendens quandoque solet instare, ut deponatur,
vel ad effectum fatendi, vel ad alium effectum, vel solet quandoque de mandato
Judicis in fune quaslari, vel ictibus torqueri, aut baculum vel ferrei compedes
ad ejus pedes apponi, & de hujusmodi actibus est facienda mentio, ideo
infrà scripta notabis, ex quibus, formam in coeteris assumere tibi &
effingere poteris. Interrogatus & monitus, ut non patiatur se ulterius
in tormento detineri, sed veritatem liberè fateatur, respondit: Jo non posso dir
altro, se mi ci teneste cente anni. h. e. Ego non possum dicere aliud, si hic me
teneretis centum annis. Tunc D. cum videret ipsum C. torturam parvi pendere,
& ob ejus robustitatem quasi non sentire, mandavit FUNEM modicum
QUASSARI, & moveri absque Ictibus. Qua sic mota & quassata ipse
C. dixit: fate, quelche vi pare, je jo non diro mai altro h. e. facite juxta
arbitrium vestrum, ego sanè nihil aliud dicturus sum unquam. Vel sic: Tunc
Dominus cum videret ipsum C. torturam contemnere, & tacitum in ea
manere, quasi dolorem minus sentiat, nolleque respondere, mandavit ipsum duobus
IC TIBUS affici. Qui sic affectus & quassatus dixit: O Giesu, che
crudelita è questa! h. e. O Jesu [300] qualis haec est
crudelitas! Deinde tacuit. Tunc Dominus &c. mandavit, ad ejus pedes
alligari BACULUM, ut distractis tibialibus penderet. Quo apposito &
ligato &c. Vel sic: Tunc Dn. sedens &c. mandavit, ad ejus pedes
apponi ferreos compedes, vel alligari lapidem ponderis Librarum--- &c.
Quibus appositis ipse C. nihil dixit. Deinde cepit clamando dicere: Eh! Signor
Giudice, che mi fate torto, io non hò fatto miente. h. e. Ah Domine judex, haud
juste mecum agitis: ego nihil quicquam feci! Et monitus per D. ut veritatum
dicat &c. respondit, che volete che dica? Jo son morto, metteti mi giu,
che voglio dire, quel che volete voi. h. e. Quid vultis ut dicam? Ego sum
mortuus. Deponite me, tunc volo dicere, quod vos vultis, Et Domino instante, ut
veritatem dicat super praemissis, respondit: Metteti mi giu, che voglio dire
ogni cosa. h. e. deponite me, tunc omnia dicam. Et sibi dicto, ut incipiat
dicere, & postea deponeretur, respondit, Jo non posso dir qua su niente,
fate mi calare, che dirò ogni cosa, fate mi calare, h. e. Nihil hic superius
dicere possum: Curate me deponi, tunc omnia dicam, curate deponi! pluriès dicta
verba replicando. Tunc Dn. stante promissione praedicta, & ad effectum
praedictum tantùm &c. animo tamen &c mandavit ipsum Constitutum
leniter de tortura deponi & super scamno ligneo accommodari. Qui sic
depositus, & super scamno ligneo accommodatus, fuit per Dn.
interrogatus, ut modo pollicitam veritatem fateatur. Respondit che volete, che
dica. Jo non ho fatto male alcuno, & vi mi stratiate à torto. h. e. quid
vultis ut dicam? Nihil quicquam mali feci: & vos me injustè discerpitis.
Et monitus, ut recedat ab hujusmodi subterfugiis, & pollicitam veritatem
dicat: quia aliâs continuabuntur tormenta, & in altum ipse elevabitur,
respondit: fate, quello che vi pare, voi mi fate torto. h. e. facite, quod vobis
placet, vos mihi injuriam irrogatis. Extunc D???. mandavit ipsum Constitutum in
altum elevari. Qui sic elevatus cepit clamare: Ohime, ohime, ô S. Maria di
Loreto! & postea tacuit. Deinde dixit: Mettete mi giu, che voglio far
del corpo mettete mi giù che jo crepo h. e. demittite me, nam ventris onus
deponam, dimittite me, quia dissilio. Tunc Dn. ad effectum, ut levaret corpus,
mandavit ipsum C. leviter de tortura deponi, animo tamen &c. Qui sic
depositus, & factâ sibi per D. facultate evacuandi corpus, mox reductus
coram Dn. dixit: Eh signore misericordia, che volete, che jo dica, dite melo
voi, ch'jo dire, quel che volete. h. e. Ah Domine misericordia, quid vultis, ut
dicam, dicite vosmihi, & ego dicam id quos vultis. Et tunc [301] cum Dn. videret, sibi verba dari, mandavit dictum C.
iterum in funem elevari, pro continuatione Tormentorum. Qui sic elevatus nihil
dixit. Et licet plutius per Dominum interropatus, & monitus fuislet,
nihil tamen unquam respondere curavit, quae ego &c. Et cum stetisset sic
in Tortura elevatus per spatium unius horae integrae ad horologium pulveris,
Dominus mandavit ipsum C. leviter deponi, disligari, brachia reaptari, revestiri
& ad locum suum reponi, animo &c. Qui sic depositus, dum
disligaretur & brachia sibi accommodarentur, clamabat fortiter ô hime, ô
hime fa piano, fratello! h. e. Ah! procedas leniter frater! & similia
verba.
TORMENTUM TAXILLORUM,
Italicè
LA STANGHETTA genant.
CLXV. Wenn ein Delinquent etwan wegen eines Bruchs oder andern Schadens am Leibe
mit dem Tormento funis oder chordae nicht beleget werden kan / greift man ihn
mit dieser hartdrückenden Bein-Schrauben an / welche nebst den Process also
beschrieben wird: Reus, ut opportunum videtur, alligatur, nudispue pedibus in
terram prope destinatum parietem prosternitur. TAXILLOS tum FERREOS binos
paratos habent, quatuor digitorum latitudinem undique aequantes, digitalis
crassitudinis, atque in medio excavatos, quantum malleolorum alterutrum capere
possint: est tamen inferior taxillus ob id eo, qui superponitur, interno
malleolo major. Supponitur ergo major taxillus, reo pedem porrigere coacto,
superponiturque minor super dictum internum malleolum. Tum in pariete foramen
est quatuor digitorum latitudinis, crassitudinis digiti crassioris, longitudinis
verò quatuor vel quinque palmorum. Tum tortor repagulum super taxillos validè
premit, iteratque ad Judicis voluntatem premere, ex quo dolor atrox &
notabilis excitatur: est enim pars compressa maximè sensibilis.
Paul. Zachias lib. 6. Quaestion. Medico-legal. tit. 2. q. 1. n. 20.
CLXVI. In des Tranquilli Ambrosini saepè dict. Process. informativ. lib. 4. c.
11. findet man davon folgendes Protocol: Tunc visa pertinacia ipsius constituti,
visis &c. Pro veritate habenda. cum aliter haberi non posset, mandavit
Dn. Judex, eundem C. duci ad locum tormentorum, ibique [302] TAXILLORUM TORMENTO, quod STANGHETTA nuncupatur, supponi & tormentari.
Qui sic adductus, antepuam dict. tormento supponeretur, fuit pluries per Dn.
benignè monitus, ad veritatem dicendam; aliàs dicto tormento supponetur,
respondit &c. Et cum veritatem fateri nollet, Dn. mandavit, ipsum
Constitutum dicto tormento supponi, & in eô tormentari; qui sic dicto
tormento suppositus, in terra prostratus, talo pedis dextri denudato, inter duos
ferreos taxillos concavos posito, & Custode carcerum eos STANGHETTA
comprimente, clamare cepit alta voce: O hime &c. Et cum in dicto
tormento suppositus stetisset per spacium duorum miserere, & aliud ab eo
haberi non posset, Dn. mandavit, eundem C. à dicto tormento amoveri, &
ad locum suum rep oni &c.
CLXVII. Cavalcanus,
de Brachio Regio part. 3. n. 57.
saget / daß dieses Tormentum Taxillorum nicht nur zu Peinigung der Füße / sondern
auch der Finger und Hände gebraucht werde / zumahl bey den Weibern und
unerwachsenen jungen Leuthen / in geringen Verbrechen / welchen auch Modern.
Rom.
Quaest. 39. n. 68.
beystimmet / sagende / daß wenn man mit der Sirick-Wach- und andern Bolt ern die
Inhafftirte nicht angreiffen könte / man sich dieser gelindern Frage bediente /
wie wohl selten durch dieselbe das rechte Bekändtnis heraus gebracht würde /
indem es mit der Marter nicht lange / sondern nur drey biß vier Vater Unser lang
währete.
CLXVIII. Es scheinet auch / als wenn Sebast. Guazzin.
in tr. ad Defens. Inquisitor. carcerat. reor. &c. Defens 30. c. 21. n.
11.
einen Unterscheid machen wolte unter tormentum taxillorum und Stanchetae, und daß
das letztere etwas schärffer sey / auch gemeiniglich an der lincken Hand oder
lincken Bein appliciret werde / und zwar zwischen den Gelencken der Finger und
Zuhen.
TORMENTUM SIBILORUM,
CLXIX. Ist gleichfals noch in Welschland gebräuchlich / an den Weibesbildern und
jungen Knaben /
Farinac. Quaest. Crim. 28. n. 68.
deren Finger damit geklemmet und ged. ückt werden / üm die Warheit zubekennen.
|| [303]
CLXX. Bey dem Paulo Zachia,
lib. 6. Quaest. medico-leg. tit. 2. Quaest. pag. 480.
findet man dasselbe beschrieben / wie es in Rom üblich ist. Ibi: Lignea habent
paxilla numero sex, longitudinis octo trasversorum digitorum, torno fabricata
exforti ligno, maximè verò ex buxo: Pollicaris sunt crassit udinis, capitulo
oblongo & utrin??? capitata, & in utro??? capitulo perforata.
Quod inter utrum??? capitulum est, in cochleae modum est affabre factum,
utrin??? autem per capitulorum foramina forti funiculo conjunguntur, ipsa???
funiculi capita currento modo copulantur. Reus ergo coriaceo vinculo illo, quod
diximus appellari, la STRINGA alligatis manibus simul super brachiale, in
orantis speciem, ante Judicem sistitur. Tum singuli paxilli in singulis
digitorum interstitiis interponuntur, ita ut duo postremi extra utrius??? manus
interstitia digitos comprehendant, hinc tormentarius validè funiculum attrahens,
nodum coarctans, digitos comprimit cum non aspernabili dolore, iterat??? ad
judicis mandatum premere, eo interim instante, ut veritatem propalet.
CLXXI. Ambrosinus,
in Proceß. informativ. lib. 4. c. 12.
führet das Protocoll dabey / auf nachgesetzte maße: Tunc Dn. Judex visâ
pertinacia ipsius C. visis??? &c. pro veritate habenda, cum aliter ab eo
haberi non posset, & ipse C. tormento funis ob minorem aetatem torqueri
non valeret, mandavit euedem ad locum tormentorum adduci, ac tormento SIBILORUM
supponi & cruciari. Qui sic adductus, antequam SIBILA ad ejus manus
accommodarentur, fuit pluriès per Dn. benignè menitus ad veritatem dicendam,
quia aliàs dicto tormento cruciabitur. Respondit &c. Et cum veritatem
constanter nollet fateri, D. mandavit, dictum C. eidem tormento supponi,
& in eo tormentari. Qui sic dicto tormento suppositus, manibus ante
junctis, & inter binos earum singulos digitos sibilis accommodatis,
& custode carcerum illa funiculo currente fortiter comprimente. clamare
cepit altâ voce: ohime! &c. Cum??? in dicto tormento sic suppositus
stetisset per spatium trium Pater noster, & aliud ab eo haberi non
posset, Dn. mandavit, eundem C. à dicto tormento amoveri, & ad locum
suum reponi, animo &c.
CLXXII. Man hatte auch vor Alters Instrumenta, womit man in geringen Verbrechen
der Delinquenten Finger drückte / so DIGITALIA genennet wurden / deren / aus dem
Synosio, Martin Delrio
in Senec. Troad. part. ult. n. 560.
|| [304]
gedencket / man kan aber bey keinen Authore finden / wie sie ausgesehen / welches
P. Zachias
d. lib. 6. tit. 2. q. 1. n. 21.
selbsten bezeuget.
TORMENTUM CUM VIRGA ET FERULA,
Die
Ruthen-Volter /
CLXXIII. Ist eine recht Türckische / ja Teufelische Marter gewesen / deren sich
hiebevor einige tyrannische Richter gebrauchet / nemlich / daß sie / das
Bekäntnis heraus zu treiben / den Inquisiten fase-nackend ausziehen / auf den
Rücken legen / fest anbinden / und hernach dessen Männlich Glied / sonderlich
aber die Testiculos mit einem Band fest zusammen schnüren / grausam mit Ruthen
zerhauen / und nicht eher aufhören lassen / biß er / in höchster Angst / Pein
und Schmertzen / offt Dinge bekandt / die er weder gethan / noch auch ihm
iemahls in den Sinn kommen.
Hyppolit. de Marsil. super tit. ff. de Quaestion. §. in criminal. n. 55.
Damhouder, Prax. rer. crim. c. 37. n. 18.
Schilling. de Reiterat. tortur. c. 3. §. 21. CLXXIV. Eine andere Arth ist noch ietziger Zeit in Italien gebräuchlich / daß wenn Jungen / so noch nicht mündig sind / was Straffbares begangen haben / und es in Güte nicht bekennen wollen / dieselbe nackend [doch die Scham bedeckt] ausgezogen / und mit beyden Händen dem Gesichte gleich an einen Pfeiler gebunden / und mit Ruthen scharf gehauen werden / biß sie die Missethat bekennen. CLXXV. Tranquillus Ambrosinus, lib. 4. Proceß. informativ. c. 13. führet hievon nachgesetzte Formam Decreti an. Tunc Dominus visa &c. stantibus &c. pro veritate habenda ab ipso Constituto, cum aliter ab eo haberi non posset: mandavit ipsum C. adduci ad locum tormentorum, ibi??? spoliari, & ad funem manibus ante faciem alligari, ad effectum, ut FERULA caedatur, cum ob ejus minorem aetatem torqueri minimè valeret. Qui sic adductus, spoliatus & manibus ad funem ante faciem alligatis, fuit pluries per Dn. benignè monitus, ad [305] veritatem fatendam, & quod non patiatur se faerula caedi, prout caedetur si in ejus obstinatione perseverabit. Respondit &c. Tunc Dominus cum praefatus C. in ejus obstiuatione persisteret, mandavit, ipsum per carcerum custodem ferula caedi. Qui cum sic caederetur, clamare cepit ohime, ohime, &c. Et pluries monitus &c. Respondit &c. Tunc Dn. cum pluribus & pluribus verberibus caesus ipse C. nihil fateri vellet, & aliud ab eo haberi non posset, mandavit ipsum dissolvi, revestiri & ad locum suum reponi, animo &c. cum stetisset sic in dicto tormento suppositus per spacium trium Miserere. CLXXV. Dieser Ruthen-Volter wird auch gedacht in L. excipiuntur ff. de Quaestion. ibi??? DD. & in L. fin. & ibi Gloß. in verb. servos ibi??? Bart. in oppos. & Bald. de iis quibus ut indign. Item bey dem Petr. Gregor. Tholosan. Syntagm. Jur. univ. lib. 48. c. 12. n. 3. woselbst er auch eines Marter / Instruments erwehnet / welches er MANTILE nennet / aber nicht beschreibet wie es formiret gewesen. CLXXVI. Daß auch die Knaben / pro veritate eruenda, an stat der Tortur mit Ruthen zu streichen / haben die Chur Fürstl. Sächß. Schöppen zu Leipzig gesprochen / wie bey dem Georg. Beato, Decis. tom. 4. de Criminalib. part. 4. fol. 771. zu sehen. Und die Bäyerische Malefiz-Process-Ordnung part. 3. art. 9. in med, setzet: Man solle Kinder unter 14. Jahren anders nicht Peinlich fragen / denn durch die Ruthe mit Bescheidenheit / deßgleichen fast alte Leuthe von 60. und 70. Jahren wenn sie sehr schwach und abkommen. add. Jacob. de Bellovisu,
in Pract. Crim. lib. 3. c. 2. ibi??? Ludovici in addit. pag. 347.
Zanger, dc Quaest. & tortur. c. 1. n. 35. & seqq.
Mich Freudius in Gewissens-Fragen von Hexerey / Quaest. 303. n. 24. & 25.
Mezger, de tormentor. variis generib. concl. 172.
Gomez var. Resol. tom. 3. c. 13. n. 3.
Farinac. Quaest. Crim. 41. Mezger, d. tr. concl. 174. CLXXVII. Deßgleichen berichtet Jodocus Damhouder, in Praxi Rerum Criminal. cap. 37. n. 23. & 24.
|| [306]
daß er oft erfahren und probat befunden / wenn die Inquisiten auch auf den
allerschärffesten Torturen nicht bekennen wollen / daß man sie entblössen und
und mit scharffen Ruthen tapffer zerhauen lassen / da sie denn in kurtzen alles
haarklein bekennet und herauß gesaget. Er lobet auch in berühren Capitel n. 19.
Eine Volter die zwar grossen Schmertzen machte / aber doch dem Leibe des
Menschen keinen sonderlichen Schaden brächte / nemlich es würde Reus auf den
Rücken zwischen zweyen enge zusammengesetzten Platen oder Bretern / gleich als
in einen Kasten / geleget / und ein Strick oder Sime an seine beyde grosse Zeen
gebunden / und durch eine Winde allmählich dieselbe lang gezogen / da denn /
wegen engigkeit / der Leib bey den anziehen der Siemen dick auflieffe mit
grossen Schmertzen / welche sich aber starck wiederlegten / sobald nur der
Strick wieder nachgelassen wurde. Und Nro 20. saget er weiter / daß in der Stadt
Brüg in Flandern man den Gebrauch habe bey den Torturen, daß der Inquisit
nackend außgezogen / die Schaam bedecket / ihm die Hände auf den Rücken gebunden
/ auf eine schmale Banck geleget / oben unter den Armen durch mit Stricken fest
dran gebunden würde / daß er nicht herabfallen könte. Hernach knüpffte man ihm
an ieder grossen Zee eine Siemen oder dünnen Strick / und dähnete solche mit
samt den Leibe durch einen Haspel oder Winde sehr lang aus. Es wurden auch noch
wohl darzu ihm die Hüfften und Füsse / wie auch der Kopf mit knotigten Stricken
hart gebunden / alles nach Anordnung des Richters.
CLXXVIII. Bey den Jüden im Alten Testament wuste man von keiner Tortur, wahr auch
bey ihnen nicht gebräuchlich:
Zepper, de Legib. Mosaic. lib. 5. c. 10.
Doch hatten sie eine besondere Art die zweiffelhaffte und verborgene Dinge
zuerkundigen und die Warheit an den Tag zubringen / nemlich durch das Loß.
Josuae 7. v. 14. & 15. 1. Sam. 14. v. 30. Jonae c. 1. v. 7. Actor. 12.
& 19. &c. 22. v. 24. & 29.
and Trinckung deß bittern Wassers / bey denen Ehebrecherinnen.
Num. c. 5. vers. 13. & seqq.
Daniel Bütner disp. de guflu c. 4. n. 2. & seqq.
Joh. Selden in uxor. Hebr. lib. 3. c. 15. CLXXIX. Mit welchen fast übereinkahm die Statua Veneris zu Constantinopel / welche von Zeiten Käysers Constantini Magni biß zur Regie [307] rung Justini alda aufgerichtet gestanden / davon Nicolaus Alemannus, in Notis Hist. Secret. Prvcop. fol. 38. Bericht thut / daß wenn eine vermeinte Jungfer / so ihre Jungferschafft verlohren / sich demselben Bilde näherte / auf einmahl durch eine verborgene Krafft ihr der Rock / wieder ihren Willen wie hoch aufgehoben wurde / daß man S. V. ihre Schaam über al und öffentlich sehen konte. Welches auch einem Ehe-Weibe wieder fuhr die ihrem Manne nicht allein Farbe gehalten hatte / Ehrlichen Jungfern un Weibern aber wiederfuhr nichts / und mochten dieselbe um solche Statue herum gehen wie sie wolten. Besold. in Thes. pract. v. Peinliche Frage / pag. 728. CXXC. Item der Stein zu Rom / welcher noch heut zu Tage nicht weit von St. Sabinae Berg zu sehen seyn sol / gantz rund / Augen / Nasen und ein aufgespertes Maul habende / in welches Maul vor Alters die Weiber so Ehebruchs beschuldiget / und deßhalben angeklaget wahren / niederkniend ihre Finger der rechten Hand stecken / und schweren musten daß sie unschuldig währen. Wahr sie richtig / zog sie die Hand gesund und ohne Schaden heraus / und hatte dessen grosse Ehre / wo nicht / biß das Bild ihr die Finger ab.
Erasm. Francisc. in Neu-Polirten Geschicht-Kunst und Sitten-Spiegel lib. 2. pag. 357.
Vid. infra caput von abhauung der Finger CXXCI. Eben so verwunderlich ist es was Estienne de Lusignan in descriptione Insulae Cypri c. 14. fol. 64. b. anführet / daß zu Nicosia zwey nahe beyeinanderstehende Marmor-Steine zu finden gewesen / zwischen welchen sich die Angeschuldigte stellen müssen / so die That leugneten / wahren sie nun schuldig / fasseten die Steine / sie und drückten solche so feste / daß sie bekennen musten / da hingegen / wenn sie unschuldig waren / ihm nichts wiederfuhr. ibi: Ily avoit aussi une Eglise Grecque en La mesme Ville aupres des chartreux, qui s appeloit Arcomose, c' est à di re, prince du serment, en laqnelle estojent' deux pi erres de marbre oul' on mettoit ceux, qui ne vouloient confesser La veritè: & lors, si celuy qui y estoit menè, estoit coulpable, ces deux pierres se serroient d' elles mesme & sans aide d'homme, petit à petit jusqué à ce que le patient eu confessé la veritè! &c. CXXCII. Die Moßcoviter oder Russen haben folgende Art zu voltern:
|| [308]
Sie binden dem Gefangenen die Hände auf den Rücken / ziehen ihn in die Höhe /
hencken ihm eiuen schweren Ba???cken an die Füsse / auf welchen der
Scharfrichter springet / und dem Sünder die Glieder wohlaus einander recket.
Unter den Füssen wird darzu ein Feuer angezündet / dessen Hitze die Füsse / und
der Rauch das Gesichte peiniget. Sie lassen auch bißweilen oben auf den Kopf
eine Platte scheren / und drauf Tropffenweise kaltes Wasser fallen: Welches eine
unerleidliche Pein seyn sol. Sie lassen auch etliche / nach Beschaffenheit der
Sachen / in solcher Marter darzu Peitschen / und über die Wunden mit glüeuden
Eisen fahren.
Olear. im 3. Buch der Pers. Reise-Beschreibung am 277. Blat.
CXXCIII. Die Sinische Richter brauchen zweyerley Arth Peinlicher Fragen / die
Warheit zu erfahren / wenn sie zuvor allen Fleiß und mügliche Mittel versuchet
haben / es in Güte zu erlangen. Die Erste geschicht auf den Füssen / die Andere
/ auf den Händeu / und sind beyde so schrecklich / daß ihrer wenig gefunden
werden / die es vertragen / und nicht bekennen / was der Richter von ihnen
verlanget. Es werden aber solche Torturen nicht gebraucht / ohne vorhergehende
Erkundigungen / und aufs wenigste halben Beweiß der That / oder ohne Anzeige /
die zum Bericht gnugsam seyn. Die auf den Händen geschicht mit etlichen Stäblein
/ die sind zweyer Finger dick / und einer Spannen lang und gedrehet / diese
bohren sie an beyden Orthen durch / und lassen etliche Schnüre dadurch gehen /
die sie durch die Löcher zusammen ziehen. Zwischen diese Stecklein legen sie der
Schuldigen Finger / und ziehen sie mit den Schnüren ie länger ie härter zusammen
/ biß sie die Finger aus den Gewerben drücken / mit unerträglichen Schmertzen
der Elenden / die denn sehr und schrecklich schreyen / und erbärmliche Seuftzer
lassen.
CXXCIV. Wenn sie hiermit nicht bekennen / und die Richter aus der Zeugen Aussagen
/ oder aus andern gnugsamen Anzeigungen / sie vor schuldig erachten: so
schreiten sie zu der Frage an den Füssen / welche grausamer ist / weder die an
den Händen / und geschicht folgender gestalt: Sie fügen mit einen eisernen
Gewerbe zwey viereckichte Breter zusammen / einer Länge / und vier Spannen breit
/ an beyden Orthen durchbohret / darnach ziehen sie eine Schnur dadurch / und
binden des Menschen Füsse zwischen die Breter / schlagen mit einen grossen
Hammer auf die Breter / und vermehren durch die Menge der Streiche / den
Schmertzen / daß er grösser ist / denn der an den Händen / wiewohl derselbe auch
nicht gering. Aber diese Fra [309] ge geschicht nicht
ohne Beyseyn des Obersten Richters oder Beambten / darzu selten / denn die
Gefangene erwehlen ehe den Tod und bekennen alles bevor sie diese Marter
erdulden wollen,
Mendoza, lib. 3. part. 1. c. 10.
Erasin. Francisci, im Neu-polirten Geschicht-Kunst und Sitten-Spiegel / lib. 6. discurs. 6. pag. 362. Mit dieser scharffen Frage halten die Richter offt so hart und lange an / daß mancher gar darüber des Antwortens vergisset / und in ein ewiges Stillschweigen geräth. Das Kupffer solcher Sinischen Marter ist bey den Francisci an gedachten Blat zufinden. Der Schwedische Trunck. CXXCV. Ist im vorigen dreyßig Jährigen Krieg bekant worden / da die verteufelte Soldaten / Geld zu erpressen / Koth / Schmaltz / Harn / Milch / Mist-Pfütze / oder unrein Wasser in der armen Bauren Leiber mit Gewalt gegossen / über eine Weihle hernach ihuen auf den Leib getreten / also daß die hinein-gegossene Brüh mit dem Blut zugleich aus dem Halse gestürtzt / davon auch ihrer viel ihr Leben elendiglich einbüssen müssen- CXXCVI. Es ist aber der Schwedische Trunck nicht von seinen ersten Erfinder also benennet: sondern hat diesen Nahmen wie einige wollen / von den P. L. Völckern bekommen: und ist solches Stücklein in der Spanischen Inquisition gebraucht worden / wie Albanus in Anatomia papistica pag. 362. meldet. CXXCVII. D. Mengering, im Krieges-Belial cap. 25. hält davor / und beweiset es aus dem Sigon. c. 12. Imper. occident. daß die That an sich selbst / und diese grausame tyrannische Marter / ihren Ursprung habe von ältern Religions-Feinden und Verfolgern des Evangelii. Denn also hat es Genserich der Wandalen König mit den Christen in Africa gemacht / cujus milites Catholicis ora pudendorum vectibus aperientes, foetidum coenum ob confessionem pecuniae ingresserunt &c.
Oldenburger, ad Instrum Pacis part. 1. disc. 1. n. 109.
|| [310]
Dither, in contin. Thes. Besold. v. Schwedischer Trunck.
Schilling, de Reit. tort. c. 3. §. 24. CXXCVIII. Die Athenienser gebrauchten sich vor Alters auch der Tortur, die Warheit von den Missethätern dadurch heraus zu treiben / wie alle andere Griechen / sonderlich des Rads und Volter-Pferds uti supra quoque dictum. Apulejus, in aureo' Asino lib. 10. Ibi: nec rota vel Eculeus, More Graecorum, tormenta apparata, jam decrant. Item die Lacedaemonier, Kragius, de Republ. Lacedaem. c. 4. Die Perser /
Brisson, dc Regno Pers. lib. 1. pag. 87.
Keckerman, de Monarch. Persar. disp. 1. th. 36. Exempla vide apud Curtium lib. 4. Hist. c. 10. n. 32. & Joseph. Antiq. Judaic. lib. 11. c. 16. Die AEgypter,
Ammian. Marcellin. lib. 19. sub fin. & lib. 22. sub fin.
AElian. lib. 7. var. Hist. c. 8. Die Macedonier,
Clemens Alexandrin. 4. Stromat. pag. 49.
Polydor. Vergil. de rer. inventor. lib. 2. c. 3. Brodoeus, lib. 2.
Miscellan. c. 9. & 10. Die Spanier / Tabor, de Tortura c. 2. n. 18. ibi??? alleg. DD. Die Franzosen /
Barnab. Brisson. in codice Henric. lib. 7. tit. 8.
Thomas Cornier, in Cod. Henr. lib. 31. tit. 3. bey welchen auch die schon zum Tode Verdamte noch gefoltert werden / ihre complices anzuzeigen.
Vid. cod. Fabrian. tit. de Tortur.
Besold. dissert. 2. de praemiis & poenis. §. 7. Die Holländer /
Zypaeus, in Notit. Jur Belgic. lib. 9.
Anthon, Matth. tr. de criminib. ab tit. de Quaestion. CXXCIX. Die Engeländer / ob sie wohl lieber sterben / als sich Voltern lassen wollen / wie im Ersten Capitel §. 129. angeführet worden / gebrau [311] chen sie sich doch derselben wieder die / so ein Crimen Loesae Majestatis begangen haben. Besold. d. dissert. 2. de praemiis, poenis, & Legit. §. 7. Sonderlich aber einer Presse / so einer Truhen oder Laden gleich ist / darein legete man den Ubelthäter / welcher sich mit Speiß und Tranck anfüllen muß / und schraubet dann nach und nach zu / welcher nun in solcher Quaal stirbt / erhält seinen Kindern das Vermögen / daß sonst dem Könige heimfället. Man schraubet auch zuweilen solche Presse nicht zu / sondern bindet die grosse Zäen des Ubelthäters an eine Schnur / ziehet solche durch ein Löchlein / und windet sie an eine Säule / oder drehet sie an einen Knebel / wie die Fuhrleuthe die Ketten ratteln / sc. Dither, in addit. Thes. Pract. Pesoldi v. Peinliche Frage / p. 731. & in contin. Thos. Besold. v. Zehe / p. 684. In Schottland ist die Volter auch gebräuchlich / wie bey dem Boëthio lib. 2. Histor. Scot. pag. 231. n. 44. zusehen. Wie auch in Dennemarck. Ut apparet ex Receß. 3. arr. 19. & alibi: nec non ex processu Dinae Danicae. In Schweden aber soll dieselbe gar selten vorgenommen werden. Tabor. de Tortura, c. 2. n. 18. CXC. Welches auch Gomez, 2. tom. 3. resol. c. 13. inpr. von den Königreich Arragonien schreibet: Käyser Aurelianus pflegte die / so ihm verdächtig waren / daß sie eine Ubelthat begangen hätten / an statt der Volter / in Wein truncken zu machen / und durch dieses LENE TORMENTUM: wie es Horatius lib. 3. od. 21. nennet / sie auszuforschen / was sie gethan hatten. Petr. Papp. in Corp. Jur. milit. pag. 671. Gleichfals machten es so die Illirici und Macedonier Tubero de temporibus suis, lib. 6. fol. 145. CXCI. Bey uns in Teutschland / sind vor diesen folgende Instrumenta bey den Torturen gebräuchlich gewesen / welche auch tyrannische und blutdürstige Richter erdacht und erfunden / als Stachlichte Sessel / Stachlichte Stühle / Stachlichte Wiegen / Stachlichte Schuhe / Stachlichte Bünden / brennende Eisen / brennende Pulver / brennendo [312] Eyer / so man denen so gemartert worden / oben in die Höle unter die Arme geleget / Item: Dänische Mäntel / Spanische Kappen / Englische Jungfern / Braunschweigische Stiefeln.
Ventur. de Valent. parthen. litig. lib. 1. cap. 14. n. 32.
Gomez. tom. 3. Var. resol. c. 3. n. 5.
Adam Keller, de offic. Jurid. Polit. lib. 2. c. 12. §. abstineudum.
Carpzov. p. 3. pract. Crim. q. 117. n. 38.
Freudius, in Gewissens-Fragen von Zauberey und Zauberern / Quaest 310. pag. 597. Es gedencket auch D. Meyfart in seiner Christlichen Erinnernug an gewaltige Regenten cap. 17. pag 138 v. c. 25. pag. 193. daß er in seiner Jugend gesehen / welcher gestalt ein Marter-Meister mit einem Schwefel-Knopf die die in der Marter hangende Person an heimlichen Orthen gebrennet habe. Ja man hat wohl die armen Leuthe an einen Stück hin / gantzer 24. Stunden gepeiniget / und dieselbe 20. 30. 40. oder 50. mahl aufgezogen / und zwar so hart / daß die Sone durch den Leib hin scheinen / und man ihnen das Eingeweide sehen können.
Adam Keller, lib. 2. de Offic. Jurid. polit. c. 12. pag. 408.
Meyfart. d. loc. 17. pag. 139.
Cautio Criminalis in certi authoris Quaest. 20. §. 7.
Hering. de Fidejuss. c. 10. n. 433. Inzwischen haben der Richter und andere Gerichts-Personen gefressen / und gesoffen / auch wohl gespielet / und den Reum allein unter der Hand der grausamen Scharffrichter gelassen / biß ihnen gesagt worden / ietzt wolte der Inquisit bekennen / oder er wäre gar auf der Volter gestorben. Freudius, d. p. 310. pag. 598. Theils Judices haben wohl selber mit Hand angelegt / ihr erbostes Gemüth an den aruien Gefangenen auszulassen und zu kühlen. Wie jener gethan / dessen Paris de Puteo, in tr. de Syndicatu verb. tortura, c. 4. n. 9. gedencket / daß er selber mit Augen angesehen / wie solcher unbarmhertzigen Richter einer den Verhafften bey den Haren ergriffen / und den Kopf etliche mahl an eine Säule gestossen / sagende: Bekenne und sage die [313] Warheit / du loser Dieb! Dessen sich aber ein rechtschaffener Richter gäntzlich enthalten soll / weil es wieder seinen Respect, Ehre und Würde läufft.
Sebast. Guazzin, in tr. ad defens. Inquis. reor. &c. Tom. 2. defens. 30. c. 21. n. 2.
Schilling, de Reiterat. Torturae cap. 3. §. 6. Quicquid aliter post. Gloss. dixerit Joh. And. in c. non licet. 85. dist. relatus per Paris de Puteo supra dicto loc. Ein Exempel oder Beschreibung grausamer / fast unerhörter Marter und Volterung an einem Ehe-Weibe verübt / kan gelesen werden bey mehr-gedachten D. Meyfart in der Christlichen Erin̅erung an gewaltige Regenten in Appendice pag. 269. & 270. Und solte die Obrigkeit billig die Hencker welche grausame / ungewöhnliche und neue Marter-Instrumenta vorschlagen und mitbringen / dieselbe zuerst versuchen lassen / wie Phalaris dem Perillo mit seinen Marter-Ochsen / [wovon drunten in einem / eigenen Capitel gehandelt wird] so würden sie sich wohl eines bessern bedencken. Praetor. in gründlichen Bericht von Zaubeery / c. 11. p. 220. seq. CXCII. Heut zu Tage sind folgende die gewöhnlichsten: I. Die Daumen-Stöcke / oder Daum-Schrauben. Welches ein Instrument von Eisen ist / darein die beyden Daumen [wenn die Arme zuvor auf den Rücken / und die Hände zusammen gebunden worden] und zwar ein ieder in ein sonderlich Fach gesteckt / und wenn der Scharfrichter die in der Mitten stehende Schraube zuschraubet / von dem zwerg über die Daumen her / und das andere unten-hingehende Eisen sehr hart geklemmet und gedrückt werden. Wenn dieselbe dem Reo sollen angeleget werden / muß er vorher den Rock ausziehen / und also im Hemd / doch die Hosen anhabend / sich auf einen Schemel setzen / alsdann bindet der Scharfrichter ihm beyde Hände auf den Rücken zusammen / und appliciret selbigen die Daum-Schrauben. Sie werden aber nicht forn auf die Daumen / sondern auf das andere Gelenck derselben gesetzet. Müssen offt gelüfftet werden / sonst verstocket das Geblüte / daß die Inquisiten hernach keine sonderliche Schmertzen mehr fühlen.
|| [314]
CXCIII. Auf lateinisch wird dieses Instrument POLETRUM genennet / und war so arg
/ daß es auch im drücken das Fleisch entzwey schnitte / drum solche Arth
in L. 1. C, de Emendat-Servor.
abgeschaffet und verbothen worden.
Vent. de Valent. in Parthen. litig. lib. 1. c. 14. u. 32.
Keller, lib. 2. de officio Jurid. Polit. c. 12. §. abstincudum.
Gomez, tom. 3. Var. Resol. c. 13, n. 5. CXCIV. D. Ammann. in Irenico Numae Pompil. pag. 254. schreibet / daß die Daumen um deßwillen nur mit solchem Instrument gedrückt und geklemmet würden / die Finger aber ler aus gingen / weil die Daumen / als / in welchen die meiste Stärcke an den Händen bestehet / in vielen delictis, sonderlich aber in Diebstahl / daß meiste mit den Zugrif thäten / und immer vornan mit wären / drum es auch nicht unbillig / daß sie solcher Gestalt gestrafft und gezüchtiget würden. II. Das Schnüren / CXCV. Geschiehet auf zweyerley Art / einmahl daß bey der Real-Territion, wenn die Daumen-Schrauben nichts fruchten wollen / auch der Anfang mit den Schnüren gemacht wird. i. e. daß dem Inquisiten nicht alle in die Hände fest gebunden werden / sondern auch daß der Scharffrichter mit hin und Wiederziehung der Schnüre anhebet / bald aber wieder aufhöret und es dabey lässet. Wenn aber bey dem ersten Grad der Tortur in dem Urthel auch die Worte gesetzet werden / daß der Scharfrichter mit den Banden auch zuschnühren solle / geschicht solches durch gewisse Chorden oder Siemen / welche der Scharffrichter und dessen Knecht über die Adern und Sehnen beyder zusammen gebundenen Arme / gleich unten wo die Hände sich anheben / starck hin und wiederziehen / als wenn man säget / welches einen solchen empfindlichen Schmertzen machet / daß die Geschnührte überlaut schreyen / ruffen und wimmerwehen / auch so greulich thun / als wenn sie aus der Haut fahren wollen / drum sie auch oft alles hersagen was sie wissen / und gethan haben / und wenn sie dieses überstehen / ist schlechte Hoffnung daß sie bey den folgenden Instrumenten / Marter und Pein was bekennen werden.
|| [315]
III. Die also genante Spannische Stieffeln / Bein-Stöcke oder Bein-Schrauben /
CXCVI. Sind Fesseln darinn ein rund gebogen Holtz ungefähr Handbreit fest
angemacht ist und inwendig viele Kerben oder Zacken hat / fast wie eine
höltzerne Druck-Form / mit zwey Schrauben auf ieder Seiten / unten aber mit
einen Eisernen Band so hinten um die Waden hergehet / damit es den Fuß fest
halte und nicht abfalle / verwahret. Dieses gekerbte Holtz nun wird sonderlich
bey dem andern Grad der Tortur, wie solche in den Chur- und andern
Fürstenthümern zu Sachsen gebräuchlich / und die peinliche Frage ziemlicher
Maßen genennet wird / dem Inquisiten wenn er in Güte noch nicht bekennen wil /
auf die Schien-Beine gesetzet / und mit einen Eisernen Schlüssel zugeschraubet:
Zuweilen kloppen auch wohl die Scharffrichter mit besagten Schlüssel auf das
Holtz / welches die Schmerzen vermehret und empfindlicher machet. Diese müssen
gleichfals offte gelüftet werden. Und wenn der Scharfrichter solche abnimt /
sehen die Schin-Beine braun und blau aus / gleich als wenn man eine Form hinein
gedrücket hätte / daß zuweilen das Blut / wenn die Nachrichter alzu ungeschickt
und grob zu schrauben [so doch mit Maße geschen sol / und der Judex drein zu
reden hat] an den Beinen herab läufft: Daß mannichmahl der Scharfrichter
dieselbe nach geschehener Volter schmieren muß. Worbey obiter zu melden daß wenn
man rechte Hexen auf der Volter und Leiter hangen hat / die Nachrichter dann und
wan sie mit einem Stäblein von einer Hasel-Staude / so in einer gewissen Stunde
abgebrochen worden auf die Schienbeine zu klopffen pflegen / drüber sie an zu
hüpffen und schreyen fangen / als wenn sie an einen Spieß steckten.
IV. Die Leither /
CXCVII. Ist wie eine andere gemeine Leither formiret und gemachet / doch daß sie
breiter und stärcker ist / damit ein Mensch mit den Rücken füglich drauf liegen
könne / sie muß auch wohl verwahret und fest angemachet seyn / daß sie nicht
wancke / außglitsche und übern Hauffen falle / wenn der Reus draufgezogen wird /
denn der könte als den gar leicht also hinterwarts gebunden / indem er keinen
Enthalt hat / Halß und Bein zerbrechen / welches der böse Geist an einen Orth
wie ich mich erinnere / mit einer Hexin practi [316] ciren und derselben also abhelffen wollen / wenn nicht / durch Gottes
sonderbahre Schickung / man wargenommen daß die Leither begonnen anzuschieben /
und durch Zuruffen des Judicis und der andern Gerichts-Personen / der
Scharffrichter und seine beyde Knechte nicht so geschwind gewesen / und die
bereit fortrückende und zum Fall sich neigende Leither mit aller Macht
aufgehalten / und hernach besser befestiget hätten. Sonsten ist an stat der
obgedachten Strick-Volter / so noch in Italien üblich / bey Uns in Teutschland
das Ziehen auf der Leither aufkommen.
Reyher, Tom. 2. Thesaur. Practic. v. tortura pag. 25 26. n. 6.
Thom. Mezger, de tortur. Concl. 154. V. Der Klober mit den Chorden und Siemen / CXCVIII. Wird entweder zu öberst an der Leither angemacht / oder sonst am Balcken / über der Leither / eingeschraubet / an welchen der Inquisit [wenn er bey den andern und dritten Grad der Tortur entkleidet biß aufs Hembd zur Leither geführet / auf dieselbe geleget / und dessen Füsse an einer Strahle oder Sprossen angebunden sind daß sie nicht auffussen können / sondern hangen müssen] vermittelst eines Hakens / so unten an den Siemen wo sie zusammen gehen / befindlich / und den Strick / womit des Rei Hände hinterwarts auf den Rücken gebunden / eingehäkelt / hinauf gezogen und außgedehnet wird. VI. Der also genante Bock / CXCIX. Wird nur allein bey den Hexen / Zauberern / und andern welche ein Pactum mit dem Teufel haben / an stat der Leither gebrauchet / ist auch ein Instrument von Eisen eben wie die Daum-Schrauben zugerichtet / nur daß unter den Daum-Schrauben noch 2. andere Löcher so oben breit unten aber oval sind / zubefinden / drin die große Zeen gestecket werden. Wenn man nun einen solchen Teuffels-Banner / Hexe und Unholde in den Bock spannet / werden die Daumen und grosse Zeen Creutzweise in obgedachte Löcher gethan und fest zugeschraubet / auch die Daumen und Zeen lang zuziehen / und desto mehrern Schmertzen zuerwecken ihnen zwischen die Arme Unterschiedliche Stäbe durchgesteckt / und damit ie mehr und mehr aufgetrieben.
|| [317]
CC. Diese Art zu peinigen setzet Dn. Joh. Volk. Bechmann,
Tom. 2. Comm. ad Pandect. tit. de Quaestion. Obs. Pract. 3. n. 10. pag. 259.
unter den andern Grad der Tortur ziemlicher Maßen.
Item Michael Paris Walburger,
De Lamiis cap. 8. §. 9. pag 103.
Und ist eine wunderliche Positur, anzusehen / weil da der Leib gantz zusammen
gekrümmet wird / daß man sie gleich einen Wadsack oder Rantzen an einen Nagel
hangen kan.
CCI. Bey dem dritten Grad der Tortur, oder der scharffen Frage / wird dem Reo
auch wohl Schwefel und Pech / sonderlich den verstockten Zauberern und Hexen auf
die bloße Haut getreufelt / oder davon gemachte Pflast er angezündet / ihnen auf
den Leib geklebet / oder ihnen auch wohl spitzige Zwecken von Kien-Holtz unter
die Nagel geschlagen: Doch alles mit der Moderation und Maße / daß sie nicht gar
drüber dahin sterben.
Cothmann. vol. 3. Resp. 29. n. 229. & seqq. praesertim. n. 236.
Goehausen. in Proceß. contra Sagas tit. 3. in not. & addit. lit. O. pag. 167. CCII. Welches Betrieffen mit Schwefel und Pech / auch die Heyden bey Verfolgung der Christen / an den Märtyrern excrciret / wie bey dem Gallonio de cruciat Martyr. cap. 8. pag. 340. Item, cap. ultimo pag. 431. & 432. zu sehen. Ingleichen daß sie lange spitzige Nateln / Griffel / fpitzig-gemachtes Rohr oder andere Dinge ihnen unter die Nägel tief ins Fleisch gesteckt / allermassen im Martyrologio Rom. Non. Febr. zu lesen. Eusebius gedencket derselben auch lib. 8. c. 24. Ibi: Quibusdam sub ungvibus acutas infigunt arundines. Iterum, Martyrolog. Rom. Prid. Kl. April. in perside natalis S. Benjamin Diaconi, qui cum Dei verbum non desisteret praedicare, sub Isdegerde Rege ungvibus arundinibus acutis confixis Martyrium consummavit. Ado de S. Bonifacio, qui sub Diocletiano & Maximiniano apub Tarsum Passus, Nonis Junii. Tunc iratus Judex jussit eum suspendi & tam diu corpus ejus ungulis radi, donec ossa ejus apparerent: deinde calamos acutos sub ungvibus manùùm ejus affigi. D. Sagittarius, de Martyr. cruciatib. c. 16. §. 61. CCIII. Autor concertationis Anglicanae in Alexandro Britanno thut derselben auch Meldung / hisce verbis: Cum duorum dierum spatio in turri Alexander degisset, ab Arcis praefecto Doctore Hammono & Nortono evocatus est, [218] qui illum more suo exagitarunt, jusjurandum proponentes, quo ad omnia illum respondere cogant. Cum??? fateri nollet, quorum esset opera sustentatus, ubi rem Divinam peregisset, & quorum excepisset confessiones, acus sub ungvibus ejus infigi demandarunt, quo tantum abfuit ut de constantia animi deturbari potuerit ut hilari etiam vultu Psalmum miserere mei Deus recitaret, & obnixè Deum, ut suis tortoribus ignosceret, deprecaretur. add.
Caussin. de Eloquent. Sacra & humana lib. 14. c. 11.
Tholosan. in Syntagm. Jur. univ. lib. 48. c. 12. n. 3.
Gilhausen, p. 7. arbor. Judic. Crim. cap. 6. Sect. 3. n. 14.
Inprimis Harsdörffer / in Gespräch-Spiel / p. 2. part. 6. tit. 49. pag. 710. CCIV. Der Orth / wo die Tortur vorgenommen wird / soll abgelegen seyn / da die Leuthe nicht hinkommen oder zulauffen können / aus Neugierigkeit zu hören was die Gefangene bekennen / und hernach alles auszutreischen und noch mehr darzu zuliegen. Gestalt es denn gemeiniglich also pfleget herzugehen / daß wenn der Judex vermeinet er wolte die Urgichten noch so heimlich halten / weil sonderlich das Hexen-Volck auf unterschiedliche zubekennen pfleget / dennoch der gemeine Mann mehr und es besser wissen wil / als der Richter und andere / so doch von Anfang biß zum Ende darbey gewesen. Joh. Christoph Kühn / de Quaestion. thes. 21. CCV. Drum hat man an etlichen Orthen sonderliche Marter-Kammern / in starcken Gemäuer oder Gewölben / allwo dergleichen Berrichtungen vorgenommen werden. Author. Prax. Crim. Alt eb. pag. 275. Damit der Inquisiten Geschrey und Winseln / denen daherum wohnenden Leuthen und Nachbarn nicht beschwer- und verdrießlich sey.
Carpzov. Pract. Crim. p. 3. q. 24. n. 13. & seqq.
Walburger de Lamiis, c. 8. §. 11. pag. 107. CCVI. Der Judex, die Schöppen und Gericht-Schreiber: ja die Scharfrichter sollen / vermöge ihrer teuer-geschwornen Pflicht / selber stille schweigen / und nicht etwan aus Unvorsichtigkeit ihren Weibern / [die theils / wie des Simsons Delila, nicht auf hören ihre Männer zu fatigiren und zu quälen / biß sie ein und das andere von ihnen erfahren] was davon offenbahren: [319] denn wenn die Weiber es erst wissen / ist es eben / als wenn man Wasser in ein Sieb giessen / und es darinnen behalten wolte / daß es nicht durchhin lieffe. Plenae rimarum sunt, hàc atque illac profluunt, juxta illud Terentii in Heautont. CCVII. An etlichen Orthen wird die Tortur des Nachts / wenn die Leuthe schlaffen / vorgenommen / am bequemesten aber geschicht es des Morgens gantz früh / wenn der Reus noch nüchtern ist. Denn wenn man dieselbe wolte vornehmen / wenn der Inquisit gegessen hätte / würde ihm durch Umwendung des vollen Magens und Erbrechens / nicht allein schwerere Pein an seinem Leibe / sondern auch Schaden an der Gesundheit zugefüget / und mit der Tortur nicht können verfahren werden.
Martin. Del-Rio lib. 3. Disquis. Mag. lib. 5. Sect. 9.
Clarus in Pract. §. fin. q. 64. vers. decreta tortum.
Farinac. Pract. Crim. Quaest 38. n. 2.
Carpzov. p 3. q. 124. n. 5. & seqq.
Peinl. Sächß. Inq. und Achts-Process tit. 10. art. 2. §. 1.
Brunnemann. in Process. Cnim. c. 8. m. 5. n. 48. Drum sol es zum wenigsten 6. 7. biß 8. Stunden nach den Essen / wenn der Magen die Speise verdauet hat / geschehen.
Ambrosin. lib. 4. Process. in form. c. 1. n. 30.
Novell. in Pract. ad defens. c. 3. n 30.
Paris de puteo de Syndicatu v. torturac. 4. n. 17.
Hippolyt. de Marsil. lib. 1. in pr. ff. de Quaestion. n. 29. und
Clarus lib. 5. Sentent. §. fin. n. 30. setzen gar zehen Stunden. add.
Consil. ICt. Coloniens. quod extat apud Cothmannum, vol. 3. post Resp. 29. n. 247,
Farinac. Quaest. Crim. 38. n. 32.
Goehausen in Process. Jurid. contra Sagas tit. 3. Lit. H pag. 121. & in notis pag. 153. & is 4.
Tholosan. in Syntagm. Jur. univ. lib. 48. c. 12. n. 23. CCVIII. Die Volter soll auf einen Werckeltag / wenn man sonst andere Gericht-Sachen vornimmt / verrichtet werden. arg. L. neminem 22. C. de Episcop. Audient. L. quadraginta 6. C. de Feriis.
|| [320]
Carpzov. d. q. 124. n. 4.
Meibaum, de tortur. & torment. c. 4. n. 13. Ibi: nisi expediat Reipubl. poenam Inquisitorum accelerariper L. penult. C. de Feriis, nicht aber an einen Fest- oder Sontag / daß man den Gottesdienst drüber versäume.
Brunnemann, in Proceß. Crim. c. 8. memb. 5. n. 47
Freudius, in Gewiss. Fragen von Zauberey / q. 309. n. 3. ibi??? praejudicium Scab. Lips. 1634. ungeachtet solches an vielen Orthen in Italien geschiehet / und zwar / nach ihrer Redens-Arth / in honorum DEI. wei Clarus lib. 2. Sentent. §. fin. q. 64. n. 34. & 97. n. 6. bezeuget / bevorab in majoribus & atrocioribus delictis, sonderlich die heimlich geschehen / als da sind Adulterium, incestus raptus virginum, homicidium, parricidium, Veneficium, Maleficium & Similia,
Petr. Binsfeld. comment. in tit. C. de Malef. & Mathemat. concl. 18. per tot. pag. 716. & seq.
Seb. Guazzin. defens. 30. c. 4. n. 29. CCIX. Ferner sol auch der Judex die Gradus Torturae oder den Unterscheid der Marter wissen und verstehen / denn ob gleich etliche Rechts-Gelehrte dafür halten / es währen die GRADUSTORTURAE, denen Nachrichtern am besten bekant / als denen viel dergleichen Dinge unter die Hände kähmen / Peinl. Sächß. Inq. und Achts-Processe tit. X. art. 2. §. 3. pag. 145. So ist doch dieses eines Theils ein gefährlicher / und dem Gewissen sehr nahe tretender Zustand / wenn ein Richter dem Diener und Executori sol in die Hände sehen / da doch der Nachrichter des Judicis Befehl erwarten / und nach seinem beständigen Gutbefinden / das Urthel exequiren soll. Anders Theils aber findet sich heutiges Tages auch gar selten ein solch erfahrner Nachrichter / der den rechten Unterscheid der Peinlichen Fragen und Marter weiß / und ist daher allerdings nöthig / daß einer hievon gründliche Nachricht habe.
Author. Prax. Crim. Alteb. c. 9. §. 5.
Maurit. Meybaum Disp. de Tortur. c. 1. n. 9. CCX. Es sind aber die Criminalisten nicht einerley Meinung / wie viel Gradus Torturae seynd. Julius Clarus, lit. 5. Sent. §. fin. q. 94. n. 31.
|| [321]
Menochius, lib. 2. de A. J. Q. quaest. 271.
&
Paulus Chirlandus, de Tort. q. 4.
machen derer Fünff / welche auch
Matth. Stephani, in Comment. ad Const. Crim. Caroli V. artic. 58. n. 3.
zehlet / und
Adam Volkm. in seinem Peinlichen Proceß. part. 2. tit. 9. c. 52. mit diesen
Worten exprimiret: Der Erste und niedrigste Gradus ist / so der Richter einen
terrirt oder erschrecket / wenn er ihn erstlich ansichtig wird / und verdächtig
hält / aber gleichwohl so viel Indicia und Anzeigungen nicht hat / daß er ihm
mit peinlicher Frage angreiffen möchte / iedennoch aber der Richter in solchem
Fall einen lässet ausziehen / binden / und an die Leiter stellen / also daß der
Gefangene nicht anders meinet / er werde ietzt von den Scharfrichter aufgezogen
werden. Oder / daß der Richter den Gefangenen sonst den Scharfrichter sehen läßt
/ damit er sich für ihm entsetze / und desto eher bekenne wenn ihn der Richter
fraget. Der Andere Gradus der peinlichen Frage ist / wenn der Gefangene also
gebunden / ein wenig von der Erden aufgezogen wird / und man ihn ein wenig
schweben / und denn wieder herab lässet. Der Dritte Grad ist / wen̅ der Gefangene aufgezogen wird / und so lange also im Gewicht hangen bleibet /
als einer ein paar Vater Unser / oder etwas länger ausbetet / doch ohne
Streckung / oder Anzug der Chorden, oder anderer Stricke dadurch einer
gepeiniget wird. Der Vierdte Gradus ist / wenn der Gefangene aufgezogen / und
also eine gute Weile / etwa einen dritten Theil / oder eine halbe / auch wohl
gar eine gantze Stunde / nach Gelegenheit der That / und Person / im Gewicht
hangen bleiben muß / und der Scharfrichter ihm einen Zug / zwey oder drey mit
der Corden giebet / an den Händen mit Schnüren zeucht / endlich die Spanische
Stiefeln anlegt / und ihn auf die Schien-Beine klopffet / dadurch die Marter
desto grösser zumachen. Der Fünfte und letzte Grad ist / wenn man den Gefangenen
aufgezogen hat / und / wie oben gemeldet / an der Marter hangen lässet / auch
etliche mahl die Leinen oder Corden angezogen / und auf die Schien-Beine
geklopfft / aber der Gefangene solches alles veracht / und beharret auf seinen
Verneinen / daß man ihn zu Beschwerung solcher Marter und Pein [wenn es ein
verruchter / verleumdter und beschriener Ubelthäter ist /] etliche Gewicht an
die Füsse hänget / als Steine / eiserne Fessel / und [322] läst ihn also mit dem Gewicht aufziehen und darinn hangen / und klopffet ihn
auf die Spanischen Stiefeln [welches Fesseln seynd / einer Hand breit / und rund
/ inwendig mit Zacken / wie an den Fuß-Eisen gebräuchlich /] die man erstlich
über die Schien-Beine zuschraubet / und wenn solches noch nicht helffen will /
dem Ubelthäter Schwefel auf den Leib treuft / mit Lichtern unter den Armen / und
sonst an dem Leibe brennet / und was die Scharfrichter sonst wissen
zugebrauchen.
add. Goehausen, in proc. contr. Sagas. tit. 3. in addit. pag. 156. 157. &
158.
CCXI. Heinricus Bocerus machet nur Zwey Gradus, quorum Primus consistit in rei
chordis sive funiculis constricti elevatione, wenn der Delinquent gebunden auf
die Leiter gezogen wird. Secundus in ipso rei pendentis quassu, wenn er so denn
auf allerhand Arthen gepeiniget und gemartert wird. Alii Tres gradus Torturae
faciunt.
CCXII. Benedictus Carpzovius der berühmteste Sächsische Criminalist aber / hält
dafür / daß zweyerley Arthen der Tortur sind / nempe Territio & Tortura
ipsa, die Territio und Erschreckung aber ist wieder zweyerley / Erstlich
Verbalis, sive nuda, wenn der Scharfrichter mit seinen Instrumenten dem
Iuquisito vorgestellet / und sodenn bedrohet wird / da er nicht gleich zu
bekennen würde / der Scharfrichter ihn peinigen solte / iedoch der Scharfrichter
darf Inquisiten bey solchen Zustande nicht angreiffen / welches auch im
Teutschen das bloß Vorstellen genennet / und daher in Urtheln wie auch schon
droben nro CXV. angeführet / erkandt wird / hisce formalibus: Daß ihr wohl
befugt / dem Gefangenen / den Scharfrichter vorzustellen / und durch denselben /
als solte und wolte er ihn angreiffen / iedoch aber unangegriffen / in guten
befragen zu lassen. Die andere Arth der Territion wird genennet Realis, wenn der
Scharfrichter über die vorher-beschehene Drohung auch Hand an den Inquisiten
legt / ihn ausziehet / zur Leiter führet / seine Instrumenta zur Peinigung
gehörig / herbey bringet / und dem Gefangenen vorzeiget / die Daumen-Stöcke
anleget / damit wohl gar zuschraubet / auch mit den Schnüren bißweilen den
Anfang machet / welches genennet wird Territio cum praeparatoriis ac praeludiis
tormentorum conjuncta, das Vorstellen mit den Daumen-Stöcken. Wobey der Inhalt
des Urthels wohl in acht zunehmen / denn nicht auf einerley Arth und Weise uf
denen Universitäten gesprochen / auch nach Gelegenheit [323] der Persohnen / Verbrechung und Umständen / bald gelinde / bald scharf erkandt
wird / ohngefähr mit diesen Formalien: So erscheinet dar aus so v / el / daß ihr
wohl befugt / den Gefangenen dem Scharfrichter auf diese Maaße zu übergeben /
daß er ihn mag ausziehen / entblößen / zur Leiter führen / die zur Peinligkeit
gehörige Instrumenta vorzuzeigen / auch da es nöthig / die Danmen-Stöcke
anzulegen / und damit zuzuschrauben Und wo dieses bey ihm nicht fruch tet / wird
dem Nachrichter Gewalt verstattet / mit den Schnüren den Anfang zumachen /
iedoch daß es bey dem verbleibe / und mit Inquisito zu diesem mahl nichts
weiters vorgenommen werde / darbey er denn mit allen Ernst befraget wird / ob er
nicht die und die That begangen / sc.
CCXXII. Die Tortur und Marter an sich selbst / hat nach obgemeldeten Sächß.
Criminalistens Meinung / drey Arthen und Gradus. Der erste Gradus ist / wenn dem
Gefangenen die Hände uf den Rücken gebunden werden / und das Schnühren mit Ernst
vorgenommen wird / welches zwar der geringste und gelindeste Gradus heisset /
aber recht / nach des Carpzovii Erinnerung solche Pein und Schmertzen
verursachet / daß viel Nachrichter / nebst der Erfahrung bezeugen / wenn die
Inquisiten das Schnühren außstehen / und nichts bekennen / sie hernach sehr oft
die andere Marter erdulden. Worbey zum Unterschied dieses Gradus, von der
Territione reali zu mercken / daß / gleichwie dort im Urtheil dieses Wort
zubefinden / mit den Schnühren den Anfang zu machen. Also wird alhier das Urthel
solches Inhalts seyn; Und da dieses bey ihm nicht fruchtet / wird dem
Scharfrichter auch verstattet / ihn mit den Banden zuschnüren. Der andere und
mittelste Gradus ist wenn der Inquisit us die Leither gezogen / und gespannet /
oder gevoltert wir. Der dritte und höchste Grad der Marter ist / wenn Inquisit
uf der Leither außgespannet wird / daß man mit einem Licht das Eingeweide im
Leibe sehen kan / angezündeter Schwefel / Pech / und darvon gemachte Pflaster
ihm ufn Leib geworffen / die Haare unterm Arm / und an heimlichen Orthen
abgebrennet / auch auf andere scharffe Maaße mehr mit ihm verfahren wird.
CCXIV. Gleichwie aber der letzte Gradus nur in den atrocissimis delictis erkant /
und zum Unterscheid des mitlern Gradus in Urthel mit diesen Worten angedeutet
wird: Den Gefangenen mit der Schärffe angreiffen / und befragen zu lassen: Also
ist der andere Gradus am gemeinesten / und wird erkant / wenn diefe Wort in
Urthel enthalten. Ziem [324] licher Weise oder Maßen.
Was aber durch diese Worte eigentlich verstanden werde / und wie so denn mit
Inquisito umzugehen / lehret das in den F. S. Löbl. Schöppen-Stuhl zu Jena / auf
des Amt-Schössers zu Tenneberg Andreae Wexens beschehenes Ansuchen gesprochene
und in Herrn D. Christoph Phillp Richters ICti & Ordinarii zu Jena Seel.
heraußgegeben Consiliis
Tom. 1. part. 5. Respons. 24. pag. 90. & 91.
befindliche Urthel mit diesen Worten: Wenn in den Urtheln diese Wort: Ziemlicher
Maßen / der scharffen Frage mit angehenget seyn / wird der andere Grad der
Tortur, welcher am allergebräuchtichsten ist / verstanden / und haben die
Scharfrichter solche Tortur unterschiedlich verrichtet / und von Anziehen der
Schrauben alleine verstanden / wenn gleich die Gefangene weder gerecket noch
angezogen worden / bißweilen Inquisiten geschnühret und die Bein-Schrauben
angelegt / auch ist wohl der Gefangene ziemlich gebunden / und geschnühret / uf
die Leither geleget / und ihm die Hände hinterrücks in die Höhe gesträcket / und
die Schien-Beine geschraubet worden / überdieses hat auch der Scharfrichter den
Inquisiten ziemlicher Maßen gebunden / und uf die Leither etwas gezogen /
letzlich seynd dem Gefangenen / wenn er nf die Leither gebracht / die
Schrauben-Stöck an die Beine gelegt / er aber nicht außgereckt oder gedähnet
worden. Dergleichen Urthel ist auch im Januario 1656. auf Hanß Christoph Winters
/ Landrichters zu Themar Frage gesprochen worden / welches auch zugleich alle
drey Arthen der Tortur deutlich beschreibet / wie folget:
P. P.
Demnach ihr Unsern Bericht begehret / wie die Gradus Torturae gebührlich in acht
zunehmen / so geben wir Euch hierauf zuvernehmen / daß die gelinde Tortur oder
der erste Grad der Peinlichkeit darinnen bestehe / daß der Scharffrichter den
Inquisiten mag außziehen / entblössen / zur Leither führen / die zur
Peinlichkeit gehörige Instrumenta vorzeigen / und da es nöthig die Daumen-Stöcke
anlegen / und damit zuschrauben / auch wohl den Umständen nach / mit Schnüren
den Anfang machen / in Maßen / denn in denen Urtheln so auf die ergangene
Inquisitions-Acta eingeholet werden / außdrücklich vorgeschrieben wird / wie und
anf was Maße der Scharfrichter verfahren folle / welchen er gebührend
nachznkommen weiß; Anlangend ferner den andern Grad der Tortur, ist derselbe
wenn in den Urtheln diese Worte: Ziemlicher Maßen / der scharf [325] fen Frage mit angehänget seynd / zuverstehen /
und wird auf Richterliche Ermässigung / des delicti Beschaffenheit und der
Personen Gelegenheit nach / unterschiedlich verrichtet / und haben die
Scharfrichter solchen Verstand nur von Anziehung der Schrauben allein / wenn
gleich der Gefangene weder gerecket / noch aufgezogen worden / bißweilen den
Inquisiten geschnüret / und die Bein-Schrauben angeleget / auch ist wohl der
Gefangene ziemlich gebunden und geschnüret auf die Leither geleget / und ihm die
Hände hinterrücks in die Höhe gestrecket / und die Schien-Beigeschraubet worden.
Uber dieses hat auch der Scharfrichter den Inquisiten ziemlicher Maaßen gebunden
/ und uf die Leither etwas gezogen. Letzlich seynd dem Gefangenen / wenn er uf
die Leither gebracht / die Schrauben-Stöcke an die Beine gelegt / er aber nicht
außgereckt oder gedehnet worden / auch wird sonderlich bey denen / so der
Hexerey halben verdächtig / gebraucht / daß sie in den Bock gespannet werden /
wie denn sonsten den Scharfrichter nicht unbewust / wie und auf was Maße die
ziemliche scharffe Frage pfleget exequiret zu werden. Letzlichen ist zwar auch
der dritte Grad de Tortur, so aber selten erkant wird / daß nemlich der
Scharfrichter den Inquisiten nebst vorgesetzten Peinlichkeiten auch mit dem
Feuer / als angezündeten Schwefel und Kiehn / auch mit andern gewöhnlichen
scharffen Mitteln angreiffen mag / jedoch daß den Inquisiten dadurch an seinem
Leben kein Schaden zugefüget werde.
CCV. Ericus Mauritius ICtus & Ordinarius zu Kiel hat in seinen A. 1669.
herauß gegebenen Specimine Consiliorum Chilonensium die Arth / ziemlicher Maßen
peinlich Fragen / mit diesen Worten exprimiret: Solte aber der Gefangene mit der
Bekäntnis nicht herauß wollen / könte alßdenn die Tortur, (ziemlicher Maßen)
dergestalt an ihm volstreckt werden / daß er durch den Scharfrichter anfänglich
mit den Schnüren angegriffen / und damit zugeschnüret / und dafern solches bey
ihm nichts verfangen wolte / alßdenn auf die Leither gespannet / ihm die
Spanischen Stiefeln angelegt / und er eine Zeitlang aufgezogen / und hernach
wieder zwey oder drey Sprossen niedergelassen würde / womit der Sachen ein
Gnügen geschehen kan.
CCVI. Welches die Fürstl. Sächß. Gothaische Gerichts- und Process-Ordnung fast
mit dergleichen Worten folgenden Inhalts gegeben: Wenn die Peinliche Frage /
oder die Schärffe im Urthel mit der Gemeinen [326] Mäßigungs
Formul, erkennet / so sol Krafft dessen der Gefangene durch den Scharfrichter
Anfangs mit den Schnüren angegriffen / und damit zugeschnüret / und daferne
solches bey ihnen nicht fruchten / er alsdenn auf die Leither gespannet / ihm
die Spanischen Stiefeln oder Bein-Schrauben angeleget / er eine Zeitlang
aufgespannet gehalten / und hernach 2. oder 3. Sprossen niedergelassen / weiter
Pein aber in diesen Fal den Gefangenen durchaus nicht / sonderlich keine Stricke
oder Schnüre um den Kopf angeleget werden. Würde aber die scharffe Frage in
Urthel / ohne Mäßigung erkennet / so sol der Scharfrichter / nebst vorgemeldeter
Peinlichkeit / den Gefangenen auch mit angezündeten Schwefel und Kertzen / und
sonsten mit andern / nach Landes-Arth dißfals gewöhnlichen Mitteln / iedoch
gleichwohl noch mit dieser Bescheidenheit / daß ihm dadurch an seinem Leibe kein
Schade zugefügt werde / angreiffen.
Hahn in Observ. ad Wesenbec. ff. de Quaestion. n. 16.
Bechmann. in Comment. ad ff. tit. de Quaestion. n. 10. Obs. Pract. 3.
Author. Prax. Crim. von pag. 262. biß 269. Schilling de Reiter. tort. c. 3. §. 26. 27. 28. & 29. CCVII. Amplissima Facultas Juridica in Celeberrima Academia Viadrina quoad Gradus Torturae hodie hanc praxin observat: Distinguit nempe territionem à tortura: Territio est vel nudè verbalis vel realis. Haec iterum vel cum apprehensione carnificis fit vel sine ea. Tortura ipsa tres Gradus habet: Primus Gradus in eo consistit in Zuschraubnng der Daumstöcke / und Schnürung der Hände. Secundus consistit in Anziehung des delinquenten und Anlegung der Spanischen Stiefel / & hic Gradus propriè venit sub nomine der Mäßigeu Peinigung. Tertius in eo consistit, in dorso supponuntur Instrumenta torquentia, dici solet der gespickte Hase. i. e. es werden dem delinquenten, der albereit ist aufgezogen / von dem Scharfrichter allerhand spitzige Instrumenta unter den Rücken gelegt / durch welche / in dem er drauf lieget / die Schmertzen vergrössert werden. Wird ihm auch wohl noch darzu angezündeter Schwefel auf den bloßen Leib getreufelt. Idem Schilling, d. tr. c. 3. §. 30. CXVIII. Wen̅ es nun zur würcklichen Execution der erkanten Tortur gelanget / wird daß gesprochene Urthel / ehe die Gerichts-Personen zu dem Inquisi [327] ten hineingehen / oder solchen vor sich kommen lassen / dem Scharfrichter à part entweder vorgelesen / oder in Original dargereichet solches selber zu lesen. Damit er wisse wie weit er bey der Volter gehen / und den Gefangenen angreiffen solle / auch ihm nicht selber Verantwortung und Straffe zuziehe / wenn er den vorgeschriebenen Modum entweder aus Vorsatz / oder aus Unwissenheit und Nachlässigkeit überschritte.
Juxta §. 3. 6. 7. & 8. Instit. ad Leg. Aq.
Carpzov. in Pract. Crim p 3 q. 137. n. 6.
P. Sächß. Inq. u. Achts-Process, tit. 9. art. 2. § 3. CCIX. Wenn dieses geschehen / gehet der Judex mit den beyden Gericht-Schöppen und dem Actuario in die Stube / Cammer oder Gewölbe / wo der Reus torqniret werden sol / setzen sich bey dem drin befindlichen Tisch nieder und lassen den Gefangenen so vorher von den Fässeln und Banden abzuschliessen / zu sich hinein bringen / es gehet auch der Scharffrichter mit seinen Knecht zugleich mithinein und legen ihre Instrumenta zurechte / Schrauben auch den Kloben / an / den Inquisiten desto eher zubewegen / daß er in Güte ohne Pein bekenne. CCX. Drauf redet der Judex [nachdem der Gerichts-Diener wieder abgetreten / und die Thür zugemacht] den Gefangenen an / und erinnert ihn / daß er sich wohl zu entsinnen wüste / wie er Wegen Hex- und Zauberey / Oder Wegen Ehebruchs / Wegen Mord- und Todschlages Wegen Dieberey sc. sc. in Hafft kommen / auch deshalber auf gewisse Inquisitional Articul examiniret / und weil er das meiste geleugnet / mit dem eydlich-abgehörten Zeugen confrontiret worden. Ob er nun wohl darwieder seine Defension zu den Acten gebracht / solche auch in den Schöppen-Stuhl zu N. zum Spruch Rechtens mit verschicket gewesen / und nun nebst dem Urthel wieder zurück kommen: So wäre ihm doch die scharffe Frage drin zuerkant worden / wofern er nochmals in Güte sein Bekäntnis nicht thun wolte: Würde er also treulich ermahnet / GOtt die Ehre zugeben / sein Gewissen zuerleichtern / die That mit allen Umständen richtig und gründlich zuoffenbahren und zu bekennen / zu keiner Schärffe es komme̅ zu lassen / wie er den̅ da den Scharsrichter mit seinen Instrumenten vor Augen sehe / welche / wenn in Güte [328] nichts von ihm zuerlangen / dem Urthel gemäß mit ihm verfahren würde. Mit weiter zu Gemüthführung wenn einer einmahl unter des Scharfrichters Hände käme / wär es ihm bey den gemeinen Mann sein Lebetage vorwürflich und Schimflich &c. Er hätte noch gerade und gesunde Gliedmaßen / solte sich dieselbe durch die Volter nicht verderben / und zum lahmen ungesunden Menschen machen lassen / sondern viel lieber ohne Pein die Warheit bekennen. Und dergleichen Vorstellungen mehr.
Chartar. in Pract. Interrog. lib. 4. c. 1. n. 58.
Mich. Paris Walburger, de Lamiis cap. 8. §. 12.
Ambrosin lib. 4 de Processu informativ. cap. 1. n. 21.
Carpzov. Pract. Crim. part. 3. q. 124. n. 9. 10. 11. & 12.
Dan Clasen, ad art. 46. Const. Crim. Caroli V. pag. 215. & 216.
Brunnemann, in Proceß. Crim. c. 8. membr. 5. n. 36.
Schilling, de Reiterat. tortur. c. 3. §. 8. CCXI. Des Inquisiten Antwort hieranf / Item / wie er sich anstellet / wie auch alles andere / was von Anfang biß zum Ende vorgehet / wird von dem Actuario nieder geschrieben / und er auf die Interrogatorien, welche gemeiniglich in den Urthel exprimirt zu befinden / darinnen der rechte Nervus causae beruhet / und alle nothweudige zu Sache dienliche Qualitäten begriffen sind / nachdem dieselbe in gewisse unterschiedene Articul gebracht / und abgefasset werden / nochmahls in Güte examiniret / doch mit der Bedeutung / daß / wenn er nicht gleich zu die Warheit bekennen würde / er dem Scharfrichter zugegen [der aber zu der Zeit noch nichts drein redet / diß der Reus ihm tradiret wird] übergeben werden solte / die Tortur an ihn zu vollstrecken. Und darf der Judex keine Articul mehr hinzu thun / auch keins von den Interrogatorien auslassen / noch etwas dran ändern / sondern es muß strictè bey demselben verbleiben.
Carpxov. part. 3. quaest. 124 n. 30. & mult seqq.
Peinl. Sächß Inquis. und Achts-Proceß, lit. 9. art. 2. §. 3. n. 3. mit welchem auch Käyser Caroli V. Peinliche Hals-Gerichts-Ordnung Art. 100. überein stimmet. CCXII. Zu mehrer Erläuterung dessen / will ich hier ein Urthel / in Hexerey-Sachen gesprochen / mit solchen Frage-Stücken inseriren / also lautend: Unsere freundliche Dienste zuvor / Ehrenvester Wohlgelahrter guter Freund / Als ihr uns G. S. befehliche / eingebrachte Rügen / gehaltene Registra [329] turen / verfassete Inquisitional-Articul, der Verhafften A D. drauf gethane Antwort / und unterschiedener abgehörter Zeugen sum̅arische und eydliche Aussage / auch angestellte Confrontation, beneben einer Frage zugeschicket / und euch des Rechten darüber zubelernen gebethen habt. Demnach sprechen wir Churfl. Sächß. Schöppen des Stuhls zu Leipzig darauf vor Recht: Wird gedachte A. D. beschuldiget / daß sie sich der Zauberey und Hexens beflissen / und mit dem bösen Feind Gemeinschafft habe / insonderheit aber H. M. S. einen Schul-Knaben anfänglich das Bette voller Läuse gemacht / und hernach ihn / wie auch H. D. des Seilers Lehr Jungen eine abscheuliche Kranckheit zugebracht / welche sie so wohl des Tages / als des Nachtes vielfältig niederwirfft / den Leib aufschwellet / und hefftig plaget / daß sie allezeit etliche Persohnen halten müssen / darbey der böse Feind aus ihnen wunderliche Dinge redet. Ferner A. R. ein Kind / und M. S. einen Sohn von 20. Jahren / ingleichen A. S. ein Kind von vier Wochen gesterbet / gedachten R. wie auch S. Weibe die Milch genommen / L. S. Sohne Micheln / als er an der L. Mauer mit andern Knaben des Ballens gespielet / die lincke Hand lahm gemacht / daß es ihm die Finger gantz krumm gezogen / M. R. 2. Pferde verderbet / auch ihm selbst etwas in den Rücken gehexet / den Seiler H. D. etliche mahl / wie auch L. S. als er sich mit Inquisitin gezanckt / M. H. als er sie vexiret / und vor 15. Jahren L. E. als er sich mit ihr geärgert / mit Läusen und Ungeziefer überfüllet / D. Weib üm ein Auge gebracht / in gleichen B. H. als sie bey ihr gewohnet / etwas am Hals gehexet / daß sie es gestochen und gerissen / welches ihr aber zum Theil wieder benommen. Ob nun wohl Inquisitin gar nichts geständig seyn will / und auf diejenige Reden / so der böse Geist aus den beyden Knaben geführet / nicht zu trauen; Dieweil aber dennoch dieselbe der Hexerey halber lange Zeit im Beruff gewesen / wenn ihr solche von den Leuthen vorgeworffen worden / darzu geschwiegen / und es nicht geklaget / durch 2. Zeugen überführet / daß sie den Knaben H. M. S. als er mit einem Stück Eisen an der Säule des Hauses geschabet / geschlagen / und selbigen in den Arm gepfitzet / auch so wohl demselben / als Heinrich Darren / da er Inquisitin deswegen gescho???ten / bedrohet / sie wolte es ihm wohl gedencken / worauf bald des Jungen Bette voller garstigen Läuse worden / und ihm die böse Kranckheit ankommen / ingleichen des Seilers Lehr-Junge H. V. L. nachdem er der Inquisitin den Schleyer oder Schürtze auf der Gasse vom Kopf gerissen / und wie er sie auf der Treppe im Hause sitzen sehen / und nach ihr geschla [330] gen / mit allen dergleichen Kranckheiten / wie S. befallen worden. Ferner / durch die abgehörten Zeugen beybracht / daß L. S. M. H. und L. E. nachdem sie sich mit Inquisitin geärgert / oder dieselbe vexiret / alsobald voller Läuse worden. Uber diß Ursula H. eydlichen ausgesaget / daß vor vielen Jahren in der Walburgis-Nacht / in Thomas Winnen Hauße zu M. einen Hauffen Sauer-Milch geschüttet worden / daß niemand gewust / wo sie dahin kommen / und als Inquisitin sie solches vorgehalten / dieselbe gesagt / es würde ein schwartzes Hündlein kom̅en / und die Sauer-Milch wegfressen / so auch alsbald erfolget. Endlichen Inquisitin alsobald gewust / daß die Zeugen ihretwegen ins Amt gefodert worden / und daher zu Zweyen kommen / und gefraget: waß sie wegen ihrer berichten müssen / und da sie durch den Gerichts-Diener und Stadt-Knecht eingeführet worden / viele Creutze vor sich und das Hauß gemacht / nach mehrern Inhalt der überschickten Inquisition-Acten. So erscheinet daraus allenthalben so viel / daß Inquisitin A. D. nicht unschuldig / und demnach / wann sie ihr Bekäntnis in Güten richtig nicht thun will / diese Acta auch durch einen Geschwornen gehalten / oder / da solches nicht geschehen / vor demselben die abgehörte Zeugen ihre Aussage nochmahls wiederholen würden / ihr wohl befugt / dieselbe mit der Schärffe / ziemlicher weise / [dabey / ihres hohen Alters und Leibes-Constitution nach / eine Maaße wird gehalten werden müssen] angreiffen und befragen zulassen: Ob sie nicht eine Zeit her sich der Hexerey und Zauberey beflissen / Menschen und Vieh bezaubert? Vom wem fie solches gelernet? Ob sie nicht mit dem bösen Feinde sich in ein Bündnis eingelassen / wie / und auf was weise / auch mit was Worten solches geschehen? Ob nicht der böse Feind mit ihr unmenschliche Unzucht getrieben? Ob sie nicht vor 20. Jahren in der Walpurgis-Nacht in ein Hauß zu M. so ietzo Thomas Winne besitzet / unten an die Treppen einen Hauffen Sauer-Milch geschüttet? Zu was Ende sie solches gethan? Ob sie nicht den Leuthen / so dieselbe anrühreten / oder darüber giengen / damit Schaden zufügen wollen? Wo sie solche Sauer-Milch hergenom̅en? Und waß es vor ein schwartzer Hund gewesen / so diese Sauer-Milch aufgefressen? Ob sie nicht den Schul-Knaben H. M. S. darum / daß er an der Säule des Hauses geschabet / geschlagen / und in den Arm gepfitzet? auch hernach sein Bette voller Läuse gemacht? Ingleichen denselben und den Lehr-Jungen H. V. L. daß er ihr den Schleyer oder Schürtze vom Kopf gerissen / und nach ihr geschlagen / bezaubert? Und ihnen beyden die böse Kranckheit / darein sie beyde [331] gefallen / zubracht? Waß sie hierzu vor Mittel gebraucht habe? Ob sie nicht zu den Jungen H. M. S. in Gestalt einer schwartz-bunden Katzen / grossen Kröte und Mauß kommen / und ihn gequählet? Ob sie nicht zu H. V. L. auf den Boden kommen / und selbigen vom Stuhl werffen wollen? auch sonsten demselben / wie auch H. D. sich praesentiret / und hernacher wieder verschwunden? Ob sie nicht H. M. S. mit einem zackichten Eisen in die grosse Zehe des lincken Fusses geritzet / und das Blut in ein Gläslein aufgefangen / und mit sich weg genommen? Waß sie damit gethan? Und wozu sie es gebrauchet? Ob sie nicht den Seiler H. D. etliche mahl; Ingleichen L. S. M. H. und L. E. als sie mit ihr sich geärgert / oder sie verhönet / voller Läuse und Ungeziefer gemacht? Und wenn es Inquisitin zu scharffen Frage kommen lässet / mag sie auch incidenter mit befraget werden / Ob sie nicht A. R. M. S. und A. S. Kinder bezaubert / daß sie sterben müssen? Ob sie nicht M. S. da er an der L. Mauren mit dem Ballen gespiehlet / die lincke Hand lahm gemacht / daß es ihm die Finger gantz krumm gezogen? Weiter / M. R. zwey Pferde behexet / daß sie verdorben / auch ihm selbst etwas in den Rücken gezaubert / und dessen Weibe zu zweyen mahlen die Milch genommen? H. D. Weib üm ein Auge gebracht / demselben 20. Thaler weg gezaubert? Und Barbar H. eine Kranckheit angehangen? Waß sie hierzu allenthalben vor Mittel gebraucht / und sie sonsten darbey gethan / und ihr bewust sey? Auf solche / der Inquisitin Urgicht / wenn sie mit allen Fleiß zu den Acten gebracht / und selbige wieder überschicket werden / ergehet so dann ihrer Bestraffung halber / oder sonsten ferner was Recht ist / von Rechts wegen. Zu Urkund mit unsern Insiegel versiegelt. Chur-Fürstl. Sächsische Schöppen zu Leipzig. Mens. Feb. 1669. CCXIII. Es werden aber aus solchen Interrogatorien darum kurtze Articul, in deren ieden nicht mehr / denn nur ein einzig Fragstück / und zwar mit eben den in Urthel befindlichen Worten ungeändert zusetzen / formiret / damit Inquisitus sich nicht in der Antwort confundire, und dadurch selbsten gefähre / Theils auch / daß die Beantwortung daraufklärer und deutlicher geschehe / und hernach die Schöppen-Stühle sich mit mehrer Gewißheit / in Erkennen der Straffe / darnach zurichten haben.
|| [332]
Carpzov. d. Quaest. 124. n. 31. & 32.
Peinl. Sächß. Inq. und Achts-Process, tit. 10. art. 1. §. 4.
CCXIV. Geschiehet nun hierauf von Inquisito ein gültiges und richtiges Bekäntnis
/ wird die Vollstreckung der Tortur billig eingestellet.
L. 1. §. 1. ff. de Quaestion. L. quoties 12 C. eod. tit.
Damhoud. in Praxi Rer. Crim. c. 35. n. 1. & seqq.
Zanger, de Quaest. & Tort. c. 2. n. 2.
P. H. O. Caroli V. art. 46. Sapientem enim decet omnia prius verbis, quàm armis experiri.
Clarus, in Pract. Crim §. final. Quast. 64. n. 35.
Stephàni, ad d. art. 46. Constit. Crim. Carolin. Et judices, qui omissis debitis Interrogatoriis statim ad Torturam properant, sunt NEBULONES magis, quàm Judices, teste Ambrosin. in Proceß. informativ. lib. 2. c. 2. n. 8. CCXV. Wo nicht / so übergibt der Judex den Inquisiten dem Scharfrichter / welcher die Tortur gradatim, also daß er von der geringen anhebet / und nach und nach schärffer fortfähret / an ihn volstrecket / wie sie in Urthel erkant / und droben so wohl bey Beschreibung der ietzo bey Uns in Teutschland / und sonderlich in Sachsen üblichen Tortur Instrumenten, als auch bey den Gradibus Torturae mit mehrern angeführet worden ist.
Dan Clasen, ad art. 46. Const. Crim. Caroli V. pag. 216.
Goehausen in Proc. contr. Sagas tit. 4. in addit. lit. c. p. 205. CCXVI. Und stehet der Obrigkeit nicht frey / ihrer Beliebung nach / die scharffe Frage zumäßigen / und wie weit damit zuverfahren / dem Scharfrichter anzubefehlen / sondern sie muß es bey dem gesprochenen Urthel / und darin gesetzten Maße unenderlich bewenden lassen: Jedoch / wenn etwan der Inquisitus nicht bey volständiger Gesundheit und Gliedmassen / oder aber verwundet wäre / einen Bruch oder dergleichen Mangel hätte / und gleichwohl in Schöppen-Stuhl / da man hierum nicht Wissenschaft gehabt / die rechte Tortur erkant wäre / in solchen Fall mit der scharffen Frage in etwas / und nach Befindung des Inquisiti Zustandes / gelinder zuverfahren / dem Richterlichen Ambt unbenommen / wiewohl besser und sicherer / wann darüber insonderheit Rechtliches Erkäntnis aus den Schöppen-Stühlen eingeholet wird.
|| [333]
Petnl. Hals-Gerichts-Ordn. Caroli V. art. 59. ibi??? Matth. Stephani, in Not.
Peinl. Sächß. Inquis. und Achts-Process, tit. X. art. 2. §. 4 & 5.
CCXVII. Es sol auch Inquisitus bey währender Marter und Tortur auf die Articul
eigentlich und in specie nicht befraget / sondern / wenn er seine Urgicht zu
thun erböthig ist / solches andeutet / und die Missethat gestehet / von der
Marter gelassen / mit Volstreckung der Schärffe in Ruhe gestanden / und sodann
das Examen vorgenommen werden.
Carpzov. part. 3 q. 124. n. 27. & seqq.
Peinl. Sächß. Inq. und Achts-Process. tit. X. art. 3. §. 2. pag. 148.
Brunnemann. Process. Crim. c. 8. membr. 5. n. 61.
Es ist auch solches in Käyser Carolides V. Peinlichen Hals-Gerichts-Ordnung art.
88. in verb. Und sol die Sage des Gefangenen nicht angenommen / oder
aufgeschrieben werden / so er in der Marter thut / sondern er sol seine Sage
thun / so er von der Marter gelassen ist & c. klährlich vers???hen.
Maßen denn nicht gläublich / daß Inquisitus bey währenden Schmertzen die Warheit
berichten / oder sich so genau und eigentlich auf alle Umstände und
Beschaffenheiten der Missethat besinnen könne.
Thomas Metzger / de Tortura, thes. 191.
Bocer. de Quaest, & Tortur. c. 5. n. 35. Zanger, eod. tr. c. 4. n. 15.
Matth. Stephani, ad art. 47. Const. Crim.
Carol. in fin. Item art. 58. n. 2.
Carpzov. in Pract. crim. p. 3. Quaest. 124 n. 26. & seqq.
Farinac. in tr. de reo confesso & conficto q. 38 c. 1. per tot. welches Cicero, in Oratione pro Sylla, gleichfals bezeuget / wenn er saget: Tormenta illa gubernat dolor, moder at urnatur a cujus??? cum animi, tum corporis, regit quaesitor, flectit libido, corrumpit spes, infirmat metus, ut in tantis rerum angustiis nihil veritati loci relinquatur. Et Mimus ait: etiam innocentes cogit mentiri dolor. Vent. de Valent in Parthen. litig. lib. 2. n 8. n. 7. CCXIIX. Wann nun Inquisitus bey währender Tortur der Missethat geständig ist / oder doch sein Bekäntnis zuthun sich erkläret / und zu solchem Ende von der Marter gelassen worden / müssen ihm die Articul, so aus der Schöppen Urthel gezogen / und darauf Inquisitus zuvor albereit in Guten befra???et worden / vorgelesen werden. Auf solche Articul sol Inquisitus [334] fein ordentlich / richtig und deutlich / auch categoricè mit Ja odet Nein sein Bekäntnis zu thun angehalten werden. Und wenn es nicht herauß wolte / oder er zweifelhaftig antwortete / mag die Frage wiederholet / er auch wiederum auf die Leither aufgezogen werden / biß so lange er eine deutliche und richtige Antwort / so entweder auf Ja oder Nein beruhet / von sich gibt / und man also in Bestraffung oder Loßzehlung sich darauf gründen könne.
Carpzov. part. 3. q. 113. n. 14.
Peinl. Sächß. Inquisitions- und Achts-Process tit. X. art. 3. §. 4.
Fürstl. Sächß. Gothaische Gerichts-Ordn. part. 3. c. 8. §. 4. CCXIX. Und wenn Inquisitus seine Urgicht / [welches ein alt Wort / und eben so viel ist / als Peinlich Bekäntnis / aber nur allein von derjenigen Confession verstanden / so bey der rechten Tortur gethan wird / hingegen dasjenige / so bey der Territion, Anlegung der Daumen-Stöcke oder bey den Schnüren geschiehet / man bloß ein Bekäntnis nennet.
Carpzov. Pract. crim. part. 1. q. 25. n. 1.
Peinl. Sächß. Inq. und Achts-Process. tit. X. art. 3. §. 1.
Prax. Crim. Alteburg. pag. 280.] oder Bekäntnis gethan / sol dasselbe mit allem Fleiß auf die vorgeschriebene Articul aufgezeichnet und registriret werden / dabey denn auf die Wort des Inquisiti eigentlich acht zugeben / und dieselbe keinesweges zuverändern / damit man nicht auch zugleich den Verstand der Worte verkehre. P. H. Ordn. Caroli V. art. 64. in fin. Item art. 47. wie auch art. 52. Ja es müssen alle gestus, ejulatus, suspiria, Heulen und Schreyen / Erröten und Erblassen / und alles andere / wie sich der Inquisit anstellet und geberdet /
Carpzov. part. 3. Quaest. 124. n. 64.
Brunnemann. in Process. crim. c. 8. memb. 5. n. 67. pag. 170.
Chartar. interrog. reor. lib. 4. c. 1. n. 82.
Ambrosin. de mod. formandi Proceß. inform. lib. 4. c. 2. n. 3.
Autor. prax. crim. Alteb. c. 9. §. 17. Wie auch was der Judex, und andere Gerichts-Personen darzwischen reden: Item wie weit / und welcher gestalt der Scharfrichter die zuerkante scharffe Frag verrichtet / wenn er mit Ansetzung eines ieden Instruments angefangen / wie offte er es gelüftet / den Inquifiten resperiren lassen / [335] und wie lange ein iedes gewähret / punctuel, und mit höchstem Fleiß verzeichnet / Brunneman, d. c. 8. memb. 5. n. 67. und zu dem Ende eine Sand-Uhr bey der Hand seyn / nach welcher alle Viertel / ja halbe Viertel-Stunden abzumessen / damit die Urtels-Fasser sehen können / ob in einem und andern ein Excess oder Defect begangen / zu viel oder zu wenig geschehen sey /
Jul. Clar. Quaest. 64 vers. judex autem in fin.
Francisc person. de indic. & tort. n. 101. circafinem.
Ambrosin. lib. 4. de modo formandi Process informativ. cap. 3. n. 3. pag. 201.
Chartar. de interrog. Reor. lib. 4. c. 1. n. 115.
Gomez, cap. 13. delictorum n. 6. vers. si vero Judex.
Oldekop. tit. 4. Observ. crim. 24. n. 5.
Jacob Otto, in Corp. Jur. Crim. pag. 209.
Guazzin. Tom. 2. def. 30. n. 4. Ibi: in ipso actu Torturae debet Judex adhibere Ampollet am & horologium pulveris, eo modo, ne videatur per Reum, sed solùm per judicium & Notarium Und solches durch niemand anders / als den geschwornen Gerichts-Actuarium oder Notarium annotiret und aufgeschrieben werden / als dessen assertion und Verzeichnis allein Glauben zugestellet wird.
Peinl. Hals-Gerichts-Ordn. Caroli V. art. 181. 182. 183. 184. 185. 186. 187. 188 & 189.
Peinl. Sächß. Inq. und Achts-Process. tit. X. art. 4. § 7.
Matth. Berlich part. 1. concl. 8 n. 45. & seqq.
Churfürstl. Sächß. Neue Erledigung de Anno 16661, Decis. 38. in fin.
Joh. Philipp. ibid. Observ. 2. Denn wenn solches nicht mit allen Umständen zu den Acten registriret würde / könten die Schöppen-Stühle / so auf die Urgicht sprechen müssen / niemals gewiß seyn / ob das Richterliche Ambt dem vorigen Urthel gebührender Maßen nachkommen / oder dabey einen Excess begangen / und also des Inquisiti Urgicht für richtig zuhalten / er auch drauf sicherlich zubestraffen / oder ob die Bezüchtigung / wie sich es gebühret / purgiret, und darauf Inquisit zuabsolviren sey.
Jul. Clar. in Pract. §. ult. q. 64. n. 73. & 38.
Bocer. de Tortur. c. 5. n. 2.
|| [336]
CCXX. Es sollen auch von dem Judice bey der Tortur alle Suggestiones wegen der
That und derselben Umstände vermieden werden / damit der Reus nicht ein und das
andere arripire / yon dem rechten Bekäntnis der That abfalle / und andere
unwahre Dinge vorbringe / die er nicht gethan / hernach desto eher alles
revociren / und viel Verdruß und Ungelegenheit dem Gericht machen könne.
L. 1. §. qui Quastionem ff. de Quaestion.
Clarus, Quaest. 21. vers. retenta igitur.
Chartar. de interrog. Reor lib. 4. c. 1. n. 94.
Ambrosin. lib 4. Proceß. informaciv. c. 21. & 9.
Brunus, de Judiciis & Tortura, Quaest. 5. 2. part. n. 56.
P. H. O. Caroli V. rubr. art. 56.
Mezger. de Tortur. concl. 194. ibi??? alleg. DD. Non debet Judex interrogare, an Sempronium occiderit die 25. Februarii, hora illa & quidem gladio Titii? Sed an occiderit Sempronium? quo die? quâ hora? quo instrumento? & ita, ut tantum qualitates & circumstantiae maximè necessariae inquirantur, de quibus prolixè legere licet
Const. Crim. Caroli V. art. 48. 49. 50. & seqq. & adillos Matth. Stephani, nec non Bocer. de Quaest. & Tortur. c. 5. n. 47.
Maurit. Meibaum / Disp. de Tortur. & Torment. c. 4. n. 17.
Schilling, de Reiteratione torturae, c. 3. §. 2. Vielweniger / dasselbe zuthun / denen Scharffrichtern verstattet werden. Oldekop. tit. 4. Observ. Crim. 24. n. 5 pag. 290. CCXXI. Am wenigsten hat man ihm [immaßen auch schon droben erinnert worden] auf einige Gnade oder Fristung des Lebens zuvertrösten / sein Bekäntnis dadurch üm so viel eher heraus zubringen / sondern man soll ihn gewähren / und das Bekäntnis aus eigenen Antrieb thun lassen. Denn das Jus aggratiandi, sonderlich / was die Schenckung des Lebens anbetrifft / nicht dem so die Peinliche Gerichte hat / sondern der hohen Landes-Obrigkeit zukömmet.
L. 4. L. 27. in fin. ff. de poenis. L. 1 §. 10. ff. de Postul.
L. 7. C. de precib Imp. offer. L. 12. C. Sentent. paß.
Regner Sixtin. de R???gal. lib. 1. c. 2. n. 16.
Andr. Knichen, de Saxon. non provoc. Jur. Verb. Ducum, c. 5. n. 523.
|| [337]
Carpzov. Pract. Crim. p. 3. q. 150. n. 51. & de Leg. Reg. Germ. c. 9. sect. 11. n. 24.
R. A. zu Speyer de Anno 6526. §. Und wiewohl 6. & §. Es soll auch.
Theod. Reinking, de Regim. Sec. & Eccles. lib. 1. claß. 5. c. 6. n. 24. & 27.
Philipp. Knipscbild, de Jur. civil. Imper. lib. 2. c. 27. n. 5.
Otto Philipp Zepper, de Jure aggratiandi, tit. 1. n. 7. & seqq. us??? ???
Georg. Christoph. à Paßel / dissert. de Gratia delinquentibus facienda, membr. 3. art. 34. & seqq. Drum der Peinliche Richter sich dessen enthalten soll / wenn er ihm nicht selber Ungelegenheit und grosse Verantwortung über den Hals ziehen will. Denn wenn er gleich solche Gnade dem Inquisiten verspreche / kan er ihm doch dieselbe nicht gewähren noch halten / ist auch nicht gültig oder verbündlich / zumahl da dieselbe / wie gedacht / nicht bey ihm / sondern einem andern Höhern stehet. Allermaßen solches Sigismund. Finkelthaus, Observ. 105. mit folgenden Praejudicio der Juristen-Facultät zu Leipzig bestätiget: P. P. Ob nun wohl sonst die gethane Versprechungen zuhalten seyn / dennoch aber und dieweil einen Richter unbenommen / die Warheit durch Simulationes und dergleichen Zusagungen / von den Verbrechern heraus zulocken / nach beschehenen Bekäntnis aber in seiner Macht und Bekäntniß nicht ist / die öffentliche Laster / so ihre gewisse Straffen haben / unbestrafft hingehen zulassen / weil solche Erlassung der Straffen allein bey der hohen Obrigkeit bestehet: So ist der Richter zu Fr. seiner / dem Gefangenen H. U. gethanen Versprechung ungeachtet / Rechtlich Erkäntnis über die angerügte Deuben einzuholen / und was sich auf fernere Inquisition und Erkundigung befinden wird / an ihn H. U. durch gebührende ordentliche Straff-Mittel zu exequiren schuldig / V. R. W. Welchen auch
Valent. Förster, in tr. de Pactis, c. 4. obs. 3. n. 50.
Herm. Goehausen, in Proceß. contra Sagas lit. F. §, lit. K. pag. 251. & seqq. & in addit. p. 29.
|| [338]
Jacob. Ayrer, in Proceß. lib. 1. c. 4. obs. 3. n. 50.
Zipper, in Disc. Jurid. de Jure aggrat. tit. 1. n. 14. 15. & 16. beystimmen. Und schreibet AEgidius Bossinus, in tit. de Remed. ex sola clement. princip. n. 51. Daß / als ein Vasall im Hertzogthum Meyland auch einem Ubelthäter Perdon und Fristung des Lebens versprochen gehabt / dennoch derselbe aufgehenckt worden / Gratia collo annexa. Maßen denn auch zu Venedig das Jus aggratiandi nicht einmahl dem Hertzog / sondern dem gantzen grossen Senat zustehet. Bodinus, lib. 1. de Rep. c. 10. Carpzovius aber p. 3. Pract. Crim q. 149, von n. 9. biß 22. ist der wiedrigen Meinung / und will / daß man in solchen Fall dem Reo halten solle / was ihm versprochen worden / doch mit gewisser Limitation, quem vide. Adde Sigism. Findekellers Disp. de Jure aggratiandi, Jenae sub Praesido Dn. Zachariae Prüeschencken / Anno 1693. habitam, ubi simul de Practico juris aggratiandi usu agens, formulas affert, sub quibus condonatio vel mitigatio poenae hodie â principe submissè peti debeat, & quibus verbis etiamnum, caus á prius benè cognitâ, concedi soleat. CCXXII. Die Zeit aber / wie lange der Inquisit auf der Tortur zu enthalten / ist nirgends in den beschriebenen Rechten ausgedrückt / vielweniger determiniret / sondern es wird solches dem ARBITRIO eines Christlichen / Gottesfürchtigen / Verständigen und Gewissenhafften Richters anheim gegeben / welcher die Constitution, Zustand und Beschaffenheit iedweder Person wohl zuüberlegen hat / ob sie harter und starcker Natur / oder ob sie kranck und schwächlich / Item / ob es Alte und verlebte / oder Junge frische und trotzige Leuthe sind / nach welcher / wie auch des Verbrechens Beschaffenheit / und der Indicien, die Peinliche Frage viele / offte oder wenig / hart oder gelinde / anzuordnen / und durch den Scharfrichter zu vollziehen.
Juxta L. 7. ff, de Quaestion.
P. H. O. Caroli V. artic. 58.
Farinac. Quaest. Crim. 38. n. 33.
Thom. Mezger, de Tortur. Concl. 153.
Brunnemann, in Proceß. Crim. c. 8. memb. 5. n. 87.
|| [339]
Seb. Guazzin, in tr. ad Defensam Inquisit. tom. 2. defens. 30. per tot.
Mich. Paris Walburg. de Lamiis c. 8. §. 9. pag. 103. CCXXIII. Circa modum Torturae non potest dari certa & determinata regula, quia hoc totum dependet ex gravitate vel levitate delicti: Item ex qualitate Jndiciorum, numquid scilicet levia aut urgentia sint, & an plura vel unicum: It. ex qualitate personae torquendae, an sit homo robustus, fortis, debilis & delicatus, an minor an major, an senex, an juvenis, an sanus, an infirmus, an timidus, an versutus, & his similia.
Menoch. de A. J. Q. cas. 271. Cravet. Consil. 287. n. 6.
Farinac. Quaest. Crim. 38. n. 33.
Paul. Grilland. de Quaest. & tortur. q. 3. n 13. Unde citati DD. admonent Judices, ut minus torqueant Nobiles & Doctores, quàm plebejos, & minus etiam debiles, quàm robustos & c. Cavalcan. de Brachio Reg. p. 3. n. 230. Ubi citat Grillandum, & ipsum magnum appellat Practicum. Nam tortura levis in homine malae complexionis, vel habente carnes molles & delicatas dicitur magna, Grammatic. Decis. 34. n. 54. & seqq. Etiam gravissima.
Cardinal. Tusch. tom. 8. concl. 325. n. 2. & concl. 329.
Oldekop, tit. 4. Observ. Crim. 1. n. 22. CCXXIV. Stat itaque, à Judicis arbitrio modum torturae depen dere. Verùm arbitrium illud non quodvis libidinosum, affectatum & in proprio cerebro natum, sed Juridicum & legibus naturalibus & civilibus consentaneum, & ex ipsa Jurisprudentia haustum arbitrium accipi & intelligi oportere, plurimis monent
Cothmann. vol. 5. Resp. 29. n. 247.
Oldekop. obs. crim. tit, 4. obs. 1. n. 10. vel sanè praeclarissimorum DD. & interpretum communi suffragio conformatum.
Tilemann de Benignis, Decis. Cam. Syntagm. 1. vol. 3. Decis. 5. n. 12. pag. 151.
Cothmann. vol. 3. Resp. 30. n. 167. & 168. vel ubi casus ab iis necdum decisus se offert, non ita utatur suo arbitrio Judex, ut tanquam belua sensu & cupiditate ducatur, Menoch. de A. J, Q. in prooem. n. 6.
|| [340]
sive ut suum Velle subroget loco indiciorum.
Rol à Valle, vol. 3. Cons 12. n. 34.
Sed ut vir bonus, aequus & prudens in lenitate potius &
clementia, quàm in severitate peccet, & ut potius minus, quàm plus
torqueat.
Novell. in tr. ad defens. in tit. Respons. reor. n. 64.
Hippolyt. de Marsil. Pract. Crim. §. occurrunt. n. 6. 7. & 10. Remedium enim Torturae pro veritate indaganda PARCE ET CAUTE adhibendum est, ut monet Vent. de Valent. Parthen. litig. lib. 2. c. 8. in fin. CCXXV. Doch soll er sich hüten und vorsehen / daß er dem Reo durch die Volter-Instrumenta nicht die Arme / Beine oder andere Gliedmassen dergestalt zerreissen lasse / daß er lahm / oder ein Krüpel drüber werde / und weder ihm selbst / noch andern im Leben mehr was nütze sey / sondern daß derselbe / wenn er unschuldig / seinen gesunden Leib / und unverdorbene Gliedmassen behalte / oder wenn er schuldig / in solchem Stand bleibe / daß er sein Recht und Straffe ausstehen könne.
L. 7. ff. de Quaestion. Ibi: Quaestionis modum magis est Judices arbitrari oportere: ita??? quaestionem habere oportet, ut servus salvus sit vel innocentiae, vel supplicio. Ut inquit Ulpianus in L. quaestionis 7. ff. de Quaestion.
Herm. Goehausen, in Proceß. Jurid. contra Sagas & venef. tit. 3. §. 3. lit. H. pag. 122.
Brunnemann, in Proceß. Inquis. c. 8. memb. 5. n. 87.
Vent. de Valent. in Parthen. litig. lib. 1. c. 14. n 35.
Mezger, de tortur. Concl. 185. CCXXVI. Judex enim duos Sales habere debet, scientiae unum, ne insipidus sit, conscientiae alterum, ne sit diabolicus. Joh. Zanger, de Quaestion. & tort. c. 4. n. 24. & semper in torturis adhibendis debita mensura, & is modus debet obfervari, qui vel aequitati ac moderationi Christianae, vel naturali modestiae & verecundiae consentaneus est.
Farinac. Quaest. Crim. 38. n. 34. & seqq.
Cothmann, Respons. 29. n. 229. & seqq. vol. 3.
|| [341]
CCXXVII. Maßen er denn hierin dem Römischen Proviant-Meister und Peinlichen
Richter Maximino, so bey Regierung Käysers Valentiniani gelebet / nicht
nachzufolgen hat / welcher bey der Tortur so grausam mit den armen Leuthen
umgieng / daß er auch öffentlich sagte: NEMINEM SE INVITO INVENIRI POSSE
INNOCENTEM! Wenn er es nicht haben wolte / könte keiner unschuldig seyn und
bleiben!
Carol. Sigon. lib. 7. Imper. Occident.
Noch auch dem Käyser Tiberio, der mit Fleiß diejenige anmercken ließ / welche
sich vor seinen erschrecklichen Marter-Instrumenten fürchteten / die er
erbärmlich quählen ließ. Und wenn sie schon inständigst bathen / und fleheten /
ihnen nur das Leben zunehmen / gab er zur Antwort: Er hätte ihnen ihre
Missethaten noch nicht vergeben / den Tod solchergestalt vor eine sonderlich
grosse Gnade haltende. Und wenn einer oder der ander / aus Furcht gepeiniget zu
werden / sich selber umbrachte / sprach er: Dieser ist meinen Händen entwischet.
Joh. Graevius, in Tribunal. reform. sive tr. de tortur. lib. 2. c. 3. p. 276.
Vielweniger die Volter ein Allmächtig Ding mit jenen ungerechten Richter zu
nennen / wodurch man alles erforschen und herauß bringen könne.
Oldekop. Obs. Crim. tit. 4. Obs. 9. circa fin.
fondern er sol bedencken / daß er ein Chri / stder mit den armen gefangenen
Sünder / welcher so wohl / als er nach Gottes Ebenbild erschaffen / Menschlicher
Weise / seiner Constition gemäß / und wie er es gegen GOtt / der hohen Obrigkeit
/ und in seinem Gewissen zuver antworten getraue / umzugehen schuldig sey.
L. Justissimè 44. ff. de AEdilit. Edict.
Ambrosin. in Process informativ. lib. 4. cap. 1. n. 6.
Gomez. Var Resol. tom. 3. c. 13. n. 5.
Matth. Stephani, ad art. 58. Const. Crim. Caroli V. n. 4.
Zanger, de Quaestion. & toriur. c. 4. n. 16.
Goehausen in Process. Jurid. contra Sagas tit. 3. pag. 154.
Gilhausen, in Arbor. Judic. Crim. p. 7. c. 6. n. 32. auch nicht alzu vorschnell und hitzig darbey verfahren / noch aus Haß und Freundschafft sein Müthlein zu kühlen / den Reo zuviel thun.
Paris de Puteo, tr. de Syndicat. verb. tortura §. an stetur dicto torti n. 12.
|| [342]
Rosbach, in Process. Crim. tit. 5. c. 15. n. 4. Hingegen und vielmehr der Clemenz, Güte und Gelindigkeit sich befleissigen / als die ohne dem proprium Judicis in Criminalibus seyn sol. Denn ob gleich Billig und Recht / daß die Justiz administriret werde / secundùm illud: FLAT JUSTITIA, & PEREAT MUNDUS! So muß doch alles mit Gnade und Barmherzigkeit temperirt und gemildert seyn. L. Perspiciendum 11. ff. de Poenis. Decian. vol. 3. Resp. 72. n. 37. Melius quippe est, propter misericordiam rationem reddere, quám propter severitatem. Panormit an. c. 2. de Reg. Jur. Oldekop, Obs. Crim. tit. 4. Obs. 5. n. 12. CCXXVIII. Graevius in obangezogenen Tribunal reform. lib. 2. c. 1. pag. 264. 265. & 266. beschreibet den abscheulichen Anblick der Volter / und derer / die damit angefochten werden / mit folgenden pathetischen Worten: Ex squalido & diutino carcere tabidus, vestibus spoliatus, tremens pallens??? ad severum judicis conspectum, consternatione & metu jam penè exanimis, manibus pedibus??? vinctus, ad Equulei locum raptatur, ubi undiqua??? horribilis tormentorum apparatus, suspensi funiculi, deposita pensilia pondera, candentes laminae, forcipes, ungulae, parata catasta, acres scopae, judicum terribiles minae, truculenta verborumfulmina, acerbi risus Carnificum etiam laetabundorum & gestientium quasi ad has operas, torvi in miseros vultus, & durae crudeles??? manus ante ipsa cruciatuum initia miseros penè enecant. Posthaec praeludia videmus tantis hominem discruciari doloribus, ut majores fingi non possint, nullum tormenti genus omitti, omnia membra laniari, partes omnes convelli, nuda ossa feriri, vulnera caedi, scissum corpus flagellis, exustum convulsumque tormentis, continua siti, concontinuis??? vigiliis torqueri, & omnes a nimi sensus ita perturbari, ut homo mentis compos vix & ne vix quidem manere possit; Variari interdum tormenta, & quicquid antiqua adinvenit, aut nova adjecit crudelitas, totum illud in unum saepè hominem produci, remitti aliquando torturam imperante judice, ut saepius Reus torqueri possit; Judices ad gemitus, lamentationes, & tristissimas vultus convulsiones, quae in miseris istis crebrae sunt, videre & contemnere, quidquid lachrymarum, quidquid precum ad mitig andam asperitatem, miseri profunderint, exhortantes subinde ipsos Carnifices, ut nihil praetermittant, quod dolorum vim excitet, augeat, exasperet; imò commonstrantes quando???, quâ parte crudelissimè Rei torqueri possint, magna vocis contentione indicantes, quâ parte maximè dolere Reus possit, quae pars secanda, quae urenda, quae flagris excorianda sit. Nisi pudor prohiberet, irati illi judices ipsi vestes reorum conscinderent, velamenta lacerarent, [343] manibus flagella concuterent, renovarent ignes, & crudeles illos Tortorum vices in universum explerent & c. Paris de Puteo, in tract. de Syndicatu, verb. tortura c. 5. n. 7. afsert, se vidisse Nobilem magni criminis insimulatum, qui cùm aulam intrasset, in qua stabat chorda, eâ visâ statim cecidit in terram & minxit sub se, & egestionem emisit, quamvis innocens. add.
Goedelmann. lib. 3. de Magis, Lamiis & Venef. c. 4. & seqq.
Vent. de Valent. Parthen. litig. lib. 2. cap. 8. n. 7. & 8. Und Justus Oldekop, tit. 4. Observ. Criminal. 1. n. 9. saget / daß / wer einmahl dabey gewesen / und nur zugesehen / wenn ein Delinquent torquiret worden / derselbe nicht wieder hinbey begehre. CCXXIX. Welches mehr alß zuwahr ist / und sonderlich die Judices und andere Gerichts-Personen / welche Ambtshalben darbey seyn müssen / bekennen werden / was s. v. vor Gestanck / Gefahr und Ungemach man außstehen müsse / bevorab bey den Hexen-Voltern / da offtmahls der Böse Feind in Gestalt einer Mauß / Hummel / Schmeiß-Fliege / Hörnisse / und auf andere Arth hinzukommet / und darbey ist / daß die Gerichts-Personen und alle andere so nothwendig darbey seyn müssen / wohl Ursache haben / fleißig GOtt anzuruffen und zu beihen / ehe sie aus- und zu diesen Hexen Gesinde gehen / und den schweren Handel der Tortur anheben. Johann Jacob Faber, älter Prediger der Kirchen und Gemeinde bey des H. Reichs-Stadt Eslingen / hat es in seinem Anno 1677. heraußgegebenen Specimine Zeli Justi Theologici contra Maleficos & Sagas pag. 504. & 541. ein Gebeth / so zuvor / und ehe das Examen und die Tortur angehet / von dem Actuario öffentlich abzulesen und zusprechen / gesetzet / also lautend: DAllmächtiger und Barmhertziger GOtt / du Gerechter Richter der Welt / der du Hertzen und Nieren prüfest / die Gedancken siehest / und weist / was im Verborgenen geschehen ist / und ossenbahrest endlich alle Heimlichkeit. Du hast uns verordnet / dein Volck an diesen Orth zu richten / und wilt / daß solches in Gerechtigkeit geschehe / straffest auch alle die Unschuldig Blut vergiessen. Wir haben diesen Menschen als einen Ubelthäter Zauberer & c. & c. in unsere Hände bekommen / und ist die Sache schwer / dunckel / zweiffelhafft / drum er gefangen sitzet. Ach lieber GOtt / bewahre uns vor Irrthum / daß wir ja nicht [344] unrecht handeln / und zuviel thun in Schein des Rechtens. Regiere Uns durch deinen H. Geist der Weißheit und Warheit / daß wir dieses Menschen Thun recht erkennen / und in deiner Furcht weißlich richten. Du hast aller Menschen Hertzen in deiner Hand / und lenckest sie wie die Wasserbäche / wohin du wilt. Nun lencke / biege und erweiche das Hertz dieses gegenwärtig Gefangenen / daß er weder aus Furcht [oder Schmerzen und Pein der Tortur] über sich und andere rede und bekenne / was nicht war / vielweniger geschehen ist / noch aus Trotz / was geschehen / leugne / und Sünde mit Sünden häuffe / sondern zu deines Nahmens Ehre / und dem Gemeinen Besten die Warheit ohne Scheu einfältig uns bekenne. Wehre und steure dem Satan / daß er mit seiner List und Tücke hie nichts ausrichte / sondern von diesen Orth weiche / den armen Gefangenen nicht verhärte / sondern denselben gäntzlich verlasse / auch Uns in unsern Verrichtungen nicht irre machen noch beschädigen möge &c. &c. Erhöre uns O Gerechter GOtt / erhöre uns / und schaffe Recht um deines Nahmens Ehre willen / durch JEsum Christum / den letzten Richter / Amen. CCXXX. Ferner führet er pag. 542. & 543. eines Richters / Schöppen und ander Gerichts-Personen / deßgleichen pag. 54. 9. & seqq. us??? 552. eines Scharfrichters / Büttels / Häschers und Thurm-Meisters Gebethe zu solcher Zeit zusprechen / an / wiewohl Theils derselben Leider! Wenig an daß liebe Gebeth gedencken / drum geschicht es auch mannigmahl / daß ein und ander durch Anhauchen / Anrühren oder auf andere Arth von solcheu Hexengeschmeiß / durch Gottes Zulassung / was davon bekömt / daß er wohl sein Lebetage dran zugedencken hat. Allermaßen es jenem Scharfrichter im Bistum Costniz ergangen / welchen eine alte Hexe / als er sie von der Erden auf den Scheiterhauffen gesetzet / angehauchet und gesaget: Für solche deine Arbeit soltu von mir diß zu Lohne haben! Drauf er strack aussätzig worden / und nicht lange hernach gestorben.
Sprenger, in Malleo Malefic. Tom. 1. part. 2. Quaest. 1. c. 11. Del-Rio disq. Magic. lib. 3. part. 1. q. 3 sect. 2. pag. 429.
D. Gödelmann, lib. 1. de Magis & Venef. cap. 7. n. 26.
Freudius, in Gewissens-Fragen von Zauberey / Quaest. 180. n. 12. pag. 382.
Walburger, de Lamiis q. 4. §. 5. pag. 35. CCXXXI. Anno 1661. biß eine Zanberin zu Eisenach / so man ingemein [345] die alte Hirtin hieß / bey der Tortur den damahligen Nachrichter zu Mülhausen / Meister H. N. W. als er sie etwas höher auf der Leither anziehen wolte / mit umgewendeten Gesichte / ehe er sich dessen versahe / durch das Koller in die Achsel / daß man die Spuhr von den Zähnen im Fleisch und s. v. den Geifer außwendig auf dem Collet sahe / worüber der Mann gantz ohnmächtig wurde / daß man eine gute Zeit mit ihn zu thun hatte / ehe er wieder zu sich selber kommen konte / nach mehrer Ausweisung der dißfals bey dem Fürstl. Ambte alda ergangenen Inquisition-Acten, und der darbey befindlichen registratur. Drum auch die Scharfrichter in solchen Fällen eben so wohl sich vorzusehen / und behutsam zugehen Ursach haben / und es nicht toll in den Tag hinein wagen sollen. CCXXXII. Etliche DD. statuiren / das man in atrocioribus & exceptis mit der Tortur schärffer verfahren könne / als in andern Delictis.
Clarus, quaest. 64. n. 32.
Brunus, de Indiciis & Tort. part. 2. q. 5. n. 52.
Farinac. Quaest. Crim. 38. n. 34. & seqq.
Bossius, in tit. de Indic. n. 172. & 174. & latius n. 195. Item 200. Sonderlich aber im Laster der Hex - und Zauberey / [welches Goehausen in Proceß. contra Sagas, tit. 3. lit. 6. in addit. pag. 140. CRIMEN EXCEPTISSIMUM nennet] well dasselbe so groß und weitläuftig / daß es fast alle andere in sich begreifft / und über alle ist / denn die allerhöchste Majestät GOttes wird dadurch auf das schändlichste verunehret und geschmähet / die Heil. Sacramenta gemißbrauchet / unwenschliche Unzucht mit dem Teufel getrieben / Kinder ümgebracht / Menschen und Vieh Schaden zugefüget / die Lufft / Item die Feld- und Baum - Früchte werunreiniget und verderbet / durch ihre böse Thaten die Obrigkeit beleidiget / männiglich geärgert / auch wohl viel unschuldige Kinder und andere von ihnen zu dergleichen Lastern verleitet und verführet / und ihre Seelen / so zum himmlischen ewigen Leben erschaffen / dem abgesagten Menschen-Feind dem Satan zugesellet / und in die ewige Verdamnis gestürtzet. Freudius, in Gewissens - Fragen / von Zauberey / q. 332. per tot.
|| [346]
Drum auch Käyser Constantinus selbsten solche Hexen - Meister und Unholden Feinde
des Menschlichen Heyls
in I. fin. C. de Malef. & Mathem.
genennet / welche die Obrigkeit mit Feuer und Schwerd verfolgen / und so viel
müglich ausrotten solle / juxta illud Exodi cap. 22. vers. 18. Die Zauberin solt
du nicht leben lassen /
Item Levit. 20. v. 6. & 27.
& secundum effatum dicti Imperatoris,
in L. multi 6. C. de Malef. & Mathem.
Ibi:
VENEFICOS, QUONIAM NATURAE PEREGRINI SUNT, FERALIS PESTIS ABSUMAT, quae ultima
verba de poena ignis intelligit
Del-rio, in Append. 1. ad lib. 5. §. redeo ad Johannem.
Cujacius verò cum quibusdam Autoribus Graecis ea verba aliter accipit, dicens in
Notis ad d. I. multi Feralis pestis absumat. i. e. Bestiis objiciatur, pro
pestis PASTUS legens. Cui quidem explicationi favent verba, quae adjunguntur:
Quoniam Naturae Peregrini sunt, quasi diceret Constantinus, quoniam malefici
& praestigiatores alieni ab humanitate, ideo belluis cedant. Sed plura
habet Del-rio d. Ioc. quem vide.
Und werden es grosse Herren dermahleins schwer zu verantworten haben / die das
Hexen - Gesinde in ihrem Landen überhand nehmen lassen / denenselben nichts thun
/ wenn sie schon Menschen und Vieh bezaubern / unschuldige Kinder zu solchem
Laster verführen / und offtmahls die Indicia so handgreiflich sind / daß man sie
gleich nehmen / und ins Feuer werffen könte.
Del-rio lib. 5. Disq. Magic. Sect. 4. vers. tertio si dubium. sit.
Goehausen, in Proceß. Jurid. tit. 3. lit. M. pag. 162. & 163.
Petr. Greg. Tholosan. in Syntagm. Jur. Univ. lib. 84. c. 9.
Tabor, de Tortur. c. 5. n. 40. pag. 75. & 76. Ingleichen die Advocaten, so sie wieder besser Wissen und Gewissen defendiren / und also dem Teufel dienen. Goehausen, d. tit. 3. lit. M. in not. & tit. 61. in addit. pag. 311. lit. F.
|| [347]
Vid. Freüdii Gewissens-Fragen / von Zauberey und Zauberern / Quaest. 329.
& 330. per tot.
CCXXXIII. Ferner führen obgedachte DD. an / daß weil das Hexen - und Zauber-Volck
gemeiniglich des Nachtes an verborgene Oehrter zusammen kähme / und allda ihren
Teufels - Dienst hielte / ihm desto schärffer mit der Volter zuzusetzen sey / üm
die Warheit heraus zupressen / welchen auch
Grammat. Decis. 34. n. 38. & Decis. 35. n. 4.
Alexand. Consil. 62. n. 5. lib. 3. &
ICti Patavini apud M. Peregrinum, Cons. 2. de Sagis n. 114. & seqq. und andere mehr beystimmen / die doch endlich dahin schliessen / daß man hierinnen auf die Observanz und Gewonheit iedes Landes sehen / dieselbe in solchen Fällen wohl beobachten / und keine neue / vorhin ungewöhnliche Tortur-Instrumenta, bevorab die das Fleisch des Menschen zerschneiden / und ihn gantz untüchtig machen / einführen und adhibiren / sondern sich der im Lande gewöhnlichen gebrauchen / die Inquisiten nicht über die Zeit auf der Volter lassen / sondern in allen Dingen Maaße halten solle.
Argum. L. un. C. de Emend. Servor. L. nemo 2. C. de Exact. tributuor.
L. de minore 10. §. 3. ff. de Quaestion.
Perez, ad tit. C. de Quaestion. n. 28.
Gomez, tom. 3. Var. resol. c. 13. n. 5.
Carpzov. p 5. q 117. n. 39.
Walburger, de Lamiis c. 8. §. 9. pag. 104. Wie denn einige denen Peinlichen Richtern / Pabst Pauli III. Bullam 58. zufolgen / recommendiren / darinnen er verbothen / Daß der Reus nicht über eine Stunde auf der Volter solle gelassen werden / ausgenommen in tormento insomniae, de quo suprà, welchem auch Paris de Puteo, in tr. de Syndicatu, verb. Tortura, lib. 2. c. 4. n. 5. mit diesen Worten beypflichtet: Torturae remedium est, ut moderatè fiat. nec ULTRA HORAM adhibeatur tormentis solitis, ne Judex dicatur CARNIFEX JUSTITIAE. Eben der Meinung sind auch
Brunus, de Indic. & Tortur. p. 2. q. 5. n. 17.
Aymon, Cons. 287. n. 6.
Gomez, tom. 3. Variar. Resol. c. 23. n. 1.
Guazzin, ad Defens. Inquisit. tom. 1. defens. 21. c. 1. n. 5.
|| [348]
Item
Del-rio, lib. 5. in app. 2. q. 27.
Und
Farinac. Quaest. Crim. 38. n. 54.
Qui dicunt, in atrocissimis delictis Reum torquori posse ad unam horam, aut paulo
amplius, ut tamen, si adhibeatur tortura ultra horam, non excedat quar tam
partem secundae horae.
Wie auch Brunnemann,
in Proceß. Crim. c. 8. memb. 5. n. 87. ibi:
Non facilè ultra horam torturam continuari posse puto. Nam hic modus explorandi
veritatem ferè est rectae rationi contrarius, teste
Augustin. lib. 19. de Civit. Dei c. 6. citat. Remo, ad art. 58. Const. Crim.
Joh. Cramer, in Compend. Criminal. lib. 1. c. 9. n. 19. Insonderheit wird dieses in tormento funis in Italien beobachtet / welches keinmahl über eine Stunde wäret / teste Ambrosino, in Proc. Inform. lib. 4. cap. 3. n. 2. Drum auch Herman Goehausen, in Processu Jurid. contr. Sagas, lit. P. in not. pag. 167. endlich den Ausspruch thut: NON LICEBIT itaque TORQUERE REUM PER TRES VEL QUATUOR HORAS, prout scio quosdam nedum iniquos, sed ignotos Judices fecisse, SED TANTUM PER HORAE SPACIUM. Welches Michael Paris Walburger / de Lamiis c. 8. §. XI. gleichfals bestätiget / in verbis: Modus in torrura adhibendus est, ne per integram noctem Rei aut Reae cruciatibus lacerentur, sed & in atrocissimis delictis ultra unius horae, aut paulò amplius spacium in chorda teneri non debent. Idem sentit Joh. Carl. Antonelli, de tempore Legali lib. 4. c. 20. per tot. ubi n. 4. observat, Reum aliquando detineri in tortura breviori tempore, juxta qualitatem delicti, personae & indiciorum, quod arbitrio Judicis relinquitur. add. Gandin. in tit. de Quaestion. n. 10. CCXXXIV. Etliche Inquisiten sind so hart- und starcker Natur / oder auch wohl so trotzig / daß sie keine Pein oder Marter achten / sondern lieber [349] Arm und Beine sich zerbrechen uessen / ehe sie die Warheit bekenneten.
Meier, in Colleg. Argentor. tit. de Quaestion. §. 19. n. 6.
Jan. Gruter, in florileg. Ethico-Polit. 3. pag. 1060. Wie von eine̅ Sambicus genant / gemeldet wird / welcher nicht allein etliche eherne Säulen von den Platz / wo die Olympische Spiele gehalten wurden / gestohlen / und verkaufft / sondern auch den Tempel der Dianen beraubet / iedoch den Diebstahl durchaus nicht gestehen wolte / ob man ihm gleich ein gantzes Jahr lang torquirete, biß er endlich / ohne Bekäntnis / unter der Mart er verreckt / und den höllischen Peinigern in die Hände fiehl / daraus das Sprichwort erwachsen: Sambico Graviora Pati.
Erasm. in adag. ex AEliano.
Besold. in Thes. pract. v. Peinliche Frage-Tortur, pag. 726. Zeno Philosophus, Dialecticae primus Inventor, als er dem Tyrannen Phalaridi, wegen seiner Grausamkeit / nach dem Leben trachtete / um dadurch die Unterthanen des schweren Jochs zuentledigen / solcher Anschlag aber entdecket wurde / hat ihn der Tyrann erschrecklich martern lassen / seinen Mitgesellen anzusagen / welches er aber nicht gethan / sondern alle Quahl mit grosser Standhaftigkeit ertragen / auch an stat der rechten Mitgehülfen / des Tyrannen liebste und beste Freunde / wiewohl unschuldig angegeben / die alle hingerichtet / er aber von dem Volck / nachdem er dasselbe durch eine bewegliche Rede darzu gereitzet / mit Steinen zu Tode geworffen worden.
Valer. Maxim. lib. 3. c. 2. & 3.
Alex. ab Alexandr. lib. 1. Genial. Dier. c. 30. pag. 117. At Laertius, in vita ipsius Zenonis, hunc non Phalaridem fuisse dicit, sed Nearthum: aut ut alii volunt, Diomedontem. Tiraquell. in annotat. ad d. loc. Alex. ab Alex. lit. p. Eben also hat es gemacht Theodorus, welcher neben andern sich wider Hieronymum, einen Lasterhaften Jüngling / des Hieronis Sohn / oder wie andere wollen / Neffen / verschworen / solchen aus dem Wege zuräumen / der auch nichts bekant. Livius decad. 3. lib. 4. Valex. Maxim. d. loc. Leaena, ob sie schon ein Weibesbild gewesen / hat sie doch durch alle Marter und Pein nicht dahin gebracht werden können / das sie die heimliche Anschläge Harmodii und Aristogitonis offenbaret hätte / drum ihr auch zu Eh [350] ren ein Bildnis von Ertz zu Athen aufgerichtet worden / in Gestalt eines Weibes ohne Zunge.
Plinius lib. 7. c. 23. & lib. 34. c. 8.
Pausanias lib. 1. Athenaeus lib. Dipnosophist. i3. c. 24.
Tertullian. in Apologet. c. ult.
Alex. ab Alexand. lib. 1. Genial. Dier. c. 30. pag. 117. Idem penè de puella quadam Puthagorica refert Ambrosius, Lib. 1. de Virginibus. CCXXXV. Zuweilen stärcken und verführen böse Advocaten die Delinquenten, sonderlich wenn sie ihn bedienet sind / sagende: es ist besser auf der Volter was ausgestanden / und eine kleine Zeit auf der Leither / als immer an Galgen hangen! Wie wenn du, einen Arm oder Bein zerbrochen hättest / müssest du nicht leiden / daß dir der Barbierer solche mit grossen Schmertzen wieder einrichtete und verbinde? Oder wenn du den Stein oder das Podagra hättest / müssest du nicht auch die Schmertzen verbeissen und / so zureden / in dich fressen? Warum nicht auch bey der Tortur, daß du das Leben davon bringest! Leugne beständig / was du gethan hast / und stehe die Volter aus / ich wil dir schon davon helffen!
Paris de Puteo, in tr. de Syndicatu, vers. advocati per tot. pag. 57. & seq.
Carpzov. Pract. Crim. part. 3. q. 125. n. 46.
Freudius in Gewissens-Fragen von Zauberey und Zaubern / Quaest. 315. n. 64.
Schilling, de Reiter at. tortur. cap, 2. §. 14. pag. 41. CCXXXVI. Das Zauber- und Hexen-Gesinde aber wird von ihren Buhlen dem Teuffel gehärtet / daß sie keine Marter noch Pein fühlen / sondern sich hin und wieder dähnen / zerren / stupffen und reissen lassen ohne alle Empfindligkeit: Ja sie lachen noch wohl den Richter / die Gerichts-Personen und den Scharffrichter aus / schlaffen auch wohl auf der Volter / wie eine Ertz-Zauberin zu Brüg in Flandern gethan / die mit den Händen zu kloppen angefangen / überlaut gelachet und gesagt: Weder die Schöppen / noch der Hencker würden wider sie was ausrichten / und drauf eingeschlaffen / ist aber / nachdem der Böse Feind sie verlassen / gewonnen und verbrant worden. Jodoc. Damhouder, Prax. rer. Crim. cap. 37. n. 21. & 22.
|| [351]
Dergleichen Exempel / daß die Hexen und Zauberer auf der Tortur eingeschlaffen /
und dem Ansehen nach / so sanffte geruhet / als wenn sie in einen weichen Bette
legen / findet man mehr bey den
Bodino, de Magorum Daemonomania, lib. 4. c. 1. Gödelmanno, lib. 3. c. 16. de magis, Lamiis & Venef.
Del-Rio Disquisit. Magic. lib. 5. Sect. 9. Und Brunnemann, in Processu Criminali c. 8 n. 68. bezeuget selber / daß bey der Juristen-Facultät zu Franckfurth an der Oder / etliche solcher Exempel / in denen dahin zum Spruch Rechtens geschickten Inquisitions Acten wieder die Hexen / vorkommen. CCXXXVII Und ob wohl D. Justus Oldekop. Decade 3. contra Carpzov. quaest. ult. n. 11. & seq. davor hält / es sey dieses kein Schlaf / sondern eine Ohnmacht / und Verhaltung des respirirens oder Lufft-schöpffens: So befindet sich doch / wenn man es selber mit Augen siehet / hierbey ein grosser Unterscheid / indem sie sich nicht enifärben / und gantz blaß als eine Leiche werden / wie denen wiederfähret / so ohnmächtig dahin sincken / sondern ihre natürliche Farbe gemeiniglich behalten / auch offte darbey starck schnauben und respiriren / als ein Mensch der von der Reise ermüdet / sanfft und süsse dahin schläfft. Wenn man sie gleich mit Feuer brennet / angezündet Pech oder Schwefel auf die Haut trieffen lässet / fühlen sie nichts davon / ja es will offtmahls nicht brennen / und siehet man keine Spuhr / Macul oder Fleck auf der Haut davon. M. Rüdinger, Dec. 1. Concion. de Mag. illicit. pag. 363. Sie fühlen es auch nicht / wenn man sie gleich mit einer scharffen Ruthen hauet. Freudius, in Gewissens - Fragen / von Zauberey und Zauberern / quaest. 315. n. 11. Goehausen, in Process. Jurid. contra Sagas & Veneficos, tit. 7 pag. 318. erzehlet von einem Zauberer / der sich zum Weer - Wolff machen können / daß derselbe 20. mahl gepeiniget worden / aber allemahl nur gelachet / und nichts bekandt / biß endlich der Scharfrichter ihm einen Tranck zugetruncken / [ingredientia, quae lubens omitto, vid. pag. 319.] drauf er alles / was er begangen / und wie er sich 100. mahl zum Weer - Wolf gemachet / eröffnet / und angezeiget / daß der böse Feind alle Pein von ihn auf sich ge [352] nommen / er aber nichts gefühlet. Eine alte Hexe zu Verden auf dem neuen Thor / die das Handwerck über die 40. Jahr gekont / und kein geringes Officium in des Teufels Laster - Schule bedienet / hat sich anfänglich durch keine Pein zum. Bekäntnis bringen lassen wollen. Endlich hat sie doch freywillig ausgesaget: Der Teufel hätte sie so hart gemacht / und wäre ihr bey währender Marter in Gestalt einer Fliegen aufm Kopf gesessen. H. Rimphofs Drachen-König / Anno 1641. zu Rinteln gedrucht / pag. 88. welcher pag. 89. hinzu thut / daß es unmöglich wäre / wann 50. tugendsame Frauen in eine Massam zusammen gegossen / und alle eine Frau wären / daß sie auf den zwantzigsten Theil das aushalten und erleiden könten / was eine recht verstockte / durch Teufelte / unbekehrliche Hexe erleiden kan. Maßen denn im Braunschweiger - Land eine alte Zauberin gewesen / die mit keiner Pein zum Bekäntnis ihrer Boßheit können gebracht werden / ob es wohl auf mancherley weise mit ihr versucht ward. Selbige hat der Hencker in die Höhe gewunden / und auf einen Block oder Klotz / darinnen starcke eiserne Nagel gewesen / niederfallen laßen / aber dic Nagel haben sich umgelegt / als wären es Reifer gewesen.
M. Meiger, lib. de de Panurg. c. 12.
Freudius, in Gewissens-Fragen / von Zauberey und Zauberern / q. 135. n. 15. Eine Hexe zu Insprug hat sich gerühmet / wenn sie nur ein Fäschen von einer andern in Hafft sitzenden Zauberin hätte / wolte sie dieselbe so fest und unempfindlich machen / daß man sie eher in Stücken zerreissen / als daß sie bekennen solte. Sprenger, in Mall. Malesic. tom. 1. part. 3. q. 15 pag. 376. & 377. CCXXVIII. Wie es aber mit solchem maleficio taciturnitatis, wie man es nennet / oder Verhärtung wider die Volter eigentlich zugehe / davon werden etliche Ursachen von unterschiedlichen Autoribus gegeben. Die Erste ist / daß ein Mensch durch natürliche Mittel sich unempfindlich machen kan / gleich wie etliche Historici und Medici schreiben von dem Stein Memphite.
Dioscorides lib. 5. c. 115.
Paul. Grilland. ex Albigert. Magus in tr. de Quaest. & tort. 54. n. 13. Oder vom Opio, welchen Safft sie von einem gewissen Papavere wissen zu praepariren / und den Menschen anzustreichen / durch welchen sein Geblüt [353] gantz turbiret und verändert wird / alle Adern verstopffen sich / fält in einen tieffen Schlaf / und wird seiner Sinnen beraubt; welches auch von Nachtschatten geschihet. Dieses können die klugen Geister viel artiger / als einiger Medicus practiciren und verbringen / weil diese allerälteste und erfahrnste Pharmaci und Apotheker eine grosse Wissenschafft und Erfahrung aller Metallen / Kräuter und Gewächse der Simplicium und mixtorum von der Zeit an / als die Welt erschaffen ist / bekommen haben. Solches aber wird nicht allein durch gemelte natürliche Sachen zuwege gebracht / daß sie bey der Volter nicht schwätzen / sondern der Satan gebraucht seine andere Teuflische Künste / mit welchen er dieselbige / insonderheit welche sich ihm oft verheissen / und bey ihm ewig halten wollen / tröstet / und so viel möglich aus der Noth hilft [welches ihm doch der getreue Sott nicht allewege verstattet] damit er sie dan̅ mehr u. mehr verstricket / und daß er sie bey Gott wegen ihres vielfältigen Sündens mehr verhast mache / überredet er sie / daß sie solche Künste nicht überkommen mögen / es sey dann / daß sie die Heilige Sacramenta mißbrauchen / unschuldige und ungetauffte Kinder braten und kochen / und andere Dinge / die man billig verschweiget / mehr thun. Und diese Mittel schläget er ihnen nur zum praetext und Schein vor / die doch zur Sache nichts thun / noch auch: aus einigen Kräfften allein helffen / sondern nur ein Zeichen seines Bundes / den er mit ihnen machet / sind. Er aber übet indem seine eigne Kunst durch andere natürliche Mittel / mit welchen er sie entweder schlaffend machet / oder verursachet / daß sie die Pein wenig empsinden / indem er den angehengten Stein / ohne anderer / so gegegenwärtig sind / einziges Vermercken aufhebet / oder Seyl und Stricke nachläst oder anziehet: Er kan auch etwas darzwischen halten / daß sie die Instrumenta nicht so hart empfinden / so kan er auch einen andern Leib mit Verblendung aller Umstehenden zur Zeit an der Unholden stat stellen / welches Letztere doch GOtt selten zulässet / zumahl wenn der Judex und die andern Gerichts-Personen / wie obgedacht / fleißig bethen.
Hermann. Goehausen, in Process. Jurid. contra Sagas & Venesicos. tit 3. lit. V. in addit. pag. 172. & 173. nec non tit. 7. Lit. A. C. D. pag. 313. us??? 318. & in addit. pag. 140. 141. & 142.
Del-Rio lib. 5. Disquis. magic. Sect. 9. Freudius d. tr. q. 315. CCXXXIX. Zum andern pfleget er den Seinigen tapffer zuzusprechen / so bald sie von der Obrigkeit gefänglich eingezogen werden / sie solten ja ver [354] halten / und nicht schwätzen / er wolle ihnen beystehen / und wieder davon helffen. Remigius, lib. 3. daemonolatr. c. 8. Allwo er solches mit folgenden Exempel bestättiget / wenn er also schreibet: So bald Quirina Xallaea Anno 1587. in Lothringen ist in das Gefängnis kommen / hat sie ihr Teufelischer Buhl-Geist besucht und gewarnet / sie werde nicht davon kommen / sie habe dann sehr grosse Volter-Pein außgestanden / solte allein eine geringe Zeit die Schmertzen dulden / so werde sie davon kommen / er sey auch bereit / wenn es nöthig ist / ihr beyzustehen und zuhelffen. Gleichwie er vorgesagt / so ist alles erfolget / denn als sie unter der Volter scharff gepeiniget ward / hat sich ihr Buhle unter ihre Haarhaube gesetzet / ohne Unterlaß sie getröstet / jetzt und jetzt werde es ein Ende haben / und sobald er etwa aus einen geringen Zeichen vermercket / daß die Herren wolten abhalten / kahm er ihnen alsbald vor / als wann er allein verursacht hätte / daß sie aufhielten / und sagt ihr alsdann / jetzt hat es ein Ende. Alß aber ihr zuletzt unmöglich war zuhalten / daß auch der allerhärteste Mann / so zufinden / solchen Schmertzen natürlicher Weise nicht hat können überstehen / rief sie überlaut / und sagte / thut micht von dannen / dieser Meineydische Gesell hat mich lang gnung mit Worten betrogen / und immer gesagt / es habe ein Ende. Ich wil die Warheit bekennen! Und hat alles / nachdem sie vorerst ihrem verführischen Buhl-Geist abgeschworen / was sie bey der Zauberey gewircket und begangen / ordentlich erzehlet und bekant. CCXL. Drittens machet dieser stoltze Geist etlichen seiner lieben Getreuen weiß / daß er ein grosser GOtt sey / und so einer von ihm abfalle / dem wolte er in Ewigkeit peinigen / als wenn es bey ihm allein stünde / die Verdamten zu plagen / da er doch für sich selbsten mit seiner eignen Pein und Verdamnis / wie die andere / auch gnug zutragen und außzustehen hat.
Goehausen, d. tr. tit. 7. pag. 32z.
Remigius cit. lib. 3. Daemonolog. c. 10. ubi exemplum Alexiae Bethoriae de Anno 1585. affert. CCXLI. Zum Vierdten setzet er sich auch iezuweilen in ihre Leiber / welches dann auch Gott über solche Verstockte und abtrünnige Christen verhängt / daß sie weder erden noch bekennen können. Denn da verstopffet er ihnen den Hals und Kehle / und bindet ihnen gleichsam die Zunge / daß sie kein Wort recht vorbringen können / und eben als Stum seyn / wie den [355] Marci IX. von einem Mensche gemeldet wird / den der Böse Geist taub und stum gemacht hatte / und hernach von CHristo ausgetrieben wurde. Dieses erkante Anna Xallaea Anno 1587. bey obgedachten Remigio, citat. lib. 3. c. 8. Als sie unter der Volter war / hat sich der Buhl-Geist in ihren Halß gesetzt / daß sie nicht schwätzen konte / wo sie vieleicht aus grossen Schmertze̅ gezwungen wurde zu reden; Und hatte dieselbigen / so dabey wahren / ihr Urtheil und Meinung nicht betrogen: Dann sie hatten observiret und wahr genommen / daß der Hals dermaßen geschwollen / daß er dem Kinne gleich war / sonst auch war sie so verbleicht / daß sie leichtlich erachten könten / daß sie in grossen innerlichen Aengsten ware. Deßgleichen erzehlet Remigius im selbige capite daß der Satan Franciscam Fellaeam verhindert habe / daß sie nicht schwätzen können. Freudius in Gewissens-Fragen von Zauberey q. 315. n. 12 führet aus Rimphofs Drachen-König pag. 89. an / daß eine Hexe zu Verden bekant / der Satan hätte ihr auf der Volter kalte Materien in den Mund gegeben / davon ihr der Hals zugeschwollen / und sie daher nicht reden können / auch die Schmertzen damahls nicht sonderlich geachtet. CCXLII. Zum Fünfften verstopffet er ihnen gleichfals die Ohren / daß sie nicht hören / was der Judex sie fraget / wie abermahl Remigius d. c. 8. & 9. wie auch Petr. Binsfeld, in Comment. ad tit. Codicis de Melef. & Mathemat. concl. 15. pag. 704. bezeugen. Oder schmieret sie mit einer sonderlichen Salbe oder Oel / welches die Nerven und Sinne betäubet / daß sie ihre Wirckung nicht Recht haben können / und also keine Pein noch Schmertzen fühlen. Francisc. Torreblanca, Lib. 2. de Magia c. 23. n. 10. CCXLIII. Sechtens partiret er ihnen Zettel oder Briefchen zu / darauf allerhand Characteres, Creutze / Zeichen / Teuffels Larven und Nahmen geschrieben und gebildet sind / welche sie in den Mund unter die Zunge fassen / oder in die Ohren / Naselöcher / oder welches am meisten geschiehet / unten in den Mastdarm / oder andern heimlichen Orthen des Leibes bey sich stecken / dadurch sie induriret und verhärtet werden / daß sie keine Tortur, wie groß sie auch sey / achten.
Del-Rio d. lib. 6. Disq. Magic. Sect. 9.
Torreblanca, cit. Lib. 2. c. 23. n. 1. & 2.
Binsfeld. d. concl. 15.
|| [356]
CCXLIV. Siebendens bringet er ihnen / wie Pomponatus
Lib. de Incantationibus c. 5.
wil / ein Hembd mit vielen erschrecklichen Teuffels-Bildern und Zeuberirischen
Zeichen besetzt / welches sie anziehen müssen / ehe sie auf die Reckebanck oder
Lither kommen / und die Krafft haben sol / sie Stahl- und Eisenfest / auch wider
alle Marter unempfindlich zu machen / so CAMISIA INFERNI, oder das Noth-Hembde
genennet wird.
Del-Rio lib. 2. q. 21. pag. 232.
Dergleichen Teuffels-Hembd haben vor Alters viele grosse Herren / Generales und
hohe Officirer im Kriege sich geschafft / und an den blossen Leib getragen / vor
allerley Geschos und Waffen fest und sicher zu seyn.
Zeiler, Epist. 350. pag. Edit. in fol. 400.
Just. Georg. Schottel, in tr. von unterschiedl. Rechten in Teutschland c. 14. n. 8. Es haben auch die gebährenden Weiber / wenn es hart gehalten / solch Hembd angezogen / in Hoffnung / sie würden desto leichter entbunden werden. Matth. Webner. Pract. Observ. v. Noth-Hembd. p. 383. Item Schottel. d. loc. Drum es auch den Nahmen Noth-Hembd bekommen / weil man es in der Noth gebraucht. Simon Majolus Dier. Canicul. tom 2. colloq. 3. fol. 264. Und führet Johannes Wierus lib. 4. de Praestigiis Daemonum cap. 15. an / daß er bey einen vornehmen und tapffern Ritter ein solch Noth-Hembd gesehen / welches dieser von seinen Vetter / auch einen berühmten Krieges-Officirer, bekommen. Wie es aber gemachet worden / und ausgesehen / beschreibet Wehnerus an obgedachten Orth mit folgenden Worten: Hujus indusii conficiendi ratio haec erat, non superstitiosa minus ac magica. Nocte Natalis Christi filum ex lino in nomine [horret animus dicere] Diaboli notae castitatis puellae nebant, texebant, consuebant. In pectore duo assuebantur capita, in quorum dextro long a pendebat barba, & velut galea erat imposita: Sinistrum autem horridum & corona ornatum, instar Daemonis. Latus utrius??? muniebatur cruce. Longitudine à collo medium hominem contegit indusium cum manicis &c. CCXLV. Achtens lehret er ihnen auch wohl einen so genanten Seegen [357] oder Gebethgen / welches sie / indem der Scharffrichter ihnen die zur Peinligkeit gehörige Instrumenta anleget / oder an der Leither aufziehet / hermurmeln / ihrer Meinung nach / dadurch solchen Instrumenten die Krafft zuentziehen / oder vielmehr dieselbe zu hemmen / daß sie nicht so derb und feste / wie sonst / zusammen gehen / noch auch allzuhart drücken / allermaßen denn auch die Heyden vor wahr gehalten / daß durch heimliches Ansagen etlicher Zauberischen Verse, die Schärffe und Schneide der Schwerter und andern Waffen so stumpff gemacht würden / daß man auch die Haut nicht einmahl damit aufritzen / vielweniger durchhauen oder stechen können. Sprenger in Malleo Malesic. part. 2. Quaest. 1. c. 16. CCXLVI. Sonderlich aber nehmen sie Zum Neundten ein Pulver / welches sie heimlich bey sich in den Kleidern verborgen haben / den Tag / wenn sie sich besorgen / daß sie gevoltert werden möchten / reiben oder besprengen den blossen Leib damit / oder stecken es in Papier gewickelt in heimliche Orthe / welches vom Hertz und andern Gliedern eines ungetaufften / und gewaltsamer weise umgebrachten Kindes bereitet wird.
Torreblanca, d. lib. 2. c. 23. n. 17.
Sprenger, citat. tr. part. 3. q. 14. & 15.
Freudius, in der Gewissens-Fragen von Zauberey / quaest. 315. Drum soll der Judex nicht allein der Hexenmeister / Zauberer und Unholden Kleider / so bald sie gefangen genom̅en werden / durch die Gerichts-Diener besuchen / ob sie etwan / welches ihnen gar gemein ist / Galgen- oder Gesicht-Ringe / Fahren-Saamen / Teufels-Dreck / Venus-Kraut / Obligationes und Verbündnüsse mit dem Teufel / Pulver / oder sonst verdächtige Zettel mit unbekandten Buchstaben / Ziefern / Teufels-Bildern und dergleichen Dinge bey sich tragen / Goehausen, in Proc. contr. Sagas, tit. 7. lit. F. pag. 326. sondern auch in ihren Wohnungen / in Kasten / Schräncken / Kellern / Betten und andern Orthen mit Fleiß visitiren lassen / ob sie Menschen-Gebeine / Diebes-Daumen / Geträutig / oder Kröten in Scherben oder Töpffen haben / und behalten.
Vid. Freudii Gewissents-Fragen von Zauberey q. 317. n. 3. ibi??? allegati DD.
Hyppolitus de Marsiliis, in Pract. Crimin. §. nunc videndum n. 52. dicit, quod farina cum lacte matris & filiae mixta, epota & sumpta à reo, [358] vel placenta inde facta devorata sistat dolores tormentorum. Andere schlingen deshalber einen Weiser oder König der Bienen / so keinen Stachel hat / hinter. Torreblanca. a. d. c. 23. n. 18. CCXLVII. Zehendens schneiden sie an ein und andern Orthe ihres Leibes die Haut auf / schieben ein Zettelchen mit zauberischen Buchstaben und Zeichen beschrieben hinein / und heilen es wieder zu / welches man von den Juden saget / welche es an ihren noch zarten Kindern zu thun pflegen.
Hippolyt. de Marsil. in Prax. Crim. tit. de Quaestion.
Paris de Puteo, de Syndicatu cap. de tortura, q. 4.
Damhouder, in Prax. Rer. Crimin. cap. 37. Oder verstecken solches unter die Haare. Christoph. Crusius, de Indiciis delict. part. 2. c. 32. n. 29. CCXLVIII. Der Teufel pfleget auch wohl öffters seinen lieben Getreuten / so bald er einen Bund mit ihnen gemacht / dieselbe in seinem Nahmen gemißtauffet / sie die Heilige Dreyfaltigkeit verschworen / und er mit ihnen unmenschliche Unzucht getrieben / ein Merckmahl und Zeichen einzudrücken / entweder hinter den Ohren / im Nacken / zwischen den Lefzen / unter den Augenbraunen / auf der rechten Achsel / oder unter den Arm / an der Maus in der Hand / zwischen den Brüsten / auf den Rücken / Lenden / Hüfften / unter den grossen oder kleinen Zeen / oder wohl gar s. v. an der Scham und Hindern / welches gegen der andern Haut etwas erhaben / und wegen der Narben hüglicht / auch gantz ohne Blut / und unempfindlich ist / daß ein solcher Mensch nichts dran fühlet / wenn gleich mit Nadeln / Pfriemen oder andern Instrumenten darein gestochen wird.
Nicol. Remigius, Daemonolatriae c. 5. p. 18
Joh. Bodin. lib. 2. de Magorum Daemonomania c. 4. Edit. Latin. 202. German. p. 291. & seqq. §. Es seynd etliche.
Freudius, in Gewissens-Fragen / von Zauberey und Zauberern / quaest. 26. pag. 46.
Berlich, part. 4. concl. 4. n. 154.
Petr. Ostermann, in tr. de Stigmatibus, Sect. 8. pag. 21. & seqq.
Walburger, de Lamiis quaest. 2. §. 5. pag. 17. Die Heren pflegen es einen Teufels-Kratz zu nennen. Dither, in addit. ad Besold. Thos. Pr. voc. Hexen / Unholden / pag. 389.
|| [359]
Und das thut er darum / wenn er besorget / es möchte der Mensch wieder abwendig
werden /
Walburger, de Lamiis. c. 3. q. 2. §. 5.
Damit wenn er solch Stigma oder Merckmahl ansehe / er sich stets des gemachten
Bundes erinnern / und desto standhaffter verbleiben möchte / demselben beredende
/ daß wenn er schon eingezogen würde / und in Verhafft käme / dennoch keine
Obrigkeit ihm was anhaben / noch er auch die Marter / so man ihn anzuthun
vermeinete / fühlen solte / wegen des Zeichens / so er an sich trüge.
Idem Freudius, d. loc,
Joh. Georg. Gödelmann, de Magis, Veneficis & Lamiis, lib. 3. c. 3. n. 26. & 27. CCXLIX. Solche Zeichen aber sind nicht einerley / sondern etliche sehen aus wie ein Hasen-Fuß / andere wie eine Kröten-Kralle / theils als ein kleiner schwartzer Hund / Ratte / Maus / Spinne / Fliege / und dergleichen.
Torreblanc. lib. 2. de Magia, cap. 23. n. 21.
Paul. Grilland, de Sortileg. lib. 2. c. 3.
Bodin. d. lib. 2. c. 4. pag. 292. & lib. 4. c. 4. pag. 369.
Gödelmann, lib. 3. c. 3. n. 26. Mauritius, in Consil. Chilonens. pag. 299. referirt von einen Hexen-Zeiche̅ / darinen zwar kein Character, es aber doch anzusehen gewesen / als ob es mit einer Pfriemen gestochen / und zugeheilet wäre. Bey etlichen sind es nur schwartze Strichlein oder runde Zirckel oder Flecken / wie ein Dreyer oder Groschen. Theils Hexen bekennen / daß der Satan ihnen solche mit seinen Klauen eingedrückt / andere aber / er hätte ihnen dieselbe gebissen. Wenn sie zum Erkäntnis kommen / bitten sie wohl selber / man möchte ihnen solch Zeichen weg- und ausschneiden / in Hoffnung / sie könten dadurch üm so viel eher wieder von ihn loßkommen.
Ostermann, d. tr. Sect. 8. pag. 29.
Vide Freudium, d. q. 26. pag. 46. Welches aber gefährlich ist / indem man Exempel hat / daß wenn es geschehen / sich etliche zu Tode geblutet / und also bey ihrem Leben dem Feuer entgangen.
|| [360]
CCL. Daher auch erfahrne Scharfrichter am ersten nach solchen Merck-Zeichen
fragen / dieselbe suchen / und damit gemeiniglich die Tortur anfangen.
Bodinus, supra dicto loco.
Oder / so bald man solch Hexen-Gesinde gefangen nimmt / werden ihnen die Haare am
gantzen Leibe abgeschoren / daß man solch Stigma desto eher finden könne.
Walburger, cit. cap. 3. q, 2. §. 5. pag. 17
CCLI. Wiewohl der böse Geist vielmahl solche Zeichen wieder auslöschet / daß man
bey etlichen keine findet / sonderlich bey denen / da er weiß / daß sie ihm treu
bleiben werden /
Walburger, dict. tract. c. 3. q. 2. § 5.
Bervorab wenn es Könige oder Königinnen / wie man sie nennet / oder Erb-Hexen
sind / da die Kinder von den Eltern strack in der Jugend ihm zugeführet werden /
und solche schwartze Kunst immer auf Kindes-Kinder in infinitum fortgepflantzet
wird / oder / wenn eine alte Hexe sterben wil / einer andern ihren Buhlen nebst
Darreichung eines gewissen stück Geldes überlässet und verhandelt / dergleichen
Exempel mir selberbey Volführung unterschiedlicher Inquisition Processe wieder
die Hexen vorkommen sind.
CCLII. Von solchen Hexen-Zeichen hat Petrus de L’ Ancre,
Lib. 3. Disc. 2.
ausführlich geschrieben / und viele Exempel angeführet / den man aufschlagen kan.
Item
Ostermann. de Stigmatibus, Sect. 8. per tot.
Lamb. Danaeus. in Dialog. de Sortiar. c. 4.
Thomas Erastus, in Disput. de Lamiis pag. 532.
Petrus Erodius. lib. 5. rer judicat de Malef.
Martin. Del-Rio lib. 2. Disquis. Magi car. q. 21. pag. 103.
Jo VVilh. Magen, Disp. de Characteribus A. 1682. Jen. hab. Cap. II. §. 2.
Joh. Jordanaeus, de Proba stigmatica, per tot. qui ultimus refutat Ostermannum. CCLIII. Dn. Stryke, in tr. de jure Sensuum Dissert. 7. c. 4. n. 14. de his signis ita sentit & judicat. Non spernenda sunt planè stigmata, nec tamen illis tanquam infallibili indicio fides habenda. Alia adminicula [361] si desint, hoc ad torturam inferendam inefficax. Etenim ex certis demum indiciis, non ex occultis & dubitatis, judex ad illam debet pervenire Stigma tale relictum sibi non est, quippe adhuc in controversia, an Diabolus habeat hanc potestatem inurendi ejusmodi stigmata. Et si habet, annon interdum & naturaliter ejusmodi, non quidem mortificata, sed connata stigmata in aliis reperiantur. Alia ergo, quae suspectum reddere possunt accusatum, indaganda, quae sicubi affuerint, iisque indiciis stigma accesserit, tunc torturâ veritas ulterior exquiri potest. CCLIV, Petr Gregor. Tholosanus, in Syntagm. Jur. Univ. lib. 54. c. 21. n. 10. testatur, quod Tholosae Anno 1577. plus quàm quadringentae Veneficae reae pertractae sint, quarum pars Vulcano sacratae, pars aliis tormentis sublatae vel emendatae fuerint. Et quod mirum est dicere, omnes ferè à Diabolo notam inustam certo loco habebant. CCLV. Es muß aber ein solch vom Teuffel eingedrücktes / gekratztes oder gebissenes Zeichen dreyerley Eigenschafften haben. [1] daß sie nichts dran fühlen / wenn gleich der Scharffrichter mit einer Nadel oder Pfrieme hinein sticht. [2] daß es impenetrabel sey / und nicht gantz durchstochen werden könne / sondern etwas hartes drin sey / so resistiret [3] daß es kein Blut von sich gebe / quod ab experientia docet Joh. Jacob Speidel. in Specul. Jur. in voc. Hexen §. Sexto quemadmodum Deus. infin. CCLVI. Drum geben die Criminalisten diese Lehre / daß / wenn ein solch Stigma sich an einen Zauberer oder Hexe fünde / man denselben / wenn hinein gestochen werden sol / vorher die Augen verbinde / denn sonst könten sie sich stellen / und überlaut schreyen / wenn sie das stechen sehen / als wenn es ihnen wehe thäte.
vid. Del-Rio lib. 5. Disquisit. Magic. lib. 5. Sect. 4. §. 28.
Walburger, de Lamiis c. 8. §. 9. pag. 97. & 98. Et omninò Oldekop, tit. 4. Observ. Criminal. 12. n. 4. & 5. pag. 252. CCLVII. Johan Georg Gödelmann, in seinen Tractat de Magis, Veneficiis & Lamii rectè cognoscendis & puniendis, lib. 3. cap. 10. n. 39. schreibet auch / daß die Ubelthäter wider die Marter und Pein sich zuverwahren / auf der Volter etliche Oerther der Heil. Schrifft mißbrauchten / son [362] derlich der Worte im 44. Psalm Eructavit cor meum verbum bonum, veritatem nunquam dicam Regi. Item Luc. 4. Jesus autem transiens per medium illorum ibat. Und Wierus, de Praestigiis daemonum lib. 5. cap. 12. pag. 546. erzehlet unterschiedliche Exempel derer / die sich solcher Red-Arthen bedienet. Hippolitus de Marsiliis in Pract. Crim. §. nunc videndum. n 25. sub fin. auctor est, solere reos reasve, maximé dum ligantur, submissâ voce verba Passionis Dninostri Jesu Christi recitare haec, quae incipiunt ibi: Quem quaeritis? Jesum Nazerenum? Si ergo me quaeritis, sinite hos abire; & sequentia, usque ad verba: Inclinato capite emisit Spiritum, atque his dictis protinus dormire solere veneficas in tortura, & nihil sentire. Quidam etiam, ne dolores sentiant, solent pronunciare hos versus:
Imparibus meritis tria pendent corpora ramis,
Dismas & Gestas in medio est Divina potestas,
Dismas damnatur, Gestas ad astra levatur.
VVierus de Praestig. daemon. lib. 5. c. 5.
Goedelmannn. de Mag. & Venef. lib. 3. c. 10. n. 39.
Crusius de Indic. delict. p. 2. c. 32. n. 25. Quos tamen deridet Goehausen. in Process. jurid. tit. 3. lit. U. in not. pag. 179. in tr. de Syndicatu. CCLVIII. Paris de Puteo, und auß demselben Carpzov. Pract. Crim. p. 3. q. 125. n. 64. schreiben / daß die Hexen und Zauberer zu gewisser Zeit miteinander im wilden Walde zusammen kähmen / und sich selber untereinander peinigten und volterten / damit wenn sie ja von der Obrigkeit eingezogen würden / sie derselben schon gewohnt wären / und sie vor nichts achteten. CCLIX. Dieser Induration und Verhärtung zubegegnen / und sie aufzulösen / gebrauchen sich theils Peinliche Richter folgender Mittel / sonderlich bey den Catholiken / daß sie ihnen. Weihwasser durch den Mund eingiessen / auch zuweilen noch wohl einen oder mehr Tropffen geweihetes Wachs darunter thun / oder aber / daß sie die Peinliche Frage / unter Haltung einer Messe / vornehmen / oder / daß man darbey einige Sprüche der heiligen Schrifft mißbrauchet / so die Hexen und andere Inquisiten nachsprechen [363] müssen / als: Dominus labia mea aperiat, & os meum annunciabit veritatem. Item: Eructavit cormeum verbum bonum, dicam ego cuncta. opera mea Regi: Item, Confundatur nequitia peccatoris, perdat omnes, qui loquuntur mendacium, &c.
Paul. Chirland. in tr. de Sortileg. Quaest. 4. n. 14.
Martin. Del-Rio, lib. 5. Disquis. Magicar. Sect. 9. v. ut his judices & lib. 6. c. 2. Sect. 3. q. 3. lit. Dd.
Berlich, p. 4. Concl. 4. n. 173. Oder / sie hengen denen zauberischen Personen / so bald sie ins Gefängnis kommen / geweihetes Wachs / oder ein Agnus Dei an den Hals / welches sie immer / auch bey wärender Tortur anbehalten. Oder geben ihnen geweihetes Saltz mit unter die Speise / und Weihwasser unter den Tranck. Ja sie sprengen auch die Volter- und Verhör-Cammer damit / Item die Gefängnisse. Vid. Goehausens Proceß. Jurid. contra Sagas, tit. 7. von pag 325. biß 333. Itemin addit. pag. 175. & 186. nec non pag. 344. & 345. CCLX. Allein diefe aberglaubische Dinge werden nicht gebilliget / sondern sind abzuschaffen. Es soll sich auch keiner der verdächtigen Worte / so denen auf der Leither hangenden ins Ohr gesaget werden / dadurch das Maleficium taciturnitatis strack aufgelöset wird / und sie alles haar-klein bekennen müssen / was sie gethan haben / gebrauchen / wovon Hippolitus de Marsiliis, in Pract. Crim §. nunc videndum, so viel rühmens machet / daß er solche probat befunden / und offt damit grosse Ehre eigeleget habe. Mich. Paris Walburger, de Lamiis, c. 8. §. 12. pag. 109. CCLXI. So ist auch denen Scharfrichtern zu verbiethen / daß sie ihre also genandte Hexen-Suppen zurücke lassen / von welchen drunten unter den Capitel von der Scharfrichter Buben-Stücken mit mehrern gehandelt wird.
Oldekop, tit. 2. Observ. Crim. 16. & tit. 4. obs. 15. & 54.
Paul. Zachias, lib. 2. Quaestion. Medico-leg. lib. 2. tit. 1. q. 3. n. 34. & seqq.
Brunnemann, in Proceß. Crim. cap. 8. n. 69. in fin.
Schilling. de Reit. tort. c. 3. §. 23.
|| [364]
CCLXII. Folgende aber sind nach der Criminalisten Meinung zuläßig:
[1] Daß man solche verhärtete Leuthe durch die Prediger des Worts GOttes fleißig
besuchen / ihnen ihre Sünden vorstellen / von dem mit dem Teufel gemachten Bund
ab / und in ihren vorigen Tauff-Bund wieder zu treten / aufs neue dem Teufel und
allen seinen Wercken und Wesen abzusagen / und zum Bekäntnis der Warheit
ermahnen / auch fleißig mit ihnen bethen lassen solle.
Del-Rio, disq. Magic. lib. 5. Sect. 9. & 10.
Nicolai, de Magic. Action. c. 11. exers. 10. th. 7. n. 15. Freudius, in Gewissens-Fragen von Zauberey q. 316. n. 2. [2] Soll man / wenn es ein Weibes-Bild ist / durch andere unverdächtige Weiber an einen besondern Orth sie nackend ausziehen / und den gantzen Leib mit warmen Wasser abwaschen lassen / damit wann sie etwan mit der obgedachten Salbe oder Oel beschmieret wäre / solches abgehe. Ist es ein Mann / geschicht es durch Manns-Personen. Del-Rio, d. lib. 5. Sect. 9. [3] Werden ihnen ihre ausgezogene Kleider nicht wieder / sondern andere angethan / damit ihnen das jenige / was sie etwam an Teufels-Künsten drinn vernehet und verborgen haben / nicht zu statten komme. Brunnemann d. c. 8. n. 70. Goehausen, in Process. Jurid. contra Sagas, tit. 3. lit. t. pag. 134. schreibet / daß an Theils Orthen man ihnen Säcke anlege / und sie drin voltern lasse. [4] Man schneidet ihnen auch wohl die Haare vom Kopff / Bart / Augenbraunen / unter dem Armen / an den heimlichen Orthen / und vom gantzen Leibe weg. Bey Männern geschicht solches abermahl durch Männer / bey den Weibern aber durch Weibes-Bilder: Worzu sonderlich der Nachrichter und dero Knechte Weiber zugebrauchen. Freudius, in Gewissens-Fragen / von Zauberey / q. 316. n. 5. p. 605. Maßen denn kein rechtschaffener / auch Zucht- und Ehrliebender Judex zugeben sol / daß die Scharffrichter / oder ihre Knechte schändlich mit dem Weibes-Volck umgehen / mit angesteckten Strohwischen / wie sie gemeiniglich zuthun pflegen / ihnen die Haare schändlich absengen / und darbey offt so sehr verbrennen / daß sie vor Schmertzen nicht zubleiben wissen. Nicht aber geschiehet es der Meinung / daß durch solche Hinwegnehmung der Haare / die Stärcke ihres Leibes und Gemüths geschwächet werde / nach dem Exem [365] pel Simsons [quod esset magicum & superstitiosum] sondern darum / weil die darin / und in den Außgängen ihres Leibes / mit unbekanten Buchstaben / Bildern und Zieffern bemerckte Zettel und andere Dinge / womit sie solch Maleficium taciturnitatis zuwege bringen / desto leichter zum Vorschein kommen und funden werden: Allermassen den deßhalber in den Mund / Ohren- und Naselöchern / auch den heimlichen Außgängen des Leibes mit Fleiß nachgesucht / auch sonst nachgesehen werden muß / ob sich eine verdächtige Narbe / oder andere Zeichen am Leibe finden. CCLXIII. Und ob wohl Johann. Seiffert, in seinem Gewissens-Buch / von Processen gegen die Hexen / Quaest. 31. & q. 51. n. 19. & seqq. Item D. Meyfart, in der Christl. Erinnerung an gewaltige Regenten / c. 24. pag. 191. Wie auch M. Bernhard. Waldschmid / in Pythonissa Endor. p. 341. und andere mehr diesen wiedersprochen: Ja Michael Freudius, in den Gewissens-Fragen / oder gründlichen Bericht von Zauberey und Zauberern / quaest. 251. n. 6. Diese Worte davon führet: Die Hencker bescheren die Hexen / und sengen mit einem Licht die Haare auf und in der Haut hinweg / nicht allein am Haupt / und unter den Armen / sondern auch an heimlichen Orthen: welche an frembden Menschen anzugreiffen im Gesetz bey Handabhauen verbothen und gestrafft. Deuteron. 25. v. 11. & 12. Sie wenden vor / der Teuffel sitze den Hexen in Haaren und Schaam / den wollen sie so vertreiben. Odes armen Teuffels / der sich mit so kleiner Lichts-Flamme und Rauch verjagen lässet / daß doch ein Kind außblasen könte! Vielleicht thuts aber das Licht nicht / sondern ein stärcker Teuffel / den die Hencker bey sich haben. Und wie / wann er inwendig im Bauch säß / dahin Scheren / Licht / Flamme und Dampf nicht kömmet? O der Abergläubischen schändlichen Wercke? Und wie sol ich es nennen? Göttlich ist es nicht / Englisch ists nicht / Christlich ists nicht / Jüdisch / Heidnisch / Türckisch ist es nicht / Viehisch ist es nicht / den̅ nur daß die Hencker in alle Löcher riechen / wie die Hunde / und andere Nachgucken / wie die Affen] so ists gewiß Teuflisch: Ja Teuflisch und nicht Menschlich ists. Es ist überaus grosse und schändliche Zauberey sc.
|| [366]
So ist doch dieses offt und vielmahl bewährt ersunden worden / daß auch viele
Criminalisten demselben beypflichten / und in den Urtheln zuweilen es mit
angeführet wird.
Hippol. de Marsil. Pract. Crim. §. nunc videndum, n. 52. vers. & sineiliter.
Flam. Chartar. lib, 4, de Interrog. reor. c. 1. n. 22.
Tranq. Ambrosin de Proceß. inform. lib. 4. c. 7. n. 5.
Petr. Greg Tholosan. Syntag. J. U. lib. 34. c. 21. n. 10.
Additio antiqua ad cap. 7. lib. 2. pract, crim. Jacobi de Bello visu pag. m. 498.
Joh. Georg. G???delmann, de Magis & Venef. lib. 3. e. 10. n. 37.
Bodinus, lib. 4. de Daemonomania, c. 1. sub fin.
Brunnemann, in Proceß. Crim. c. 8. n. 70.
Dither, in Contin. Thes. pr. Besold. v. Hahr-rupffen & v. Radiren in fine.
Michael. Paris Walburger, de Lamiis, c. 8. §. 12.
Nicol. Remigius, de Daemonolatr. lib. 3. c. 9. post pr. vers. sunt & qui. Berlich, p. 4. Concl. 4. n. 174.
Goehausen, in Proceß. Judic. contr. Sagas, tit. 3. lit. T. pag. 134. & in not pag. 77 & 178.
Freudius, sibi ipsi contrarius, quaest. 316. Cumanus, ein Inquisitor wieder das Hexen-Gesinde / hat An̅o 1485. ein- und viertzig Unholden verbrennen lassen / die / nachdem ihnen die Haare abgeschnitten / und die Kleider verwechselt gewesen / ohne einzige Marter bekant haben. Del-Rio. saepè dict. lib. 5. sect. 9. Jodocus Damhouderus, in Praxi Rer. Criminal. cap. 37. n. 21. führet ein Exempel an von einem Weibe zu Brück in Flandern / die allerhand Wunder-Curen verrichtet / letzlich aber / als eine Zauberin eingezogen worden / die auch nichts bekennen wollen. Als ihr aber die Haare abgeschnitten wurden / fand man ein klein Zettelchen von Pergamen s. v. in ihrer Scham / darauf allerhand Teufels-Nahmen mit † unterschieden stunden. Nachdem man solches weg that / bekandte sie allen Betrug / mit dem Zusatz / wen̅ sie ihr nicht die Haar abgeschnitten / und das Zettelchen genommen / würde man aus ihr nichts gebracht haben. Wiewohl jener leichtfertige Bube / dessen Georg Lauterbeck, in seiner gründlichen und rechten Unter [367] weisung von Peinlichen Fragen / welche Abraham Saur mit etlichen Observationibus und Notatis Anno 1593. anderweit heraus gegeben, pag. 26. gedencket / solche Absengung der Hare nichts geachtet. Denn als der Richter denselben wegen einer grossen Missethat / die er in Güte nicht bekennen wolte / mit Brand aufs hefftigste angreiffen ließ / also daß der Scharfrichter / selber sagte / er wüste auf dasmahl weiter nichts gegen den Gefangenen vorzunehmen / hat auch die Hand voll Licht / damit er ihn gebrennt / ausleschen und weg thun wollen. Wie aber der Gefangene / so noch auf der Leiter gelegen / solches wahrgenommen / hat er den Nachrichter mit den noch brennenden Lichtern zu sich geruffen / und mit diesen Worten angesprochen: Lieber Meister / ich habe noch dahinden / s. h. in podice, erzliche Haar / die senget mir doch auch heraus / dessen sich der Scharfrichter nicht versehen / weil / wie obgedacht / er denselben sehr hart mit den Brennen schon zugesetzt / hat dannenhero ihn gefraget / ob es sein Ernst sey? drauf er geantwortet Ja / und als er ihm die Lichte an den Orth gehalten / und gebrennt / daß es gestuncken / hat der Bube gesagt; darecht / lieber Meister! da recht! da jucket es mich / Danck habe lieber Meister! und also den Richter / mit den Schöppen und Gericht-Schreiber / wie auch des Henckers gespottet / und sie ohne einzig Bekäntnis abziehen lassen. CCLXIV. Man soll auch sonderlich die verdächtiger Hexerey halber eingezogene Inquisiten nicht in düstere und abgelegene Gefängniß stecken / sondern an einen gewöhnlichen Orth mit Wächtern bewachen lassen / denn man hat aus der Erfahrung / daß wenn sie etliche Tage alleine gelassen worden / ihr Buhle / der böse Feind / sich bey sie eingefunden / und ihnen allerhand Einschläge gegeben / wie sie entweder sich selbst ümbringen / oder alles aufs leugnen stellen / und nichts bekennen / oder wenn sie schon bekandt / revociren sollen.
Joh. Bodin. lib. 4. Daemonom. c. 1 post. med. vers. optime,
Walburger, de Lamiis ???7 §. 3. pag, 87. & §. 5. pag. 88.
Danaeus, in Dialog. de Sortiar. Allermaßen Nicolaus Remigius, Lib. 1. Daemonolatr. c. 13. ein Exempel anführet von einer Hexen / Anna à Ban̅o genant / welche / als sie mit vielen Zeugen überwiesen / und mit der Volter bedrohet worden / alle ihre Zauberey-Laster bekant / und vor Gericht dem Teuffel wieder abgesagt hat [368] te / ist dieser lose Gast / als sie allein im Kercker saß / und niemanden bey sich hatte / zu ihr kommen / und sie erbärmlich geprügelt / auch zur Revocation zwingen wollen / über welchen Tumult und Geschrey die Wächter hinzugelauffen / das Weib errettet / und der Teuffel gewichen. Wie man denn die Striemen noch hin und wieder auf ihren Leibe gesehen. Dergleichen Geschichte erzehlet er mehr an solchen Orth / und lib. 3. c. 6. setzet er viel Exempel von Unholden / welche wegen der greulichen Quaal / Angst und Beträngnis / so sie von den bösen Geistern in den Gefängnissen überstehen müssen / stehentlich und inständig begehret haben / man möchte doch ihnen ihr Recht thun / und sie nicht länger sitzen lassen / damit sie nur von des Teuffels Dienstbarkeit zur Freyheit und durch Christum erworbenen Seeligkeit gelangen möchten. CCLXV. Drum am rathsamsten / daß solbald man solch Gesindlein beym Kops nehmen lässet / strack die aus der summarisch abgehörten Zeugen-Aussage formirte Inquisitional-Articul bey der Hand habe / und sie eilend / ohne Versäumung einigen Tages / darauf examinire: Den̅ zu der Zeit sind sie noch in der Consternation, und können sich nicht so bald aus den Stegereif / wie man zusagen pfleget / resolviren / oder auf unwahre Dinge besin̅en / solche zu ihrer vermeinten exculpation vorzubringen: Maßen den̅ man aus der Erfahrung hat / daß wenn eine Hexe eingezogen wird / der Satan nicht in den moment bey ihr zugegen ist / sondern sie eine weile verläst / da als denn der Judex sie anreden und sich stellen kan / als wenn er ein Mitleiden mit ihr hätte / daß sie sich so schändlich verführen lassen / wodurch manche gewonnen worden / daß sie in Güte ohne Volter bekant hat.
Bodin. d. c. 1. post med. vers. simul at??? poterit. & vers. praetera pag. 543. & 547.
Berlich. part. 4. Concl. 4. n. 164. 165. & 166. CCLXVI. Andere geben den Rath / man solle die Hexen / wen̅ sie examiniret werden sollen / nicht vorwarts / sondern rücklings in die Verhör-Stuben führen / denn wenn sie den Richter eher / als er dieselbe ins Gesichte bekähme / könten sie denselben so bezaubern / daß er gantz gelinde gegen sie würde / und ihnen nichts thun könte / welches aber Del-Rio lib. 5. Disq. Mag. Sect. 7. verlachet / und als Kinder-Possen gäntzlich verwirfft. CCLXVII. Man sol auch nicht gestatten / daß ihnen von ihren Befreundten oder Bekandten oder andern verdächtigen Persohnen / in währender Captur, was zu essen und zu trincken gebracht / oder [369] geschicket werde / weil bey solcher Gelegenheit ihnen nicht allein viel solcher Verhärtungs-Mittel / sondern auch gar Gifft beygebracht werden kan / sich dadurch hinzurichten / und den Scharffrichter beym Leben nicht in die Hände zukommen.
Chartar. suprà, d. loco Ambrosin. c. 7. n. 7.
Carpzov. Pract. Crim. p. 3. q. 152. n. 69.
Freudius Quaest. 316. n. 3. CCLXVIII. Wie denn auch Theils Richter ihnen solche Speisen zurichten lassen / welche die Stärcke des Leibes nnd die Kräffte des Gemüthes schwächen / üm den Schmertzen in der Marter desto eher zu erweichen / welches doch von andern improbiret wird. vid. Oldekop. tit. 4. Obs. Crim. 22. n. 8. & 9. CCLXIX. Wenn der Judex mercket und warnimt / daß die Delinquenten auf der Volter mit dem Maul heimlich pröpeln / vorgebende / sie betheten / sol er sie stets anreden / und fragen / ihr Zauberisches Gemürmel und Teufelische Anruffung zu unterbrechen / damit sie drin irre gemacht / und nicht an einen Stück hin solche hersagen und zu Ende bringen können / sondern auf dasjenige / was man sie fraget / antworten müssen.
Chartar. & Ambrosin. dict. locis.
Brunnemann, in Process. Crim. cap. 8. n. 70.
Walburger, de Lamiis, c. 8. §. 12. pag. 108. CCLXX. Man sol sie nicht immer in einen Gefängnis lassen / sondern damit umwechseln / wenn es die Gelelegenheit des Orthes zulässet. Auch bey der Volter zuweilen andere Daum-Schrauben / Spanische Stifel und dergleichen nehmen. Hippolyt. de Marsil. in Pract. Crim. §. nunc videndum n. ult. in fin. Freudius, d. Quaest. 316. n. 4. CCLXXI. Endlich wird auch vor gut gehalten / daß man das obgedachte Tormentum vigilae an ihnen practicire / und sie zu keinen Schlaflasse / biß sie bekennen.
Binsfeld, in tit. C. de Malef. Mathemat. Conclus. 15. in fin. p. 708.
Damhoud. Prax. Crim. c. 37. n. 22.
Brunneman. in Process. Crim. c. 8. m. 5. n. 70. CCLXXII. Theils sagen auch / man sol sonderlich die Hexen und Zauberer / sobald sie gefangen worden / ohne Verzug und gleich in der ersten Stun [370] de voltern. Item man solte ihnen ein Hembd aus Werck / auf einen Tag gesponnen / gewebet und gemacht anlegen / doch daß der Vorter-Theil hinten / und man sie nicht auf die Erde kommen lasse. Aber dieses ist abergläubisch / und heist warhafftig Zauberey mit Zauberey / und Teufel mit Teufel vertreiben wollen / drum es zu unterlassen. Joh. Jacob Faber, in Specim. Zeli justi Theolog. contra Maleficos & Sagas, pag. 119. & 120. Aber daß kan der Judex wohl thun / wenn er siehet / daß sich eine Hexe / Zauberer oder ander Delinquent, durch Hülffe des Teuffels / fest und unempfindlich auf der Volter machen / daß er inne halte / weil aus der Erfahrung bekant / daß solche induratio und Maleficium taciturnitatis nicht immer an einen Stück hinwähret / sondern nur seine gewisse Zeit hat. Der Teufel auch nicht stets bey de̅ Hexen-Gesinde ist / sondern siezuweile̅ gutes Willens / oder auf Gottes Befehl verlässet / alsdenn kan die Tortnr, ehe sie sich dessen versehen / wieder vorgenommen / und das Bekäntnis herausgebracht werden.
Del-Rio lib. 5. in Append. q. 29, in fin. VValburger de Lamiis c. 8. §. 14.
Goehausen. saepè, dict. Process. contr. Sagas tit. 4. lit. E. pag. 207. & 208. ibi??? alleg. DD.
Joh. Carl. Antonelli de temp. Legali lib, 4. c, 20, n, 6, CCLXXIII. Bey der Tortur sol der Peinliche Richter mit den Gericht-Schöppen und Actuario von Anfang biß zum Ende bleiben / und nicht davon gehen / essen oder spielen / und inzwischen den Scharffrichter mit den Knechten bey dem auf der Leither schwebenden Inquisiten alleine lassen / vielweniger mit den andern Gerichts-Personen in währenden Handel von andern Dingen schwatzen / und fremde Gedancken haben.
Farinac. Quaest Crim. 37. n. 145.
Oldekop. tit. 4. Observ. Crim. 12. n. 6. & Observ. 24. n. 5.
Binsfeld. Comment. in tit. C. de Malef. & Mathem. pag. 691.
Brunnemann, in Process. Crim. c. 8. memb. 5. n. 41.
Dan. Clasen, ad art. 47. Const. Crim. pag. 222.
Maurit. Meibaum, Disp. inaug. de Torturis & tormentis. c. 4. n. 12. p. 32.
Goehausen, in Process. cont. Sagas tit. 3. lit. T p 134. sondern alles wohl attendiren / und den Nachrichte̅r genaue acht auf die Hände geben / damit er der Sachen nicht zuviel oder zu wenig thue / noch auch andere unzulässige Mittel vornehme / die Warheit herauszupressen.
|| [371]
Menoch. de A. J. Q. cas. 340. n. 10. & seqq. Item 23.
Vide Caput Von der Scharfrichter / u. ihren Bubenstücken /
CCLXXIV. Denn wenn in seiner Abwesenheit die Nachrichter und dessen Gehülffen
übel mit dem Inqnisiten umgingen / und derselbe etwan durch alzustrenges Martern
auf der Volter tod bliebe / kan er sich mit Bestand nicht entschuldigen /
sondern wird pro ratione omissi & commissi bestraffet.
Farinac. in Pract. Crim. dict. tit. de Tortum. Quaest. 37. n. 145.
Menoch. cit. loco. Oldekop. d. tit. 4. Obs. 24. n. 5. p. 290. Ja es kostet ihm seinen Kopf / wenn er unrechtmässiger Weise / ohne gnugsame indicien und Einholung Rechtlichen Erkäntnisses / DOLOSE, MALITIOSE, oder aus Haß und Feindschafft einen mit der Peinlichen Frage so hart angreiffen lässet / daß er drüber stirbt.
Clarus in Pract. Crim. §. ult. Quaest. 64. n. 1. Farinac. Pract. Crim. q. 27. n. 111. & seqq. Carpzov. p. 3. P. C. q. 127. n. 3. 4. 5. 6. & 7. ibique alleg. DD.
Guazzin. tom. 2. defens. 30. cap. 42. n. 1. Freudius, in Gewissens-Fragen / von Zauberey / q. 312. p. 599. CCLXXV. Wenn ein solcher Fall sich begiebt / wird der todte Cörper durch einen Medicum oder mehr besichtiget / um zu judiciren / ob der Reus wegen Schmertzen der Tortur, oder einen andern Zufall gestorben. Brunneman. Proc. Inq. c. 8. m. 5. n. 74. CCLXXVI. Thut er es aber aus Unerfahrenheit und Unverstand / und lässet einen also wieder Recht / ohne die bewiesene Anzeigungen martern / doch daß solcher beym Leben bleibet / muß er denselben wegen der zugefügten Schmach und Schmertzen gebührende Ergetzung thun. Const. Crim. Caroli. V. art. 20. 21. & 61. in fin. ibi??? Georg. Remus & Stephani. Menoch. de A. I. Q. lib. 2. Cent. 4. Cas. 340. Gomez. tom. 3. Resol. c. 13. n. 6. auch die Kosten und Schäden abführen / und dem Ober-Richter eine Wilkührliche Straffe erlegen.
Const. Elect. Sax. 40. part. 4. §. ult. Inq. v. Achts-Process, tit. 10. art. 2. §. 4.
Carpzov. part. 3. Pract. Crim. Quaest. 127. n. 33. & seqq. us???. 43.
Oldekop, tit. 4. Obs. Crim. 2. n. 10.
Gödelman, lib. 3. de Mag. & Venef. c. 10. n. 53.
Praetorius, in Gründlichen Bericht von Zauberey c. n. pag. 221. & 222.
|| [372]
Massen denn auch der der Churfl. Schöppen-Stuhl zu Leipzig / Mens. Aug. 1624. auf
requisition des Schössers zu Hohenstein also erkant.
P. P.
So wird nunmehr G. A. S. in contumaciam pro confesso & convicto gehalten
/ derowegen er den an C. S. verübten Angrif mit 100. fl. und das außgestandene
Gefängnis / so lange dasselbe gewähret / Inhalts Landüblicher Sächßsischen
Rechten / jeden Tag und Nacht mit 2. alte Sock zu verbüssen / so wohl ihm C. S.
wegen derer durch die zur Ungebühr / und ohne Urthel und Recht zu zweyenmahlen
volstreckten Tortur an seinem Leibe und Gesundheit ihme zugefügten Schäden und
Verwarlosung / wie auch wegen der aufgewendeten Unkosten und Versäumnis ein
tausend Gülden abzustatten schuldig / und wird hierüber solches seines
unziemliches Vornehmens und Beginnens halber / weil er gleichwohl ohn alles
Bitten und Zureden / zu zweyen unterschiedlichen mahlen gedachten C. S. ohne
Urthel und Recht martern lassen / mit einer zimlichen Geldbuße / seinen Vermögen
nach / in Straffe genommen. V. R. W.
Es ist aber / wie Carpzov. d. l. n. 44. anführet / diesem Judici darum die Emenda
so hoch / als auf tausend Gülden gesetzt worden / weil er den Reum zweymahl
grausam peinigen lassen / und von grossen Vermögen gewesen / anfügende / daß pro
qualitate tormentorum aliarumque circumstantiarum die Emenda geringer erkant
werden könie / wie er den n. 45. noch ein praejudicium, nach Auleben an S. F.
Mense Jun. Anno 1685. gesprochen / anführet also lautend:
Ist die Person / von welcher eure Frage meldet / Ehebruchs bezüchtiget / und
derowegen unschuldiger Weise eingezogen / zwölff Wochen lang gefänglich
enthalten / auch unbefügter Weise torquiret, nnd hierüber mit einer Geld-Straffe
auf 300. Thaler. beleget / und als dieselbe nicht bald entrichtet / noch 200.
Thlr. Schaden-Geld zu???rlegen gedrungen worden / derowegen bemelte Person eine
Rechtliche Klage erhoben sc. Da sie nun solches also erweisen und ausführen
künte / so wäre ihr der Beklagte wegen der erlittenen Tortur und Schmertzen /
den peinlichen Angriff mit vier Schock / daß seyn 10. Thaler / und jeglichen Tag
und Nacht / so lange sie gesessen / mit dreyssig Schilling Pfenningen zuverbüßen
/ auch die 500. Thaler / soviel zur Ungebühr an Straff und Schaden Geld erlegen
müssen / zuerstatten schuldig. V. R. W.
CCLXXVII. Ebenmäßig kan er vor seiner unmittelbaren Obrigkeit belanget werden /
wenn er die im Urthel zuerkandte Maße der Peinlichen Frage über [373] schritten / daß der Tortus drüber einen Bruch
/ Lähmnis und dergleichen Schaden überkommen hätte.
Carpzov. d. parte 3. q. 127. n. 17. & 18.
Dan. Clasen, ad art. 61. Const. Crim. Caroli V. pag. 255. maßen denn Carpzov an obgesetzten Orth ein Urthel / so dißfals Anno 1631. Mens. Mart. in den Schöppen-Stuhl zu Leipzig gesprochen / anführet / also lautend: Es getrauete ihr den eure Mutter zubeweisen / daß wohlgedachte Fürstl. Beambten / dem Urtheil zuwieder / die zuerkandte Maaß der Peinlichen Frage überschritten hätten / dadurch ihr der Arm zubrochen worden: auf solchen Fall wäre sie die Fürstl. Beambten üm gebührlichen Abtrag ex Lege Aquilia, oder auch Actione injuriarum zubelangen wohl befugt. V. R. W. CCLXXVIII. Denn die Volter ist ein grausam / erschreckliches Ding / welches des Menschen Leib ausdehnet / auch die Glieder auseinander reisst und verrencket.
Carpzov. p. 3. q. 117. n. 3. 4. 5. 6. & 7.
Oldekop. tit. 4. Observ. Crimin. I. Eine Zubereitung zu den bürgerlichen / oder auch natürlichen Tod. Anton. Faber, in Cod. lib. 4. defin. 2. in alleg. in fin. Ja härter als der Tod selbst.
Bald. in L. interpositas. n. 6. C. de Transact. & in L. 1. in fin. C. unde vi.
VVesenbec. in Paratit. ff. de Quaestion. n. 5.
Richter, part. 2. Decis. 91. n. 6. & seq. Unschuldigen Leuthen wird dadurch eine atrocissima injuria zugefüget. Andr. Rauchbar. part. 1. q. 49. n. 18. Und ist erbarn untadelhafften Personen / weil es durch des Nachrichters Hand geschicht / vorwerflich / auch dero Ehren und Leumuth höchst-schädlich.
Adam Volkmann, in tr. Crim. part. 2. c. 58. n. 1.
Tabor, de Tortura, pag. 134. n. 4. Drum sie auch vor so grausam und unerträglich gehalten wird / als wenn man einen beyde Hände abgehauen hätte.
Novell. 134. c. 14. Franc. Cason. de torment. c. 7.
Carpzov. Pract. Crim. p. 3. q. 124. n. 11. & seq. Item q. 119. n. 6. nec non part. 4. Const. 4. 6. defin. 5. n. 2.
Richter, tom. 1. part. 5. Consil. 13. n. 8.
Oldekop, Obs. Crim. tit. 4. Obs. 1. n. 9.
|| [374]
gestalt denn mancher nicht viel hundert / ja tausend Thaler nehme / und litte
dergleichen Schmertzen an seinem Leibe.
Tabor, de Tortura, Analys. art. 20, th. 13. p. 117.
Freudius in Gewissens-Fragen / von Hexerey / quaest. 312. pag. 600.
CCLXXIX. Und wenn ein solcher ungerechter Richter / so einen unschuldigen
Menschen absque Legitimis Indiciis voltern lassen / [welchen Chartar. in pract.
interrog. Reor. lib. 4. c. 1. n. 27. einen Hund nennet] es leugnen wolte /
eingedenck / daß die Tortura difficilis probationis sey;
Bald, in L. si quis in hoc genus C. de Episcop. & Cleric.
zumahl wenn dieselbe heimlich in einem Gewölbe / Cammer oder andern abgelegenen
Orth geschehen ist / da man keine Zeugen haben kan /
Paris de Puteo, de Syndicat. v. Tortura versic. qui saepè n. 4.
Menoch. de A. J. Q. cas. 116. n. 19. Kan doch solche signis & conjecturis probiret werden.
Franc. Brunus, de Indic. & tort. q. 5. part. 2. n. 37.
Hippol. de Marsil. Consil. 5. n. 22. & seq. als wenn man die Mahl-Zeichen von den binden und Marter-Instrumenten noch an des gepeinigten Leibe siehet und findet.
Bart. in L. pupillo §. si quis ipsi praeter ff. de nov. op. nunc.
Brunnus, d. q. 5 n. 37. Paris de Puteo d. v. tortur. & versic. n. 4. Item durch Zeugen / die den auf der Tortur gewesenen in währende̅ Schmertzen heulen / schreien und winseln gehöret.
Bald. in L. 1. C. ne ex delict. defunctor. & in L. conventicula C. de Episcop. & Cler.
Mascard. de Probat. concl. 1391. n. 12. ibi??? alleg. DD. Desgleichen durch die Mit-Gefangene / nec non per consocios, qui licet aliàs inhabiles sint ad testificandum; tamen in isto casu propter difficultatem probationis admittuntur, prout in terminis scribit idem Paris de Puteo, in d. versic. quia saepè n. 4. Mascard. d. l. n. 14. Probatur etiam tortura per FAMAM,
Bald. in L. 1. C. ne ex delict. defunctor.
Marsil. n. 6. ff. de Quaest. & in Pract. Crim. §. expedita n. 15. Ratio est, quia Fama in occultis plenè probat. Marsil. Consil. 5. n. 22. Plura vide apud Mascardum, d. Concl. 1391. per tot. & in addit.
|| [375]
CCLXXX. Haben also die Peinliche Richter sich wohl vorzusehen / daß sie niemanden
/ ohne vorher eingehohltes Rechtliches Erkäntnis / torquiren lassen / noch auch
die im Urthel ihnen vorgeschriebene Maße überschreiten / sondern praecisè bey
denen darinnen befindlichen Worten / und was dieselbe mit sich führen / bleiben
/ üm ihre selbst-eigene Ungelegenheit zuverhüten: Zumahl da ohne dem die
Praesumptio Juris vor dem Reo wieder den Judicem stehet / daß die Tortur
unrechtmäßiger weise vorgenommen und volstrecket worden / wenn nicht gnugsame
Indicia vorhanden gewesen / und der Richter solche klar demonstriren und
darlegen kan.
Matth. Wesenbec. in Paratit. ff. de Quaestion. n. 9.
Matth. Stephani, in notis ad art. 61. Const. Crim. Caroli V. circa finem.
Item Manzius, ad h. art. n. 34 35. & seqq. Welches aber durch Vorzeigung der dißfals bey den Schöppen-Stühlen und Juristen-Facultäten eingehohlten und gesprochenen Urthel leicht zu elidiren und abzulehnen.
Carpzov. d. q 127. n. 26. 27. & 28. Freudius, d. tr. q. 313.
Richter, tom. 2. Cons. 427. n. 2. Judex si legitimè torturam intulit, etiam quod tortus decedat, aliqua poena non punitur.
Par. de Puteo, in tr. de Syndicat. v. tortura c. 21. inprinc.
Bossius de Tort n. 30. Menoch. de A. I. Q. cas. 349. n. 9. CCLXXXI. Absonderlich aber sol der Judex da bleiben / stant halten / und nicht weggehen / wenn der Inquisit anhebet zubekennen / und solte er auch gleich die Mahlzeit und den Schlaf drüber versäumen: Denn wenn er desselben Bekäntnis nicht anhören / noch auch abwarten wolte / sondern ihn inhalten ließe / biß man wieder zurück käme / oder es wohl gar biß auf den andern Tag versparete / würde dadurch dem Reo Zeit / Weil und Gelegenheit gegeben / wieder zurückzutreten / sich zubedencken / das beste zu verschweigen / und dargegen unwahre Dinge auszusinnen / so daß man das jenige / was man in den Moment gehabt / in einen Nun wieder verlöhre / oder doch hernach mit vieler Arbeit / Mühe / Marter u. Pein wieder heraußpressen müste.
Del-Rio Disq. Magie. lib. 5. Sect. 10. pag. 803. & seqq.
Chartar. d. tr. de Exam. Reor. lib. 2. cap. 2. n. 20.
Ambrosin. de Process informai. lib. 2. 6. n. 39. 40. 41. & 42. Welche zugleich den Rath geben / daß / wenn die Inquisiten anfangen / ihre [376] Bekäntuis zuthun / man nichts darzwischen reden / sondern sie gewähren / und erst alles von sich selbst hersage̅ lassen solle / damit sie nicht durch verdächtiges Fragen Anlaß nehmen / vor den Garn / wie man zusagen pfleget / wieder um zukehren / oder gar ein und andern Umstand / daran doch viel gelegen / zu vergessen / oder das hinderste vorn zusetzen / und also ihr Bekäntnis dunckel und unvernemlich zu machen. CCLXXXII. Do es sich auch begebe / daß der Inquisit auf der Volter ohnmächtig würde / gantz erblaßte / wie eine Leiche / mit den Mund schäumete / oder gar zu sehr schwitzete / daß er nicht mehr reden könte / hat der Judex gute Vorsichtigkeit zugebrauchen / daß er nicht allzu furchtsam und leichtgläubig sey / und den Inquisiten strack herab thun lasse / weil man Exempel hat / daß etliche sich nur so gestellet: Drum alsdann ihnen desto hefftiger mit Zureden und Ermahnen zuzusetzen / auch der Scharfrichter sie anzuregen / zu schütteln / angezündeten Schwefel oder Teufels-Dreck ihnen vor die Nase zuhalten / und zu probiren hat / ob sie warhafftig so schwach sind / als sie sich stellen: Doch soll man auch nicht allzuhart und kühn seyn / auch nicht alles in den Wind schlagen / damit der Tortus nicht gar dahin sterbe;
Bossius, in tit. de Tortur. n. 34.
Clarus, pract. crim. §. fin. q. 64. v. Judex autem, n. 37.
Oldekop. tit. 4. Observ. Crim. 24. n. 5. sondern derselbe in Zeiten durch den Scharfrichter loß gemacht / ihm die Peinlichen Instrumenta abgethan / er auf eine Banck / oder an die Erde [welches ietztere aber man bez den Hexen und Zauberern nicht gerne thut] geleget / mit kalten Wasser / Eßig / Schlag-Zimmet- oder Rosen-Wasser / so bey den Torturen allezeit zur Hand seyn muß / angestrichen und besprüzet / oder ihm sonst eine Stärckung in den Mund / welcher / wenn er fest zugeschlossen / aufzubrechen / gegossen werde.
Ambrosin. lib. 4. de mod. form. Process. informativ. c. 14.
Brunnemann. in Process. Crim. c. 8. memb. 5. n. 65.
Guazzin. in tr. ad Defens. Inquisit. tom. 2. defens. 30. c. 16. n. 3. & 4. CCLXXXIII. Findet man aber / daß es nur eine Simulation und Stellung gewesen / wird mit der Tortur ferner verfahren / wiewohl am sichersten ist / wenn der Judex einen erfahrnen Medicum darzu erfodert / und denselben eydlich / oder auf seine schon vorher geleistete Pflicht judiciren lässet / wie es eigentlich mit dem Reo und seiner Schwachheit beschaffen / und ob man die [377] peinliche Frage zudemmahl ohne Gefahr des Inquisiti Leben oder Gesundheit ferner fortsetzen könne / oder nicht. Idem Ambrosin. d. c. 14. n. 13. 14. & 15. Bey solchen Handel thut ein Richter wohl / daß er verhüte / damit der Reus nicht auf der Volter / oder doch bald hernach sterbe / nicht allein wegen der grossen Verantwortung / sondern auch üblen judicirens und böser Nachrede des gemeinen Mannes. Clarus d. q. 64. n. 37. CCLXXXIV. Wenn nun dem Urthel gemäß mit der Tortur wieder den Verhafften verfahren / oder er in Güte die Missethat bekant / wird demselben / ehe man ihn abführet / dasjenige / was er gestanden und bekant / nochmahls deutlich vorgelesen / und wenn er dabey beständig verharret / und / was er etwan noch darbey erinnert / registriret worden / das vollständige Protocoll von dem Richter / Schöppen und Gerichts-Schreiber unterschrieben. P. H. O. Caroli V. art. 181. & seqq. us??? ad 189. Carpzov. part. 3. Decis. 201. n. 20. & in Pract. Crim. p. 3. q. 1. n. 12. Berlich. part. 1. Concl. 8. n. 24. Fürstl. Sächß. Gothaische Gerichts-Orduung / part. 3. c. 8. §. 1. CCLXXXV. Der Scharfrichter rücket nach verrichteter Volter dem Inquisiten die Gelencke wieder ein / welches nicht ohne Wehetage und Schreyen abgehet / schmieret auch wohl denselben / wenn es nöthig ist. Brunnemann, in Proceß. Crim. c. 8. membr. 5. n. 71. CCLXXXVI. Letzlich führet ihn der Freyboth / Gerichts-Diener oder Land-Knecht wieder in die Custodi, doch nicht in solche / darin̅en mehr andere Gefangene sitzen / damit sie ihn nicht zum revociren / oder andern bösen Vornehmen instruiren und verleithen / sondern an einen besondern Orth. Clarus, q. 64. n. 40. Anton. Faber, in Cod. tit. de Quaestion. Defin. 18. Carpzov. p. 3. q. 126. n. 22. Oldekop. tit. 4. Observ. Crim. 26. in fine. CCLXXXVII. Den andern oder dritten Tag hernach / wenn sich die Schmertzen geleget / wird der Inquisit wieder vorgelassen / seine Urgicht und Bekäntnis zuwiederholen und zu ratificiren / doch nicht an den Orth / wo er gepeiniget worden / sondern entweder in der Gerichts-Stube / oder anderswo. L. 2. C. de Custod. Reor. Clarus. in Pract. §. fin. q. 64. n. 42. Peinl. Sächß. Inquisit. und Achts-Proceß. tit. X. art. 4. Paris de Puteo, [378] in tr. de Syndicat. verb. Tortur. c. 1. n. 3. Farinac. in Prax. Crim. q. 83. n. 71. Es kan auch wohl in der Büttel-Stube / oder in einem andern Gemach: P. H. O. Caroli V. art. 56. Bocer. de Tortur. c. 5. n. 36. Carpzov. q. 126. n. 20. Item im Gefängnis geschehen / wenn nur der Reus nicht darinnen gepeiniget worden. Svevius, in Synops. Pract. Crim. part. 3. quaest. 126. n. 56. Jacob. Friedr. Schilling, Disp. Inaug. de Reiterat. Torturae, c. 1. §. 23. Denn die Ratificatio confessionis, so in der Marter-Kammer und in Gegenwärtigkeit der Peinlichen Instrumenten / daraus Inquisit sich voriger Pein und Marter erinnert / geschicht / ist für kein gütliches und freywilliges Bekäntnis zu halten. Matth. Stephani, in not. ad art. 60. Constit. Crim. Caroli. V. in fin. Carpzov. p. 3. q. 126. n. 20. & 21. CCLXXXVIII. Und ist sonderlich bey der ratification anzumercken / daß solche nicht strack nach der Marter geschehen sol / weil davor gehalten wird / daß nicht allein noch die Furcht / sondern auch die Schmertzen bey den Inquisiten seyn / und man also denselben zum wenigsten 24. Stunden / wie Gomez. lib. 3. Var. Resolut. c. 13. n. 24. Mascard. vol. 1. Conclus. 353. n. 13. Tholosan. in Syntagm. Jur. Univ. lib. 48. c. 12. n. 26. und andere mehr wollen / ruhen lassen solle / welches doch billig dem arbitrio Judicis anheim gegeben wird / welcher dahin zusehen hat / wie es mit dem Inquisiten beschaffen / ob er wieder zu rechte / oder auch noch Schmertzen habe. L. 1. §. Divus Severus, ibi??? Bartol. n. 4. ff. de Quaestion. Clarus in Pract. Crim. lib. 5. Sent. §. ult. n. 41. Manzius ad art. 56. Ord. Crim. Caroli V. pag. 224. Brunneman, in Process. Crim. c. 8. m. 5. n. 79. Theodoric. in Colleg. Crim. c. 9. th. 11. n. 6. lit. E. Mit dem auch die P. H. O. Caroli V. art. 56. übereinkömmet. Ibi: Nach Gutbedüncken des Richters. Doch sol die Ratificatio nicht länger / als biß auf den dritten Tag aufgeschoben werden / damit man dem Inquisiten nicht Anlaß zum revociren gebe. Carpzov. q. 126. n. 27. Schilling, de Reiterat. Tortur. c. 1. §. 25. CCLXXXIX. Es geschehe aber die Wiederhohl- und Bestätigung der Urgicht und Bekäntnis entweder in der Ambts oder Gericht-Stube / in dem Gefängnis / oder wo sie wolle / ausserhalb den Orth der Tortur: So wird [379] die Gegenwart des Richters / zum wenigsten zweyer Gericht-Schöppen / und des Gericht-Schreibers / oder Notarien hierzu nothwendig erfodert / und mag im widrigen Fall die beschehene ratificatio confessionis für kein Rechtmässiges / gütlich wiederholetes Bekäntnis geachtet und gehalten werden. P. H. G. O. d. art. 56. Jul. Clarus, d. q. 46. n. 42. Carpzov. d. q. 126. n. 29. Peinl. Sächß. Inquis. und Achts-Process, tit. 10. art. 4. §. 4. Matth. Stephani, & Manzius, nec non Daniel Clasen, in not. ad Art. 56. Ordin. Criminal. Caroli V. Angeregte Urgicht und Bekäntnis nun lieset der Notarius Judicii, in Beyseyn des Judicis und der beyden Gericht-Schöppen / dem auf der Volter gewesenen Inquisiten vom Wort zu Wort / auch von einem Articul zum andern mit lauter Stimme und vernehmlichen Worten vor / fraget auch so dann drauf / ob das die gründliche Warheit sey / was er ausgesaget / niedergeschrieben / und ihm ietzo wieder vorgelesen worden? Item / ob er noch was hinzuthun wolle / oder sonst darbey zuerinnern habe? Mit ferner zu Gemüthführung / daß weil dieses sein Leib und Leben betreffe / er deswegen keine Lügen vorbringen / noch auch den Richter betriegen / vielweniger GOtt spotten / sondern die Gründliche Warheit ansagen möchte. Ambrosin. d. tr. lib. 4. c. 5. n. 7. Hippol. de Marsil. in Pract. §. quoniam n, 1. P. H. G. O. Caroli V. art. 56. ibi: Sein Bekäntnis durch den Gericht-Schreiber fürgelesen / und alsdenn anderwerts darauf gefraget / und sein Bekäntnis wahr sey. sc. Brunnemann in Process. Criminal. cap. 8. memb. 5. n. 81. Fürstl. Sächß. Gothaische Gerichts-Ordn. pag. 3. c. 7. §. 6. & 7. CCLXC. Wenn er nun alle dasjenige / was er bekant / nochmals bejahet / wiederholet / un̅ darbey beständig verbleibet / muß ehe und bevor das Straf-Urthel erfolget / und ihm das Leben abgesprochen wird / das Richterliche Ambt der bekandten Missethaten / und darbey angezeigten Qualitäten und Umstände halber gründliche Nachricht und Erkundigung einziehen / auch an die Obrigkeit des Orths / wo ein oder das andere factum geschehen seyn sol / schreiben / und vernehmen / ob es auch wahr sey / was der Inquisit außgesagt / und da sol er Leuthe und Bothen auszuschicken sich nicht bethauren lassen, ut loquitur Adam Keller, in tr. de Offic. jurid. polit. lib. 2. c. 12. pag. 407. denn wenn der Judex nur allein auf das bloße Bekäntnis gehen / und es dabey gut seyn lassen wolte / würde mancher / aus Furcht anderweit ge [380] martert zu werden / wehr bekennen / und nachgehends wieder bejahen / als er iemahls gethan / und also unschuldig ums Leben kommen. Cason. de Torment. c. 1. n. 5. P. H. O. art. 54. & 60. ibi??? Stephani & Remus. Peinl. Sächß. Inq. und Achts-Process. tit. 9. art. 4. §. 5. Farinac. Quaest. 81. c. 8. n. 304. Carpzov. Pract. Crim. p. 1. q. 26. n. 12. & seqq. Tranq. Ambrosin. lib. 4. Process. inform. c. 5. n. 9. & 10. Author. Prax. Crim. Alteb. cap. 9. §. 22. Mezger, de Tortura, thes. 193. CCXCI. Finden sich nun / angezeigter maßen / die Thaten / und deren Umstänstände in der Nachforschung war / ist ferner an des Inquisiti Bekäntnis und und Urgicht gantz nicht zu zweiffeln / sondern es erfolget / nach anderweitiger Verschickung der Acten, endlich das Straf-Urthel. L. qui Sententiam. 16. C. de poenis. Farinac. in Prax. Crim. part. 3. q. 83, n. 76. Francisc. Brunus, de Indiciis p. 2. q. 6. n. 22. Paris de Puteo, de Syndicat. verb. Tortus, c. 1. n. 3. Carpzov. Quaest. 126. n. 1. & 2. P. H. O. art. 54 & 60. Meyer, in Colleg. Argent. tit. de Quaestion. th. 19. n. 6. in fine. CCXCII. Sind aber dieselbe unwahr und erdichtet / soll der Judex ihm solches fürhalten / und mit ernstlichen Worten drum straffen / und kan alsdenn [doch auf Rechtliches Erkäntnis] mit Peinlicher Frage zum andern mahl angegriffen werden / damit er die angezeigten Umstände recht und mit Warheit anzeige. Constit. Crim. Caroli V. art. 55. ibi??? Clasen, in Exegesi. nec non Manzius & Gilhausen. Farinac. de Reo confesso & convict. Quaest. 51. c. 8. n. 304. CCXCIII. Wiederrufft er aber seine Urgicht oder Bekäntnis / soll der Judex denselben nicht grausam anfahren / noch auch drohen / ihn wieder auf die Volter spannen / und dergestalt aufziehen zu lassen / daß man mit einem Licht durch ihn hinsehen könne. Vielweniger es machen / wie jener Commissarius, dessen Erasmus Francisci, im Neu-polirten Geschicht-Kunst und Sitten-Spiegel / lib. 2. Discurs. 6 pag. 374. gedencket / welcher denen armen Sündern / so abgethan werden solten / ansagen lassen / Wenn sie ihr einmahl gethanes Bekäntnis revociren würden / wolte er sie nicht allein noch einmahl erschrecklich peinigen / ausdehnen und aufziehen / und wenn sie die That wieder bekenneten / ohne alle Gnade und Barmhertzigkeit / auf Leithern binden / und lebendig ins Feuer werffen lassen: Ja er hat auch wohl durch etliche Geistliche / ihm zu [381] Gefallen / die Verurtheilte bereden lassen / sie könten nicht seelig werden / wenn sie nicht bey ihrer auf der Volter gethanen Bekäntnis beständig verblieben: sondern vielmehr mit Gedult des Rei Vorbringen anhören / und es niederschreiben lassen: Jedoch nach der Ursache solcher Revocation fragen / warum er ietzo anders / als auf den Tag / da er torquiret worden / sage und rede? Peinlich. Sächß. Inquisition- und Achts-Proceß / tit. IX. art. V. §. 4. CCXCIV. Kan nun Inquisit solche Ursachen seines Wiederruffens un̅ Leugnens fürwenden / dadurch der Richter bewogen würde / zu glauben / daß der Gefangene solch Bekäntnis aus Irthum / oder allzugrossen Schmertzen gethan / alsdann mag er denselben wieder ins Gefängnis bringen / auch zu Ausführ- und Beweisung solchen Irthums zu- und hernach drüber erkennen lassen. Juxta L. non fateatur ff. de Confessis. & L. 1. §. si quis ultrò ff. eodem. P. H. O. Caroli V. art. 57. ibi??? Manzius n. 5. pag. 226. & 227. & n. 11. pag. 228. Carpzov. q. 126. n. 48. Joh. Cramer, in Compend. Criminal. lib. 1. c. 9. n. 25. Mezger, de Tortura, Concl. 196. Dan. Clasen, ad d. art. 57. Const. Crim. Caroli V. pag. 241. CCXCV. Sind aber dieselbe nicht erheblich / und er kan nichts relevantes beybringen und erweisen: Oder / man verspühret / daß der Inquisit nur dolosè und malitiosè die Revocation gethan / in Meinung / so davon zukommen / wird die Tortur, wenn anderweit Rechtl. Erkäntnis drüber eingelanget / wiederholet. D. const. Crim. art. 57. Gomez, tom. 3. Var. Resol. c. 13. n. 26. Zanger, de Tortura, c. 5 n. 77. Bocer. de Quaestion. & Tort. c. 5. n. 38. carpzov. p. 3 q 126. n. 40. 46. & seqq. Brunnemann, in L. repeti, ff. de Quaestion. n. 3. Etiam [ut nonnulli volunt] sine aliis novis indiciis antecedentibus: quia prior confessio in tormentis facta est loco semiplenae probationis, & facit indicium sufficiens ad reiterationem, tanquam ex indicio confessionis novo. Petr. Gregor. Tholosan. in Syntagm. Jur. Univ. lib. 48. c. 12. n. 26. Wesenbec. ad ff. tit. de Quaestion. n. 12. Volkmann. in Proceß Civ. p. 2. tit. 9. c. 4 n. 8. Jacob. Frid. Schilling, Disp. Inaug. de Reiterat. tortur. c. 2. §. 10.
|| [382]
Sed vide tamen Brun̅eman̅, in Pract. Crim. c. 8.
memb. 5. n. 91. in fin. nec non Dan. Clasen, ad Art. 57. Const. Crim. Caroli V.
pag. 240. & 241.
CCXCVI. Gestehet er es bey der andern Tortur wieder / läugnet es aber hernach /
wenn er die Urgicht abermahl ratificiren sol / kan auch die dritte Tortur an ihm
widerholet werden: Si Indicia fuerint gravia, multùm urgentia &
manifesta, & crimen etiam atrocius.
Jul. Clar. lib. 5. Sentent. q. 21. n. 36. Paris de Puteo, in tr. de Syndicatu, v.
tortura c. 4. n. 2. Farinac. Quaest. Crim. 38. n. 99. Gomez, tom. 3. Var. Resol.
c. 13. n. 27. Zanger, de Quaest. & tort. c. 5. n. 80. Gödelmann, de
Magis & venef. lib. 3. c. 10. n. 50. Freudius, in Gewissens-Fragen / von
Zauberey / q. 301. Brunnemann, d. c. 8. m. 5. n. 87.
CCXCVII. Uber solche dritte Zahl aber wenn der Inquisit schon tertia vice
revociret / wird mit der Volter nicht weiter verfahren / weil davor gehalten
wird / es habe der Reus dadurch alle vorige wider ihn streitende Indicia
abgelehnet und weggethan / und die pur lautere Warheit gesaget.
Bossius in tit. de Tortura n. 44. Julius Clarus, lib. 5. Sentent. §. fin. q. 64.
n. 38. Guazzin. Defens. 20. c. 44. Boër. Decis. 163. n. 12. ubi ait: totum ferè
mundum ita sentire. Dan. Clasen, ad art. 61. Const. Crim. Carol. V. p. 251. Joh.
Carl. Antonelli, de tempore Legali, lib. 4. c. 20. n. 1.
CCXCVIII. Drum er auch / nach Gelegenheit der Umstände / entweder absolviret /
oder auf Caution, jederzeit sich vor Gericht wieder zustellen / wenn man seiner
begehren würde / loßgelassen
Gomez, Var. Resol. c. 13 n. 27. & 28. Farinac. d. q. 38. n. 96. &
seqq. Carpzov. p. 3. q. 126. n. 58. & 60. Goehausen, in Proceß. contr.
Sagas, tit. 4. pag. 218. & 219. Hieron. Magon. Decis. Luc. 89. n. 9.
Walburger, de Lamiis, c. 8. §. 25. Guazzin, Defens. 30. c. 44.
[Qui post torturam absolutus est, Jura civitatis, aliaque beneficia civibus
& incolis competentia non amittit. Freher, lib. 3. de infam. c. 5. n.
15. Gomez, tom 3. Var. Resol. c. 13. n. 18. Richter, p. 2. Decis. 80. n. 30. Hoc
etiam procedit in eo, qui post torturam non planè fuit absolutus, sed propter
indicia gravia vel relegatione vel multa puniatur.
Arg. L. Athelatas 4. §. item si qui furti fin. cum L. L. seqq. ff. de his qui
notantur infam. Richter, d. loc. n. 31.]
Oder wen̅ ein Reus Hex- und Zeuberey halber eingezogen worden /
nach geschworner Urphede / sich an niemandten unrechtmässiger Weise zurechen
/ [383] propter scandalum vitandum, des Landes ewig /
oder auf gewisse Jahr verwiesen wird.
Carpzov. Quaest. 125. n. 78. ubi Responso Scabin. Lips. hoc firmat. Vid.
Freudium, in Gewissens-Fragen von Zauberey / Quaest. 371. Walburger, de Lamiis,
c. 8. §. 14. circa fin.
CCXCIX. In foro Saxonico wird nur allein in delictis atrocissimis die Tortur zum
höchsten dreymahl / in andern atrocioribus aber nur zweymahl erkant und
volstrecket.
Propter Constit. Elect. sub Rubr. wie offte die scharffe Frage zu repetiren, quae
nonaest in Constit. Elect. anno 1572. promulgatis, sed publicè non editis.
Carpzov. part. 3. Q. 125. n. 34. & seqq. us??? 37. & 126. n. 51.
52. & 53.
Impium enim est Reum ultra tertiam vicem torquere, & qui ter revocat
confessa, non tàm criminis conscientiâ confessus videtur, quàm impatientia
doloris.
Hippolyt. de Marsil. in Pract. Crim. §. quoniam n. 4. & 5. Schilling, de
Reiterat, tortur. c. 3. §. 14. Goehausen, d. tit. 4. in addit. lit. I. pag. 214.
& seqq. Mezger, de Tort. Concl. 197. vid. Guazzin. ad Defens. Inquis.
Defens. 30. c. 24.
Et tormenta quidem pro arbitrio prudentis judicis aliquoties repeti possunt, sed
hoc non infinitum extendendum, sed Legibus restringendum, ne quis enecetur, sed
tantum, ut lividas carnes ungulâ cruentá pulsante sulcatis lateribus dolor
quaerat & investiget veritatem, ut loquitur Div. Hieronym.
in Epist. ad Innocent. de muliere septies icta.
CCC. Wenn der Inquisit sehr variiret / und wanckelmüthig ist / da er seine
Urgischt ratificiren sol / wird zuweilen an stat Wiederholung der Tortur, nur
die Territion erkant / zumahl wenn der Inquisit kräncklich / oder gar schwacher
Natur ist. juxta L. 28. §. 1. ff. de Quaestion. Walburger de Lamiis c. 8. §. 14.
Immassen anno 1644. Mense Augusto, der Schöppen-Stuhl zu Jehna an den Rath zu
Northausen gesprochen V. Sent. Daß gemelte Inquisitin, wegen ihrer
Wanckelmüthigkeit / und weil sie ihre vorige Bekäntnis revociret / noch einsten
in Gegenwart des Scharffrichters und seiner Instrumenten, mit ernster Bedrohung
der Peinligkeit / zubefragen / V. R. W.
CCCI. Die Ursachen aber / warum man die Tortur repetiret / sind ungefehr
folgende: I. Wenn grosse und wichtige Indicia und Zeugniße auf [384] den Reum von neuen ergangen sind / nachdem er die Volter
ausgestanden / und doch nichts bekennet hat.
Menoch. lib. 2. A. J. Q. cas. 272. n. 6. Gomez, Tom. 3. Resol. Var. c. 13. n. 26.
Clarus, §. ult. q. 64. n. 46. Farinac. q. 38. n. 89. seqq. Volkmann, in Proceß.
Crim. p. 2. cons. 78. n. 3. Metzger / de Tortur. Concl. 157. Brunnemann, Proceß.
Crim. c. 8. m. 5. n. 91. Carpzov. q. 125. n. 43. Walburger, de Lamiis c. 8. §.
14.
Nova verò Indicia sunt ea, quae à praecedentibus differunt specie &
substantiâ, verbi gratia: prima indicia respiciebant malam famam inquisiti, vel
ejusdem inimicitiam cum occiso, & ex illis ipse Reus fuit tortus,
& nihil fassus est; supervenit postea unus testis, qui deponit, se
vidisse eundem reum vulnerare, vel eundem vidit cum gladio evaginato: talia
dicuntur nova indicia, quia differunt à primis specie, vel substantia, &
ex illis potest reus etiam semel tortus, iterum torqueri: verùm si primus reus
habuit contra se indicium famae probatae per aliquos testes, & ex illis
tortus praestiterit, non potest amplius repeti, etiam quod superveniant alii
testes eandem famam probantes: tales enim testes non inducunt novum indicium,
sed novam probationem veteris indicii, quae ad repetendam torturam non sufficit.
Farinac. Quaest. Crim. lib. 1. tit. 5. quaest 38. n. 77. ibi??? allegati DD.
Hippolyt. de Marsil. Pract. Crim. §. quoniam n. 9 pag. m. 256. Menoch. de A. J.
Q. cas. 272. n. 7. Göhausen, d. Proceß. tit. 4. in notis lit. D. pag. 207.
Rosbach, Proceß. crim. tit. 5. c. 15. n. 21.
Also wenn eine Hexe gevoltert wäre / und hätte nicht bekant / man fünde aber
hernach allererst Characteres und verdächtige Zettel mit Creutzen und unbekanten
Worten oder Buchstaben bey ihr / womit sie sich wieder die Tortur verhärtet /
ist solches gleichfals ein neu Indicium, deshalber sie aufs neue Peinlich
befraget werden kan.
L. unius, facinoris §. 1. ff. de Quaestion. Faber, ad cod. lib. 9. tit. 21. def.
3. Christinaeus, Vol. 4. Decis. 204. n. 25. Schilling / de Reiteratione
Torturae, cap. 2. §. 19. Mezger, de Tortur. concl. 159.
CCCII. II. Wann der Richter den Reum in der ersten Tortur nur zum Theil / aber
nicht völlig hat foltern lassen / weil er entweder darunter ist kranck worden /
oder weil der Richter vermercket hat / daß er in seinen steiffgefaßten Sinn
halsstarrig verharren / und nicht bekennen wollen. Denn weil er die Indicia
durch allein die miltere applicirte Instrumenta / und ge [385] ringe ausgestandene Pein / welche am ersten / und voran
pflegen vorgelegt zu werden / noch nicht elidiret und ümgestossen hat / muß er
sich durch völlige angetragene Tortur recht purgiren und gut machen.
Menoch. de Praesumt. lib. 1. q. 83. n. 6. Goehausen, d. Proceß. tit. 4. lit. E.
pag. & 184. Meier, in Colleg. Argent. de Quaestion §. 19. n. 11.
Stephani, ad art. 58. Const. Crim. Carol. n. 5. Walburger, de Lamiis, c. 8. §.
14. Mezger, de Tortur. Concl. 158. Dan. Clasen, ad art. 60. Const. Crim. p. 247.
Reiteratio torturae fit, si quis primò leviter tortus esset, non quidem causâ
cognitâ ex praescripto Collegii, sed per imprudentiam Judicis;
Thessaur. lib. 3. Quaest. 10.
ubi addit hunc casum, & declarat, si quaedam intertogatoria necessaria ex
imprudentia Judicis omissa.
Del-Rio, Disq. Magic. lib. 5. Sect. 9. p. 104. Besold. Consil. 109. part. 3. n.
10. Brunnemann, ad L. Repeti, 16. ff. de Quaest. n. 3.
Tum etiam si Judex in prima tortura protestatus sit, quod eum jubeat à tortura
deponi, ut iterum torqueatur; & ita dicat, cum deponitur, Se Jubere
Animo Repetendi.
Petr. Greg. Tholos. in Syntagm. Jur. lib. 48. c. 12. n. 26.
Quam protestationem tanquam cautelam exhibet
Jul. Clarus, in Pract. Crim. lib. 5. §. fin. q. 64. n. 64.
quem sequitur
Card. Tuschus, tom. 8. concl. 331. n. 4. Farinac. lib. 1. tit. 5. q. 38. n. 83.
Menoch. de A. J. Q. lib. 2. cas. 272. n. 6.
Nec etiam penitus est improbanda haec cautela, modò reus non sit homo debilis vel
mollis [tali namque tortura levis est magna, imò etiam gravissima, secundum
tradita Oldekopii, in Observ. crim. 1. tit. 4. n. 19.] sed ita demum, si fuerit
persona robusta, & quae animo & corpore duratura primae torturae
resistentiam fecerit.
Farinac. d. l. n. 82.
Et initio elevationis promittat, vel in tortura levi, se dicturum veritatem, vel
spes appareat, eum post depositionem à tortura levi confessurum. Huncque solum
finem esse hujus Cautelae, neq; alium dari posse testatur
Oldekop. Obs. Crim. tit. 4. Obs. 44. per tot.
Judex vero praedicta Cautela utens, ut nullitatis querelam & omnem
suspicionem de se devolvat, adhibeat consilium & judicium Medi co [386] rum, qui asserant, torquendum esse vel
robustum vel debilem.
Vid. Card. Tusch. tom. 8. concl. 325. n. 2.
Vice versa verò cautus sit rei Advocatus, ut ex ejusmodi repetita tortura
extortam confessionem ex capite nullitatis impugnet, si in fraudem Legis
& Processus consveti Judex quid tentaverit, per tradita Oldekopii Obs.
2. tit. 4. n. 10. Siquidem & in criminalibus recipitur, ipsique Reo
competit remedium nullitatis, si Judex eum illegitimè, sive absque causae
cognitione, ad torturam abripuerit.
Ordin. Cam. p. 2. tit. 28. §. Item nachdem auch. Constit. Carolin. art. 20.
Zanger, de Quaestion. c. 5. n. 21.
CCCIII. III. Wenn er schon einmahl völlig und gantz / nach Anleitung des Urthels
ist torquiret worden / und hat die Volter ausgestanden / aber seine complices,
und sonderlich die Hexen ihre Mitgespielen nicht nennen wollen. Sintemahl die
Zauberey selten ohne Gesellschafft angefangen / und fast nimmer ohne sie
getrieben wird / da alsdenn die Tortur reiterirt wird / wie solches ex Praxi
bekant ist.
Goehausen, d. Process. Jurid. contra Sagas, tit. 2. lit. L. & tit. 4. §.
7. pag. 190. & 225. Hippol. de Marsil. in Pract. Crim. §. diligenter n.
59. & 60. Binsfeld, de confession. Malef. pag. 274. VValburger, de
Lamiis c. 8. §. 14. pag III. Vide omninò Mezgerùm, de Tortura, Concl. 198. 199.
200. 201. & seqq. us??? 210. ibi??? Limitationes.
Denn wenn der Inquisit das Delictum bekant hat / muß auch der Judex nach den
Umständen und Gehülffen desselben fragen / welches die Peinliche
Hals-Gerichts-Ordnung Caroli V. art. 52. ausdrücklich haben wil / in verbis:
Bekennet jemand Zauberey / sol man nach den Ursachen und Umständen fragen / und
des mehr / damit wie und wann die Zauberey geschehen / mit was Worten oder
Wercken. So dann die gefragte Person anzeiget / daß sie etwas eingegraben / oder
behalten hätte / daß zu solcher Zauberey dienstlich seyn sol / sol man darnach
suchen / ob man solches findenkönne. Wäre aber solches mit andern Dingen durch
Worte und Wercke gethan / sol man dieselbe auch ermessen / ob sie Zauberey auf
ihnen tragen. So sol auch zufragen seyn / von wem sie solche Zauberey gegen mehr
Personen gebraucht? Und gegen wem? Was Schadens auch damit geschehen sey? sc.
|| [387]
CCCIV. Da aber einer bey nochwährender Tortur, oder doch strack in continenti,
wenn er davon loßgelassen wird / revociret, kan derselbe nicht noch einmahl
gevoltert werden / sondern wird absolviret, weil dieses keine Variatio zunennen
/ die sonst die repetition der Volter mit sich bringet.
Clar. in §. ult. q. 21. n. 39. Matth. Stephani, in notis ad art. 58. n. 5. Const.
Crim. Caroli V. Carpzov. q. 126. n. 61. & 62.
CCCV. Würde auch der Reus auf den Tag / da er hingerichtet werden sol / vor den
Hoch-Noth-peinlichen Hals-Gericht fein Geständnis widerruffen / nur dadurch die
Execution dolosè aufzuhalten / und wie man in Sprichwort zureden pfleget / eine
Galgenfrist zusuchen / hilfft ihn solches nicht / sondern er kan / seiner
revocation ungeacht / dem Urthel gemäß / worüber vorher billig nohmahls
Erkäntnis einzuholen /
Brunnemann, in Prax. crim. p. 3. q. 126. n. 63. Schilling, de Reit. tortur. c. 3.
§. 8. Oldekop. Decad. 2. Quaest. 5.
vom Leben zum Tode gebracht werden: Jedoch / daß man wegen seiner vorhergethanen
Bekäntnis / und dessen ratification gewiß sey / und die darbey gewesene
Gericht-Schöppen solches mit einen leiblichen Eyd erhärten. Laut des 92.
Articuls der Peinlichen Hals-Gerichts-Ordnung Caroli V. in. verb. Würde der
Beklagte auf den ordentlichen Rechts-Tag die Missethat leugnen / die er doch
vormahls ordentlicher / beständiger Weise bekennet / der Richter auch aus
solchen Bekäntnis / in Erfahrung allerhand Umstände / so viel befunden hätte /
daß solch Leugnen von dem Beklagten allein zu Verhinderung der Rechten wird
fürgenommen sc. So solder Richter die zween geordneten Schöppen / so mit ihm
solche verlesene Urgicht und Bekäntnis gegehöret haben / auf ihre Eyde fragen /
ob sie die verlesene Urgicht und Bekäntnis gehöret haben? Und so sie Ja darzu
sagen / so sol der Richter in alle Wege bey den Rechtverständigen / oder sonsten
an Orthen und Enden / als hernachmahls angezeigt / Raths pflegen sc. Etsi enim
Imperator nihil certi decidat, attamen ipsius mentem haud aliam fuisse, quàm ut
depositioni Scabinorum jurata fides habenda, Reusque condemnandus sit, haud
obscurè ex verbis d. art. 91. colligi potest. Etenim si aliter diceretur,
depositio Scabinorum non modo frunstranea & absque effectu esset, sed
etiam haud pauca delicta impu [388] nita remanerent,
cum nemo non ultimo supplicio hocce effugium esset quaesiturus.
Carpzov. part. 3. Pract. Crim. Quaest. 126. n. 64. & 65.
Et ita quoque Elect. Sax. Scabinos respondisse versus Martisburgum, ad
requisitionem Quaestoris, testatur idem Carpzov. d. l. n. 66 Hat N. N. vor
gehegten Peinlichen Hals-Gerichte auf die Anklage nichts antworten wollen /
sondern fürgewand / er könte drauf nichts sagen sc. Wann er nun gleich vor
gehegten Peinlichen Gerichte auf solcher seiner Hals starrigkeit nochmahls
verharren / oder auch sein voriges Bekäntnis / auf vorhergehende öffentliche
Verlesung zuwiederruffen sich unterstehen würde / da aber dennoch die beyde
geschworne Gericht-Schöppen / vermöge der H. Röm. Reichs Peinlichen
Hals-Gerichts-Ordnung / auf ihre geschworne Eyd und Pflicht / damit sie dem
Gerichte zugethan / auf Befragung aussagen würden / daß sie von ihme / den
Gefangenen / die vorgelesene vorige Gütliche und Peinliche Aussage und Bekäntnis
/ sowohl auch derselben Wiederholung selbsten angehöret / so würde die in Unsern
vorigen Urthel ihm zuerkante Straffe / ohne fernern Verzug / an ihm billig
volbrachr. V. R. W. Mense Julio, Anno 1597.
Schilling. de tr. c. 4. §. 8.
CCCVI. Und damit man derselben Türke und Boßheit um soviel mehr und
nachdrücklicher begegnen möge / ist bey etlichen Gerichten rühmlich hergebracht
/ daß wenn der Tortus seine Urgicht / oder Bekäntnis ratificiret, nebst denen
Gerichts-Personen / auch ein requirirter Notarius mit zwey Zeugen darzu
adhibiret werde / welcher drüber ein Instrumentum publicum aufrichtet / und zu
den Acten leget / so darzu dienlich / daß wenn gleich Inquisitus sein Bekäntnis
nachmals wiederruffen wolte / jedennoch sicherlich die zuerkante Todes-Straffe
an ihm exequiret und volstrecket werden mag: Inmassen auch die Schöppen-Stühle
drauf zuerkennen pflegen / wie in den
Peinl. Sächß. Inquisitions- und Achts-Process, tit. X. art. 4. §. 6. pag. 155.
und die Praejudicia bey dem Coler. part. 1. decis. 183. n. 4. und Carpzovio d.
part. 3. Pract. Crim. q. 126. n. 67. 68 69. 70. 71. & 72. auch
VValburger, de Lamiis c. 8. §. 16. zusehen.
CCCVII. Da sich es auch begebe / daß ein sothaner armer Sünder vor den [389] Peinlichen Hals-Gericht nichts reden / weder Ja noch
Nein auf seine vorgelesene Urgicht sagen wolte / aber doch schon
dreymahlgevoltert worden / wird die Tortur nicht zum viertenmahl wiederholet /
sondern der Reus mit Staupen-Schlägen des Landes ewig verwiesen.
Carpzov. alleg. q. 126. n. 73. & seqq. us??? 83.
CCCVIII. Denn ob schon vor Alters bey den Römern die Tortur bey die 6 oder auch
auch wohl 8 mahl an einem / der nicht bekennen wolte / widerholet wurde / wie
bey dem Valerio Maximo, Lib. 8. c. 4. n. 2. & 3. zu sehen / so ist doch
heut zu Tage solches nicht mehr üblich / sondern biß auf das drittemahl
restringriret, ut evitetur infinitum. Juxta L. qui bona, 13. ff. §. ult. ff. de
damn. infect. L. fidei commissa 11. §. 18. de Legat. maximè in actu tàm odioso
& praejudiciali.
Carpzov. q. 125. n. 48. & seqq. Cothmann. Vol. 3. Cons. 30. n. 260.
Theodor. in Colleg. Crim. c. 9. Aphor. 11. n. 3. Gomez. tom 3. Res. 13. n. 27.
Hippolyt. de Marsil. in L. repeti 16. n. 13. verb. Ego recordor. ff. de
Quaestion.
Welcher Letztere eines Ribaldi, oder argen Diebes gedencket / der allemahl in der
Tortur den Diebstahl bekant / ad Banchum juris, oder vor der Gerichtsstätte aber
wieder geleugnet. Als ihn nun Marsilius, der eben zu der Zeit des Hertzogs zu
Meyland Rath und Richter war / einsmahls gefraget / warum er sich doch in den
Sinn genommen / daß er sich so offte voltern und peinigen liesse? Ob es ihm denn
nicht viel besser wäre / daß er dasjenige auch vor Gericht gestünde / was er bey
der Volter bekennet hätte / als so grosse Schmertzen an seinem Leibe auszustehen
/ so hat er ihm zur Antwort gegeben: Herr / es ist besser / daß mir tausendmahl
die Arme zerbrochen werden / als die Gurgel oder Keel nur einmahl. Dann man
findet noch viel Medicos und Barbierer / welche die Beine der zerbrochenen Arme
wieder können zusam̅en u. an ihre alte Stätte setzen; Aber es ist
kein Artzt so gut / der einem die Gurgel / wann sie zerbrochen / und ihre
Gebeine könne wieder gantz machen. Und darum wil ich lieber von euren Hencker
Knechten außgezogen werden / als mit meinen Füssen die-Galgen-Leiter aufsteigen
Weiter sagte er / warum kan ich nicht eben so wohl vor der Gerichtsstat / da mir
es mein Leben kostet / meine Zunge umwenden / und sagen Nein / als daß ich sage
Ja? Und setzet Marsilius hinzu: [390] In Warheit es war ein
abgefeinter Schalck / und doch muste ich ihn loßgeben / denn er wolte nimmer ad
Banchum juris, und vor der Gerichtstelle geständig seyn / welches er in der
Volter bekant hatte.
CCCIX. Worbey noch ferner anzumercken / daß / wenn ein Inquisit diesen Fund
gebrauchet / und strack im Anfang / da er mit der Tortur angegriffen wird / sein
Bekäntnis thut / hernach aber alles revociret, und solches dreymahl also
practicirte / wohlwissende / daß man ihn alsdenn ungestraft loß lassen müste /
so sol man / seines alsobaldigen Bekäntnisses ungeachtet / ihn völlig torquiren
lassen / wie Urthel und Recht mit sich gebracht hat. Denn wenn man mit den
leugnen könte von Galgen kommen / würde niemand gehenckt.
Vent. de Valent. Parthen. Ligitios. lib. 2. cap. 8. n. 36. & sic STARET
FURCA IN VIDUITATE, ut loquitur Farinac. Quaest Crim. 38. n. 91.
Qualem casum Amplissima Facultas Juridica Francofurtana habuit ante paucos an̅os ex ducatu Megapolitano, ubi fur fuerat incarcerat 9, hic
dicebat, & sciebat, ultra tres vices Reum torqueri pon posse; cùm jam
bina vice tortus esset, confitetur delictu̅, paulò post verò in
ipsa ratificatione iterum revocat, qua ratione Facultas Juridica tertia vice
dictavit: Es möchte Inquisitus Ja oder Nein sagen / so solte man ihn torquiren.
Repetitâ jam torturâ confitebatur delictum, suspendioque afficiebatur. Eandem
pronunciandi formulam observavit quoque praelaudata Facultas Juridica in fure
quodam, qui in terris Marchicis furtum commiserat, ejusdem juris gnaro.
Schilling, de Reiterat. Torturae c. 3. §. 16.
CCCX. Cautela sit Judici circa omnes Judicii criminalis partes benè observanda,
si velit securus esse, ut adeat JCtorum collegium, & eorum votum
& suffragium requirat, quo tutus redditur ab omni actione, si in casu
dubio secundum consilium celebris Facultatis pronunciando erraverit.
Arg. L. cùm quem temerè 79. ff. de Judic. Novell. 82. §. penult. & Nov.
113. §. 2. Pax Scala, de Consil. Sapientis, lib. 4 c. 25. P. H. O. Caroli V.
art. 31. §. ult & art. 91. Gödelmann, de Magis & Venef. lib. 3.
c. 10. n. 11. Brunnemann, in Exercit Justin. 1. tit. 2. § 8.
Imò licet verisimilibus indiciiis ad decernendam torturam se putet [391] esse instructum, ad tormenta tamen haud statim denuò
descendat, quia circumstantiae facti sunt in magna varietate, unde ex arbitrio
solius Judicis tortura repetenda haud foret, sed potius JCtorum collegio
committenda.
Brunnemann, in Proc. Crim. c. 8. membr. 51. n. 37. & ad L. 1. n. 2. ff.
de Quaest. Schilling, de Reit. torturae c. 4. §. 8. & 10.
CCCXI. Was von den Frevelhafften Erbiethen / oder wohl gar getroffenen Pacto
zuhalten / auf der Volter einen Zug um den andern zu leiden / kan bey dem
Dan. Mollero, in Comment. ad Constit. Elect. Saxon. part. 4. Const. 8. n. 5. 6.
& seqq. us??? ad finem. Tabor de Tortura c. 5. th. 60. pag. 100.
& 101. Martin. Mager, de Advocatia armata, cap. 9. 281. pag. pag. 360.
Guazzin. Defens. 10. c. 2. n. 6. pag. 77.
gelesen werden / welche solches gäntzlich verwerffen.
De Tortura Actoris lege Freudii Gewissens-Fragen / Quaest. 298. pag. 584. De
Tortura Testium vide Arnold. de Reyger, Thesaur. Jur. tom. 2. v. Tortura in
addit. pag. 1555. n. 12. & seqq. nec non Freudium in Gewissens-Fragen
von Zauberey / Quaest. 299.
CCCXII. Exempel derjenigen / so unrechtmässiger Weise gevoltert / und wegen
grossen Schmertzen Dinge bekant / so sie nimmermehr gethan / und drüber
hingerichtet worden / sind zufinden in Oldekops appendice Observat. Crimin. von
pag. 4???7. biß 442. woraus abzunehmen / quàm periculosa, fragilis &
fallax res sit tortura, juxta effatum Ulpiniani in L. 1. §. 23. ff. de
Quaestion. scilicet si quis solis tormentis niti velit, non suppositis legitimis
indiciis & argumentis.
Tabor de Tortur. c. 2. n. 8. Vent. de Valent. Parth. litig lib. 2. c. 8. n. 8.
quae Tortura etiam Rigorosum Examen appellatur à Tranquillo Ambrosin.
In Process. inform lib. 4. c. 1. in rubr.
CCCXIII. Weil bey den Voltern / sonderlich wenn Zauberer und Hexen torquiret
werden / selten iemand mit hinbey genommen wird / als die Gerichts-Personen und
Scharfrichter / damit die Urgichten und die Nahmen derjenigen / auf welche sie
bekennen / nicht ausgeplaudert werden mögen; Als will ich ein ausführlich
Protocoll, bey einer Hexen-Volter gehalten / anher setzen / auf daß junge
Studenten / so sich bey den Peinlichen Gerichten gebrauchen lassen wollen /
sehen / wie es bey der Tortur hergehe / und wie alles so punctuel registriret
und aufgezeichnet werden müsse / in Hoffnung / [392] es werde
/ wo nicht allen / doch etlichen aufrichtig - gesinneten angenehm seyn / indem
man doch bey dergleichen und andern Voltern m. m. sich etwas darnach richten
kan:
PROTOCOL,
Actum Brennhausen /
Donnerstags / den ersten Junii, Anno 1693.
NAchdem die jüngsthin am 29sten April. A. C. verdächtiger Hex- und Zauberey
halber in Hafft gebrachte Anna Wettermacherin zwar am 12ten Maji auf gewisse aus
der summarisch abgehörten Zeugen Aussage verabfaste Inquisitional-Articul
examiniret / dieselbe aber alle von ihr verneinet / ja / ob schon die Zeugen
eydlich vernommen / und mit ihr confrontiret worden / dennoch nicht das
geringste gestehen / vielweniger einige Defension führen wollen / sind die
wieder sie ergangene Acta den 20. Maji in den Schöppen-Stuhl nacher N.
verschicket worden / welcher ihr / wenn sie nochmahls in Güte ihr Bekäntnis /
wegen der wieder sie streitenden vielen und schweren Indicien, nicht thun würde
/ die Tortur ziemlicher maßen zuerkant / und ist drauf gestern die Anstalt zu
solcher Volter / nachgesetzter maßen / gemacht worden / nemlich der Ambtmann
allhier / Ernesrus Hexenfeind / hat denen beyden Gericht-Schöppen Gotfried
Ehrlichen / und Casparo Unverzagten / wie auch mir dem geschwornen
Ambts-Actuario und N. P. C. Johann Spudaeo, durch den Ambts-Diener Hanß Packan /
ansagen lassen / daß wir allerseits auf heute früh puncto 3. Uhr bey ihm in der
Fürstl. Amt-Stube hieselbst erscheinen / und fernern Andeutung gewarthen
möchten: Es ist auch dem Scharfrichter / Meister Hanß Streck ebeinen anbefohlen
/ sich gleichfals mit seinem Knecht / Jost Dehnern / und denen zur Tortur
gehörigen Instrumenten auf gesetzte Stunde einzustellellen / welchem auch also
gebührende Folge geleistet worden. Als nun angeregte Personen mit einander heute
früh üm 3. Uhr sich im Fürstl. Ambthause eingefunden / hat der Ambtmann die
beyde Gericht-Schöppen durch mich / den Actuarium, in die Ambt-Stube ruffen und
kommen lassen / [393] und ihnen eröffnet / daß der Gefangenen
Annen Wettermacherin die Tortur ziemlicher maßen in dem eingelangten Urthel
zuerkant worden / welche heute auch wieder sie vollstrecket werden solte / wenn
sie nochmahls in Güte nicht bekennen wolte / maßen er denn deßhalber sie so früh
anher beruffen lassen / würde also ein ieder darbey thun / was seines Ambtes
wäre. Der Scharfrichter ist nach diesem auch vorgelassen / und ihm berührtes
Vorhaben kund gethan / auch zu seiner desto mehrern Information das Urthel / so
viel die Volter an sich selber betrifft / und welcher Gradus erkant / von mir
dem Actuario ihm vorgelesen worden / um sich darnach habende zu achten.
Drauf hat der Ambtmann [ein Virtel auf vier Uhr] nebst denen obgenandten
Gerichts-Personen / Item den Ambts-Diener / wie auch den Scharffrichter und
dessen Knecht [welche beyde Letztere ein wenig hernach folgen müssen] sich in
das also genante Hexen-Hauß / welches strack hinter dem Ambt-Hause an der Mauren
lieget / in die darinnen neu-erbauete Volter-Stube / [dahin sonst niemand kommen
/ noch zuhören kan /] sich begeben / und bey dem darinnen befindlichen Tisch mit
den Gericht-Schöppen / und dem Notario Judicii nieder gesetzet / der
Scharfrichter und dessen Knecht aber haben ein wenig vor der Thür / auf dem Saal
warten müssen / biß die Gefangene / auf Befehl des Ambtmanns / durch den Diener
aus dem Gefängnis geholet / und in berührte Stuben gebracht worden. Nachdem nun
dieselbe [2. Virtel auf 4. Uhr / nach Ausweisung des in die Volter - Stube
mitgenommenen / und gleich puncto 3. ümgewendeten richtigen Stunden-Glases]
angelanget / hat der Ambts-Diener sie auf den Saale vor der Stuben / von den
Ketten und Banden loßgeschlossen / hernach / wie angeschellet wurde / dieselbe
hinein geführet / und ist der Scharffrichter und sein Knecht auch mit
vorgelassen / welche die zur Tortur gehörige Instrumenta auf eine Banck nach der
Riege hingelegt. Die Inquisitin bey dem Eintritt machte ein paar grosse Augen /
und erblassete / doch both sie denen Anwesenden einen guten Morgen! Wie der
Ambts-Diener abgetreten war / redete der Ambtmann die Gefangene also an: Anna
Wettermacherin / du erinnerst dich / daß du vor etlichen Wochen / auf
eingehohltes Rechtliches Erkäntnis / verdächtiger Hex- und Zauberey halber /
worinnen du dich nun etliche Jahre her in dem hiesigen Ambts-Dorff Drachenstädt
sehr beschryen gemacht hast / gefangen genommen / und anher in Hafft gebracht
worden bist. Ob man nun wohl vermeinet / du wür [394] dest strack bey der ersten Verhör in dich gegangen seyn / dein Gewissen
erleichtert / und in Güte bekant haben / wie du dich von den Satan verführen
lassen / und von GOtt abgefallen / auch was du sonst vor Unthaten begangen und
verübt / damit deine Seele von dem ewigen Verderben errettet / und du durch
wahre Reu und Busse zu deinem Erlöser JEsu Christo / mit dem du in der heiligen
Tauffe einen Bund gemachet / auch dem Teufel und allen seinen Wercken und Wesen
abgesaget hast / wieder gebracht werden möchtest: So hat man doch das Gegentheil
/ und dieses verspühret / daß du alles trotzig verneinet / und ins leugnen
gestellet / da doch handgreifliche Indicia der Hexerey wieder dich obhanden sind
/ indem / wie du von dem Ambts-Diener in deinem Hause zu Drachenstädt gefangen
genommen / und in Beysein des Schultheissen besuchet worden / (1) in deiner
Schnür-Brust man einen zusammen gewickelten Zettul / darauf ein Teufels-Bild mit
vielen Characteren und Creutzen gemahlet / (2) in dem Quer-Band an deinem Rock
drey Pulver / als ein weißes / rothes und schwartzes / in Papier iedwedes
besonders gewickelt / eingenehet / und (3) in deinem Keller drey Schirben mit
gekochten Kräutern / ferner eine Schachtel mit Knochen von kleinen Kindern / und
einen zugedeckten Topf / darinnen eine grausame grosse roth-bunte lebendige
Kröte / welche das Maul weit aufgesperret / gesessen / gefunden / so / ehe man
sich dessen versehen / weg kommen und verschwunden. Uber dieses auch die eydlich
abgehörte / und mit dir confrontirte Zeugen so viele verdächtige Dinge wieder
dich ausgesaget haben / daß niemand dich vor unschuldig hält / welches auch der
Schöppen-Stuhl zu N. wohl erwogen / und überleget / dannenhero dir die Tortur
oder scharffe Frage zuerkant hat / wenn du nochmahls in Güte dein Bekäntnis
nicht thun wirst: massen wir dann uns zu dem Ende allhier eingefunden / und dich
deshalber aus dem Gefängniß anher bringen lassen. Wir haben allerseits ein
Mitleiden mit dir / daß du dich so schändlich von den bösen Geist / als den
aligemeinen Menschen - Feind / berücken / verführen und in sein höllisches
Jäger-Netze ziehen lassen / ermahnen dich auch hiermit treulich / daß du GOtt
und der Obrigkeit die Ehre geben / und dein Bekäntnis gütlich thun nnd ablegen
wollest / weil es ietzo noch Zeit ist / ehe du dem Scharfrichter übergeben
wirst. Traue du dem leidigen Satan / der dir etwan einbläset / du soltest nichts
bekennen / er wolte dir schon davon helffen / ja nicht / er ist ein Lügner und
Betrüger von Anfang her / sondern nimm deiner Seelen Seeligkeit wahr / [395] worzu du noch wieder gelangen kanst / wenn du deine
Sünde und Unthaten rein heraus / und vom Hertzen loß beichtest / rechtschaffene
Reue und Leid drüber hast / und dich in wahren und festen Glauben an das teure
und vollgültige Verdienst deines Heylandes und Seligmachers JEsu Christi
hältest. Du bist ein altes Weib / ob du etwan noch ein halb oder ein gantzes
Jahr zu leben hast / die Zeit in fernerer Unbußfertigkeit zubrächtest / und
endlich drüber ewig verlohren gingest / und verdammt würdest. Oder was hastu vor
Vortheil davon / daß du dir erst deinen Leid elendiglich zu martern / und alle
Glieder ausdehnen / oder dich gar krumm und lahm durch die Volter machen lässest
/ und must doch letztlich bekennen? Viel besser thätest du ja / daß du ohne so
grausame Schmertzen und Verderbung deines Leibes die Warheit aussagtest und
offenbahretest / wie wir das gute Vertrauen haben / daß du ietzo thun werdest.
Inquisitin
antwortete hierauf: [eben wie es drey Viertel auf 4. war] Herr Ambtmann / und ihr
andere günstige Herren / ich bin keine Hexe / Zauberin / Unholde noch
Milch-Diebin / sondern von dem Laster so reine / als die liebe Sonne am Himmel /
das glaubet mir nur / es ist auf min Siel wahr! Gläubet doch nur den Leuthen zu
Drachenstädt nicht alles / was sie sagen / es ist Feindschafft / Haß und
Mißgunst. Daß meine Kühe bessere Milch / als anderer ihre geben / machet daß ich
sie wohl füttere / und zu rechter Zeit warme Südden gebe. Es haben so feine gute
Leuthgen hie in der Stadt Milch / Raum / Butter und Eyer von mir gekriegt / daß
niemand drüber klagen wird. Das in meiner Schnür-Brust vernehet gewesene
Zettelchen habe ich einmahl auf den Felde / wie ich nach der Stadt gieng /
gefunden / und bey mich gesteckt. Die drey Pülverchen hat mir meine Groß-Mutter
Blockbergs Else / zu Molchheim am Hartz / die aber vorlängst gestorben / vor
viertzig Jahren / als ich mich eine Zeitlang bey ihr aufhielt / gegeben /
sagende: das rothe wäre gut vor dem kalten Brand / das weiße heilete alle böse
Schäden / drein gestreuet; das schwartze aber wäre dem Vieh gut / einzugeben /
wenn es bezaubert wäre / und an statt der Milch Blut von sich liesse. Die Kröte
belangend / wäre bekant / daß sich dieselben gerne in den Kellern und Gewölben /
wo Milch und Rohm [oder Schwand] anzutreffen / aufhielten / die wohl in den
Topff / darinnen noch etwas von Milch gewesen / würde seyn hinein gekrochen. Die
in der Schachtel liegende Knochen hätte sie aus den Bein - Hauße gelanget / und
wäre dem Vieh [396] gut / wenn es drüber söffe. Wüste weiter
nichts! man möchte sie martern / peinigen / dehnen / zerren oder reißen / wie
man wolte.
Notandum
[In währender Vorhaltung / und der Inquisitin Antwort / schraubete der
Scharffrichter den Kloben über der Leither ein / sich dessen bey dem Außdehnen
und Aufziehen der Verhafften zubedienen / und machte nebst seinem Knecht alle
gehörige Praeparatoria zur Volter. Worbey Inquisitin sich zwar stellete / als
sehe sie es nicht / blickte doch etliche mahl nach der Leither und den
Tortur-Instrumenten, und zog die Achseln zufammen.]
Der Ambtmann
sagte / dieses hätte sie zwar bey der ersten Verhör auch so vorgebracht / es wäre
aber nicht gläublich sondern steckte noch viel ander Dinges dahinter / welches
auch die Herren Urthelsfassere wohl erwogen / und daher ihr die scharfse Frage
zuerkant.
[Hierbey ist zumercken / daß man den Inquisiten nicht sage / welcher Gradus
erkant / sondern ihnen weiß machet / als wenn es sehr scharff hergehen solle.]
Würde sie also nochmals in Güte ermahnet / es nicht zu solcher schweren Marter
und Pein kommen zulassen / sondern die gründliche Warheit zubekennen / auch auf
die Articul, so er sie jetzo fragen würde / klare / deutliche und ungeschraubte
Antwort zu geben.
Drauf fragte er den
Ersten Articul /
Ob sie nicht eine Zeither sich der Hex- und Zauberey beflissen?
Illa:
Nein / durchaus nicht / sie wäre eine ehrliche Frau / und keine Hexe.
Nachdem sie nun nicht gleichzubekennen wolte / übergab sie der Ambtmann dem
Scharffrichter / mit diesen Worten: Meister Hans / weil dieses trotzige und
verstockte Weib sich durch so vieles gütliches Zureden nicht gewinnen lassen wil
/ ihre Unthaten zubekennen / so übergebe ich dir sie hiermit / dem eingelangten
Urthel gemäß mit ihr zuverfahren.
|| [397]
Drauf antwortete der Scharffrichter /
mit schuldigster Ehrerbietung / er wolte demjenigen / was durch Urthel und Recht
erkant / und ihm ietzo befohlen worden / seiner geleisteten Pflicht gemäs / in
allen gehorsamst nachkommen. Ermahnete zum Uberfluß die Inquisitin, ehe er sie
angriff / ietzt noch in sich zugehen / und zubedencken / daß es auf des
äusserste mit ihr ankommen sey / wolte sie noch in Güte bekennen / wohl gut / wo
nicht / solte sie erfahren / was er an ihr thun wolte. Sie möchte sich ja nicht
durch ihren Buhlen / den bösen Feind / bereden lassen / es würde keine Noth
haben / wolte ihr schon beystehen: Denn derselbe wäre ein Lügner / und hätte
schon unzehlig viele auf solche Maaße betrogen / indem / wenn sie erst grausame
Marter ausgestanden / er von ihnen geschieden / und sie im Stich gelassen. Er /
Scharffrichter / hätte schon mehr dergleichen blancke Mütter und Belias -
Schwestern unter Händen gehabt / die sich noch wohl kräuser gestellet / hätten
aber doch dekennen müssen. Christus JEsus / welcher der Höllischen Schlangen den
Kopf zertreten / und die Wercke des Teuffels zerstöret / würde auch hie seine
Gnade geben / daß der Satan mit aller seiner Macht / List und Tücke weichen
müste.
Illa:
Ey Meister Hanß / was meinet ihr dann? Ich bin keine Hexe / sondern so rein / so
rein / als die liebe Sonne / von der Zauberey und Schwartz-Kunst.
Der Scharffrichter /
Ja / ja daß sind eben die Rechten / welche so rein seyn wollen / mit Gottes
Hülffe und Beystand würde man es bald erfahren / wie reine sie wäre. Grif sie
drauf an / und entkleidete sie / mit Hülffe seines Knechts / biß aufs Hembd. In
währenden Außziehen schwieg die Inquisitin gantz stille / und sahe auf die Erde.
Der Ambtmann mit den andern Gerichts-Personen
liessen mit Ermahnen / Drohen und Warnen nicht nach / in Meinung das Bekäntnis in
Güte zuerlangen / es wahr aber alles vergebens / gleich als wenn man zu einem
Stock oder Stein was redete.
Drauf muste die Inquisitin sich auf einen Schämel niedersetzen / und band [398] der Scharffrichter ihr die Hände hinterwarts auf den
Rücken zusammen / daß die beyde Daumen aneinander kahmen / nahm die
Daum-Schrauben /
und schraubte damit zum erstenmahl [gleich wie die Glocke 4. schlug] zu.
Inquisitin.
drückte die Augen zu / machte ein krum Maul / und schrye auweh! auweh! Fluchte /
daß die Potzhundert sc. Wie drücket das Schelmeding so hart!
Der Ambtmann
verwiese ihr das Fluchen / an stat dessen sie billig bethen / und ihre Sünde
bekennen solte: Imgleichen ihre andere frevele Reden.
Scharffrichter
sagte / das wäre nur der Anfang und Kinderspiehl / er wolte ihr schon besser
kommen / lüfftete die Daum-Schrauben / und schraubete dieselbe zum andernmahl
zu.
Inquisitin
rief / halt in! halt in! Es geschicht mir Gewalt und Unrecht / ihr werdet es vor
GOtt zuverantworten haben / daß ihr mich arme Frau so peiniget und quälet / da
ich doch unschuldig bin. Schrie weiter / au weh! au weh! Ach! Ach! ich vergehe!
Ich bin keine Hexe / ich weiß nichts vom Teufel / ich habe ihn nicht gesehen /
nichts gelernet / auch keinen Menschen noch Vieh ichtwas zu leide gethan.
Der Ambtmann
sagte / man thäte ihr nicht zuviel / sondern was Urthel und Recht mit sich
gebracht hätte / und dieses wäre noch nichts gegen die andere Marter und Pein /
womit man sie noch weiter belegen würde / wenn sie ihr verstocktes Hertz und
Gemüthe nicht änderte / sich erweichen liesse / und die Warheit bekennete. Indes
lüfftete der Scharffrichter die Daumen-Schrauben wieder.
Inquisitin
fieng an zulachen / und fragte: wie sie denn sprechen solte? Begehrete / man
möchte es ihr-doch vorsagen. Und wahren ihre Augen so greulich anzuse [399] hen / als wenn der böse Feind sie leibhafftig
besessen hätte / und aus demselben heraus guckte.
Der Ambtmann
ließ durch den Actuarium das bey der Hexen-Volter übliche Gebeth [welches oben
schon gesetzet] laute ablesen und bethen / und schritte der Scharffrichter drauf
zu
den Schnühren mit den Banden /
Doch liessen die Gerichts-Personen es an nochmahligen beweglichen Zureden nicht
ermangeln / aber alles vergeblich / weil der Satan sie / den äusserlichen
Ansehen nach / ie mehr und mehr verhärtete.
Wie nun der Scharffrichter [ein Virtel auf Fünffe] nebst seinem Knecht anhub mit
den Banden zu schnüren / fieng sie erschrecklich an zu schreyen / ach! ach! ach!
au weh! o weh! das GOtt erbarme / waß sage ich doch! waß spreche ich doch / du
liebes Göttchen gib mir es doch ein!
Der Ambtmann
fragte / wem sie durch das Wort Göttchen meynete?
Illa,
Ach sie wüste es nicht! o weh! o weh! ich sterbe / höret auf / ich will alles
sagen / was ich weiß! HErr JEsus / höret auf! ich weiß nichts / als nur einen
Seegen / den habe ich von meiner Groß-Mutter gelernet.
Ambtmann
Wie denn derselbe lautete?
Inquisit,
Sie wolte es sagen / wen̅ Meister Hans inne hielte / könte es vor
Schmertzen nicht.
Der Ambtmann
befahl den Scharfrichter / ein wenig mit den Schnüren inne zuhalten / welches
geschahe / und fieng drauf
Inquisitin
an / ihre vorgedachte Groß-Mutter / Blockbergs Else / hätte ihr folgenden Seegen
gelehret / den Leuthen die kalte Gicht dadurch zu vertreiben / nemlich:
|| [400]
Turtel-Täubichen ohne Gall /
Kalte Gichtgen du solst fall! sc. sc. sonst wüste sie nichts / man möchte sie doch nur gehen lassen / sie wäre ja schon gnug gequählet worden. Weil nichts weiters heraus wolte / fuhr der Nachrichter mit den Schnüren wieder fort / da sie Anfangs etliche helle Gall thate / hernach stille schwieg / und mit dem Maul an zupröppeln fieng. Der Ambtmann fragte / warum sie das Maul so bewegte? Illa, Sie bethete. Ambtmann / Warum sie es nicht laut thäte? und waß der Inhalt desselben wäre? Illa, Sie hätte es auch von ihrer obgedachten Groß-Mutter / einer weit und breit bekant gewesenen Kräuter-Frauen am Hartz / und ihren Vetter / den alten Hansen aus der Baumanns-Höle gelernet / und lautete also: Vor den bösen Geist und Voland / Und Meister Hansen des Henckers Hand Davor creuzig' und segne sich jedermann / Und lauffe / wer entlauffen kan! Darbey stockte sie wieder / und wolte ein mehrers nicht heraus / ungeacht man sie sehr beweglich ermahnete / sich nicht selber noch mehrere Pein zuzuziehen / sie würde doch nicht verhalten können / wie sie meinete / man sehe es ihr schon an. Sie aber antwortete: Sie wäre ein Christen-Mensch / man würde aus ihr nichts bringen / machte darbey eine hönische Mine / als wenn sie es nicht achtete. Deßwegen Meister Hanß sie [eben in den moment, wie es zwey Viertel auf Fünfe schlug] zur Leither führete / auf dieselbe legte / unten an der andern Sprosse ihr beyde bloße Beine mit einen Strick anband / daß sie nicht auffussen konte / hernach in den Strick / womit ihre Hände auf den Rücken zusam [401] sammen gebunden waren / dem Haken [welcher unten an den Corden oder Siemen / so in den Röllichen am Kloben herabgehen / befindlich ist] fest anmachte / daß er nicht außspringen oder loßgehen konte / und so rücklings 2. Sprossen hoch hinauf zog: Da sie zwar anfangs sich stellete / als wenn sie Schmertzen empfünde / that aber bald die Augen zu / schlief / den Ansehen nach / ein / und schnarchte darbey / als ein Mensch / der im tieffen Schlaf lieget. Der Scharffrichter aber bereücherte sie mit Teufels-Dreck / Weirauch / rothe Dosten u. schwarzen Kümmel / hielt ihr auch angezündeten Schwesel vor die Nase / da sie strack aufwachte / greulich grosse Augen machte / und das Maul flerrte. Wie nun der Actuarius die Feder ins Dintenfas tauchen / und den Verlauf niederschreiben wolte / ward er gewar / daß eine kleine Mauß mit geschlitzten Ohren auf den Hinterbeinen uf seine̅ Protocol saß / und wie man zu reden pfleget / mit dem Vorderbeinen ein Männchen gegen ihm machte / da doch keiner von den andern Gerichts-Personen gesehen / wie / wenn / auch auf was Art und Weise sie auf den Tisch / der doch mitten in der Volter-Stuben stund / und sie alle darbey sassen / kommen. Uber welche Begebenheit diese aufstunden / daß die Mauß alleine auf den Tisch besitzen blieb. Alß aber der Ambtmann anschellete / und dadurch ein Zeichen gab / daß der Diener hineinkommen solte / sprang die Mauß gantz behende vom Tisch herab / und wischte / ehe der Diener noch hinbey kahm / in einen gantz kleinen Spalt der Dielen / womit die Stube bekleidet ist. Ungeachtet nun der Diener mit der Spitzen seiner Plauten drein stocherte / war doch keine Mauß mehr zu sehen noch zu hören. Drum man sich wieder niedersetzte und den Schurffrichter / der inzwischen die Chorden oder Siemen nachgelassen / weiter fort fahren ließ. Wie dieser zum andernmahl sie wieder 2. Sprossen in die Höhe zohe / erhub sich ein überaus starcker Sturm-Wind / welcher so gewaltig wider die Fenster der Volter-Stuben gieng / daß man meinete / sie würden mit samt den Rahmen hinein / und zu tausend stücken fallen: Inzwischen wurd gebetet: Heilige Dreyfaltigkeit wohne uns bey sc. Die Inquisitin schrie unterdeß / hilff mir! hilff mir! Ach geschwinde / geschwinde / ich sterbe!
|| [402]
Der Ambtmann
fragte / wem sie rieffe / der ihr helffen solte?
Illa,
Wolte nicht antworten / sondern winselte nur / Ach! Ach! Ach! Du liebes Göttgen
hilf mir / hilf mir / bald / bald / ach komme doch!
Indem kam die vorgedachte Mauß wieder aus dem Ritz oder Spalt hervorgesprungen /
und lief / gleich wie ein Blitz / nach der auf der Leither in suspenso hengenden
Inquisitin zu. Nach welcher Mauß der Scharffrichter und sein Knecht mit Stäben /
ingleichen der Ambts-Diener / so hineingeruffen wurde / u. eben ein Gebund
Schlüssel zu den Gefängnissen in der Hand trug / tapffer zuschlugen / sie aber
nicht treffen konten / indem sie hoch über die Stäbe und Schlüssel hin und
wieder sprang / als wenn sie Flügel häthätte / verschwund auch drauf in einen
Augenblick / daß man sie nicht weiter sahe / es legte sich auch der Sturmwind /
und ward alles stille. Von den meisten Schlüsseln aber waren die Kämme herab /
oder doch krum / daß man sie wieder machen lassen muste.
Der Scharffrichter
klopffte mit einem kleinen häselnen Stäbelein der Inquisitin auf die Schinbeine /
und fragte / ob es nicht bald Zeit wäre / daß sie bekennete?
Inquisitin
Fing hierauf an laut zu ruffen / und sich zubewegen / als wenn sie grosse
Schmertzen empfünde / da doch der Scharffrichter nur sanffte mit den Stäblein
klopffte. Hub auch an / man solte sie loßmachen / wolte bekennen.
Alß nun der Scharffrichter die Chorden in etwas nachließ / und sie ermahnet wurde
/ ihrem Versprechen nachzukommen / ließe sie sich vernehmen / ja sie wolte
sprechen / sie wäre eine Hexe / weil man es doch so begehre. Meister Hanß hätte
ja viele Hexen unter seinen Händen gehabt / und mit angehöret / was sie bekant
und ausgesaget hätten / der möchte ihr doch was davon vorschwatzen / daß sie
sich darnach richten könte.
Der Scharffrichter
antwortete / er wolte ihr schon weisen / was sie sage̅ solte / zohe
sie ein wenig mit den Armen wieder in die Höhe / und setzte [drey Viertel auf 5.
Uhr] ihr auf iedes bloße Bein an den Schlenbeinen eine
|| [403]
Bein-Schrauben /
Fragte / ob sie schwatzen wolte / oder er zuschrauben solte? Sie hätte die
Gerichte und ihn gnung geäffet / es müste noch ander Ernst gebraucht werden /
fuhr auch mit den Schlüssel nach der Schrauben an den rechten Bein / als wenn er
zuschrauben wolte.
Inquisitin
aber rief / Meister Hanß thut gemach! gemach! Last mich doch erst recht besinnen.
Scharffrichter
Ey was besinnen / du hast Zeit gnung darzu gehabt. Schraubte also die am rechten
Bein zu.
Inquisitin,
schrie / au weh! au weh! Ihr bringet mich ja ums Leben / ist denn kein Aufhören
oder Erbarmen? Ein Pferd könte es ja nicht ausstehen!
Scharffrichter /
Es ist da kein aufhören / du bist so eine verstockte Zauberin / als eine zufinden
/ schraubte auch die am lincken Bein gleichfals zu / da
Sie
abermahl erschrecklich an zubrüllen sing / und s. h. einen starckknallenden
bombum mit garstigen Gestanck von sich ließ / daß man Thür und Fenster aufmachen
und räuchern lassen muste. War auch der Gestanck so unerträglich / daß man die
Nasen mit Schnupftüchern zuhalten muste / und wie der Scharffrichter mit dem
Schlüssel auf die Bein-Schrauben / wie üblich / klopfte / rief sie / ach machet
mich loß! thut mich herab! nehmet mir die Peinigende Dinge von den Beinen weg!
Ich wil nun alles bekennen / was ich kan / weiß und gethan habe.
Der Ambtmann
sagte / du hast uns Mühe und Ungelegenheit gnung gemachet / und uns etliche mahl
getäuschet / wir glauben dir nichts mehr / wenn man dich schon von der Leither
lässet / bleibst du doch bey deinen verstockten Sinn.
Illa,
Nein / Nein. Ich bitte euch um Gotteswillen / machet mich ledig / ich kans nicht
länger ausstehen. Auf min Siel / ich will alles bekennen. Der böse [404] Feind ist all von mir weg / er sagte zu guter Letzt /
er könte mir nicht mehr helffen / ich wäre ohnedem nun alt / wolte schon sehen /
wo er eine Junge wieder kriegte. Pfui des garstigen Schelms!
Der Ambtmann
befahl dem Scharffrichter / der Inquisitin geschwind die Bein-Schrauben ab / und
sie von der Leither zunehmen / die Hände ihr gantz loßzumachen / auch wieder auf
den Stuhl zusetzen / welches sobald geschahe [just wie die Glocke schlug]
ermahnete sie drauf / nun ohne Verzug alles zuoffenbaren / wie sie zur Hexerey
verführet worden / und was sie dadurch vor Schaden und Ubelthat verübet und
begangen hätte.
Inquisitin
sagte / ja sie wolte nun alles / was sie wüste / auch iemahls auf Anreitzung des
bösen Geistes gethan / harklein erzehlen / und dadurch ihr Hertze erleichtern /
in Hoffnung / Gott der allerhöchste würde sich ihrer erbarmen / und sie wieder
zu Gnaden annehmen.
Der Ambtmann
replicirte, an Gottes Gnade hätte sie nicht zuzweiffein / woferne sie sich nur in
wahrer Reu und Buße / wie er schon anfangs / ehe man zur Volter geschritten /
erwehnet / zu ihrem Erlöser Christo wieder bekehre / regte dabey an / sie solte
nur fein bald ihr Bekäntnis thun / doch daß alles die Warheit sey.
Illa,
Ja daß wolte sie thun / und verhielte sich es [1] mit ihrer Verführung also: Ihr
Vater / Cuntz Wettermacher / wäre ein Köhler gewesen / und zu Unckendorf im
Hartz gewohnet / wäre selten zu Hause / sondern die meiste Zeit im Walde bey den
Miehlerhauffen gewesen und gekohlet. Die Mutter hätte Geske Gabelreuterin
geheissen / und sonst kein Kind / als sie nur allein gehabt. Wie sie nun ein
Mädgen von 10. Jahren gewesen / wäre sie gewahr worden / daß immer ein
schwartzer Mann bey ihrer Mutter aus und eingegangen / welchen sie Vetter
Hornvalten genennet / derhätte ihr allerley Sachen / als Butter und Käse /
Rocken / Gersten / Weitzen / Kraut Rüben / Obst und allerhand andere Früchte /
wie es die Jahrs Zeit gewesen / oder was sonst ihre Mutter nur von ihm begehret
/ gebracht / daß ihre Eltern also ihr gutes Auskommen von diesem vermeinten Mann
gehabt / ungeacht Inquisitin, als ein junges Mädgen / sich anfangs vor demselben
gefürchtet / weil er einen langen zot-Bart und greulich grosse Augen / auch
eine [405] rothe Mütze mit einer Hanen-Feder aufgehabt.
Wie sie etwas grösser worden / hätte ihre Mutter ihr immer in Ohren gelegen /
Vetter Horn-Valten hätte einen schönen Sohn / den wolte er ihr freyen / wäre ein
reicher Kerldaß sie ihr Lebetage gnung haben würde. Sie hätte sich aber immer
mit dem entschuldiget / sie wäre noch zu jung / wenn sie etwas älter und grösser
würde / und er ihr gefiehle / wolte sie ihn so dann schon heyrathen. Es hätten
aber die Nachbarn endlich gemercket / daß es mit ihren Eltern nicht von rechten
Dingen zuginge / daß sie so ein gutes Auskommen hätten / und doch der Vater
wenig verdienete: Zumahl da sie oft gesehen / daß Vetter Hornvalten des Nachtes
in feurichter Gestalt zu ihrer Boden-lücken hinein geflohen / und als einsmahls
ein Weib in berürten Dorf ihre Mutter eine Hexe gescholten / hätte sie dieselbe
todt gezaubert / Item andern die Kinder gesterbet / deßgleichen Kühe / Schweine
und Kälber / auch einem Man̅ die Elben oder zehrende Dinger
angemacht / drüber sie und der Vater beym Kopf genommen / gevoltert und hernach
zugleich in einem Feuer zu Scharfheim verbrant worden. Weil sie nun solcher
Gestalt auf einmahl ihre Eltern verlohren / hätte sie sich zu ihrer Großmutter
Blocksberg Elsen / in Zauberthal wohnhafft / begeben müssen / welche als eine
Kräuterfrau sich auch wohl genehret / indem sie den Leuthe mit Pulver /
Geträncken und Seegen-sprechen von allerhand wunderlichen Kranckheiten / und
wenn es auch schon Hexerey gewesen / helffen: Imgleichen Schämelbeine verbinden
/ und doch dadurch Leuthen / so weit davon gewohnet / und die sie nicht einmahl
zusehen gekrigt / die zerbrochene Arme und Beine heilen und wieder zurechte
bringen können. Zu derselben wäre auch oft ein schwartzer Mann kommen / welchen
sie Vetter Hanß aus der Baumans Höle geheissen / der hätte ihr Kräuter / Blumen
und Wurzeln gebracht / zuweilen wäre die Großmutter auch wohl mit ihm auf den
Blocks- und andere Berge im Hartz gegangen und dergleichen Gekräutig und Wurzeln
gesuchet und eingetragen. Wenn sie wieder mit einander zurückkommen / hätten sie
sich braf lustig gemacht. Dieser Vetter Hanß wäre grün gekleidet gewesen / als
ein Jäger / einen Hirschfänger und Hornfessel an / auch einen grauen Hut und
eine schwarze Straus-Feder drauf; Item blaue Strümpffe angehabt / sonsten aber
hätte er im Gesichte gantz schwartz / als ein Mor außgesehen. Dieser hätte ihr
auch immer angelegen / sie solte seinen Sohn / den er mit sich bringen wolte /
heyrathen / mit Zusatz / sie dürffte nicht meinen / daß er auch so schwartz
aussehe / als er / sondern es wäre ein feiner junger Kerl / mit gelben [406] krausen Haaren / der ihr wohlgefallen würde / wenn sie
ihn sehe. Sie hätte aber seiner keine Gnade haben wollen / sondern ihn immer
abgewiesen / weil sie sich in des Schultheissen / Wenzel Baurenhards Sohn /
Nikeln in Zauberthal verliebet / und denselben nachgelauffen / wo sie nur gekont
/ der sie auch wieder lieb gehabt; Aber seine Eltern hätten nicht einwilligen
wollen / daß er sie nehmen sollen / wegen ihrer Eltern / so gebrant worden /
Item daß man ihre Großmutter auch vor eine Erz-Zauberin gehalte̅ /
und sich also besorget / sie möchte das Handwerg auch gelernet haben / da sie
doch damahls noch rein davon gewesen / und blieben / biß ins 17te Jahr ihres
Alters / da ihr obgedachten Schultheissen Sohn immer in Kopf gelegen / und
gewünschet / daß sie doch denselben nur zum Mann kriegen möchte / weil sie
damahls ein hübsches Mädgen gewesen / weiß von Gesichte mit rothen Bäckelgen /
drum man sie auch zu der Zeit nur schön Aennichen geheissen / wenn sie gleich
ietzo so wilde und runzlig aussehe. Dannenhero als sie einsmahls alleine in dem
Wald gegangen / Holtz im Korbe zu holen / aber den Morgen nicht gebetet gehabt /
und wieder so inniglich auf des Schultheissen Sohn gedacht / auch deßhalber
etliche Buhlen-Lieder / sonderlich aber dieses:
Ach feines Lieb komm' her zu mir /
Im Holtz bin ich alleine hier /
Erscheine mir / und komme bald /
Eh denn ich werd' vor Liebe kalt / sc.
gesungen / hätte sie ein Geräusche in den Büschen gehöret / welches immer näher
zu ihr gelanget / biß sie gewahr worden / daß ein junger Kerl mit gelben krausen
Haaren / hübsch ven Gesichte / einen grauen Rock / lederne Hosen / und weiße
leinene Strümpfe anhabende / natürlich wie des Schultsen Nickel gebildet und
gekleidet / aus dem Gebüsche nahe bey ihr heraus kommen / ihr einen guten Tag
gebothen / und gefraget / waß sie da machte? Alß sie geantwortet / sie lese ein
wenig Holtz zusam̅en / habe er angehoben / es wäre ihm sehr lieb /
daß er sie da ungefehr und alleine antreffe / er wäre dort oben im Walde gewesen
und Holtz gehauen / wie er denn die Axt noch am Arm hangend gehabt / indem er
nun / weil es bald Mittag / wieder heim gehen wollen / hätte er singen gehöret /
u. wäre deshalber durch die Büsche hin gekrochen / um zu sehe̅ /
wer doch die Sängerin seyn mochte / wäre ihm also üm desto erfreulicher / daß
sie es sey / mit der er allda gantz vertraulich reden / und ihr sein Hertz
offenbahren könte / im Dorff hätten sie doch so nicht Gelegenheit darzu /
sondern es würde strack verrathen / und seinen Eltern wieder zu [407] gebracht / die es zwar nicht haben wolten /
daß er sie zur Ehe nehmen solte; allein er wolte es schon machen / in dem Krieg
ziehen / sie mit nehmen / und sich trauen lassen / die Güther müsten ihm doch /
als einen einigen Sohn / nach seiner Eltern Tod wohl bleiben. Hätte ihr auch die
Hand / und sie ihm die ihrige drauf gegeben / daß eins des andern seyn und
bleiben / auch nicht von einander lassen wolten: maßen er denn solches mit
vielmahligen hertzen und küssen bestätiget / sie auch nicht anders gemeinet / es
wäre warhafftig des Schultheissen Nickel. Als sie nun sich nieder gebücket / und
mehr Holtz lesen wollen / hätte er sie von hintenzu angefasset / übern Hauffen
zur Erden nieder geworffen / und begehret / seinen Willen zu thun / mit fernerer
Anführung / sie wäre ja doch seine Liebste / und wolte sie ehesten Tages mit
sich in den Krieg führen / solte nur ihre Sachen zusammen machen / und sich
parat halten / da sie es / in Hoffnung der Ehe / geschehen lassen. Es wäre ihr
aber alle wunderlich und seltzam um den Handel vorkommen / daßsein männlich
Glied wie ein Hörnichen / und darzu sehr kalt / ja der Saamen / den er von sich
gelassen / so kalt als Eiß gewesen / daß sie es nicht länger ausstehen oder
vertragen können / sondern sich unter ihn hervor gemacht / und aufgesprungen.
[Similem ferè confessionem Sagae cujusdam, Mühl-Lenen / affert Carpzov. part. 1.
Pract. Crim. Quaest. 50. n. 29. Item Johann. Heinrich Pott, de nefando lamiarum
cum diabolo coitu c. 2. §. 8. ibi: Wenn er mit ihr zu thun gehabt / wäre es
nicht anders gewesen / als wenn er ein kalt Hörnichen darzu gebraucht. Et certè
hoc omnes uno ore loquuncur, quae daemoni corporis sui copiam faciunt Sagae
(faciunt autem omnes, ubi se illi addixerunt, est??? hoc quasi primum pignus
initi cum illo foederis) se illius membro virili & semine, si quod
effundit, in tantum, frigido contaminari, ut eo admisso totae statim horrore
dissiliant.
Nicol. Remigius, Daemonolatr. lib. 1. c. 6. Freudius, in Gewissens-Fragen von
Zauberey / quaest. 73. n. 6.]
Wie sie nun nach geschehenen Beyschlaf ihren Rock wieder zurechte gezogen / und
die Augen aufgehoben / wäre sie an statt des vermeinten Schultheissen Sohn /
Nickels / eines abscheulich schwartzen Mannes mit Hörnern / der einen langen
Barth wie ein Ziegen-Bock / feurige Augen / ein grosses Maul / mit langen
beißigten Zähnen an statt der Hände grosse Klauen / Item einen Hahnen- und
Pferde-Fuß habend / gewahr worden / über welchen unvermutheten Anblick sie
dergestalt erschrocken / und ausser sich selber [408] kommen
/ daß sie zur Erden nieder gefallen. Er aber hätte sie mit seinen Klauen wieder
in die Höhe gezogen / und gesaget: Nun siehestu / wen du versprochen / immer und
ewig sein eigen zu seyn / und mit wem du zu thun gehabt hast. Ich bin Hauß der
Teufel / und des alten Hansen aus der Baumans-Hölen Sohn / den du nicht hast zu
deinen Schatz annehmen wollen / und bist doch nun mein worden.
[Aus der meisten Hexen Urgicht und Bekäntnis erhellet / daß der Satan sich
mehrentheils Hans geheissen. Sonst findet man auch / daß er sich Juncker Hanß /
Juncker Hahn / Schön-Hanß / Juncker Jacobus / Juncker Hans Bastian / Stephan /
Hinckepick;
Freudius, d. tr. q. 147. n. 7. Carpzov. p. 1. Pract. Crim. q. 50. n. 66. Sentent.
6. 20. 27. 28. 33. 34. & 35.
Item Lucifer / Rausch / Grauröcklein / der schwartze Caspar / wie auch Lucas
genennet.
Carpzov. d. q. 50. n. 66. Sent. 5. & 21. Pott. alleg. c. 2. §. 12.]
Er hätte auch strack begehret / sie solte ihm da nochmahls zusagen und angeloben
/ daß sie ihm treu und hold / auch ewig sein eigen seyn und verbleiben wolte:
Item / sie solte die heilige Dreyfaltigkeit verschweren / und sich ihres
Antheils an GOttes Reich mit ihm begeben / ferner sich so bald da auf der Stelle
ümtauffen lassen / und künfftig alles thun / was er ihr befehlen würde / oder er
wolte ihr auf einmahl den Hals ümdrehen / und ihren Leib in hundert tausend
Stücke zerreissen / hätte auch schon / weil sie drüber erstummet / und nicht
strack ja darzu gesagt / nach ihr mit den Klauen gekrappet.
Notandum
[Als der böse Geist den Cantzlar zu Bamberg durch Unzucht zur Hexerey verführet /
und derselbe auch so bald nicht drein willigen wolte / verwandelte sich dieser
listige Geist in einen grausamen scheußlichen Drachen / und drohete ihn alsofort
zu verschlingen / und in hundert tausend Stücken zu zerreisen. Drüber der Man̅ sich entsetzte / u. weil er dem Satan nicht so bald aus Gottes
Wort und mit dem Gebeth begegnen / vielweniger daß er aus Irthum und nicht aus
Vorsatz sich mit ihm vermischet / oder anders mehr opponiren und sich damit
schützen können / einen Bund mit ihm gemachet / sich ins Teufels Nahmen täuffen
lassen / und deshalber justificiret worden. Goldaft. von Confiscation der
Hexen-Güther §. 23. p. 69. lit. B. Rimphof, im Drachenkönig p. 118.
|| [409]
Also ist er auch jener Hexen zu Hexen zu Molßheim (deren Besoldus in Thes. Pract.
lit. H. voc. Hexen gedencket) in einem erschrecklichen Gesichte erschienen / als
er von ihr begehret / GOtt zuverschweren / und zu verläugnen / hat auch dabey
gedrohet / wenn sie es nicht thun würde / wolte er sie zerreissen und
zerstücken. Gleicher gestalt setzte er einen vornehmen Fürstlichen Rath und
Abgesandten auf den Reichs-Tag zu N. seine Mord-Klauen an den Halß / nachdem er
den Abend vorher in Gestalt einer schönen Schwäbischen Bäurin ihn zum Ehebruch
verleithet. Den folgenden Tag aber / als ein grausam und erschrecklich
Wunder-Thier ihm erschienen und also angeredet: Du leichtfertiger Vogel! du
Ehe-Ehr- und Treu-vergessener Bösewicht / weistu auch / was du gestern mit mir
zuschaffen gehabt? wie offte du dich mit mir vermischet? Jetzt bistu in meiner
Gewalt / strack ergib dich mir zu eigen / oder ich reisse dich auf hundert
Stücken. Darüber der Abgesandte / nachdem der Satan sich wieder in die Gestalt
der schönen Bäurin verwandelt / einen Accord trifft / und solchen mit seinen
eigenen Blut unterschrieben / welches ausführlich bey dem Erasmo Francisci, in
seinen Neu-polirten Geschicht-Kunst und Sitten-Spiegel / lit. 1. Disc. 18. pag.
129. & seqq. zu lesen ist.]
Da sie in grosser Angst Ja gesaget / und ihm ihre rechte Hand dargebothen / er
aber hätte mit den Klauen ihr unter den Daumen in der Mauß ein Zeichen gekratzet
[welches sie zeigete / braunlich / wie eine Fliege gebildet / etwas erhoben
aussahe / und gantz unempfindlich war / auch kein Blut von sich gab / wie sie
der Nachrichter mit einer Pfriemen drin stach] hernach bey ein morastig Fleck /
so nahe bey den Büschen gewesen / geführet / ihr das Tuch / womit sie ihre Haare
auf den Kopf bedecket gehabt / wie die Bauer-Mädgen sich zu schmücken pflegen /
wenn sie ins Graß oder Holtz gehen / ab genom̅n / garstig
Pfützwasser mit den Klauen geschöpffet / und ihr auf den Kopf geschüttet /
sagende: ich täuffe dich in meines / Hansens / und aller Höllischen Geister
Nahmen / daß du mein im̅er und ewig seyn und bleiben solst; auch
ihr den Namen Fein Elßgen gegeben.
[Daß der Satan bey seiner Miß-Tauffe den Hexen und Zauberern zuweilen andere
Nahmen gebe / solches ist denen / welche mit den Hexen Processen zu thun gehabt
/ oder noch haben / gnugsam bekant / maßen denn auch Carpzov, in seiner Pract.
Crim. p. 1. 4. 50. n. 66. eine [410] Urgicht / welche in der
21. Sentenz pag. 336. enthalten / drin eine Hexe bekant / daß nach der
Miß-Tauffe der Teufel ihr den Nahmen Margaretchen gegeben / sich aber Lucas
genennet.]
Wie dieses geschehen / hätte sie die zwey Forder-Finger an ihrer rechten Hand
nebst den Daumen auf ihre lincke Brust legen / den Gold- und kleinen Finger aber
hineinwarts schlagen / und ihm nachsprechen müssen: Ich verschwere hiermit die
Dreyfaltigkeit / und wil von nun an kein Theil mehr an Gottes Reich haben! Drauf
hätte er ihr ein groß Goldstücke zum Mahlschatz zugestellet / uf welchen
allerhand unbekante Schrifft und greuliche Bilder gestanden / so sie bey sich
gestecket / auch versprochen / ihr immer was zubringen / daß sie keinen Mangel
haben solte: Ja er wolte sie aus aller Gefahr / Angst und Noth erretten /
welches Letztere er aber ietzo gehalte̅ / wie ein Schelm / un̅ Ertz-Lügener / indem er sie verlassen / doch danckte sie Gott /
daß er von ihr gewichen wäre / sie hätte doch wenig guter Stunden bey ihm gehabt
/ denn wenn sie nicht alles flugs gethan / was er haben wollen / hätte er sie̅ braun und blau geprügelt / wie sie hernach noch weitläuftiger
berichten wolte.
[Diese Hexe machte es noch besser / als jener Zauberer / dessen Goehausen, in
Processu contra Sagas tit. 9. §. 3. p. 372. gedencket / welcher mit dem Teuffel
einen Bund gemacht / er wolle ihm Leib und Seele verschreiben / wenn er nun
dargegen ihn aus aller Gefahr helffen wolte. Nun begab es sich / daß der
gedachte Geselle wegen einer Ubelthat eingezogen ward / und als man ihn auf den
gewöhnlichen Richtplatz geführet / und gleich jetzt abthun und tödten lassen
wolte / sahe er sich um / ob er irgend seines Noth-helffers gewar worden könte.
Letzlich siehet er ihn nicht wiet davon auf einen Baum in Gestalt eines Geyers
sizen / da er ihn nun deutet / der Teufel sol sich seiner Zusage erinnern / und
ihm in der Noth Beystandthun / der Satan aber sich weigerte / sprach der arme
Sünder und Ubelthäter: Wolan! Ob du Satan gleich an mir bist Eydbrüchig worden /
so wil ich doch so redlich seyn / mein Wort halten / und dein mit Leib und Seele
ewiglich bleiben. GOtt behüte uns vor solcher Redligkeit addit Author!]
Endlich hätte er Abschied von ihr genommen / mit Versprechen / ehestens sie in
ihrer. Großmutter Hauß zubesuchen. Drauf wäre er verschwunden / [411] und sie mit der Last Holtz heimgegangen. Alß sie nun besagter ihrer
Großmutter / alles / was sich mit ihr begeben / in Klagen und Weinen erzehlet /
hätte dieselbe überlaut gelachet / auch sie noch darzu vexiret / daß sie so oste
Vetter Hansen aus der Baumanns-Höle / seines Sohns halber / abgewiesen / und
hätte denselben doch noch auf solche listige Art nun kriegen müssen / sie auch
ermahnet / getrost zu seyn / sie hätte einen reichen Buhlen bekommen / der sie
schon ernehren würde / es wäre doch so gar fein / wenn es immer bey dem
Geschlechte bliebe / denn ihr gantzer Stamm von Uhr-Eltern und Groß-Eltern wären
alle so gute Leute gewesen / die ihr reiches Außkommen gehabt / waß sie sich
denn alleine ausschliessen wolte? de Apfel fiehle ja nicht weit von Stamm! Weil
ihr Vater uud Mutter verbrand worden / hielten die Leuthe sie / die Tochter /
doch auch vor eine Hexe / es möchte war seyn / oder nicht. Nun könte sie desto
eher eine gute Heyrath thun / und zwar auch in eben solchen guten Geschlecht /
wie sie wären. Da sie sich endlich zu frieden gegeben. Wie sie nun in ihrer
Großmutter Hauß auf den Boden / bey der Laden / so vor ihrem Bette gestanden /
drin sie alleine geschlaffen / gegangen / und das Goldstücke hinein legen und
aufheben wollen / wäre es nur ein runder Boden aus einem tönernen Krug gewesen /
da sie Hansen alles Ubel an dem Hals gefluchet / daß er sie so schändlich
betrogen / doch den Boden gleichwohl in die Laden geleget und aufgehoben.
[Eben solchen Betrug mit einem Goldstücke zeigete Anno 1687. ein Dinstmägdelein
bey der Territion im Ambt Arnstad von R. an / welches der böse Feind / in
Beyseyn einer alten Zauberinne / die dem dem Mägdelein das Hexen lernen wollen /
zugestellet / so gleichfals ein Boden aus einem Krug gewesen / wie sie es
heimgebracht. Das alte Weib hatte ihr auch ein stück Butterkuchen gegeben /
solchen so bald aufzuessen / welches aber das Mädgen nicht thun wollen / sondern
mit nach Hauß genommen / da es ein alter Pels-Lappen gewesen. Bey andern ist das
Geld / so er denen Neu verführten / oder auch wohl den alten Hexen gebracht / in
den Kasten zu Schirben / Kohlen / Blättern / oder gar zu Pferde-Mist: Item die
vermeinte Perlen und Gold zu Knochen oder Strohalmen worden.
Reinking. in Responso de Sagis n. 133. 142. & 156. Freudius saepè dict.
tr. Quaest. 147. n. 4. & 5. Pott. de nefand. Lamiar. coitu c. 3. §. 6.]
|| [412]
Hernach die andere Nacht / wie es helle Mondenschein gewesen / und sie auf den
Boden allein in ihrem Bette gelegen / wäre zwischen 11. und 12. Uhren / als sie
eben gewachet / ein Manns-Kerl oben zu ihrer Bodenlücken hineingestiegen kommen
/ da sie gemeinet / es wäre ein Dieb / und an zuruffen gefangen / er hätte aber
gesagt / sie solte stille schweigen / er wäre es / ihr Bule Hanß / und sein
Vater / der alte Hanß aus der Baumans Hölen / auch drunten in der Stube bey
ihrer Großmutter / auch zum andernmahl sich mit ihr vermischet / da seine Natur
eben wieder so kalt / wie das vorigemahl und hernach allezeit so gewesen / wenn
er mit ihr zuthun gehabt / welches unzehlig vielmahl / so wohl des Nachtes in
ihrem Bette / als auch in Holtze und auf den Wiesen / wenn sie grasen gegangen /
hinter den Sträuchen und Büschen geschehen / daß sie die Zahl unmüglich in den
50. Jahren mercken oder behalten kön̅en / maßen denn Anfangs / wie
sie noch jung und ledig / er manche Woche 3 biß 4 mahl komen / und sie
exerciret, wie sie aber alt worde̅ / wäre er kaum in 6 biß 8
Wochen einmahl zu ihr kommen / und die Leichtfertigkeit mit ihr getrieben Vor
acht Tagen wäre er das letzte Mahl bey ihr hier im Gefängnis gewesen / und
dergleichen verübt / ihr dabey verkündigende / Sie würde zwar müssen grosse
Marter und Pein ausstehen / solte aber nichts bekennen / er wolte ihr schon
beystehen / und abwenden helffe̅ / daß es ihr nicht so wehe thun
solte / es würde nicht lange währen. Drum er sich auch in währender Tortur in
eine Mauß verwandelt / und auf den Tisch gesetzet / um die Gerichts Personen /
sonderlich aber den Actuarium bestürtzt und irre zu machen / daß man aufhören /
oder doch nicht alles so genau aufschreiben solte. Nachdem aber das Gebeth
gesprochen worden / und Meister Hanß mit der Volter immer weiter in Gottes
Nahmen verfahren / hätte ihr Bule getrachtet / ihr den Hals auf der Leiter
umzudrehen / deßwegen er in Gestalt der vorigen Mauß aus den Ritz oder Spalt der
Dielen wie ein Blitz wieder hervor nach der Leither zugewischt / hätte aber /
wegen des Gebeths / es nicht zu Werck richten können.
[Von den Schwartzkünstler / Schaf genant / in Berner Gebieth / der sich oft und
vielemahl in eine Mauß verstellet / und dadurch den Feinden entgangen / kan
gelesen werden
Johann Nider. in formicar. de Maleficis deceptis c. 4. pag. 488. Philander in
Expert. Rupert. pag. 602. Freudius in Gemissens-Fragen von Zauberey / Quaest.
139. n. 37. pag. 606.]
Und eben darum hätte sie ihn liebes Göttgen / welches er sonderlich ge [413] ne hätte / daß man ihn so ehrete / genennet /
und so ofte um Hülffe angeruffen. Den Sturmwind hätte er gleichfalls erreget /
den Gerichts-Personen eine Furcht einzu jagen / daß sie aufhören und fortgehen
möchten.
[Vide Carpzov. Part. 1. Pract. Crim. q. 50. n. 66. Sent. 21. Da der böse Feind
ebenmäßig zu einer Hexen ins Gefängnis bey grossen Sturmwind kommen.]
Er wäre auch / sie zu retten / unsichtbaret Weise / wie sie auf der Leither
gespannet gewesen / in ihren Leib gefahren / den Hals und Zunge eingenommen daß
sie nicht reden können. Endlich wie die Pein mit den Bein-Schrauben und
Außdehnen alzugroß worden / wäre er / mit Hinterlassung des Stancks / unten von
ihr weggefahren / und wäre war / daß er kurtz vorher gesaget / er könte ihr
nicht mehr helffen / sie wäre alt / und wolte schon sehen / wo er eine junge
krigte.
Der Ambtmann
sagte / sie hätte wohl gethan / daß sie offenbahret / wie und welcher gestalt sie
zur Hexerey verführet worden / auch auf was Arth und Weise sie mit dem Satan
einen Bund gemachet. Nun möchte sie auch ansagen / was sie vor Schaden durch die
Hexerey verübt / fragte auch den
II. Articul / Ob sie nicht durch solche Zauberey Menschen und Vieh Schaden
gethan:
Illa,
Ja sie wolte es auch alles bekennen / doch erst in Erzehlung ihres Lebens-Laufs
noch weiter fortfahre̅ / damit sie nichts vergessen oder auslassen
möchte / weil sie alles von ihren Hertzen loß beichten wolte. Erzehlete drauf
ferner / sondern in eines jungen Gesellen Gestalt / mit gelben krausen Haaren /
einen braunen Mode-Rock / lederne Hosen / und rothe Strümpfe an habend /
erschienen / nur hätte am lincken Beine / an statt des Schuches / ein Kühe-Fuß
sich allezeit praesentiret. Er hätte auch einen grauen Hut / mit einer silbernen
Gallonen eingefasset / und einen rothen Federbusch drauf getragen.
[Der Teufel erscheient den Hexen nicht auf einerley Arth / sondern in
unterschiedlicher Gestalt / meistentheils aber / wie man aus ihren Urgichten
vernimmet / als ein schwartzer Mann / in schwartzer Kleidung / mit langen
schwartzen Fingern / Haaren und Bart.
|| [414]
Vid. Sentent. Scabin. Lips. apud Carpzov. part. 1, Pruct. Crim. q. 50. n. 66.
Sentent. 3. 23. 25. 27. 29. 30. & 34.
Zuweilen auch als ein Cavallier / in grossen Alamode Rock / Sent. 26. oder blau
geklaidet / Sent. 24. in einen rothen Sent. 23. schwartzen Sent. 21. &
35. oder blauen Hut / Sent. 34. mit einem schwartzen / Sent. 27. rothen u.
weissen Sent. 24. 26. & 34. gelben oder braunen Federbusch / Sent. 35
zuweilen weisse / Sent. 21. rothe / oder auch wohl gelbe Strümpffe / Sent. 35.
anhabende. Zu Zeiten erscheinet er als ein Beuersmann / Sent. 31. dann als ein
Bothe / mit einen langen Spieß Sent. 28. oder im weissen Kittel / wie ein
Fuhrmann / Sent. 21. oder als ein Bettler / Sent. 35. Ja wie ein alter Mann im
grauen Barth / Sent. 24. bißweilen wie ein Rabe / Sent. 23. Item wie ein Hahn /
ead. Sent. in Gestalt einer grauen Ganß / Sent. 24. Geyers / Goehausen, tit. 9.
pag. 372. Spechtes / Pott. de nefand. Lam. cum diabolo coitu, c. 3 §. 16. oder
gar wie ein Esel / Sent. 30. und auf viele andere Arth mehr. Doch kan er sich in
allen nicht so verstellen / daß man ihn nicht woran erkennen könne / sintemahl
ihn seine grosse flammende Augen / Sentent. Lips. 28. apud Carpzov. cit. loco.
die auf den Kopf hervor ragende Hörner / Sent. 30. oder die an statt der lincken
Hand zum Vorschein kommende lange Nägel / Sent. 34. oder Klauen / Sent. 23. oder
auch dessen linckes Bein / welches entweder ein Küh-Fuß / Sent. 35. oder ein
Ochsen-Fuß / Sant. 30 eine Bären-Tatze / Sent. 26. oder Hundes-Klaue / Sent. 23.
oder eine andere Pfote ist / Sent. 34. leicht zuverrathen pflegen.]
Sie hätte ihm auch verwiesen / daß er sie mit dem Gold-Stücke geäffet / darüber
er gelachet / sagende: sie solte den Boden aus den Krug ihm nur wie der geben /
wolte ihr schon was bessers schencken / welches sie gethan. Drauf hätte er ihr
in einem gantzen Jahr alle Wochen einen harten Thaler gebracht / welche sie
gesammlet und aufgehoben / die auch rechte Thaler geblieben.
[Wenn der Satan denen Hexen recht Geld bringet / entwendet er es gottlosen bösen
Leuthen / die ohnedem sein einen sind / oder nimmt es von denen unter der Erden
vergrabenen Schätzen / oder von den Güthern / so durch Schiffbruch ins Meer
versuncken sind / doch alles aus Zulassung Gottes.
Kekermann, lib. 5. System. Physic. c. 4. Nicol. Remigius, lib. 1. daemono [415] latr. c. 4. Meiger, lib. 1. de Panurg. Lamiar.
c. 8. lit. P. 2. Freudius, d. tr. q. 55. n. 12. & quaest 147. n. 8.
Daß auch der böse Geist den Hexen mehrmahls harte Thaler zum Huren-Lohn vor den
Beyschlaf gegeben / ist aus den Urgichten und darauf gesprochenen Urtheln / so
bey dem Carpzovio p. 1. Pract. Crim. q. darauf gesprochenen Urtheln / so bey dem
Carpzovio p. 1. Pract. Crim. q. 50. n. 66. zufinden / sonderlich in der 8. 21.
23. 24. 27. & 34 zu lesen. Anno 1671. ward zu Eisenach ein Weib von
Eckartshausen K. K. genant / bekandter Hexerey halber verbrant / welcher ihr
Bule Hans auch allemahl einen harten Thaler gebracht / sie zeigte auch an / daß
sie noch einen Beutel voll derselben in ihren Keller auf einen Balcken liegen
hätte / welches sich auch also befunden. Es waren Spannische / Französische und
Holländische Thaler / welche ich selber mit Augen gesehen / und in Händen gehabt
/ sie wurde auch mit solchen Geld verbrandt. Bekandte anbey ferner / daß sie
dergleichen viele zur Steur von ihren Güthern / und sonst zu ihrem Haußhalt
ausgegeben hätte. Jhr Buhle Hanß hätte sie allemahl auf ein schwartzes Roß oder
Rappen hinter sich nach dem Hexen-Tantz bey Möhra geführet. Sonst findet man daß
er gegen andere Unholden nicht so gar liberal gewesen / zwar viel versprochen /
aber wenig gehalten: Inmaßen bey dem Carpzovio in den angezogenen Urgichten und
Urtheln sich findet / daß er einer Hexen nur einen halben Güden / Sent. 22.
einer andern sechs Groschen / Sent. 36. der dritten einen Groschen / Sent. 35.
der vierdten einen halben Patzen / Sent. 22. der fünfften nur drey Pfennige /
ead. Sent. der sechsten nur ein eintzig Ey auf einmahl gebracht / Sent. 23. der
siebenden aber gar nichts zu Lohn gegeben / Sent. 3. Ja man hat Exempel / daß
Hexen bekant / wie sie das Brod vor den Thüren betteln / ihm 2. Theil darvon
geben müssen / vor sich aber nur den dritten Part behalten dürffen / wie solches
auch Anno 1671. die alte Fritzin / auch eine Zauberin von Eckartshausen / so
gleichfals zu Eisenach verbrandt wurde / öffentlich von ihr selber bezeugte /
als die ein armes Bettel-Weib / aber doch darbey eine arge Hexe wahr. Rimphof.
im Drachen-König pag. 46. n. 29. erzehlet / daß ein Mägdlein zu Verden sich mit
dem Teufel verbunden / da ihre Groß-Mutter für sie mit dem Teufel mit Würffeln
gespiehlet / ob der böse Feind sie ernehren solte: der Teufel hat zwar das
Spiel [416] verlohren / aber er hat nachgehends das
Mägdlein übel tractiret und gekneipet / daß sie hat zusagen müssen / ihn zu
ernehren.]
Die folgende Jahre aber hätte er kaum alle 4. Wochen ihr einen Thaler
mitgetheilet / sagende: er hätte der Schwestern gar viel / denen er was brächte
/ müste es theilhafftig machen / die Weiber wären gar zu geitzig / und wolten
immer viel haben. Ein Jahr oder sechs her / hätte er nur alle acht Wochen ihr
einen Thaler zugestellet / die sie zur Nothdurfft in ihrem Hause ausgegeben.
Sonst aber hätte sie gut Glück zum Vieh gehabt / so ihr wohl gestanden / und die
Kühe viele Milch gegeben / sie hätte aber ein weißes Pulver / so er ihr gebracht
/ in die Söden / so sie täglich dem Kühen dargereichet / streuen müssen. Jhre
Hüner hätten auch treflich viel Eyer geleget / wenn sie denselben eine Suppe
gekocht / und den Segen sc. zc. drüber gesprochen / und hernach die
eingeschnittene Brocken von Brodt den Hünern vorgeworffen. Ja wenn sie /
Inquisitin, von der Suppen gegessen / hätte sie selber auch Eyer geleget: Doch
iedes mahl nicht mehr als Neune / so sie nebst andern / welche ihre Hüner
geleget / in die Stad verkaufft.
[Daß die Hexen Eyer legen können / bezeuget Elich, in seiner Daemonomagia,
quaest. 7. pag. 8, als der solches an einem Bauer-Weibe selber gesehen / welche
von Stroh und Binsen ein Nest in ihre Cammer gemacht / und sich drauf gesetzet /
und wenn sie fertig / hätte sie die Eyer / deren sie aber täglich mehr nicht als
Neune geleget / aufgehoben / und darbey geketzet / als ein Huhn zu thun pfleget.
Sed addit [sit venia verbis] num ova è posterioribus ejus delapsa fuerint,
ignoramus crediderimus si eadem prius acerrimo aceto per triduum macerata ab ea
absorpta: Verùm putandum, quod mediante praestigiatore Tartareo aliunde allata
& supposita fuerint. Wenn aber ermeldter Elich an gedachten Orthe weiter
anführet / daß solch Eyerlegen vor ihm niemand observiret und angemercket /
dasselbige auch nur allein die reichen Hexen könten / darinnen irret er / weil
vorlängso die eingezogene und abgethane Unholden solches bekant / teste, Johan.
Heinr. Pott, de nefando Lamiarum cum diabolo coitu cap. 4. §. 10. auch
Steüccius, [welchen Besoldus, in Thes. Pract. V. H. verb. Hexen. pag. 389.
allegiret] in einem artigen Garmine beschrieben / wie ein Hund die Brocken / so
eine Zauberin ihren Hünern vorgeworffen / aufgefressen / und davon ein halb
Schock Eyer geleget / also lautend:
|| [417]
Est anus inferno vel formidanda Barathro,
Saga diu magicis usa magisteriis.
Haec inhians ovis gallinâmatre creatis,
Obsipat assveto pharmaca mixta cibo.
Pharmaca, queis quaecunque semel gallina voratis
Ova decem pariat bis deciesque decem.
Forte superveniens canis has dum devorat escas,
Atque simul magica pharmaca mixta manu,
[Mira canam, sed vera] graves in ventre dolores
Concipit, ac praegnans ova triginta parit,
Hem! modò plumipedes pepererunt ova volucres,
Sagae quid possunt? Nunc parit ova Canis!]
Die roth-bunte Kröte / so in ihrem Keller / in einen zugedeckten Topf gesessen /
wäre ihr Bule gewesen / der ihr guten Raum und Butter darinnen s. v. hofieret /
so sie in die Stadt verkaufft / weil doch die Bürgers-Leuthe sehr verleckert
wären / und gerne Kuchen backten / wäre auch allemahl so ein fragen / reißen und
zerren üm ihren Raum / weil er so süß / als Zucker / gewesen / daß sie dessen
nicht genug schaffen können / eben so wäre es auch mit ihren Eyern / die sie
selber gelegt / ergangen / darüber sie offt inniglich gelachet.
Ferner die drey Pulver betreffend / so in den Quer-Band ihres Rockes von den
Ambts-Diener / wie er sie visitiret / gefundë worden / hätte es damit die
Beschaffenheit: daß ihr Buhle Hans / kurtz hernach / wie er sie verführet /
solcher Gattung ihr gebracht / und wenn sie verbraucht gewesen / andere herbey
geschaffet / sonderlich aber wären dieselben in der Walburgis-Nacht / wenn sie
zum Tantz auf den Blocksberg gewesen / unter die Hexen aus getheilet worden /
wie sie bald ausführlicher berichten wolte. Mit dem Schwartzen Pulver könte man
Menschen und Vieh tod zaubern / mit den Rothen / [welches zuweilen auch
Aschen-Farbe gewesen] einen Kranckheiten anmachen / wenn man es nur iemanden an
die Kleider striche / oder sprengete / oder unter die Hauß- oder
Stall-Thür-Schwelle in des bösen Feindes Nahmen vergrübe. Mit den Weißen aber
könte man Kranckheiten vertreiben / und die Leuthe curiren.
[Idem refert Freudius, in Gewissens-Fragen von Zauberey / quaest. 179. n. 12.]
Das Zettelchen / darauf ein Teufels-Bild mit vielen Zeichen und Creu [418] tzen gemahlet / hätte ihr der Buhle Hans / als
er zum dritten mahl mit ihr in ihrer Groß-Mutter Hauß auf den Boden Unzucht
getrieben / beym Abschied verehret / sagende: Es wäre sein Contrafait, das solte
sie stets auf der lincken Brust im Schnür-Müder tragen / so würdesie gut Glück /
und ihr niemand was anhaben können / wenn sie vor Gericht verklaget würde. Das
gesottene Kräutig / so in ihren Keller gefunden worden / wäre Baldrian /
Teufels-Abbiß / rothe Dosten / Mäuse-Oehrichen / Garben / und dergleichen /
welches sie dem Rind-Vieh eingegeben / wenn es kranck oder behexet gewesen / und
hätte sie solches noch von ihrer Groß-Mutter / nebst den Seegen sc. so man
drüber sprechen müste / gelernet. Die Knochen in der Schachtel wären von 2.
Hur-Kindern / welche sie 2. Mägden in Drachenstädt / ihren Basen / Nahmens
Hertrud Löflerin / und Annen Herzerin / so sich von denen allda im Quartier
gelegenen Reuthern schwängern lassen / vor vier und zwantzig Jahren ingeheim
abgetrieben / daß sie bey Ehren blieben. Die Kinder hätten beyde noch gelebet /
wie sie zur Welt kommen / davon sie einen den Hals ümgedrehet;
[Vid. Carpzov. p. 1. Pract. Crim. q. 50. n. 66. Sent. 36.]
dem andern aber eine grosse Nadel in das Häutlein / wo der Kopf noch aufgestanden
/ hinein gedrückt / und dadurch ertödtet / vorher aber beyde Kinder in die Höhe
gehalten / und ihrem Bulen / Hansen dem Teufel / praesentiret und übergeben /
und solches alles wäre in ihrer Schlaff-Kammer geschehen / die beyden Mägde aber
hernach / als vermeinte Jungfern / mit den Reuthern in den Krieg gezogen / und
nicht wieder zurück kommen / man sagte / in Pommern wären sie beyde von den
hungerigen Schweinen aufgefressen / indem sie kranck in einen Stall zurück
gelassen worden.
[Daß Weh-Mütter viele neugebohrne Kinder / durch Steckung einer großen Nadel in
den Kopf / ümgebracht haben / bezeugen
Sprenger, in Malleo Malefic. Tom 1. part. 2. q. 1. c. 13. pag. 232. Bodinus, lib.
2. c. 5. pag. 129. Freudius, in Gewissens-Fragen / von Zauberey quaest. 19. n.
21.]
Das Fleisch von solchen durch gewaltsamen Tod hingerichteten und ungetaufften
Kindern / hätte sie gekocht / und nebst ihren Mit-Schwestern verzehret.
[Carpzov. p. 1. Pract. Crim. q. 50. n. 66. Sent. 2.]
Das Feiste aber davon anfgehoben / und die Hexen-Salbe / neben andern darzu
kommenden Dingen / als sc. sc. in des bösen Feindes Nahmen. draus [419] gemacht / womit sie die Ofen-Gabel geschmieret / und
darauf zum Hexen-Tantz nach den Blocks-Berg zu gefahren. Aus den Knochen hätte
sie Pulver gebrandt / so vor die Festigkeit / und daß man keine Schmertzen auf
der Volter empfinde / probat wäre: Sie hätte es aber versehen / daß sie eben
keines bey sich gehabt / wie sie gefangen genommen worden / denn es wäre da so
geschwinde zugangen / daß man ihr auch nicht einmahl Zeit gelassen / in ihre
Kammer zu gehen / und weiß Zeug mit anher zunehmen. Aber wieder auf ihre Jugend
zukommen / hätte sie sich noch 2. Jahr bey ihrer Groß-Mutter aufgehalten / und
derselben zur Hand gegangen / die sie auch wegen der Curen an Menschen und Vieh
unterrichtet. Inzwischen hätte sich es gefüget / daß des Schultheissen Nickel
ein ander Mädgen im Dorf Zauberthal geheyrathet / auch mit derselben Hochzeit
gehalten / welchem sie aber aus Haß und Feindschafft / und weil er sie verachtet
/ in der Kirchen gleich bey der copulation ein Schloß eingeschnappet / und einen
Nestel geknüpfet / daß er mit seiner Braut nichts zuthun haben können / wie sehr
er sich auch deshalber bemühet.
[Galli hoc maleficium nominant lier l’ esguillette h. e. ligulam ligare, nos
nulgò den Nestel verknüpffen. Hoc in Gallia etiam pueros exercere palàm
& impunè scribit Bodinus, quem refert Cypraeus in tr. de Jure Connub. c.
9. n. 13. adfin. De quo plura legi possunt apud Del-Rio lib. 3. Disquis. Magic.
Sect. 8. q. 4. fol. m. 417. Bodinus. lib. 2. Daemonom. c. 1. pag. 223. &
seqq. Edit. Germ. Latin. verò pag. 155. & 156. Guilh. Bouchet, lib. 1.
Serée 5. fol. 187. & seqq. Speidel, in Specul. Jur. v. Nestel
verknüpffen. Freudius, in Gewissens-Fragen / von Zauberey / quaest. 185. 186.
& 187. nec non alii.]
Darüber sie einander gram worden / Er der der Bräutigam aber gantz abgenommen und
verdorret; Alleine wie er es endlich seiner Mutter / der Schultheissen /
offenbahret / die eben auch der rechten Schwestern eine gewesen / hätte dieselbe
den Sohn Nickeln / und die Braut / früh vor Tage nackend in einem nicht weit von
ihren Hauße liegenden Weinberg geführet / einen Wei-Pfahl ausgezogen / etliche
Wort darbey gepröppelt / und die beyden jungen Ehe - Leuthe in die Grube ihr
Wasser abschlagen müssen. Da Nickel auf einmahl die Mannheit wieder bekommen /
auf der Stätte seine Braut erkant / und hernach viele Kinder mit derselben
gezeuget / immassen die Schultheissen ihrer Groß-Mutter es selber hernach also
erzeh [420] let. Wie nun Inquitin ins
zwantzigste Jahr ihres Alters gegangen / hätte sich ein Wittber von Drachenstädt
/ Kuprecht Gernlach / der nur 2. Kinder / als einen Sohn von 12. und eine
Tochter von 8. Jahren gehabt / bey ihr angemeldet / und sie geheyrathet / den
sie zwantzig Jahr gehabt / und mit demselben 5. Kinder / als 3. Söhne und 2.
Töchter erziehlet / es hätte aber ihr Buhle Hans / ungeachtet ihr Mann an ihrer
Seiten im Bette gelegen / dennoch vielmahl mit ihr Unzucht getrieben / doch
zuvor einen dicken Dampf gemacht / davon der Mann in einen sehr tieffen Schlaf
gefallen / daß er nicht aufgewacht. Die Kinder hätte sie alle in Mutter - Leibe
noch dem bösen Feind zusagen / und witmen müssen. Und ob sie sich schon allemahl
sehr geweigert / hätte er sie doch erschrecklich geschlagen und geprügelt / auch
ihr weder Tag noch Nacht Ruhe gelassen / biß sie ihm endlich dieselbe
versprochen / und wenn sie schon in der Kirchen getaufft gewesen / hätte er sie
doch / in Abwesenheit ihres Mannes / in ihrer Stuben mit Wasser aus der
Ofenblasen in seinen Nahmen ümgetaufft. Ihr ältester Sohn / Caspar / wie er
erwachsen / wäre in den Polnischen Krieg gezogen / und ein Rittmeister worden /
der Stahl-Eisen-fest / Schoß- und Stichfrey gewesen / er hätte auch das Geschütz
beschweren können / daß es nicht loß gegangen / und die Degen in den Scheiden so
unbeweglich zu befestigen gewust / daß gantze Regimenter keinen Schuß thun /
vielweniger die Degen gebrauchen können. Hätte gantze Schwadronen Reuther [so
aber lauter Blendwerck gewesen] ins Feld gestellet / drum man ihn auch vor den
besten Parthy-Gänger behalten / der viele Beuthe gemacht / und eine gute Anzahl.
Gefangene allemahl mit gebracht. Letzlich aber wäre er unter die Schnaphanen
gerathen / die ihn und seine Mithabende mit Radehauen / Holtzschlägeln un̅ Dreschflegeln tod geschlagen.
[De similibus lege Freudium, in Gewissens-Fragen von Zauberey / q. 132. 133.
& 134.
Ihr anderer Sohn Cuntz, wäre ein Jäger worden / der auch sehr künstlich gewesen /
denn er hätte alle Tage drey Schüsse frey gehabt / und dadurch Menschen und Vieh
/ Wildpret / Vogel / und alles / was er nur gewolt / und ins Gesichte bekommen /
fällen und tödten / ja wilde Schweine / Hirsche / Thiere / Rehe / Wölffe /
Füchse und Hasen / auch das Gevögel an einen gewissen Orth bannen können / daß
es Stand halten müssen / und er nur nach Blieben ein- und das andere davon
heraus gepirschet und geschossen. Die [421] Hasen aber hätte
er mit den Händen greiffen / und wenn er nur gewolt / einen Weidmann setzen
können.
[Vide Freudium d. tr. Quaest. 129. per tot.]
Endlich aber wäre er auf der Jagd von einer überaus grossen wilden Sau erschlagen
worden.
Den jüngsten Sohn Valtin hätte sie zu der Groß-Mutter gethan / welche ihn in den
Kräuter-Curen / Segnen / Beschweren / Wundenheilen / und Verbinden der
Schämel-Beine / gründlich unterrichtet / daß er ein treflicher Storger und
Marck-Schreyer worden / und überaus grossen Zuschlag gehabt / in fremde Länder
gezogen / vor wenig Wochen aber hätte sie Post erhalten / daß er von einem
Pferde den Hals gestürtzet / und also auch verlohren gangen. Ihren beyden
Töchtern / als Elsken und Bärbchen / hätte sie das Zaubern selber gelernet / die
hätten die Junge-Gesellen auf einen Bock zu sich holen lassen /
[Vide Freudium, cit. tr. q. 55. n. 13.]
denenselben die Liebe geben / aus der Crystall warsagen / mit den Sieb-drehen
wohl ümgehen / und den Dieben die Augen ausschlagen können /
[Idem Freudius, q. 84.]
und weil sie fein von Gesichte gewesen / hätte die Elteste einen Feldwebel / die
Jüngste aber / welche sonderlich guten Brandewein brennen kön̅en /
und wenn sie ihren Urin drunter gelassen / denselben so süß und schmackhafftig
gemachet / als im̅er der beste Aquavit seyn kan / einen
Marquetender geheyrathet / mit denen sie vor etlichen Jahren in den
Französischen Krieg gezogen / seither dem sie dieselben nicht wieder gesehen /
hätte auch keine Nachricht erlanget / ob sie noch lebendig / oder tod seyn. Ihre
beyde Stief-Kinder hätte sie zwar auch gerne verführen / dieselben aber sich
nicht bequemen wollen / deswegen sie dem Jungen etwas von dem schwartzen
Hexen-Pulver in eine Bier-Suppen / dem Mägdgen aber in einen Kirch-Muß-Fladen
gethan / davon sie nacheinander die Schwere-Noth bekommen / welche sie auch
erwürget.
Von der Vermischung mit ihren Buhlen Hansen hätte sie sehr vielmahl Elben / (gute
Holden / die böse- oder zehrende Dinger) deren theils weißgelb / andere schwartz
/ zuweilen bundsprenglich / wie Raupen / ausgesehen / spitzige Schnäbel / und
schwartze Köpffe / einige davon auch Flügel gehabt / gebohren / und zwar
allemahl Zehen / welche sie in Töpfe gethan / und ihnen Brodt zu essen gegeben.
|| [422]
[Carpzov. d. q. 50. n. 66. Sentent. 5. 23. & 24.]
Diese Dinger hätte sie in den funfzig Jahren / da sie das Zauberwesen getrieben /
sehr vielen Leuthen / wenn sie ihr was zu Leide gethan / und die sie nicht alle
benennen könte / zugebracht / theils nur eine Zeitlang damit zu quelen / theils
aber gar zu tödten / welches Letztere sie an ihren Nachbarn / Curt
Nimmernüchtern / so ihr Land abgepflüget / und nicht wieder zurück geben wollen
/ Item an Gertrud Wäscherin / so sie eine Unholdin und Drachen-Hure geheissen /
wie auch an Andres Ritmausens Wochenkind &c. &c. verübt. Wenn
sie jemanden solche anmachen wollen / hätte sie ein / zwey und mehr paar / nach
ihrem Gefallen / aus den Töpffen gelanget / in die Hand oder auf ein Bret
gesetzet / und in des bösen Feindes Nahmen solche zu dem / welchen sie solche
zugedacht / mit Benennung dessen Nahmen / fortgewiesen. Zuweilen hätten die
Leute andere Hexenmeister gebraucht / dieselbe zu vertreiben / wenn sie aber nur
gesaget:
Ihr Elben sitzet feste /
Weicht nicht aus euren Neste! sc.
hätte es nichts geholffen. So bald sie aber nur angehoben:
Ihr Elben ziehet fort /
Weicht bald an andern Orth. sc.
wären sie den Leuthen gleich abgethan gewesen.
[add. Carpzov. p. 1. Pract. Crim. q. 50. n. 66. Sent. 3. 18. 23. & 24.]
Sie hätte auch durch einen Segen [Sent. 8.] oder wenn sie nur ihren Urin vor
jemands Thüre / oder auf den Mist im Hofe gelassen / die zehrende Dinger den
Leuthen zubringen können. [Sent. 3.] Alle Jahr / so lange sie zaubern können /
wäre sie mit auf den Hexentäntzen /
[oder bey den Spiehl der guten Gesell- oder Brüderschafft / wie es in Italien
genennet wird. Exasm. Francisci, in Neu-polirten Geschicht-Kunst- und
Sitten-Spiegel lib. 1. Discurs. 18. pag 137.]
auf den Blocksberg gewesen /
[Pomponius Mela lib. 3. Item Solinus lib. 38. c. 44. Plin. lib. 5. Hist. nat. c.
1. und Spina, Quaest. de Strig. c. 20. sub fin. schreiben / daß schon vor Alters
die Zauberer und Hexen auf den Gebirge Atlas in Mauritanien zu gewisser
Jahrszeit zusammen kommen / und ihre Tänze gehalten. Dergleichen wird gesagt von
den hohen Berg Hüppel in Lothringen / wie auch von einen grossen Nußbaum in des
Pabstes schönsten Herrschaft Benevent; wie auch in Franckreich zu Poictiers bey
eine̅ in gantzen Lan [423] de
wohlbekanten gewissen Creutzstock. Girland. de Sortileg. q. 7. n. 26. Bodinus
lib. 2. de Daemonom. c. 4. vers. Lat. pag. 209. German. 105. Hildebrand, in
Goët. pag. 127. Deßgleichen bey uns in Teutschland von den Schwartz wald / Item
den Heuberg in Hertzogthum Würtenberg / dahin die Hexen aus der Schweitz /
Schwaben und andern daherumliegenden Orthen ziehen / Goldast. von Confiscation
der Hexen-Güther pag. 94. Bey den Völckern gegen Miternacht versamlen sie sich
an unterschiedlichen Orthen / wie Olaus Magnus in seiner Historie lib. 3. c. 11.
erzehlet. In Peru fahren sie auf einen nahe am Meer gelegenen Berg / welcher auf
seinen obersten Gipffel eine lustige Ebene hat / Francisc. d. tr. c. 18. pag.
125. Viele Hexen bekennen auch / sonderlich die Bauren-Weiber / daß sie nicht
auf so weit von ihrem Dorf entlegene Berge / sondern entweder auf einer in ihrer
/ oder benachbahrten Fluhr liegenden Wiesen / Creutzweg / oder im Walde auf der
Kühhalte / [welche der Platz ist / wo zu Mittage das Vieh im Sommer / wenn es
nicht heim getrieben wird / ruhet /] zusammen kom̅en / und ihre
vermeinte Freude außüben.]
ausgenommen das dritte Jahr hernach / wie sie verführet worden / da sie mit Fleiß
zu Hause geblieben / hätte aber ziemlich davor büßen müssen / indem ihr Buhle
Hanß wegen solches Ungehorsams mit grosser Qvaal / Angst u. Pein sie in- und
äußerlich beleget / geprügelt und gekratzet / es wäre ihr auch alles unter den
Händen verdorben / was sie gemacht mißlungen / zerronnen und verschwunden /
welches Ubel nicht eher aufgehöret / biß sie ihre Schuld erkant / und Hansen
eydlich versprochen / künftig solcher guten und lustigen Gesellschafft sich
nicht mehr zuentziehen:
[idem narrat Ftancisci d. tr. & Discurs. pag. 138.]
Das erstemahl / wie sie den Tanz auf Geheiß ihres Buhlen besuchen wollen / hätte
er ihr 3. Tage vor Walbrgis ein Töpfgen vol Salbe gebracht / und sie
unterrichtet / wie sie auf den Walburgis Abend solche brauchen solte / nemlich /
als es auf solchen Abend nach zehen Uhr kommen / hätte ihr Buhle an ihre
Hauß-Thüre gepochet / sagende / es ist Zeit / mache dich fertig zur Farth! Da
sie ihren Mann / welcher im ersten Schlaf gelegen / ihr Haupküssen in des bösen
Feindes Nahmen an die Seite geleget / daß er nicht eher aufwachen könte / biß
sie wiederkäme. Rumpelkäthe von Bubenheim hätte ihr erzehlet / wenn sie auf den
Tanz wolte / griffe sie ihren Mann Matz Hasen-Zwirne̅ ofte mit
ihrer Hand / so sie vorher mit der Hexen-Sal [424] be
beschmieret / an das lincke Ohr / mit dem Zusatz / andere ihres gleichen legten
den Männern einen Besen / oder ein Bündel Stroh in ihres Buhlen Nahmen ins Bette
zur Seiten. Zuweilen bliebe einer von den bösen Gei-Geistern wohl gar im Bette
bey den Mann / üm / wenn er ja erwachte / ihm in der Gestalt eines Weibes zu
dienen.
[Remigius, lib. 1. daemonal atr. c. 12. pag. 28. Paul. Girland. de Sortileg. q.
7. n. 39. Del-Rio lib. 2. Disq. Mag. q. 16. p. 200. lib. 5. Append. 2. q. 9. §.
si respondeant. Gödelmann, lib. de Magis & Venef. c. 5. n. 6. Carpzov.
p. 1. Pract. Crim. q. 48. n. 59. Freudius, in Gewissens-Fragen von Zauberey /
Quaest. 62. per tot.]
Hernach wäre sie in ihre Küchen gegangen / auf den Feuer-Herd sich mit der
Hexen-Salbe am Leibe / sonderlich aber die Füsse / wie auch ihre Ofen-Gabel
geschmieret / solche zwischen die Beine gefast / und gesaget: Auf und davon!
Oben aus / und nirgend an / ins bösen Feindes Nahmen! Da sie in einem Hui zur
Feurmaur oder Schornstein hinaus gefahren / und in kurtzer Zeit durch die Luft
auf den Blocksberg gelanget / ihr Buhle Hanß hätte sie / weil es das erstemahl /
dahin begleitet.
[Remigius lib. 1. Daemonolair. c. 14. pag. 102. Reinking. Respons. de Sagis n.
12. Carpzov. Sent. 22. & 23. Freudius d. tr. q. 61. n. 28. 31. &
32. Die Hexen in Franckreich glauben / wenn sie auf einen Besen sizen / der
zwischen ihren Beinen ist / und sprechen etliche Wort / daß sie weggeführet
werden ohne schmieren. Dagegen die in Italia haben allezeit einen Bock für der
Pforten / der aufwartet / üm sie hinweg zuführen. Author Mirab. Mysteriorum
utrius??? ex Bodino in refut. Opin. Wieri p. 510. §. also mit dieser Weise. c.
3. pag. 21. Philander von Sittevvald in Expert. Rupert. p. 590. Andere nennen
den Geist / welcher sie ruft / wenn sie fort auf den Tanz sollen / Maistre
Martinet, Meister Martinichen. Bodin. Lib. 2. Daemonoman. c. 4. pag. 305. edit.
German. Francisci. d. lib. 1. Disc. 18. pag. 138. Theils fahren auch auf einen
mit der Salben geschmierten Stock / Spinn-Rocken / und Ofen-Krücke / andere auf
schwartzen Pferden oder Rappen / Stieren / Hunden / Katzen und dergleichen
Thiren. Remigius, lib. 1. c. 14. Etliche auf Wagen und Karren / wovor allerhand
Pferde / Hasen / Katzen sc. gespannet fort / benennen auch ofte einen Nachbar in
ihrem Dorff / welcher der Fuhrmann gewesen / als Anno 1687. im Ambt Arnstad
geschahe / da ein Weib ihren eignen Mann zum Fuhrmann [425] der Hexen angab / sie drüber verbrand / er aber nach beygebrachter De fension
absolviret wurde / ungeachtet zwey andere Zauberinnen / die auch in Feuer
aufflohen / eben dieses auch auf ihn bekanten.]
Alß sie nun alda angelanget / wäre alles von Lichtern / Fackeln und einen
schreckhaften großen Feuer helle / und unzehlig viel Volckes von Man̅s- und Weibesbildern / u. noch mehr bösen Geistern allda gewesen
deren Theils als grosse und vornehme Herren / auch Cavalliers / und
Kriegs-Officirers, andere schwartz / als Geistliche und Gelehrte / einige als
Bürger / und sehr viele / als Bauren / aber mit scheußlichen Gesichte sich
praesentiret Unter diesen hätte sie Ruprecht Chimmaulen / Herbort Leimstänglern
/ Curt Schinckenfraßen sc. Item die Schultheissen / wie auch des Heimbürgen /
Killian Hanenkams Weib / ferner des Schenkens / Lorentz Biersteupers / und des
Schäffers Hanß Wollendiebs Weiber aus ihren Dorf Zauberthal / wie auch ihre
Großmutter gekant / die sich ihrer Ankufft gewundert / und zugleich erfreuet /
daß sie sich auch in ihre Gesellschafft mit begeben. Drauf hätte ihr Buhle Hanß
sie bey der Hand zu einen abscheulich grossen zotigten Bock / welcher auf einen
Trohn gesessen / so der Satan gewesen / den man den Praesidenten von der
Versamlung geheissen / geführet / vor dem sie auf die Knie niederfallen / ihn
anbethen / huldigen / treu und hold zu seyn / und beständig zubleiben nochmals
zu sagen / angeloben und versprechen / auch zu Bezeigung dessen ihm den
Hintersten küssen müssen. Drauf wäre ihr Nahme in ein schwartz Buch von dem
bösen Geiste geschrieben worden / welcher zu dem Ende ihr zwene Risse in den
rechten Daumen gethan / und Blut / so viel zu solchen Einschreiben von Nöthen /
heraus gelassen.
[Besold, in Thes. Pract. v. Hexen. Walburger, de Lamiis c. 3. q. 2. §. 4. circa
finem. pag. 16.]
Es hätte auch obgedachter Bock ihren Buhlen Hansen befohlen / daß er sie in seine
Huth nehmen / sie nimmer verlassen / sondern ihr aufwarten / und dienen solte /
in allen was sie begehrte: Item / ihr allemahl anzudeuten / wenn es Zeit / auch
so ofte es begehret würde / bey dieser Versamlung zuerscheinen / und sie in
allen zuunterrichten.
[Francisci, in Neu-polirten Geschicht-Kunst- und Sitten-Spiegel / lib. 1.
Discurs. 18. pag. 137.]
Nach diesem hätten alle Anwesende Zauberer und Hexen mehr ermeltem Bock ihre
reverence erwiesen und geopffert / theils ihre eigene kleine Kinder / so sie
mitgebracht / praesentiret.
|| [426]
[Vide Bodin. lib. 2. Daemonoman. c. 4. pag. 217. Freudium q. 65. n. 5.]
andere ihre eigene Haare / einen Hund / Katze / Huhn oder ander Thier / doch
hätte es müssen schwarzer Farbe seyn.
[Remig. lib. 1. c. 11.]
Viele hätten auch Hostien / so sie in der Communion in Munde behalten / aber
wieder heraus genommen / überreichet / welche doch bald auf die Erde geworffen /
und von den Hexen mit Füssen zertreten worden.
[Francisci, saepè dict Discurs. 18. pag. 138.]
Sie selber hätte alle Jahr hernach eine solche Hostie mit auf den Tanz bringen /
und eben so schändlich damit umgehen und verfahren müssen / welches ihr nun leid
wäre.
[Carpzov. p. 1 q. 50. n. 61 Sent. 22.]
Ferner hätten alle Zauberer und Hexen um den Bock hertreten / auch referiren, u.
erzehlen müssen / was jedes böses gethan und verübet je ärger es nun einer
gemacht gehabt / je mehr wäre er von Satan gelobet / und weiter also
fortzufahren angefrischet worden. Die aber wenig / oder gar keinen Schaden /
weder ihnen selbst / noch andern gethan / wären von der bösen Geister einen /
oder von einen alten Hexenmeister tapffer abgeblauet / und von den andern derb
ausgelachet worden.
[Bodin. lib. 2. Daemonom. c. 4 D. Meyfart, in der Christlichen Erinnerung an
Gewaltige Regenten. pag. 271. & 272. Grilland. q. 3 de Sortileg. n. 29.]
Man hätte auch GOtt dem Allmächtigen grausam gefluchet und gelästert / hingegen
den Beelzebub / als einen Erhalter und Ernehrer aller Dinge gelobet / gerühmet
und gepriesen.
[Francisci, d. lib. 1. Disc. 18 pag. 138]
Hernach hätten sie sich angefasset / und zwar dergestalt / daß eine Manns-Person
/ oder Geist ein Weibesbild / und diese wieder einen Mann / und immer so fort
eins üms ander / als in einer bunten Riege / bey der Hand creuzweise gehalten /
und also in einen runden Kreyß / doch daß sie die Angesichter aus den Reihen
gekehret / also daß keins das andere ansehen können / herum gesprungen. Gestalt
denn auch viele vornehme Männer und Weiber da gewesen / welche alle Masquen oder
Decken vors Gesichte gehabt / daß man sie nicht erkennen / und also / wenn etwan
eine arme Hexe eingezogen würde / sie dieselbe nicht zubenahmen / noch anzugeben
vermöchte.
[Bodin. saepe d. tr. lib. 2. c. 4. pag. 300. Edit. Germ.]
|| [427]
Und ginge es bey solchen Tanz alles untereinander her / viele schändliche
Buhlen-Lieder würden dem Teufel zu Ehren abgesungen / auch mit drunter
gejauchzet / getöhnet / und mit den Füssen ein groß Geräusch gemacht / daß man
sein eigen Wort nicht hören könte. Ezliche böse Geister erschienen auch darbey
in Gestalt der Spiel-Leuthe / deren einer auf einen grossen und dicken
Zubberbaum / an stat des Fagots, der andere auf einen Stock / an stat der
Schalmeye / bliese / der dritte drehete an einen Pferdekopf / wie sie auf den
Schind-Anger liegen / gleich als an einer Leyren / welches auch solchen Tohn von
sich gebe. Andere schlügen mit grossen Holtzschlägen an eine dicke Eichen / oder
trommelten / worinne einige mit dem Maul einen Schal machten / als wenns Zincken
wären.
[Remigius. lib. 1. Daemonolatr. c. 19. p. 216. Bodin. d. c. 4. pag 218. Freudius
q. 68.]
Theils von den Zauberern und Hexen stelleten sich mit hin- und wiederschlagung
ihrer Häupter und Füsse / auch andern Närrischen Minen an / als wenn sie toll /
thöricht und unsinnig wären. Solcher Schwarm wärete etwan eine halbe Stunde /
inzwischen würden viele Tafeln und Tische gedecket / und / dem Ansehen nach /
herliche und gute Speisen / als Gebratens und Gekochtes / Pasteten / Torten /
Vogel und Fische aufgetragen / es hälte aber keinen rechtë Geschmack / es
stincken auch zuweilen die Braten / so Hirschzemmel und Rehkeulen seyn solten /
und sehen aus / als wen̅s todte Pferde-Füsse / od er sonst ein
ander Schind-Aaß wäre. Das Bier wäre allemahl so dicke / als Leim-Wasser gewesen
/ und der Wein schwartz / als geronnen mit Wasser vermischtes Blut ausgesehen /
[Remigius, lib. 1. c. 19 pag. 110, & seqq.]
daß sie vor ihre Person das wenigstemahl den Hunger und Durst stillen können.
[Waldschmid, in Pythonissa Endor. pag. 168. Freudius, Q. 67.]
Es wäre auch kein Saltz da zusehen gewesen.
[Bodinus lib. 2. Daemonom. c. 2. pag 167. saget / es wäre um deßwillen kein Saltz
bey den Hexen Mahlzeiten / weil das Saltz nicht faulet / noch verdirbt / auch
andere Dinge für Verderbung und Faulung bewahret / und daher eine Bedeutung ist
der Ewigkeit und Unsterbligkeit: Der Teufel aber dar gegen nichts anders / als
Verwesung und Verderbung der Craturen Gottes suchet / und ist dem Gottesdienst
und [428] aller Gottseligkeit zuwider / drum kan er das
Saltz nicht leiden / welches man auch vor diesen bey den Opffern gebrauchte.
[Grilland. Quaest. 7. n. 16. Heidfeld, in Sphing. c. 21. pag. 646. & 647.
Rimphof, im Drachen-König / pag. 40.]
Wenn aber die reichen Hexen an Wein / Bier / Brod / Gebratens und Kuchen was
mitgebracht / welches zu thun der böse Geist ihnen mehrmahl befohlen /
(Del-Rio lib. 2. Disquis. Magic. q. 12. n. 6. pag. 173.)
hätte es sehr wohl geschmeckt / und alle Anwesende mit guten Appetit davon
gegessen. Sie hätten denjenigen Leuthen / welche nicht gebetet / auch den
Kirchen- und Priester-Segen an Sontage nicht mit sich nach Hause genommen /
sondern ehe solcher gesprochen / ohne Noth heimgelauffen (auf Gottes Zulassung)
ihren Vorrath an Wein / Bier / Korn / Mehl / Brod und andern Victualien
wegnehmen / auf obberürten Tanzbringen / auch sonst / wie sie nur gewolt /
dieselbe behexen / und ihnen Schaden zufügen können.
(M. Meiger, de Panung. lib. 1. c. 13. lit. z 4. Rimphof. Drachen-König pag. 68.
Freudius Quaest. 67.)
Bey den Taffeln hätten sie entweder in einer bunten Riege / oder die Zauberer und
Hexen auf einer Seiten / und gegen über auf der andern Seiten die Buhlen oder
bösen Geister / doch aber die Vornehmen oben an / und hernach die andern / der
Würde und dem Range nach / gefolget.
(Francisci d. lib. 1. Disc. 18. pag. 318.)
Nach dem Essen würden die Lichter und Fackeln ausgeleschet / und trieben die
Teufel die schändlichste Verm schung mit ihren Bräuten / ingleichen die Zauberer
mit den bösen Geistern / in Gestalt der Weibesbilder.
(Paul. Grilland. de Sortileg. Quaest. 7. n. 29. Ereudius, Quaest. 65. n. 8.)
Zuweilen hätten auch die rechten Män̅er mit den rechten Weibern /
wie sie einander in dunckeln erhaschet / zuthun gehabt.
(Meyerus in Annal. Flandriae, Del Rolib. 6. Disq. Magic. c. 1. Sect. 1. p. 995.
confer. Wier. lib. 3. de Praestig. Damon. c. 25.)
Endlich würde der Bock / dessen Cörper der Satan an sich genommen / und den
Zauberern und Hexen anzubethen vorgestellet gehabt / durch eine Flamme gähling
verzehret / und davon die Asche unter ihnen / zuweilen auch [429] wohl ein ander Gift ausgetheilet / anbey einem jeden fürgeschrieben
/ und eingebunden / wie viele Missethaten / Schaden und Unglück sie stifften
sollen: Und rieffe der Fürst letzlich ihnen mit greulicher Stimme zu: Rechet
euch / oder ihr müsset sterben!
(Bodin. lib. 2. Daemon. c. 4. pag. 215. Hildebrand, in Goet. pag. 131. Freudius,
Quaest. 65. n. 3.)
Und damit machte sich eine jedwede wieder von dannen auf. Die gemeine̅ Weiber / so in der Nähe wohneten / gingen zu Fuß nach Hause;
Welche aber weit heim hätten / führen wieder auf Ofengabeln / Stäben /
Spinnrocken / und andere Arth / wie sie dahin kommen / zurück in ihre Häuser /
nehmen die denen Männern in oder an die Seite gelegte̅ Küssen /
Besen / Bündel Stroh und dergleichen wieder weg / und wischten unvermerckt zu
ihnen ins Bette.
(Francisci. d. lib. 1. Disc. 18. pag. 138.)
welche Hexe aber nicht auf den Tag durch ihren Buhlen gefodert würde / die würde
das Jahr entweder verbrand / oder stürbe sonst /
(M. Rüding. Dec. 1. Concion??? de Mag. illicit. pag. 72. Freudius, in
Gewissens-Fragen von Zauberey / Quaest 65 n. 10.)
deßwegen sie sich auch leicht die Rechnung machen könte / wie es ihr ergehen
würde / indem sie dieses Jahr zwey Tage vor Walburgis gefangen genommen / aber
von ihren Buhlen nicht geruffen / vielweniger auf den Tanz geführet worden. Ihr
Buhle Hanß hätte sie auch unterrichtet / aus schwarzer zusammengedrückter Erde
in seinen Namen Mäuse: Item / von der grünen / und letzlich schwarz werden den
Frucht / oder also genanten Läm̅erchen an den Ellern- oder
Erlen-Bäumen Raupen zumachen / den Feld-Früchten darmit Schadenzuthun. Läuse
hätte sie auch von Kleien [welche man sonst den Schweinen einmenget] gemacht /
und wem sie gewolt / in Betten oder Kleidern / zugeblasen / und wenn schon zwey
in einem solchen Bette gelegen / hätten die Leuse nur alleine dem / so es
gegolten / gebissen / den andern aber nichts gethan / wären auch an dessen Orth
nicht kom̅en. Nun wolte sie auch ansagen / was sie vor Vieh
gesterbet: 1. hätte sie ihren Nachbar / Georg Schwanckebasten in einem Jahr 4.
Pferde gesterbet / und zwar in andern Jahr / nachdem sie ihren Mann geheyrathet
gehabt / weil er ihr kein Bauholtz zum Stall üm die gelbe Weichen / wie doch
andere gethan / führen wollen. Sie hätte ihm Ixen Wurtzet
|| [430]
(Carpzov. saepè dict. Part. 1. Pract. Crim. q. 50. n. 66 Sent. 8.)
unter die Schwelle der Stall-Thür des Nachtes im finstern gesteckt / daß er
drüber zum armen Mann worden. Hanß Clauern / einen Roß-Täuscher / welcher ihren
Mann mit einen blinden Gaul betrogen / hätte sie auch zwey schöne Reit-Pferde /
davor ihm hundert Ducaten gebothen worden / bezaubert. Thile Knebelbarten / auch
in ihrem Dorf / hätte sie gleichfals also üm 2. Ochsen / welche ihr das Kraut
auf dem Felde meistentheils abgefressen / gebracht. Den Müller / Urban
Mehldieben / der sie eine Hure und Hexe gescholten / hätte sie drey
Mast-Schweine / denen sie des Nachtes von den Gifft-Pulver / so sie Jährlich mit
von den Blocksberg gebracht / heimlich in die Tröge geschüttet / davon sie
aufgeplatzet / gesterbet. Dem Fluhr-Schützen Mause Märten / welcher ihre Magd in
Grasen gepfändet / hätte sie nicht allein ein dick Bein durch einen Guß vor
seine Thür / drüber er hingegangen / gemacht / sondern auch seiner Kuh die Milch
genom̅en / daß sie an Stat derselben Blut / und letzlich
Wasser gegeben. Weil er aber ein armer Mann / und viele kleine Kinder gehabt /
hätte sie ihn beydes wieder abgethan. Dem Schulmeister / Johann Kinderfreunden /
hätte sie auch durch Zauberey um 3. Schaffe gebracht / welche auf ihre Wiesen
gelauffen / und ihr Schaden an Grummet gethan. Vielen Nachbars Hünern / so ihr
in ihren Garten: Item Tauben / so auf ihren Boden geflohen / und Schaden gethan
/ hätte sie Gersten und Erbsen in Wasser eingeweicht / etwas von Hexen-Pulver
drüber gestreuet / und in Schirben hingesetzet / welche / wenn sie davon
gefressen / strack des Todes gesen. Wenn sie andern Leuthen keinen Schaden
zufügen kön̅en / hätte sie es an ihren eignen Vieh thun müssen:
Maßen sie denn ihr selber mehr als 20. Pferde / 12 Kühe 16 Schweine / 9 Kälber
und 13 Schaffe mit eben den Pulver gesterbet / nur daß fie vor Hansen Friede
gehabt / denn sie sonst von ihn übel geschlagen worden / daß sie ofte 2 biß 3
Tage wegen der blauen Augen zu Bette liegen müssen.
Der Ambtmann
fragte ferner den
Dritten Articul / Von wem sie das Zaubern und Hexen gelernet? Inquisitin.
Von dem bösen Feind selber / wie sie schon erzehlet / und hätte ihre Groß- [431] Mutter sie hernach noch weiter in ein- und andern
unterrichtet / zumahl in den Kräuter-Curen / und Verbindung der Schämel-Beine.
Es wäre aber derselben zuletzt noch übel gangen / indem ihr Buhle der alte Hans
aus der Baumanns-Höle / ihr / vor nunmehr 20. Jahren den Hals ümgedrehet / aus
ihrem Hauße mit sich fort geführet / und im Felde den todten Leichnam in eine
Dornen-Hecke faße-nackend geworffen / da sie das Ambt aufheben / und durch den
Scharffrichter unter den Galgen begraben lassen. Weil sie aber erschrecklich
gespücket / und vielen Leuthen aufgehuckt / wäre sie wieder ausgegraben / und zu
Pulver verbrand worden / da das Ubel aufgehöret.
Bey den
Vierdten Articul /
Ob sie nicht mit dem bösen Feinde sich in ein Bündnis eingelassen?
Item:
Wie / und auf was Weise / auch mit was Worten solches geschehen?
Wiederholete sie nochmahls alles / was sie dießfals bey den andern Articul
angeführet.
ad Art. V.
Ob nicht der böse Feind mit ihr unmenschliche Unzucht getrieben?
sagte Sie
Ja / so offt und vielmahl daß sie es nicht alle erzehlen könte / berief sich
gleichfals auf ihr obiges Bekäntnis.
Art. VI.
Ob sie nicht ihrem Nachbar Georg Schwanckebasten in einem Jahr etliche Pferde
gesterbet?
Illa,
Ja / 4. Stück in einem Jahre / mit Ixen-Wurtzel / welche ihr der Buhle Hans
gebracht / und sie des Nachts unter der Stallthür-Schwelle gestecket / die
Ursache hätte sie schon / ingleichen alles andere / was sie an Menschen und Vieh
vor Schaden verübet / bereit droben angezeiget / ausgenommen dieses einzige noch
/ welches ihr gleich ietzo einfiehle / nemlich: Ihr Man̅ hätte sie
zuletzt / durch Verhetzung junger Weiber / gar übel gehalten / sich [432] täglich in Bier und Brandeweine voll gesoffen / nicht
gebethet / auch des Jahrs über 2. mahl nicht in die Kirche gangen / sondern wenn
man zum Gottesdienst ausgeläutet / über Feld nach andern Dörffern in die
Schencken und Brandeweins-Häuser gegangen / und mannichmahl in acht Tagen nicht
wieder heim kommen / und wenn er sich wieder eingestellet / hätte er mit
erschrecklichen Fluchen und Vermessen bey Teufel-holen / ihr noch einen Schaden
zuthun / sie von einer Ecken zur andern gejaget / mit Schlägen übel tractiret /
und mit Füssen getreten / daß sie fast keine ruhige Stunde bey ihn gehabt /
deswegen sie ihren Buhlen gebethen / ihm seinen Rest zu geben / welches auch
bald darauf erfolget / zumahl da er des Pfarrers Vermahn- und Warnungen / der
ihn offte deswegen vorgehabt / auch von dem Geistlichen Consistorio ein- und
andermahl drum gezüchtiget worden / nichts geachtet / auch sich nicht bessern
wollen: Denn als er einsmahls in dem Dorf Zechheim gewesen / und bey großen
Wasser / voller Weise des Nachtes über einen langen Steg gehen wollen / hätte
ihn ihr Buhle Hans herunter gestossen / daß er ersoffen / und man ihn erst den
dritten Tag hernach / mit den Haren an einen Weidenbaum hangend / gefunden /
welcher / wie bekant / zu Drachenstädt auf den Schind-Anger / wie ein Vieh
eingescharret worden.
Nota
(Hier werden nun weiter die aus den in Urthel befindlichen Interrogatorien
formirte Articul gefraget / und der Inquisitin Antwort drauf noch weiter
annotiret / biß zum Ende. Wenn sie alles bekant / und auf Zureden / nichts mehr
wissen will / wird derselben alles / was sie ausgesaget / nochmahls deutlich und
langsam von einem membro zum andern durch den Actuarium vorgelesen / und der
Schluß des Examinis folgender Gestalt registriret:)
Weil denn Inquisitin ein mehrers zuberichten nicht gewust / ist ihr ihre Urgicht
nochmahls von Wort zu Wort deutlich und vernemlich wieder vorgelesen / auch
darzwischen unterschiedliche mahl befraget worden / ob den̅ dieses
alles / was sie bekant / die gründliche Warheit / und also warhafftige wie es
niedergeschrieben / ergangen sey? sie auch darbey biß an ihr Ende beständig
verbleiben wolle? darauf hat sie allemahl Ja / Ja gesagt / auch oft den Schwur /
Warlich es verhielte sich also / hinzu gethan / mit beständigen Erbiethen / bey
demjenigen / was sie einmahl bekant / unänderlich biß in den Tod zu verbleiben.
Ist drauf nicht wieder in das Gefängnis unter der [433] Erden
/ sondern in die arme Sünder-Stube gebracht / ihr 2. geschworne Wächter / so Tag
und Nacht bey ihr bleiben / auch mit ihr singen und bethen sollen / zugegeben
worden / und ist / zu mehrer Beglaubigung / diese der Annen Wettermacherin
Urgicht von denen allerseits darbey gewesenen Gerichts-Personen eigenhändig
unterschrieben zu den Acten geleget worden / Actum ut supra.
ERNESTUS HEXENFEIND, p. t. Ambtmann allhier / mm.
Gotfried Ehrlich / Caspar Unverzagt / Gericht-Schöppen.
Johann. Spudaeus, N. P. C. und geschworner Ambts-Actuarius, mm.
RATIFICATIO CONFESSIONIS, Annen Wettermacherin / in puncto VENEFICII.
ACTUM
Brennhausen / Sonnabends den zten Junii, Anno 1693.
HEute früh üm 6. Uhr ist die Gefangene Anna Wettermacherin / in der armen
Sünder-Stuben / durch den Ambts-Diener abgeschlossen / und frey von Ketten und
Banden in die hiesige Fürstl. Ambts-Stube / darinnen der Ambtmann / die beyde
Gericht-Schöppen und der Actuarius, unten benant / versammlet waren / gebracht
worden / und nachdem der Diener abgetreten / redete der Ambtmann sie also an:
Anna Wettermacherin / du hast vorgestern nach adhibirter Tortur deine Urgicht und
Bekäntnis gethan / wie du nicht allein von den bösen Feind verführet / und zur
Hexerey verleithet worden / Item / wie du mit demselben einen Bund gemacht /
unzehliche mahl unmenschliche Unzucht mit ihn getrieben / dich von ihm ümtauffen
lassen / und die heilige Dreyfaltigkeit verschworen / sondern auch Menschen und
Vieh durch Zauberey Scha [434] den gethan / und theils
gar gesterbet / wie nicht weniger deine eigene Kinder dem bösen Geist noch in
Mutter-Leibe gewidmet / deinen Ehe-Mann durch Hülffe deines Buhlen / Hansen /
üms Leben bracht / Mäuse / Raupen und Läuse gemacht / auch andere Unthaten mehr
verübt und begangen. Gleich wie du nun wohl gethan / daß du alle deine
Missethaten (wie wir hoffen) angesaget / und von dienen Hertzen loßgebeichtet
hast / üm dein Gewissen dadurch zuerleichtern: also zweiffeln wir / die
Gerichts-Persohnen / gantz nicht / du werdest / wie du dich gutwillig anerkläret
/ zugesagt und versprochen / solche deine Urgicht / welche dir ietzo von Wort zu
Wort deutlich wieder vorgelesen werden soll / nochmahls wiederholen / bejahen
und bestätigen.
Drauf antwortete
Dieselbe /
Sie hätte einmahl ihr Bekäntniß gethan / und ihr Gewissen erleichtert / dabey
wolte sie beständig verbleiben / und nichts wieder leugnen.
Hierauf laß der Actuarius ihre Urgicht gantz deutlich / und von einen membro zum
andern ab / und ihr vor / von fol. - biß fol. - daran sie nicht das
aller-geringste revocirte / sondern alles wiederholete und bejahete. Und wie man
sie befragte: ob sie noch was darbey zu erinnern hätte / oder noch hinzu thun
wolte? gab sie zur Antwort: sie hätte nichts darbey zu erinnern / denn es wäre
alles wahr / und also ergangen / wie niedergeschrieben worden. Nur dieses wolte
sie noch anzeigen: sie hätte kein Geistlich Lieb singen / vielweniger in der
Bibel / noch auch in einem Gebeth-Buche lesen dürffen / sondern Hans der Buhle
hätte ihr solches hart verbothen / und eingeleget / sagende: Er sey der Heiligen
Schrifft gram / und müste sie solche nicht üm / noch bey sich haben.
[Vid. Carpzov. d. q. 50. n. 66. Sent. 28.]
Ja er hätte begehret / sie solte kein Vater Unser bethen / sondern den Teufel
nennen und anruffen / daß er ihr bringen und bescheren möchte / was sie nöthig
hätte. (Sentent. 23.) Es wäre ein unseliger Dienst / dem bösen Geist zu Geboth
zustehen! Weiters hätte sie nichts zu sagen / bath nur daß die Herren Geistliche
zu ihr kommen / und mit ihr bethen möchten / denn sie sorgete / es dürfte sonst
der Teufel sie wieder anfechten und plagen / wolte sich gerne wiederum zu GOtt
bekehren / und ihre Straffe willig und getuldig ausstehen.
|| [435]
Der Ambimann
sagte / er wolte sobald Anstalt machen / daß die Herren Pastores zu ihr kähmen /
solte aber wahre Reue und Hertzlich Leid über ihre so grausame / viele und
erschreckliche Sünden und Missethaten tragen und haben / jedoch nicht verzagen /
weil EHristus JEsus unser Mitler auch vor der Zauberer Sünde am Stamme des Heil.
Creutzes gnung gethan hätte / und dieselbe / wenn sie sich warhafftig bekehreten
/ selig machen wolle / wie das Exempel des Königs Manassis und anderer
auswiesen. Sie ist drauf wiede̅r in ihre vorige Custodia gebracht
/ und mit Wächtern bewahret / auch dieses nachrichtlich zu den Acten
registriret, und zu mehrer Beglaubigung von den Anwesenden Gerichts-Personen
eigenhändig unterschrieben worden / so geschehen / wie oben stehet.
ERNESTUS HEXENFEIND p. t Ambtmann hieselbst / mm.
Gotfried Ehrlich / Caspar Unverzagt / Gericht-Schöppen.
Johann Spudaeus, N. P. C. & Actuarius Judicii juratus mm.
CCCXIV. Nachdem nun obiges alles ordentlich geschehen / und benötigte Nachricht
ad Acta gebracht / werden dieselbe anderweit nach Rechtlichen Erkäntnis
geschicket. Und wenn das eingelangte Urthel Inquisiten die Landes Verweisung /
mit oder ohne Staupenschlag / bringet / wird demselben strecklich nachgegangen.
Bey Execution aber solcher und anderer erkanten Leibes-Straffen braucht man
keine Solennitäten / sondern es wird Inquisit an die Gerichtsstelle gebracht /
ihm das Urthel eröfnet / und verfähret man sobald drauf mit der Straffe;
Carpzov. Pract. Crim. q. 137. n. 45.
Es wäre denn Sache / das Inquisit sich noch ferner defendiren wolte / womit er
sodan billig noch zu hören.
Non malè etiam, aut contra juris tenorem facit Judex, si circumstantiis
nonnunquam ita singulariter exposcentibus [imprimis si relegatio perpetua
corporis afflictionem comitetur, uti ho diè in fustigatione regulariter fieri
videmus] ante executionem uno vel altero die Reo tenorem Sententiae aperiat,
eiquè pauxillum temporis fortè ad componendos moestos Lares, reddendasque aliis
rationes, concedat.
D. Simon, de Intim. Exec. capit. c. 1. th. 6.
|| [436]
CCCXV. An etlichen Orthen ist gebräuchlich / daß vor der Execution eine Glocke
geleutet / und dadurch das Volck gleichsam convociret werde / den Delinquenten
zu sehen / an ihm ein Exempel zu nehmen / und sich vor bösen Thaten zu hüten /
wie denn auch aus dergleichen Ursachen dieselbe vorher eine Zeitlang an den
Pranger oder Hals-Eisen gestellet werden.
Auth. Prax. Crim. Altenb. pag. 287.
Dither, in Contin. Thes. Pract. Besold. pag. 85. column. 1.
Anderswo wird ihnen die Schand-Glocke nachgeleutet.
Limnaeus, tom. 2. addit. ad lib. 4. c. 8. n. 334. J. P.
welches auch theils Orthen geschicht / wenn jemand des Landes / mit öffentlichen
Fortführen / uf Ewig verwiesen wird.
CCCXVI. Vor der Execution oder Dimission aber müssen sie eine Urphede / oder
Urfrieden / daß ist einen solchen Eyd schweren / daß sie die erlittene Haft /
und was darbey allenthalben vorgangen / weder vor sicht / noch durch jemand
anders / mit Worten oder in der That nicht rechen noch anthen / sondern sich an
Urthel und Recht begnügen / binnen 24. Stunden [oder wie lange ihnen sonst bey
der Verweisung Zeit gegeben wird] sich aus dem Fürstenthum und Landen würcklich
wegbegeben / und darin / ohne gnädigster Herrschafft specialen Erlaubnis
nimmermehr [oder da die Relegatio temporalis ist / binnen 2. 3. und mehr Jahren]
wieder antreffen lassen wollen.
Otto Philip. Zepper de Urphedan. 35. & seqq.
FORMULAR,
einer solchen Urphede /
CCCXVII. Demnach ich N. N. wegen verdächtiger Hex- und Zauberey / bey dem Fürstl.
Ambt N. zur Hafft gebracht / bißher wieder mich inquiriret, auch nach
ausgestandener Volter mir die Ewige Landes-Verweisung durch Urthel und Recht
zuerkant worden / mit welcher ich ietzo beleget werden sol; Als schwere ich zu
GOtt dem Allmächtigen / und seinen heiligen Wort / hiermit einen Leiblichen Eyd
und Urphede / daß ich dieses alles vor eine wohlverdiente Straffe achten und
erkennen / und mich deßhalber weder an den Durchlauchtigsten Fürsten und Herrn /
Hern N. Hertzogen zu N. / noch auch Sr. Fürstl. Durchl. Herrn Canzlar / Räthen /
Beambten / Bedienten / Land u. Leuten / und in Summa an niemands Hab / Guth [437] und Leib in aller geringste̅ nicht
rechen / noch solches durch jemand anders meinet wege̅ thun lassen
/ sondern noch heute vor der Son̅en Untergang [oder wie lange Zeit
ihm sonst / nachdem das Land groß ist / verstattet wird] aus hiesige̅ Fürstenthum u. Landen wegbegeben / dieselbe würcklich räumen /
un̅ in solche / ohne vorher von gnädigster Herrschafft
erlangte Permission und Zulassung / nimmermehr wiederkom̅en / noch
mich darin̅en betreten / sondern dieselbe auf ewig meiden / und
dißfals mich an Urthel und Recht begnügen lassen sol und will. Bey Vermeidung
noch härterer Straffe / und so war mir GOtt helffe / durch JEsum Christum /
Amen.
Andere FORM,
I. Die Vorhaltung /
CCCXVIII. Ihr N. N. und N. N. wisset / daß ihr vor etlichen Wochen um deßwillen /
daß ihr mit darbey gewesen / als Rittmeister Münch auf den Böhmer Wald
erschossen und beraubet worden / neben den andern Räubern und Mördern / so
nunmehr Urthel und Recht schon außgestanden / alhier gefänglich eingezogen
worden. Dieweil dann das End-Urtheil eingelanget / und ihr auf den neulich
abgelegten Reinigungs-Eyd / daß ihr von solchen mördliche̅
Anschlag nichts gewust / nicht drein gewilliget / auch von de̅
Raub nichts participiret, absolviret und loßgesprochen worden / u. nunmehr
wieder auf freien Fuß gestellet werden sollet; Als sollet ihr vorher geloben /
u. schweren zu Gott dem Almächtigen / und seinen H. Wort / daß ihr die bißherige
Gefängliche Enthaltung / weder vor euch / noch durch andere eurentwegen / weder
an hiesiger Fürstl. gnäd. Herrschafft / dero Herren Räthen / Beambten u.
Bedienten / noch auch gemeiner Stadt / Land und Leuten iemahls rächen / noch
rächen lassen / sondern dießfals mit Gleich und Recht begnügig seyn sollet und
wollet / so war euch GOtt helffe / durch JEsum CHristum.
2. Juramentum,
Alle dasjenige / so mir ietzo vorgehalten / und ich wohl verstanden / auch mit
Hand und Mund zugesaget / und versprochen habe / wil ich stet / fest und
unverbrüchlich halten / u. nicht darwieder thun / so war mir GOTT helffe / und
ich hoffe selig zu werden / durch JEsum CHristum / Amen.
|| [438]
CCCXIX. Obgedachter D. Zepper führet in seinem Discursu, de Urpheda, n. 33.
folgende Plat-Teutsche Formul einer Urphede / wie sie zu Bremen üblich / an /
also lautend:
Demnach ick wegen enes Verbreckens / in E. E. Hochweisen Rahtes Haffe bin
gerathen / dersülven averst ietzo sall wedderum erlathen werden; Alß gelawo und
schwere tho GOtt dem Allmächtigen ick enen lieflichken Eed / dat ick solcke
Hafft an E. E. Hochw. Rath / de Heren Cämmerer / Bürger / Bedeenten / edder
sonst tho deser miner Hafft / möchte Ohrsacke gegeven hebben / nicht well ivern
noch wrecken / ivern edder wrecken lathen / wedder dorch mich / noch dorch
andere / id sy aver kort edder lang: So wahr helpe mi GOtt!
Mehr Formulen findet man bey dem Wehnero, Pract. Observ. v. Urfrieden / pag. 494.
Rhüdinger, Singul. Observ. Cent. 5. Obs 43. n. 2. Author. Prax. Crim. Alteb pag.
288.
CCCXX. Welcher gestalt nun Inquisit die Urphede abgeleget / anbey auch vor der
Straffe / welche denen Urphede-Brechern begegnet und wiederfähret / gewarnet /
desgleichen / wenn und wie lange man sie öffentlich an den Pranger gestellet /
zur Staupe geschlagen / und des Landes verwiesen / muß alles fleißig zu den
Acten registriret werden / damit / wenn Inquisit etwa sich wieder betreten ließe
/ hernach anderweitiger Bestraffung halber / rechtmässig verfahren werden könne.
CCCXXI. Ferner / wenn dem Inquisito das Juramentum purgationis zuerkant wird /
muß er solches / nach vorher vom Judice geschehener ernsten Verwarnung vor der
schweren Straffe des Mein-Eydes / persönlich ablegen / worzu auch wohl ein und
mehr Geistliche genommen: Item / zu weilen ein schwartz Tuch auf die Tafel /
worbey die Gerichts-Personen sitzen / gedecket / die Bibel oder das
Evangelien-Buch aufgeleget / schwartz-gefärbte Lichter angezündet / ein
Todten-Kopf und Crucifix dem Inquisito vorgesetzet / auch Thür und Fenster in
der Gericht-Stuben aufgemachet werden / den Actum jurandi desto schreckhaffter
und schwerer vorzustellen / auch den Inquisiten so viel eher von dem Mein-Eyd
abzuhalten / und zum Bekäntnis der Warheit zu bringen.
And. Rauchbar / part. 2. quaest. 2. n. 89. Peinl. Sächß. Inquisit. und
Achts-Proceß, tit. 10. art. 5. §. 4.
|| [439]
CCCXXII. Was aber solche Ceremonien bedeuten / findet man bey dem Georg. Krauser,
in Horcologia Christiana, quaest. 8. per tot. Und Herrn Spathen / in zweyten
Band der Teutsche̅ Secretariat-Kunst / pag. 1214. & 1215.
CCCXXIII. Er wolte dann sein Gewissen mit Beweiß vertreten / damit würde er
billig zugelassen.
Berlich, part. I. Concl. 37. n. 31. Jacob. Schultes, in addit. ad Proceß.
Terminaei, c. 46. Churfl. Sächß. Gerichts-Ordnung / tit. 19. §. Wann nun einer.
junct. vers. Also auch.
CCCXXIV. Den Eyd vor Gefährde aber kan er nicht fordern / weil ihm das Jurament
ex officio und aus Richterlichen Ambt zuerkant und auferleget wird / in welchen
Fall Juramentum malitiae cessiret.
Churfl. Sächß. Gerichts-Ordn. tit. 18. §. Es hat aber.
CCCXXV. Ist aber im Urthel dem Inquisito das Leben ab erkant / soll ohne
sonderbahre erhebliche Ursache die Execution und Hinrichtung nicht lange
aufgeschoben werden (es wäre denn Sache / daß die Gefangene ein Weibes-Bild /
und schwanger wäre / da man billig / biß sie einkömmet / und aus den Wochen ist
/ inne hält. Oder / es hätte der Inquisit auf eine andere Person bekant / mit
der er noch confrontiret werden müste) damit der arme Sünder der Marter und
Quaal bald abkomme.
CCCXXVI. Er auch nicht etwan selbst / oder seine Anverwanthe Gelegenheit suchen
mögen / durch verbothene Mittel ihn der Straffe zu entziehen.
L. cum reis. 18. ff. de Poenis. L. 5. C. de custod. reor. Carpzov p. 1. q. 116.
n. 30. 31. & 32. Brunnemann. in Proceß. Crim. cap. 10.
CCCXXVII. Doch hat sich auch ein Richter nicht alsobald zu übereilen / und es
zumachen / wie Keyser Nero, der demjenigen / welchen er den Tod ankündigen ließ
/ nur eine eintzige Stunde darzu Frist gab.
Cluver, in vita Neron. p. 230. ibi??? plures citat. Aut. Sueton. in vita ejusdem,
n. 37. p. 192.
Idem fermè observavit in intimatione Senecae, praeceptori suo, factâ, uti
testatur
Laurenberg / in Acerr. Philol. Cent. 1. hist. 27.
Oder wie es im Kriege / wenn Stand-Recht gehalten wird / hergehet / da man denen
/ so gehenckt / oder archibusiret werden sollen / kaum Zeit lässet / daß sie
sich besinnen / oder ein Vater Unser bethen können.
|| [440]
Oder wie theils Orthen noch der böse Gebrauch ist / daß man denen armen Sündern
allererst den Tag vor der Execution, od er wohl gar auf denselben Tag frühe den
Tod ankündiget / da sich ja dieselben vor Schrecken nicht recht begreiffen /
vielweniger in so kurtzer Zeit zum Tode / und einen seligen Abschied bereiten
können. Welchen tyrannische̅n Exempeln kein rechtschaffener und
Gewissenhaffter Richter nachfolgen / fondern / wenn er den Inquisiten den Tod
angekündiget / nach Inhalt der Peinlichen Hals-Gerichts-Ordnung Caroli V. art.
79. Ihm
Drey Tage
[Add. Manz. ad dict. art. n. 3. Gödelmann, de Mag. & Venef. lib, 3. c.
11. n. 4. Ludov. Gilhausen, in Arbor. Crim. c. 7. n. 40. Maurit. part. 1. Cons.
26. n. 8. Brunnemann, in Proceß, Inq, c. 9. n. 10.]
Oder / wie die Fürstl. Gothaische Gerichts- und Proceß-Ordnung part. 3. c. 9.
will /
Vier Tage
Zeit und Raum gebe / quod spacium tridui vel quatridui ob justas causas quoque
dilatari potest,
Vid. Carpzov. Pract. Crim. p. 3. q. 137. n. 11. & seqq. D. Simon, cit.
tr. c. 4. th. 4.
in Beysein der Gerichts-Personen / von seinen Anverwanthen Abschied zunehmen.
CCCXXVIII. Auch kan er / wenn er will / seines Vermögens halber / einen letzten
Willen aufrichten.
Peinl. Sächß. Inquisit. und Achts-Proceß / pag. 195. n. 7.
De Jure quidem Civili capitis damnati testari nequeunt,
L. 1. §. fin. L. 13. §. fin. de Testam.
cum tales civitatem & libertatem amiserint. Hodiè verò omnibus capite
damnatis licitum est, Testamenta condere, & haeredes instituere, qui ad
successionem abmittuntur, quia confiscatio bonorum non amplius obtinet, nec
regulariter civitatis Jura tales facinorosi amittunt, exceptis delictis
gravioribus, v. g. Laesae Majestatis, haereseos &c.
Conf. Manz. ad Const. Crim. Caroli V. art. 79. n. 6. Struv. Exerc. 31. th. 8. n.
8. Carpzov. in Pract. Crim. part. 3. q. 135. n. 22. & [441] in Jurisp. For. p. 3. const. 6. def. 2. Eckolt. Comment. ad ff. de
Testam. §. 24. Prax. Crim. Alteb. pag. 290.
Et affirmat Tbeodoricus,
in Colleg. Crim. Disp. 10. th. 6.
quod etiam veneficarum Testamentum, si poenitentiam egerint. ac conversae
fuerint, subsistere possit.
D. Simon. de Intim. Exec. Capit. cap. 5. th. 6.
CCCXXIX. Item soll er seine Creditores, und was er sonst zu restituiren schuldig
/ ansagen: inmassen auch solches der Graff von Tettenbach / auf Begehren des
Herrn von Abele gethan / der dießfals ein schrifftlich Verzeichniß seinem
Beichtvater zugestellet.
Vid. Francisci Hohen Trauer-Saal / p. 3. Hist. 47. n. 8. pag. 1255. &
seqq.
CCCXXX. Endlich muß er Zeit haben / seine böse That hertzlich zubereuen / und in
wahrer Bußfertigkeit zu einem seligen Tode sich gefast zu halten.
Volckmann, in Peinl. Process, Part. 2. tit. 6. pag. 82. n. 22.
CCCXXXI. Hierbey aber fält die Frage vor / wer denn dem Inquisito den Tod
ankündigen solle? Etliche Völcker haben darzu den Scharffrichter gebrauchet /
wie noch heute zu Tage in Brasilien üblich ist.
Autor Histor. Americ. Johann Stad. part. 3. lib. 2. c. 19. p. 126.
Andere nur allein den Gerichtschreiber;
Claudius de Battendier, in Prax. Caus. Crim. Reg. 128. n. 2.
Allermassen auch in Franckreich geschehen / da Anno 1642. der Actuarius Judicii,
dem Seigneur de Thou den Tag seiner Hinrichtung angemeldet.
Harsdörffer / im Schauplatz Jäm̅erlicher Mord-Geschichte / p. 5.
hist. 102.
In Königreich China muß solches der Visitator, welcher nachläß???g in seinem Ambt
gewesen / oder sonst was verbrochen / zur Straffe thun.
Autor descriptionis ejusdem Regni, lib. 3. c. 11. citatus à D. Cancellario
Fritschen / von Land-Visitationen, c. 1. n. 7.
Zu Halla in Sachsen thut es der Gerichts-Frohne.
Simon, d. tr. cap. 2. th. 6. in fin.
Hingegen rathen viele Rechts-Gelehrte / daß solches durch einen Geistlichen
geschehe̅ solle. Drum schreibet auch Clarus, lib. 5. Sent. q.
99. also: laudabilis con [442] suetudo in multis locis
recepta est, ut senientia condemnationis capitalis intimetur condemnato per
virum religiosum, qui accommodatis verbis reo mortem denunciat, illum???
hortatur adpatientiam & poenitentiam suorum peccatorum, item ad
suscipiendum Ecclesiae Sacramentum.
Vid. Peinl. Sächß. Inquis. und Achts-Process. tit. 11. art. 1. pag. 192.
Es ist auch an etlichen Orthen Herkommens / daß durch eine Geistliche Person oder
Priester / mit Worten und Gebärden / so zur Sachen dienlichen und bequem /
dadurch der arme Sünder nicht alzusehr erschrecke / die Ankündigung der
Todes-Straffe geschehe sc. Ja Dedekennus,
Consil. Theolog. Jurid. Vol. 1. p. 3. Sect, 4. n. 14. pag. 951.
hält selbst davor / man würde nicht leicht einen Pfarrer finden / der solches zu
thun / abschlagen würde: weil ohnedem ihres Ambtes ist / daß sie die Elenden und
Betrübten trösten / und auf den Weg zur ewigen Seligkeit leiten und führen
sollen: Zumahl da Gott selbst vor diesen / bey Ankündigung der Straffen /
Geistliche Personen gebrauchet / wie zu sehen im 2. Buch Samuelis am 12. Capitel
/ verß. 7. an den Propheten Nathan / der von GOtt an den König David
abgeschicket wurde / ihm nicht allein seine verdiente Straffe anzuzeigen /
sondern auch ins Gesicht zu sagen: Daß er ein Mann des Todes sey!
Item lib. 2. Regum c. 21. v. 18. & seqq. Alwo der Prophet Elias / an den
König Ahab abgesendet / ihm seinen und seiner Gemahlin Isebel, ja seines gantzen
Hauses und Geschlechtes Straffe und Untergang ansagen muste.
Wie auch lib. 2. Reg. c. 20. vers. 1. 5. & 6. da der Prophet Esaias dem
krancken König Hiskiae ankündigte / daß er sterben solte / bald aber drauf ihm
die fröliche Post bracht / daß GOtt seine Trähnen angesehen / und noch 15. Jahre
seinem Leben zugesetzt hätte.
Uber dieses ist aus dem Thuano,
Lib. 43. ad An. Christi 1568. p. 1169.
dekant / daß Exempel der bey den Grafen von Egmont und Horn, welchen auch den
Bischoff von Ypern, Martinum Rithof, der Tag ihrer Hinrichtung eröfnet worden.
Andere vorietzt zugeschweigen.
Dissentit Freudius, in Gewissens-Fragen von Hexen q. 371. n. 14.
|| [443]
CCCXXXII. Wenn die Person / so abgethan werden sol / von hohen Stande ist / wird
solcher Dies Fatalis ihr auch wohl durch einen Rath / oder sonst vornehmen
Minister intimiret: Wie der Königin Marien in Schotland durch den Baron
Burckbuest und Beal, oder wie andere setzen / durch den Graffen von Salop / Kent
/ Derbi und Cumberland zu Fodringam / da sie gefangen saß / Anno 1587. geschahe.
Author des Neugeharnischten Gros-Brit annien, pag. 113.
Imgleichen denen dreyen Grafen Serini, Frangepani und Nadasti, so sich an der
Kayserliche̅ Majestät vergriffen / durch den Herrn von Abel
wiederfuhr.
Petro von Hagenbach / Rittern S. Georgens / und Hertzogs Carls zu Burg- und
Landvoigt / welcher grosse Tyranney verübt / und viele Ehebrüche begangen hatte
/ ist von Kayser Friderici des Dritten Herold der Tag seiner schändlichen
Hinrichtung angekündiget worden / ut ex Münstero refert, Pisetzki de
Kranichtfeld / in Append. Dissert. jurid. polit. de Stat. Secul. eminent.
Dem Hertzog von Mommorenci in Franckreich ist die intimation seines Todes
schrifftlich zugeschickt worden / wie
Harsdörffer / im Schauplatz Jämmerlicher Mord-Geschichte / p. 5. Hist. 101.
observiret hat.
Ein dergleichen Exempel führet auch von den Montusa Bassa an / Olearius, in not.
ad Jurg. Andreßen / und Volquart Iversen, lib. 3. c. 22. p. 167. Itin. Ind.
Orient.
Otto Brüggeman, der bekante Fürstl. Holsteinische Abgesante in die Moscau und
Persien, hat Abschrifft des wider ihn erkanten Peinlichen Urthels begehret /
auch erlanget.
Idem Olarius, in Itin. Persic. c. 17. p, 767.
Oder es wird wohl zuweilen / ehe die Ankündigung des Todes geschicht / ein
Geistlicher voran zu den Gefangenen geschickt / der ihn beweglich zurede / daß
er das jenige / was Urthel und Recht ihm vor eine Straffe gebracht / willig
annehme / und gedultig ausstehe. Hernach geschicht erst die Ankündigung:
Immassen solches vor Hinrichtung des Graffen von Tet???enbach also practiciret
worden.
Erasm. Francisci, in Hohen Trauer-Saal / Part. 3. Hist. 47. n. 4. pag. 1245.
|| [444]
Das Parlament in Engeland kündigte dem König Carolo Stuarto bey öffentlich
versammleten grossen Rath den Tod Anno 1649. selber an.
Schulz, Chron. pag. 530.
Welches auch vor Decollirung Ritter Henrich Vane, als welcher befchuldiget worden
/ daß er mit Ursache an ietztgedachten Königs Tod wäre, Anno 1662. in Londen
geschahe / so / daß der Praesident des Gerichts in Pleno ihm die Ankündigung
that.
D. Simon. d. tr. c. 4. th. 8.
CCCXXXIII. In denen Sächsischen Landen aber ist üblich / daß der Judex selber /
mit Zuziehung zweyer Gericht-Schöppen / und des Actuarii, solche Ankündigung dem
Inquisiten, welchen er aus den Gefängnis in die Ambt- oder Gericht-Stube vor
sich bringen lässet / mit glimpflichen Worten thue / auch zu Bereuung seiner
Sünden / und Bereitung zum seligen Albschled ermahne / so dann die Herren des
Ministerii ersuche / daß sie zu demselben gehen / und ihr Ambt bey ihn
verrichten.
Carpzov. Pract. Crim. p. 3. q. 137. n. 36. Author Prax. Crim. Alteb. pag. 290.
CCCXXXIV. Dedekennus, Vol. 1. p. 3. Sect. 4. n. 14. p. 952.
hisce viris religiosis tale dat consilium, quod debeant prius è ministris vel
custodibus expiscari, quo animo, utrum obstinato an verò facilè flexili sint
delinquentes; ut hoc pacto ipsorum intentioni & resp onsioni eo melius
obviare possent. Hoc loco etiam Deum invocare poterunt, ut sibi vires concedat,
quo hunc delinquentem post intim ationem ad veram poenitentiam perducere queant,
haec enim eam solet insequi. Hic etiam valebunt reum verbis accommodat is prius
adpropriam confessionem pellicere, interrogare???, quare in hunc locum
solitarium & vincula pervenerit, cum reliqui homines iis liberati
ambulent? & si tunc suum delictum forte confiteatur, poenam huic delicto
debitam commodè denunciabunt. Debent autem hoc facere verbis accommodatis,
& si delinquens sit persona forsan ipsis cognatione conjuncta, vel alia
honoratior, poterunt verbis v. g. ad reum, ad delictum ipsum, item ad
circumstantias loci & temporis perpetrati facinioris [prout eis visum
fuerit] specialiter accommodatis uti.
CCCXXXV. Peculiarem verò eumquè elegantem modum delinquentes consolandi
suppeditat
Damhouder, in Prax. Crim. c. 152.
ita Sacerdote̅ informans: Ante omnia anima̅
delinquentis ad contritione̅
promo [445] veat, ad misericordiam Divinam accendat,
& adsatis factionem Reip. corporali paenâ persuadeat. Ulterius Rei
pectus sacra admonitione, concione & piis verbis emolliat; ac dolorem
compungat, & Christi facilitatem in remittendo persuadeat: Item
scelerum, quae commisit, multitudinem enormitatem??? & maximam ipsius in
Deum ingratit udinem proponat; opus nimirum fuisse summae misericordiae Divinae,
quod in manus & potestatem justitiae devenerit, & non permiserit
Deus eum, quovis subitaneo perire periculo. Mox suggerat ei Dei paternam
clementiam, & exempla Petri, Pauli, Latronis & aliorum; Item
testimonia verbi Divini & c. Insuper adhortetur, ut patiente lubente???
animo, propter Deum, hanc tempora lem poenam mortem??? sustineat; cum nihil
intersit apud Deum, ubi & quo genere mortis quis moriatur; quod Christus
ipse innocencissimus acerbissimo crucis patibulo fuerit interemptus, quod???
latronem, poenae socium, mellifluam illam vocem ac consolatione maximè plenam
audire dignatus sit: HODIE MECUM ERIS IN PARADISO. Mox fidei articulos ei
reducat in memoriam (1) de Ecclesia Sanctâ, cujus caput Christus, Reus ipse
membrum (2) de remissione peccatorum (3) de resurrectione carnis, quod omnes in
Christi fide morientes, sive flammis adsumpti fuerint, sive aquis praefocati,
sive in rota aut cruce à volucribus comesti, glorioso tamen corpore resurgant,
& cum Christo regnent in perpetuum. Porrò instiget eum, ut roget Deum
pro illis, quos laesit in Reip. sive praesentes, sive absentes sint &c.
Eadem, mutatis modo & brevioribus verbis repetiit
Gomez, Resolut. tom. 3. c. 14. n. 6. Jung. Remus. ad art. 79. Const. Crim. Caroli
V.
Idem observatum â novo illo factiosoquè Parlamento, in Regicidio Anglicano, ubi
D. Juxton, Episcopus Lundinensis, inter consolandum Regi Carolo Stuarto cap. 19.
Job. à vers. 3. us??? ad finem explicavit.
Zoësen, in der verschmäheten und wieder erhöheten Röniglichen Majestät. D. Simon.
d. tr. c. 7. th. 3.
CCCXXXVI. Es haben aber die Herren Geistliche bey Zured-Vermahn- und Tröstung der
armen Sünder sich wohl vorzusehen / daß sie nicht durch Unbedachtsamkeit ihnen
Anlaß geben / von ihren gethanen und ratificirten Bekäntnissen ab- und zurück-zu
treten.
D. Simon. d. tr. c. 4. th. 7. G???hausen, in Proceß. contr. Sagas, tit. 10.
pertot.
|| [446]
Weil dieselbe ohnedem bey solchen Zustand alle Worte / so nur zu ihrer Erledigung
dienlich scheinen / zu captiren / ja wohl gar zu sagen pflegen: Sie hätten zwar
bekant / daß sie diese und jene That begangen / wären aber unschuldig dran /
hätten also / zu Abkommung der grossen Marter und Pein / sagen müssen / und ehe
sie noch einmahl auf die Volter wolten / wolten sie lieber alles nochmahls
gestehen / auch die Sache und Rache GOtt befehlen!
Vid. Freudium, in Gewissens-Fragen von Zauberey / q. 374. per tot.
CCCXXXVII. Jedoch / wenn ein Geistlicher solche und andere nachdenckliche Worte
von denarmen Sünder höret / soll er sie nicht verschweigen / wie
Layman, in Theolog. moral. Sect. 5. n. 6. c. 5, §. de Sagis, q. 5. Del-Rio, in
Append 2. lib. 5. q. 18. & lib. 6. disq. Magic. c. 1. Sect. 2.
Goehausen. dict. Proceß. contr. Sagas, tit. 11. in Addit. pag. 397. &
398.
wollen / sondern der Obrigkeit anzeigen / welche so dann / des Inquisitens
Unschuld halber / ferner zu inquiriren schuldig ist.
Pr. L. 19. ff. de poenis. Tanner, in Proceß. contr. Sagas, quaest. 4. n. 95.
& seqq.
Non, quod statim fides adhibenda sit reo crimen neganti, sed ut Acta revideantur,
& accuratè omnes circumstantiae perpendantur, an rei innocentia
demonstrari possit, nec non reus adhuc cum defensione suâ audiatur.
Finckelihaus, Syllog. quaest. illustr. q. 7. p. 40. Brunnemann, in Proc.
Inquisit. c. 9. n. 24. Damhawer, part. 2. Lact. Catech. pag. 390. Freudius, in
Gewissens-Fragen von Zauberey / quaest. 373. & ibi alleg. Theolog.
& DD.
CCCXXXIIX. Wo man aber Hand-greiflich siehet und mercket / daß der Captivus, der
vorher alles bey der Tortur bekant / nachgehends auch ratificiret / aber / da
ihm der Tod angekündiget wird / allererst zurück tritt / und wiederruffet / nur
dadurch die Execution aufzuhalten und zu hemmen / hat man solcher Boßheit nicht
nachzusehen / sondern dennoch das Urthel zu vollstrecken.
Wesenbec. in Comment. ff. de Quaest. n. 12. in fin. Carpzov. d. p. 3. q. 126. n.
65.
Dienet auch in solchen Fällen obgedachte Cautel, daß nemlich der Judex ei [447] nen Notarium und Zeugen requirire / der bey
der Confession und Ratification gegenwärtig sey / solche selbst mit anhöre /
hernach der Notarius ein Instrumentum drüber aufrichte / und vollzogen zu den
Inquisitions-Acten lege: Welchem sodann völliger Glaube gegeben / und die
Vollstreckung der Execution erkant wird / es mag der Reus bey Ankündigung des
Peinlichen Richt-Tages sein Bekäntniß nochmahls gestehen / oder wiederruffen.
D. Mauritius, in Cons. Chilon. 18. n. 8. p. 239.
CCCXXXIX. Similem ferè processum Jcti Helmstadienses, Anno 1676. observavere in
monetae adulteratore ibidem captivo, qui viro religioso mortem sibi annunciànti
respondit, se mori quidem velle, delictum autem, cujus arguebatur, non
perpetrasse.
D. Simon. de Intim. Exec. Capit c. 3. th. 3.
Man sindet auch / daß einsmahls eine Hexe eingezogen / und gevoltert worden /
welche beyder Tortur das Delictum bekant / auch den dritten Tag hernach / ausser
den Orth der Tortur, vor Richtern / Schöppen und dem Gerichts-Schreiber alles
ratificiret, wie ihr aber der Tag angezeiget worden / an welchen sie ihr Recht
ausstehen und verbrant werden solte / hat sie zu dem Geistlichen / welcher zu
ihr gelassen / in der Beicht gesaget: Sie wäre ununschuldig / sey aber ihres
Lebens müde / und wolte sterben. Der Geistliche berichtet es an das
Consistorium, welches den Richter ersuchet / mit der Execution inne zuhalten.
Der Geistliche wird wieder zu ihr gelassen / der ihr zuredet / wenn sie / daß
sie unschuldig / nicht auch vor dem Richter ungescheuet bekennen würde / sie
nicht seelig sterben könne. Dieselbe thut solches / die Acta werden auf eine
Juristen-Facultät geschicket / und ihr die Tortur zum andernmahl zuerkennet /
welche sie auch ausgestanden / und des Landes drauf ewig verwiesen worden.
D. Simon, saepe dict. tract. c. 3. th. 4.
CCCXL. Wenn aber der Gefangene und Verurtheilte zu keiner Buße zubringen wäre /
auch nicht verzeihen und vergeben wolte / sol die Execution, mit Vorwissen und
Genehmhaltung der hohen Obrigkeit / auf etliche Tage aufgeschoben und zurück
gesetzet / inmittelst doch die Priester bey ihm fleißiger durch Straffe /
Warnung und Vermahnung angehalten / und nichts überal zu Rettung seiner Seelen
aus der ewigen Verdamnis unterlassen werden.
|| [448]
Clarus, lib. 5. Sent. q. 97. Carpz. in Proc. Inq. tit. 12. n. 4. art. 1 n. 5.
Freudius, in Gewissens-Fragen von Zauberey / Quaest. 378. per tot.
CCCXLI. Lässet er sich nun gantz und gar nicht gewinnen / wird ihm nicht allein
keine weitere Frist verstattet / sondern mit der zuerkanten Straffe / seines
Trotzes und Boßheit ungeachtet / verfahren. Inmassen der Schöppen-Stuhl zu
Leipzig schon Anno 1569. also gesprochen / nemlich
P. P.
Hat der Gefangene N. nachdem ihm zu Volstreckung der zuerkanten Todes-Straffe ein
Peinlicher Gerichts-Tag angekündiget worden / sich vor und an den Gerichts-Tage
gantz unchristlich erzeiget / und von GOrt und seinem Reich nichts wissen /
deßgleichen vom ewigen Leben / Aufferstehung der Todten / oder dem ewigen
Höllischen Feuer und Verdamnis nichts halten / auch nicht bethen / noch sich aus
Gottes Wort trösten / und mit dem Hochwürdigen Nachtmahl des HErrn speisen
lassen wollen sc. So wird der Gefangene durch die Prediger Göttlichen Worts zum
Gebeth billig unterrichtet / zu wahrer Buß und Bekehrung / sowohl auch zum
Gebrauch des hochwürdigen Abendmahls mit Fleiß ermahnet: Und wenn er gleich
hierauf sein voriges Bekäntnis vor Gericht abermahls wiederruffen würde / und
von den Praedicanten sich nicht trösten lassen / noch das Sacrament gebrauchen
wolte / sondern auf scinen verstockten Sinn verharren thäte / so würde nichts
destoweniger mit der zuerkanten Straffe wieder ihn billig verfahren.
Optime quoq; haec exprimit Consilium Chilonense, 26. p. 1. n. 9. p. 357. apud Dn.
Mauritium: Solte die Gefangene aber / welches wir nicht verhoffen / ihre Sünde
nicht recht erkennen / und sich zu dem Allmächtigen GOtt von Hertzen so bald
bekehren wollen: So könte man der Execution eine Zeitlang Anstand geben / biß
sie durch embsigen Fleiß der Herren Geistlichen / nechst Göttlichen Beystand /
dahin gebracht worden sc. Da aber solcher Fleiß und Mühe vergeblichen angewandt
würde / möchte solches endlich dem Urthel keine Hinderung seyn / sondern dem
Richter / schärffere Straffe zu ergreiffen / Anlas geben. sc.
|| [449]
CCCXLII. Wenn etlichen zugleich das Leben abgesprochen / wie sonderlich bey der
Soldatesca noch zuweilen practiciret wird / so / daß sie drum spielen müssen /
wer gehengt werden sol / ist die Ankündigung des Todes nicht zu sparen / biß auf
die letzte Stunde / demjenigen / welcher verlihret / sondern es ist vorher allen
zugleich anzudeuten / daß sie sich zum seligen Tode gefast machen / weil keiner
unter ihnen weiß / wer das Glück haben wird / daß er mit dem Leben davon komme.
D. Simon, de Intimat. Exec. Capital. cap. 3. th. 9.
CCCXLIII. Nach geschehener Ankündigung der zuerkanten Todes-Strafe soll der arme
Sünder die drey oder vier Tage über nicht wieder ins Gefängnis gesetzet /
sondern an einen leidlichen Orthe / oder auch in einer Stuben [massen denn an
etlichen Orthen man gewisse arme Sünder-Stuben / Capittel- oder Thor-Stuben
darzu hat] mit Hütern und Wächtern bewachet und bewahret behalten werden / biß
zur Execution, und Vollstreckung des Urthels.
Prax. Crim. Alteb. p. 290. D Simon. cit. Tr. c. 4. th. 8.
Und solches geschiehet eines theils dem armen Sünder zum besten / damit ihm die
Quaal des bevorstehenden Todes durch längere Gefängnis nicht vermehret werde;
andern Theils aber wird Inquisitus auch zu dem Ende aus dem Gefängniß gelassen /
damit die Priester und andere Leuthe / so ihn trösten sollen / nicht ins
Gefängniß kriechen / und allen Gestanck an sich ziehen dürffen / mit Verlihrung
ihrer Gesundheit / deswegen auch wohl gar zurück bleiben / und des armen Sünders
sich äussern
Peinl. Sächß. Inquisition- und Achts-Proceß / tit. 12. art. 1. n. 4.
Und ob gleich in der Peinlichen Hals-Gerichts-Ordnung Caroli V. art. 79. unter
andern diese Worte stehen: Man soll auch nach der Beicht solche Personen zu dem
Angeklagten in die Gefängniß verordnen / die ihn zu guten seligen Dingen
vermahnen: so wird doch durch das Wort Gefängniß nicht eben der Orth / wo der
Reus biß daher gesessen / sondern nur locus detentionis verstanden: Denn wenn
der Inquisit in eine Stube gebracht / und bewachet wird / ist und bleibet er
dennoch ein Gefangener.
D. Simon. d. tr. c. 4. th. ult.
CCCXLIV. In währender Zeit soll auch der arme Sünder beichten / und das Heil.
Abendmahl empfangen / welches an vielen Orthen erst den Morgen [450] früh / wenn der Verurtheilte abgethan werden soll / geschiehet:
Damit er desto eher und mehr in seiner Devotion und Andacht verbleiben / und
selig abscheiden könne.
Anton. Gomez, tit. de Delict. c. 14. n. 7. Bossius, de Execut. Sentent. n. 21.
Cavalcan. de Brach. Reg. part 4. n. 307. Carpan, in nov. Const. Mediolan. cap.
homicida, n. 1021. Seb. Guazzin, in tr. ad defens. Inquis. tom. 2. Defens. 38.
c. 2. n. 1.
CCCXLV. Halae Saxon. duplici subjecto, foeminino uni ad suspendium, alteri ad
vivicomburium condemnato, coenam sanctissimam in ipso fermè Executionis actualis
momento fuisse administratam tradit laudatus D. Simon. d. tr. c. 5. th 2. non
obstante eo, quod quidam DD. statuant, dic illo, quo Sacra Synaxi usus fuit,
propter reverentiam corporis & sangvinis Christi, delinquentem poenae
non subjiciendum.
Vid. Clarus, Lib. 5. Sent. quaest. 99. n. 3. Nicol. Tudesch, Abb. Panormitan. ad
c. 2. X. de furt. Gomez, Var. Resol. tom. 3. c. 14. n. 6.
qui practicam sui Regni adducit, in quo non permittitur condemnatis, recipere
communionem, ne ad Corpus Christi, vel clericum illud portantem confugiant,
& relaxari petant, contra jus & omnem charitatem esse ait,
consulitque, ut judices eandem non faciant. Et Herm. Goehausen,
in Process. Jurid. contra Sagas, tit. XI.
addit sequentia verba: Do es sich zutragen würde [welches jedoch so viel müglich
ist / wegen der Aergernis und Unehr solle verhütet werden] daß der Reus wegen
einfallender wichtiger Ursachen auf einen Tag zugleich communicire / und drauf
jnstificiret werde / kan solches Heil. Sacrament / weiles von CHristo und der
Heil. Kirchen nicht verbothen / als zulässig und nützlich ihm zur letzten
Weg-Zehrung 3. oder 4. Stunden vor dem Tod gereicht werden: Denn nach der
Theologen Meinung / seind als dann die Sacramentales Species verzehret.
Del-Rio lib. 5. Sect. 18. Binsfeld, Concl. 7. de Confes. Malef. dub. 5.
Wir bleiben aber dießfals billig bey obgedachten Unsern Landes-Gebrauch.
D. Simon, cit. cap. 5. th 2. in fine.
|| [451]
CCCXLVI. Man soll auch die Zeit über den armen Sünder mit bessern Essen und
Trincken versehen / und ihm / zu Labung seines betrübten Geistes / einen Trunck
Wein geben lassen: Doch verhüten / daß er sich nicht vollsauffe / u. dadurch an
der Busse und Bereuung seiner Sünde / auch an Zuschick- und Bereit-Machung zum
seligen Ende gehindert und verkürtzet werde.
Const. Crim. Caroli V. art. 79.
Fürstl. Gothaische Gerichts- und Process. Ordn. p. 3. c. 6.
CCCXLVII. Anderswo gibt man ihm zu Essen und zu Trincken / was er selber begehret
und verlanget / zumahl wenn er dasselbe um sein Geld bezahlet. Oder man bereitet
ihm eine gute Mahlzeit / so man coenam asperrimam oder das Henckermahl /
Manzius, ad Const. Crim. Caroli V. art. 79. n. n. 17. Lehman, in Chron. Spirens.
lib. 4. c. 18. D. Simon, de Intim. Exec. Crim. c. 7. th. 1.
Ja das Jammer-Creutz- und Unglücks-Mahl nennet.
Jacob Otto, in Corp. Jur. Crim. pag. 235.
Bey welcher der Nachrichter mitspeiset / damit der arme Sünder seiner gewohne /
und den folgenden Morgen / wenn er ihn alsdenn erst zusehen bekähme / nicht
alzusehr vor ihn erschrecken möchte.
Adrian Beyer, de Expens. Exec. Crim. c. 4. §. 17. pag. 60. Dither, in Contin.
Besoldi v. Hencker oder Herdgeld / p. 293.
CCCXLVIII. Es soll auch der Beambte oder Richter denen Wächtern befehlen / daß /
wenn die Geistlichen ihren Abtrit genommen / sie dem armen Sünder Gebethe
vorlesen / u. dergleichen Psalme und Lieder mit ihm singen / dadurch er in
steter Andacht behalten werde / zu welchem Ende solche Leute zu Wächtern
anzunehmen / die lesen können / auch darbey fromm und Gottesfürchtig seyn.
CCCXLIX. Sonderlich aber haben die Geistliche diejenigen / so Hex- und Zauberey
halber abgethan werden sollen / öfters zubesuchen / abzuwechseln / und selbige
zu rechter ernstlichen Busse zu disponiren: Ja auf alle mügliche Weise die ihnen
so theuer und auf ihre Gewissen anbefohlene Seele zu retten bedacht zu seyn. Zu
welchen Ende denn dieselbe nicht allein zu assen / damit nicht der Teufel sie
als denn besuche / und sie ein und anders zubekennen abhalte / oder sie von
ihrem Bekäntnis abzugehe̅ anmahne / und sie durch Zusage / daß er
sie aus der Gefängnis erledigen wolle / wiederum verführe: Wie denn / daß er
solches zu thun pflege / aus den Urgichten der Hexen mehr als zuwohl bekant ist.
|| [452]
Danaeus, in Dialogo de Sagis. Bodinus, Daemonomaniae lib. 4. c. 1. Mauritius,
Cons. Chil. 26. n. 8.
CCCL. Wenn nun der Tag zur Execution bestimmet herbey nahet / muß der Judex sich
versichern / ob der arme Sünder noch auf seiner Bekäntnis verharret / und ihn
daher / ehe er noch aus dem Orth / wo er sitzet / geführet wird / behutsamlich
besuchen / und vernehmen lassen / ob er sich auch zu seinem Ende fein geschickt
gemacht / und gerne sterben wolle? Sodann wenn er bey seinem Bekäntnis beständig
bleibet / wird das Hoch-Noth-Peinliche Hals-Gerichte mit der Glocken an etlichen
Orthen geleutet / zumahl in Städten und Flecken / auf daß jederman zulauffe /
die Heg- und Haltung des Peinlichen Hals-Gerichts vernehme / und sich durch
erfolgende Bestraffung von dergleichen Ubelthaten abschrecken lasse.
arg. L. 6. §. 1. L. 20. ff. de poenis. P. H. O. art. 28. in verb. an den
Gerichts-Tag. D. Lynck. in Disp. de Centena, c. 4. §. 20. alwo er die Glocke das
Malesiz-Glöcklein nennet.
CCCLI. Anderswo wird mit Trompeten oder Posaunen ein Zeichen gegeben.
Petr. Gregor. Tholosan. lib. 31. Syntagm. Juris Univ. c. 38. n. 7.
Welches auch schon vorlängst die alten Römer in Gebrauch gehabt / ut liquet ex
Cornelio Tacito, lib. 2. Annalium, dum sic ait: in P. Martium Consules extra
portam exquilinam, cum Classicum canere jussissent, more prisco advertère.
Classicum ibi pro Tuba dixit, ut etiam apud Ciceronem exponit Q. Asconius. Est
namque unius supplicium multorum metus & salus.
L. 1. in pr. C. repetund. c. qui ergò 23. q. 5. Petr. Heig. part. 2. q. 37. n.
27. Peint. Sächß. Inquis. und Achts-Procoss. tit. XI. art. 1. §. 4.
CCCLII. Und gehet solch Gericht gemeiniglich Vormittag gegen 9. oder 10 Uhren an
/ und wird theils Orthen unter freyen Himmel / anderswo aber auf den Sälen der
Ambts- oder Rath-Häuser / mit Richter / Schöppen und dem Gericht-Schreiber
besetzet und gehalten.
Const. Crim. Caroli V. art. 82. & 84.
CCCLIII. Nach Anleitung ietztgedachter P. H. O. art. 84. sollen der Schöppe̅ zum wenigsten 8 oder 7. auch die an Zahl derselben ungleich seyn
/ damit durch Gleichheit der Stimmen der Schluß nicht verhindert werde.
c. si quis Episcopus 6. q. 4. c. 1. Dist. 79. c. licet de vit anda. Extr. de
Elect.
|| [453]
Es ist aber hievon durch allgemeine Gewohnheit abgeschritten worden / also daß
heut zu Tage auch weniger Schöppen / wann derselben nur nicht unter drey seyn /
nebens dem Richter und Actuario, das Peinliche Gericht besetzen können.
Matth. Stephani, in not. ad d. art. 48. Carpzov. in Pract. Crim. p. 3. q. 136. n.
12. Peinl. Sächß. Inquisition und Acht-Process, tit. XI. art. 1. pag. 165.
CCCLIV. Die Taffel / worbey sich obige Gerichts-Personen setzen / pfleget an
theils Orthen / dem Gericht um so viel mehr Ansehen / und den Leuten Furcht zu
machen / mit e???nem schwartzen Tuch bedecket zu werden. Und wird sodann der
arme Sünder vorgeführet: Der Richter aber hat entweder ein blosses Schwerd /
oder einen weissen Stab / oder beydes zugleich / in der rechten Hand / doch darf
er das nicht strack ausgezogen haben / sondern wann er und die Schöppen in die
Banck sich niedergesetzet / ziehet er dasselbe erst aus. [Ja an theils Orthen
wird es erst entblösset / wenn er den Titul und Nahmen seines gnädigsten Herrn
nennet / deßhalber er das Gericht heget] und hält es / wie gedacht / in der
rechten Hand / ohne / oder mit einen Blech-hand-Schue angethan / wie es jedes
Orths üblich ist / indem solches an einem Orth anders / als am andern gehalten
wird.
Peinl. Säch???. Inquisition- und Achts-Process, tit. XI. art. 1. §. 5. &
6.
CCCLV. Nach diesem heget der Richter [wozu an vielen Orthen gewisse Land-Richter
verordnet sind /] das Peinliche Hals-Gericht / wie es üblich / und im ersten
Capitel dieses Tractats weitläuftig angeführet worden / hält sodann dem armen
Sünder seine kürtzlich aus den Acten extrahirte Urgicht vor / und befraget ihm
bey jeden Punct / ob er derselben noch geständig sey? Wenn er nun alles
nochmahls bejahet / wird ihm durch den Gericht-Schreiber das Urthel / und wie er
von Leben zum Tode gebracht werden sol / deutlich vorgelesen / drauf bricht der
Richter den Stab [welchen der Frohnboth oder Gerichts-Diener wieder aufheben /
und wenn alles vorbey / dem Judici zustellen / undsonst niemanden was davon
geben sol / weil viele Aberglauben und Hexenwerck damit getrieben wird /] und
übergiebet den armen Sünder dem Nachrichter / mit Befehl / das Urthel / seinen
Buchstäblichten Inhalt nach / an ihn zu volstrecken.
Vid. Philipp Helfric. Krebs, de lapide & ligno Sect. 9. §. 7 pag. 104
Ord. Crim. Hassiac. fol. 17.
|| [454]
CCCLVI. Durch Zerbrechung des Stabes wird angedeutet / daß / wie mit den Stabe /
also auch mit des armen Sünders Leben es geschehen sey.
Matth. Stephani, in not. ad art. 96. Ordin. Criminal. Caroli V.
Carpzov. Quaest. 136. n. 37. CCCLVII. Es hat auch der Judex acht zugeben / daß der Scharffrichter mit dem armen Sünder nicht unbarmherzig umgehe / noch auch solchen alzuhart binde / sondern dieser sol bedencken / wenn es schon ein zum Tode verurtheilter Mann ist / dennoch es ein Mensch sey / mit welchen billig Mitleiden zuhaben. Petr. Gregor. Tholosan. in Sytagm. Jur. Univ. lib. 1. c. 2. n. 3. Vielmehr gebühret dem Scharffrichter / solchen Leuthen glimpflich zuzureden / getrost zu seyn / für dem Tod sich nicht zu fürchten / er wolte ihnen bald abhe???ffen / ja auf den Galgen / wenn er ihnen den Strick um den Hals thut / und bald von der Leither werffen wil / ihm noch mit kurtzen Seuffzerlein: HErr Jesu / dir lebe ich / HErr JEsu dir sterbe ich sc. und andem zuzuruffen. CCCLVIII. Nach den Richtplatz / es geschehe die Execution in der Stadt auf den Marckt / oder vor dem Thor im Felde / begleiten den armen Sünder / welchen die Hände vorwarts zusammen gebunden sind / und von des Nachrichters Knecht an einen Strick geführet wird / zween / oder zuweilen wohl mehr Geistliche / die ihn vorbethen und aus Gotteswort trösten. CCCLIX. Unterwegens wird ihm / wenn er es begehret / ein Trunck Wein zur Labsal und Erquickung gegeben / juxta illud Proverb. cap. 31. v. 6. & 7. DATE VINUM [alii siceram] HIS, QUI AMARO SUNT ANIMO, UT BIBANT, ET OBLIVISCANTUR EGESTATIS SUAE, ET DOLORIS SUI NON RECORDENTUR AMPLIUS. Welches der selige Herr D. Luther also vertiret: Gebet starck Geträncke denen / die ümkommen sollen / und Wein den betrübten Seelen: Daß sie trincken / und ihres Unglücks nicht mehr gedencken. CCCLX. Und findet man / daß theils Völcker vor Alters / sonderlich aber die Jüden / nach der Babylonischen Gefängnis / im Gebrauch gehabt / denen / so hingerichtet werden sollen / Wein mit Weyrauch / oder Myrrhen vermischet / zu trincken zu geben. Henric. Kipping, de cruce & cruciariis, Exerc. X. §. 1. pag. 67. Dan. [455] Clasen, ad art. 79. Const. Crim. Caroli V. pag. 331. Entweder dadurch sie truncken / oder in ihren Gedancken verwirret zu machen / daß sie die Schmertzen nicht so eigentlich fühlen / oder achten / sondern desto getroster zum Tode gehen möchten: Oder vielmehr ümgekehrt / daß sie dadurch gestärcket / und die Marter / Angst und Pein desto länger ausstehen könten. Idem §. 3. Add. Galen. Lib. 15. simplicium, cap. 19. Dioscorid. lib. 1. de plantis, c. 70. & 77. D. Simon, in tr. de Intim. Execut. Crim. c. 7. th. 5. Wiewohl andere wollen / daß durch Einwerffung der Myrrhen der Wein viel anmuthiger und schmackhafftiger zum trincken worden / zumahl wenn man ihn warm gemachet / teste, Martiale, lib. 14. Epigram. Si calidum potas, ardenti Myrrha Falerne Convenit, & melior fit sapor inde mero! & Plin. Nat. histor lib. 14. c. 13. inquit: adhibeantur hanc in rem Myrrhata pocula, ut vinum inde saporis aliquid nancisceretur. CCCLXI. Allermaßen man denn auch bey der Creutzigung Christi / Wein / mit Myrrhen vermischet / hinbey gebracht / wie Matthaei. c. 27. v. 34. und Marci, c. 15. v. 23. zu sehen. vid. infra Caput Von der Creutzigung. Daß aber die Kriges-Knechte solchen mit Myrrhen und Weyrauch vermischten Wein auch noch mit Gallen verfälschet / wie Casaubonus, Exercit. 16. Sect. 80. will / hält ob-gedachter Kipping, d. c. 10. §. 3. nicht vor gläublich / und ist solcher Wein / welchen man dem HERRR CHRISTO am Stam̅e des Heil. Creutzes dargereichet / Smyrna genennet worden / teste Kipping, §. 4. in fin. pag. 71. add. Taubmann, in Comment. ad Plauti Asinar. Act. 5. Scen. 2. pag. 135. ubi dicit: Smyrnam veteres vocasse Myrrham. Zeiler, in Miscellan. pag. 184. führet an / daß ein zu seiner Zeit bekandter Medicus dafür gehalten habe / daß der Eßig ein Meer-Zwibbeln Eßig gewesen sey.
|| [456]
CCCLXII. Man soll aber mit Darreichung des Weins Maße halten / damit der arme
Sünder nicht dadurch an seinen Verstand gemindert / und gar truncken / noch auch
an seiner Andacht und Gebeth verhindert werde.
Const. Crim. Caroli V. art. 79. Ibi??? Remus, pag 80. nec non Manzius, pag. 319.
Fürstl. Sächß. Gothaische Gerichts- und Proceß-Ordnung / part. 3. c 9. M.
Rhostii libell. absolut. pag. 563.
Dandum enim est ducendo ad supplicium aliquod potiunculae, non ut mergat, sed
curas deprimat, inquit
Matth. Stephani, in not. ad d. art.
mens quippe vino obruta ne quidem hujus vitae negociis, nedum pietati rectè
vacare potest.
Dan. Clasen, in Comment. ad d. art. 79. n. 6. pag. 331. Freudius, in
Gewissens-Fragen / von Zauberey / quaest. 376. Otto, in Corp. Jur. Crim. pag.
235. Meckelnburgische Kirchen - Ordnung / fol. 247. 6.
CCCLXIII. Wenn Er nun in dem von den Soldaten / oder Ausschüssern gemachten Kreiß
kömmet / wird er wohl ein- oder zweymahl drinnen herum geführet / und ihm so
lange Zeit gelassen / biß er sein Gebeth verrichtet / auch vom Priester
nochmahls absolviret / und eingesegnet worden ist.
Dedekenn. supr. cit. loc.
CCCLXIV. Einige Scharffrichter pflegen alsdann / und vor der Execution den armen
Sünder um Verzeih- und Vergebung der That / so sie an ihnen / durch
Vollstreckung der zuerkanten Straffe ausüben / zu bitten / welches in Engelland
/ sonderlich bey Hinrichtung hoher Standes-Personen noch üblich ist / da die
Scharffrichter / welche mannigmahl vermasquiret / und wohl Krieges-Officirer
sind / daß man sie nicht kennet / auf den Schavot oder Trauer-Bühne / vor der
Person / so hingerichtet werden soll / niederknien / und üm Vergebung bitten.
Vid. das Neugeharnischte Groß-Britannien / pag. 117. bey der Königin Marien in
Schottland / Item des Grafen von Stafort. pag. 86. und anderer Hinrichtung mit
dem Beil.
Welches aber bey uns in Teutschland nicht gestattet wird / weil die Execution dem
Nachrichter von Gott u. der hohen Obrigkeit anbefohlen ist. Drum saget D.
Luther, an obangezogenen Orthe / davon also: Meister Hans sol [457] nicht sagen zum Ubelthäter / dem er sein Recht thun soll: Lieber N.
vergib mir / was ich heute an dir thun werde. Denn warum will er so sagen? Thut
er doch recht daran / darum darf er keines Vergebens / welches allein auf die
Sünde und das Unrecht gehet / denn sein Ambt ist / daß er das Unrecht soll
straffen: gleichwie es unrecht wäre / so ein Vater zu seinem Sohne / wenn er ihn
stäupen wolte / sagte: Lieber Sohn / vergib mir / daß ich dich stäupen will.
Nein / es ist recht gethan / drum soll es der Sohn leiden / denn GOtt will es so
haben.
Confer. Peinl. Sächß. Inquis. und Achts-Proceß / tit, 12. art. 2. §. 3. pag. 191.
Dan. Clasen, ad art. 97. const. crim. pag. 367.
CCCLXV. Alsdann kniet der arme Sünder bey dem vorher auf den Richt-Platz
geführten Sand-Hauffen nieder / oder wird wohl auf einen Schemel gesetzet /
dessen Arme von des Scharffrichters Gehülffen rücklings gebogen / mit Stricken
daran fest gemachet / ihm die Augen mit einem Tuch zu / und / wen̅
er mit dem Schwerd gerichtet werden soll / die Haare in die Höhe gebunden /
welches schon bey den Heyden / zur Zeit der Christen Verfolgung üblich gewesen /
wie D. Casp. Sagittarius, in tr. de Martyr. cruciat. pag. 76. & 77. §.
21. mit unterschiedlichen Exempeln erweiset.
Add. Tacit. 4. Annall. Ammian. lib. 14. Lips. in not. ad lib. 2. c. 2. de cruce.
Ingleichen bey den Juden /
Joseph. lib. 7. de Bello Judaic. c. 14. & Hegesipp. lib. 5. c. 47.
und ward solche Fascia oder Binde Maphorte genennet /
de qua voce vid. Gerhard. Voss. lib. 2. de vitiis Sermon. Lat. c. 23.
CCCLXVI. Indem nun die Geistlichen dem armen Sünder noch vorbethen und zuruffen /
HErr JEsu dir lebe ich / HErr JEsu / dir sterbe ich / HErr JEsu / dein bin ich
tod und lebendig! verrichtet der Nachrichter sein Ambt. Drauf singen die
Anwesende / worzu bißweilen auch wohl Knaben aus der Schulen / nebst ihren
Praeceptore, genommen werden / das Lied / Nun bitten wir den Heiligen Geist /
sc. sc. Und wenn solches zum Ende / fraget der Scharffrichter / das blosse
Richt-Schwerd noch in Händen habend / den Beambten oder Land-Richter / so nebst
den Schöppen und Gericht-Schreiber zu Pferde im Kreiß hält: Herr Richter! oder
herr Land-Richter habe ich recht gerichtet? [458] Dem dieser
antwortet: Du hast gethan / was Urthel und Recht mit sich gebracht!
Const. Crim. Caroli V. art. 98.
Oder / du hast Urthel und Recht eine Genüge gethan.
Peinlich. Sächß. Inquisition - und Achts - Proceß / tit. 12. art. 2.
Der Scharffrichter saget hierauf / das dancke ich GOTT / und meinem Meister / der
mir solche Kunst gelehret hat! thut darbey eine Vermahnung an das Volck / daß
sich iederman vor dergleichen Ubelthaten hüten / und niemand auf solche Maße
unter seine Hände gerathen möchte.
Volckmann, in Proceß. Crim. part 2. tit. 7. pag. 84.
CCCLXVII. Anderswo redet der Scharffrichter den judicem also an: Hr. Richter /
habe ich recht gerichtet / wie Urthel und Recht spricht / wie Urthel und Recht
gegeben hat / wie es der arme Man̅ (oder Mensch) verschuldet hat?
Dem antwortet er: Ja / du hast recht gerichtet / wie Urthel und Recht spricht
sc.
Dan. Clasen, ad art. 98. Const. Crim. Caroli V.
In welchen Articul aber stehet / daß der Richter antworten solle: So du gerichtet
hast / wie Urthel und Recht geben hat / so lasse ich es darbey bleiben.
CCCLXVIII. Worbey anzumercken / daß vor allen Dingen nöthig / daß die
Gerichts-Personen sich mit auf dem Richt-Platz begeben / um zu sehen / ob und
wie der Nachrichter das Urthel exequire / ob er den armen Sünder bald abhelffe /
oder lange quähle und metzele / denn auf solchen letztern Fall derselbe von den
Gerichten mit der Landes - Verweisung / oder mit einer ziemlichen Geid-Busse /
gar wohl angesehen werden kan.
Carpzov. part. 3. quaest. 137. n. 67. Mevius, ad Jus Lubecens. lib. 4. tit. 18.
art. 1.
CCCLXIX. Theils auch deswegen / daß sie dem Scharffrichter das bey dem Peinlichen
Hals - Gericht durch den Frohn-Bothen / Land- oder Gerichts-Knecht ausgeruffene
sichere Geleit durch die Soldatesca / oder den Ausschuß / desto füglicher
leisten / und Schutz halten können / wenn ihm etwa bey der Execution es mißlinge
/ daß er dem Verurtheilten nicht in einen oder zwey Streichen den Kopff her
unter hiebe / sondern noch wohl auf der Erden denselben vollend abhacken / oder
abschneiden müste / oder wenn ihm [459] das Richt-Schwerd
zersprünge / der Strick zerrisse / daß de Dieb / ehe er noch tod / herunter
fiehle / oder sonst ein ander Unfall zustiesse / und der tolle wütende Pöbel
wolte ihm / wie vielmahl in den grossen Reichs-Städten / und sonsten mehr
geschehen / steinigen / oder auf eine andere Arth niedermachen. Gestalt man denn
lieset / daß zu Lübec auf einen Tag fünff Scharffrichter / von den gemeinen Mann
erschlagen worden.
Zieriz, ad Const. Crim. Caroli V. art. 97. Supplement. Pract. in Obs. Wehneri,
pag, 31. & 32. Justin. Göbler / in der Lübeckischen Chronic. Lauterbeck
im Regenten-Buch / lib. 5. c. 9. fol. 322.
Item zu Magdeburg / Anno 1612. den 7. Augusti, der Scharffrichter Galle Albrecht
/ strack auf dem Platz tod blieben / dessen 2. Knechte aber sehr verwundet noch
davon kommen.
Jacob. Alemannnus, in Palaestra Consult. 9. pag. 932. & seqq.
CCCLXX. Welcher Frevel aber / wenn er sich begiebet / keines weges an den
gemeinen Pöbel / als welcher er der Obrigkeit verbothener weise in ihr Ambt
greifft / sonderlich aber an den Urhebern / befundenen Umständen nach / an Leib
und Leben abzustraffen.
P. H. O. art. 97. ibi??? Dan. Clasen, in Addit. pag. 367. Pet. Greg. Tholosan. in
Synt. Jur. Univ. lib. 31. c. 38. n. 7. Damhoud. in Prax. Crim. 152. Rub. de
Carnif. n. 12. Schönborn / lib. 3. Polit. c. 51. in fin, Keckermann. lib. 1.
Polit. c. 27. n. 301.
Praejudicia vide apud Alemannum,
d. Consult. 9. pag. 946. 147. 953. 965. 968. 970.
Eben also wird demselben gelohnet / welcher einen zum Tode verdammeten verwegener
und boßhaffter Weise aus des Scharffrichters Händen hinweg reißet / und davon
hilfft.
Jul. Clarus, lib. 5. §. fin. q. 68. n. 10. Decian. Tom. 2. lib. 7 c. 11. n. 12.
Petr. Gregor. Tholosan. lib. 31. c. 38 n. 6. Syntagm, Jur. Univers.
CCCLXXI. Wenn nun obgedachter maßen der Proceß seine Endschafft hat / wird der
Cörper des justificirten armen Sünders entweder / da er geköpffet / durch
gemeine Kerle / so keine Handwercks-Leuthe / noch auch in Innungen mit sind /
fortgetragen / und von dem Todten-Gräber auf den Gottes-Acker / an einen
besondern Orth der Mauren / iedoch ohne Ceremonien / [es würde denn aus gewissen
Ursachen von der hohen Obrigkeit zugelassen /] begraben /
Carpz. p. 3. q. 137. n. 69.
|| [460]
oder / nach Beschaffenheit de Umstände / andern zum Exempel aufs Rad geflochten /
oder verbrant / die Erhenckten aber am Galgen gelassen / wie das Urthel / und
iedes Orths Gewonheit mit sich bringet.
Jodoc. Damhoud. in Pr. Crim. c. 153. n. 13. Petr. Heigius, part. 2. q. 37. n. 31.
Carpz. p. 3. q. 137. n. 71. & 72.
CCCIXXII. Worbey der Judex ferner Acht geben und verbiethen sol / daß der
Nachrichter / oder dessen Knechte und Gehülffen denen armen Sündern / so
geköpfft / gehengt / oder aufs Rad geleget werden / die Hosen nicht ausziehen /
welches dieselbe / wenn sie noch gut sind / gerne zu practiciren pflegen /
sondern ihnen solche anlassen: damit sie nicht den Gerichten zum höchsten
Schimpff / und übler Nachrede / nackend und bloß / mit grossen Aergernis /
männiglich vor Augen gestellet werden.
Sebast. Guazzin. ad Desens. Inquisitorum, carceratorum, Reorum, &
condemnatorum super quocun??? crimine, Defens. 38. c. 9. n. 2.
Maßen denn Ammianus Marcellinus lib. 28. Histor. erzehlet / daß einsmahls ein
Scharffrichter / welcher zwey Weibes-Bilder / so Ehebruch begangen / aufgehengt
/ fase nackend ausgezogen / um deßwillen lebendig verbrand worden.
Cavalc. de Brach. reg. p. 4. n. 177.
Ich erinnere mich selbsten / daß Anno 1675. ein auswärtiger Scharfrichter D. zu
W. so auf sonderbaren gnädigsten Befehl bey einer Execution, da etliche
Strassen-Räuber / nach geschehener Hinrichtung mit dem Schwerd / auf die Räder
geflochten worden / denenselbe̅ / als die Gerichts-Personen
zeitlich heimgeritten / die Hosen ausgezogen / und in blossen Hembde liegen
lassen / daß man s. v. ihre pudenda sehen kön̅en / und die Kleider
strack fortgeschicket / deswege̅ er von der hohen Obrigkeit
angehalten worden / daß er Tuch kaufen / solches um die Cörper herschlagen / und
mit Nägeln anhefften müssen / hätte auch noch dazu eine tapffere Geld-Straffe
erlegen sollen / wenn sie nicht wäre erbethen worden. Drum thut der Richter wohl
/ wenn er mit den Gerichts-Personen da bleibet / biß alles verrichtet ist / und
die Leithern von den Galgen und Rädern wieder weggeschaffet worden / damit die
Nachrichter nicht sagen / noch sich entschuldigen können / es hätten es andere
gethan / und die Hoch-Gerichte beraubet.
CCCLXXIII. Sonsten aber hält Bartolus, in L. Divus n. 5. de bon. damnat. [461] davor / daß derjenigen Kleider / so hingerichtet
werden sollen / zuverkauffen / und davon die nötige Unkosten zum Theil
zubezahlen.
Seb. Guazzin, in tr. ad Defens. Inq. tom. 2. Def. 38. c. 9. n. 1.
Andere wollen / daß man sich hierin nach jedes Orths Gewohnheit richten solle.
Claurus, lib. 5. Sentent. §. fin. Quaest. 100. n. 4.
Was disfals in Franckreich üblich / berichtet
Boer. Decis. 346. n. 5.
Item zu Meyland /
Carpan. super nov. Const. Med. c. homicida, n. 1039. & seq.
Deßgleichen in Königreich Neapolis,
Joh. Ant. de Nigr. in c. gravamina, n. 100.
Et quid in statu Ecclesiastico, vide
Bajard. inq. 100. n. 6.
ubi subdit, quod rarò super hoc contingat dubitari, quin Executores spolient Reos
bonis vestimentis, antequam ducantur ad supplicium.
Chartar. de Execut. Sent. c. fin. n. 462.
Und Clarus schreibet von seiner Landes Gewonheit / d. q. 100. n. 4. also: Apud
nos [scil. in Ducaetu Mediolanensi] servatur, quodvestes viles, quibus indutus
est condemnatus, tempore, quo afficitur ultimo supplicio, praeter eas, cum
quibus est honeste sepeliendus, sunt Carnificis, preciosae verò distribuuntur
inter milites sive satellites???, prout etiam inter ipsos distributae fuerunt
vestes Salvatoris nostri, tempore sacratissimae suae passionis.
CCCLXXIV. Wenn arme Sünder abgethan werden sollen / pflegen auch wohl bey der
Landes-Fürstlichen Herrschafft die Herren Profeslores der Medicinifchen Facultät
auf den Universitäten anzuhalten / daß ihnen ein und ander Cadavervon denen / so
entweder decolliret, ersäufft / und gehengt worden / oder ihnen selbst das Leben
genommen / zur Anatomi verabfolget werden möchte / welches auch / wenn sie
deßwegen Befehl ausbringen / geschiehet / in Ansehung / daß solches dem gemeinen
Wesen zum Besten / und zu desto glücklicher Curirung ein und der andern
Kranckheit / auch denen Studiosis Medicinae zur Unterweisung dienet.
Spekhan, cent. 1. Quaest. 7. Freher, lib. 3. parerg. c. 25. Andr. Laurent. lib.
1. Hist. Anatom. c. 5. Limnaeus, de J. P. tom. 3. lib. 8. c. 4. n. 39. Kornmann,
de Miracul. mort. part. 9. c. 35. Zeiler, E [462] pist. 459. Corn. Agrippa, de Vanit. scient. c. 86. Gomez. tom. 3. Var.
Resolut. 14. n. 9. Carpzov. p, 3. Pract. Crim. q. 137. n. 52. & in J. P.
Consist. lib. 2. tit. 25. Def. 411. Adrian Beier, de Cadver. punitor. c. 3. n.
51. &. mult. seqq. Brunnemann. in Process. c. 10. n. 34. Seb. Guazzin,
in tract. ad Defens. Inquisit. tom. 2. Defens. 38. c. 8.
Welches etliche nur einzig und allein auf die Medicinische Facultät der
Universitäten restringiren, ausser denselben aber es nicht einmahl einem promoto
Doctori gestatten wollen.
Vid. Bechmann. Disp. de Privileg. Studiosor. tit. 3.
D. Schlegel tamen hanc sectionem Hamburgi instituit in usum Chirurgorum,
autoritate Senatus, scil. extra Electoratum & procul ab Academiis.
Carpz. Consist. lib. 2. Def. q. ???. Beier, d. tr. n. 74.
Des justificirten Befreundten ist es auch noch erträglicher / wenn die Cörper zur
Anatomi verabfolget werden / und das Fleisch unter die Erde kömmet / als wenn es
zu ihrer Schande an Galgen und Rädern von den Raben gefressen wird.
cit. Beier, d. tr. c. 3. n. 67,
CCCLXXV. Wir schlissen endlich dieses Capitul mit nochmahligen Zuruf an alle und
jede Richter.
Sehet zu ihr Richter / was ihr thut / denn ihr haltet das Gericht nicht den
Menschen / sondern dem HErrn / und er ist mit euch im Gericht / darum lasset die
Furcht des HErren bey euch seyn / und hütet euch / und thuts / denn bey denn
HErrn unserm GOtt ist kein Unrecht / noch Ansehen der Person / noch Annehmung
des Geschencks.
Lib. 2. Chron. 19. v. 6.
Item mit den Worten der Tentschen Glossae, im Landrecht / lib. 3. art. 30.
Höre zu / der du ein Richter bist / und siehe zu / daß du ein gleicher und
rechter Richter seyst / und gedencke an das strenge Gericht unsers HErrn JEsu
CHristi. Denn GOtt ist zu derselbigen Zeit und Stunde andem Orthe / wenn und da
du richtest / ein gestrenger Richter / und richtet über dich gleicher maßen /
als du über andere richtest sc.
|| [463]
Sic judica, [inquit Franciscus Petrarcha de Remed. utr. fortun. lib 1. Dial. 47.]
quasi mox ab alio judicandus. Unus est omnium Judex, unum tribunal incorrptum,
ante illud stabitis mortales. Quid falso corio judicis sellae judicariae
impresso & barbarica admonitione justitiae opus eft? Ea in sella
quisquis judicum sedet, ubi injustè judicabitur, nec pecunia nec gratia, nec
falsi testes, nec indignae preces, nec inanes minae, nec diserti proderunt
Patroni.
In summa unicuique providendum est, ne aliquem injustè persequatur, judicet vel
puniat.
c. unicui??? 82. caus. 11. Quaest. 3,
CAPUT III.
Von den Gericht-Schöpffen.
I.
EInige deriviren das Wort Scabinus, oder Scabini her à scateo, quod scilicet ex
iis Jus scateat & fluat.
Matth. Stephani, de Jurisdict. lib. 2. part. 2. c. 4. n. 51.
Andere sagen / Scabini seyn so viel / als Scaffini von scaffen / h. e. intendere,
curare.
Jacob Mayer. in Annalib. Flandriae, lib 10. p. 97.
Oder quasi Scamnini, quod in scamnis sedent, darum / daß sie sitzen sollen auf
der Banck des Gerichts.
Gloß. art. 10. Weichbild. Keckermann, lib. 1. System. Polit. c. 17. pag. 293.
Ubi hanc derivationem ridiculam vocat,
Dith. in contin. Besold. v. Banck / Banckner fol. 85.
II. Also auch das Teutsche Wort Schöffen oder Schöpffen / vermeinem [464] etliche / es kähme her von Schöpffen / haurire, als
die das Recht schöpffen / heraus ziehen / oder finden /
Stephan. d tr. lib 2. c 4 n. 50.
Cum saepius in Jure Saxonico ita dicantur.
Land-R. art. 12. lib. 2. & art. 69. lib. 3.
Andere leiten es her von dem Sächsischen Wort Schapen / & Belg. Schappen
/ quod est formare, concedere, Schaffen / ita ut Scabini Sententiam forment
& condant.
Martin. in Lexic. Philolog. ad hanc vocem.
Oder von Scheppen / quod est jubere.
Joh. Griphiander, in tr. de Weichbild / Saxon. cap. 64. n. 7.
III. Guicciardinus, in descriptione Belgii pag. 81. hält davor / Scabinus sey ein
Französisch Wort / Eschevin, welches auf Lateinisch Senator hiesse.
IV. Allein es kömmet her von dem Hebräischen Scaphat, oder wie es andere
schreiben Schavat, judicavit. Inde Schophet, oder Schovet, i. e Judex.
Becmann, de Orig. Lat. ling. pag. 969. Choppin. de Doman. Gallic lib. 3. tit. 20.
n. 4. Kirchner, de Republ. Disput. 11. Coroll. 1. pag. 172. Cujac. 1. Feud. 1.
Daher auch das Wort Schufft kommen soll. Scabini enim dum, Judicis Consiliarii
& Assessores sunt, etiam Judices dici possunt. Cum Judex [quem nos vulgò
den Hoff-Richter vocamus] in Scabinatibus vel Dicasteriis haud solus, sed cum eo
ipsius Assessores sive Scabini judicent. Unde etiam Jurati vocantur, geschworne
Richter und Urtheil-Schöpfer / weil sie die Urtheil schöpffen / & in
Tradition. Fuldens. lib. 1. n. 99. ita legitur: PRAECIPIENTE COMITE, ET SCABINIS
JUDICANTIBUS.
Speidel in Spec. Jur. v. Schöffen / pag. 1121. Limnaeus, in Jur. Publ. lib. 4. c.
8. n. 265.
V. Es waren aber vor Alters unterschiedliche Arthen der Schöpffen / als:
1. Frey-Schöppen /
Qui unà cum praefecto judicii sine operosa cognitione ex arbitrii liberta [465] te in perjuros aliosque facinorosos
animadvertere poterant, inde dicti liberi, inquirentium Sententiam. Cur ita sint
dicti, congessit
Speidel. voc. Frey-Gericht.
2. Vehme-Schöppen /
Qui quasi despumabant malos homines.
Gryphi and. d. tr. c. 59.
3. Send-Schöppen /
Scabini Synodales, Assessores Judicii Ecclesiastici.
Vid. Schottel. in tr. de Singular. in German. Jurib. & Observ. c. 6. pag.
205.
VI. Der Schöppen Ambt und Verrichten bey dem Grafen-Gericht beschreibet
weitläufftig Lehmann, in der Speyerischen Chronic. lib. 2. c 22. pag. 103.
& seqq. welchen der couriöse Leser aufschlagen kan / wenn er Belieben
träget / davon Nachricht zu haben.
VII. Heut zu Tage hat man auch noch ein- und andere Arth der Schöppen / denn da
sind Erstlich die / so in den Chur- und Fürstl. Schöppen-Stühlen sich befinden /
welche durch das gantze Land / so dahin gewiesen / in wichtigen und schweren
Fällen / Urthel und Recht sprechen. Sic soli Scabinatui Lipsiensi potestas
causas criminales in terris Electoratus Saxonici decidendi concessa est:
& clara hac de re extat Ordinatio D. Augusti Electoris, in fundatione
Scabinatûs Lipsiensis, hisce verbis: „Und damit / sonderlich in Peinlichen
Sachen / keine wiederwärtige Urthel in unsern Landen gesprochen werden / man
auch desselben eine rechte Gewißheit habe; als wollen wir hiermit diesem unsern
Schöppen-Stuhl Macht und Gewalt geben / in Peinlichen Sachen ALLEIN Urthel zu
fällen und zuerkennen: Immaßen denn wir solches an allen andern Orthen
abgeschafft / sc. Quae ordinatio postmodum à subsequentibus Dnn. Electoribus
saepius renovata & confirmata fuit. Hinc illorum Responsa jus &
consvetudinem faciunt.
Carpzov. p. 1. Pr. crim. q. 20. n. 30. & p. 3. q. 116. n. 26. nec non
lib. 2. Resp. 2. tit. 1. n. 15.
Also werden in den andern Sächsischen Fürstenthümern Gotha / Weimar und Eisenach
/ sonderlich in Peinlichen Sachen / die Acta in den Schöppen-Stuhl zu Jena
verschicket.
|| [466]
Vide die Fürstl. Sächß. Gothaische Landes-Ordnung / part. 2. c. 1. tit. 14. pag.
117. ibi.
Demnach von unsern Hoch-löbl. Vorfahren der Schöppen-Stuhl zu JENA zu dem Ende
geordnet ist / er deswegen auch zu Gnüge bestellet und versehen wird / daß bey
demselben zuförderst in den Peinlichen / sodann auch andern / in unsers gesamten
Fürstlichen Hauses Landen / vorfallenden Sachen / rechtliche Erholung geschehen
möge; Als wollen wir / daß insonderheit auch von Unsern Landen aus ordentlich in
allen Peinliche̅ Fällen bey demselben ermelte Einholung vorgehe
sc.
VIII. Zum andern Gericht-Schöppen / so bey Bürgerlichen und Peinlichen Gerichten
adhibiret werden / und Drittens Land-Schöppen / welche man bey Taxation und
Würderung der liegenden Güther und Gründe gebrauchet / so man theils Orthen
Werdiner nennet.
Dither, in contin. Besold. h. v. p. 786.
IX. Die Schöppen bey den Peinlichen Gerichten / von welchen wir hie sonderlich
handeln / werden darum dem Richter beysetzet / nicht nur / daß sie mit ihm die
Sachen in Verhör ziehen und beyräthig seyn / wie vor Alters in der Römischen
Republic die Assessores waren /
L. 1. L. veluti 7. ff. de Assessor. L. 9. §. 3. ff. quod met. caus. Speculator.
lib. 1. Part. 1. rub. de Assessor. §. 1.
unde etiam Consiliarii [Rathgeber] vocabantur;
L. pen. ff. de Offic. Assessor. L. consiliarios 3. L. in Consiliariis 10.
& seqq. C. de Assessor.
Sondern auch / daß sie mit ihm zusammen das Peinliche Gerichte machen und
bestätigen / die Sachen in Verhör ziehen / drin mit urtheilen / und also die
Justiz administriren sollen / vielleicht darum / daß man nicht eines einigen
[als des Judicis] Arbitrio und Wil???kühr allein anheim gebe / welches mehrer
Personen Nachdencken / Uberlegung und Erkäntnis erfoderte.
Philipp. in Comm. ad Decis. Elect. Sax. 39. obf. 1. n. 6. & 7.
Denn viele Augen / wie man im Sprüchwort faget / sehen doch mehr / als eins.
X. Drum auch diese Gericht-Schöppen und Beysitzer von des Richters Authorität mit
participiren, und gleichsam als Glieder den Leib des Gerichts / so zureden /
formiren und machen.
|| [467]
Unde dicitur, Assessorem adhaerere jus dicenti, sicut ulmus viti, & Judex
Idiota sine Assessore est sicut piscis sine aqua.
Joh. Bolognett. in Rubr. & L. 1. ff. de Assessor. n. 5.
Deren Sorge unter andern mit dahin gehet / daß keine unförmliche Libelle, oder
die / so was unzulässiges in sich halten / angenommen werden.
L. 9. §. 4. ff. de Offic. Procons. Donell. Enucl. lib. 18. c. 2: lit. k.
Brunnemann, ad L. Praesides 2. C. de Assess. Anton. Perez. c. eod. n. 4.
& 6.
XI. Und sind dieselbe / so wohl als der Richter / mit Eid und Pflichten dem
Gericht verwant und zugethan / daß sie nemlich denen Reichs-Constitutionibus,
auch beschriebenen Rechten / und jedes Orths guten Gewohnheiten gemäß / ohn alle
Affecten, und Ansehung der Person / richten und Recht sprechen sollen und
wollen.
Ord. Cam. Imp. part. 1. art. 4. And. Gail. lib. 1. obs, 369. n. 14. &
seqq.
Welches auch in der Churfl Sächß. Process-Ordnung c. 2. §. 1. vers. auch darzu
sonderlich geschwornen Personen gebothen sc. Et in Decision. Elect. 39. post
princ. verb. auch darzu sonderlich geschwornen Personen sc. verordnet ist.
XII. Und gleichwie vor Alters in den Grafen Gerichten keiner zum Schöppen
erwehlet und angenommen wurde / als die Schöppenbare freie Leuthe waren / i. e.
die ihre eigne Freyheit hatten an ihrem Eigen / und ihrer Person. Und das sind
die / weche Actu ipso Schöppen waren / oder aptitudine Schöppen werden konten /
und wegen solcher Freyheit auch Schöppen seyn solten.
Gloss. col. penult. Land-R. lih 1. art. 2. quae col. seq. addit.
Schöppenbar frey sind die / so zum Schöppen-Stuel geschworen haben / und alle
diejenige / die von ihren vier Ahnen / das ist von Vater und Mutter / und von
des Vaters Mutter / und von der Mutter Mutter / unbeschulden jn dem Gericht
sitzen / und die man auch zu Schöppen kiesen mag / ob man es bedarf.
Matth. Steph. de Jurisdict. lib. 2. p. 2. c. 4. f. 367. Schottel. in tr. von
unterschiedlichen Rechten in Teutschland c. 6. p. 195.
Also sol auch heut zu Tage dahin gesehen werden / daß zu Gericht-Schöppen /
sonderlich bey den Peinlichen Gerichten / keine stoltze / aufgeblasene /
gei [468] zige / zänckische / Partheyische /
anrüchtige / oder sonst Lasterhaffte / sondern Ehrlichgebohrne
(vel ad minimum legitimati, Arg. L. 2. ff. de Assessor. Hartm. Pist. Part. 1.
Quaest. 30.
Siquidem & spurios aliquos virtute praeditos admissos fuisse testatur
Christinaeus, Decis. 85. n. 4.]
Gottesfürchtige / Ehrliche aufrichtige / gewissen und Tugendhaffte Personen / die
eines guten Wandels sind / genommen werden.
Const. crim. Caroli V. art. 1.
Ja die da so rein sind / als wenn sie eine Taube ausgelesen hätte / wie man zu
sagen pfleget.
XIII. Et hujusmodi Assessores seu Scabinos ingenuos, bonae famae & fidei,
& aliàs, pro locorum conditione, qualificatos in provinciis quoque
terrarum Saxonicarum à Statibus suis, quibus Jurisdictionis exercitium competit,
in Judiciis adhiberi debere, vult & mandat Serenissimus Elector Saxoniae
In Ordin. Proc. Judic. c. 2. §.
Also versehen wir uns auch / hiermit befehlende / es werden und wollen andere /
die von uns mit Gerichten beliehen / oder dieselben in Ubung haben / sich
ebenmäßsig ihrer Gebühr und Schuldigkeit erinnern / und nicht allein solche
Gerichte mit ehrlichen / aufrichtigen / unschuldigen / untadelhafften / und nach
jedes Orths Gelegenheit / qualificirten Personen besetzen sc. Idque denuò
inculcat Serenissimus Elector
Decis. 39. in pr. ibi:
Daß / wenn einer von Adel / oder anderer Gerichts-Herr das Gerichte mit ehrlichen
/ aufrichtigen / unbescholtenen / untadelhafften / und nach jedes Orths
Gelegenheit / qualificirten / auch darzu sonderlich vereydeten Personen
besetzet. sc.
XIV. Ihr Eyd in Peinlichen Sachen ist in der Peinlichen Hals-Gerichts-Ordnung
Käyser Carls des V. art. 4. zubefinden / nemlich:
Ich schwere / daß ich soll und will in Peinlichen Sachen recht Urtehl geben und
richten / dem Armen als den Reichen / und das nicht [469] lassen / weder durch Lieb / Leid / Mith / Gab noch keiner andern Sachen wegen:
Und sonderlich will ich Käyser Carls des Fünften / und des Heil. Reichs
Peinlicher Gerichts-Ordnung getreulich leben / und nach meinem Verständnis
halten und Hand-haben / alles getreulich und ungefährlich / also helffe mir Gott
und die heiligen Evangelia.
XV. Ihre Verrichtungen sind neben dem / was albereit vorher erwehnet / noch
ferner / daß sie mit dem Richter und Gerichtschreiber darbey seyn / wen̅ ein erschlagener / ermordeter / oder sonst entleibter Cörper
besichtiget / und aufgehoben wird.
Carpzov. part. 3. Juris-Prud. For. const. 3. Def. 17. n. ult. Wehner, voc.
Zehent. Speidel. voc. Frais Pfand. Berlich. Part. 1. Dec. 93. n. 4.
XVI. Worzu aber nur ihrer zween erfodert werden.
idem Carpzov. p. 1. Prax. Crim. Quaest. 26. n. 32.
In den Elevischen und der Marck adhibiret man in solchen Fällen auch nur 2. Wenn
aber einer in Wasser ersoffen ist / gehet der Richter mit sieben Schöppen / aus
einem alda gewöhnlichen alten Gebrauch / hin / und lässet den Cörper solenniter
aufheben.
Gerh. Feltmann. de cadav. inspiciendo c. 4. n. 12.
XVII. Item wenn die gefährlichen Wunden eines beschädigten von den Gerichten in
Augenschein genommen werden / oder gar die Section von einen oder mehr Medicis
und Chirurgis, in Gegenwart des Richters 2. Gericht-Schöppen und des Actuarii,
an einem verblichenen Cörper geschiehet.
Juxta Const. Crim. Caroli V. art. 149. ibi:
Und damit dann in obgemeldten Fällen an gebührlicher Ermessung u. Erkäntnis
solcher unterschiedlichen Verwundung halber / nach der Begräbnis des Entleibten
/ desto minder mangel sey / soll der Richter samt zweyen Schöppen / dem
Gericht-Schreiber / und einem oder mehr Wund-Aertzten (so man dieselbe haben /
und solches geschehen kan] die dann zuvor dazu beeidiget werden sollen /
denselben todten Cörper vor der Begräbnis mit Fleiß besichtigen / und alle seine
empfangene Wunden / Schläge / Auswürffe / wie der jedes funden / und ermessen
würde / mit Fleiß mercken und verzeichnen lassen.
|| [470]
XVIII. Ferner werden bey den Territionibus, Torturen und Voltern / Item zu den
Ratificationibus der Urgichten / wie auch Ankündigung der Todes-Straffe / und
endlichen Gerichts-Tages die Schöppen adhibiret, welche alle Protocolla, nebst
dem Richter und Gericht-Schreiber / unterzeichnen müssen.
XIX. Bey Heg- und Haltung des Hoch Noth-Peinlichen Hals-Gerichts-werden etlicher
Orthen 7 biß 8. Gericht-Schöppen genommen / anderswo aber nur Sechse. Diese
müssen mit den Richter hinaus an die Fehmstät reiten / und allda so lange
verharren / biß die Execution an den armen Sünder gäntzlich vollstrecket ist.
Hernach begleiten sie den Richter wieder biß vor das Amt- oder Gerichtshaus.
CAPUT IV.
Von dem ACTUARIO Oder Bericht-Schreiber.
I.
ACTUARIUS wird er genennet von den Acten, damit er umgehet / solche hält / führet
/ schreibet und verwahret.
L. 33. §. 1. ff. ex quib. Major in integr. restit. Calvin. in Lexic. Jurid. h. v.
D. Christoph. Lange / in Isagoge ad Process. Jur. civ. & Saxon. c. 8. n.
1.
Gericht-Schreiber aber daher / daß er alles / was in und bey den Gerichten
täglich / ja stündlich vorfält / und ergehet / treulich / [471] und fleißig nieder schreibet / damit man davon jederzeit gründliche
und zuversichtliche Nachricht haben könne.
II. Der Actuarien wird gedacht
In L. Actuarii & L. pen. c. 3. Erog. L. annon. & L. Actuarios c.
de num. & Actuar.
Item
Novell. 108. & alibi.
III. [Greek words] oder [Greek words] heisset bey den Griechen Actorum scriptor sive
custos, & qui ratiocinia pertractat. Boerus,
Decis. 222. n. 7.
nennet sie GRAFFARIOS Judicis. Freherus,
De existimatione lib. 3. c. 25. n. 10.
Joh. Philippi, NOTARIOS AD BANCHUM.
in Observ. Jur. Pract. Decis. 38. obs. n, 4.
TABELLIONES, TABULARIOS sive EXCEPTORES. Galli SECRETARIOS CAUSARUM illos
nominant.
Mascard. de probat. concl. 1101.
Man heisset sie auch Trysoley Schreiber /
Teutsch Hereische Acta, fol. 112 194. 157. 195.
Nürnberg. Deduction-Schrifft / fol. 150.
Item Ambts- oder Gerichts-Actuarien, oder Notarien, Ambts-Gerichts- oder
Stad-Schreiber. Item Ober- und Unter-Stad-Schreiber.
D. Christoph. Lange / dict. Isagog. ad Process. Jur. civ. & Saxon. c. 8.
n. 1.
In den höhern Judiciis aber werden sie Protonotarien, Canzeley- oder
Gerichts-Secretarien genennet / welche ihre Amanuenses und Copisten haben.
Georg. Schulz p. 1. Process. jud. c. 8. n. 7.
IV. Und sind die Actuarii, kürtzlich zu sagen / solche Bediente / welche bey den
Gerichten alles ordentlich / und mit besondern Fleiß protocolliren und
registriren / auch die Processe, den rechten gemäß dirigiren / und die Acta,
Protocolla und andere Urkunden im Archiv verwahrlich behalten.
Clasen, in comment. ad constit. crim. Caroli V. art. 5. pag. 54.
Carpz. in Process. Jur. tit. 2. art. 4. n. 43. Richter Decis. 113. n. 4.
|| [472]
V. Vor Alters bey den Graffen Gerichten hat man gewisse-Gaw- oder Städte- und
Land-Schreiber gehabt / die wurden / wie capit. lib. 3. c. 43. lib. 6. c. 225.
zu sehen / CANCELLARII oder NOTARII geheissen / und sind von den Königlichen
Gesandten oder den Graffen zur Schreiberey in jeden Gaw angenommen und bestellet
/ auch zu ihrer Verrichtung beeidiget worden. In Annehmung solcher Schreiber hat
man dieses an ihrer Person in acht genommen / daß sie einen guten Nahmen / und
der Rechten / Ordnungen und Gewohnheiten / in jeden Gaw gute Wissenschafft
gehabt. Was vom Gericht für Bescheide und Urthel gefället / deren Copeien haben
sie / um gebührliche Belohnung / denen Partheien ertheilet / deßgleichen alle
Testamente, Kauf- und Wehr-Brieffe / Verträge / Ubergaben und alle andere Briefe
und Schreiben in gantzen Gaw gefertiget / und darum insonders in ihren Eyd
geschworen / daß sie keinen Brief verfälschen / noch etwas anders / als vor
Gericht gehandelt / absonderlich schreiben wollen. Im Fall einer darwieder
gehandelt / ist derselbe ohn alle Gnad zur Straffe verdammt / und seines
Dienstes entsetzet worden. Constit. Caroli, fol. 336. Notarii hoc jurare debent
per fingula loca, quod nullum scriptum falsum faciant, nec in occultum. Notarii
& legibus eruditi, & bonae opinionis sint, & jusjurandum
praebeant.
Arg. lib. 5. c. 6.
ut nullatenus falsitatem scribant, & qui hoc fecisse inventus fuerit,
praesentialiter damnetur.
Lehmann, Chron. Spirens. lib. 2. c. 25.
VI. Heut zu Tage bestehet ihr Ambt und Verrichtung in Bürgerlichen Sachen /
secundum memorabile
cap. quoniam contra falsam Assertionem 11. Extr. de probat.
IN CONSCRIBENDIS ACTIS JUDICIALIBUS UNIVERSIS, ut sunt: dilationes, citationes,
Judicum Accusationes, Exceptiones, Replicationes, Duplicationes, petitiones,
responsiones, interrogationes, confessiones, Testium depositiones,
Instrumentorum productiones, interlocutiones, Appellationes, renunciationes,
conclusiones, Sententia & coetera, quae in judicio vel ordinario vel
extraordinario occurrunt, ut scilicet omnia & singula illa competenti
ordine conscribant, loca, tempora & personas designando, atque eorum
omnium, quae conscripserunt, originalia, in judicii scrinio & camera
conservent, ut si fortè super [473] Processum Judicii fuerit
fuborta contentio, per hoc possit veritas declarari.
c. 11. Extr. de prob. Eberh. Speckhan. cent. 3. Class. 3. Quaest. 10. n. 6.
VII. In Peinlichen Sachen aber / nach Anleitung
Käyser Caroli V. Peinlichen Hals-Gerichts-Ordnung / art. 5.
daß sie fleißig Aufmercken haben / Klage und Antwort / Anzeigung / Argwohn /
Verdacht / oder Beweisung / auch die Urgicht des Gefangenen / und was gehandelt
wird / getreulich aufschreiben / verwahren / und so es Noth thut / verlesen /
auch darin keine Gefährde suchen und gebrauchen wollen. Gestalt denn ietzt
Allerhöchst gedachter Käyser
in den 182. 183. 184 185. 186. 187. 188. 189. und 190. Articuln
noch weiter anführet / was einem vereideten Actuario bey den Peinlichen Gerichten
zu observiren / und in acht zunehmen gebühret / welche von ihnen mit Fleiß
gelesen / und wohl practiciret werden müssen.
VIII. Insonderheit aber wird erfodert / daß der Actuarius eine Gottesfürchtige /
darbey gelehrte / geschickte / fleißige / unverdrossene / gewissenhaffte / der
gemeinen Käyserlichen / bevorab aber der in der Stadt oder Land / wo er sich
aufhält / üblichen Rechten und Gewohnheiten wohlerfahrne und kündige Person sey
/ damit er die Civil und Criminal-Processe, auch andere Gerichts-Händel / so ihm
vorkommen / vor sich selbst dirigiren, und nicht erst deßwegen bey andern / so
zureden / Feuer holen dürffe / ut monet Imperator Justinian.
in Novell. 82. Ruland. de commiss. lib. 1. c. 13. n. 4. Berlich. p. 1. concl. 8.
n. 21. Richter, p. 1. Decis. 113. n. 40. Brunnemann. Proc. Inq. c. 1. n. 7. pag.
25.
IX. Vornemlich in den kleinen Städten und Flecken / weil allda die Actuarii oder
Stadt-Schreiber die Stellen der Syndicorum mit vertreten / und der Stadt-Räthe
Augen und Hände gleichsam sind / dene̅ alles aufgebürdet wird /
und es wohl recht von ihnen heisset: SINE ME NIHIL POTESTIS FACERE.
Carpzov. dec. 201. n. 12.
X. Dahin ziehlet auch die
P. H. O. Caroli V. art. 1. vers.
|| [474]
Daß alle Peinliche Gerichte mit Richtern / Urtheilern und Gericht-Schreibern
versehen und besetzt werden sollen / von frommen / erbarn / verständigen und
erfahrnen Personen / so tugendlichst und best dieselben / nach Gelegenheit ieden
Orths zubekommen sind. Welches auch gleichfals in der
Chur-Sächß. Proceß-Ordnung / tit. 2. §. 2.
ausdrücklich also verordnet ist. Und in
Resolut. Gravam. tit. Von Justitien-Wesen / §. 32. vers. In allen Aemptern und
Städten sc.
wiederhohlet worden.
Vide etiam Decis. Sax. 39. concordat. Ordin. Wormat. de Anno 1521, tit. Ordnung
der Cammer-Gerichts-Canzeley. Item Reform. Cam. Spirens. de Anno 1531. §. Weiter
ordnen wir 43. Ordin. Cam. part. 1. tit. 26. §. Nachdem / vers. Eine erbare /
fleißige / verständige / gelehrte / geschickte und geübte Person / sc.
XI. Denn man hat zuweilen in der That befunden / daß etliche Gericht-Schreiber
nicht allein Fratres ignorantiae, sondern auch solche Leuthe gewesen / die ihrer
Boßheit und Affecten nachgegangen / und wenig Gewissen gehabt / wie Hippol. de
Marsil.
in Rubr. de Fidejuß. n. 39.
klaget. Indem manche falsche Protocolla gemacht / und darein gesetzet / so und so
wäre die Sache ergangen / die Zeugen hätten geschworen / und dieses und jenes
ausgesagt / oder die Inquisiten hätten freywillig bekant / daß sie die und die
That begangen / da es doch nicht wahr / sondern alles fälschlich von ihnen
erdichtet gewesen.
Cason. de Torment. c. 18. n. 3. & 4. Oldekop. tit. 4. Obs. Crim. 11.
XII. Drum auch solchen vorzukommen heilsamlich verordnet worden / daß man sie mit
schweren Eyden und Pflichten belegen solle.
Felin. in cap. quoniam 11. Extr. de prob. n. 42. & seqq. Fulv. Pacian. de
probat. lib. 1. c. 65. n. 72. & seqq.
Und zwar zu denen Gerichten / in welchen sie gebraucht werden.
P. H. O. art. 6. Ord. Jud, Elect. Sax. c. 2. ibi: denselben darzu absonderlich zu
vereyden / sc. & in Resol. Gravam, decis. 38. §.
|| [475]
Nachdem aber. Martini, in Comment. ad Ord. Proc. Jud. Sax. tit. 2. §. 2. n. 6.
ibi??? alleg. Ord. & Praejud.
Bevorab nach dem Sächsischen Landes-Brauch / in Gegenwart der Unterthanen /
Chur-Sächß. Proceß-Ordn. tit. 5. circ. fin. vers. Wollen wir. Carpzov. p. 3.
Decis. 201. n. 30. & 31.
Damit dieselbe ein destobesser Vertrauen zu ihn haben / und seinen Schrifften
völligen Glauben beymessen mögen.
Johann. Philip. in comment. ad. Decis 38. Obs. 2. n. 12.
Worauf auch die Schöppen-Stühle zu sprechen pflegen.
Vid. Carpzov. in Proceß. tit. 2. art. 4. n. 69. & lib. 2. Resp. 14. n.
17. nec non p. 3. Decis. 201. n. 35.
XIII. Doch wird in vielen Städten derselbe nur bey versammleten Rath / oder in
Beysein Richter und Schöppen in Pflicht genommen.
Berlich. p. 1. concl. 8. n. 56.
XIV. Wiewohl in den Adelichen Gerichten auf den Dörffern / auch ausserhalb
Sachsen / besser und nützlicher wäre / wen̅ solches gleichfals /
aus ob-angezogenen Ursachen / in Gegenwarth der Unterthanen geschehe.
Seb. Henr. Trescho, Disp. Inaug, de Jure Protocolli, c. 5. n. 30. & 31.
XV. Der Actuarien Eyd / sonderlich bey den Peinlichen Gerichten / ist in der
Hals-Gerichts-Ordnung Caroli V. art. 5.
zu finden / also lautend:
Ich N. N. schwere / daß ich soll und will in den Sachen / das Peinliche Gericht
betreffend / fleißig Aufmerckens haben / Klag und Antwort / Anzeigung / Argwohn
/ Verdacht oder Beweisung / auch die Urgicht des Gefangenen / und was gehandelt
wird / getreulich aufschreiben / verwahren / und so es Noth thut / verlesen /
auch darinnen keine Gefährde suchen und gebrauchen; und sonderlich will ich
Käyser Carls des Fünfften / und des Heil. Reichs Peinliche Gerichts-Ordnung /
und alle Sachen dazu dienende / getreulich fördern / und / so viel mich berühret
/ halten / also helffe mir GOtt und die Heil. Evangelia.
Plures formulas vide in
Ord. Cam. p. 1. art. 59. rubr. Der Gericht-Schreiber und Leser Eyd. Ord.
Moguntin. rub. Der Gericht-Schreiber Eyd. Ord. Jud. Comit. Spanheim, tit. 10.
|| [476]
Item bey dem Herrn Spathen / im Andern Band des Teutschen Secretarii, p. 2088.
& 2089. eines Stadt-Secretarii oder Stadt-Schreibers / Item eines
Gericht-Schreibers / Bestallung.
XVI. Und ob schon der Actuarius eine besondere Persohn von dem Richter und
Schöppen ist /
L. si quis 21. C. ad L. Corn. de Sicar. ubi Bald. n. 4. & in L. generali,
L. 3. C. de Tabul. Berlich. p. 1. concl. 8. n. 18.
so ist er doch eine Persona Publica,
c. quoniam 1. vers. Statuimus X. de probat. Covarruv. Pract. concl. 19. n. 4.
& 5. Martini, ad tit. 2. Ord. Proc. jud. Sax. §. 2. n. 2.
Und sein Ambt und Verrichtung ist so nothwendig / daß mancher Process, in
Mangelung seiner / vor null und nichtig erkant / und erkläret wird. Bevorab in
Peinlichen Sachen / die ohne dem von grosser Wichtigkeit sind / und mit
Bescheidenheit verrichtet werden müssen.
Author. Prax. crim. Alteb pag. 39.
Drum auch an einen geschickten Actuario und Gericht-Schreiber so viel gelegen /
als an einen guten Richter.
Carpzov. p. 3. Decis. 201. n. 15. Lange / d. Process. c. 8. n. 10.
XVI. Insonderheit aber hat er sich bey den Peinlichen Fällen dergestalt
zuverhalten / daß er alles / was vorgehet / wie / wen̅ / und durch
wem die Peinliche Klage / oder Rüge / vorgebracht / die Zeugen citiret /
vereydet / examiniret / und was sie ausgesaget: Item / wie und welcher gestalt
der Inquisit zur Hafft gebracht / wo er hingesetzet / wie er bewachet / und die
Verpflegung angeordnet worden; Ferner / was er gestanden / oder auch geleugnet:
Item wie er sich bey dem Examine erwiesen? Ob er frech oder Bescheidentlich?
furchtsam oder behertzt? einfältig oder listig? desgleichen wer bey der Verhör
zugegen gewesen / ja was von Anfang biß zum Ende des Processus vorgehet / bey
seinen Pflichten eigentlich und in guter Ordnung fleißig registrire / und mit
eigener Hand aufzeichne.
P. H. O. Caroli V. art. 181. 182. & 188. Ibi??? Dan. Clasen, Carpzov. in
Proc. Jur. tit. 2. art. 4. §. 4. n. 48. & 49. & p. 3. Decis.
101. Brunnemann, in Proceß Civ. c. 1. n. 81. & Crim. c. 8. m. 4. n. 6.
& membr. 2. n. 77.
|| [477]
Bevorab bey den Torturen, und Ratificationen der Urgichte / wovon schon droben im
andern Capitel ausführlicher Bericht geschehen. Summa / ein Actuarius bey
Peinlichen Gerichten hat sich mit seinen Gedancken und der Feder also in acht
zunehmen / daß er weder zu wenig / noch auch zu viel thue / nicht anders / denn
wie geredet wird / er gehöret und gesehen / registrire / und weiter nichts darzu
thue / noch davon lasse / sonst kan er mit einer einzigen Feder voll Dinten / ja
offt einen einzigen Umstand / den Gefangenen üm sein Leben bringen / auch wenn
er solchen ausläst / da er doch zubeobachten wäre / ihn der verdienten Straffe
entziehen / welches einen solchen Actuario bey GOtt / der Welt / und seiner
Herrschafft / schwere Straffe und Verantwortung bringet / und deswegen ein ieder
sich wohl vorzusehen hat. Facta enim subditorum judicantur â nobis, nostra autem
judicat Deus.
c. fact. caus. 9. quaest. 3.
XVIII. Ausser dem / soll er auch alle Registraturen und Verhören / mit seinen
Tauff-Nahmen eigenhändig unterschreiben / damit man sehen und wissen könne / wer
es geschrieben.
d. const. crim. art. 182.
& quidem hoc in testimonium veritatis, se scilicet omnia, quae in
protocollo scripta sunt, & audivisse & conscripsisse.
Vid. Cothmann. vol. 3. Resp. 30. n. 89.
XIX. Und vor allen Dingen verschwiegen seyn / nichts ausschwatzen / sondern haben
frontem apertam, lingvam parcam & mentem clausam, wie Oldekop,
in seinem Politischen Unterricht / part. 3. th. 34.
redet: Damit nicht die ausfallende Urthel vorher verrathen werde̅ /
und dadurch etwan dem Richter einige Gefahr / oder andere Ungelegenheit
zuwachse.
Arg. L. 19. §. 1. ff. de Offic. Praesid. Jacob. Otto, in Corp. Jur. Crim. p. 211.
Oder auch der Gefangenen Freunde und Advocaten nicht vor der Zeit erfahren / wie
weit es in der Sache kommen / was die Zeugen ausgesaget / oder sonst weiter mit
dem Reo vorgenommen werden solle.
Dan. Clasen, in Exeg. ad artic. 189. const. crim. pag. 781.
|| [478]
XX. Maßen er denn strack / nach geendigter Verhör / wenn Richter und Schöppen
abgetreten / die Acta und Protocolla, auch die Originalia wohl einzuschliessen /
und zuverwahren hat / auf daß nicht ein anderer / dem es nicht gebühret / drüber
komme / drin̅en stöhre / ein- und das andere / so ihm nicht
anständig / verfälsche / radire oder gar heraus schneide / und von den Acten
heimlich weg practicire.
Richter, part. 3. Decis. 113. n. 40. Joh. Philippi, in Obs. ad Decis. Elect. Nov.
38. Obs. 2. n. 19. Martini, in Processu, pag. 103.
XXI. Ob aber derselbe nothwendig ein creirter Notarius Publicus seyn müsse / und
sonsten nicht zuzulassen / ist die Frage? Etliche sagen Ja / und zwar darum /
weil die Acta und Protocolla, so der Actuarius führet und hält / vollkom̅enen Glauben haben.
Matth. Wesenbec. in Paratit. ff. de probat. n. 4.
So müste auch solche Function keinen andern / als der würcklich ein creirter
Notarius wäre / aufgetragen werden: zumahl da die Praesumtion vor einem Notario
sey / daß er anders nichts / als was wahr / und geschehen sey / geredet und
geschrieben habe.
Anton. Faber, in Cod. lib. 6. tit. 5. defin. 10. n. 7. Carpzov. in Proceß. Jur.
tit. 2. art. 4. n. 57. & part. 3. Decis. 201. n. 24.
Und weil auch bey den Gerichten offt vorfiehle / daß Testamenta, Vergleiche / und
andere Instrumenta aufgerichtet / und verfertiget werden müsten / worzu doch
nothwendig ein Notarius erfordert würde; Alß wäre es üm so viel besser / wenn
der Actuarius das Notariat hätte / damit nicht ein- oder der andere solche
Instrumenta anfechten könte /
L. orphanotrophos 32. C de Episcop. & Cleric. Speculator, p. 2. lib. 2.
tit. de Instrument. Edit. §. nunc dicendum 7. in pr. Andr. Gail. lib. 2. obs.
71.
in mehrer Anmerckung / daß die andern Actuarii nicht vorher examiniret würden /
wie die Notarii, und man also nicht gewiß seyn könte / ob sie zu dem Ambt
düchtig oder nicht.
Zasius, lib. 2. cons. 5. n. 97.
Drum auch Carpzovius,
d. art. 4. n. 60.
ausdrücklich setzet / es könte kein Gerichtlicher Actus bestehen / wenn nicht der
Actuarius ein Notarius sey.
|| [479]
XXII. Alleine weil in der Chur-Sächß. Proceß-Ordnung nicht ausdrücklich
zubefinde̅ / daß er ein creirter Notarius seyn solle / sondern
sie nur bloßhin des Worts Notarien gedencket / welches nicht allezeit von einen
creirten, Käyserl. Notario zu verstehen und aus zulegen / sondern / den gemeinen
Rechten nach / von einen / der in den Gerichten nachschreibet / genommen wird /
juxta Paul. in L. Lucius Titius, ff. de milit. Testam. Pratejusin, Lex c. voc.
Notarii.
auch grosse Confusion und Zerrüttung machen würde / wenn die Acta und
Registraturen, so von den Actuariis, die keine creirte Notarien, von langer Zeit
biß hieher gehalten und geführet / mit grossen Schaden der Herrschafft und der
Unterthanen / solten vor ungültig / null und nichtig gehalten werden; So hat
Churfürst JOHANN. GEORG. II. zu Sachsen / glorwürdigsten Andenckens / dieses
Dubium in der 38. Decision dergestalt abgethan / daß nemlich in Bürgerlichen
Sachen nicht praecisè erfordert werde / daß der Actuarius ein creirter Notarius
sey / wenn er sonst legalis ist / sondern nur allein in Peinlichen Fällen / oder
es solte ein ander Notarius ihm adjungiret / und dieser auch zu den Acten
vereydet werden. In Criminalibus enim majori cautela, circumspectione &
fagacitate opus est, quàm in civilibus.
Joh. Philipp. in comment. ad d. Decis. Elect. 38 n. 51. add. Resolut. Gravam.
Noviss. tit. von Justitien-Sachen §. 32.
XXIII. Ausserhalb den Churfürstenthum Sachsen / und denen darzugehörigen Landen
aber wird dieses / auch bey den Peinlichen Gerichten / nicht so strictè
observiret, sondern es kan ein ehrlicher Mann / wenn er sonst nur legalis ist /
das seine studiret und erfahren hat / so wohl die Stelle eines Actuarii bedienen
/ als ein Notarius.
D. Christoph. Langelin Isagog. ad Process. Jur. civ. & c. 8. n. 28.
XXIV. Denn es gibt deren ohne dem heute zu Tage viele / [rechtschaffene tüchtige
werden hiemit nicht gemeinet / vielweniger ihnen zum Schimpf es hie angeführet]
die des Macherlohns nichts werth sind.
Georg. Christoph Walther, de Stat. Jurib. & Priv. Doctor. c. 23. §. 171.
pag. 49.
Nachdem [schreibe Herr Spathe / in dem Anhang seiner Secretariat-Kunst / im
Fünfften und Letzten Angeben / pag. 406.] ihre Schöpffer / die [480] Käyserlichen Hof-Pfaltz-Grafen so gemein worden / daß auch oft
geringe Schreiber / wie leider! die Erfahrung bezeuget /
[Comitivam istam obtinuit Johannes Baurschmid / Pastor, in Seukendorf / &
Neudörffer Arithmethicus. Besold. in Thes. Pract. v. Pfaltz-Grafen]
sich solcher Würde rühmen können / gibt man (gegen einen schlechten recompens,
als etwan 2. 3. biß 4. Thal. oft dem eine Feder und Dintenfas in die Hand /
welchen ein Dreschflegel oder Karst und schmier-Eimer an Wagenbesser anstünde.
Der vornehmste Rechtsgelehrte Covarruvia sagt zwar / daß weil der Notarien Lohn
ihnen nicht so wohl um der Hand / als Sinnen-Arbeit und offener Ambts-Würde
willen / gereichet werde / sie dahero vor Unedel nicht zuhalten / aber dieser
hohe Gemüthts-Adel ist heut zu Tage gar wenigen bekant / und findet man ietzo
gar selten diejenige Beschaffenheit bey den Notarien, die an ihnen erfodert wird
/ zugeschweigen / wie offt um eines geringen Pfennigs willen / das Gewissen an
den Nagel gehengt / oder von den ungelehrten Knotharten (Notarien wolte ich
sagen /) Sachen geschrieben / und aus den vorhandenen Notariat-Büchern
ausgeschrieben werden / die sie selbst nicht verstehen / vielweniger urtheilen
und verthädigen können. sc. tactenus der Herr Spathe. Aber solchen
Hof-Pfaltz-Grafen / welche diese Würde nur zu ihren eigen Nutz und Krämerey
schändlich mißbrauchen / eigene Mäckler halten / die ihnen solche untüchtige
Hümpler und Stümpler zuführen / ja denenselben wohl gar gedruckte Diplomata
zuschicken / und Raum zum Nahmen / Jahr und Tag drinn lassen / um solche noch
hienein zusetzen / mit auftragender Commission / daß / wenn einer sich anmeldete
/ so und so viele gebe / man ihm solch vollzogen Diploma aushändigen / und ihn
als einen Noth-Narren /
[wie Bornit. lib. 2. c. 15. de Instrument. und Daniel Clasen, de jure
Legitimationis, concl. 4. pag. 27. sie nennen-]
damit hin springen lassen solle / wenn sie der Comes Palatinus schon mit Augen
nicht gesehen / vielweniger examiniret, solte man das Comitiv abnehmen / und
noch darzu härtiglich bestraffe̅n. Nam Comes Palatinus potestatem
sibi per Privilegium concessa alteri delegare nequit.
Bald. in rubr. extr. de offic. deleg. & in L. gesta ad pr. C. de re
Judic. Sixtin. [481] de Regal. part. 1. c. 4. n. 110. Matth.
Stephani. lib. 1. de Jurisd. cap. 18. n. 84. Christian Gastel, de statu Europae,
pag. 745. n. 11.
Et de Comitibushisce, qui in conferendis titulis nimiùm propensi ac liberales
sunt, lubet ad addere, quae habet D. Lansius,
in Discurs. de Academiis, fol. 92.
dum ita scribit: Deus bone, quae hodie passim illorum Doctorificum, Notarificum,
Poetificum Comitum Palatinorum in literas & literarios honores grassatur
potestas? Quae in dignitatibus deturpandis regnat indignit as? Penè eò res
redit, ut Comites ad morem circulatorum, qui vicatim Pharmaca venditant, pro
quavis pecuniola laureas vendant: & ita verboso ac Theosophiae pauperi è
turba concionatori Theologiae, Rabulae latratori & dupondio è foro
Jure-Consulti, unguentario aut Mulo-Medico è circulis Medici Doctorales titulos,
pannoso autem Versifici, pro offa, & quovis crudo & incomposito
versis,
Qui thuris piperis??? sit cucullus,
Poët ae nomen & insignia cum omnibus Privilegiis, quae excellentissimis
tantùm debentur, ex plenissima potestate conferant. Overè plenissimam
potestatem! Quae potestas utina̅ non titulos modò, seà &
vitulos facere posset, ne tantâ annonae caritate in macello fatigaremur:
quandoquidem rarius nunc ??? Polonia & Hungaria boves adducuntur. Huc
usque Lansius. Et Valentin Winther,
in Parthen. litigioso, lib. 2. c. 7. n. 41. pag. 491.
dicit: Remedium necessariò adhibendum, ne Comites Palatini suis abut antur
Comitivis, & omnes admittant ad publicum Tabellionatum, etiam, qui
nesciant principia linguae Latinae, ut inquit Joh. Petr. Ala, tr. de Advocat.
& caus. Christ. p. 2. Exerc. 4. in fine. Sed paucos legales, idoneos,
habiles, qui in gravioribus adhiberi, & omnia benè notare debent, utpote
Tortura & aliis Actibus litigiosis.
Gomez, tom. 3. var. Resol. c. 13. n. 6. Menoch, lib. 2. A. I. Q. Cas. 340. n. 10.
Farinac. de Indic. & tortur. lib. 1. tit. 5. q 37. n. 140.
Uti vidi Privilegium originale, Illustrissimo cuidam Germaniae Principi datum, à
Carolo IV [cujus autoritate etiam Bartolus JCtus Comes Palatinus creatus est,
Anno 1358.
Farr. mont. lib. 5. de Feud. c. 7. v. regalia.] triginta duntaxat Notarios
& Judices ordinarios creandi. Hodie vel trecentos facerent Agyriae
quidam, inutilia Judiciorum pondera, litium suscitabula, ita ut nullus ferè
pagus non Notarium, seu potius NOTARUM TRIUM HOMINEM alat. Absit injuria dictis.
Hactenus ille:
|| [482]
Add. Crusius, de Indic. delict. lib. 2. c. 34. n. 45. Vide quoque Zeiler, Epict.
300. pag. 335.
allwo er den Fiscal und Cammer-Procurator perstringiret, daß sie auf diese
strafbare Dinge nicht achtgeben / und zugleich die Authores, welche die Actuarii
uud Notarien fleißig lesen sollen / anführet.
XXV. Weiter fält die Frage vor / ob nicht der Beambte / Richter / Bürgemeister /
oder wer sonst dem Judicio vorgesetzet / zugleich das Ambt des Actuarii mit
übernehmen / und verrichten könne / daß man also eines absonderlichen
Gericht-Schreibers nicht bedürffe? Matth. Berlich,
Part. I. concl. 8. n. 48. und 49.
und die allda häuffig allegirte DD. negiren solches. Weil dieselbe zugleich / und
auf eine Zeit zweyerley Dienste nicht verbringen / vielweniger 2. Personen
repraesentiren könten.
L. ult. C. de Assessor. L. penult. ff de Offic. Assessor. L. Libertas §.
praescriptio ff. ad Muncipal. Octav. Caecheran. cons. 64. n. 5.
Et acta scribi debent de mandato judicis: Nemo autem sibi ipsi potest committere,
cum committentis & commissi separata esse debeat Persona.
arg. L. ult. X. de. Instit.
Quod ampliatur, etiamsi Consul vel Judex sit etiam Notarius publicus
Bart. in L. servus communis ff. de Stipul. Serv. n. 2. vers. quaero pone quod
aliquis, & seq. Felin. in c. quoniam 11. X. de Prob. n. 54. Guid. Pap.
Decis. 546. incipit utrum judex n. 1. vers. contrarium tenet.
Nam Judicis non est, Acta facere, sed Acta observare, & secundum ea
judicare,
L. illicitas 6. §. I. & ibi DD. de Offic. Praesid. Mevius, part. 1.
Decis. 120. n. 2. Richter, ad tit. 20. lib. 2. X. de testib. c. 28. n. 41.
Etquae ad officium Actuarii spectant, per judices expediri non possunt.
Pacian de Probat. 64. Guazzin. ad Defens. reor. def. 20. c. 14. n. 3. ubi dicit,
quod Acta per Judicem scripta sint nulla.
Es wird auch allein dem Protocoll eines geschwornen Actuarii oder Nota [483] rii vollkommener Glauben gegeben / zumahl wenn es bey
den Gerichte gehalten worden.
Rosbach, in Prax. civil. c. 8. n. 4. vid. Seb. Henric. Treschoens Disp. inaug. de
Jure Protocolli, c. 4. & 6. per tot.
Ja solchem Protocoll mehr geglaubet / als des Richters blossen Vorgeben / daß die
Sache anders ergangen sey.
Supra cit. Lange, in Isagoge ad Proc. Jur. c, 8. n. 7. Ruland, de Commiss. part.
2. lib. 5. c. 6. n. 2.
Es könte denn das Gegentheil erwiesen werden / quae probatio tamen clara, liqida
& exacta esse debet, und hat das Juramentum keine Stat.
Berlich, part. 1. conel. 8. n. 25. 26. & 27.
Uber dieses kan auch keiner zugleich Judex und Actuarius seyn / in Actibus
contentiosae jurisdictionis,
Lange, dict. Process, c. 8. n. 22.
Wohl aber in Actibus voluntariae Jurisdictionis, wie auch in causis modici
praejudicii & brevioribus.
Georg. de Cabedo, p. 1. Decis. 6. Guid. Pap. decis. 664.
Und wenn es des Orths also Herkommens und üblich ist.
Georg. Schulz, part. 1. Process. jud. c. 8. n. 7. Carpzov. in Proc. jur. tit. 2.
art. 4. §. 4. n. 51.
Ober ein grosser Herr / der keinen Höhern erkennet / oder doch zum wenigsten die
Landes Fürstl. Obrigkeit hat / solches also expressè beföhle und verordnete.
Lange, citat. c. 8. n. 23.
Hi enim tantum possuntin suis Territoriis, quantum Imperator in Imperio.
Zas. 1. cons. 29. lib. 2. Knich. de Jure Territ: c. 1. n. 361.
Ipsum Imperatorem in suo Territorio repraesentant,
Gylmann. 1. Symphor. part. 1. tom 3. vot. 7.
Vicem Imperatoris obtinent, eique aequiparantur.
Schrader, cons. 3. n. 386.
Jedoch wird es mit denen von Adel nicht so genau genommen / als die nicht
allezeit auf dem Lande einen Actuarium oder Nota rium bey sich haben können /
wenn sie ingeringen Bürgerlichen Sachen durch ihre Schreiber [484] ein und das andere protocolliren lassen / wenn sie nur solches
eigenhändig unterschreiben.
Baldus, in L. jubemus 14. §. sane c. de Sacro-Sanct. Eccles. n. 10. sub fin.
Felin. in c. quoniam 11. X. de probat. n. 1. & 54. Berlich. part. 1.
concl. 8. n. 58. Lange, d. c. 8. n. 21. ibi??? Praejudicium Lips.
Ja es werden auch mannigmahl die Küster und Schuelmeister auf den Dörffern zu
Gericht-Schreibern gebraucht / wie bey dem
Carpzov, lib. 1. Jurisprud. Consistor. tit. 6. Defin. 88. per tot. zu sehen.
Wenn auch der Actuarius aus Unverstand etwas thut / so den Partheyen schädlich /
ist er solchen Schaden zu entgelten schuldig.
Schneidewin, in pr. Instit de Oblig. quae ex qs. delict. oriuntur. n. 5.
& 10. Emeric. à Rosbach, in Process. tit. 8. n. 9. Berlich. part. 1.
concl. 8. n. 37.
Item / wenn er mehr oder weniger schreibet / als die Partheyen geredet.
Bart. in L. ult. C. de Magist. conven. Rosbach. d. tit. 8. n. 10. oder schreibet
/ was er nicht hätte schreiben sollen.
arg. L, si mensor. 5. §. hoc judiciumff. si mensor fals. in od. dixer. Berlich,
d. l. n, 39.
oder was verhelet / oder ausgelassen.
L. cum. 14. c, ad Leg. Corn. de fals. Mynsing. in c. quoniam X. de Probat. n.
118.
Und ob wohl von rechtswegen der Actuarius nicht irren solte /
Const. crim. Caroli V. art. 203. ibi??? Matth. Stephani.
So kan er doch / wenn wasversehen wird / zuwellen solchen Irthum im Protocoll und
der registratur wohl ändern.
vid. Berlich. d. concl. 8. n. 41. ibi??? alleg. DD.
Zumahl / wenn es in continenti geschiehet /
c. Praeterea 7. X. de testib. cog.
Welches biß auf drey Tage von den DD. extendiret wird.
per L. fin. C. de Error. Advoc.
Wiewohl es auch noch etwas länger hernach geschehen kan / wenn der Irrthum
beweißlich beygebrach werden mag: Doch ist es besser / wenn es so bald geändert
wird / ita, ut phrasis in continenti, strictè capiatur.
Confer. Felin. ad d. c. praetera n. 10. & 11. Trescho, de Jure Protocolli
c. 5. n. & 8,
|| [485]
Si enim semel in protocollum relata confessio rei, vix aliter admittitur
revocatio, nisi errore probato. Unde Henr. Zaes.
Comm. ff. tit. de Confess. n. 8i
dicit, quodC onfessio revocari possit, antequam redigatur in scriptis, poftea
vero porbandum esse errorem. Hinc cauti solent esse Advocati, ut mox urgeant,
quò Protocollo inseratur confessio: Ich acceptire dieses / als ein Judiciale
Confessum, und bitte solches zu protocolliren.
XXVI. Recentioris aevi vocabulum Protocollum est, nec apud Romanos quondam
frequentatum. Inde nec in Pandectis hujus vocabuli mentio fit. Imò nec in Codice
haec vox reperitur. An apud Graecos Authores in usu fuerit, perinde dubito:
Graecum tamen illud esse, compositio, seu ad minimum prima compositionis
particula satis innuit. Hinc & in Graeco Novellarum textu haec vox
occurrit, quod inter alia docet inscriptio Novellae 44. [Greek words], quae vox [Greek
words] quater reperitur in d. Nov. 44. t. fin. Compositum verò hoc
vocabulum, juxta communiorem opinionem, ex voce [Greek
words], quod primum significat, & [Greek words], quod gluten sive glutinum denotat.
Didas. Covarruv. Pract. Quaest. cap. 19 n. 2.
Unde [Greek words] glutino significat; [Greek words] glutinis expers, [Greek words] auro agglutinatus; ut inde [Greek words] sit prima concinnatio seu
conglutinatio scripturae, quae postea meliorem elaborationem vel extensionem
desiderat; id enim, quod antiquitus in glutine vel cera, quae per tabulas
extensa erat, scribebatur, Protocollum fuit appellatum.
Jac. Blum. Process. Cam tit. 63. n. 3.
Germanis der Entwurf; vel das Projeckt / oder das Concept Guido Pancirol.
in Thesaur. var. Lect. lib. 1. cap. 26 in fin.
Protocollum dictum putat, quasi primum chartae collum. Character enim extremitati
superiori chartae impressus erat, qui designabat, legitimam hanc chartam esse,
cui Instrumenta inscriberentur. Als wie heut zu Tage das gestempe???te Pappier.
Trescho, de jure Protocolli c. 1. n. 12. & 13.
XXVII. PROTOCOLLUM ex usu moderno nihil aliud, quàm Codex Notarii, Secretarii vel
Actuarii tàm Judicialis, quàm extrajudicialis, in quem referuntur causae
& negotia, de quibus Instrumentum [486] aliquod
confecerit, vel quo ordine in judicio quicquam actum vel productum sit, quam
significationem Veteribus planè incognitam fuisse dicit
Rittershus. ad Novell. part. 9. c. 24. n. 4.
Germanicè ein Gerichts-Buch / Gerichts-Protocoll.
XXVIII. Das Protocoll eines Notarii muß haben folgende Requisita,
1. Ut sit requisitus,
2. Ut ipse Notarius conscribat protocollum,
3. Ut hoc subscribat &
4. Relegat,
5. Ut in eo scribantur substantialia Instrumenti,
6. Ut Notarius insolitis abbreviaturis & Zyphris abstineat.
Von welchen ausführlich saepè citatus Trescho,
de Jure Protocolli, cap. 2. per tot.
handelt / und gelesen werden kan.
XXIX. Wenn er aber kein Protocoll aus Fahrläßigkeit gehalten hätte / wird er
arbitrariè gestrafft.
Bald. ad rub. Cod. de fide Instrum. Menoch. A. J. Q. lib. 2. cas. 370. n. 1.
Mascard. de Prob. concl. 1094. n. 31. Farinac. quaest. 154. n. 35.
Und muß den Partheyen alle Schäden und Unkosten ersetzen und gutthun.
Pr. L. ult. C. de Magistr. conveniend. cit. Farinac. quaest. 156. n. 97.
XXX. Wenn er es aber dolosè und arglistiger Weise gethan / hat er poenam falsi
verdienet.
Menoch. de A. J. Q. lib. 2. cas. 370. n. 5. Mascard. concl. 1099. n. 33.
Ja Card. Tusch. Pract. concl. lit. I. concl. 247. n. 7. Covarruv. Pract. quaest.
cap. 19. n. 3. vers. quinto. Lanfranc. in Prax. cap. 9. n. 15. in fin. wollen
gar / daß man den Notarium deßhalben angreiffen lassen könne. Quod tamen non
simpliciter aut indistinctè admittendum.
XXXI. Soll demnach ein Notarius sich höchstens angelegen seyn lassen [1] daß er
ein richtig Protocoll halte und führe / [2] solches verwahre und in acht nehme /
u. [3.] daß es so eingerichtet sey / daß auch nach seinem Tod die Partheyen
ihren recurs dahin nehmen / Nachricht draus haben / und finden mögen [487] Juxta Ordin. Notarior. Maximiliani Imperatoris,
Coloniae Anno 1512. conditam §. fürter so befehlen wir / daß ein jeder Notarius
in alle Wege geflissen seyn sol / zu haben / und mit höchsten Fleiß zuverwahren
/ auch nach ihm zuverlasse ein Protocoll, darin alle und jede Handlung / von ihm
ergangen / dazu er gebethen wird / von ihm selbst beschrieben.
XXXII. Wenn aber ein Notarius vorgäbe / er hätte sein Protocoll verlohren / wird
ihm nicht geglaubet / er könte denn solches erweisen.
Farinac. Quaest. 154. n. 40.
Conservatio enim Protocolli pertinet ad officium Notarii, hinc idem amisisse non
praesumitur, nisi probaverit. Ja / wenn er auch schon schweren wolte / wird ihm
nicht geglaubet.
Cephal. lib. 2. cons. 170. n. 6.
& alii allegati à Farinaceo, d. Quaest. 154. n. 40.
Sondern man kan ihn mit der Tortur angreiffen / wie
Covarruv. Pract. Quaest. Tom. 2. cap. 3. in fin.
will; allein wenn der Notarius ein ehrlicher / gewissenhaffter Mann / und von
guter renommèe, auch kein gnugsamer Verdacht verhanden ist / daß er das
Protocoll arglistiger Weiser vorenthalte / hat der Reinigungs Eyd stat / per ea,
quae tradit
Carpzov. Proc. tit. 14. art. 4. n. 66.
Nam & in aliorum Instrumentorum editione hoc juramentum obtinet.
per l. ult. §. sed si quis juret C. de fide Instrum.
Nec ad torturam, nisi in gravissimis causis, deveniri solet.
XXXIII. Ferner kan der Judex nichts mit Bestand dem Protocoll des
Gerichts-Actuarii oder Notarii vor sich einverleiben / oder hinbey schreiben.
Berlich. concl. 8. n. 48. ibi??? alleg. DD.
Nam judex hoc modo egreditur sui officii limites, & hinc fidem non
meretur, etiamsi esset Notarius publicus.
Trescho, de jure. Protocolli, c. 5. n. 49.
Es sey dan an einem Orth es also eingeführet / wie droben gemeldet.
XXXIV. Also / was extraordinariè bey den Gerichten forfält / soll der Actuarius
eher nicht registriren, es befühle es ihm dann der Richter. Actuarius enim totus
dependet à Judice.
|| [488]
Brunnemann ad Wesenb. tit. de fide Instrument. Quaest. 14.
Eine andere Beschaffenheit aber hat es mit dem / was ordinariè vorgehet / denn da
darf er auf keinen Befehl warten / sondern muß ungeheissen sein Ambt verrichten.
Berlich. dict. concl. 8. n. 23.
XXXV. Ein Formular eines Protocolls
vide in Treschoens / Disp. inaug. de jure Protocolli c. 5. n. 62. de jure
Protocolli pag. 77. Item in Peinlichen Sachen / Prax. Alteb. pag. 73. 74. 75.
89. 90. 101. & seqq.
XXXVI. Sonsten aber hat der Actuarius die Relationes der Gerichts-Diener und
Bothen / welche die Citationes weggetragen und insinuiret, oder sonst in andern
Verrichtungen verschickt gewesen / guter Nachricht halber / fleißig und
umständig zu registriren.
Carpz. in Process. jur. pag. 76. in fin.
Si enim de insinuatione & relatione nuncii non constet, & citatus
emaneat, non potest contra eum procedi in contumaciam.
Richter, Decis, 113. n. 47.
Item den terminum, zu disputirung der Zeugnisse /
Resol. gravam. nov. Joh. Georgii II. Elect. Sax. tit. von Justizien Sachen §. do
sich auch. Carpz. part. 1. const. 18. def. 12. Nicolai, in Process. c. 63. n.
20.
Wie auch den diem interpositae Appellationis,
Mindan. de Process. lib. 1. c. 7. n. 1. Mevius part. 1. Decis. 57. Carpzov. lib.
3. Resp. 114. n. 18.
eigentlich zu notiren, damit es deßhalber keinen Streit und Irrthum gebe.
XXXVII. Ferner hat er sich vorzusehen / daß er in den Citationen nicht den
Terminum auf einen Feyertag / da keine Gerichte gehalten werden / setze.
Martini, in Comment. Forens. tit. 4. §. 2. pag. 152. ibi??? allegati.
Soll auch keinen / ohne Vorwissen des Judicis, citiren,
Quirin Schacher / in Colleg. Pract. pag. 637.
Sondern denselben alles gebührend vortragen / und drauf Resolution erwarten.
Berlich. concl. 8. n. 22. Dither, in addit. Besold, voc. Gericht-Schreiber.
|| [489]
XXXVIII. Actuarius Judicii, qui dolosè Instrumentum ex Archivo judiciali, in
fraudem alterius surripit, crimen falsi committit.
Bechmann. Tom. 2. Exercit. exot. part. 2. p. 246. n. 76.
XXXIX. Wenn eine Parthey aus wichtigen Ursachen den Actuarium vor verdächtig hält
/ wird derselbe entweder gar von der Sache gelassen / oder ihm ein Notarius ad
ungiret.
L. apertissimi 9. C. de judic. Joh. de Plat. in L. nulli C. de num. &
Actuar. lib. 10. Lange, d. c. 8. n. 13.
Suspicio autem contra Actuarium solo probatur juramento.
Alex. Cons. 104. lib. 5. n. 3. Steph. Gratian. Discept. Forens. 99 n. 53. Boer.
Deces. 258. n. 7.
XL. Bey den Commissionen ist gleichfals nöthig / daß ein Actuarius zugegen sey.
Vide Carpzov. Processum juris, tit. 2. art. 4. §. 5. n. 60. & seqq.
usg??? 65.
XLI. Subsistit Testamentum extra locum judicii coram judice & Scabinis
factum, licet nullus adfuerit Actuarius vel Notarius, aut si etiam custodiae
causâ in locum securiorem fuerit translatum.
Carpz. part. 2. Dec. 148. per tot.
Coram Actuario & duobus Scabinis confectum valet quoque. Si vero Actuario
simul exercitium ipsum jurisdictionis [quod à Dynastis ac nobilibus com̅uniter fieri videmus] speciali mandato commissum sit, quo casu
ipsius Judicis personam repraesentat, tunc unicus Scabinus sufficit.
Joh. Philip. Us. Pract. Inst. lib. 2. tit. X. Ecclog. 48. n. 12. & seqq.
usg??? adfinem; ibig??? praejudicia.
XLII. Er kan auch den Partheyen so lange die Acta vorenthalten / biß ihme zuvor
seine Schreibgebühren abgetragen und bezahlet sind.
Coler, de Process. execut. p. l. c. 2. n. 246. Carpzov. part. 2. const. 25. def.
23.
Pauperi verò ea sub cautione juratoria subministrare tenetur.
Vide Christoph. Lange, in Isagoge ad Process. Jur. civ. & Saxon. c. 38.
n. 21. & 22.
XLIII. Wegen seines Salarii aber hat er bey dem Concursu Creditorum kein weiter
Vorzugs-Recht / als nur / wenn er in des debitoris Kost gewesen.
|| [490]
Idem Carpz. part. 1. Const. 28. def. 29. Bechmann, tom. 2. Exercit. exoter. 1.
part. 2. n. 98. pag. 22.
XLIV. De Notario mentiente
Vid. Balth. Conrad Zahnen / de Mendaciis, lib. 2. cap. 64. per tot.
CAPUT V.
Von den Berichts-Dienern / item Stock- und Kercker-Meistern /
Ambts-Frohnbothen / Stadt- und Land-Knechten / Häschern und
Diebes-Fängern.
I.
1. DIese haben so wohl in den beschriebenen Rechten / als auch bey den Auslegern
derselben unterschiedliche Nahmen: Den̅ da werden sie genennet /
1. Administri, ut liquet ex lib. 12. C. tit. 53. 54. 55. 56. 57. 58. 59.
& 60. 2. Cohortales, §. ex provincialibus autem de defens. civit. in
auth. const. 25. Petr. Greg. Tholosan. in Syntagm. Jur. Univ. lib. 47. c. 40. n.
3. 3. Exsecutores, L. ait Praetor. §. si. exsecutor ff. de negot. gest. ab
exsequendo dicti. 4. Caesariani & Catholici, L. pen. §. fin. C. de bon.
proscript. quod illi essent in causa Caesaris Prafecto Orientis per totum
orientem administri, id enim Catholicum, universale & generale
significat. 5. Apparitores, L. apparitores C. de Episc. & tot. tit. C.
de Apparitor. 6. Viatores, §. triplici, Instit. de Action. L. fin. ff. de judic.
L. magis puto §. illud quaeri potest ff. de reb. eor. qui sub Tut. Ardensg???
ita irâ Tribunus viatorem mittit ad Consulem, Consul lictorem. Liv. lib. 2.
Viator dicebatur antiquitus Senatus minister, per quem ex agris vel oppidis
vocabantur in curiam vel judicium, siquidem proceres plerumg??? extra Urbem
Romam in agris morabantur, [491] cum in Consilium Publicum
desiderabantur, à villis avocabantur in Senatum, ex quo qui munus illud obibant,
Viatores, â via, dicti sunt. Columella, lib. 1. de de rustica. 7. Nuncii, L.
omnes 33. §. executoribus C. de Episcop. & cler. L. 1. §. nunciatio de
nov. oper. nunt. C. cum parati de Appellat. hinc Sacer nuncius, der Fronbot. 8.
Accensi, à ciendo, quod cierent, vel vocarent, quos juberet Consul. Petr. Greg.
Tholos. d. c. n. 15. 9. Pedelli, oder Gerichts-Pedellen / D. Christoph. Lange /
in Isagog. ad Proceß. Jur. Civ. & Saxon. c. 9. n. 4.
Originem vocis vide apud Besold. in Thes. Pract. h. v. & Rud. Godofr.
Knichen, op. polit. Volum. 1. lib. 2. part. 7. Sect. 2. c. 2. th. 20.
Hieher gehören auch die Canzelley-Gerichts- und Ambts-Bothen.
Lange / d. l. n. 5.
Welchen / weil sie in Eydes-Pflichten stehen / völliger Glauben in ihren
Verrichtungen gegeben / und ihre Relationes, wie sie dieses und jenes / auf
Befehl des Judicis, verrichtet / zu den Acten registriret werden soll.
Carpzov. in Proceß. Jur. lib. 2. art. 4. n. 78. Dither, in contin. Besold. v.
Hoff-Gerichts-Both / p. 293.
II. Diejenige aber / so die Delinquenten gefangen nahmen / beysteckten / und in
Verwahrung hatten / hieß man Lictores, à ligando, teste Gellio, als die nicht
allein Macht hatten / einen / so sich streüben und wiedersetzen wolte / zubinden
/ sondern auch gar ins Gefängnis zuführen / wie solches in Oratione Cicerenis,
pro Rabirio, zusehen / da er unter andern auch diese Worte setzet; I Lictor,
colliga manus! gehe hin Stadt-Knecht / und binde ihm die Hände zusamme! Brutios,
zum Schimpf der Brutier, Völcker Jtaliae, welche in etlichen Schlachten von den
Römern darnieder geleget / und so gering auch verächtlich gehalten wurden / daß
man sie weder unter die Bundes-Genossen / noch auch unter die Soldatesca
annehmen wolte / sondern sie musten denen Römischen Bürgemeistern und
Raths-Herren / wenn sie in die Provincien derreiseten / als Knechte aufwarten.
Strabo, lib. 6.
Idem & adversus Picentes & Lucanios observatum, qui viatorum
& tabellariorum loco habiti sunt.
Petr. Greg. Tholosan. lib. 47. Syntagmat. Jur. Univ. c. 40. n. 16.
|| [492]
Carcerarios,
Damhoud. prax. crim. c. 17.
Stratores, quia stratum ac victum captivis curabant,
L. 1. C. de custod. reor. ubi v. Cujac. stratores. lib. 10. Mich. Freudius, in
Gewissens-Fragen von Hexerey / quaest. 303. n. 25.
Claustrarios,
Idem Damhouder, d. l. n. 9.
Cipparios,
Idem. n. 9. & 12.
Praefectos sive Praepositos & Custodes Carceris.
L. Carceri 8. ff. de custod. & exhib. reor.
Optiones,
Per L. Divus Adrianus, ff. de bon. damnat.
Quasi optatos & allectos ad custodiam captivorum agendam.
Budaeus, in L. quibusdam fin. ff. de jur. immunit. Vid. Cujac. in paratit. ad
tit. de Custod. & exhib. reorum, circa finem. Item Obs, 33. &
omninò D. Adrian Beiern, de bonis damnator §. 36.
Allwo er zugleich anführet / daß vor Alters bey den Römern in Krieg Optio eben
derjenige gewesen / welchen man / nach Arth unser ietzigen Miliz, einen Corporal
nennet. Quale nomen carcerum custodibus ab Augustino & Ambrosio quoque
tribuitur, quorum postremus ita scribit: Neg??? Paulus, neg??? Silas tempus
distulerunt, quin Optionem carceris baptizarent. Prudentius carceris Mancipes,
alii Carcerarios aut Ergastularios sive Ergastula nominant.
Vid. Cujac. in comment, ad tit. 16. C. de pistorib. Gloß. in L. 10. C. de Episc.
aud.
eos Capitaneos appellat.
In L. autem 4. C. de custod. reor.
Principes carceris vocantur.
Bartolus, in quaest. 6. n. 7. & 14. illos
Carceratarum personarum Depositarios nominat.
III. Sonst werden sie auch Commentarienses gennennet.
|| [493]
In L. Divus Adrianus, ff. de bon damnat. L. judices Dominicis C. de Episcop.
audient. L. 4. de custod. reor. Plinius, lib. 5. c. 38. Beyer, d. tr. §. 38.
Und hält zwar Accursius davor / es komme dieses Wort à comitando, von Begleiten
her / comitantur enim eum, quem custodiunt; oder daß man den Orth Commentarium
genennet / darinnen die Gefangene enthalten würden; allein Barnabae Brissonii
Meinung in tr. de verb. signif. in voce Commentariensis, wie auch Budaei, in
annot Pandect. ad tit. ex quib. caus. Major. ist besser / welcher auch viele
andere Rechts-Lehrer beystimmen.
Vid Pandulph. Pratej. in Thesaur. Jur Civ. & Canon. fol. 120.
Daß nemlich Commentariensis daher benennet worden / weil er / als ein Vorsteher
der Gefängmüsse / alle und iede Nahmen / auch Alter der Gefangenen: Item was sie
verbrochen / und in welchen Zustand sie sich befunden / ordentlich aufschreiben
/ und solch Verzeichnis alle Monat denen Trium-Viris Capitalibus, oder dreyen
Blut-Richtern zu Rom einhändigen muste / bey Vermeidung gewisser Straffe / wie
ex L. de his 5. C. de Custod. reor.
also lautend / zu ersehen: Nisi intra trigesimum diem semper Commentariensis
ingesserit numerum personarum, varitatem delictorum, clausorum ordinem,
aetatemque vinctorum, officium viginti auri libras AErario nostro jubemus
inferre. Und diese Anordnung wahr sehr gut / damit die Peinlichen Richter
allezeit Wissenschafft haben möchten / was sie vor Gefangene hätten / und was
dieselbe verbrochen / auch üm so viel eher die Schuldigen abstraffen / die
Unschuldigen aber loß lassen konten.
Pr. d. L. 5. C. de custod. reor. Sigon. lib. 2. de Antiq. Jur. Prov. 1. Gallon.
de Cruciat. Martyt. pag. 165. Salbach. lib. 3. part. 2. c. 18. Antiq. Rom. Frid.
Schreiber / disp. inaug. de Commentariens. th. 1.
Maßen denn zu Meyland solches noch üblich seyn soll / wie
Julius Clar. Sentent. lib. 5. §. fin. cap. 46. n. 4.
bezeuget. Item in Hispanien, teste
Gomez, c. 9. de Delict. n. 7. in fin.
Und wäre wohl zu wünschen / daß bey uns in Teutschland sothane gute und nützliche
Anordnung auch geschehe / so würde mancher armen Gefangefangenen Sache eher
erörtert werden / als leider! so geschiehet.
|| [494]
Schneider, d. Disp. th. 30. Oldekop, tit. 3. obs. 16. n. 4. 5. & 6.
Es hatten auch die Commentarienses gewisse Coadjutores in ihren Verrichtungen /
wenn sie abwesend wären: Denn sie wurden offt verschicket / bald / diesen bald
jenen gefangen zu nehmen / wie fast heut zu Tage die Gewaltiger im Kriege.
Clasen. in Comment. ad art. 180. Const. Crim. Caroli V. p. 760.
Sonst findet man das Wort Commentariensis in L. in fraudem 54. §. quoties 7. ff.
de jur. Fisci, ex qua patet, Commentarienses etiam appellatos fuisse eos, quorum
manu Acta subnotabuntur, quoties apud Fiscum agebatur.
Adde L. quas gratias 1. §. & est S. C. de offlc. Praef. Praet. Afric.
Erant & in Legionibus Commentarienses. Qui ab Accursio Accensi, item
Cornicularii vocantur.
vid. Coel. Rhodigin. Lect. Antiq. lib. 17. c. 10. Wesenb. oeconom. Jur. lib. 12.
c. 12. pag. 224.
Fit etiam mentio Commentariensium in L. unica nullus C. ad Leg. Jul. de Ambit.
ibi: Commentariensis gradum repetere. Et sie videtur nomen esie Ordinis
& promotionis iu militia per Barnab. Brison. Quanquam Brunneman, in
Comment. C. ad tit. de custod. reor. per Commentarienses gradum, officium
praefecti Carcerum probabilius intelligat.
Schneider, D. Disp. th. 2.
IV. Sunt Lutetiae, & alibi in Gallia satellites seu viatores aut
prehensores qui dicuntur Sergens, ab uno eorum officio, quod incarcerent
homines. Id enim significat nomen compositum de Serrer les gens.
V. Tholosae plura genera sunt horum Satellitum. Nam quidam Regii, ut alibi, qui
in potestate Regia officium exsequendi habent, quidam Civici, qui vocantur
Capitolini & excubiarum, Sergens des Capitols, & du guet.
Cohortales, cum familiam habeant propriam, & sint sub cohorte praefecti
Vigilum, quem vocant Capitaine du guet, & illius cohortales, Forrons, à
nomine Vulgari Forrer. i. e. sine ratione & consideratione qualitatis
cujusquam negotium exsequi. Quod nomen maximè odiosum Scholasticis, cum quibus
illi bellum gerunt, nullis conditionibus componendum [wie die Studenten mit den
Heschern zu Leipzig] unde illos furones, quasi furiosos vel fures dicunt.
Petr. Greg. Tholos. in Synt. J. U. lib. 47. c. 40. n. 4.
|| [495]
VI. Galli Commentariensem appellant le Concierge, le Guet de Chastelet, le
Geolier, qui ont leurs Sergens. Itali, il Barigella, il Capitaneo degli Sbiri.
VII. Apud Muscovitas Nedels nick est commune quoddam officium eorum, qui homines
in jus vocant, malefactores capiunt, carceribusque coercent.
Farinacius, lib. 2. de testibus, tit. 6. q. 56. art. 11. n. 372.
Und Tranquillus Ambrosinus,
lib. 2. proc. inform. c. 1. n. 14.
nennen sie Birruarios.
Chassanaeus, in consuetud. Burgund. tit. des Justices §. 7. vers. Vamande de
simple recuse n. 46.
aber berichtet / daß die Soldaten / welchen man den Gefangenen zu bewahren
anvertrauet / Birruarii geheissen würden.
Ut rescrib. Impp. in L. 1. C. de Sport. Christoph. Crusius, de indic. Delict. p.
1. c. 95. n. 12.
VIII. Bey uns Teutschen heisset man sie / sonderlich im Kriege / Gewaltiger /
Profose und Stecken-Knechte / ausser dem aber / Stock- und Kercker-Meister /
Wacht-Meister / Hauptmann / Ambts-Stadt- und Land-Knechte / Hescher /
Diebes-Fänger / Clauditgen / [ab includendo, von einschliessen.]
Zeiler, Epist. 352.
Auch wohl Büttel / welches so viel ist / als ein Nachrichter / weil vor Alters
dieselbe auch zugleich die Gefangenen in Verwahrung hatten / wie Livius, lib. 6.
berichtet / wenn er schreibet: Eum pati vinctum in carcere, in tenebris,
obnoxium carnificis arbitrio ducere animam.
Vid. Lib. 2. Land-Recht / 61. ubi Glossa dicit:
Ein Büttel heisset darum also: daß er des Richters / und des Gerichts Bothe ist.
Wehner. obs. pract. pag. 405. v. Püttel vel Büttel.
IX. Jener Beambte hieß Schertz-weise seinen Land-Knecht Holofernes, weil er
nemlich die böse Buben von ferne holen / und herzu führen muste.
X. Theils Orthen werden sie Richter genennet / und zwar abusivè, indem sie weder
zu richten / noch zu schlichten haben / sondern bloße Ambts- oder Land-Knechte
sind / Gefälle eintreiben / und die / so etwas verbrochen / ins Gefängnis
stecken. Solcher Nahme könte vielleicht wohl geändert / [496] und diesen Leuthen / nach Gelegenheit ihrer Verrichtung / ein anderer gegeben
werden / weil es den Richtern / so die Justiz administriren, schimpflich zu seyn
scheinet / einen Nahmen mit solchen Kerlen gemein zu haben. Etliche sagen es
käme noch daher / daß vor alten Zeiten / an etlichen Orthen / diese das
Peinliche Gerichte hegen und halten müssen / und also daher der Nahme Richter
geblieben. Anderswo heisset man auch diejenige Richter / welche die Processe
oder Urthel exequiren. Also wird zu Franckfurt am Mäyn der oberste Richter
genennet / welcher dem Bürgemeister die Fasces, nemlich den silbernen Stab
nachträget.
Supplementum Wehneri, pag. 58. voc. Richter.
XI. Theils Orthen haben sie den Nahmen Schergen / welches vor Zeiten bey den
alten Teutschen ein ehrlicher Nahme war / und nahm man nur darzu erbare / fromme
/ reiche / wohlgesessene Leuthe.
Zeiler, Epist. 58. Besold, in Thes. pr. h. v.
XII. Sonsten gebühret der Obrigkeit / daß bey Erwehl- und Annehmung solcher
Ambts-Stad- und Land-Knechte / sie mit fleiß sich umsehe / wo sie düchtige
Leuthe / auf die man sich verlassen könne / erlange; Allein Jodocus
Damhouderius,
in Praxi Criminali cap. 17. n. 1. & 2.
hat schon über die Boßheit und Leichtfertigkeit solcher Leute zu seiner Zett
geklaget / wenn er also schreibet: Sunt hodiè [quod sine dolore commemorare non
possum] permulti Carcerarii tot sceleribus coinquinati, tot tamque foedis vitiis
infamati, ut ipsi verius nervis sint implicandi, & coërcendi compedibus,
quam quos ipsi durissimis vinculis immaniter constringunt. Nempe strenui
potatores, scortatores, adulteri, suarum captivarum aut compressores, aut ad
libidinum varias species conniventes coadjutores. Et ne quid saevius interim
dicam: Carceres Justitiae profanantes, aut dissimulatione abuti permittentes, ut
hinc propriis suis libidinibus serviant, aut certum quaestum [licet turpissimum]
secretò faciant. Inveniuntur alii, qui muneribus corrupti captivos aut claustra
aperiant, aut sibi vim illatam ad eruptionem simulent, aut ad varias
effractiones conniveant, & fortassis etiam subsidium praebeant, aut
propriis Carceribus incendium inferant. Sunt alii, quibus res est contractior,
qui captivos suos aequo durius excipiant in clementius tractent, partius
subserviant, saevius in vincula & compedes conjiciant, contumeliosius
alloquantur, commissa exprobrent, missas portiones aut minu [497] ant, aut prorsus sibi reservent. Debitam carceris quoque
portiunculam tenuius praebeant, hisque modis miseros captivos inedia torqueant,
& afflictis afflictionem conduplicent. Sunt alii praeterea
Commentarienses verius aleatores, quàm officiarii justitiae, qui nullum non
aleatorum genus in carceres inferunt, per quod captivi sua deperdant, ipsi
undecunque suum lucellum venantes, captivos suos quacunque in re (ne dicam
exspoliantes) emulgentes, nihil pensi habentes, quomodo suos patientes
excipiant, tractent & dimittant, & c.
XIII. Thomas Garzon, in Piazza Universale, Discursu 150. beschreibet auch die
Stadt-Knechte und Diebes-Fänger nach der Italienischen Landes-Manier gar artig /
wenn er also setzet: „Ob schon diese Profession, oder dieses Handwerck ziemlich
schlecht / ja fast an allen Orthen beynahe für unredlich / dahin auch fast die
beschriebene Rechte zuverstehen / geachtet wird: So muß man doch hergegen
wiederum bekennen / daß es / zur Handhabung der Justiz, und einer ziemlichen
Furcht / in einem Land- oder Stadt-Regiment / nothwendig sey. Sintemahl man
allda solche Leuthe halten muß / die / wann es die Noth / und die Excesse oder
Mißhandlungen erfordern / einen bösen Buben angreiffen / und mit Gewalt / wieder
seinen Willen / für die Obrigkeit führen / daß er gestrofft werde. Und ist
unmüglich / daß ohne derselben Ambt und Fleiß ein Regiment in Stille / Ruhe und
Frieden möge erhalten werden. Derohalben sie auch an allen Orthen nicht allein
von der Obrigkeit bestellet und belohnet / sondern auch fleißig wieder allen
Gewalt beschützet und beschirmet werden: Also / daß wer sich mit Muthwillen und
Gewalt an ihnen vergreifft / gestrafft wird / als wenn er sich an der Majestät
der Obrigkeit selbst vergriffen hätte. Sie sind von wegen ihres Ambts fast an
allen Orthen in solchen Ansehen / daß sich beynahe iederman vor ihnen scheuet /
als welche der hohen Obrigkeit Person / was die Handhabung und Execution der
Justizien belanget / repraesentiren. Sie gebiethen auf derselbigen Gnade und
Ungnade / daß man mit ihnen gehe / wann sie nur einen mit ihren Rüthlein / so
sie in der Hand führen / anrühren / [wie zu Neapolis gebräuchlich] und muß
beydes Groß und Klein ihnen nachfolgen / damit ihm nicht ein ärger Schimpf
wiederfahre. Denn dieses ist eine Ehre / die sie nur den ansehnlichen Leuthen
anthun. Wenn sie aber mit einen gemeinen Mann zuthun haben / erhaschen oder
greiff en sie denselbigen nur bey den Armen / oder bey den Daumen / welches
der [498] Hescher-Griff ist / oder binden ihn mit
Stricken / oder legen ihn Ketten oder Fessel an / und führen ihn / mit lachendem
Munde / in aller Erbarkeit dahin. Auch gehöret dieses zu ihrem Ambt / daß sie
einen Gefangenen / nach Verwürckung in das Gefängnis werffen / in den Bloch
schliessen / Händ- oder Fuß-Schrauben anlegen / eine oder mehr Strappezaten
geben: auf allerhand Weise peinigen und voltern / nemlich auf die Volter ziehen
/ mit angehengten Eisern oder Bleyern Gewicht / oder sonst peinigen / mit dem
nassen Hembd / mit der Ruthen / mit dem Feuer / bey den Füssen / mit der
Pickelhauben / mit glüenden Würfeln / mit Nadeln unter den Nägeln / mit dem
Haar-Seil / mit dem Pferd / mit der Geissen / und andern dergleichen künstlichen
Stücken mehr / damit sie manchen schwätzen machen / daß es ihm seinen Hals /
oder das Leben kostet. Die Gefangenen sind ihre Unterthanen / welche ihnen alle
Ehre erzeigen / und gute Wort geben / so lange sie ihrer bedürffen / und fast
ihrer Gnade leben müssen / laden sie bißweilen zu Gast / daß sie mit ihnen
zechen / in Hoffnung / sie sollen desto besser von ihnen gehalten werden / oder
aber / daß sie / wann sie diese Herren wohl beschenckt / daß sie truncken und
schläfferig worden / möchten davon kommen / wie es denn bißweilen geschiehet.
Die Bauren halten sie auch in grossen Ehren / als welche wohl wissen / daß sie
leichtlich etwas verderben können / darüber sie ins Gefängnis köm̅en möchten. Wann sie sich derohalben einmahl von ihren Geschäfften abmüßigen
können / und aufs Dorf kommen / lauffen die Bauren ihnen mit dem Scheib- oder
Bad-Hut in der Hand entgegen / laden sie ein / setzen sie / wenn auch schon
andere Gäste da / oben an / und erzeigen ihnen alle Ehre / nach Vermögen / auf
daß sie dermahleins / in der Noth / einen guten Willen bey ihnen finden: Wiewohl
sie dessen wenig geniessen / sondern werden auf solche gemachte Kundschafft
ihnen nur desto beschwerlicher. Und wenn etwas auf dem Lande zuverrichten / sind
die Bekandten die ersten / die man heimsucht / und müssen die Bauren diesen
Herren manchen Ritt aushalten / dazu sie doch nicht einmahl dürffen sauer sehen
/ sonsten ist das vorige alles verlohren / wiewohl auch ausser dem / wenn die
armen Leuthe das Unglück trifft / daß sie ihnen in die Hände fallen / wenig
Gnade von ihnen zugewarten / sie werden dann auf ein neues geschmieret. Ihr
eigen Ambt / und fürnehmstes Geschäfft ist / daß sie Tag und Nacht in der
gantzen Stadt ümher schleichen / ob sie einen Dieb / einen / so ungebührliche
Waffen trägt / einen [499] Todschläger / einen / so den Zoll
verfahren / einen Kundschaffer / oder sonst einen erwischen und antreffen mögen
/ der irgend in einem Stück das Stadt- oder Land-Recht übertreten. Seynd
derhalben allezeit unmüßig: Des Tages lauffen sie in der Stadt und auf den Felde
/ alle Strassen und Gassen / alle Kram-Plätze und Häuser / wo sie können / aus.
In der Nacht schleichen sie üm die Mauren / enge Gassen / üm die Huren-Häuser
und Gar-Küchen / und suchen überal / wo sie ihr Wildpret möchten antreffen:
allda sie aber bißweilen wieder einen Knebel-Spieß / Pfahl und Prügel lauffen /
daß ihnen der Rücken kracht. Es ist sonst ein boßhafftiger / nichts-würdiger
Hauffe / der auf alle Untreu und Bubenstück / in des Teuffels Schuhl / ohne
Zweiffel ist abgerichtet worden: Mimt sich an / als wolte er die Diebe suchen /
mit denen er doch gute Kundschafft / Theil und Gemeinschafft hat: Träget ihnen
bißweilen das Licht für / hilfft ihnen alles auskundschaffen / und wenn man sie
soll greiffen und nacheilen / hat mancher das Zipperle in Händen / und ein Bein
im Fuß / daß sie Zeit und Platz genung haben / darvon zukommen. Befragt man sie
von vorgefallenen Morden und Todschlägen / da sie doch gute Wissenschafft von
haben / auch ihr Theil davon bekommen / so wissen sie sich meisterlich
zuentschuldigen / als welche zwar ihren Ambt nach / nicht weit davon / sey aber
der Hauffe der Feinde so groß gewesen / daß sie nicht dürffen darzu treten: Oder
geben für / sie seyen zu spat kommen / es haben sich die Thäter schon
verschlagen und verlauffen / oder seyn vermummt gewesen / daß sie sie nicht
haben können erkennen / ob sie sie schon / daß man ihnen nachstelle / zuvor
hatten lassen avisiren / oder sie auch wohl selbst üm eignes Geniesses willen
angestellet: Wie sie dann genugsam Frieden und Justitien, üms Geld und Genieß
willen / hindan zustellen / oder zuverkauffen wissen. Wer eine Strappada soll
ausstehen / der mag es wohl mit ihnen halten / und gute Worte geben; als welche
ihnen also wissen anzuseilen / daß ihn nicht zu wehe geschehe / wo nicht / so
wissen sie ihm die Näthe wohl zusuchen / richten den einen die Arme wieder ein /
ohne sonderlichen Schmertzen / der andere aber gehet lahm davon. Einen trösten
sie in dem Gefängnis / den andern betrüben sie / den einen wissen sie recht zu
speisen / den andern aber lassen sie wohl gar Hungers sterben. In den
Besuchungen / ob man habe einen Zoll gefähret / seynd sie gar fleißig / und der
Herrschafft treu / werffen alles über und über; weiset man ihn aber ein paar
Batzen / so fället aller [500] Zorn dahin / und werden so
still / wie die Frösch in einen Teiche / wann sie ein Licht schimmern sehen.
Wann man einen Verwiesenen oder Banditen soll nacheilen / so stehen sie largo,
und von weiten / so sehr als möglich / und sehen / wie sie ihre Haut verwahren.
Wann sie bey Nacht sollen die Ronde helffen versehen / dörffen sie wohl einem /
so ihnen mit einem Licht begegnet / das Licht durch ihrer Gesellen einen / den
sie voraus schicken / lassen auslöschen / auf daß sie eine Ursach haben / ihn in
den Beutel zustecken: fangen wohl auf solche weise einen Handel mit einen an /
daß sie Gelegenheit haben / ihme alles zu nehmen / was er bey sich hat / und mag
wohl GOtt dancken / daß sie ihn nicht lahm schlagen / und noch darzu ins
Gefängnis führen. Bißweilen tasten sie auch einen an / stellen sich / als wolten
sie nachsuchen / ob er verbothene Waffen heimlich bey sich trüge / und nehmen
ihm unterdessen den Beutel. Sie haben Gemeinschafft mit den Huren / als welche
ihnen auch manchen guten Brocken zu wege bringen. Haben Kundschafft mit den
Wirthen / bey welchen sie offtermahls selbst Diebe und Spitzbuben einlogiren.
Sie haben Freundschafft mit den Hencker / als welcher ihnen des Handwercks
halben sehr nahe verwand / und sie gemeiniglich nicht ihme gleich / wie jener
sagt / sondern wohl ärger seynd. In Summa / es ist ein Gesindlein / daß so
voller Boßheit stecket / daß es allenthalben überläufft / dessen man sich nicht
so höchlich zu verwundern: Denn anfänglich / wenn sie ein solches Ambt begehren
/ da sie doch sonsten ein gut Handwerck können / ist nicht viel gutes an ihnen /
und so bald sie darzu kommen / fangen sie an / mit den Teufel in die Schule
zugehen. Dannenhero sie allerhand lernen / damit sie sich hernach meisterlich
wissen zubehelffen. Denn es hat ein Scherge einen freyen Ein- und Ausgang in dem
Rathhause / allda er allerley seltzame Zufälle höret. Er höret die Anschläge der
Diebe und Spitzbuben: Er höret die Griffe der Verräther und Meucheimörder: Er
höret die List der Huren / den Betrug der Rufianen / die Geschwindigkeit der
Banditen / die Anstellung derer / die aus den Gefängnis brechen / in Summa / er
höret so viel / daß er in kurtzen Zeiten / wenn er nicht gar ein Tölpel und
Schlingel seyn will / vor einen Magister, ja Doctor in allen Bubenstücken
passiren kan. Dieses aber sind gemeiniglich die vornehmsten Tugenden und Griffe
/ damit sie fast täglich ümgehen / nemlich / daß sie bösen Buben allerhand
Vorschub geben / als ihren guten Gönnern / von denen sie / so lange sie lauffen
/ den besten Gewinn haben / [501] zeigen ihnen Gelegenheit
auszubrechen / die Ketten und Banden zu feylen / damit sie ja nicht aufgehencket
werden / ehe sie ihrer genungfam genossen. Maucher hat auch seinen Pact gantz
mit ihnen gemacht / daß er wohl selbst darf mit ihnen auf die Beute ziehen. Nimt
sich Ruffianismi an / und theydiget um die Gebühr zwischen Huren und Buben.
Kriegt er einen Unbekandten in sein Schloß / der muß ihn die Herberge theuer
genung bezahlen. Soll er etwas an einen aus Befehl der Obrigkeit verrichten / so
ist es keine Lust / wann er dessen nicht zugeniessen hat / daß er ihn mehr
martere / dann ihm befohlen ist / und solte auch mancher darüber den Geist
aufgeben. Im übrigen sind sie mit allerhand Schande und Lastern dermassen
überhäufft / daß es allenthalben über Macht / und keine Maaß mehr hat. Sie sind
der Spieler Gesellen / der Vollsäuffer Brüder / der Gottes-Lästerer Freunde /
und aller Unzucht Knechte / und ein grosser Bündel voller Schmach / Schande und
Unehren / bey ihnen höret man nichts anders / als unnütze Worte / siehet nichts
anders / als den äussersten Muthwillen / ausbündige Bubenstück / daß man sie
wohl ein Chaos omnium nequitiarum, und Cloac aller Büberey nennen möchte.
Derhalben nicht zuverwundern / daß sie bey iedermann verhaßt / und ehrliche
Leute sich scheuen / mit ihnen umzugehen / als welche mit einen so unflätigen
und abscheulichen Pech bekleydet seynd / daß ein ieder fürchtet / es möchte
etwas an ihm hangen bleiben. Und läst sich ansehen / als wenn die Welt sich noch
nicht habe können besinnen / wie sie gnugsam pro dignitate zu halten / oder zu
tractiren seyn. Der eine nennet sie Schergen / der andere Scherganten / der
dritte des Henckers Jagd-Hunde / der vierdte faule verlauffene Schlingel / der
fünffte abgeschäumte Buben / der sechste wirfft sie gar in die Schind-Kaute / zu
den todten Pferden. In Summa / iedermann ist ihnen feind / sie seynd bey
männiglich verhaßt / und wer Fug hat / ihnen eine Tück zubeweisen / der spahret
die Mühe nicht: Der eine wartet ihnen in einen Winckel auf den Dienst / daß er
sie unversehens mit einen wohlangelegten Streich möge salutiren / der andere
stellet ihnen eine Falle / darüber sie möchten den Halß stürtzen / der dritte
thut ihnen sonsten einen Schabernack an / und ist nichts verlohren / als was
nicht recht angehet. Und sonderlich haben sie dreyerley gute Freunde / die ihnen
allerley Beförderung zum Spott und zum Schaden thun / wo sie nur können und
mögen / und sie recht einsaltzen / wenn sie ihrer können mächtig werden /
nemlich die Stu [502] denten / die Balger oder Fechter
/ und die Banditen. Von den ersten wird ihnen allerley Schimpff / bey
nächtlicher weile zugerichtet / daß sie bißweilen wunderlich anlauffen / über
ein Seil springen / wieder einen Steinhauffen lauffen / oder in einen Sack oder
Enge getrieben werde̅ / da man sie recht nach Lust und Nothdurft
backen kan. Den andern müssen sie manchen Stoß aushalten / da sie offt mit
verbundenen Kopff darvon scheiden / von den dritten werden sie wohl gar
erschlagen / und ist ihnen besser / es werde ihnen eine Kugel durch die Haut
gejagt / als das sie vielleicht den Hencker / wie sie offt wohl verdienen /
solten feine Werck stadt ziehren. Drum heist es auch gemeiniglich bey ihnen /
wenn sie beneben den Soldaten werden ausgeschickt / etliche Banditen zu fangen /
weit genug davon bleiben / weit davon / ist gut vors schiessen! wie dann
dieselbige nur mit Büchsen und Pistolen mit ihnen schwatzen / und fürchten sich
nicht für ihren gebiethen / drohen / angeben / referiren / und was sie
dergleichen mehr für der Obrigkeit pflegen anzubringen. Wann sie aber mit einen
armen Teufel zuthun haben / den sie mit ihren stattlichen Ansehen erschrecken /
daß er sich nicht regen darf / alsdenn sind sie weidliche Kerls / und wissen ihn
zubacken / und hin zuschleppen / dörffen ihn auch noch wohl darzu schlagen / und
geben vor / er habe sich wollen wehren / wenn er es schon niemahls gedacht. Oder
/ wenn sie ein armes Bauren-Mütterlein / welches ihren Zins oder Pacht nicht
entrichtet / sollen pfänden / oder sonst einen armen Tropffen beschweren / da
seynd sie weidliche Schnautz-Hahnen / und wissen ihre Tapfferkeit zubeweisen /
wann sie aber / wie droben gemeldet / einen Banditen sollen nachstellen / oder
nachjagen / haben sie ein heimliches Fieber / daß ihnen den gantzen Leib einnimt
/ und sie nirgend mit Händen und Füssen können fortkommen. Und wenn man wieder
zurück kömmt / so haben sie allein das beste gethan / Leib und Leben gewagt /
schnauben und schwitzen unterdessen / nicht von angreiffen / sondern von
zurücklauffen. Wann sie aber nicht können entlauffen / sondern müssen neben
andern Fuß halten / so kommen sie zurück / wie ein Hauffen geschlagener Soldaten
/ der eine auf einen lahmen Pferd / der andere auf drey Beinen / der andere hat
seinen Spieß dahinden gelassen / und ist froh / daß er beyde Hände noch hat /
der andere mit einen verbundenem Kopff / der andere wird gar auf einer
Mistbürden / oder in einen Troge heimgetragen / da laufft denn iedermann zu /
und freuet sich eines solchen lustigen Spectaculs / und ist dieses gemeiniglich
der Lohn / den [503] die Schergen von ihren treuen Diensten
bekommen / und mögen wohl von guten Glück sagen / wann sie eines guten Todes
sterben / oder sonst den Hencker / dessen Gesellen sie eine zeitlang gewesen /
nicht endlich in die Hand fallen. Welches dann öfters geschehe / wenn die
Obrigkeit mit scharffen Recht nach ihren Verdienst wolte verfahren / und nicht
vielmehr den Respect hätte / daß die andern hierdurch desto mehr verhaßt /
verstossen und verschimpffet würden / und man hernach keine mehr möchte finden /
die sich zu solchen Dienst und Ambt gebrauchen lassen. Hactenus Garzzon.
XIV. Bey uns in Teutschland sind sie an Lastern und Boßheit nicht viel geringer /
und gehet ihnen eben wie dem Judae, da er den eingetauchten Bissen
hintergeschlungen / daß der Teufel in ihm gefahren / also auch diese Gesellen /
wenn sie erst angenommen sind / und die Plauten oder Plempen / auf die Seite
bekommen / wissen sie nicht / wie sie die armen Leute gnung plagen und pressen
wollen / geben sie wohl fäschlich an / verfahren mit Ungestüm / grausamen
Poltern / Fluchen / Lästern / thun mehr / als ihnen von der Obrigkeit befohlen /
halten die Gefangenen hart / sauffen sich darbey fast täglich voll in Bier und
Brantewein. Und weil zu solchen Diensten sich gemeiniglich nur diejenigen
gebrauchen lassen / so nicht arbeiten / oder sonst gut thun wollen [wenn nicht
die Armuth zuweilen einen oder den andern darzu treibet /] so ist es ein rar
Wildpret um einen Gottesfürchtigen / guten / freundlichen / Leutseligen /
fleißigen / aufwärtigen / mitleidenden und nüchternen Ambts-Stad- oder
Land-Knecht / wie sie doch wohl seyn / und jede Obrigkeit erwehlen solte. Jodoc.
Damhoud:
in Prax. rer. Crim. cap. 17. n. 3. & 4.
XV. Welche ihnen aber wohl den Daumen auf die Augen halten / und genaue Aufsicht
haben kan / damit sie nicht exorbitiren, sondern ihre Dienste / wie solches
gebühret / verrichten / und niemandten über die Gebühr beschweren.
XVI. Gestalt denn kein Gerichts-Diener sich erkühnen sol / ohne specialen Befehl
der Obrigkeit / jemanden gefangen zunehmen / und in Gefängnis zu schliessen.
L. neminem 22. pr. C. de Episc. audient. L. neminem 6. C. de custod. reor.
Damboud. c. 19. n. 2.
|| [504]
Denn weil er vor sich keine Jurisdiction hat / wäre er auf solchen Fall in crimen
privati Carceris, und die drauf gesetzte Straffe verfallen.
L. privatos 23. C. de Episc. aud. tot. tit. C. de privat. Carc.
Welche nach dem Justinianischen Recht capital war /
L. omnes 1. c. de Cohort.
Heut zu Tage aber willkührlich ist / entweder Landes-Verweisung / Geld- oder
Gefängnis-Straffe / nebst Ersetzung der Schäden und Unkosten.
Jul. Clar. lib. 5. Sent. §. ult. Quaest. 68. in fin. Farinac. Quaest. 27. n. 35.
Prax. Crim. Carpzov. part. 3. Quaest. 111. n. 80. Prax. Crim.
XVII. Eben die Straffe hat er auch zugewarten / wenn er einen Gefangenen / der
schon absolviret, und wieder auf freyen Fuß gestellet werden soll / der
Obrigkeit Befehl zuwider / noch länger im Gefängnis enthält.
L. siquemquam 31. in fin. de Episc. & Cler. Wesenb. in parat. ff. tit. de
Custod. reor. n. 6. Schreiber. d. Disp. de Commentariens. th. 15.
XXVIII. Wenn es schon seine Schlies- und andere Gebühren / auch die Atzung selber
betreffe; ut vult
Mart. Coler. lib. 1. de Aliment. c. 14. n. 86.
Allein das Gegentheil ist in Praxi üblich / denn da wird heutiges Tages kein
Gefangener loßgelassen / wenn er nicht zuvor seine alimentation refundiret, und
den Dienern ihre Gebühren gibt / oder doch der Bezahlung halber Bürgschafft
leistet.
Damhouder, in Prax. Crim. cap. 17. n. 21. Reyher, in Thes. tom. 1. pag. 423. n.
96. Tabor, in Racemat. Crim. Definit. in Comment. ad Ord. Crim. Caroli V. art.
152. th. 126.
XIX. Doch daß er nicht im Gefängnis bleibe / sondern inzwischen / biß er Anstalt
zur Abfindung machet / in des Ambts- oder Land-Knechts-Stuben enthalten werde.
Soll auch keinesweges verstattet werden / daß die Diener / eignes Gefallens /
denen Gefangenen die Kleider / Bette oder ihr Geld abnehmen / und sich selber /
ihrer Gebühren halber / davon bezahlt machen.
Damhoud. d. c. 17. n. 21. in fin.
XX. Wenn aber der Gefangene nichts hat / gehet es über die Obrigkeit / weil [505] sie die fructus jurisdictionis zugeniessen hat / Vide
infrà Caput X. vom Gefängnis und dessen Straffe.
XXI. Und gleich wie die Gerichts-Diener keine Macht haben / jemanden / ohne
Vorwissen und Befehl des Judicis, gefangen zu nehmen / und einzuschliessen: Also
auch und vielweniger dürffen sie jemanden der Hafft erlassen und loßgeben.
Geschehe es aber / daß der Kercker-Meister aus Erbarmen und Mitleiden / einen
Gefangenen / wenn derselbe nicht etwas Peinliches verbrochen / vor sich
loßliesse / wird er nicht allein seines Dienstes entsetzet / sondern auch noch
darzu willkührlich gestraffet.
Schneider. D. Disp. th. 17.
Misericordia enim & pietas nunquam in alterius detrimentum est exercenda.
L. & eleganter 7. §. idem Labeo 7. ff. de dolo.
Neque intempestivè adhibenda.
L. si bominem 7. ff. depositi.
Cùm expressè in malâ causâ pauperis misereri prohibeatur.
c. ne amisso 34. caus. 23. Quaest. 4.
Wenn er es aber vorsetzlicher / arglistiger und betrüglicher Weise gethan / Geld
genommen / und den Gefangenen loßgeholffen / oder da er gewust / daß dieser sich
loßgemachet / aber denselben nicht aufgehalten / und seine Flucht verhindert /
wird er am Leben gestrafft / wie Bonifac. de Vital,
in suo opere Malefic. rubr. de Carcer. priv. n. 7.
will / ubi expressè dicit: Quod si carceratus aufugit per fraudem custodis, qui
illum fugere permisit, túm custos capitali poenâ punitur. Imgleichen Damhouder,
in Prax. crim. c. 17. n. 8. ibi: Quod si malitiâ, favore aut donariic corruptus
custos scelerosos apertis claustris emisisset, planè capitaliter plectenduc est.
Zu deren behelff sie L. 14 §. 2. ff. de Cust. Reor. allegiren.
Sed non semper & indiscriminatim poenam Capitis ex dicto textu imponi
posse, alternativa declarant Legis verba; & Glossa, in verbo: Capite
talem poenam capitalem non, nisi Elapsus eam commeruerat, approbat, aliàs secus.
Capitis etiam poena non semper de morte naturali intelligenda est, sed de civili
quoque, veluti deportatione.
L. 103. ff. de V. S. L. 2. ff. de publ. judic.
quae tamen deportationis poena hodie ab Aula recessit, & vel exilium, vel
alia poena arbitraria illius loco successit.
|| [506]
Jul. Clar. in Pract. §. fin. Quaest. 67. Menoch, de A. I. Q. lib. 2. 330. n. 5.
Philip. us. Pract. Inst. lib. 4. tit. 3. Ecclog. 19. n. 12. & 13.]
Maßen denn auch viele DD. statuiren, daß ein solcher Diener u. Hüter der
Gefangenen mit eben der Straffe zubelegen / welche der inhaftirte / den er
losgeholffen / verdienet gehabt / als
Prosper Farinaceus, in prax. Crim. lib. 1. tit. 4. Quaest. 31. n. 6. 7. &
seqq. AEgid. Bossius, in tit. de Carcere, n. 9. Jodoc. Damhoud. d. prax. Crim.
c. 17. n. 3. Jacob Menoch. de A. I. Q. lib. 2. cas. 302. n. 2. Anton. Gomez,
tom. 3. var. Resol. c. 10. n. 11.
und andere mehr. Die aber den Ansehen nach / von einen solchen Custode Carcerum
reden / welcher selber würcklich mit Hand anleget / als wenn er ein Loch in die
Mauer gebrochen / die Fessel / Ketten und Banden den Gefangenen selber abgemacht
/ die Schlösser aufgeschlossen / Stricke / um sich dran von der Höhe herab
zulassen / ihm zugestecket / und sonst auf andere Arth und Weise davon geholffen
hätte. Maßen denn auch die Peinliche Hals-Gerichts-Ordnung Caroli V. art. 180.
in pr. dahin ziehlet / ibi:
So ein Hüter der Peinlichen Gefängnisse einem / der Peinliche Straffe verwürcket
/ aushilfft / der hat dieselbe Peinliche Straffe anstat des Ubelthäters / den er
also ausgelassen / verwircker.
XXII. Heut zu Tage aber ist in praxi üblich / daß / wenn ein Gerichts-Diener sich
von den Gefangenen mit Geld bestehen lässet / und denselben dolosè aus der Hafft
hilfft / er nur mit der Leibes-Straffe / als den Staupenschlag beleget wird:
Zumahl wenn der Gefangene / wegen eines grossen Verbrechens / eingezogen / auch
dessen schon geständig oder überführet gewesen wäre / ingleichen der Hüter in
Pflichten stünde / und zu seinem Dienst / wie gewöhnlich / geschworen hätte.
Denn obgleich nach den gemeinen Käyser-Recht. L. ad Commentariensem. C. de
custod. reor. es das Ansehen hat / daß in solchen Fall der Commentariensis am
Leben solle gestrafft werden / auch viele Rechtsgelehrte der Meinung / sind /
Vid. Farinac. d. q. 31. n. 2.
So ist doch dieses in besagter Peinlichen Hals-Gerichts-Ordnung / art. 180. in
verb. aus hilft / und in den Sächß. Rechten dergestalt restringiret, daß nur
allein diejenigen / welche / mit angelegter Gewalt / und gewapneter Hand / die
Gefängnisse auf brechen / und den Gefangenen davon führen / also abzustraffen.
|| [507]
art. 9. §. welche Man lib. 3. Land-Recht in verb. gewaltiglichen dem Gericht
entführet. Vid. Recess. Imp. de An. 1555. §. wir setzen ordnen. vers. wo sie ins
Gefängnis kommen. Philip. Us. Pract. Inst. lib. 4. tit. 3. Ecclog. 19. n. 17.
ibi??? Praejudicia.
Maßen denn auch Carpzovius,
part. 3. Quaest. 101. n. 17.
jedweden Peinlichen Richter warnet / daß er bey sothaner Begebenheit dem
Gefängnis-Hüter den Tod nicht zuerkennen soll. Welchem auch beypflichtet. Daniel
Clasen,
in Comment. ad cit. art. 180. Constit. Crim. pag. 763.
XXIII. Ehe man aber zu der Leibes-Straffe schreitet / muß zuvor Dolus beygebracht
seyn / so daß / wenn derselbe ex gravissimis indiciis & conjecturis
erhellet / und der Beschuldigte solchen dennoch leugnen wolte / er durch den
Schaffrichter terriret, oder wohl gar mit der Peinlichen Frage angegriffen / und
sein Bekäntnis dadurch heraus werden kan. Dn. Carpzovius,
d. q. n. 109.
allwo er setzet / daß zuweilen auch das Juramentum purgationis erkant worden.
Wenn aber aus Unfleiß und Nachläßigkeit des Hüters der Gefangene entkömmet /
wird derselbe / nach Gelegenheit der Umstände / und der Schuld / so er dran hat
/ entweder mit Zeitlicher oder Ewiger Landes-Verweisung / Gefängnis oder
Geld-Straffe angesehen.
L. ult. ff. de custod. reor. L. carceri L. milites ff. eod. tit. Petr Theodor. in
Colleg. crim. Disp. 4. th. 12. lit. D. Gilhausen, c. 3. part. 1. n. 33. fol.
233. Arb. Crim.
Cum enim culpa suos habeat gradus, eaque modò lata, modò levior, modò etiam
levissima fuerit, inde fieri nequit, ut hic certa determinetur poena, sed pro
ratione personarum, & culpae commissae, Judex persido custo di carceris
diversam poenam irrogare potest. Und dahin gehen auch die Worte in der P. H. O.
art. 180. kähme aber der Gefangene durch bemeltes Hüters Unfleiß aus dem
Gefängnis / solcher Unfleiß ist / nach Gestalt der Sachen und Rechte / so an den
Orten / als hernach folget / gepflogen wird / zu straffen. Hinc Scabini Lips.
utplutimùm custodibus negligentibus poenam arbitrariam carceris ad unam, [508] duas vel tres Septimanas, aut mulctam pecuniariam
duarum, trium vel quatuor sexagenarum novarum dictitarunt, teste
Carpzov. d. q. 111. n. 112.
Man sindet auch / daß in solchen Fällen denen Hütern der Gefängnisse zuerkant
worden / daß sie binnen einer gewissen Frist den ausgewichenen Gefangenen
wiederschaffen und stellen / oder einer harten Straffe gewärtig seyn solten:
Allermassen der Churfl. Sächß. Schöppen-Stuhl zu Leipzig an den Schösser zu
Skeudiz Anno 1661. in Majo also gesprochen: verb. Sent. So ist der Land-Knecht
binnen zwey oder drey Monat die Gefangene wieder einzubringen schuldig / aufm
Falaber dieselbe / über angewanten Fleiß / nicht zuerlangen seyn / wird er /
andern zum Abscheu und Exempel / mit Landes-Verweisung in Straffe genommen. Et
in causa simili Senatui in Lommatsch Mens. Jul. 1630. temporalis quoque
relegatio hoc in casu dictata fuit einem Land-Knecht / ad Consult. Dan. Rothen /
Mens. Jan. 1630.
XXIV. Hierbey fält die Frage vor / ob auch ein solcher Kercker-Meister zu
bestraffen sey / wenn er vor sich einen / den er weiß / daß er unschuldig ist /
aus dem Gefängnis lässet? Welche mit Ja beantwortet wird. Denn 1. hat ein
solcher Diener keine Jurisdiction, vielweniger Cognition, ob der inhaftirte
schuldig oder unschuldig sey. 2. würde dadurch ihrer Maliz und Betriegereyen
Thür und Thor aufgethan / und also mancher / unter den praetext der Unschuld /
der Straffe entgehen. Hat er nun dolosè einen solchen loß gelassen / wird sein
Dolus billig gestraffet;
L. ne ex dolo ff. de mal.
oder aber aus temerität / Vorwitz und Unbesonnenheit / kan er sich doch dadurch
von der Straffe nicht halfftern. Und wenn er noch darzu Geld genommen hat / wird
er um so viel härter angesehen. Nam pecunia semper reddit delicta magis atrocia,
& poenam severiorem inducit.
L. eâdem lege 6. ff. de Leg. Jul. Reputund. L. quoniam 6. §. pactus??? 3. ff. de
bis, qui not. infam.
XXV. Wenn ein grosser Herr seinen Einzug in eine. Stadt hält / und allen
Gefangenen generalen perdon gibt / vermeinet Paris de Puteo, de Syndicatu, verb.
Carcer, vers. liset dicatur. n. 2. per notat. Bartoli ad L. 16. & 17.
ff. ad SCtum Turpil.
|| [509]
es könne alsdenn der Hüter der Gefängnis vor sich selbst / ohne Begrüssung des
Richters / die Gefangenen loß lassen / welches auch Menoch.
de A. I. Q. lib. 2. cas. 302. n. 14. & seqq.
ad remissiones, quas faciunt Principes ob laetitiam pacis initae, extendiret.
Allein dieses wird weder in Teutschland / noch in Franckreich practiciret:
Boerius. Decis. 217. n. 23.
vielweniger gestattet: Drum sind solche Diener am sichersten / wenn sie in
dergleichen Dingen nichts ohne der Obrigkeit Vorwissen und Befehl thun oder
vornehmen.
XXVI. Ob aber dieselbe dennoch zu straffen / wenn ohne ihr Mit-Wissen / Hülffe
und Vorschub ein oder mehr Gefangene sich heimlich loß machen / und davon
lauffen? Solches wird gleichfals mit Ja beantwortet. Denn einmahl haben sie
einen Eyd geschworen / und zugesaget / die Gefangene / so ihnen auf ihre Gefahr
u. Hut vertrauet / aufs beste in Acht zunehmen und zu verwahren / dem sie auch /
so viel Mensch- und müglich / hätten nachkommen sollen. Zum andern bekommen sie
darum ihre Besoldung / Schließgebühren und Wartgeld / weßhalber sie exactissimam
diligentiam zu adhibiren, auch dolum & culpam, ja gar levissimam, zu
praestiren schuldig sind.
per L. qui mercedem 40. ff. Locati. Ubi Bartol. Mascard. Vol. 1. Concl. 469. n.
3. & 4.
Dannenhero wenn ein Gefangener sich loßmachet / und durchgehet / ist die
praesumtion contra Commentariensem, das jener / si non per dolum, gewiß aber
doch per hujus negligentiam & culpam echappiret und davon kommen sey /
uti apertissimè tradit
Farinaceus, d. lib. tit. 4. Quaest. 31. n. 20. per DD. magno ibi agmine
allegatos.
lieget ihm auch der Beweiß ob / daß solche Entkommung ohne seine Schuld geschehen
sey:
Anton. Perez, Cod. de Custod. n. 12. Joh. Philipp. usu Pract. Instit. lib. 4.
tit. 3. Eclog. 191. n. 9. Joh. Christoph. Ernst / Disp. de relax. carcerat. c.
2. th. 20.
[Speciale tamen est in Commentariensibus, quod ad probandum eorum diligentiam
etiam familiares & domestici admittantur. Ratio specialitatis est haec,
quod in domesticis factis testes interdum domestici [510] sint admittendi, cum non facilè, quae domi geruntur, per alienos possint
patefieri seu manifestari.
L. consensu 8. Servis etiam. 6. ibi etiam super plagis. C. de repudiis]
und je grösser die Schuld an ihm befunden wird / le härtere Straffe muß er
leiden.
c. 18. X. de Excess. Praelat.
XXVII. Doch hat der Judex alle und jede Umstände erst wohl zu untersuchen und zu
überlegen / ehe er die Straffe dictiret, sonderlich wegen der Personen / so wohl
des Gefängnis Hüters / als auch des Gefangenen halber / ob nemlich der erste
culpae & negligentiae suae Praesumtionem per aliam contrariam
diligentiae suae probationem elidiren könne: Denn wenn der Hüter gleichwohl
gethan / was ihm müglich gewesen / die Thüren am Gefängnis / auch die Schlösser
an den Fesseln der Gefangenen recht und wohl zugeschlossen und verwahret / wie
ihm zu thun gebühret / auch sonst in seinen Verrichtungen treu / fleißig und
unverdrossen sich erwiesen / und nicht davor den Trunck geliebet / hilfft ihm
solches viel.
Farinac. in Prax. Crim. q. 65. n. 570. Schreiber / d. Disp. th. 3.
Zumahl / wenn man befindet / daß die Ketten und Bande zerbrochen / oder der
Verhaffte die Mauren untergraben / oder sonst gewaltsamer Weise / ohne Menschen
Hülffe und Vorschub / sich loßgewircket und entlediget hätte: Denn davor könte
alsdann der Gerichts-Diener oder Hüter nicht / und wäre ohne Schuld,
Pet. Peck. de Jure sistendi c. 42. n. 7. Perez, d. loc. n. 10.
XXVIII. Bey den Gefangenen / so sich loßgemacht / ist zu consideriren, ob es alte
/ schwache und unvermögliche Leuthe / oder aber junge starcke Kerl gewesen / die
eher / als die Alten / sich der Hafft entwircken / und mit der Flucht salviren
können. Drum auch diese viel besser in Acht zunehmen und zu verwahren / als
jene. Doch gibt es dem Commentariensi etlicher Maßen Entschuldigung / wenn er
solche abgemattete Leute etwas freyer / als andere gehalten / indem er sich
nicht versehen / daß sie so viele Kräffte haben würden / sich loß zumachen und
zu entrinnen.
Schreiber. d. Disp. th. 23.
|| [511]
Welches aber den Stich nicht halten würde / wenn er solches bey Echappirung
junger starcker Kerle vorwenden wolte.
L. si ut certo 5 §. 6. verb. ejus aetat. ff. Commodat. ubi Gloss. &
Bartol.
Ferner versiehet man sich nicht so leicht / daß einer von Adel / oder sonst
vornehmer Mann / wenn sie in Hafft kommen / oder nur in Arrest gesetzet werden /
mit Hindansetzung ihrer Ehre und renommée solten entwischen / utpote in quibus
omnis cessat sinistra suspicio,
Juxta Gloss. in cap. illud. Distinct. 40.
als sonst ein Gemeiner. Drum wenn der Hüter in Ansehung dessen ihnen getrauet /
und sie nicht so genau verwahret / ist er nicht so hart zu straffen / wie
Menoch, de A. I. Q. lib. 2. cas. 302. n. 12. will. Allein es heisset in solchen
Fällen: Traue nicht zu viel! Man kan einen wohl ins Maul / aber nicht ins Hertze
sehen! Drum thut ein Diener am besten / wenn er auch bey solchen Leuten gute
Aufficht hat / und nicht so leichtgläubig ist: Zumahl wenn dieselbe Peinlicher
Verbrechungen halber eingezogen worden / denn da macht man keine reflexion auf
den Adel in praejudicium Tertii, sondernsiehet vielmehr die That an / weßhalber
sie in Hafft kommen sind. Drum auch solche Entschuldigung dem Commentariensi
nichts hilfft.
Farinac. d. lib. q. 31. n. 147.
Bevorab / wenn der Gefangene schon zum Tode / oder Leibes-Straffe condemniret und
verurtheilet wäre / juxta tenorem
L. 4. C. de Custod. reor.
ubi constitutum, quod hujus modi poenâ debeat consumi Commentariensis, cui
obnoxius docebitur fuisse, qui fugerit; de qua poena jam suprá dictum est.
Vid. Joh. Philip. Us. Pract. Inst. jur. d. lib. 4. tit. 3. Ecclog. 19. n. 15.
ibi??? allog. DD. Praejudicia.
Da aber der Captivus ohne dem hätte absolviret, und wieder loßgelassen werden
sollen / und dennoch davon läufft / wird die Straffe dem Hüter gemindert.
Gloss. ad L. 5. §. 1. ff. de Condict. caus. dat. caus. non sec. in verb. Carcere.
Menoch, de A. I. Q. lib. 2. Cas. 302. n. 12.
XXIX. Weiter ist zu untersuchen / ob nur einer allein / oder etliche
miteinander [512] loßgebrochen und durchgangen / juxta L.
12. pr. ff. de Cust. reor. damit nach demselben die Straffe wider den Hüter des
Gefängnisses erkennet werden könne. Regulariter enim majoris culpae reus
videtur, qui per incuriam suam plures, quam qui ex pluribus unum è carcere
aufugere permisit. Es wäre dann / daß viele den Hüter überwältiget / und sich
mit Gewalt / oder wohl gar mit gewapneter Hand / loßgemachet hätten / welchen er
/ aus Mangel seiner Mitgehülffen / nicht widerstehen / vielweniger dieselbe
aufhalkönnen.
L. vis autem ff. quod met. caus.
Oder wenn sich des Gefangenen Freunde zusammen rottireten / und denselben mit
Wehr und Waffen aus dem Gefägniß hinweg führeten. Da der Hüter auch
zuentschuldigen. Quia scilicet violentia reputatur casus fortuitus.
L. si ut certo 5. §. quod verò 4. L. in rebus 18. pr. ff. Commo dati.
Wenn er nur solches nicht vorher gewust / oder stille geschwiegen / und es nicht
angezeiget / sondern connivendo geschehen lassen: denn solchen Falls wäre er
nicht ausser Schuld und Straffe.
XXX. Es sind auch die Ursachen / warum einer eingezogen und zur Hafft bracht
worden / zu ponderiren / ob es Peinlichen Verbrechens / oder nur Bürgerlicher
Dinge halber / als etwan wegen Schulden / geschehen sey. Von dem ersten ist
schon Bericht erstattet / des andern halber aber ist zu wissen / daß wenn der
Gefängniß-Hüter einen Schuldener aus den Schuld-Thurm / oder einer andern
Custodia entkommen lässet / er denen Gläbigern ad Interesse gehalten sey.
L si hominem, pr ff. Deposit.
Qui enim occasionem damni dat, ipsum damnum dedisse videtur,
L. qui occidit §. in hac quoque actione, ff. h. t.
Et negligetiá suâ Creditoribus damni causam praebuit.
Jac. Menoch lib. 2. A. J. Q. cas, 302. Ant. Perez. C. de custod. reor. n. 10.
Und wird so lange an des entlauffenen Debitoris Stelle gesetzet / biß er ihnen
Satisfaction geleistet.
Farinac. 1. Crim. q. 30. n. 109. & seq. Menoch. cas. 301. n. 23. Mascard.
concl. 266. n. 18. & seq. Althus. Dicaeol. lib. 1. c. 132. n. 17. Phil.
Us. pract. lib. 4. lit. 3. Ecclog. 19. n. 6. 7. & 8.
|| [513]
Sed restringenda & limitanda sunt praedictta. 1. Nisi notorium sit,
fugitivum non esse debitorem, nec, qui exigit, esse creditorem; quod ad
declinandam dicti debiti solutionem in casu notorietatis Commentariensi allegare
licet
Menoch, d. l. n. 4.
2. Nisi alia ratione creditori contra debitorem possit esse consultum, qua
existente, non adeo facile posse conveniri custodem sentit
Arg. Aretinus, in Consiliis crim. cons. 73. n. 36. lib. 1. per L. si
Magistratibus, I. C. de Magist. conven.
Sed contradictorem habet
Farinaceum, d. L. Quaest. 31. n. 87.
cui nos adstipulamur.
3. Nisi certum sit, fugitivum è carcere debitorem non fuisse solvendo, idque
exinde, quod ad cessionem bonorum deberet admitti, quô positô non tenetur
Commentariensis praecisè ad solutionem debiti, sed solùm ad interesse, quod
patitur Creditor, dum nimirum est privatus reali detentione debitoris in
carcere.
vid. Paris. de Puteo, de Syndicat. verb. carce. vers. licet dicatur. n. 4.
Si verò Commentariensis debitum denique solverit, pro quo carceratus fugiens erat
detentus, potest ab eodem Creditore impetrare cessionem contra debitorem
fugitivum ut & ejus fidejussores, & postea vigore dictae
cessionis contra ipsum, vel fidejussores eadem actione experiri, qua agere
poterat creditor cedens.
Menoch, de A. I. Q. lib. 2. cas. 302. n. 4. Schreiber / saepè dict. Disp. de
Commentariens. thes. 24.
XXXI. Weiter ist auch der Orth und das Gefängnis selber / draus der Reus
entronnen / anzusehen: Denn wenn der Hüter die Gefängnis-Thür / entweder / daß
er sich vollgesoffen / oder sonst aus Unachtsamkeit / offen / oder die Schlüssel
drin steckë gelassen / kan solche crassa & supina negligentia ohne
gebührende Bestraffung nicht hin passiren.
Farin. d. q. 31. n. 28.
Da er aber darthun und beweisen kan / daß der Gefangene einen Dieterich / oder
faschen Nach-Schlüssel / gehabt / und damit die Schlösser und Thüren geöfnet /
vermag er dadruch die Schuld etlicher Maßen von sich zu [514] wältzen: Aber der Judex thut bey solchen Fall wohl / wenn er durch beeydigte
Schlösser den Augenschein einnehmen / u. dieselbe auf ihre Pflicht aussagen und
berichten lässet / ob die Schlösser mit einen solchem falschen Schlüssel geöfnet
worden / oder auch geöfnet werden können / und so dann kan er hernach bey
dictirung der Straffe / oder absolvirung sich hienach richten. Ita consulit
Franciscus Becius, vol. 1. Cons. 44. n. 18.
Wenn auch das Gefängnis an Mauren / Thüren und sonst nicht wohl verwahret / oder
baufällig wäre / und es entkäme ein Gefangener / ist die Schuld nicht dem Hüter
und Diener / sondern dem Gerichts-Herrn selbesten zuzuschreiben / welcher die
Gefängnisse in guten Stand und baulichen Wesen hätte erhalten sollen.
E. praetoria 4. & ibi Gloss. C. de operib. publ. Seb. Guazzin, ad Defens.
Inquisitor. tom. 1. Defens. 6. c. 5. n. 9. p. 237. Clarus Q. 46. n. 3.
Item / wenn einer auf einen hohen wohlverwahrten Thurm gefangen säße / aber
herunter sprünge / beym Leben bliebe / und davon käme / kan man deßhalber dem
Hüter nichts thun. Talis enim periculosus fugiendi modus â custode verisimiliter
praevideri non poterat, maximè si in loco solito & consueto fuerit
detentus.
L. quod si 31. §. quia ff. de AEdilit. Edict. ibi: ea quae sunt moris.
Zumahl da solches unter die casus fortuitos mit zurechnen / vor welche niemand
zustehen schuldig.
L. contractus 23. vers. animalium ff. de R. J. L. qui Insulam 30. §. Colonus fin.
ff. locati L. quae fortuitis 6. C. de pign. act. L. 12. in fin. pr. ff. de Cust.
reor.
Circa casum fortuitum tamen ist attendendum 1. Num culpa etiam casum
praecesserit, tunc enim casus fortuitus culpae quoque tribuitur.
L. ut certo 5. §. quod verò 4. ibi: nisi aliqua culpa interveniat. L. in rebus 18
in pr. ibi quae sine dolo, ff. commodati.
& ad casum ordinata culpa dicitur, quando sine ea casus non evenisset.
Surd. lib. 1. cons. 12. n. 64.
Hinc nata distinctio, quod alius casus sit planè fortuitus & inculpatus,
§. injuria 2. J. de Leg. Aquil
alius verò quadantenus procuratus & culpabilis.
|| [515]
L. sine negotia 11. ff. de negot. gest. L. percipiendum 11. §. delinquitur ff. de
poen. Petr. Gregor. in Syntagm. lib. 30. c. 4.
2. Sunt Casus nonnulli, qui absque culpa vix solent contingete, ut est incendium.
L. nam salutem 3. §. cognoscit ff. de Offic. Praefect. Vigil.
furtum, nec non fuga hominum, qui custo diri solent.
L. si à bonae 21. ff. de rei vind.
In omnibus proinde praesumtio est contra allegantem hunc casum, quod culpa ipsius
contigerit. Ideoque non sufficit, quod Commentariensis, ad custo diam hominum
carceratorum ratione publici officii obligatus casum fortuitum alleget &
probet, sed necesse est, ut insuper etiam probet absque sua culpa id factum
esse.
L. non est 14. §. ergo si 5. ff. de Custod. reor. Bald. in L. si Creditor 5. C.
de pignorat. act.
XXXII. So ist auch die Zeit zu consideriren: Denn wenn ein Gefangener bey Tage
sich loßwircket / und flüchtig wird / ist die Nachläßigkeit des Hüters grösser
zu achten / als wenn es bey Nachtzeit geschiehet. Idque secundum opinionem
Jason.
in Consil. 27. custos carcerum, in fin. lib. 3.
Wiewohl die Nacht denselben um so viel weniger entschuldiget / indem gegen die
Nacht die Gefangene allezeit fester zuschliessen / und besser zuverwahren / als
am Tage.
arg. text. in L. 1. c. de custod. reor. ibi ubi: nox.
XXXIII. Wenn sichs aber begebe / daß einer / so sich loßgemacht / aus Reue / so
von sich selbst zurück käme / und sich wieder ins Gefängnis stellete / ob denn
auf solchen Fall der Gefängnis-Hüter dennoch zubestraffen sey? Antwort / Ja!
Denn das delictum ist an Seiten des Hüters schon consummatum, und er also bereit
in Straffe verfallen / doch nur in poenam arbitrariam.
Farinac. cit. q. 31. n. 69. 70. & 71.
Wer aber einmahl loßbricht / und wieder ertap???wird / den soll man besser
verwahren / und härter / wie zuvor / schliessen.
Menoch, de A. I Q. cas. 303. n. 10.
XXXIV. Und wie weit auch der Gefängnis-Hüter wegen seiner Mit-Hüter [516] zustehen und zu hafften schuldig / ist zu distinguiren
/ ob dieselbe von dem Judice eligiret und angenommen / oder der Commentariensis
solche ihm nur selbsten adjungiret habe. Bey dem ersten Fall ist dieser vor
seine Mit-Gesellen / die eben in Eydes-Pflichten sind / wie er / Rede und
Antwort zu geben nicht verbunden / vielweniger hat er ihre Nachläßigkeit und
Verbrechen zu entgelten / maßen die Obrigkeit sich selber zu imputiren hat / daß
sie keine bessere und hurtigere Diener angenommen.
§. item exercitor. 3. I. de oblig. quae ex qs. delict. nasc. L. ait Praetor 1. §.
& sunt 3. ff. de Naut. caup. stab. Paris de Puteo, d. tr. v. carcer,
vers. an potestas, n. 4.
Im andern Fall aber kan er sich nicht loß wickeln / sondern muß vor dieselbe
haften.
per L. fin. ff. de custod. reor.
ubi non est facilè tyroni custodia credenda, nam eâ perditâ is culpae reus est,
qui eam committit. Zumahl / wenn er seinen Weibe oder Kindern die Aufsicht der
Gefängnisse und Gefangenen anheim gegeben hätte / er aber dem Sauffen / oder
seinen eignen Sachen nachgegangen wäre.
arg. L. quoties pr. ff. ad municip. Menoch, de A. I. Q. cas. 302. n. 5.
Hilfft ihn auch nicht / wenn er gleich den / so er substituiret, darstellen wolte
und könte.
per L. ad commentariensem 4. C de custod. reor. ibi: nec putet hominem abjectum
atq??? vilem objiciendum esse Judici. Gloss. ibid.
Doch wird die Straffe in etwas gemildert.
Schreiber. th. 27.
Es wäre denn Sache / daß solcher Substitutus zugleich mit den Gefangenen auf und
davon gegangen wäre.
L. non est 14. ff. §. 2. qui si ff. de custod. reor.
ratio est haec: quia nulla ipsi commentariensi culpa adscribi potest, cum nemo
talem proditionem providere valeat, praecipuè istius, qui antea diligens
& probus fuit.
Menoch. d. cas. n. 8. & 9.
XXXV. Sonsten erfodert des Hüters Pflicht / daß er gegen die Gefangenen [517] leutselig sey / ihnen gute Wort gebe / sie zur Gedult
und fleißigen Gebeth ermahne / ihnen zu rechter Zeit essen und trincken / auch
offte rein Stroh zum Lager bringe / und den Orth / wo sie sitzen / sauber halte
/ damit sie nicht voll Ungeziefer werden und verderben. Item wenn sie kranck
worden / es sobalten der Obrigkeit anzeige / auch sonst sie fleißig warte / und
in acht nehme / denn in widrigen muß er deßhalber Rede und Antwort geben / und
vor seinen Unfleiß Straffe leiden / wie mit mehrern in dem Capitel vom Gefängnis
und dessen Straffe zu sehen.
XXXVI. Absonderlich aber soll er mit den gefangenen Weibes-Bildern ehrlich
umgehen / und sich nicht etwan mit Unzucht an denselben vergreiffen; Denn sonst
hat er Leib / auch wohl Lebens-Straffe zugewarten: Gestalt denn
Jodoc. Damhoud. in prax. crim. c. 17. n. 20. und
Paris de Puteo, de Syndicatu verb. adulterium, vers. volo quod tu. n. 1.
wollen / daß er mit dem Schwerd hinzurichten.
Clarus, lib. 5. Sentent. §. fornicator verb. cum carcerata
und
Joh. Faber, in §. item Lex Julia 8. Inst. de publ. jud. n. 6.
aber ihm den Strang;
Jacob, de Bellovisu, in sua Pract. crim. lib. 3. 18. n. 24. & seq. q. ex
L. si tutor unica, c. si quis eam cujus tut. fuerit.
Die Landes-Verweisung / nebst confiscation seiner Güther;
Nicol. Boër. decis. 318. n. 16. n vers. & hoc sentit.
eine tapffere Geld-Straffe zuerkennen.
vide omninò Guil. Boekel. disq. 5. §. 16. p. 85. & 86.
Welcher allerhand Ursachen anführet / wodurch ein solch gefangen Weibes-Bild /
aus Furcht des Gefängnisses / weil sie niemanden hat / den sie drin um Hülffe
anschreyen kan / oder in Hoffnung desto ehe loßzukommen / oder doch nicht
alzuhart gehalten zu werden / leicht von solchen Vögeln / die meistentheils
allein zu ihnen hinein gehen / zur Unzucht / Hurerey und Ehebruch beredet und
verführet werden könne.
XXXVII. Worbey doch alle Umstände erst wohl zu ponderiren und zu überlegen / auch
der Unterscheid zu machen / ob die gefangene eine Ehefrau / oder eine ledige
Dirne sey. Im ersten Fall wenn er beweibet ist / wird nach den [518] Sächsichen Rechten / wegen der Ober Hurerey / ihm der Kopff.
abgeschlagen.
Carpzov. part. 2. quaest. 69. n. 30.
Ist er aber ledig / wird / nach Inhalt der Chur-Sächß. Const. 25 part. 4. er mit
Staupen-Schlägen des Landes verwiesen / ibi: Wenn derjenige / welchen eine
Weibes-Person in Custodien und Verwarsam befohlen / dieselbige Gefangene
beschläft / so soll er / so beyde Petsonen ledig / mit Staupen-Schlägen des
Landes verwiesen werden. Hat er aber ein Weib / und dieselbe intercediret vor
ihn / wird mit den Staupen-Schlag inne gehalten / und er des Landes verwiesen.
Const. Elect. 9. part. 4.
Simplex enim hoc est adulterium, ubi conjugis intercessio admittitur.
Carpzov. d. loc. n. 31. & 32.
XXXVIII. Unterstünde sich auch einer / die Schergen / Büttel / Frey-Bothen und
Stadt-Knechte in ihren rechtmäßigen Verrichtungen zu hindern / derselbe wird
nach grösse des Verbrechens arbitrariè gestrafft.
Dither, in contin. Besold. v. Büttel / pag. 120.
Die Fürstl. Braunschw. Wolffenbüttelsche Landes-Ordnung / de An. 1647. art. 8.
setzet hievon also: Wer sich den Fürstl. Ambts- oder anderer Gerichts-Herren
verordneten Dienern wiedersetzet / und denselben mit ungebührlichen Worten und
Wercken begegnet / der soll allemahl drey Gülden Straffe erlegen: Dargegen soll
ein ieglicher / der sich über solche Ambst- oder Gerichts-Diener zubeklagen hat
/ gebührlich gehöret werden. Würden auch die Baurmeister / oder andere in den
Dörffern / wann ihnen von diesen etwas anzu zeigen ist / sich verkriechen / in
die Winckel verstecken / oder gar abweges gehen / so sollen dieselbe / so offt
es geschicht / allemahl auch drey Marien-Gülden zu Straffe erlegen.
In der H. Römischen Reichs Stadt Franckfurth am Mäyn Anno 1578. publicirten
Stadt-Recht stehet folgendes: Würde iemand unsere Schar-Wächter / bey Nacht
freventlicher / auffetziger weise / und ohne ehehaffte rechtmäßige Ursachen /
anfallen / verwunden / schlagen / oder ab ihrer Wacht zu treibë sich unterstehen
/ der soll / nach Gelegenheit solches begangenen Frevels / mit Abhauung seiner
rechten Hand gestrafft / oder nach Grösse der Ver [519] fahrung / auch am Leben mit dem Schwerd gerichtet werden. Also auch
welcher unsere Stadt-Knechte oder Kichtere / in ihrem anbefohlenen Ambt
muthwillig / und sonder ehehaffte Ursachen / würde verhindern / schmähen / und
frevele Hand an sie legen / der soll / nach Gelegenheit und Umständen der Sachen
/ derowegen an Leib und Gut gestrafft werden.
XXXIX. Und da diese / auf Befehl der Obrigkeit / einen gefangen nehmen wollnen /
die Captur auch rechtmäßig ist / derselbe aber sich mit Wehr und Waffen
wiedersetzet / und die Diener die Nachbarn oder Umstehende üm Hülffe anruffen /
sind dieselbe / als Unterthanen schuldig / ihnen beyzustehen / daß der / so sich
nicht gefangen geben will / überwältiget / und zur Hafft gebracht werde. Wenn
sie aber nicht solgen / und die Gerichts-Diener hülf-loß lassen / sind sie in
der Obrigkeit Straffe verfallen.
Gosson. ad consvetud. Atrebatens. art. 8. fol. 86.
Ubi attestatur, sententiam Bithuniae fuisse latam adversus aliquos, qui cum vim
scelerati Raptoris in mulierem honestam propulsare potuissent, non tamen
propulsa verint, ideo omnes in jus à Regio procuratore esse vocatos, mox causâ
cognitâ in venerationem justitiae condemnatos, aperto capite, flexisque genibus,
palàm in judicio ignaviae suae poenitere, veniamque deprecari, eoque amplius
quemlibet eorum decem librarum poena mulctatum esse.
Speidel, in Specul. Jur. v. Büttel / pag. 157. Vide omninò Sebast. Guazzin, tom.
1. ad defens. inquisit. def. 5. c. 4. par tot.
XL. Kömmet auch in solchem conflictu derjenige üm / so sich wiedersetzet / und
nicht gefangen geben will / sind die Diener / und ihre Gehülffen deshalber frey
von der Straffe: doch daß sie nicht excediren / und mehr thun / als ihnen
befohlen: Sintemahl die abgeordnete Gerichts-Personen und Diener gute
Vorsichtigkeit und Bescheidenheit gebrauchen sollen / damit eines theils der
Delinquent nicht entkomme / andern theils aber derselbe / ohne Noth / bey der
Captur nicht übel geschlagen / beschädiget / oder wohl gar üms Leben gebracht
werde / welches eine Gerichts-Obrigkeit vielweniger zu befehlen / als die
Bediente vor sich selbst zu thun / sich unterstehen dürffen / wenn sie nicht in
die Straffe der Todschläger fallen wollen.
XLI. Wenn aber ein Delinquent sich mit gewapneter Hand / wie droben gedacht /
gegen die Gerichte zur Wehr stellete / haben die Bediente freylich Fug / Recht
und Macht / einen solchen halsstarrigen Buben zu züchtigen / [520] auch / da er anders nicht zuerlangen ist / gar zu erlegen / und
ohne Straffe ümzubringen: Zumahl wenn die Gerichte in Gefahr sind / oder
beschädiget wären.
Constit. Criminal. Caroli V. art. 150. ibi??? Blumblacher Franc. Cason. de indic.
& tort. c. 9. n. 13. Prosp. Farinac. lib. 1. tit. 4. q. 32. de inquisit.
n. 39. & seqq. Author. prax. crim. Alteburg. pag. 165.
XLII. Zuweilen pflegen die Gerichts-Diener bey den Auspfänden der Censiten oder
ander Leuthe / so der Herrschafft an Gefällen was schuldig sind / so sie nicht
zu rechter Zeit geliefert / sondern mit der Bezahlung sich aufhalten / wohl über
die Schnur zu hauen / grausam mit den Schuldnern ümzugehen / ihnen die Bette
unter den Leibe / Kleider / Gebeth-Bücher und anders / offtmahls nur ihrer
Gebühren halber / wegzunehmen / und also mehr zu thun / als ihnen befohlen /
zumahl wenn sie die Nase / wie sie gemeiniglich pflegen / mit Brandtewein und
Bier begossen haben / da sie ärger als Türcken und Heyden handeln / ihre Plauten
ausziehen / und damit zuhauen und zu stechen drohen. Ob nun wohl Bartolus und
Baldus,
in L. prohibitum C. de Jure Fisci, & L. pen. C. de execut.
davor halten / man könte sich denselben in solchen Fall / weil sie die fines
mandati überschritten / und also nicht mehr vor Gerichts-Diener / sondern als
Privati zu achten / wohl wiedersetzen / das Hauß-Recht ihnen weisen / und sie
abtreiben /
Juxta L. omnes in fin. C. de Decurion. L. contra 5. C. de Execut. &
Exact. L. prohibitum; ubi Bart. C. de jure Fisci.
So ist doch rathsamer / besser und verantwortlicher / daß man sich bey der
ordentlichen Obrigkeit dessentwegen beschwere / und üm gebührende reme. dirung
und Einsehen anhalte, ne qua tumultûs detur occasio.
L. non est singulis. 186. de Reg. Jur. L. 3. C. de pign.
Indeque fiat, ut defensio, quae primum honesta & licita fuit, facilè
declinet in injuriam, quia omnis licita defensio requirit moderationem
inculpatae tutelae.
L. 1. C. unde vi. Ant. Fab. in C. lib. 7. tit. 20. def. 25. n. 11.
D. Christoph Lange /
in Isagog. ad proceß. jur. civ. & Sax. c. 9. n. In.
|| [521]
ubi sequens ad ducit praejudicium Facult. Jurid. Lips. de Anno 1654. Mens.
Novembr.
„Ist im October des vorigen 1653. Jahres aus dem Ambte F. ein neu-angenommener /
und euch unbekanter Land-Knecht nacher G. da euch die Ober- und Erb-Gerichte
zuständig / abgeschicket worden / der euch zwo Kühe nehmen sollen / deshalben
auch mit euren Vieh auf der Weide herum gejagt / und seyd ihr / nachdem ihr
solches gewahr worden / alsbald zu ihm aufs Feld geritten / und zuwissen
begehret / waß er unter euren Vieh zuthun hätte / da er zur Antwort gegeben / er
wäre befehlicht / euch 2. Stück Vieh abzupfänden / gleichwohl aber darüber
nichts vorlegen können / dahero ihr denselben / biß ihr euch der Sachen / und
warum ihr denn ausgepfändet werden sollet / Erkundigung eingezogen / ein paar
Tage gefänglich halten lassen sc. Ob nun wohl auf Seiten der Churfl.
Ambts-Bedienten angeführet werden möchte / daß wenn ein Knecht in der ihm
anbefohlenen Hülffs-Vollstreckung / zumahl bey Einbringung der Churfl. Gefälle
geschimpffet wird / eben so viel sey / als wenn es demjenigen / welcher ihn
abgeschickt / selbst wiederfahren; Dennoch aber / und dieweil aus eurer
eingegebenen Defension Schrifft so viel erscheinet / daß aus dem Ambte zu F.
euch keine Erinnerung geschehen / vielweniger einiger Hülffs-Zettel zukommen /
und solcher gestalt der wieder euch vorgenommene Proceß von der Execution wieder
die Rechte angefangen worden / zumahl ihr / euren Vorgeben nach / keine
Steur-bare Güther eigenthümlich besitzet / darum ihr billig / ehe u. zuvor die
Auspfändung angeordnet worden / gehöret werden sollen; Uber diß auch der euch
unbekante Land-Knecht / ohne einig anmelden / alsbald zwey Kühe euch hinweg
nehmen wollen: So seyd ihr / woferne ihr solche eure habende Exceptiones
einwenden / und in der Defension zur Nothdurfft ausführen werdet / mit einiger
Straffe / gestalten Sachen / und mit einlauffenden Umständen nach / nicht zu
belegen. V. R. W.
ad requisitionem H. G. V. B.
XLIII. Ob aber denen Apparitoribus, Ambts-Stadt- und Land-Knechten zu glauben /
wenn sie kommen und vorbringen: sie wären von denjenigen / an dem sie von dem
Richter abgeschicket / geschlagen / oder mit schimpflichen und Ehren-rührigen
Worten angegriffen worden? Darauf antwortet Petrus Gregor, Tholosanus,
|| [522]
lib. 47. Synt. J. Univ. c. 40. n. 30
artig also: Quam vis olim crederetur relationi gestorum ipsius Apparitoris: tamen
quando se dicebat vel injuria affectum, vel verberatum, vel literas sibi seu
mandata fuisse erepta, non illi credebatur omninò, sed illius relatio pro
denunciatione habebatur, ut posset de eo delato inquiri, non autem ex delatione,
vel relatione illius posset quis damnari, quod jure statutum videtur.
in L. ea quidem C. de accus.
Hodie quoque id ipsum verum erit, cum non simplici relationi exsecutoris
credatur, nisi duorum ad minus testium praesentia ea roboretur: idque
justissimis de causis, ne cui fraudi via aperiatur. Multò minus fides ei
habebitur, si dicat, sibi injuriam factam fuisse: Nam tunc & in causa
propria suspectum est testim onium: neque admittitur, nisi in quantum propter
eam relationem jubere debet Judex de relatis inquiri, data licentia reo, etiam
contrarium probandi.
Juxta L. optimam §. fin. C. de contrah. & comm. stip.
& ita resolvit Guido Pap.
Decis. 557.
Sunt enim Apparitores eatenus privilegiati, quatenus secundum mandata munus
obeunt: at si abutantur, vel insolentius segerant, ut est hujusmodi homin???m
genus, ut plerumque insolens sit & temerarium, castigandi diligenter
funt & acriter, ne inde oriatur injuriarum occasio, unde jura nasci
debent;
L. meminerint C. unde vi.
& graviorem poenam meretur, qui privilegio fulcitus eo in perniciem
alterius utitur.
Auth. Presbyter, C. de Episc. & Cler.
Et privilegium meretur amittere, qui concessa sibi abutitur potestate.
In L. Judaeos & ibi Gloß. C. de Judaeis. L. qui sint ff. de negot. gest.
c. privilogium 2. quaest. 3.
Exsecutores mandatorum Magistratuum seu Apparitores nudi & simplices sunt
administri, nec debent vel latum ungvem excedere mandata, nullam enim habent
cognitionem.
L. exsecutorem C. de exsec. rei jud. L. ad exsecutore 4. & ibi Gloß. ff.
de appellat. & relat.
Ideoque multò minus excedere possunt.
|| [523]
L. diligenter ff. mandat. c. cum dilecta de rescript.
Porrò notat Guido Pap. quaest. 557. in Gallia verberantem Apparitores quos Regios
vocant, cum officia seu munera sibi commissa exercent, capite puniri aut manus
eis amputari, propter injuriam illatam pricipi, in patria tamen Delphinali
pecunia mulctari, aut arbitrio Judicis puniri. Sed in hac causa non statur neque
creditur relationi seu testimonio Apparitoris, sed veritas inspicienda &
perscrutanda, ut monuit Gordianus,
L. ea quidem 7. C. de accusat.
de qua si constet, vel si relationes sunt subscriptae testimonio idoneorum
testium, vindicta procul dubio sumenda: cum isti, qui manda Regia exsequuntur,
& ejus autoritate quippiam agunt, videantur veluti vivae Principis
Imagines, & certum sit reos quoque majestatis esse eos, qui in statuas
principum injuriam inferunt. Et qui literas Curiae Parlamenti vel Cancellariae
vel alterius Judicis, quibus mandata exsequendi continentur, ademerit, vel
extorserit de manibus Apparitoris, falsi poenis subjicitur.
Guid. Pap. decis. 579. n. 5. Bald. ad L. si quis id quod ff. de juris d. omn.
jud.
Multò magis si fregerit, quia corrupti albi Praetoris poena tenetur;
L. hodie ad Leg. Cornel. ff. de fals.
vel alia arbitraria,
Joh. Faber in §. poenales de action.
habitâ ratione facti, & quo animo factum est: non secus ac si sequeretur
de eo, qui statuas principum dejecerit vel confregerit.
vid. distinctiones in L. 4. §. fin. & L. non contrahit 5. L. qui statuas
6. & L. furioso 7. ff. ad L. Jul. Majest. L. 1. si quis Imp. maled. C.
L. pen. & L. fin. C. de Stat. & Imag.
Etenim imaginis principis impressione solent sigillatae literae auctoritatem
recipere.
Petr. Greg. Tholos. lib. 47. Syntag. Jur. Univ. c. 40. n. 28.
XLIV. Im übrigen / soll die Obrigkeit die Excesse der Gerichts-Diener mit Ernst
bestraffen / und solchen in unbilligen Dingen nicht überhelffen / damit denen
Klägern Satisfaction geschehe.
Christinaeus, vol. 4. Decis. Belg. 102. n. 11. & 12. Casp. Ziles. de
mulcta & jure mulctandi c. 8. pag. 176.
|| [524]
Die Sineser halten unter währenden Gerichts-Sitz ihre Gerichts-Diener in strenger
Disciplin und Ehr-Furcht. Wer das geringste übersiehet / oder nicht stille gnung
ist / sondern ein Gemürmel erreget / der wird hart gestrafft / und ihm / damit
der Schimpf desto kündlicher sey / ein Fähnlein in die Hand gegeben: Welches er
kniend so lange halten muß / biß das Gericht aufstehet: Da ihm denn der Richter
eine gewisse Anzahl harter Streiche zuerkent. Weßwegen man viel solcher
Gerichts-Diener siehet / die Pflaster oder Narben und Striemen im Angesichte
haben; Aber dennoch dessen sich nicht sonderlich viel schämen / weil mans schon
an dergleichen Leuten wohl gewohnt ist.
Maffejus, lib. 6. Hist. Indic. pag. 264. Edit. Colon. 1590. Erasm. Francisci, im
Neu Polirten Geschicht-Kunst und Sitten-Spiegel ausländischer Völcker / lib. 2.
Disc. 4. pag. 350.
XLV. Zum Beschluß dieses Capitels wird gefraget / wie es mit den Ambts-Knechten
und Schergen / die mit Malefiz Personen zuthun haben / und solche dem
Nachrichter an das Band liefern / und deren Kindern / bey Aufnahme in Handwerge
und deren Erlernung / zu halten? Indeme mit den andern / welche mit den Malefiz
Personen bey der strengen Frage / und Vollziehung der Peinlichen Urthel nichts
zuschaffen / noch Hand anzulegen haben / es keinen Zweiffel hat. Nun sollen zu
solchen Dienst die jenige Personen / die Erbarn Herkommens und Wesens seyn /
vorher nicht unerbare Handlung getrieben / oder böse Nachrede und Leumuth auf
sich haben / von Frömmigkeit und guten Wandels wegen erwehlet und aufgenommen
werden /
Erklärung der Bayerischen Landes-Freyheit / part. 1. art. 5. Item Landesfried des
Fürstenthums Neuburg / p. 1. art. 5.
Ist auch deren [und der Nachrichter] Ambt vor sich nicht unehrlich / sondern
vielmehr nothwendig / immassen auch die Biblische̅ Exempel gnugsam
bezeugen / daß die Zeugen einer begangenen Ubelthat / ob sie schon hohen Standes
gewesen / so gar das Nachrichter Ambt bey Vollziehung der verdienten Straffe
verrichten müssen.
Deuter. c. 13. & 17. ibi.
Die Hand der Zeugen soll die erste seyn / ihn zu tödten / und darnach die Hand
alles Volcks / daß du das Böse von dir thust. sc.
Volum. IV. Disp. Basil. 20. de Execut. Leg. th. 49.
|| [525]
Daß aber dergleichen Personen hin und wieder übel beschrien sind / das geschiehet
wegen ihres fast insgemein führenden ärgerlichen Lebens und Verhaltens /
derowegen sie in schlechten Praedicat seyn / wie bey dem
Avenar. Quaest. Nomico-Polit. 139. Par. de Puteo, de Syndicatu, verb. familiaris
sive familian. 6. & seqq. ubi tradit, quod omnes Exsecu. ores
praesumantur malitiosi. Bald. ad L. si ut proponis C. de Execut. rei jud. n. 1.
Chassan. ad Consuet. Burg tit. 2. §. 52. gl. 1. n. 184. Hostiens. in Summa, lib.
2. tit. de contum. §. qualiter n. z. vers. contra quia & c. fol. 451.
zusehen. Dahero auch solche Personen bey ehrlichen Zünfften vor
Handwercks-Genossen nicht passiret noch zugelassen werden.
XLVI. Welches auch mit deren Kindern / die / nachdem der Vater zu solchem Büttel-
und Schergen-Ambt kom̅en / erzeuget und gebohren worden /
geschiehet. Eine andere Meinung aber gewinnet es / wann solche vor erlangten
Dienst erzeuget und gebohren worden.
vid. Chur-Bayerische Land- und Policey-Ordn. lib. 4. tit. 1. art. 2. vers. als
sich aber &c.
Indem die Beförderung eines Heyls und Wohlfarth / der nichts übels begangen / und
sich wohl verhält / oder gute Anzeigung von sich gibt / nicht zu verhindern.
C. generaliter 3. §. Spurios & l. Spurii 6. in pr. ff. de Decur.
So hat gleichfals ein Kind seiner Eltern Unthaten und Mißhandlungen nicht
zuentgelten / vielweniger sind sie ihm schädlich / wenn es sich nur ehrlich /
wohl und Tugendsam erweiset.
L. qui ad tempus 2. §. in filiis 2. ibi ne patris notâ filius macularetur.
& §. 7. nullum patris delictum filio innocenti poena est. ff. de Decur.
L. Crimen 26. ff. de poen. & ibi Gothefred. Gab. Palaeot. de not.
& spur. filiis c. 65. n. 3. & seq.
nec filius odio patris praegravari debet.
L. si quis in suo 33. §. Legis 1. C. inoff. Test.
Welches zwar auch von den Kindern / die bey Vertretung des Schergen / und
Büttel-Dienstes gebohren werden / zu sagen: Allein weil die tägliche Erfahrung
mitbringet / daß dergleichen Personen bey Ubernehmung der Ambts-Knecht und
Büttel-Dienst / sich gemeiniglich allerdings endern / und in ein liederlich
Leben gerathen / auch Tugend und Erbarkeit oftmahls wenig achten / sondern sie
beyseit setzen / denen die Kinder vielfältig [526] nachfolgen
/ auch gleichsam von Jugend auf darzu erzogen / gewöhnet und angeführet werden /
und Lust bekommen / da es denn dem gemeinen Sprüchwort noch heisset:
Mali corvi malum ovum!
Wie der Vogel ist / so leget er Eyer!
Et ex improbo patre proficistur improbus filius.
Erasm. in Adag. Chiliad. 1. cent. 9. adag. 25.
und wie Seneca in Hippolito setzet:
Redit ad Autores genus,
Stirpemque primam degener sanguis refert.
Item,
Saepè solet similis filius esse patri,
Gl. in c. si 15. 2. verb. defectu fil. presbit. n. 6.
Wiewohl dieses nicht allemahl zutrifft; So thun solche Eltern wohl / wann sie die
Kinder beyzeiten zu etwas anders erziehen / und lerne lassen / so nicht zünftig
/ als Bauren- und andere Hand-Arbeit.
Philip Zorer, im andern Theil seines Rechtl. Bedenckens Quaest. 18. n. 4064.
& seqq.
XLVII. In der Churfurstl. Sächß. Policey Ordnung aber Anno 1661. tit. 21. part.
4. §. 4. per tot. fol. 138. stehet expressè daß der Ambts-Frohnen / Stadt- und
Land-Knechte Kinder / zu folge des Heil. Reichs verbesserten Policey-Ordnung de
Anno 1677. bey allen und jeden Handwercken / wenn sie ehrliche Geburth darthun
können / und sich sonsten ehrlich verhalten / unweigerlich auf und angenommen /
am allerwenigsten aber die Richter und Gerichts-Personen / die bey denen vom
Adel und Ritter-Gütheru auf dem Lande das beystecken verrichten müssen / oder
ihre Kinder von ehrlichen Handwercks-Zünften deßwegen ausgeschlossen / auch da
ein oder das andere Handwerck dergleichen sich unterstehen würde / sie unter
diesen Vorwand von denen Innungen auszustossen / oder darein nicht zu recipiren,
wider dieselben / als nicht minder wieder diejenigen / die sie deßhalber vor
unehrlich halten wollen / von dem Magistrat jedes Orts mit Geld oder
Gefängnis-Straffe / nach Befindung / unnachläßig verfahren werden solie.
XLVIII. Derowegen können sich alle diejenige Personen / so denen Gerichten / [527] mit der Aufwartung an die Hand gehen / um desto eher
ihres Berufs getrösten / und wenn sie sich ehrlich und fromm verhalten / ein
mehrers nicht / als ihnen befohlen / thun / nebst Obrigkeitlichen Schutzes vor
ihre Kinder Geburths-Brieffe / und Gerichtlicher Zeugnisse zu Beforderung ihrer
zeitlichen Wohlfart versichern.
Author, prax. crim. Alteb. pag. 67.
Nullibi enim in Jure lictores inter personas infames referuntur, nec infamia
facti laborant. Sentiat de his, quicquid velit Vulgus, non certè ex opinione
honestorum graviumque virorum lictores maculâ censentur aspersi, quae sola tamen
infamiam facti importat.
C. probrum 42. ubi Joh. Goedd. de V. S. Carpzov. p. 1. Decis. 18. n. 10 &
11.
CAPUT VI.
Vom Scharffrichter.
I.
ZU Latein wird er Carnifex genennet / à carne facienda: Ideo quia ex hominibus
carmen facit, i. e. homines interficit. Nam ut Graecis [Greek words], ita apud Latinos facere non tantum [Greek words], sed & occidere significat.
Vossius, in Lex. Etym. verb. caro & verb. facio.
Caro autem hic denotat cadaver.
Donat. ad Terent. Hecyr. Act. 3. sc. 4. Joh. Casp. Eilenberg, in Disp. de jure
Carnif. c. 1. §. 1.
Und sind vor Alters diejenige̅ / welche sich selbsten entweder
tödlich verwundet / oder gar üms Leben gebracht / Carnifices genennet worden.
Dannenhero ohne Zweiffel das Sprüchwort entstanden / daß man von solchen Leuthen
gesaget / Sie sind ihre eigenen Hencker worden.
|| [528]
Matth. Martin. in Lexic. Philolog. v. carnifex.
II. Sumitur vox Carnificis vel propriè vel impropriè. Impropriè iterum
[1] Metaphorice v. g. pro tribulatore, vor einen Peiniger / Quähler: Sic Terent.
in Andr. dicit: quantas hic suis Consiliis mihi confecit solicitudines meus
Carnifex. Hinc dies Carnificus dicitur ein Tag / da man gepeiniget wird.
Eligebant enim Romani certos dies, in quibus Servos suos per lictores &
carnifices flagris exagitandos curabant.
Vid. Taubmann. ad Plaut. Asinar. act. 2. sc. 2 pag. 92.
Item pro homine crudeli: ut apud Bronckhorst.
in not. ad Aphorism. polit. Danci p. 663.
Hinc etiam Daemon tempore pestis, quia tunc maxime ipsius est vis, dicitur Dei
carnifex.
Luther, tom. 5. Alteb. p. 980. b. Gö???mannus, de Venef. lib. 1. cap. 7. n. 14.
[2] Catachresticè pro lanione.
c. signisicante 69. X. de Appell. ibi??? Cujacius, pag. 317.
III. Obiter ist hieber die Frage / Wie? und welcher gestalt? auch worinnen bey
den Römern die Carnifices von den Lictoribus differirt, und unterschieden
gewesen? Der Unterschied bestund in diesem / daß die Carnifices die Ubelthäter
creutzigten / strangulirten / henckten / und ihnen die Hälse brachen / auch
sonst andere Leibes-Straffen an den Knechten und Frembden / so nicht Römer
wahren / exequirten und vollzogen. Die Lictores aber verfuhren wieder die
Römische Bürger nach dem Gesetze / hieben auch diejenige / so sich als
öffentliche Feinde wieder den Römischen Estat und Regierung gesetzet / mit
Ruthen / und richteten sie hernach mit dem Beil. Es wohneten auch diese in /
jene aber vor der Stadt.
Crus. de indic. delict. p. 4 c. 52. n. 4.
Hinc Cicero, in Oratione Rabiriana, per antithesin comparat carnificem cum
lictore. Porcia Lex ait, libertatem Civium Lictori eripuit. Labienus, homo
popularis carnifici tradidit. Idem in Verr. 7. ibi: aderat Janitor carceris,
Carnifex Praetoris, mors terror??? Sociorum & civium lictor. Et Livius,
lib. 3. ab l. l. c. ubi [inquit) Decemvir ille perpetuus bonus terga, sanguini
Civium infestus virgas & secures omnibus minitans Deorum??? hominum???
contempter carnificibus non lictoribus stipatus &c. Quibus Triumviri
capitales e [529] rant praefecti, quorum directione,
interventu & praesidio carceratorum cura & asservatio, nec non
poenae procurabantur, infligebantur. Unde Francisc. Pollet, in histor. fori Rom.
lib. 5. c. 14. verisimile esse tradit, Triumviros capitales carnificinae
praefuisse, at??? sub se Carnifices, Lorarios, Lanios, TINTINACULOS VIROS,
& ejusdem ordinis Lixas habuisse, cum eorum instrumentis. Ubi notandum
est, TINTINACULOS VIROS fuisse dictos ipsos CARNIFICES, qui tintinnabula
gestarunt, ad convocandam plebem vel submovendam potius, ne contaminarentur.
Prout Cicero, cit. loc, pro Rabirio ait. Inde carnifices Urbe expulsi, ne inde
contaminarentur cives. Qua de re extat locus apud Plautum in Truculento, ibi:
Lanios accersam duos cum tintinnabulis.
Et rursus eod. loc.
Ne ego bilingues vos necem, nisi ad tintinaculos, Vultis vos educi viros
&c.
[3] Metonymicè, pro custode Carceris,
Taubman, ad Plaut. Rudent. Act. 3. sc. 6. p. 1051.
Propriè pro persona sordida & cruenta exercente, justitiaeque ministris
manus praebente, ut hîc.
Eylenberg, d. disc. §. 2.
IV. Ferner wird er genennet Servus Publicus.
C. Vell. Patercul. lib. 2. hist. Rom. c. 19.
Ibi: In carcerem Minturnensium jussu Duumviri ductus est, ad quem interficiendum
cum Gladio missus Servus publicus, natione Germanus, qui fortè ab eo Imperatore
bello Cimbrico captus erat, ut agnovit Marium, profugit è carcere, abjecto
gladio.
Valerius Max.
lib. 2. c. ult. tit. 7.
eandem rem narrans; missus ad eum occidendum in privatâ domo Miturnis Servus
Publicus, natione Cimber, & senem & inermem, & squalore
obsitum, strictum gladium tenens aggredi non sustinuit. Paterculus in carcere,
ille in privata domo clausum Marium vult, sed fortè carcer & in domo.
Ille servum publicum Germanum, hic Cimbrum, Livius Gallum facit, inquiens:
Immissum percussorem Gallum vultûs authoritate deterruit. Sed facilè est, illud
dissidium componere: nam Gallorum nomine antiquitus & Germani &
Cimbri continebantur Idem Valerius,
lib. 3. c. 2. tit. 29.
|| [530]
Theramenes porrectam jussu Tyrannorum veneni potionem non dubitanter hausit,
quod??? ex ea superfuerat, jocahundus illisum humo clarum edere sonum cocgit,
reddens??? Servo publico, qui eam tradiderat, Critiae, inquit, propino!
Juvenal. Sat. 10. in principio.
- - - Mignae??? Coronae
Tantum orbem, quanto Cervix non sufficit una?
Quippe tenet sudans hanc Publicus, & sibi Consul
Ne placeat, curru Servus portatur eodem.
V. Bey den Römern wurden die Scharfrichter [wie bereits erwehnet] Lanii cum
tintinnabulis Menschen-Schlächter mit Glöcklein / weil bey Hinausführung
derarmen Sünder sie Glöcklein gebrauchten / genennet.
Joh. Christoph. Salbach / lib. 3. Antiq. Rom. part. 3. c. 2. circa fin. pag. 222.
ne quis inter eundum contactu illorum piaculo se obstringeret, ut annotavit
Zonaras, 2. Annal. fol. 61. sub descriptione Triumphi à M. Furio Dictatore de
Vejentibus habiti.
VI. â Gothofredo, ad Edict. Justin. 8. c. 3. lit. M. & Zahn. in tr. de
jure Municip. c. 33. n 5.
vocatur manus legum. Die Franzosen heissen ihn Bourreau: Item l'Executeur de la
haute Justice, Executorem supremae justitiae.
Corasius. in annot. arresti Parlamenti Tholosani, in notab. causae matrimon. pag.
233.
Zu Tholosa wird et Borell, Etrusca lingva Barrakel, von de̅
Hebräischen ??? fulminavit, percussit,
Petr. Greg. Tholos. Syntagm. Jur. Univ. lib. 31. c. 38. n. 2.
In Italien Manegoldi,
Ripa, de Peste c. 4. n. 118. pag. 140.
genennet. Forsitan apud Italos Carnifex aliquis hujus nominis famosior fuit, à
quo cognomen officio semel agnatum postea remansit. Aliàs est nomen herbae vel
floris Wald-Mangold / Wiesen-Mangold / u. kleiner Mangold; quin etiam nomen
proprium virorum, quod importat gratiam atque favorem omnimodam, seu
universorum, tanquam omnes i [531] psum ament, daß ihn
männiglich hold sey / ac coincidit cum Ulrico & Johanne
D. Adrian Beyer. in tr. vom Hencker-Geld / c. 1. §. 10.
Paris de Puteo, de Syndicat. pag. 598. und Ludovicus Carer. in pract. crim. pag.
230. n. 48. heissen ihn Manivoltum. Apud Graecos carnifex dicitur [Greek words] inexorabilis.
VII. Bey uns Teutschen hat er auch unterschiedliche Nahmen / als
Der Scharff- oder Nach-Richter / Judex Secundarius, peracto enim judicio, in quo
causa fuit cognita, incipit Sang vinarium Carnificis officium.
D. Adrian Beier. d. tr. c. 1. §. 10. Erlenberg, cit. disp § 3.
Meister Hans / D. Luther in der Kirchen-Postill über das Evangelium am IV. Sontag
nach Trinit. Carpzov. pract. crim. part. 3. q. 137. n. 51.
Nomen Magistri gerit propterea, quia ipsius expeditio non est sine artificio;
& à censura morum acerrima, qualis in desperatis necessaria. Ac
fortassis istuc respiciunt paedagogi ac parentes pueros castigaturi, satius esse
dicentes, à parentibus aut praeceptoribus praecepta vivendi cum aliquali
castigatione accipere, quàm à carnifice. Du / es ist besser / ich ziehe dich /
als Meister Hans / oder Meister Benedix.
Beier, alleg. loc.
Meister Vix / darum / daß er in seiner Kunst fix und fertig ist.
D. Adrian Beier. von Hencker-Geld / cap. 1. §. 14. Eylenberg. d. Disp. §. 3.
Meister Hämmerling / quod nomen ipsi cum diabolo est commune, quia nonnun quam
diabolicà crudelitate in homines saevit.
Idem cit. loc. Dither, in addit. pract. Speidelii, pag. 274.
Der Angstmann / als welcher manchen Ubelthäter angst und bange machet.
Frideborn. Rer. Stetin, lib. 2. p. 15. Brunnemann, in proceß. crim. c. 8 memb. 5.
n. 44.
Freymann / weil er sein Ambt frey und ungehindert verrichten / und sich niemand
an ihn vergreiffen soll / oder auch bey Leib- und Lebens-Straffe darf.
Bürger, in observ. milit. cent. 2. obs. 65. pag. 364.
|| [532]
Der Nothboth / Acta Lindav. fol. 844. Und Dither, ad Besold. Thes. pract. v.
Scharffrichter.
Das Peinlein / Barmbergisch. Peinl. Hals-Gericht-Ordn. art. 258. & 260.
Der Bödel / Statut. Lubec. lib. 4. tit. 18. art. 1.
Der Hencker. Quare autem Carnifices apud Saxones saepius Hencker / quam Nach-
oder Scharffrichter vocentur, exinde quidam descendere putant, quod olim poena
suspensionis magis, quam hodierno die, praesertim in Saxonia, in usu fuerit, ut
ita denominationem ab officio sumserint. Quâ poenâ non nisi fures in Germania
nostro tempore afficiuntur.
Speidel. in Specul. Jur. v. Hencker.
Der Züchtiger / Leonhard. Fronsperger, im Krieges-Recht / lib. 1. fol. 16. b.
ibi; Wird aber einer zu einem Strang erkant / so soll ihm der Züchtiger führen /
auf Orth und Platz / wo er Fug und Stat haben mag / und ihm mit dem Strang an
den nechsten Baum oder Ast zwischen Himmel und Erden auf- und anknüpffen / so
lange biß er erwürget / vom Lebeu zum Tode. fol. 17. wird das Wort Züchtiger
mehrmahl wiederholet.
VIII. Vor Alters sind keine gewisse Personen zu Scharff- oder Nachrichtern
bestellet gewesen / sondern entweder die Zeugen / oder das gantze Volck / oder
die Könige / Fürsten und die hohe Obrigkeit selbst / oder ihre Räthe / Trabanten
und andere Diener / wie sie bey der Hand gewesen / haben die Schuldige / oder
die das Leben verwürckt / hingerichtet.
Speidel. in Notab. pag. 481. Zeiller, cent. 2. quaest. 97. in fin. Rud. Godof.
Knichen, op. Polit. lib. 2. part. 1. c. 13. th. 21. col. 713.
Et carnificum usum olim in Dei populo nullum fuisse, docet
Zepper, in explanat. Legum Mosaic. lib. 5 q. 7. fol. 710.
Drum wenn in der Mosaischen Policey einer / auf vorgegangene Anklage / mit
Zeugnüs überführet / und zum Tode verurtheilet war / muste die Hand der Zeugen
bey der Steinigung die erste seyn / und darnach die Hand alles Volcks.
Deuteron. c. 17. v. 7. Levit. c. 24. v. 14. & seqq. Act. Apost. c. 7. v.
58. & 59.
|| [533]
Auf Moysis Befehl musten die Kinder Levi das Nicht-Schwed an die Seite gürten /
und wegen vorggeangener Abgötterey und Kälber-Tantzes 3000. auf einmahl
massacriren und hinrichten.
Exod c. 32. v. 27. 28.
Der Mann / der am Sabbath Holtz gelesen / ward / auf vorhergegangenes Urtheil /
von der gantzen Gemeinde gesteiniget.
Num. c. 15. v. 32. & seqq.
Als Achan wegen des Raubs von den Verbanneten mit seinem gantzen Hauß Israel ihn
gesteiniget / und mit Feuer verbrand habe.
Jos. c. 7. v. 25.
Der Prophet Samuel that selber die Execution an dem gefangenen Amalekiter König
Agag / zuhieb denselben in Stücken vor dem HErren zu Silgal.
1. Sam. 15. v. 33.
Als Saul den unschuldigen Priester Ahimelech / und seines Vaters Hauß / deswegen
/ daß er dem flüchtigen getreuen David mit Victualien / und sonsten /
beförderung erwiesen / und ihm nicht verrathen / gleichsam des Lasters
verletzter Majestät vermeintlich beschuldigte / und zum Tod verdammete / hat er
die Execution und Hinrichtung seinen Trabanten befohlen / und als dieselbe ihre
Hände an die Priester des HErrn zu legen sich verweigert / hat sich der
Fuchsschwäntzer Doeg darzu erbothen / und es verrichtet.
1. Sam. c. 22. v. 16. & seqq.
Als ein Flattirer dem David die Zeitung brachte / daß er den König Saul getödtet
hätte / und deswegen von David wieder zu sterben verdammet war / hat er seiner
Jünglinge einem die Execution anbefohlen.
2. Sam. e. 1. v. 15.
Imgleichen befahl David seinem Jünglingen des Isboseths beyde untreue
Haupt-Leuthe vom Leben zum Tode zu bringen / die ihnen Hände und Füsse abgehauen
/ und sie am Teich zu Hebron aufgehänget.
2. Sam. c. 4. v. 11.
Als Adonia seinem Bruder / dem König Salomo / nach Scepter und Cron trachtete /
und darüber sein Blut-Urtheil bekahme / muste Benaja / [534] des Königs Feld-Häuptmann / des Adonia und Joabs Scharffrichter seyn / und sie
beyde hinrichten.
I. Reg. c. 2. v. 25. & 33.
Wie der neu-gesalbte König Jehu / auf GOttes Besehl / die Priester Baals
ausrotten und hinrichten ließ / hat er die Execution seinen Trabanten und
Richtern anbefohlen.
2. Reg. c, 10. v. 25.
Bey der Creutzigung Christi wahr den Krieges-Knechten die Execution befohlen /
welche auch den beyden Schächern am Creutz die Beine gebrochen.
Johan. c. 19. v. 32. Reinkink, lib. 2. Biblisch. Policey / axiom. 55.
Wie dann noch heut zu Tage im Kriege die / so zum archibusiren condemniret worden
/ von ihren besten Cammeraden unter den Reuthern erschossen werden.
D. Adrian Beier, de bonis damnat. §. 33.
IX. die Trium-Viri bey den Römern bedieneten sich gleichfals bey Hinrichtung der
verbannisirten der Krieges-Leuthe /
Crusius, de Jnd. delict. p. 4. c. 52. n. 2.
welche sie Lancearios & Spoculatores, oder auch wohl Percussores [Tacit.
16. Annal. 9.] nenneten. Hinc Julius Firmicus, lib. 8. c. 26. SPECULATORES,
inquit, faciet, qui nuduto gladio hominum amputant cervices. Horum Speculatorum
fit mentio quoque in historia Novi Testamenti, Marc. Vl. v. 27. [Greek words]. Quod. B. Lutherus exsertim Carnificem
reddit: Und bald schickte hin der König den Hencker / und hieß sein Haupt
herbringen. Nimirum ipsos quoque Judaeos hujus muneris puduisse credideris, dum
Saulus occisionem Sacerdotum Satellitibus demandabat.
D. Beier, in tr. von Hencker-Geld / c. 1. §. 13.
X. Ja die Eltern sind wohl zuweilen ihrer eignen Kinder Scharffrichter gewesen.
Vid. Bodin. lib. 3. de Republ. c. 7.
XI. So lieset man auch in der Salmansweilischen nothwendigen Erinnerung / bey der
dritten Haupt-Frage fol. 48. daß in dem Closter Heilsborn / [535] vor Zeiten die Leyen-Brüder / Bärtling genant / sich vor
Scharffrichter gebrauchen lassen.
Joh. Jacob. Speidel. in Spec. Jur. v. Hencker / Nachrichter / p. 586.
Wie denn noch im Closter Eborach bey Manns-Gedencken ein Convers - Bruder /
Eberhard genant / die Ubelthäter Peinlich examiniret.
Lindauische Acta, fol. 850. Limnaeus. in J. P. lib. 1. c. 7. n. 46.
Dither, in addit. ad Besold. Thes. pract. v. Scharffrichter / p. 865.
Desgleichen erzehlet Aubigne, im 1. Theil seiner Historien / lib. 3. c. 12. daß
ein Franciscaner Mönch / als im Jahr Christi 1562. die Teutschen Reuther und
Fuß-Knechte in Franckreich gezogen / und in solchen Zug S. Cire, Icy und
Chasteau Vilain ausgeplündert / seine Mit- und Convents-Brüder gehenckt / auch
hernach bey dem Krieges-Heer dieses Handwerck getrieben / und solches iederzeit
in seiner Mönchs - Kutten verrichtet habe.
XII. Und führet Zeiller, cent. 5. Epist. 419. an / daß auch die Ziegeuner vor
Scharfrichter gebraucht worde̅. In Concilio Flandriae Primo
Praetori, qui principis vices refert, executionem facinorosorum committi
Damhouderus, prax. crim. c. 154. n. B. autor est. Juxta Aristotelem, lib. 6.
Polit. c. 8. Magistratibus demandatur, ut ipsi sint executores suorum
Decretorum. Exemplum de Balduino VII Flandriae comite refert
Lips. in polit. p. 131. §. 7.
In der Stadt Reutlingen hat vor Zeiten der jüngste Raths - Herr die Peinliche
Execution verrichten müssen / allermassen denn auf dem Rath-Hause daselbsten das
Schwerd / womit solches geschehen / noch vorhanden / und von Rost sehr gefressen
seyn soll.
Georg. Rittershus. de Jure Asylor. c. 4. p. 66. Camerar. hor. succis. 1. c. 76.
p. 374. Pontan. in Att. Bellar. vol. 1. p. 707. Lansius, in oratione contra
Germaniam, p. 824. Dither, in add. ad Besold. Thes. Pr. v. Scharffrichter. D.
Beyer, vom Hencker-Geld / c. 1. §. 12.
XIII. In der Littau soll der Peinliche Ankläger / wenn er den Peinlich- [536] Beklagten überführet / selber die Selle des
Scharffrichters vertreten / oder der Reus Capitis sich selbsten erhencken
müssen.
Alex. Guagnin. & Abrah. Ortel. in descript. Lituan. Speid. in spec. jur.
v. Hencker / p. 586.
XIV. In Engelland mögen noch auf den heutigen Tag / wann die Delinquenten
aufgehengt werden / die näheste Bluts-Freunde Hand mit anlegen / und mit
Brechung der Hälse oder Genicke des justificirten Leben verkürtzen / zu welchem
Ende sie auch nicht hoch von der Erden / sondern an einen Balcken niedrig
angeknüpfft werden / wie Bodinus,
de Rep. lib. 3. c. 8.
schreibet / quod extremum pietatis officium [und den Gesellenstoß geben] vocant.
Reinking. in der Bibl. Policey lib. 2. c. 55. pag. 325. Bullae ad const. crim.
Car. V. art. 97. Zeiler. Epist. 302. Speidel d. loc. Carl von Lespine, in der
Beschreibung unterschiedlicher Königreiche / pag. 113. Naurath. in hypotypes.
Jur. Subd. p. 605.
Bey den Orientalischen Käysern zu Constantinopel haben eine Zeitlang die Juden
sich zu Scharffrichtern gebrauchen lassen müssen. Pachymeres,
in Hist. Andronici Palaelogi, lib. 3. c. 11. & 26.
XV. Und setzet Käysersberger / gewesener Prediger zu Straßburg / in der
Beschlus-Predigt part. ult. vol. 39. Wenn man vor Alters in einem Dorff einem
Dieb hengen wollen / da kein Hencker gewesen / so hätte ein gantz Gericht den
Dieb gehengt / und zwar dergestalt: Man habe ein lang Seil genommen / und
daßselbige über den Galgen geschlagen / und den Dieb unten dran geknüpfft /
welches der Schultheis thun müßen / hernach habe das gantze Gericht den Dieb auf
den Galgen gezogen / daß er daran erwürget / und haben alle unter solchen
Gericht gesessene Bürger und Bauren am Seil ziehen müssen / damit keiner dem
andern vorwerffen und verweisen können / daß er den Dieb erhengt.
XVII. In Franconia alicubi receptum esse testatur Camerarius, ut maritus
recentissimus furi cruciario laqueum innectat, & signo dato confestim
omnes loci cives, & imprimis quatuor Sculteti operas conferunt, [hoc
vocant huyen /] furemque de annosa & mutilata quercu, cui nomen
Knüpffel-Baum / suspendunt.
|| [537]
Heider, in System. polit. p. 236. Felvvinger. Disp. de Subditis. th. 37.
Dith. in add. ad Bes. Thes. Pr. v. Scharffrichter p. 865. col. 1.
XVIII, Das Dorff Weissenbrunn in Francken / so ins Ambt Castel gehörig / muß zwar
den Ubelthäter anderwerts zur Straffe liefern / allein es hat aus alter
Gewohnheit und Herkommen dieses Recht / daß dessen Einwohner einen Dieb nicht
ausliefern dürffen / sondern ihn an einen Baum aufhengen / und wenn man solches
verrichten will / müssen alle Inwohner daselbst an den Strick greiffen.
Zeiler, Epist. 604.
XIX. Es ist aber mit der Zeit das hin- und nachrichten der Criminosen und
Verdamten etwas abscheulich worden / so gar / daß man nicht allein gewisse
Personen darzu verordnet / sondern auch andere Leute der Hencker und
Scharffrichter Gesellschafft gemieden / und dieselbe nicht allerdings vor
ehrlich gehalten / welches / wie albereit auch oben angeführet / daher kommen /
daß man zuweilen Ubelthäter / die den Tod verdienet / oder sonst andere Böse mit
allerhand Lastern beschmitzte Leute darzu genommen hat.
Reinking. d. lib. axiom. 55. p. 326. Naurath. cit. tr. pag. 606. D. Beier, de
expens. exec crim. c. 1. §. 13. Joh. Casp. Eylenberg / de jur. Carnif. c. 3. §.
2.
XX. In Rußland oder Moskau sollen die Metzger / wenn der Scharffrichter nicht
zugegen / dessen Dienst verrichten müssen / wie
Olearius, in Itenar. Persic. lib. 3. c. 20. in fine meldet.
Es schreibet auch Zeiler, in der 16. Epistel / daß in Böhmen die Schäffer
zuweilen an stat der Scharffrichter gebrauchet werden / wie er selber gesehen.
Hinc proverbium Schäffer und Schinder / sind Geschwister Kinder.
Joh. Melch. Lucius de damno famae declin. & reparand. Sect. 3. memb. 1.
§. 13. in fin.
XXI. In Indien / dem grossen Mogol unterworffen / geschicht die Execution an den
Verbrechern nicht durch einen Scharffrichter / sondern wird einem von den
Umstehenden und Zusehenden befohlen / welche sich dann willig darzu erfinden
lassen / und es vor eine Tapfferkeit halten. Hat er aber einen Todschlag
begangen / so wird er des entleibten Bluts - Freun [538] den in die Hände gegeben / die als Blut-Rächer an ihn verüben / was
durch Urthel und Recht erkant.
Georg. Andres-Sohn in Orient. Beschr. lib. 1. cap. 26. pag. 45.
XXII. In Ceutschland kommen die meisten zu dieser Verrichtung / daß sie von
Scharffrichtern gezeuget worden / und zu andern ehrlichen Handwercken und
Handthierung nicht gelangen können / und also aus Noth solche Verrichtung
übernehmen müssen / welche dann darum allein an sich selbsten / wie hernach
gemeldet werden soll / nicht unehrlich / sondern Ministri und Diener der
heilsamen Justiz sind / die ohne dergleichen Execution und Executorn ohne effect
und Nutzen seyn würde.
Reinking, in der Bibl. Policey lib. 2. axiom. 55. p. 326.
Theils aber begeben sich aus guten Willen darzu / sonderlich wenn sie eine böse
That verübet / oder sonst ihre Ehre und Redligkeit an den Nagel gehenget. Potest
enim quivis in hoc puncto famae & existimationis suae esse jactator
& prodigus, licet crudele sit, famam spernere.
Crusius, de Indiciis delictor. part. 4. cap. 52. n. 17.
Also lieset man von dem sonst vortreflichen Medico Arthagato, daß er ob nimiam
secandi & urendi faevitiam endich gar ein Nachrichter worden.
Plin. lib. 29. c. 1. Barnab. Brisson. lib. 2. Antiq. Roman. c. 4.
Darius der letztere König in Persien ist / nachdem er von seinen Königreich
verjagt / ein lictor oder Scherge worden / ut refert
Coel. Rhodigin. lib. 21. c. 38.
Hecate, ein grausam Weib hat dem Arthagato nichts zuvor gegeben / indem sie in
ihrer Jugend / als aus Königlichen Geschlecht entsprossen / einen hie / den
andern da / nach Belieben mit Pfeilen erschoffen. Ja ihren eigenen Vater mit dem
stärcksten Gifft / so man Aconitum nennet / und sie zu erst erfunden /
hingerichtet. Imgleichen alle diejenigen / so zu ihr als Gäste kommen / und sie
besucht / abscheulich geschlachtet / und der Göttin Dianae geopffert.
Diodor. Siculus, lib. 4. c. 3.
Wie hingegen Orbilius Pupillus in anfang ein Apparitor, welches vor Alters fast
eben so viel als ein lictor war / gewesen / nachgehends zog er in den Krieg /
endlich aber legte er sich auf das studiren, und ist noch ein berühuiter
Grammaticus worden.
Suet on. in lib. de Illustr. Grammat.
|| [539]
Vor diesen hat ein Bauren-Knecht / der noch nie gepflüget / dem / so die
Marcksteine ausgegraben oder versetzet / den Hals mit einen Pflug abähren müssen
/ wo von drunten in einem besondern Capitel mit mehrern gehandelt wird.
Knich. de sulim. Territor. Jure c. 4. p. 138. Speidel. in Notab. v. Marckstein.
XXIII. Die Türcken haben keine verordnete Scharffrichter / sondern des Sub-Bassa
Schergen und Hassassen volziehen an den Abelthätern die Straffe. Deren denn sehr
viel sind / die hin und wieder in der Stadt herumschweiffen / und ausspähen / wo
es nicht recht zugehet. Mit solchen Gesinde streift der Profoß oder
Rumor-Meister bey Nacht / mit Fackeln durch die gantze Stadt / und wo er einen
auf der Gassen ergreifft / rechtfertiget er denselben. Die / so er in geringen
Verbrechen betrifft / werden nach seinen Gutdüncke̅ mit Streichen
abgefertiget. Hat einer was tödliches verwirckt / so läst er ihn gleich in
Fußstapffen auf hengen: Und solte auch nur ein blosser Verdacht oder Argwohn auf
ihn falle̅ / als ob er zu Stehlen / oder Morden gesinnet wäre.
Jedoch hat der Sultan seinen eignen Nach-Richter im Pallast wohnen / welcher Tag
und Nacht auf allen Fall bey der Hand seyn muß.
Erasm. Francisci. in Neu-Polirten Geschicht / Kunst- und Sitten-Spiegel / lib. 2.
Disc. 8. fol. 404.
XXIV. Christophorus Crusius.
de indiciis delictorum, part. 4. c. 52. n. 14. & 15.
fraget / wenn sichs begebe / daß kein Nachrichter zuerlangen wäre / ob man nicht
eines Scharffrichters Wittibe darzu nehmen könte / daß sie in Person die
Peinlichen Actus und Executiones verrichtete? Bejahet auch solches / und
allegiret den Wierum, de Praestigiis Daemonum, lib. 2. c. 15. mit ferner
Anführung / daß die Noth kein Gesetze habe / c. sicut de consul. L. 1. ubi
Gloss. in verb. expedire de off. Consul. & L. generalitur §. spurios ff.
de decurion. L. 1. ff. de op. libert. Allein weil es heut zu Tage Scharffrichter
gnung gibet / daß man nicht nötig hat / Weibes-Bilder darzu zunehmen / es auch
ohne dem eine Verrichtung ist / die dem Weiblichen Geschlechte nicht anstehet /
ist die Frage vergeblich. Nicht weit von Voigtsberg im Voigland hielt sich ein
Mörder auf / Veit Jane genant / eines Hirten Sohn zu Olßniz / der ging stets mit
einer Holtz-Axt / erschlug viele vom Hoff / Olßniz und Plauen / [540] nahm ihnen ab / was sie hatten. Endlich ward er von Pechkratzern /
als er ein Mägdelein von 15. Jahren tödten wolte / gefangen. Als ihn nun der
Hencker mit den Rad stieß / wird er mit den rechten Arm loß / will den Hencker
hemmen / da trat ein Bürger aus Unverstand aussen Hauffen hinzu / hilft den
Hencker den Arm ins Rad bringen / und den Mörder Radebrechen / wurde Meister
dieselbe Stunde.
Matthaeus Hammer, in virid. Histor. pag. 404. Bütner, in Epit. Hist. fol. 378.
XXV. Dieweil nun / was dessen Person anbelanget / der Scharff- oder Nachrichter
eine solche von der Obrigkeit bestelte Person ist / welche auf deren Befehl /
dem Rechtlichen Erkäntnis gemäs / die Ubelthäter peinigen / auch / nach
Gelegenheit der Fälle / die Leib- und Lebens-Straffe an denselben
vollentstrecken / und sonst in vielen andern Dingen mehr / wie in folgenden zu
sehen / der Justiz zur Hand gehen muß: Als ist auch vor allen Dingen dahin
zusehen / daß zu solcher Verrichtung keine Gott- und Ruchlose Leute /
Hexenmeister / Räuber / Mörder / Diebe / Ehebrecher / Hurer / Gotteslästerer /
Spieler oder sonst mit andern groben Sünden / Schand- und Lastern behaffrete /
sondern fromme / unbescholtene / freundliche / barmherzige / unerschrockene /
und in dergleichen Wercken und Verrichtungen wohlerfahrne Männer erwählet und
bestellet werden / die mehr aus Liebe zu GOtt und dem Rechten / als aus
vorgeschöpfften Haß und Zorn gegen den armen Sünder ihr Ambt verrichten.
Jodoc. Damhoud. in Prax. crim. c. 152. n. 8. & 9. Carpzov. in Pract.
crim. part. 3. q. 137. n. 25. & In den Peinl. Sächß. Inq. und
Achts-Process, tit. 12. art. 2. §. 2. Eylenberg / Disp. de jur. carnif. c. 3. §.
2.
XXVI. Ihm anzunehmen und zu bestätigen geschicht von demjenigen / welchem die
Hohe Gerichte zustehen / entweder gegen eine gewisse Bestallung / oder
ziemlichen Lohn vor jede Execution,
Joh. Casp. Eylenberg / dict. Disp. de jur. carnif. c. 2. §. 1.
Maßen denn durch solche Annehm- und Wiederabschaffung der Nachrichter die
Criminal-Jurisdiction bewiesen wird.
Post Nattam Cothmann. & Acta Lindav. fol. 273. Dither ad Besold. thes.
Pract. v. Scharffrichter. Item Eylenberg / c. 6. §. 15.
Denen Cavillern / Rackern / Streifern / Schindern / Füllern / Feldmeistern / oder
Abdeckern wird an etlichen Orthen von den Forstmeistern der [541] Wasen / Rasen oder die Feld-Küche verliehen / welches gemeiniglich
wegen der Luder / Haltung und Atzung der Hunde / Item daß sie solche durch den
Forst mitnehmen dürffen / geschiehet.
Wehner. Observ. Pract. voc. Forst-Recht / Forst &c. pag. 119. Adam
Keller, lib. 2. de Offic. jurid. Polit. c. 14. in fine, allwo er den Caviller
oder Schinder auf Lateinisch Deghibitorem nennet. add. D. Adrian Beieri tr. de
Expensis execut criminal. c. 1. §. 14. pag. 9.
XVII. Hiebey ist vorgänglich auch dienlich von des Scharffrichters Eyd und
Pflicht zuhandeln / denn dieweil die Nachrichter so wohl bey den Torturen, als
auch Executionen allerhand gefährliche und unverantwortliche Dinge vornehmen
können; Als ist billig / ja nothwendig / daß sie bey den Antritt ihrer Dienste
mit Eydes-Pflichten beleget werden. Maßen denn auch Käyser Carolus V.
in der Peinlichen Hals-Gerichts-Ordnung / art. 96. in verb. bey seinem Eyde
ermahnen sc. solches erin̅ert. In der Bambergischen
Hals-Gerichts-Ordnung lautet des Nachrichters Eyd also. Ich sol u. wil me???nes
gnäd. Herrn von Bamberg u. Sr. Gnaden Stifft Schaden warnen / Frommen werben /
in meinem Ambt getreulich dienen / Peinlich Fragen und Straffen / wie mir von
Sr. Gnad. Weltlichen Gewalt jedesmahl befohlen wird / auch darum nicht mehr dann
ziemliche Belohnung nehmen / alles nach Laut der Bambergischen
Hals-Gerichts-Ordnung. Was ich auch in Peinlilicher Frage höre / oder mir sonst
in Geheim zuhalten befohlen wird / dasselbige will ich niemandten ferner eröfnen
/ auch ohne Erlaubnis genantes meines gnädigen Herrn Hofmeisters / Marschalls
oder Haus-Voigts nicht verreisen oder wegziehen / und der selben Geschäfften und
Gebothen gehorsam und willig seyn / alles getreulich und ohne allerley Gefähre /
als helffe mir GOtt sc. sc.
XXVIII: Anderswo wird er folgender Gestalt verpflichtet: Demnach auf des
Durchläuchtigsten Fürsten und Herrn / Herrn N. Hertzogen zu N. tot. tit. Unsers
gnädigsten Fürsten und Herrn / gnädigsten Befehl / du N. N. zum Scharffrichter
alhier [oder bey dem Amt N.] angenommen und bestellet werden solst; Als solstu
vorher zu GOtt dem Allmächtigen einen Leiblichen Eyd schweren / daß du [542] höchstgedachter ihrer Fürstl. Durchläuchtigkeit / treu
/ hold / gehorsam und gewärtig seyn / dero Nutzen und Bestes suchen und fordern
/ Schaden und Nachtheil wenden und warnen / in sonder heit aber in deinen
Nachrichters Ver richtunge̅ treulich dienen / bey den Territionen,
Torturen, Voltern und Peinlichen Fragen keine Arglist noch Gefährde gebrauchen /
auch nicht schärffer oder gelinder darbey seyn / als das Urthel ausweiset /
sondern demselben in allen dich gemäs bezeigen / solches nicht überschreiten /
vielweniger abergläubische / oder gar zauberische Mittel darbey vornehmen / oder
gebrauchen / das Bekäntnis der Gevolterten / sonderlich der Hexen und Zauberer /
und welche sie denunciiret, niemandten offenbahren / sondern bey dir
verschwiegen behalten; Mit denen armen Sündern nicht grausam / sondern glimflich
umgehen / und dem Rechtlichen Erkäntnis gemäß die Execution und Straffen an
ihnen volstrecken / auch alle andere in dein Thun lauffende Verrichtungen willig
übernehmen / und fleißig expediren, anbey mit den Deinigen eines Christlichen
Leben und Wandels dich befleißigen, deinen Vorgesetzten schuldigen Respect
erweisen / auch in allen dich der Gestalt bezeugen sollest und wollest / wie du
es gegen GOtt / dann Hoch-Fürstl-Gnädst. Herrschafft / und in deinen eigen
Gewissen zuverantworten gedenckest. Wenn er nun solches mit Ja bestätiget / und
durch Berührung des Gerichtstabes angelobet / hebet er die zwey forder Finger
der rechten Hand in die Höhe / und spricht den Eyd folgender Gestalt nach: Ich
N. N schwere hiermit zu GOtt dem Allmächtigen / und seinem heiligen Wort einen
Leiblichen Eyd / daß ich alle demjenigen / so mir ietzo vorgehalten / ich auch
wohl verstanden / angelobet und versprochen / in allen treu / fleißig und
unverbrüchnachkommen / und nicht darwider handeln will / so war mir Gott Helffe
/ und ich Hoffe selig zu werden / durch JEsum Christum / meinen Erlöser und
Seligmacher / Amen.
XXIX. Folget nunmehro von der Scharffrichter Thun und Verrichtung. Wenn sie die
Feld-Meisterey darbey haben und exerciren, bestehet ihr Thun theils in SORDIDIS,
theils aber in CRUENTIS. SORDIDA sind / daß sie [1] bey den Residenz-Häusern /
Schlössern / auch wohl theils Orthen beyden Rittersitzen / Ambt- u. Rath-Häusern
die Cloaken [vid. L. 1. § 4. ff. de Cloac.] und Secrete, item die Gefängnisse /
nach Anleitung ihrer Pacht- [543] oder VerErbungs-Briefe /
fägen / reinigen / den Wust ins Wasser / oder an einen andern abgelegenen Ort
führen und bringen lassen müssen. Dargegen ihnen und ihren Gehülffen ein
gewisses an Bier und Brot / auch / wo es gebräuchlich ist / etwas an Gewürtze /
als gantzen Zitwer und dergleichen / wegen des Gestancks / gereichet wird. Es
sollen aber solche Cloaken nicht bey Tage / sondern des Nachts geöfnet /
argum. L. 2. §. idem ait ff. ne quid in loc. publ. Caepella de Servit. urban.
praed. e. 48. & 55. Ripa de peste, part. ult. tit. de remed. praeserv.
n. 64. & seqq. Martin Neurath. de vita & morte hominis, theorem.
14. p. 29.
auch die Abfuhr des Wustes eher zu Winterszeit / da die Materie gefroren ist /
und keinen starcken Geruch / wegen der Kälte / von sich läst / als im Sommer /
wenn es warm ist / da die Lufft leicht davon inficiret, und den Leuthen / wo es
vorbey geführet wird / wegen des Gestancks grosse Ungelegenheit und Wiederwillen
causiret werden kan / geschehen.
Glossa, in L. pen. ff. quod vi aut. clam. & in c. cum dilecti verb.
& ideo in aestat. X. de dolo & contum. Stryke, de Jure sensuum,
dissert. 5. c. 2. n. 29. Joh. Frid. Koch, de jure viciniae, c. 6. n. 11.
Et extat Mediolani statutum, quod ob foetorem vitandum tempore aestatis nullum
Necessarium spatietur in civitate, ??? Calendis Aprilis usque ad Festum S.
Michaëlis, sub poena librarum trium Imperialium Fisco applicandarum, sicuti id
refert
Horatius Carpanus, part. 2, Statut. Mediolan. c. 268.
XXX. II. Daß sie das gefallene und verreckete Vieh abdecken / oder durch ihre
Knechte solches verrichten lassen. Dargegen geben der Herrschafft sie / wenn die
Feld- und Rase-Meistereyen vererbet sind / jährlich einen gewissen Geld-Erb-Zinß
/ Item etliche paar Handschuhe / Hunde-Koppeln / Pferde-Schwäntze zu den
Schlingen der Bügel beym Vogelfang / und anders mehr / wie ihre Brieffe
ausweisen. Da auch auf den Vorwergen was an Pferden und Kind-Vieh fällt und
verrecket / müssen sie es aus den Ställen auf den Schind-Anger schaffen / die
Leder aber / gegen ein gesetztes Geld / wieder zurück geben / damit solche durch
den Hoff-Satler zu den Geschirren und andern nöthigen Dingen angewendet und
verbraucht werden können. Wenn sie aber die Meistereyen nur gepachtet haben /
geben sie ein gewisses Pacht-Geld / wie die Cammern oder Aembter des mit ihnen
eins werden.
|| [544]
XXXI. III. Daß sie zu gewisser Jahres-Zeit die Hunde tod schlagen / damit
dieselbe / zumahl die man weder zur Jagd / noch sonst zu ichtwas gebrauchen kan
/ sich nicht zu sehr vermehren / und zuviel an Brod / welches den Menschen / und
sonderlich denen Armen zu gute kommen soll / abgehe. Sie dürffen aber solches
nicht vor sich selber vornehmen / sondern müssen von der Obrigkeit zuvor Befehl
und Consens haben: Dargegen ist das Fell und das Fett ihr accidens. Anderswo
kriegen sie noch ein gewisses an Geld darzu.
Philip. Helfric. Krebs, de lapide & ligno, Sect. 9. §. 3.
Der nun einen guten Hund hat / lässet denselben nicht gerne tod schlagen /
sondern löset von dem Feldmeister ein gewisses Zeichen / welches dem Hunde
angehengt wird / alsdann hat er Perdon und freyen Paß.
Joh. Casp. Eylenberg, disp. de jure carnif. c. 4. § 4.
Da aber ein solcher Hund ungefähr mit ins Hand-gemenge kähme / und unversehens
mit tod geschlagen würde / ist der Feldmeister davor zustehen nicht schuldig:
Geschehe es aber arglistiger weise / und aus Vorsatz / kan man denselben ex
capite tertio L. Aquiliae. (arg. §. 13. §. 14 ff. ad L. Aquil.) belangen. Heut
zu Tage wird / nach den Sächsischen Rechten / der Hund / was er werth ist /
bezahlet.
Carpzov. p. 4. const. 37. def. 8. n. 2. Eilenberg, d. c. 4. §. 5.
Derselbe hat vor diesen ein gewiß Wehrt-Geld gehabt.
Vid. Land-R. art. 51. lib. 3.
Wenn er aber ein Wind- oder ander Jagd-Hund / oder auch wohl gar ein Catellichen
und Schooß-Hündgen ist / wird dem Eigenthums-Herrn der Schade nach Erkäntnis
bezahlet / und der Feldmeister arbitrariè bestrafft.
Carpzov. d. defin. in fine.
Confer de hac Canicida Damhoud. de Magnificentia politiae civitatis Brugensis,
fol 144. rubr. Canicida.
XXXII. IV. Müssen sie auch gemeiniglich die Luder auf den Wald / Item bey den
Wolffs- und Fuchs-Hütten / oder wo sonst die Jagd- und Forst-Bedienten sie hin
haben wollen / führen. Da sie denn gerne sehen / daß die Bauren / wenn es etwas
weit / ihnen vorspannen / welches aber / wenn es nicht Herkommens / ihnen nicht
verstattet wird.
|| [545]
XXXIII. V. Vieler Orthen haben sie die Beschwerung / daß der Herrschafft sie eine
gewisse Anzahl grosser Hunde von den Ludern aufziehen und halten / auch hernach
/ wenn sie groß / auf Bären und Wild-Schweine-Hatzen und Jagten bringen und
führen müssen. Zu mehrer Nachricht und Erläuterung dessen ist ein
VerErbungs-Brief solcher Meister eyen hierbey gesetzet worden / folgenden lauts:
"Wir N. Graf zu N. tot. tit. vor uns und unsere Nachkommen / thun kund und
bekennen / daß uns H. C. F. unterthänig angelanget / daß wir ihm und seine Erben
allerseits mit der Feldmeisterey in der Stadt und Ambt allhier zu G. allermassen
dieselbe in Anno 1594. von unsern in Gott ruhenden Groß-Herrn-Vater / Graf. H.
G. zu N. durch H. S. erblich für 2000. Thaler verkaufft / und hernach auf W. H.
und dessen Erben transferiret worden / gnädig belehnen wolten. Wann wir dann
sein unterthäniges Suchen gnädig angesehen: Als haben wir ihm und alle seine
Erben mit oberwehnter Feldmeisterey in hiesiger Stadt und Ambt / als ein
Erb-Lehn beliehen / thun auch solches nochmahls / Krafft dieses unsers Brieffes
dergestalt und also / daßer [1] Jährlichen hiervon - Thaler Erb-Zins ins Ambt
allhier erlegen / und zwölf grosse Rödden halten / desgleichen denen
Forst-Bedienten / als N. N. und N. N. ieden ein paar Handschue geben. [2.] Die
heimlichen Gemächer / Gefängnisse und Gossen in unsern Schloß und Residenz N.
und denen darzu gehörigen sechs Vorwergen / so offt es vonnöthen / reinigen /
oder durch iemandes Zuthun bestellen solle. [3] Was für Pferde oder Rindnöser im
Ambt allhier / und auf denen darzu gehörigen Vorwergen abgehen / so gezogen und
getragen / auch von dreyjährigen Rindern / soll er ausschaffen / die Häute
aufhängen / und dem Ambt hieselbst folgen lassen / dargegen ihm von ieden Stück
drey Groschen gegeben werden sollen. Was nicht gezogen und getragen / davon mag
er die Häute selber behalten. [4] Soll er den Pfosch oder Luder auf dem hiesigen
Forst / nach der Jäger Anweisung / so wohl auch bey die Wolffs- und Fuchs-Hütte
unweigerlich und ungesäumt führen / daß drüber keine Klage vorkomme. Daferne
auch von den Jägern und Unterthanen im Ambt hieselbst einige Klage entstehen
würde / daß auf ihr Erinnern und Anordnen das Aaß nicht ausgeschaffet würde /
soll uns frey stehen / massen wir uns dessen wollen vorbehalten haben / eine
Meisterey zu N. einem andern aufzubauen und zugebrauchen nachzulassen. [5] Soll
er alle Pferde-Haar / so nacher H. in das Saltzwerck genutzet wer [546] den können / denen Bornmeistern daselbst
zuerst anbiethen / und falls sie davon keine nöthig hätten / mag er sie iemand
anders verkauffen und überlassen. [6] Da auch die ihm verliehene Meisterey oder
Abdeckerey in künfftigen Zeiten verkaufft / vertauscht / oder in andere Weise
veralieniret würde / soll iedesmahl von dem neuen Besitzer die Lehn gebührlich
erlangt / und allewege aufs Hundert fünff Gülden zu Lehn-Recht gegeben werden /
und dieses nach Inhalt Eingangs gedachten / und in An. 1594. aufgerichteten
Kauff-Brieffes. Zu Uhrkund ist dieser Lehn-Brieff mit unsern aufgedruckten
Canceley-Secret bekräfftiget worden / So geschehen und gegeben zu N. Donnerstags
nach Laurentii / den 13ten Augusti, Anno 1692.
(L. S.)
N. N. Canzlar / mm.
Etlicher Orthen / da die Belehnung der Meistereyen nur bey den Aembtern gesuchtet
und erhalten werden / ertheilet der Beambte drüber einen Lehn-Brieff / ungefähr
[m. m.] folgenden Inhalts: "Des Durchläuchtigen Fürsten und Herrn / Herrn N. N.
Hertzogs zu N. tot. tit. meines gnädigsten Fürsten und Herrn / anietzo
verordneter Ambtmann allhier zu N. uhrkunde und bekenne / daß heut
untengesetzten dato vor mir in gewöhnlicher Ambt-Stube hieselbst erschienen ist
Meister Hans Grimmer / Scharffrichter zu N. und berichtet / wie daß er die
Meisterey allhier / so er und seine Vorfahren viele und lange Jahre her besessen
/ genutzet und gebraucht / er aber sich nach N. zuwenden Willens wäre / an
gegenwärtigen Meister Benedict Fixen / dessen Ehe-Weib / Kinder und Erben / üm
und vor 1500. Thaler baar Geld erb- und eigenthümlich verkaufft hätte / mit
inständiger Bitte / daß ich Ambts wegen in solchen Kauff consentiren / die
aufgesetzte Kauffs-Notel Gerichtlich confirmiren / so dannermelten Fixen / und
obgemeldte Seinige aufs neue mit solcher Feldmeisterey belehnen möchte. Weil ich
dann bey solchen Contract nichts bedenckliches gefunden; als habe ich solchen
ziemenden Suchen deferiret / und den überreichten Kauf-Brief / dessen datum auf
den - dieses Jahrs stehet / Obrigkeits wegen bestätiget / anbey auch / dem
Herkommen nach / die gebethene Belehnung hiermit bewerckstelligen wollen.
Belehne demnach hierauf / und in Krafft dieses Brieffes / obgedachten Meister
Benedict Fixen / dessen Ehe-Weib / Kinder und Erben / mit der erkauff [547] ten Feldmeisterey allhier / und was darzu
gehörig / in der besten und beständigsten Form / dergestalt und also: Daß er
solche Cavillerey in hiesigen Ambts-Städten / Flecken und Dörffern / so viel
darzu von Alters her / und noch gehören / und die vorige Possessores inne gehabt
/ genützet und genossen haben / als ein Erb-Lehn gebrauchen mag: Jedoch daß er
solche wie sichs gebühret / versorgen / nnd mit tüchtigen Gesinde bestellen /
und sobald es ihme angezeiget wird / die gefallene und verreckte Nöser an den
Oerthern / so ihm iede Gemeinde darzu verordnet / und nicht in Häusern oder in
Dörffern abdecken lasse / und sich diß fals also verhalte / daß das Ambt mit
unnützen Klagen nicht beschweret werde. Hingegen soll den Hirten und Schäffern
einiges Noß / es sey groß oder kkein / abzudecken / noch solche vor die Hunde zu
werffen / oder zu begraben nicht gestattet / sondern dies bey ernster Straffe
gäntzlich verbothen seyn. Massen denn auch ermeldter Meister Benedict Fix / mit
Abschwerung eines Cörperlichen Eydes / sich verpflichtet / ob-höchst-gedachter
Ihrer Durchl. unserm gnädigsten Fürsten und Herrn getreu / hold und
dienst-gewärtigst / auch dem Ambt hieselbst gehorsam zuseyn / den jährlichen
Erb-Zins von Hauß / Hof / Garten und der Feldmeisterey richtig abzustatten / und
im übrigen alle demjenigen / was in den Anno 1620. den 10. Julii aufgerichteten
Ver-Erbungs-Brief enthalten / unweigerlich nachzukommen / zu thun und
zuverrichten. Zu mehrer Uhrkund dessen / habe ich / der Ambtman / gegenwärtigen
Lehn-Brief mit dem mir anvertrautem Ambts-Siegel bedrücket / auch mich
eigenhändig unterschrieben / So geschehen nach der Gnadenreichen Geburth unsers
einigen Erlösers und Seligmachers JESU Christi / Eintausend Sechshundert Ein und
neunzig / den 28sten September,
(L. S.)
N. N.
Die von Abel / wen̅ sie die hohe Gerichte haben / pflegen auch
gemeiniglich mit den Scharfrichtern u. Feldmeistern gewisse Contracte,
respectivè wegen der Peinlichen Executionen, und Cavillerey aufzurichten / und
dabey die Leder von den gefallenen Pferden und Kind-Vieh auf ihren Ritter-Sitzen
und Vorwergen auszudingen. Wenn aber den Unterthanen was verreckt / zeigen sie
es dem Feldmeister an / der den Bothen / nachdem der Weg weit / das gefallene
Stück Vieh auch groß oder klein ist / ein Trinck [548] geld / als ein halb Kopfstück / zwey Groschen / achtzehen Pfennige /
oder auch weniger und mehr giebt / nachdem es iedes Orths Herkommens ist.
Vid. Sam. Lufften lin Repertor. Jar. Saxon. pag. 734. & 735.
Die Feld-Küche oder Schind-Anger soll nicht gar zu nahe an den Städten / Flecken
und Dörffern / auch nicht an den gängen Wegen / sondern an einen besondern Orth
gemachet werden.
§. fin. L. ult. ff. de via publ. Joh. Frid. Koch / de jure viciniae, c. 6. n. 7.
Wenn ein geschlachtetes Vieh befunden wird / daß es unrein / und die Franzosen
hat / holet es der Feldmeister weg / und fällt ihm als dann an etlichen Orthen
das Schlachtbeil und Messer / so darzu gebrauchet worden / anheim.
XXXIV. CRUDELIA sind I. Die Tortur / Volter oder Peinliche Frage / quae fit,
quando Carnifex veritatem tanquam religiosus tortor diversis cruciatus è
suislatebris exigit.
c. ille qui 4. caus. 7. quaest. 5. Tabor de confront. part. 2. §. 12. pag. 51.
XXXV. II. Alle Peinliche Executiones, als Ausstäupen / Ohr- und Nasenauch
Zungen-Abschneiden / Zeichen brennen mit glüenden Eisen / Hände und Finger
abhauen / Wippen, Decolliren, Ersäuffen / Hencken / Rädern / Schleiffen /
Viertheilen / Spießen / Schmeuchen / Verbrennen und dergleichen mehr / wozu der
Scharffrichter adhibiret und gebraucht wird. Hinc etiam Lictor dicitur quasi
Ictor, eò quod ad ipsius officium spectet ferire, quem Lex judicat feriendum.
Sarisber. lib. 4. de Nugis curial. c. 2. Adam Keller, lib. 2. de offic. Juridic.
Polit. c. 27. Vent. de Valent, Parthen. litig. lib. 1. c. 13. n. 13.
Und Jodoc. Damhoud.
in praxi rerum criminal. cap. 52. n. 2.
hat solche des Scharffrichters Verrichtung kurtz zusammen gezogen / wen̅ er setzet: Carnificis executio fit variè, Igne, Gladio, Puteo,
Dissectione, Rota, Furca, Patibulo, Tractu, Raptatu, Puncturis, Abscissionibus,
Truncatione, Perforatione, Flagellatione & aliis insinitis similibus,
juxta morem ac ritum unius cujus [549] que loci, quae
Magistratus ad terrorem Maleficorum decernit, & ad malum puniendum
instituit.
XXXVI. III, Ferner die Zerbrechung der Wapen / Helme und Schilde / bey Ausrottung
eines grossen Ubelthäters Gedächtnis / und Andencken von der Welt. Von welchen
drunten in einem besondern Capitel gehandelt wird.
Vid. Gail. lib. 1. de pace publ. c. zo. n. 8. Carpzov. pract. crim. p. 1. q. 41.
n. 13. Philipp. in usu pract. instit. lib. 4. Eclog. 80. n. 9. Harprecht, ad §.
3. Instit. de publ. judic.
XXXVII. IV. Die Verrichtung der Execution in Effigie wieder den / so wegen eines
grossen Verbrechens die Flucht ergriffen / und durchgangen.
Henr. Zobel, disp. inaug. de Execut. in effig. thes. 3.
XXXVIII. V. Die Anschlagung der entlauffenen Soldaten Nahmen / auf einem Blech am
Galgen / item die Zerbrechung dero Degen vor dem Regiment oder Compagnie, wenn
einer zum Schelmen gemacht / und weggejaget wird.
Corp. Jur. milit. cum not. Pappi. pag. 232. in fin. item pag. 45. 53. &
143.
XXXIX. VI. Das Begraben eines Ubelthäters / oder des / der sich selbst ums Leben
gebracht hat / unter den Galgen / oder auf den Schind-Leich / wenn der Cörper
vorher von ihn / den Scharffrichter abgehauen / aufgehoben und unter der
Haußthür - Schwelle herausgezogen / oder / oben / wo er sich entleibet / herab
geworffen und fortgeschleppet worden.
Glossa, in Land-Recht / lib. 2. art. 31. n. 2. lit. B. Carpzov. Jurisprud.
Forens. in part. 4. Constit. 34. Defin. 6. n. 4.
Quod tamen limitatur in furiosis & melancholicis proprias manus sibi
injicientibus.
Carpzov, ibi n. 10. & 11.
Item in philtratis prae amore se interficientibus.
Simon, de amore venen. th. 72. Eylenberg / de Jure Carnif. c. 4. §. 13. vid.
Carpzov. lib. 2. Jurisprud. Consistor. tit. 24. Defin. 377. & 378.
XL. VII. In eines andern Nahmen einen Wiederruf zu thun / auch [550] den Lügner und Diffamenten / wenn er gegenwärtig ist / und es
selber nicht verrichten will / aufs Maul zu schlagen.
Carpzov. Pract. crim. p. 2. Quaest. 94 n. 26. Stryke Disp. de Alapa, pag. 17. n.
17. Lauterb. Disp. de Action. injur. recant. th. 35.
Quid obtineat, si reus abest, docet
Berlich. part. 5. concl. 62.
XLI. VIII. Die Schwerung einer Urphede in eines andern Seele / als wenn ein
Stummer verwiesen werden soll / da an dessen Stelle der Nachrichter die Urphede
schweret.
Sigism. Finckelthaus / Observ. 45. n. 18. & 20. ibig??? praejudicium. D.
Stryke, de Jure sensuum, Disp. de Surd. & mut. c. 4. n. 45. in fin.
XLII. IX Die Verbrennung der Zauberischen / und Ketzerischen / und an der
ärgerlichen Bücher / item schändlicher Pasquille, Schmähe-Karten und dergleichen
/ so durch des Scharffrichters Hand geschiehet /
Vent. de Valent. Parthen. litig. lib. 1. c. 14. n. 38. Eylenberg / d. Disp. c. 4.
§. 12. und ander Dinges mehr.
XLIII. Bey den Peinlichen Gerichts-Hof in Sina warten allemahl vier und zwanzig
Scharffrichter auf / um so bald / auf Befehl / an unterschiedlichen Delinquenten
ihr Ambt zuverrichten.
Erasm. Francisci, in Neu-polirten Geschicht Kunst- und Sitten-Spiegel / p. 316.
& 318.
Anno / 1651. ist die Hex- und Zauberey in Schlesien [so an Männern / Weibern und
Kindern erschrecklich überhand genommen] grausam bestraft / und sind nur allein
zum Zuckmantel acht Hencker gehalten worden / welche alle Tage volauf zuthun
gehabt.
Henr. Roch / in Denckwürdigen Geschichten des Fürstenthums Schlesien / pag. 308.
XLIV. Wenn nun an einem Orth kein Scharffricheer vorhanden / oder sonst
zuerlangen wäre / so fragt sich / ob die Obrigkeit in Ansehung des Gemeinen
Besten einen andern freyen Menschen / wenn er schon nichts verbrochen / mit
Recht zwingen könne / daß er des Nachrichters Ambt auf sich nehmen und dasselbe
verrichten müsse? Die Rechtsgelehrte bejahen fast einmüthig diese Frage /
je [551] doch mit dem Unterschied / daß es
keine Persona honesta, sed vilis, als etwan ein Tage Löhner / starcker Betler /
oder sonst ein schlechter Kerl sey.
arg. L. 1. & 2. C. ne quis invitus off. publ. agere cog. & est
Gloss. in Auth. de Monach. §. necessit as & facit I. 1. & 2. C.
de his qui Latron. Bart. in L. fin. §. Titius n. 3. ff. de Pignor. Act.
Quem seqvuntur omnes, ut testatur
Jul. Clarus, lib. 5. Recept. Sentent. §. ult: Quast. 99. n 4. Walther, de
Privileg. Doctor c. 6. pag. 65. Bald. in L. fin. in fin. C. de Exec. rei jud.
subdens, ignominiosum hoc officium esse plus, quam alia Angaria Mundi. Pro
quibus meo judicio, posset adduci text. in L. 1. C. de Mendic. Valid. lib. 12.
Paris de Puteo,
in tr. de Syndicat. verb. manivoltus, vers. an officialis. n. 1. 2. & 5.
alwo er anführet / daß zu seiner Zeit zu Bononien in Welschland ein fremder
Mensch gefangen genommen worden / einem Edelmann mit dem Schwerd hinzurichten /
welches er auch thun müssen; Allein weil der Fremde eine Ehrliche Person gewesen
/ habe er bey der Hinrichtung sich vermasquiret / damit man ihn hernach nicht
kennen möchte. Welches ermelter Paris sehr improbiret / und vor eine unbillige
That hält / indem man sonst gemeiniglich die erkauffie Knechte oder Leibeigene
darzu genommen und gebraucht / als welche recht Personae viles sind /
Juxta d. L. 1. & 2. C. ne quis invitus officium Publ.
Maßen denn auch Julius Clarus an obberührten Orth / meldet / daß er Anno 1564. im
Februario zu Venedig selbst mit Augen gesehen / daß einer / mit Nahmen Carolus
Pisaurus, welcher nach seinen Schwieger-Vater geschossen / ihn aber nicht
getroffen / zum Strick verdammet / und von einen geringen Knecht aufgeknüpffet
worden. Und setzet gedachter Paris de Puteo weiter / wenn unter den Gerichts.
Dienern ein schlechter und liederlicher Tropff wäre / so könte man denselben
auch zu solcher Verrichtuug zwingen.
Arg. d. §. si Monachos.
Esset enim hoc ministerium Dei.
c. 23. q. 5. non est & c. qui malos & c. Judex.
Also ward Franciscus Augustus Thuanus, [Jacobi Augusti Thuani Sohn] von einen
alten Tagelöhner / den man hierzu zwang zu Paris / weil der Nachrichter daselbst
eben ein Bein zerbrochen / decolliret.
|| [552]
Autor libelli, de Financiis ac Regiis Galliae reditibus, corum??? supremis
Inspectoribus, pag. 157.
D. Beyer, in Disp. de bon. damnat. th. 30.
Denn es kan zu den öffentlichen Aembtern / darunter des Nachrichters Thun und
Verrichtung ebenmäßig gehöret / dem gemeinen Besten zu Nutz / einer gar wohl /
auch mit guten Fug und Recht / gezwungen werden.
Anton. de Petra, de potest. Princ. c. 32. q. 5. n. 31. Marant. in Spec. aur. p.
6. act. 3. & ult. n. 25. Ferd. Vasq. lib. 1. contr. c. 8. n. 6. Guazzin,
ad Defens. Inq. def. 38. c. 5. n. 5. & 6. ibig??? allegg. VValther, de
Privileg. DD. c. 6. §. 21. pag. 65. Carpzov. in Prax. Crim. p. 3. q. 137. n. 53.
& 54. Besold. in Thes. Pract. v. Scharffrichter.
Tenentur etiam subditi in executione justitiae Judicibus parere.
L. si quis in hoc de Episc. & Cler.
Et cum Judex debeat condemnatos ad suspendium facere, si hoc alicui mandare non
posset, oporteret hoc facere propriis manibus, quod esset impossibile &
contra bonos mores.
L. si filius ff. de cond. Instit.
Est enim Officialium pudori parcendum.
L. quotiens post princ. ff. mandati. Bartol. in L. 1. §. sedjuxta hoc quaero de
var. & extraord. cog. Paris de Puteo, d. tr. verb. manivoltus, vers. an
officialis n. 6.
XLV. Kein Edelmann aber / wenn er auch noch so arm und elend wäre / Damhaud. in
Prax. Crim. c. 81. n. 11. Tiraquell. de Nobilit. c. 20. n. 103. cum alleg.
Josias Nolden, de Stat. Nobil. c. 16. n. 116 117. & 118.
Vielweniger ein Geistlicher /
Paris de puteo, d. tr. & loc. n. 2.
Noch auch deren Knechte und Freygelassene.
12. q. 2. c. Diaconi & c. de libertis & c. Episcopus &
quod ne de servis non ord. c. de famulis & eodem tit. de famulis
& eodem tit. L. nullus.
können de jure und wieder ihren Willen hierzu compelliret werden.
|| [553]
XLVI. Worbey paris de Puteo erinnert / daß die Obrigkeit auch einem solchen
gezwungenen Menschen den gehörigen Lohn oder Hencker-Geld / als nemlich fünf
Gülden vor jede Execution, geben lassen solle.
Juxta L. Divus, ff. de bon. damnat.
Wiewohl Joh. Ant. de Nigr.
in c. gravamina n. 100.
setzet / daß solcher Lex per Authent. ut nulli Judicium & c. c. fin.
corrigiret und geändert worden / hingegen aber auf jedes Orths Gewohnheit
weiset.
XLVII. Und weil die Scharffrichter an etlichen Orthen sich hiebevor unterstanden
/ von jeglichen Peinlichen Executions-Actu zu 10. 20. 30. biß 40. und mehr
Thaler denen Gerichts-Herren abzunöthigen / wie denn theils heutiges Tages /
zumahll wenn man einen frembden beschreiben muß / in Forderung ihrer Gebühren
und Zehrung / grob genung sind; Als haben unterschiedliche Chur- und Fürsten
ihnen gewisse Taxen gesetzet / darnach sie sich bey denen in Aembtern und
Gerichten vorgehenden Fällen achten und richten müssen. Als nemlich in
Churfürstenthum Sachsen ist ihnen verordnet zwey / Gülden von einer jeden
Tortur,
Vid. Tax - Ordn. 1612. & Tax-Ordn. 1642. c. 1. v. dem Scharffrichter /
usg??? adfin. fol. 544 p. 1.
anderthalbe̅ Gülden vor alles Tag und Nacht Zehrung (sonst
sechzehen Groschen 6 Pfen. ufs Pferd Tag und Nacht / doch soll er über zwey
nicht mit sich nehmen.
Tax-Ordn. 1612. & Tax-Ordn. 1642. d. loc. fol. 339. p. 1. & fol.
545. p. 2.)
Einen Gülden neun Groschen vor einen Staupenschlag;
Concord. alleg. Tax-Ordn.
Drittehalbe Thaler von jeder Person / so von Leben zum Tod gebracht / auf
allerley Fälle.
Concord. cit. Tax-Ordn. alleg. fol. oder sich selbst umbebracht.
Nach der verneuerten Taxa und Moderation 1642. aber sollen die
Gerichts-Herrenwegen derer Personen / so ihnen selbsten den Tod / aus bösen
Vorsatz anthun / und nicht etwan Kranckheiten oder andere Schwachheiten darbey
zubedencken / dem Scharffrichter aus des Umgebrachten Vermögen / nach desselben
Beschaffenheit / doch ohne sonderbahren Nachtheil der Erben / eine Belohnung /
nach billigen Dingen / verordnen. Im [554] Churfürstl.
Aemptern aber / und da sich dergleichen Fälle auf des Ambts Grund und Boden
zutragen / und aus Mangel des Vermögens diese Unkosten denen Aemptern zu wachsen
/ soll dem Scharffrichter so viel als von zweyen Executionen verordnet / nemlich
fünf Thaler / und hierüber das angesetzte Zehrungs-Geld gegeben / und denen
Beambten in Rechnung passiret werden.
alleg. Tax- und Moder. Ordn. 1642. c. 1. circ. fin. v. wegen derer & c.
per tot. fol. 544. p. 1.
auch sich hieran gäntzlich begnügen lassen / und ein mehrers nicht zubegehren /
sondern bey Vermeidung ihres Dienstes entsetzet zu werden / oder Verlust der
Meisterey darum iederzeit auf Erfodern zu erscheinen / und die vorfallende
Peinlichen Sachen zu verrichten schuldig seyn.
Erled. Gebrechen 1661. tit. von Justizien-Sachen §. 117. v. so befehlen
&c. per tot. fol. 64. p. 4.
XLVIII. Des Scharfrichters gebühren von Peinlichen Rechtfertigungen sind auch
Anno 1582. durch einen General Befehl aus der Fürstl. Säßchs. Regierung zu
Weimar also angeordnet:
Ein Gülden von
Schwerd / Rad / Strange / Feuer / Wasser / Viertheilen / und sich selbst
umbringen. Jtem einer Peinlichen Frage / Staupenschlag / Glieder abhauen / von
Gericht führen / da die Execution nicht fortgehet. Neue Gerichte zu bestätigen.
Zwölf Groschen Tag und Nach Zehrung / vor sich und seinem Knecht. Fünf Groschen
von einer neuen Ketten anzuschlagen.
XLIX. In den fürstl. Sächß. Gothaischen Mandat de Anno 1655. wegen der
Gerichts-Gebühren; Item in der Fürstl. Weimarischen Eisenachischen nnd Jenischen
Tax-Ordn.
de Anno 1667. tit. V.
ist dem Scharffrichter folgendes gesetzet:
1. fl. --- von Terriren und Schrecken /
1. fl. 15. gr. --- von der Tortur,
10. gl. 6. Pf. Zehrung Tag und Nacht / und sol über ein Pferd nicht mit sich
nehmen.
|| [555]
1. fl. 9. gr. --- vor einen Staupenschlag.
3. fl. ---- von der Execution, wann der Missethäter durch das Schwerd / Strang /
Ertränckung / oder durch das Rad hingerichtet wird.
1. fl. --- von Abschlagung der Finger.
-- 10. gr. -- von jeder Verweisung.
-- 10. gr. 6. Pf. Des Scharffrichters Knecht / dem aber nicht meht als einer zu
passiren.
L. Jure Prutenico,
Lib. 6. tit. 21. c. 3. §. 3. pag. 182.
werden dem Nachrichter folgende Gebühren passiret; ibi:
Quandoquidem etiam subditos nostros ratione executionis Sententiarum capitalium à
Ministris ultimorum suppliciorum hactenus saepè nimis sumptibus gravatos
comperimus; idcirco ei rei sequentem moderationem & modum praescribere
visum fuit: nempe si qui carnificem sub certa annua mercede conduxerint, ii pro
singulis executionibus tantundem, quantum in praefecturis nostris solvitur,
imposterum pendant, videlicet,
pro ex sequenda
Relegatione ---- 45. solidos
Fustigatione---- 45. ---
Tortura seu Quaestione violenta 15. ---
Decollatione ---- 3. Marcas
Suspensione laqueo --- 3. ---
pro exsequendo rotae supplicio ----- 5. Marcas
singulis forcipum candentium puncturis --- 1. M. 30. solidos
singulis proclamationibus ------- 15. --
sumptibus in victum unius diei & noctis --- 3. ----
Ii verò, qui praedicto modo non pepigerunt, praeter sumtus in victum, cui 3.
Marcas constituimus, triplum ejus pretii carnifici solvent, quod singulis
executionibus supra diximus, videlicet:
pro
Religatione -- 2. Marcas, 15. Solidos,
Fustigatione -- 2. - 15. --
Quaestione violenta --- 45.
Truncatione cum gladio 9. ----
|| [556]
pro
Suffocatione laquei - 9. ---
Contusione cum rota -- 15. ---
Singulis forcipum vulsionibus 4. - 30. -
Qualibet proclamatione -- 45. -
LI. Denen Feld-Meistern und Abdeckern ist gleichfals in ob - angezogenen
Erledigungs-Gebrechen 1661. d. tit. Justitien-Sachen / cit. §. 117. fol. 64.
& 65. p. 4. wegen des gefallenen und verreckten Viehes / der Häute /
Leder und Gebühren halber / ein gewisses vorgeschrieben / darnach sie in den
Churfürstenthum und denen darzu gehörigen Landen / bey Vermeidung ernster
Straffe / oder Verliehrung der Meistereyen sich praecisè zu richten haben / ibi:
Desgleichen und als sich ferner auch die Nachrichter unterstanden / von dem
ümgefallenen Vieh nicht mehr / wie vor diesem im Lande bräuchlich gewesen / etwa
5. 6. 7. oder 8. Groschen / sondern die Haut hinweg zunehmen / und derer von
Adel Unterthanen zuzwingen / daß sie allein dem Nachrichter / und sonst keinem
das ümgefalene Vieh abzudecken / anbiethen / und überlassen sollen. Und nun
gantz unbillig befunden worden / daß denen vom Adel und ihren Unterthanen / wie
auch denen Bürgern in Städten aufgedrungen werden will / das abgetriebene
krancke und ümgefallene Vieh zum Abdecken den Nachrichter oder Caviller
anbiethen zulassen / Bevoraus weil die von Adel / oder Räthe in Städten / so
Schäfereyen haben / das Luder vor ihre Hunde selbst benöthiget / andern aber die
Haut von solchen Vieh zu aller Ungebühr vorenthalten wird: Derowegen seynd die
Forstmeister und Beambte ernstlich befehlicht / daß sie diesen Mißbrauch
gäntzlich abschaffen / und denen Nachrichtern und Cavillern ernstliche Auflage
thun sollen / denenjenigen / so eigene Schäfereyen haben / dißfals ferner nichts
anzumuthen. Denen andern Haußwirthen aber / wenn das Vieh lebendig / von einem
Pferd 1. Thaler. von einem Ochsen oder Kuh 20. Groschen / von einem zweyjährigen
Kalbe 8. biß 10. Groschen / von einen jährigen Kalbe 4 biß 5. Groschen / von
einem Absetzlinge 1. Groschen 6. Pfennige / wenn es aber ümgefallen / von einem
Pferd 15. Groschen / von einem Ochsen oder Kuh 10. biß 12. Groschen / von einer
zweyjährigen Kalben 5. biß 7. Groschen / von einem Jährigen 3. biß 4. Groschen /
von einem Absetzling 2. biß 3. Groschen / von einer alten Ziege einen Groschen
unweigerlich zahlen / hingegen die Caviller die Häute behalten / und schuldig
seyn sollen / wenn es ihnen angesagt / [557] das schadhaffte
Vieh tod zuschlagen / wie auch solches und das ümgefallene abzudecken / das Aaaß
wegzuschaffen / oder an abgesonderte entlegene Orthe zu vergraben. Würde aber an
ein oder andern Orthe bey Obrigkeit oder Unterthanen durch beständige Gewohnheit
/ Verträge / Urthel oder Abschiede ein anders / oder daß die Caviller gegen
Abgebung eines gewissen Lohns / das krancke und schadhaffte Vieh tod zuschlagen
/ und sowohl als das umgefallene abzudecken / auch das Aaß hinweg zuschaffen /
hingegen die Häute dem Eigenthums-Herren zulassen schuldig / eingeführet seyn /
so verbleibet es in diesen und sonsten darbey billig. Und soll hierüber
eigentlich gehalten werden / und / bey Vermeidung der allbereit oben gesetzten
Straffe / ein mehrers zuerzwingen denen Cavillern ernstlich verbothen seyn.
Sam. Lufft / in Repertor. Jur. Saxon. pag. 735. & 736.
In dem vorangezogenen Fürstl. We???marischen General-Befehl de Anno 1582. stehet
auch zuletzt unter des Scharffrichters Gebühralso: Drey Groschen gibt er einem
auf den Lande / dem ein Vieh gestorben / und ihm solches anzeiget / und behält
die Haut. Hat man sich also nach jedes Landes oder Orths Gewohnheit diesfals zu
richten.
LII. Ob einem Gefangenen / der auf den Hals sitzet / Das Leben geschencket / und
die Straffe erlassen werden könne / daß er sich bey den Executionen für einen
Scharffrichter oder Hencker gebrauchen lasse / das ist billig auch hiesiges
Orths zuerörtern? Guilelmus Bökel, in Disquisit. Criminal. 6. fol. 103. §. quia
usu. führet zwar an / daß dieses in Italien / Franckreich und Spanien / wie auch
an etlichen Oethen in Teutschland gar gemein / und zum östern geschehen sey:
Allermaßen denn Bodinus,
Lib. 3. de Republ. c. 8.
ein mercklich Exempel, so sich zu Gent in Flandern begeben / erzehlet / allda
einsmahl Vater und Sohn / wegen einer Ubelthat zum Tode verdammet / und welcher
unter ihnen des andern Hencker seyn solte / zu losen befohlen worden / da zwar
das Looß dem Vater zum besten gefallen. Weil aber derselbe ein alter Mann
gewesen / und sich seines Sohns Jugend erbarmet / hat der Sohn solches
acceptiret, und seinem Vater mit unerschrockenen Gemüthe den Hals gebrochen /
welche grausame Geschicht in Kupffer ge [558] stochen
/ und noch auf den heutigen Tag in Gent zu sehen. Und daß diese Perdonirung von
der hohen Landes-Fürstlichen Obrigkeit gar wohl geschehen könne / bejahen
Sebast. Guazzin, ad Defens. Inquis. def. 28. c. 5. n. 6. Joh. Hermann Stamm. de
Servit. Person. lib. 1. tit. 3. c. 1. n. 15. Petr. Theodoric. in Colleg. Crim.
Disp. X. th. 5. lit. G. Joh. Volkm. Bechmann, in Còmment. Pandect. tom. 2. p. 2.
Exot. exercit. 12. th. 77. n. 21. Joh. Casp. Eylenberg. in Disp. de jure Carnif.
c. 3. §. 4.
Quando Judex aliquem ex correis delinquendi cogere vult, ut in perpetuum
civitatis sit carnifex,
Bartol. L. 2. ff. de jud. publ. Tholosan. L. 31. Synt. c. 38. n. 5.
hunc pro Servo poenae habet
Bart. ib. n. 10. Stamm. de servit. Person. dicto loco.
Allein es ist dieses nicht so temerè zu concediren, und denenselben die Straffe
gar zu erlassen: Denn sonst mit der Zeit mehr Scharffrichter / als gefangene
Ubelthäter werden dürfften. Qui enim Leges latae? Quî poenae datae? Qui dati
Quaestores & Judices rerum Criminalium? Cur Scelus innoxium esse debet
& impunitum? Quod sequitur ex natura sui authorem suum, in quem justa
ultio, quae de Legibus venit, exardet, ne sub impunitate gratia immunitatis sit
illecebra iniquitatis: cum judicia sint pravitatis medicina.
Papon, de Arrest. not. 10. cap. de remiss. Besold. in Thes. Pract. v.
Scharffrichter. n. 21.
Es wird auch zu des Scharffrichters Ambt / Thun und Verrichtung einige
Wissenschafft und Erfahrung erfodert / welche aber bey einem solchen gefangenen
Missethäter / der nie damit ümgangen / unmüglich seyn kan / und muß also
nothwendig erfolgen / daß ein solcher vermeinter Nachrichter / wegen seiner
Ungeschickligkeit / denen armen Sündern weit grössere Schmerzen bey der
Hinrichtung zufüge / als Urthel und Recht mit sich gebracht: Welches aber gantz
grausam und unverantwortlich seyn würde / wenn man die Malefiz-Personen so lange
quälen / und wohl gar zur Desperation wolte bringen.
Adrian Beyer, in tr. von Hencker-Geld c. 1. §. 13.
Darum auch die meisten solches der hohen Obrigkeit wiederrathen / wie bey den
|| [559]
Matth. Steph. & Zieriz, ad art. 97. Constit. Crim. Caroli V. Crus. de
indic. delict. p. 4. c. 52. n. 12. Zahn, in Ignograph. Municip. c. 36. n. 25.
Neurath, in tr. de ration. p. 606. und andern zu lesen:
Und ist im Nothfall besser / einen andern darzu zu zwingen / wie vorhin erwehnet
/ als einen Ubelthäter ungestrafft lassen.
Philipp. Besta, in Disp. de morib. corrupt. thes. 7.
LIII. Weil es nun so eine verächtliche und garstige Sache um die
Nachrichrichters-Profession ist / so entstehet die Quaestion: Ob solch Ambt und
Dienst an ihme selbst / und den Rechten nach / famos, anrüchtig und unehrlich
sey? Es wollen zwar etliche solches daher bejahen: weil bey den Römern der
Scharffrichter so verachtet gewesen / daß sie demselben fast die Lufft nicht
gegönnet / er weder Bürger werden können / noch auch in der Stadt wohnen dürffen
/ sondern vor derselben extra portam Exquilinam an einen besondern Orth / [quem
locum SEXTRICIUM nominabant, quia semitertio ab Urbe milliari distabat, ubi
cruces, patibula defixa, cadavera abjecta, aliaque ad supplicia facientia erant
parata.
Lips. ad Tacit. lib. 15. Alex. ab Alexand. lib. 3. Gen. dier. c. 3. p. m. 289.
Plutarch. in vita Galbae.]
sich aufhalten müssen.
Rosin. Select. Antiq. lib. 7. c. 48. in fin. Plautus, in Pscudulo, act. 1. cs. 2.
Kornemann, de mirac. mortuor part. 5. c. 19. Speidel. in spec. jur. v. Hencker.
Adr. Beier, de bonis damn. th. 31.
LIV. Welches auch bey den Rhodisern also durch ein eigen Gesetz eingeführet
gewesen.
Chrysost. orat. 31. ibi:
[Greek words]
[Greek words]. LV. Und daher hat man vor Alters den Orth / wo der Scharffrichter zugegen gewesen / pro funesto gehalten / wie aus des Ciceronis Oration, so er pro Rabirio perduellionis reo gehalten / zusehen / wenn er spricht: Sed moreretur prius acerbissimâ morte Gracchus, quàm in ejus concione Carnifex consisteret, quem non modò foro, sed & Coelo hoc ad spiritu [560] Censoriae LL. ac Urbis domicilio carere voluerunt. Dem auch Thomas Garzzon in piazza Universali, Discurs 87. also scopticè beystimmet / ibi: Die Herrligkeit des Henckers / welcher an statt seines Zepters das blutige Schwerd in der Hand führet / und dessen Thron der lichte Galgen ist / ward von den Römern also gehalten und geehret / daß ihme nicht allein die Römische Bürgerschafft verweigert / sondern er auch / als ein Freyherr / allein und ausser der Stadt / in einem besondern ihme zugeeigneten und befreyeten Orth / wie es dann seiner Herrligkeit wohl angestanden / wohnen müssen. So wird er auch beydes in Welt- und Geistlichen Rechten für infam gehalten / und seine Magnificenz, gleichsam wie ein wildes Thier / von der Gemeinschafft anderer ehrlichen Leuthe abgesondert / und gemeiniglich mit seiner Wohnung und erbarn Hauß-Gesindlein in einen solchen Winckel verstecket / da die liebe Sonne auch nicht gern ihre Strahlen hingelangen läst. LVI. Ingleichen bezeuget Bodinus, lib. 3. de Rep. c. 8. daß das Ambt der Scharffrichter fast von män̅iglichen vor das aller schändlichste und garstigste gehalten werde. Und D. Balthasar Conrad. Zahn, in Ignograph. Municip. cap. 36. n. 15. 16. & 17. recommendiret sie mit folgenden Worten: Inter sordidatos extra dubium primas tenent in municipiis Carnifices, qui quamvis manus legum dicantur Gothofred. adedict. Justin. 8. c. 3. lit. M. pro infamibus tamen omnium Judicio habentur, tàm propter connexa quaedam eorum officia, quàm quod ex antiquá Lege Censoriâ nemo ex civibus Romanis Carnifex esse, aut in Urbe domicilium habere potuit. Denique quod de Jure Canonico irregularitas & infamia quaedam ex quovis contrahatur homicidio, adeò ut tam justè nemo hominem occidere queat, quin aliquid labis & notae contrahat. arg. c. infames 6. Quaest. 1. Zahn, de Jure municip. c. 33. n. 5.
|| [561]
Es bestätiget auch König,
in Theatr. Polit. p. 1. c. 1. n. 360.
daß die Scharffrichter infamia facti laboriren. Dn. Carpzovius,
Decis. 18. n. 12.
setzet von ihnen klar diese Wort: Carnifices passim locorum non modò Famosi
habentur, sed etiam exosi & execrabiles sunt omnibus. Josias Nolden,
de Statu Nobil. c. 22. n. 92.
dicit, illos esse de tribu levi;
& c. 16. n. 18.
viles & inhonestos nominat. Nam qui hoc vivendi genus eligit, animi
jejuni, abjecti & sordidi clara dat documenta, plerumque est bipedum
nequissimus, prout id latè monstrat
Damhouder. Pract. Crim. c. 153. n. 6.
Der Heer-Führer der Arminianischen Secte aber Episcopus,
in Resp. ad Qv. 46. p. 48.
stöst dem Faß gar den Boden aus / wenn er also schreibet: Carnifices non modò non
in Christianorum, sed ne quidem hominum numerum referendi sunt, eò quod sine
ratione operam locant occidendis sine discrimine quibuslibet hominibus, quà
nocentibus, quà innocentibus, dummodo â Judice damnati sint.
LVII. Alleine das Gegenthei / und daß ihr Ambt vor und an sich selbst [remotis
circumstantiis] nicht unehrlich / sondern vielmehr nützlich und nötig sey / auch
die Scharffrichter in einem Gottwolgefälligen Stande Leben / behaupten
Lipsius, in excurs. ad Tacit. 2. annal. fol. 504. Pontanus, part. 3. Attic.
Bellar. fol. 754. Bodin. d. lib. 3. de Rep. c. 8. Zorer, part. 2. Quaest. 18. n.
4066. & seqq. Keckermann, lib. 1. System. Polit. c. 17. pag. 301.
Naurath. de Jur. subdit. pag. 605. D. Conrad. Dinnerus, in lit. Priv. ad D.
Prennigerum, idib. Sept. 1597. exarat. Liebenthal / in Colleg. Polit. exerc. 12.
q. 12. per tot. Zepper. in explic. L. L. Mosaic. for. lib. 5. c. 7. n. 3. Georg.
Christoph. Walther. de Privileg. Doctor c. 6. §. 21. pag. 66. Gerhard. LL. C. C.
Tit. VI. de Magistratu Polit. pag. m. 381. §. 308. Matthias Bernegger. in
dodecade 1. Qq. ad tacit. Germ. Quaest. 11. Freher. de infam. Lib. 3. c. 22.
|| [562]
Nam quî infamis sit Status, qui à sancta origine, Deo, gladii auctore &
consecratore, ad sanctum finem, vindicias scilicet pacis Justitiaeque, sanctâ
& quadam sacrificali mactatione destinatus est, sanctis exemplis Josuae
Magni illius Cananaeorum Carnisficis, Benajae Herois, aliisque gaudet?
D. Joh. Conrad Danhauer, in Theolog. Conscient. tom. 1. p. 2. Sect. 2. Sect. 2.
Dial. 3. art. 4. q. 7.
Carnifices sunt executores Sententiarum & Justitiae instrumentales
Ministri, qui etsi odiosum apud omnes sustineant nomen, quod cruentum, quod
tyrannicum & quasi parum humanum videantur exercere officium, nihil
tamen in conscientia peccant nec coram Deo, nec mundo.
Besold, in tract. de trib. domest. Societ. spec. fol. 106. n. 4. & de
Republ. lib. 3. c. 8. Neurath. de jure Subditor. aphorism. 54. pag. 604.
LVIII. Tria autem sunt, quae Carnificem ab homicidii crimine imò ab ullo peccato
in hoc officio purgant & liberant, nempe 1. Causa justa, scil. ob quam
occidit, & morte̅ infert. Culpa enim peccantis eam mortem
meruit, & ob eam Dominus: Exod. 22. praecepit, maleficos non patieris
vivere 2. Ordo Juris, qui non suae voluntati, sed Judicis imperio paret, qui
legitimae potestatis authoritatem habet, & ad quam Malefici damnandi
sunt. Num. 35. & Deut. 21. 3. Animus justus, quo & Judex,
& judicis minister tortor, solam justitiae promotionem spectant, per
quam malum puniendum est, ut Respublica quieta servetur, & gloria Dei
magis elucescat.
Jodoc. Damhouder, in Prax. Crim. c. 152. n. 4.
LIX. Quod idem ipse Augustinus confirmat, dicens; Non ipse occidit, qui
ministerium debet jubenti, sicut adminiculum gladius utenti, quemadmodum nec
ille minister peccavit, qui jubente David interfecit illum, qui Saulem Regem
fatebatur occidisse 2. Reg. 1. Nec illi Juvenes, qui eodem jubente peremerunt
Baanan & Rechab fratres, qui occiderant Isboseth, Saulis filium, quamvis
in gratiam Davidis id fecisse jactarent [563] 2. Reg. 4.
Neque Banajas filius Jojadae qui jussu Salomonis Adoniam & Joab regni
Insidiatores interfecit 3. Reg. 2. Et ut semel dicam, sicut miles authoritate
Principis hostem interficiens non peccat, sic nec Minister Justitiae, Judicis
authoritate ac jussu fretus, latronem aut alios sontes occidens peccare
censebitur. Darum auch der selige Mann D. Lutherus, in der Kirchen Postilla über
das Evangelium / am 4ten Sontage nach Trinitatis recht und wohl geschrieben /
mit diesen Worten: Meister Hans ist ein Sehr nützer und dar zu barmhertziger
Mann / denn er steuret den Schalck / daß er es nicht meht thue / und wehret den
andern / daß sie es nicht nachthun. Dann für ihm schlägt er einem den Kopff ab /
denen andern hinter ihm drauet er / daß sie sich fürchten für dem Schwerd / und
friede halten / das ist eine grosse Gnade und eitel Barmhertzigkeit.
LX. Neque funestabitur [contra sententiam Ciceronis] ob praesentiam Carnificis
ulla Concio. Cicero enim nimis Ethnicè, despecteque de Carnifice sentit, nobis
Christianis longè aliam mentem de hoc Magistratus officio atque ministerio esse
convenit, qui non ignoramus, injustis hanc legem esse positam, atque hanc
politicam juris partem ad gloriam Dei & ad Reip. tranquillitatem directè
spectare, & Carnificis [sive magis Justitiae executoris) officium
prorsus esse necessarium.
LXI. Quocirca hic etiam ob officii sui necessitatem in tutela ac securitate est
principis, ut nefas sit, illum ob ofiicii [quam vocant] vilitatem aut caedere,
aut vim ullam inferre, adeò ut hunc ausum, taleque factum Princeps capitale
Crimen esse voluerit, ut habet Augustiss. Imperat Carol. V. de capitalium
Judiciorum constitutionibus art. 97.
Jodoc. Damhouder, d. c. 152. n. 11. & 12. Speidel, in Spec. Jur. v.
Hencker.
LXII. Und daß die Scharffrichter weder juris noch facti infamia laboriren /
zeiget
Georg. Christoph. Walther, in tract. de Privileg. DD. c. 4. §. 21. pag. 66.
Si enim honestum est, Judicem Sententiam ferre in homines sceleratos, quomodo
illius executio turpis ac facinorosa esse poterit?
|| [564]
Petr. Martyr. 4. Loc. Comm. 14. cap. de carnisicibus. Zorer. d. q. 18. n. 466.
LXIII. Es bestätiget auch Dn. Richter, Decis. 80. n. 20. solches mit einem
Praejudicio, welches der Schöppen-Stuhl zu Jena / Mense Mart. Anno 1621. Otto
Heinrich Wahlen / Hennebergischen Nachrichter zu Meiningen auf Bitte ertheilet /
also lautend: Daß kein Nachrichter seines Standes und Ambts halben für unehrlich
zu halten / immassen denn andere Leute / so mit ihn essen und trincken / und
nach Gelegenheit umgehen / derentwegen ihrer Aembter zuentsetzen sich
keinesweges gebühret / noch zuläßig ist.
LXIV Derowegen des Scharffrichters Person nicht allzuverächtlich zuma chen und zu
verkleinern / sondern vielmehr / wenn sie einen guten Wandel führen / und sich
unsträfllich erweisen / von der Obrigkeit gebührend zubeschützen / und die
jenige / so sie lästern und schmähen / zubestraffen sind.
Carpzov. in den Inquisition und Achts-Process. tit. 12. art. 2. §. 2.
Zumahl / da vor Alters die Obrigkeit / oder deren Bediente selbst solch Ambt
verrichtet / wie im vorhergegenden mit mehrern zu sehen.
LXV. Orta est haec injuria è Pharisaismo, à curiae ingressu abhorrente, ne
polluerentur; in Papismo adolevit, nullo ullius argumenti colore imbuta, quo non
etiam Ministri Ecclesiae, maleficorum comites ipfi, omnesque milites infames
juberentur esse. Contagione non inquinatur Chirurgus, qui medicam adhibet manum,
sed qui se homini peste infecto miscet.
Joh. Conrad Danhauer, cit. q. 7. Theol. conscient. Zepper. d, lib. 5. c. 7. n. 3.
Et revera nihil indecori aut inhonesti in se habet, perimere sontes, sicut
inhonestum non est, Judicem aut Principem capitalem Sententiam ferre in
facinoros. Confutant haec opiniones Canonistarum de irregularitate, quae ex
quovis homicidio contrahatur, cum tamen Inquisitores, quos vocant, haereticae
pravitatis indies multos insontes impunè occidi curent. Et annon Papa,
Cardinales, Episcopi sanguinem effundunt, dum belligerantur? & tamen suo
judicio non fiunt irregulares. Certè cum Levitae plurimos interfecissent, ita
non reddebantur irregulares, aut à Ministetio arcebantur, ut Moses ad eos
diceret: consecrate manus vestras.
Exod, c. 32. v. 29.
|| [565]
Facit & huc exemplum Pinetis Num. 25. v. 7. Eliae, 1. Reg. 18. v. 40.
Ambrosii, qui minister Caesaris erat, tanquam praetor Mediolani Jus dicebat, ac
nihilominus ad Episcopatum rapiebatur; S. Martini, qui licet miles fuerit, tamen
audi Vir, cui Christus amor, Christus timor, omnia Christus.
D. Casp. Finck. Canon. Theol. cent. 4. canon. 30.
LXVI. Equidem David ob effusum Sanguinem militarem arcetur ab exstructione
Templi.
1. Chron. 23. 8.
non, quod infamiam ex effusione illa contraxerit, sed quod Messiae typus esse non
potuerit, Salomoni pacifico haec machina reservata.
Danhauer. alleg. loc.
LXVII. Und will ich nicht verfechten / sondern nur anführen / was Johan Jacob
Wissenbach.
in seinen Exercitationibus ad Pandect. & quidem adtit, de verb. &
rer. signif. Disp. 15. n. 5. colum 84.
aus dem Bodino,
Lib. 3. de Rep. 8.
setzet / daß nemlich die Scharffrichter denen pictoribus, statuariis,
sculptoribus, pigmentariis, tibicinibus, histrionibus, saltatoribus, arenariis,
agitatoribus, ludionibus, pantomimis scenicis weit vorzuziehen: additâ hac
ratione, quod hi sordidissimis artibus, turpiumque aut inanium voluptatum
efficientibus, non modò civium mores corrumpant, sed etiam Civitates ipsas
funditus evertant: Carnifices verò egerendis sordibus ac lustrandis Civibus
necessarii essent.
Strauch. de Colleg. opific. thes. 57.
LXVIII. So haben auch die Generals-Personen bey den Römern / wenn sie wegen der
überwundenen Feinde einen Triumph oder öffentlichen Einzug in die Stadt Rom
gehalten / den Scharffrichter hinter sich auf ihren Triumph-Wagen sitzen lassen
/ welcher eine güldene mit vielen köstlichen Cleinodien besetzte Crone gehalten
/ dem Triumphirenden oft zuruffende: Respice post te, hominem mementote esse!
Zonar as lib. 2. Annal.
Ihn darbey erinnerde / daß er zurück auf die nachfolgende Zeit seines Le [566] bens sehen / und sich nicht im Glück erheben
solte. Es war auch an solchen Triumph-Wagen eine Peitsche und Schellen gehengt /
anzudeuten / daß die Triumphirende leicht durch daß mißgünstige Glück so sehr
wieder herab fallen könten / daß man sie nicht allein mit Peitschen und Geisseln
schlüge / sondern auch gar das Leben abspreche und nehme: Weil diejenige / so
hingerichtet werden solten / bey der hinausführung Schellen tragen musten /
damit jederman sie hören / und ihnen aus den Wege weichen konte.
Joh. Christoph. Salbach / lib. 3. Antiq. Rom. cap. 2. circa finem. Philipp.
Camerar. tom. 1. Hor. succisv. cap. 2. pag. 76.
LXIX. Kayser Wenceslaus hat / auf selbst-eigenes Begehren / dem Scharfrichter zu
Praga einen Sohn aus der Tauffe gehoben / viel von demselben gehalten / und
öffentlich Gevatter geheissen / auch dessen Dienstes / in Hinrichtung der
grossen Herren in Böhmen / so ihm zuwieder wahren / sich tapffer gebrauchet.
Lehmann, in der Speyerischen Chronic. lib. 7. c. 60. Hagecius, Hist. Bohem. part.
2. fol. 56.
Ja er hat sich so gemein mit ihn gemacht / daß er in einen Wagen mit ihn gefahren
/ oder sie wohl gar auf einen Pferde zusammen geritten.
Dubrav. lib. 13. Hist. Bohem. Rud. Godofr. Knich. op. polit. lib. 2. part. 1. c.
13. th. 21. col. 714. Lansius, in orat. pro German. pag. 953.
Welches auch eine Ursache mit gewesen / daß er des Reichs entsetzet worden.
LXX. König Erich in Schweden hat eines Scharffrichters Tochter zur Ehe genommen /
deshalber ihn seine Brüder aus dem Reich verjagt.
Thuan. lib. 43. fol. 817.
LXXI. Wiewohl in der Inser Ceylon in Ost-Indien die Scharffrichter in grossen
aestim sind / die sich zu den Vornehmsten / ja zum König selbsten nähern / und
mit ihm reden dürffen.
Johann von der Bähr / in Diario Indico, pag. 57. in med. D. Beier, vom
Hencker-Geld / c. 1. §. 9.
LXXII. Drum ob schon die Scharffrichter bey uns personae viles sind / kan man
doch ihrer Dienst-Verrichtung in dem gemeinen Wesen nicht entrathen. Nam sicut
per partes corporis physici, quas nominare pudor prohibet, excrementa egeruntur:
ita Carnifices corporis politici partes [567] quidem sunt
abjectissimae, ad catharmata verò civitatis coercenda vel eliminanda maximè
conducibiles, imò necessariae sunt.
Eylenberg, de Jure Carnif. c. 6. § 5.
LXXIII. Massen sie sich denn auch loßrichten können / und dadurch alle ihr
vermeinter Macul ausgelöschet und aufgehoben wird / welches gemeiniglich
geschicht / wenn sie dreyhundert Ubelthäter hingerichtet haben.
D. Fomann, Disp. de not. lev. mac. thes. 59. Joh. Melch. Lucius, in dissert.
inaug. de damno famae declinando & reparando §. fin. pag. 44.
LXXIV. Hierbey fällt auch die Frage vor / Ob derjenige / welcher einmahl unter
des Scharffrichters oder Henckers Händen gewesen / infam und Ehrloß worden / und
daher von seinem Ambt / Function und Bedienung abzusetzen / oder auch aus den
Handwerck zu werffen / wenn er ein Handwercksmann ist? Hierauf wird geantwortet:
Wenn der / welchem dieses begegnet / unschuldiger weise torquiret und gevoltert
worden / auch solches ausgeführet und dargethan hätte / schadet ihm solches an
seiner Ehre / Condition und Stand nichts / sondern bleibet in seinen Würden.
Richter, part. 2. Decis. 80. n 33 ibig??? praejudicium. Eylenberg, de jure
carnif. cap. 6. §. 18.
Weil ihm hierinnen seine Unschuld zustatten kömmt / und in vita civili ohne alle
Ceremonien seiner vorigen Ehren restituiret wird.
Petr. Pappus, in Corp. Jur. Milit. pag 454.
LXXV. Im Kriege aber wird es gar anders gehalten / und derselbe nicht eher für
ehrlich erkant / bevor die Fahne über ihn geschwencket worden. Wiewohl sonsten /
in Ansehung dessen Unschuld / man denselben nicht pro infami erkennen kan /
ungeachtet dieser Ceremonien. Idem d. loc.
Vid. Königl. Schwedisch. Articuls-Brief / art. 109. Chur-Fürst. Brandenburgisch.
Krieges-Recht / art. 88. Zürcher Krieges-Articul / art. 84.
LXXVI. Weil nun des Scharffrichters Person weder de jure noch de facto vor infam
zuhalten / so entstehet ferner die Frage: Ob eines Nachrichters Sohn / so
solcher studiret, einen Gradum annehmen könne / oder auch darzu zulassen sey? D.
Conradus Dinnerus, weyland [568] Fürst. Würtzburgischer Rath
/ in seinem im September Anno 1597. an Herrn D. Penningern abgelassenen
Schreiben / darinnen er die Frage / ob der Ambts-Gerichts- und Stadt-Knechte
Söhne / wenn sie geschickt sind / zur Dignität und Würde eines Doctoris oder
Magistri zu erheben? abhandelt / und von D. Johann Georg Walthern, in seinem
Tractat de statu, jure & privilegiis Doctorum omnium facultatum c. 6. §.
21. angeführet wird / will zwar auf die bejahende Seite incliniren: allein
wohlgedachter D. Walther negiret solches arg. L. 2. C. de dignit. in totum, mit
Anführung folgender Ursachen: Etsi enim [inquit] Lictores, apparitores &
carnifices laborent infamia neque juris neque facti, opinione hominum tamen ita
sordidi sunt, ut ingenui ab iis abhorreant, & Lictores, Carnifices,
libitinarii honestis civibus admiscendi non sunt, praesertim quod mores horum
hominum sint pessimi, in omne servile obsequium projecti, & pudoris
profligati homines.
Besold. in thes. pr. verb. Schergen.
Cicerone enim teste, pro Rabinio, concio lictoris vel carnificis interventu
funestatus.
Arnis. lib. 1. polit. c. 12. p. 324. Besold. de jur. civ. c. 11 n. 4. Keckermann.
lib. 5. System. c. 17.
Bodinus quidem,
lib. 3. de Rep. c. 8.
Damhoud.
in Prax. crim. c. 155.
D. Gerhard.
Loc. de Magistrat. §. 308.
putant, Carnificis officium non esse inhonestum, quod & nos dicimus,
homines verò officium hoc gerentes nostris temporibus adeò sunt abjectae sortis,
sublestae fidei, sordidissimorum morum, ut quivis abhorreat, cum ipsis colloqui,
multò magis comedere, quod etiam attestatur Matthias Berneggerus,
in dodec. 1. quaest. ad Tacit. Germaniam q. 11.
Munus hoc, ait, utpote ad justitiam tuendam pertinens, ex suae natura nihil
infa [569] miae vel improbitatis habet, nisi
ex accidente, ut si moribus talium hominum pessimis & sordidis aliis
operis contaminetur ac infametur. Providebunt ergo accuratè, quibus facultas
Doctorum honores elargiendi concessa, ne inconsideratè ejusmodi lictorum,
CARNIFICUM, libitinariorum, agitatorum, excoriatorum filios, utut aliàs
doctrinae laude conspicuos abmittant, NISI MACULAM ORDINI UNIVERSO INDELEBILEM
INURERE VELINT.
Vid. D. Adrian. Beier, dissert. de Expens execut. crim. c. 1. §. 15. Eylenberg,
Disp. de Jure Carnif. c. 6 §. 13.
Qui ultimus addit, si tanta sit virtus & doctrina filii carnificis, ut
nemo ipsi facilè possit comparari, pro ratione circumstantiarum à Doctoratu
arceri non posse, quae proinde accurátè sint ponderandae.
LXXVII. Der vorigen Frage ist zum nechsten verwand diese: Ob diejenige / so mit
den Scharffrichtern oder Feldmeistern und Abdeckern umgehen / essen und trincken
/ dadurch anrüchtig werden / ihnen ihr zukünfftiges Handwerck zulegen / u. sie
ihrer Aembter zu entsetzen? Worbey den̅ ein Unterscheid zumachen
unter den Scharfrichtern / welche nur allein die Peinliche Executiones
verrichten / mit den Abdecken und Schinden aber nichts zuthun haben / und denen
/ so beydes mit einander treiben / uud Hand anlegen / wie heutiges Tages fast
von den meisten geschicht. Bey dem ersten Fall infamiret die Conversation nicht
/ wie man denn auch siehet / daß die Nachrichter / wenn sie sich des Abdeckens
äussern / sonderlich in den Nieder - Sächsischen Städten / zumahl wenn sie in
der Chirurgi und Glieder-Cur geübet und erfahren sind / nicht sonderlich
gemieden werden.
Naurath, in hypotypos. Jur. Subd. pag. 608. Hahn. ad Wesenbec. tit. de his, qui
notantur infam.
Im andern Fall aber ist es vorwerflich / allermassen D. Christoph Richter, p. 2.
Decis. 80. n. 20. solches mit einem Praejudicio, welches der F. S. Schöppen
Stuhl zu Jena / ab requisitionem otto Heinrich Wahls / Hennebergischen
Nachrichters zu Meinungen Anno 1621. gesprochen / bestercket / also lautend: Daß
kein Nachrichter seines Standes und Ambts halben für unehrlich zu halten /
Immassen den andern Leuthen / so mit ihn essen / trincken / und nach
Gelegenheit [570] ümgehen / derentwegen ihr zukünfftiges
Handwerck zu legen / und ihrer Aembter zu entsetzen / sich keines weges gebühret
/ noch zuläßlich. Die Feldmeister aber betreffend / möchte derer mit andern
habenden Conversaton denselben einen Vorwurff und Aufruck geben V. R. W.
Maurit. Consil. Chilonens. VIII. n. 35. p. 235. Joh. Volckm. Bechman. in Com.
???. p. 1. exercit. 8 n. 71. & 72.
Infamatur enim tunc Carnifex si ad sordidas simul operas munus adhibuerit, Wann
er nemlich als ein Racker der Schinderey sich theilhafftig machet / und entweder
selbst / oder durch die Seinigen das Luder / so sonst in Ober-Teutschland denen
Schäfern zukommt / verführen läst.
D. Adrian. Beier, in Disp. de bonis damnatorum, §. 31.
Und obwohl die Excoriatores, Feld- und Rasemeister nicht vor infam zu halten /
sondern nur personae viles & turpes sind;
Schneidewein, ad §. 1. Inst. de inoff. testam. n. 17. Carpzov, p. 1. Decis. 17.
n. 17. Zahn. Ichnograph. municip. c. 36. n. 22. Eylenberg. d. disp. c 6. §. 6.
So laboriren sie doch majori macula, als die Nachrichter.
Maurit: Consil. Chilonens p. 234. Dither. in contin. Besold. v. Scharfrichter /
p. 536.
Darum ein ieder / so nicht Noth halben mit ihnen ümgehen muß / ihre Conversation
zu meiden / und sich derselben zu entschlagen hat / damit er nicht durch solche
allzugrosse Gemeinschafft eine Klappe davon bekomme / wie aus folgenden Urthel /
welches der Churfürstl. Sächs. Schöppenstuhl zu Leipzig / Mense Majo, Anno 1609.
ad requisitionem Henrici à Schönberg gesprochen / und von Dn. Carpzov.
Part. 3. Prax. crim. quaest. 137. n. 59.
angeführet wird / zuersehen.
Verba sententiae:
Haben die Schuhknechte / so bey den Schustern zum Frauenstein arbeiten / G. D.
dahero getadelt und neben ihme bey keinen Meister arbeiten wollen / daß derselbe
mit dem Nachrich [571] ter oder Caviller Gemeinschafft
gehabt / mit demselben nicht allein gessen und getruncken / sondern auch seine
Tochter zu freyen Vorhabens wäre / sc. Da nun gedachter G. D. von seinen
Beginnen nicht abstehen / noch sich des Nachrichters Gemeinschafft enthalten
wird / so wären die andern Schuhknechte ihn neben sich arbeiten zulassen nicht
schuldig. V. R. W. Simili planè modo pronunciarunt Johann Kutnern / zu Waldheim
/ M. Decemb. An 1629. Item an die Vier-Meister und gantzes Handwerck der
Leinweber zu Waldheim / Mense Januar. 1630.
add.
Bechmann, Tom. 2. p. 2. exerc. 12. th. 78. Beier, de bonis damnat. § 31.
& c. 1. §. 15 de expens Exec. crim. vulg. Hencker-Geld.
Dieses ist auch in der An. 1670. confirmirten Innung des Lohgerber-Handwercks zu
Greussen angemercket / und in der den 19ten Julii An. 1683. anderweit
bestätigten / wiederhohlet worden / und zwar bey den Zehenden Articul / des
Abdeckers Fell-Kauff belangende ibi: Ein ieder Meister / Geselle / oder die sich
dieser Zunfft gebrauchen wollen / sollen sich hinführo / bey Poen zweyer Gülden
enthalten / mit dem Feldmeister übrige Schlemmerey und Quaserey zu treiben / und
soll hinführo der Feldmeister denen Loh-Gerbern / wie allenthalbenbräuchlich /
den Fell-Kauff gönnen und anbiethen / auch ohne ihren oder der Ober-Meister
Vorwissen / keinen Frembden keine Haut / sie sey klein oder groß / verkauffen /
bey Straffe eines Güldens sc.
LXXVIII. Weil / wie im vorhergehenden mit mehrern angeführet / weder die
Nachrichter / noch auch die Feldmeister denen Rechten und ihrem Ambt nach / vor
infam und ehrloß zuachten: So folget auch / daß ihre Kinder um so viel weniger
zu scheuen / sondern zur Erlernung zünfftiger Handwerge / bevorab wenn sie bey
ihrer Väter Verrichtung noch nicht Hand angelegt haben / zu admittiren und
aufzudingen / auch an Handwerckers Töchter sich verheytathen können.
Vid. Georg. Beatum, Cas. var. pag. 24. Joh. Volckm. Bechmannum, in Comment. ad
Pandect. part. 1. Exercit. Exot. 8. th. 48. Schneidevvinum ad §. non autem
liberis n. 17. Inst. de inoff. Testam. [572] D. Hahn, ad
VVesenb. ff. de his qui not. infam. n. 2. circa fin. Richter, Decis. 80. n. 25.
Adrian Beyer, in Tyrone Prudent. jur. opific. cap. 6. Mauritium, Consil.
Chilonens. 8. n. 34.
welcher dieses sonderlich behauptet / und endlich in folgende Worte heraus
bricht: Sententia JCtorum, qui filios carnificum ab honestis opificiis arcent,
nec cum divino, nec cum humano jure congruit. Maßen den̅ auch
ausgemachten Rechtens ist / daß demjenigen / welcher einer Scharffrichters
Wittibe oder Tochter heyrathet / von den Handwercks-Zünfften nicht
ausgeschlossen werden kan.
Eylenberg. de jur. Carnif. c. 6. §. 9.
Allein well doch der gemeine Mann die Nachrichter und Feldmeister vor anrüchtige
und fürchterliche Leute hält / und sich solches nicht ausreden lässet /
Carpzov. p. 3. Pract. Crim. q. 137. n. 58. & 59. Richter, part. 2. Decis.
80. n. 2. 3. & 23. Adrian Beyer, in tract. de bonis damnator. §. 31.
Dieselbe auch vor sich in kein Handwerck aufgenommen werden können /
Carpzov. part. 3. quaest. 137. n. 59. Eylenberg, de jur. carnif. c. 6. §. 8.
So thun dieselbe wohl / wenn sie ihre Kinder keine zünfftige Handwercke lernen /
noch auch Handwercker Kinder heyrathen lassen / sondern zu ihren Thun und
Handthierung strack von Jugend auf angewehnen / damit sie des continuirlichen
Zanckens / Streitens und schimpflichen Vorwerffens entübriget seyn mögen. Und
wenn gleich die Obrigkeit an einen Orth die Handwercker zu folcher Aufnehmung
der Scharffrichter und Feldmeister Kinder zwingen wolte / sind doch die Knappen
/ Gesellen und Handwercks-Bursche / sonderlich bey letziger Zeit / und derselben
Zustand / schwerlich dran zu bringen / daß sie mit ihnen / und in solcher
Werckstatt arbeiten / sondern aufstehen und in die weite Welt hinein ziehen /
ander Orthen es anzeigen / und alles aufwiegeln / daß die Handwercker an solchen
Orth keine Gesellen mehr kriegen können / indem diese mit Fleiß auf dergleichen
Städte nicht zu wandern / damit sie nicht anderswo von der Brüderschafft
gestraffet werden mögen. Ja wenn auch gleich eines Scharffrichters oder
Feldmeisters Sohn ausgelernet hätte / und wandern wolte / würde er doch an
keinen Orth bey einem Meister angenommen werden / und unterkommen können /
sondern wieder zurück an den Orth müssen / wo er ge [573] lernet / oder das Handwerck gar changiren und aufgeben. Zugeschweigen
/ daß wenn er in der Fremde alles verfechten wolte / er gar leicht Leib und
Leben drüber einbüssen dürffte.
D. Heinc. Linck, in Discurs. de literis Natalit. c. 3. §. 29. in fine.
Ja die Meisters-Kinder und andere Gesellen / so in einer solchen Stadt gearbeitet
bey dem handwerck / da ein Scharffrichters- oder Abdeckers-Sohn aufgedinget
worden / möchten es auch wohl entgelten müssen / und nicht gelitten werden.
Massen man dessen ein Exempel an einer benachbarten Stadt hat / da einige von
den Tuchmachern nur eines Scharffrichters Sohn zu Grabe getragen. Was vor Mühe
und Kosten haben doch angewendet werden müssen / biß solcher Handel wieder
gestillet und beygeleget worden? Und so lange durch eine allgemeine
Reichs-Constitution aufs neue dem Aufstand der Gesellen und Knappen nicht
begegnet / und mit Nachdruck aller Orthen nicht drüber gehalten wird / ist
schwerlich zuhoffen / daß hierinnen was fruchtbarliches ausgerichtet werde. Bey
welchen Zustand denn am sichersten / daß die Scharffrichter und Feldmeister ihre
Söhne / wie vor gedacht / zu ihrer Verrichtung angewehnen / und die Töchter an
ihres gleichen verheyrathen.
Eylenberg, de Jure Carnif. c. 6. §. 8.
LXXIX. Nun fraget sichs auch: Ob die Obrigkeit der Scharffrichter / Hencker /
Caviller und Abdecker Kindern / auf ihr Anhalten / einen Geburths-Brief geben /
und darein setzen könne / daß sie von ehrlichen Eltern erzeuget und gebohren?
Diese Frage wird von D. Henric. Linckern,
in Disc. Jurid. de literis Natalitiis, c. 3. §. 19.
mit Nein beantwortet: Cum enim [1] id hominum genus [inprimis excoriatores] turpi
ac probroso officio fungantur;
Calvin. in Lex. Jurid. v. Carnif ex.
& [2] ipsorum liberi paternis officiis utplurimum se immisceant, unde vix
fieri poterit ut maculam effugiant, sicuti quotidiana experientia docet, metitò
ipsis literae Natalitiae denegantur. nec obstat, quod quandoque etiam Carnificum
liberi in collegia recipiantur, tamen nec hoc ipsis proderitad impetranda
testimonia Natalitia, cum natales sordidi permaneant, ut de ipsis praedicari
nequeat: Daß sie von ehrlichen Eltern gezeuget. Es wäre denn Sache / daß sie nur
allein üm deswillen / daß sie nemlich ex matrimonio legitimè contra [574] cto, oder aus richtig-vollzogener Ehe erzeuget
und gebohren / auch niemanden mit Leibeigenschafft zugethan / und verwant wären
/ den Geburths-Brief verlangeten / welcher ihnen so dann / und auf solche maße
und Weise nicht abzuschlagen.
Eylenberg, disp. de jur. carnif. c. 6. §. 10.
Also ward Anno 1682. eines Scharffrichters Sohne folgender Geburts-Schein
ertheilet: Des Durchläuchtigsten Fürsten und Herrn / Herrn Johann Georgens /
Herzogs zu Sachsen / Jülich / Cleve und Bergen / tot. tit. Seiner Hoch-Fürstl.
Durchl. der Zeit verordneter Ambtmann allhier zu N. ich N. N. füge hiermit
iedermänniglich zu wissen / daß heute unten-gesetzten dato vor mir an
gewöhnlicher Gericht-Stelle erschienen H. O. F. Nachrichter aus hiesiger Stadt
bürtig / an- und vorbringende / wie er nun zehen gantzer Jahr in der Fremde /
als zu Hamburg / Magdeburg / Bremen und andern Orthen sich aufgehalten / nunmehr
aber entschlossen wäre / sich an einen gewissen Orth nieder zulassen / mit
inständiger Bitte / daß ich Ambts wegen ihn zu desto mehrer Förderung einen
beglaubten Schein mittheilen wolte / wer seine Eltern gewesen / und wie er vor
seine Person sich allhier verhalten. Weil dann dieses sein Ansuchen billig; Als
habe ich auch demselben deferiret / und bezeuge hiermit / daß Impetrant H. O. F.
von H. M. F. gewesenen Scharfrichter allhier / so aber vor etlichen Jahren schon
gestorben / und M. E. G. L. Nachrichters zu Langen-Saltza Tochter / ietzo des
hiesigen Scharffrichters H. M. J. Eheweib gezeuget / und Anno 1674. den 8.
Januarii allhier zu N. gebohren / auch besage Kirchen-Buchs / Sontags drauf /
als den 10. berührten Monats zur H. Tauffe befördert / dabey zu Pathen ersuchet
worden O. G. Scharffrichters-Sohn zu H. und B. C. H. M. Hald-Meisters zu
Saltzungen Tochter / ist auch sein Groß-Vater H. F. ebenmäßig Scharffrichter
allhier gewesen. Impetrantens Person belangend / hat er / so lange er sich hier
aufgehalten / sich still / fromm und aufrichtig erwiesen / daß keine Klage
wieder ihn vorkommen / daß ich dannenhero alle und iede / welchen dieses Zeugnis
und Geburths-Schein vorgezeiget werden wird / Standes-gebühr nach dienst-freund-
und fleißig ersuche / sie wollen nicht allein demjenigen / was oben angeführet /
völligen Glauben geben / sondern auch ermeldten H. O. F. allen beförderlichen
Willen erweisen. Solches wird er mit unterthänigen Danck verdienen / ich aber
bin es bey allen Begebenheiten üm einen ie [575] den
zu verschulden willig und geflissen. Zu mehrer Urkund dessen habe ich auf Bitte
diesen Schein mit dem mir anvertrauten Fürstl. Ambt-Siegel bedrücket /
eigenhändig unterschrieben / und Impetranten wissentlich ausgehändiget / So
geschehen zu N. den 13 Februarii, 1682.
(L. S.)
N. N.
LXXX. Ob ein Loh-Gerber / wenn er mit einen Feldmeister oder Abdecker der Leder
halber contrahiret / und ihm solche abkäufft / oder einem Handwercks-Mann
Schulden halber die Meisterey eingeräumet worden / u. er solche hinwieder
verpachtet / oder wenn ein Gerber der armen Sünder Häute / so nach der Anatomi
ihm gebracht werden / gerbet / üm deswillen aus dem Handwerck zu werffen? ist
nicht weniget allhier zu untersuchen. Hierauf wird mit Nein geantwortet / und
bestercket solches D. Richter, Decis. 80. n. 21. mit folgenden dreyen
unterschiedlichen Praejudiciis des Fürstl. Schöppen-Stuhls zu Jena / deren
Das Erste
Mense Julio An. 1606. gesprochen / nachgesetzten Inhalts: „Habt ihr in des
Meisters zu Königsee / Hans Günthers / halbe Feldmeisterey die würckliche
Immission erlanget / welche ihr also gebrauchet / daß / weil ohne das auf der
andern Helffte eine Wittibe einen Knecht hält / welcher die Häute von
hingefallenen Vieh abzeugt / ihr auch gleicher Gestalt uf solcher euch
verhaffteten und tradirten Feldmeisterey eben denselben Knecht die Häute
abziehen / und euch dieselben überantworten lasset / welche ihr den förder als
ein Lohegerber zurichtet und gar machet. Ob sich nun die andern Meister des
Lohegerber Handwercks dahin verlauten lassen / als könten sie euch derohalbe̅ / u. wo ihr in die Länge solche halbe Feldmeisterey also
gebrauchen und nutzen werdet / in Handwercke nicht leiden / sintemahl ihnen
solches bey andern verweißlich seyn möchte: Demnach aber da es / euren Bericht
nach / keinen Lohe-Gerber nicht kan noch mag gewehret oder verbothen werden /
nach einen gewissen Pact die Feldmeisterey zubestehen / mit einer darzu
tüchtigen Person zubestellen / so seyd ihr solcher Feldmeisterey euch zu äußern
/ oder das gantze Handwerck der Lohe-Gerber dar [576] zu mit einzulassen / nicht schuldig / es hätte dem gedachtes Handwerck
etwas erhebliches darwieder einzuwenden / damit würde es billig gehöret / V. R.
W.
Eo dem modo Mense Julio 1629.
Hansen Fritzen zu Kala responsum fuit. Hat eures Weibes voriger Ehe-Mann Michel
Preusse / gewesener Bürgermeister zu Kala sel. mit den Feldmeister daselbsten
über 15. Jahr in Contract gestanden / daß er ihme / alle die Leder / die er an
seiner Meisterey abzuziehen bekommen / um einen billigen Kauff zugeschlagen /
und dahero sich vermögen lassen / daß er ihme / den Feldmeister Hansen Hesse /
zu Erkauffung der Meisterey zu Roda / uf E. E. Raths Consens, und Hypothec der
Meisterey zu Kala / und jener / achthundert Gülden geliehen / so Jährlichen auch
versteuret und verschätzet worden / und / weil ihr nach dessen Tode die Wittibe
erfreyet / nicht alleine solche Schuld auf euer Weib und Euch kommen / sondern
habt auch dergleichen Contract mit gemelten Feldmeister nunmehr an sechzehen
Jahr her continuiret / und nachdem derselbe verstorben / mit dessen Kinder
Vormündern / solcher gestalt eure Bezahlung zuerlangen / Handlung gepflogen /
daß euch die Meisterey samt denen hinter derselben gelegenen Aeckern uf fünf
Jahr / Innhals darmit überschickten Copeyen / gelassen / darauf ihr die Acker
ausgezogen / und an euch behalten / der Meisterey und Streifferey Verrichtung
aber uf gewisse Maaß einen andern Feldmeister übergeben Ob nun wohl unter
Handwercks-Leuthen / und Feldmeistern Billig ein Unterscheid zu halten / daß
diese in Erbaren Zünften nicht zu dulden / dennoch aber weil nirgend in Rechten
verboten / mit dergleichen Leuten zu contrahiren / der Contract gleichfals keine
Unerbarkeit uf sich hat / über das ihr Noth halber zu dem einigen Ende / daß ihr
die Bezahlung erheben möchtet / krafft verschriebener Hypothec, die angedeuthe
Meisterey auf gewisse Jahr ausgethan / so ist das Handwerck der Gerber bey euch
wegen solcher Vermiethung und Anmaßung der zur Meisterey angehörigen Aecker /
einer unerbaren Handthierung zubeschuldigen / aus der Innung zu schliessen / und
des Handwercks zuenhalten / Euch anzumuthen nicht befugt. V. R. W. Ita quoque in
eadem causa senatui zu Kala responsum fuit. Unsere freundliche Dienste zuvor /
Erb. W. G. Fr. als ihr uns berichtet / welchergestalt sich Streit zwischen den
Lohe-Gerber-Handwercke bey euch / Klägern / eines und Hansen Fritzen / auch
Lohe-Gerbern / Beklagten / andern Theil alles nach mehrern Innhalt der uns [577] sub lit. A. B. und zugeschickten Beylagen erhoben;
Wann ihr denn / was dißfals recht V. R. B. G. D. S. W. nach fleißiger Verlesung
der Beylagen / und Erwegung der Umstände V. R. daß gemelter Fritz bey der
Meisterey / gestalten Sachen nach / der Klägere Einwenden ungeachtet
unperturbiret zulassen / es wäre den̅ / daß er durch ein ander
Mittel / als An̅ehmung deroselben / seiner darauf haftenden
Schulden könte befriediget werden / so ist er zwar von der Meisterey abzutreten
schuldig / gleichwohl aber nichts destoweniger in einem oder andern Fall als ein
Zunfft-Genosse sein Handwerck zutreiben wohl befugt / wie ihr dann Obrigkeits
wegen ihn darbey zuschützen verbunden / V. R. W. Also werden auch die Gerber
nicht anrüchtig / wenn sie der hingerichteten armen Sünder Häute / so nach der
Anatomi ihnen zugerben gebracht werden / bereiten: Ja sie können in
Verweigerungs-Fall / von der Obrigkeit darzu compelliret werden.
Carpzov. pract. crim. part. 3. q. 137. n. 76. Adrian Beier, de cadaverib.
punitor. c 3 n. 43. & seqq.
Allermassen Anno 1656. zu Leipzig geschehen / da die Gerber der Anatomirten armen
Sünder Häute / weil dieselbe unter des Henckers Händen gewesen / nicht gar
machen wollen / biß endlich Anno 1657. durch ein Chur-Fürstl. Rescript sie darzu
angewiesen worden.
Ammannus, in Irenic. p. 260. n. 9.
Zumahl da sie ohnedem denen Feldmeistern und Schindern die Hunde-Häute gar
machen.
LXXXI. Will man wissen Ob ein Nachrichter / oder auch Abdecker / Caviller und
Feldmeister / wenn er von einen ein Schelm / oder sonst gescholten worden /
denselben Actione injuriarum belangen könne? So wird hierauf mit Ja geantwortet
/ argumento eorum, quae DD. tradunt de Spuriis,
Schneidewin. ad §. non autem liberis. n. 17. Inst. de inoff. testam.
Etsi enim ex opinione vulgi pro infamibus habeantur, ipsis tamen hoc non debet
objici.
D. Richter, Decis. 80. n. 23.
Alwo er deswegen folgendes Urthel / so der Schöppen-Stuhl zu Jena im Junio Anno
1607. auf Ansuchen Trajani Wahlen / Nachrichters / und Valentin Stengels /
Feldmeisters zu Erffurt ertheilet / anführet.
|| [578]
Verba sentent.
Als ihr berichtet / welcher gestalt Meister N. Treutmann / ein Abdecker / auf
seine Arbeit geritten / und da er in Mitternacht wieder anheim reithen wollen /
wären etliche Männer auf den Felde vor dem Städlein Blanckenhäyn gewesen / und
als er der Abdecker / seinem Brauch nach / mit einem Rohre oder Karbiner / da er
bald an sein Hauß vor das Thor kommen / damit sein Gesinde wachend zumachen /
geschossen / wären die Männer im Felde auff ihn eingesprungen / und deswegen ihn
vom Gaul heben wollen / auch mit Hellparten auf ihn gefallen / der Abdecker aber
hätte seinen Gaul gewendet / und seine Wehr ausgezogen / auch dieselben
geschlagen. Ob nun wohl des andern Tages der von Mandelslohe den Abdecker
verhöret / und befunden / daß er unfchuldig wäre / hätte doch nichts
destoweniger der Schösser des Wohlgebohrnen Herrn Graffen von Gleichen den
Abdecker vor sich daselbst dieser Dinge halber auch besprochen / und endlichen
ihn mit Worten angeriffen / und gesagt: Er wäre ein Schelm! der Abdecker
geantwortet / er wäre kein Schelm. Der Schösser geantwortet: Es wären alle
Schelmen / die da Pferde schindeten / und geschunden hätten / könte das mit der
Lander-Ordnung beweisen. Wann ihr dann / was hierinnen zu Recht versehen /
unsere Rechts-Berichtung gebethen: Demnach sprechen wir vor Recht: Wenn
ietzt-gedachten Schösser der erwehnte Abdecker / euren Bericht nach / keine
Ursach zu solchen Worten gegeben / so ist er / gedachten Schösser injuriarum
vorzunehmen wohl befugt / V. R. W Eben also haben auch die Schöppen zu Halle in
dieser Sache erkant / hisce verbis: „Hat ein Schösser an einen Orth einen
Scharffrichter oder Abdecker / dessen Vorfahren gleichfals solcher Arbeit
gepflogen / ohne gegebene Ursach / allein dahero / daß er ihn wegen eines im
Felde geschehenen Lufft-Schusses / straffen wollen / der Abdecker aber sich
dessen geweigert / vor einen Schelm gescholten. Dieweil aber gemeldtem Schösser
solches nicht gebühret / so ist derowegen der Injuriat ihm zum Abtrag
Sächsischer Rechte zubringen wohl befugt / V. R. W.
add.
D. Joh. Volc. Bechmann, tom. 1. Exerc. 8. §. 74. Balth. Conr. Zahn, Ichnograph.
c. 36. n. 19. 20. & 21. D. Adrian Beier, vom Hencker-Geld / c. 1. § 5.
pag. 12.
|| [579]
LXXXII Ist denn auch einen Scharffrichter zum Zeugen zu admittiren? It. ob
demselben Glauben zuzustellen / wenn er wegen der von ihm selbst volstreckten
Volter Zeugnis geben wolte? D. Nicolaus de Lescut, Consiliarius quondam
Anthonii, Lotharingiae Ducis, in tractatu
de Testium Examine, cap. 30, n. 2.
negiret, daß ein Scharffrichter zum Zeugen angegeben / zugelassen / beeydiget und
examiniret werden könne / wenn er also schreibet: Edictum de testibus dici solet
prohibitorium certarum videlicet personarum, utpote infamium, sicuti sunt
JOCULATOR, FREQUETATOR TABERNARUM, LATRINARUM PURGATOR, ET MAGIS CARNIFEX
&c. Welchem auch Rudger. Ruland. daselbsten iu additionibus lit. A.
beystimmet. Ferner wird keinem Nachrichter geglaubet / wenn er allein / ohne des
Actuarii Protocoll, wolte wegen der von ihm vollstrechten Tortur Bericht
erstatten /
Carpzov. part. 3. pract. Crim. quast. 124. n. 67.
allwo er n. 68. dieser wegen folgendes Praejudicium von den Chur-Fürstl. Sächß.
Schöppen-Stuhl zu Leipzig Johann à Schilckraden Mens. Jul. Anno 1626. ertheilet
/ anführet: „Ob wohl der Scharffrichter / der solche scharffe Frage verrichtet /
mit allen Umständen Bericht gethan / wie lange die Tortur gewähret / was er
darbey vor Instrumenta gebrauchet / auch / was der Gefangene bekant und
ausgesaget / zu Papier gebracht: Da aber dennoch die Gerichte / so darbey
gewesen / durch einen Notarien und Schreiber / des Inquisiti Confession und
Bekäntnis / Gerichtlichen nicht selbsten registriren und aufzeichnen lassen; So
wäre auch des Scharffrichters gethaner Bericht nicht gnungsam / noch demselben
vollkommener Glaube zuzustellen / V. R. W. Welches auch Joh. Vocken, Bechmann,
in commentar. Pandect. tom. 2. part. 2. exerc. 9. thes. 29. pag. 262
bestätiget.
LXXXIII. Da nun die Nachrichter de jure nicht unehrlich seyn / so möchte man auf
die Gedancken kommen / Aus was Ursachen sie gleichwohl ingemein verhasset sind /
daß niemand gerne mit ihnen ümgehen oder zuthun haben will? Christophorus
Crusius, in tr. de Indiciis delictorum part. 4. c. 52. n. 32. Wie auch Martinus
Zeillerus, cent. 2. [580] quaest. 97. in fin. &
Epist. 365. sagen / daß es daher komme: Erstlich / weil vielmahls Diebe / Räuber
/ Mörder / Ehebrecher und andere verruchte Ubelthäter / die das Leben verwürck /
oder doch sonst die bösesten und lasterhaftigsten Leuthe zu solcher Verrichtung
genommen worden.
Joh. Göed. ad L. 103. n. 3. ff. de verb. signif. Rud. Godofr. Knichen, op. polit.
lib. 2. part. 1. c. 13. th. 21. col. 714.
Zum andern die Nachrichter selbst / mit ihren gottlosen und ärgerlichen Leben /
diesem / sonst ehrlichem Ambt / einen Schandfleck anhengen.
Hoenon. disp. polit. 2. thes. 51. Zorer part. 2. seines Rechtl. Bedenckens /
quaest. 18. n. 4066. & 4068.
Et ira officium non ipsos, sed ipsi potius suo vitio polluunt officium.
Zepper, in explanat. Legum Mosaic. lib. 5. q. 7. fol. 711. Dither. in contin.
Besold. v. Scharffrichter / p. 535.
Drittens weil die Nachrichter gemeiniglich mit den armen Sündern grausam ümgehen
/ sie hin und wieder zerren / reißen / stossen / hart binden / ihnen ihre
Ubelthaten auf das schmäligste vorrücken / und gleich als mit einen
unvernünfftigen Vieh umgehen. Ja wohl vor der Zeit sie dahin reissen und das
Leben nehmen / auch noch darzu Lob und Ruhm darbey suchen / mehr aus Grausamkeit
/ Haß und Feindschafft / als Eiffer und Liebe zur Justiz.
Jadoc. Damhoud. in. Prax. Crim. 6. 152. n. 6. Carpzov. lib. 6. tit. 10. Resp.
102. n. 2.
Daher auch kommen / daß / wenn man einen Tyrannen / und Blutdürstigen Menschen
beschreiben wollen / denselben der Nahme Carnifex Hencker oder Schinder gegeben
worden. Viertens / weil sie selber in ihrer Kleidung / Gang / Stellung und
Gebärden sich dergestalt bezeigen / daß sie bey männiglich vor crudel und
grausam angesehen werden mögen. Fünftens / weil der gemeine Mann [sonderlich
aber die sich nichts gutes bewust sind] fürchtet / er möchte ihnen etwan auch
unter die Hände kommen.
D. Casp. Finck, in Canon. Theolog. cent. 4. canon. 30. Rittershus. de jure
Asylor. pag. 66.
Endlich und zum Sechsten / weil sie gemeinlich auch die Abdeck- oder Cavillerey
darbey gebrauchen / daß sie das todte Vieh abziehen / welches je [581] derzeit vor schändlich und garstig gehalten
worden / idque tangit Artemidorus,
Oneirocriticorum lib. 1. c. 35. his verbis:
Coria tingere omnibus malum est. Corpora enim mortua attrectat coriarius tinctor,
ideoque ab urbe semotus habitat.
vid. D. Adrian Beyer, von Henckergeld / c. 1. §. 15. pag. 12.
LXXXIV. Nunmehr wollen wir auch etwas von des Nachrichters Privilegien und
Freyheiten melden. Es haben die Hencker und Scharffrichter an einen Orth mehr
Freyheit / als an andern.
Zeiler, Epistol. 356.
Sonderlich aber bestehen solche [I] in der Sicherheit ihrer Person / daß sie
nemlich in der hohen. Obrigkeit Schutz sind / und sich niemand an dieselbe
unbilliger Weise vergreiffen darf / wie in Käyser Caroli V. Peinlichen
Hals-Gerichts-Ordnung art. 97. ausdrücklich gesetzt und zubefinden.
add. Matth Stephani, & Zirizium, ad hunc artic.
mit welcher auch übereinkömmet die Fuf-Knechte-Bestallung zu Speyer / de Anno
1570. §. 66 in verbis: Es soll auch ein jeder die Nachrichter bey Freyheit
gemeinen Kechtens bleiben lassen / welcher das nicht thut / soll an Leib und
Leben bestrafft werden Und findet man dieses Geboth in.
Käyser Maximiliani II. Articuls-Brieff art. 66 und in Käyser Ferdinandi III.
Articuls-Brieff. sub dato Wien / den 12. Octobr. Anno 1642. art. 71.
wiederholet. Es concordiret auch hiermit
der König Majestät zu Schweden Gewaltiger-Ordnung / tit. 4. n. 4. Item
der Königl. Dähnische Articuls-Brieff / art. 19. ibi:
Keiner mag den Scharffrichter überfallen oder verhindern / idem er dasjenige / so
das Recht / und das ausgesprochene Urtheil vermag / exequiret.
add.
Jus Pruten. lib. 6. tit. II. art. 3. §. 2. pag. 181. Mevius ad Jus Lubes. lib. 4.
tit. 18. art. 1. n. 6. Joh. Georg. Becht, de Securitate & Salv. conduct.
thes. 198.
Scabini Jenenses, consulente Senatu Magdeburgico, fustigationem di [582] ctarunt ei, violentiam intulerat carnifici primo ictu
aberranti, Mens. Octob. 1611.
Richter, Reg l. jur. 2. p 13. in fin. Adrian Beier, do manu Regia &
militar. th. 34. & seqq.
massen er denn im Kriege unter des General Auditeurs Commando gehöret.
Petr. Papp. Corp. Jur. milit. pag. 209
[II] daß sie nicht wie andere kaffen / wachen / frohndienen und andere Onera
Personalia dürffen übertragen helffen / sondern davon befreyet sind. [III] daß
einer oder der andere unter ihnen Privilegia erlanget / entweder durch das
gantze Land / oder doch in einen gewissen district, Ambt oder Gericht alleine
die Torturen und Peinliche Executiones an den armen Sündern zu vollentstreckeu.
[IV] Wenn sie zugleich die Cavillerey und Abdeckung durch ihre Knechte darbey
treiben uud verrichten lassen / daß sie abermahl gewisse Oerther haben / wo sie
die Feld- oder Rasemeisterey Erblich exerciren / und ihnen kein ander Eintrag
thun darf.
Eylenberg. in Disput. de Jure Carnif. c. 2. §. 1. vid. D. Adrian Beyern, de
Expens. Execut. Crim. pag. 14. & 15. allwo er 2. Privilegia eines
Scharffrichters wegen der Abdeckung de anno 1619. & 1628. anführet.
[V.] Haben sie etlicher Orthen / das Beneficium, daß sie einen Haußtrunck von
etlichen Eymern Tranck-Steuer u. Zehent frey brauen und geniessen / aber nichts
davon verkauffen / oder an Geldestat vor Arbeits-Lohn hingeben dürffen / bey
Verlust der Gnade und Freyheit. [VI] succediren die Scharffrichter im
Heer-Geräthe: Denn der älteste Sohn eines Nachrichters bekömt das beste
Richt-Schwerd / die andern Söhne aber die übrigen / so noch vorhanden sind.
Sicut respond Facultas Juridica Helmstad. Anno 1642.
vid. Richter. de Success. ab intestat. Sect. 1. membr. 1. n. 56. pag. Edit.
Noviss. 134.
[VII] Maßen sie sich auch Curen / sonderlich aber Arm- u. Bein-Brüche zu heilen
an / daß sie offte mehr / als die Barbierer diesfals zuthun haben / wie man denn
unterschiedliche unter ihnen findet / die hierin gute Erfahrung haben. Wiewohl
Ludovicus Hörnick.
in Polit. Medic. d. 18. §. 14. pag. 187.
|| [583]
ihnen solches nicht gut heisset / in verb. die Abdecker wollen bißweilen
Apotheker seyn: Aber solches ist unrecht / sie möchten bey ihren Menschenfett
und Hundeschmaltze bleiben / den einen ge volterten die Glieder wieder
einrichten / ist nicht die Kranckheit verstehen / und denselben helffen.
Derowegen sie auch in der Chur-Mainzischen und Franck furtischen
Apotheker-Ordnung billig verworffen werden. sc.
LXXXV. Sonst geben die Scharffrichter insgemein auch / als eines von ihren
Privilegien an / sie wären berechtiget / wenn einer sich selbst erhenckte /
erstöche / oder sonst ums Leben brächte / daß alles / was an den Orth / in der
Cammer / Gemach / Boden / Stall sc. befindlich / da der selbst Mörder hin oder
tod lege / alles ihnen verfallen wäre / und eigentühmlich zukäme / so weit sie /
bey den Cörper stehend / unten und oben / auch auf allen Seiten in den Umfang
mit dem Schwerd erreichen könten. Allein ein Briefgen stünde fein dabey / womit
sie solch vermeintliches Privilegium und Gerechtigkeit darzu thun und zubelegen
gedächten: Denn in dem beschriebenen Rechten findet man hievon nichts. So können
sie auch mit der Gewohnheit / drauf sie sich ebenmäßig zuberuffen pflegen /
nicht fortkommen / zumahl dieselbe denen Gemeinen Rechten zuwiederlauffen würde
/ auch ohne dem facti ist / cap. I. de cons. in fexto. welche sie ordentlicher
Weise mit allen requisitis, so doch gar schwer / darthun und beybringen müsten.
De quibus
And. Gail. lib. 2. observ. 31. Joh. Schneidevvin, in §. ex non scripto n. 4.
& seqq. Instit. de jure Nat. Gent. & Civil. Matth. Coler. de
Processib. executiv part. 1. c. 3. n. 34.
Und lieffe wieder alle Billigkeit / wenn man denen Hinterlassenen / und ohne dem
durch solchen Selbstmord in höchster Bestürtzung und Betrübnis gesetzten
Anverwanten / ja wohl gar Kindern den wenigen Vorrath rauben / und noch mit
mehrer Betrübnis und Schaden belegen wolte.
D. Fritsch. de jure accidental. in app. n. 4.
Ja wenn dergleichen Dinge zu confisciren und einzuziehen wäre / fiehlen sie
billiger der Obrigkeit / als den Scharffrichter zu.
Dn. Stryke. de jur. sens. Dissert. 7. c. 3. n. 39.
Es könte auch unter solchen mobilien und moventien wohl was seyn / so einem
Fremdemzugehörete / mit was vor Rechtvermöchte wohl der Scharffrichter sich
dasselbe zuzueignen?
|| [584]
arg. c. prodest. severitas 23. Quaest. 5. L. si poenam ff. de poenis.
Gnung ist es / daß ein sothaner Selbst-Mörder / nach Befindung der Umstände /
wenn er von den Scharffrichter abgeschnitten / oder aufgehoben / unter der
Hausthür-Schwelle durchgezogen / oder oben herab gestürtzet / und auf den
Schind-Leich hin geworffen wird.
Gloß. im Land-Recht lib. 2. art. 31. n. 3. lit. B. Schneidewin, in §. Juris
praecepta n. 5. Instit. de justit. & jur. Decian. in Tr. Crim. lib. 9.
c. 4. n. 8. Didac. Covarruv. lib. 2. var. resol. cap. 1. ad fin. vers.
illudprofecto. Plach. in Epit. delict. lib. 1. c. 23. n. 14. Peguerra, de Jure
Fisci, lib. 4. tit. 4. n. 10. in fin.
Drum auch die Schöppen-Stühle denen Scharffrichtern solch unchrist- und
unbilliches Begehren gemeiniglich ab / und nur einen billigen Lohn / wie solchen
die Obrigkeit selber arbitriret / ihnen zuzuerkennen pflegen.
Carpzov. lib. 6. resp. 103. tit. 10. n. 5. 10. & 11.
Ita Scabini Lipsienses, ad Consultationem Carnificis Weisenfelsensis, Christian
Ingermans, M. Mart. 1622.
Verba Sentent.
Hat sich vor wenig Wochen zu Weissenfels vor dem Klinge-Thor in den
Ambts-Gerichten eine ledige Weibes-Person in ihrer Schlaf-Kammer selbsten
erhenckt / in welcher Kammer eine Lade / darauf sie bey der Erhenckung getreten
/ wie dannoch eine andere Lade / so kaum eines Schrittes weit von der ersten
gestanden / ingleichen ein Feder-Bett vorhanden gewesen / welche Laden / und die
darinnen befindliche Sachen / nebst dem Bette du damahls / wie die erhenckte
Person von dir abgeschnitten / und mit denen Pferden an gehörigen Orth geführet
worden / zu dir und mit hinweg genommen sc. So bistu angeregte Sachen an den
Orth / allda solche zuvor gewesen / hinwiederum zubringen schuldig. Es wäre denn
im Ambt Weißenfels durch eine beständige Gewonheit hergebracht / u. über
Rechts-verwährte Zeit unverbrüchlich also gehalten / daß dem Meister / welcher
die Personen abhauen / und an gewöhnlichen Orth schaffen muß / alle dasjenige /
was über / unter / üm und neben denselbigen Personen / so weit man mit dem
Schwerdt reichen kan / befunden wird / gefolget worden / dessen genössestu auf
solchen Fall billig. V. R. W.
|| [585]
Et ad requisitionem Daniel Volcmars zu Leipzig / Mense Majo, Anno 1638. verb.
sentent.
Hat sich ein Lehr-Junge in eurem Hause auf einen Boden erhencket / welchen der
Nachrichter / auf Befehl der Stadt-Gerichte / durch seinen Knecht abnehmen / und
hinaus schaffen lassen / darauf der Stadt-Richter befohlen / euch mit dem
Nachrichter / der Zahlung wegen / zu vergleichen. Ob nun wohl derselbe 50.
Thaler fordert / mit Vorgeben / es sey hin und wieder auf dem Lande hergebracht
und bräuchlich / daß bey solchen Fällen ihnen allezeit dasjenige gebühret / was
er an dem Orthe / da sich einer erhencket / befunden wird / zumahl aber / was er
mit dem Schwerd ümgreiffen könte / daher ihm zum wenigsten das Leder / so auf
den Boden / da sich der Junge erhenckt / zubefinden / gebühret sc. So hat er
sich doch damit nicht zubehelffen / sondern lässet sich an demjenigen Lohn / was
die Obrigkeit vor billig erkennet / begnügen. Er könte dann darthun und beweisen
/ daß bey dieser Stadt / sein Vorgeben durch eine beständige Gewohnheit
hergebracht / und über Rechts-verwärthe Zeit unverbrüchlich gehalten worden /
dessen genösse er auf solchen Fall / V. R. W.
add.
Carpzov. part. 1. pract. crim. quaest. 2. n. 32. Guil. Böckel. vision. sive
disquisitio, n. publ. de publicis judiciis, disq. 6. §. XXI. pag. 164. Philip.
Knipschild, de jure & privileg. civ. Imp. lib. 5. c. 20. n. 37. Joh.
Philippi, us. pract. Instit. lib. 4. tit. 18, Eclog. 86. n. 9. Dn. Stryke, d.
dissert. 7. c. 3. n. 40.
LXXXVI. Unter andern Excessen, welche die Nachrichter begehen / ist auch dieses /
daß sie theils so wohl in der Kleidung / als auch sonsten sich dergestalt hervor
thun / daß wer sie nicht kennet / meinen solte / es wären vornehme Herren und
Cavalliers: welches aber die Obrigkeit / nach Anleitung der Reformation guter
Policey zu Augspurg de Anno 1530. tit. 21. ihnen nicht verstatten / sondern
dieselbe mit Nachdruck anhalten soll / daß sie Kleider / ihren Stand gemäß / und
zwar solche tragen / wodurch man sie von andern unterscheiden könne.
Mascard. de Prob. concl. 119. n 19. & 20. Naurath, de rationar. pag. 608.
Eylenberg, de Jure Carnif. c. 6. §. 3.
welches auch in Franckreich beobachtet wird / teste
Guil. Bouchet, lib. 2. Serées, ser. 14. f. m. 83.
|| [586]
wenn er also schreibet: En quelque contrée de France se practique, que le
bourreau a une potence au devánt de son vestiment, & l' eschelle par le
derriere.
LXXXVII. An vielen Orthen wird ihnen auch nicht verstattet einen Degen / zu
tragen / sondern nur ein kurtzes Schwerd. Drum als Anno 1651. der Nachrichter zu
Eisenach H. M. F. diesem auf Andeutung des Ambts nicht also nachkommen wolte /
sondern bey der Fürstl. Regierung daselbst sich deßwegen beschwerete / und
anführete / daß theils benachbarte Scharffrichter Degen trügen / ist folgendes
Rescript an den damahligen Ambtsverweser daselbst Herr L. Georg Stephan
Schelhasen ertheilet worden:
Mein freundlich Dienst zuvor / hochgelahrter besonders guter Freund.
Inliegend vernehmet ihr / was gestalt der Scharffrichter allhie H. M. F. sich
über euch wegen des verbothenen Degen tragens supplicando beschweret / und
darneben Suchung gethan. Wann dan ermeldten Scharffrichter keinen Degen /
sondern ein kurtz Schwerd zu tragen gebühret: Als wird an stat u. in Nahmen des
Durchlauchtigen Hochgebohrnen Fürsten und Herrn / Herrn Wilhelms / Hertzogens zu
Sachsen / Jülich / Cleve und Bergen sc. Meines gnädigen Fürsten und Herrn /
hiermit begehret / ihr wollet ihme solches anzeigen / u. mit seinen unziemlichen
Suchen abweisen. An deme beschiehet ob hochermelter Sr. Fürstl. Gnd.
zuverlässige Meinung / und bin euch freundlich zu dienen geneigt. Datum Eysenach
den 10. Julii 1651.
F. S. Geheimter Rath / Landes-Director, und Oberaufseher daselbst
Z. Prüeschenck /
LXXXVIII. Und soll denenselben in der Kirchen ein eigener Stand assigniret und
angewiesen werden / drin sie unter andere Leute sich nicht mischen / noch auch
ihnen beschwerlich seyn dürffen. Sicut responsum esse
in Consist. Lips. 1624. testatur D. Schilter. in Instit. Jur. Can. L. 7. t. 7. §.
7.
LXXXIX. Die Scharffrichter sind gemeiniglich sehr auf ihre Accidentien erpichtet
/ und lassen nicht gerne was zurück / es mag recht oder unrecht seyn.
Carpzov. lib. 6. Resp. 103. tit. 10. n. 3.
|| [587]
Drum geben sie mit höchsten Fleiß acht / ob sie einen den andern ausmachen können
/ der ihnen etwan in ihre Verrichtung Eingriff thut / damit sie / ihrer Meinung
nach / solche selbst straffen und beschimpffen können. Unter welchen denn auch
dieses mit ist / daß wenn einer ein verrecktes Pferd oder ander Vieh abziehet /
sie demselben den Schinders-Karren vor die Thür führen / und eine ziemliche
Summa Geldes von ihn haben wollen. Alleine die Obrigkeit foll dergleichen
eigenthätiges Beginnen denen Nachrichtern oder Feldmeistern nicht verstatten /
denn 1. findet man in den beschriebenen Rechten nicht / daß ein Nachrichter sich
dessen / aus eigner Gewalt / unterfangen dörffe. Go könte 2. derselbe auch die
Straffe nach Gefallen erhöhen / und also in seiner eignen Sache Richter seyn /
contra
c. nullus 1. caus. 4. quaest. 4. L. un. C. ne quis în sua caus. jud. L. 10. ff.
de juris d. omn. jud. L. nullus 14. C. de Judaeis & coelicol. Gö. den,
cons. 30. n. 3.
Da er doch / wie andere / seine vorgesetzte Obrigkeit hat / bey der er / wegen
seines Interesse, Ansuchung thun / und zudem / was ihm von Rechts- und Gewonheit
wegen gebühret / sich verhelffen lassen kan.
Ludolph. Schrader, de Feud. part. 10. Sect. 5. n. 22. & 23. Carpzov.
dict. lib. 6. tit. 10. Resp. 102. n. 12. Caspar Zillesius, de jure mulct andi c.
7. n. 182. pag. 118. & 119.
Drum wenn ein Nachrichter oder Feldmeister vorgebe / es sey durch eine Gewonheit
also eingeführet / muß er dieselbe ordentlich darthun und beweisen. Quae tamen
probatio consvetudinis est quasi impossibilis, secundum.
Valascum, consil. 162. n. 9. vers. & dixit Hostiensis. Add. Stryk. de
jure sensuum, disp. 7. c. 3. in fin.
Ja solcher Beweis / weil er contra bonos mores, & planè irrationabilis
ist / darf von dem Judice nicht einmahl angenommen werden.
And. Tiraquell. de poen. leg. temper. caus. 38. n. 2. & 4. Bald. lib. 5.
Consil. 400. n. 2.
Doch muß derjenige / so dem Feldmeister hierinnen Eintrag gethan / [massen denn
niemanden gestattet wird / das verreckte Vieh zuvergraben / oder unangemeldet
vor die Hunde zuwerffen / sondern bey einer gewissen Straffe solches pfleget
verbothen zu werden] auf vorhergehende Erkäntnis der [588] Obrigkeit / demselben wegen des entzogenen Luders / und der Haut Ersetzung
thun / wird auch noch wohl darzu gestrafft.
Ita Scabini Lips. ad requisitionem Praetoris & Scabinorum
Numburgensium, Mens. Nov. 1626.
(Verb. Sent.)
Ist in unsern nechsten Rechtspruch dieses erkant worden / daß M. W. Wittibe /
derowegen / daß sie ein Füllen / so in ihrem Gehöf ümgefallen / abziehen laßen /
ihren Vermögen nach / üm eine ziemliche Geld-Busse in Straffe zunehmen / und
sich mit dem Abdecker wegen des entzogenen Luders und der Haut / gebührlichen
zuvergleichen und abzufinden schuldig; so wird sie nunmehr üm 50. Thaler in
Straffe genommen / sie ist auch hierüber dem Abdecker / wegen des entzogenen
Luders und der Haut / vor alles hin / 15. Thaler zuentrichten verpflichtet / in
Mangelung gütlicher Abfindung wird sie durch Hülffs-Zwang darzu billig
angehalten / V. R. W.
Et ad consultationem H. Z. zu Leipzig / Mens. Aug. 1641.
Verb. Sent.
Hat euer Gesinde das verstorbene Vieh der Meinung verscharret / damit nicht ander
mehr Vieh sterben möchte / deswegen der Scharffrichter ihme Abtrag nach seinen
Willen zuthun von euch begehret sc. So seyd ihr wegen eures Gesindes / so das
Vieh vergraben / dem Scharffrichter ein mehrers nicht / als den Werth der Haut
und Luders / verständiger Leuthe Erkäntnis nach / und was ihme wegen der
Abholung gebühret / zuerstatten schuldig / und wird hierüber derjenige / der es
gethan / oder da er zu seiner Enkäntnis nach / und was ihme wegen der Abholung
gebühret / zuerstatten schuldig / und wird hierüber derjenige / der es gethan /
oder da er zu seiner Entschuldigung nichts erhebliches vorzuwenden / solcher
Begünstigung halber / ein paar Tage lang mit Gefängnis billig gestraffet /
wieder euch aber mag gestalten Sachen nach / weiter nichts fürgenom̅en werden V. R. W.
XC. Incidenter wird hierbey erwehnet / daß Petr. Caball.
in Tr. de omn. gener. homicid. n. 14.
Ime Maranta,
in Specul. p. 6. act. 2. n, 126.
Und Gomez,
de delict c. 14 n. 7.
setzen / es könte der Scharffrichter einen Ochsen / Esel oder ander Thier
ei [589] nes Privati nehmen / und damit zum
Tod verdammten auf den Richt-Platz führen / doch daß er den gehörigen Lohn davor
zahlete / welches wohl in Italien / Hispanien und den Meyländischen Stat also
üblich seyn mag: Bey uns in Teutschland aber / giebt gemeiniglich der
Scharffrichter sein Pferd und Karn darzu her. Es wäre denn an einen und andern
Orth eingeführet / daß die Unterthanen solches zur Frohne thun müsten: Ausser
dem kömmet dem Fisco zu / solche Kosten zu übertragen.
Clarus, q. 99 n. 5. Guazzin. ad defens. Inquisit. tom. 2. defens. 38. c. 5. n. 3.
XCI. Von des Nachrichters Wohnung noch etwas zugedencken / so ist im vorhergehen
No. I. III. gemildet / daß bey den Römern und Rhodisern der Scharffrichter
ausserhalb der Stadt wohnen müssen. Es geschahe aber solches nicht darum / daß
man ihn vor infam und unehrlich hielt / sondern deswegen / weil nur welche von
den Fremden und Ausländern / oder die sich des Bürger-Rechts durch ihre
Mißhandlungen verlustig gemachet / zu der Hencker-Zunfft genommen wurden / und
musten ohne dem die Fremdlinge ausserhalb der Stadt wohnen.
Carpzov. part. 1. Decis. 18. n. 12.
Gestalt dann auch noch heut zu Tage dieselbe entweder ausserhalb den Städten /
oder doch abgesondert an den Stadt-Mauren / ihre Wohnungen haben / wo nicht viel
Leuthe hinkommen / nicht daß sie als anrüchtige alleine wohnen müsten / sondern
weil sie gemeiniglich die Cavillerey und Rasenmeisterey darbey haben / und wo
nicht selber / doch durch ihre Knechte treiben lassen / da es wegen der Luder
und abgezogenen Häute einen üblen Geruch giebt / drum für gut befunden worden /
daß sie alleine von der Stadt abgesondert wohnen / und niemand deshalber
beschwerlich seyn möchten.
D. Adrian Beier, de bonis damnat. §. 31. Joh. Casp. Eylenberg, de jure carnif. c.
6. §. 4.
Warum aber vor Alters der Scharffrichter zu Erffurt am Marckt gewohnet /
beantwortet Joh. Gryphiander, in seinem Tractat, de Weichbildis Saxonicis, cap.
66. n. 19. & seq. also: Ex quo in urbibus Saxonicis statuae erigi,
illaeque Weichbild dici coeperunt, Signum Judicii à crucibus ad statuas
transiiit, ita ut in oppidis Judicia ad Weichbildos sive Colossos Rulandinos
celebrarentur. Quamquam id non ubique forsan obtinuerit. Halae in Saxonia
Rulandus index est eriminalis iudicii, quippe in [590] foro
caveae ita inclusus, ut non pateat, nisi cum criminalia judicia intra ejus
cancellos exercentur. Sicuti Venetiis inter duas columnas in area S. Marci
Justitia delinquentium exercetur.
Camerar. lib. 2. medit. Hist. c. 29.
Et fortassis ex eadem causa Erphordi in medio foro separatim carnisex habitat, ut
scilicet praesto sit executor sententiae à Scabinis olim ad Bancum Regium latae.
Quod tamen citra injuriam Rulandi intellectum volumus. Heut zu Tage wohnet
derselbe nicht mehr auf den Marckt / sondern bey dem Löber-Thor am Wall.
XCII. Ob es wahr sey / daß die Scharffrichter / wenn sie ihr Meister-Stück zum
erstenmahl beweisen wollen / Menschen-Blut trincken? und warum sie solches thun?
Ist nicht weniger eine Frage / die sich zu gegenwärtiger Handlung gar wohl
schicket. Diejenige so es bejahen / führen an das Exempel Faustinae, Käyser
Marci Gemahlin / so sich in einen Fechter verliebet / und von denselben nicht
lassen können / deswegen auf Rath der Chaldäischen Aertzte der Fechter getödtet
worden / und die Käiserin mit dessen warmen Blut sich waschen müssen / wodurch
die Liebes-Flamme aus geleschet / und wie sie darauf der Käyser beschlaffen /
ist sie schwanger worden / und hat den Antonium Commodum zur Welt gebohren /
welcher ein blutgieriger wilder Mansch / und mehr ein Fechter / als ein
Käyserlicher Printz wurde.
Petrus Crinit. lib. 2. c. 1. Camerar. p. 1. hor. succis. 53. pag. 237.
So lieset auch von des Käysers Caligulae Ammen / welche als ein grausam und
Barbarisch Weib demselben / als er noch ein klein Kind gewesen / oft ihre Brüste
/ dran sie die Wartzen mit Blut bestrichen / dar gereichet / und solche nebst
der Milch aussaugen lassen / wodurch er hernach so ein Tyran und Unmensch worden
/ daß er sich an Hinrichtung so vieler unschuldigen Menschen nicht ersättigen
lassen / sondern noch darzu das Blut der von ihn erstochenen von seinem Schwerd
oder Spies ableckte / als wenn es Honig wäre / ja vielmehr wünschte / daß die
gantze Welt nur einen Kopf hätte / damit er solchen auf einmahl herab schlagen /
und alsdann allein regieren könte. Woraus abzunehmen / daß warm getrunckenes
Menschen Blut einen kühn und behertzt / ja grausam wieder einen andern Menschen
mache / daß er ohne einiges Entsetzen denselben als einen Feind massacrire und
dar [591] nieder sebele. Welches eben die
Ursache seyn soll / daß die neu angehenden Scharffrichter / wenn sie ihre Probe
thun wollen / sich dessen bedienen / damit sie nicht feig oder verzagt / sondern
kühn und hurtig bey Hinrichtung der Malefiz-Personen sich erzeigen möchten.
Kornemann, de mirac. mort. part 5. cap. 21.
Andere aber halten es vor ein Gedichte. Und wenn gleich vor Alters die
Nachrichter solches gethan / höret und siehet man doch heute zu Tage nichts mehr
davon. Wo wolten sie auch das Menschen Blut anders hernehmen / als wenn arme
Sünder mit dem Schwerd gerichtet werden / da dergleichen niemand leicht / aber
wohl dieses observiret haben wird / das Leuthe / so mit der fallende̅ Sucht / oder Schweren-Noth beladen sind / zuweilen / auf
erhaltene Permission und Nachlassung der Obrigkeit / Blut in einen Töpffen
auffangen / solches aussauffen / den Topf wegwerffen / und so starck sie nur
immer können / fortlauffen / daß sie erhitzt werden / das Geblüte nicht bey
ihnen gerinne / und ihnen also das Hertze abstoße / sondern / ihrer Meinung nach
/ von solcher bösen Kranckreit curiret werden mögen / welches doch selten
zutrifft und wohl ablaufft. Dieses aber ist wohl ehe war / daß sie in Wein sich
einen halben Tummel sauffen / daß sie desto behertzter werden.
D. Adrian Beier, de Expensis Execut. Crim. c. 1. §. 14. in fin.
XCIII. Die Straffe der Scharffrichter anbelangende / wenn sie nicht recht richten
/ ist zwar droben in II. Capitel allbereit angeführet und erinnert worden / daß
die Obrigkeit den Nachrichtern bey Vollstreckung der Execution an den armen
Sündern / das bey dem Hoch-Noth-Peinlichen Hals-Gericht gebethene / und durch
den Frohnbothen ausgeruffene sichere Geleit in der That praestiren, und ihnen
würcklichen Schutz halten solle / wenn es etwa in ein und andern ihnen mißlingen
würde / damit nicht der tolle Pöbel der Obrigkeit ihr Ambt greiffe / die
Nachrichter mit ihren Gehülffen und Knechten steinige / verwunde / oder wohl gar
ums Leben bringe / wie dergleichen Exempel vor die sen iemahls geschehen / und
einige davon schon in obgedachten Capitel sind berühret worden.
Petr. Gregor. Tholos. lib. 31. Syntagm. Jur. Univ. c. ult. n. 7. Schönhorn, lib.
3. polit. c. 51. Vent. de Valent. Parth. litig. lib. 1. c. 13. n. 13.
Drum auch in den Reichs- und andern grossen Städten üblich ist / wenn eine solche
Execution, sonderlich mit den Schwerd soll vorgehen / da die verur [592] theilte entweder Soldaten sind / oder sonst
einen grossen Anhang haben / daß auf Anordnung der Obrigkeit es von den Cantzein
öffentliche verkündiget / und bey Leib / ja wohl auch Lebens-Straffe verbothen
wird / daß sich keiner erkühnen solle / in die Befriedigung der Hoch-Gerichte /
so etlicher Orthen mit Mauren / starcken Thoren und Riegeln / auch wohl mit
Graben und einer Schlag-Brücke verwahret sind / einzuschleichen / aus genommen
die Gerichtswegen mit hinein müssen. Oder
es pfleget der Blutschreyer auf den Rabenstein / oder Henck-Hügel des
Nachrichters Frieden / wie er in Caroli V.
Peinlichen Hals-Gerichts-Ordnung / art. 97.
enthalten / öffentlich abzulesen / wie zu Straßburg und anderswo gebräuchlich
ist.
Joh. Georg. Becht / de Securitate & Salvo conductu. thes. 198.
Denn wenn der Scharffrichter bey seiner Verrichtung etwas versiehet und nicht
recht machet / hat nicht der gemeine Pöbel / sondern die Obrigkeit ihn drum zu
straffen.
XCIV. Zum Exempel ein Nachrichter liesse aus unvorsichtigkeit / oder daß er etwas
zu viele getruncken / den gehengten Dieb vom Galgen fallen / daß er wieder zu
sich selber käme / und Perdon erlangte / alsdann wird der Scharfrichter / wegen
solcher Uuvorsichtigkeit / auf ein Jahr / oder wenn noch mehr Umstände darzu
kommen / noch länger verwiesen.
Cnrpzov. pr. Crim. p. 3. q. 137. n. 67. Joh. Volk. Bechmann. in Comment. ad P
andect. tom. 2. pag. 143. n. 41. Mevius ad Jus Lubec. lib. 4. tit. 18. art. 1.
Zeiler, cent. 4. Epist. pag. 677. Beier, von Hencker-Geld. c. 1. §. 14. in fin.
& in tr. de cadaverib. Punitor. c. 2. n. 71.
oder wenn er den armen Sünder etlichemahl / auch wohl gar in die Achsel oder
Schultern hiebe / und den Hals nicht recht treffe / oder doch etliche Hiebe
thäte / und letzlich gar den Hals noch abschneiden müste / da er denn wegen
solcher Ungeschickligkeit / Mezelns und Verstümmelns billig mit der
Landes-Verweisung / oder einer ziemlichen Geldbuße / seinen Vermögen nach /
anzusehen.
Idem Bechmann. d. tom. 2. p. 286. n, 23.
XCV. Wiewohl vorher und ehe die Straffe erkent wird / alle Umstände wohl zu
consideriren sind / ob nicht etwan der Hingerichtete durch Zauberey [593] sich wieder solche Hiebe und Streiche des Nachrichters
feste gemacht habe: Denn daß solches leicht geschehen könne / zeiget und
beweiset Wierus,
lib. 2. de Praestigiis Damonum, c. 51.
Man hat auch vor wenig Jahren ein dergleichen Exempel an einen Soldaten zu
Halberstad gehabt / der dem Scharffrichter alda ein solch Schelmstück angethan /
daß ob gleich derselbe etlichemahl an dessen Halse gehauen / dennoch das Schwerd
zurück geprellet / als wenn es wieder einen Kieselstein geschlagen würde / biß
endlich der Soldat übern hauffen / und ihm aus den Maul ein Zettel / drauf
etliche Characteres gestanden / so er unter der Zungen verborgen gehabt / auf
die Erde gefallen / da / wie solcher weggethan / der Kopf nach abermahls
geführten nur einigen Hieb gleich herab gangen. In welchen Fall der
Scharffrichter zu entschuldigen und nicht zu straffen / sondern wenn dergleichen
sich begibt / soll man solchen Festmacher und Teufels-Banner einen Härtern Tod
anthun / als Hencken oder ersäuffen / wie Christoph. Crusius meinet /
de indiciis delict. lib. 4. c. 52. n. 25. & 26.
XCVI. Wenn der Scharffrichter bey der Tortur den Reum nicht recht und sest bindet
/ sondern ex dolo & lata culpa verursachet / daß der Tortus herab fält /
und tod bleibet / wird er als ein Todschläger capitaliter bestrafft.
Ludov. Carerius, in pr. Crim. §. circa septimum, n. 10. pag. 97.
zerreissen aber die Siemen / Stricke und Kloben / daß der Inquisit Arme und Beine
zerbricht / muß er gleichfals davor stehen / und den Schaden gelten. Paris de
Puteo,
de Syndicat. §. tortura, pag. 944.
Eben die Beschaffenheit hat es auch / wenn ein Balcke oder andere Last herab auf
den gepeinigten / mit zerbrechung der Tortur Instrumenten fiehle.
XCVII. Einige sagen / daß der Judex deßhalber selbsten belanget werden könte /
weil er keinen vorsichtigern und klügern Scharffrichter darzu gebraucht / doch
daß er seinen regress an solchen ungeschickten Nachrichter wieder nehmen möchte.
Crusius, d. c. 52. n. 20. 21. & 22. pag. 369.
|| [594]
Allein es kan sowohl der Judex, als auch der Scharffrichter pro re nata, dolum
& culpam, welche ihnen im putiret werden / purgiren / per ea, quae
tradunt Wierus,
d. tr. & c. nec non Brunus, de indic. & tortur. q. 7. &
8.
allwo dieser letztere zugleich anführet / daß der Nachrichter nicht schuldig /
dem Judici zu pariren / wenn er ihm befehle / einen notorisch-unschuldigen
Menschen / ohne Rechtliches Erkäntnis / zu voltern / q. 7. n. 5. weil solches
wieder seine Pflicht und Gewissen lieffe / vermöge deren er geschworen / in
seinem Ambt nichts zu thun und vorzunehmen / als was recht und billig / auch bey
GOtt und der hohen Obrigkeit zuverantworten wäre.
Damhouder. pr. rer. crim. c. 155. n. 9. Aleman. consult. 9. pag. 157.
XCVIII. Ferner hat man Exempel / daß Scharffrichter des Nachts aus ihren
Wohnungen und Betten abgelanget / ihnen die Augen verbunden / und nicht eher
geöfnet worden / biß sie in ein Gemach gebracht / und ihnen ein Schwerd
dargereichet worden / womit sie oft grosse Herren und andere vornehme Leute
hinrichteu müssen / damit niemand erfahren möchte / wo dieselbe hinkom̅en / sind auch also bey der Nacht mit verbundenen Augen wieder
zurück nach Hause gebracht / und ihnen ein guter Recompens gegeben / zuweilen
aber sind sie schlecht belohnet worden / indem / wenn sie die Execution
verrichtet / ein ander ihnen auch den Kopf herunter / geschlagen / damit es
nicht auskommen / viel weniger sie sich rühmen könten / sie hätten die und die
hohe Standes-Person hingerichtet.
vide Joh. Ludwig Gottfrid / Histor. Chronic. part. 6. pag. 590.
welches auch dem Scharffrichter / so auf Befehl König Caroli zu Neapolis,
Conradinum, Hertzogen zu Schwaben decolliret / wiederfahren.
Christoph Clausius. in delin. Histor. Symbolor: & Chromolog. Imperat.
Romanor. pag. 165.
XCIX. Wir könten hier beschlissen / wollen aber jedennoch den curiösen Leser
zugefallen noch ein und anders von unterschiedlichen Ubelthaten / Mißhandlungen
und Bubenstücken etlicher Scharffrichter mit anfüge̅.
Man lieset / daß Anno 1502. [oder vielmehr müste es seyn Anno 1508.] ein
Nachrichter sich fälschlich vor einen Grafen von Henneberg ausgegeben / und
dadurch die Professores auf der Erffurtischen Universität / [595] allwo er sich eine Zeitlang auf gehalten / hintergangen / daß er
die Ehre gehabt / Rector Magnificus zu werden.
Draco, de patriciis p. 289. Besold. in Thes. Pract. v. Scharffrichter / p. 805.
Joh. Volckm. Bechmann, tom. 2. Comment. ad Pandect. pag. 204.
Es hat aber solches / als ein nichtiges Commentum, und purlautere Unwarheit
gedachte Academie in einer besondern A. 1672. edirten Apologia geanthet / und
umständig refutiret.
C. Desgleichen schreibet Antonius Faber,
in Cod lib. 9. tit. 16. def. 1.
daß sich in Sabaudien ein Scharffrichter erkühnet / eines vornehmen Mannes / u.
berühmten Advocatens Nahmen fälschlich anzunehmen / und sich öffentlich
zuberühmen / er sey dessen Anverwanter / welches doch nicht so / sondern nur
dahin angesehen war / den ehrlichen Mann zubeschimpffen / und dadurch zu
nöthigen / daß er ihm ein stück Geld geben möchte / stille zu schweigen; Allein
es hat der Sabaudische Senat den Vogel beym Kopf nehmen / den Staub-Besen geben
/ und des Landes ewig verweisen lassen. vide Crusium.
de indiciis delictorum p. 4. cap. 52. n. 30. 31. & 32.
[Welcher will / daß weil man einen Scharffrichter / der ehrliche vornehme Leute
injuriiret und beschimpffet / an seinen Ehren und guten Nahmen / dran es ihm
ermangelte / nicht straffen könte / so solte die Obrigkeit an seinem Leib und
Blut es rechen.
arg. L. 7. §. 3. ff. de jurisdict.]
CI. Georg Beatus,
in seinen Peinlichen Recht-Sprüchen / pag. 800.
führet ein Urthel wider einen Nachrichter an / welcher den Galgen beraubet.
Dergleichen Exempel man mehr findet / daß sie solches practiciret, den Dieben
die Däume abgeschnitten / Galgen-Ketten und dergleichen gelanget / ihre böse
Stücke damit zu treiben / oder wohl andern zu verkauffen. Ehen derselbe hat tit.
9. pag. 123. ein Urthel / daß ein Scharffrichter die Weide vergifftet. Item tit.
28. pag. 302. daß ein Abdeckers Knecht einen Fede-Brieff angeschlagen.
|| [596]
CII. Ein Hencker brach in eines Kaufmanns Hauß zu Metz ein / nahm alles hinweg /
was er fortbringen konte / und weil der Kauffmann nicht zu Hauß / ermordete er
auch noch Weib und Kinder / und verscharrete sie im Keller. Als der Kauffman
heimkömmet / thut er erbärmlich / der Hencker will sich weißbrennen / spricht
zum Rath / er kan es wohl selbst gethan haben! Wird drauf eingezogen / dem
Hencker übergeben / der martert ihn also hefftig / daß er bekennet / er habe es
gethan / wurde auch darüber hingerichtet. Bald aber darnach nimt der Hencker die
silberne Becher / bringet sie zum Goldschmid und zum Juden / wil sie verkauffen
/ der Jude kennet das Zeichen daran / trägt solche aufs Rathaus / drüber wird
der Hencker eingezogen / bekennet seine Boßheit / und wird grausam hingerichtet.
Luth. tom. 7. pag. 361. Hammer, in virid. Hist. pag. 294, Georg. Richter, axiom.
Oeconom. 218. n. 7.
CIII. Als Anno 1618. der Graf von Mannsfeld die Stad Pilsen in Böhmen belagerte /
that der Scharffrichter daselbsten / weil er als ein Zauberer seine gewisse
Freyschüsse hatte / denen Belägerern grossen Schaden; Allein wie die Stadt
übergangen / ist er an das Thürmlein auf der Mauer / draus er seine Schüsse
gethan / gehengt worden.
Joh. Jacob Heilman, Mansfeldischer Feld - Prediger / in der gründlichen Relation,
wie es bey Eroberung dieser Stadt hergangen. Melch. Goldast. von Confiscation
der Zauberer und Hexen-Güther / pag. 50.
CIV. Anno 1654. hat ein Scharffrichter mit seinem Weibe / die sich recht wie ein
Kerl verkleidet gehabt / zwey Personen zu Rom umgebracht / und seynd deßwegen
beyde gehengt worden. Zu solchen Dienst meldeten sich 22. an / einer aber von
guten Geschlecht setzte die Ehre auf die Seite / und ward seiner Familie zu Hohn
und Spot obiger beyden Hencker / weßhalber fast alle Einwohner der Stadt mit
hinausgegangen / und solchen Spiegel mit angesehen.?
Zeiler, Epist. 514.
CV. Ferner schreibet Ammianus Marcellinus,
Histor. lib. 28. pag. 361.
von einen Nachrichter / welcher zwey Weiber zum Tode geführet / der einen aber
die Kleider / ja gar das Hembd vom Leibe gerissen / daß sie allda Mutternackend
gestanden / mit grossem Aergernis aller Zuschauer / daß der [597] selbe / wegen solcher leichtfertigen That / von der
Obrigkeit zum Tode verdammet / und verbrand worden.
CVI. Viele Scharffrichter sind auch heimliche Zauberer und Hexenmeister gewesen /
die sich berühmet [wie man dergleichen Gäste noch findet] sie kenneten die Hexen
/ haben drauf viele unschuldige Leuthe / wieder die sie Feindschafft gehabt /
angegeben / und durch grausame Marter dahin gezwungen und gedrungen / daß sie
fälschlich / und wieder ihr besser Wissen und Gewissen / aus Furcht noch
grössere Pein zu leiden / bekant und gesaget / sie wären Hexen / hälten dieses
und jenes gethan / auch die Obrigkeit verblendet / daß sie unzehlig viel solcher
armen unschuldigen Leute verbrennen lassen. Wenn aber eine rechte Hexe unter
ihre Hände kommen / haben sie es mit derselben abgeredet / sie solte sich bey
der Volter stellen / als wenn sie überans grossen Schmertzen empfünde / und sehr
schreyen / haben aber gar gelinde mit ihr verfahren / doch simuliret, als wenn
sie ihr gar weh thäten / die alsdenn nichts bekant / und also wieder loßkommen /
und dem irdischen Feuer entlauffen.
CVII. Gestalt denn noch heut zu Tage einige Nachrichter mit denen der Hexerey
halber verdächtigen Weibern / wenn sie ihnen die Haare am Leibe / und sonderlich
an heimlichen Orthen abbrennen / ehe sie auf die Volter gebracht werden / gar
schändlich umgehen / auch mannigmah übel verbrennen da doch dieses / wenn es ja
geschehen müste / von des Nachrichters Weibe mit besserer Zucht und
Verantwortung vorgenommen werden könte: Wiewohl einige gar nichts von solcher
Absengung der Haare halten / sondern dißfals heftig auf die Scharffrichter
schmählen / daß sie dergleichen garstiger und schändlicher Dinge sich
unterstehen / auch wieder die Obrigkeit invehiren / daß sie es verstattet und
zugibt.
vid. Cautionem Criminal. q. 3. pag. 116. D. Meifarts. Christliche Erinnerung an
gewaltige Regenten / c. 24. p. 191. Michael Freudius, in Gewissens - Fragen von
Zauberey / q. 215. per tot. & q. 257. n. 6. & 7. ibi??? alle
gati DD.
CVIII. Sonderlich aber hat ein Christlicher Richter bey der Volter denenselben
wohl acht auf die Finger zugeben / daß sie niemanden dolosè an seinem Fleisch
mortificiren / oder nur ein wenig mit der Stupf - Nadel stupffen / oder sich nur
stellen / als wenn sie gestupfft hätten. Der Judex soll die Stupf-Nadel dem
Hencker selber geben / und ihn besuchen lassen / [598] daß er
keine bezauberte / eigne / im Gefängnis verborgene herfür lange / oder in den
Kleidern bey sich versteckt trage / auf daß sie nicht mit Kunst bereitet sey zu
stechen / oder den Stachel zubergen.
Autor, Caution. Crim. dub. 43. pag. 297. & 298. nec. non dub. 11. pag.
49. Freudius, d. quaest. 157. n. 6. & 7.
Denn wenn sie an den Weibesbildern nur Warzen oder Muttermahle sehen / müssen es
stracks Hexen-Zeichen seyn / drum man ihnen nicht allezeit trauen darff /
sintemahl sie eine Ehre und Ruhm draus machen / wenn sie ein
gefänglich-eingezogenes Weibesbild überreden / oder durch Marter und Pein dahin
bringen und nötigen können / daß sie sagen muß / sie sey eine Hexe / ob sie
gleich sonst keine Umstände darbey vorzubringen weiß / daß mannichmahl einem
ehrlichen und gewissenhafften Richter bey solchen vermeinten Hexen - Handel alle
angst und bange wird.
Just. Oldekop. tit. 4. observ. crim. 12. n. 1. 4. & 5.
CIX. Ja es sind auch einige von der Nachrichter - Zunfft gefunden und ertappet
worden / daß / wenn die Gerichts - Personen bey währender Volter etwan mit
einander geschwatzet / getruncken / oder sonst aus Nachläßigkeit nicht acht auf
den Peiniger gehabt / derselbe dem / so gemartert und gedehnet worden /
Brieflein mit Characteren unvermerckt zu partiret / hernach die
Gerichts-Personen hinbey geruffen / solches mit Verwunderung ihnen gezeiget /
und fälschlich vorgeben / er hätte es da bey dem Delinquenten gefunden / welchem
dann hernach deshalber mit der Volter desto hefftiger zugesetzet worden.
Idem Oldekop, d. l. n. 3.
Drum sollen Richter und Schöppen vigilant seyn / und den Nachrichter nicht allein
bey den auf der Volter schwebenden Gefangenen lassen / sie aber inzwischen essen
und trincken / oder andere Sachen vornehmen / sondern vom Anfang biß zum Ende
bey der Volter bleiben / alles was der Scharfrichter vornimmt / mit Fleiß
observiren / und durch den Actuarium treulich niederschreiben lassen.
Ordin. Crim. Caroli V. art. 46. & 52. 12. n. 6. & obs. 24. n. 5. crim. c. 8. m. 5. n. 41.
Oldekop, tit. 4. obs. crim. Brunnemann, in proceß. CX. Gestalt man denn ein Exempel hat / daß als einsmahls unvorsichtige Gerichts-Personen auch von einer auf der Volter hangenden Wei [599] bes-Person weg gangen / und eines Scharffrichters Sohn bey derselben alleine gelassen / derselbe solch Weib erbärmlich gepeitschet / biß sie bekant / daß sie eine Hexe sey / welches durch unziemliche Mittel extorquirtes Bekäntnis aber nicht angenommen / sondern dieser Vogel noch darzu bestraffet worden. Joh. Volckm. Bechmann, in comment. ad Pandect. Tom. 2. part. 2. obs. pract. 76 pag. 285. CXI. Die Hencker haben auch ein sonderlich Wässerlein / daß sie den armen Gefangenen / so gevoltert werden sollen / eingeben / welches von solcher Krafft seyn soll / daß Leuthe / die davon getruncken / spreckliche Dinge bekennen sollen / wie Libavius meldet / und saget: Einmahl hat ein Ambtmann vom Schreiber erfahren / der Hencker habe ein Wasser / welches er den Gefangenen eingebe / drauf sie geschwinde bekennen müsten. Der Ambtmann fodert das Wasser / der Hencker lässet es ungerne von sich; iedoch überantwortet er ein Gläslein dem reisigen Knechte. Dieser giebt es dem Stall - Buden zutrincken / welcher geschwinde anhebt unerhörte Mord- und andere Ubelthaten zubekennen / mit allen Umständen / die er nimmermehr bey so zarten Jahren hätte verrichten können / darüber der Ambtmann erseufftzte sc. D. Meyfart, in der Christl. Erinnerung an gewaltige Regenten / c. 17. pag. 144. Wier, lib. 6. de praestig. Daemon. c. 8. §. 6. & lib. de Lamiis, c. 21. §. 5. p. 729. Freud. in Gewissens-Fragen von Zauberey / q. 290. n. 16. CXII. Oder sie machen ihnen eine Suppe / welche sie die Hexen-Suppe nennen / deren Ingredientien seyn sollen [1] ein Trunck Bier / [2] ein wenig gerieben Brod / [3] ein Hecht-Kreutzlein klein gestossen / [4] eine Hecht - Galle / und [5] ein wenig schwartzer Kümmel. Dieses alles wird zusammen gemischet / ein wenig warm gemachet / und also den Hexen eingegeben. Dither in add. thes. pract. Besold. v. Hexen / Unholden / pag. 389. Dn. Stryke, d. jure sensuum disp. 6. c. 4. n. 9. conf. Crusius, de Indic. part. 4. c. 37. n. 25. Andere aber sagen / daß sie die übergebliebene Knochen von einer verbranten Hexen aus der Aschen hervor suchen / und solche unter gedachte Suppen thun / wenn davon eine der Zauberey halber verdächtige Person / [600] so gevoltert werden soll / was in den Leib kriegte / müste sie grausame Thaten bekennen: Gestalt denn dieses Pulvermachte / daß einem solchen Menschen allerhand greuliche Dinge und Thaten vorkähmen / die er alsdenn bekennete / eben als wenn er sie begangen und verübet hätte / ob er schon ununschuldig ist. CXIII. Einige pflegen auch wohl den Abend vor der Tortur denen Gefangenen unter das Essen was zu mischen / davon sie gleichsam / als im Kopf verwirret werden / seltzame Reden führen / üm dadurch dieselbe noch verdächtiger zumachen / als wenn sie gar vom bösen Feind besessen wären / und derselbe aus sie redete. Wie dann zu geschehen pfleget / wenn ein Mensch was von Löwen - Bären - Katzen - oder Fledermäuse - Gehirn isset / wie Alex. Bened. lib. 1. pract. c. 28. u. Paul. Zachias, in quaest. Medico-Legal. lib. 2. tit. 1, quaest. 3. n. 34. & 35. bezeugen. CIXV. Zugeschweigen / daß man offte solchen Gefangenen keine andere / als scharf-gesaltzene Speisen reichet / auch den Getranck oder wohl obgedachte Suppe mit Heringslacke oder vielen Saltz vermischet / inzwischen aber keinen Trunck rein oder unverfälschtes Geträncke / ja nicht einen Tropfen Wasser giebt / sondern sie mit grimmigen Durst ängstiget. D. Meyfart, cit. tr. c. 17. p. 136. Freudius, à. loc. n. 15. pag. 568. CXV. Ehrliche und Gewissenhaffte Richter und Beambte gestatten solche verdächtige / zauberische und im Gewissen unverantwortliche Dinge denen Scharffrichtern bey den Torturen nicht / sondern verhüten und verbiethen mit Fleiß / daß dergleichen nicht geschehe / hingegen den armen Gefangenen ihre Speise und Tranck unvermischt verbleibe: Ne talibus nequitiae cassibus, & Daemonis ludibrio implicetur, innocens trucidetur, & Sacrao-Sancta Justitia libidine & fraude carnificum quam turpissimè contaminetur, vel planè subvertatur. Oldekop, obs. crim. 12. n. 8. & 9. CXVI. Und wenn ein Scharffrichter bey der Toltur sich wieder den Inquisiten gar zu grausam und unchristlich erwiese [welches ihm doch der Judex nicht gestatten soll] wird / wenn das Bekäntnis revociret / und zum an [601] dern mahl die Tortur erkant wird / derselbe nicht wieder / sonder ein ander Scharffrichter darzu genommen und adhibiret / aller massen der Churfürstl. Sächß. Schöppen-Stuhl zu Leipzig / An. 1678. an die Fürstl. Regierung zu Zeitz also gesprochen. Eilenberg, de Jure Carnif. c. 5. §. 9. CXVIII. Wir schliessen dieses Capitel mit des Scharffrichters Grab-Schrifft / welche Coridon Arcad. §. 58. und Stiefler im Geistl. Histor. Schatz / cap. 25. pag. 1613. also setzen: DEr auf der Volter-Banck hat manchen hart gestüpffet / Auch manchen Diebes-Hals am Galgen aufgeknüpffet / Gerädert und geköpfft / gespiesset und ertränckt / Den hat der grimme Tod in dieses Grab versenckt.
CAPUT VII.
Von der Richt- und Vehm-Stat / Hoch-Gericht / Raden-Stein / Galgen / Rädern
und Hexen - Stöcken.
I.
ALso wird der Orth / wo die Obrigkeit / welche die Hohe Gerichte hat / Räuber /
Mörder / Diebe / Hexen und andere Ubelthäter ab thun und hinrichten lässet /
genennet / und zwar
1. Die Richt-Stat darum / weil sie allda / dem Urthel und Rechten / auch ihren
Verdienst gemäs / vom Leben zum Tode gebracht / und hingerichtet werden.
2. Vehm-Stat i. e. Schlacht-Stat / daß man sie daselbsten / gleich den Vehm- oder
Schlacht-Schweinen absticht / und aus dem Wege räumet.
|| [602]
Dan. Clasen, in comment. ad art. 193. Const. Crim. Caroli V. pag. 787.
Es heisset auch ferner Fehmen oder Vehmen in alter Teutscher Sprache so viel als
despumare abschäumen: Drum auch die Fehm-Stat so viel ist / als ein Orth / da
die Ubelthäter gleichsam abgeschäumet / und das Land dadurch gereiniget werde.
Juxta L. 13. ff. de offic. praesid. Besold. in thos. pract. v. Fehm - Gericht.
Gryphiander, de Coloß. Rulandi. c. 59. n. 4. Schottelius, in tr. von
unterschiedlichen Rechten in Teutschland / cap. 29. pag. 562.
Daher kömmet auch / daß man einen losen Buben eine abgefehmten Schalck / der
gleichsam oben abgeschäumet ist / zu nennen pfleget.
D. Adrian Beyer,
in tr. vom Hencker-Geld / c. 1. §. 11.
meinet / Feümstet kähme von dem Wort Feümen / welches einen zusammen-gelegenen /
und oben mit Stroh vor den Regen verwahrten Hauffen Früchte / die man bey
reicher Erndte-Zeit nicht alle in die Scheuren bringen können / sondern auf den
Hoff übereinander / doch die Aehren hineinwarts gekehret / bedeutet / und
anderswo eine Dimmen oder Mierhen / auch wohl gar ein Schober genennet wird /
zumahl da vor Alters die Galgen und Räder gemeiniglich auf Hügel und erhabene
Orthe gebauet worden / die man auch Feümen genennet / und also der Nahme
Feümstat entstanden. Weil aber dieses etwas weit gesucht ist / bleibet man
billich bey der ersten Meinung.
3. Hoch-Gericht darum / weil sie ad Merum Imperium gehören / und Jurisdictionem
altam & Criminalem designiren.
Speidel. in Speculo Juris v. Galgen / Hoch - Gericht / pag. 412.
4. Raben-Stein heisset der Orth deswegen / weil die Raben derer auf Räder allda
gelegten / oder an Galgen gehengten Cörper zerhacken und fressen / auch sich
deshalber an solchen Orthen häufig einfinden und aufhalten. Massen denn
gemeiniglich in den grossen Städten die Galgen und Hoch-Gerichte von Steinen
aufgeführet / und mit Mauren umgeben sind / damit der Scharffrichter bey der
Execution, vor ungerechter Gewalt sicher sey / auch der Justificirten Cörper von
ihren Freunden und Cam̅eraden [603] nicht so
leicht vom Galgen und den Rädern abgenommen / und heimlich weggeschafft werden
können.
Dither, in addit. ad Besold. Thes. Pract. v. Raben-Stein.
In Thessalia ward die Vehm-Stat CORVUS genennet / von welcher die Misserthäter
herab zu tode gestürtzt wurden: Drum auch der bekandte Comödien-Schreiber
Aristophanes sich offt der Redens - Arth [Greek
words] ! am Raben-Stein oder Galgen mit ihm! gebrauchet.
Alexand. ab Alexand. lib. 3. Gen. dier. cap. 3. pag. 288. ibi??? Tiraquell. in
annotat.
II. 5. Das Wort Galgen deriviren etliche von Golgata.
Vid. voces Exotic. Novi Testam. fol. 181. Besold. in Thes. pract. lit. G. v.
Galgen / pag. 287. & Lips. in not. ad lib. 1. c. 11. de Cruce ibi:
Reperio, in Persicarum vocum indice Gali notare excelsum. Jam nostras vox
quantulum abit, qui patibulum Galgam appellamus? Sed nec Gallica valdè abludit.
6. Räder sind bekant / und werden grausame Mörder / Strassen-Räuber /
Kirchen-Diebe / und die so Eltern oder Kinder ümgebracht / auch andere
Maleficanten damit gestossen / und hernach drauf geflochten und geleget.
7. Hexen-Stöcke / sind grosse vom Scharffrichter und dessen Gehülffen in die Erde
gesetzte Pfähle / daran die Hexen und Zauberer geschlossen oder gebunden
verbrant werden / deren man sich auch bey den Schmäuchen gebraucht.
III. Worbey anzumercken / daß schon von Alters her die Richt - Stätte an hohen
und erhabenen Orthen / ja wohl auf Bergen und Hügeln / item an den gängen Heer-
und Land-Strassen gesetzt worden / daß man sie von weiten sehen / auch die
vorüber-reisende warnen möchten / so zuleben / daß sie nicht auch dahin kähmen.
Quintilian. declamat. 275. Lipsius, lib. 3. de cruce c. 13.
Also ließ Käyser Alexander Severus einen seiner Verschnittenen creutzigen / nahe
am Wege / wo fast täglich seine andere Knechte und Diener vorbey gehen musten /
ein Exmpel daran zu nehmen. Zu Rom war die Fehm- [604] Stat
nicht weit von der Stadt / vor der Esquilinischen Pforten [welche heut zu Tage
St. Lorenzo heisset]
Tacitus, Annal. lib. XV.
und ward SEXTRICIUM genennet.
Alex. ab Alexand. lib. 3. c. 3.
Die Mamertini hatten sie / alter Gewonheit nach / in via Pompeja.
Cicero V. in Verrem.
Zu Jerusalem war sie auf den Berg Calvaria, Golgatha oder Schedelstat genant /
weil viele Hiraschädel und Knochen von denen allda justificirten Ubelthätern /
nachdem ihnen die Gebeine zerbrochen / daherum lagen.
Matth. c. 27. v. 33. ibi??? Lutherus in glossa. Joh. Conr. Meyer, disp. inaug. de
jure circa cadav. punit. c. 2. n. 3.
Polycrates, welcher die Insel Samum und andere nechst angelegene Insuln
beherrschete / ward von den Persischen Land-Volgt Orete auf der Spitze eines
hohen Berges gecreutziget. Von dem Carthalone referiret Justinus lib. 28. daß
sein Vater denselben in seinen besten Kleidern an ein hohes Creutz / mit dem
Gesichte gegen der Stadt zuwarts / schlagen lassen. Die Carthaginenser machten
es dem Römer Attilio Regulo eben so / von welchen Silius Italic. also schreibet:
- - - vidi cum robore pendens
Raliam cruce sublimis spectaret ab altâ.
Hamans Creutze / dessen im Buch Ester am 6. und 7. Capitel gedacht wird / ist 50.
Ehlen hoch gewesen. Käyser Galba, als ein Römischer Bürger / den er gefangen
hatte / sich auf das Bürger-Recht / und die Gesetze der Römer berief / hat
demselben zu desto mehrer Beschimpffung ein sehr hohes Creutz aufrichten /
dasselbe gantz weiß anstreichen / und ihn hernach dran schlagen lassen.
Sveton. lib. 9.
Sonsten ist bekant / daß der Galgen / dessen man sich ietzo zur Straffe /
sonderlich wieder die Diebe gebraucht / von Käyser Constantino Magno an stat der
Creutzigung eingeführet worden.
Nicephor. lib. 7. c. 46. Sozom. lib. 1. c. 8. Hist. Eccles. Covarruv. var. resol.
lib. 4. c. 5. n. 28. Petr. Faber, lib. 1. semestr, c. 8. pag. 96. Carpzov.
pract. crim. part. 3. quaest. 128. n. 39. & seqq.
|| [605]
IV. Die Aufführung solcher Vehm - Stätte gehöret zu den hohen und peinlichen
Gerichten oder den Blut-Bann / setzet auch den / der sie anrichten lässet / in
die Possession vel quasi.
Mascard. de probat. concl. 1053. n. 16. Thöming. cons. 28. n 4. vol. 1. Gail.
lib. 2. obs. 60. n. 5. Speidel. spec. jur. lit. G. 2. p. 412.
Doch ist niemandten vergönnnet / eignes Gefallens Galgen und Hoch-Gerichte
aufzubauen / wann er nicht mit dem Blut - Bann / Stock und Galgen belehnet ist /
sondern wird von der hohen Landes - Obrigkeit / als hätte er ein Crimen laesae
Majestatis begangen / härtiglich gestrafft.
L. 3. in fid. ff, ad L. Jul. Majest. Speidel. in Spec. Jur. v. Galgen / f. 412.
Symbola namque illa patibularis justitiae ceu signa repraesentant signatum,
nimirum jurisdictionis & imperii qs. possessionem. Furcae siquidem sunt
res & signum, denotantque dominium aëris, ut loquitur And. Knichen, de
Jure Territorii c. 3. n. 413. Drum auch gemeiniglich denen Lehn - Briefen diese
Clausul: Gerichte / wie ihne das gefällig / Stock und Galgen aufzurichten / dem
Bann über das Blut zurichten sc. pfleget mit inserirt zu werden.
Supplem. cons. Klockii, cons. 92. n. 26. Dither, in orb. nov. lit. pag. 221.
V. Und ein solcher in quasi possessione begriffener / behält die Jurisdiction, ob
gleich in hundert Jahren sich kein Fall begebe / daß einer gehenckt / oder sonst
abgethan würde.
Afflict. in c. 1. n. 38. quid sit invest. Angel. in L. retinere ff. de usu
fructu, & in L. haec autem ff. de serv. urb. praed. Bald. in L. 1. C. ut
nem. lic. Peguem decis. 81 n. in fin.
Quia sufficit signum, licet deficiat signatum, de quo vide
Matth. de Afflict. cit. cap. 1. n. 38. & Hieron. Gigant. de Crim. Majest.
quaest. 41. lib. 1. fol. 102. Item Cardinal. Tusch. pract. concl. lit. F. concl.
537.
Et qui longo tempore tenuit Furcas erectas, habet Imperium per viam seu modum
signi: ergò etiam per modum signati ab effectu, quia usus surcâ, oblato fure.
Fichard, cons. 20. n. 3. tom. 2.
|| [606]
VI. Dannenhero D. Justus Oldekop, in seinen heraus gegebenen Observationibus
Criminalibus tit. 5. Obs. 19. sehr hefftig wider die Gerichts-Herren schreibet /
welche bloß allein um ihre Gerichte zubestätigen / sehen wo sie nur einen Dieb
kriegen können / er mag wenig gestohlen / den Galgen verdienet haben oder nicht
/ und denselben hencken lassen. Vae tibi [spricht er /] qui hoc modo Jura,
Jurisdictionem??? tuam tueri desideras, & actum meri Imperii exerces!
Exercebit in te vicissim actum Justitiae JUDEX ILLE JUSTISSIMUS, ultimo
& aeterno puniturus supplicio, in die illo novissimo, quo optabis
quidem, sed inani voto, te potius omni potestate cognoscendi &
exsequendi in Criminalibus caruisse.
VII. Da sie doch besser / und in ihrem Gewissen verantwortlicher thäten / wenn
sie ja besorgten / daß ihnen einsten die hohe Gerichte disputirlich gemacht
werden möchten / weil sie in langer Zeit keinen Dieb hencken lassen / daß sie
die Galgen und andere Signa meri Imperii in guten Bau erhilten / oder da sie ja
umgefallen wären / von neuen aufrichten / als eine so unchristliche That
begingen / und einen Menschen / der doch den Tod nicht verschuldet / hinrichten
liessen.
idem n. 8. p. 397. Hieron. Gigas, cit. tr. lib. & cap.
Zumahl ein solch erlangtes Recht und Privilegium praescriptione longissimi
temporis nicht erleschet noch verlohren wird / wenn inzwischen kein Fall / einen
Missethäter abzustraffen / sich begeben und zugetragen hat.
L. ex Sociis §. fin. ff. de Servit. rust. L. haec autem jura ff. de servit.
Urban. praed. Gail. lib. 2. obs. Pract. 6. n. 6.
VIII. In Regno Scotiae Criminalis Jurisdictio per FURCAM & FOSSAM
confertur. Unde qui chartam habet cum Furca & Fossa, potestatem habet
puniendi fures utriusque sexus in furto manifesto deprehensos. Per FOSSAM
intelligitur Caverna sive locus in terra defossus, aquâ repletus, ubi foeminae
furti damnatae immerguntur.
Skenaeus ad Regiam Majest. Scotiae & c. lib. 1. c. 4. §. 2. verb. fossa
fol. 11. fac. 2. Speidel. spec. Jur. v. Galgen pag. 412.
IX. In Bayern [wie Wigulejus Hund / in dem Bäyerischen Stambuch / part. 2. fol.
502. bezeuget] haben gemeiniglich / aus alten Herkommen / die Galgen / oder das
Hoch-Gericht die Weber müssen machen lassen / die Leiter aber [607] die Müller / auch solche davon und zugeführet / dessen anietzo die
Weber in etlichen Gerichten / gegen einer Vergleichung / durch die
Landes-Fürsten erlassen sind.
X. Die Stadt Rufach in Ober-Elsas hatte gute Gesetze zu Erhaltuug der Stadt
Wohlstandes / sonderlich aber wieder die Diebe / die allda hart bestraffet
wurden: Drum auch das Sprüchwort entstanden / der alte Galgen zu Rufach hat gut
Eichen Holtz. Damit man den Dieben gedrohet hat / daß sie nicht entrinnen würden
/ wenn sie nicht von stehlen abliessen / maßen denn der Galgen daselbst an der
Land-Straße gebauet war.
Münster, lib. 3. Cosmograph. cap. 147. pag. 639.
Eben dieses hat man auch vor Alters von den Galgen zu Weissenfels gesaget.
Phlipp. Camerar. hor. succis. cent. 1. c. 15. pag. 92.
XI. Vitougus, Gros-Hertzog in Littau hat Anno 1410. zweyen Littauern / welche
eine böse That begangen / anbefohlen / daß sie ihnen selber einen Galgen
aufrichteten / und ein jeder sich mit seinen eigenen Händen daran erhenckte;
Welches sie auch / nach zwar wilder / aber ländlicher Weise gethan / und
einander selber gescholten / daß sie mit ihren Verzug des Fürsten Zorn mehrers
gegen sich entzündeten / als welcher sie noch mit einer härteren Straffe belegen
könte.
Cromerus, lib. 16. pag. 384.
Welches noch auf den heutigen Tag bey den Leibeigenen Leuthen in Littau
gebräuchlich seyn soll / wie
Zeiler, Epist. 430.
anführet.
|| [608]
CAPUT VIII.
Was vor Solennitäten bey Aufricht- u. Setzung der Hoch-Gericht / als Galgen /
Räder / Hexen-Stöcke / Pranger und andern Zeichen der Gerichte über Hals und
Haut pflegen vorzugehen / item aufwessen Unkosten solches geschicht? und was
sonst dabey in acht zu nehmen.
I.
OB man zwar wohl die Criminal-Jurisdiction ohne Aufricht- und Darstellung solcher
äusserlichen Zeichen haben und behalten kan / man auch anfangs die Diebe nur an
die Bäume gehengt / nach gehends aber / wie die Peinliche Gerichtbarkeit ein und
andern zu Lehn gericht / die Galgen und andere Signa Jurisdictionalia allererst
öffentlich aufgerichtet nnd gesetzet worden / testè
Daniel Clasen, in Comment. ad Const. Crim. Caroli V. art. 215. pag. 837.
und dannenhero nicht schlüßig folget: Furcas vel postellum non habet, E.
Jurisdictionem Criminalem non habet. Weil im Gegenstand propter furcas vel
postellum quis non dicitur habere Jurisdictionem Criminalem.
Meinschner. Decis. 4. n. 159. tom. 2. lib. 1. Besold. in thes. Pract. lit. G. 1.
pag. 288.
Argumentatio enim à Signis accidentibus vel accessoriis, quale est patibulum, non
arguit de necessitate.
Natta Cons. 636. n. 123. Keller, de Offic. Jurid. Polit. c. 15. pag. 451.
& potest contingere, ut duo Judices eodem loco aequalem in judicando [609] potestatem habeant, & tamen solus alter
executionem facere, & furcas erigere possit, juxta
Decian. tr. crim. lib. 4. c. 41. n. 1. & Graeven, 2. Concl. 6. Consid. 2.
n. 16.
ac ita aliud est, posse judicare Criminaliter, aliud, habere den Blut-Bann und
Execution.
Besold. d. l.
II. Alldieweil aber doch heut zu Tage die Hoch-Gerichte / Galgen / Räder /
Rabensteine / Pranger und dergleichen Zeichen sind / daß einer mit den
Ober-Peinlichen oder Hals-Gericht und Blutbann beliehen: So wird nothwendig
erfodert / daß solche öffentlich auf- und dargestellet werden / nicht so wohl
dem Gerichts-Herrn eine autorität und Ansehen zu machen / als hielte er strenge
über die Justitz / sondern allermeist / daß es dene̅ bösen / Gott-
und ruchlosen Buben ein Schrecken und Warnung sey / von ihren Unthaten
abzulassen / und solcher Straffen zuentgehen.
arg. Instit. de gradib. cogn. in fin. Ludov. Pegnera, Decis. 81. n. 2. Carpzov.
Pract. Crim. part. 3. q. 101. n. 16.
Cum enim executiones & impositiones poenarum actu transeant, &
pet consequens à memoria decidant, humana invenit industria, furcas erigi,
utsuppliciorum memoria renovetur. Atque ita patet in hac furcarum erectione
continuâ, quae etiam melius per visum imprimitur, quam per auditum solum,
homines à maleficiis arceantur.
Besold. cit. loc. & pag.
III. Drum auch Oldradus, cons. 161. und Zieriz,
in Comm. ad art 215. const. crim. pag. 210.
Die Hoch-Gerichte / Galgen / Räder und Stöcke trophaea JUSTITIAE, Sieges-Zeichen
der Justitz nennen. Und lieset man von dem Käyser Maximiliano 1. daß / wie er
einsten vor einen Galgen vorbey gereiset / er sein Häupt entblösset / und
gesaget: SALVE JUSTITIA!
Philipp. Camerar. cent. 1. hor. subcis. c. 76. pag. 348. Dan. Clasen, cit. Comm.
p. 838.
Eben dieses wird auch von einem König in Franckreich gesaget / daß er allezeit /
wenn er bey einen Galgen fürbey gereiset / den Hut abgezogen / sich ge [610] neiget und ihm gedancket habe / mit Vermelden
/ dieser erheilte ihm seine Lande mehr als das Zeprer / den er in Händen
führete.
Dan. Bartoli, part. 2. Consil. 6. Joh. Stifler / Hist. Schatz c. 25. pag. 1616.
IV. Die Aufrichtung aber solcher an sich selbsten betreffend / lehren
Joh. Schneidevvin, in tr. feud. part. 2. tit. quae res in feudum dar. poss. fol.
33. b. Zobel. ad lib. 2. Land-Kecht art. 50.
und
Wehner, in Obs. Pract. vocab. Zehnt / circa fincem pag. 524. Kubach, in disp. ad
J. P. 171. § 19. Oettinger, de finibus lib. 1. c. 20. n. 11.
Daß man keinen Galgen so nahe an die Gräntze setzen dürffe / daß er das fremde
Gericht mit dem Schatten [wenn er am längsten ist] berühre / und daß auch das
Volck auf dem selbigen Gericht & da man einen rechtfertiget / und nicht
auf dem fremden Gericht / so darneben gelegen / stehen möge: Jedoch wird es
heutiges Tages mit den Schatten nicht so genau mehr beobachtet / sondern die
Auffrichtung des Galgens verstattet und zugegeben / wenn er nur vier und zwanzig
Ellen von des benachbarten Gräntze gesetzet wird.
Lipsiens. Decis. 145. Coler. Decis. 144. n. 31. Matth. Steph. & Zieriz,
ad const. crim. art. 215.
V. Ehe aber solches geschicht / müssen erst gewisse Solennita̅ten
vorhergehen / wie sie in Käyser Caroli V. Peinlichen Hals-Gerichts-Ordnung bey
den 215. Articul angezeichnet zubesinden / welchen Articul allhier zu inseriren
man vor nöthig erachtet / und lautet derselbe von Wort zu Wort also: Nachdem an
vielen Orthen in den Peinlichen Gerichten Gewohnheit ist / so man einen neuen
Galgen machet / oder einen alten bessern will / daß alle Zimmer-Leute / die in
demselben Peinlichen Gericht wohnen / darzu helffen müssen / daß dan̅ einen grossen unziemlichen Unkoste̅ machet /
solcher Unkost je zu Zeiten auf diejenigen / so einen Ubelthäter peinlichen
beklagen / mit noch mehr Unbilligkeit geschlagen wird / dasselbig zufürkommen /
wollen wir / so fürter durch vorgemelte nechste peinliche Obrigkeit ein neuer
Galge zu zimmern fürgenommen und verschafft wird / daß alsdann gedachte
Obrigkeit oder ihre Befehlhaber / alle die so sich Zimmerhandwercks um seyn / in
die Stadt / Marck oder Dorff / darinnen das Peinliche Gericht ge [611] wöhnlich gehalten wird / durch desselben
peinlichen Gerichts-Büttel oder Ambts-Knecht auf einen nahmhafftigen Tag
erfordern / und ihnen das zum wenigsten vierzehen Tage zuvor verkünden lassen.
Und welche mit diser Erfoderung also einheimisch betreten / oder inwendig drey
Meilweges von ihrer Häußischen Wohnung arbeiten / solle̅ bestimte
Zeit und Wahlstat erscheinen / und keiner ohn Leibes Noth / die er auf
widersprechen bey seinem Eyde betheuret / bey Straffe zehen Gülden / ausbleiben.
Aus obgedachten Zimmerleuten soll der peinliche Richter deren eine Zahl so viel
ihm zugemelter Arbeit Nothbedüncket / bestim̅en / u. als dann
dieselbe des Richters bestimte Zahl von gedachten Zimmerleuthen durch ein Loß /
daß er / der peinliche Richter darzu verordnet / erwehlen / die bey Vermeidung
obgedachter Poen / um einen gewöhnlichen Tagelohn / das ihm derselbige
Gerichts-Herr / ohne der Kläger Schaden / bezahlet / Folg zu thun / schuldig und
pflichtig seyn: Auch derhalben von niemands geschmähet / veracht / oder
verkleinert werden sollen. So aber einer von jemands derhalb verklagt /
verschmäht oder verkleinert würde / der soll ein Marck Goldes / als oft das
geschicht / halb der Oberkeit / in des Peinlichen Gerichts-Zwang der Uberfahrer
sitzt / und den andern halben Theil dem Geschmächten verfallen seyn / darzu ihm
auch von gemelter Oberkeit soll mit Recht verholffen werden. Und soll solches
vor und nach gemelter Rechtlicher Hülff / demselben Geschmächten an seinen Ehren
/ guten Leumuth und Handwerck in alle Wege unverletzlich und ohne Schaden seyn.
add. Philipp. Helfr. Krebs / de lapide & ligno, Sect. 13. §. 6.
VI. Worbey noch dieses zuerinnern / daß / wann der Galgen von Holtz aufgeführet
werden soll / der Beambte oder Richter ooran reitet / und die Zimmer-Leuthe
[welche theils Orthen nicht nach dem Loß erwehlet werden / sondern alle
miteinander / so viele ihrer in des Ambts oder Gerichts Bezirck oder unter
dessen Botmässigkeit wohnen / hinbey müssen] drey ins Glied nachzufolgen pflegen
/ ihre Zimmer-Aexten auf die Schultern mit über sich gekehrter Schneide haltend
biß sie in den Wald bey die vorher ausgesuchte / und von Holtz-Förster
angewiesene Eichen / [worzu gemeiniglich die stärcksten / und welche einen
gesunden Kern haben / daß sie lange in Wetter dauren können / genommen werden]
gelanget / als dann steiget der Beambte oder Richter vom Pferde herab / thut
eine kurtze Rede an die Zimmerleuthe / warum sie nemlich dahin kommen / nimt von
ihnen eine Zimmer-Axt / so der Aelteste oder ein ander darreichet / und thut
damit den ersten Hieb in die Bäume / [612] giebt sie hernach
wieder zurück / und hauen so dann die Zimmerleuthe solche vollent um / und
beschlagen sie: Der Beamte oder Richter aber reithet wieder heim. Wenn sie
fertig / wird das Holtz durch die Unterthanen entweder um Lohn / oder zur Frohne
[etlicher Orthen thut es auch wohl der Nachrichter] an den Orth / wo der neue
Galgen aufgerichtet werden soll / geführet.
VII. Wenn aber der Galgen oder auch der Rabenstein / Fehm- und Richtstat
aufgemauert wird / wie dergleichen hin und wieder / sonderlich bey den grossen
Städten zu sehen sind / leget der Beambte oder Richter den ersten Stein zum
Fundament, hernach fangen die Mäurer erst an / dran zu arbeiten / Steine / Kalck
/ Sand und andere Bau-materialien lässet der Peinliche Richter hinbey schaffen.
VIII. Und da die Räthe in den Städten die peinliche Gerichte haben / geschicht
obiges von den Schultheissen oder Stat-Voigt / oder auch in Ermangelung dessen /
von den regierenden Burgemeistern / oder wem sie es sonsten committiren und
auftragen wollen.
IX. Zuweilen wird es auch wohl von Ambt und Rath zugleich verrichtet / nachdem
sie die Gerichte exerciren, und es jedes Orths hergebracht ist / testè
Dn. Adriano Beiero, in tr. de expens. execut. crim. vulgò Hencker-Geld / c. 4. in
fin. p. 67.
X. Wann nun der neu von Holtz gemachte Galgen gerichtet / oder die Eichen-Balcken
auf die gemaurten Pfeiler geleget werden sollen / wird der Tag nicht allein
denen Zimmer leuthen und Mäurern / sondern auch den zünftigen Handwerckern in
den Städten und auf den Dörffern benennet / und bey ernster Straffe anbefohlen /
daß die Zimmerleuthe und Mäurer alle miteinander / so dran gearbeitet / von den
Handwergen aber nur allein die Ober- oder alt-Meister früh vor dem Ambt- oder
Rathause erscheinen / und keiner aussenbleiben solle / um bey Ausrichtung des
Galgens mit Hand anzulegen. Es werden auch wohl einige Rotten Musquetiret, vom
Außschus nebst Trom̅elschlägern und Pfeiffern commandiret / der
Procession um so vielmehr ein Ansehen zu machen / und alsdann ungefährlich diese
Ordnung gehalten:
|| [613]
1.
Der Beambte / Richter / Stat-Schultheis oder Stat-Voigt / oder wer sonst darzu
deputiret wird / reitet in der mitte 3. zwischen 2. Schöppen / denen die
Gerichts-Diener mit ihren Spiessen nachfolgen.
2.
Marchiret der Ober-Officirer, mit etlichen Rotten Mußquetirern / samt dem Spiel /
Gliederweise.
3.
Kömmet wieder ein Beamter / entweder der Ambt- oder Gericht-Schreiber / dem
4.
Die Ober- oder Alt-Meister der Handwerge nach dem Rang und Ordnung mit ihren
Seiten-Wehren oder Dege̅ Gliederweise / folgen. Ferner und
5tens
Die Mäurer und Zimmerleuthe / und zwar die Letztern mit ihren Zimmer-Aexten /
deren Schneiden in die Höhe gekehret. Letztlich und
6tens
Schleust ein Unter-Officirer mit etlichen Rotten Musquetieren und dem Spriehl die
Proceßion.
XI. So bald sie nun an den bestimmten Orth gelanget / thut der Beambte zu Pferde
haltend / mit entblösten Haupt eine kurtze Rede an die Ober-Meister der
Handwercke / Zim̅erleuthe und Mäurer / daß sie ihrer Schuldigkeit
nach / willig erschienen / ermahnet sie nunmehr Hand anzulegen / und zu helffen
/ daß das Werck seinen völligen Stand erreiche mit der gewissen Versicherung /
daß Inhalts Käyser Caroli V. P. H. O. es niemandten an seinen Ehren / guten
Leumuth und Handwerck vorwerflich / verlez- oder schädlich seyn solle. Als denn
wird ungesäumt mit Aufricht- und Setzung des Galgens verfahren. Die Löcher
machet an theils Orthen der Nachrichter mit seinen Knechten / darzu der
Peinliche Richter Picken und eiserne Schaufeln kauffen muß / welche der
Nachrichter / vorschützender Gewohnheit / und weil er solche in Händen gehabt /
und seiner Meinung nach / dadurch gleichsam anrüchtig worden / nebst den Lohn
behält. Pfleget auch wohl von sich selber / wenn er in loco ist / hinbey zu
kommen / zuzusehen / wie die Feld-Klocke / darein er mit der Zeit den Klöpffel
anzuknüpffen hoffet / perfectioniret werde.
|| [614]
XII. Da man aber nur neue Balcken an die steinerne Pfeiler leget / werden auf
beyden Seiten Kloben an gewisse / doch starcke Höltzer und grosse Stricke üm die
Balcken fest angemachet / auch Strebe-Höltzer / an die Pfeiler gesetzet / auf
welchen der Balcken im Hinaufziehen ruhet und fortgeschoben wird / biß er
gäntzlich hinauf auf das Mauer-Werck gebracht / und sodann vollend von den
Mäurern mit Steinen und Kalck befetiget wird. Bey diesem Actu stehen die
Obermeister der Handwercke auf beyden Seiten / und ziehen an denen von den
Kloben herab gehenden langen Seilen oder Stricken / die Zimmerleuthe und Mäurer
aber haben alsdann ihre Verrichtung bey den Balcken und Pfeilern / daß er recht
und ohne Schaden hinuf komme.
XIII. Wann dieses geschehen / ziehet man in obiger Ordnung wieder heim / und wird
denen Zimmerleuthen und Mäurern ihr verdienter Lohn / und zugleich neben denen
Obermeistern und adhibirten Ausschüssern etliche Tonnen Bier / nachdem ihrer
viel oder wenig / zuvertrincken von dem Peinlichen Gerichts-Herrn gegeben.
XIV. Denn diesem und keinem andern kömmet zu / aus dem Fisco die Hoch-Gerichte
als Gelgen / Räder / Hexen-Stöcke / Rabensteine / Pranger / und andere
Gerichts-Zeichen über Hals und Haut aufrichten zu lassen / und im baulichen
Wesen zuerhalten:
Carpzov. in pract. crim. p. 3. q. 109. n. 66. & 68. nec non q. 138 n. 52.
XV. Um deswillen bekömmt er die Straff-Gelder / als fructus jurisdictionis, und
nach Sachsen-Recht noch darzu die Gerade und das Heergewette / wenn keine Erben
vorhanden.
Land-R. lin. 1. art. 28. lib. 1. Weichbild / art. 59. ubi Glossa in verb. Gerade
/ so Erbloß stirbet / wird dem Richter darum gefolget / daß er Richterliche
Gewalt / und davon Stöcke / Pranger / Galgen / Staupen und allerley Sachen /
damit man Missethäter peiniget / üm ihren verdienten Lohn / halten soll.
add.
Andr. Goltbeck / de Gerada, sub tit. de tertio ord. succedend. n. 1. Schurer, de
success. ab interstat. tit. 18. n. 1. & 2. Dan. Moller, ad const. Elect.
ult. n. 9. part. 3. Joh. Schneidewin, ad tit. Instit. de haered. [615] quae ab intest. defer. sub rubr. de success. Fisci n. 17. Richter,
de succeß. ad intest. sect. 3. memb. 1. n. 124.
XVI. Es sind auch solche Unkosten denen Unterthanen nicht aufzubürden / prout
resp. Dnn. Scabini Lips. Henrico à Brederlohen / Mens. Sept. Anno 1621. Ist
kurtz-verruckter Zeit das Gerichte zu Tammenhäyn / so alt und vor undencklichen
Jahren gebauet und aufgesetzet gewesen / von dem grossen Winde ümgeworffen
worden / sc. So seyd ihr dasselbe / vermöge der euch des Orths zuständigen
Ober-Gerichte / auf eure Unkosten aufzubauen / und in vorigen Stand zubringen
schuldig / und eure Unterthanen mögne solche Unkosten zu tragen wieder ihren
Willen nicht gedrungen werden / V. R. w. Es wäre dann ein anders herkommen /
exerciret und verrecessiret.
Jul. Clarus, lib. 5. §. fin. quaest. 99. n. 5.
Vielweniger seind sie dem Peinlichen Ankläger abzufordern.
Daniel Clasen, in comment. ad supra dict. art. 215. const. crim. pag. 840.
XVII. Wenn aber die Räder / Hexen-Stöcke und Pranger aufgerichtet werden /
braucht man obige Ceremonien nicht / sondern der Scharffrichter mit seinen
Knechten und Gehülffen setzet sie selbsten üm einen gewissen Recompens.
XVIII. Die Schnap-Galgen in den Städten und Vestungen vor die Soldatesca und
Gvarnison: Item die Pfähle / woran die Reuther / wenn sie was verbrochen /
gestellet und angeschlossen werden / bauen und verfertigen die Zimmerleuthe /
ohne einige Solennität und Zuthun anderer ihrer Handthierung / richten sie auch
alleine auf.
XIX. Worbey noch ferner zu melden / daß an etlichen Orthen die neu-aufgebaute
Galgen mit einen Krantz geziehret werden / wie dann Herr D. Dither, in seiner
addition ad Besold. Thesaur. pract. v. Galgen p. 289. anführet / daß er selber
auch / wie er noch zu Straßburg studiret, zu Molsheim bey Verbrennung einer
Hexen observiret / daß der neue Galgen allda mit einen Krantz geschmücket
gewesen.
XX. Wenn in einem Gebieth kein gemeiner Orth zufinden / wo sich füglich schickt /
einen Galgen und Fehmstät hin zubauen / kan ein Unterthan gezwun [616] gen werden / gegen Bezahlung von seinen
Aeckern eine Platz darzu herzugeben / propter publicam utilitatem.
ut in L. locus §. fin. ff. quemadm. servit. amit. L. item si §. praeterea ff. de
rei vend. L. Lucius, ff. de evict. & arg. text. In L. 1. § sunt qui ff.
ne quid in loc. publ. Peguera. decis. 81. n 3.
XXI. Ubi obiter notandum, in Gallia patibula secundum qualitatem, Dynastiarum
diversimoda esse, nam ut refert Loyseau des Seigneurs chap. 4. n. 48. patibulum
Domini altae justitiae regulariter constat duabus columnis, Castellani tribus,
Baronis quatuor, Comitis sex & Ducis octo.
Vid. Limn. lib 4. J. P. c. 5. n. 9. Rud. Godofred. Knich. op. polit. tem. 1. lib.
2. part. 1. c. 13. pag. 708. Petr. Greg. Tholos. Syntagm. Jur. univ. lib. 6. c.
10. n. 3.
CAPUT. IX.
Von Vielerley Arth Jesseln / Ketten und Banden / womit vor Alters
die Knechte und Gefangene beleget und angeschlossen wurden / theils auch noch
heut zu Tage üblich sind.
1.
BOJAE erant quasi torques damnatorum ligneae aut ferreae, quae sic reos
illaqueabant, ut fermè juga suos boves.
Gallon. de Cruc. Martyr. pag. 158. Festus, lib. 2. ??? Scaliger.
|| [617]
Welche höltzerne / oder auch eiserne Joche [oder Kragen / wie sie Dempster in
Not. ad. Rosin. Antiq. lib. 10. c. 7. pag. 913.]
nennet / bey den Alten sehr gebräuchlich waren / der Gefangenen Hälse zu binden
und zuümgeben. Bojam in collo, & compedes in cruribus nectunt.
Plautus in Asinaria gedencket derselben / wenn er nebst unterschiedlichen
knechtischen Straffen auch etliche Arthen solcher Bande und Fessel zusammen
setzet / in folgenden Worthen:
Advorsum stimulos, laminas, crucesque, compedesque.
Nervos, catenas, carceres, numellas, pedicas, bojas.
Ingleichen Isidorus,
lib. 5. Etymolog. cap. 26. ibi: Boja est torques damnatorum, quasi jugum boum, ex
genere vinculorum.
Wie auch Surius,
lib. 4. c. 19. in rebus gestis Alexandri Papae & Martyris.
Waren auch theils von Eisen / theils von Holtz. Und ob wohl sie eigentlich zum
Halse gemacht waren / findet man doch / daß Wort auch vor Hand-Fessel genommen
und ausgeleget wird.
Vid. D. Casp. Sagit tar. de Martyr. cruciat. c. 2. §. 6.
II. CAMUS war auch eine Arth der Bande. Plautus setzet in Casina, es sey ein
Strick gewesen / womit diejenige / so mit der poena Furcae beleget / an dieselbe
gebunden worden.
Gallon. d. tr pag. 305.
III. CATULUS FERREUS war gleichfals als eine Fessel / deren Euseb. lib. 6. Hist.
Ecclesiast. c. 39. Dempster, in not. & paralip. ad c. 28, lib 10. Und
Rosin. antiq. pag. 1052. gedencken.
IV. CATAPULTA war ein Eisen / welches denen Ubelthätern an die Füsse geleget
wurde.
Idem pag. 63.
Sonst bedeutet es eine Machine und Geschütz im Kriege / womit man vor diesen die
Pfeile fort getrieben.
Taubmann. in not. ad Plaut. Poenul. act. 1. scen. 1. p. 884. Item ad Captiv. act.
4. scen. 2. pag. 243.
V. CATENAE waren / wie jetzo noch / eiserne Ketten mit Gelencken / daran die
Gefangenen / it. die Knechte / wen̅ sie was verbrochen / wie auch
die wilden [618] Thiere geschlossen wurden. Isidoro Auctore
dicta, quod se capiendo teneat, quia in ea anulus annulum capit. Livius, primo
ab Urbe condita, inquit: Turnum ex somno excitatum cirumsistunt custodes,
comprensisque servis, qui caritate Domini vim parabant, cum gladii abditi ex
omnibus locis diverticuli protraherentur; enim verò manifesta res visa, ???
Turno catenae. Et Cicero 7. in Verrem: Iste, ait, hominibus miseris ??? injici
catenas imperat. Abfonderlich hatten die Römer viel Prangens mit solchen Ketten
und Banden / wenn ihre Generals nach glücklich überwundenen Feinden triumphirten
/ und ihren Solennen Einzug in die Stadt Rom hielten / denn da wurden die
Gefangenen in Eisen Fessel und Bande geschlagen mit voran geführet / die theils
gold und silbern / theils eisern / etliche aber von Weiber / auch wohl
Pferde-Haaren zugerichtet waren / wie davon mit mehrern bey dem Thom. Dempster.
in Not. & paralipom. ad cap. 29. lib. 10. Antiq. Rom. Rosini pag. 1051.
& seqq. zu lesen.
Vor andern aber werden mit den güldenen und silbernen Ketten und Banden die
überwundene Könige und Generals angefesselt. Justinus, lib. 2. ad finem: ibi
Interea Darius in gratiam victoris à congnatis suis aureis compedibus catenisque
in vico Parthorum Tanea vincitur. Quint. Curtius, lib. 5. ne tamen honos Regi
non haberetur, aureis compedibus Darium vinciunt nova ludibria subinde
excogitante fortunâ. Trebell. Pollio, in Zenobiâ. Vincti erant praeterea pedes
auro, manus etiam catenis aureis, nec collo aureum vinculum deerat, quod Scurra
Persicus praederebat. War auch der Gebrauch bey ihnen / wenn sie einen wieder
auf freyen Fuß stellen / und der Schande entnehmen wolten / daß sie die
Kettenzerbrachen.
Jac. Durant. Casell. lib. 2. var. c. 13. Dempster. d. loc. pag. 1053.
wie die Martyrer mit schweren Ketten beleget worden / kan man in in Herrn D.
Casp. Sagittarii. tr. de Martyrum cruciatibus cap. 2. sehen und lesen.
VI. CIPPUS war eine höltzerne Machine / an welcher des Ubelthäters Beine über
sich in die Höhe gezogen / und also in suspenso gelassen wurden / biß er s. v.
in seinen Unflat verdarb und umkahm.
Jul. Pollux lib. 3. onomast. c. 7. Gallon. d. tr. p. 169.
VII. Man hatte auch ein Eisern Instrument, welches als eine Kugel formiret / und
inwendig hohl war / drin steckte und drückte man einen solchen armen Menschen
zusammen / und kugelte denselben ein 2. und mehr Stunden hin und her / als wenn
man nach den Kegeln schiebet.
Sander, lib 1. de Schismate Anglicano. Gallon. d. loc.
|| [619]
VIII. CODEX war ein Bloch / woran die Verbrecher gebunden wurden / als wenn sie
auf einen Stuhle sassen. Diß ward allein in Privat - Häusern geübt / daß die
losen Knechte desto besser an ihrer Arbeit gehalten würden. Wovon Juvenalis,
Satyr. 2. redet.
Horrida quale facit residens in Codice pellex.
Turnebus beschreitet es also: Codex est ligneus stipes, quem alligati servi, qui
deliquerant, trahebant, cui??? insidebant vincti.
IX. COMPEDES waren höltzerne Blöche / durch welche unterschiedliche ziemlich
grosse Löcher gebohret waren / in welche die Gefangene ihre Beine thun / oder
durchhin stecken musten / und also fest angeschlossen wurden / daß sie solche
nicht wieder zurück ziehen konten. Isidoro testè sic dictae, quiareorum pedes
continebant; vel ab impediendo, ut vult Nonius. Plautus gedencket derselben auch
in Captivis,
ubi ponderosas crassas capiat compedes,
Desgleichen Terentius,
in Phorm. Act. 2. Scen. 1.
Molendum us??? in pistrino, vapulandum, habendae campedot.
Wie auch Horatius, Epod. od. 4
Ibericis peruste funibus latus
& crura durâ compede.
Et lib. 1. Epist. ad Quinctium 16.
Argentum tollas licet, in manicis &
Compedibus saevo te sub custode tenebo.
Columella, lib. 8. c. 2. Ea??? quasi compede cohibentur feri mores.
Martialis etiam, lib. 5. in Zoilum,
Has cum gemina compede dedicat catenas.
Cicero pro Rabirio: Cùm esset una Glaucia, & jam ille ex compedibus at???
ergastulo Grachus.
D. Sagittarius de cruciat. Martyr. c. 2. §. 9.
Manhatte aber auch eine andere Arth solcher Comedum, darin Löcher weit
voneinander gemachet waren / mit welchen im Gefängnis die Leuthe grausam
gepeiniget wurden / indem man sie erst erbärmlich schlug oder stach / hernach
also blutig auf den Rücken legte / die Beine weit voneinander zerrete / und biß
auf das vierte oder fünfte Loch ausdehnete. Mit welcher Pein auch viele Martyrer
beleget worden sind.
Gallon. d. tr. p. 136. 137 151. & 152.
de his haec Prudentius, peristeph. hymno 4. dum ait:
|| [620]
In hoc barathrum conjicit
Truculentus hostis Martyrem,
Liguoque plantas inserit,
Divaricatis Cruribus. ex quo tandem [ut Eusebius lib. 8. c. 11. docet] contingebat, ut sic distenti supini in ligno jacere necessariò cogerentur; sic enim ait: Nonnulli etiam post verbera in ligno positi, & per quatuor foramina pedes alter ab altero distenti, adeò ut etiam ipsi necessario in ligno supini jacerent, licet non possent, eò quòd vulnerarecens inflicta ab ictihus toti corpori habebant. D. Sagittarius, d. tr. de Cruciat Martyr. c. 2. §. 11. vermeinet / daß solches Instrument mit demjenigen / so man heut zu Tage den Stock heisset / in etwas zu vergleichen: Dayer auch die Stockmeister den Nahmen haben. Man findet auch / daß theils solcher Fessel sehr schwer gewesen / sonderlich die man denen Schuldenern angeleget. A. Gellius, lib 20. c. 1. in fine ibi: Vincito aut nervo, aut compedibus quindecim pondo non minore, aut si volet majore, majore vincito. vid. Gallon. de Crut. Martyr. p. 23. Dempster. in not. ad Rosin. Antiq. Rom lib. 8. pag. 800. Ja man hat die Gefangene oft mit den Ketten und Fesseln so hart und fest gebunden / daß das Eisen biß auf die Knochen durch gedrückt worden. Paulinus, Epist. 28. ad Vitricium: Statim deinceps majori documento, qui feralis custodiae ministerium triste curabant, quas ipsi arctius innodatas, & ad osta depressas, vel exiguo rogantibus vobis beneficio relaxare noluerant catenas, conversa in conspectu ipsorum prece vestra ad Deum Christum, sponte de manibus absolutis fluere viderunt. Aber Käyser Constantinus hat solche Grausamkeit verbothen in L. 1. C. de custod. reor. Reo exhibito non per ferreas manicas & inhaerentes ossibus mitti oportet, sed prolixiores catenas, ut & cruciatio desit, & permaneat fida custodia. X. COLLARE war ein Eisern Band / fast auf die Arth / wie heut zu Tage die Halseisen seyn / so denen Gefangenen um den Hals geleget wurde. Lucil. lib. 29. Cummanicis, catulo, collari??? ut fugitivum deportem. Das Model von solchen Halsbändern soll noch heut zu Tage zu Rom in Basilica S. Petri zu sehen seyn / wie Saepè cit. Gallonius, p. 159 bezeuget / [621] Die Sineser haben gleichfals noch ein spötlich Hals - Bret / welches in dem Capitel vom Hals - Eisen beschrieben stehet. XI. COLUMBAR hat seinen Nahmen à Collo vom Halse / weil des Missethäters Hals in solchen fest eingeschlossen / und sehr gedrücket ward. Turneb. lib. 26. c. 2. Adversar. Salbach, part. 3. Antiq. Roman. cap. 5. pag. 232. Plautus, in Rud. act. 3. Scen. 6. Nam in Collumbari collum haud multo post erit. ibique Taubmann, pag. 105 2. in not. scilicet collumbar est vinculi genus, cui collum inseritur collariumque vocatur hâc ex parte: cum foramen ipsum vinculi COLLUMBAR sit. XII. LORA sind lederne Riemen gewesen / womit man die Delinquenten gebunden / auch wohl geschlagen. Rhodigin. lib. 10. Lect. Antiq. c. 5. Daher kömmet auch das Wort Lorarius oder Lorarii, dessen Plautus oft gedencket / und waren dieses Knechte / welche ihren Mitknecht / wenn er was verbrochen / binden und mit solchen Riemen schlagen musten. Vocabantur praeterea hoc eodem nomine Lictores & Magistratuum ministri, qui eis in provincias proficiscentibus ministrabant, fascesque praeferebant. Plaut. Epid. Act. 5. Scen. 2. XIII. MANICAE waren Hand - Fessel / wie man sie noch heut zu Tagebrauchet. Dempster in not. ad Rosin. Antiq. lib. 10. c. 17. pag. 913. Plaut. in capt. act. 3. scen 5. Injicite huic actutum manicas mastigiae. Horat. lib. 1. Epist. 16. in manicis & compedibus saevo te sub custode tenebo. XIV. NERVUM [ait Festus] appellamus ferreum vinculum, quo pede impediuntur, quanquam Plautus eo etiam cervices vinciri dicit: Perfidio sècaptus eo aedepol Nervo cervices probas. Idem, in Curcul. Act. 5. sc. 3. At??? ita te nervo torquebo
|| [622]
Itidem ut catapultae solen.
Nec on in Capt. act. 3. sc. 5.
Nam noctu nervo vinctus custodibitur.
Funes Nervini i. e. ex nervis torti.
Flav. Veget. de re milit. lib. 4. c. 9.
Hinc fortè etiam manavit illud Catonis, apud Gellium, lib. 2. c. ult. Fures
privatorum furtorum in nervo atque in conpedibus aetatem agunt, fures publici
verò in auro at??? in purpura. Et amplius ille Sacrae Scripturae dicendi modus,
scilicet in Nervum mitti. 2. paral. 16. Job. 13. & 33. & Hieren.
22. Vid. D Sagittar. d. tr. c. 2. §. 10. & 11.
XV. NUMELLA erat vinculum, quo reorum pedes & colla in foramina rotunda
immitte bantur, & ibidem, ut se educere nequirent, constringebantur.
gallon. de Cruc. Martyr. pag. 153. Vide caput von Hals - Eisen.
Es ist auch eine Arth der Bande oder Ketten gewesen / womit man das Vieh
angeleget. Teste Sexto Pompejo.
XVI. PEDICAE laquei erant, quibus captivorum aut reorum pedes illaqueabantur: Sic
dicti â pedibus capiendis.
Isidor. lib. 6. Etymolog. lib. 6. c. ult.
XVII. Heute zu Tage hat man eiserne Weiffen / darein die starcke / trotzige und
unbendige Ubelthäter / sonderlich die mit Teufels - Künsten ümgehen / die
Schlösser aufblasen / und sonst sich leicht von Ketten und Banden loß wircken
können / gespannet / Arme und Veine ihnen ziemlich weit von einander geschlossen
/ daß sie nichts vorzunehmen vermögen / was zu ihrer Erledigung dienet / sondern
stille sitzen müssen.
XVIII. Ferner ist auch eine eigene Arth Hand - Eisen erdacht worden / so in einen
über Ehlen lang starcken Eisen / daran auf ieden Ende eine Hand - Schelle / so
man auf und zumachen kan / nebst einer Hülsen bestehet / darein werden des
Gefangenen Hände / und zwar eine iede à part gethan / die Hülsen zugezogen / und
vor ieder Hand - Schelle ein also genandtes Hölen-Schloß / als die nicht leicht
geöffnet werden können / geleget. Alsdann kan der Captivus die Hände nicht
zusammen bringen / auch nichts damit aus [623] richten
/ sondern muß der Straffe mit Gedult erwarten. Es muß aber der Gerichts - Diener
bey den Einschliessen wohl acht geben / daß die Hand - Schellen nicht zu weit
seyn / daß der Inquisit die Hände / wenn er sie länglich schmahl machet / nicht
heraus ziehe / wenn der Diener weg ist / und sehe / wo er seine Reterade suche.
Sie müssen auch nicht gar zu enge seyn / daß sie ins Fleisch einschneiden / und
die Arme davon schwellen / sondern eben recht / drum derselben weite /
mittelmäßige und kleinere anzuschaffen / daß man solche nach Proportion der
Gefangenen Arme brauchen könne. Zu mehrer Versicherung dienet auch / wenn man
denen Verhafften lange Ketten oben üm den Leib machet / und hinten auf den
Rücken mit einen starcken Schloß verschliesset / hernach die Ketten durch ein in
der Maur gemachtes / oder durch eine höltzerne Säule gebohrtes Loch hinaus vor
das Gefängnis ziehet / und allda auch mit Schlössern verschliesset / so ist der
Kerckermeistersicher / weil wegen der darzwischen seyenden Mauren / der Captivus
nicht zu den Schlössern kommen / vielweniger sie aufmachen kan / welches
offtmahls von ihnen durch einen Hacken an den Hosen / darein man das Trag-Band
henget / geschehen: Immaßen hiebevor ein Diebstals halber zur gefänglichen Hafft
gebrachter Schlösser / der etlicher mahl dieselbe damit geöffnet und durchgangen
war / bekante.
XIX. Ferner hat man Arm - und Bein - Fesseln / Bein - Schellen / Ketten /
Springer und dergleichen Banden mehr / welchen saubern Haußund Zierath die Turm
- Meister und Gerichts - Diener wohl aufheben und verwahren sollen / maßen denn
auch solche denen Inventariis bey den Aemtern pflegen mit inseriret zu werden /
und die Diener davor stehen müssen.
CAPVT. X.
Vom Befängniß und dessen Straffe. I
DAs Wort CARCER wird von etlichen / sonderlich aber dem Varrone lib. 4. de Ling.
Latin. à coercendo, [624] quod inclusi coerceantur, &
exire prohibeantur, deriviret / vel à coercendis hominibus.
Rud. Godofr. Knichen, oper. polit. part. 1. lib. 1. c. 7. pag. 304. D.
Ut Carcer dicatur quasi Coarcer,
Petr. Gregor. Tholosan. lib. 31. Syntagm. Jur. Univers. c. 33. n. 1.
Daher auch ohne Zweiffel das Wort Kercker kömmet. Andere / so mehr auf den Orth /
als das Wort alludiren / geben vor / Carcer hiesse so viel als carens claritate,
vel à claritate seclusus, quia in tali loco magna est caecitas &
obscuritas.
D. Strycke. Disp. de carcere ad Custod. c. 1. n. 2.
II. Es sind aber die Gefängnisse Anfangs nicht zur Straffe / sondern nur zur
Verwahrung der Beklagten und Angeschuldigten erfunden worden / biß die Obrigkeit
nachforschen können / ob die That / wie sie an- und vorgebracht / sich auch also
in Warheits-Grund verhalte.
Ulpian. in L. aut damnum 8. §. solent 9. vers. carcer enim ad continendos ff. de
poenis L. 6. C. eod. L. 1. de custod. reor. Ord. Crim. Caroli V. art. 11.
Berlich. part. 3. Decis. 372. n. 3.
III. Nachgehends aber ist auf kommen / daß man dieselbe zur Straffe angerichtet /
wie noch heut zu Tage üblich / da mancher / nachdem er es verbrochen / 1. 2. 4.
8. 14. Tage: Ja wohl etliche Wochen und Monath sitzen / und die Straffe
verbüssen muß.
Wehner, observ. pract. pag. 153. Crusius, de indic. delict. p. 4. c. 9. n. 11.
Damhoud. prax. rer. crim. c. 16. n. 4. Vent. de Valent. Parthen. litig. lib. 1.
c. 14. n. 30.
Und offte keine andere Speise und Tranck darzu bekömmet / als Wasser und Brodt.
Arg. c. 3. de poenis in 6. Hahn ad Wesenbec. de poenis n. 4. P. H. O. art 157.
vers. Wo aber der Dieb sc. Dan. Clasen, add. Const. Crim. Caroli V. art. 101.
pag. 373.
potest enim judex carcerem duriorem vel leviorem ex justa causa decernere.
Carpzov. p. 3. pract. crim. q. 111. n. 50. 51. & 52.
|| [625]
Welche letztere Coercitio ad merum Imperium gehöret.
Schneidewin in Epitom. Feud. part. 2. tit. quae res in Feudum dari &c. n.
7.
IV. Baldus, in tract. de Carcere n. 2. welchen doch andere dem Bartolo zulegen /
beschreibet das Gefängnis ziemlich hart / nemlich: Carcer est locus publicus,
securus, horribilis, repertus non ad poenam, sed ad facinorosorum custodiam.
Welches aber eher vom Straff - Gefängnis / als einer Custodie auszulegen. Daniel
Clasen, in comment. ad art. 1. Const. Crim. Caroli V. pag. 78. setzet eine viel
bessere / ibi: Carcer est locus publicus, eum in finem inventus, ut ibi
delinquentes custodiri & haberi possint, ad sistendos eos in judicio
& poenam promeritam in illis exequendam.
add.
Georg Biccius. in Aureis, sect. 5. thes. 184. in fin.
V. Lucretius nennet das Gefängniß Sceleris Luelam.
Böckel. disquis. crim. 9 §. 3. pag. 267.
Cicero aber / 2. in Catilinam oratione, vindicem nefariorum &
manifestorum scelerum. Bey welchen Orth Petrus Faber, lib. 2. Semestrium c. 7.
pag. m. 94. anmercket / daß allda per carcerem poena laquei verstanden werde /
weil / wie drunten folgen wird / die Römer die Ubelthäter nicht öffentlich /
sondern im Gefängnis stranguliren ließen.
VI. Die Arthen der Gefängnisse sind unterschiedlich: Denn da ist erstlich Carcer
PUBLICUS, ein solcher verwahrter Orth / darein die Obrigkeit die Verbrecher
setzen und beystecken lässet.
Dn. Stryke, d. disp. c. 1. n. 4.
Derselbe ist nun temporalis auf eine gewisse Zeit / oder perpetuus ewig / oder so
lange der Mensch lebet. Temporalis ist zweyerley / Custodiae und Poenae. Carcer
Custodiae ist ein solcher Orth oder beschlossen Gemach / darinnen der
Delinquent, oder auch ein Schuldener sicher verwahret und behalten wird / doch
daß er darinnen an seinen Leibe keinen Schaden / Pein oder Straffe leide.
Petr. Gregor. Tholosan. lib. 31. Syntagm- Jur. Univ. c. 33. n. 6. Bicci [626] us, in Aureis, sect. 5. th. 184. D. martini,
dissert. de carceribus c. 2. n. 9.
Da aber ein solcher Orth nicht sicher oder verwart / und zu besorgen wäre / es
möchte Reus convictus & confessus, sich loß machen und davon gehen /
wird er / zu desto mehrer Versicherung feiner Person / an Händen / Beinen / oder
sonst geschlossen.
Farinac. quaest. crim. lib. 1. tit. 4. q. 27. n. 100.
Carcer Poenae, welches sonst auch Carcer castigationis & admonitionis
genennet wird / ist / in welches diejenige von der Obrigkeit gesetzt werden / so
ein und das andere verbrochen / welches nicht Capital, an statt der Straffe
etliche Tage / auch wohl länger darinnen zu pausiren und zu verhorchen / üm
künfftig vor dergleichen Händeln sich zu hüten.
Idem Tholosan. d. c. 33. n. 19. Joh. Christoph. Ernst, disp. de relaxat.
carcerat. cap. 5.
Carcer perpetuus oder das ewige Gefängnis ist ein solcher Orth / da einer / der
was grosses / ja das Leben verwircket hat / hingesetzet wird / die Tage seines
Lebens darinnen zuzubringen / ohne alle Hoffnung / wieder davon befreyet zu
werden.
Dan. Clasen, in comment. ad art. 101. Constit. Crim. Caroli V. pag. 373.
Welche Gefängnis-Art in den beschriebenen Käyserlichen Rechten nicht allein
unbekant / sondern auch einen frey-gebohrnen Menschen damit zubelegen gar
verbothen ist / L. incredibile est, quod allegas, liberum hominem, ut vinculis
perpetuis contineretur, esse damnatum. Hoc enim vix in sola servili conditione
procedere potest. C. de poenis, add. L. 35. ibi: Mandatis principalibus, quae
praesidibus dantur, cavetur, ne quis perpetuis viuculis damnetur. ff. eod.
Besold. in Thes. pract. v. Gefängnis / p. 296.
Drum auch nur die leibeigne Knechte damit beleget worden.
L. 8. §. non solent & L. 10. ff. de poenis L. 10. C. eod.
Nam quoad servum non adeo gravis poena haec videtur, postquam jam servituti est
addictus. Poena enim ejusmodi Carceris verè assimilatur perpetuae servituti,
quae libero homini imponi nequit.
L. Titio centum §. 2. de cond. & demonst. L. 2. de lib. hom. exhib.
Menoch. de A. J. Q. q. 89. n. 4. Molinaeus, de usuris, n. 271.
|| [627]
Es wird aber das ewige Gefängnis ietziger Zeit vor eine Capital - Straffe
gehalten.
Farinac. lib. 1. oper. crim. tit 3. q. 19. n. 31. Dan. Clasen, ad art. 10. const.
crim. p. 50.
Auch dem Tod und Hinrichtung eines Menschen gleich geachtet.
P. H. O. art. 10. ibi. Daß die Straffe nicht zum Tode / oder ewige Gefängnis sc.
Carpzov. p. 4. const. IX. Defin. 6. n. 7. & 8. Brunneman. ad L. 6. C. de
poenis. Zieriz, ad Const. crim. Caroli V. art. 110. pag. 104.
Denen Päbstlichen Rechten nach werden Geistliche / Closter - und Ordens- Personen
/ Münche / Nonnen und dergleichen / wenn sie was hartes verbrochen / auch damit
beleget / & dicitur Carcer poenitentialis, estque vel sine Carena, vel
cum Carena, quae est comestio panis & potûs aquae ad certam mensuram
& certum tempus.
c. quaemvis 3. de poenis in 6. c. divinis exemplis in fin. Extravag. commun.
Joach. Stephani Instit. Jur. Canon. lib. 3. c. 7. n. 6.
Malunt enim Canones poenam perpetui carceris, quam vitâ privare, cum abhorreant
ab omni sangvinis poena: Et ideo includunt, ut poenitentiam agat delinquens,
pane doloris & aqua angustiae illum sustentant, ut commissa delicta
defleat, & defleta nunquam committat.
Ca. novimus c. 27. §. fin. de V. S. ap. Gregor. Jul. Clar. recept. sent. q. 70.
n. 4. Petr. Greg. Tholosan. lib. 31. Syntagm. jur. univ. c. 33. n. 24. Eberhard.
Speckhan. cent. 1. q. 19. n. 2.
Zuweilen auch wohl die Ketzer.
Menoch. de A. J. Q. q 89. n. 11.
In dem Königreich Castilien ist die Straffe des ewigen Gefängnisses gleichfals
üblich / teste Galicio,
in Margarita Fisci. fol. 93. in fin.
Wie auch zu Venedig /
Mantua. observ. 96. colum. 6.
Item zu Florenz / da sie gar gemein ist / und viele auf einmahl dazu verdammet
werden / so man le stinche nennet. Desgleichen zu Rom /
Farinac. lib. 1 prax. crim. tit. 3 q. 19. n. 31.
Im heiligen Römischen Reich ist sie ebenmäßig eingeführet und gebräuchlich.
|| [628]
P. H. O. Caroli V. art. 10. ibi??? Dan. Clasen, in Exegesi n. 70. Joh. Jacob.
Wissenbach, exercit. Pandect. disp. 37. n. 24. Cujacius. in L. verum 256. ff. de
V. S. Manzius, in patrocin decad. 1. q. 4. n. 5. & seqq.
Und wird in solchen Fällen erkant / da die Todes-Straffe nicht stat hat / die
That aber doch härter / als extraordinariè mit den Staupenschlägen und ewiger
Landes-Verweisung zu vindicirer. Oder wenn der Delinquent von liederlichen
Gemüthe ist / so / daß wenn er loßgelassen würde / noch grösser Unglück stifften
möchte. Drum auch Anno 1640 die Juristen-Facultät zu Wittenberg folgenden Spruch
gethan:
P. P.
Ob wohl die Straffe des ewigen Gefängnis heutiges Tages nicht sonderlich in Ubung
/ auch vermöge der peinlichen Hals - Gerichts-Ordnung Art. 10. der Todes-Straffe
allerdings gleich geachtet wird / und daher der Delinquent wohl mit den
Staupenschlag / oder nach Gelegenheit seines Standes mit der ewigen
Landes-Verweisung zubelegen / dennoch aber / und wofern es euren Bericht nach /
allenthalben also bewand: So mag mehrgemeldter ungerathene Sohn / seines
unterschiedlichen Verbrechens wegen / und damit er so viel desto eher in sich
gehen / auch man sich seinetwegen keines grössern Unheils zubefahren haben möge
/ in stetswährender / iedoch leidlicher Verhafftung so lange nicht unbillig
angehalten werden / biß man seiner Reue und künfftiger Besserung allerdings wohl
versichert / V. R. W.
add. Richter, vol. 2. cons. 346.
Zuweilen wird auch alternativè der Staupenschlag oder das ewige Gefängniß
gesprochen / im̅aßen die JCTI Jenenses, Anno 1678. gethan:
P. P.
Weil nunmehr Inquisit auf vorgenommene Territion erhalten / daß er / als er dem
Entleibten A. R. den tödlichen Stich gegeben / was er gethan / nicht gewust? So
wird er zwar mit der ordentlichen Straffe des Todschlages verschonet / iedoch
aber gestalten Sachen und Umständen nach / nicht unbillig mit Staupen-Schlägen
des Landes ewig verwiesen / oder aber zur Verbüssung seines Verbrechens / in
einen leidlichen Gefängnis Zeit seines Lebens enthalten / V. R. W.
|| [629]
[Qv. cuinam, Reo num Judici detur optio seu facultas eligendi poenam
fustigationis vel carcerem poenae? Respond. in alternativis juris datur optio
judici, nisi verba ad partem dirigantur, per text. in capit. à crapula de vit.
& honest. Cleric. Gail. lib. 2. Obs. 84. n. 12. Blumblacher / ad art.
105. Sanct. Crim. n. 2. Carpzov. p. 3. q. 133. n. 51. & seqq.]
Man findet auch dieserwegen an etlichen Orthen gewisse Statuta, daß / wann einem
aus sonderbahrer Gnade das Leben geschenckt wird / er doch die übrige Zeit
seines Lebens im Gefängnis zubringen muß. Modò statuta illa non disponant de
criminibus, de quibus jus divinum statuit, praecisè supplicium mortis, uti est
in homicidio. Statutum enim contra legem Dei conceptum de delictis contra jus
naturale commissum non est obligatorium, sed non obstante illo statuto ad poenam
mortis reus condemnari debet. Dan. Clasen, d. L. pag. 70. & 71. Carpzov.
q. 111. n. 59.
und saget Farinaceus,
supra cit. lib. 1. Prax. Crim. tit. 4. q. 27. n. 2. pag. 390.
von dem ewigen Gefängnis wohl recht / daß es sey sepultura vivorum, consumptio
bonorum, consolatio inimicorum, & experimentum amicorum.
[Saepè magna rerum momenta vertuntur in unius syllabae inversione, Mynsing. de
Instrument. c. 11. n. 2. ut exemplum est. in dictione Luithardus &
Lotharius, c. inter dilectos X. de Instrum. Et illud Caroli V. Im peratoris ad
Philippum Seniorem Hassiae Landgravium in literis expressum, nimirum ohne einige
Gefangnis / satis docet, quod postea sistenti Principi vertebatur in Ewige /
sicque unius literae mutatione dictum Principem carceri mancipavit.
Joh. Theod. Sprenger, de modico c. 8. n. 22. pag. 134.]
Worbey zu mercken / daß ein anders sey / detineri in perpetua costodia, &
condemnari ad perpetuos Carceres. Das erste wird nicht vor eine Straffe /
sondern nur vor eine öffentliche Befriedig- und Sicherung gehalten / damit der
inhaltirte der Stat / Land und dem Unterthanen nicht Schaden thun möge. Als zum
Exempel / wenn ein loser Gesell sich hätte liederlich vernehmen lassen / er
wolte sein eigen oder eines andern Hauß mit Feuer anzünden / oder dem und dem
einen rothen Hahn aufs Dach setzen / item diesen und jenen eine Kugel schencken
/ oder ermorden. Alsdan kan die Obrigkeit / [630] wenn er
dessen überführet / ihn gar wohl in solcher perpetua custodia enthalten / biß er
gnugsame Caution de non offendendo geleistet habe.
P. H. G. O. art. 176. Petr. â Plachia, in Epit. delict. lib. 1. c. 7. n. 1. Jul.
Clar. lib. 5. Sentent. §. ult. Quaest. 77. n. 2. Carpz. d. Quaest. 111. n. 60.
& 62.
allwo er folgendes Praejudicium anführet / so der Churfl. Sächß. Schöppen-Stuhl
zu Leipzig Anno 1662. an den Schösser zu Ziegenrück ertheilet.
P. P.
So wird der Gefangene seiner vielfältigen Verbrechung halber öffentlich billig
zur Staupen geschlagen / un̅ nach ausgestandener Leibes-Straffe
[weil es mit ihm diese Beschaffenheit / daß vor ihm fast niemand sicher / und
sich weder auf der Strassen noch / sonst gnugsam vorsehen kan / er sich auch
betraulicher Reden verlauten lassen / welche auch er / als eine verdächtige /
ruchlose und freche Person wohl zu Wercke richten / und dadurch mehr Leute
betrüben / und in Gefahr setzen würde] wiederum zu gefänglilicher Hafft geführet
und gebracht / wohl angefesselt / verwahret / und damit man Friede und Ruhe vor
ihm habe und erlangen möge / die Zeit seines Lebens darinnen gefänglich
enthalten.
add.
Dan. Moller. ad Const. Elect. 15. n. 6. part. 4. Wehner, in Pract. Observ. voc.
bevehden. Petr. Frid. Mindan. de procesi. Cam. c. 25. Sect. 6. Matth. Coler,
part. 2. Decis. 231.
Wenn aber der / so gedrohet / keine würckliche Bürgschafft aufbringen und leisten
könte / sondern sich zur juratorischen Caution anerböthe / stehet es dem frey /
so bedrohet worden / ob er derselben trauen wolte oder nicht.
Carpzov. d. q. 111. n. 60. & part. 1. q. 37. n. 91. & seq. Prax.
crim. ibi??? alleg. DD.
Im andern Fall wird solche Enthaltung im ewigen Gefängnis billig vor eine Straffe
aestimiret / als wodurch der Gefangene aller Menschen Conversation beraubet / in
Betrübnüs und erbärmlichen Zustand gesetzet wird / auch sein Leben drin
zubringen / und mit schlechter Speise und Tranck verlieb nehmen muß.
Clasen, ad art. 10, Ord. Crim. Caroli V. pag. 71.
Und diese Gefängnis Arth gehöret ad merum Imperium,
Besold. in Thes. Pract. voc. Gefängnis / pag. 296.
|| [631]
wie auch die / wenn jemand eines Peiulichen Verbrechens halber eingezogen wird.
Schneidewin. in Epit. Feudal. part. 2. tit. quae res in Feudum dari & c.
n. 7..
Carcer verò modicae coertitionis est mixti Imperii.
Schneidevvin. d. l.
Carcer custodiae, si est causa litis pecuniaria, tantum ad simplicem juris
dictionem pertinet.
Besold. alleg. loc.
Es pfleget aber die Straffe des ewigen Gefängnisses nicht so leicht erkennet /
oder auch vollzogen zu werden / wenn nicht das Verbrechen so hart und arg ist /
daß es die Todes-Straffe mit sich führet.
Menoch. lib. 1. A. I. Q. Quaest. 89. n. 9.
Und wenn dadurch des Delinquenten Leben geschonet werden soll / muß das Gefängnis
nicht so grausam / garstig und abscheulich seyn / daß derselbe vor Stanck /
Dampf und Unflat in wenig Tagen doch das Leben einbüssen müsse / sondern
Menschlich und erträglich seyn.
Petr. Greg. Tholosan. dict. lib. 31. Synt. Jur. Univ. c. 33. n. ult.
VII. Ferner und zum andern ist CARCER PRIVATUS, das Haus-Gefängnis / welches
regulariter bey Lebens-Straffe verbothen / indem davor gehalten wird / daß
derjenige der solches exerciret, ein Crimen laesae Majestatis begehe.
L. un. C. de priv. Carcer.
usurpat enim hoc casu merum sibi Imperium, usurpatae autem Jurisdictionis crimen
Laesae Majestatis est.
L. 3. ff. ad L. Jul. Majest.
Es wird aber dieses Carcer Privatus genennet / wenn ein gemeiner Mann / der keine
Jurisdiction oder Gerichte hat / einen Ubelthäter in seinem Hause länger denn
20. Stunden gefänglich enthält / oder auch an Ketten und Banden leget / der
Obrigkeit aber nichts davon anzeiget / vielweniger ausliefert.
Reyger, in Thes. pract. pag. 409. & seq. Brunnemann, ad d. L. unic. C. de
priv. Carc. Struv. Syntagm. Jur. Civ. exerc. 49. th. 15. Dither, in contin.
Besold, Thes. Pract. verb. Fang-Geld / pag. 196.
|| [632]
Und welche Obrigkeit solches zuläst / und nicht mit der Schärffe straffet / wird
ebenmäßig mit obiger Poen beleget.
Farinac. Quaest. Crim, 2. n. 9. & seqq. Brunnem. cit. loc.
Doch ist in solchen Fall die Todes-Straffe heute zu Tage nicht mehr üblich /
sondern gemildert / und dem arbitrio Judicis anheim gegeben.
Farinac. lib. 1. tit. 4. Quaest. 27. n. 35. Brunnem. in fin. d. L. unic. Struv.
d. Syntag. Exerc. 46. th. 15. Carpzov. Prax. Crim. p. 1. Quaest. 41. n. 129.
Es hat auch obige Assertation ihre unterschiedliche limitationes und Abfälle:
Denn 1. ist einem jeden zugelassen und vergönnet / wenn er einen Delinquenten
auf handhafter That antrift und ertappet / solchen gefänglich anzuhalten.
Brunnemann, in L. ult. C. de Exhib. & transm. Gail. lib. 1. Obs. 54. n.
3.
2. Verstattet das gemeine Käyser-Recht einem Ehemann / daß er den Ehebrecher /
welchen er bey seinem Weibe kriegt / zwanzig Stunden bey Tage und Nacht im Hause
/ als in einen Kercker einschliessen und behalten möge / die That dadurch /
beweißlich zu machen.
L. 23. ff. ad L. Jul. de Adult. Const. Crim. Caroli v. art. 144. Petr. Greg.
Tholos. lib. 31. S. J. U, c. 33. n. 2.
3. Ist jedem Haußwirth zugelassen / einen flücktigen Dieb nachzufolgen / zufangen
und hernach dem Judici zu überliefern.
L. 56. §. 1. ff. de furt. Farin. lib. 1. tit. 4. Quaest. 27. n. 11. & 23.
4. Kan auch ein Gläubiger seines flüchtigen / oder doch auf flüchtigen Fuße
stehenden Schuldeners sich bemächtigen.
arg. L. 10. §. 16. quae in fraud. Cred. L. 54. C. de Decur.
Doch daß er solchen / so bald nur immer müglich / in den Schuld-Thurm bringe /
oder den Gerichts-Personen überliefere / oder da des Orths keine verhanden /
solchen den nechst angesessenen Gerichten extradire.
Anton. Fab. in C. l. 9. tit. 5. def. 1. n. 4. Carpzov. part. 4. Const. 1. def.
17,
5. haben auch die näheste Bluts-Freunde Macht / einen dollen und wahnwitzigen in
ihrer Freundschafft an Ketten und Banden zuschliessen und wohl zuverwahren.
|| [633]
L. congruit bono 33. §. 1. ff. de Off. Praesidis. ???oer. Decis. 275. n. 3.
Carpzov. d. l. n. 5.
Also können auch 6tens Eltern u. Herrn ihre ungehorsame und unbändige Kinder und
Gesinde zu Hauß einschliessen / Fessel / Ketten und Bande anlegen / und sie also
modicè castigiren und züchtigen.
L. un. C. de emend. propinq. tot. tit. C. de emend. Serv. L. 6. §. 3. ad SCt.
Syll. L. ult. C. an Servus pro suo fact. L. 2. c. de Serv. fug. L. 3. §. 1.
& 2. ff. de lib. hom. exhib. L. 1. & 2. c. de patria potest.
Farinac. lib. 1. tit. 4. Quaest. 27. n. 15. & 25. Schönborn. lib. 1.
Polit. c. 7. Conf. Struv. Syntag. jur. civ. exerc. 49. th. 15. & de
vindict. priv. c. 7. aph. 11. n. 6. Christinaeus, Decis. Belg. vol 4. Dec. 185.
n. 15. Zeiler. Epist. 659. circa fin.
VIII. Die Schuld-Thürme aber / so man in etlichen Handels-Städten hat / gehören
nicht zu den Straf-Gefängnissen / sondern sind nur Custodien und Behältnis der
Schuldner / biß sie bezahlen.
Besold. Thes. Pract. v. Schuld-Thurm / pag. 877. Joh. Christoph. Ernst / Disp. de
relax. carcerat. c. 3. th. 1.
Doctores hunc carcerem vocant taedialem.
Speckhan, cent. 1. Quaest. 19. in fin.
Ehe man aber dieselbe an solche Oerther / die doch leidlich und nicht unter der
Erden seyn sollen / bringet / wird erfodert / daß alle ihre Güther vorher erst
executirt, und dieselbe nicht mehr solvendo befunden worden.
Moller, lib. 1. Semestr. c. 41.
Struv. de vindict. priv. c. 11, aphor. 37. ubi dicit: extraneum Creditorem petere
non posse, ut in eum [scil. Schuld-Thurm] debitor conjiciatur, nisi eo in loco,
ex quo est oriundus, similis carcer sit in usu, vel Creditor à suo Magistratu
literas Reversales afferat, Creditoribus hujus loci aliquando simile jus contra
debit ores illius loci statutum iri.
Und muß der Debitor, ex dispositione Juris civilis, sich selber veralimentiren.
per L. quemadmodum 29. §. Magistratus 7. ff. ad L. Aquil. Coler. de process.
execut. part. 1. c. 6. n. 105.
oder wenn seine Güther arrestiret sind / der Unterhalt / und die sumptus litis
davon genommen werden.
Mev. part. 3. Decis. 281. & part. 4. Decis. 338.
|| [634]
Wenn er aber die Mittel nicht hat / und die Creditores wollen den Unterhalt nicht
herschiessen / wird er wieder loßgelassen / daß er nicht hungers sterbe.
ex senten. Angeli in §. fin. Inst. de Action. Jason, in L. si victum n. 2. ff. de
R. jud. Böer. Decis. 303. Fr. Cason. de indic. & tort. c. 9. n. 16.
Mindan. Consult. Saxon. lib. 1. q. 104.
& haec sententia videtur communis, summumque aequitatem habens, siquidem
maxima injuria infertur carcerato, dum alimenta ipsi denega̅tur.
P. G. Tholos. Synt. J. U. lib. 31. c. 33. n. 23. Deinde etiam nimis iujustum
foret, hominem propter debitum aliquod, vel aliam levem causam in carceratum
inedia fameque interimi & necari.
Tiraq. de poen. mitig. caus. 33. Surdus de Aliment. tit. 7. q. 16. n. 44.
Carcer enim non solvit debitum, sed bursa.
Hippolyt. de Marsil. §. attingam n. 54. Pract. Crim. & rubr. de fidej ff.
n. 379.
Oder da die Obrigkeit ex officio ihn setzen lassen / muß dieselbe ihn nach
Nothdurfft zu essen und zu trincken geben.
L. judices 8. C. de Episc. Audient. Coler. de Process. Execut. part. 1. cap. 6.
n. 106.
An etlichen Orthen / als in Sachsen / Böhmen / Franckreich / Engeland sc. müssen
die gefangene Schuldener sich von den Almosen / welche ihnen die von den Schuld
- Thurm vorüber gehende / so sie erbärmlich anschreien und flehentlich bitten /
darreichen / oder in eine gewisse Büchse stecken / erhalten.
D. Mevius ad Jus Lubec. Lib. 1. tit. 3. art. 1. n. 74.
Oder er wird den Gläubigern an die Hand oder Halfter gegeben / daß er die Schuld
abarbeite oder loßsitze.
Land - Kecht / lib. 3. art. 39. Weichbild / art. 27. circa fin. Chilian König /
in Process. jur. Sax. c. 138. n. 11. §. aber nach Sachsen - Kecht / Coler. d. c.
6. n. 114. & seqq. ubi sub. n. 128. testatur, ita saepius in Thuringia
practicatum fuisse. & rursus c. 9. n. 27. in fin. & n. seq d. p.
1, & Decis. 135. n. 2. And. Gail lib 2. de Pace Publ. c. 2. sub. n. 13
Christoph. Zobel, part. 2. differ. jur. civ. & Saxon diff. 30. n. 9.
Jacob Schulthes / in addit ad Illust. Q Q Modest. Pistor. p. 3. q. 11 b. n. 50.
Matth. Berlich, p. 2. [635] conclus. part. 28. n. 14. Joh.
Hermann. Stam. lib. 1. de Serv. Person. tit. 4. c. 4. n. 5.
Wiewohl etliche davor halten / daß dieses / nachdem die Schuld - Thürme
eingeführet / cessire, und durch Churfürst Augusti zu Sachsen Constitution part.
2. art. 22. vers. und nachdem wird den Gläubigern. zum besten. sc.
Berlich d concl. 28. n. 16. Joach. Beust in L. admonendi n. 343. in fin. ff. de
jur. jurand. Hering. de Fidejussor. c. 6. n. 256. Confer. Petr. Theodoric.
colleg. crim. Disp. 10. thes. 2. sub allegat. adlit. b. vers. notandum tamen
hic. Jacob Schulthes / ad d. qv. Modestin. Pistor. 110. n. 52. Wilh. Anton.
Freudenberg. de Rescript. morat. tit. 1. concl. 1. n. 9. & seq.
Welches / so viel das Churfürstenthum Sachsen betrifft / war / Carpzov. Jurisp.
For. Rom. Sax. part. 2. const. 22. def. 2. per tot.
In den andern Sächsischen Provincien aber ist die lieferung des Schulde-ners an
die Hand und Halffter noch heutiges Tages üblich.
idem Carpzov. d. const. 22. defin. 1.
Welches auch zu Lübeck also gehalten wird /
Osvvald. Hilliger, p. 2. Donell Enucl. lib. 27. c. 9. sub alleg ad lit. z. in
fin. fol. 1519. David. Mev. ad tit. 3. Jur. Lub. art. 1. pag. 123 &
siqq. allwo artig beschrieben wird / wie der Creditor den Schuldener halten und
speisen soll / drum wir den gantzen Articul hieher setzen wollen / der also
lautet: Wann einer sein Gut auftragen und bonis cediren will / von Schulden /
die ihme mit Recht abgemahnet worden / so mag der Kläger und Gläubiger sich des
bedencken / biß zum nähesten Gerichte / ob er sich will an das Guth halten /
oder aber auch die Person zu eigen annehmen. Auf den ersten Fall mag er das Guth
schätzen / und wardiren lassen / und seine Bezahlung draus suchen. Zum andern
nimt er die Person an / mag er dieselbe gefänglich einziehen lassen / und halten
als einen Schuld - Gefangenen: Will er ihn aber zu eigen annehmen / und er ihm
also Gerichtlich übergeben wird / soll er ihn speisen als das Gesinde / und
verwahren / wie man am besten kan / auch wohl anlegen / wenn er will / doch daß
ihme an seiner Gesundheit kein Schaden geschehe / er soll seinem Herrn seine
Arbeit thun. Würde er aber entlauffen aus seines Herrn Verwahrung / so soll ihm
an seiner Erledigung das Gerichte nicht verhindern. Will er ihn [636] ber ledig gehen lassen / damit er sich lösen
möchte / das stehet auch in seinen Gefallen: Würde er darnach auch von jemand
anders gehalten / hat er dennoch etwas von dem seinen übrig / so mag er sich
damit ohne Wiederrede desjenigen / dem er erstlichen an die Hand gegeben worden
ist / wohl lösen. Hiermit aber ist verbothen / Frauens - Personen den Creditorn
an die Hand zu geben / die nicht bezahlen können. Doch mag der Creditor zu allen
Zeiten / wenn er sie betrifft / ihr das oberste Kleid abnehmen / biß so lange
sie bezahlet hat. Sonsten aber mögen die ersten zwey Mittel wieder Frauens -
Personen / welche ihrer eignen Schulden halben vertiefft / gebraucht werden.
Ein Schuldener kan sich auch wohl in einer Verschreibung / we n̅er
auf den gesetzten Termin nicht einhalten würde / zum arrest oder Gefängnis
obligire̅.
L. 1. C. qui bon. ced.
Drum auch Churfürst Augustus zu Sachsen löblich verordnet / daß ein solch Pactum
gültig seyn solte / es mag der Schuldener eine Manns - Person oder Weibesbild
seyn / doch daß die Arestirung oder Gefängliche Enthaltung von der Obrigkeit /
und nicht dem Creditore in seinem Hause geschehe. Welchen Fals der Gtäubiger
nicht schuldig ist / Caution zu praestiren / wenn der Schuldener kranck würde /
oder ihn sonst was widriges begegnete.
Moller, ad Const. Elect. Saxon. 21. part. 2.
Und ob wohl nach den beschriebenen Käyserlichen Rechten ein Weibesbild Schulden
halben / wenn es sich auch gleich darzu verbunden hätte / nicht ins Gefängnis zu
legen / wegen Gefahr ihrer Ehre;
Coler. de Process. execut. p. 1. cap. 6. n. 99. vid. Bechmann, in Comment. ad P
and. tom. 2. p. 2. pag. 14. n. 59.
So ist solches in Churfürstenthum Sachsen / ex suprà dictâ Constitutione anders
eingeführet / dergestalt / daß ein Welbsbild nicht allein wegen ihrer gemachten
eigenen Schulden / sondern auch wenn sie vor jemand / doch mediante Curatore,
cum renunciatione beneficiorum, caviret und gutgesaget / in Verstrickung / doch
von Man̅sbildern abgesondert enthalten wird.
Carpzov. part. 2. Const. 21. def. 9. Koppen, lib. 1. Observ. 3. n. 4.
Speidel, in spec. Jur. v. Gefängnis pag 436.
Jure Gallico aliquem pro debito incarcerari posse etiam receptum est, si se
carceribus obligaverit, qui mutuatur.
Petr. Jacobus in Praxi tit. de cession. bon in fin. Jacob. Petr. de Ferrar. in
tit, de execut. Sent. in sua praxi DD. in L. ob aes alien. C. de solut. [637] & teste Petr. Gregor. Tholos. lib. 31.
Syntagm. Jur. c. 33. n. 17. hodie recepta validaque est ibi pactio, qua Clericus
etiam, si ad Carceres Judicis Laici se obligaverit, contra rationem casi
diligenti, de foro compet. apud Gregor. invitusque in carcerem detrudi potest,
contra praescriptum in c. ex rescripto de Jure jurand. & contra
Sententiam Panormitani inibi traditam, contraque ea, quae tradit Joannes Faber,
in §. fin de action. ut notat judicatum fuisse in curi Pariensi suprema d. 20.
Novemb. Anno 1550.
IX. Der Bürgerliche Gehorsam wird auch vor kein Gefängnis / sondern nur vor eine
Custodia gehalten.
Besold. Thes. pr. voc. Gehorsam / pag. 302. Ernst. d. Disp. de relax. Carcerat.
cap. 3. th. 4.
Köppen, decis. 29. n. 20. nennet solchen Orth Locum Obedientia rum, die
Obedienz-Stube / welche gemeiniglich auf den Rathäusern / oder doch oben auf den
Thoren pfleget gebauet zu seyn / daß man Lufft und Tageslicht drinn haben könne
/ nicht aber als arge Gefängnisse aussehen.
VVehner, Pract. Obs. v. Gefangnis pag. 152.
Quod ipsum Constitutioni L. 2. C. de Custod. reor. consentaneum est.
Bartol. in tract. de carcere, n 2.
adeò, ut si civis honestus vel debitor incivilius & nimis duriter
teneatur, appellare queat,
argum. c. ut debitor, de Appellat. L. ante Sentent. de Appellat. recip.
vel etiam injuriarum agere,
VVesenb. Cons. 96. n. 16. Köppen, Decis. 29. n. 21.
nisi enorme crimen aut debitum esset.
Coler. de Process. executiv. part. 1. c. 6. n. 103.
Hinc carcerati petere solent commissionem ocularem, pro inspiciendo &
mitig???ndo Carcere.
vid. Ruland. de commiss. part. 2. lib. 4. cap. 1. per tot.
Anderswo nennet man es das Grashauß / oder mit dem Gras ftraffen / item auf das
Chor oder ins Gras gehen / welches eine Bürgerliche Verhafftung ist.
Christian Gastel, de statu publ. Europae c. 32. pag. 925.
Hinc formulae, um Erledigung der Pforten / und das Graß - liegens suppliciren.
Item in das Graßhaus zu gehen gebiethen.
Dither, in contin. Thes. pr. Besold. v. Gefängnissen / p. 224.
|| [638]
X. Hieher kan auch auf gewisse maße das OBSTAGIUM oder die Leistung und das
Einlager gezogen werden / da sich ein Debitor verbunden / an einen gewissen Orth
in das und das Wirtshauß / so benennet wird / auf die und die Zeit sich
einzufinden / allda Fuß zu halten / und nicht eher von dannen zu weichen / biß
er dem C reditori die Schuld völlig bezahlet habe. Darf sich auch ohne Vorwissen
der Obrigkeit / oder des Gläubigers nicht von sich selber aus dem Einlager weg
begeben / wenn er anders bey Ehren bleiben / und nicht infam werden werden will.
Tabor. de obst agio c. 5. §. 2. & c. 6. §. 15.
Er müste es denn aus Hungers - Noth thun / daß nemlich der Wirth oder Creditor
ihm den nöthlgen Unterhalt nicht mehr hergeben und reichen wolte / oder er würde
durch Krieg / Feuers - Brunst / Einfall der Gebäude / Pest und andere
ansteckende Kranckheiten draus getrieben.
Tabor. d. tr. c. 6. §. 15. & c. 7. §. 1. Ernst. disp. de Relax. carcerat.
c. 3. th. 5.
XI. Vom Priesterlichen Gehorsam handelt Carpzovius, lib. 3. Jurisprud. consist.
tit. X. defin. 113.
ausführlich / welchen derjenige / so davon Nachricht verlanget / ausschlagen kan.
Item Zeiler,
cent 4 quaest. 51. pag. 271.
Und Dither, in addit. ad Besold.
thes pract. v. Einziehung der Maleficanten.
allwo sie melden / daß das Gefängniß für die Kirchen - Diener zu Studgard die
Bibel genennet werde.
XII. Es soll aber die Obrigkeit / welche die Peinlichen Gerichte zu exerciren hat
/ zuförderst dahin bedacht seyn / daß sie solche Behältnis verschaffe / damit
die Delinquenten nicht beysammen sitzen / oder mit einander sich bereden können
/ was sie aussagen wollen / oder wohl gar Anschläge machen / aus dem Gefängniß
loß zubrechen.
Carpzov. part. 3. prax. Crim. q. 106. n. 65. & 66. Altenb. prax. crim.
pag. 167.
XIII. Doch daß sie nicht darinne gequählet / und üm ihre Gesundheit gebracht /
sondern nur verwahret / und behalten werden / biß daß der Proceß geendiget / und
/ was Urthel und Recht mit sich gebracht / man an ihnen exequiren könne:
|| [639]
L. aut damnum §. solent & L. credibile ff. de poenis.
Welches denn die Peinliche Hals-Gerichts-Ordnung art. 11. ausdrücklich befiehlet
/ mit diesen Worten:
P. P.
Und ist dabey sonderlich zu mercken / daß die Gefängnisse zu Behaltung / und
nicht zu schwerer gefährlichen Peinigung der Gefangenen sollen gemacht / und
zugerichtet seyn / und wenn auch der Gefangenen mehr / dann einer ist / soll man
sie / so viel gefänglicher Behltung seyn mag / von einander theilen / damit sie
sich zu unwarhafftiger Sage mit einander nicht vereinigen / oder / wie sie ihre
That beschönen wollen / unterreden können.
L. aut damnum §. sonlent & L. credibile ff. de poenis.
Nihil absurdius fieri potest, quàm si delinquentes, qui fortean capitaliter vel
corporaliter puniendi sunt, prius carceris sqalore puniantur.
Clasen, in Com. ad dict. art 11. const. crim.
Cum tamen de Jure Carcer talis esse debeat, ut captivus in eo vivere aëreque ac
lumine frui possit.
Prosp. Farinac. lib. 1 prax. crim. tit. 4. quaest. 27. n, 96. Jod. Damhoud. in
prax rer. crim. c. 7. n. 9. Matth. Steph. ad art. 11. n. 6. ord. crim. Carolin.
Jacob. Menoch de A. J. Q. lib. 2. cas 305. n. 2.
Qua de re Sanctio extat Imper. Constantini
in L. 1. C. de Custod. Reor.
ubi ita rescribit: Nec verò sedis intimae tenebras pati debebit inclusus, sed
usurpata luce vegetari, ac sublevari: Et ubi nox geminaverit custodiam, in
vestibulis Carcerum & salubribus locis recipi, ac revertente iterum die
ad primum solis ortum illico ad publicum lumen educi, ne poenis carceris
perimatur: quod innocentibus miserum, noxiis non satis severum esse dignoscitur.
Et Electoris Saxon. D. Augusti felicissimae memoriae, in Constit. 22. part. 2.
v. Es soll aber das Gefängniß darein er gelegt / ziemlichen und leidlich seyn /
und er dermaffen darinnen enthalten werden / damit ihm dadurch am Leben oder
Leibe keine sonderliche und hohe Beschwerung zugefüget werde. Add. Auct.
Consult. Const. Saxon. p. 4. q. 37. v. do aber in unsern sc & Responsum
Scab. Lips. Mens Novemb. 1627. apud Carpzov. p. 3. prax. Crim. q. 106. So wird
der Verbre [640] cher in einem solchen Gefängniß
verwarlichen gehalten / darinnen er nicht des Tages-Lichts beraubet / noch an
seiner Gesundheit / wegen Kälte / oder ander grossen Beschwerung Schaden leiden
möge. In Ansehung dessen hat auch Plato dreyerley Arth Gefängnis einführen
wollen / eines bloß zur Custodie und Verwahrung / das andere zur Züchtigung /
und das dritte zur endlichen Hinrichtung / wenn er lib. 10. de legibus circa
finem also davon schreibet; Delati Magistratibus & condemnati rei omnes
carceribus contineantur. Tres verò sint in civitate carceres, unus pluribus
communis in foro rerum venalium, ut multi, ne fugiant, custodiantur. Alter ubi
coetus eorum sit, qui nocte congregantur, cori ectionis nomine appellatus.
Tertius in mediaregione, ubi quam maximè desertus, sylvestrisque locus est,
supplicii nomine notatus. Dannenhero diejenigen Gerichte es schwer zu
verantworthen haben / welche die arme Gefangene in tieffe Thürme / finstere
Gruben / Keller und andere unter der Erden habende Löcher stecken / mit grossen
schweren Ketten und Banden belegen /
Cothmann, vol. 3. Resp. 29. n. 119.
in etlicher Zeit nicht nach ihnen fragen / und darinne / wo nicht gäntzlich
verderben / doch vom Ungeziefer stechen und benagen / und üm ihren gesunden Leib
kommen lassen.
Menoch. de A. J. Q. cas. 305. n. 5. Carpz. part. 3. pr. Crim. q. 106. n. 46.
Altenb. prax. crim. p. 167. Crusius, de indic. delict. part. 4. c. 9. n. 13.
gestalt denn eben um des willen dergleichen Carcer mala mansio,
L. 7. pr. ff. depos.
oder fordida & infamis mansio,
L. 16. ff. de poss. L. 2. ff. de lib. hom. exhib.
Domus miserrima atque molestissima,
Tiraquell. de mitig. poen. caus. 41. n. 2.
& species torturae genennet wird.
Farinac. lib. 1 prax. Crim. quaest. 27. n, 1. pag. 390. Tom. 1. oper. crim.
Ruland. à Valle Cons. 17. n. 21. vol. 3. Dan. Clasen in comm. ad art. 11. const.
crim pag. 78. Rauchbar, quaest. jur. 49. Francisc. Cason. tr. de indiciis
& torment. c. 9. pag. 113. n. 8.
XIV. Und stehen einem fürwahr die Hare zu Berge / wenn man lieset / was [641] die Alten / bey allerhand Nationen / vor grausame
abscheuliche und erschreckliche Gefängnisse gehabt: Denn da hatten
I. Die Syracusaner sehr tieffe Gruben in Felsen gehauen / darein sie die
Gefangenen wurffen / welche LATOMIAE oder LATUMIAE genennet wurden / deren auch
Cicero 5. in Verrem. c. 27. gedencket / mit diesen Worten: Latumias Syracusanas
omnes audistis, plerique nostis: opus est ingens, magnificum Regum ac
Tyrannorum: totum est saxo in mirandam altitudinem depressum, & multorum
operis penitus excisum: nihil tam clausum ad exitus, nihil tam septum undique:
nihil tam tutum ad custodias nec fieri nec cogitari potest. Lege etiam de iis
Thucyd.
lib. 7. in fin. & ibi Enenckel.
Nec non Coel. Rhodingin.
lib. 17. Lect. Antiq. c. 9. pag. 637.
und soll der bekante Tyrann Dionysus solche haben aushauen und verfertigen
lassen.
Idem Cicero 7. in Verrem. Tiraquell. in not. ad Alex. lib. 3. cap 3. Gen. dier.
pag. 288 lit. L.
II. Zu Rom war eben auch ein Gefängniß dieses Nahmens / nahe bey den
Fisch-Marckt.
Plautus in Captivis. Varro, de lingva Latin. lib. 1. Cicero in Oratore &
in oratione de suppliciis. Salustius, in Catilina. Liv. 3. decad. lib. 6.
& 4. dec. lib. 2. & 6. Seneca lib. 9. declam. Fest. Pompejus,
lib. 10. Plutarchus in Nicia & in Dione.
[Isti carceres hypogaea seu loca sub terranea erant, ex quibus excisi lapides vel
eruta terra erant & saxi-fodinae. Possumus & talia dicere loca,
quae Gallis dicuntur infernet i. e. inferiora loca: qualia & fuisse
Romae colligere licet ex Jurisconsultorum Responsis, quae de illis meminerunt.
L. succurritur ff. ex quib. caus. Major. L. 1. §. fin. ff. de aleae lusu
& aleator. Petr. Gregor. Tholos. S. Jur. lib. 31. c. 33. n. 13.]
XV. III. Die Perser hatten ein Gefängnis / das nenneten sie LETHE oder
Vergessenheit / weil derjenige / so Ubelthat wegen einmahl hinein kahm / sehr
lange sitzen muste / daß man seiner mit der Zeit fast gar vergaß / und niemand
mehr an ihn gedachte.
Stiefler / in Geistl. Hist. Schatz / c. 36. p. 2230.
|| [642]
Oder wohl gar den Tod / weil nur diejenige / so auf den Hals sassen / und
abgethan werden solten / hinein gebracht wurden.
Procop. lib. 1. de Bello Persico, cap. 4. Cedren. in comp. Hist. sub Imper.
Mauritio fol. 325. & sub Zenone fol. 293. Lauterbeck / im Regenten-Buch
/ lib. 5. c. 10. p. 323.
Item ein Hauß dick voll mit Aschen gestreuet / darinnen sie die Ubelthäter
verschlossen /
Petr. Greg. Tholos. Synt. Jur. univ. lib. 31. c. 33. n. 11.
XVI. IV. Von den Messeniern ward das Gefängniß THESAURUS oder der Schatz genant /
welches so schwer und grausam war daß weder Tages-Licht noch Lufft hinein kommen
kunte / ward auch an stat der Thür mit einen grossen und schweren Stein
bedecket.
Plutarchus, in Philopoemene c. 33. Rud. Godof. Knichen, op. polit. lib. 1. c. 7.
§. 13 p. 305 part. 1.
In welches als der vortrefliche General in Griechenland Philopoemen gebracht
wurde / hat er Gifft eingenommen / und sich selber getödtet.
Coel. Rhodig. lib. 17. c. 8.
XVII. V. Die Athenienser nenneten ihr Gefängniß / welches doch sehr hart war /
mit einen anmuthigen Nahmen DOMUS, das Hauß / sicut tributorum exactionem
CIVITATIS REGIMEN, miti nomine indignitatem rei temperantes.
Coel. Rhodigin. d. c. 9. p. 636. Alex. ab Alex. lib. 3. gen. dier. cap. 3.
Plutarch. in Solone.
Plato de legibus hat es gleichfals Publicum Domicilium geheissen.
Pollux lib. 9.
Eben als bey den Römer der Decemvir Appius, welcher es Domicilium PLEBIS
tituliret.
Livius, 1. Decad. lib. 3.
Andere haben es PROMPTUARIUM, CEILAM, ja gar PUBLICUMHOSPITIUM benahmet.
Alex. ab Alexand. d. l. pag. 288.
XVIII. Die Athenienser hatten auch noch eine andere Bastille, welche den Nahmen
hatte [Greek words], zum Pferde und Mädgen: Den
die Jungfern / so ausgangen waren und gehuret hatten / wurden hinein ge [643] sperret / und musten hungers sterben. Es wurd
aber ein Pferd zu ihnen gethan / vielleicht weil der Hengst ein wollüstig Thier
ist.
AEschynes, Orat. ad Timorch.
Ferner noch eine / so sie BARATHRUM oder BERETHRUM, die Hölle / item PUTEAL
nenneten / welche sehr tief / und auf die Arth / wie ein Brunnen gemacht war /
dahinein sie die Ubelthäter stürtzten. Ejus superiora dura quidem erant ac
rigida, infima verò laxa & mollia, ut descendentes facile mergerentur.
Coel. Rhodigin. Lect. Antiq. lib. 17. c. 9. pag. 637. Besold. Dissert. 2. de
praemiis, poenis & legib. §. 5.
XIX. VI. Zu Sparta war im Gefängnis ein Orth / DECAS genant / zur Straffe erbauet
/ allwo die zum Tode verdammeten ihr Recht ausstehen musten / und stranguliret
wurden.
Plutarchus, in Agide & Cleomene Petr. Greg. Tholos. d. c. 33. n. 13.
Man hatte auch allda eine Höle / die sie CAESTAM,
Strabo lib. 8.
CAEADAM oder CEADAS, quasi lachrymas & pallorem, tetrae caliginis
& diri aspectus, nenneten / darinne sie auch die Ubelthäter / die etwas
grosses verbrochen hatten / steckten und hinrichteten.
Pausan. in Messeniacis lib. 4. D. Hist. Joh. Philipp. Pfeiffer, antiqq. Graecar.
lib. 2. c. 24. pag. 229.
Coel. Rhodiginus,
lib. 17. antiq. Loct. c. 9. p. 638. & 639.
nennet sie Caeetas Caeti enim vocantur Rochmi i. e. scissurae, quas effciunt
terrae motus. In dieses harte Gefängnis ist auch Aristomenes Messenius geworffen
worden / aber wunderlicher Weise wieder herauskommen / indem er durch die Hölen
/ welche die Füchse nach dem Aase der todten Menschen gegraben / wieder heraus
gekrochen / und sich also aus dem Staube gemacht.
XX. VII. Zu Rom hat erst der König Ancus Martius ein Gefängnis gebauet / wie
Livius, lib. 1. mit folgenden Worten bezeuget: Quiritum quoque fossa, haud
parvum munimentum à planioribus aditu locis, Anci Regis opus est. Ingenti
incremento rebus auctis, cum in tanta multitudine hominum, discrimine rectè an
perperam facti confuso, facinora claudestina fierent, CARCER ad terrorem
increscentis audaciae, media Urbe, immi [644] nens
foro, aedificatur. &c. Es hatte aber das Gefängnis daselbsten zwey
Haupt-Theile / deren der eine Theil TULLIANUM, der andere ROBUR genant wurde /
beneben vielen andern Gemächern / Gewölben und Löchern. Im Tulliano, welches den
Nahmen von dem Römischen König Servio Tullio, den Erfinder und Stiffter
desselbigen / hatte / wurden die Ubelthäter stranguliret.
Varro lib. 4. de LL. n. 32.
Salustius, in bello Catalinario c. 54. beschreibet solches also: Est locus in
carcere, quod Tullianum appellatur, paulatim descendens ad laevam, circiter
duodecim pedes humi depressus: Eum muniunt undi??? parietes, at??? insuper
Camera lapideis fornicibus vincta, sed inculta tenebris, odore foeda, at???
terribilis ejus facies est. Und soll dieser Orth im Umfang so weit gewesen seyn
/ daß eine grosse Menge Gefangene drin behalten werden können.
Rud. Godof. Knich. Op. pol. part. 1. lib. 1. c. 7. §. 13. colum. 304.
In dem andern / genant ROBUR, zuweilen ROBUSTUS CODEX, oder auch CUSTODIA LIGNEA,
Plaut. in Poenul. act. 5. Scen. 3. Item act. 5. Scen. 6. nec non in Curcul. Act.
5. Scen. 5. ibi: at ego vos ambo in Robusto carcere ut pereatis faciam.
Imgleichen ITALUM ROBUR,
Horat. lib. 2. Od 13.
Pflegten sie die Ube???thäter ums Leben zubringen / wann sie dieselbe erst in
Kasten / so im Gefängnis stunden / hatten eingeschlossen gehalten / hernach
heraus liessen / und von einen hohen Baum oder Stock / so darinnen in der Erden
fest gemacht war / herab stürtzten / und ihnen die Hälse zerbrachen.
Petr. Faber, lib. 2. semest. t. 7. pag. 93. Rosin. antiq. Rom. lib. 9. c. 31.
Liv. Dec. 4. lib. 8. Coel. Rhodigin. lib. 17. c. 8. vid. Lips. in Tacit. lib. 4.
Annal. c. 29. & Valer. Maxim. lib. 6. Joh. Salbach. Antiq. Rom part. 3.
cap. 5. pag. 229.
Turnebus, lib. 24. c. 21. Advers. Codicem â Robore diversum esse censet, cum sit
gneus stipes, quem alligati servi, qui deliquerant, trahebant, cuique infidebant
vincti. Propertius, lib. 4.
Codicis immundi vincula sentit anas.
XXI. ERGASTULUM war ein Gefängnis / so einem Zuchthause [wie zu Amsterdam /
Hamburg und anderswo mehr sind] nicht ungleich / [645] worin
allein die Knechte gezüchtiget wurden. Es stund auch die Einsetzung eines
Knechts in Ergastulum bloß bey dessen Herrn / ohne Befehl der Obrigkeit.
Joh. Christoph Salbach. dict. part. 3. Antiq. Rom. c. 5. pag. 229.
XXII. Diejenige / so die Aufsicht über obige Gefängnisse / und Hinrichtung der
Ubelthäter hatten / wurden Triumviri Capitales genennet.
Rosin. d. c. 31. & 17. Valer. Max. lib. 5. c. 4.
Carceres Romae in circo primum ex Topho & ligno fuerunt, quos marmoreis
permutavit Claudius Imperator.
idem Rosin. Antiq. Rom. lib. 5. c. 4.
XXIII. Einige disputiren / was doch Mala Mansio vor eine Marter oder
beschwerlicher Orth gewesen sey / und halten theils davor / es sey ein tief
dunckel Gefängnis zu Rom / wie eine Grube oder Brunnen formiret gewesen / drum
es auch auf Lateinisch PUTEUS genennet wird / in welches einige diebische Köche
gestecket wurden / wie bey dem Plauto, Aulul. act. 2. Scen. 5. ibi:
Dicant, coqui abstulerunt, comprehendite,
vincite, verberate, in puteum condite. zu sehen / es wurd auch Hypogaeum seu Barathrum genant; Turneb. lib. 6. c. 24. vid. & Scipion. Gentil. Parerg. lib. 1. c. 39. ubi đocet: in puteum condi, fuisse genus Poenae Vernaculae, & ab Ulpiano Malam Mansionem vocari. Taubmann, in Comment. ad dict. loc. Plauti, pag. 161. Andere verstehen hierdurch ein heimlich Verborgen Gefängnis / so auch deßwegen Arca [eine Kiste] genennet worden: Der Gebrauch dieses Gefängnisses oder Behälters war / daß man diejenige / so nachgehends ferner solten examiniret werden / hinein legte: Doch wurden zuweilen auch andere in solche Arcam gesperret. Von diesem Gefängnis redet Cicero, pro Milone; Subito arrepti in Quaestionem, inmen separantur à caeteris, & in Arcas conjiciuntur, ne quis cum his colloqui possti. Joh. Christoph. Salbach, lib. 3. Antiq. Roman. c. 5. pag. 230. Taubmann, in Comment. ad Plauti Poenul. Act. 5. Scen. 3. pag. 935. ibi: Antiqui in carceribus habebaut Arcas, in quas maleficos includebant. Successit in harum locum ROBUR.
|| [646]
D. Joh Otto Tabor, in tr. de Tortum & indiciis delictorum c. 1. n. 8.
& 9. thut von solcher Mala Mansione solgenden Bericht / ibi: quae
Quaestionem antecedunt, sunt vincula & mala mansio. L. si homincs 7.
depositi L. 15. §. 42. de injur Ubi Accurs. per MALAM MANSIONEM intelligit
Carceres, quem DD. communiter seqvuntur. D. Carpzoz. p. 3. pract. crim. q. 1???1
n. 2. Jacob. Benius, de privileg. Ictor. part. 2. c. 79 Dissent. Budaeus, in
not. ad d. §. 42. intelligens potius id, quod Graeci vocabant [Greek words] vel [Greek
words]. Hunc verò licet sequatur Mornacius in observ. ad L. depos.
& Wisenbach, in Emblemat. Tribon. p. 194. redarguit tamen Petitus lib.
4. Comment. in Leges Atticas t. 9 p. 370. non [Greek
words] sed [Greek words] tantum
vocibus istis malae mansionis intelligi disputans: Quod [Greek words] sit [Greek words]
autem genus tormenti, quo Rei manus pedesque vincti torquebantur. Haec Petitus.
Alii intelligunt catastas ligneas, in quibus servi quaestionis causa
extendebantur D. Gothofr. in d. §. 42. & plenius, in d. l. 7, Gvil.
Forner. lib. 2 select. c. 1. scribit, ea verba pertinere ad genus quoddam
coercitionis, quod partim poena, partim custodia, partim quaestionis de servis
habendae causa inferebatur. Etenim verò quia Ulpianus in L. 7. depos innuit,
malam mansionem non tàm esse torturam ipsam, quàm vinculum & custodiam
servi torquendi, praeparatorium torturae, ideo Accursiana interpretatio potius
probanda videtur. Nec movere debet verbum Extensum. Ex quo Petitus cum aliis
extensionem quandam pedum manuu mque ad torturam t ndentem exsculpsit. Quo enim
sensu vocabulum extendi ibi sumatur, docet verbum oppositum solvendi, nimirum
quia sequester servum ita extensum solverat: innuitur enim servum in Mala
Mansione vinctum alligatumve fuisse. Erit ergò Mala Mansio locus in Ergastulo,
quo servi vincti aut compediti custo diebantur: nostri dicunt ins Loch / [in
locum ingratum] stecken item Stöcken und Plöcken. Loca ejusmodi, in quae servi
ponebantur, designat Pollux lib. 3. c. 8. Cum igitur tot genera fuerint Malarum
Mansionum, puta Mola, Pistrina, Cippi, Jctus generali vocabulo uti voluit.
Mansiones enim veteribus vocabantur diversoria sive loca, in quibus quietem
capiebant viatores. Barthius, lib. 45. Advers. 5. Expeditionis tempore tales
etiam parabantur militibus Lnemo 8. C. de Annon. & tribut. vel etiam
sacro comitatui, Cujac. ad d. l. 8. ubi ait: Gallos hinc i. e à manendo Maisons
quasi Mansons appellare. Mala ergo Mansio vocabatur malum diversorium sive
receptaculum, in quo servus interim [647] custodiebatur,
donec Quaestio de eo legitimè institueretur. Cyprianus eodem sensu hospitium
carceris dixit Epist 4. & c.
XXIV. Der bekandtr Historicus Dio schreibet von dem Käyser Caligula, daß er viele
in GALEAGRAM [welches auch ein Gefängnis zu Rom war] werffen und darinnen tödten
lassen. Herodotus Hist. 3. thut gleichfals von einem Meldung / so GORGYRA
genennet wurde / und auch tief unter die Erden gieng. Nam ea voce indicant
Graeci privatim cuniculum seu cloacam, qua defluunt aquae.
XXV. VIII. Der Carthaginenser Gefängnis hieß ANCON, darinnen diejenige
beygesteckt wurden / welche in der Tyrannen Ungnade fiehlen.
Tiraquell. ex Suida in notis ad c. 3. lib. 1. Alex. ab Alex. gen. dier. p. 289.
Coel. Rhodigin saepè cit. c. 9 p. 639.
IX. Derer in der Insel Cypro ihres ward genant CERAMON, in quam sententiam
nonnulli trahunt illud Homeri Iliad lib. 5. [Greek
words]. i. e. AEneo sive robusto autem in Ceramo ligatus est tredecim
menses. Loquitur autem de Marte, quem Otus & Ephialtes ligaverant forti
vinculo in carcere. Sunt tamen, qui eo verbo Ollam significare volunt.
Idem ibidem.
XXVI. X. Etliche halten davor / daß der Irrgarten LABYRINTHUS in der Insel Creta,
welchen Daedalus, der vom König Minoe gefangen gehalten wurde / gebauet / eben
auch ein Gefängniß gewesen / und denen / so hinein gelassen / zwar kein Leid
wiederfahren / aber sie doch nicht wider heraus kommen / sondern darinnen als in
einem ewigen Gefängnis bleiben müssen. Unde & Labyrinthum dici putant,
quia [Greek words] sit particula vocum
intendens notiones, & [Greek words]
obturare signet ac claudere.
Coel. Rhodig. lect. antiq. lib. 17. c 9. pag. 637.
Wie denn auch nicht glaublich / daß ietzt-gebachter König Minos der Athenienser
Jünglinge / so ihm jährlich zum Tribut geschickt werden müssen / üms Leben
gebracht / sondern vielmehr zu seinem Dienst und Aufwartung gebraucht habe /
welche auch Kinder gezeuget / die vor Cretenser geachtet und gehalten worden.
Idem d. loco.
|| [648]
XXVII. XI. Zu Corintho war ein Gefängnis / darein man die Diebe und Feldflüchtige
gefangen setzte / Nahmens COOS.
XXVIII. XII. Archimedes bauete dem Tyrannen Dionysio zu Syracusa einen Kercker /
in gestalt eines Ohrs / welcher so künstlich zugerichter war / daß er einen
leisen Schall zu einen harten knall machte / und wenn die Gefangene darinnen nur
gezischet / ist es durch den Wiederhall zu einen lauten Geschrey worden / daß es
der Kerckermeister gar eigentlich hören können.
Petr. de la Valle Reise-Beschreibung part. 4. Ep. 15.
XXIX. XIII. Die Grafen von Kalwe haben vor Alters auf ihrem Schlosse vier
Gefängnüße gehabt / deren Eins der Kessel-Thurm genennet worden / in welches
niemand sich niederlegen können / sondern immer stehen / oder sich nur anlehnen
müssen. Das andere hat kein Dach gehabt / sondern ist oben offen gewesen / so
daß es auf die armen Gefangenen Leuthe geweddelt / geregnet und geschneiet.
Crusius, libr. paralipom. Annal. Suevicor. fol. 36.
XXX. Dergleichen grausame und tief unter die Erden hinab gehende Gefängnis findet
man noch auf den alten zerstörten Raub-Schlössern.
Besold. Dissert. 2. de praemiis, poenis & legibus §. 6.
XIV. Einer von Schröckewald hatte das hohe feste. Schloß Agtstein in Oesterreich
an der Donau inne / und that denen benachbarten mit Ausfallen viel zuschaffen.
In demselben Schlosse / welches auf doppelten Felsen liegt / siehet man einen
Orth / welchen der Schröckewald seinen Rosen-Garten tituliret / der ist auf den
spitzigen Berge an einer Stube / in welchen eine kleine Thür aus den Gemach
gehet. Der Platz ist etwa drey Schrit breit / u. auch so lang / rings an der
Seiten gar jähe den Felsen hinab / daß wo man nur hinsiehet / einen bald
schwindelt. Wenn nun der grosse Herr Schröckewald iemand von seinen Feinden
gefangen kriegte / tractirte er ihn erstlich wie einen Fürsten / ließ Essen und
Trincken die Menge auftragen / und sparete keines Dinges / so zur Frölichkeit
dienete / unversehens aber muste der Gast aufstehen / und hinaus in Rosen-Garten
kriechen / der ward Augenblicks mit einer eisernen Thür verriegelt / da saß
alsdann der arme Mensch unter freyen Himmel / und durffte sich niemand seiner
annehmen / er mochte verhungern / verdursten oder den Hals hinnunter stür [649] tzen / so galts dem Tyrannen gar gleich. Das
war ein schlechter Rosen-Garten /
M. Stiefler / im Geistl. Hist. Schatz / c. 30. p. 2002.
XXXI. Man soll auch die Verbrecher nicht in solche Gefängnisse stecken / darinnen
des Nachtes sich grausame Gespenster sehen lassen / welche die Leuthe mit ihren
scheußlichen Anblick erschrecken / ihnen die Decke abziehen / sie rupffen /
zupffen / schlagen / stossen / anhauchen / kneipen / drücken und quählen / daß
sie keine Ruhe haben / denn solches ist gleich einer stetswährenden Tortur und
Straffe / daß mancher lieber den Tod / als solche nächtliche Angst / Quahl und
Pein leiden möchte. Ja ein furchtsamer Mensch kan durch einen plötzlichen
Schrecken / und sonst eine hefftige Angst gar leichtlich in Verzweiffelung
gerathen. Jener junge Edelmann in Spanien von 24. Jahren / Diego Osorius, ward
aus Angst im Gefängniß in einer einzigen Nacht / weil er in dem Königlichen
Garten am Frauenzimmer durch Bellen eines Hündleins verrathen / ertappet wurde /
so bey Lebens-Straffe verbothen war / Eißgrau auf den gantzen Kopf.
Hadrian. Junius. in comment. de Comâ c. 10. L. Vives in praefat. super somnium
Scipionis.
Eben also ergieng es einem andern Edelmann von 28. Jahren am Hoffe Käyser Caroli
V. welcher eine Hof-Dame in der Käyserlichen Burg geschwängert hatte / und
deßhalber zum Tode verurtheilet wurde / da er auch in einer Nacht im Gefängnis
aus Angst und Bangigkeit eisgrau / und das Angesicht blaß / runzelicht und
verfallen worden / daß ihn der Käyser und die Gerichts-Persone̅ /
wie man ihn vor Gericht führete / fast nicht mehr kanten / drum er auch Perdon
bekahm.
Levin. Lemnius. c. 2. lib. 2. de complexione corporis humani.
Eben wie obgedachter Spanier vo ietzt erwehrten Käyser Caroli V. Groß-Herrn Vater
auch begnadiget / und ihm das Leben geschenckt wurde.
Zeiler, Epist. 27.
Franciscus Gonzaga Fürst zu Mantua ließ seinen Schwager / den er einer
Conjuration halber vor suspect hielte / in einen Thurm legen / welcher aus
Furcht und Angst gleichfals in einer Nacht grau worden / drum ihn der Fürst
ebenmäßig das Leben schenckte.
Scaliger, Exercit. 312.
|| [650]
Und nachfolgendes Exempel verdienet auch eine sonderbahre Aufmerckung / welches
Alexander ab Alexand.
Lib. 6. Genial. dier. cap, 21.
anführet / nemlich es sey an einen Orth in Italien [den er aus gewissen Ursachen
nicht offenbahret] ein Gubernator oder Stathalter gewesen [welchen er
Ehrenhalber auch nicht nennet] der gegen die seinen sehr grausam und Tyrannisch
verfahren. Und begab es sich / daß einer seiner Vasallen oder Unterthanen / der
ein armer und schlechter Mann war / ihm einen Jagd-Hund / den er sehr hoch
achtete / umgebracht hatte / wegen dieser That erzürnete sich der Gonverueur
also / daß er ihn in einen festen u. wohlverwahrten Thurm werffen / und mit
vielen Soldaten aufs schärfste bewachen ließ-Nach vielen Tagen / als ihm
einmahls der Kerckermeister / seiner Gewohnheit nach zu essen brachte / und die
Pforte eröfnen wolte / fand er zwar dieselbe also verschlossen / wie er sie
zuvor gelassen hatte / da er aber an den Orth kam / wo der Gefangene pflegte zu
sitzen / fand er ihn nicht / die Eysen aber / darinnen er verschlossen gelegen /
wahren unverletzt und unzerbrochen. Dieses nun wurde vor eine wunderbahre Sache
gehalten / und dem Gouverneur angezeigt / der ihn dann mit höchsten Fleiß durch
die gantze Stadt von Hauß zu Hauß suchen ließ / war aber unmüglich / einige
Nachricht von ihme zu erfahren. Und das machte diese Begebenheit um so viel mehr
verwunderlich / daß man wuste / daß die Eysen / darin er geschlossen war / noch
gantz / und die Thür verschlossen gewesen. Nach dreyen Tagen / da unterdessen
selbige Thür verschlossen geblieben / als ob der Gefangene noch drin läge / die
Hüter aber an ihn nicht gedachten / höreten sie eine Stimme an demselbigen Orth
/ wo der Gefangene gelegen. Da sie nun hinzugelauffen / um zuvernehmen / wer da
rieffe / funden sie / daß es der Gefangene war / welcher bat / daß man ihm doch
was zu Essen brächte. Indem sie nun die Thür eröfnet / und zu ihm hinkommen /
fanden sie ihn an seinen Orth angeschlossen / wie er anfangs gewesen / aber mit
einen erschröcklichen Angesicht / bleichfarben / verfallen / und die Augen trübe
im Kopf stecken / daß man ihn kaum mehr erkennen konte / dann er vielmehr einen
todten als lebendigen Menschen ähnlich fahe. Die Hüter / so sich über diese
Begebenheit sehr entsetzten / fragten ihm / wo er gewesen? Er aber wolte kein
Wort sagen / sondern bath inständig / daß man ihn wolte für den Gouverneur
selber führen / denn er hätte demselben grosse und hochwichtige Sachen / daran
ihm gelegen wäre / anzudeuten. [651] Als nun der Gouverneur
diese seltzame Begebenheit vernommen / ließ er den Gefangenen vor sich kommen /
welcher dan / weil es der Gouverneur also haben wolte / in Gegenwart vieler
Personen anfing folgende wunderliche Dinge zu erzehlen / sagende: Daß als er
sich in solchen finstern Gefängnis aufhalten müssen / sey er in solche
Verzweiflung gerathen / daß er den Teufel um Hülffe angeruffen / und gebethen /
er solte ihn von dannen hinweg führen / wohin er wolte / worauf denn der Teuffel
in einer erschrecklichen Gestalt zu ihm gekommen / mit welchen er er sich in
einen Contract eingelassen / daß er ihn aus diesen Gefängnis wegholen solte. Als
nun der Vergleich kaum geschlossen / ware er von den Teufel hinweg getragen
worden / wie aber und auf was Weisesolches geschehen / sey ihm verborgen. Er
wäre von ihm durch sehr grausame Oerther geführet / letzlich sey er an einem
Orth kommen / allda er viel tausendmahl tausend Personen gesehen / welche
schreckliche Plage / so wohl in Feuer / als auf andere Arth und Weise gelitten /
auch daselbst von unzehlig viel Teuffeln gevoltert / geplaget und gemartert
worden. Er habe auch an solchen Jammer-Orth allerhand Standes-Personen gesen /
als Päbste / Käyser / Bischrffe / Hertzogen und Praelaten, auch sehr viel seiner
Bekanten. Vornehmlich aber gab er dem Gouverneur zuverstehen / er habe allda
einen von desselben vertrautesten und werthesten Freunden gesehen / der habe
nach ihm und seinen Leben und Wandel gefraget / ob er nemlich noch ein so
grausamer Tyrann sey? Da habe er ihm geantwortet / daß er seine alte Sitten noch
nicht verlassen habe: Worauff ihn selbiger gebethen / daß er dem Gouverneur, so
er ihn wieder sehen würde / vermahnen solte / sein Leben zu bessern / und daß er
seine Unterthanen nicht mehr mit so grossen Schatzungen / Auflagen und
Frohndiensten beschwere̅ wolle; Ließ ihm auch darbey wissen / daß
ihm bereiths ein Sitz in der Höllen vorbehalten sey / allwo er auch bey seiner
Ankunfft schrecklich würde geqvälet und gemartert werden / sofern er nicht von
seinen bösen Leben abstehen / und ernstliche Buße und Besserung würcken würde,
Damit ihm aber der Gouverneur Glaube̅ zustellen möchte / sagte er
ferner / habe ihm ermelter Freund dieses zum Merckzeichen gegeben / daß sich der
Gouverneur erinnern solte des Contracts und Verbündnisses / welches sie zwischen
sich / als sie miteinander in Krig waren / auffgerichtet [hierbey erzehlte der
Gefangene die Verba formalia, so damahls zwischen denen beyden passiret und
vorgangen wären. Worüber sich dann ermelter Gouverneur über allemasse entsetzte
/ in dem er wuste / daß von demjenigen heimlichen Verständnis o [652] der contract niemand als GOTT und deroselbe
verstorbene Freund Wissenschafft haben könte. Fragte hierauf den Gefangenen / in
was habit und Gestalt er selbigen Cavallier an demjenigen Orth gesehen und
angetroffen habe? Da antwortet er ihm / daß er eben auf solche Arth / wie auf
der Welt / nemlich in Carmesin, Scharlaken oder Purpur Farbe und andern
dergleichen köstlichen Seiden-Zeug bekleidet geweser. Das Kleid aber / welches
dergleichen Farben repraesentirt / wäre erschreckliches Feuer / so ihn
unnachläßig brennete: Denn als er dessen Kleid berühren wollen / habe er die
Hand [welche er ihm auch zeigete] sehr verbrand. Er erzehlete auch über das noch
viele grosse und erschreckliche Dinge. Der Gouverneur ließ hierauff den
Gefangenen loß und nach Hauß gehen / und meldet oben gedachter Author daß er so
bleich / mager und ungestalt gewesen / daß ihn sein Weib und Freunde kaum
erkennen können / habe auch hierauff wenig Zeit gelebet / sey darbey allezeit
bestürtzt / traurig / matt und verfallen geblieben. Doch habe er die wenige
Lebenszeit in stäter Bercuung seiner Sünden / und mit wahrer Versorgung seiner
Seelen und Bestellung seines Hauses zugebracht. Von dem aber / was nemlich diese
Erinnerung bey dem Gouverneur gefruchtet / davon handelt / Alexander gantz und
gar nichts / ohne allein daß er affirmiret und behauptet / daß dieses eine
gewisse und warhofftige Geschicht sey / Wiewohl dessen Commentator Tiraquellus
es für eine Fabel hält. Henricus Salmuth,
ad part. 2. rer. memorabil. Pancirolli, tit. 12.
schreibet von einen Schmid in Hessen / welcher bey Nachtigereiset / und von bösen
Geist so übel geplaget / daß er / wegen solchen Schreckens in derselben Nacht
auf einmah Eyßgrau worden.
XXXII. Drum auch so wohl die Theologi, als Juristen und Politici alle solche
unter der Erden gemachte Gefängnisse / da man kein Tages-Licht darinnen sehen /
noch auch reine Luft in̅en schöpffen kan / sondern vor Qualm
Dampff und bösen Gestanck gleich vergehen und ersticken möchte / oder auch Frost
leiden / und von Gespensten und Ungezieffer sich quählen und nagen lassen muß /
gäntzlich verwerffen und verbiethen.
Vid. Knich. op. polit. part. I. lib. 1. c. 7. §. 13. column. 305. Menoch. de A.
J. Q. cas. 305. n. 5. Winther, in Parth. litig. lib. 2. c. 12. n. 38. Crus. de
Ind. delict. part. 4. c. 9. n. 12.
Auct. Discurs. von dem Justizien-Werck / pag. 66. führet an / daß [653] Anno 1609. ein Mädgen / welches auf einem Schloß nicht weit von
Weissenburg / auch in ein arges Gefängnis geleget / von einer Schlangen sey
ertödtet worden.
Und D. Justos Oldekop.
observ. crim. 16. tit. 3. n. 15. pag. 171.
erzehlet ein Exemqel / daß nachdem einer / welcher etliche Jahr in einen solchen
untererdischen Gefängiß gesessen / loß gelassen worden / und wieder an des
Tages-Licht kom̅en / er sich wie ein rechter Narr gestellet /
gelachet und froh gewesen / als wenn er im Himmel wäre / sey aber den zehenden
Tag hernach / weil er der Lufft entwohnet / und dieselbe nicht vertragen können
/ gestorben.
XXXIII. Wegen solcher schrecklichen und ungesunden Gefängniße / auch allzuharten
schliessens / daß ein Mensch weder Hände noch Füsse regen kan / und als ein Hund
immer auf der Erden liegen / und s. v. alles unter sich gehen lassen muß / kan
ein Gefangener sich gar wohl bey der hohen Landes-Obrigkeit beschweren / und üm
Linderung / auch Besichtigunng des Gefängnis / der Ketten und Bande anhalten.
Womit er auch nicht zuenthören / doch ist hierzu ein unpartheyischer
Commissarius zunehmen / welcher alles selbst genau in Augenschein fasse / und
fideliter referire.
Gail. lib. obs. 26. n. 2. Lud. Gilhaus. arb. civil. c. 6. p. 2. n. 2.
XXXIV. Justus Oldekop, tit. 3. observ. crim. 16 n. 2. führet aus dme Rutger.
Rulant. de commiß. lib 4. de commiß. circa carcerum & carcerator.
Inspect. cap. 8. n. 15. & seq. folgende Cautel an / welche ein vornehmer
Commissarius, der etwan aus Beysorge / er möchte an seiner Gesundheit Schaden
leiden / oder es seiner Ehren zu nahe seyn / wenn er selbst in Person ins
Gefängnis gehen / und dasselbige besichtigen solte / zu observiren / daß er doch
gründliche Nachricht haben könte / wie es üm das Gefängnis / auch des Gefangenen
Ketten und Banden bewahret sey. Die Worte lauten also: Commissarius prospiciat
sibi de tali, cujus professioni hoc actu intrandi & inspiciendi nihil
decedat, qualis est commentariensis seu carceris custos, qui tamen Magistratui
carceratumdetinenti non subsit, nec ab eo officium gerat. Quod si nec talem
commodè habere possit, retineat Magistratui detinenti servientem quem quoad hunc
actum à nexu juramenti, quo Magistratui est deligatus liberet, novoque
obstringat, at que sic carcerem intrare ac fideliter inspicere jubeat, simulans
se per alium, ad falsitatem evitan [654] dam, iterato
inspici curaturum. Exeuntem interroget, quale sit fundamentum carceris? an nuda
terra, an habeat pavimentum? & si respondeat esse nudam terram, an
humida sit, an sicca? ex eo enim an sit salubris nec ne conjicitur. Deinde
quaerat de forma, an sit quadrata vel rotunda? &c. Si quadrata aut
triangularis dicatur, chordulâ mensurari latera jubebit, quam rediens tradat.
Porrò quaerat de ibidem repertis, an adsit locus, ubi quis commode sedere
possit? an lectus & qualis? cujus partes omnes sibi describi curabit: Si
lectus deficit, an aliquid straminis, & quantum adsit, an id vetus vel
recens, humidum vel siccum? an etiam locus adsit, ubi [falvá reverentia] opus
natural reddi possit, & qualis ejus exitus? Multi enim instar pecudum,
uno codemque loco edere & hoc opus per ficere coguntur. Sed haec
intelliganda sunt de carcere squalido & subterraneo. Si autem carcer sit
supra terram, vel ita comparatus, ut commodus, & sine laesione detur
accessus, ipse Commissarius eum ingredi, & ulterius, [etiam circa
compedes & catenas] in hac commissione procedere debet.
add. Stryke, de jure sensuum dissert. 1. c. 1. n. 3. & diss. 5. c. 1. n.
45 46. & 47.
XXXV. Zuweilen begiebt sichs auch / daß die arme und hülffloß gelassene Gefangene
in solchen abscheulich stinckenden ungesunden Gefängnißen sterben und verderben
müssen / weil man niemand zu ihnen lässet: alsdenn giebt der Gottlose
unbarmhertzige Richter / und mit ihm seine Spürhunde die Häscher fälschlich vor
/ der Schlag hätte den Gefangenen gerühret / er hätte sich solber ümgebracht /
Gifft eingenommen / oder wenn ein Mann- oder Weibesbild / verdächtiger Hexerey
halber / eingezogen- und erschrecklich gevoltert worden / daß sie drüber sterben
/ muß es strack heißen / der Teufel hätte ihnen den Hals ümgedrehet / schweren
auch noch wohl Stein und Bein dazu es wäre wahr / und nicht anders / nur den
gemeinen Mann desto eher zu bereden / und ihre ungerechte Procedur dadurch
zubeschönen und zu bemänteln. Ja es muß drauf strack der Scharffrichter herbey /
und solchen offt usnchuldigen menschlichen Cörper auf den Schind-Anger / oder
unter den Galgen begraben.
Oldekop. tit. 4. observ. 48. n. 89. & 10.
Oweh! und aber weh! solchen Gewissen-losen unbarmhertzigen Leuten / die solcher
gestalt einen armen Menschen aus verteufelter Boßheit / und [655] muthwilliger weise üms Leben bringen: Sie werden gewiß dort an
jenen Tage auch ein unbarmhertzig Uthel empfangen.
XXXVI. Denn wenn ein Gefangener im Gefängniß tod gefunden wird / seiner
beschuldigten Missethaten halber aber nicht überführet ist / soll man von ihn
muthmassen / daß er eines natürlichen Todes verfahren: Es wäre dan̅ das Contrarium aus gewissen Merck-Zeichen zur genüge darzuthun. Denn [1.] so
lange man Unehre auf iemand nicht beständiglich / mit guten Fundament bringen
kan / soll man sich aller Ehren zu ihm vermuthen.
L. merito 51. ff. pro socio L. quoties 18. §. qui dolo ff. de probat. Barbosa in
Thes. loc. com c. 22. axiom. 9.
[2] Vermögen die Rechte / daß wo iem and im Gefängniß tod gefunden wird / man
nicht wieder den Todten / sondern wieder den Stock- oder Kercker-Meister und
Diener / der dem selben in Verwahrung gehabt / zu praesumiren / daß er den
Gefangenen übel gehalten / habe / nisi aliud probetur.
Vid. Damhoud. prax. rer. crim. c. 11. Mascard. de probat. concl. 266. per tot.
Guazzin. def. 6. c. 6. n. 84.
[3] Sind auch hier immerdar Ursachen / welche uns einen natürlichen und ehrlichen
Tod rathen / denn es kan müglich seyn / daß sie wegen Pein der Tortur
verschmachtet / die schwere Eisen und Bande haben sie ohnkräfftig gemacht / der
Gestanck / Dampf / Kälte / Näße und Abscheuligkeit des Gefängnißes hat ihnen zum
Tode geholffen.
Reinking respons. de Sagis n. 523.
Sie sind vor Schwermuth und Traurigkeit versuncken / weil sie ohn allen Trost
gewesen / sc.
Freud. in Gewissens-Fragen / von Zauberey / q. 326. n. 1. 2. & 3.
XXXVII. Die Zeichen aber / daraus man schliessen kan / daß das Angesichte nach
den Rücken gerad abwarts / und nicht nur auf einer oder der andern Seiten stehet
/ welch es wohl zu Mercken. [3] Muß man einen hoch ver [656] ständigen Medicum und Chirurgum lassen zusehen / ob auch am
Halse herunter einige Zeichen und Linien vorhanden / welche man also befinde /
daß sie gantz neu und des vorigen Tages nicht dran gewesen. So kan man finden ob
der Teufel den Strick hinweg genommen. [4] Wann / welches ohne große Gewald
nicht geschehen können / "die erste Vertebra, oder Wierbelbein im Genick aus
ihrem Orth oder Schlüssel gantz und gar also verrückt / daß das Unter- oder
Obertheil / als abgeschiede / und mit Gewalt versetzet / mercklich und greiflich
heraus raget. [5] Wann wieder den Stock meister oder Diener und Hencker nicht
praesumiren / daß sie etwas dabey gethan. Wann aber diese und andere dergleichen
Zeichen nicht vorhanden / so soll man den Cörper für ehrlich und natürlich
abgeleibt seyn erklären. Es kan der Teuffel wohliemand erwürgen / und auch kein
Zeichen hinterlassen / doch sollen und können wir Menschen solches ohne Zeichen
nicht sicherlich glauben. Drum heist es / alles fleißig und wohl vorher bedacht
/ denn hie ist keine Restitutio, wenn einmahl pecciret worden sc.
Autor caution. criminal. q. 42. Praetor. in gründlichen Bericht von Zauberey / c.
11. p. 237. §. Antwort 1. vielleicht / confer. D. Reinking, Resp. Jur. de Sagis,
n. 521.
Veluti etiam pronun ciatum gegen Sittenbach / ad requisitionem Praefecti.
P. P.
Dieweil aus der gehaltenen Gerichtlichen Registur so viel zu befinden / daß der
Teufel bey der Tortur Margareten Sparwitzen so hart zugsetzet / daß sie nicht
eine halbe Stunde an der Leiter gespannet / mit grossen Geschrey Todes verfahren
/ und ihr Haupt gehencket / daß man gesehen / daß sie der Teufel inwendig im
Leibe umgebracht / inmassen denn auch draus abzunehmen ist / daß es mit ihr
nicht richtig gewesen seyn muß / weil sie bey währender Tortur gar nichts /
weder Ja noch Nein geantwertet sc. So wird der Sparwitzin todter Cörper ohne
Gesang und Geläute / unter Galgen oder das Gericht durch den Scharfrichter oder
Abdecker billig begraben und verscharret. V. R. W. Mens. Jun. Anno 1623. alleg.
Carpzov.
p. 3. q. crim. 131. n. 46. Freudius in Gewissen-Fragen / von Zauberey / q. 327.
|| [657]
XXXVIII. Dargegen loben Petr. Greg. Tholosan.
L. 2. de Republ. c. 7. n. 4.
Und Bodinus,
lib. 4. de Rep. c. ult.
Die Könige in Franckreich / daß sie solche arge Gefängniße abgeschaffet / und
dargegen in allen Provincien leidliche / helle und lüfftige bauen lassen / da
unverdächtige mit den inhafftirten reden / die dadurch einen Trost schöpffen
können / ne vita cum genitu fugiat indignata sub umbras.
Foller, in Pr. crim. part. 1. prin. n. 2.
XXXIX. Man findet auch / daß diejenige / welche grossen Herren und Tyrannen
gerathen / grausame Gefängnis zubauen / und die armen Leute darinnen zu quählen
/ offt selber / aus GOttes gerechten Gericht / zuerst hinein kommen / und
dieselbe einweihen müssen / oder sind doch eines bösen Todes gestorben. Also
gieng es dem Cardinali Balvensi, welcher bey dem König Ludovico IX. in
Franckreich Minister crudelitatis war / und demselben an die Hand gab / wie er
allerhand grausame Gefängnisse bauen / auch schwere Ketten und Bande vor die
armen Gefangenen verfertigen lassen könte; allein der Cardinal kam in das
allererste Gefängnis / so fertig ward / muste auch gantzer 14 Jahr dainnen
sitzen.
Philipp. Cominaeus,
lib. X. pag. 472.
beschreibet solches gantz artig / drum wir seine Worte anher setzen wollen: Is
Cardinalis [sc. Balvensis] carceres horrendos, quos ejus instinctu Rex
[Ludovicus XI.] parari jussit [ii hodie quoque Lutetiae conspiciuntur] caveas
nempe aliquot partim ferreas, partim ligneas ferreis laminis coo pertas,
latitudine octo pedum, & altitudine paulo majori, quam est statura
hominis, compedes etiam ferreas gravissimas fieri curavit, quibus illigarentur
crura, pedes vinciebantur annulo ferreo, ab eo pendebat immanis quaedam catena,
ad cujus exitum maximi ponderis globus. In has tetras caveas Cardinalis ipse,
& quidem in eam, quae primum perfecla fuit, inclusus est, perque totos
quatuordecim annos detentus. Nec absimile Regi ipsi accidit. Etsi enim carceres
illos tetros passus non est, tamen ad eundem planè modum ipse quoque spontaneis
vinculis sese induit, inque majori metu versabatur, quam illi quos [658] aliquando captivos detinuerat. Ita enim se in arce
quadam, quùm neque filio unico, neque genero, neque filiae, neque ulli alii,
totus suspicionibus & diffidentia obrutus, fideret, inclusit, &
custodiis circumsepsit, ut nullus arctiori custodia coerceri potuisset, quam
ille seipsum cohibuit.
Camerar. hor. succis cent. 1. c. 9. pag. 67.
XL. Denn wenn gleich das Gefängnis nicht eben ein plaisirlicher Orth seyn kan /
als wenn man daheim in einen geschmückten Gemach sitzet / so muß es doch so
beschaffen seyn / daßes ein erträglicher Orth ist / darinnen das Tages-Licht
zusehen / die Lufft durchstreichen kan / der Gesangene wegen Feuchtigkeit /
Nässe / Frost oder ander Ungemach / an seiner Gesundheit und Leben keinen
Schaden leide sondern / wenn er hingerichtet werden soll / daß er bey Kräfften
bleibe / daß er es ausstehen könne / oder wenn er absolviret und loßgesprochen
wird / nicht ein armer Krüpel und ungesunder Mensch sey.
Dan. Clasen. ad art. 21. const. crim. Carol. V. pag. 78. & 79. Oldekop.
tit 3. obs. 16. n. 14. Stryke, de jur. sens. diss. 1. c. 1. n. 31. usg??? 34.
Carpz. p. 3 pract. crim q. 30. n. 45.
XLI. Ferner hat die Obrigkeit dahin zu sehen / daß nicht Mannes- und Weibes-Volck
zusammen in ein Gefängnis gethan werden / Unzucht zu vermerden / sondern ein
iedes Geschlechte seine absonderliche Behältnis und Verwahrung habe.
L. quoniam C. de custod. reor. Franc. Vivius, lib. 2. comm. opin. in verb.
carcerat. n. 2. Carpzov. part. 3. prax crim. quaest. 111. n. 65. & 66.
Remus, ad art. 11, const. crim. pag. 24.
XXII. Et quantumvis de Jure Justinianeo mares saltem & foeminae separari
jubeantur, illud tamen Imperator Carolus V. ad quorumcunque incarceratorum
separationem extendere voluit.
Manzius, ad d. art 11. n. 29. 30. & seqq. pag. 47. Thomas Metzger / cons.
15. n. 28.
Und wenn etliche eine Ubelthat zugleich begangen haben / werden sie nicht in ein
/ sondern unterschiedliche Gefängniße vertheilet / daß sie sich nicht mit
einander bereden und vergleichen können / was sie aussagen / bekennen / oder
verhalten wollen.
|| [659]
Daniel. Clasen, in comment, ad d. artic. 11. Const. crim. pag. 79.
XLIII. Es muß der Judex wegen der Gefangenen Verpflegung gute Anstalt machen /
auch wöchentlich bey den Stock- oder Kercker - Meister Stadt- oder Land-Knecht
nachsehen laßen / ob sie auch das jenige / was ihnen zum Unterhalt verordnet ist
/ bekommen / damit nicht die Obrigkeit das Geld geben / und die Gefangenen
dennoch Hunger und Kummer leiden / oder der arme Sünder / wie wohl ehedeßen
geschehen / vor den Hoch-Noth-Peinlichen Hals-Gericht / ehe er seinen Tod
erlitten / über Hunger und Durst klagen müße.
Author. prax. crim. Altenburg. pag. 167.
Denn es begiebt sich offt / daß die Kerckermeister und Gerichts - Diener / oder
doch deren Weiber und Kinder / wenn sie den Gefangenen die Speisen zutragen /
gemeiniglich das beste zuvor herab nehmen / und für sich behalten / hergeben das
jenige / was sie nicht mögen / denen armen Delinquenten bringen / oder wohl
solche gegen ein geringes Zugemüse austauschen / welcher Betrug / wenn er
vorgehet und auskömmet / billig mit Ernst zubestraffen.
Naurath, de rationar. pag. 407.
Und wäre wohl gut / wenn in den Gerichts-Häusern an allen Thüren und Tafeln
angeschrieben stünde: Gedencke der armen Gefangenen! wie Oldekop. tit. 3. Obs.
crim. 16. n. 6. anführet / daß er auf dem Rathhause in einer vernehmen
Reichs-Stad gesehen / so würde dadurch die Obrigkeit täglich erinnert / der
Gefangenen sich beßer anzunehmen / und nach deren Zustande zu frangen / als
Leider! so geschiehet. Da doch dieselbe Ambts-wegen schuldig / die Gefangene zu
besuchen / und was ihnen nöthig herbey zuschaffen.
Arnold. de Reyer, in Thesaur. jur. tom. 1. pag. 415. n. 12.
XLIII. Und damit der Judex desto eher hinter der Kerckermeister und Ge
richts-Diener Betrug und Bubenstücke kommen möge / soll er den Gefangenen
alleine / und daß jene nicht dabey sind / vornehmen und befragen / ob ihn der
Diener hart halte? Oder wie er sonst mit ihn umgehe? Item ob er zu rechter Zeit
zu Essen und zu Trincken? Auch waß? und wie viele er allemahl bekomme?
Deßgleichen ob er auch / zu seiner Reinigung / weiß Zeug / oder auch offte rein
Stroh zum Lager / und was ihm sonst nöthig / kriege?
|| [660]
Franc. Marc. ex Parlam. Delph. part. 1. Decis. 910. Oldekop, d. tit. 3. Observ.
16. n. 9.
Da dann bey verspührter Nachläßigkeit und Betrug / er den Diener drum gebührend
anzusehen und zubestraffen hat.
XLIV. Wenn auch / wie gemeiniglich zu geschehen pfleget / die meiste Gefangene an
den Orth wo ein grosser Herr residiret, gebracht und hernach justificiret werden
/ daß offte alle Gefängnisse voll sind: So ist nöthig / daß unterschiedliche
fleißige und gewissenhaffte Kercker meister / Hüter und Wächter bestellet werden
/ die denen Gefangenen den nothwendigen Unterhalt zutragen / und dieselbe warten
/ daß sie nicht hungers und dursts sterben / oder sonst umkommen und verderben /
auch glimpflich mit ihnen verfahren / und ihre Verbrechen ihnen nicht mit harten
Worten / oder höhnischen Gebärden vorrücken / ad exemplum Josuae c. 7 v. 19.
Cothmann, vol. 3. Resp. 29. n. 217. & 218.
XLV. Wenn der Gefangene Mittel hat / muß er sich selber alimentiren.
L. quemadmodum §. Magistratus ff. ad L. Aquil. Petr. Surdus de aliment. tit. 1.
Quaest. 27. Böer. Decis. 302. n. 2.
Sonst kömt es dem Ankläger zu / wenn der Captivus arm ist / und nichts hat / ja
er muß wohl gar die Unkosten zu seiner Defension herschiessen.
Gloss. in L. fin. C. de erog. milit. annon. Seb. Guazzin. in tr. ad Defens.
Inquis. tom. 1. Defens 6. c. 1. n. 1. pag. 218. Franc. Cason. Sing. Quaest. c.
14. n. 16. fol. 114.
Oder da kein Ankläger verhanden / wächset es der Obrigkeit zu / als welche um
deßwillen die Straf-Gelder und andere Zugänge / als Fructus Jurisdictionis
zugeniessen hat.
Matth. de Affiict. Decis. 71. n. 71. n. 76. Bajard. Quaest. 46. n. 15.
Et si non fuerit pauper, sed omnia ejus bona fuerint publicata &
incorporata debent ipsi subministrari ex dictis bonis alimenta & omnia
alia, ut possit de defendere in parandis scripturis, procuratoribus &
Advocatis.
Guazzin. praecitat. loc. n. 2.
quod etiam procedit in Crimine laesae Majestatis ante Sententiam, secus post
illam.
|| [661]
Surdus dict. tr. de Aliment. tit. 1. Quaest. 72. n. 3. & Quaest. 129.
tit. 1. n. 7.
XLVI. Worbey wohl Acht zu haben / daß wenn jemand auf den Hals gefangen sitzet /
dessen Freunde und gute Bekanten / ohne Vorwissen und expressen Befehl der
Obrigkeit / auch ohne Beysein einer von derselben Abgeordneten Gerichts-Person /
nicht zudemselben zu lassen / noch auch zu verstatten / daß dieselbe ihm zu eßen
und zu trincken in Gefängniß bringen oder schicken.
Tranq. Ambrosin. Process. inform. lib. 4. c. 7. n. 7.
Denn man hat aus der Erfahrung / daß sie ihnen alles / was passiret, resteckt und
zugebracht: Ja wohl gefährliche Einschläge zum leugnen / oder sich wider die
Tortur festzumachen / oder wohl gar loß zubrechen / gegeben. Item in Speise und
Tranck Gifft / oder ingantzen Brodten Feilen / Stricke / Messer und dergleichen
Dinge / sich entweder selbst umzubringen / oder sonst ihre Erledigung damit zu
suchen / zu partiret.
Oldekop, Observ. crim. tit. 3. Obs. 11. n. 8.
XLVII. Drum bey solchen gefährlichen Begebenheiten nöthig / daß ein paar ehrliche
/ starcke / hurtige und muntere Wächter zu dem Gefangenen bestellet und
beeydiget werden / die stets bey ihm bleiben.
idem Oldekop. d. Obs 8. n. 8.
Formul einer solchen Beeydigung.
Ich NN. schwere hiermit zu GOTT dem Allmächtigen und seinen heiligen Wort einen
leiblichen Eyd / daß ich den Gefangenen N. N. so Tages als Nachtes / treulich
und mit unermündeten Fleiß hüten / bewachen und verwahren will / daß er sich
nicht loßmache / noch entkomme. Und da ich etwas verdächtiges an den Fesseln /
Ketten / Banden und Schlössern sehen und spühren würde / will ich es sofort dem
Ambtmann ansagen und offenbahren. Ich will auch niemanden ohne desselben Wissen
und expressen Befehl zu den Gefangenen lassen / weder von dessen Befreundten
noch sonsten jemandten / vielweniger verstatten / daß ihm von einen andern / als
den Gerichts-Deiner / Speise und Tranck zugebracht werde. So will ich mich auch
nicht mit Geld / noch andern Geschenck bestechen und verblenden lassen /
verdächtige Briefe oder andere Dinge anzunehmen / und dem Verhafften zuzupartirn
/ sondern in allen bey dieser Wache mich erweisen [662] und
bereigen / wie einen ehrlichen Mann / und geschwornen treuen Wächter eignet und
gebühret / so war mir GOTT helffe / durch JEsum CHristum / Amen.
[Subditi & rustici maleficos in carcere custodire haud sunt obligati,
cura enim haec custodiae non minus atque ipsa executio & irrogatio
poenarum Magistratui incumbit, qui propterea propriis sumptibus atque expensis
custodes conducere tenetur.
Jacob de S. Georg. de Feudis, in verb. de castro n. 15. Carpzov. p. 4. constit.
51. defin. 15.
nisi aliud consuetudine fuerit introductum, quâ omnino standum.
Petr. Heigius, p. 2. Quaest. 23. n. 9.]
LXVIII. Das Gefängniß soll auch nicht gar zu enge / sondern dergestalt beschaffen
seyn / daß die Gefangenen Raum drinn haben / sich niederzulegen / und darin̅e auszustrecken; Item daß es van den Kerckermeister reinlich
gehalten / und offte frisch Stroh / zum Lager / hinein gethan werde / damit die
Gefangene nicht in Ungezieffer verderben / noch auch vor Gestanck und Unflat
vergehen: Maßen denn deßhalber täglich dasjenige / was die Natur nicht verhalten
kan / von ihnen weg zutragen / weßhalben auch die Kerckermeister / Frohnboten /
Stad- und Land - Knechte alle Tage ein gewisses vor das Wartgeld bekommen.
[Bey Verfolgung der Christen geschahe es offte / daß viele Martyrer ü???einander
her in ein enge Gefängnis geleget wurden / daß sie alles unter sich gehen lassen
und also in Unflat verderben musten. Gallon. de cruciat. Martyr. pag. 504.
& 505.]
XLIX. Un da einer oder der andere von den Gefangenen kranck würde / soll es der
Diener so bald anzeigen / damit die Obrigkeit Anstalt machen könne / daß ein
Medicus erfodert werde / der dem Patienten Artzeney verordne. Scilicet ut Reus
vel innocentiae slavus, quantum fieri potest, remaneat, vel ad alium, ad Medici
curam aptum locum duci possit.
Carpzov. Pract, Crim. p. 3. q. 191. n. 21. & seqq. Oldekop, Obs. crim.
tit. 3. Obs 12. n. 3. pag. 164. Joh. Christoph Ernst / d. Disp. de Relaxat.
carcerat. c. 2. th. 14.
Oder aber wenn die Kranckheit gefährlich / nach Gelegenheit der Umstände / [663] und des Verbrechens / auf Bürgenhand loßgelassen oder
in des Gerichts-Dieners Stube gebracht / und bewacht werde.
Hering, de fidejussor. c. 10. n. 424. & 425.
Guazzin,
Tom. 1. defens. 6. c. 1. n. 45.
berichtet / daß Kayser Carolus V. hin und wieder in feinen Königreichen und
Landen gewissen Medicos und Chirurgos, so die Gefangene besucht und curiret /
bestellen / und aus der gemeinen Cassa besolden lassen.
L. Doch ist hierbey gute Vorsichtigkeit zugebrachen: Denn man hat aus der
Erfahrung / daß viele Gefangene sich nur kranck gestellet / um der Hafft
entlediget zu werden / oder der Tortur und der verdienten Straffe zu entgehen.
Von welchen bey dem
Oldekop. observ. crim. tit. 3. obs. 21. 22. 23. 24. & 25. Paul. Zachia,
Quaest. Medico-legal. lib. 3. tit. 2. Quaest. 2. 3. 4. 5. & 6. Strycke,
de Jure Sensuum Dissert. 1. c. 1. n. 38.
nach der länge zu lesen.
Deßwegen die Obrigkeit / ehe sie hierin was verordnet / tüchtige und verständige
Medicos drüber vernehmen und ihren Rath folgen kan.
Zachias. d. tr. lib. 6. tit. 2. Quaest. 2. n. 20. & seqq. us??? 25.
LI. Es hat sich aber ein jeder im Obrigkeitlichen Stande wohl vorzusehen / und in
acht zunehmen / daß er nicht etwan aus Haß / Groll und Feindschafft / ohne
einige rechtmäßige Ursache und Vorbedacht / zufahre und ehrliche Leuthe ins
Gefängnis werffen lassen / sondern gute Bescheidenheit darin gebrauche.
Zieriz. ad art. XI. const. crim pag. 24. Dan. Clasen, ad eundem, pag. 74.
Accusatione enim vel inquisitione institutâ aestimare debet Magistratus, utrum in
carcerem recipienda sit persona accusata, an militi tradenda, vel fide
jussoribus committenda, vel etiam sibi: hoc autem vel pro criminis, quod
objicitur, qualitate, vel propter bonorum, aut propter amplissimas facultates,
vel pro innocentia personae, vel pro dignitate ejus, qui accusatur, facere
solet.
L. 1. & 3. ff. de custod. & exhib. reor. Struv. Syntagm.
Jurisprud. Exerc. 49. th. 1.
Denn es ist eine große Schmach / und harte Beschimpffung / welche fest anklebet /
und nicht so leicht wie der abgethan werden kan.
|| [664]
Pr. text. in L. 5. §. 1. ff. quisatis darecog. Wesenb. cons 57. n. 9. part. 2.
Rauchbar / part. 1. quaest jur. Civ. & Saxon q. 48. n 8. Vivius, decis.
201. n. 12. & 14. Barbos. loc. comm. lib. 3. c 7. axiom. 1. n. 3.
Nisi manifesta calumnia, propter quam innocens carceribus mancipatus fuit, etiam
in Vulgus notissima sit.
Dan. Clasen, ad const. crim. art. 6. p 59.
Imò injuria irreparabilis.
Pr. L. 32. ff. de injur. Goedelman in tr. de venef. & mag. lib. 3. c. 6.
n. 14. Schurf. consil. 48. cent. 3. Mynsinger, cent. 5. obs. 69. Crus. de indic.
delict part. 4. c. 9. n. 11.
quae praesumitur fieri dolo malo & animo injuriandi,
L. si non convicii C. de injur. L. C. unde vi.
& supplicium mortalibus gravissimum,
Polydor Vergil lib. 14. Hist. Angl- Jugn. Valentin. Winther / Parthen. litig.
lib. 1. c. 14. n. 30.
Poenaque miserrima ac molestissima, quae incarcerato aufert rem omnium
gratissimam atque pretiosissimam, libertatem scilicet, rem prorsus
inaestimabilem, ut ait textus
in §. ult. inst. quibus ex caus. manum. Consil. Argentor. vol. 1. cons 41. n. 25.
Touchiret auch nicht nur des Gefangenen Ehre allein / sondem auch dessen gantzer
Familien Respect.
Oldekop. tit. 3. obs. 1. n. 1. pag. 143. & obs. 13. n. 4. item obs. 16.
n. 12. & 3. Wesenb. cons. 57 n. 9. Rauchbar / p. 1. q. 48. n. 8.
Non enim statim pro reo habendus est is, qui accusatur, ne, ut pulchrè ait
Imperator in L 17. C. de Accusat. Subjectam innocentiam feriamus, &
rectè dictum est à Justiniano: Si accusare sufficeret, quis esset innocens?
Zumahl wenn der Captivus unschuldig ist. Quae injusta captura &
incarceratio non modò ultorem habet DEUM, sed etiam poenam Judici subeundam
meretur.
Hippol. de Marsil. in pract. crim. §. constante. n. 3. Paris de Puteo de Syndic.
v. captura c. 2. n. 3. Damhoud. in prax. rer. crim. c. 1. n. 8.
Dicitur autem carceratio injusta, quando per judicem non fuit servatus juris ordo
capiendo.
Franc. Cason. de indic. & torment. c. ult. ???. 23.
|| [665]
LII, Drum muß der Judex, ehe und bevor er hierinnen was vormimmet / de corpore
delicti gewiß seyn / ob die That auch warhafftig geschehen / oder nicht.
L. 1. C. ubi caus. fisc. agunt. Gomez. var. resol. tom. 3. c. 9. de captur. reor.
in princip.
Manus siquidem Judicis ligatae sunt, antequam constet de corpore delicti. Corpus
verò hoc loco non accipitur quantitativè, sed solummodò ratione existentiae
& veritatis in existendo, quod scilicet delictum reverà existat, seu
verè sit perpetratum. Ideo si quis accusatur furti vel homicidii, debet antea de
rebus ablatis, & homine interfecto constare. Explorata igitur veritas
delicti commissi exprimitur per corpus delicti.
Dan. Clasen, ad art. 6. const. crim. pag. 57.
LIII. Und müssen Indicia Legitima sich ereignen.
Roland. cons. 17. n. 2. vol. 3. Neviz. Sylv. nupt. lib. 5. lim 4. n. 68. Carpzov.
d. q. 111. n. 18. & 19.
Est verò Indicium argumentum, ex quo certò vel probabiliter cognosci poterit,
liquod delictum esse perpetratum. Vel est signum, ex quo Judex ad minimum de
veritate delicti perpetrati certus fieri potest, vel certus est factus.
Clasen, ad art. 6. const. crim. Caroli V. p. 57.
Welche zwar nicht so praegnant erfodert werden / als die zur Tortur.
Volck mann / cons. crim. 17. n. 2. Ferd. Weizenegger, diss. 6. c. 8. n. 120.
Jedoch justa, probabilia & sufficientia seyn müssen: damit ehrlichen
Leuthen nicht zu wehe geschehe.
L. 1. ff. de quaest. Hippolyt. de Marsil. in prax. crim. §. constante n. 1.
Roland. à Valle, vol. 3. cons. 17. n. 2.
Welches auch sonderlich die Peinl. Hals-Gerichts-Ordnung Caroli V. art. 218.
erinnert / in verb. Daß durch die Obrigkeit etwan leichtlichen auch erbare
Personen ohne vorgehende Berichtigung / bösen Leumuth / und andere gnungsame
Anzeigung / angegriffen / und ins Gefängnis gebracht werden / und in solchem
Angriff etwan durch die Obrigkeit geschwindlich und unbedächtig gehandelt /
wodurch der Angegriffene an seinen Ehren Nachtheil erleidet.
|| [666]
LIV. Und ob man wohl zum vermeinten Trost vorgiebt / es machen die Hafft / das
Gefängniß und die Bande keinen anrüchtig / wenn nicht die That / darum er
beygesteckt oder angeschlossen wird / infamire.
L. 1. C. ex quib caus infam. L. ictus fustium 22. ff. de bis qui not. infam.
ibi??? Wesenbec. Speckhan. part. 1. cent. 1. quaest. 16. per tot. Guazzin.
defens 6. c. 6. n. 82.
Item Carcer & Custodia würden unter die Casus fortuitos gezehlet.
Gryphiand. Oeconom. legal. lib. 2. c. 11. n. 75.
In welche einer leicht kommen könte / ehe er sich dessen versehe. So erwecket
doch solches bey einem ohne dem blöden Menschen eine grosse Furcht / Angst und
Schrecken;
Volck mann / consil. crim. 10. n. 46.
setzet ehrliche Leuthe in grosse Schmach u. Verachtung / und wenn einer noch so
unschuldig ist / muß er oder seine Kinder sich es wohl bey der allergeringsten
offense von dem gemeinen Mann vorwerffen lassen.
LV. Dannenhero auch ein solcher plumper / unbedachtsamer und vorschneller Richter
injuriarum belanget / und tapffer bestraffet werden kan. Ja er muß noch darzu
den / so er zur Ungebühr in Hafft nehmen und beystecken lassen / gehörige
Satisfaction und Abtrag thun / auch alle Schäden und Unkosten ersetzen.
Seburf. consil. 87. n. 3. &. 4. Item cons. 98. n. 4. cent. 4. Paris de
Puteo, d. tr. de Syndieatuv. carcer & carceratus c. 2. n. 7. Crus. de
indic delict. part. 4. c. 9. n. 4.
LVI. In Foro Saxonico ist dißfals eine gewisse Busse gesetzet / als Tag und Nacht
dreyßig Soliden oder Schillinge / welche viertzig Groschen oder zwey alte Schock
machen.
Carpz part 3. pract crim quaest. 111. n. 71. & 73. &. &.
p. 4. const. 46. n. 5.
Worauf auch die Schöppen-Stühle noch zu sprechen pflegen:
Ita Scab Lips. Mens. Jul. 1598.
So ist er Klägern den gefänglichen Angriff / ieden Tag und Nacht / so lange er
gefänglich enthalten / mit dreyßig Schilling Pfennigen / oder vierzig Silber -
Groschen / der gefetzten und verordneten Sächsischen Busse zoverbüssen / und
darneben die Gerichts - Kosten / auf richterliche Ermäßigung zuerstatten
schuldig V. R. W.
|| [667]
Item / hat euch der Kath zu NN. ohne Ursach mit Gefängnis beschweret: So seynd
sie auch desselbe / benebens Erstattung aller Schäden und Unkosten / ieden Tag
und Nacht mit dreyßig Schilling Pfennigen zuverbüssen schuldig / V. R. W. Mens.
Mart. 1583. Item / so ist er das ausgestandene Gefängnis / sö lange dasselbe
gewähret / Inhalt Landüblicher Sächß. Rechte / ieden Tag und Nacht mit zwey
alten Schocken zuverbüssen schuldig / V. R. W. Menf. Aug 1624.
LVII. Hat also in Ansehung dessen die Obrigkeit / Richter und Beambten / ehe sie
zur Captur schreiten / die Beschaffenheit des Berbrechens / und alle Umstände
genau zu überlegen und wohl zu betrachten. Weil regulariter die gefängliche
Einziehung nicht stat hat / als nur in solchen Verbrechen / da die Todes- oder
doch wenigstens die Leibes - Straffe erkant wird.
Jul. Clar. lib. 5. sent. §. ult. q. 28. n. 1. Carpzov. part. 3. q. 111. n. 5.
Petr. Theod. in colleg. crim. dlsp. 4. th. 10. lit. E. Volckmann / cons. 10. n.
1.
LVIII. Es wäre denn der Delinquent eine gemeine / schlechte / liederliche und
ümschweiffende Person / die nichts in bonis, vielweniger was eignes hätte / und
zu besorgen / daß er die Flucht ergreiffen / und die Gerichte eludiren möchte.
LIX. Ferner hat man auch die Personen / so gefangen gesetzt werden sollen / zu
consideriren / denn anders wird ein Baur oder sonst gemeiner Kerl / ander
gestalt aber ein vornehmer / gelehrter und begüterter Mann / oder auch wohl gar
einer von Adel tractiret.
Carpzov. pract. crim. p. 3. q. 111. n. 26.
mit welchen letztern etwas höflicher ümzugehen.
Ambrosin. lib. 2. proc. inform. c. z. n. 16.
Weil doch durch die Incarceration, sie will / der Leib des menschen einiger maßen
affligiret wird.
Josias Nolden, de statu nobil. p. 337. n. 87. & seqq. Wehner, obs. pract.
pag. 153.
EX. Comites, nobilies & alios honoratiores in causa debiti non
carcerandos, sed fidei potius eorum credendum esse, dicendum est cum Perezio
in comment. Cod. ad lib. 10. tit. 19. n. 21.
Hinc est quod dicitur, Nobiles non facilè esse arrestandos.
|| [668]
Hahn. dissert. de Jure Nobil. sing. th. 32.
Eatenus potius, quatenus facere possunt, tenentur, nec si penitus solvere non
possint, carcerari possunt;
L 6. l. 18. ff. de Re judic.
idque ratione dignitatis in qua sunt constituti.
Coler, de proceß. execut. p. 1. c. 6. n. 129.
Hinc sicubi prorsus solvendo non sunt, non tamen capi, vel personaliter detineri
possunt, multò minus sisti vel carcerari poterunt, ubi tantum moram in solutione
nectunt, ali bi etiambona sufficientia possidentes.
Berlich, p. 1. pract. concl. 75. n. 15. Coler, de proc. execut. p. 2. c. 3. n.
154.
qui asserit, comitem quendam personaliter arrestatum absque omni cautione
fidejussoria relaxatum fuisse. Idem de Doctoribus aliisque personis egregiis
dicendum venit.
Peck, de Jure sistendic. 5 n. 13.
Ubi Medicum quendam arrestatum, absolutum & dimissum fuisse refert.
Berlich, p. 1. concl. 75. n. 16. & seqq. Ernst. disp de relax. carcerat.
c. 2. thes. 41
LXI. Drum der Judex gleichfals pro qualitate Criminum gute Vorsichtigkeit und
Bescheidenheit zugebrauchen: Zumahl wenn solche Personen nicht auf den Hals
sitzen: Denn da wird bey solchen Fällen mit Vorwissen / und auf Befehl der hohen
Obrigkeit / solchen Honorationibus zuweilen nur der Areft angekündiget / so daß
sie einen Handschlag von sich geben / in ihren Häusern oder in der Stad zu
bleiben / und bey Verlust des ihrigen / oder sonst einer Nahmhafften Straffe /
nicht zu wancken oder zu weichen / biß ihre Sachen der Gedühr nach / gäntzlich
ausgeführet und erörtert worden / welches man Vinculum Civitatis nennet.
Wehner, Obs. Pract. pvg. 153. Oldekop, Observ. crim. 4. tit. 3. n. 11. Nolden. d.
l. n. 87. & 88.
Oder sie leisten Caution, sich jederzeit / wenn es begehret wird / vor Gericht zu
stellen / und was wieder sie erkant würde / zu praestiren und auszustehen.
Struve Syntagm. Jurisprud. Exercit. 49. th. 10. & Exercit. 47. th. 39.
|| [669]
Oder wenn sie keine würckliche Caution durch Pfande oder Bürgen thun und leisten
können / werden sie zuweilen / wenn die Sache nicht viele antrifft / mit der
Juratorischen Caution zugelassen. vid. L. 17. C. de dignit.
Da man sie aber auf solche Maaße in Ansehung des grossen Verbrechens / oder aus
Beysorge / sie möchten durchgehen / und die Gerichte eludiren / nicht auf freyen
Fuß stellen kan / werden sie nicht in Gefängnis unter der Erden / sondern in ein
bewöhnlich hell Gemach gebracht / und mit Soldaten / oder andern Wächtern / auf
ihre Kosten / wenn sie es bezahlen können / bewachet.
Coler. de Process. Executiv. p. 2. c. 3. n. 177. Josias Nolden, de Stat. Nobil.
c. 15. n. 88. & 89
Oder / wenn sie keine Mittel haben / die Wache zu verlohnen / angeschlossen und
in wohl verwahrte Stuben gesetzet.
LXII. Die geringern Standes sind / werden in der Voigte / Frohn - Bothen - Thor
oder Gerichts - Diener Stuben geführet / und zuweilen / mehrer Versicherung
halber / an ein oder beyde Beine geschlossen. Soldaten bringet man auf die Haupt
- Wache / zum Profos, oder wohl gar in die Stockhäuser.
VVehner, Obs. Pract. p. 153.
Die aber / so nicht wohl bey Sinnen sind / in gewisse / eticher Orthen darzu über
das Wasser gebauete Narren - Köben / Choren - Kasten oder Narren - Häuser.
Zahn. Ignograph. c. 11. n. 7.
LXIII. Wenn die That am Leibe oder Leben zu straffen / werden weder juratorische
noch wirckliche Caution, Bürgen oder sonst andere Versicherung angenommen /
sondern man bemächtiget sich der Person / damit dieselbe an ihrem Leibe und
Leben könne abgestrafft werden: Denn ehe einer den Kopf hergiebt / lässet er
lieber Bürgen und alles in Stiche.
Dan. Clasen, d. Comment. pag. 77. n. 4. Oldekop, tit. 3. Obs. crim. 4. per tot.
ibi??? alleg. DD.
Maßen denn auch dem heutigen Gerichtsbrauch nach / hohe Standes - Personen
[worunter die von Adel / Doctores und Professores: Imgleichen die Weibes -
Bilder mit begriffen] des Gefangenschafft nicht befreyet sind / weil der Reatus,
oder die verwirckte Missethat / niemandtetz / ermag seyn von was Würden er will
/ ausschleust.
|| [670]
L. 1. C. ubi Senat. vel Clariss. VVesenbec. n. 10. ff. de poenis. Manzius, in
Patrocin. debit. Dec. 1. q. 7. Otto, in Corp. Jur. Crim. pag. 139
LXIV. Wie viele Tage aber der Erb - oder Nieder - Richter mit dem Gefängniß -
Straffen dürffe / oder wie hoch dasselbe mit Geld zuverbüßen / findet man
nirgends was rechtes ausgedruckt oder verordnet / aus genommen / daß der Churf -
Sächß. Schöppenstuhl zu Leipzig im Junio Anno 1696. communibus votis geschlossen
/ daß der Erb - oder Nieder - Richter in Fällen / die in Erb - Gerichte
eigentlich gehören / die Verbrecher / râtione Personarum &
circumstantiarum, willkührlich mit Gefängnis 2. 3. 4. oder zum höchsten auf acht
Tage lang / oder um eine ziemliche Geldbuße / jedoch daß sich dieselbe / ratione
Personarum & circumstantiarum über 2. 3. oder zum meisten vier gute
silberne Schock [oder zehen Thaler] nicht erstrecke / in Straffe zunehmen wohl
befugt sey / Was höher zubestraffen / gehöre vor den Ober Gerichts - Herrn.
Carpzov. pract. crim. part. 3. Quaest. 119. n. 62. 63. 64. & 65. Casp.
Zilesius, de mulcta & Jure mulctandi, cap. 11. n. 72.
LXV. Im Fürstl. Sächß. Ambt Altenburg darfkein Erb - Richter Gefängnis halten /
oder bauen / wie der Ambts - Verwalter Herr Kayser daselbst in seiner Praxi
Criminali pag. 23. & seqq. mit einigen Fürstl. Rescripten und befehlen
zeiget.
LXVI. Jedoch ist solchen Erb - Richtern nicht gewehret / einen Delinquenten beym
Kopf nehmen zulaffen / wenn sie denselben strack dem Ober - Richter zuschicken
und darstellen.
Besold. Cons. 211. n. 4. part. 5. Zahn, de Jure municip. c. 11. n. 8.
LXVII. In Hertzogthum Würtenberg wird derselbe einen Taglang ins Gefängnis
gesetzet / auch mit Wasser und Brod gespeiset / der nicht sieben Schilling
Heller zur Straffe erlegen kan.
Würtenberg. Landes - Ordn. tit. 93. von Freveln.
Drey Creutzer machen einen Schilling / uti declaratur in Novella Constit. Würteb.
de 24 Julii Anno 1620. art. 9. §. 2.
EXVIII. Die Straffen / womit vor Alters in dem Graffen - Gericht die Schuldigen
beleget worden / waren entweder am Leibe / oder Leben / oder an [671] Ehren / oder auch an Gut und Geld. Unter der Leibes - Straffe ist
die leidligste gewesen das Gefängnis. Caroli M. Capitulare Ingelheimense, Anno
826. c. 5. Si quis quolibet modo Blasphemiam in Deum jactaverit, ab Episcopo vel
Comite pagi ipsius Carceri usque ad satisfactionem tradatur. Drum muste auch ein
jeder Grafe seine besondere Gefängnisse in seiner Graffschafft haben / weßhalber
Venantius Fortunatus, lib. 4. de vita S. Martini dem Avitiano Comiti Turonensi
Ergastula und Claustra zuleget.
Avitianus inops animi vocat officiales,
Et repetere jubet Tormenra, Ergastula, Claustra.
Caroli M. Capitulare 2. Anno 813. c. 11.
ut Comites unusquisque in suo comitatu Carcerem habeant.
LXIX. Wenn hiebevor bey den Römern ein Gefangener aus dem Gefängnis brach / und
sich loßmachte / aber wieder ertappet wurde / muste er sterben:
L. 13. ff. de Cust. reor. L. 1. pr. ff. de Effract. & expil. L. 38. §.
pen ff. de Re milit.
Denn sie hielten die Gefängnisse vor heilig / und ein solch Erkühnen vor ein
Crimen Laesae Majestatis.
D. Stryke. in Disp. de Carcere ad Custodiam cap. 5. n. 2.
Wiewoht theils Rechtsgelehrte noch disputiren / ob per poenam Capitis in d. l. 1.
ff. de Eff ract. ultimum supplicium, oder nicht vielmehr Capitis diminutio, und
also nur mors eivilis verstanden wird.
vid. Petr. Theodoric. Disp. Criminal. 3. thes. 16. lit. D.
LXX. Heut zu Tage bleibet es nur bey der willkürlichen Straffe / welche in diesem
Fall höher nicht als auf den Staupenschlag extendiret / nach Gelegenheit der
Umstände aber offt gemildert wird.
Carpzov. Pract. Crim. p. 3. q. 111. n. 96. Struv. Syntagm. Jur. Civ. Exerc. 48.
th. 106.
Daß sie nemlich eine ziemliche Geldbuße geben / oder einen Monatlang bey gesteckt
/ und mit Wasser und Brod gespeiset werden.
vid praejudicia ap. Carpzov. d. loc. n. 97
LXXI. Doch halten einige Doctores davor / es könte einer mit guten Fug und Recht
aus dem Gefängnis loßbrechen und davon gehen / wenn er unrecht [672] mäßiger Weise / und ohne einiges Verschulden
wäre eingesteckt worden.
Ripa in L. admonendi n. 171. ff. de Jure jur. Brunnemann, Rep. parat. de Custod.
reor. q. 13.
Hoc enim magis est fraudem & damnum injuriosum, quam Crimen committere.
Id quod non dolo, sed prudentiae adscribit Tiraquell.
de retract. lign. in praef. n. 69. Petr. Theodor. Disp. crim. 3. th. 16. lit. D.
Imò potest iste etiam in foro conscientiae è Carceribus auffugere, etsi inde
Custodi detrimenttm aliquod contingat, &, si mortem aliter talis injustè
Carceratus evadere non posset, tutò Custodes interficere poterit.
Menoch. d. Lib. 2. cas. 103. n. 14. Boer. Quaest. 215. n. 32.
Item bey allen Fällen / wenn er sehe / daß das Gefängniß nicht zugeschlossen wäre
/ und er ohne Auf brechung desselben und der Bande entwischen könte / und zwar
ex permissione juris naturae, quod semper requirit, ut quilibet vitam suam
conservare intendat. Gestalt denn auch der Reus nicht üm des willen ins
Gefängnis gebracht würde / allda gutes willens zu verbleiben / sondern daß der
Judex gute Anstait machen müste / daß derselbe wieder seinen Willen drinnen
behalten würde. Sed contrarium tenet Gloss.
in L. succurritur ff ex quib. caus. majori in integrum restit. & cum lla.
Bökel disq crim. 9 §. 3.
dicentes, neminem debere carcere exire, licet quis possit, & carceris
ostium apertum sit.
Covarruv. var. res lib. 1. c. 2. n. 14.
LXXII. Desgleichen könte einer gar wohl loßbrechen / und die Wächter niedermachen
/ wenn der Richter sein Feind / und zubesorgen wäre / daß er ein unrechtmäßiges
Urtheil wieder ihn fällen / ungehörter Sache strack auf die Volter werffen / und
wohl gar das Leben nehmen lassen würde / und der Gefangene sich sonst auf andere
Arth zu erretten nicht wüste.
L. 2. ff. de captiv. & postlim. revers.
Sed putamus [inquit Dn. Stryke, d. cap 5. n. 7.] hoc casu valdè requiri, ut
notoriè prius constet de injustitia carceris, scil. quod Judex ordinem juris
debitum non servaverit, tali enim judici de facto procedenti, ceu cuilibet
privato, etiam de facto resisti potest.
|| [673]
Conf. Petr Theod. crim. 4. th. 11. post lit. L.
Deinde etiam arbitramur, dicta procedere eo casit, si non concedatur potestas
superiorem judicem adeundi, qui sententiam ab inferiori judice latam impugnet.
LXXIII. Wenn einer üm des willen loßbricht / sich bey dem höhern Richter über des
Unter - Richters hartes Verfahren und schweres Gefängnis zubeklagen / auch
solches wircklich thut / und wieder kömmet / ist er üm des willen nicht aller
Schuld frey / sondern wird wegen solches Loßbrechens und Violirung des
Gefängnisses mit einer wiewohl gelinden und erträglichen Straffe angesehen.
L. 13 ff. de cust. & exh. reor. Menoch. cit. lib. 2. cas. 301. n. 12.
& 13.
LXXIV. In Feuer - und Wassers - Gefahr aber können die Gefangene ihr Leben zu
salviren wohl / und ohne Straffe aus dem Gefängnis gehen / doch daß sie nicht
gar davon lauffen / sondern wenn die Noth vorbey / sich wieder einfinden.
Jacob. de Bellovisu, in pract. crim. lib. 2. c. 16. n. 3. pag. 557. ibi???
allegat. Joh. Christoph. Ernst, disp. de relax. carcerat. c. 2. th. 15.
Welches sie zwar / wenn sie die Beine einmahl loß haben / selten zuthun pflegen /
sonderlich wenn sie auf den Hals sitzen / und der That schuldig sind /
ungeachtet sie von Rechts wegen sich wieder zustellen pflichtig.
Dn. Petr. Müller, de fuga §. 47.
Derjenige aber / welcher unschuldiger weise eingestecket worden / auch seine
Unschuld dociren und darstellen kan / ist alsdenn nicht wieder zukommen
verbunden / wenn er auch schon deshalber geschworen hätte.
Theodor. in colleg. crim. q. 30. n. 13'. Vivius, lib. 2. decis. 123.
LXXV. Zu Athen wenn des Bachi Fest celebritet wurde / ließ man die Gefangene /
loß / wenn solches aber vorbey / schloß man sie wieder ein / wer davon lief /
den hielt man vor einen Entheiliger des Festes / und hatte das Leben verlohren.
D. Joh. Philip. Pfeiffer / Antiq. Graec. lib. 2. c. 24. in fine.
Fast eben so haben es gemacht die Bürgemeister in einer Stadt / deren Oldekop.
|| [674]
gedencket / welche in der Weinlese einen Dieb gefangen bekommen / damit sie aber
an der Arbeit nicht gehindert werden möchten / haben sie zu den Dieb gesagt: Sie
hätten ietzo nicht Zeit seine Sache in Verhör zu ziehen / sie wolten ihn vor
dieses mahl wieder seiner Wege gehen lassen / doch solte er angeloben / daß wenn
die Weinlese vorbey / er sich wieder einstellen wolte. Das Hand-Gelöbnis that
zwar der Dieb / soll aber noch wieder kommen. Die Areapagiten und Blut-Richter
zu Athen / welche doch sonst vor kluge und verständige Leuthe gehalten wurden /
schlägelten auch hierinnen / daß als ein Weib vor ihnen verklaget wurde / welche
ihren Mann und Stieff-Sohn mit Gifft vergeben / sie auch dasselbe gestund / aber
dabey anführete / sie hätte es darum gethan / weil besagter ihr Mann und Stieff
- Sohn ihren rechten Sohn auch mit Gifft hingerichtet hätten / sie den Partheyen
den Bescheid gaben: Sie solten nach hundert Jahren sich wieder anmelden.
Valer. Maxim. lib. 8. c. 1. & A. Gellius, lib. 12. Noct. Attic. c. 7.
LXXVI. Ferner ist die Frage / wenn der Captivus aus dem Gefängniß bricht / sich
loßmacht und die Flucht ergreifft / ob er deshalber pro confesso zu halten?
welches zwar verneinet wird / indem solches kein infallibile signum commissi
delicti ist.
Brunnemann, rep. Parat. Wesenbec. de custod. reor. q. 7. Menoch. lib. 2. A. J. Q.
cas. 301. n. 3.
Unusquisque enim illis inclusus angustiis liberiorem vivendi, & se
defendendi rationem facilè advertit, quam si ex carcere respondendum. Es ist
besser aus / als in den Busch.
Oldekop. tit. 3. observ. crim. 3. n. 6.
Potius ergo, ut ab incommodis carceris liberetur, quam ut delictum confiteatur,
id feciste praesumendus: Aber es vermehret doch den Argwohn wieder denselben üm
so viel stärcker / daß er / concurrentibus aliis adminiculis, wenn er wieder
ertapt wird / entweder vermittelst der Territion, oder wohl gar der Volter / zum
Bekäntnis der Ubelthat gebracht werden kan.
D. Stryke, d. disp. de carcere ad custod. cap. ult. n. 19.
LXXVII. Und wenn einer sich solcher gestalt der Hafft entwircket / werden ihm
Steck-Brieffe [andere heissen sie Hafft-Brieffe
Ernst. disp. de relax. carcer. c. 7. th. 17.]
|| [675]
nachgeschickt / und die angräntzende Aembter / Gerichte und Stäte ersucht / da
der Loßgebrochene / oder sonst ausgetretene / sich der Orthen antreffen lassen
würde / man sich dessen bemächtigen / ihm vermahrlichen behalten / u. es
notificiren möchte / Anstalt wegen seiner Abhol- und auslieferung / nebst
Erstattung der dißfals aufgewendete Kosten / zumachen.
Coler, part. 4. c. 1. n. 207. Proc. exec. Wehner, obs. pract. v. Steck-Brieff /
p. 458. Dan. Clasen, ad art. 156. const. crim pag. 666.
FORMULAR eines solchen Steck-Brieffes.
DEs Durchläuchtigsten Fürsten und Herrn / Herrn N. Hertzogen zu Sachsen / Jülich
/ Cleve und Bergen / auch Engern und Westphalen / sc. tot. tit. anietzo
bestalter Ambtmann zu N. ich N. N. füge / nebst Entbiethung meiner iederzeit
bereit willigen Dienste / allen und ieden Fürstl. und Gräfl. Beambten /
ingleichen Adelichen Gerichtshaltern und Verwalthern / wie auch Bürgemeistern
und Räthen in Städten / so hierunter ersucht und angelanget werden / hiermit
freundlich zu wissen / daß ein vor 14. Tagen allhier gefänglich eingezogener
Dieb / Nahmens Hans Stehler von Greif hausen / ein langer hagerer Kerl / gelb
von Gesichte / mit schwartzen schlechten Haren / vierzig Jahr alt / einen
schwartzen Flohr üm den Hals / item einen dunckel-grauen Rock mit zinnernen
Knöpffen / lederne Hosen / und braune Streuflinge an / auch einen schwartzen Hut
mit einer Krämpen aufhabend / aus einen starcken und wohl-verwahrten Thurm /
nachdem er die Ketten / Fessel und Bande / ohne Zweiffel durch Beyhülffe des
bösen Geistes / zerschlagen hinterlassen / auch durch zwey starcke bohlerne
Thüren mit Feuer aus den Ofen / so in die Gefängniß-Stuben gesetzet / und bey
ietziger Kälte geheitzet war / solche grosse Löcher gebrant / daß er dadurch
hinaus kriechen können / sich loßgemacht und entronnen. Wann dann mir bey
solcher Beschaffenheit obliegen will / denselben durch gewöhnliche Steck-Brieffe
aus äussersten Vermögen nachzutrachten und zu verfolgen / üm ihn wieder
zuerlangen und zur verdienten Straffe zuziehen; Als er suche Ambtswegen hiermit
alle obgedachte Fürstl. und Gräfl. Herren Beambte / Adeliche Gerichts halter und
Ver [676] walther / auch Bürgemeister und
Räthe in Städten / denen dieses offenen Schreiben vorgezeigt wird /
freund-nachbarlich / vor meine Person aber dienstlich bittende / sie wollen
ohnbeschweret / der Gebühr nach / zu Beförderung der Justiz / in denen ihnen
anvertrauten Aembtern / Gerichten und Städten allenthalben die nothwendige und
balde Verfügung thun / und Anstalt machen lassen / daß wenn obgedachter
Maleficant nur zu erforschen und anzutreffen seyn möchte / selbiger absofort /
aufdes hiesigen Ambts Besten und Gefahr / in gefängliche Hafft genommen / wohl
verwahret und bewachet / und alsdann Notification davon eilend anher gethan
werden möge: damit der gewöhnlichen Auslieferung wegen / und sonsten / ferner
behörige Anstalt gemacht werden könne. Solches soll / nebst Abstattung der
Gebühren / in dergleichen und andern Begebenheiten / auf Ersuchen / anseiten
hiesigen Fürstl. Ambts / hinwiederum also willfährig gehalten werden. Urkundlich
habe ich diesen offenen Steck-Brief mit dem gewöhnlichen Ambt-Siegel bedrückt /
und eigenhändig unterschrieben / so geschehen zu N. den 12. December / Anno 693.
(L. S.)
N. N.
Hierunter werden die Nahmen der Aembter / Gerichte und Städte verzeichnet / bey
welchen die Bothen sich anmelden / und die Steck - Brieffe vorzeigen sollen / da
denn gemeiniglich an den Orthen / wo sie gewesen / das Praesentatum von den
Beambten pfleget davor gesetzet / auch so dann diese Brieffe / wenn sie herum /
zu den Acten geleget werden.
Add. Heinr. Sam. Eckolis disp. inaug. de literis incarcerationis patentibus,
Lips. 1677.
LXXVIII. Wird nun ein solcher Fugitivus ertappet / lässet ihn die Obrigkeit des
Orths billig beym Kopf nehmen / wohl verwahren und bewachen / notificiret es
auch durch einen eignen Bothen dem Beambten / der die Steck-Brieffe ausgeschickt
/ da denn von diesen ein gewisser Tag benahmet wird / wenn und wo er denselben
auf der Grenze annehmen wolle. Dieses geschicht / wenn vorher alle Unkosten
abgestattet / und der Beambte / so den Gefangenen annimt / dem der ihn liefert /
einen schrifftlichen Revers, daß solche [677] Ausliefferung
dem Ambte / Gericht oder Stadt N. an dero Gerichtbarkeit nicht praejudicirlich
seyn / sondern das Ambt N. in dergleichen und andern Fällen solches wieder also
thun wolle / unter des Ambts Siegel / und des Beambten Unterschrifft /
aushändiget. Unterschiedliche Formularia solcher Reverse habe ich im andern
Theil des getreuen Rechnungs-Beambten cap. 5. pag. 216. 217. & seqq.
us??? 228. angeführet / dahin der Leer remittiret wird.
add. D. Adrian Beyer. vom Hencker-Geld / c. 4 pag. 55.
LXXIX. In Franckreich werden diejenige / so aus den Gefängnißen echappiren, in
loco domicilii, ader sonst durch ein peremptorische Edict citiret / und per
praeconem auf öffentlichem Marckt ausgeruffen. Juxta formulam requirendorum
reorum centumacium, de qua in
L. 1. ff. de req. reis l. 1. C. eod. l. absentem 6. C. de accusat. l. absentem
ff. de poenis l. tres C. quomodo & quando Judex l. contumacia 53. ff. de
re judicat.
Hernach wird das Factum, so er begangen / in Consideration gezogen / und er
demselbigen nach / wenn er sich wieder einstellet / abgestraffet. Befindet man
aber / daß er unschuldiger weise incarceriret worden / ist die Straffe eben drum
nicht Capital, daß er aus dem Gefängnis loßgebrochen und durchgangen.
Papon. lib. 23. rapso arest. tit. 2. art. 1. Petr. Gregor. Tholosan. lib. 36.
Synt ag. jur. univ. c 25. n. 36.
LXXX. Zuweilen halten wohl solche ausgetretene Delinquenten üm ein sicher Geleit
an / ihre Sache auszuführen / welches ihnen auch gegeben wird. Es ist aber
solcher Salvus conductus zweyeriey / Generalis & Specialis. Ein gemein
sich er Geleit wird dasjenige genennet / welches dem citirten Reo, ohne
geleistete Caution und Bürgschafft / ertheilet / iedesmahl vor den Gerichten
sicher ab und zuzu gehen.
Zanger, de except. part. 2. c. 5. n. 22. Modest. Pistor. vol. 2. consil. 49. n.
52.
Welches gemeiniglich in drey Tagen pfleget zubestehen / als den Tag des Termins,
den Tag zuvor / und den Tag hernach / damit der Angeklagte zum Gericht / und
wiederum davon in seine Gewarsam kommen [678] Nisi dies
juridicus diutius duret, quo casu etiam generalis securitas eò us??? extendi
debet.
Carpzov. p. 3 pract crim. q. 112. n. 6. 13. & 14.
Ein Special uud sonderbar sicher Geleit / welches auch das freie oder volle
sicher Geleit zu Recht und vor unrechter Gewalt genennet wird / ist welches der
Judex unter seiner Hand und des Gerichts-Siegel dem Reo, nachdem derselbe auf
eine gewisse Summa Geldes Caution und Bürgschafft geleistet und eingeleget hat /
schrifftlich ertheilet / sich zu Hause bey den Seinigen / oder den Befreundten
sicher und ungehindert aufzuhalten / und seine Defension zu volführen / biß
etwas Peinliches wider ihn er kant werde / doch daß er inzwischen sich Gleitlich
bezeige.
Matth. Coler. de process. executiv. p. 4. c. 1. n. 303. & 255. &
p. 1. Decis. 156. n. 6. Dan. Moller, lib. 2. Semestr. c. 1. Carpzov. d. q 112.
n. 20. 21. 54. 55.
LXXXI. Wenn aber nach beygebrachter Defension dennoch dem Reo die Tortur oder
sonst was Peinliches zuerkant / und ihn solches Persöhnlich publicirt wird /
höret alle geleistete Caution auf / und wird alsdann in Gefängliche Hafft
genommen.
Zanger, d. c. 5. n. 14. & 19. Moller. cit. c. 1. n. 1. Dan. Clasen, ad
art. 156. Const. Crim. Carolin. p. 667. & 668.
LXXXII. Es geschiehet aber solche Ertheilung des sichern Gleits von der Obrigkeit
/ welcher die Hohe oder Peinliche Gerichte zukommen / oder von deren Bedienten /
so die Gerichte administriren und verwalten.
Carpzov. d. q. 112. n. 22. & seqq. us??? 29.
Formularien derselben kan man finden in des Volckmanni arte Notariat. part. 2.
titi. c. 10. n. 1. 2. 3. & 4. wie auch in des Herrn Spathens
Secretariat-Kunst / ersten Bands dritten Theil pag. 1423.
LXXXIII. Wenn ein Gefangener des Kerckermeisters Weib oder Magd fleischlich
erkennet / wird derselbe / wie Menoch,
de A. I. Q. cas. 292. n. 5. & 6.
will / arbitrariè von dem Judice bestrafft / tùm ob loci violationem, tùm ob
periculum illud, ne deinde mulier curet illum aufugere. Allwo er auch ein
Exempel anführet / daß ein Kerckermeisters Weib einen gefangenen Studenten / in
den sie sich verliebet / und Ehebruch mit ihn getrieben / aus den Gefängnis
loßgelassen. Consentit Guazzin,
|| [679]
ad Defens. Inquis. tom. 1. def. 6. n. 58.
welches aber / wenn ein solcher C asus, sonderlich was denn Ehebruch betrifft /
in den Sächsischen Landen sich begebe / viel härter würde zubestraffen seyn.
vide supra caput V. n. 36. & 37. & Petr. Gregor. Tholos. lib. 36.
c. 8. & 9. n. 10.
Denn das Gefängnis ist locus publicus & sanctus, so ohne harte Straffe
nicht zu violiren / vielweniger zu verunehren.
Guil. Bökel. Disq. Crim. 5. §. 16. 16. & Disq. 9. §. 3. pag. 267.
LXXXIV. Welcher sich erkühnet / mit zusammengezogener mannschafft Feindlicher
Weise / und mit gewapneter Hand die Gefängnisse anfzuschlagen / und die
Gefangene / so das Leben verwirckt / als Räuber / Mörder und dergleichen heraus
zunehmen / oder doch dadurch machet / daß sie davon lauffen / und entwischen
können / wird mit der Poena fractae pacis publicae, nemlich mit dem Schwerd
gerichtet.
Juxta L. fin. ff. de Re milit. Constit. de pace tenend. tit. 27. Feud. lib. 2.
Recess. Imper. de Anno 1555. §. Wir setzen / ordnen / &c. vers. wo sie
ins Gefängniß kommen. P. H. O. art. 128. & seq. ibi??? Matth. Stephani.
Carpzov. p. 1. pract. Crim. q. 35. n. 23. & 45 & p. 3. Q. III.
n. 86. & 88. ac part. 4. Const. 13. def. 8. Philippi, in Usu Pract.
Instit. lib. 4. Eclog. 19. n. 27. ubi praejudicia vide.
Sonst wenn es ein geringes Verbrechen betrifft / wird ex juxta dispositionem
juris Saxonici, mit eben der Straffe / welche der Captivus hätte ausstehen
müssen / beleget.
Carpzov. d. q. 35. n. 45. & 46. ibique praejudicia, nec non p. 4. C. 13.
Def. 8. n. 3. Matth. Color. p. 1. Decis. 166. n. 3.
LXXXV. Bey den Jüden war der Gebrauch / daß sie auf Ostern einen grossen
Ubelthäter aus dem Gefängnis loß / und zugleich ihm die Straffe erliessen / zum
Andencken / daß sie zu solcher Zeit von Pharao aus der Egyptischen Dienstbarkeit
erlöset worden.
Matthaei, c. 27. v. 15. 16. 17. 21. & 26. Johannis, c. 18. v. 39.
& 40.
[Sic homicida exul ab exilio revocabatur apud Judaeos, Lege Num. c. 39, quando
summus Sacerdos, qui oleo unctus erat, Christum referens, moriebatur.]
|| [680]
Käyser Valentianus, Theodosius und Arcadius bezeugen gleichfals in L. 3. C. de
Episc. audient. daß die Juden obigen Gebrauch gehabt / haben auch gebothen
drüber zu halten / dergestalt / daß / wenn der erste Oster-Tag erschiene / alle
Gefangene loß und ledig gelassen werden solten / ausgenommen die Zauberer /
Vergiffter / falsche Müntzmacher / Vater-Mutter oder Kinder-Mörder und andere
vorsetzliche Tddschläger / oder auch die ein Crimen laesae Majestatis begangen.
L. simile I, quisquis 5. §. deni??? C. ad Leg. Jul. Majest.
Item die Blutschänder / Nothzüchtiger / Verräther des Vaterlandes / und die / so
der Verstorbenen Gräber auffgebrochen und beraubet.
L. minime de relig. & sumpt. fun.
Deßgleichen die Kirchen-Diebe und Räuber / und die offte ihre Ubelthaten
wiederholet hatten /
in ca. testimonium in repet. in 9. col. vers. ecce nunc de testib. Petr. Greg.
Tholos. Syntagm. Jur. Univ. lib. 36. t. 32. Clar. pag. 46. n. 9. Menoch, de A.
I. Q. cas. 303. n. 38. Guazzin. ad Defens. Inquisit. tom. 1. def. 6. n. 38. Dn.
Struve, de victoria & Clade §. 159.
auf welche Gewohnheit sich auch jener Mörder beruffen wolte / der dem Käyser
Ottoni I. welche befohlen hatte / selbigen strack den Kopf herunter zu schlagen
/ also zurief:
Est quia Pascha Dei,
Rex miserere Mei. Solche Loßlassung ist ebenmäßig auf Weinachten / dem neugebohrnen Jesulein zu Ehren / geschehen. Oldekop. tit. 3. Obs. crim. 4. n. 9. Bartolus aber berichtet ad supra dict. Leg. 3. C. de Episcop. audient. daß dieser Gebrauch vorlängst aufgehöret: Wiewohl Clarus, lib. 5. Sentent. §. fin. q. 46. vers. solent. und Menoch, de A. I. Q. lib. 2. cas. 303. n. 12. 13. Item 28. & 38. anführen / daß solches in Meyländischen Stat noch üblich sey. Und wenn auch gleich die Gefangenen auf obgedachte Zeit nicht auf freyen Fuß gestellet werden / soll man sie doch / wie Cynus, ad modò dict. L. 3. C. de Episc. audient.
|| [681]
will / alsdann an des Tages-Licht führen / welches auch zu andern Zeiten
geschehen muß / ne luce priventur vegetativâ.
L. 1. ff. de exhib. reor.
Rutger Rulando,
de Commissar. lib. 4. c. fin. Oldekop. tit. 3. Observ. Crim. 4. n. 14.
LXXXVI. Zuweilen geschicht es auch wohl / daß wenn ein Landes- Herr seinen Einzug
in eine Stadt hält / oder die Huldigung einnimmet / die Gegene / so eben nicht
so gar was schweres verbrochen / laßgelassen werden / oder wenn etwann Friede
zwischen grossen Potentaten geschlossen wird / wegen der allgemeinen Freude /
welches wie Menoch,
de A. I. Q. cas. 302. n. 15.
bezeuget / in Meylandischen Stat geschehen / als Anno 1544. der Friede zwischen
Käyser Carln den V. und Francisco Könige in Franckreich publiciret wurde / item
wie Anno 1559. König Philippus in Spanien / und König Henricus in Franckreich
Friede miteinander machten. Addit tamen, remissionem hanc ob pacem non prodesse
Reo criminis falsi.
Juxta Bartol. in L. Lucius. in fin. ff. ad S. C. Turpil. Marsil. in rubr. ff. ad
Leg. Cornel. de falsis. n. 12. & singul. 163.
LXXXVII. Das Gefängnis zu Pariß / darein auch grosse Herren gesetzet werden /
wird die Bastille genennet.
Martin. Zeiler. p. 2. tit. Gefängnis pag. 89. im Hand-Buch /
LXXXVIII. Zu Londen in Engeland / unten fast am Ende der Stadt / nemlich da die
Stadt-Mauer an den Fluß Tems aufhöret / ist der in den Historien berühmte
Londinische Thurm / oder das Castel / so Britanisch Bringvvin und Tovvegvvin
genant wird / ist ein vierecktes groß Gebäude mit vier starcken hohen Thürmen /
ohne Hof / stehet gantz frey / hat keinen Graben herum. Inwendig sind etliche
finstere schlechte Gemächer / an stat eines Daches ist es oben gantz eben und
mit Bley gedeckt. Es siehen zwanzig grosse Stücke oben hinter der Zinnen / oder
Brust-Wehr herum. Man kan die Stadt von solchen überschiessen / auch sehr weit
ins Land herum sehen. Um diesen Thurm ist ein grosser Platz / darauf viel Häuser
/ desgleichen auch das Zeughaus / und die Königliche Müntze / so dann ist erst
eine Mauer herum / und an den drey Seiten ein breiter Wasser-Graben / an [682] der vierdten Seiten hat es den Fluß. Siehet es also
einen kleinen Städlein gleich / und ist die Circumferenz viereckt / nicht
flanquiret / daher es auch gar nicht vor feste zu halten. Camdenus saget / daß /
wenn ein neuer König in Engelland erwehlet werde / solcher zuvor die Possession
dieses Thurms zu nehmen / und drin 3. à 4. Tage sich aufzuhalten pflege / von
dannen halle er seinen Einzug in und durch die Stadt biß hinan nach Westmünstter
in sein Palatium. Auf diesen Thurm / so man TOUR nennet / werden die grossen
Herren gefangen gehalten / oben ist ein grosser Boden oder Bühne gemacht / auff
welcher sie hingerichtet werden.
Author des Neugeharnschten Gros - Britannien, pag. 193. & 194.
Das gemeine Gefängnis in Londen wird genant Talboth, und noch ein anders Neügate.
idem pag. 349. Zu Constantinopel heisset das grosse Gefängnis zum Sieben
Thürmen.
Zeiler, Epist. 419.
In Marocco der Christen-Sclaven Behältnis Senega, aus welchen sie des Morgens
heraus zur Arbeit geführet / und des Nachtes wieder hinein gesperret werden.
Asiatische und Africanische Denckwürdigkeiten dieser Zeit / p. 567.
LXXXIX. Bey den ABYSSINERN werden die GEfangene nicht für Gericht aus dem
Gefängnis geführet / sondern zwey Wächter fügen ihre Hände zusammen / und setzen
den Gefangenen drauf / welcher sich an ihre Köpffe hält / den tragen sie also
fort / und folgen die andere Hüter mit ihren Gewehr nach / und so werden sie
auch wieder zurück ins Gefängnis getragen.
XC. Die JAPANER brauchen keine Gefängniße / sondern straffen gleich auf frischer
That die Verbrecher / oder verbannen sie ins Elend. Alle Gefangenschafft muß
allda mit Verrätherey geschehen. Denn wenn einer wüste / daß er solte gefangen
genommen werden / würde er sich grimmig wehren / wie ein reissend Thier. Wenn
ein Edelmann etwas großes verborchen / wird er mit vieler Mannschafft in seinem
Hause belagert und eingeschlossen / auch gezwungen / sich selbst zu entleiben.
Verziehet er aber solches zuthun / so stürmet man das Hauß / und machet alles
caput, was [683] drinnen anzutreffen. Solche Gewalt
zuverhüten / wird er vermahnet und gebethen / sich selbsten mit Zerschneidung
seines Leibes hinzurichten.
XCI. In SINA sind sehr viele / große und weitläufftige Gefängniße / deren schon
droben im andern Capitel Erwehnung geschehen
Vid. Erasin. Francisci, im neu-polirten Geschicht-Kunst- und Sitten-Spiegel /
lib. 2. disc. 7.
Das grösseste in solchem. Reich ist in der Residenz-Stadt PEKING, welches zwey
Meilen im vierkantigten Bezirck hält / beynahe so lang als breit / mit einer
hohen Mauren / so oben mit bleyernen Platten bedeckt / und einen tieffen
Wasser-Graben ümgeben / darinnen gewöhnlich auf des Königs Befehl dreymahl
hundert tausend Gefangene von 17. biß 50. Jahren alt / unterhalten werden.
Ferdin. Mendoza Pinto, im 22. Capitel seiner wunderlichen Reisen.
XCII. Bey uns in Teutschland haben fast bey ieden Ambt / Stadt oder Gericht die
Gefängniße eigne Nahmen / offte von denen / so erst sind hinein gesteckt worden
/ deren etliche Lauterbeck im Regenten-Buch lib. 5. c. 10. fol. 323. anführet.
XCIII. Hieher könte ich nun auch setzen die vielen Exempel der großen Potentaten
/ Käyser / Päbste / Könige / Fürsten / Graffen und Herrn / auch vortreflicher
Generalen und Krieges-Heiden / welche theils lange im Gefängnis enthalten /
theils gar drinnen gestorben /
Vid. Joh. Ravis. Textor. Theatr. Hist. lib. 3. c. 15.
oder sich doch sehr hoch daraus ranzioniren müssen; Item wie etliche sich gantz
listig aus dem Gefängnis weg partiret / immaßen der Herzog von Nemours, als er
zu Lyon in Franckreich gefangen saß / untern Vorwand / er wolte Pillen
gebrauchen / aber seines Cammerdieners Kleider anzog / und mit abgewandten
Gesichte s. v. den Stuhlgang / als stincke es gar sehr / wegtrug / und zugleich
durchgieng / gethan.
Aubign. Hist. Univ. tom. 3. lib. 4. c. 6. Zeil. Cent. 3. epist. 22. & im
Hand-Buch / p. 2. pag, 88.
Item Hugo Grotius, welcher von den HErren Staaten / wegen gepflogener
Conspiration mit den Arminianern, zum ewigen Gefängnis verdammet / vnd feste in
das Schloß Lowenstein gesetzet wurde / darinnen er auch [684] zwey Jahr gesessen / aber endlich durch List seiner Frauen / so ihn im
Gefängnis besuchte / in einen Kasten / als wären Bücher darinnen / verschloßen
auf Gorckum geschickt worden. Als er nun glüchlich nach Antwerpen kahm / schrieb
er an die Stände / er hätte seine Befreyung gesucht / und Gottlob gefunden /
hinführo wolte er nichts mehr wieder sie vornehmen. Zog darauf in Franckreich /
und ward bey König Ludwigen den XIII. lieb und werth gehalten / welchen er auch
sein Kriegs- und Friedens-Recht dediciret hat.
Joh. Jacob. Wissenbach / exerc. Pandect. disp. 27. n. 24. Zeil. epist. 175. in
pr.
Allein es würde dieses Capitel dadurch allzugroß und weitläufftig werden.
Vide etiam Mich. Wiedemann. Hist. Poëtische Gefangenschafften.
Doch wil ich noch anher setzen / was Lambecius von denen in der Käyserlichen
Bibliothec befindlichen Mnauscriptis der güldnen Bull im andern Tomo seiner
Commentariorum pag. 814. referiret / da er das Volumen Membranaceum in folio
Regali, welches Käyser Wenceslaus Anno 1400. da er von den Chur-Fürsten
abgesetzet worden / abschreiben / und mit vielen über güldeten Bildern ziehren
lassen / anhebet zubeschreiben / daß ermeldten Käysers erster Nahmens - Buchstab
W auf der Seite des ersten Blats zusehen / seine Hände und Füsse im Stock
gesteckt / zusamt der Bademagd Susanna / so ihn loß geholffen. Der Herr Author
der Monatlichen Unterredungen hat solches in Kupffer stechen / und dem Monat
Augusto Anno 1690. vordrücken lassen.
XCIV. Theils sind nach ihrer Gefängnis noch höher kommen / als Maximilianus I.
welcher zu Brück in Flandern gefangen gesessen / aber nach dem Tod seines Herrn
Vaters / Römischer Käyser worden. Michael Balbus ist Anno Christi 820. in seinem
Gefängnis / nachdem Käyser Leo Armenius in der Kirchen umgebracht worden / zum
Griechischen Käyserthum befördert: Gleichwie auch Matthias Corvinus zu Prag aus
der Gefängniß ist genommen / und zum König in Ungarn / Gustavus aber aus den
Dänischen Gefängnis entronnen Anno 1523. zum König in Schweden / und Assan
Kiraeus, aus der Constantinopolischen Verwahrung erlediget / zum König oder Cam
der Tartarn erwehlet worden.
Zeiller, im Handbuch p. 2. pag. 88. & 89.
|| [685]
XCV. Wenn iemand wegen beschuldigter grossen und schweren Missethat gefänglich
eingezogen wird / aber im Gefängniß dahin stirbt / ehe er die That gestanden /
oder derselben überführet und condemniret worden / ist desselben entseelten
Cörper das Begräbnis nicht zu versagen / vielweniger derselbe zubeschimpffen.
Farinac. in Pract. crim. lib. 1. tit. 1. quaest. 10. n. 79. Bossius, tit. de exe.
cut. sent. n. 33.
Welches auch Carpzovius,
p. 3. pract. crim. q. 131. n. 36. & 38.
mit 2. Urtheln bestärcket. Da aber der Reus noch beym Leben die That bekant hätte
/ und derselben überwiesen wäre / aber doch noch nicht ausgemacht / ob das
Corpus delicti gewiß / und dasselbe warhafftig also geschehen und ergangen sey /
kan doch der Judex in solchen Fall / und bey dergleichen Umständen / an dem
todten Leichnam die Straeff nicht vollstrecken lassen / als wenn der Delinquent
noch lebte / juxta
I. 1 §. item illud ff. ad Silan. L. si quando C. unde vi. Mascard. de probat.
lib. 1. concl. 830. n. 5, Carpzov. p. 3. q. 131. n. 39. & 40.
Ubi hoc addit praejudicium:
Ob wohl N. N. in scharffer Frage sich zu den articulirten Strassen-Raub bekant;
dieweil aber dennoch deswegen keine Erkundigung bey den Acten vorhanden: Als mag
auch / wenn er gleich ietzo versterben solte / mit seinen todten Cörper nichts
fürgenommen werden / sondern es würde derselbe / iedoch ohne gewöhnliche
Ceremonien / Gesang und Klang / durch den Todtengräber auf den Kirchhof gelegt
und begraben. V. R. W. Ad requis. Quaestoris in Voigtsberg / M. Octob. Anno
1629.
XCVI. Letzlich wenn der Reus die Missethat bekant / überführet und zum Tode
condemniret worden / ehe aber das Urthel an ihn exequiret wird / stirbt / oder
sich selbst umbringet / erhenckt / ersticht oder mit Gifft hinrichtet / wird
dennoch dessen toder Cörper / pro ratione criminis commissi, entweder verbrandt
/ gerädert oder gehenckt / eben als wenn er beym Leben gebliben wäre.
Menoch. de A. J. Q. cas. 285. Clar. q. 100. Anton. Gomez, tom. 3. var. resol. c.
1. n. 79. Gigas, de Crim. laesae Majest. q. 33. n. 8. Heigius, p. 2. q. 37. n.
32. Carpzov. d. q. 131. n. 42. & seq. us??? 51,
|| [686]
Immaßen noch Anno 1686. im Augusto der Schöppen-Stuhl zu Jena / ad requisitionem
der Fürstl. Sächß. Regierung zu Eisenach / wieder einen Mörder und
Strassen-Räuber / so strack nach der Captur zu Osteroda zugepartirtes Gifft
heimlich eingenommen / und unterwegens / ehe er noch nach Eisenach kommen /
gestorben / also erkant:
Verba sentent.
Unsere freundliche Dienste zuvor / Wohl-Edle / Gestrenge / Vest- und Hochgelahrte
/ günstige Herren und Freunde.
Als dieselben uns eine zu Osteroda gehaltene Registratur den Mörder und
Strassen-Räuber / Hanß Heinrich Bierwirthen betreffend / zugesendet / und
darüber Unsere Rechts-Berichtung begehret. Demnach sprechen wir vor Recht: Hat
bemelter Hauß Heinrich Bierwirth gestanden und bekant / daß er mit seinen
Knechten / und dem mit sich geführten Weibesbild einen Anschlag / wie sie den
Handel mit der Beraubung anstellen wollen / gemacht / darauf in den Holtze auf
den Krahmer gewartet / denselben angefallen / und selber nach ihm der ersten
Schuß gethan / u. sein Knecht Peter den Krahmer nochmals geschossen / davon er
gefallen und tod blieben / hernach ferner die Beraubung vorgenom̅en worden. Ob nun wohl genanter Inquisit, ehe die verdiente Straffe an ihme
exequiret werden können / und zwar vermuthlich wegen zugebrachten Giffts
verstorben; So wird er doch / weil er das Leben verwircket / an die Vehm-Städte
und ans Gericht geschleiffet / und daselbst auf ein Rad / andern zum Exempel und
Abscheu billig geleget und geflochten V. R. W. Urkundlich mit unsern Insiegel
besiegelt.
Verordnete Dechant, Senior und andere Doctores des Schöppen-Sthuels zu Jena Mens.
Aug. 1686.
Welches Urthel auch an den todten Cörper also vollzogen worden.
Addatur
Del Rio, lib. 5. Disq. Magic. Sect. 19. Layman. de processu contra Sagas tit. 13.
Freudius, in Gewissens-Fragen von Zauberey / Quaestion. 328.
XCVII. Da aber die Thaten und Verbrechen / so der Reus begangen / nicht von denen
jenigen wären / so man atrocissiman nennet / und Lebens - Straffe ???ach sich
ziehen / sondern geringer / und es entleibte sich einer doch deßhalber / oder
stürbe an der schweren Noth / kan nicht allzuhart mit desse Leichnam [687] verfahren werde̅ / sondern es würde
derselbe / doch ohne alle Ceremonien, Gesang und Geleute / durch den
Todtengräber an einen besondern Orth auf den gemeinen Kirchhoff geleget. Nam per
mortem delinquentis ipsum delictum quoad poenam extinguitur.
per L. 6. 6. ff. de publ. judic. & L. fin. C. si accus. mort. Coler.
part. 1. Decis. 107. n. 37. Carpzov. cit. loc. n. 42.
XCVIII. Begebe es sich auch / daß einer / der kein Gefangener / sondern in seiner
Freyheit gewesen / aus Verdruß des Lebens / Ungedult und wegen grosser
Schmertzen / oder aus Verzweiflung und Unsin sich etwan selber erhengte / aber
durch jemand geschwind wieder abgeschnitten würde / daß er beym Leben bliebe /
oder er stürtzte sich von einen hohen Orth herab / doch daß er nicht drüber des
Todes seyn müste / wird er nicht gestrafft / sondern vielmehr Priester und
andere Gottesfürchtige Leute ihm zugeordnet / die ihn aus Gottes Wort zureden /
seine Sünde ihm ernstlich vorstellen / zum Erkäntnis und Bereuung bringen / und
hernach trösten.
Plach. in. epitom. delict. lib. 1. c. 23 n. 19. Carpzov. p. 1. Quaest. 2. n 37.
38. 39. & 40.
Allein wenn er solches thäte aus Geitz / immer mehr zu haben / oder wie die
Korn-Juden es zu machen pflegen wenn die Frucht abschläget / oder wegen grosser
Schuld / daß er nicht ein Banquerottier genennet werden möchte / ist er solchen
Beginnens halber / und daß er ein Mörder an seinen eigenen Leibe werden wollen /
entweder mit Staupen - Schlägen des Landes ewig zu verweisen / oder nachdem die
Umstände sind / wird die Relegatio auf etliche Jahre / oder auch wohl nur
Gefängnis Straffe erkant.
Carpzov. alleg. Q. 2. n. 48. 49. & 50.
XCIX. Die Langwierigkeit der gefänglichen Hafft mildert die Straffe / wenn
nemlich der Reus nicht selber Ursache Anlas zu solcher Verzögerung gegeben /
sondern die Gerichte dran schuldig sind.
L. omnes C. de poenis, ibi??? Odofred. Cyn. Alber. & Angel. Guazzin. d.
op. Defens. 2. c. 3. n. 18. Reyher. in Thes. Jur. v. carcer p. 416. n. 25.
Carpzov. pr. crim. q. 149. n. 48. Petr. Papp. in not. ad Corp. Jur milit. p.
324.
C. Wenn einem alternativè Gefängnis oder Geld-Straffe zuerkant worden / stehet
die Wahl nicht bey dem Reo, sondern der Obrigkeit.
|| [688]
Bechmann, in Comment. ad Pandect. tom. 2. part. 2. Thes. 5. pag. 282.
CI. Ein Schmitz- und Schmeh-Maul / so ehrliche Leute zur Banck gehauen / und
Lügen nachgeredet / wird / wenn er Armuths halber keine Geld-Straffe auf bringen
kan / nach geschehener Recantation, mit Gefängnis auff etliche Tage beleget.
Dan. Clasen, in Exegesi art. 216. Constit. crim. Caroli V. pag. 842.
CII. Als der Tyrannische König Christiernus II. in Schweden Anno 1520.
unterschiedliche Bürger zu Stockholm ins Gefängnis werffen / und hernach
unbarmhertziger Weise hinrichten ließ / solte ein Bürger daselbst Claus Baya aus
Ditmarsen bürtig / auch ins Gefängnis gestossen werden / und mit den andern
herhalten. Er hatte aber so einem dicken Bauch / daß er nicht durch die enge
Thüren ins Gefängnis kom̅en konte. Deßwegen wurffen ihn die
Henckers Bursche abseit in eine Ecke / drüber seine vergessen / und er beym
Leben erhalten wurde. Er brauchte zwar hernach gebeet Brod mit Anis und Kümmel /
um des dicken Bauchs loßzu werden / es hals aber nichts / weil er in seiner
Jugend ohne Ubung erzogen war.
Zeiler. Epist. 424. pag. ed. in fol. 484. b.
CIII. Der Groß-Fürst Basolovviz in der Moscau straffte die Vollsäuffer mit dem
Gefängnis ab.
Vent. de Valent. Parthen. litig. lib. 2. c. 9. n. 9.
CIV. Schließlich soll ein jedweder Richter hiermit ermahnet seyn / daß wenn der
Gefangene entweder sich mit der hohen Obrigkeit und dem Fisco abgefunden / der
Inquisitions Proces aboliret und aufgehoben ist / oder er sich mit dem Kläger
gesetzet / verglichen / u. demselben Satissaction gegeben / oder Er wohl gar
absolviret worden / er denselben nicht etwan aus Privat-Haß und Feindschafft
über die gebührende Zeit im Gefängnis / Arrest oder ander Verstrickung aufhalten
/ noch auch dadurch ihm weiter Tort anthun / sondern vielmehr dessen völlige und
endliche Erledigung [nach voraer geschwornen Urphede / daß er sich wegen dieser
seiner erlittenen Gefängnis / Arrest, auch les / was sich darunter begeben hat /
an der Obrigkeit / oder den Ankläger / Denuncianten oder sonst Männiglich / so
zu dieser Verstrickung Rath und That gegeben / oder sonst der Sachen verdächtg
wären / ausserhalb or [689] dentlichen Rechtens nimmer
mehr weder durch sich / noch iemand anders / auf einerley Weise nicht rächen /
noch eifern wolle] befördern und beschleunigen möge.
Grilland. de relax. Carcerat. rubr. de poenar. composit. Farinac. lib. 1. Prax.
crim. tit. 1. q. 4. n. 36. Arnold, de Reyher, in Thes. jur. tom. 1. p. 432. n.
21. Adam Keller, de offic. jurid. polit. c. 20. p. 528.
Weil die Gefangene nicht allein viele Privilegia habe / deren sie sich wider den
Richter / so sie etwan drücken will / gebrauchen können / und von dem Guazzino,
in tr. ad defensam Inqvisitorum tom. 1. defens. 6. c. 6.
fünffund dreyßig gesetzet und angeführet werden / sondern auch ohne dem der
inhaftirten Sachen so geschwind / als nur immer müglich / zum Ende zu bringen;
Secundum Gail.
lib. 1. Obs. 78. n. 3. Rauchdorn / Pract. crim. p. 1. c. 1. sub tit. von
Gefängnis / Volckmann, tr. crim. p. 2. tit. 2. c. 6. n. 6. & 7.
Brunnemann, ad Cod. p. 799.
angesehen / daß sie Personae miserabiles sind. Hyppolit. de Marsil:
in Pract. crim. §. nunc videndum n. 10. eum seq. & §. ???tingam, n. 75.
Bartol. in tr. de carcer. n. 1. & 29.
CV. Drum auch mit den Sportuln / ingleichen der Gerichts-Diener Fang-Schließ- u.
Wart-Geld maße gehalten / und deßhalber in sie nicht so hart und unchristlich
gedrungen / sondern ihnen Frist gegeben werden soll / daß sie es nach und nach
aufbringen und abstatten können / bey welchen dann nicht mehr anzusetzen / als
in der von der Herrschafft confirmirten Tax. Ordnung enthalten: Zumahl da ohne
dem solch Fang- und Schließ-Geld sehr odios und verhast ist / auch viele wollen
/ daß man solches gar abschaffen / hingegen aber denen Kerckermeistern und
Gerichts-Dienern die Besoldung verbessern solle.
Vent. de Valent. Parthen. litig. lib. 1. c. 13. n. 12. Besold. in thes. pract.
& Dither. in Contin. v. Fang- und Schließ-Geld.
Sonderlich aber führet der Author des Discursus von Justitien-Wesen / p. 67.
& 369. hievon folgende pathetische Worte: ????Wegen des Fang- und
Schließ-Geldes / so denen Gefangenen / wenn sie loßkommen / von den [690] Gerichts-Dienern angefodert wird / ist offte viel
Klagens / daß sie solches erhöhen / und die armen Leute alfo doppelte Straffe /
erst am Leibe / wegen des Gefängnisses / hernach an ihrem Vermögen leiden und
ausstehen müssen: Da es doch mannigmahl blut arme Leute und Tagelöhner sind /
welche anders nichts / denn was sie mit der Hand verdienen / und die meisten
offt in einen gantzen Jahr auff einmahl so viel bar Geld nicht beysammen haben /
als das Fang- und Schließ-Geld ausmachet. Wodurch dann eben indem / daß man
Sünde straffen will / man fast eben so grosse Sünde begehet / angesehen / daß
offtmals so viele unschuldige arme Weiber und Kinder betrübet / und beleidiget
werden / welches aber schwer zu verantworten ist / und damit nicht entschuldiget
werden kan / daß es nicht der Obrigkeit gehöre und keine Straffe / sondern der
Voigte und Diener accidentien und Gebühren sey: Dann weil die Obrigkeit von den
Unterthanen Schoß / Schatzung und anders darum bekömmt / damit sie von derselben
hinwieder Schutz haben mögen: So ist sie auch davor / was zu Schützung der
Frommen / und Straffe der Bösen gehöret / zu halten / und dahero auch den
Gerichts-Dienern zu lohnen schuldig. Allein weil heut zu Tage es schwer hergehet
/ wenn grosse Herren und Potentaten ein und andern / auch wohl vornehmen Dienern
die Besoldungen verbessern sollen; Als wird das Fang- und Schließ-Geld / zumahl
da es ein Stück des Salarii der Gerichts-Diener / Stat- und Land-Knechte ist /
und sie drauf angenommen worden / wohl so bald nicht gäntzlich abgeschaffet
werden / doch daß gleichwohl die Obrigkeit solches / der armen Gefangenen
Zustand und Vermögen nach / auff das billigste moderire: Maßen denn man an den
meisten Orthen gewisse Tax-Ordnungen und Sportul-Patenta hat / darnach sie sich
richten müssen / oder doch sollen.
Vide
Die Fürstl. Sachsen-Gothaische Gerichts- und Proceß-Ordnung. part. 1. c. 21. per
tot. Item das Fürstl. Sachsen-Weimar-Eisenach- und Jenische Sportul-Patent. Wie
auch die Taxa der Sportuln, im Fürstenthum Braunschweig und Lüneburg / welche
alle in den getreuen Rechnungs-Beambten part. 1. pag. 389. & seqq. Item
402. & 416. zubefinden sind.
|| [691]
CAPVT XI.
DE DAMNATIONE AD LATOMIAS, & ad fodiendam arenam. Item Ad opus
publicum & in pistrinum
I.
LATOMIAE, oder wie andere es schreiben / LAUTUMIAE,
Cujac. lib. 6. Observ. c. 7. Turneb. c. 16. lib. 12. Adversar.
waren bey den Alten Stein-Brüche / dareinsie diejenige Gefangene / so zwar das
Leben verwirckt / aber doch nicht öffenlich hinrichten lassen mochten / eben wie
die in Metallum condemnireten. Und ist dieses eine sehr alte Straffe / deren
auch Plautus in Captivis, act. 3. Scen. V. gedencket / und ausführlich meldet /
wie es darbey hergangen / indem Hegio befiehlet / daß Tyndarus in solchen
Steinbruch geführet werden solle. Der Locus meritiret wohl / daß er anher
gesetzet werde / also lautend:
???Hegio. Ergo ab eo petito gratiam ist am ducite,
Ubi ponderosas crassas capiat compedes.
Inde ibis porrò in latomias lapidarias,
Ibi cum octonos alii lapides effodiunt,
Nisi quotidi anus sesquiopus confeceris
Sexcento plago nomen indetur tibi.
|| [692]
Arist. Per Deos ta??? bomines ego te obtestor, Hegio,
Nae tu ist hunc bominem perduis. Heg. curabitur,
Nam noctu nervo vinctus custodibitur,
Interdiu sub terra lapides eximet.
Deu ego hunc cruciabo, non uno absolvam die.
Arist. Certum ne est tibi istud? He. Non moriri certiust.
Abducite istum actutum Hyppolitum fabrum,
Jubete huic crassas compedes impingier.
Inde extra portam ad meum libertum Cordalum
In Lapicidinas facilè deductus siet. II. Es war auch zu Rom nahe bey dem Gefängnis Tulliano ein Orht / welcher Latomia genennet wurde. vid. Budaeum, in not. ad Pandect. pag. 419. III. In solchen Stein-Brüchen machte man auch Gefängnisse / wie ein es dergleichen zu Syracusa in Sicilien gewesen / dessen auch Cicero V. in Verrem gedencket / wie schon in vorhergehenden X. cap. berühret. IV. Die Florentiner haben die von ihnen überwundene gefangene Pisaner, nicht vor so gar langer Zeit / in solche Latomias bringen / und drin arbeiten lassen. Calvin. in Lex. Jurid. v. Latomia. fol. 509. col. 1??? V. Heut zu Tage werden noch wohl ein und andere Personen / so was hartes verbrochen / zuweilen auch wohl schimpflich auf Fürsten und Herren geredet / auf Vestungen / oder an andere verwahrete Oerter gebracht / da sie ihr Lebtage / bey Wasser und Brot / oder doch anderer geringer Speise / Marmor oder andere harte Steine schneiden / oder wenn ihnen der Staupenschlag / Brennung eines Mahl- und Zeichens vor der Stirn / und dergleichen harte Leibes-Straffen zuerkant werden / sie aber Gnade erlangen / daß sie auf gewisse Zeit und Jahre geschlossen an diesen und jenen Bau an stat der Straffe arbeiten / oder in Ketten und Banden im Karn gehen / den Unflat und Koth von den Gassen aus der Stadt wegführen / oder sonst Handreichung thun müssen. Etlicher Orthen henget [693] man ihnen zu mehrer Beschimpffung Schellen an / wie zu Straßburg / da es das Schellenwerck genennet wird. Georg. Biccius, in reb. quotid. sive Aureis, pag. 810. Sect. 5. n. 195. Stryke, de jure sensuum, Dissert. 5. c. 2. n. 39. VII. Man hat auch die Gefangene / absonderlich die Christen bey den Verfolgungen der Heydnischen Kayser / in tieffe Löcher zum Sand-Graben verurtheilet / wie aus den Actis Marcellini Papae zu sehen / allwo diese Worte zubefinden: Jussit Maximianus Aug. ut Cyriacus scilicet, Largus, Smaragdus, & Sisinnius sub custodia foderent arenam, & humeris suis portarent us??? ad locum, ubi Thermae aedific abantur. Martyrolog. vetus KL. Martii Natalis Sanctorum Martyrum 260. temporibus Claudii: Quia via Salaria arenam fodientes damnati fuerant. Ado XVII. Kl. May. quos [Maronem Eutuchen, & Victorinum] ille [Aurelianus] primum quasi Servos per sua praedia singulos divisit, jussit??? eos terram fodere per totum diem, ad vesperma verò CANTABRUM [hoc est, panem fusfuraceum] manducare. D. Casp. Sagittar. de Cruciat. Martyr. c. 4. §. 12. VIII. Ebenmäßig sind sie in die Kalck-Syps- und Schwefel-Hütten oder Graben zur Arbeit verdammet und gebracht worden. L. aut damnum 8. §. in calcariam ff. de poenis. Ulpian. ad d. L §. inter eos & §. in ministerium eod. Salmuth, ad Panciroll. tract. deperd. pag. mihi 704. Petr. Grog. Tholosan. Syntagm. Jur. Univ. lib. 31. c. 36. n. 2. Zeil. Epist. 98. fol. 108. IX. Man condemnirete auch wohl die Verbrecher ad Opus Publicum, welches wenn es generaliter genommen wird / so wohl Metallum, als auch alle andere vorerzehlte Arbeit und Verrichtungen in sich begreifft. In specie aber wird drunter verstanden die Aufführ- und Außbauung der gemeinen Häuser / warmen Bäder / Reinigungen der Cloaken / Pflastern und Ausbesserung der Wege / Brücken / Stege und Straßen: Item Schantzen / Mauren / Wasser-Leitungen und dergleichen / daran sie musten helffen arbeiten. Und war dieser Unterscheid gegen den obigen darbey / daß die condemnati ad opus publicum, ihre Freyheit behielten / aber in die Stad Rom nicht kommen durfften. L. quidam sunt 17. ff. de poenis Pet. Faber, lib. 2. semest. c. 5. pag. 56.
|| [694]
Doch wurden die Decuriones, Veterani und ihre Kinder / auch andere Honestiores
damit verschonet / und nur allein infimi gradûs liberi homines damit beleget.
Sicuti rescriptum est ab Antonio,
L. 3. C. de poenis. add. L. pen. §. minuitur ff. de var. & extra-ordin.
cognit.
servilem itaque poenam non fuisse constat: rectèque Papinianus,
L. Servus in opus 34. ff. de poenis.
Servum in opus publicum perpetuum, ac multò magis temporarium non dari scribit.
Pet. Faber. l. 2. Semest. c. 5. pag. 57.
Viele Christen sind von den Heydn???schen Käysern / sonderlich dem Nerone,
Caliqula, Diocletiano und andern zu solcher Arbeit verurtheilet / und unter
denselben auch Soldaten / die doch sonst davon befreyet waren;
per L. 3. §. nam in Metallum ff. de re milit. L. siquidem Pedius §. nam plurimum
ff. de incendi ruin. & naufr.
bloß denselben zur Beschimpffung / sintemahl nur personae sordidiores in opus,
ejus temporis, publicum condemniret wurden. Und sind durch solcher Christlichen
Soldaten Arbeit / Mühe und Schweiß des Diocletiani warme Bäder auff geführet und
ausgebauet worden / aus welchen nachgehends Pabst Pius IV. eine schöne Kirche
der Jungfranen Marien zu Ehren anrichten lassen.
Anton. Gallon. de Cruciat. Martyrum, pag. 514. & 515.
Hieher gehöret auch die damnatio in Pistrinum.
Pistrinum dicebatur Iocus, in quo farina molebatur, nomen habens à pinsendo, h.
e. contundendo, quod ante inventum molarum usum frumenta in pila comminuerentur.
Pilae autem erant Vasa concava, in quae antiqui siccata frumenta immissa
pinsebant. Deinde mutatâ re mansit pistrini nomen etiam illi loco, in quo molis
servorum juramentorumque opera circumactis fruges comminuebanatur. Inde servi,
qui aliquod flagitium commiserant, poenae loco in pistrinum tradebantur,
& in servitutem eorum perpetuam, circumagendi scilicet molas,
adjudicabantur.
Johan. Rosinus, antiq. Roman. cum not. Dempsteri, lib. 1. c. 14. pag. m. 79.
Alex. ab. Alexand. lib. 3. Genial. dier. c. 20. pag. 389. ibi??? Timquell in [695] annotat. lit. K. Joh. Hering. de molendin. Quaest. 4.
n. 5. & seqq.
Hinc illud Terentii,
in Andria, Act. 1. Scen. 2.
Verberibus caesum te in pistrinum
Dave dedam, usque ad necem;
sunt verba Simonis domini id minantis Davo servo.
Von den bekanten Comoedien-Schreiber Plauto wird berichtet / daß als er alle sein
Geld bey solchen Schau-Spielen eingebüsset / er armselig wieder nach Rom kom̅en / u. sich bey einen Becker verdinget / dem er mit einer
Hand-Mühle gemahlen / um sich zuerhalten / dennoch sol er doch dabey ein und
andere Comoedie geschrieben haben.
Guil. Budaeus, in annotat. ad ff. pag. 481.
Und weil dieses stampen und zerstossen der Früchte eine blutsaure Arbeit war /
welche den Leib sehr ermüdete / und die Kräffte hinwegnahm / ist daher die
Redens-Art kommen / daß man Pistrinum pro loco fatigationis pleno, & pro
negotio operoso ac molesto viresque conficiente gebraucht.
vid. Taubmann. in notis ad Plauti Epidic. Act. 1. Scen. 2. pag. 417.
CAPUT XII.
DE CONDEMNATIONE IN METALlum, in opus metalli & ministerium
metallicum.
I.
PAULUS Juris Consultus lib. 5. Sentent. tit 17. rechnet diese Verurtheilung unter
die mittelmäßige Straffen / und wird derselben [696] auch in
l. 24. §. quid ergo ff. de sidei-commiß. libert. l. 46. ff. de manumiß. Testam.
und andern Orthen mehr / welche drunten noch allegiret werden sollen / gedacht.
II. Etliche halten davor / der Römer König Tarquinius Superbus habe dieselbe
zuerst erfunden und eingeführet.
Eutropius, lib. 1. c. 10. Suidas, in verb. [Greek
words]. Coel. Rhodigin. lection. antiq. lib. 10. cap. 5. pag. 360.
andere aber sagen / es sey die Arth in den Bergwercken zur Straffe zu arbeithen
schon lange vorher von der Königin Semiramide erfunden worden / darzu sie ihre
Gefangene gebrauchet / wie Diodorus Siculus, lib. 1. und ietztgedachter Suidas
verb. Semiramis selbst bezeugen. Petrus Faber,
lib. 2. Semest. c. 5. pag. 55. & 57.
schreibet / daß Sabacon, ein König in Egypten die jenige / so das Leben
verwircket / in solche Ertz-Gruben verdammet / und daß diese Straff-Arth hernach
zu Rom auch angenommen und geübet warden sey.
III. Es hatten aber die Kömer viele Bergwerge / als in Macedonien / zu Epheso:
Item in Hispanien / nahe bey Neu-Carthago.
Livius & Vitruvius, lib. 7. c. 9. Camerar. cen. 1. Hor. Succis. c. 81.
pag. 371.
Welches gleichfals ex
L. sacrilegii §. ult. ff. ad l. Jul. pecul. & l. 9. at??? 11. C. Theodos.
de indulgent. deb. lib. 11.
erhellet. Es gedencket auch Käyser Justinianus, in Novell constit. 22. noch 2.
andern / ibi:
[Greek words].
Proconnesi metallo Docimenum & Troadense a djungitur,
in d. l. 9. & l. 11. de indulg. debit.
Und Gvido Pancirolius,
in tract. de deperd. pag. m. 702.
setzet davon also: Moris erat, delinquentes, quos ultimo supplicio nolebant
afficere, ad effo diendum Metallum, Sulphur, Gypsum condemnare: effodiendum
autem utplurimum id erat in Proconneso, ut est in Jure civili §. quod autem. in
Authent. de nuptiis. & apud Nicephorum, lib. 11. Hist. Eccles. eratque
Insula Propontidis, hodie Marmora dicta, & metallo [697] rum inprimis ferax. Condemnabantur etiam in Insulam Gypsum,
mare rubrum & alia loco.
IV. In solche schickten nun Römer diejenige / so was sonderliches verbrochen
hatten / gefangen / an Ketten und Banden geschlossen / darinnen als ande
Bergleuthe zu arbeiten.
Calvin. in Lexic. Jurid. v. Metallum fol. 576.
Die alsdann Metallici, Plinius, lib. 13. c. 16.
quasi Metallo addicti & mancipati L. 8. C. Ministerium. L. 10. §. 36. ff.
de poenis.
genennet wurden / verlohren dadurch ihre Freyheit / und geriethen in die
Knechtschafft /
L. 8. §. est poena & l. 17. l. 36 ff. de poenis l. 3. ff. de his. qui pro
non script. hab. l. 1. ff. de bon. damnat. & l. ejus qui §. 1. &
seq. ff qui Test ament. facere poss. L. Pedius §. non plurimum ff. de incendio,
ruina & naufragio. In qua lege haec verba reperies: Flagellis caesos in
metallum damnabis.
Konten kein Testament machen / auch ichtwas ex contractibus acquiriren.
M. Anton. Peregrinus, de Jure Fisci, lib. 3. tit. 4. n. 1. & 9. ibi???
allegat.
V. Zuweilen brandte man ihnen auch wohl ein Zeichen unters Gesichte / ehe man sie
dahin schickte / welches Käyser Caligula sonderlich im Gebrauch gehabt / wie
Svetonius in dessen Lebens-Lauff c. 27. solche mit folgenden Worten beschreibet:
Multos honesti ordinis deformatos prius stigmatum notis ad metalla condemnavit.
Und dieses Brand-Zeichen währete biß zur Regierung Constantini Magni, der es
abgeschaffet / und an den Eumelium folgendes Rescript abgehen lassen: Si quis in
damnatus, minimè in ejus facie scribatur: dum & in manibus & in
suris possit poena damnationis una scriptione comprehendi: quò facies, quae ad
similitudinem pulchritudinis coelestis est figurata, minimè maculetur. Datum XII
Kal, April. Cabilluno, Constantino A. IV. & Licinio IV. Conss.
|| [698]
VI. Ob auch wohl Callistratus,
in L. cognitionum numerus, in fin. ff. de variis & extraordinariis
cognitionibus.
davor hält / es sey damnari in metallum, & damnari in opus metalli
einerley / indem ein ieder / der also auf sein Lebtag dahin verdammet war / die
Freyheit verlohr / und maximam capitis diminutionem erlitte;
L. fin ff. de cap. demin. §. maxima justit. eod.
So ist doch ein Unterscheid unter beyden Straffen gewesen / sonderlich wegen der
Fessel / Ketten und Bande / darinnen sie dennoch ihre Arbeit verrichten vers.
divus ff. eod. & l. pen. in fin. ff. de var. & extraord. cognit.
zuersehen. Denn die in Metallum condemniret waren / hatten schwerere Kette und
Banden an sich / als jene. Und wenn einer ex Metalli opere darvon lief / und man
ihn wieder kriegte / wurde er in metallum geschickt. Entwischete er aber aus
diesen / und er ward wieder ertappet / kostete es ihm sein Leben.
L. 8. §. 6. ff. de poeis. Coel. Rhodigin. lect. antiq lib. 10. c. n. 5. pag. 361.
Gregor. Biccius, in aureis sect. 5. n. 194.
Sed unde haec vinculorum differentia? quaerit Sylvest. Aldobrandinus, in §. jus
autem Instit. quib. mod. jus patr. potestat. solvatur n. 68. &
respondet: Forte an, quia in Metallum damnati fodinis inhaerere cogebantur
metalla effodientes, quod cum fieret, non erat necessum, ipsos divagari, sed in
illo, cui inhaerebant, loco, operari: ideoque absque laboris impedimento
gravioribus vinculis operabantur. At qui in opus Metalli damna bantur, propterea
levioribus adstringebantur vinculis, quod in massam metalla reducerent,
& circa varia exercitia essent occupati, quippe qui non assiduè in
fodien do morabantur, sed modò ad coquendum, reducendum & alia hujusmodi
servitia praestanda adigebantur, in quibus ob graviorum vinculorum onus omnes
facilè potuissent impediri.
VII. Der Zustand bey solchen Gefangenen in den Ertz-Gruben war sehr miserbel und
elend / indem sie niemahls des Tages-Licht zusehen bekahmen / auf der bloßen
Erden liegen musten / und dadurch so ungestalt wurden / daß man sie fast nicht
mehr kennete / teste
Cypriano, in Epistol. 25.
gemeiniglich wurden dieselbe auf ihr Lebelang darein condemniret / wenn sie aber
zehen Jahr darinnen gewesen waren / und man befand / daß sie durch [699] Kranckheit und Gebrechligkeit ihres Leibes zur Arbeit
untüchtig worden / wurden sie wohl / auf Vorbitte ihrer Befreundeten / wieder
loßgelassen /
Modest. in L. in Metallum damnati ff. de poenis.
und kahmen in ihre vorige Freyheit / ja wenn sie auch vorher Knechte gewesen /
waren sie von ihrer Herren Gewalt loß.
L. aut damnum §. fin. d. t. Petr. Gregor. Tholosan. Syntagm. Jur Univ. lib. 31.
c. 36. n. 2.
Denn es wurden so wohl freye Leuthe / als auch Knechte / wenn das Verbrechen
darnach war / in solche Ertz-Gruben verurtheilet.
L. metalli supplicium 11. C. de poenis. Petr. Faber. lib. 2. Semest. pag. 55. 56.
57. 69. 118. & 161,
VIII. Es war auch noch eine dritte Arth solcher Straffe / darinnen nicht allein
Männer / sondern auch Weibesbilder gebracht wurden / welches sie Ministerium
Metallicorum hießen / wie aus obangezogenen L. aut damnum ff. de poenis erhellet
/ darinnen sie eben / wie andere arbeiten musten / und zwar die Weibesbilder
meistentheils in den Saltzwercken.
d. L. aut damnum §. in ministerium d. t. Casp. Zigler, disp. de poenis, respond.
Joh. Frid. Hertzog / §. 46.
Doch waren sie nicht angeschloßen / sondern giengen frey herum ??? Bande.
Salmuth. ad P anciroll. tr. de deperdit. pag. m. 707.
Maßen denn auch die Decuriones und deroselben Kinder mit der Poena Metalli vel
Ministerii, wegen eines sondelichen Privilegii, nicht beleget wurden.
L. de curionum 3. & l. si mater. 9. C. de poenis. Petr. Gregor. Tholosan.
d. lib. 37. c. 31. n. 3.
IX. Die Heidnischen Käyser haben bey Versolgung der Christen viele Märtyrer in
solche Bergwerge geschicket / mit denenselben aber viel härter und
unbarmhertziger ümgehen lassen / als mit andern / so darinnen gearbeitet / wovon
Anton Gallonius.
in tract. de cruciatibus Martyrum pag. 515. & seqq. ??? 519.
also schreibet: Multa invenimus pertulisse eos, qui ad Metalla damnabantur. Notis
primum ac stigmate deformabantur, bonisque omnibus civitateque Romana
spoliabantur. Fustibus deinde caedebantur, com [700] pedibus vinciebantur: humi jacere, si fessis membris quietem dare
voluissent, compellebantur: Squalore, foetore ac longa inedia Affligebantur:
Insuper medium eis caput abradebatur: ac denique Sanctis Martyribus hoc modo,
Maximiano, Diocletiano atque Galerio Imperatoribus damnatis dexter oculus,
sinistro, eisdem poplite exciso, eruebatur.
& paulo post:
Facies illorum, qui ad Metalla damnabantur, atris notis perpetuò mansuris,
profundis characteribus incidebantur. Und pag. 524. berichtet er / daß die
Märtyrer ub solchen Ertz-Gruben von den Soldaten bewachet worden.
X. Victorinus Episcopus Pictaviensis, commentar. in cap. 9. Apocalyps. giebt vor
/ der Evangeliste Johannes sey von dem Käyser Domitiano in die Insel Pathmos in
ein solch Metallum condemniret worden / allwo er seine Visiones gehabt / und
darinnen verbleiben müßen / biß gedachter Käyser ümgebracht worden / da er
wieder loß kommen / und die Apocalypsin geschrieben. Weil aber andere / so des
Johannis Relegation in berührte Insel gedencken / nichts davon melden / läßet
man des Victorii Meinung fahren.
D. Casp. Sagit tarius, de Martyr. cruciat. c. 4. §. 5.
Allwo er auch n. 6. 7. & 8. einige Märtyrer / die auf solche maße viel
Ungemach in den Ertz-Gruben ausstehen müssen / und wie sie von dem heiligen
Cypriano getröstet worden anführet.
XI. Heut zu Tage ist bey uns solche Straffe nicht mehr im Gebrauch / sondern es
sind an deren Stelle Zucht-Häuser und das Schicken der Verbrecher auf die
Galleen geordnet.
M. Anton. Peregrin. de Jure Fisci, lib. 2. tit. 4. n. 4. Panciroll. d. tr.
deperd. pag. 707. edit. in 8. Petr. Papp. in not. ad Corp. Jur. milit. pag. 580.
Wiewohl D. Caspar. Klock,
lib. 2. de AErario c. 27. in fine.
den Rath giebt / daß man solche Straffe auf gewisse maße wohl wieder einführen
möchte / wenn er also schreibet: Olim Romani, AEgyptii aliique populi ad
perfectionem Metallicorum operum damnatis & captivis usi sunt,
improbosque ad aurum effodiendum destinarunt; simul & faci [701] norum poenam sumentes, simul &
quaestum uberem ex eorum labore capientes. O si hoc veterum inslitutum
revocaretur in usum! Quàm multi in carcere multos annos continentur publico
sumptu, truncantur auribus, ad palum ignominiae publicè flagellantur, exilio
mulctantur? Interim cum vitae civiliter degendae copia denegetur, ad furta,
latrociniaque iterum prolabuntur. Nusquam enim ob infamiam possunt consistere.
Annon praestet ejusmodi reos & verè nocentes vel ad certum tempus in
tenebras metallicarum speluncarum ablegare? Multas miserorum centurias hodie
carceres continent, qui tam atrocia delicta non perpetrârunt, ut morte puniendi
sint; cur non ad Metallum damnantur, auroque effo diendo deputantur, ut prosint
Reipublicae poenae eorum, quorum icelera obfuerunt? Hactenus ille.
XII. Ob aber Damnatio in Metallum, ad Triremes & ad opus publicum poenae
corporis inflictivae sind oder nicht / darüber zancken noch die Rechts-Gelehrte.
Carpzov.
in pract. crim. part. 3. q. 129 n. 4. & 5.
saget ja.
Rudolph. Godofr. Knichen,
in op. polit. tom. 1. lib. 2. part. 1. c. 13. th. 20. explic. 2. pag. 712.
negiret hingegen solches / & quidem ex illa ipsa ratione, quam Carpzovius
contra poenam Numellarum ipse affert, quod scilicet solummodo istae poenae
corporis sint afflictivae, quibus principaliter, & directè corpus
affligitur, non etiam per indirectum Jam verò poenâ damnationis in Metallum, ad
Triremes & opus publicum corpus directò non affligitur nec laeditur,
& quidem transitoriè sed homo vel reus ipse hâc poenâ afficitur extra
corporis afflictionem vel inflictionem, vel ejus laesionem directam &
transitoriam, quod verò corpus simul patirur, fit per consequentiam, vel
indirectè, cum reus per damnationem ad Metallum & Tiremes à civitate suâ
directò exulet, ad opus verò publicum damnatus publicè poenitentiam agat,
quamvis corpus simul & per consequentiam laboribus defatigetur &
patiatur, quandoque etiam loris & virgis in poenam, non delicti
commissi, sed pigritiae caedatur.
XIII. Wer weitere Nachricht haben will / was die Römer jährlich aus ih [702] ren
Gold-Silber-Ertz-Eisen-Schwefel-Alaun-Kreiten- und Pech-Gruben: Item aus den
Schleif-Kotten / Stein-Brüchen und andern gehabtder lese
Plinium c. 4. lib. 33. Caessiodor. lib. 3. Epist. 25. & 26. Jul. Caesar.
Buleng. de Tribut. ac Vectigal. pop. Rom. c. 35. Petr. Heigii, quaest. 13. part.
1. n. 18. 19. 20. & seqq. Budaeum de Asse. Philipp Camerar. cent. 1.
hor. succis. cap. 81. pag. 371. ubi scribit; Argenti-fodinas Hispaniae prope
Carthaginem novam singulis annis noningentae duodena millia & quingentos
aureos suppeditasse.
XIV. Des Metalls und der Ertz-Gruben wird auch in heiliger Schrifft gedacht.
Genes. 1. v. 31. Deuteron. 8. v. 9. Joh. 22. v. 24. & 25. Jerem. 6. v.
29. Ezech. 16. 17. Malach. 3. v. 3. Add. Mattheseus in homiliis, Sareptanis,
homil. 1. Zanch. de operibus creationis lib. 3. c. 6.
Metallorum Graeca videtur esse denominatio: cum dietum esse possit Metallum, quia
[Greek words] h. e. aliud post aliud
inveniatur. Id quod Plinius sensisse videtur, lib. 33. c. 6. ???, inquit, una
inventa vena est, non proculinvenitur alia: hoc quidem & in omni
materia: Unde Metalla Graeci videntur dixisse. Metalli autem nomine generaliter
continetur, quicquid è terra gignitur & eruituraes, alumen, creta,
marmor L. sed si pecun. 3. §. si ff. de reb. eor. qui sub tutel. ibi: Si
Lapidicinas vel quae alia Metalla pupillus habuerit, Stypteria [id est
Alsthminis [Greek words], quod potentissimè
adstringat] vel cujus alterius materiae, vel si cretifodinas vel
argenti-fodinas, vel quid aliud huic simile. Sulphur quoque, quod Apulejus vivax
metallum appellat, lib. 9. de aureo Asino, Ulpianus metallis disertè adnumerat,
non secus atque aurum, argentum, aes, ferrum & coetera in L. aequissimum
§. proinde ff. de Usufruct. quemadmodum & calcem in L. aut damnum 8. §.
in calcariam ff. de poenis.
|| [703]
CAPUT. XIII.
Von den Zucht-Werck-Kasp- und Spin-Häusern.
1.
WIe nützlich und nöthig solche ERGASTULA oder ERGASTERIA [quae sunt loca
Magistratus autoritate ad homines â vita inhonesta ad honestam laboribus
compellendos, falutis publicae causa extructa.
D. Joh. Georg Simon, de Ergaster. disciplinar. c. 1.]
in einer Republic und gemeinen Wesen sind / daß hat schon zu seiner Zeit Pericles
angemercket / indemer zu Athen öffentliche Werck-Häuser anfbauen lassen / drin
das gemeine Volck arbeiten müssen / üm den Müßiggang [als aller Laster Anfang /
Proverb, Salom. c. 6. & 10. Navell. 133. c. 6.] zu meiden. Plutarch. in
ipsius vita.
II. Die Römer haben gleichfals dergleichen Häuser gehabt / wovon bey dem Justo
Lipsio 2. Elector. 15. zu lesen. Und schreibet Cicero, de Legibus, daß
denenselben nichts liebers gewesen / als wenn sie verhüten können / daß die
Jünglinge und alte Männer nicht müßig / sondern fein hurtig und munter an der
Arbeit seyn möchten / mit dem Zusatz / daß so lange solches zu Rom fleißig
beobachtet worden / so lange auch die Stadt in Flor und guten Auffnehmen
geblieben.
Anton. Guevarr. in horolog. princip. lib. 1. c. 2. p. 8.
III. Es bestehet aber derselben Nutzen vornemlich in dreyerley / als Erstlich
weil diejenige / so in solche Häuser gebracht und eingesperret / von ihrer Boß-
und Hartnäckigkeit zur Fröm- und Willigkeit / von den Lastern zu den Tugenden /
von den verderblichen breiten Weg / der zur Hölle und Verdamms abführet / auf
den schmahlen Steig zum Himel / von den Müssiggang und faulenzen / so den
Menschen dum / schläffrig und zu allen Dingen ungeschickt machet / zu der ihnen
selbst und dem gemeinen Wesen nütz li [704] cher
Arbeit geführet werden / so daß wenn sich bessern / und mit der Zeit wieder
heraus kommen / sie was rechtes gelernet haben / davon sie sich und die Ihrige
mit Ehren ernehren können.
Speidel. in Specul. Jurid. v. Zuchthauß. pag. 1386.
Zum andern geschiehet auch solches einer Stadt und gantzem Lande zum besten / daß
faule Müssiggänger und Tage-Diebe: Item starcke Betler / und ander dergleiche̅ loses Gesinde mehr / welches weder arbeiten / noch sonst gut
thun will / andern fleißigen und hurtigen Leuthen vom Halse kommen / und ihnen /
oder auch den recht armen und preßhafften das Brod nicht vor den Mund wegnehmen
/ gleich den faulen Hummeln / welche sich auff der ämbsig eintragenden Bienen
Honig verlassen / sondern / wieder ihren Willen / durch Hunger und Schläge zur
Arbeit und änderung ihres Lebens genöthiget und angetrieben / auch dadurch so
kürre werden mögen / daß sie einen aus der Hand essen / wie Jacob Bornit.
de rerum sufficient. 2. c. 5. fol. 74. redet.
Denn es schmeckt ihnen das Essen sehr wohl auf die Raspel des Brasilien Holtzes /
und Krancke werden dadurch wieder gesund.
Speidel. d. loc.
Drittens / ob gleich die Obrigkeit ein ziemliches auf Erhaltung solcher Leuthe
wenden muß / bringen sie es doch mit ihrer Arbeit und Verfertigung allerhand
Zeuge und Waaren mehr als doppelt wieder ein.
Christian Henlius, de AErario e. 12. pag. 311. & 312.
IV. Es kommet aber die Auffbau- und Anrichtung solcher Zucht-Werck- und
Spin-Häuser nut denenjenigen Herren / welche die
Landes-Fürstliche-hohe-Obrigkeit / item denen Reichs- und andern grossen Städten
/ so die Landes-Hohe Obrigkeit oder Landes Ober- und Herrligkeit haben / zu.
vid. D. Simon. d. tr. c. 2. per tot.
V. Und werden in dieselbe gebracht Erstlich die Faullentzer und Müßiggänger /
welche nicht arbeiten wollen / da sie es doch wohl könten / sondern nur daheime
müßig sitzen / die Hände in Schoß legen / auf ander Leute Brod-Schräncke sich
verlassende / indem sie ihnen die Kinder häuffig vor die Thüren schicken / und
die Bettel-Stück sich zutragen lassen / welche sie sündlich verzehren /
uneingedenck / daß GOtt selbst Genes. 35. 19. ernstlich gebothen / man solle im
Schweiß des Angesichts sein Brod essen; Item nach den 128. Psalm / daß ein jeder
seiner Hände Arbeit sich nehren: [705] ja nach dem Auspruch
Pauli 2. ad Thessalonic. cap. 3. v. 10. wer nicht arbeitet / auch nicht essen
solle. Oder wenn das Betteln nicht zureichen wil / sie sich auf das Stehlen in
Felde / Gärten und Häusern begeben.
Zorer, d. q. 18. n. 4098.
Drum höchst-not- und nüßlich / daß diese inutilia terrae pondera an solche
Oerther gebracht werden / da sie arbeiten müssen / wenn sie nicht hungern oder
geprügelt seyn wollen / welches geschicht / wenn sie ihr vorgegebenes Tagewerck
nicht verrichten und zum Ende bringen.
Schönborn. lib. 3. polit. c. 14. Lather, de Censu lib. 3. c. 19. Dither. in
contin. Thes. pr. Besold. v. Zuchthaus.
denn zum Müßiggang gehören entweder grasse Zinsen / oder hohe Galgen.
Anton. Wilh. Freudenberg, de Rescript. morat. tit. 10. concl. 68. n. 107.
Käyser Antonius Pius ließ seinen faulen Dienern die Besoldungen einziehen / und
nichts mehr geben / sagende: Nihil esse sordidius, imò crudelius, quàm si Remp.
arroderentii, qui in eam suo labore nihil conferrent.
Jul. capitol. in ipsius vita.
König Amasis in Egypten machte ein Gesetze / daß ein jedweder seiner Unterthanen
Jährlich denen Land-Voigten und Beambten / unter welche er gehörete / anzeigen
muste / wie und auf was Arth und Weise / und womit er sich ernehrete. Wenn
derselbe nun nicht richtige Rede und Antwort geben konte / oder überwiesen ware
/ daß er nicht gearbeitet / sondern den Müßiggang nach gehenget hatte / wurd er
getödtet / und also aus dem Wege geräumet.
Herodot. lib. 2. AElian. lib 4 var. Hist. 1. Alex. ab Alexand. lib. 3. Genial.
dier. c. 13. Diodor. Sicul. lib. 1.
welches Gesetze Solon von den Egyptern entlehnet / bey denen Atheniensern auch
eingeführet.
Heigius. p. 2. q. 27 n. 4. 5. & seq. Rittershus. ad Nov. p. 12. c. 15.
Christoph. Peller, in annot. ad c. 102. Casp. Klock, de AErario n. 10. p. 908.
Andere schreiben solches dem Pisitrato, Plutarh in Solon, nnd einige dem Draconi
zu. Lysias in Orat. contr. Niciam. Denn weil dessen Gesetze / wegen der Strenge
und Schärffe mit Menschen Blut geschrieben genennet wur [706] den / also hätte er auch den Areopagiten befohlen / die
Faulenzer und Müßiggänger auszurotten. Val. Maxim. lib. 2. c. 1. Dahin hat auch
abgezielet Marg-Graff Hugo zu Brandenburg / Käyser Ottens des III. Stathalter in
Italien / welcher denen Müßiggängern so feind gewesen / daß er sie vor Gericht
erfodern / und Rechenschafft ihres Müßigangs thun und anzeigen lassen / wovon?
auch wie? und auf was Arth und Weise sie sich ernehreten / welche Gewohnheit
noch von ihm herrührende in Hetruria, sonderlich zu Florenz üblich seyn soll /
teste Georg. Sabino, in ipsius vita, lib. 15. c. 15.
VI. Zum andern starcke und gesunde Bettler denen nichts mangelt / doch aber nicht
arbeiten / sondern lieber von den Bettelbissen sich erhalten / und darbey
liederlich leben wollen / so den Dieben gleich geachtet werden.
Matth. Berlich. p. 5. pract. concl. 44. n. 31. Reform. guter Policey Anno 1584.
tit. von Betlern und Müßigängern / item Polic. Ordn. 1577. tit. 27. Petr.
Denais. in jur. Cam. c. 209. n. 16. & seqq. Philip. Zorer. part. 2.
Quaest. 8. n. 4086. & multis seqq. Zeiler, Epist. 70.
wieder welche auch Plato, de legibus, Dialogo II. & de Republ. Dial. 8.
geeifert & davor haltende / wenn̅ in einer Stadt und Land
viele Betler zu sehen / auch viele Diebe sich drin befinden: Maßen denn bey den
Jüden keine Betler gelitten wurden.
Deuteron. 15. v. 4.
Und hat Anno 1653. das Palament in Engelland ein Gesetz gegeben / daß kein Mensch
weder auff den Lande / noch in den Städten mehr betteln gehen / sondern daß man
ihnen Arbeit / oder: Unterhalt verschaffen solle.
Zeiler, part. 1. des Hand-Buchs / tit. Armuth / pag. 24. Camerar. cent. 1. hor.
succis. cap. 16.
Dennin Betler-Gestalt sind zu Zeiten Mordbrenner / Beutelschneider / Hauß-Diebe
und Mörder in Städte und Häuser eingeschlichen / haben Brand / Diebstahl / Raub
und Mord verübt / die Früchte und Hut-Weiden vergifftet / und Sterben
angerichtet.
Gottlieb Wahrmund / von Geldmangel in Teutschland / caus. 6. pag. 322. &
seqq. Cornel. Agrippa de vanit. scient. 65.
Sie verrathen und kundschafften auch wohl gantze Länder aus sc. Confer de ipsorum
nequitia pluribus agentes
|| [707]
Lassenium, in Fruchtbringenden Gespräch-Spiehl / colloq. 11. pag 65. &
67. Hammerum, in Historischen Rosen-Garten / c. 24. p. 103. nec non Tr. Germ.
cui tit. Expertus in truphis, von falscher Betler Büberey / 1668. impress.
& Ambrosii Papens Bettel- und Gärten-Teufel / Magdeb. 1586. in 8.
editum.
Haben falsche Bettel-Brieffe / von andern geschrieben / u. mit falschen
nachgestochenen Siegeln bedruckt / als wenn sie etwan abgebrand / wegen der
Religion / oder wie itziger Zeit / von Frantzosen / und andern Reichs-Feinden
vertrieben wären / da sie doch mannigmahl ander Orthen verwiesen und ausgestäupt
worden sind / oder haben sonst wegen ihrer Ubelthaten durchgehen müßen: Ja
solche Schelme finden sich gemeiniglich zu den leichtfertigen Huren des Abends
in den Betler-Herbergen / und verthun in guten Muth miteinander / was sie des
Tages über erbettelt / und ehrlichen Leuthen abgepresset haben.
vid. Dn. Cancell. Fritsch. de Validis mendic ant. c. 14.
Ihr Leben und Wandel beschreibet gar artig Andreas Huperius, libro de beneficiis
in pauperes, inter coetera ejus opuscula pag. 887. mit folgenden Worten: "Was
für ein Leben führen doch die starcken Bettler / die da gesund und in ihren
besten männlichen Alter sind / und sich allein aufs betteln legen? Ein solches /
daß man zweiffeln möchte / ob sie Christen / Jüden oder Türcken seyn. Denn sie
kommen in keine Kirchen / liegen und stehen allezeit für den Kirchthüren / oder
/ wo sie dörffen / lauffen sie immer auf den Gassen / Wegen nnd Brücken herum /
wo sie die meisten Leute vermuthen. Also hören sie keine Predigt / vielweniger
gebrauchen sie das H. Sacrament. Und weil sie an keinen Orte bleiben / so fragt
auch kein Prediger nach ihnen / und jeder meinet / sie gehen ihn nicht an Führen
sie ein Weib bey sich / so ist es ihnen selten rech getrauet / vielmehr sind es
gemeiniglich ihre Huren / sterben sie in solchem Stande / mein was sind sie
anders / als ein Vieh? Was von Männern gesaget / das ist auch von Weibern /
grossen starcken nnd stinckfaulen Mägden / Item Betteljungen und Mägdelein zu
verstehen. Ist daß nun nicht mit schmertzlichen Trähnen zubeweinen / daß so
viele Leute / wie ein Vieh müssen ins ewige Verderben fahren? Das werden einmahl
die Obrigkeiten und Praesules der Kirchen schwer zu verantworten haben / die
dießfals nicht besser Auffsicht gehabt sc.
|| [708]
Hieher gehören auch / die sich taub / stum / lahm / blind oder sonst gebrächlich
stellen
Henel. d. tr. de aerario c. 12. p. 316. Zorer. d. p. 2. q. 18. n. 4092.
welche zuerkennen / und hinter ihre Schelmstücke zu kommen Paulus Zachias lehret;
Quaestion. Medico-Legal. lib. 3. tit. 2. per tot.
VII. Drittens / die herumlauffende Handwerg-Burße / von denen an theils-Orthen
gewisse Ordnungen gemachet / daß ihnen zu betteln keines weges sol verstattet /
sondern sie zu ihres Handwercks-Obermeistern verwiesen / und entweder mit Arbeit
/ oder in Mangelung derselben mit einem Zehrpfennige / der Laden Vermögen nach /
versehen und fortgeschaffet werden. Doch wäre es besser / wenn man dieselbe /
wie in Holland üblich / auch in die Werck-Häuser thäte / drin um einen gewissen
Lohn zu arbeiten / znmahl wenn die Kauffleuthe / die ihrer Arbeit benöthiget /
den Wochenlohn jedesmahl herschössen / so könte ein solcher Handwercks-Burß ein
ziemliches verdienen / und hernach seinen Weg / ohne Betteln oder wie sie es
nennen / Fechten weiter fortsetzen. Ja die Herschafft kan auch einen gewissen /
doch billigen Tribut, so an den Wochen-Lohn zu decurtiren / davon haben.
Henel. d. c. 12. pag. 317.
VIII. Vierdtens / die abgedanckte Soldaten / Herren-lose oder Gartende Knechte /
welche des Raubens und Stehlens in Kriege gewohnet / und daher dem gemeinen
Wesen durch Fortsetzung solcher Thaten sehr schädlich sind: Zumahl denen
Bauers-Leuten auf dem Lande Abfoderung Essen und Trincken und Futters / denen
Reisenden aber mit schreckhaffter Auspressung einer Reuter-Zehrung. Wieder
welche Art Räuber und Landzwinger in H. Römischen Reich schon nachdrückliche
Verordnungen gemacht sind / vide Constitutionem Imperii de Anno 1555. §. und
damit angeregte Vergaderung sc. welche in der Policey-Ordnung / zu Franckfurth
Anno 1577. Sub tit. 7. von den Herrenlosen und Garten-Knechten / wiederholet
worden. add. Speidel, Notabl. h. v.
IX. Fünfftens / die Vaganten und fahrende Schüler / welche Vater und Mutter /
Praeceptoribus und Profesloribus nicht folgen wollen / sondern sich an böse
Gesellschafft hengen / ihr Gelb und Bücher verthun / versauffen oder verspiehlen
/ hernach wenn alles vergeütet und fort ist / entweder stehlen / liegen und die
Leuthe betrügen / oder im Lande herum lauffen / Gelehrte und an [709] dere um ein Viaticum ansprechen / auch wohl
vor den Thüren singen / oder auf Geigen / Harffen oder wohl Trompeter-Mari
spiehlen / dargegen aber des Abends alles in den Wirths- und Hurenhäusern wieder
verthun / was sie des Tages erschnappet haben.
Henel. de AErario c. 12. pag. 318. & 39.
Diese / weil sie sich vor Gelehrte ausgeben / solte man examiniren / und wenn sie
wohl bestünden / in gute Schulen bringen / noch weiter informiren und anhalten
lassen / daß sie gut thäten / auch ihnen nöthigen Unterhalt verschaffen / wie
nicht weniger mit einem austräglichen Stipendio versehen / auf Universitäten
ihre Studia weiter fort zusetzen / und dermaleinsten / als die sich obligat
machen müsten / dem Lande nützliche Dienste zu leisten. Bestünden sie aber nicht
/ wästen sie in die Zucht- und Werckhäuser zu thun / drin ihren Unterhalt mit
Arbeit zu verdienen / und andern Leuthen vor den Thüren nicht mehr beschwerlich
zu seyn.
Zeiler, im Hand-Buch / p. 2. v. Armuth p. 24. & 25.
X. Sechstens die Zigeuner /
[Italis appellantur Cingali, propter vitam motoriam atque vagabundam, â Cingalo
seu Cinglo, quod motacillam denotare videtur. Germanis nominantur Zigeuner /
quasi ziehe ein her / quoniam, vagabundi sunt homines. Wehner. Observ. Pract. h.
v. D. Simon, d. tr. de Ergaster. Disciplin. c. 3. §. 4. ubi de eorum origine
plura affert. add. Limnaeus, J. P. lib. 9. c. 2. n. 161. & seqq. tom. 1.
addit. ad hunc locum; n. 156. Camerar. hor. succis. cent. 1. c. 17.]
Denn man hat zu Zeiten erfahren / daß solche müßige Rotte nur Ausspäher /
Kundschaffer und Landverräther gewesen / sind auch denen Bauers-Leuthen auf den
Lande sehr beschwerlich / indem sie Gras / Wicck futter und ander Geträ de vor
ihre Pferde ungeheissen abhauen / auch Speck / Eyer / Buttter / Käse und
dergleichen / ohne Bezahlung ihnen abnöthigen / unter den Vorwand / sie wolten
ihnen dargege̅ gut Glück [oder vielmehr Lügen] sage̅
/ Feuer-Wurtzel und andere verbothene Abergläubische Dinge geben / dadurch
mannigmahl daß einfältige Bauren-Volck versühret wird. Deßwegen gleichfals
wieder solch liederlich Gesindlein in den Reichs-Abscheid Anno 1509. tit. von
den Zigennern / item in Reform. guter Policey Anno 1530. tit. eod. R. A. 1551.
§. nach dem auch angezcigt. Ferner in Reform. Policey 1548. tit. eod. &
Anno 1577. tit. 28. §. derjenigen heilsame Verordnung geschehen / in verbis: [710] Allen Churfürsten / Fürsten und Ständen bey den
Pflichten / damit sie Käyserl. Majestät und dem H. Reiche verwand / ernstlich
gebothen / daß sie die Zigeuner (nachdem man gläubliche Anzeigung hat / daß sie
Erfahrer / Verräther und Außspäher seyn / und die Christen-Lande dem Türcken und
andern der Christenheit Feinden verkundschaffen) in und durch ihre Lande nicht
ziechen / handeln noch wandeln laßen / noch ihnen des Sicherheit und Geleite
geben / sc.
Add. Schönborn lib. 30. Polit. c. 16. D. Cancell. Fritsch / de Zygenor. orig.
vita ac morib. Item de valid. mendic. c. 12. per tot. Dither, in cont. Thes
pract. Besold. v. Ziegeuner pag. 668. Speidel. in notabil. h. v. Camerar. bor.
succis. cent. tom. 1. c. 17.
Der König in Franckreich hat auch Anno 1561. ein Decretum promulgiren lassen /
daß die Ziegeuner binnen zwey Monaten das Königreich räumen / oder gewarten
solten / daß man sie niedermachen / oder nach Befindung auf die Galeen schicken
würde.
D. Simon. d. tr. c. 3. § 4.
Deswegen die Zucht-Häuser ihnen zum Schrecken dienen müssen / daß sie aus dem
Lande bleiben.
Henel. d. c. 12. §. 2. pag. 323.
XI. Siebendens werden in solche Gefängniße gebracht die ungehorsame Kinder /
welche sich von Eltern / Vormündern oder Lehrmeistern gar nicht ziehen / noch
bendig machen lassen / vielweniger ihre Pflicht und Gebühr beobachten wollen;
[Quod officium in quo consistat, eleganter tradit Gu. Grot. Enchir. de princip.
Jur. Nat. c. 10. § 9. & 10. ibique alleg. Selden, de Jur. Nat. lib. 7.
c. 2. Hocetiam Lex Divina Exod. 21. Deut. 5. singulari cum emphasi liberis
inculcat.]
Sondern gäntzlich aus der Arth schlagen / wohl Hand an die Eltern legen / oder
sie doch auf das ärgste kräncken / quählen und martern / herunter machen /
schelten / schmitzen und schmähen.
L. 2. §. 2. ff. de obseq. parent. Schulz, ad §. 3. Inst. de publ. jud.
Auf welchen Fall die Eltern selber solche unartige böse Kinder der Obrigkeit /
zur gebührenden Straffe / darstellen können /
arg. L. 3. C. de patria potest v. L. 2. ad L. Cornel. de sicar.
|| [711]
Oder wenn sie etwan aus Affen-Liebe alles übersehen und überhören / kan der
Magistrat ex officio dergleichen Belials-Kinder beym Kopf nehmen / in die
Zucht-Häuser bringen / oder sonst ihren Verdienst nach exemplarisch abstraffen
lassen.
arg. L. 5. de patr. potest. D. Simon. d. c. 4. §. 1.
Bey den Jüden wurden solche ungehorsame Kinder gesteiniget.
Deuter. 21. v. 18.
Sonst ist auch erschrecklich das Privilegium, welches Käyser Ludovicus Pius der
Stadt Nürnberg Anno 1320. ertheilet / unter andern des Inhalts: Daß solche
halsstarrige Kinder / wenn sie durch die Thurm-Straffe nicht zubendigen / gar
ersäufft werden solten.
Im Zucht-Hauß zu Amsterdam werden vornehmer Leuthe Kinder / die nicht gut thun
wollen / in ein besonder Zimmer gebracht / da sie nicht iederman zu sehen
bekömmet / welche deshalber Se paraten genennet werden.
Christoph. Peller. in annot. ad cap. 102. Casp. Klock. de AEr ario, n. 3. pag.
908.
XII. Achtens / gehören auch dahin die Luxuriosi & prodigi, die
muthwilliger weise / wieder alle Zurede / Abmahn- und Warnung ihre und ihrer
Weiber Güter verthun / verschlampampen und durchbringen: Denn solchen geschicht
eben recht / daß wenn sie vorher gute Leckerbißgen gegessen / und den Trunck
Wasser verlieb nehmen. Jure Romano wurde solchen Verthuern verbothen / ihrer
Güter sich zugebrauchen / Paul.
lib. 3 sent. tit. 4. ibi:
Quando tua bona paterna ??? nequitia tua disperdis, liberos tuos ad egestatem
perducis obeam rem tibi ea re ??? interdico. Mit welchen auch Platonis Gesetze
überein kahm / also lautend: ??? bonorum suorum possessio libera &
integra esto, tum civi, tum peregrino, nisi quis civis prodigus iis furiosè ab.
tatur! Ja man setzte ihnen auch wohl Vormünder / welche derselben Güther
administriren / und Rechnung drüber thun musten.
L. 1. C. de curat. furios.
Hinc orta sequens formula Decreti in nonnullis locis usitata:
P. P.
Daß nach gnungsam-eingenommener erkundigung Titius durch or [712] dentliche Richterliche Umfrage seines bekandten
verthulichen Wesens und Lebens halber in prodigum, vor einen Zechbruder und
Verschwender declariret und ausgeruffen / ihm auch die Administration und
Verwalthung sein und seines Eheweibes Nahrung [oder seines Väter- und
Mütterlichen Erbes / si adhuc coelebs sit] und Güther interdiciret und gesperret
seyn / und zu dessen männigliches Wissen und Verwahrung gegenwärtiges Proclama
ad Valvas öffentlich anschlagen würde / also daß er nun hinfüro für sich
selbsten / auch ohne Wissen / Willen und Vergünstigung seiner nechsten
Anverwandten und Befreunden / oder sonderbar gegebenen Curatoris, mit und von
niemands / hinwiederum von und mit ihm ichts werben / contrahiren / kauffen /
verkauffen / verleihen / borgen / Zins-Gülden und andere Nutzung einziehen /
geben oder bezahlen / noch andere Pacta, Conventiones, Beding oder Vergleich
aufrichten soll oder möge / sc. sub poena nullitatis & arbitrariae
mulctae.
Hofmann, in Lycurgo pag. 117.
Ad probandum verò, aliquem esse prodigum, debent testes adsignare rationem,
utpote quia vident quotidie illum dilapidare bona sua & exponere ultra
facultates. Paul. Christinaeus, Decis. 182. n. 27. & seqq. vol. 1. Wann
einer frißt / säufft / spielt / und hingegen alle andere Arbeit / damit ein
ieder nach seinem Stande sich nahren muß / unterläst.
Klock, de AErario, lib. 2. c. 102. in fin.
XIII. Desgleichen Neundtens die Decoctores, Leute-Betrieger / Falliten und
muthwillige Banckerottierer / welche als rechte Diebe / ehrliche Leuthe üm das
ihnen vorgesetzte Geld / oder gelieferte Wahren bringen / solches verbraßen und
verstoltziren. Qui aequè curant honestum nomen & fidem, ut Polini
syllabarum quantitatem.
Henel. d. tr. c. 12. §. 5.
Die werden an etlichen Orthen in die Schuld-Thürme gesetzet / auch wohl dem
Gläubiger an die Hand und Halffter gegeben / biß er die Schuld abarbeite / wovon
im Capitel vom Gefängnis schon mit mehrern gehandelt worden. Am
schreckhafftesten ist / wenn sie in die Zucht- und Rasp-Häuser gebracht / und
mit schwerer Arbeit beleget werden. Objiciis: per debitorum condemnationem in
Ergasteria non consulitur creditoribus. Resp. quamvis creditoribus non
consulatur in totum, consulitur tamen iisdem in tantum. Potest quippe
Magistratus creditoribus [713] aliquid solvere loco illius
quod fructus ex decoctorum laboribus in Ergasteriis percipit. Quippe nec in
bonorum cessione aut addictione ad operas creditorum in totum satisfit omnibus
creditoribus, nisi loco solutionis reputare velint ignominiam, qua vexanrur
debitores. Solent enim alicubi beneficium cessionis implorantes circumdici per
civitatem, campanâ pulsatâ, cum tubis & vituperio usque ad locum, in quo
cedunt. Alibi in foro sedere coguntur, plebeque circumstante in os corbem
accipere; vel inpublicum traducuntur, grege puerorum comitante, qui inane
gestant marsupium. Quibusdam in locis cedentibus solvitur Zona. Alibi fit cessio
à debitoribus publicè, posteriora nudè ostendendo & exclamando cedo
bonislin multis Italiae provinciis cedentes linteamen & pectinem habent,
ac in terna sedentes caput pectinant, voce hac emissa: Cedo bonis.
Carpzov. Asyl. debit. c 2. th. 43.
Alibi lig antur ad columnam (an den Kaak) vel ad Lapidem, quem vocant vituperii,
coguntur ire, & eundem nudi percutere.
Zanger, in comm. ad quat. praecip. Decret. titul. c. cum te de sent. & re
judic. n. 39. D. Simon. d. tr. c. 3. §. 6.
Zuweilen aber machen sie sich unsichtbar und gehen durch / wenn sie mercken / daß
die Obrigkeit / oder die Creditores nach sie greiffen lassen / da kriegen sie
denn die Ehren-Titul: abiit noster vicinus, Monsieur Johannes, abiit, periit,
excessit, evasit, erupit, fugatus est, pulsus est, ejectus est è civitate. Er
ist all bort / er ist geschlendert / davon geschlichen / und den Weg aller
Schelme und Diebe gegangen. Und werden dieselbe wohl mit guten Fug und Recht
Decoctores genennet / weil sie starcke Magen haben / so Steine / Balcken und
gantze Häuser verdauen können.
Henel. de AErario d. c. 12. §. 5. pag. 339.
XIV. Zehendens die gefangene Türcken / Tartarn und andere barbarische ungläubige
Völcker / weil sie es denen gefangenen Christen nicht besser / sondern viel
ärger machen [de quorum miseria legi potest Speidel. in notabil. v. gefangene
Christen] denn in solchen Zucht- und Werck-Häusern können sie nicht allein ihren
Unterhalt verdienen / sondern es hat die Obrigkeit noch darzu den Gewinn von
ihrer gemachten Arbeit.
D. Simon, d. tr. c. 3. §. 9.
Eben so kan man auch mit denenjenigen verfahren / welche von Natur knech [714] tisch / und ihres Verstandes nicht so mächtig
sind / daß sie sich selber ernehren können: da denn die Obrigkeit billig solcher
gestalt vor sie sorget / daß sie nötigen Unterhalt auf ihr Lebenlang haben. Sic
in Historiis narrat Posidonius Stoicus, multos olim fuisse, qui suae
imbecillitatis conscii, aliis in servitutem spontèse se darent, ut domini ipsis
providerent de necessariis, loco cujus ipsi, quas possent, praestarent operas.
Grotius, de J. B, & P. lib. 1. c. 5. §. 27.
XV. Elfftens diejenige / so keine Caution und würckliche Bürgeschafft leisten
können [I.] De non offendendo, oder den andern keinen Schaden zuzufügen / als
zum Exempel / wenn einer nur mit blossen Worten drohete / er wolte den und den
einen rothen Hahn auf das Hauß setzen / oder eine Kugel schencken / der Droher
auch so ein arger und liederlicher Vogel wäre / daß man in Sorgen stehen müste /
er würde solche Drohungen ??? und ins Werck setzen / er hätte aber nicht in
Vermögen zu caviren / vielweniger einen Bürgen darzustellen / welcher vor ihn
eintrete / als denn wird er billig in solche verwahrte Häuser gebracht / mit
seiner Arbeit sein Brod zuverdienen / damit der / dem er gedrohet / ihm den
Unterhalt / wenn er nichts hat / geben dürffe. [II.] De non vindicando carcere,
daß er die gefängliche Hafft 7 ausser rechtlich oder thätlich / nicht rechen
wolle / denn wen̅ er so verdächtig und liederlich ist / daß ob er
schon deswegen eine Urphede schwüre / dennoch sie nicht halten würde / thut man
besser / daß man sich seiner Person versichere / als von ihm Schaden leide.
Melius enim est, in tempore occurrere, quam post vulneratam causam remedium
quaerere.
L. 1. C. quando lic. ??? sine jud.
Formula Urphedae in Camera Imp. consveta est haec: Ihr werdet schweren einen Eyd
zu GOrt und auf das heilige Evangelium / daß ihr die Gefangniß / darinnen ihr
von wegen eurer Mißhandlung zur Straffe angenommen worden / gegen den Herrn
Cammer-Richter / Präsidenten / Beysitzern und allen des Käyserlichen Cammer
Gerichts-Personen / auch Bürgemeister und Kath der Stadt Speyer / (oder nunmehr
Wetzlar) ihre Diener und Verwanthen / auch sonst män̅iglich mit
Worten und Wercken / heimlich oder öffentlich / in keinerley Weise oder Wege
rächen / oder anten wollet / alles treulich und ohne gefährde.
Wehner, observ. pract. sub voc. Urfriede.
|| [715]
XVI. Zwölfftens und Letztens wollen einige / rathen es auch grossen Herren / daß
man die Ubertreter der Gesetze / so von der hohen Obrigkeit gemildert / auch
denen Delinquenten condoniret werden können / und die GOtt der HErr nicht selber
in seinem Gesetze an dem Leben zu straffen gebothen / [den von denselben kan von
Menschen keine Gnade ertheilet werden / Deuter. c. 13. v. 8. & seqq. c.
1. v. 12. & seqq. Damit ihre Seele nicht vor des Ubelthäters seiner
stehen und hafften müsse lib. 1. Reg. c. 20. in fin.] nicht hinrichten oder in
ewige Gefängnis setzen / noch sonst in ihrem Gesichte sie schänden / oder an den
Gliedmassen verstümmeln / sondern in die Zucht-Rasp- und Werckhäuser bringen /
und Zeit ihres Lebens mit saurer und schwerer Arbeit drinn belegen lassen solle:
Denn dadurch könte ein Herr die Unkosten erspahren / welche er auf die Execution
und Hinrichtung eines solchen Ublethäters wenden müste; Würden auch die Cam̅er-intraden durch den Profit der Wahren / was nach Abzug ihres
Unterhalts / Uberschuß bliebe / ziemlich vermehret: Ja man hätte aus der
Erfahrung / daß wenn ein oder ander Delinquent verwiesen / aus gestäupt / oder
ihm Ohren und Nasen abgeschnitten / und wohl gar ein Zeichen an der Stirn
gebrand worden / dieselbe dadurch sich nicht gebessert / sondern vielmehr zu
Feinden und Verderbern Land und Leuthe gemacht worden / indem sie Räuber und
Mordbrenner / die Städte und Dörffer in die Asche geleget / abgegeben / dessen
man sich nicht zubesorgen / wenn sie an Ketten und Banden wohl verwahret / in
solche Zucht-Rasp- und Werckhäuser gebracht würden.
D. Simon. d. tr. c. 3. §. 8. &. c. 4. §. 3.
Unde Rel-fendso sat liberè inter non minimos Politicos Germaniae Principum
& Rerump. Soloecismos referendum censet, quoa plerosque Legum
transgreslores crudelibus carnificum manibus tradant, hunc patibulo consecrando,
aut capite plectendo, illum rotâ contundendo aut culeo insuendo, istum
fustigando aut ad cippum alligando; è contrariò autem non potest Gallorum
& Italorum prudentiam satis extollere laudibus, qui delinquentes non
momentanea, ex qua Resp. nullam vel exiguam capit utilitatem, sed perpetua morte
afficunt, eos ad Triremes vel alia opera publica condemnando, cum hoc modo illi,
qui antea Reip. nocuere, eidem prodesse tunc incipiant.
Christian. Hencl saepè dict. tr. de. AErario c. 12. §. 3.
und Cl. Hornius,
in Dissert, ad lib. 1. c. 9. Instit. Polit. Boxbornii, p. 140.
|| [716]
ist gleichfals der ??? / daß man die Diebe nicht hencken / sondern auff ihr
Lebelang in Ketten und Banden arbeiten lassen solte / weil dieselbe gemeiniglich
junge starcke Kerls wären / die man darzu wohl brauchen könte. Drum werden auch
in Holland sehr selten die Diebe aufgeknüpfft / sondern entweder gestäupet oder
gebrandmahlet / oder mehrentheils in das Rasp-Haus gebracht / drinn sie mit
harter Arbeit beleget / auch durch Hunger und Schläge gebändiget werden / daß
mancher sich lieber auffhencken liesse / als daß er stets ein so mühseliges und
geplagtes Leben führen solte. Mittantur igitur fures ad S. Raspinum, non ad
carnificem! exclamat
Henel. d. c. & §. p. 326.
XVII. Es sind aber dergleichen Häuser vieler Orthen zu finden / sonderlich in den
Niederlanden fast in allen Städten / bevorab zu Amsterdam / Alckmar / Gröningen
/ Lewarden / Leiden sc.
Zeiler, im Hand-Buch / p. 1. pag. 612. Henel. cit. loc. Besold de AErario c. 3.
§. 13.
Item zu Londen in Engelland. Deßgleichen zu Hamburg / Lübeck und Bremen.
Wolf. in Colleg. Polit. Disp. de Legihus ??? Sanctione th. 23. n. 9.
Ferner zu Braunschweig und Leipzig. Wie auch zu Nürnberg / da es das
Springer-Hauß genennet wird / in welches gleichfals die starcke Bettler und
andere Delinquenten, die was hartes / aber doch nicht das Leben verbrochen /
gethan und geschlossen werden / doch also / daß sie zugleich ohne Hinderung
drinn arbeiten und die Strassen reinigen können / man henget ihnen auch wohl
Schellen an / daß man sie höre und dran erkenne / und werden in gemein din
Springers-Buben / der Orth aber / wo sie ihre Schlaffstelle haben / der
Bettelstock genennet. Es ist auch daselbst vor das Weibesvolck ein Spinhauß /
und Anno 1670. vor das Mannesvolck ein Zuchthaus angerichtet / drinnen diese
Tabac spinnen müssen / haben nebst denen Inspectoribus-so aus dem Rath sind /
einen Vorsteher / wie auch einen eignen Pfarrer / der ihnen prediget / und die
Sacramenta reichet. An dem eusersten Thor solches neuerbauten Zuchthauses stehen
folgende Reimen:
Den Bösen ist zu gut diß Arbeit-Hauß erbauet /
Wer nie viel guts gethan / und wem für Arbeit grauet /
Der find hie Wercks genug: Hierinnen wohnt die Zucht /
Die einig und allein der Bösen Bestes sucht.
|| [717]
An der innern aber:
Wer keine Seiden nie gesponnen /
Und mehr verthan hat / als gewonnen /
Der gehe ein durch diese Thür /
Und spinne nun Tabac dafür.
Peller in annot ad Klockii c. 102. de AErario. n. 8 pag. 908. Bornit. de rer.
sussic. tr. 2. c. 5. p. 75.
Item zu Danzig / Anno 1529. erbauet.
Rudolph. Gothofr. Knichen. oper. Polit vol. 1. lib. 1. c. 7. col. 189. §. 5.
circ. fin.
Zu Breßlau in Schlesien / Anno 1670. angerichtet.
idem dict. loc.
Zu Zürich in Schweitzerland /
Zeiler, im Hand-Buch / v. Zucht part. 1. pag. 612.
und andern Orthen mehr.
Zu Dreßden hat man den Bau / drinn auch allerhand Delinquenten zur Arbeit gethan
werden.
D. Simon. saepè dict. Disp. de Ergasteriis Disciplin. c. 2.
XVIII. Unter den Zuchthäsern aber mag wohl daß zu Amsterdam das kostbarste seyn /
weil / wie Pontanus,
in Histor. Amstelod. lib. 2. c. 19.
berichtet / dasselbe ein recht Palatium und vortreflich Gebäude ist / sehr
reumlich mit vielen Gemächern / Cammern und Höfen. Philip von Zesen /
in Beschreibung der Stadt Amsterdam pag 302. 303. & 304.
referiret davon also: Das Raspel- oder Zuchthauß zu Amsterdam ist Anno 1595. vor
das unnütze Mannesvolck / vieler Land-Läuffer und Diebe wegen / so sich vor arme
vertriebene Bettler ausgaben / aus Anordnen der damahligen Bürgemeister
Reinierkants / Balthasar Appelmans / Barthel Krumhauts und Jacob Bulesen
angerichtet / und über die Züchtlinge Ißbrand Bennen / Ißbrand Harmans und
Heinrich Bauchen zu Zuchtmeister bestellet. Zu diesem Zuchthause gelanget man
durch zwey starck und grosse stennern Thüren; oben am Thür-Gerüste der ersten
bey dem heiligen Wege / stehet ein Fuhrmann mit einen Wagen / drauf Sägen /
Raspen / Feilen und dergleichen zu diesem Hause gehöriges Werck [718] zeug lieget / in Stein gehauen / und diesen
Wagen ziehen bey paaren Wölffe / Bären / Löwen / Tieger und dergleichen wilde
Thiere / auf welche der Fuhrmann mit einer starcken Peitsche tapffe zuschläget.
Darüber ieset man folgende Worthe: Virtutis est domare, quae cuncti pavent, der
Tugend kömmet zu / dasselbe / daß jederman fürchtet / zu zähmen. Aber auf dem
Thür-Gerüste der zweyten / siehet man zwey große an den Füssen gefässelte
Zucht-Buben Brasilien Holtz raspen / und unter denselben in einem runden Schilde
/ mit allerhand vergüldeten Ketten und Fässeln umgeben / einen andern Baumseide
würcken. Welches alles ebenmäßig in Stein gehauen / u. mit seinen eignen Farben
übermahlet. Durch die zweyte Thür gelanget man in einen weiten viereckichten
Hoff / daraus alle Gefängnisse / vermittelst starcker eisernen Gitter ihr Licht
schöpffen. In diesen Hoff stehet eine hohe Seule oder Pranger / mit der
Gerechtigkeit oben auf / welche ihr Schwerd und Waage in den Händen führet.
Hieran werden die Züchtlinge / wenn sie was verschuldet / zuweilen gebunden und
gestäupet. Unten um den Hoff herum sitzen gemeiniglich die Landläuffer und Diebe
/ welche den Galgen noch nicht verdienet / und hierin / nachdem man sie
öffentlich gestäupt / auff etliche Jahr verwiesen sind. Diese müssen / etliche
gefässelt / etliche ungefässelt / nachdem sie alt und starck seyn / schwere
Arbeit thun. Sonderlich aber Brasilien Holtz raspen / und zwar so klein und mit
solcher Mühe / daß ihnen offtmals der Schweiß wiewohl sie falt gantz nackend
stehen / darüber Tropffenweise ausbricht. Wenn sie ihre gesetzte Tagewerck
vollbracht / denn haben sie erst Feierabend / und eher nicht. Aber oben sitzen
die Bettel- und andere muthwillige Jungen / welche den Leuthen auff den Gassen
überlästig fielen / und weben / unter anderer Arbeit / die ihnen nach eines
jeden Fähigkeit und Macht aufferleget wird / Baumseyden und dergleichen Zeuge /
auch haben sie ihre Schule / drinn sie lesen und schreiben lernen: Und wann
einer von ihnen Muthwillen getriebe̅ / wird er mit den Kopff
zwischen zwo Stöcke geklemmet / auff eine Banck / die in dieser Schule stehet /
geleget / und mit Ruthen gestrichen. In gemeldter Schule müssen des Sontages
alle Zucht-Buben zusammen kommen / da ihnen denn aus der Heil. Schrifft
vorgelesen / und ihr ruchloses / eine Zeitlang gepflogenes Wesen und Leben
vorgehalten / auch ein anderer Weg zu Besserung ihres Wandels angewiesen wird.
Sie haben auch einen eignen Pfarrer / der ihnen prediget / und sie in
Christenthum unterrichtet.
|| [719]
Pontan. d. lib. 2 c. 19. Bornit. de rerum sufficient. tit. 2. c. 5. pag. 74. cit.
Knichen, col. 289.
Man hat sich aber hier zu verwundern / daß in 1502. auch folgenden Jahre / da
doch die Peste sonst fast die gantze Stadt Amsterdam durchlauffen / in diesem
Hause nicht ein einiger Zucht - Bube gestorben / oder nur behafftet worden: Also
daß sich das Sprüchwort: Unkaraut vergehet nicht / in der That und Warheit
erfüllet befand. Neben oder hinter demselben hat man Anno 1663. noch ein anderes
Zuchthauß / welches das absonderliche genennet wird / gestifftet. In hiesigen
befinden sich die jenigen / welche von niemand wollen gesehen seyn / als da
seynd die ungerathene unbändige Kinder / welche ihre Eltern selbst eine Zeitlang
in diese Zucht - Schule gesetzet / damit ihn der Kitzel vergehe / und daßienige
/ was sie in den Buben-Schulen gelernet / wieder abgelehret werde. Diese haben
ihre sonderliche Kammern / und thun kei ne Arbeit / weil die Eltern ihr Kostgeld
geben.
Add. Bullaeus in Comment. ad const. crim. Caroli V. art 10. & Martin.
Neurath, in addit. ad c. 23. Hippol. à Collib. de increm. urbium lit. 8. p. 358.
Das Spinn- oder Zuchthauß des unnützen und unbändigen Frauen - Volcks
Zu Amsterdam ist wegen vieler verwillderten Mägdlein / die auff den Gassen
lieffen / auch um der müßiggehenden geilen Mädgen und Weiber willen / die sich
in Huhrhäusern auffhielten / und des Sauffens beflissen / ja selbst zum
Diebstahl verfiehlen Anno 1596. geftifftet. Selbige unbändige faule Weibes.
Bilder wurden alsobald an das Flachs - und Wollen-Spinnen / Netze stricken / und
dergleichen Arbeit gesetzet. Die ersten Aussen - Mütter / welche die
Bürgemeister über dieses Hauß verordnet / waren Atgen Klasin und Aaf Hetmansin.
Als Anno 1643. dieses Spinnhauß abgebrand / ist ein viel schöners und
prächtigers erbauet / über der Thür stehet in Stein gehauen / die Züchtigung /
in Gestalt einer Frauen / und hebet mit der rechten Hand eine Geissel in die
höhe / mit der lincken aber fasset sie eine von den Züchtlingen / welche ein
Netz stricket / bey den Ermel / als wolte sie selbige geisseln / zur Rechten
Seiten fitzet eine andere mit einen Spinn-Rocken. Aber wie schön dieses Hauß von
aussen anzusehen / so übeln Geruch giebt von innen der gemeine Sitz - Platz der
leichten Mätzen von sich. Dann so bald man die Treppe hinauff gestiegen / und
vor das [720] Gitter gelanget / diese hübsche Thierlein zu
schauen / kömmet einen ein solcher äckelhafftiger dampfichter O.???a'm entgegen
/ daß man die Nase zu halten muß. Man findet aber dieselbe allda in drey
unterschiedliche Buchten abgeschieden. In der ersten sitzen diejenigen / die
auff den Brantewein zu sehr verleckert sind / und lieber ihren Rock samt dem
Hembde versetzen oder verkauffen / als die Käle unbefeuchtet lassen wollen. In
der andern sind die geile versoffene Mären / die in Hurhäusern ihren Leib samt
der Scham um ein liederliches Hurengeld vermiethet. In der Dritten befinden sich
die allerehrligsten: Nemlich dieselben / die sich so ehrlich getragen / daß man
sie auff das öffentliche Schau - Gerüste zum Tantz geführet / um zum Zeugnis
ihres ehrlichen Verhaltens mit den Wapen der Stadt gemercket. Alle diese Bucht -
Säue werden durch ihre Zucht - Mütter'zur Arbeit angetrieben: Und wann sie sich
unnütze machen / spielet man ihnen mit einen Trummelstock auff ihren eignen
Kalbesfälle zum Tantz / oder wirfft sie in ein finsteres Loch / da sie auff eine
Zeitlang ihre Lust büssen. Zu gewissen Stunden wird ihnen auch eines und das
andere Stück aus der Heil. Schrifft vorgelesen / mit beygefügter Ermahnung / daß
sie sich der Zucht befleißigen / und ihr ungebundenes gottloses Leben verlassen
wolten. Ausser dieser gemeinen Züchtlingen findet man noch andere / welche in
ihren absonderlichen Kammern wohnen / und nicht mögen beschauet werden. Dieselbe
sind entweder Jungfrauen / die ihren eignen Vorrath durch andere zuviel Nutzen
lassen / und deßwegen von ihren Eltern hieher in Verwahrung gethan worden: Oder
aber Ehefrauen / die theils ihre Haußhaltung durch ein wildes ungezäumtes Leben
gäntzlich verwahrloset / theis auch ihr eignes Geräthe fremden Männern / vor ein
Gläßlein Weins / oder sonst etwas / zu brauchen überlassen. Zum Unterhalt dieses
Zuchthauses müssen alle viertel Jahr / durch die gantze Stadt die gemeine Trinck
- Häuser / und alle Häuser / da man Wein / Brantewein und andere gebrante Wasser
/ wie auch Speck / Butter u. Käse verkaufft / zehen Stüver geben: Ja selbsten
die jenigen / da man nur geringes Bier verkaufft / fünff Stüder / welches
gewißlich / wann man es alles zusammen rechnen solte / ein groß Geld ausmachen
würde.
add. Pontan. hist. Amstelodam. d. lib. 2. c. 9. & Schookius, in Belgio
faderato, lib. 16. c. ult. in fin.
Christoph. Peller,
in annot. ad Saepè dict. cap. 102. Casp. Klockii, de AErario u. 3. pag. 908. [721] führet an / daß er über der Thür des Spinn - Hauses zu
Amsterdam die Hauß - Mutter oder Zuchtmeisterin in Stein gehauen gesehen /
welche ein faules / unartiges und ungehorsames Mägdelein castigiret / mit dieser
Inscription:
Schrick niet! ick wreck keen quat / maertwing tot goet /
Straf ist men Hand / maer goet is myn gemoet.
i. e. expavescere noli! Malum non vindico, sed ad bonum cogo, rigorosa quidem
manus mea est, sed animus placidior.
XIX. Von den Zucht - und Werck - Hause zu Bremen / und dessen löblicher Anstalt
thun auch Reinking. lib. 2. de regim. secul. & Eccles. claß. 1. c. 7. n.
6. Item Maximil. Faust, in consil pro aerario, consil. 455. circa fin. und
Limnaeus, de Jure Publ. in addit. ad. lib. 7. c. 7. n. 15. Meldung. Bey denen in
Teutschland entstandenen Unruhen Anno 1629. hat es zwar in Abgang gerathen
wollen / ist aber doch Anno 1644. auf Befehl des Magistrats die vorige Ordnung
und Anstalt renoviret / und nebst dem Zuchthause zu Unterhaltung deren / so zu
arbeiten begehren / ein Werckhauß / darinnen die Männer zum Holtzraspeln / die
Weiber und Mägde zum Spinnen / die Knaben aber zu Erlernung allerhand
Manufacturen angewiesen werden / angestellet / welches auch in guter Ordnung
erhalten worden / biß Anno 1647. durch Anzündung eines darbey stehenden mit
Pulver erfülleten Thurms / dieses Zucht - und Werck - Hauß ruiniret / welches im
1650. Jahr wieder neu erbauet worden.
Zeiler, im Hand-Buch / pag. 912. & 613. add. lib. das Bremer Zuchthauß
tituliret / Anno 1617. zu Erfurt gedruckt.
XX. Von dem Hamburgischen statlich - erbaueten Werck - und Zucht - Hause
schreibet Gerhardus Hackmann, Pfarrer der Kirchen zu Sanct Marien Magdalenen
allda / in der Vorrede seiner Catechismus-Schule 1641. gedruckt / folgendes. Es
ist dieses Werck - und Zucht - Hauß Anno 1616. GOtt zu Ehren / denen Frommen zu
Schutz / denen Bösen zur Straffe / und dem nothleidenden Armuth zu gutem erbauet
/ und bis daher durch GOttes Gnade und Hülffe wunderlich unterhalten worden. Zu
Provisorn und Vorstehern werden diesem Hause vorgesetzet Christliche / fromme /
ehrliebende getreue Personen und Bürger / die von GOtt reichlich gesegnet / und
mit guten Verstande begabet sind. Deren Oberberren / o [722] der des Hauses Patronii sind der jüngste Bürgemeister / und
zwo andere Raths - Personen. Das Werckhauß hat das Symbolum Sigilli: LABORE
NUTRIOR! Ich bin ein solcher / der sich durch Arbeit ernehret. Gehören derowegen
hinein [1.] Arme u. Nothdürftige / es seyn Einheimische oder Frembde / weiche
keine Mittel haben / ihre Kost zuverdienen / und sich gleichwoh! des Bettelns
schämen. [2.] Gehören sonderlich hinein die starcke / faule / freche / gottlose
/ muthwillige / verstossene Trunckenbolden / Wein - und Bier - Bälge / so wohl
Frauen - als Manns - Personen / so wohl Junge als Alte / die in Untugend /
Boßheit / Hurerey / Dieberey / und in allerley Sünde und Schande erwachsen / und
sich des Bettelns täglich vor den Thüren auf der Strassen befleißigen / und
nicht arbeiten wollen. Auf solche sind die Pracher - Voigte bestellet / daß sie
dieselbe Bettler von den Gassen nehmen / und ins Werck - Hauß bringen müssen. Da
auch solcher faulen und muthwilligen Leuthe Eltern / Vormünder und Freunde / bey
den Patronen und Provisorn sich dessen bek agen / und Hülffe suchen / werden sie
hinein genommen / und zur Gottesfurcht und Arbeit angehalten. Das Zucht - Hauß
hat ein solches Symbolum Sigilli: LABORE PLECTOR, ich bin ein solcher / der
durch Arbeit gestrafft wird. Derowegen hieher gehören die Züchtlinge / welche
von Natur zu aller Boßheit und Untugend geneigt / auch von sich selber nichts
gutes thun und lernen wollen / sich mit Fluchen / Schweren / Sacramentiren und
Gotteslästerung / Lügen und Trügen meisterlich behelffen können. GOttes Nahmen
und sein H. Wort mißbrauchen und verachten / der Obrigkeit / denen Eltern und
Praeceptoren ungehorsam seyn / in Haß / Neid / Feindseligkeit / Dräuwort / in
allerley Unzucht / Diebstahl / Fressen / Sauffen / Schlemmen und Demmen / und in
Summa in allerley Sünde und Schande / wie das wilde Vieh / leben / auch wohl das
Ihre mit Huren und Buben gantz und gar durchbringen und verzehren / und also
zuletzt an den Bettelstab gerathen / und wo ihnen nicht bey Zeiten geholffen
würde / einen andern wohl gar in die Hände kommen: Ja an ihrer Seelen Schaden
und Schiffbruch leiden möchten. Wann solche durch glaubwürdige Leuthe / als
Eltern / Vormünder / Verwandten / Ehegatten und dergleichen bey den Patronen und
Provisorn angeklaget / und üm Hülffe ersucht / werden dieselbe / nachdem sie
vermögend / üm ein gewisses Geld / oder da sie arm / ümsonst und üm Gottes -
Willen hinein genommen / zur Gottesfurcht und fleißiger Arbeit angehalten /
damit sie in sich schlagen / ihr [723] Leben bessern / und
fromm werden / biß sie aus Rath und Ein willigung der Patronen und Provisoren,
und auf Anhalten der Freunde und Verwandten wieder heraus gelassen / und auf
freyen Fuß gestellet werden.
XXI. Herr Hertzog Ernst zu Sachsen - Gotha / höchst - seligsten Andenckens / hat
gleichfals vorgehabt / ein solch Land - Zucht - Hauß auf dem Schloß Wachsenburg
anzurichten / ist aber aus gewissen Ursachen nachblieben.
Vid. Gothaische Landes - Ordnung / part. 1. c. 7. tit. 3. Dither in contin. thes.
pract. Besold. v. Zucht - Hauß / pag. 671. Dn. Cancel. larius Fritsch / de Jure
Hospital. pag. 38.
XXII. Nun ist wohl wahr / daß an denselben Orthen / wo dergleichen Zucht-Werck -
und Spinn - Häuser sind / man wenig Bettler auf den Gassen siehet / fehlet auch
nicht an fleißigen und willigen Ehehalten / Tagelöhnern und Gesinde / aus Furcht
in dieselbe gebracht zu werden.
Zorer, part. 2. q. 18. n. 4090.
Denn es sind gute Exercitia vor böse Buben / wie Bornitius,' dict. tract. 2. c.
5. pag. 74. sie nennet / welcher daselbst auch eine artige Begebniß erzehlet /
nemlich es hätte ein junger liederlicher Bursch von Münster nach Rostock reisen
wollen / üm allda etwas freyer zu leben. Wie er aber im Hinwege zu Brehmen
anlanget / säufft er sich im Wirths - Hauße / seiner bösen Gewohnheit nach /
stech voll / daß er von seinen Sinnen nichts weiß / da läst ihn seiner nahen
Bluts - Verwanthen einer / unvermerckt durch gewisse Kerls schlaffend in das
Zucht - Hauß tragen / wie er nun früh erwacht / verwundert er sich / wo er doch
in aller Weld sey. Als er aber die andern Bursche tapffer arbeiten / und die
schwäre Raspinus - Sägen weidlich ziehen siehet / welche ihn zuruffen / mit
zumachen / hat er sich endlich drein ergeben / und gantzer neun Jahr darinnen
bleiben müßen / in welcher Zeit er anfangs mit Hunger / und hernach mit Schlägen
gezwungen / bendig gemacht worden / sein Leben geändert / und also wieder loß
kommen.
XXIII. Denn wenn sie nichts capitales verbrochen / werden sie endlich / wenn sie
sich gebessert und gut thun / auf Anhalten ihrer Befreundte / wieder draus
dimittiret.
Dither, in contin. thes. pract. Besold. p. 672. Lather, de censu lib. 3. c. 19.
n. 71.
|| [724]
XXIV. Es ist ihnen auch solches an ihren Ehren nicht schädlich / vielweniger
vorwürfig.
Keckermann, lib. 1. System. polit. c. 16 pag. 292. Speidel, specul. jur. p. 1386.
XXV. Und wäre gut / wenn andere Fürsten und Herren nachfolgeten / und auch
dergleichen Zucht-Werck- und Spinn-Häuser in ihren Landen anrichten liessen /
wenn dieselben gleich nicht so kostbar wären / als das Amsterdammer: So würde
manchen starcken Bettler / bösen Buben / faulen Müßiggängern / ungerathenen
Kindern / und dem Grund-argen Gesinde / Knechten und Mägden / die keinen Herrn
gut thun wollen / besser gesteuret werden / als leider! so geschiehet.
Idem Bornit. d. loc. Lather, dict cap. 19. n. 72. 73. & 74.
XXVI. Bey Schliessung dieses Capitels ist auch noch zu erinnern / daß die Römer
durch ihre Censores und Sitten-Richter diejenige gestraffet / welche aus Faul-
und Nachläßigkeit ihre Aecker nicht gepflüget noch bestellet / oder auch die
Gärten / Obst-Bäume und Weinberge nicht in acht genommen / sondern wüste und
unbebauet liegen lassen.
Plinius, lib. 18. c. 3. & 6. A. Gellius, lib. 4. c. 12. Alexand. ab
Alexand. lib. 4. genial. dier. c. 13 p. m. 358. ibi??? Tiraquellum, in annotat.
lit. Q. Cujac. ad. L. 5 C. de omni agro deseri.
Welches auch noch im Fürstenthum Würtenberg üblich ist / besage derselben
Landes-Ordnung / tit. 47. §. 1. ibi: „Damit Unsere / auch der Witben / Weifen /
Pfrönden und andern Pflegereyen und Unterthanen einig und Landgebige Güther von
den Bauleuthen wohl nützlich iederzeit gebauet / und der Gemeine Nutz dadurch
befördert werde; So befehlen und wollen Wir / daß Unsere Ambt-Leuthe und Gericht
in ieder Stadt- und Ambts-Flecken drey oder vier Personen / nach Gelegenheit
ieder Stadt / Fleckens / so des Ackers und Weingartbaus bericht / die zwey von
Gericht / die andern von Rath oder Gemeinde zu rechten Feld-Stutz ern setzen und
verordnen / auch mit Pflichten und Eyden beladen sollen / zu allen Orthen und
Arbeiten des Ackers und Weingartbaus durch das gantze Bau-Feld an Acker und
Wein-Garten zu gehen / auf solche Bau- und Landgebige Güther zu sehen / ob die
zu ieder Arth recht gebauen / und wo eine Arth unterließen / oder in Bau
gebracht / denselbigen bey sonder aufgesetzter Straffe zu einen Abtrag des
Anbauens und Schadens nach Ge [725] legenheit und
Gestalt der Sachen zu geben erkennen / und hierunter niemand verschonen /
& §. 3. Und dieweil auch mancher befunden wird / der seines Faulenzens
oder Fahrläßigkeit halber / seine eigne Güter in Unbau gerathen läßt / welches
nicht allein solchen Leuthen ihren Weib und Kindern / sondern auch den gemeinen
Nutzen nachtheilig / so wollen wir / daß auch gleicher gestalt mit eines ieden
selbst-eigenen Güthern / so einer ihm selber bauet / den Unbau nach / wie oben /
mit der Straffe erkant und gehandelt werden solle.
add. Christoph. Besold, comment. ad dict. ordin. polit. Ducat. Würtemberg..
ibi??? Georg. Ludovic. Lindenspüren / p. 165. 166. & 167. Item Peller,
in addit. ad Klockii, lib. 2. de aerario c. 1. n. 33.
Ist eine gute Anordnung / die billig mehr Orthen eingeführet werden solte / denn
man würde nicht so viel Klagens über Mißwachs von den Bauren hören / die / wenn
sie nicht zu rechter Zeit bestelle / noch auch den Acker tüchtig begatten / und
in acht nehmen / daß er geringere Frucht / als der andern / so fleißiger gewesen
/ träget / strack es einen Mißwachs nennen / und Erlaß bey ihren Zinß-Herren
haben wollen / da sie doch ihrer Faulheit halber billig zu bestraffen wären:
Denn wenn man den Acker betrieget [i. e. nicht wohl dünget / noch zu rechter
Zeit begattet] betrieget er seinen Herrn wieder! h. e. es wächst wenig / ja wohl
nicht einmahl der ausgestreuete Saamen wieder drauf.
CAPUT XIV.
Von den Gemeinen Straffen bey Hoffe / als Führung in die Küche /
Küchen-Schilling / Anhangung der Jungfer / auch Abstraffung mit den
Spannischen Mantel / eisernen Kappen und dergleichen.
I. BEy Hoffe werden von den Pagen / Laqueien / Stall- und andern Burßen offt
unfertige Händel getrieben / aber auff ge [726] wisse
Arth abgestraffet / als die Pagen mit Führung in die Küchen / da ihnen / wegen
ihres Muthwillens / der Mund-Koch mit der Ruthen einen Küchen-Schilling gibt.
Wenn solches geschehen / gehet ein Küchen-Jung mit einem Becken / drauff er mit
den Messer schläget / daß es klinge / und von solchen Schall jederman bey Hoffe
herzulauffe / oder an die Fenster falle / den Delinquenten dadurch üm so vielmer
zu verhönen / und von dergleichen That künfftig abzuschrecken / vor den Pagen
her biß vor den Weinkeller / woselbst der Mundschenck oder Kelner dem Pagen ein
Glaß voll rothen Wein einschencket / welches dieser mit eben solchen Gethöne
zurück in die Küche träget / und dem Koch zur Dancksagung vor die Züchtigung
darreichet.
II. Wenn bey den Taffeln und Tischen zu Hoffe iemand sich ungebührlich verhält /
garstige Zoten und Reden treibet / oder sonst was versiehet / wird er entweder
mit der Jungfer / welches ein Bret / drauf eine Jungfer gemahlet ist / und
Verbrecher an dem Hals gehenckt wird / oder um ein gewis Geld in die Allmosen
Büchse zuerlegen gestrafft.
III. Gemeine Diener werden mit den Spanischen Mantel / welches ein höltzern Gefäs
/ fast in der Form einer Butten / und oben ein Loch drinn ist / dadurch der
Kopff gesteckt wird / beleget / und muß der / so es verbrochen / eine 2. und
mehr Stunden damit in Schloßplatz herum gehen / und darf sich nicht niedersetzen
/ biß er das Verbrechen gebüsset.
IV. Bey etlichen Hoffstädten hat man eine schwere Eiserne Kappen / so man ihnen
umhenget / da vorn bey dem Gesichte ein Elephanten Schnabel angemacht ist / und
sonderlich bey den Stall-Burßen gebraucht wird.
V. Man henget ihnen auch noch wohl darzu an jede Achsel schwere Steine oder
Gewichte / so um den Hals mit eisernen Banden fest gemacht / und mit Schlössern
verwahret sind. Die Figur von diesen beyden Letztern kan man in Herrn Georg
Simon Winthers von Adlers-Flügel Stuterey und Fohlen Zucht / sibtit. H. ad pag.
164. sehen / und die Beschreibung derselben part. 3. c. 3. n. 16. lesen.
Add.
Joh. Hering. de molendinis, Quaest. 4. n. 68. pag. 97.
|| [727]
VI. Land-Graff Ludwig in Thüringen und Hessen / der Anno 1227. gestorben / hat /
wenn einer aus seinen Hoff-Dienern eiwa zum Fluchen / oder verwegenen Schweren /
den Nahmen GOttes mißbraucht / demselben diese Straffe anthun lassen / daß er
einen höltzernen Eselskopff / vor allen andern / so lange müssen ümtragen / biß
es einander auch versehen / und diesen Esel annehmen müssen.
Zeiler. im Hand-Buch v. Gotteslästerung / & in Topograph. Saxon. super.
fol. 60. b.
CAPVT XV.
Von Weid-Messer schlagen / Item von Pritschen /
I.
JAgen und Hetzen ist der grossen Herren sonderbahre Freude / Lust und
Ergetzlichkeit.
Georg. Schönborn, lib. 2. polit. cap. 168.
Welche / wenn es zu rechter Zeit / ohne Versäumnis des Gottesdienstes / der
Regierung / auch ohne Schaden des Ackerbaues / und sonder allzugrosse
Beschwerung der Unterthanen geschicht / ihnen wohl zu gönnen. Denn wenn sie ihr
Ambt nach Gottes Befehl / andern zu Wolfarth und Besten ihrer Lande und Leuth
recht und treulich verrichten / haben sie viele und mancherley Sorgen / Mühe /
Arbeit Beschwerung und Verdrieß / dadurch sie den mat / unlustig und müde
gemacht werden / daß sie keine Lust weder zu essen / noch zu trincken / noch
zuschlaffen haben / da denn nöthig / daß sie sich zuweilen mit Jagen Hetzen /
oder andern zuläßigen Ergetzungen und Abwechselungen divertiren und wieder
erqvicken.
Cyriacus Spangenberg / in seinen Bericht / wiefern das Jagen recht oder unrecht
sey §. 8 pag. m. 14.
Welches sonderlich Käyser Gratianus, und viele andere grosse Herren mehr in den
Jagen gesuchet / wie Nicephorus im 12. Buch seiner Kirchen-Historia am 41.
Capitel bezeuget.
|| [728]
II. Bey solchen Jagen nun pflegen noch heut zu Tage die Jäger / um ihren Herrn
und andern Anwesenden eine Lust und Gelächter zu machen / dahin zu trachten /
wie sie einen und andern / der etwan bey den Jagen nicht weidmannisch geredet /
oder wenn abgejaget worden / kein Eichenlaub auff den Hut stecken hat / dasselbe
vorzeigen kan / oder sonst was versiehet / dahin zu bringen / daß er das
Weidmesser halten muß. Welches auf folgende Maaße geschicht: Es wird von den
Jägern ein im Jagen gefangener oder gefälleter grosser Hirsch hinbey getragen /
und auff die Erde geleget / vor welchen der / so abgestrafft werden soll /
niederknien / und mit den Ober-Lieb sich über den Hirsch herlegen muß / alsdenn
nimt der Jäger- oder Forstmeister das Weidmesser / und schläget ihn damit
dreymahl nacheinander hinten vor / und spricht zu dem ersten Schlag: Daß ist vor
meinem gnädigsten Fürsten und Herrn! zu den andern: der ist vor Ritter und
Knecht! Zu dem dritten: und der ist vor das Edle Jäger-Recht!
Johann. Sarisberiens de nugis curial. lib. 1. c. 4. fol. 10.
Der getreue Rechnungs-Beamte part. 2. c. 6. n. 192.
III. Und solche Schlagung mit dem Weidmesser ist vor keine Injurie oder
Beschimpffung auffzunehmen / sondern nur ein Jäger-Schertz.
Simon. Majol. tom. 2. dier. canic. Colloq. 6. fol. 353. Josias Nolden, de Statu
Nobilium c. 13. n. 83. Besold. in Thes. pract. v. Weidmesser schlagen.
Weil offt Fürstliche / Gräfliche / Adeliche und andere hohe Personen zum Spaß /
Kurtzweil und Lust selber das Weidmesser aushalten.
add.
Andr. Knich. de Saxon. non provoc. jur. c. 5. n. 278. Adam Keller, de Officio
Jurid. Polit. lib. 2. c. 4. pag. 442.
Man auch durch Schertz und Spiehl niemandten eine Injurie zufüget.
L 3. §. 3. ff. de injur. Farinac. lib. 3. pract. crim. Quaest. 105. n. 125. joci
enim sunt innoxii
Cl. Rupertus ad C. Salustis; Bellum Jugurthinum. pag. 330.
IV. Sonst ist auch bey den Schützen-Höffen üblich / daß derjenige / welcher
keinmahl die Scheiben getroffen / sondern neben hingeschossen / die Sau [729] bekömmet / oder mit einer höltzernen Pritschen hinten
vorgeschlagen wird.
Besold. Thes. pract. v. von Weidmesser schlagen / gap. 997.
Deren sich auch der Pickelhering / oder wie man ihn ietzo nennet / der Cortisan
bey den Comoedien bedienet.
CAPUT XVI.
Vom Stock-Schilling.
I.
WEnn Kinder / Knaben oder Mädgen unter 12. biß 14. Jahren / ehe sie zu ihren
rechten und völligen Verstand kommen / etwas straffbares begehen / werden sie
zuweilen / und in gewissen Fällen / auff Befehl der Obrigkeit / durch Stock-
oder Kerckermeister im Gefängnis mit Ruthen gestrichen / welches man einen
Stock-Schilling zu nennen pfleget.
Carpzov. pract. crim part. 3. Quaest. 129. n. 26. D. Adrian Beier, de Expens.
Execut. crim. c. 1. §. 14. Christian Schultze / Disp. de Delict. puerorum c. 3.
th. 11.
II. Und wird um deß willen der Scharffrichter hierzu nicht gebrauchet / weil man
hoffet / daß solche Kinder sich bessern / und es ihnen Zeit ihres Lebens eine
Warnung seyn lassen / auch daß sie durch des Scharffrichters Angriff nicht gar
infam und Ehrloß werden / oder es ihnen vorwerfflich seyn möge.
Conf. Carpzov. part. 3. q. 82. n. 13. in fine.
Dannenhero der Churfl: Sächß. Schöppen-Stuhl zu Leipzig Mens. Jan. A. 1629. an
die Bünauische Gerichte zu Esterberg also erkant und gesprochen: Hat ein Knabe
von 7. Jahren C. S. genant / seinen Eltern Gänse auf einem Acker gehütet / und
gegen Abend mit einem Steine an einen Birnbaum geworffen / und als M. G. Sohn /
Hanß genant / solches in seines Vaters Garten geschen / und denselben mit
diesen [730] Worten abgemahnet / er wolte es denjenigen /
so der Baum zuständig / sagen / hat C. S. einen Stein genommen / und
nachgedachten H. G. geworffen / ihn auch an rechten Schlaff getroffen / daß er
alsbald zu seines Vaters Hauß gelauffen und geschrien N. S. Sohn hätte ihn mit
einen Stein geworffen / welches aber die Eltern anfänglich nicht groß geachtet.
Nachdem es aber Essenszeit worden / und der Junge nicht essen können / sondern
sich zu Bette geleget / ist gegen Mitternacht die schwere Noth darzu geschlagen
/ und er um 12. Uhr Todes verfahren etc. So wird C. S. solcher seiner
Verbrechung wegen mit Ruthen ziemlicher maßen gezüchtiget / und wenn solches
geschehen / mag wieder ihn ferner nichts fürgenommen werden.
Item
Mens. Jan. Anno 1624. an den Schösser zu Freyberg:
So wird M. R. in Ansehung seiner Jugend / und daß er nur 12. Jahr alt ist / in
den Gefängnis mit Ruthen durch den Stockmeister ziemlicher maßen gezüchtiget /
und nach ausgestandener Straffe und beschehener ernster Vorhaltung und
Verwarnung / sich vor dergleichen bösen Händeln wol vorzusehen und zu hüten /
damit ihm nicht etwas ärgers begegnen und wiederfahren möge / des Gefängnisses
wiederum erlediget.
Item
Mens. Jul. Anno 1626. an Breitenbauchische Richter und Schöppen zu
Petschkendorff:
So würde gemelter Knabe C. B. wegen seiner begangenen Verbrechung / im Gefängnis
durch den Büttel oder Stockmeister ziemlich der maßen mit Ruthen gezüchtiget /
und hernach der Gefänglicher Hafft billig entlediget / darbey ihme mit Ernst
unter saget wird / sich hinführo vor dergleichen Händeln wohl vor zusehen /
damit ihme nicht etwas ärgers wieder fahren möge. V. R. W.
Item
So wird genieltes Mägdlein / in Ansehung ihrer Jugend / im Gefängnis ziemlicher
maßen mit Ruthen durch den Stadknecht gezüchtiget / und folgends / bey der
Entledigung der Gefängnis / von dergleichen Sachen mit allen Ernst abgeinahnet /
mit der Vermahnung / wo sie nicht davon abstehen wird / sie künfftig mit
härte [731] rer Straffe beleget werden solle.
V. R. W. Praetori & Scabinis Dresdensibus, Mens. Feb. Anno 1628.
vide Carpzov. part. 2. pract. crim. q. 62. n. 58.
III. Wenn aber bey solchen Kindern die Boßheit das Alter erfüllet / werden sie
mit noch schwerer Straffe beleget. Hoc tamen casu de malitia inexcusabili
impuberis Rei constare debet, quam in puero undecim annorum Domini Scabini Lips.
deprehendentes ob stuprum violentum commissum fustigationis poenam ipsi dictare
haudquaquam duditarunt, in hunc modum respondentes. So wird er wegen solcher an
dem Mägdlein begangenen und vollbrachten gewaltsamen Nothzucht / gestalten
Sachen nach / weil die Boßheit bey ihme das Alter erfüllet / öffentlich zur
Staupen geschlagen / und nach erlittener u. ausgestandener Leibes-Straffe des
Landes ewig verwiesen V. R. W. Quaestori Weidensi, Mens. Sept. 1620,
Pariter quoque adversus Reum Sacrilegii impuberem pronunciatum fuit, ad
requisitionem Senatus Dresdensis, hisce formalibus: Ob sich nun wohl der
Gefangene C. K. zu solchem Kirchen-Raub bekant / und wir uns darneben erinnern /
was vermöge Sächß. Rechte auf diejenige / so Kirchen oder Kirchhöfe berauben /
für eine Straffe / nemlichen daß dieselben geradebrecht werden sollen /
verordnet: Dieweil aber gleichwohlbey diesen Peinlichen Fall etliche Umstände
angeführet werden / so bey Dictirung der Straffe in gebührende Acht genommen
werden müssen / unter welchen diese nicht die wenigsten seyn / nemlich des
Gefangenen Jugend und Minderjährigkeit / indem derselbe noch biß dato das 14.
Jahr seines Alters vollkommlichen nicht erreichet / und daß er die Sachen um ein
leidliches / sich des Hungers zu erwehren / verkaufft / welche Umstände dann
Käyser Carls des V. und des H. Römischen Reiches Peinliche Gerichts-Ordnung
denen Richtern und Urtelsfassern gebührlich in acht zunehmen befiehlet etc. So
mag der Gefangene dahero am Leben nicht gestrafft werden. Er wird aber
gleichwohl mit Staupen-Schlägen des Landes ewig verwiesen / V. R. W. Mens. Feb.
1615.
|| [732]
Item Mens. Nov. 1625. Praefecto in Sondersleben / Verb. Sentent.
Ufn Fall aber der Gefangene über das 14. Jahr seines Alters vollständig nicht
seyn würde / verbliebe er mit der Todes-Straffe verschonet / und würde allein
mit Staupen-Schlägen des Landes verwiesen.
Carpzov. part. 1. pract. crim. q. 42. n. 84. führet gleichfals an / daß / als 3.
Knaben etliche Rechen-Pfennige vergüldet / und vor Rheinische Gold-Gülden aus
gegeben / dieselbe deshalber zur Straffe im Gefängniß mit Ruthen gestrichen /
und hernach des Landes ewig verwiesen worden. Sententiam puncto Sodomiae contra
puerum septem annorum vide apud Carpzov.
part. 3. q. 143. n. 17. Pract Crim.
IV. Eben also werden auch die Minder jährige Wildprets-Diebe abgestrafft / nisi
gravissimae circumstantiae graviorem urgeant poenam, quae & aliquando
potest esse capitalis. Itaque si fur impubes, praeter ablationem ferae, sclopeto
aliquem petierit procul dubio capite plectendus est.
Anton. Seidenstücker / de furib. Ferar §. 18.
V. Wenn man auch die Warheit in Güte von den Knaben in wichtigen Sachen nicht
heraus bringen kan / werden dieselbe / an statt der Tortur, von den
Gerichts-Dienern mit Ruthen gestrichen.
Vid sent. apud Beatum, Decis. crim. tom. 1. part. 4. fol. 771. Speidel. in
Speoul. Jur. v. Peinliche Frage / in addit.
VI. Zu Zeiten werden auch wohl erwachsene Leuthe aus gewissen Ursachen / und
damit man sie durch den öffentlichen Staupen-Schlag nicht gar zu sehr vor
männiglich zu Schand und Spott mache / im Gefängniß mit Ruthen gezüchtiget / und
hernach fort gewiesen. Desgleichen Exempel Anno 2584. Mense Augusto, bey dem
Chur-Fürstl. Schöppen-Stuhl zu Leipzig vorkommen / und an den Rath zu Jena
folgendes Urthel / auf Befragen / abgangen:
Würde Nicol Oerthel / ein Ehe-Mann / auf seinem Bekäntnis freywillig beharren /
oder des fonsten überwiesen werden / daß er mit Matthäs Fischers Ehe-Weibe
fleischliche Unzucht getrieben / und seine Ehe gebrochen: So möchtet ihr ihn /
nach Schärf [733] fe der Rechte / mit dem Schwerd vom
Leben zum Tode straffen lassen. Ihr woltet ihm denn / in Ansehung seiner kleinen
Kinder / und seines Weibes Vorbitte / Gnade erzeigen / auf den Fall möchtet ihr
ihn mit Ruthen im Gefängnis züchtigen lassen / und eurer Gerichte verweisen.
Quam sententiam D. Schöffel. concepit. Vid. Adrian Beier.
in tr. de Expensis execut. crim. c. 1. §. 14. pag. 9.
Nec non Carpzov. part. 2. pract. crim. quaest. 72. n. 70. & 71.
Ibique aliud Respons. Scabin. Lips. Mens. Octob. 1627. hujus tenoris.
Hat N. M. bekant / daß er unterschiedene ledige Personen / auch Ehe-Leuthe in
seinem Losament wissentlich Hurerey und Ehebruch treiben lassen / er habe biß
weilen ein bißgen Essen darvon gehabt / mannichmahl hätte er auch nichts /
mannichmahl hätte er einen halben / oder einen Thaler darvon bekommen / und es
darum gethan / daß er sich / sein Weib und Kinder versorgen / und ihnen Essen
dafür schaffen können / etc. So wird er wegen solcher seiner vielfältigen
verübten Kuplerey / daran er sonderlich seinen Gewinst gehabt / im Gefängnis
ziemlicher maßen mit Ruthen gezüchtiget / und des Landes ewig verwiesen / V. R.
W. Eben dergleichen ist von berührten Schöppen-Stuhl Anno 1603. einem / welcher
mit seines Weibes Schwester / einer ledigen Dirnen / die zur Staupe geschlagen /
un̅ des Landes ewig verwiesen worden / fleischliche Unzucht
und Ehebruch begangen / sein Weib aber vor ihn gebethen / zuerkant worden.
Carpzov.
d. part. 2. q 74. n. 75. Jung. praejudie. n. 91.
Wie auch theils noch jungen Dieben.
Idem Carpzov p. 2. q 82, n 36.
VII. Heut zu Tage aber kan und darf keine Unter-Obrigkeit in solchen Fällen die
Straffe mitigiren / sondern es muß von der hohen Landes-Obrigkeit geschehen /
un̅ das Urthel deroselben verschlossen zugeschicht / und
Verordnung drauf erwartet werden.
VIII. Romae pueri vel liberi & praetextati non solum ferulis, sed etiam
angvillarum tergoribus caede bantur, teste Plìnio lib. 9. hist nat. c. 23. ubi
de Muraenis agit. Tenu???ssimum inquit, his tergus, contra anguillis crassius:
eoque verberari solitos tradit praetextatos. Et Isidorus, Etymolog. lib. 5. c.
27. ait: anguillam esse, quâ coercentur pueri in Scholis, quae vulgò Scutica
dicitur.
Vid. Petrus Faber, lib. 2. semest. c. 24. pag. 71.
|| [734]
IX. Olim quoque praeceptores manûs discipulorum ferula caedebant tantùm, sed jam
nec scopae ullae, nec fustes, nec verbera improbitati puerorum sufficiunt.
Martialis lib. 14. ferulas appellat tristes, sceptra??? paedagogorum. Erasm. in
Proverb Contra retiaerum ferula ligni genus est, [inquit] quo quondam pueri
cedebantur, at??? item milites, si quid contra disciplinam facere viderentur.
Eine Pritsche.
X. Die Türcken halten in ihren Schulen die Kinder nicht in so harter Furcht und
Zucht / wie wir Teutschen: Da man denselben durch pochen / schnarchen / schlagen
und stoßen alle Liebe und Lust zu lernen vertreibet. Sie straffen und züchtigen
zwar die kindlichen Fehler auch: Jedoch mit Bescheidenheit / und setzen dabey /
welches eines Lehrmeisters fürnehmste Tugend ist / die Gedult nicht an die
Seiten. Muß es ja geschlagen seyn / schmeißen sie dieselben auf die bloße
Fußsolen mit einen Stäbelein: Denn die Ruthe braucht man bey ihnen gar nicht.
S. Schweiger / in Beschreibung der Stadt Constantinopel / c. 21.
In Persien wird es eben also gehalten.
Vid. Caput. von der Falaka,
Die Japaner lassen ihre Kinder mit Sanfftmuth / Zureden und guten Worten
unterweisen / denn sie sind so gearthet / daß sie mit keinen steiffen Zaum
wollen gelencket seyn. Die Kinder reitzet man durch Ehrsucht gegen einander /
die ihnen ohnedem angebohren zu seyn scheinet; und darum wenden sie allen Fleiß
an / andern ihres gleichen den Preiß im Lernen abzugewinnen.
Erasm. Francisci, im Neu-polirten Geschicht-Kunst- und Sitten-Spiegel / lib. 2.
discurs. 38. pag. 832.
XI. Es lässet sich aber eine so gelinde Zucht nicht allenthalben nützlich
practiciren / und stehet uns Teutschen nicht zuverdencken / wenn wir unsere
Jugend ein wenig härter [iedoch gar zu strenge tauget auch nicht] halten / als
etwan andere Nationes ihre Kinder: In Betrachtung daß die Teutsche Nation von
Natur mehr zur Freyheit und Licenz geneiget ist / denn andere. Daher man an den
muth willigen Kindern billig mit einer schärfern Disciplin die wilde Rancken
oder Reiser des Muthwillens beschneidet. Gleichwie man den Staub nicht aus dem
Gewand bringt / [735] ohne Stecken-Schlag; also kan man die
Boßheit nicht aus den Knaben bringen sonder der Ruthen.
Quirinus Pegeus, im andern Theil der Kunst-Quelle / pag. 123.
Willige und wohlgeschlachtete Pferde regieret man mit den Winck und Schatten der
Gerten: Denen wiederspenstigen Maulthieren leget man Zäume und Gebisse ins Maul:
Den Trägen dienet ein Sporn in die Seiten. Also müssen wohlgeartete Knaben
freundlich; die Muthwilligen aber ernstlich gezogen werden. Insgemein ist
Salomons Lehr-Spruch allen Völckern zu rathen. Wer sein Kind lieb hat / der hält
es unter der Ruthen! Jedoch muß alles mit Vernunfft / und zu rechter Zeit
geschehen; also daß aus der Ruthen keine Peitschen noch Scorpionen werden / und
unterweilen auch ein Apffel mit unterlauffe. Es nutzet zwar dem Menschen sein
Lebenlang / wen̅ er in seiner Jugend ein wenig strenge gehalten
wird: Aber wie man mit keinen trucknen harten Leimen und Kalck die Steine
zusammen füget; sondern solche noth wendig mit einer Feuchtigkeit anmachen / und
erweichen muß / wenn das Gemäuer bestehen / und solches Erdreich kleben soll:
Also will auch die scharffe Zucht mit Gelindigkeit vermischet seyn / daferne sie
etwas soll bauen. Allzuhart macht hartnec???icht nnd verstockt.
XII. Dannenhero kan man nicht loben / daß die alten Gothen ihren kaum aus der
Wiegen gekrochenen Kindern stets Ruthen und Brüste mit einander gereichet / und
ihnen schier so viel Bluts wieder aus der Haut gegeisselt / als Milch in den
Mund gegeben. Die barbarische Leuthe setzten ihre Kinder erstlich in ein
gewaltig heisses Bad / peitschten sie daselbst so lange / biß das Blut
mildiglich von ihnen floß / und stiessen sie gleich drauf in eißkaltes Wasser
mit großer Lebens-Gefahr: Damit also die junge Knäbelein festere Gliedmaßen
bekommen / und so wohl gegen Hitze / als Frost in der Zeit gehärtet werden
möchten. Ihre noch zarte Knaben wurden gleichfals bey den Altaren so
unbarmhertzig gepeitschet und geschlagen / daß ihnen der rothe Schweiß häuffig
von den Rippen rieselte / und mancher Bube offt vor tod liegen blieb. Wiewohl
dennoch keiner drüber geschryen / ja nicht ein mahl geseufftzet / sondern den
Schmertzen in sich gefressen / und [wie die Nieder-Teutschen zu reden pflegen]
in sich gezogen / gleichwie die Schuhe [736] das Schmier /
alles um der Ursachen willen / daß sie gleich von unmündiger Kindheit an / und
mit der Mutter-Milch / eine Dauerhafftigkeit und unverzärtelte Sitten
eintrincken möchten. Maßen deswegen die neugebohrne Kindlein gleich von
Mutterliebe zu einen Fluß getragen / und daselbst in das kalte Wasser
eingetaucht wurden / damit ihnen die Kälte den Leib wieder alle weiche Zartheit
und Schwachheit verpanzerte. Und dieser Gebrauch hat noch zu Olai Magni Zeiten
gewähret / welcher folgends diese Worte hinzu thut: „Wen̅ die
Kinder der Gothen ein wenig grösser geworden / bekommen sie manchen schweren
unbarmhertzigen Streich / so wohl ins Angesichte / als auf den Leib / und müssen
doch so maußstill darzu schweigen / daß sie nicht einmahl das Auge verschiessen
/ vielweniger ein Zährlein fallen lassen dürffen. Weiche Feder-Polster lässet
man ihnen nicht zu: die Banck oder der Boden muß ihr Ruhe-Bett ein / darneben
ihre Kleider von feiner harten Materi / und die Kost gleichfals hart seyn / auf
daß sie / wo müglich / gleichsam eiserne / und wieder alle Fälle daurhaffte
Glieder gewinnen mögen.
Olaus Magnus, lib. 8. de statu Reg. & off.
Das vornehmste Absehen dieser streitbahren Nation war hierbey gleichwohl dieses /
daß ihre Jugend hierdurch möchte im Kriege und Schutz des Vaterlandes desto
geschickter werden. Dazu denn eine solche / wiewohl strenge Zucht / viel
dienlicher / weder die allzugelinde.
XIII. Es gibt in der Knaben-Zucht einen solchen Unterschied / wie bey Metallen
Arbeit: Denn etliche Knaben gleichen dem Golde / dienen zu hohen Aemtern und
Ehren-Diensten: Etliche zu Ziehr- und Erhaltung gemeinen Wesens / wie das
Silber. Etliche zu Haußhaltung / wie das Kupffer und Zinn: Etliche zum
Kriegeswesen / wie das Eisen: Etliche zu den Ackerbau / und Bäurischer Arbeit /
wie das Bley / allermassen Plato solches Gleichnis gibt. Wenn man nun mercket /
was in den Knaben vor eine Natur stecket / welches sich denn frühzeitig pfleget
zuereignen / kan man auch die Zucht darnach richten / selbige verstrengen oder
lindern / nachdem es um des Knabens Gemüth und Zweck bewant ist: Aber doch
bleibet die Maaße das Beste in allen Dingen.
|| [737]
CAPUT XVII.
DE LAPIDE VITUPERII ET CESSIONIS Bonorum.
I.
WIeder die Falliten und Banckerottmacher [Italis à Bancarotta, id est mensâ ruptâ
dicti, Metaphorâ â nummulariis, quorum mensa ob inopiam ex malâ administrarione
sublata est, desumtâ.
Sauter. in Mastige Fallitorum in praefat. Wegner. de Bancirupt. c. 2. Marquard.
de jure Mercat. lib. 4. c. 8.]
seind je und allewege scharffe Verordnungen ergangen. Also ließ Käyser Carolus V.
in den Niederlanden eine Constitution publiciren / drin unter andern alle
Falliten, so durch ihr eigen Verschulden / Bancketiren und üblen Haushalt ander
Leuthe Güther verthun / nebst ihren Helffers-Helffern öffentliche Diebe genennet
werden.
Sauter. d. tr. c. 21. Knich. op. polit. tom. 1. lib. 2. part. 1. c. 12. Thes. 6.
pag. 622.
Dergleichen Decreta haben auch promulgiret Franciscus I. Carolus IX. Henricus
III. und Henricus IV. Könige in Franckreich. Vid Sauter, c. 28. & c. 36.
ubi severum decretum in Guilhelmum Pingraeum banciruptorem insignem refert,
hujus tenoris, utille publicè damnatus, planipes, & certo amictu
indutus, collo laqueum gestans, cum tabella hujus inscriptionis: FRAUDULENTUS
BANCAE RUPTOR, ferens manu taedam accensam, ac bilibrem, per Lictorem per
plateam S. Dionysii usque in forum venalium deduceretur, & ibidem scelus
suum confiteretur, ac postea ad triremes damnaretur, omniaque ejus bona
confiscarentur.
II. Etlicher Orthen werden sie in die Schuld-Thürme gesetzet.
Marquard. d. lib. 4. c. 10. n. 11. Ordin. Polit. Caroli V. de dato Augsburg 1548.
tit. von verdorbenen Kauffleuthen / Constit. Elect. Saxon. part. 2. Const. 22.
|| [738]
III. Anderswo liefert man sie den Creditoren oder Gläubigen an die Hand und
Halffter / die Schuld abzuverdienen.
Land-R. lib. 3. art. 39. in pr.
IV. In dem Praetorio oder Gerichts-Hause zu Padua soll ein grosser Stein / als
ein Schmiede Amboß formiret, befindlich seyn / welcher genennet wird LAPIS
VITUPERII & CESSIONIS BONORUM. Sollen auch eben diese Worthe drinn
gehauen stehen / auf welchen ein Schuldener / wenn er seine Güther den
Gläubigern abtreten will / u. nicht völlig bezahlen kan / sich s. h. mit
entblösten Gesäß setzen / mit den Hintertheil den Stein stossen / und überlaut
ausruffen muß: CEDO BONIS!
Henzner. in Itinerar. p. 211. Hilar. Pyrckmayer, in vera peregrinandi ratione,
cire. fin. Schradaeus, in monument. Ital. fol. 31. M. Mantua Bonavit. lib. 5.
Enchirid. rer. singul. c. 105. Matheac. lib. 1. de via Juris c. 26. Dither. in
contin. Besold. v. nacket.
Limnaeus hat solchen Stein selbsten gesehen / wie er in in addit. ad lib. 4. Jur.
publ. c. 8. pag. 310. meldet.
V. Eben also wird es auch in Sabandien gehalten / ex constitutione Ducis Amadaei
Anno 1467. publicatâ, & ab Antonio Thesauro, Decisione Pedemontana 36.
suffixâ, hujus tenoris: Ut bonis cessurus coram Senatu Ducali compareat,
& statutâ causarum horâ super lapidem ante fores Auditorii affigendum
erectus stet aliquo temporis intervallo, & demum us??? ad camisiam suis
exutus vestibus palam debeat stare, & de posterioribus super illo lapide
binâ vice percutiendo, altâ voce clamare: CEDO BONIS! ut ignominia actus
hujusmodi caeteris indecoris sit in publicum agere proponentibus &c.
Item zu Meyland / und fast in allen Städten Italiae.
Horat. Carpan. de stat. Mediolanenens. cap. 408.
VI. Zu Rom muß ein solcher Schuldner sich auf einen Marmorsteinern Löwen /
welcher unten an den Stuffen / wenn man nach dem Capitolio gehen will /
zubefinden ist / setzen / mit dem Hinter theil auff den Rücken des Löwens
stossen / und gleichfals ausruffen: CEDO BONIS!
Petr. Greg. Tholos. Synt. Jur. Univ. lib. 22. c. 11. n. 9. Cynus. in I. 1. C. de
bonor. cess. Roder. Suarez. lib. 2. For. leg. lib. 3. tit. de cess. bonor. in
pr. n. 5. Brun. de Cession. bonor. Quaest. 6. principali n. 5. Limnaeus in
addit. ad lib. 4. J. P. c. 8. pag. 310.
VII. In der Moßcau wird derjenige / welcher nicht bezahlen will / oder [739] kan / pristavet / daß ist / er muß bey eines Richters
Knecht im Hause sitzen / gleichwie bey uns in Gehorsam / oder Arrest. Erfolget
die Zahlung gleichwohl nicht / so wird er ohne Ansehen der Person / Er sey Ruße
oder Fremder / Mann oder Weib / Geistlicher oder Weltlicher in den Schuld-Thurm
gesetzet / und täglich eine Stunde vor die Cantzeley auff einen öffentlichen
Platz geführet / und mit einen schwancken Stecken / eines kleinen Fingers dick /
auff die Schienbeine geschlagen / daß die Leuthe offt / wegen gros-Schmertzen /
überlaut schreyen. Bißweilen thut der Executor, wenn er poschul, daß ist
Geschenck bekommen / gelinde und Fehlschläge. Etliche stecken auch wohl starck
Blech oder Eisen in die Stieffel vor die Schienbeine / welches die Schläge
auffangen muß. Nach aus gestandener solcher Pein und Hohns / muß der Schuldener
entweder in den Thurm / oder Bürgen stellen / daß er den andern Tag / zu
gewisser Zeit sich wieder einfinden / und ferner schlagen lassen will / und das
heisset auff die prawe stellen.
Olear. in der Pers. Reise-Beschreibung. edit. vet. pag. 170. & 171.
Oder da sie gar nicht bezahlen können / werden sie solcher Gestalt offt
geschlagen / denen Creditoribus überliefert / ihnen die Schuld abzuverdienen.
Gaguin. in Descript. Moscov. c. 4. Speidel. in specul. Jur. v. Banckerottierer.
pag. 101. Dan. Sauter. d. tr. part. 3. c. 2. pag. 50.
VIII. Bey den Amalthasanis haben die Falliten ihre Köpffe auff die Erde stossen /
mit einen Kam sich kämmen / und ausruffen müssen: cedo bonis!
Sicharnius, in Disc. Jurid. Polit. de cession. bonor. & Banckerot. c. 5
pag. 46.
Dergleichen Kämmen sol auch an etlichen Orthen in Italien noch gebräuchlich seyn
/ darbey die Falliten auff der Erden sitzen / und in einer Hand ein Leinen Tuch
halten.
Jacoh Moller, von Panquerottirern / c. 5. pag. 93.
In vielen Städten wird ein solcher mit Glocken Klang / Trommel und Pfeiffen /
durch die Gassen zu einem Stein geführet / auff welchen er bonis cediren muß.
idem p. 47.
|| [740]
IX Ja wenn die Obrigkeit es machte / wie vor Zeiten der Käyser Hadrianus im
Amphitheatro zu Rom gethan / der die Decoctores, Banckerottirer / Falliten und
Land-Betrieger / so wissentlich / vorsetzlich- und muthwilliger Weise falliment
gemachet / an einen öffentlichen Orth / jederman zum Spectacul und Schau-Spiehl
vorstellete / damit sie / wie ein Dieb am Pranger oder Hals-Eisen / von
Männiglich angeschauet / verachtet / verlacht und verspottet würden / solte wohl
mancher sich dran spiegeln / ein Exempel nehmen / und das disce cautius
negotiati, juxta L. 2. C. de furt. practiciren lernen.
add.
A, Gellius, lib. 15. Noct. Attic, c. 12. Petr. Gregor. Tholosan. lib. 22. c. 11.
n. 9. & 10. Brun. de cess. bonor. Quaest. 6. principal.
X. Nach der Alten Römer Gesetze der XII. Taffeln wurd ein solcher Banquerottirer
und Schuldmann / der nicht bezahlen konte / entweder verkaufft / und in schwere
Dienstbarkeit gebracht / drinn er an Fesseln und Banden seinem Herrn / der ihn
gekaufft hatte / üm eine gewisse verordnete Speise oder Kost saure Arbeit
leisten muste. Ober wenn er nicht verkaufft werden konte / wurd er auff
öffentlichen Marckt an eine Säule gebunden / und daselbst zu Tode gestrichen /
oder sonst auff eine andere Art am Leibe gestrafft. Ja es wurd derselbe wohl gar
seinen Gläubigern / wenn sie es begehreten / zum Schnitt und Theilung seines
Leibes hingegeben / alsdann ward der Schuldener entkleidet / auf eine
Schlachtbang geworffen / drauf angebunden / und lebendig in gewisse Stücke
zerhauen und getheilet / und einem jeglichen Gläubiger / an stat seiner Schuld /
ein stück davon gegeben. Die Ursache aber / daß solche grausame u. scharffe
Straffe auf dergleichen muthwillige und Selbstschuldige Banckerottirer gesetzt
worden / ist / daß durch solches abscheuliches und grausames Spectacul die
Leuthe abgeschreckt würden / daß sie sich vor Borgen und Leihen hüten / auch
Treu und Glauben desto besser halten solten. Es ist aber endlich diese scharffe
Straffe der Zertheilung des Schuldeners auffgehoben / und in eine andere
Lebens-Straffe verwandelt worden. Ja es haben auch endlich die Bürgemeister zu
Rom C. Poetilius und L. Papirius Mugillanus im Jahr von Erbauung der Stadt 429.
ein Gesetze gegeben / welches Poetilia Papiria de nexu genant wird / darinn
verbothen worden / daß niemand wegen Geld-Schulden an seinem Leibe gebunden oder
gemartert würde / sondern allein an [741] Haab und Guth
verhafftet wäre / wie solches Livius im 8. Buch bezeuget.
XI. Nach denen beschriebenen gemeinen und Kayserlichen Rechten sind auffdiejenige
Banckerottirer / so das Ihrige durch Fraß und Quaaß / Huren und Buben / Spielen
/ Dobbeln / Pracht und Eitelkeit durchgebracht / unterschiedliche Straffen
geordnet. Denn es werden dieselbe vor Ehrlose Leuthe und Schelme gehalten.
per L. ea quae 13. C. ex quib. caus. infam. irrog.
Sie wurden auch mit Peitschen / daran unten stücklein Bley verknüpffet / daß
ihnen der Rücken braun und blau aufflief / dichte und derb geschlagen und
gegeisselt. L. 40. C. de Decurion. Es musten auch diejenigen / so gemeine
Stad-Gelder verschläuderten und durchbrachten / solches doppelt
L. 46. §. 1. ff. de Jur. Fisci. & L. 8. C. eod.
erstatten. Sie wurden ihrer Ehren beraubet / L. 2. C. de Palat. Sacr. Largit. und
von ihren Aemtern verstossen. L. 12. C. de susceptor. Nach den Päbstl. Rechten
werden sie in den Bann gethan / c. Odoardus 3. X. desolut.
XII. Bey den Kalekutiern soll noch biß heutiges Tages / wie aus des Ludovici
Itinerario, rer. Indic. lib. 1. c. 9. Anton Tessaurus, Decis. 503. n. 2.
erzehlet diese Straffe gebräuchlich seyn. Wann ein Gläubiger / daß sein
Schuldner ihm was schuldig / bey den Obersten der Priester erwiesen hat / so
giebt alsdann der Priester dem Gläubiger einen grünen Zweig / aus welchem Zweige
der Gläubiger einen runden Kreys auf der Erden macht / in welchen er seinen
Schuldener einschleust / und darf alsdann derselbe aus diesen geschlossenen
grünen Kreyse nicht treten / sondern es wird derselbe / als ein Feind des
Gemeinen Bestens zu zerreissen hingegeben. Auf solche Arth zahlet derselbe
entweder die Schuld / oder muß in solchen Kreyse Hungers sterben / als ein
verhasseter Scheusal aller Leuthe.
XIII. Bey den Indianern / wie Alex. ab Alexand. lib. 6. Gen. dier. c. 10.
anführet / ist dem Schuldener / der seinem Gläubiger an gesetzten Tage nicht
bezahlen können / von dem Gläubiger eine Hand abgehauen / ein Auge ausgestochen
/ und derselbe darnach getödtet worden / welches denn auch gleicher Gestalt bey
denen Pisidiern in Gebrauch gewesen.
XIV. Die Smyrner und Athenienser verbothen denen Banckerottirern den Platz / daß
sie nicht mehr unter die Leuthe kommen musten. An etlichen [742] Orthen werden sie öffentlich an den Kaack oder Pranger geschlossen
/ und von den Büttel gestrichen. Bey den Türcken wenn ein Schuldener aus Boßheit
das Seine durch gebracht / und nicht bezahlen kan / läst ihm der Käyser vom
Leben zum Tode bringen. Die Griechen begruben ihn nicht in sein Väterlich
Begräbnis.
Alex. ab Alexand. lib. 6. c. 14.
Bey den Florentinern verlohren sie das Bürger-Recht / und wurden zu keiner Wahl
gefordert.
Brutus, in Hist. Florentin.
XV. Nach denen Edictis perpetuis der Könige in Franckreich / werden die
Banckerottirer höchst-schimpflich gehalten / ins Gefängnis geworffen / und zum
öfftern an Leib und Leben gestrafft / welches aus dem Poenal Edict Königs
Francisci l. Anno 1536. den 10. Octob. zu Lion publicirt / zuersehen ist /
woselbst mit diesen Worten verordnet: Wir wollen / und befehlen mit höchster
Schärffe / daß die falsche Kaufleuthe / welche nicht ohne grosse Verwirrung und
Zerrüttung des gemeinen Bestens / und Schaden vieler Ehrlicher Leuthe ausfallen
und banckerottiren / aus denen Kirchen und heiligen Oerthern / wohin sie ihre
Zuflucht genommen / heraus gezogen / und in gefängliche Hafft gebracht werden /
biß sie alles richtig bezahlen. Ebenfals hat auch König Carl der IX. in
Franckreich geordnet / daß wieder die Banckerottirer / so betrüglicher weise
ausfallen und austreten / ohne alle Weitläufftigkeit / und mit Leibes-Straffe
solle verfahren werden. Imgleichen hat auch Henricus III. König in Franckreich
zu Bloi vorige Edicta confirmiret / mit diesen Worten: Wir ordnen und wollen /
daß die hiebevor in diesem Königreiche wieder die Banckerottirer ergangene
Edicta genau in acht genommen werden sollen / damit solche öffentliche Betrüger
andern zum Abscheu exemplariter mögen gestrafft werden. Gleichen Ernst und Eifer
hat auch König Henricus IV. wieder dieselbe spühren lassen / indem er Anno 1609.
folgendes Edict publiciren lassen: Wir wollen und befehlen ernstlich / daß die
Banckerottirer / so da ausgetreten / und ihre Creditores betrügen / öffentlich
als wie Diebe und Strassen-Räuber / und öffentliche Land-Betrieger an Lieb und
Leben sollen gestrafft werden: Befehlen demnach / und geben hiermit öffentliche
Macht und Gewalt allen und ieden unsern Unterthanen / daß sie die flüchtige
Banckerottirer / ohne einige weitere vorhergehende Befehliche / anfassen / und
beym Kopf nehmen lassen / und in die Gerichte lieffern sollen,
|| [743]
XVI. In Meyland / wie Plotus, in tract. de in lit. jurand. §. 4. n. 63. meldet /
ist verordnet / daß ein ieglicher Kaufmann / Krahmer oder Künstler / der einen
Handel treibet / und die Leuthe betreugt / üm das Ihrige bringet und durchgehet
/ an allen Orthen / wo derselbe angetroffen wird / solle gefänglich eingezogen /
und an den Galgen gehenckt / oder auf die Galeren geschmiedet werden / daß er
darauf die Zeit seines Lebens arbeiten müsse.
XVII. Nach den Sächß. Rechten ist ihre Straffe der Schuld-Thurm. Vid. const.
Elect. Sax. p. 2. const. 22. Richter, de privil. credit. c. 1. n. 73.
So auch in Italien / Hispanien / Franckreich / Engeland und Holland; Item in den
grossen Handel-Städten Teutschlandes gemein und eingeführet ist.
Maevius, ad jus Lubec. lib. 3. tit. 3. artic. 1. n. 33.
XVIII. Vermöge des Hamburgischen Stadt-Rechts ist der Banckerottirer Straffe der
Winser-Baum / darauf einer so viel Jahre sitzë muß / so viel tausend Marck
Lübsch er schuldig bleibet / u. ist der Kläger oder Gläubiger / so ihn setzen
lassen / zu desselben Unterhalt nicht mehr / denn täglich einen Schilling Lübsch
zugeben schuldig. Wenn aber der Gläubiger / wegen der alimentations-Kosten den
Schuldner nicht will setzen lassen / so muß auf des Klägers Anfordern / der
Schuldner den Eyd der Armuth schweren / und sich der Stadt und Gebiethe so lange
enthalten / biß er den Kläger befriedige / oder sich mit ihm vergleiche. Wenn
sich aber der Debitor mit dem Creditore dergestalt vergleichet / daß er
denselben / wenn er zu bessern Vermögen gelangen würde / befriedigen wolte / so
wird derselbe seiner Ehre und Ehren-Aembter gäntz lich entsetzet.
XIX. Nach den Lübeckischen Rechte mag der Gläubiger seinen Schuldener gefänglich
einziehen lassen / und halten / als einen Schuld-Gefangenen: Will er ihn aber zu
eigen annehmen / und er ihme also Gerichtlichen übergeben wird / sol er ihn
speisen / als das Gesinde / und verwahren / wie man am besten kan / auch wohl
anlegen / wenn er will / doch daß ihm an seiner Gesundheit kein Schaden
geschehe: Er soll seinem Herrn seine Arbeit thun.
XX. Nach den 17. Articul der Breßlauer Statuten wird er aller seiner Ehren
entsetzet / auch ihm nicht gestattet / in der Stadt frey und ledig zugehen / [744] sondern wird / auf der Gläubiger Vegehren / in
gefängliche Hafft gezogen. Und / wo er vorsetzlichen muthwilligen Vetrugs sich
durch sein Aufborgen zu unterhalten / andere Leuthe aber damit zugefehrden /
überwunden / hierüber auch noch am Leibe gestrafft / von welchen allen ihn die
cessio bonorum nichts hilft / noch befreyet.
XXI. In vielen vornehmen Handeis - Städten / als Franckfurth am Mäyn und andern /
wenn ein Kaufmann / der zugleich ein Raths - Herr mit ist / einen banckerot
machet / wird derselbe aus den Rath gestossen.
XXII. In den neuen Mandato der Hänse - Städte wieder die muthwillige Falliten und
Banckerottirer / so zu Lübeck Anno 1620 gedruckt / ist verordnet / daß über
einen Banckerottirer / nach vorhergehender Declaration nicht allein die Schand -
Glocke geläutet / sondern auch derselbe mit öffentlicher Anstellung an den
Pranger / ewiger Verweisung / und / nach vermerkten Umständen / als ein Dieb an
Leib und Leben gestrafft werden solle.
Jacob Moller / von Bauckerottirern / Falliten und verdorbenen Kaufleuthen / c. 5.
pag. 89. & seqq.
CAPUT XIIX.
Vom Laster - Stein / Spannung in die Futter - Wannen / und Anthuung
der Geigen.
I.
BEy etlichen Städten hat man in den Ambt - und Rath - Häusern länglichte / oder
auch wohl runde / [an theils Orthen als Manns- oder Weiber - Köpffe / nachdem
sie diesem oder tjenen zutragen angehenget werden / formirte] Steine / daran
eiserne Ketten und Hals - Bänder gemacht sind / welche man den Dieben / so den
Staupen-Schlag noch nicht verdienet / oder den gemeinen Huren / und andern
verruchten gottlosen Leuthen an die Hälse / oder über die Achseln her henget /
oder in die Hände giebt / sie solcher gestalt öffentlich vorstellet / oder auch
wohl [745] damit etliche mahl aufn Marckt herum gehen
lässet / männiglichen zum Spectacul und Abscheu.
Zasius, ad L. Imperium ff. de Jurisdict. n. 53. Philip. Helfr. Krebs / de ligno
& lapide c. 2. sect. 2. §. 5. D. Eritsch. in supplem. Speid. Besold. v.
Laster - Stein Carpzov pract crim p. 3. q. 109. n. 57.
II. Et haec impositio Lapidis Famosi seu scandali est poena MERI IMPERII.
Mynsing. resp. 16 n. 25. Gylmann. Tom. 2. p 3. tit. 10. vol. 2. n. 22. Bocer. de
Juris dict. c. 5. n. 43. Dither. in orbe nov. literat. pag. 387.
Pertinetque ad parvum merum imperium.
Consil. Argentinens. Tom. 1. Cons. 2. n. 175.
III. Zu Straßburg [teste Ditherro, in addit. Besold. tom. 1. v. Ehebruch / pag.
206. infin] werden die Ehebrecher / welche es zum andernmahl versehen / mit
solcher impositione Lapidis famosi abgestraffet.
IV. In etlichen Herrschafftlichen Mühlen siehet man auch dergleichen Laster -
Steine / deren theils als ein Manns - Kopf gebildet / theils auch als ein Esels-
oder Hasen - Kopf aussehen / und mit eisernen Ketten und Halsbanden gefasset
sind / welche denenienigen angehenckt werden / so in den Mühlen etwas an Melh /
Maltz oder Kleyen gestohlen entwendet haben.
V. Die Straffe mit den Laster - Stein ist auch in etlichen Städten in Schwaben
üblich / teste
Mynfingero, consil. 16. n. 15.
VI. Imgleichen in der Nieder - Lausnitz / sonderlich zu Bautzen / allda es nicht
der Laster - Stein / sondern das Flaschen - Tragen heisset: Denn es hengen
daselbst im Wein - Hause zwey länglichte Steine in gestalt der Flaschen / welche
den zancksüchtigen Weibern / die von Worthen zu Schlägen kommen / angehenckt
werden / wie Christian Benjamin Hertz / in seiner Disputation, de jure
Numellarum, cap. fin. th. 5. bezeuget.
VII. Die Cumaei stelleten die Ehebrecher am öffentlichen Marckt auf den
Schand-Stein / allwo sie von männiglich verspottet / hernach auf einen Esel
gesetzet / und in der gantzen Stadt herum mit grossen Hohn geführet wurden.
Plutarch. in problem. c. 115. Petr. Greg. Tholos. Syntagm. Jur. Univ. lib. 36. n.
26. Arnisaeus, de jure connub. c. 5. sect. 8. n. 6.
VIII. Es soll auch noch in den Mitternächtigen Ländern üblich seyn / daß man [746] denen Adulteris Schand-Steine anhenget / und sie damit
öffentlich darstellet.
Olaus Magnus, & ex illo Cornel. Scribon. Graph. Epitom. lib. 6. c. 12.
Huc spectant quoque, quae ex aliis habet Flamin. de Rubeis tr de Adulter. cap.
16. n. 4 pag. 156 & 160. Nec non Joh. Hering de molend. quaest. 4. n.
43.
IX. In Peru muß derjenige Caciqua oder Fürst / welcher seinen Unterthanen / ohne
Bewilligung des Jugae getödtet / zur Straffe einen grossen Stein auf den
Schultern tragen / welches man vor eine grosse Schande hält. Begehet er
dergleichen That hernach noch mehr / im Fall nicht eine sonderliche Vorbitte ihn
errettet / wird er doch gleichwohl seines Standes entsetzet.
Erasin. Francisic, im neu - polirten Kunst - und Sitten - Spiegel / lib. 2.
Discurs. 8 pag. 397.
Ohrte Erlaubnis an verbothenen Orthen Jagen / ist allda sträflich / und muß ein
solcher Wild - Räuber den Schand - Stein auf sich nehmen. Womit gleichfals
derjenige zum erstenmahl beleget wird / der allda die Gräntz - Steine auf den
Acker verrückt / oder Länderey / so andern Leuthen angewiesen / thätlicher weise
eingenommen hat: An der Wiederhohlung dieser Thätligkeit hänget der gewisse Tod.
Idem Francisci, pag. 397.
Welcher Peruaner seinem Landes - Fürsten den gebührlichen Gehorsamnicht erweiset
/ der ist zum erstenmahl mit wilkürlicher Straffe angesehen / zum andernmahl mit
dem Schand / Stein beschimpffet / zum dritten des Lebens beraubet worden.
idem d. loco.
Einen Faulentzer oder Tages Schläffer gibt man zum Wecker und Aufmunterer einen
Prügel / oder auch wohl den Schand - Stein auf die Schulter.
idem pag. 398.
Es wird der Schand - Stein gleichfals demjenigen zuerkennet / welcher aus
Schwachheit / unordentlicher Liebe und Bulschafft einen Fall gethan.
idem pag 43.
X. Christian Wurstius, in der Baseler Chronic. meldet / daß zu Müllhausen in Ober
- Elsas [so andere zum Sündgow ziehen] wenn ein Weibesbild irgend die andere
neidischer Weise falschlich verklaget / oder [747] mit
Schmach - Reden Ehrenverletzlich antastet / eine solche Thäterin durch die Stad
- Knechte an den Wochen - Marckt / wern allermeist Volck verhanden / andern zum
Exempel / herumgeführet werde / und einen Klapper oder Laster - Stein / bey 25.
Pfund schwer / wie ein Weibes - Haupt / so an ausgestreckter Zunge ein Mahl -
Schloß hat / formiret / an Halse tragen müsse.
Zeiler, Epist. 604.
Wobey obiter zugedencken / daß die bösen zänckischen Weiber / so einander
schelten und schmähen / ja gar schlagen und rauffen / an etlichen Orthen
öffentlich den Marckt kehren und rein machen / oder das Aesterich auf den
Rathäusern und in den Schwibbogen scheuren müssen / da sie denn mannigmahl von
den bösen Buben noch darzu mit Koth und Erdschollen geworffen werden. An den
Orthen / wo man viele Wind - Mühlen hat / müssen die böse zänckische Weiber zur
Straffe die Wind - Mühlen-Flügel mit groben leinen Tuch bekleiden / welches
ihnen sehr beschwerlich vorkömmet / indem / wie bekant / das Weibesvolck
ingemein den Flachs und das Leinen Tuch gar lieb und werth hat / und ungern was
davon weggibt. Eine Heydnische Regentin in Pommern machte auff eine Zeit diese
Gesetze 1. welches Weib ihrem Ehemann fluchen würde / die solte vier gross
Steine am Halse in ihren Herrschafften / durch alle Dörffer tragen / und solte
dieselbe niemand abnehmen / bey Leibes - Straffe 2. Welche Frau den Mann
schliege / der solte die Nase abgeschnitten werden / auch des Mannes
Gerechtigkeit verlustiget seyn / biß aufs Chebette. 3. So sie bey andern Leuthen
ihren Mann verkleinerte / und ihm was böses nachredete / so sie jung / solte sie
mit Ruthen gestrichen werden; wäre sie aber alt / und könte keine Kinder mehr
zeugen / solte sie gar verbrennet werden. Heutiges Tages solte sie leben / und
vor die grimmigen bösen Weiber Gesetze geben.
Matth. Hammer, in Viridar. Hist. pag. 255.
XI. In der Pfaltz und Marg - Graffschafft Baden hat man auch dergleichen Straffen
/ als daß der Delinquent in Eisen gehen / in die Futter - Wanne gespannet und
gestrichen / die Geige ihm angethan wird / oder Doppelhaken tragen muß.
Casp. Zillesius de Jure Mulctandi cap. 7. n. 107.
XII. Die Geigen beschreibt Casp. Manzius, decis. Palatin. q. 88. n. 18. also: [748] Quod sit poena manicarum lignearum, quibus adulteri
& alii ante templa stant inclusi. Dither. in continuatione Thes. Pract.
Besold. v. Geigen / pag. 760. berichtet / daß den zänckischen Weibern / Mägden
und andern derg'eichen Personen / auch Jungen / die Geigen angeschlagen / oder
sie auch ins Narren - Häußlein gesteckt würden / Andr. Schneiderum, Comment. in
Ordin. Judic. prov. Sueviae tit. 19. n. 31. anführende / mit dem Zusatz / daß
man Theils Delinquenten zu Ulm auffden Block stellete / bey welchem der Büttel
stünde / dem Verbrecher würde auch ein Papier auff die Brust gehefftet / drauff
mit grossen Buchstaben geschrieben zu befinden / was er gethan und begangen
hätte.
CAPVT XIX. Vom Laak / I.
ETlicher Orthen ist dieses so viel als der Pranger / drum derselbe auch der
Schmachkaak genennet wird.
Jacob. Alemann. in Palaestr. Consult. 1. pag. 46.
Dessen gedencket gleichfals D. Justus Oldekop, in der warhafften Beschreibung
eines nie erhörten Peinlichen Processus, pag. 118. ibi: am Kaak und Pranger
ausstreichen und ewig verweisen.
II. Anderswo ist es eine von Holtz gemachte / und bey Teichen oder fliessenden
Wassern auffgeführte Machine, drin die Diebe / welche in Gärten / Wiesen / oder
auf den Felde Getraide / Gras / Obst / Kraut / Rüben und andere Küchen - Speise
gestohlen / gesetzet / daß unten dran gemachte Led durch einen Riegel aufgezogen
/ und sie dadurch ins Wasser geworffen / wieder herausgezogen / und / nach
Grösse und Vielheit des Verbrechens / solches etlichemahl w ederholet wird.
III. Theils Orthen ist es formiret wie ein Korb / drin unten der Boden aufgehet.
|| [749]
IV. Es wird hierzu meistentheils der Scharffrichter gebrauchet.
V. In etlichen Fürsten-Städten wird diese Straffe vom Ambt und Stadt-Rath
conjunctim erkant / und durch derofelben Anordnung vollstrecket / wenn nicht ein
anders hergebracht oder verrecessiret ist.
VI. In Engelland stecket man die böse zänckischen Weiber in einen Kasten oder
Korb / wie eine Wage gemacht / den man Cucking Stool nennet / der ist gehengt
über einen Canal / oder sehr tieffen Graben / in welche man sie dreymahl
eintauchet / ihre Hitze und Zorn abzukühlen.
Eduard Chamberlayne, L' Estat present de L' Angle terre, cbap. 2.
XII. Zu Tholosa sperret man die Gottesläst erer in einen grossen Bauer / und
lässet sie damit ins Wasser fallen / und etlichemahl untertauchen / welche
Straffe [Greek words] genennet wird.
Petr. Greg. Tholosan in Syntag. juris Univ. lib. 31. c. 37. n. 8.
VIII. Anderswo nimmet man die Huren / henget sie in einen Korb über den Teich /
und läßet sie hernach durchfallen ihre Unreinigkeit abzubaden.
Theatrum vitae human. pag. 3404. Matihaeus Hammer. in Viridar. Histor. pag.
352.
CAPVT XX.
Von Auspaucken und Auffsetzung eines Stroh-Krantzes
I.
AN vielen Orthen ist gebräuchlich / daß die Gemeine Prostibula oder öffentliche
Huren / oder auch die leichfertige Metzen / so sich schwängern lassen / aber mit
vielen Schweren und Vermaledeien es leuguen / oder es doch biß zu letzt in
Geheim halten / in Meinung / die Kinder über die Seite zu bringen / auff Befehl
/ und Anordnung des Ober-Richters / durch den Scharffrichter / oder dessen
Knecht zu desto grösser [750] Beschimpffung durch die Städt
hin öffentlich ausgepauckt / und noch darzu ein Stroh-Krantz / drinn etliche
Hanenfedern gesteckt / ihnen auff den Kopf gesetzet wird. Die Procession
geschiehet gemeiniglich folgender Gestalt: Die Dirne wird / nach geschworner
Urphede / aus dem Amt oder Richt-Hause durch 2. Schergen / oder Amts-Knechte in
der Mitten geführet. Vor ihnen her gehet der Scharffrichters Knecht mit einer an
theils Orthen / als in Leipzig / ungemein grossen Trommel / daran ein Kerl fast
genug zu tragen hat / und schläget dann nnd wann / mit einen einzigen grossen
Klöppel auf dieselbe / daß Männiglich herzulauffe / und dem Spectacul zusehe.
Wann sie mit derselben aufn Marckt kommen / gehen sie dreymahl auf denselben mit
ihr in einen grossen Kreys herum / hernach zum Thor hinaus biß an den Orth / wo
sie fortgewiesen wird.
Christian Benjaniam Herr, Disput. de Jure Numellarum, thes. ult. Bier, de Expens.
Exec. Crim. cap. 1. §. 14.
II. Man schneidet ihr auch noch wohl darzu ein lock Haar ab / in signum passae
deflorationis.
III. Die Cortiner in Creta setzten denen Ehebrechern / wenn sie in der That
erwischt und überzeuget wurden / einen Krantz von Wolle auf.
AElian. lib. 12. var. Hist. c. 12. Alex. ab Alexand. lib. 4. genial. dier. c. 1.
pag. 433.
Arguebat autem haec Corona adulteri mollitiem, timiditatem, muleriositatem,
& aestimata est ei publicè quinquaginta staterii summa, atque, eo ad
turpissimam infamiam redacto, omnes ad gerendam in Republica dignitatem viae
sunt interclusae.
Petr. Greg. Tholosan. lib. 36. Syntagm. Jur. univ. c. 6. n. 23.
IV. In quibusdam Franciae locis olim fuit consuetudo, mulieri adulterae capillos
incidere, vestes ante & retrò in ignominiam ejus scindere, & ita
per Civitatem totam circumduci.
Gloß. in c. de benedicto 32. q. 1.
V. Coloniae adultera per civitatem cum contumelia traducta cum candelis manu
delatis ad Ecclesiam ducebatur.
Nicol. Boër. Decis. 297. n. 13.
|| [751]
Adde
Quae habet Carpzov. part. 2. pract. erim. q. 52. n. 6. 7. 8. & 9.
VI. Dum vidui aut viduae repetunt conjugium, in aliquibus civitatibus solent
quidam ex plebe cum tympanis & aere sonante illos insectare, Iudentes
potius quam illudentes. At conjuges saepius sibi contumeliam fieri verius, quam
lusum arbitrantur, ut aliquando inde maximae sint concitatae tragoediae. Vocant
hunc lusum & injuriam CARIV ARI, forfan à Graeco verbo tractâ
appellatione [Greek words]. Nam [Greek words] Doricè caput significat, &
[Greek words] molestiam, quia aeratorum
tinnitus & agitatio sit gravis & molesta capiti.
Petr. Greg. Tholos. lib. 38. Syntagm. Jur. Univ. cap. 4. de Carivatione n. 1.
VII. Zu diesen kan auch gezogen werden / wenn den Bräuten zu Schimpff Heckerling
auf der Gassen hin / oder vor den Braut-Hauß biß an die Kirch-Thür gestreuet
wird / so mit Landes-Verweisung zu bestraffen.
VIII. Sonst werden auch die Bräute / wenn sie über Feld durch ein ander Dorff
oder Stadt fahren / mit einer vorgezogenen Schnur in der Wache / Thor oder
sonsten gehemmet / da sie oder der Bräutigam Geld spendiren muß. Welches aber
keine Beschimpffung ist.
CAPUT XXI.
DE SUPPLICIO FURCAE
I.
WAs bey den Römern FURCA vor ein Straff-Holtz / und wie es eigentlich gestalt /
drinn sind die Autores nicht einerley Meinung. Etliche halten davor / es sey ein
lang Holtz / vorn mit zwey Gabeln.
Varro lib. 4. de Ling. Lat.
Andere / es hätte eine Form gehabt / wie die Galgen heutiges Tages; Theils / es
wäre ein Band von Holtz gewesen / da in der Mitte man den Kopff / und [752] auff beyden Seiten die Hände durchstecken müssen / wie
bey bem Jacobo Cujacio,
Lib. 16. Observ. & emendat. c. 1.
und
Justo Lipsio de Cruce lib. 3. c. 4. & 5.
mit mehrern zu lesen / nnd die Figuren / so zugleich darbey befindlich / zu
sehen. M. Heinr. Kupping in seinem Tractat de Cruce, Exercit. 22. §. 6. pag.
149. beschreibet dieselbe also: Furca constabat ex stipite erecto &
duobus bifidis ramis in diversa patentibus, ad modum literae Graecae Y. Furci
feri ad furcae ramos deligata brachia habuerunt, ut erecta illa eslent,
collumque inferebatur eo loco, quo duo rami in angustum coeunt.
II. Es war aber FURCA entweder ignominiosa, oder poenalis. die Erste war bey den
Römern sehr gebräuchlich / wenn sie nemlich solch Holtz / Band / Gabel oder
Galgen ihren Leibeigenen Knechten / die was Straff bares begangen hatlen / zur
Beschimpffung auf die Achseln legen / und damit nackend durch die Stadt /
männiglich zur Schau / und zu der Knechte Besserung führen liessen.
Lipsius d. lib. 3. c. 1.
Erat namque magna castigatio servi delinquentis, si lignum currus, quo temonem
sustentant, tollens & ferens exiret circa viciniam. Id enim passus
& sic conspectus, non ultra fidem habebat, & vocabatur FURCIFER;
[Greek words], Galgen- oder Gabel-Träger.
Plutarch. in Corialano & in Quaest. Rom.
Es musten auch die Knechte darbey ausruffen / was sie übels gethan und begangen
hatten / und die andern warnen / daß sie nicht dergleichen thäten.
Isidor. lib. 1. Orig. Cujacius, d. lib. 16. c. 1. in fin.
Drum auch solcher Straffe in den Historien und alten Comödien öffters gedacht
wird.
III. Furca Poenalis aber war dieses / daß sie nicht nur allein dem / so etwas
grosses verbrochen / nackend solch Holtz auflegten / sondern auch darzu
erbärmlich schlugen / stäupten und peitschten.
Lipsius, d. lib. 1. c. 2. pag. 100. Alex. ab. Alexand. lib. 3. Gen. dier. c. 5.
pag. 291.
Hinc illud Plauti, in Menaechm. Act. 3. Scen. 5.
|| [753]
Et ob eam rem in carcerem te esse compactum scio.
Et postquam es emissus, caesum virgis sub furca scio. IV. Die Knechte kriegten furcam darum / daß sie durch ihre Ubelthat und Nachläßigkeit ihre Herren erzürnet: Die Frey-gebohrne aber deshalber / daß sie durch solche Beschimpffung das Stadt- und Bürger-Recht verlohren / und zu Knechten gemacht wurden. Kipping, d. tr. exerc. 22. §. 1. Allermaßen C. Matienus solches erfahren / welcher üm des willen daß er das Römische Krieges-Heer in Spanien verlassen / unter solcher Furca mit Ruthen gehauen / und hernach üm einen Sestertium oder Stilber verkaufft worden. Epitom. Livii, lib. 55. V. Mannigmahl schlug man sie so offt und lange / daß sie ümfiehlen / und tod blieben. Wenn aber die Straffe zum Tode gerichtet und angesehen wahr / band man ihnen den Kopf fest an die Furcam, und dieses wurde mit einen sonderlichen Nahmem Supplicium More Majorum genennet. Lipsius, de Cruce, lib. 3. c. 2. Joh. Christoph. Salbach / Antip. Rom. lib. 3. part. 3. c. 3. pag. 223. Welches auch Svetonius, in Nerone cap. 49. lib. 6. bezeuget / ibi: Nero legit, se hostem à Senatu judicatum, & quaeri, ut puniatur more majorum, interrogavitque, quale id genus esset poenae? Et cum comperisset, nudi hominis cervicem inseri furcae, corpus virgis ad necem caedi, conterritus. Et Eutropius, in Breviar. Hist. Roman. lib. 7. de eodem Nerone ita scribit: à senatu hostis judicatus, cum quaereretur ad poenam, [quae poena erat talis, ut nudus per publicum ductus furcâ capiti ejus insertâ. virgis us??? ad mortem caederetur, at??? ita praecipitaretur de saxo] è Palatio fugit. Saxum illud erant Scalae Gemoniae, locus devexus & faetidus, propè montem Aventinum, in ripa Tiberis, quò cadavera noxiorum uncis attracta praecipitabantur, canum esca, volucrum pastus futura. Add. Valer. Maxim. lib. 6. memomb. c. 3. & 11. Dion. Cassius, lib. 58. hist. Rom. Plinius, lib. 8. hist. nat. c. 40. Sveton. lib. 3. c. 53 54. & 75. lib. 9. cap. 17. L. Cantilius ward solcher gestalt unter der Furca zu tod gepeitschet / weil er eine Vestalische Nonne beschlaffen hatte.
|| [754]
Livius, lib. 22.
Dergleichen Lohn bekahmen auch die / welche die Urbiniam um ihre Ehre brachten /
wie bey dem Dionysio Halicarnassaeo lib. 9. Antiq. Rom. zu lesen. Wenn iemand
was feindliches wieder das Vaterland vornahm / und es auskahm / ward er mit
gleichmäßiger Straffe beleget.
Sveton. in Vitellio, c. 17.
Blieb auch nicht darbey / sondern wenn sie biß auf den Tod gepeitschet und
geschlagen waren / wurf man sie noch darzu [wie bereits gedacht] vom Felsen
Tarpe, o herab / und zog die todte Leichman mit Hacken in die Tiber / oder
Cloacken.
Alex. ab Alex. lib. 3. Gen. dier. c. 5. pag. 291.
VI. Zuweilen musten auch wohl die / so zum Creutz-Tod verdammet wahren / solche
Furcam biß an den Orth / wo das Crucile aufgerichtet stund / tragen.
Kipping. d. tr. exerc. 22. §. 4.
Allwo er auch zugleich §. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. Justum Lipsium refutiret /
welcher lib. 3. de cruce c. 3. 4. 5. & 6. vorgiebt / daß die Cruciarii
an / oder doch mit solcher Furca ans † geschlagen / das Contrarium aber und
dieses ermeldter Kipping statuiret / daß wenn die Cruciarii an den Orth der
Creutzigung kommen / ihnen die Furca abgenommen worden.
VII. Heut zu Tage ist bey uns Furca so viel / als Patibulum, der Galgen / welcher
den alten Griechen und Römern unbekant gewesen: Denn ob sie schon auch theils
Ubelthäter mit dem Strange erwürget / ist es doch nicht so öffentlich an einen
dergleichen / in Form des Griechischen [Greek
words] [daher auch adagialiter der Galgen Graecum [Greek words] heisset] gebildeten Holtze / sondern
im Gefängnis geschehen / ohne Aufhencken / dergestalt / daß sie stranguliret /
und ihnen die Kehle mit einen Strick und Knebel zugezogen worden / wie noch
heute zu Tage bey den Türcken und andern barbarischen Völckern geschieheute zu
Tage bey den Türcken und andern barbarischen Völckern geschiehet. Der Galgen
aber / wie er noch bey uns gebräulich / ist allererst zu Zeiten Käyser
Constantini Magni, nachdem er die Creutzigung abgeschaffet / aufkommen.
Lipsius. de Cruce, cap. 7. lib. 3. Petr. Faber, lib. 2. Semestr. cap. 7. pag.
93.
|| [755]
CAPVT XXII.
DE CONFINATIONE.
I.
COnfinatio wird genennet / wenn von der Obrigkeit / welche die hohe Gerichte hat
/
Bald. in L. quicun??? 7. vers. dubitatur. C. de serv. fugit. Decius, in L. 1. ff.
de offic. ejus, cui mand. est jurisd.
einem / so was verbrochen / angedeutet und gebothen wird / sich an einen gewissen
Orth / Stat / District, oder auch im Hauße auf und inne zuhalten / auch von
dannen / bey nahmhaffter Straffe / nicht zu wancken / noch zu weichen / sondern
darinnen zu verbleiben / biß seine Sache aus gemacht / oder die Obrigkeit ihn
wieder in seine vorige Freyheit setzet.
Christian Biccius, in Schediasm. de confinatione, cap. 1. thes. 3.
II. Etliche nennen es die Bannung in Zehenden. Vox enim Bannen significat
proscribere. Hinc & Itali illos, quos ob delictum in exilium mittunt,
Bannitos appellant. Wehner, obs. pract. voc. Bann. Vocabulum verò Zehenden
usurpatur dupliciter, vel pro decimis, vel pro districtu seu territorio,
& hoc ultimo sensu hîc capitur.
III. Man heisset es auch ins Hauß schweren / item den Gehorsam und Einlage.
Brunnemann, ad L. potest praeses. 9. ff. de interd. & releg.
Wie auch Bestrickung /
Schneidewin. ad. §. rursus instit. de action. n. 59.
Die Franzosen nennen es bailler l' arrest en sa maison;
Petr. Greg. Tholosan. Syntagm. Jur. univ. lib. 31. c. 6. n. 16. in fin.
Oder confiner quequ' un pour le bannir, avec assignation de certain lieu dans les
enclaves, duquel il doivet demeurer sans extravaguer.
Biccius, de c. 1. n. 9.
IV. Die Rechts-Gelehrte sprechen es aus durch die Wörther confinare, affinare. Es
wird auch vinculum civitatis genennet.
Gail. lib. sing. d. pignor. obs. 9.
Aliis quoque limitata relegatio dicitur, quod certis limitibus inclusus sit [756] condemnatus, quos excedere ipsi haud licet. Limitatum
enim est, quod fuis limitibus circumscriptum, uti ager limitatus.
L. 16. ff. de acquir. rer. domin.
V. Und ob wohl das Wort confinare oder confinatio in den beschriebenen
Käyserlichen Rechten nicht exprimiret / so findet man doch den Inhalt und die
Sache an sich selber in L. 9 ff. de interd. & releg ubi JCtus ait: posse
praesidem ita quem condemnare, ne domo suâ procedat. L. succurritur §. fin. cum
Leg. seq. ff. ex quibus causis majores in integr. restit. Ubi dicitur, in
vinculis esse etiam eos, qui ita obligati sunt, ut sine dedecore in publico
apparere non possint. Conf. L. 7. § 8 ff. eod. ubi latius confinationis termini
ponuntur, ut quis in certa parte provinciae morari teneatur ut fortè non excedat
civitatem aliquam, vel Regionem aliquam non egrediatur.
VI. Und daß diese Arth des Banns oder Verstrickung nicht nur bey den Römern /
sondern auch bey den Jüden gebräuchlich gewesen / erscheinet klar an dem Exempel
Simei, lib. 1. Reg. c. 2. vers. 36. 37. & seqq. welchen der König
Salomon bey Verlust seines Lebens anbefohlen hatte / daß er ihm ein Hauß zu
Jerusalem bauen / darinnen wohnen / aber nicht über den Bach Kidron gehen solte
/ die Worthe lauten im Text also: „Und den König sandte hin / und ließ Simei
ruffen / und sprach zu ihm: Baue dir ein Hauß zu Jerusalem / und wohne daselbst
/ und gehe von dannen nicht heraus / weder hie noch daher / welches Tages du
wirst hinaus / und über den Bach Kidron gehen / so wisse / daß du des Todes
sterben must / dein Blut sey auf deinen Kopff. Daß auch Simei solchem also
nachzukommen / und nicht darwieder zu thun einen Eyd und Urphede wircklich
abgeleget / ist unzweiflich aus folgenden Worten abzunehmen d cap. vers 43.
Warum hast du dich den̅ nicht gehalten nach dem Eyde des HErrn?
VII. In der Peinlichen Hals-Gerichts-Ordn. Caroli V. art 161. wird derselben auch
gedacht / und solche Gewohnheit bestätiget. ibi: Darum mag der Dieb am Pranger
gestellet / des Landes verwiesen / oder in den Bezirck / oder Ort / darinnen er
verwircket / ewiglich zu bleiben verstricket seyn.
VIII. Bey den Catholiken ist gleichfals dieselbe noch üblich / dergestalt / daß
wenn eine Geistliche Ordens-Person was verbrochen / sie zur Straffe / und
poenitenz zu thun / in ein gewiß Closter geschickt / und in eine Zelle enge
ein [757] geschlossen wird / draus sie nicht
kommen darff / biß die ihr Gesetzte Zeit vorbey ist.
c. Tuae discretionis 6. X. de poen.
Et haec dicitur Septa clausura, quam quis non egreditur sine licentia Abbatis. L.
29. C. de Episc. & Cler. Can. in Clem. 1. §. quia verò X. de stat.
Monach.
IX. In Franckreich ist von den Königen solche confinatio unterschiedlichen
Printzen und Prinzeßin ebenmäßig angedeutet worden / wie der unbenante Author
des Stats- und Geschicht-Spiegels part. 5. pag. 278. & seqq. deren eine
grosse Liste anführet. Also befahl auch der König in Dennemarck / daß sich der
General A. D. nach seinen Land - Güthern begeben möchte / um alda sein Leben in
der stille zu endigen.
Biccius, d. Schem. cap. 4. th. 4. n. 8.
X. Es geschicht aber die Confination entweder auf eine gewisse beschrenckte Zeit
/ Tage / Monathe u. Jahre / oder auf des confinati noch übriges Leben / und biß
an seinen Tod. Einige halten davor / wenn in dem Mandat Rescript und Befehl
keine gewisse Zeit gesetzt zubefinden / dieselbe pro perpetua, sonsten aber /
wenn drein stünde / daß einer etlicher Jahr an den und den Orth bleiben / und
ohne Vorwissen der Obrigkeit nicht weichen solte / es aufzehen Jahr ausgeleget /
und verstanden werde. Alleine dieses wird dem arbitrio judicis committiret / der
nach gehabten Rath der Rechtsverständigen / drinn erkennen lassen kan / auf wie
viele Zeit und Jahre die confination zu restringiren.
arg. eorum, quae tradit Brunnemann. ad L. sine praesinitio. 23. ff. de poenis.
XI. Es muß auch der Judex confinans competens seyn /
Bicicus, c. 2. th. 5.
Item die confinatio in terris subditis geschehen / weil es ausser dem nicht
gültig /
Bartol. in L. releg. §. est quoddam ff. de interd. & rel. Bald. in L.
illicitas §. qui universas ff. de offic. praesid.
Imgleichen der Confinatus schweren / und in der Urphede versprechen / daß er ohne
Vorwissen der Obrigkeit von dem assignirten Orth nicht weichen wolle /
|| [758]
Rhetius, in praelect. publ. ad Const. Carol. art. 161. Farinac. lib. 1. Op. Crim.
Q. 36. n. 61.
Wie nichts weniger der Bezirck oder Orth / darin er zuverbleiben verstrickt ist /
benennet und beschrieben werden.
d. Const. Crim. Carol. art. 161.
e. g. Er solie biß zu Austrag der Sachen aus seinem Hause nicht weichen / biß auf
weitere Ordre. Vel: er sol ohne absonderliche Zulassung nicht aus der Stadt
rücken.
Add.
L. ex facto §. 3. vers. proinde ff. de hered. Instit. L. 7. §. 8. ff. de interd.
& releg. Josias Nolden. de statu nobil. cap. 15. n. 87. & seqq.
XII. Es kan aber ein solcher Confinatus, so lange er in reatu ist / nicht zum
Ehrenstand erwehlet oder erhoben werden.
L. 1. & ibi Bartol. C. de his, qui in exil. dati sunt.
Doch behält er die Jura Civitatis, und alles / was dem anhängig. Pertinet huc
locus Marciani JCti in L. 4. ff. de interd. & releg. quod omnia sua jura
retineant, & tantum eis Insula egredi non liceat. Quae verba quamvis de
relegatis in Insulam concepta sint, idem tamen quoad Confinatos in Insula vel
domo juris est.
Biccius, d. Sched. c. 3. th. 4. n. 18. Carpz. p. 4. const. 47. def. 9.
Item Jus condendi Testamentum,
L. 8. §. 3. ff. qui testament. fac. poss.
nec non agendi in judicio.
idem Biccius, th. 6. n. 23.
So ist auch sein Weib ihm an solchen Orth zu folgen / und Ehrlich beyzuwohnen
schuldig: Doch wird ihr nicht gewehret / ihrer Geschäffte halber hin und wieder
auch ab und zu zureisen / weil sie in der Confination nicht mit eingeschlossen
ist.
Carpzov. part. 4. const. 47. def. 7.
Die Consinatio importiret keine infamiam, wenn nicht die That selbst so arg ist /
daß sie anrüchtig machet / non enim poena, sed causa infamat.
L. ictus fustium 22. ff. de his, qui not. infam. ibi??? Brunnemann. Hartm.
Pistor. Obs. 177. n. 46.
XIV. Mit derselben könnet auf gewissen Maaße überein /
|| [759]
1. Vinculum Insulae,
L. 5. ff. de interd. & releg.
so heut zu Tage die Bannisirung genennet wird.
2. Das ewige Gefängnis / cujus poena jure civili non nisi in servos erat recepta
L. 8. §. non solent ff. de poenis.
3. Der Gehorsam in der Thor- oder Obedienz-Stube.
4. Die detrusio in Monasterium.
5. Obstagium, die Leistung / quo debitor vel fide jussores ejus se obligant, eo
casu, quando pecuniam certo & definito tempore non exsolverint, quod
hospitio & loco certo tot equis & personis sumptibus suis se
sistere velint, non recessuri, donec solutio integra facta fuerit.
Georg. Schulz, Synops. Instit. lib. 4. tit. 6. de Act. Dornsberg. Syntagm. Jur.
civ. lib. 3. c. 70.
Hoc tamen jus Imperii Lege, scilicet in Reformat. Polit. de Anno 1577. sub. tit.
17. immutatum & abrogatum.
vid. Gail, lib. 2. Obs. 45
Sed pactum illud, quo debitor vel fide jussor se, si in solutione cesset,
obligat, non quidem zur Leistung / sed tamen ad certum locum, donec Creditori
satisfaciat, etiamnum hodie usitatum est.
Dan. Moller. lib. 3. Semestr. c. 30. n 6. & seqq. us??? ad finem.
6. Wenn grosse Herren und Potentaten diejenige / so in des Feindes Land reisen /
oder zu denselben übergehen wollen / davon auff hält / oder wieder zuschicket.
Libenthal. Colleg. Polit. exerc. 5. th. 57.
Also ergieng es dem resignirten Könige in Polen / Johann Casimiro, da er noch
Printz war in Franckreich / daß er aus blosser Praesumtion, als würde er nach
Spanien in des Feindes Dienste gehen / nicht allein aufgehalten / sondern auch
in einen schändlichen Gefängnis 7 Monat lang sitzen muste. Eben zu der Zeit ist
auch Pfaltz-Graff Kuprecht / in Franckreich angehalten / und ins Gefängnis
geworffen / weil er incognitò und mit veränderten Nahmen durch Franckreich
gereiset / nach Holstein gehen / und des Käysers Parthey [so damahls mit
Franckreich in Feindschafft begriffen] erwehlen wollen. So ist auch Fürst Johann
von Naßau / der gar keine Parthey mit seinen Herrn Vetter Fürst Mauritio gehabt
/ noch zuerwehlen begehret / bloß deßwegen / weil er Fürst Maurizen anverwand /
und mit verenderten [760] Nahmen gereiset / zu Neapolis
angehalten und ins Gefängnis geleget worden. Solcher Gestalt ist auch Richardus,
König in Engelland / von Ertz-Hertzoge zu Oesterreich Leopoldo [womit er doch
confaederit / und in communi expeditione contra barbaros begriffen gewesen] auff
den Rückwege deßhalber in Wien angehalten / und ins Gefängnis geworffen worden /
weil er in unbekanten Habit, und wegen Privat - Mißverständnis zu Wien ankommen.
vid. Wassemberg. in Carc. Reg. Polon. Joh. Casimiri pag. 173. & seqq.
Wiewohl gar zu hart mit diesen vier König- und Fürstlichen Personen verfahren /
und verantwortlicher gewesenwäre / daß sie zwarten angehalten / aber nicht ins
Gefängnis geworffen / sondern höflich tractiret / und nach vorher geleisteter
gnugsamen Caution de non offendendo & non vidicando, nec ad hostem
transeundo, revertendo domum &c. wären zu den Ihrigen nacher Hauß zurück
geschickt worden / gleichwie es der König Henricus IV. in Franckreich mit dem
Ertz Hertzog Maximiliano zu Oesterreich gemacht / welcher mit veränderten Nahmen
[zu der Zeit / da Franckreich u. das Hauß Oesterreich Kriege mit einander
führeten] mitten durch Franckreich gereiset / und nacher Spanien gehen wollen /
da er zwarten aufgehalten / aber mit grosser Höflichkeit wieder zurück in
Oesterreich geschickt worden.
Hist. Henrici IV. pag. 376. Corp. Jun. Milit. cum not. Petr. Pappi, pag. 383.
& 384.
7. Wenn die Obrigkeit einem verbeuth / mit der oder jener verdächtigen Person
nicht umzugehen / Aergernis zu vermeiden.
Juxta L. 9. ff. de poenis. L. 3. §. 1. ff. de offic. Proc. Caes. ration.
& ad eam, Brunnemann, n. 1. & 2.
Oder untersaget / daß die Bürger aus der Stadt auf die Dörffer / oder einen vor
den Thor liedenden schädlichen Krug oder Schercke zum Bier gehen / oder wenn
einem der Hoff verbothen / Item
8. Wenn einem Delinquenten auferleget wird / daß er gewisse Jahr hinaus in den
Krieg / wieder den Türcken / oder auf ein gewiß Grentz-Hauß in Ungarn sich
begeben solle.
Hofmann, in Lycurgo Rom. Germ. c. 45 summ. 7. brunnemann, in proceß. Inq. c. 9.
n. 55.
9. In Ehe-Sachen / als wenn eine Jungfer deshalber von der Obrigkeit sequestriret
/ und zu ihren nehesten Bluts-Freunden / oder einer andern [761] ehrlichen Matron zur Aufsicht gethan wird / wenn ihre
Eltern ohne Ursache allzuhart und grausam wieder sie seyn / und mit grossen
Bedrohungen sie zwingen wollen / einen zu heyrathen / zu dem sie gar keine
Affection hat. Oder im Gegentheil mit eben der Force von einer ehrlichen Heyrath
/ darbey doch nichts zu desideriren / sondern die Eltern nur ihre eigne Caprice
haben / abwendig machen wollen. Oder wenn sie keine Eltern hätte / und zwey
Personen zugleich üm sie freyeten / auch keiner von ihr lassen wolte / da denn
der Judex, der Jungfer ihr freyes Gemüth zuerforschen / und ihre Ehre in
Sicherheit zu setzen / solche Anstalt wohl machen kan / damit derselben von
einem und andern keine Gewalt geschehe / noch auch entführet werde / per text.
in c. cum locum X. de sponsal. glossa. Ibi in verbo Donec.
Gail. lib. 1. obs. 112. n. 15. & Lib. 2. obs 45. n. 7. Berlich, part. 1.
conel 73. n. 113. Carpz. lib. 3. Consist. def 32 n. 11.
10. Kan auch wohl hieder mit gezogen werden die Quarantaine, oder die Zeit von
40. Tagen / die einer / so von den Oerthern / wo die Pest ist / herkommet / von
den Leuthen abgesondert halten muß.
Biccius, d. Schediasm. c. 6. th. 6. n. 36.
XIV. Bey den Mohren ist die Confination auch gebräuchlich an des Königs
Bluts-Freunden / welche auf einen sehr hohen Berg / Amara genant / geschickt
werden / allwo sie bleiben müssen / biß sie hiernechst zur Succession der Cron
beruffen werden.
Zeiler, Epist. 104. circa finem.
XV. In den reichen Calicut und Tarnassari hat man einen wunderlichen Proceß
wieder die Schuldner: Denn wenn ein Kaufmann dem andern Geld schuldig ist / und
der Gläubiger hat deswegen eine Schrifft aufzuweisen / von des Königs
Secretarien, deren über die tausend seyn sollen: So gehet der Gläubiger zum
Obersten der Braminen, und zeiget demselben es an. Welcher nach Befindung / daß
es eine klare Schuld sey / ihm einen grünen Zweig in die Hand gibt. Mit selbigen
Zweig gehet der Gläubiger dem Schuldner so lange heimlich nach / biß er ihn
betritt: machet alsdenn mit dem Zweige einen Kreiß üm ihn her / auf der Erde /
und so er ihn in solchen Kreiß beschliessen mag / spricht er dreymahl zu ihm:
Ich gebiethe dir bey dem Haupt des Priesters und Königs / daß du zon dannen
nicht weichest / biß du mich bezahlet / und gäntzlich befriediget hast. Da muß
er denn jenem gnungthun / oder in dem gezogenen Kreise [762] bleiben / solte er gleich Hungers sterben. Denn gienge er vor geschehener
Bezahlung aus dem Kreiß weg / so ließe der König ihm alsobald tödten.
Ludwig von Barthima, lib. 5. seienr Schiff-Farthen / cap. 9.
XVI. In den Insul Ceylon ist gebräuchlich / daß der Beambte / wenn und wo er
einen antrifft / der Geld-Straffe schuldig ist / durch seine bey sich habende
Diener auf der Stelle anhalten und nieder knien / ihm auch einen schweren Stein
auf die Achsel legen / und nicht eher von dannen lässet / biß er die Straffe
erleget / solte er gleich viele Tage und Wochen da im Regen und andern
Ungewitter sitzen bleiben / denn er darf bey Lebens-Straffe nicht von der Stelle
weiche / und wenn er einige Tage mit der Abstattung verzögert / werden ihm immer
mehr Steine aufgebürdet / daß er endlich gar davon erdrückt werden möchte.
Robert. Knox, in der Ceilandifchen Reise-Beschreibung / lib. 3. c. 9. pag.
220.
CAPVT XXIII.
DE EXILIO, OSTRACISMO ET PETALISMO.
I.
Poena Exilii ist die allerälteste nnd erste / womit von GOtt selbsten unsere
Groß-Eltern Adam und Eva / nachdem sie im Paradies von dem verbothenen Baum
gegessen / und deßhalber durch den Engel ausgetrieben / als Frembdlinge das
Erdreich bauen müssen / beleget worden / an welchen Orth der Lust und Freude sie
und ihre Nachfolger nicht wieder kommen sind.
Genes. c. 3. Cap. Adam de poenis, dist. 1. c. in cap. 50. dist. Petr. Gregor.
Tholosan lib. 31. Syntagm. Jur. Univ. c. 6. n. 1.
Drum auch wir Menschen noch Frembdlinge / und unser Leben eine Wallsarth und
Pilgramschafft genennet wird,
Genes 23. Psalm. 38. Hierm. c. 3. ad Hebr. c. 11. & Petr. 2. 2. ad
Corinth. c. 5.
|| [763]
II. Nach Arth nun dieser allgemeinen Wanderschafft / ist auch eine sonderbahre
eingeführet / das iemand / wegen eines Verbrechens / von der Obrigkeit gebothen
wird / seinen Stab weiter zu setzen / und in ein frembd Land ins Elend zu
ziehen. Oder wenn einem zur Busse auferleget wird / an weitentlegene Oerther /
als nach Rom / Compostell, oder Jerusalem zum heiligen Grab sc. zu walfarthen /
wie bey den Catholiken noch üblich ist.
can. si quis Romipetas 24. q. 3.
Quarum conventus qui contemserit per superbiam, anathema dicitur.
c. si quis per superbiam 30. dist. ex Gangrem. concil.
Tales peregrini sunt in tutela summi Pontificis, seu Ecclesiae,
c. innovamus de treu. & pace c. unic. de peregrin.
atque qui illos spoliaverint, excommunicantur.
d. c. si quis Romipetas.
Et ita sunt de fore Ecclesiastico.
Specul. tit. de compend judic. §. 1. v. 28.
Quam vis & Imperator eos tueatur quoque.
L. ommes peregrini C. commun. de Succeß.
Oder wenn man iemand / wegen begangener Ubelthat / wieder den Türcken in den
Krieg schicket.
III. Etliche Griechische Städte / sonderlich Athen / hatten vor Alters eine
eigene poenam exilii, so man [Greek words] oder
Ostracismum nen̅ete / welche keinen geringen / sondern den
reichsten / gewaltigsten / ja tugendhafftesten Männern wiederfuhr / so dem
gemeine̅ Pöbel verdächtig vorkamen / u. vor welche sie sich
besorgten / daß dieselbe etwan durch ihre Authorität u. Ansehen / grosses
Vermögen und Geschicklichkeit / den Democratischen Estat ändern / unterdrücken /
und die Herrschafft alleine zu sich ziehen möchten. Derselben nun aus der Stadt
und Land loß zu werden / schrieb der gemeine Mann ihren Nahmen auf Schirben /
und wurf dieselbe bey Zusammenkunfft des Volcks in ein Gefäß / so sie Urnam
nenneten. Belieffe sich nun die Zahl solcher Votorum auf sechstausend / muste
derjenige / dem es betraf / mit seiner gantzen Familie zehen biß funfzehen Jahr
ins Elend ziehen: Doch stunde dem Volck frey / die Jahre abzukürtzen / und sie
eher wieder zurück zuberuffen. Wenn aber die Zahl der 6000. Schirben nicht
völlig da wahr / blieb es mit solcher Ausbiethung noch.
Aristet. lib. 3 polit. c. 9. Plutarch. in Aristide. Alex. ab Alexand. [764] lib. 3. Gen. dierum c. 20. pag. 387. Joh. Philip.
Pfeiffer / antiq. Graecgent. lib 2. c. 19 pag. 211.
Constitutum fuit, ut ita damnati Argitam exulatum irent, ubi ingens erat bos
aeneus, quare qui illic exulabant, servare bovem dicebantur.
Menander, in Phasmate, apud Hesychium, & Plutarch. in collectan.
IV. Clisthenes hat den Ostracismum angeordnet und eingeführet / ist aber nicht
lange hernach eben also weg gewiesen worden.
Coel. Rhodigin. lect. antiq. lib. 21. c. 41. AElian. var. hist. lib. 13. c. 21
Philostrat. in vita Apollonii lib. 6.
Welches auch der kluge Gesetzgeber Solon zu Athen /
Plutarch. in vita illius
Item Themistocles,
AEmil. Probus, in ipsius vita. Diod. Sicul. lib. 11. Bibliothet.
Aristides, so vor andern alzuehrlich und gerecht war / und daher Justus
beygenahmet wurde /
AEmil. Prob. in curric. vitae ipsius.
Cimon,
Plutarch. & Corn. Nepos. in ejus vita
Thucidides,
Plutarth. in Pericle. Plin. lib. 7. c. 30.
Alcibiades,
AEmil. Prob. in descript. ejus vitae,
Damon, Periclis praeceptor,
Plutarch. in Aristide in pr.
und andere mehr erfahren müssen.
Zu Argis war der Ostracismus gleichfals gebräuchlich.
Aristot. lib. 5. polit. c. 3. Alex. ab Alexand. d. lib. 3. gen. dier. c. 20. pag.
388. ibi??? Tiraquellus in addit.
V. Die Syracusaner hatten eben eine dergleichen Verweisungs-Arth / so sie
PETALISMUM hiessen / belief sich aber nicht höher / als nur auf 5 Jahr / wormit
sie ihre Bürget / die allzu groß / mächtig und ansehnlich werden wolten
dämpfften.
Petr. Greg. Tholosam. lib. 35. Syntagm jur. univ. c. 6. n. 15.
Sie schrieben aber die Namen derjenigen / so sie nicht bey sich leiden kunten /
auf keine Schirben / sondern Oelbäum Blätter. Dessen Nahme nun vielmahl in der
Urna gefunden wurde / muste fort / und weichen.
|| [765]
Alexand. ab Alex. d. loc. Diod. Sicul. lib. 11. Pfeiffer / d. tr. & cap.
pag. 212.
VI. Der Letzte / welcher durch den Ostracismum ausgeschaffet wurde / hieß
Hyperbolus, ein gemeiner schlechter Kerl / bey deme es auch aufhörete.
Plutarch. in Aristide.
Hermodorus Ephesius exulare jussus, quod vir probus esset.
Ciceto, lib. 5 Tusculan. quaest.
Cui postea statua Romae posita est, quod auctor fuisset habendarum Legum à
Graecis.
Plin. lib. 34. Straho, lib. 14. Pomp. L. 2. § postea ne diutius ff. de orig. Jur.
VII. Hieher gehöret auch der Ephesier Gesetze / welches also lautete: Nemo de
nobis unus excellat, sed si quis exstiterit, apud alios, & alio loco
sit. Cujus meminit Cicero in Tuscul. Itemque Megarensium haec: nemo unus ex
nobis excellat, aut frugi esto.
D. Pfeiffer / antiq Grecar. gent. lib. 2. c. 24. in fine. Balth. Conr. Zahn,
Ichnograph. municip. c. 25. n. 5.
VIII. Marcellus Exilium triplex constituit in L. auxilium est 5. ff. de
interdict. & releg. Aut est [inquit] certorum locorum interdicto, aut
lata fuga, ut omnia loc a interdicantur, praeter certum locum; aut Insulae
vinculum i. c. relegatio in Insulam.
IX. Worbey auch ferner anzumercken / daß Exilium sey zweyerley / Voluntanium, ob
poenae metum, und Involuntarium, ex judicio in poenam decretum, utrumque
& perpetuum aut temporale esse potest. Voluntarium Exilium war das /
welches Cain / nachdem er seinem Bruder Abel erschlagen / antrat. Genes. 4. v.
16. Egressus à facie Domini factus est profugus ad Orientalem plagam Edem. Item
diejenige / so bey den Jüden einen unvorsetzlichen und unversehenen Todschlag
begiengen / und deßhalber in die Frey-Städte flohen vor den Bluträcher / drin
sie auch bleiben musten / und nicht draus gehen durfften / biß der hohe Priester
starb / alsdenn mogten sie ungehindert wieder in ihre Stadt und Land kehren.
Deut. c. 4. Num. c. 35.
|| [766]
Welches auch bey den Heyden üblich gewesen / wie aus folgenden Worten Ciceronis
in Orat. pro Aul. Caecinna erhellet. Ibi: Exilium non est supplicium, sed
profugium, portus??? supplicii. Nam qui volunt poenam aliquam subterfugere, aut
calamitatem, eò solum vertunt, hoc est, locum & sedem mutant. Ita??? in
nulla nostra lege reperietur, apud coeteras civitates maleficium ullum exilio
esse mulctatum: Sed cùm omnes vincula, neces ignominiaes??? vitant, quae sunt
Legibus constitutae, confugiunt quasi ad arma in exilium. Qui si in civitate
Legis vim subire vellent, non prius civitatem, quam vitam amitterent. Et alibi:
Quid enim Exsul? Ipsum per se nomen calamitatis, non turpitudinis.
X. Nach dem Gesetzen derer zu Menphis, muste auch derjenige / so einen
unversehens erschlug / und tödtete / ins Elend zu den Gymnosophisten reisen /
und nicht eher wieder ins Vaterland kommen / biß ihn dieselbe absolviret hatten
/ welche den Thäter so lange auf den ungeheuren Gebürge herum terminiren liessen
/ biß sie ihm endlich / aus grossen Mitleiden / von solchen Todschlag
loßsprachen.
Philostrat. lib. 6. de vita Apollon.
XI. Apud Graecos fortuiti casus voluntario Exilio quoque damnabantur.
Xenophon. lib. 4. de Cyri minoris expedit. Homer. Iliae 2. L. aut facta §
eventus. ff. de poenis.
Conon der Athenienser Heerführer / als er von Lysandro. der Lacedaemonier
Admiral, in einer See-Schlacht überwunden wurde / erwehlete aus Unmuth selbst
das Elend / und zohe in Cyprum, zu dem Persichen Könige Artaxerxem,
Livius, lib. 69.
Protagoras Abderites, Menandri Sohn / und Democriti Zuhörer / als er von den
Atheniensern beschuldiget wurde / daß er der Perser Magiam gelernet / ist
freywillib ins Elend gegangen. L. Apulejus Saturnius, tribunus plebis bey den
Römern / als er merckte / daß er ob legem agrariam, aliasque factiones verhast
war / ist von sich selber in die Insel Rhodis gezogen.
Petr. Greg. Tholos. lib. 31. Syntagm. Jur. Univ. c. 6. n. 12.
Cornelius Spicio nachdem er Hannibalem geschlagen / und Carthaginem gedemütiget /
hatte den Lobreichen Zunahmen davon gebracht / daß er Africanus [der Uberwinder
Africae] genant wurde / sich auch treflich um die Stadt um das Volck zu Rom
verdient gemacht / daß zu der Zeit seines glei [767] chen nirgend war / doch mochte ihm dieses alles nichts heiffen / er wurd
von den Zunff weistern / verklaget / als wäre er mit der eroberten Beute
untreulich umgangen. Das verdroß diesen tapffern Mann so sehr / daß er die
undanckbare Stadt verlies / und sich gen Linternum, auf seinen Bauren Hof begab
/ nicht wieder gen Rom wolte / sondern daselbst starb. Man schreibet / er habe
seiner Haußfrauen kurtz von seinem Tode befohlen / seine Gebeine nicht wieder
gen Rom zu bringen / sondern allda auff seinen Guth zu begraben.
Liv. lib. 39. c. 52. Eutrop. lib 3. Florus, lib. 2.
XII. Käyser Constantinus Magnus hat durch Verleumdung den Arrianer den frommen
Bischoff Athanasium ins Elend verwiesen / da er sich eine Zeitlang zu Trier
anfgehalten. Nach 2. Jahren und 4. Monat hat ihn Constantinus der Jüngere /
Magni Sohn / wieder anheim gen Alexandriam zu seiner Kirche erfodert.
Gotofrid. Hist. Chron. pag. 385.
Anno Christi 500. hat König Dieterich von Bern seinen Einzug zu Rom gehalten /
und ist von dem Gelehrten Raths-Herrn daselbst / Boetio, mit einer zierlichen
Rede herlich empfangen worden. Der König war anfang gelinde / und ein Liebhaber
des Raths / enderte sich aber hernach gar sehr / ließ seinem Hof-Gesinde zu des
Raths-Autorithät zu wieder zu leben / u. selbige zu schwächen. Dieses verdroß
dem Boetio sehr / und als die Ambtleuthe den Rath des Ungehorsams beklagten /
wolte er denselben defendiren / wurd aber drüber von Rom gen Pavia ins Elend
gewiesen / allda er 2 Jahr lang an einen Thurm von gebacknen Steinen seine Zeit
zubringen müssen.
Idem p. 410.
Pabst Benedictus ist von dem Käyser Ottone I gefangen genommen / und nach Hamburg
ins Elend geschickt worden / Anno Christi 865.
idem pag. 490.
XIII. Die Christen so bey den Verfolgungen ins Elend verwiesen / wurden mit einen
sonderlichen und schimpflichen Nahmen von den Ungläubigen Extorres genennet.
D. Sagittarius, de Martyr. crudiatibus cap. 3. §. 18 pag. 41 in welchen Tractat
pag. 33. & seqq. er eine gantze Liste heiliger Männer anführet / so das
Elend bauen müssen.
|| [768]
Wenn dieselbe ohne erlangten Verlaub und Zulaß sich wieder einfunden / wurden sie
als grosse Verbrecher am Leben gestrafft.
Cyprianus. lib. 1. Epist. 5.
XIV. Der alte Sinesische Käyser Xunus hat fünferley Straffen gesetzt wieder die
Verbrecher / und ihnen entweder die Nasen / die Ferßen des Fusses / die Hand /
oder den Kopff nehmen / oder auch wohl einen härtern Tod anthun lassen.
Zweiffelten irgend die Richter / was für eine Straffe sie dem Delinquenten zu
erkennen solten: So ermahnete ihm das Gesetz / den gelinden Weg zu gehen / und
die Clemenz zu brauchen. Er hat auch dreyerley Grad und Stuffen des Exilii,
nachdem die Mißhandlung groß oder gering / eingeführet. Unter selbigen war die
allerhärteste Landes-Verweisung / wenn der Mißhändler aus den gantzen Reiche in
Barbarische Länder bannisiret wurde. Die andere / wenn man über tausend Sinische
Stadia [deren 22. eine gemeine Teutsche Meile machen] von seinen Vaterland ihn
religirte-Die Dritte und allergelindeste / wenn er nur allein von des
Reichs-Gräntzen verwiesen wurde / ohne ausdrückliche Benennung der Ferne.
Mart. Martini lib. 1. Sin. Hist. pag. 38.
XV. Annö 1635. ist die Execution über des Generalissimi von Wallenstein theils
Adhaerenten an unterschiedlichen Orthen ergangen / theils sind zu ewigen
Gefängnis condemniret / insonderheit aber mehrentheils auf die Ungarische
Gräntz-Häuser in das Exilium verwiesen worden.
Heinrich Roch / in der Neuen Böhmischen Chronic / pag. 88.
CAPVT XXIV.
DE DEPORTATIONE IN INSULAM
I.
WEnn bey den Römern einer irgend was hartes verbrochen hatte / man ihm aber doch
das Leben nicht drum nehmen wolte / wurd er in eine gewisse Insul gebracht / um
drinn auf sein Lebe [779] lang bannisiret, durffte
auch nicht wieder heraus / bey Verlust seines Lebens.
L. relegati L. capitalium §. in exulibus ff. de poenis. Petr. Gregor. Tholos. in
Synt. jur. lib. 31. c. 6. n. 13. Joh. Herm. Stamm. de Servit. Personal. lib. 1.
tit. 3. n. 1. Menoch. de A. I. Q. cas 330.
Und diese wurden deportati, exsules & ad peregrinitatem redacti,
L. I. de haered. Instit. lib. 6. C. tit. 24. Ulp. l. 2. ff. de poen. & L.
3. ad Leg. Jul. pec.
Item confinati, qs. intra fines conclusi genennet. Amittebant civitatem &
bona, nec manumittere poterant;
L. 2. ff. de inter. & releg.
nectestari;
L. 1. §. hi ff. de Leg. 3.
non ab intestato filiis haereditatem relinquere;
L. 3. ff. de interd. & releg.
nec potestatem in eos habere.
§. cum autem quib. mod. jus patr. pot. solv.
non Legatum accipere.
L si deportati servi §. 1. ff. de Leg. 3.
Ihre Güther fielen dem Fisco anheim;
L. deportatorum C. de poen. M. Anton. Peregrin. de Jure Fisc. lib. 2. tit. 5.
und war solche Deportatio der allernäheste Grad zum Tod.
L. capitalium ff. de poenis. Peregrin. de Jure Fisci, lib. 3. tit. 5. in pr.
Nam Apolides omnibus juris civilis privilegiis exuti, retinent tantùm, quae juris
Gentium sunt.
L. quidam sunt 17 ff. de poen. L. si depor tati serv. §. 1. de leg. 3. L.
consilio. §. pen. C. de Cur. furios.
Et in summa, deportatio rerum omnium spoliatio est. Sicut restitutio deportati
indicat bonorum ac dignitatis, uno nomine, amissorum recuperationem.
L. 1. & fin C. de Sent. pass. & rest.
Ita amissis bonis, civitate relictâ, nudus exulat, ut ait Paulus J. C L. tutelas
7. §. fin. ff. de Cap. diminut.
II. Und ob wohl solchen Leuthen das Leben gelassen wurde / war es doch eine [780] viel ärgere Straffe / als der Tod selber. Denn dieser
bringet ja mit sich das Ende aller Noth / Angst und Beschwerung: Jenes; (das
Leben) aber machet täglich neue Hertzens-Wunden / wenn ein solcher an sein Weib
/ Kinder / das Vaterland und alles ander / so er gehabt hat / aber verlohren /
gedencket.
Philo Judaeus, in lib. de Abrahamo.
Sie wurden auch pro civiliter mortuis gehalten.
L 4. §. si deportatus ff. de bonis libert. Petr. Greg. Tholos. in Synt. Jur.
univ. lib. 26. c. 17. n. 5.
Ja es bliebe die Straffe an ihnen / wenn sie schon gestorben waren / maßen denn
ihre Eörper in solcher Insel begraben werden musten / und durffte niemand / ohne
Zulassung der hohen Obrigkeit / solche abholen / in ihr Erb-Begräbnis bringen /
oder anders wohin begraben.
Juxta L. 2. ff. de Cadav punit.
III. Und ist die poena deportationis in Iocum interdictionis aquae &
ignis eingeführet worden.
L. 2. §. 1. ff. de poenis L. peculatus 3. ff. ad Leg. Jul. peculat. Petr. Gregor.
lib. 31. c. 6. n. 7. & c. 8. n. 8 item & lib. 36. c. 27. n. 1.
And. Gail. lib. 2. de pace publ. c. 1. n. 17. Wesenb. in paratit ff. de capit.
deminut. n. 5. & de publ. judic. n. 1. Mynsing. ad §. 1. n. 4, Instit.
de publ. jud.
IV. Käyser Augustus hat seine Tochter Juliam, weil sie ohne Scheu Ehebruch und
Hurerey zu Rom getrieben / in eine Insul verweisen lassen. Diese hatte eine
Tochter eben des Nahmens / welche das Handwerg / wie die Mutter trieb / drum ihr
obgedachter Großvater sie gleichfals in die Insul Trimerum verbannen ließ /
wofelbst sie 20. Jahr im Elend zugebracht hat. Und wenn Livia, Käyser Augusti
Gemahlin / ihnen beyden [der Mutter und Tochter] von den ihrigen nicht was
geschickt / hätten sie grossen Mangel leiden müssen. Und ob wohl der Rath zu Rom
vor beyde bath / daß sie wieder zu Gnaden angenommen werden möchten / ist doch
nichts zu erhalten gewesen / sondern es hat Augustus in Zorn gesagt: Er wolte /
daß alle / die vor sie bethen / solche Weiber und Töchter haben müsten! Seinen
Sohn Agrippam, weil nichts Fürstliches an ihm war / sondern sich nur auf das
Fischen legte / verstieß er / und verwies ihn gen Surrentum ins Elend. Als aber
dieser Sohn das Leben enderte / und sich besserte / nahm Augustus ihm [781] für / solchen wieder nach Hauß zuberuffen. Er hielt
aber solches gar geheim / und entdeckte es keinen Menschen / ausserhalb einen
Rathsherrn / Fabio Maximo. Dieser erzehlete solches seiner Haußfrauen Martiae,
doch daß sie es bey sich behalten solte. Weil aber die Weiber nicht schweigen
können / also gieng Martia hin / und sagte solches der Käyserin Liviae. Diese /
weil sie forchte / ihr Sohn Tiberius möchte dadurch üm die Succession im
Käyserthum kommen / fieng deswegen ein hefftig Gezänck mit Augusto an / der sich
über Fabium wegen dieses Geschwätzes dermaßen erzürnete / daß es ihn zum Tode
verurtheilete. Also durffte Augustus seinen Enckel Agrippam vor seinem bösen
Weibe nicht wieder zu Gnaden annehmen / und der fast die gantze Welt unter
seinen Commando hatte / muste sich vor einer alten bösen Frauen fürchten.
Tacit. lib. 1. Annal. c. 5.
Es sind auch etliche Römische Scribenten in der Meynung / Augustus hätte das
folgende Jahr sterben müssen / und sey ihm von der Livia ein Welsch Süpplein
bereitet worden / weil sie sich immer vor den obigen Agrippa, der Juliae Sohn
befürchtet. Nach dem Tod Augusti ist Tiberius Käyser worden / welcher Agrippam
ohne Ursache hinrichten lassen / damit er sich nichts wiedriges von ihm
zubesorgen hätte.
V. Der bekandte Poet Ovidius ist auch von dem Käyser Augusto in die Moldau ins
Elend verjaget worden / weil er Bücher von der Bulerey und Unkeuschheit
geschrieben hatte / daraus die jüngere Julia, Augusti Enckel / gelernet haben
solle / wie sie hinter ihren Mann mit andern unziemliche Liebe pflegen möchte /
wie dann diese Julia, wie allbereit oben gedacht / üm Ehebruchs willen auch ins
Elend verwiesen worden. Andere sagen / er habe etwas in geheim gesehen / welches
Käyser Augustus nicht hat auskommen lassen wollen / daher er / lib. 2. Tristium
v. 103. also fraget:
Cur aliquid vidi? Cur noxia Iumina feci?
Er soll / nachdem er auf erlangte Gnade aus Ponto sich zurück begeben / zu Sarwar
in Ungarn gestorben und begraben seyn.
Zeiler, Epist. 400.
VI. Johannes der Evangelist ist von dem Käyser Domitiano in die Insul Pathmos
verwiesen / nach dessen Tod aber wieder loßgelassen worden.
Petr. Greg. Tholos. d. lib. 31. c. 6. n. 14.
VII. Zuweilen wurde keine gewisse Insul / darin̅en die Deportandi
ziehen sol [782] ten / benennet / sondern es stunde
ihnen frey / selbst eine zuerwehlen.
Rudolph. Godofred. Knichen, in op. polit. tom. 1. lib. 2. part. 1. c. 13. th. 20.
Wie Milo gethan / so Massilien elegiret.
Dio, lib. 40.
Und Gallio die Insul Lesbum.
Tacitus, 6. Annal. 3.
VIII. Worbey aber zu mercken / daß / wenn etwa die erwehlte Insul lustig und
anmuthig wahr / daß es dem Deportando nicht ungewohnt vorkommen würde / wenn man
ihn schon dahin brächte oder verwiese / ihm solches nicht gestattet noch
verwilliget / sondern eine andere benahmet wurde / dahin er ziehen / und sein
Leben drauf zubringen muste.
Knich. d. loc. pag. 712.
IX. Antiquo Jure Deportatio à Relegatione ita primariò distinguebatur, quod illa
[1] in perpetuum fieret, & Jus Civitatis adimeret; haec verò plerumque
temporaria esset, Jusque civitatis integrum relinqueret. [2] Quod illa
existimationem consumeret & bona simul adimeret, haec vero illam tantum
minueret,
L. penult. § 2. & 3. ff. de extraord. cognit.
Nec bona regulariter, sed saltem in eo casu, quô per sententiam id imponeretur,
adimeret.
L. relegati 4. ff. de poenis.
X. In den Römischen Reich ist heut zu Tage die poena deportationis nicht mehr
gebräuchlich / sondern an deren Stelle die ewige Landes-Verweisung gesetzet und
eingeführet worden.
Carpzov. pract. crim. p. 3. q. 130. n. 15. M. Anton. Peregrin. de jure fisci,
lib. 2. tit. 5. n. 11.
Welche gleichfals imfamiam importiret / und die Jura Civitatis adimiret /
sonderlich wenn der Staupenschlag darzu kömmet / und der Verbrecher ex infami
& turpi facto damit beleget wird.
Knich. d. cap 13. thes. 20. colum. 712.
XI. Der Zaar oder Groß-Fürst in der Moskau schicket die Ubelthäter / so den Tod
verwircket / er aber begnadiget / in Siberien. Allermaßen dieses einem seiner
Bereither wiederfahren / dessen Weib ihn beschuldiget / er hätte des Zaars
Pferde / und wenn er Gelegenheit haben können / den Groß- [783] Fürsten selber mit Gifft hinrichten wollen. Sie hatte es in der
Tortur erhalten; allein sie war den Mann feind / und hätte seiner gerne loß seyn
mögen.
Olear. in der Persianischen Reise-Beschreibung / pag. 130.
XII. Die Peruaner verweisen die Diebe auf das Gebürge Andes, doch nicht gleich
das erstemahl.
Erasm. Francisci, in den Neu-polirten Geschicht-Kunst- und Sitten-Spiegel / lib.
2. discurs. 9. pag 410.
XIII. In Japan werden die Könige und grosse Herren selten getödtet / sondern nur
in eine Insul verwiesen / vierzehen Meilen von der Landschafft Jodo, gegen
Aufgang. Denn da liegt eine Insul im Meer / Nahmens Faytsiensima, deren
Circumferenz ungefähr eine Meilweges groß / aber mit vielen rauhen Klippen / und
weit herfür laufenden See-Gebürgen dermaßen angefüllet ist / daß weder die
Schiffe allda eine bequeme Stellung / noch einen solchen Grund finden / daran
sie den Ancker hefften könten. An diese Insul seynd erstlich etliche Wage-Hälse
/ bey klaren Wetter und Meer-Stille ausgestiegen / haben lange üm den Leib
gebundene Stricke mit sich dahin gezogen / und das eine Ende auf den Fußfesten
Lande hinterlassen / nachmahls / vermittelst solcher Stricke / Holtz / und
andere Nothdurfft in die Insul gebracht / und nach Uberkommung derselbigen /
einige aufgerichtete Balcken / nebenst denen herab hangenden Seilern den
Vorgebürgen solcher gestalt angefüget / daß die anländende Schiflein eine
Klaffter hoch über dem Meer erhoben werden / und also an den Stricken hangen
bleiben / damit sie nicht / wenn sie in den Saltz-Wasser blieben / durch eine
auch nur geringe Bewegung des Meers an die Klippen gestossen und zerscheitert
würden. Dieses Eyland ist gantz unfruchtbar und steinicht / ausgenommen etliche
wenige Plätze / die man besäen kan / und mit etlichen Maulbeer-Bäumen bewachsen
sind. Nach dieser Elends-Insul schickt man die Könige und andere hohe
Standes-Personen. Damit aber andere von den festen Lande her / mit ihnen nicht
heimlich rathschlagen / oder ihnen einigen Vorschub zum erträglichern Leben
reichen mögen / so seynd an iedweden hervorschiessenden Ecken selbiger Insul
gewisse Wachten bestellet / wozu alle Monat / dafern es nur der Wind nicht
verhindert / frische Soldaten zur Schildwacht / und zugleich einige
Lebens-Mittel hinüber kommen / wiewohl die Bannisirten kärglich und armselig
genung sich abspeisen lassen müssen: nemlich mit ein wenig Reiß / mit den
Wurtzeln der Bäume / und andern sehr [784] elenden
Nahrungs-Mitteln Sie wohnen in niedrigen kleinen Hüttlein / welche ihnen weder
des Sommers die Hitze der Sonnen / noch des Winters die Kälte abwehren können /
hingegen müssen sie von den Seiden-Würmen die Seide sammlen / auch zubereiten /
Faden draus drehen / und alle Jahr etliche Rollen oder Stücke seidenes Tuchs
weben.
Varenius, in descriptione Regni Japaniae, c. 18. Erasm. Francisc. im Neu-polirten
Geschicht-Kunst- und Sitten-Spiegel / lib. 2. disc. 8. pag. 394.
XIV. Bischoff Fulgentius, nebst noch andern siebentzig Bischöffen aus Africa /
ist von Thrasimundo, der Wandalen König / in die Insul Sardiniam ins Elend
vertrieben worden.
Gotfrid. in der Hist. Chronic. pag. 408.
XV. Demetrius König in Macedonien / als er durch Pyrrhum und Lysimachum von Land
und Leuthen verjaget worden / aber doch keinen Frieden haben konte / sondern
Lydiam und Siliciam durchstreiffte / Sarden und Tarsum eroberte / ist er endlich
von seinem Eydam Seleuco überwunden / und drey Jahr in einer Insul gefangen
gesessen / biß er vor Trauren im 54 Jare seines Alters starb / welches Seleuco
nicht wohl gesprochen wurde.
Plutarch. in Demetrio.
XVI. Wenn der grosse Negus, oder Preto Johann einen untreuen Minister oder
Hofdiener zu ewiger Gefängnis verdammet / schickt er denselben an die äuserste
Gräntze des Königreichs / zu einem hohen Gebürge / das in seinem Schooß ein
tieffes Thal beschleust / darzu nicht mehr / als nur ein einiger Zugang führet.
In selbigen Thal hat es allerley Arthen von Thieren / auch viel Rind-Vieh: Aber
alle Menschen / so hinein kommen / müssen in vier oder fünff Tagen am Fieber
sterben. Daher dieser Orth billiger für eine kurtze / als ewige Gefängnis
zuachten.
Alvarez. c. 118 / in der Mohrenländischen Reise-Beschreibung.
Welcher zugleich in dem folgenden Capitel erwehnet / daß bemelder Berg eine
rundte Spitze habe / und es oben auf der Höhe grimmig kalt sey; daher die
Gefangene so wohl von Kälte / als grossen Hunger bald allda sterben. Meines
Erachtens könte man solche Straffe füglicher eine Deportation, oder Bannisirung
an wilde und rauhe Oehrter / als eine Gefängnis nennen. [785] Denen / so dahin geschickt werden / bestellet man etliche Mohren / die ihrer
hüten müssen / biß sie daselbst / im Elende ihren Geist aufgeben. Zum Zeichen
der Gefangenschafft tragen vornehme Personen selbigen Landes vorn üm den Arm
einen eisernen Ring an einen kleinen Kettlein / ungefähr einer Ehlen lang / wie
die Ketten sind daran man pfleget die Hunde zu legen.
Erasm. Francismi, im Neu-polirten Geschicht-Kunst-u. Sitten-Spiegel / lib. 2.
disc. 7. pag. 379.
CAPUT XXV.
DE DETRUSIONE IN MONASTERIUM.
I.
DEr geistlichen Herren / sonderlich bey den Catholicken / die mit den Peinlichen
Gerichten belehnet sind / Sorge und Absehen ist gemeiniglich dahin gerichtet /
daß diejenige / so was verbreche̅ auf alle mügliche Arth und Weise
zur Erkäntnis und Bereuung ihrer Sünden / auch Besserung des Lebens gebracht
werden mögen / drüm sie gar selten einen vom Leben zum Tode bringen / sondern
vielmehr / in Ansehung obiger Ursachen / in die Clöster verstossen / oder in
ewigen Gefängnissen behalten lassen / der guten Hoffnung lebende / es werde ein
solcher Mensch durch Langwierigkeit der Zeit überwunden / in sich schlagen / und
was er gethan / bedauren / erkennen und bereuen.
Petr. Greg. Tholosan. lib. 31. Syntagm. Jur. univ. c. 32.
II. Denn es sind die Clöster ohne dem einsahme Oerther / von aller Weltlichen
Conversation und Hindernis an Betrachtung GOttes und seines Worts abgesondert.
c. luminoso 18. Q. 2.
In Ansehung dessen sie auch vor Alters vor den Städten gebauet worden / damit die
Geistliche Personen / so drinn verhanden / keine Uppigkeit der [786] Welt oder Aergernis / so in den Städten oft getrieben werden /
sehen / auslauffen und in Weltliche Händel sich mischen möchten.
Idem Tholosan. d. l.
Drum die Münche Monachi solitarii & tristes genennet werden.
c. placuit 16. Q. 1. c si cupis co.
III. Und konte das strenge Leben / wie es vor Alters in den Clöstern war / einen
solchen verirreten un̅ verruchten Menschen wohl wieder zu andern
u. bessern Gedancken bringen: Gestalt es denn auch bey den Geistlichen also
gehalten wurde / daß der Bischoff einem Clerico, welcher übergetreten und
mißhandelt hatte / auch abgesetzet war / ein gewis Closter assignirte / drinn er
poenitenz thun /
Can. Sacerdos 81. Distinct. C. Clerici can. 4. de Excess. prael. lib. 5. Decret
tit. 31. tuae discretionis c. 6. de poen. eod. lib. tit. 36. can. de lapsis 16.
Q. 6.
auch 5 biß 6 Jahr drinn verschlossen bleiben muste.
cap. sicut dignum §. clericos de homin. lib 5. Decret. tit. 12. P. Lud. Engel, in
Colleg. Jur. Canon. part. 3. lib. 6. tit. 27. n. 8.
Und wenn ein Priester / nach abgelegten Eyd / falsch Zeugnis gab / ward er
abgeschaffet / hatte er aber nicht geschworen / ward er in ein arm Closter
relegiret / drinnen er drey Jahr lang miseriam schmeltzen muste.
Constit. Leon. 76. Pe. Greg. Tholosan. lib. 36. c. 5. n. 12.
IV. Nach den gemeinen Käyser-Recht ist die Detiusio in Monasterium bey denen
Weibes-Bildern / so Ehebruch begangen / wenn sie vorher erst mit Ruthen
gestrichen worden / auch noch üblich.
Auth. sed hodie ad Leg. Jul. C. de adult. Novell. 134 c. 10.
Welche Justinianische Constitution Käyser Carolus V. in der Peinlichen
Hals-Gerichts-Ordnung art. 120. renoviret und bestätiget hat / auch an vielen
auswertigen Orthen drauf gesprochen wird.
Sic in curia Burdegaleusi 7. Decemb. Anno 1523. quendam Adulterum esse
decapitatum, & adulteram prius virgis caesam in Monasterium missam
testatur
Nic. Boer. decis. 297 incip. & videtur dicendum. n. 12.
Et idem in parlemento Parisiensi in quâdâm Maria Quatreliure, & alia
adultera esse observatum refert
|| [787]
Papo, lib. 22. tit. 9. arest. 1. & seq. Clarus lib. 5. Sentent. §.
adulterium. n. 7. in med. vers. idem etiam servavit.
Et quandam Cassandram etiam ob adulterium à Curia Neapolitanâ in Monasterium
fuisse detrusam, testis est
Thom. Gramm. Decis. Neapol. 31 incip. Cassandra uxor Inquisita. n. 5. &
seqq. per tot. Menoch. lib. 2. arb. Jud. Quaest. cent. 5. Cas. 419. n. 57.
V. Bey den Augspurgischen Confessions Verwandten und Reformirten aber / da
dergleicheu Clöster nicht mehr vorhanden sind / sonderlich in Sachsen / wird so
wohl der Mann / als das Weib / so Ehebruch miteinander getrieben / mit dem
Schwerd gerichtet.
Herm. Vultejus in §. item Lex Julia 4. Inst. de publ. judic. n. 7. vers. verum
haec poena. Petr. Heig. q. 29. n. 73. part. 2. Matth. Berlich. part. 4. Concl.
27. n. 18. 19. & 20.
CAPUT XVI.
DE INTERDICTIONE AQUAAE ET IGNIS
I.
NAch dem Recht und Gesetzen der alten Römer konte kein Bürger zu Rom weder seiner
Freyheit / noch auch der Stadt und des Bürger-Rechts / wieder seinen Willen /
beraubet und entsetzet werden / wie solches Cicero, in seinen Orationibus,
welche er pro Cornelio Balbo pro Acaecinna & pro domo sua gehalten /
bezeuget: Eben so wenig vermochte man ihm auch das Leben zu nehmen / quod
elegantissimè apud Salustium, in conjuratione Catilinaria, Caesar persequitur.
II. Damit aber die Ubelthaten und Mißhandlungen der Bürger nicht gar ungestraffet
bleiben / u. dadurch allerhand Unordnungen einreissen möchten / hat man ein
Mittel erfunden / daß solche Verbrecher von sich selbst [salvis majorum
Constitutionibus] aus der Stadt zu weichen genöthiget wurden / und dieses war
die Verbietung des Wassers und Feuers. Denn weil die [788] se beyden nothwendige Elementa, deren man zu Fortsetzung des
Menschlichen Lebens nicht entbähren kan / ihnen verbothen und versaget wurden /
musten sie von selbst sich reteriren / und in eine andere Stadt begeben / alwo
wann sie aufgenommen / sie strack der Stadt Rom und des Bürger Rechts alda
verlustigt waren: Sintemahl nach den Römischen Gesetzen keiner in zwey Städten
zugleich Bürger seyn konte / welches abermahls aus des Ciceronis Oration pro
Balbo, und Cornelio Nepote, in Beschreibung des Pomponii Attici Lebens-Laufs
erhellet.
Barnabas Brissonius lib. 3. Select. ex jure Civil. Antiq. c. pag. 156 &
157.
III. Und war diese interdictio aquae & ignis media capitis demunitio.
Ward auch von den Atheniensern [Greek words]
genennet.
Schardius, in Lexic. jurid. v. aqua
IV. Die Ankündigung und Ausbiethung geschahe gemeiniglich mit folgenden Worten:
TIBI AQUA ET IGNI INTERDICO!
Welches eben so viele war / als: setze deinen Stab fort / packe dich aus der
Stadt Rom.
Joh. Christoph. Salbach. Antiq. Roman. lib. 3. part. 3. c. 2. pag. 220.
Maßen denn auch And. Gail. lib. 1. de Pac. publ. c. 1. n. 16. u. Carpzov. pract.
crim. part. 3. Quaest. 140. n. 14 es dergestalt auslegen / als einen in die Acht
und Bann thun / einen Wasser und Weid everbiethen / oder von Gemeinschafft und
Brauch Wassers und Feuers bannen. Doch ward darbey nicht ausdrücklich gesaget /
daß sie ins Exilium ziehen solten.
Brisson. d. c. 5. pag. 159.
V. Und wenn die obige Ankündigung geschehen war / durffte hernach kein Bürger zu
Rom / noch auch ein ander Unterthan / bey höchster Straffe / eine̅
solchen Bannisirten auf und ins Hauß nehmen / vielweniger mit denselben umgehen
/ noch auch ihm einen bissen Brod darreichen.
Alexand. ab Alexand. lib. 3. Genial. dier. c. 5. Zobel, Disp. inaug. de Excut in
Effigie, thes. 83.
Qui enim ita damnatos celassent, recepissent, tenuissent, Lege Julia de Vi
tenebantur, quemadmodum Paulus] Ctus lib. 5. Sentent. tit. 28. scribit. Quod â
Caesare, cum damnatis de vi aqua & igni interdici juberet, Legi suae
insertum fuisse probabile est. Hoc amplius, cum Senatoribus aqua & ignis
interdicebatur, rogationi adscribi solitum ex Ciceronis Oratione, pro domo sua,
colligimus, ne eum suo loco Censor legeret, ut non mo [789] dò non in civium numero esse, sed nec in eo dignitatis, in quo
collacatus esset, gradu stare permitteretur.
idem Brisson. pag. 158.
VI. Ja sie waren so verhasset / daß sie auch nicht einmahl zu den Sacris
admittiret wurden.
Petr. Gregor. Tholosan. Syntagm. Jur. Univ. lib. 31. c. 8. n. 4.
VII. Und diese Straff Art blieb im Gebrauch / biß zu Zeiten der Römischen Käyser
/ da an deren Stat die deportatio aufkommen / und nur gleichsam der Schatten von
dem alten Gebrauch des Feuer- und Wasser-Verbiethen dergestalt überblieben / daß
diejenige / so deportiret / gehalten worden / als wenn man ihnen Wasser und
Feuer verbothen hätte.
L. 2. §. 1. ff. de poenis. L. 3. ff. ad Leg. pecul. L. penult. in fin. ff. de
Var. & Extr.
Hinc aqua & igni interdictos ICti deportatos interpretantur.
L. 1. §. hi quibus ff. de Legat. L. 2. ff. de publ. Judic.
Eademque illorum verborum & in aliis locis interpretatio facienda est.
L. Imperator. ff. de stat. hom. L. qui dolo, in fin. ff. de vi publ. L. amissione
ff. de cap. min. L. 4. in fin. ff. de gradib. L. cum quis ff. de solut. L. cum
quis ff. de solut. L. liber homo. §. si haeres ff. de haered. Instit. L???res
uxoris §. fin. C. de donat. inter vir. & uxor. Brissonius loc. cit pag.
159.
VIII. Bey den Gallis war vor Alters die interdictio Sacrificiorum auch üblich /
wider die refractarische und wiederspenstige Köpffe / die nicht pariren und gut
thun wolten / teste Jul. Caesare, lib. 6. comment. Allwo er noch diese Worte
hinzu thut: Quibus ita interdictum erat, impiorum illi ac sceleratorum numero
habebantur, iis omnes decedebant, aditum eorum sermonemque defugiebant, ne
videlicet quid ex contage incommodi acciperant, neque iis petentibus jus
reddebatur, neque ullus honor communicabatur.
IX. Heute zu Tage ist an etlichen Orthen in Teutschland noch eine Tyrannische Art
der Execution, so diesen Wasser und Feuer verbiethen fast gleich / anzutreffe:
Denn wenn die Unterthanen ihre Contribution, Steuren u. Zinsen nicht sobald der
Herrschafft abstatten und entrichten können / sind die Soldaten / oder auch die
Hescher und Gerichts-Knechte / so zur Execution [790] und
Auspfändung abgeschicket werden / geschwinde her / und leschen / auch in der
allerstrengesten Kälte des Winters / denen armen Leuthen das Feuer in den Oefen
und auf den Herd aus / ja sie heben noch wohl die Stuben-Thür und die Fenster
aus / daß die Schuldener mit Weib und Kindern grausam Frost leiden müssen /
dadurch gezwungen werden / das Geld zu schaffen und aufzubringen / auch mit
ihren allergrössesten Schaden. Aber dieses ist Unchristlich und recht Barbarisch
gehandelt / welche böse Gewohnheit billig eine jede Christliche Obrigkeit an den
Orthen abschaffen solte / wo sie noch gebräuchlich ist: Denn man hat ja noch
andere zuläßige Mittel / wodurch man solche Gefälle heraus treiben kan.
X. Wenn vor Alters bey den Römern ein Junger Geselle mit einer Jugnfer sich
vermählete / Hochzeit hielt / und der Bräutigam zu der Braut / oder wenn es eine
Wittibe war / sie zu ihn ins Hauß geführet wurde / stellete man gleich bey der
Hauß-Thür-Schwelle ein Gefäß mit Wasser und Feuer darneben / welches beydes die
neuangehende Eheleute anrühren musten / und sie TACTIONEM IGNIS ET AQUAE
nenneten. Man besprengete auch wohl die Braut mit dem Wasser / als wie es die
Catholicken heut zu Tage mit ihrem Weihwasser machen. Die Bedeutung war diese:
Weil die Alten davor hielten / das Wasser wäre ein Element aller Dinge / das
Feuer aber die Form.
Varro lib. 4. de Lingua Latin.
Und daß dadurch alle Verbündnisse üm so viel kräfftiger und beständiger gemacht
würden / also auch die Ehe. Ferner weil nichts angenehmers / als die Wermde /
und nichts nützlichers und nöthigers als das Wasser; eben also die einträchtige
Vergnügligkeit des Mannes und Weibes. Sie haben auch damit die Gemeinschafft des
Mannes und Weibes Güther und Leiber vorbilden wollen / welches Salmuth, in
addit. ad Pancirolli tr. de perd. tit. de nuptiis n. 4. in einem artigen
Epigrammate vorgestellet / also lautend:
Quaerebem nova cur Nupta olim tangere flammam
Ardentem, & liquidam jussa fuisset aquam?
Quaerenti triplicem Senior mihi Scaevola caussam Reddidit, attollens triste
supercilium.
Igneus humori mixtus calor omnia gignit,
Quae terra & pontus, vastus & aether habent, Tangit aquam rutilos
ignes nova nuptaque tangit,
Fiat ut auspicio hoc fertile conjugium.
|| [791]
Ignis & ut purus censetur, puraque Lympha,
Sic purum ingreditor foemina pura thorum.
Tum, velut usus aquae nobis communis & ignis:
Sic commune bonum foemina virque tenent.
Scilicet omne bonum hôc melius, communius est quô,
Id quondam juris, quod docuere Sophi.
Si tamen invitos nullos communio cogit,
Cogimur uxores cur retinere malas?
Add.
Joh. Philipp. Pfeiffer. Antiquit. Graec. Gentil. lib. 4. c. 15. pag. 645.
Plutarch. in problemat. Festus lib. 1. & Scaevola in L. penult. §. 1.
ff. donat. inter vir.
CAPVT XXVII.
Von Schicken und Schmieden der Gefangenen auf die Galeen.
I.
DIese Straffe ist an stat der deportation,
Wesenbec. in parat. ff. ad l. Cornel. de Sicar. n. 17. & ad tit. de
Quaest n. 5. Ludov. à Peguer. decis. 7. n. 74.
oder damnationis in Matallum
Camill. Borell. de compromiss. §. 1. Gloss. 3. n. 322. Cavalcan. decis. 21. n. 3.
Prosp. Farinac. in pr. crim. lib. 1. tit. 3. q. 19. n. 14. Foller. in pract.
crim. verb: poenis debitis n. 46. Jul. Clar. in pr. §. fin. q. 67. vers. item
damnatio ad Metallum & q. 70. v. frequens est etiam. And Knich. de
Saxon. non prov. jure c. 5. n. 249. Grammas. decis. 32. n. 4. & 5.
Carpzov. pract. crim. p. 3. q. 129. n. 8.
auskommen / und eingeführet worden.
II. Und ob wohl dieselbe bey uns ins Teutschland nicht so gar üblich ist /
sondern an deren Stelle zuweile̅ das ewige Gefängnis pfleget
erkant zu werden;
|| [792]
Joh. Volckm. Bechman, in comment. ad Pandect. tom. 2. part. 2. exerc. 40. observ.
pract. 21. n. 82. pag. 275.
Ist sie doch in den auswärdischen Königreichen / sonderlich in Hispanien-Sicilien
/ Franckreich / Portugal / Engeland / Italien: Item bey den Venetianern /
bevorab wieder die Banditen / Spitzbuben / See- und andere Räuber / auch
Todschläger und dergleichen Ubelthäter / nebst Confiscation ihrer Güther / noch
steten Gebrauch.
Hortens in Cavalcan de brachio Regio, part. 4. n. 28. Vincentius de Franchis,
decis. 116. n. 9. lib. 1. Josias Nolden, de Statu nobilium c. 15. n. 102.
& seqq. Andr. Knich. d. c. 5. n. 250. & 251.
III. Und geschiehet entweder auf gewisse Zeit / so doch nicht leicht geringer /
als zehen Jahr pflegt zu seyn.
Petr. Faber, lib. 2. Semestr. cap. 5. pag. 57.
& dicitur poena triremium corporalis;
Guazzin. defens. 33. n. 10.
Oder so lange sie leben.
Besold. in Thes. pr. v. auf die Saleen schmeiden. Gothofred. ad L. 17. ff. de
poenis.
Quae nominatur capitalis
Bursat. Cons. 141. n. 10. Guazzin. d. loc.
Bey welchen letztern Fall wohl zu zweiffeln / ob sie unter die Lebendige oder
Todten zurechenen / wegen der grossen Arbeit / Mühe und armseligen Zustandes /
den sie so Tages als Nachtes ausstehen müssen / indem sie an schwere Ketten und
Banden angeschlossen und geschmiedet sind / und den̅och rudern
müssen / darbey grausam geprügelt werden / wenig Speise kriegen / und wie die
Hunde / auf den Orth / wo sie angeschmiedet / liegen müssen. Daß es also wohl
von ihnen heissen möchte:
Vita ipsis supplicium, mors est solatium.
arg. L. quisquis 5. §. 1. C. de L. Jul. Majest. Zeiler, Epist. 98. fol. 108.
Maßen denn eben dieses die Ursache ist / daß man die Verbrecher zur Strafffe auf
die Galeen schicket / weil das Rudern ein blutsaure Arbeit ist / sie auch der
Gefahr des Todes näher / als andere im Schiffe / und wenn sie unvorsichtig im
rudern sind / so wohl als die andern ümkommen / und im Wasser ersauffen müssen.
D. Joh. Philip. Pfeiffer / antiq. Graec. gentil. lib. 3. c. 35.
|| [793]
Hinc damnati ad perpetuò remigandum in triremibus aequiparantur damnatis in
metallum.
M. Anton. Peregrin. de Jure Fisci lib. 2 tit. 4. n. 7.
IV. Es werden aber nur gemeine Kerl und Canalien auf ihr Lebelang drauf
condemniret / Adeliche und andere Personen von Condition werden nur / nach
Einziehung ihrer Güther / aus den Königreichen / Stat und Landen bannisiret.
Petr. Faber, d. lib. 2. Semest. c. 5.
Es hätte denn ein Edelmann durch ein gar zu arges Verbrechen seinen Adelstand
beflecket und verschertzet.
Farinac. prax. Crim. part. 3. q. 98. n. 99. Covarruv. lib. 2. var. resol. c. 9.
n. 3. & seqq. Coepolla, cons. crim. 39. n. 23. Josias Nolden, de statu
nobilium c. 15. n. 105.
Nobiles & minores in Regno Neapolitano loco ejusdem poenae triremium
relegantur in aliquam Insulam, uti testatur Moscatell. tit. de Blasphem. n. 44.
Sed in Statu Ecclesiastico hoc malè servatur, quia etiam nobiles rransmittuntur
ad triremes, & solent nobiles & mulieres in carceribus relegari.
Caval. de brach. Reg. part. 4. sub n. 59.
V. Damnantur quoque in hanc poenam triremium hodie Clerici, & maximè
quando non sunt sacerdotes, ut testatur Jul. Clar. quaest. 30. n. 5. &
hi etiam, si non adest spes correctionis.
Seb. Guazzin. defens. 33. n. 9.
Sed Doctores ad triremes de facili condemnari non debent.
Walther, de privileg. Dd. pag 340.
VI. Und diese Poena Triremium aut Remulci ist den alten Römern auch nicht
unbekant gewesen / als die nicht allein freywilliger / sonder auch angefesselter
Ruderknechte zuweilen sich gebrauchten. Wie aus des Josephi Historia Judaic.
lib. 27. Valerio, Suida und Svetonio Brodaeus, c. 30. lib. 2. Miscell. Item
Cujacius, ad tit. 25. lib. 5. sent. Pauli gezeiget haben.
Vide etiam, quae habet Salmuth ad Pancirol. tr. deperd. tit damnat. in metallum,
pag. 707. & 708.
Gestalt denn auch Käyser Augustus einen / der sich fälschlich rühmete / er wäre
von seiner Schwester Octavia gebohren / auf die Galeen schmieden liesse.
Calvin. in Lexic. Jurid. v. Triremius, fol. 919.
|| [794]
VII. Condemnati ad remigandum in perpetuum civitatem & libertatem.
amiserunt; ex consequenti perdunt Testamenti fadionem activam &
passivam, ac successionem ab intestato, & admittuntur alii possessores.
Quin imò Testamentum antea factum rumpitur.
Simon de Praetis, de interp. ult. volunt. lib. 2. interpr. 2. dub. 2. solut. 1.
n. 8.
Subdens, quod amittant testamenti factionem passivam, etiamsi aufugiant, aut
aliter eximantur â carceribus & aliis relatis, & testatur de
communi opinione. Et ita in condemnato ad remigandum in perpetuum, quod sit
incapax successionis, & eo excluso, succedant adstrictiores in gradu,
judicatum esse testatur Mastril. d. Decis. n. 17.
Besold. in Thes. pr. v. auf die Galeen schmieden fol. 289.
VIII. Triremes vulgò Galerae vocantur, à corbita in summo malo galeri instar in
navigiis prominente, vel quod Sagae populi, apud quod Janus navigio salvus
evasisset, ratem Galerem dicerent, ut est in libro, qui Xenopnontis fertur, de
AEquivocis. De Triremi autem accipiamus oportet illos Virgilii versis:
-- triplici pubes quam Dardana versu
Impellunt, terno consurgunt ordine remi.
Cum tamen constet, nullam belli Trojani tempore Triremen fuisse, sed ex historia
notum sit, Aminoclem Corinthium multis post seculis Triremes primum aedificasse.
Sed Poetae non perinde Historiae fidem exsequi solent: & apud eos crebri
sunt [Greek words], ut Adrianus Turnebus notat,
l. b. 4. Adverfar. c. 4.
Salmuth. ad Pancirol. tr. deped. tit. de navibus. pag. m. 239.
IX. Claudius Majet, und Johannes Mallier, well sie ihren Eltern nach den Leben
gestanden / sind auf die Galeen verdammet worden.
vid. Valent. Arithmae. pericul. Academ. 3. Disput. 11. de judic. publ. thes. 2.
Guil. Böckel. disq. 7. pag. 244. col. 2.
X. In Italien werden auch die Gotteslästerer damt gestrafft.
Prosp. Farinac. tr. crim. lib. 2. tit. q. 20. n. 67. Eberhard. Hoyer, in Corp.
Jur. milit. tit. 1. pag. 13.
XI. Vulpellus, Consil. 150. meldet von einem / der 2. Jahr zum deßwillen auf die
Galeen verdammet worden / weil er aus Schertz zweyen vermumten [795] Kerlen / so Kleider von Werck angehabt / und drinn getautzet / Koh
??? geworffen / die bey nahe verbrand wären / wenn nicht ihre Mit-Gesellen
zugelauffen / und die Flamme mit Schnee geleschet hätten.
XII. Anno 1590 den 31. May sind 22. Aufrühr-Schwengfeldische Bauren von den
Dörffern beym Spitz-Berge nach der Liegnitz und Gräßberg geführet / theils auf
Galeen verschickt / theils auch in denen Gefängissen gestorben. Theils aber
haben Besserung des Lebens zugesaget / und sind perdoniret worden.
Henr. Roch, in der Schlesischen Chronic. pag. 212.
XIII. Bey den Türcken / Persern und andern Barbarischen Völckern ist diese
Straffe auch gantz gemein.
XIV. In der Königl. Frantzösischen Krieges Ordonance §. IX. stehet Wenn von aus
gerissenen Soldaten etliche auf einmahl bekommen würden / wolten seine Königl.
Majestät / Zu Sparung des Blutvergiesfens / daß ie drey und drey untereinander
losen / wer von ihnen sterben sol / und derjenige / dem das Unglück treffen wird
/ sobaldten exequiret / die andern beyde aber auf die Galeren zu ewigen Tagen
condeneniret werden sollen / zu welchem Ende denn seine Königliche Majestät
verordnen / daß die Schuldheissen an einem Ort / oder auch der Commendant in
einer Guarnison oder Vestung Anstalt machen / daß die aufden Galeren condemnirte
in die Königl. Gefängnesse des Orths daselbst / oder in der Nähe / alwo sie wohl
verwahren sind / gebracht / und die Stockmeister mit einem Patent, worin ihr
Urthel enthalten / wie auch mit einer Attestation von allen Officirern / welche
dem Krieges-Recht bey gewohnet / und daß denen Gefangenen das Loß so wohl gewolt
/ daß sie beym Leben blieben / überliefert werden / worauf sie dann ferner an
die erste Kette / welche nach den Königl. Galeren geschickt wird / geschmiedet
werden / und daselbst zu ewigen Tagen rudern sollen sc.
XV. Die Weiber werden an stat der Galeren in die Clöster gestossen. Moscatell. de
cognit. delict. tit. de blasphemia n. 43.
XVI. Und ist diese Straffe ein rechtes Zuchthauß auf den Schiffen / auch denen
Herrn und Staten nützlich / welche viele Matrosen, Bots- und Ruder-Knecht
bedürffen. Jhnen werden zuerst / wen̅ man sie auf die Galeen
brin [796] get / die Haare aller Orthen glat
herunter geschnitten / damit das Ungeziefer sich nicht drin aufhalten u. hecken
kön̅e. Hernach ziehet man ihnen einen langen Rock von
schlechten Tuch an / biß auf die Füsse gehend / von der Farbe / die dem
Schiff-Patron beliebet, Denen / so zur rechten Seiten des Schifsrudern müssen /
wird an den lincken Bein / denen aber so zur Lincken gestellet werden / an den
rechten Bein eine Kette ungefehr drey Ellen lang geleget und dran geschlossen /
um dadurch an den Rudern nicht gehindert zu werden. Wenn sie was geringes
verbrochen / schläget man sie mit Ochsenzämen / Prügeln oder knotigten Stricken
auf den Bauch / Rücken / oder an die Fußohlen. Haben sie aber ein Capital
delictum begangen so bindet man ihren einen Fus an ein / und den andern an ein
ander Schif / stösset solche ab / und reisset sie also mitten von einander.
D. Simon. de Ergaster. disciplin. cap. 4. add. Besold. thes. pract. v. auf die
Gallen schmieden / pag. 289.
XVII. Wenn die Jahre um sind / so lange sie drauf condemniret worden / können sie
wieder loßkommen / wenn sie wegen der Stricke / Ketten / Bande und ander
Aufwendung Abtrag gethan haben.
D. Simon. d. loc.
CAPUT XXVIII.
DE CATAMIDIATIONE.
I.
BEy den Römern / absonderlich zu des Käysers Hadriani Zeiten / wurden die
Verthuer und Duchbringer ihrer Güther / wie auch die Banquerottirer und Falliten
auf den Marckt öffentlich dargestellet / daß sie von jederman gehönet /
ausgelachet / und gleichsam angespitzet würden.
Zieriz, in const. crim. Caroli V. art, 123. Guilielm. Budaeus, in annot. ad w.
pag. m. 584. Supplement. pract. Obs. Wehner. pag. 57. Dither, in orb. nov. lit.
h. v. Limnaeus, in add. ad lib. 4. JP. c. 8. tom. 5. pag. 308.
Und diese Verhö und Beschimpffung ward genant Catamidiatio, von dem Griechische
Wortt [Greek words], derideo.
|| [797]
Caivinus & Schardius, in Lexic. jur. v. catamidiari.
Add.
Coel. Rhodigin. lect. antiq. lib. 3. c. 32. in fine, ibi: at hos nihil aliud,
quàm, ut Spartiani utar verbo, CATAMIDIANDOS i. e. ridendos conspuendosg???
sinamus valere,
II. Drum auch noch heutiges Tages catami diatio bey Uns so viel heisset / als die
Steilung ans Halsersen oder Pranger.
cit. supplement. pract. Wehner. p. 56. v. Pranger.
III. Bey den Tyrrhenern / wenn jemand seine Schulden nicht bezahlen konte / muste
er öffentlich durch die Gassen der Stadt gehen / dem etliche Jungen einen
grossen leeren Beutel zu seiner höchsten Beschimpffung nachtrugen.
Daiel Sauterius, in praxi Bancaeruptorum, part. 3, c. 2. pag. m. 50.
CAPUT XXIX.
MITHARE QUID SIT.
& de
POENA MITRAE.
I.
MIt ietzt gedachter Cadamitiation kömt fast überein die Verspottungs Art / womit
man vor Alters die Polygamos, und die das viele Weiber nehmen allzusehr
gemißbrauchet / beleget: Denn die wurden auf einen hohen Stuel / gleich einer
Cantzel / an welchen sie Stuffenweise hinauf zusteigen hatten gleichfals auf
öffentlichen Marckt dargestellet / und musten mit grosser Gedult des gemeinen
Pöbels Schand- und Schmach-Reden wider sich selber etliche Stunden anhören und
leiden / welches sie mithrare hiessen / teste citato Budaeo, d. annotat. ad ???.
p. 585.
|| [798]
II. Von der POENA MITRAE aber schreibet Julius Clarus,
lib. 5. Recept. Sentent. §. fin. Quaest. 70, n 8. also:
Mitrae poena inter poenas corporales connumerari potest, quae quidem quandoque
imponitur de per se ad infamiam, ut quis ita mitratus producatur in publicum.
Aliquando imponitur fustigandis, aut igne cremandis in majorem ignominiam. Et
scias, quod quandoque si ille, cui esset imponenda, propter infamiam poena
mitrae, non sit in fortiis justitiae, solet ad ejus domum mitra per Satellites
transmitti, quod saepissimè fieri attestatur Catald. Cons. 56. n. 13. in consil.
crim. diversorum lib. 1. licet id apud nos ego nunquam viderim in practica
observari.
add. Befold. Thes. pract. v. Ruthen aushauung / fol. 849.
III. Dicitur etiam poena pertinae.
CAPUT XXX.
DE
IGNOMINIA CORBIS, nec non de ea, quae dicitur AD SPECULUM ADIGI.
I.
GIraldus, dialog. 7. Hist. Poët. und Stobaeus, Serm. 42. referiren / daß bey
denen Böeotiern die Banckerottirer auf den Marckt gefüyret / daselbst auf einen
besondern Stein gesetzet / und hernach ein Korb über sie hergestürtzet / oder
ihnen an den Hals gehengt / wordurch sie infam und Ehrloß wurden. Und hat
Menarchus, des Euripidis Tragici Vater / solche Schande und Hohn auch ausstehen
müssen / wie bey dem cit. Daniel Sauterio.
in praxi Banccaeruptorump. 3 c. 2. p. 49.
zu sehen.
Erasmus Francisci,
im Ausländischen Sitten-Spiegel / pag. 38.
gedercket derselben auch.
Alex ab Alexandr.
Genial. dier. lib. 6. c. 10.
|| [799]
setzet / daß sie den Korb im Mande mit den Zähnen halten müssen / welches ihnen
der grösseste Schimpff gewesen.
Jacob Moller, in Discurs. von Banquerutiern / Falliten und verdorbenen
Kauffleuthen / cap. 5. pag. 93.
Hieher kan auch wohl gezogen werden der Schimpff / welchen ein junger Courtisan
empfindet / wenn ihn eine Jungfer corbisiret.
II. Von der Ignominia, quae dicitur ad Speculum adigi schreibet Brutus, lib. 1.
Histor. Florentin. mit folgenden Worten: apud Florentinos decoctores ac turpi
judicio convicti, iique, qui Reipubl debitam pecuniam ex Magistratûs praescripto
ad diem non solvissent, inter aerarios referuntur sic ut jus ferendi suffragii
civitatisque amitterent. Is autem, cui ca mulcta erat irrogata, adigi ad
speculum dicebatur, quod in ea nota, tanquam in speculo & censum
& fortunam civium licebat intueri.
III. Bey den Achivis ist für der Cereris Tempel ein Spiegel gemesen / so an einen
subtilen Faden übern Brunnen gehangen / daraus die Krancken / durch sonderliche
Bilde / ob sie leben oder sterben würden / abnehmen konten.
M. Joh. Binch. conc. 57. Tub. poenit. part. 1. M. Joh. Stiefler / in Geistl.
Histor. Schatz. c. 11. pag. 387.
IV. Da Lais, die verruchte H ???hre zu Corintho, nun alt worden war / opfferte
sie den Spiegel / welchen sie bey jungen Jahren gebraucht / der Abgöttin Veneri,
mit dieser Beyschrifft:
Non utar deinceps speculo, quia cernere talem,
Qualis sum nolo, qualis eram nequeo.
Ich mag kein Spiegel mehr: Denn wie ich war gestalt
In meinen Jungen Jahrn / das ist nun all veralt.
Waß soll ich nun viel sehn an einem alten Weib /
An einen grauen Kopf / und runzelichten Leib?
|| [800]
CAPUT XXXI.
Von Anschlagung der Delinquenten Nahmen an das schwartze Bret: Item von
Einschreibung derselben in das schwartze oder rothe Buch.
I.
WEil die Obrigkeit ofte nöthig hat / ein und das andere öffentlich zu
verkündigen.
Rosbach. in Process. Jur. tit. 27. n. 2. Struve, Syntagm. jur. civ. Exerc. 33.
th. 55. & Exerc. 49. th. 94.
Findet man deßhalber an den Rathäusern / Märckten und andern Plätzen der Städte
und Flecken / wo das Volck häuffig zusammen kömt / gewisse Taffeln angeschlagen
/ daran solche Schrifftliche Verkündigungen / Patenta / Verordnungen und Befehle
pflegen angehefftet / und mit kleinen Nägeln befestiget zu werden / daß der Wind
sie nicht abreisse noch wegführe / welche Taffeln indicia der Jurisdiction sind.
Philip Helfrie. Krebs, de lapide & ligno. Sect. 13. §. 7.
II. Sie waren vor Alters weiß / daß man drauf schreiben konte / drum sie auch
simpliciter ALBUM genennet wurden.
L. 7. & 9. ff. de juris dict. ibi??? Hahn ad Wesenbec. n. 13. verb. nunc
quod & c. Struv. dict. Syntagm. Exerc. 4. th. 82.
[Flavius Vopiscus, in Tacito. & Wolfg. Lazius, lib. 3. Comment. Reip.
Rom. c. 9. ad Ordinem Decurionum pertinuisse scribunt, res gestas &
approbatos auctores describere, quod quidem in Urbe Pontificibus incumbebat
Habebant & ALBUM, [Greek words],
& librùm, in quo judices & judicia describebant memoriae gratia,
vocant MATRICULAM. tit. ff. de Albo scrib. Petre. Greg. Tholos. lib. 18. c. 14.
n. 1.]
III. Heut zu Tage sind sie meistentheils schwartz / und werden daher schwar [801] tze Bret geheissen: Zumahl da offt wieder die
Delinquenten und deren Bestraffung was angeordnet und angeschlagen wird /
welches billiger auf einer schwartzen / als weissen Taffel öffentlich zu
propaliren: Ist auch daher das Sprüchwort entstanden / daß man von einen /
welcher der Obrigkeit viele Mühe / Verdrieß und Ungelegenheit mit seinen losen
Händeln gemacht / saget: Er stehet am schwartzen Bret / oder im schwartzen
Register!
Krebs. dict. Sect. 13. § 7.
IV. Es wird aber die Anschlagung der Delinquenten Nahmen ans schwartze Bret offte
aufden Universitäten / bey Relegation der Studenten practiciret. Ich will dem
curösen Leser zu Gefallen hie ein solch Patent communiciren / also lautend:
RECTOR
ET CONSILIUM PERPETUUM ACADEMIAE LIPSIENSIS
QUemadmodum formaturis ex terra imagines artificibus evenire interdum novimus, ut
ex qua fingenda sunt signa, materia adspersumad se molliendum humorem admittere,
atque apta ita ad recipiendam, quae imprimenda est, formam fieri recuset; Sic
& subinde conspicias, Lymphas ex Hippocrene haustas insigniendos
eruditis imaginibus Studiosorum animos molles, Praeceptoribus obsequiosos
nequaquam reddere. Demonstrant hoc exemplis suis
N. N. N. N. N. N.
N. N. N. N. & N. N.
Quamvis enim omnes hac spe adParnassum nostrum admissi fuerint, ut quas largiter
fundunt Camoena nostrae, aquis ad recipiendas eruditorum parirer proborumque
Virorum [802] imagines praeparentur, tantum tamen abfuit,
ut duritie, quam secum attulerant, posita tractabiles se manibus nostris
praebuerint, ut jussis potius contra iverint, vixque adeo judicare liceat,
asperioresne acceperimus, an à nobis iterum abire jubeamus. Et primus quidem ex
Arresto ob aes, quo obrutus prorsus erat, aliè num indicto perfide discessit,
postquam vociferationibus Stentoreis noctis à Deo hominum quieti datũ silentium
iterum irerum que contra rot Serenissima interdicta, praefractè rupisset.
Sequentes quartuor insuper habitis iisdem Edictis nostris, intermitten das esse
à Studiosis vociferationes, invasionesque innocentium nocturnas, nisi relegari
ex Academia nostra velint, clamoribus non solum Cyclopicis totum oppidum miserè
inquietarunt, sed verberibus quoque affectis, & fuste nefandum in modum
percussis obviis commilitonibus defendendi digladiandique necessitatem
imposuerunt. Quod crimen in illis hoc magis nefandum, quod post factcum
deprehensi, Arrestoque adstricti insciis, quorum intereat nosse, omnes ex urbe
aufngerint. Ultimus tandem nobis, cum mandato potentissimi Patriae Patris
instructi ante annum, & quod excurrit, in extirpando, qui Pennalismi vel
veteris foetus, vel novi pater, caput iterum exeruerat, NATIONALISMO
occuparemur, non protervè solum se opposuit, sed commilitiones quoque ad
excitandum contra superiores omnes tumultum longè insolentissimum inter
principes non postremus sollicita vit & induxit. Sed ut & jam
dicti artifices terram, quae mollis affusis aquis, atque ad opus idonea reddi
non potest, abjiciunt: ita & nos intractabiles hos homines in officina
Musarum nostra ferre amplius nec possumus nec volumus. Nixi igitur partim
autoritate, qua pollemus, partim confirmata à [803] Saxoniae
Electore, Domino nostro clementissimo, prudentum Sententia
Te N. N. ad annum
Te N. N. N. N.
N. N. & N. N
ad biennium
Denique te N. N. ad triennium relegamus, relegatosque in Academiam nostram nec
ante tempus dictum receptum iri, nec post elapsum salvâ conscientiâ, nisi
flexibiliores veniatis, redire posse omnes considerare jubemus. Vos verò, quorum
pectora Musae liquoribus suis inter nos adhuc formant, mollescere adspersis
aquis animos quaesumus sinite, fideque praecipue & obsequio in
Sacramentum, quod inserendi Academiae dixistis, & Magistratum, quàm
Morigeros vos formatricib??? vestris exhibeatis, ostendite, planè persvasi,
Minervae, hoc est verae sapientiae, quam omnes affectatis, imaginem nullum
adepturum esse, nisi qui & in servanda juramenti religione, &
facienda Superiorum voluntate partes suas strenuè expleverit. P. P. Lips. d. 12.
Aug. Anno 1683.
V. Bey den Römern stunden fünffhundert Gülden [quae fuerit aestimatio &
pondus aurei lege sis apud Georg. Agric. l. 2. de pond. & Consuit. 8.
pag. 460. 461. usg??? 463.] Straffe drauf / wenn einer ein solch an der weissen
Tafel von der Obrigkeit angeschlagenes Edictum perpetuae jurisdictionis causâ
propositum corrumpiret und beschimpffet hatte / L. 7. 8. & 9. ff. de
jurisd. ibig??? Hahn, ad Wesenbec. n. 13. Sruv. Syntagm. Jur. Civ. Exerc. 4. th.
82. Heut zu Tage aber ist die Straffe willkührlich. Rosbach, in process. judic.
tit. 2. n. 62. tit. 22. n. 53. & tit. 27. n. 8. Und wenn ihrer viele
sind / welche darzu geholffen / dasselbe zerrissen / Koth drüber her geschmieret
/ oder sonst auf andere Arth verderbet / muß ein ieder seine Straffe drum leiden
/ tot enim sunt contemptus Praetoris vel Magistratû, quot sunt personae
lacerantes, vel corrumpentes. Struv. Exerc. 48. th. 38.
VI. Diesen Tafeln sind fast gleich diejenige / welche in den wohlbestelten
Städten die Wirthe und Fleischer heraus vor ihre Laden und Hütten / auf [804] Befehl der Obrigkeit / hengen müssen / auf welchen von
den Taxatoribus mit Kreiten geschrieben wird / wie theuer sie die Victualien den
Gästen / und die Metzger ieder Pfund allerhand Fleisch geben sollen. Wovon
Damhoud. de magnif. polit. civitat. Brugens. fol. 132. gelesen werden kan.
VII. Vor Alters ehe das Papier erfunden / schrieb man die Testamenta, Donationes
und allerhand Contractus, auch Brieffe und dergleichen Dinge mehr auf weiße
Tafeln: Drum findet man auch noch Titul und Rubricen in Corpore juris, darinnen
derselben Tafeln gedacht wird / als ff. de bon. poß. sec. & contr.
tabulae testam. extabunt; de tabulis exhibendis & c. add. L. 4. §. 1.
verb. tabulis ff. de censib. L. 52. pr. de legat. 3. L. 203. ff. de V. S. ubi
jung. Struv. exerc. 9. th. 24. n. 1.
VIII. Es kommen auch Wörter Tabellio und Tabellarius daher.
Vid. Petr. Greg. Tholos. lib. 43. c. 3. Item lib. 18. c. 8. n. 2. nec non lib.
47. c. 41. n. 3.
IX. Ferner die Einschreibung der Nahmen in das schwartze oder rothe Buch
betreffend / hat es damit diese Beschaffenheit. Es ist in etlichen Aemtern und
Städten üblich / daß die refractarische / trotzige und unbändige Verbrecher /
auch die stets zancken / allerhand Ungelegenheit anfangen / und deshalber offt
in Straffe kommen / in ein eigen Buch / welches man das schwartze oder rothe
Buch nennet / mit Vermeldung ihres Verbrechens und der Straffe verzeichnet
werden. Besold. in Thes. pract. v. Urphete / ibig??? Dither, in addit. p. 977.
nec non in contin. Besold. pag. 315. & 581. Oldekop. gedencket desselben
auch in tr. contra Carpzov. p. 270. Ingleichen Maevius, part. 7. decis 84.
welcher Letztere setzet / daß auch daß Schuster-Ambt zu Wismar sich eines
solchen schwartzen Buchs wieder die Frey-Schuster / und die / so nicht in ihrer
Innung begriffen / gebraucht / welche Einschreibung der Nahmen dieses nach sich
gezogen / daß man dieselbe bey keiner Zusammenkunfft gelitten / sondern als
infam, anrüchtig und ehrloß gemieden. Daß auch der böse Geist zuweilen der Hexen
Nahmen in ein schwartz Buch mit ihren Blut geschrieben / ist droben im andern
Capitel pag. 425. allbereit angeführet / es bezeuget auch solches Besoldus, in
thes. pract. v. Hexen / pag. 382.
X. Deren Nahmen / so vor den Fünfer - Gericht zu Nürnberg verklaget. [805] werden / und stehen müssen / werden ins Hader-Buch
geschrieben / welches viele / zumahl die unschuldig sind / gar ungerne sehen und
haben.
Dither, in contin. Besold. v. Fünfe / Fünfer - Gericht / p. 221. add. Gastel. de
statu publ. Europ. pag. 1208.
XI. Von den Tafeln / so theils Orthen denen Delinquenten an den Hals / oder auf
die Brust gehengt / oder gar über den Kopf angenagelt werden / wird mit mehrern
in den Capitel von Stellung am Pranger und Hals-Eisen / item von der Creutzigung
gehandelt.
CAPUT XXXII.
Von den
Grünen oder gelben Hüten / welche die Banquerottirer und Falliten tragen müssen:
Item von den Schelmen-Hütlein Sambenito in Italien.
I.
Vor Alters durfften bey den Römern die Leibeigent Knechte keine Hüte tragen /
sondern musten im bloßen beschornen Kopf einher gehen. Damit weder die haare
noch der Huht ihnen bey Verrichtung ihrer Arbeit hinderlich seyn möchten. Wenn
aber einer oder der andere von ihnen manumittiret und freygelassen wurde / gab
man ihnen einen Huht / welchen sie tragen durfften.
Volateranus, lib. 30. Philolog. pag. 329. Henr. Salmuth. ad. Pancirol. cap. de
fibula, pag. 355. & 357. Thom. Demster, lib. 1. Antiq. Rom. cap. 19.
pag. 102. Schard. in Lexic. Jurid. v. pileati servi.
Und gedencket solchen Gebrauchs unter andern auch der Comödien-Schreiber Plautus,
in Amphitr. act. 1. scen 1. vers. ult.
Ut ego hic ho die raso capite calvus capiam pileum.
War also der Huht ein Zeichen der Freyheit.
Vid. Joh. Georg. Speidel. spec. jurid. v. Huht / Huht tragen / pag, 615. ubi hoc
multis autlsoritatibus probat.
|| [806]
Hinc illi, qui Julium Caesarem interfecere, praetulerunt hastâ per medium urbem
pileum, quasi morte Tyranni restitutâ civibus libertate, ut refert
Appianus, lib. 1. de bello civili.
Maßen denn auch in Ansehung dessen / Käser Justinianus in L. 1. C. de Latin. lib.
toll. Pileum pro justâ & perfectâ libertate hat wollen gehalten haben.
Hinc Servi dicebantur vocari ad Pileum, cum ad libertatem vocabantur.
Pacius, Anal. Cod. p. 747.
II. Erasmus Rotero damus, in Chiliad. Proverb. hat angemercket / daß es das
Ansehen hätte / als wäre bey denen Alten der Huht ein Insigne spectatae virtutis
gewesen / und daher der Gebrauch kommen / welcher noch auf den heutigen Tag
währet / daß wenn auf denen Universitäten Doctores oder Magistri creiret werden
/ man ihnen respectivè rothe oder braune Sam̅ete Hühte / oder
Birette aufsetzet. Ut verae & ingenuae semper memores faciat libertatis
promotuos ex cognitione veritatis & justitiae ortum quae trahit,
& in bonâ consicientiâ acquiescit, nec vel suae, vel alienae unquam
mancipia fiant cupiditati.
Besold. in Templo Justiae fol. 121. Nicol. Henel. in otio Uratisl. cap. 25. pag.
488. Georg. Christoph. Walther, de stat. & privil. Doctor. cap. 20. pag.
410.
Oder gleichwie diejeniger / so einen grossen Sturm auf der See ausgestanden /
wenn sie ans Land kamen / vor Alters Hüte aufzusetzen pflegten.
Stuckius, lib. 2. antiq. conviv. c. 28. pag. 230.
Also auch folche zu hohen Ehren schreitende Personen. Nam & illi per
procellosum scientiarum mare navigantes, horridi Jovis atque bilosi Neptuni
fervidis assultibus undique circumacti, tandem ad eruditionis portum
pervenerunt.
Idem Besold. in Thesaur. pract. v. Huht tragen / pag. 399.
III. Ferner folgeten die aus der Gefangenschafft erlösete Römische Bürger dem
Ehren - Wagen des triumphirenden Generals mit aufgesetzten Hühten / anzuzeigen /
daß sie nun wieder in vorige Freyheit gesetzet worden.
Idem. d. l.
IV. Ja wenn ein Herr starb / giengen die frey gelassene Knechte vor der Leiche
mit aufgesetzten Hüten her / welche daher Pileati genennet wurden.
Salmuth. ad Pancirol, d, c. fibula pag. 356. D. Joh. Philip. Pfeiffer / [807] Antiqu. Graec. Gentil. lib. 4. C. 48. Vid. L. 7. c. de
Latin. libert. tollend. tit. 6. §. 5.
Hinc Pers. Satyr. 5.
Haec mera libertas, quam nobis pilea don ant.
Et Sat. 3. vers. 103. seqq.
Hinc tuba, candelae: tantemque Beatulus alto
Compositus lecto, crassique lutatus amomis
In portam rigidos calces extendit: at illum
Hesterni capite induto subiere Quitites.
V. Man hat auch alte Müntze gefunden / welche Brutus, nachdem er mit seinen
Adehaerenten den Julium Caesarem entleibet / schlagen lassen / da auf der einen
Seiten sein / des Bruti Bildnis / mit dieser Uberschrifft gestanden: Brut. Imp.
L. PLAET. CEST. auf der andern aber ein Huht zwischen zwey Dolchen / mit
folgenden Worten: EID. MAR.
Lilius Gregor Gyrald. Histor. Deor. Syntagm. 1.
VI. Desgleichen hat Henricus ll. König in Franckreich Anno 1552. eine Müntze
pregen lassen / auf welcher ersten Seiten befindlich gewesen ein Hutz und zwey
Dolche / mit der Uberschrifft LIBERTAS! unten aber: VINDEX LIBERTATIS GERMANIAE!
aufder andern Seiten sein Bildnis / mit dem Zusatz: HEINRICUS II. GALLIARUM REX
IN VICTISSIMUS P. P. Eloquentiae propè coelestis orator, omnis Eruditionis
honestae Antistes.
Rupertus, lib. 1. c. 2. ad Valer. Max.
VII. Es waren aber vor Zeiten die Hühte nicht formiret / wie ietzo / sondern auf
die Arth / als wenn man ein Ey halb von einander schneidet / ohne Rand.
Lucianus, in Dipsade.
Fast wie die ietzige Nacht- oder Schiffer-Mützen.
Salmuth, saepè cit. loc. pag. 360.
Drum auch die Garamantae die Straußen-Eyer / so sehr groß / von einander
schneiden / und solche zu Hüten gebrauchen. Si verum est, quod Joh. Pierius,
lib. 4. Hieroglyphi ??? prodidit.
VIII. Tarquinio Priseo, als er mit seiner Gemahlin der Tanaquil gen Rom reisete /
und bey sammen auf einen Wagen satzen / hat ein Adler gantz gelinde den Hut
abgenommen / u. ist mit grossen Geschrey über den Wagen her [808] geflohen / bald hat er ihm aber solchen unvermerckt wieder
aufgesetzet / und sich hoch in die Lufft geschwungen / welches die Tanaquil
ausgeleget / daß er noch König zu Rom werden würde / wie auch geschehen.
Dionys. Halicarnass. lib. 3. bist. Rom. Vid. And. Tiraquell. annot. ad Alex. ab
Alexand. cap. 13. lib. 5. Gen. dier. lit. L. pag. 675.
IX. Der Hut oder die Bischoffs-Haube des Hohen-Priesters bey den Juden war also
ge???acht / daß sie nur den obersten Theil des Haupts bedeckte / nach der Form
eines Turbands oder Türckischen Bundes / damit er sich nicht hinab senckte / und
den Stirn-Blat verhinderlich fiehle. Die gemeine Priester-Hüte aber bedeckten
das gantze Haupt / wie ein Helm.
Erasm. Francisci, im Ausländischen Sitten-Spiegel / lib. 2. pag. 817.
X. Notabel ist auch / daß des berühmten Medici Hippocratis Bildnis / so viel den
Kopf betrifft / vor Alters / allemahl mit einem Hut bedecket wahr / anzuzeigen /
daß weil der Witz und Verstand in dem Gehirn seinen Sitz hat / ein iedweder /
sonderlich wer studiret / das Haupt wohl in acht nehmen / und zusehen solle /
damit er dasselbe durch Kälte und andere schädliche Dinge nicht schwächen möge.
Salmuth / ad Pancir. cit. cap. pag. 359. edit. in 8. FF. 1622.
XI. Ericus der Gothen König war so künstlich / daß / auf welche Seiten er nur
seinen Hut wendete / er einen Wind machen konte.
Francisc. Torreblanc. lib. 2. de Magia. cap. 12. n. 26.
So ist auch noch vor wenig Jahren ein bekandter General am Leben gewesen /
welcher einen schlechten unansehnlichen Hut / wenn er zur Action und Schlacht
hat kommen sollen / aufgesetzet / da die Krampe mit einem Rade-Nagel angemacht
gewesen. Wenn er nun mit solchen Hut nur gewincket / sind die Stück- und andern
Kugeln von seinen Völckern zurück auf die Seite gegangen.
XII. Als Anno 1356. zu Paris / in Abwesenheit König Johannis, welcher noch in
seiner Custodi in Engelland war / über der Müntze Tumult entstund / auch sonst
die zu Paris mit dem Regiment nicht zufrieden wahren / und dasselbe dem Dauphin
Carolo genommen und zu sich gezogen hatten / nahm der Kaufleuthe Provos [so sie
Prevost des Marchands nennen / und den höchsten Gewalt zu Paris unter den
Bürgern hat] drey tausend Mann zu sich / gieng Carolo in das Gemach / welcher
drüber nicht wenig erschrack. Es sagte aber der Provos: Er solte über dem / so
er sehen würde / sich nicht entsetzen / was man thun würde / solches wäre also
beschlossen / es müste also zu [809] Werck gerichtet werden:
brachten hierauf alsbald Johannem von Conflans, und Robertum von Clermont, beyde
Marschalle von Franckreich / seine geheimte sie Diener / vor seinen Augen um /
und zwar so nahe an ihm / daß ihm auch das Blut unter das Angesicht sprützte.
Wie er nun rief waß solches bedeuten solte / und ob sie an ihm auch Hand legen
wolten? sagte der Provos: Nein Herr! es seynd eure böse ungerathene Diener / die
wir suchen / welche euch so übel gerathen haben. Nahm hierauf Carolo den Hut vom
Haupt / und satzte ihn seinen / von halb roth- und halb Himmelblauer Farbe
gemacht / dargegen auf / welches derer in der Stadt / und die es mit ihnen
hielten / Liberey wahr / damit er also vor Gefahr gesichert seyn solte. Hierauf
wurden der Entleibten Cörper hinab in den Hoff geworffen / damit der Pöbel /
welcher von allen Gassen zulief / solche sehen möchte: Der Provos aber trug
Caroli von Gold gestickten Hut nicht allein den gantzen Tag / zum Zeichen seiner
Dictatur, sondern sandte auch Carolo Tuch / daß er vor sich / und seine Diener
dergleichen bunte Hüte machen lassen / und tragen solte / damit also ihnen
nichts Wiederwärtiges begegnen möchte / und das Wnsehen hätte / als wam sie es
mit der Stadt hielten. Die Ursach aber dieser bunten Hüte rührete daher: Dann
wie besagte zu Paris kurtz zuvor Carolum nicht wenig beleidiget hatten / indem
daß er das Edict, wegen der Müntze / deswegen sie auftührisch worden / und zu
den Waffen gegriffen / cassiren und aufheben muste / begab sichs / daß üm Paris
durch die Räuber grosser Schade geschach. Durch diese Gelegenheit brachte
Carolus Volck zusammen / daß er entweder [wie er fürgab] denselben begegnen /
oder [wie iederman davor hieli] daß er denen zu Paris in die Städte herum
Besatzung einlegen wolte. Weil sich nun die zu Paris dessen beschwerten /
ermahnten sie Carolum, er solte es nicht thun / mit dieser Erklärung / sie
wolten kein Kriegesvolck in die Stadt lassen. Damit aber der Handel nicht etwan
zu einen öffentlichen Krieg auslauffen / und sie aufm Fallein gewiß Zeichen
haben möchten / ließen sie obdemeldte Hüte / oder Birette von zwey Farben machen
/ und trugen solche.
Serres, in Johanne Gall. Rege. Neumeyer, von Aufstand der Untern wieder die Obern
/ c. 5. p. 551.
XIII. Käyser Rudolphus, als er einsmahls zu Nürnberg wahr / kahm ein Kauffmann zu
ihm / welcher sich über einen Gastwirth allda / bey dem er eingekehret /
beklagte / daß er demselben einen grossen Beutel mit Geld aufzuheben gegeben /
wovor er ihm Nein sagte. Der Käyser verharg den Kauf [810] mann in eine Cammer / und als andere Bürger kahmen / Ihrer Majestät
aufzuwarten / befand sich auch dieser Gastwirth drunter / dem der Käyser
anredete: du hast einen feinen Hut / gib mir denselben / wir wollen mit einander
tauschen. Der Wirth lachte / und gab seinen Hut willig hin / schätzete es auch
vor eine sonderbahre Gnade. Der Käyser schickte einen mohlbekandten Bürger
heimlich mit dem Hut zu des Wirths / dem er droben bey sich behielt / Eheweib /
mit der Anzeige / ihr Mann ließe ihr sagen / sie solte den grossen Beutel mit
dem Gelde [welchen der Kauffmann / wie er ausfehe / eigentlich beschrieben
hatte] ihm geschwinde durch den Bürger schicken / maßen zum Warzeichen dessen
sein Hut da wäre. Die Frau solchen sehend / gab gantz willig dem Bürger den
Beutel mit dem Gelde / welcher denselben so fort dem Käyser brachte. Drauf ließ
er den kauffmann und Wirth vorkommen / und hielt den Letztern vor / was der
Erste geklagt hatte / und was er darzu sagte / der Wirth wolte sich zwar auf das
Leugnen begeben / aber der Käyser legte ihm den Beutel mit dem Gelde vor /
darüber er verstummete / bekahm aso der Kauffmann sein Geld wieder.
Lipsius, in monit. polit. lib. 2. c. 9. monit. 3. Balth. Conr. Zahn, lib. 1. c.
44. n. 2. de mendaciis.
XIV. Die besten und teuresten Hüte hat der Pabst zu Rom / die er seinen
Cardinälen üm eine grosse Summa Geldes verkaufft / und sind dieselbe offtmahls
besser / als des Fortunati Wünschhütlein.
Timoth. Polus, im lustigen Schau-Platz allerley Personen / Aembter und Stände /
voc. Hutmacher / Hüter / pag. 312.
XV. De Pileo Dignitatis Ducum, Comitum & Marchionum vide Chassanaeum
in Catalog. Glor. mundi. Part. 2. conc. 9.
XVI. Eo loco, ubi Caesarea Majestas audientiam praebet, nemini pileo tegete caput
permittitur, nisi principi absoluto, seu Principi Imperii, Cardinali, Nuncio
Apostolico & Oratoribus Regis.
Autor descriptionis status particularis Regiminis Ferdinandi II. Imper. c. 4.
pag. 66.
Idem competere Principibus Imperii, qui ejusdem status sunt, etiam aliis
nonnullis locis in praesentia Caesaris tecto stare capite, ex eodem discimus
Autore, ipsâque praxi. Refert ille c. 3. pag. 60. Christianum, Principem
Anhaldinum Seniorem Ferdinando II. Imperatori reconciliatum, eidem [811] mantile post lotionem manuum ad mensam exhibuisse,
deinde nudo capite ministrasse. Posteaquam verò à Caesare de Regalibus &
Feudis ac Imperio dependentibus investitus fuisset, ac similiter, ut antea,
Imperiali mensae nudo capite adstaret, Caesarem hoc amplius admittere noluisse,
atque ut pileum capiti imponeret, flagitasse per Aulae suae Mareschallum;
fecisse hoc Anhaltinum, atque ad mensam Caesaris simul admissum fuisse. Die
Ceremonien / so vorgehen / wenn ein Fürste des Reichs zur Käyserlichen Audienz
admittiret wird / beschreibet Eitel Friedrich von Herda, in der Grundfeste des
H. Römischen Reichs / part. 1. c. 6. pag 43 & seqq. welche allda gelesen
werden können. Competit haec praerogativa, tecto capite stare in praesentia
Caesaris, Principibus, qui status sunt Imperii jure libertatis suae, non autem
ex privilegio, ut in Hispania id à Rege indultum novimus nonnullis ex Magnatibus
[quos Grandes dicunt] aliisque, nisi cum Rege loquantur.
Favyn, au theatre d'honneur, livr. 8. pag. 1501. Limnaeus. tom. 5. addit. lib. 5.
c. 8. pag. 299.
Adeo magnum hoc est privilegium, ut nec ducibus belli competat. Dux Albanus id
consequi nequivit, quanquam Regno Hispaniae egregia hinc inde praestitisset
servitia, & sic meritus esset favorem ac praemia. Eum autem hanc
ambiisse praerogativam, inde constat, quod in aula dixerit: Se benè stare posse,
nec laborare pedibus, sed capite, utpote catharris repleto; quô voluit indicare,
sibi consultum fore, si Rex ei concederet, tegere caput. Consiliarios civitatis
Barcelonensis eodem privilegio donatos fuisse, percipimus ex relatione di
Vittorio Siri, nel suo Mercurio, tom. 2. lib. 1. pag. 142. Dom. Baud. lib. 2. de
Jnduc. Bell. Belg. pag. 56.
Philippus II Rex Hispaniarum cum Egmondanum Comitem serentem secum de rebus
graviorib9 colloquia pileo imposito caput operire jussisset, per argumentum
illius honoris dignitatem Principis fuit judicatus, Regis sententiâ, accepisse.
Aurpach. lib. 1. Sing. alleg. c. 27.
Antonius de Leva, veteranus, ac de Caesare praeclarè in bellis Italicis meriritus
Dux, de quo hujusmodi distichon legitur scriptum:
Implicitus cunctis morbo artubus, horrida bella Artibus & ferro gessit
& explicuit;
incredibili atque insano dignitatis istius desiderio flagrans, quotidie se
Caesari è lecto surgenti offere bat. Caesar, cui pedum ejus debilitas non [812] erat ignota, eum sedere jubebat. Ille verò, ambitionem
suam malè dissimulans, atqui, inquit, clementissime Imperator, caput mihi dolet,
non pedes.
Henel. in Otio Uratislav. c. 52. pag. 449.
XVII. Zu Amsterdam tragen die Wahrenträger uud Schleiffer / so die Wahren zur
Wage bringen / damit sie erkentlich / ihre eigne Nahmen und Mützen oder Hüte /
daß sie von den Kaufleuten um so viel besser können erkant und unterschieden
werden. Etliche tragen rothe / andere grüne Hüte / andere zotlichte bunte Mützen
/ da allerhand Farben durch einander dran gesprengt sind.
Philipp von Zesen / in Beschreibung Amsterdams / pag. 234.
XVIII. König Henricus IV. in Franckreich ritte einsmahls mit seinen Comitat durch
die Stadt Pariß / da lief ihn ein Hutmacher an / thät einen Fußfall / und bath
um ein Allmosen. Der König fragte ihn / ob er sich nicht von seinen Handwerg
nehren könte? Er antwortete: nein / wäre auch kein ärmer Tropf als er / hätte
zwar eine gantze Kammer voll Hüte / welche aber / weil sie nicht mehr nach der
Mode wären / niemand begehrte / noch auch ihm abkauffen wolte. Der König befahl
ihm einen herzubringen. Als dieses geschahe / wurf der König seinen Hut hin /
und setzte den / so ihm der Hutmacher gebracht / auf / sagende: Dieses ist
Allmosen genung / und ritte sort. Wen nun in Franckreich Manier ist / daß / wie
sich der König träget / oder kleidet / seine Grandes und Diener es nachmachen /
also geschahe es auch / daß noch demselben Tag der Huthmacher alle seine
altväterische Hüthe verkauste / zu Gelde kahm / und wieder neue nach der Mode
machen konte.
Curiosus Aletophilus, in tract. Polit. Histor. de moribus, ritibus ac Ceremoniis
in aulis Regum & c. usit atis cap. 10. §. 53. pag. 83.
Dieser König pflegte auch zu sagen: Gute Wort im Munde / und den Hut in der Hand
/ rostet nichts / und nutzet Leut und Land!
Zinegref in Apophtegm. ex Aubignaeo.
XIX. Pabst Sinibaldus de Flisco, ein Geneuser hat am ersten verordnet / daß die
Cardinäle breite rothe Hüte tragen solten.
Gotfrid, in der Hist. Chron. p. 585.
XX. Zu Avignon müssen die Jüden gelbe Hüte / die Weibes-Personen aber gelbe
Binden um den Kopf tragen.
|| [813]
Zeiller, itin. Gall. pag. 400.
damit sie von den Christen unterschieden werden.
XXI. In den Reichs Abscheid und der Policey-Ordnung de Anno 1530. tit. 22. §. 1.
ist gesetzet / daß die Jüden einen gelben Ring an den Rock oder Kappen
allenthalben unverborgen zu ihrer Erkäntnis öffentlich tragen. Pabst
Innocentius, der Dritte / hat den Unterscheid der Kleidung an den Jüden in
Concil. Later auch verordnet.
Vid. c. 15. X. de Jud. & Coel.
Welches zu Rom und Padua noch im Gebrauch ist / indem die Jüden keine andere /
als Goldgelbe Hüthe allda tragen dürffen. In der Venetianer Gebieth gehen sie
einher in Safram-Farben Hüthen.
E. Eulner, in discurs. Polit. jurid. de vestibus, illarum??? jure, n. 402. pag.
110.
Zu Franckfurth an Mäyn müssen sie zum Unterscheid einen gelben Ring auf ihren
Kleidern tragen.
Franckfurth. Policey-Ordn. de Anno 1599. sub tit. Jüden sollen Zeichen tragen.
Ibi:
Damit auch die Christen von den Juden zuerkennen seyn: So sollen alle und jede
Juden / und Judinnen / sie seyn frembd oder eingesessen / ausserhalb der
Juden-Gassen / in und zwischen den Messen ihr gebührlich Zeichen / als mit
Nahmen einen runden gelben Ring / öffentlich und mit ihren Mänteln unverdeckt an
ihren Kleidern tragen / bey Vermeidung den Ingesessenen der Buße / nemlich 12.
Schilling / und den Fremden einen Gülden unabläßig zubezahlen / so oft und dick
das noch geschicht / darnach sich ein jeder wisse zu richten. Item eod. daß die
Juden Kappen und Hüthe halten und tragen sollen; Hisce: Auf E. R. dieser Stadt
Franckfurth Zulassen / und Beschluß / haben die Rechenmeister mit der Juden
Baumeistern / als von gemeiner Judenschafft wegen / alhier zu Franck furth der
Kappen halber gehandelt / daß die Juden fürter des Kappen-tragens erlassen seyn
sollen; Et ulterius: ist dem Baumeister gesagt / gemeiner Judenschafft
anzuzeigen / daß sie hinführo schwartze oder graue Hüte tragen / und auslerhalb
ihrer Gassen in keinen Parreten gehen / noch sich finden lassen sollen / wo sie
darüber betreten / sollen sie darum gestrafft werden. Ander Orthen wird zwischen
ihnen und den Christen kein Unterscheid der Kleidung halber [814] gehalten / sondern stehet ihnen frey / was sie tragen wollen. An
autem Judaeo Christianum habitum aslumere volenti, & Baptismum
suscipienti, remissio, vel poenae mitigatio sit concedenda, negatur: nam poena
ob vitae professionem secutam neque mitigatur, neque tollitur.
L. 10. §. 2. ff. ad Leg. Jul. de Adult.
Itaque Judaeus Christianus effectus, & Christianum habitum desiderans, de
delictis ante Babtismum commissis punitur, tum maximè, si ad evitandam poenam
hoc fiat.
vid. Farinac. q. 68. n. 144. & 153. cum seqq. Clar. q. 51. n. 19. §. fin.
Carpzov. pract. crim. p. 1. q. 49. n. 74.
XXII. Die Huren wurden auch vor Alters [und theils Orthen noch auf den heutigen
Tag] durch gewisse Arth Kleidung von den ehrlichen Weibes-Bildernunterschieden.
Welches auch die Leges Civiles also gebothen.
cit. Eülner, d. tr. n. 384. add. L. 4 C. de Episc. Acud. ibi??? DD.
Zu Rom trugen die erbare Matronen und Ehrliche Weiber lange Röcke biß auf die
Schue / dran unten ein breiter Saum war.
Non. Marc. in cap. de genere vestiment. Ulpian. in L. vestis §. muliebris ff. de
auro argento legat.
Unde matronalem Stolam Valer. lib. 6. c. 1. dixit, & stolas atque ornatus
matronales Vitruv. lib. 1. c. 1. conjunxit. Sed Festus lib. XI. matronas tradit
appellatas eas ferè, quibus stolas habendijus esset. Welche aber denen Huren zu
tragen verbothen wahren.
Barnahas Brisson. lib. 1. Select. ex jure civil. antiq. c. 4.
Sondern die musten in kurtzen Röcken / so ihnen kaum über die Knie giengen / sie
darbey zuerkennen / einher gehen.
Quintilian. lib. XI. c. ult. Idem Brisson. d. c. 4. pag. 17.
Welchen Unterscheid der Kleidung auch Horatius, lib. 1. Sermon. Satyra. 2.
angedeutet / indem er schreibet / daß wenn etwan eine erbare Frau krumme Beine /
oder sonst Mangel an Füssen hätte / sie solches verhehlen / und mit den langen
Rock bedecken könte / welches aber eine Hure nicht zu thun vermöchte / als deren
man wegen des kurtzen Rocks die Beine über und über sehen und anschauen könte.
Es wahren auch der Huren Röcke bunt / von allerhand Farben / sonderlich aber bey
den Spartanern und Atheniensern Leibfarbene.
|| [815]
Clemens Alexandrin. lib. 4. paedag. Petr. Gregor. Tholos. de Rep. lib. 4. c. 11.
n. 10. Suidas, in voce [Greek words].
Bey den Locrensern trugen die ehrliche Weiber / so aus und auf den Marckt giengen
/ weisse Kleider / hatten eine von ihren Bluts-Freundinnen neben sich / und
hinter her eine Zofe gehen / hinge gen hatten daselbst die Huren bunte und
verbremete Kleider an.
D. Joh. Philip. Pfeiffer / Antiq. Graec. lib. 2. c. 56. pag. 366.
Ferner trugen die ehrliche Römische Weiber ihre Haare mit einer dünnen Hauben
bedecket / welches die Huren auch nicht thun durfften. Servius, in 7. AEneid.
Virgil. Hinc Ovidius, lib. 1. de arte Amandi.
Este procul vittae tenues, insigne pudoris,
Quaeque tegis medios instita longa pedes.
Et alio ejus dem libri loco.
Ecquid ab hac omnes rigidè summovimus arte,
Quas stola contingi, sumtaque vitta vetat?
Idem lib. 3. de Ponto epist. ad Maximum.
Scripsimus haec illis, quarum nec vitta ligatos
Attingit crines, nec stola Ionga pedes.
Sic & Tibullus, lib. 1. eleg. 6.
Sit modò casta doce, quanquam nec vitta ligatos
Impediat crines, nec stola longa pedes.
Die vornehmen Matronen liessen sich auch in Senfften und auf Stühlen tragen /
welches aber Käyser Domitianus denen unehrlichen Weibern verbothen.
Dion, lib. 58. Seneca, in Remed. fortuit. Brisson. lic. cit. pag. 20.
Zu Tolusa war das Zeichen der Huren ein lang herunter hengendes Achsel-Band.
Eulner, dict. tr. n. 386.
Und wie sich dorten Thamar liederlich ankleidete / und an den Weg setzte / hat
Juda sie vor eine Hure angesehen / und beschlaffen.
Genes. c. 38. vers. 14 ibi??? Francisc. Jun. in notis.
So kan auch derselbe nicht injuriarum belanget werden / welcher eine ehrliche
Frau / so in hurischen Habit sich gekleidet / angreifft und betastet / indem sie
durch solche liederliche Kleidung darzu Anlaß gegeben
Brisson. d. c. 4. p. 21.
|| [816]
Eben wie der / so in einen öffentlichen Hur-Hause bey eines andern Weib ertappet
wird / sich mit der Unwissenheit und Irthum etlicher maßen entschuldigen kan.
Quintilian. lib. 7. c. 3.
Sonst nennet das Jus Canonicum die eine Hure / welche vielen zu Willen ist.
c. viduae 16. dist. 34.
Die Glossa in vers. multorum, hält die vor eine solche / welche mehr denn 23000.
Mannsbilder zugelassen / auf welche maße gar wenige / oder gar keine eine Hure
genennet werden könte. Andere wollen / daß sie sich sechtzig Manns-Personen
müsse untergeleget haben. Nach dem gemeinen Käyser-Recht in L. 43. §. 2. ff. de
rit. Nupt. wird die vor eine Hure gehalten / so sich öffentlich / auch wohl ohne
Huren-Lohn prostituiret. Heut zu Tage wird es von solchen unzüchtigen Weibern
vor eine freye Kunst geachtet / und wandern die Schwestern gemeiniglich aufs
Handwerck / und verdienen klein Geld.
Eulner, de vostibus, illarum??? Juren. 389.
Und ernehren sich mit der Hand / drauf sie sitzen / wie Gvil. Böckel,
Disquisit. Pub. de publ judiciis, disq. 5. §. 8. pag. 75.
redet. Diesen ist in obgedachten Reichs-Abscheid de Anno 1530. auch eine gewisse
Arth vorgeschrieben / wie sie sich kleiden sollen / damit man sie vor andern
ehrlichen Weibern kennen könne / hisce verbis:
Nachdem auch aus dem viel Aergernis im Heiligen Römischen Reich entstanden / daß
die gemeine / und andere unehrliche Weiber / Seiden / Gold / Silber uud andere
zierliche Kleider antragen / dadurch manch fromm Weib und Tochter verleitet wird
/ auch dadurch unter Erbarn kein Unterscheid zuerkennen: Gebiethen wir ernstlich
/ und wollen / daß die unehrliche Weiber keine hoch-zierliche Kleider oder
Geschmuck / auch nichts verbrämtes oder gülden Schleyer / sondern eine iede
derselben sich nach des Landes-Gebrauch tragen soll. Darauf die Obrigkeit
sondere acht haben / und das nicht duldensoll.
XXIII. Olim in Legibus Boicae Gentis, teste Petr. Gregor. Tholosan. in Syntagm.
Jur. Univ. lib. 36. c. 12. n. 15. poena erat, elevare mulieris vestes super
genicula 12. solid. Sed jam in desvetudinem videntur abiisse hae Leges,
& praxis multis in locis aliud docet.
|| [817]
XXIV. In den grossen Reichs- und andern Städten haben die Stadt- oder
Gerichts-Diener Mäntel von zweyerley Farben-Tuch üm / sie darbey zuerkennen. Die
Gleits-Reuther haben ihre Schilde an / wie auch die Bothen. Die Scharffrichter
und Feldmeister müssen an theils Orthen / dem obgedachten Reichs-Abscheid gemäß
/ sich so kleiden / daß man sie vor andern Leuthen kennen möge / welches billig
im gantzen Römischen Reich also gehalten werden solte. Zu Wien in Oesterreich
träget der Scharffrichter deshalber eine rothe Hosen.
Eulner, cit. tr. n. 395. pag. 107.
XXV. Zu Rom / wenn ein Schuldner bonis cediret / oder auch zu den Quinquenellen
und Anstands-Brieffen sein Refugium nimmet / muß er öffentlich einen grünen Hut
auf den Kopf tragen / damit iederman denselben kennen / und sich vor ihn hüten
könne.
Statut. Rom. lib. 1. pag 171. Limnaeus, tom. 5. in addit. ad lib. 4. Jur. Pub.
cap. 8 n 308.
Welches auch in Franckreich üblich / so daß die Creditores solchen grünen Hut
anschaffen müssen. Und wenn sie den Schuldmann ohne solchen Hut antreffen /
haben sie Macht / denselben wieder ins Gefängnis legen zu lassen: Immaßen das
Parlament zu Paris / den 26. Junii, Anno 1582. also erkant hat.
Chopin. de morib. Parisiens lib. 3. tit. 3. n. 18. Limn. notit. Regni Franc. lib.
2. c. 14. tit. 9. infine. Sauterius, in prax. Bancaerupt. part. 3. c. 2. pag.
51.
Ubi hic addit, idem obtinere apud Rothomagenses, citatque Decretum in Curia
Rothomag adversus cessionarios factum & Gallicè editum, An. 1587. Der
grüne Hut bedeutet daß der / so seine Güther Schulden halber abtritt / aus Thor-
und Unbesonnenheit arm worden.
Besold. in Thes pract. v. Hut tragen / pag. 399.
Zu Franck furt am Mäyn ist es gleichfals gebräuchlich / daß die Falliten einen
grünen Hut tragen müssen.
Renov. Reformat. Francof. part. 1. art. 50. Joh. Georg. Aurbach / in mercatore
fallito cap. 20. §. 250.
XXVI. Anderswo ist der Hut gelb.
Besold. sup. cit loc. Rebhan in disp. quae uxor propriè sit & dicatur
mercatrix, thes. 16. Chur-Fürstl. Sächß. Erledigung de An 1653. [818] und 1657. eingegebenen Gebrechen / tit. Justitien-Sachen / § 78 in
fin.
XXVII. In Italien setzet man ihnen das Schand- und Schelmen-Hütlein / Sambenito
genant / auf. Mit welchen auch im September Anno 1559. zu Vagliadolit in Spanien
bey der Inquisition etliche Lutheraner beschimpffet worden.
Gotfried. Hist. Chron. part. 7. pag. 1035.
XXVIII. Anderswo stellet man sie am Pranger / und wird die Schand-Klocke über sie
geläutet.
Limnaeus, tom. 2. addit. ad lib. 4. c. 8. n. 334. Dither. in contin. Thes. Pr.
Besold. v. Banquerottirer / pag. 85.
XXIX. Vor Alters bey den Römern verlohr derselbe seinen Ehren-Stand / welchen man
zur Todes-Straffe condemnirte / wurde aus einen Freygebohrnen ein Knecht der
Straffe / und kahm üm sein Bürger-Recht.
Marc. in L. in Servorum 10. §. 1. & 1. & in L. quod ad statum 12.
Paul. L. qui ult. supp. 29. ff. de poenis.
Dannenhero auch noch in Franckreich üblich ist / daß die Gerichts-Diener / auf
Befehl des Judicis, denen zum Tode Verdammten den Hut / als vorzeiten ein
Zeichen der Freyheit / wegnehmen.
Petr. Greg. Tholosan. Syntagm. Jur. univ lib. 32. c. 27. in fine.
Welches auch bey uns in Teutschland nicht anders gehalten / und keinen / der vom
Leben zum Tod gebracht werden soll / der Hut gelassen wird / sondern es eignen
ihnen solchen die Gerichts-Dieder / oder des Nachrichters Knechte zu / und
behalten denselben.
XXX. In der Türckey werden die falschen Müntzer auf einen Efel hinterwärts
gefetzet / müssen einen hohen weissen Hut mit Hörnern tragen / sich also durch
alle Gassen der Stadt herum führen / mit Koth werffen / hernach gar übel
schlagen und prügeln lassen / und noch darzu an Geld büssen. Aufsolche weise
wird auch die gemeine Hurerey allda abgestrafft: Item die falsche Zeugen.
Erasm. Francisci, lib. 2. des Neu-polirten Geschicht-Kunst und Sitten-Spiegel /
disc. 8. pag. 404.
XXXI. Der grausame Tyrann Johann Basilowiz in der Moscau ließ ei [817] nen Abgesandten / welcher in seiner Gegenwart
das Haupt bedeckte / den Hut auf den Kopf nageln.
Ex Sigism. Bar. Hist. Moscovit. Dither. in addit. ad Besold. thes. practic. pag.
400.
CAPUT XXXIII.
Vom Schimpflicher Reithung auf einen lebendigen Esel / das
Angesichte nach dem Schwantz zugekehret.
I.
MAn findet in den Historien / daß / wenn vor Alters jemand auf das allerärgste
beschimpffet werden sollen / man se bigen wiedersinnisch [oder rücklings] auf
einen lebendigen Efelgesetzet / und zu Männliches Verspottung durch die Stadt /
ja endlich wohl gar zur Richt- und Fehmstat führen / und das Leben nehmen
lassen. Also ließ Käyser Otto der III, einen Römischen Consul, Crescentius
genant / welchen Pabst Gregorium aus der Stadt Rom de facto treiben / und einem
andern / mit Nahmen Johannes auf den Päbstlichen Stuhl erhoben / Ohren und Nasen
abschneiden / die Hände abhauen / und wiedersinnisch auf einen Esel setzen / zur
Richtstat führen und aufhencken:
Münster, lib. 3. Cosmog. p. 421. Gotefrid. Hist. Chron. pag. 496.
II. Der Griechische Käyser Andronicus Commenus tyrannisirte grausamlich /
deßwegen etliche wider ihm aufftunden / und Isacium Angelum zum Käyser machten /
Andronicum aber hinterwarts auf einen Esel setzten / und mit vielen Streichen
durch die Stadt führeten. Erstlich stach man ihm die Augen aus / darnach hieb
man ihn die rechte. Hand ab / letzlich ergrimmtte daß gemeine Volck dermassen
über ihn / daß sie ihn mit eisernen Zacken zu stücken zerrissen.
Idem Gotefrid. pag. 550.
|| [818]
III. Käyser Fridericus, zugenant Barborossa hat die Stadt Meiland mit Gewalt
wieder zum Römischen Reich gebracht. Als nun seine Gemahlin die Stadt einsmahls
besehen wolte / und sich nichts wiedriges besorgete / hatte der gemeine Mann
noch einen Groll auf den Käyser / satzten demnach einige die Käyserin zum
Schimpf umgekehret auf einen Maul-Esel / und gaben ihr den Schwantz / an stat
des Zaums / in die Hand / führeten sie also zum Gespötte zu einer andern Pforten
hinaus. Als aber der Käyser dessen inne ward / erzürnete er sich / wie billig /
drüber sehr / belagerte und gewan diese Stadt aufs neue. Die sich nun ihm
ergaben / nahm er mit Gnaden so ferne an / daß / wenn sie beym Leben bleiben
wolten / sie dem Maul-Esel aus dem Hindersten eine Feige mit den Zähnen beissen
musten. Wo nicht / kostete es ihnen den Kopf. Viele wurden gefunden / die wolten
eher sterben denn diese Schmach über sich nehmen / aber die noch länger
begehrten zu leben / die thaten / wie man ihnen gebothen.
Seb. Münster. lib. 2. Cosmogr. c. 20. pag. 264.
IV. Solymannus der XI. Türckische Käyser / alser Tomobejum, Sultanen zu
Alexandria, so sich ihm mit Heeres Krafft wiedersetzet / überwunden und gefangen
bekommen / hat er ihn auf einen Maul-Esel setzen / und einen Strang an den Hals
legen / auch spöttlich umher führen / und zuletzt bey einer Pforte erhencken
lassen.
Münster. lib. 4. Gosmogr. c. 115. pag. 1258.
V. Pisidier [sind Völcker in Asien gewesen / so zuvor auch Salymi geheissen.
Plin. lib. 20. c. 27] haben den Gebrauch gehabt / daß wenn einer Ehebruchs
halber überwiesen / er nebst der Ehebrecherin auf einen Esel reitende / etliche
Tage in allen Gassen schimpflich herum geführet worden.
Stobaeus, Serm. 42. de Legibus. Dietr. in Eccles. T. 2. pag. 223. Alex. ab Alex.
lib. 4. Gen. dier. c. 1. pag. 433. in fine.
Die Cumaei haben die Ehebrecher auf den Marckt gebracht / und auf den
Schand-Stein sitzen / hernach auf einen Esel in der Stadt herum führen lassen.
Alciat. 2. Parerg. c. 7. Pet. Greg. Tholosan. lib. 36. c. 6. n. 26.
VI. Brivia oder Brunhild, König Sigeberts in Franckreich Wittibe / ein gotloses
Tyrannisches Weib / deren ausführlicher in dem Capitel vom Schleif [819] fen gedacht wird / wurde auch / ehe sie
grausam abgestrafft / auf ein Roß gesetzet / und in Königs Lotharii Heer-Lager
zum Spott herum geführet.
VII. Zu Andernach hielt sich des vom Pabste aufgeworffenen Käuser Ottonis
Kriegesvolck und Beystände auf / übeten daselbst grossen Frevel an
Weibes-Volcke. Unter andern fingen sie eine Nonne / schändeten die / zogen sie
hernach nackend aus / bestrichen sie mit Honig und Wagenschmeer / bestreueten
sie mit Federn / daß sie ein greulich Ansehen bekahm. Satzten sie also rücklings
auf ein Pferd / gaben ihr den Schwantz in die Hand / und führeten sie etliche
Tage herum / und liessen sie schauen / als ein Wunderthier. Dieser Frevel gefiel
den gerechten Käyser Philippo so übel / daß er die Stadt Andernach bekriegete /
gewann und ausbrante. Die Freveles ließ er in Pfannen mit siedende̅ Wasser werffen / und also schmertzlich wiederum tödten. Daß war eine rechte
Schwemme vor so unflätige Säue.
Crusius. part. 2. Annal. Suev. lib. 12. fol. 538.
VIII. Zu Indostan hat Schach Selim zween Heerführer / welche in offener
Feld-Schlacht wider ihn / seinem rebellirenden Sohn zu Diensten gefochten / den
einen in eine frisch abgeschundene Ochsen / den andern in eine Eselshaut nackend
und bloß einnehen lassen. In welcher Kleidung der erste auf ein Roß / der andre
auf einen Esel gesetzet worden. Jenem sassen jenen an Kopf ein paar
Ochsen-Hörner / diesen ein paar langer Esels-Ohren angemacht. In so schändlicher
Gestalt führete man sie durch alle Gassen herum / Männlichen zum Gelächter und
Spott. Von welcher Schmach und Quaal [weil die zusammen schrumffende und
eintrucknende Haut solchen eingeneheten Leuthen grossen Schmertzen verursachte]
einer unter ihnen / der gar nichts essen wollen / gestorben / der andere hat mit
hoher Bitte kaum so viel erhalten / daß man die eingedorte Haut mit Wasser
wiederum begossen. Aus dem Gestanck aber sind endlich Würmer gewachsen / welche
den also eingekleideten Menschen schmertzlich angefangen zu nagen und zu beissen
/ also / daß er ohne Zweiffel bey lebendigen Leib hätte faulen / und mit
ungläublicher Lang wieriger Pein darinn verrecken müssen / daferne nicht etliche
gute Freunde beym Könige für ihm gebethen / und so viel ausgewirckt hättea / daß
ihm die vermodernde Haut wieder abgezogen worden: Gleichwohl hat er sein Lebtage
einen ungesunden Leib darüber behalten / und ein elendes Leben hernach geführet.
Erasm. Francisci, im Ausländ. Sitten-Spiegel / pag. 390.
|| [820]
IX. Als Königs Jacobi I. in Engeland Eidam / Pfaltz-Graff Friederich Chur-Fürst
zu Heidelberg die Bömische Chron annahm / aber dieselbe zugleich mit der
Schlacht vor Prage verlohr / und Anno 1621. vom Käyser in die Acht erkläret
wurde / liesse sich ein Advocat in Londen gelüsten / in Beyseyn etlicher
Parlaments-Herren allerhand Gespött und schimfliche Reden wieder beberührten
Chur-Fürsten und seine Gemahlin / unter andern aber diese / daß sie beyde ietzt
wohl des Bierschencken in Engelland sich behelffen möchten / auszustossen. Aber
es bekahm ihm sehr übel / denn er wurde von West-Münster aus / mit blossen Haupt
/ auf einen Pferd hinter sich sitzend / und an stat des Haums den Schwantz in
der Hand haltend / auf den Marckt geführet / allda in die Pillerey oder Pranger
gestellet / und von dannen wieder nach West-Münster gebracht / allda ihm die
Ohren abgeschnitten / die Nase geschlitzt / und einmahl an die Stirn gebrennet.
Hat also mit seinem Schaden und Schmach erfahren / daß mit grosser Herrn Unglück
kein Gespött zu treiben.
Autor des Neugeharnschten Groß-Britannien pag. 522.
X. Vor etlichen Jahren trug sichs zu Constantinopel zu / daß eine Türckische
junge Witfrau Lust zu eines Griechen Sohn bekahm / welchen sie durch heimliche
Anstellung zu sich fodern ließ / und ihr Gemüth entdeckte. Der Jüngling schlug
auch nicht schlim bey / und trieben sie Unzucht mit einander etliche mahl. Nun
waren zu beyden Theilen die Eltern noch an Leben / welchen das böse Geschrey
übel gefiel / sonderlich der Türckin Vater / der ein reicher vornehmer Mann war.
Die Wittibe begehrte den Griechen zur Ehe / so wieder ihr Gesetz / und
keinesweges geschehen konte / der Grieche würde den zuvor ein Türck / welches er
nicht gedachte zu thun. Ward demnach wegen der Frauen Vater die Schwängerung in
eine Geldbuße bey der Obrigkeit gemittelt / und ihr / wie auch den Geselle / bey
höchster Straffe auferleget / hinführo einander müßig zu gehen. Den Weibe aber
war es nicht möglich / wurden also über verhoffen beysammen in unkeuscher Brunst
gefunden / und gefänglich eingezogen. Der Witwen Vater wolte sich seiner Tochter
nicht mehr annehmen / so war der Grieche wegen Armuth seiner Eltern auch Hülfloß
/ u. weil er sich zum Mahometischen Glauben nicht bekennen wolte / sie zu nehmen
/ muste die Obrigkeit ihr Ambt thun / welches der Wittiben Vater selber begehrte
Wurden also diefe beyde aus dem Kercker geführet / das Weib fürwerts / der
Grieche rücklings auf [821] einen Esel gebunden / ihr der
Zaum / ihm der Schwantz in die Hand gegeben / durch die vornehmste Gassen der
gantzen Stadt Constantinopel geführet / Männiglich zum Exempel gewiesen / biß
sie endlich über dem Fisch-Marckt zum Thor hinaus aufs Meer / allwo eine
Gericht-Stelle aufgebauet / gebracht worden / da machte man sie beyde ledig. Und
zwar nahm man erst den Griechen / zog ihn fasenackt aus [doch blieb die Scham
mit einen Tuch bedeckt] band ihm Hände und Füsse auf den Rücken zusammen /
henckt ihn lebendig am Galgen / in einen eisernen Hacken / der ihm auf der Seite
durch die Rippen gieng / daß er noch alles sehen kunte / was man mit siener
Buhlschafft würde vornehmen. Da die Türck in diese schreckliche Straffe sahe /
ruffte sie ihm zu / er solte gedultig seyn. Aber man ließ sie nicht viel Worte
machen / sondern fuhr auch mit ihr fort / band ihr die Augen zu / und erfäuffte
sie im Meer / lieferte nachmahls den todten Cörper der Freundschafft. Der
Grieche muste solchen Jammer zuschauen / mit grossen Schmertzen / wäre zwar
gerne tod gewesen / aber konte nicht sterben / denn das Hertz war noch frisch im
Leibe. Es ward auch das Gericht alsbald durch etliche Wächter besetzt / daß man
den arme̅ Sünder nicht vergeben mögte würde. Als er nun drey
Tageu. Nacht in unfäglicher Pein halb tod und halb lebendig hieng / ist ein
Wächter durch des Griechen Freunde bestochenworden / welcher ihm Gifft in einen
Schwam / an stat Eßigs beybracht / daran er den vierbten Tag gestorben.
Mich. Heberer / lib. 2. 2. c. 38 Servit AEgyptiac. M. Stiefler / im geistl. Hist.
Schatz / cap. 11. pag. 612.
XI. Sonst wird es auch in Türckey wegen Abstraffung der Unzucht folgender gestalt
gehalten / nemlich zu Nachts gehet der Subaci oder Stadt-Richter in der Gaßen üm
/ findet er welche in Huren-Winckeln / so nimmt er sie zu sich / und setzet sie
gefangen biß auf den Morgen. Dann setzet er das Weib auf ein Saumthier / mit ein
paar Hörnern auf den Kopf / und der Buhler muß den Esel führen / welchen die
Augen mit einer Farbe gefärbet sind / da werffen ihn die Buben mit faulen
Pommerantzen / Aepffeln oder andern Dingen / verhöhnen und verspotten sie. Der
Buhler bekömmt noch darzu hundert Streiche / und sie muß den Esel bezahlen /
oder der Ehebrecher muß sich mit Gelbe lösen / und sie wird aufm Esel zur
Schande herum geführet / nackend durch alle Gassen / mit Küh- und Ochsen-Kutteln
behenckt / gegeisselt und gesteiniget.
Matth, Hammes, in virid. hist. pag. 349.
|| [822]
XII. Bey den Türcken werden gleichfals die falsche Zeugen auf einen Esel
rücklings gesetzet / durch die Stadt geführet / mit Koth geworffen / und aufs
ärgste geschimpffet. Die falsche Müntzer werden ebenmäßig so herum geführet /
haben einen hohen weissen Hut mit Hörnern auf / werden hernach grausam geprügelt
/ und müssen noch viel Geld zur Straffe erlegen / wie schon im vorigen Capitel
auch anführet.
Erasin. Francisci, im Neu-polirten Geschicht - Kunst - und Sitten-Spiegel / lib.
2. disq. 8. pag 404.
XIII. In Engelland hat sich einer vor etlichen Jahre̅ öffentlich
ausruffen lassen / er wäre der Meßias / dem auch eine schwermichte Rotte
begleitete / und mit dem Hosianna beglückwünschte / welchen der Magistrat
greiffen / aber nicht am Leden straffen / sondern rücklings auf einen Esel herum
führen / mit Ruthen biß aufs Blut züchtigen / und endlich ins Gefängnis werffen
lassen.
Idem Francisci, d. op. lib. 3. pag 1122.
XIV. Eben dieser Author führet pag. 1134. an / daß in der Stadt Suringa in Japan
einer / Nahmens Daifacti, nebst seinem Weibe auf schäbichte Schind-Gäule
gesetzet / und zum Scheiter-Hauffen geführet / das Weib zwar Gnade erlanget /
und beym Leben blieben / der Mann aber geschmeucht / und langsam zu Tode
gebraten worden.
XV. Augustinus Limmerus, in seiner Leipzig - Oesterreichischen Relation vom Jahr
1659. am 5. Blat schreibet / daß / als man damahls zu Rom das Carneval gehalten
/ unter andern Pabst Alexander VII. drey Pasquillanten auf Eseln / mit dem
Schwantz in der Hand / durch die Stadt reithen lassen / die über und über mit
Pasquillon / die wieder den Pabst / seine Verwanthen und Cardinäle gemacht /
behangen gewesen.
Author var. quaest. Cent. 4 quaest. 19 pag. 87.
XVI. Worbey incidenter zu melden / daß Pasquillus ein Schneider zu Rom gewesen /
welcher die Cardinäle / ja auch den Pabst selbst / wenn sei was unrechtes gethan
/ gantz frey und ungestrafft deswegen angegriffen hat / und soll nach seinem Tod
ihm zum andencken eine Säule mit einen Marmorsteinern Bild bey seiner Werckstat
aufgerichtet worden seyn / an welcher nachgehends des Nachtes allerhand
Schmäh-Schrifften gehefftet worden / welche dadurch den Nahmen Pasquille
bekommen haben. In Beschreibung der Stadt Rom aber wird gemeldet / daß
ietztgedachts Mar [823] melsteinerne Statua oder
Bildniß eines Fechters / oder doch eines Kriegesmannes sey / welcher da stehet /
gleichsam ob er einen treffen wolte / wie er den̅ unter sich einen
andern Marmorsteinern gestümmelten Stock von einen andern Bilde hat / welcher
sein Feind müsse gewesen seyn / mit dem er sich geschlagen. Und wollen theils /
daß es eine Abbildung eines aus den zween vornehmsten des Alexandri M. Königs in
Macedonien / so Pasquinus geheissen / sey. Wie lange aber solches Bild allda
gestanden / kan man nicht gewiß wissen. Vermuthlich ist es über 200. Jahr allda
gestanden / nachdem Franciscus von Ursinis, der Stadt-Voigt / das Hauß /
darneben das Bild stehet / aufgerichtet hat. Und weil dasselbe fast mitten in
der Stadt Rom gelegen / so will man / daß deswegen unter solchem Bilde die
Schmäh-Karten angehefftet worden / damit sie von denen Vorübergehenden desto
eher und leichter möchten gelesen werden. Und ist zuverwundern / daß in so lange
Zeit sich niemand unterstanden / solchen Bild-Sock hinweg zuthun. Zwar wird vom
Pabst Hadriano dem VI. erzehlet / daß er solches thun / und diese Statuam in die
Tyber habe werffen lassenwollen / es wäre ihm aber solches von einem
wiederrathen worden / dieweil zubesorgen / daß der Pasquillus im Wasser mehr /
als auf dem Lande / die grossen Herren anzwacken möchte.
Zeiler, Cent. 4. quaest. 19. pag. 86. & 87.
Henelius, in Otio Wratislav. c. 34. pag. 271. schreibet / daß Anno 1344. zwey
Bücher allerhand solcher Römischen Pasquille gedruckt heraus kommen. Zu Athen
stund ein grosser Ahornbaum / der nicht viel ehrlicher / als heute zu Tage
Galgen und Pranger geachtet war / an demselben hefftete man Täflein und
Schrifften / zu Schimpf und Schaden des Atheniensischen Frauenzimmers / welches
man auf öffentlicher Gasse in schlammichter Kleidung hatte angetroffen.
Erasm. Francisci, cap 45. letzt. Rechensch. Stiefler / im Geistl. Histor. Schatz
/ c. 32. p. 21 29.
|| [824]
CAPUT XXXIV.
Von Recantation und Wiederruf der ausgestossenen injurien und Schmach-Reden /
auch Schlagung seines eigenen Mauls.
I.
JOhannis Catiensis, eines Cracauischen Theologi, so Anno 1473. gestorben /
Symbolum ist / wie bey dem Schickfusio, in der Schlesischen Chronic. lib. 1.
fol. 145. zu lesen / dieses gewesen:
Conturbare cave,
Non est placare suave,
Infamare cave,
Nam revocare grave? Das ist: beunruhige niemand / denn es ist nicht so gar leicht / einen erzörneien wieder versöhnen. Schmähe keinen denn der Wiederruf kömmer uns herbe an! Und Martinus Möller, im andern Theil der Erklär- und Betrachtung der Evangelien schreibet / daß ein böses Maul mit einem Wort wohl achtfachen Schaden thun könne. Den erstlich verletzet er sein eigen Gewissen [2] ärgert er seinen Nähesten / der es gehöret [3] schadet es deme / den er beleugt. [4] erzürnet er GOtt / und fält in seine Straffe [5] verjageter die heilige Engel / [6] hofiret er dem Teuffel [7] kan er nicht mehr bethen / und [8] verschertzet er seinen Segen / und ziehet den Fluch auf sich / drum Hüt dich Unruh zu richten an / Die man so bald nicht stillen kan / Verunglimpff andre nimmermehr / Denn wiederruffen schmertzet seht! Zeiler, Epist. 61. II. Dieses solten alle Schmitz- und Schmäh-Mäuler / welche ehrliche Leuthe fälschlich beliegen / und ihnen bald dieses / bald jenes mit Unwarheit nachreden / wohl bedencken / so dürfften sie hernach / mit ihrer grösten Schade [823] und Sport / die Gericht wiederruffen / noch sich selbst aufs Maul schlagen. Finckelthaus, Obs. 4, n. 11. III. Denn Ehrbare Leuthe haben zu jederzeit das Leben und die Ehre gleich geachtet / auch die Verletz- oder Verleumdung an Ehren beschwerlicher geschätzet / als die Le???bes Beskädigung. Cicero in Verrem. Guil. Böckel. Disq. 6. pag. 130. Beust. de nupt. part. 1. de sponsal. c. 33. n. 3. Est enim fama res inaestimabilis, Gail. lib. 2. obs. 123. n. 5. ibi??? DD. & causa ardua, Petr. Gerb. de Petr. Sanct. singul. 82. negligensque famam, c. non sunt audiendi. 11. q. 3. c. nolo in pr. 12. q. 1. c. Sacerdos 1. q. 1. & statum sui ordinis, crudelis est, atque sibi ipsi injuriosus. Ancharen. cons. 188. n. 6. Equidem bona fama est res magnae importantiae. Sylvs cons. 94. lib 2. & bonum est habere bonum nomen. L. 1. C. de SS. Trinit. Bald. ad L. si cum dotem §. maritus ff solut. matrim. & famam bonam populi amant, tanquam thesauru̅ hominis inaestimabile̅, ac jucundum dicit, sicut lilium dans suavitatem odoris, Vant. de nullitat. tit. jurisdict. deleg. n. 47. fol. 313. Nec adeo humilis & inglorius esse quis debet, ut se contemni patiatur, & plus subjici, quam expediat. c. admonendi 2. q. 7. & c. quando 86. dist. & dissoluti omnino est, negligere famam Cic. 1. Offic. quam excedere docet omne lucrum pecuniarum Bartol. in L quidem Consul. ff. de re judia Seraph. Privileg. 1. n. 62. 27. & seqq. quin majus esse damnum pecuniario damno dicit Blanc. repet. L. ult. ff. de quaestionib. n. 11. Hinc idem volens spoliare aliquem bonâ famâ, inimicus existit, hinc bonis viris infamiae timor timendus magis est ac mortis. L. isti quidem 8. ff. quod met. caus. gest. Alexand. cons. 133. n. 8. lib. 6. quibus eligibilius est mori, quam vilipendi. Domin. Cardinal. Tusch. pract. concl. 129 lit. D. defensio multipl. n. 25. tom. 2. Gestalt denn nicht ein jeder Periclis zu Athen geduldiges Gemüthe hat / welcher / nachdem er von einen leichtfertigen Vogel den gantzen Tag auf den Marckt geschändet / und geschmähet worden / derselbe ihm auch des Abends noch biß vor sein Hauß nachlief / und auf das ärgste herunter machte / alles mit stillschweigen übertrug / und noch darzu seinem Diener befahl / er solte diesen Schänder nach Hauß leuchten / damit er nicht etwan in finstern anstossen / fallen und Schaden leiden möchte. Matth. Hammer. in virid. Histor. pag. 258.
|| [824]
Oder des Pomponii Attici seines / welcher lieber die injurien vergessen / als
rechen wolte.
Cornel. Nepos. in ejus vita. 25. cap. 11. n. 5.
IV. Dannenhero auch die Rechte sehr löblich und wohl geordnet haben / daß nach
angestelter Klage solche Schmäher / Lästerer und Ehren-Diebe vor Gericht
erfodert / und zu Darthu- und wenn sie solches nicht können / vermittelst eines
Urtheils oder Bescheides zum öffentlichen Wiederruf und Schlagung ihres
verlogenen Mauls condemniret werden. Der Wiederruf geschiehet gemeiniglich auf
diese Arth:
Ich N. N. bekenne hiermit öffentlich und vor Gerichte / daß ich wieder Gottes
Wort und Befehl / auch mein eigen Gewissen gröblich gehandelt / daß ich aus pur
lautern Haß / Feindschafft und Rachgier / durch Verleitung des Satans mich
erkühnet N. N. zu beschuldigen / als sc. (hier wird solche umständlich inserirt)
Weil aber solches von mir auf ihn wieder besser Wissen u. Gewissen erdichtet und
erlogen ist: Als bekenne und bereue ich solches hiermit von Hertzen / schlage
und züchtige auch deßhalber mit diesen Handstreich [hie muß er sich selbst aufs
Maul schlagen / oder / da er nicht dran will / thut es der Scharffrichter] mein
verlogen Maul: Revocire anbey alle und jede von mir wieder N. N. ausgestossene
Lästerungen / injurien, Schmach- und Schand-Reden / und verschulucke dieselbe
wieder in meinen Kragen und Magen / wie dieselbe von mir evomiret worden / nnd
bitte ihn um Gotteswillen / er wolle mir solchen groben Fehltritt und harte
Beleidigung Christlich und von Hertzen verzeihen und vergeben. Ich halte ihn vor
einen ehrlichen / unbescholtenen / rechtschaffenen Mann / weiß von ihm nichts /
als alle Ehre / Liebe und Gutes / will mich auch hinküufftig vor solcher
schweren Sünde und Verläumbdung meines Nähesten fleißig hüten / und vorsehen /
diesen schweren Sünden-Fall GOtt fußfällig und mit Trähnen abbitten / und mein
Leben bessern.
V. Wenn aber der Beklagte solchem Urthel oder Bescheide nicht nachkommen /
vielweniger den Wiederruf leisten wolte / doch gegenwärtig wäre / sind die
bewährtesten Rechts-Lehrer der Meinung / daß man folgender Gestalt wieder ihn
verfahren solle. Erstlich sey er nach Gelegenheit und [425] Qualität seiner Person / entweder durch Gefängnis auf einen Monat lang / oder
Ankündigung einer ziemlichen Geld Busse / oder auf andere zuläßige Arth und
Weise / zur Parition zu compe???iren.
Dan. Moller, lib. 1. semest. 2. n. 1. Math. Berlich / p. 5. concl. 62. n. 36.
Carpzov. pract. crim. p. 2. q. 94. n. 21. & 22. ibi??? praejudicia.
Zum andern würde er noch ferner ungehorsam und halsstarrig verbleiben / hätte man
ihn noch länger in Hafft zu behalten / und mit Wasser und Brod zuspeisen / mit
Bedrohung noch härterer Straffe / wenn er nicht revociren würde. Worbey dem
Judici frey stehet / ob er eine gewisse Straffe / entweder der zeitlichen oder
ewigen Landes-Verweisung strack bey der ersten Verweigerung erkennen: Ja pro
ratione circumstantiarum, und wenn des Beklagten übermachte Boßheit und Trotz
vor Augen / kurtz von der Sache zu kommen / mit Bedrohung der Landes-Verweisung
/ strack zur Folgeleistung des Urthels anhalten wolle. Drittens wenn er aber
dennoch sich weigert / und nicht darzu zubringen / wird ihm die
Landes-Verweisung angekündiget / und die Bedrohung hinzu gethan / daß / da er in
Güte den Wiederruf nicht selber leisten wolte / der Büttel oder Scharffrichter
neben ihm / vör Gericht stehend / solchen in seinen Nahmen thun solte. Vierdtens
/ ist er nun nicht zugewinnen / geschicht in seinem Beiseyn die Recantation vor
Gericht durch den Büttel / und wird der Beklagte drauf des Landes verwiesen.
Carpzov. d. q. 94 n. 26.
VI. Da der Injuriant und Ehrenschänder / so zum Wiederruf condemniret / nicht
gegeuwärtig / sondern ausgetreten wäre / soll er zum erstenmahl bey nahmhaff: er
Straffe citiret werden / und da er alsdann in Termino ungehorsamlich aussen
bleibet / soll man dahin trachten / daß er zur gefänglichen Hafft gebracht werde
/ und man ihn also vor Gericht stellen könne. Ist er aber nicht zuerlangen /
soll der Richter die gefällete Sentenz nicht allein in loco judicii, i. e. an
dem Orth / da er zum Wiederruf confemniret worden / sondern auch an dem Orth /
da die Injurien und Schmähungen geschehen sind / und dann drittens an dem Orth /
da sich der Ehren-Dieb aufhält / oder gemeiniglich aufzuhalten pfleget /
öffentlich anschlagen lassen / damit der Injuriatus und Geschmähete nicht allein
seiner Ehren restituiret / sondern auch männiglichen durch dieses offene Patent
kund gemacht werde / daß der Schmäher zum öffentlichen Wiederruf verurtheilet
sey / und wegen seines [826] beharrlichen Ungehorsams vor
einen Landesverwiesenen und ehrlosen Menschen erkläret worden / und dafür auch
künfftig / biß auf fernere Verordnung / zu achten sey.
Prosp. Farinac. part 3. oper. crim. q. 150. n. 71. Berlich / d. concl. 62. n. 41.
& seqq. Corp. jur. milit. cum not. Papp. pag. 288. Moller. ad const.
Elect. 42. n. 38. part. 4. Vid. Zanger. in tr. except. part. 2. c. 1. n. 77.
quem refutat Carpz. d. q. 94. n. 28.
VII. Allermaßen der Churfürstl. Sächß. Schöppen-Stuhl zu Leipzig vielmahl /
sonderlich aber Anno 1615. 1616. und 1631. so erkant und gesprochen: Verb. Sent.
So wird nunmehr / weil an dem Gefangenen keine Folge noch Buße zu hoffen /
sondern er auf seiner eingebildeten und vorgesetzten Meinung und Wahn /
muthwillig / halsstarrig und trotzig verbleiben thut / unser euch ertheilter
Recht-Spruch an ihn gebührender maßen billig vollstreckt / nemlich auf die maße
/ daß dem Büttel des Orths auferleget werde / an stat und in Nahmen des
Gefangenen / iedoch daß er darbey / und mit zur Stelle sey / wie auch in
Geganwart des Injuriati, so er durch sein gifftiges und böses Maul injuriret /
und Ehren-verletzlich angelassen / den Wiederruf öffentlich und gerichtlich
zuleisten / und wenn solches also effectuiret / wird auch die Landes-Verweisung
an ihm billig vollstreckt sc. V. R. W.
VIII. Bey der Recantation, wenn die Schlagung des verlogenen Mauls erkand wird /
schläget der Büttel dem Beklagten / wenn er / wie obgedacht / nicht selber
wiederruffen und sich züchtigen will / nur einmahl aufs Maul / wenn es an die
Wort: So schlage und züchtige ich deshalbe mit diesen Handstreich mein verlogen
Maul / kömmet.
IX. Zuweilen wenn die Schmäh- und Lästerungen gar zu arg / und wieder vornehme
Leuthe / Fürstliche Räthe / von Adel / oder andere grosse Ministros ausgestossen
worden / wird nach Gelegenheit der Zeit / Orths und anderer Umstände / der
Thäter wohl gar mit Staupenschlägen des Landes ewig verwiesen.
L. item apud 15. §. idem ait. L. Divus Severus 40. L. qui injuriarum ff. de
injuriis. Constit. Elector Sax. 42. part. 4 vers. darüber. Carpz. d. q 94. n.
44. & 45.
X. Ob aber die Straffe in solchen Schmäh-Sachen dergestalt zu erhöhen / [827] daß dem Injurianten darum das Leben zunehmen? darüber
certiren noch die Rechts-Gelehrte. Anton. Gomez, lib. 3. var. resol. c. 6. n. 8.
Matth. Coler, part. 1. decis. 61. n. 5. And. Rauchbar / p. 1. q. 7. n. 36.
Matth. Berlich / part. 5. concl. 61. Harprecht / in §. in summ. 10. n. 14.
Justit. de injur. Jul. Clar. lib. 5. Sentent. §. injuria n. 7. & §. ult.
quaest. 83. n. 11. und andere mehr bejahen solches / drum auch die
Juristen-Facultät zu Franckfurth an der Oder Anno 1614. einen / der auf den
Churfürsten zu Brandenburg grausam geschmähet und gelästert / die Todes-Straffe
zuerkant / doch die Clausus hinzu gethan: Daß wenn Ihr. Churfürstl. Durchl. dem
Reo Gnade erweisen wolten / die Todes-Straffe alsdann in einen starcken
Staupen-Schlag zuverwandeln. Allein Dan. Moller, ad Const. Elect. 43. n. 2. und
Carpzov. d. q. 94. n. 48 & 49. halten davor / daß im Sächsischen Foro
die Verbal-Injurien zum höchsten mit den Staupenschlag und der ewigen
Landes-Verweisung / nicht abet mit dem Tod zubestraffen / welcher gelindern
Meinung auch der Schöppen-Stuhl zu Leipzig in Sprechen zu folgen pfleget.
XI. Wegen geringer Injurien muß der Beklagte / wenn er dessen geständig ist /
oder über führet wird / Klägern vor Gericht eine Christliche Abbitte und
Ehren-Erklärung / daß er nemlich von demselben nichts / als alle Ehre / Liebes
und Guthes wisse / thun / wird darzu arbitrariè mit einer Geld-Straffe / oder
leidlichen Gefängnis / angesehen.
Reichs-Abschied zu Augspurg / Anno 1566. §. 08. incip. causas injuriarum. Vid.
Carpz. p. 2. pract. crim. q. 94. per tot.
In supplemento Wehneri lit. T. in verbo Tagewerck / stehet / daß den Tagewerckern
in Sachsen vor die ihnen angethane Injurien zween wöllene Handschuh und eine
Mist-Gabel gegeben werde. Welches auch Dither, in contin. Besold. thes. pract.
v. Handschuhe / pag. 289. wiederholet.
XII. In Schweden muß derjenige / so ehrliche Leuthe geschimpffet und geschmähet /
ein gewiß Geld zur Straffe erlegen / welches das Lügen- oder Mund-Geld genennet
wird.
Mevius. ad Jus Lubecens. lib. 4. t. 4. art. 16. n. 5. Dither, in contin. thes.
pract. Besold. p 315.
XIII. Wieder den gewesenen Fürstl. Holsteinischen Abgesandten in Moskau und
Persien / Otto Brüggemannen / ist in puncto injuriarum folgendes Urthel
gesprochen:
|| [828]
In Sachen M. Adami Olearii, Klägers an eine ???n- entgegen und wieder Otto
Brüggemannen / Beklagten injuriarum verbalium & realium andern Theil /
erkennen von Gottes Gnaden Wir Friedrich / Erbe zu Norwegen / Hertzog zu
Schleßwig / Holstein / Stormarn / und der Ditmarsen / Graff zu Oldenburg und
Delmenhorst / sc. auf gehörte Klage / und ex officio erkante Submission hiermit
für Recht: Daß dem Beklagten beschehener maßen dem Kläger zu diffamiren nicht
gebühretgehabt / besondern er daran zu viel und unrecht gethan / und Klägern
einen öffentlichen Wiederruf zu thun schuldig / mit Vorbehalt unserer Straffe /
gestalt Wir ihm darzu condemniren und verurtheilen. V. R. W.
Publicatum unter Unserm Fürstl. Secret auf Unserm Schloß Gottorff / den 9. April,
Anno 1640.
(L. S.)
Friedrich.
Der Wiederruf lautete und geschahe also:
Ich Otto Brüggemann / bekenne hiermit öffentlich / daß ich an alle demjenigen /
so an M. Adamo Oleario ich würcklich begangen / und ihm Ehrenrührig nachgeredet
/ zu viel und unrecht gethan / und denselben nichts anders / als was zu Ehren
diener / und einem ehrlichen Mann wohl anstehet und geziemet / nach zusagen
weiß. Thue derowegen solches alles hiermit öffentlich revociren un̅ wiederruffen.
XIV. Anno 1627. stund der Königliche Böhmische Land-Hauptman / Herr Hans von
Seidliz / auf dem Javerischen Schlosse wegen der aufrührischen Bauren von
Peterwiz in grosser Gefahr / welche ihn mit Messern zu ermorden trachteten /
aber die Aufwiegler wurden verrathen / ertappet und enthauptet / ihre
Mit-Consorten aber musten von Peter wiz auf den Knien biß aufs Schloß kriechen /
und dem Land-Hauptmann depreciren / auch schweren / binnen zehen Jahren kein
Messer mit einer Spitze zugebrauchen.
Henr. Koch / in den denckwürdigen Geschichten des Fürstenthums Schlesien / pag.
271.
|| [829]
CAPUT XXXV.
Von Stellung am Pranger und Hals-Eisen.
I.
OB wohl Berlichius, part. 1. concl. 1. n. 13. verfechten will / daß die Stellung
am Pranger und Hals-Eisen demjenigen zukomme / welcher die Erb- oder
Nieder-Gerichte hat / und zwar darum / weil man in den kleinen Städten / Flecken
und Dörffern solche Stöcke aufgerichtet / und Hals-Eisen dran gemacht sehe / an
welche liederliche Burße / die entweder in den Bier- oder Wein-Schencken tumult
u. Schlägerey angefangen / oder auch wohl Feld-Diebe und andere / die nicht viel
verbrochen / öffentlich dargestellet würden. Welchem auch Petrus Jacobus,
in sua Pract. Aurea, sub rubr. de Jurisd. n. 62. beypflichtet:
So ist doch das Gegentheil / daß nemlich Stock / Pranger / Hals-Eisen und ander
dergleichen Gerichtszwang zu den Hals- oder Ober-Gerichten gehören / mehr als zu
war / bestätigen auch solches mit mehrern Rüding. cent. 4. obs. 83. And. Knich.
de sublim. Territ. Jure c. 3. n. 405. Sichard. ad L un. n. 1. C. de Nund. C
oler. Decis. 240. n. 2. part. 2. Symphorem Gylmann. 2 part. 3. tit. 10. Voto 2
Bidenbach. in Quaest. nobil. Quaest 7. Speidel. Spec. v. Stock / Hals-Eisen /
pag. 1192. Besold. tr. de Jurisdict. Imp. Rom. in Consil. eidem tr. annexo fol.
92. & in Discursu polit. de AErar. publ. c. 5. pag. 99. Carpzov. in
prax. erim. part. 3. Quaest. 109. n. 73. & Jurisprud. For. port. 3.
const. fin. def. 14. n. 4.
II. Es werden die Verbrecher um deßwillen dran gestellet / daß / zu ihren Hohn
und Spot sie Männigliglich sehe / ein Exempel an ihnen nehme / und sich solcher
Straffe fürchten lerne.
Juxta L. 1. Cod. ad Leg. Jul. repetund. Zas. ad L. Imperium 3. ff. de Jurisd.
Mynsing. consil. 16. n. 30. Besold. in Thes. pract. v. Pranger / Hals-Eisen p.
763.
Es wird auch diese Straffe ausdrücklich in der Peinlichen Hals-Gerichts-Ordnung
Caroli V sonderlich Artic. 115. 123. 161. & 198. mitgesetzet / und
angeführet / und bekömmet auch Sachsen-Recht um deßwillen der Ober-Rich [830] ter die Erbloß gestorbene Gerade, daß er davon
Stöcke / Pranger / Galgen und allerley Sachen / damit man Missethäter peiniget /
halten soll.
Weichbild, lib. 2. art. 59. juncta glossa. Dan. Moller, ad Constit. Elect. Sax
part. 3. c. fin. n. 9. Schneidevvin, ad Instit. sub Rubr. de Success. Fiscin.
17. Goldbeck, de gerada, cap. 5. de 3. ord fucoed. n. 9. & 10. pag 71.
Zugeschweigen daß in Sachsen die Stellung am Pranger / und Schliessung ans
Hals-Eisen unter die genera poenarum corporalium gerechnet wird.
Vid. Coler. d. Decis. 240. n. 3.
[Wiewohl Carpzov. in prax. crim. Quaest. 129. n. 51. & defin. Consist.
lib. 3. tit. 6. def. 79. n. 15. der widrigen Meinung ist / vorgebende / numellas
non esse poenam corporalem, seu corporis afflictivam, quia per hasce corpus
directò non affligitur, sed tantùm per indirectum: Imò interdum esse tantùm
praeparatorium quoddam poenae corporalis irrogandae; prout patet ex ord. crim.
Carolina art. 198. ibi: öffentlich am Pranger gestellet / und fürter mit Ruthen
ausgebauen.]
III. Dannenhero Christian Benjamin Hertz / in seiner Disputation, de jure
Numellarum, cap. 2. thes. 7. gar recht auf des Berlichii assertion geantwortet /
wenn er setzet: De experientia, quâ nititur Berlichius, àdmodum dubitamus; nam
quamvis interdum propter leve aliquod crimen, quod fortè non videtur esse meri
Imperii, quis Numellis alligetur, non tamen sequitur: jus tales Numellas
publicas erigendi non esse meri Imperii, seu superioris jurisdictionis; quid
quod & leves castigationes, teste Mynsing. d. cons. 16. n. 25. esse meri
imperii intelligantur, quando propter alicujus maleficii vindictam imponuntur.
Conf. Zas. d. l. n. 17.
Nonne autem est maleficium, quando quis ligna & gramina aliis furatur,
vel alios verberat? Praeterea regulariter aliàs nemo ad Numellas sistitur, nisi
qui crimen tale perpetravit, quod suâ indole ad supremam jurisdictionem
pertinet, teste Carpz. prax. crim. 2. 190 n. 73. infin. Et positô, quod quis
interdum habeat erectas Numellas, quamvis non habeat superiorem [831] jurisdictionem plenam. Nam potest fortè hoc jus per praescriptionem
acquisivisse, & c.
IV. Es wird aber der Stock oder Pranger sonst auch die Staup-Seule / item der
Kaak oder Schmach-Kaak genennet.
Alemann. in Palaestr. Consult. consultat. 1. in fine, pag. 46.
Alio nomine haec statua dicitur etiam Postellum,
Mynsing. Resp. 16. n. 30.
Palus numellarius,
Stryck, vol. 2. Disp. 11. c. 2. th. 4. n. 11.
& Columbar.
Turneb. lib. 26. advers. c. 2. Pontan. in annot. ad lib. 3. progymn. 26. pag.
641. Unde Plautus: Nam in columbari collum haud multò post erit tuum.
V. Numella ist eine Machine von Holtz / oder ein höltzener Stock bey den Alten
gewesen / mit Löchern / durch welche die Ubelthäter den Hals und Beine stecken
müssen / üm sie desto besser zuverwahren / daß sie sich nicht loßreissen können
/ oder aber daß man sie gar damit gepeiniget.
Anton. Gallonius, de Cruciat. Martyr. pag. 153. Turneb. lib. 26. advers. c. 11.
vid. supra cap. IX. n. XV.
Drum auch Plautus solche numellas unter die Instrumenta der Scharfrichter
mitrechnet.
Asinar. act. 3. Scen. 2. vers. 5.
VI. Man hat auch wohl eine gewisse Art lederne Riemen / so aus einer rohen
Ochsenhaut geschnitten / damit die Hunde und das andere Vieh angebunden worden /
also benahmet.
Varro, lib. 2. de re Rust. c. 9. Festus de verb. signif. p. 127. Columella. lib.
6. c. 19. & lib. 7. c. 8.
VII. Matthias Colerus, part. 2. Decis. 240. n. 1. beschreibet die Hals-Eisen nach
der heutigen Arth also: Numellae sunt incurvata signa, seu instrumenta ferrea,
quae applicantur gulae vel collo, appensa vel parieti cujusdam aedificii
publici, vel statuae cuidam ligneae seu lapideae, in loco publico editiori
& eminentiori erectae, in infamiam & dedecus delinquentium. Sive
brevibus: quod sint Instrumenta ad poe [832] nam, qua
reus, praevi a sufficiente causae cognitione, à judice competente &
habente jus Numellarum, pro qualitate delicti, afficitur.
Herz, d. Disp. c. 2. th. 6.
VIII. Woher aber das Wort Numella derivirt werde / drüber sind die Autores nicht
eins. Turnebus, lib. 26. c. 11. hält davor / es komme her â Nuo, von wancken
oder niedersincken des Haupts / weil diejenige / so in obgedachte Machine
eingespannet wurden / den Kopf niedrig halten musten. Unde & Graecis
dicitur [Greek words], à [Greek words], h. e. nuo, propendeo, capite sum obstipo.
Joh. Gerh. Vossius, in Etymol. ling. Lat. sub hâc voce.
Weßhalber einige vor Numella, Nuella wollen gelesen wissen.
vid. Martin. in lexic. Philog. in hâc voce.
Christianus Becmann aber / de Origine Latin. linguae, lit. N. p. 749. leitet es
her / à formâ numorum, quos articuli seu ligamenta mutuò juncta repraesentarunt;
ficut omnino in omnibus penè hoc videndum Numellis.
IX. Mit diesem kömme̅t fast über ein dasjenige Halsband / welches
bey den Römern denen Ubelthätern zur Straffe und Beschimffung angemacht und
Collare genennet wurde.
vide Lexicon Calvini, & Schardii h. v. Alciat. in L. verum est de verb.
signif. Plautum in Captiv. Cujac. observ. lib. 11. c. 22. in princ. &
supra cap. IX. n. X.
X. In Persien haben sie einen Stock / oder Joch / drinn die Gefangene an Hals und
und Armen geschlossen werden / so sie Palenk heissen.
Olear. in der Pers. Reise-Beschreib. pag. 397. & 398.
XI. Die Sineser / wenn sie einen sehr beschimpffen wollen / hengen demselben eine
grosse viereckichte Taffel an den Hals / welche anderthalbe Elen lang / und
breit ist / und in der Mitte ein Loch hat / von solcher Grösse / daß man füglich
den Hals darein beschliessen kan / und der Kopf oben heraus steckt / hingegen
aber der also getäfelte Mensch keine Hand zum Munde bringen / noch einige Speise
/ ohne von eines andern Händen / geniessen kan / und muß einer mit solchen
Hals-Bret etliche Stunden / ja wohl den gantzen Tag vor des Königs Pallast
stehen.
Vid. Erasm. Francisci ausländ. Sitten-Spiegel p. 368.
Allwo er pag. 387. noch weiter meldet daß / etlichen Aufrührern und Verräthern /
so sich verschworen / den Magistrat zu Nanking aufzureiben / und alle [833] Aemter unter sich auszutheilen / folgender
schmählicher Tod / nachdem solcher Anschlag durch einen ihres Mittels / so mit
der ihm angetragenen Würde nicht zufrieden / eröfnet / angethan worden / nemlich
man hat ihnen Zirckelrunde Taffeln um den Hals gehengt / auch zugeschlossen:
Welche ihres schweren Gewichts halber ihnen die Schultern gar hart gedruckt.
Diese Taffeln waren / gleich wie ietzt von den viereckigten gemeldet / so breit
/ daß man davor mit keiner Hand zum Mund reichen konte / sondern sie ander
Leuthe Hände und Gnade leben musten / wenn sie essen oder trincken wolten. In
solchen höltzernen Kragen musten sie Tag und Nacht über stehen bleiben / biß
ihnen die Feuchtigkeit nach u. nach von oben hinunter in die Beine geflossen war
/ und das Fleisch allgemach verfaulete: Daher endlich / weil die Seulen abnahmen
/ das gantze Lebens-Gebäu übernhauffen fiehl. In solcher Pein haben etliche
gantzer funfzehen Tage gelebt. Vielleicht darum / weil die Henckers-Buben mit
Geld bestochen worden / und ihnen bey Nachtszeiten einige Ruhe zugelassen. Ist
also diese der allerhärtesten Straffen eine bey ihnen / so zu ersinnen.
XII. Hierbey fraget es sich / wen̅ einer mit den Gerichten ingemein
belehnet / ob auch das Recht des Prangers und Hals-Eisens mit darunter begriffen
sey: Welches aber verneinet wird / weil dieses / wie gedacht / zu den Ober- und
Hals-Gerichten gehöret. Jurisdictio autem superior regulariter sub simplici
concessione non continetur.
Struv. in Syntagm. Jur. Feud-c. 6. Aph. 18. n. 4. & Syntagm. Juris Civ.
Exer. 4. th. 80.
Quanquam merum quoque Imperium, seu jurisdictionem superiorem ita comprehendi
velit
Carpzov. p. 2. const. 40. def. 6. & in pract. crim. q. 109. n. 89.
& seqq.
ubi etiam n. 9. 3. praejudicio hoc confirmat. Moribus tamen tunc demum admitti
hoc posset, si vox omnimoda sit addita: Mit allen und jeden Gerichten / vel mit
allen Gerichten und Herrligkeiten. Haec enim Regula involvit, & inde
innuit, jura in eminentiori gradu esse concessa.
Stryck. in Exam. Juris Feud. cap. 8. Quaest. 24. Herz, d. Disp. c. 2. th. 11.
|| [834]
XIII. Es kan auch ein Inferior contra inferiorem folch Recht / nach dem
Käyserlichen Recht / si cum territorio, binnen 10. oder 20. Jahren / si citra
territorium, ut res incorporalis, in 40. Jahren praescribiren / und also durch
die Verjährung erlangen.
Zas. ad tit. de Jurisd. n. 33. Matth. Stephani de Jurisdict. lib. 1. c. 38. n.
33.
Nach dem Sächsischen Recht aber werden 31. Jahr / 6. Wochen und 3. Tage / zu
solcher Praescription erfordert. Procedit tamen hoc sub certa limitatione, ut
scilicet interveniat scientia & patientia ejus, ad quem aliàs
Jurisdictio pertinet, haec autem probatur satis per frequentiam ejusmodi Actuum
jurisdictionalium, quos publicè & palam aliquis, ejusque antecessores
exercuerunt.
Mynsing. d. l. n. 40.
Nec obstat, quod hic nullus adsit Titulus, nec bona fides, nam talis longissima
patientia & conniventia titulum & b. f inducit,
Arg. L. Labeo 19. ff. de aq. & aq. pluv. arc. Carpzov. part. 2. const. 3.
def. 7. n. 12. & seqq. Besold. in tr. de Jurisd. Imp. Rom. pag. 91.
XIV. Wenn aber ein Inferior contra Principem wolte die Jurisdiction, und folglich
das Jus Numellarum praescribiren / würde dazu tempus im̅emoriale
erfordert.
arg. cap. super quibus dam 26. ff. praeterea X. de V. S.
Et haec immemorialis praescriptio est instar Tituli legitimè constituti, Pr. L.
3. §. 4. ff. de Aq. cot. & aest. aequiparaturque Privilegio, &
eandem vim habet, quam ipsa concessio specialiter facta.
Stryck, vol. 2. disp. 5. c. 2. n. 30.
XV. Doch folget nicht / wenn einer gleich das Jus Numellarum praescribiret hätte
/ daß er auch die andere Dinge / so Meri Imperii & Jurisdictionis sind /
exerciren könte / denn hie heisset es billig: tantum praescriptum, quantum
possessum. Et praescriptio est stricti juris, tendit enim in praejudicium
tertii.
XVI. Ob aber auch der Judex Ecclesiasticus Macht habe / iemanden an den Pranger
und Hals-Eisen schliessen zulassen / ist die Frage. Dieses wird mit Nein
beantwortet. Denn oben ist schon weit läufftig angeführet / daß solche Straffe
in die Ober-Gerichte gehöre. Die Consistoria oder geistliche Richter aber haben
nur die Erb- und Nieder-Gerichte / des [835] halber
sie sich dessen nicht anzumaßen / sondern der Ober-Richter.
Carpzov. in Jurispr. Eccles. lib. 3. dec. 5. n. 7. & dec. 73. n. 8.
& 18.
XVII. Der Orth / wo die Hals-Eisen angemacht werden / sind entweder die Ambt-
oder Rath-Häuser / oder sie sind mitten auf den Märckten an Säulen / oder auch
wohl an den Kirch-Mauren / ja an gemeinen Schenck-Häusern / oder sonsten
befestiget zubefinden.
XVIII. Quaestio: an tales statuae seu signa Numellaria possint poni in sacris
locis, puta Caemiteriis? aliquando proposita fuit teste
Theodorico, in judic. crim. pract. c. 10. Aph. 5. n. 7.
Et negat hoc quidem Colerus, part. 2. dec. 240. n. 5. putans, ejusmodi columnas
non ponendas esse in locis sacris, sed potius circa tabernas publicas, sicque
pronunciatum esse dicit à Jenensibus, Mens. Febr. Anno 1580. Sed cum ipse se
fundet in eo, si nimirum Jus Patronatus pertineat ad alium, quàm habentem ejus
loci Jurisdictionem Superiorem, omninò illa Decisio locum invenire potest: Secus
ergò si Jus Patronatus simul competat: Sic enim nullum reliqvum manet dubium,
quo minus Numellae muris Templorum, vel in Caemiteriis affigi, & ad eas
rei sisti possint.
Conf. Carpzov. pr. crim. p. 3. quaest. 119. n. 77. & 78. Hertz / d. Disq.
th. 18.
XIX. Und wenn dieselbe auch gar übern Hauffen fiehlen / und derjenige / dem das
Jus erigendi zukömmet / solche in vielen Jahren nicht wieder hätte aufrichten
lassen / verlöhre er doch dadurch seine Gerechtigkeit nicht / teste
Besoldo, in consil. Tr. de juris d. Imp. Roman. annexo, pag. 93.
Ex hâc ratione quia merae facultatis est, ejusmodi signa erigere: illud autem
quod merae facultatis, post quodcunque temporis spatium fieri potest, nulla
praescriptione impediente, nisi accesserit prohibitio, & alter
acquieverit, uti hoc communiter limitatur.
Vid. Dn. Strauch / ad univ. Jus Justin. diss 8. aph. 7. Wesenbec. cons. 95. n.
23°
XX. Mit dem Hals-Eisen aber / und Stellung an den Pranger werden beleget /
Erstlich die Gotteslästerer und Schwerer / welche nur mediatè wieder die
Göttliche Majestät Blasphemien ausgestossen / als wenn sie bey den Sacramenten /
Leiden und Wunden Christi geschworen / oder was läster [836] liches geredet hätten. Und ob wohl in Imperio
Romano-Germanico diesesfals paena arbitraria nur gesetzet;
Receß. Imper. de An. 1530. tit. von Gotteslästerung und Scherren. Conf. Coler. p.
2. decis. 172. n. 3.
So ist doch in denen Sächß. Provincien über solche wilkürliche Straffe noch
weiter verordnet / und eingeführet / daß ein sothaner Delinquent öffentlich 1.
2. oder mehr Stunden ans Hals-Eisen geschlossen / und männiglich zum Exempel
dargestellet wird.
Carpzov. part. 4. const. 1. def. 6. n. 5. & seqq.
Ubi sic quoque responsum fuisse refert, in causa Hansen Reinharts zu Waldenburg /
Mens. Febr. 1628. Daß Beklagter wegen seines verübten Fluchens und
Sacramentirens / andern zum Abscheu / vor die Kirch-Thür oder Schenckstät an das
Hals-Eisen zwo Stunden lang öffentlich iedermänniglichen anzuschauen gestellet /
und darauf 3. Wochen lang mit Gefängniß gestrafft werde / V. R. W. Maßsen denn
auch der Adel hierwieder regulariter keine Befreyung hat / wie idem Carpz. d. l.
D. 7. n. 3. & seqq. bezeuget / und es mit einem Anno 1571. im Monat
Februarii, zu Leipzig gesprochenen Praejudicio bestrecket / his verbis: So
werden bemeldete / von wegen ihres geübten und begangenen Fluchens / wofern
unser gnädigster Herr / der Churfürst zu Sachsen / ihnen keine Milderung
erzeigen wolte / billig vor die Kirche oder das Rathhaußiedermänniglichen
anzuschauen gesteller / und darnach mit Gefängnis in Straff genommen / V. R. W.
Es kömmet auch niemandten zu statten / daß er nur zum erstenmahl sich mit
solchen Fluchen und Lästerungen verstiegen / vorher aber dergleichen zu thun
nicht gewohnt gewesen. Uti iterum praejudicio, quod atum Mens Febr. 1628.
confirmat Carpzov. d. l. definit. 8. Da aber die Blasphemien immediatè in Deum
wären ausgestossen worden / ist die Straffe das Schwerd / oder nach Befindung
der Sachen Umstände und Beschaffenheit / der Staupen. Schlag / nebst der ewigen
Landes-Verweisung.
Carpzov. part. 4. Const. 1. defin. 1. & 2. & in Pr. crim. part.
1. quaest. 45. n. 20. Conf. Brunnem. in proceß. crim. cap. 9. n. 7.
XXI. Zum andern die Meineidige / und so einen falschen Eyd geschworen-Hertz / d.
disp. de Numellis c. 3. th. 5.
|| [837]
Sic enim in Scabinatu Jenensi Mens. Aug. 1683. responsum fuit:
P. P.
Sprechen Wir vor Recht / daß bemeldte Inquisitin wegen des begangenen und
gestandenen Meineyds / eine Stunde lang am öffentlichen Pranger zustellen / und
nebenst Erstattung der Unkosten mit ewiger Landes-Verweisung zu belegen / V. R.
W.
XXII. Drittens wird sie auch practiciret wieder diejenige / so ein Crimen
Praevaricationis begangen.
Juxta Art. 115. P. H. G. O. Caroli V.
Ibi. So ein Procurator für setzlicher gefährlicher weise / seiner Parthey in
Bürgerlichen und Peinlichen Sachen zum Nachtheil / und dem Wiedertheil zu gut
handelte / und solcher Ubelthat überwunden würde / der soll zuförderst seinen
Theil nach allen Vermögen seinen Schaden / so er solcher Sachen halber empfähet
/ wiederlegen / und darzu in den Pranger / oder Hals-Eisen / gestellet / mit
Ruthen aus gehauen / des Landes verbothen / oder sonst nach Gelegenheit der
Mißhandlung in andere Wege gestrafft werden.
Conf. Menoch. de A. 1. Q. lib. 2. cas. 323.
XXIII. Zum Vierdten / ingleichen wieder die Huren-Wirthe / Kupler und Kuplerinnen
/ qui domos suas scienter ad lenocinia praebent. L. 3. §. 3. ff. de Accus. per
Const. Crim. art. 123. Ibi: Dieselbige boßhafftige Kupler und Kuplerinnen / auch
diejenigen / so wissentlich und gefährlicher / auch boßhafftiger weise ihre
Häuser darzu leihen / oder solches in ihren Häusernzugeschehen gestatten /
sollen nach Gelegenheit der Verhandlung / und Rath der Rechts-Verständigen / es
sey mit Verweisung des Landes / Stellung am Pranger / Abschneidung der Ohren /
oder Aushauung mit Ruthen / und anderm gestrafft werden.
XXIV. Zum Fünften / Ferner stellet man auch am Pranger Diebe / welche zum
erstenmahl unter fünf Gülden werth gestohlen / auch darüber ertappet und
betreten worden / ehe und bevor sie damit an ihre Gewahrsam kommen / jedoch
nicht zum Diebstahl gebrochen / ja man stäupet wohl / nach Befindung er Sachen
Umstände und Beschaffenheit / gar aus & und verweiset [nach geschworner
Urphede] sie des Landes.
Juxta Artic. d. Const. Crim. art. 158, conf. Brunnemann. in Proc. crim. c. 9. n.
86.
|| [838]
Es wäre denn Sache / daß der Dieb eine persona specta bilis, & loco
honesto natus sey / und man Hoffnung hätte / daß er davon abstehen / und sich
bessern würde / alsdenn wird die Straffe gemildert. Quae tamen verba [nempe
personae spectabilitas & spes emendationis] conjunctivè ponenda sunt,
cum nec sola Natalitium honestas attendatur, nisi & spes emendationis
subfuerit. Alias quidem in poenis distinctio personarum simpliciter attenditur,
ut plebei, seu humiliori loco positi, gravius; honestioris conditionis homines
vevò mitius puniantur.
L. 11. §. 1. ff. de dolo malo. L. 4. §. 3. ff. de Incend. ruin. nauf. L. 1.
& fin. ff. de furib. Balnar. L. pen. ff. de Sicar. L. 10. & L.
16. §. 3. ff. de poen.
Meritò tamen haec limitatio de spe emendationis additur, quia poena in
emendationem hominum constituta est.
L. 20. ff. de poenis.
Cujus spes si certò apparet, meritò acerbior poena mitigatur.
Tiraquell. c. 28. n. 4. Tabor. p. 456. n. 4. & 460. n. 11. Racem. Crim.
Doch also / daß er den Diebstahl vierfach widergebe und erstze / quae quoque
poena antiquis Legibus est conformis.
vid. Berlich. part. 5. concl. 43. n. 3. & seqq.
Oder im Gefängnis verbüße / wenn er nicht so viel in Vermögen hat / daß er den
Diebstahl weder vierfach / noch halb / ja nicht einmahl einfach refundiren
könne. Wiewohl er ohne dem nicht mit davon kömmt / wenn er gleich die gestohlene
Sachen zurück giebt / oder den Werth davor erleget / sondern er muß die auf
seinen Unterhalt gewendete Kosten und andern expensen wieder gut thun / auch /
ehe er der Hafft erlassen wird / eine Urphede schweren.
vid. Bocer. c. 1. n. 109. 110. & seqq. ??? 119. de Furtis: Daniel Clasen,
ad d. art. 158. const. crim. pag. 681. & 682.
XXV. Item Sechstens / die Diebe / so zum andernmahl unter fünf Gülden gestohlen /
und keine Effraction darbey vorgenommen.
P. H. O. art. 161. ??? Matth. Stephani. & Clasen. in notis. Berlich.
part. 5. Concl. 43. n. 84.
XXVI. Siebendens / die so Weintrauben / Aepffel / Birn / Kirschen / Kraut / Rüben
und andere essende Früchte entwendet.
cit. Berlich. p. 5. Const. 53. n. 19.
|| [839]
ubi refert, quod cuidam, qui per biennium uvas ex vinea saepius extulerat, cum
sciri non potuisset, quentum furatus esset, dictata fuerit haec poena, ut
scilicet per horam poneretur ad Numellas, & postea ad biennium
relegaretur.
Conf. Moller. ad Const. Sax. 37. p. 4.
Welche auch zuweilen wohl durch den Kack ins Wesser geworffen werden.
XXIIX. Endlich und Achtens / hat diese Straffe stat in allen denen Verbrechen /
welche die aus oder abschneidung der Zunge und Ohren / abhauung der Finger / und
dergleichen mit sich führen / wie den Gotteslästerern / Verleumdern /
Meineydigen / Huren / Beutelschneidern und andern dergleichen losen Burßen
zuwiederfahren pfleget.
Matth. Stephani, & Clasen, ad art. 198. const. crim.
XXIX. Es geschicht aber diese Beschimpffung / wie alle andere Straffen / zu dem
Ende / daß die Justitz rechtmäßig administriret / Gottes Zorn abgewendet / die
Verbrecher gebessert / andere aber durch solche Exempel abgeschrecket werden /
und Männiglich vor dergleichen Unthaten sich hüthen lerne.
L. 1. §. 1. & L. 20. ff. de poen. L. 1. C. ad. L. Jul. Repetund. Coler.
Decis. 240. n. 2. Carpzov. Jurisprud. Eccles. lib. 3. Dec. 79. n. 6-
XXX. Jedoch ziehet sie infamiam nach sich / wenn die That / weßhalber solche
Stellung am Pranger geschicht / an sich selber famos und anrüchtig ist.
Herz, d. Disp. c. 4. th. 2. & 3.
XXXI. Anno 1530. ließ der Rath zu Danzig sieben verhurte Kaufleuthe / welche mit
so vielen geilen Huhren / nachdem sie vorher ihren unkeuschen Willen mit
denselhen vollbracht / einen nackenden Tantz / den sie Adams und Even Tantz
nenneten / beym Kopf nehmen / und mit den Huhren öffentlich an den Pranger
stellen / auch mit Ruthen hart streichen / hernach sie aller ihrer Glücks- und
Ehren-Güther entsetzen / und der Danziger Gericht uf ewig verweisen. Ja es ist
das Hauß / drinn diese Böcke so geile Sprünge gethan / geschleifft / und ein
Verboth darbey angehengt worden / daß niemand mehr dasselbe zu einiger Zeit
solte bewohnen.
Olaus Magnus, lib. 15. rer. Septent. cap. 11.
|| [840]
XXXII. Vorzeiten that man zu Straßdurg die Korn-Juden / oder die / so das
Gelräide / aus Wucher / ersteigerten / in den Bann / und musten dieselbe vor der
S. Niclas Kirch / an der Breusch-Thüren mit grossen Hohn und Spot stehen.
Zeiler. Epist. 658.
CAPUT XXXVI.
DE JUGO, ET MISSIONE SUB JUGUM,
I.
BEy den Alten Römern war der Gebrauch / daß wenn sich ihrer Feinde einer mit
Niederlegung der Waffen an sie ergab / sie 2. Balcken gegeneinander in die Erden
schlugen / daß ein Unterscheid zwischen beyden blieb / und man unter hingehen
oder kriechen konte / quer überher befestigten sie noch einen Balcken / daß es
ausfahe / als heut zu Tage ein Galgen. Oder sie steckten wohl auf solche Art
zwey Spieße gegeneinander in die Erde / bunden den dritten Zwerg überher / und
liessen ihre überwundene Feinde / einen nach den anderen / zum grossen Hohn /
Spott und Beschimpffung / bloß und ohne Gewehr dnrchhin kriechen / welches sub
jugum mitti genennet / auch die Machine selbst JUGUM genennet wurde / allermaßen
Dionys. Halycarnass. lib 3. Hist. Rom. pag. 241. und Johann. Rosinus, lib. 10.
Antiq. Roman. c. 21. pag. 991. bezeugen. Und diesen Spott und Hohn haben
zuweilen die Römer / wenn sie im Streit unglücklich gewesen / selber von andern
Völckern / als ihren Feinden / leiden / ausstehen und erdulden müssen / wie aus
den folgenden Exempeln zu sehen.
II. Als um das Jahr der Welt dreytausend vierhaudert und etliche neunzig die
Volsci und Sabiner mit gesamter Hand die Römer bestritten / und die beyde
damahlige Bürgemeister Nautius und Minutius ihnen mit dem Heer entgegen
geschickt wurden / hat der erste zwar wider die Sabiner gut Glück gehabt / und
ihre Landschafft weit und bereit verheeret. Minutius [841] aber ist von den Volscern geschlagen / und in seinem Lager und Wagenburg
umringet worden. In diesen Nöthen wurde für rathsam erachtët / eilend einen
Dictatorem, bey dem aller Gewalt stünde / zuerwehlen. Als man sich nun lange
bedacht hatte / siehl die Mahl letzlichen auf L. Quintium Cincinnnatum, der sich
vor 2. Jahren vom Bürgemeister-Ambt gethan / und auf seinen Baueren-Hof ein
einsam Leben führete. Als die Gesanten und Raths-Bothen zu ihm kamen / ihm diese
Ehre anzukündigen / funden sie ihn auf den Feld hinter den Ochsen hergehen / und
den Pflug halten. Die Bothen grüsseten ihn / zeigeten ihm darneben an / wie sie
von wegen des Raths und gemeiner Stadt eine Werbung an ihn hätten / derowegen
sich dann gebührte / solche mit Ehrerbietung anzuhören. Quintius verwunderte
sich / und erschrack zugleich / ob es zu Rom auch noch recht stünde; Hieß
indessen ihm durch seine Haußfrau Raciliam seinen Mantel aus der Hütten herfür
bringen / hing solchen um sich / wischte den Schweiß und Staub vom Angesichte /
und stund also / die Legation anzuhören. Da begrüsten sie ihn / mit grosser
Ehrerbiethung / einen Dictator, wünschten ihn auch Glück zu solcher Hoheit /
führeten ihn mit sich die Stadt / da er denn zu solchen Amt und Generalat
bestätigt / so den Burgemeister Minutium belagert hatten / umfig sie in der
Nacht mit Schantzen und Lauf-Gräben / daß keiner entrinnen möchte / und
ängstigte sie dermassen / daß sie mit ihn accordirten / ohne Gewehr / mit
weissen Stäben abzuziehen. Doch thäte er ihnen zuvor diesen Schimf an / daß sie
alle unter einem Joch / wie ein Galgen formiret / durck kriechen musten.
Livius, lib. 3. c. 28. & 29. Florus, lib. 1. c. 11. Eutrop. lib. 1.
III. Anno Mundi 3508. und also 440. Jahr vor Christi Geburth / schreibt Diodorus,
sey fast in der gantzen Welt Friede gewesen / sonderlich haben die Römer sich
mit ihren Nachbarn vertragen / und stunden die Griechen auch in Bündnis. Doch
hat es im folgenden Jahren bey der Stadt. Ardea Händel gegeben / zwischen den
Kömern und Volscis, da diese Letztere doch zu kurtz kommen / uud unter dem Joch
??? mit Schanden hingehen müssen.
Liv. lib. 4. 9. 10. 12. 13. & 14.
IV. Die Samniter, ungeachtet sie von den Römern im Jahr der Welt 3630. dreymahl
nacheinander geschlagen worden / satzten sie doch noch zum vier [842] tenmahl an. Cajus Pòntius verstecke sein Volck
heimlich in einen finstern Wald / da er nicht gesehen werden mogte / schickte
etliche von den Seinigen auf unterschiedliche Wege aus / die hatten alle einen
Befehl / wie sich verhalten solten. Als sie nun gefangen undgefraget wurden / wo
der Samniter Heer wäre? Sagten sie alle einmüthig / sie legen vor der Stadt
Luceria in Apulia, welche hart bedrengt / ohne Zweiffel sich bald würde ergeben
müssen. Die Römische Bürgemeister hatten Mitleiden mit den Belagerten / eileten
/ solche aufs baldeste zu entsetzen / begaben sich unvorsichtig in einen engen
Paß / die Candinische Türcken oder Gabeln genant / und als sie alle in diese
Klingen kahmen / fanden sie den Weg verhauen / daß sie nicht weiter konten. Da
wischte Pontius mit der gantzen Gewalt der Samniter aus den Hinterhalt herfür /
ümgab sie zurück / daß sie wie eine Mauß in der Fallen sassen. Wolten sie nun in
diesem Loch nicht hungers sterben / so musten die Römer / und insonderheit
Posthumius der Bürgemeister einen schändlichen Vertrag eingehen / demselben
schweren zu halten / und noch darzu 600 aus den Ritterstand zu Geisseln und
Pfand geben. Darnach muste das gantze Römische Heer ihr Gewehr niederlegen /
ihre Güther und Troß dahinten lassen / und halb nackend unter einen höltzernen
Joch / wie ein Galgen formiret / mit grossen Spott hindurch krichen. Da sie nun
also mit Schand und Schaden wieder heim kommen / begehrte Posthumius selber vom
Rath / damit man den so schändlichem Vertrag nicht halten müste / solte man ihn
selbst und die Fürnehmsten Officirer mit ihm dem Feinde liefern. Aber die
Samniter wolten sie nicht annehmen / sondern die Verträge gehalten haben. Also
zog Posthumius mit den andern wieder heim / uud griffen die Römer von neuen die
Samniter an. Papyrius Cursor, ob es ihm wohl Anfangs hinderlich ging / schlug
doch die Feinde / eroberte ihr Lager / Troß und alles Guth / bekahm die 600
gegebene Geissel wieder / nötigte alle Samniter, daß sie / gleich wie zuvor die
Römer / unter solch Joch oder Galgen hinkrichen musten. Also ward Schmach mit
Schmach bezahlet / und die erlittene Schande etlicher maßen abgewaschen.
Livius, lib. 9. c. 2. 4. & 6.
|| [843]
CAPUT XXXVII.
SEPULCHRO CLAVES SUPERPONERE, die Schlüssel aufs Grab legen / quid sit?
I.
SAuter. in Mastig. fallit. cap. 15. berichtet / daß in Flandern / und denen
angränzenden Orthen üblich sey / daß / wenn ein Banckerottirer / so das Geld
verschwendet / und die Creditores aufgesetzt / sterbe / man zu dessen höchster
Beschimpffung auf seinem Sarg oder Grab einen Gürtel / leeren Beutel / dürre
Stoppeln und Schlüssel lege / welches sie jetter le clef sula fosse, oder die
Schlüssel aufs Grab legen nennen. Quae claves, ut sponte traditae signum olim
possessionis & dominii in rebus acquisitis erant,
Alciat. ad tit. C. de praetor. & honor. praetur. Scho̅born.
lib. 1. polit. c. 6. Mascard. de probat. concl. 190. n. 8. 12. 18. Stryke, de
jure sensuum, Diss. 7. 6. 2. n. 12.
ita hic depositae, signum cessionis faciunt.
Sauter. d. l. c. 50. & 51. Meier, Annal. Fland. lib. 14.
ubi hic illustria duo notat cxempla. Efficax fuit instrumentum everten dae famae:
Unde à Sauterio d. l. comparatur cum vulnere hominis, circa locum [Greek words], h. e clavium qui est supra costas
& jugulum, quo caput & collum pectori cohaeret, inflicto, quod,
ut Medici vitae periculosum admodum existimant, ita & bonae famae necem
affert [Greek words], h. e. clavium ferrearum
super funus positio.
II. Otto Philippus Zaumschlifferus, Prof. Marburg. in Biga Diatribarum, diatrib.
2. dicit: Cum haeredes nolunt adire defuncti patris haereditatem, solent id
declarare, inden, sie den Schlüssel aufdas Grab legen.
Christoph. Ludov. Dither. in supplem. Speidel. v. Schlüssel / pag. 370.
III. In Braband soll gleichfals es also gehalten werden / daß / wenn ein Mann /
so mit grossen Schulden beladen ist / stirbet / dessen Weib / damit sie von den
Creditoren nicht angefochten / und derselben Recht sich nicht weiter / als in [844] des Mannes Güther und Fahrnis erstrecke / auch dadurch
der Lauf der Zinsen gehemmet werde / ihre Schlüssel / Gürtel und Tasche auf
ihres Mannes Todenbaar lege. Henter. lib. 2. Rer. Burgund. circafinem. Sicque à
Margareta, Philippi Audacis vidua, mortuo Marito observatum scribens.
Rud. Godofred. Knichen, in op. polit. lib. 2. part. 1. cap. 12. th. 7. pag. 623.
IV. Wenn vor Alters [vorbe??? gänglich diß noch mit anzufügen] bey den Griechen
und Römern die Männer sich von den Weibern scheideten / gebrauchten sie sich
unter andern darbey dieser Worte: Res tuas tibi habeto! tuas res tibi agito!
L. 2. ff. de divort. & repud.
Dessen auch Martialis, libr. 10. epigr. 41. gedencket:
Mense novo Jani veterem Proculeja maritum
Deseris, at??? jubes, res sibi habere suas. Die Bedeutung war diese / daß / gleichwie man den Bräuten / wenn sie zu den Bräutgam ins Hauß gebracht wurden / die Schlüssel / als der künfftigen Haußmutter / oder ad significandam partus facilitatem, ut alii interpretantur, überreichte / also man ihnen / bey vorgehenden Divortio, solche deswegen wieder abgenommen. Welches aus den Cicerone 2. orat. contr. Antonium erwiesen werden kan / qui cum de repudiatâ Mimâ ab Antonio agit: Illam (inquit) sauas res sibi habere jussit, ex XII. tabulis, claves ademit, exegit scilicet domo. Joh. Philip. Pfeiffer / lib. 2. antiq. Graecar. Gentil. c. 23. CAPUT XXXVIII. Von der Zeitlichen und ewigen Landes-Verweisung. I. DIe Alten pflegten zusagen / der Mensch solte lieber Augenblicks sterben / und den Tod erwehlen / als 1. im Alter Armuth leiden / 2. im Gefängnis kranck seyn / 3. nach bedienten Ehrenstand [845] die Schippe kriegen / und abgesetzt werden. 4. sich aus dem Vaterland relegiren und verweisen lassen. M Joh. Stiefler / im Geistl. Historien-Schatz / c. 11. pag. 592. II. Denn die Liebe des Vaterlandes befindet sich bey allen Menschen / und zwar ie edler die Natur / ie desto brünstiger / wie an den tapffern Ulysse zu sehen / welcher seine verachtete steinigte Heimath Itahacam allen andern Länder / so er in 20. Jahren durchreiset / vorzog / und gar sehnlich wünschte / daß er doch nur einmahl einen Rauch / der ihm viel heller bedückt / als anders wo das Feuer / daselbst möchte gewahr werden. Ja wie die Mohren mit Gewalt aus dem Königreich Granata vertrieben wurden / und dasselbe verlassen musten / wandten sie sich bey einem ieden Tritt und Schritt üm / sahen hinter sich / und weineten bitterlich / daß andere / und zwar gantz fremde / an ihrer stat daselbst wohnen solten. Bartholi, c. 15. de paupertate. III. Und dieses befindet sich nicht allein an Menschen / sondern auch theils Thieren war. Denn da schreibet man von den Elephanten / daß dieselbe von Natur gerne im Lande bleiben / da sie aufgewachsen / und sich über die Gräntze an frembde Oerther zubegeben kein Belieben tragen / sie gehen zwar offte an die Wasser und Steine / so die Länder scheiden / spatzieren auch mit besonderer Lust auf und nieder: allein sie begehren nimmer hinüber zu setzen / ob sie gleich Brücken und Wegesehen. Leben demnach gerne in ihrer Heimath. Es sey dann / daß sie in der Jugend zahm gemacht worden / da sie noch wohl wieder ihre natürliche Gewonheit sich über Meer in weit abgelegene Länder bringen lassen. Wie unter andern ein mercklich Exempel zubefinden an den Elephanten / welchen Philippus II König in Spanien dem Käyser Maximiliano II. ins Niederland hat schicken wollen / welcher sich anders nicht / als auf vielfältige Persvasion und Liebkosung seines Meisters zu Schiff begeben / und anderswohin hat führen lassen wollen. Reinhold à Derschau, lib. 1. cap. 3. Hodosoph. IV. Zur Zeit / als Marcus Portius Bürgemeister zu Rom war / kahm ein vortreiflicher Musicus aus Griechenland dahin / welcher ein Ausbund im Singen und Spielen war / dieweil er aber eine Seite mehr auf den Instrument hatte / als bey den Römern bräuchlich wahr / ist solches öffentlich verbrand / und er selbst des Reichs verwiesen worden. Guev arr. in Inst. aulic.
|| [846]
V. Wie zu Rom der Ehebruch und Hurerey / bey Regierung Käysers Augusti und
Tiberii, sehr überhand nehmen wolte / so daß beydes Hohe Standes- und Adeliche
Personen / als auch Unedle sich öffentlich auf das Huren Leben begaben / nur zu
dem Ende / daß sie ungestrafft Unzucht treiben möchten / auch viele deshalber
von ihren Männern lieffen / weil man keiner gemeinen Dirnen nichts thun durffte
/ denn die Alten meineten dieselben wären gestrafft genung mit ihrer eignen
Schande; Hat Käyser Tiberius ein Gebot ausgehen lassen / daß keine / deren
Altväter oder Vater / oder Ehemann von der Ritterschafft gewest / in ein
Hur-Hanß gehen / und deswegen / wie gebräuchlich / öffentlich sich angeben solte
/ bey Straffe des Lebens / oder auch / nach Befindung / der Landes-Verweisung.
Tacit. Annal. lib. 2. c. 85.
VI. Alexander Magnus hatte einen Bedienten mit Nahmen Harpalus, welchen er zum
Rentmeister über das gantze Land und Stadt Babylon gemacht / der meynete /
Alexander würde aus Indien nicht wieder zurück kommen / griff derowegen tapffer
in des Herrn Geld / verthat viel tausend Ducaten / trieb allerley Muth willen /
Uberfluß / Ehebruch mit der Babylonier Weibern / war damit nicht vergnüget /
ließ ihm noch Huren aus Griechenland bringen / wolte keine Fische essen / sie
wären den im rothen Meer bey Arabia gefangen / nicht anders / als ob er selber
König wäre. Da er aber verstanden / daß Alexander wieder gen Susa kommen / und
wuste / wie es etlichen Landvoigten / so übel geambtet und gehauset / ergangen /
trauete er dem Wetter nicht / stahl drauf noch 5000. Talenta Silbers [ein Talent
thut 600. Cronen] und flohedamit in die Stadt Athen. Olympias, Alexandri Mutter
/ und Antipater der Stadthalter schrieben den Atheniensern / man solte Harpalum
überlieffern. Demosthenes, ein vornehmer Redner wiederrieth solches / und
erhielt Harpalum eine Zeitland in der Stadt / dadurch die zu Athen in grosse
Ungenade kahmen. Da nun Harpalus den Ernst sahe / trauete er nicht mehr /
sondern entwich von Athen / kahm in die Insul Creta / und ward daselbst
ümgebracht. Demosthenes, weil er überzeuget / daß er etliche güldenen Geschirr
und 3000. Cronen von ihm bekom̅en / und ihm deshalber die Zunge
geliehen / ward er mit etlichen seiner Gesellen des Landes verwiesen.
VII. Nachdem Pompejus das Königreich Syriam zu einer Römischen Pro [847] vinz gemacht hatte / ist Aulus Gabinus der
erste Landpfleger darinnen worden / welcher aber das gantze Land aufs härteste
geschätzet / und gar ausgesogen / daß er / wie Dio bezeuget / auf die 17.
Millionen Goldes von den Leuthen erschunden / drum er auch bey eiteler Nacht in
die Stadt gezogen / öffentlich angeklaget / und üm seiner Schinderey willen der
Stadt und des Landes verwiesen ward.
Joseph. lib. 14. c. 11. & 12.
VIII. Bey den alten Francken sind diejenige an Ehren gestrafft / welche verwiesen
worden / womit man unter andern die belegte / welche in den liegenden
Kirchen-Güthern mit Streiffen und Rauben sich gewaltthätig erwisen. Caroli M.
capitulare 2. incerti anni cap. 9. ab omnibus illius usurpationis contumelia
depellenda est, ne praedia sibi coelestium secretorum dicata â quibus dam
irruentibus vexentur. Quod si quis praesumpserit, post debitae ultionis
acrimoniam, quae erga sacrilegos jure promenda est, exilio perpetuae
deportationis damnetur. Item die Pasquillanten, Capitulare datum circa, an 744.
c. 13. Qui in alterius plasphemiam cantica composuit, vel qui ea cancaverit,
extra ordinem judicetur. Nam lex hujusmodi praecipit exiliari Vide quoque
Capitul. lib. 7. c. 200.
IX. Wohin auch gezogen werden kan / wenn einer seines Dienster mit Schimpff
entsetzet worden / weshalber die in ???L. Francorum befindliche Arth zu reden
wohl zu notiren / nemlich: Honorem suum perdere, amittere. Caroli M. Capit. an.
779. c. 9. Similiter & Vassi nostri, si hoc non adimpleverint [Latrones
ad comitum placita non praesentaverint] Beneficium & honorem perdant.
Lex Longobard. lib. 3. leg. 7. c. 1. si homo liber vel Ministerialis Comitis hoc
fercerit, honorem qualemcung??? habuerit sive beneficium, amittat. Also
befiehlet Carolus M. Cap. 2. & 4. an. 805. daß böse Advocaten,
Vicedomini, Vicarii und Centenarii sollen abgesetzt werden. Dergleichen thut
auch Ludovicus pius, Leg. Longob. lib. 2. tit. 47. c. 5. De Judicibus autem, vel
Centenariis atque Tribunis vel Vicariis dignum esse censimus, ut si mali fuerint
reperti, de ministerio suo abjiciantur. Und von den Vicariis stehet absonderlich
in Caroli M. Cap. 3. an. 803. hoc nobis praecipiendum est, ut ubicunque
inveniantur vicarii aliqui mali consentientes vel facientes ipsos ejicere,
& meliores ponere.
X. In Island strafft man die Geschwängerten / wenn sie einen unrechten [848] Vater zum Kinde angeben / mit der Landes Verweisung.
Und was noch mehr ist / so einer ein Weibesbild hertzet / wieder ihren Willen /
muß er sich gleichfals relegiren lassen: Geschicht aber der Kuß mit der Dirnen
guten Belieben / wird ermit drey Ißländifchen Marcken gebüsset.
Eberhard Hoyer, tit. 10. art. 52. Jur. militar. Aengrinus Jonas, in descript.
Reip. Island. pag. 460. & seqq.
XI. Sonst wird allda Stuprum commissum in liberam, sed sanguine non junctam,
capitis diminutione, in liberam aber mit der Landes - Verweisung / und die
Hurerey mit einer Magd getrieben / mit 3. Marck Isländischen Geldes verbüst.
Pet. Papp. in annot. über das Holländ. Krieges-Recht / pag. 405.
XII. Decius Magius zu Capua ward von dem Hannibale verwiesen / weil / als
gedachte Stadt sich an selbigen ergeben / er dem Hannibal keinen Reverenz machte
/ noch bey dessen Einzug aufstund / wie andere. Als er nun aus der Stadt fort
gewiesen ward / rief er überlaut: Habetis libertatem Capauni, quam petiistis!
denn er hatte iederzeit mißrathen / daß sich die Stadt an Hannibal ergeben
solte.
Livius, lib. 23.
XIII. T. Annius Milo ist darum verwiesen worden / weil er des Ciceronis Client in
causa coedis Clodianae gewesen. Ja Cicero selbst ist wegen Clodii Feindschafft
ins Elend geschickt / welches aber das Römische Volck so mitleidend empfunden /
daß bey die zwantzigtausend Bürger deswegen Trauer - Kleider angeleget. Drum er
auch mit grossen Frolocken des Volcks / und Freude des gantzen Italiae wieder
zurück beruffen / und gleichsam auf den Schultern von dem Volck in die Stadt Rom
getragen worden.
Ravis. Textor. officin. lib. 3. c. 14.
XIV. Hostasius, Herr zu Ravenna, ist von seinen Bürgern weggejaget und verwiesen
/ weil er nichts ruhm würdiges gethan / sondern nur sein Leben in Müßigang
zubracht hatte. Paulus Diaconus Aquilejensis ist auch von Käyser Carolo Magno
bloß darum weg gewiesen worden / weil derselbe dem Longobarder König Desiderio
wohl gewogen / der aber Caroli Magni Feind wahr.
Add.
Ravisii Textoris officinam, sive Theatrum Historicum & Poeticum, à J.
Jac. [849] Grassero augmentat. lib. 3. c. 14. alwo viele
Exempel derer zufinden / die relegiret / verwiesen / und ins Elend verschicket
worden.
XV. Die Römer hielten so scharffe Zucht bey ihrer Jugend / daß sie auch des
Catonis Uticensis Sohn / weil er einem Mägdlein / so Wasser holen wollen / den
Krug zerbrochen / und des frommen Cinnae Sohn / daß er in einen Garten / Obst
abzubrechen / gegangen / ungeachtet deren keiner noch nicht 15. Jahr alt war /
ins Elend geschickt und verwiesen.
Aurel. Antonius, in Epist. ad Pollionem. Zeiler, Epist. 5.
XVI. Der Landes-Verweisung wird gedacht in L. relegati 4. L. relegatus 14. in pr.
& §. magna 1. ff. de interdict. & releg. L si quis 6. §. ult. L.
28. §. 1. & §. 13. ff. de poen. L. publicorum 2. ff. de publ. Jud. und
war vor Alters die Deportatio derselben gleich.
§. minor 2. Instit. de cap. deminut. L. inter poenas 6. in pr. L. deportatus 15.
ff. de interdict. § releg. Vultejus. c. 12. Discept. Scholast.
Nachdem aber dieselbe abgeschaffet worden / ist die Relegatio oder Verweisung in
Gebrauch und Ubung blieben / diß auf den heutigen Tag.
Carpzouv. p. 3. pract. crim. q. 130. n. 13. & 14. Rud. Gotofr. Knichen,
op. pol. lib. 2. p. 1. c. 13. th. 22. lit. c.
XVII. Sie ist zweyerley TEMPORALIS, auf gewisse Zeit und Jahre / &
PERPETUA, ewig / oder so lange der Relegatus lebet.
d. L. relegati 4. L. 14. in pr. §. 1. ff. de interd. & releg. L. 6. §.
ult. L. 28. §. 1. & 13. ff. de poenis Const. Elect. 47. part. 4. in
verbis: die ewige oder zeitliche Landes-Verweisung sc.
Temporalis erstrecket sich zum höchsten auf zehen Jahr / und nicht weiter.
Carpzov. dict. Q. 130. n. 15.
Wenn einem indefinitè die Landes-Verweisung zuerkant / und nicht die Worte
zeitlich oder ewig im Urthel exprimiret sind / wird es von der ewigen Ausgeleget
und verstanden.
Hartman Pistor. obs. 198. Caprpz. Jurisp. For. p. 4. const. 47. def. 5. &
d. q. 130. n. 16. & 171.
Allermaßen auch der Churfl. Sächß. Schöppen-Stuhl zu Leipzig also erkant / und
zwar Mens. Julio, Anno 1620. verb. Sent.
P. P.
Ist einem / von welchen eure Frage meldet / seiner Verbrechung wegen / [850] durch Urthel und Recht die Landes-Verweisung / ohne
Benennung gewisser Zeit und Jahre zuerkant worden / dannenhero Zeiffel vorfallen
will / ob solches Urthel von der zeitlichen oder ewigen Landesverweisung zu
verstehen sey sc. So ist die ewige Landes-Verweisung darunter zuverstehen / und
wird demnach der Verbrecher auf bemeltes ergangenes Urthel des Landes billig
verwiesen. Item Anno 1634 an die Gräfl. Solmische Regierung zu Sonnewald. Verba
sunt: Obwohl sonsten / wenn in einem Rechtspruch die relegatio indefinitè, und
ohne Benennung gewisser Zeit zuerkant / nach gemeinen Wahn der Rechts-Gelehrten
/ die ewige Landes-Verweisung verstanden wird sc. Und wenn in dem Urthel bloß
stehet / der Delinquent würde billig mit Landes-Verweisung in Straffe genommen /
ohne Benennung gewisser Jahre / stehet es bey der Herrschafft / oder dero
Regierung- und Justizien Räthen / die Jahre nach Bewandnis des delicti zu
arbitriren.
idem Carpzov. cit. q. 130. n. 20.
XIIX. So ist auch durch eine gemeine Gewohnheit eingeführet / daß / wenn jemand
aus einem Ambt relegiret wird / derselbe auch aus den gantzen Fürstenthum /
Graffschafft und Land / so dem Herrn des Ambts zuständig / zugleich mit
verwiesen ist.
Nellus de S. Gemin. in tr. de Bann. 1. p. 2. tomp. Quaest. 57. Farinac. prax
crim. lib. 1. tit. 1. q. 11. n. 61. lim. 10. Carpzov. d. q. 130. n. 26.
& in Jur prud. forens. part. 4. const. 47. def. 1.
Welches denn in ietztgedachten Chur - Sächß. Constitution 47. p. 4. mit klaren
Worten enthalten ist. Ibi: „Wenn jemand derer Ursachen / daß er in unsern
Aembtern oder Gerichten / so uns ohne Mittel zustehen / so viel verbrochen / daß
ihme mit / oder ohne Staupen-Schlägen die ewige oder zeitliche Landesverweisung
/ durch unserer Schöppen-Stühle zu gesprochen wird / derselbe soll aller unserer
Lande verwiesen / und auch seine Urphede drauf begriffen und geschworen werden.
Worunter auch die Graffschafft Henneberg mit begriffen ist.
Carpzov. d. n. 31.
Item die incorporirte drey Stiffter Merseburg / Meissen und Naumburg.
idem n. 35. & 36.
|| [851]
Deßgleichen die Adlichen Gerichte / so / daß wenn einer aus den gantzen
Churfürstenthum Sachsen / und darzu gehörigen Landen verwiesen sey.
Carpzov. Jur. prud. for. p. 4 const. 47. defin. 2.
quam consuetudinem rectissimè dicit rationabilem
Matth. Berlich part. 5. concl. 71. n. 11.
propterea, quod publicè expediat, ut provinciae malis purgentur hominibus.
L. congruit 13. v. ut malis hominibus ff. de offic. praesid.
XIX. Wenn aber eine Reichs-Stadt in eines Fürsten territorio lege / so ihre
Privilegia bloß Käyser hätte / und einer aus derselben verwiesen würde / gehet
die Relegation nicht weiter / als der Stadt district sich erstreckt / wenn auch
gleich dieselbe sich in des Fürsten Schutz begeben / doch aber ihre Privilegia,
Gerichte und Freyheiten sich vorbehalten hätte.
Nellus, de S. Gemin. Dict. tr. de. banno. p. 1. d. temp. 2. d. 57. sub fin. vers.
si locus à quo & seqq. Berlich. d. p. 5. concl. 71. n. 17.& 18.
XX. Eben die Bewandnis hat es mit einen Studenten / so von einer Academie
relegiret wird.
idem. n. 19.
XXI. Begebe es sich auch / daß ein stück Landes an einen andern und Fremden Herrn
käme / darf der Relegatus sich alsdenn in demselben ungehindert aufhalten.
Veluti ita in Senatu Mediolanensi 4. & 17. Aprilis Anno 1558. fuisse
judicatum, & quendam Christophorum Majum, insignem sicarium, liberè
dimissum testatur
Jul. Clar. lib. 5. Sent. §. ult. q. 71. n. 11. v. si tamen contingat. &
seq. quem sequitur dom. Card. Tusch. tom. 1. pract. concl. lit. B. bannum.
Concl. 61. incip. bannitus ex una. n. 4;
XXII. Bey der Landesverweisung aber / [als welche vor die Hohe oder Peinliche
Gerichte gehöret / Carpzov. q. 109. n. 55 & seqq.] wird heut zu Tage
diese Arth gehalten / daß der Captivus durch den Frohn-Bothen oder Land-Knecht
in die Ambt oder Gerichts-Stube gebracht / und ihm in Beyseyn des Judicis, item
zweyer Gericht-Schöppen / und des Actuarii das Urthel publiciret wird. Drauf muß
er entweder sobald vor Gericht eine Urphede ablegen / und das Land verschweren /
oder man hält damit inne / biß [852] man ihn an die Gräntze
bringet / da / theils Orthen eingeführten Gebrauch nach / alsdenn der Stat-Voigt
oder Land-Richter / so nebst der Wache mitreithet / seinen Degen entblößet / auf
welchen der Relegandus seine beyde vorder Finger der rechten Hand legen / und
die Urphede nachsprechen muß.
XXIII. Anderswo muß er die Finger auf des Scharffrichters Schwerd legen und
schweren: Zumahl wenn er zweymahl seinen Eyd gebrochen / und wieder ins Land
kommen.
Dan. Clasen, in Comment. ad art. 108. Const. Crim. Caroli V. pag. 401.
XXIV. Wenn aber derjenige / dem die Landesverweisung zuerkant ist / weder die
Urphede abschweren / noch auch aus dem Lande will / so wird er wieder ins
Gefängnis gebracht / drey oder vier Wochen lang mit Wasser u. Brot gespeifet /
und nochmals zu Schwerung der Urphede und Reumung des Landes ermahnet / mit der
Verwarnung / wenn er in 3. oder 4 Wochen sich dessen nochmahls weigern würde /
daß er als denn mit höhern Straffen / als da sey ewige Landesverweisung und
dergleichen / beleget werden solle. Da er aber halsstarrig bleibet / und nicht
pariren will / wird er in die Ambts- oder Gericht-Stube / da der Judex mit zwey
Gericht-Schöppen und dem Actuario zugegen ist / gebracht / und ihm der Büttel
oder Scharffrichter an die Seite gestellet / welcher auf nachmahliges Verweigern
die Urphede in des Inquisiten Seele schweret / der sodann auf einen Karren
gesetzet / und biß an die Land-Gräntze / in Begleitung des Landrichters /
Frohn-Bothen und etlicher Mannschafft / gebracht / allda abgeladen / und durch
den Frohn-Bothen / Land- oder Gerichts-Knecht hinaus in das andere angräntzende
Land über den Gräntz-Stein weggestossen / und fortgewiesen wird. Es pfleget auch
wohl darbey durch mehr gedachten Frohn-Bothen aus geruffen / oder auch wohl noch
darzu durch öffentlichen Anschlag iedermann notificiret zu werden / daß dieser
Delinquent nunmehr für einen solchen / so des Landes verwiesen / zu achten und
zu halten / und da er wieder sich im Lande betreten lassen würde / mit Abhauung
der förder Glieder der beyden Finger / nicht anders / als wenn er den Urpheden
in der Person geschworen / gestrafft / und anderweit des Landes verwiesen werden
solle. Welches ihm selber nochmahls bey der Verweisung also anzudeuten ist.
|| [853]
Carpzov. p. 3. q. 130. n. 38. 41. & seqq. Dan. Clasen, in Comment. ad.
art. 108. const. crim. pag. 399.
XXV. Kömmet er diesen ungeachtet dennoch wieder ins Land / werden ihm die förder
Glieder der beyden Finger / so die Mannes - Personen bey abschwerung der Urphede
und andern Eyden auf / und in die Höhe zu heben pflegen / abgehauen / und nach
abermahliger Schwerung einer Urphede / des Landes eben so lange / wie das
erstemahl / wieder verwiesen.
P. H. O. Caroli V. art. 107. & 108. Const. Elect. Sax. 48. p. 4. in pr.
aequum enim est, ut poenam in membris delinquentes sentiant.
Deuter. 25. v. 12. L. 3. ubi Dec. n. 19. & 20. C. de serv. fugitiv.
Novel. 17. c. 8. Novell. 42. c. 1. §. 2.
& in eo puniantur, quo deliquerunt.
tit. 55. F. 2. vers. scriba verò. Jac. Cujac. lib. 7. obs. 13. Speckhan, Cent. 1.
q. 86. Rittersbus. de Feud. lib. 2. c. 5. q. 88. vers. de manus amputatione.
Die aber nur aus den Weichbild verwiesen sind / werden / wenn sie wiederkommen /
in Churfürstenthum Sachsen mit abhauung der Finger verschonet.
Carpzov. Jurisp. For. p. 4. const. 48. def. 4.
XVI. Und dieses wird practiciret / es mag der Delinquent mit Staupen-Schlägen des
Landes ewig / oder ohne demselben / auf etliche und gewisse Jahre verwiesen
worden seyn.
Carpzov. part. 1. Q. 47. n. 25. & 27.
XXVII. Doch geschicht offte / daß die Obrigkeit / aus gewissen Ursachen / mit
Abschlagung der beyden Finger inne halten lässet / als 1. wenn der Inquisit ohne
eingeholtes Urthel und Recht wäre verwiesen worden. 2. Er vorher schon entweder
durch einen Unglücks-Fall / oder begangenen Mein-Eyd um die 2. Finger kommen
wäre. 3. Wenn er ungeachtet der geschwornen Urphede / das Land zu reumen /
vorsetzlicher Weise dennoch drinn blieben / und aus demselben nicht kommen wäre.
4. Ober andere trifftige Ursachen u. Umstände darbey vorfiehlen / so den Richter
bewegen könten / de gelindesten Weg nochmals zu gehen / als wenn es nicht
dolosè, oder etwan Schulden einzumahnen / oder daß er den Eyd nicht recht
verstanden hätte / geschehen / item daß er Armuths halber sich ausser Landes
nicht erhalten können / alsdann würde er / nach nochmals geleisterter Urphede /
nur wieder des [854] Landes verwiesen / doch mit dieser
ernsten Commination, und Verwarnung / daß woferne er zum andernmahl wieder sich
Lande antreffen lassen werde / er also wegen reiterirten Mein-Eyds mit
Staupen-Schlägen des Landes verwiesen werden solte.
Dan. Moller, lib. 2. Semest. c. 38. n. 3. Carpzov. d. Q. 47. n. 32. 35. 37. 38.
40. 46. 49. 50. 51. 52. 53. & 54. & in Jurispr. Forens. const.
48. p. 4. def. 5.
XXVIII. Welche Straffe denn auch / wenn er zum andernmahl sich ertappen lässet /
an ihn voll strecket /
Juxta d. Constit. Elect 48. p. 4.
Propter reiterationem delicti enim poena meritò augetur,
L. capitalium §. solent. §. grassatores ff. de poen. L. 3. C. de Episc. audient.
Gomez, in tit. de delictis c. 3. n. 60. in fin. § ir tit. de furt. n. 8.
Und bey abermahliger Schwerung der Urphede / ihm expressè angedeutet wird / daß
wenn er künfftig zum drittenmahl wieder in das Fürstenthum / Graffschafft oder
Lande kommen würde / wegen solcher seiner vorsetzlichen Contumacien, auch
reiterirten Mein-Eydes / er mit dem Schwerd vom Leben zum Tode gestrafft / und
hingerichtet werden solte. Und gilt hier eben gleich / er mag zeitlich oder ewig
verwiesen seyn.
Carpzov. d. q. 47. n. 58.
XXIX. Lebet er nun solchen doch zuwieder / und kömmet zum drittenmahl / kostets
ihm / wie ietzt gedacht / den Kopf.
Const. Elect. 48. p. 4. Consentit. Jus Saxon. lib. 3. Land-Recht / art. 9. Bricht
ein Mann den Frieden / den er für sich selbst gelobet hat / es gehet ihn an den
Hals. Berlich. p. 5. concl. 72. n. 24.
XXX. An den Orthen aber / wo das gemeine Käyser-Recht im Gebrauch ist / verfähret
man in diesen Fall etwas anders. Denn 1. Wenn der Relegatus nicht auf eine
gewisse Zeit / sondern ewig verwiesen worden / und er kömmet wieder ins Land /
wird er zur Staupe geschlagen. Da er aber 2. auf gewisse Jahre relegiret / und
er findet sich wieder ein / wird er anderweit / und zwar noch einmahl so lange /
als das erstemahl verwiesen. Lässet sich zwar noch einmahl so lange / als das
erstemahl verwiesen. Lässet sich aber ein solcher auf gewisse Jahre Verwiesener
/ vor Ablauff derselbigen wieder ertappen / bekömmet er den Staup-Besen / und
wird auf ewig verwiesen. Wenn aber 3. ein Ewig-Verwiesener sich dolosè und
vorsetzlicher [855] Weise zum andernmahl wieder
einschleicht / u. es könte aus gewissen Ursache̅ die erste Straffe
/ nebst der Urphede / nicht widerholet werden / alsdenn hauet man ihm die beyden
Vorder-Gelencke der Finger / so er bey dem Schweren aufgehoben / oder aufs
Schwerd geleget / ab. Accuratè tamen hic est considerandum, numquid relegatus,
qui revertitur, ex simplicitate, aut animo rectè non constituto, vel malitia
& dolo, vel culpa peccare videatur. Proinde judicis arbitrio illud
comittendum est, an causa â reo allegata talis sit, quae ipsum, circumstantiis
probè examinatis à tali poena excusare queat.
Carpzov. p. 1. q. 4. n. 47. & seqq. pract. crim. Pulchrè Berlich. p. 5.
concl. 72. n. 28.
4. Kähme aber der Ewig-Verwiesene zum drittenmahl wieder / wird ihm wegen seines
begangenen Mein-Eydes der Kopff abgeschlagen. Qui in initio ad certum tempus in
exilium actus, & deinde praevia fustigatione & praestitâ denuo
Urphedâ, perpetuo relegatus revertitur, ei demum duo digiti sunt abscindendi.
Quod si vero postea, & quidem quarta vice redeat, tandem poena gladii
affl ciendusest; quippe quod talis è consvetudine videatur delinquere dolo,
& quidem in ejusmodi rebus, ob quas jam tum antea fuit punitus,
& in quibus tale dolosum peccatum non potest tolerari, non tantum ob
scandalum publicum, sed ob violationem juramenti toties repetiti, quo Dei nomen
in testimonium saepius tam temere adhibitum gravissimè violatur, nisi
praegnantes sint causae, quibus motus judex poenam mitiorem in illo casu
decernere velit.
Dan. Clasen, in comment. ad const. crim. Caroli V. art. 108. pag. 101. &
102.
Alwo derselbe ein notabel Exempel von einem Diebe zu Harburg / Herman Weselmann
genant / anführet / dessen Inquisitions-Acta Anno 1675. in die Juristen-Facultät
zu Helmstet zum Rechtsspruch überschicket worden / dieses Inhalts: Es sey
Weselmann wegen begangener Deuben / nach geschworner Urphede / mit
Staupenschlägen des Landes ewig verwiesen worden. Er ist aber wieder kommen /
und zum andernmahl ausgestäupet / dennoch findet er sich wieder ein / da er aufs
neue das Land verschweren muß / und verwiesen wird. Dessen ungeachtet kömmet er
doch wieder / da man ihn ins Gefängniß geleget / einen Galgen auf den Rücken
gebrant / wieder eine Urphede schweren / und abermahl des Landes auf ewig
verweisen lassen. Er blieb aber dennoch nicht zurück / drum man ihm die beyde
Finger [856] abschlug / und ernstlich darbey verwarnete /
wenn er wieder kommen würde / solte ihm ohne alle Gnade der Kopf abgeschlagen
werden. Es konte ihm doch dieses nicht abschrecken / noch zurück halten / drum
ihn auch das Schwerd zuerkant wurde / welches aber der Hertzog in opus publicum,
und daß er in Ketten und Banden arbeithen solte / verwandelt. Nachdem er aber
bey der Arbeit die Ruhr bekommen / ist er / damit andere nicht von ihn
angestecket würden / in sein Hauß gelassen worden / doch mit dieser Andeutung /
daß wenn er wieder siene Gefundheit erlangete / er sich aus dem Lande weg packen
solte / hat aber damahls nicht geschworen. Als er wieder aufkommen / und aus dem
Lande sich weg begeben / gehet er doch wieder hinein / und wird in einen Krug
oder Schencke / darinnen er sich mit einen andern Kerl geschlagen / ertappet /
zur Hafft gebracht / und befraget: warum er / wieder seine vielmahl geschworne
Urphede / so offt wiederkehret sey? Da gab er zur Antwort: er könte den Orth /
daraus er verwiesen / nicht meiden / wüste auch nicht / ob er mehr / als
zweymahl geschworen. Darauf oblöbl. gedachte Juristen Facultät, wegen ein und
ander Umstände / erkant und ausgesprochen / daß man Weselmannen zwar mit der
Todes-Straffe verschonen / doch aber Zeit seines Lebens bey der Arbeit / wozu er
ein mahl condemniret / lassen möchte.
XXXI. Etliche Politici halten davor / man solte die Verbrecher nicht aus den
Lande verweisen / sondern an einen gewissen Orth innerhalb Landes hinbringen /
fleißige Aufsicht auf sie haben / und der Herrschafft / am Schiebkarn
geschlossen / oder sonst arbeithen lassen / allermaßen D. Hermannus Hoffman /
Consiliarius Brandenburgicus. in seinem Lycurgo Rom. Germ. c. 45. summar. 6.
auch hiervon also schreibet: Relegatio oder Landes-Verweisung / frequentatur
apud Germanos, sed non sine damno Reipublicae. Relegati enim hostes evadunt
patriae, atque odio adversus eam concepto, se cum hostibus conjungunt, patriam
hostibus produnt, ac arcana civitatis, ex qua pelluntur, propalant, consequenter
& invadendi occasionem praebent. Haec insuper poena charitati erga
proximum non parum adversatur. Nam cum provincia sceleratos apud se habet, ita
exonerat se ut alias provincias oneret, nihil enim agit, quam ut alienas quoque
terras quasi inficiat secleratorum vitiis. Deinde qui sic ejiciuntur, si
manerent in patria, diligentius abservarentur, cum probis jam sint noti, sed in
alieno solo, ubi non agnoscuntur, & facilius & impunè peccant.
E [857] contra intra territorii fines retenti domi
agerent, cum ignominia & rubore confunderentur, cum alibi perfritâ
fronte vivant. Hinc Petrus Martyr, in comment. aed lib. 1. Reg. circ fin. fol.
23. Hanc cautelam & modum hujus poenae praescribit, uti quidem usus
relegationis in Republica retineri possit, sed non ita, ut exules ad alios
mitterentur, apud quos deteriores fierent, eosque inordinatâ vitâ &
moribus offenderent; Sed ut ad certa loca infra fines ditionis Magistratui
releganti subjectae, certis cautionibus & severâ inspectione
detinerentur, & ab labores compellerentur. Sic David relegavit
Absalomum, sed non extra fines. Salomon quoque Abjatharum & Simei jussit
exulare, sed extra Israëlem non ejecit.
XXXII. Theils Orthen wird bey Ausführ- und Verweisung denen De linquenten die
Schand-Glocke nachgeläutet.
Dither, in contin. Thesaur. pract. Besold. v. Banquerottierer / pag. 85.
XXXIII. Vor Alters brennete man denen so verwiesen wurden / ein gewiß Zeichen vor
der Stirn / oder auf die Backen / sie dadurch andern Leuten kentlich zumachen /
welches auch vor diesen im Sächsischen Landen üblich gewesen / ut patet ex Gloß.
Weichbild / art. 38. n. 5. vers. und diß ist so viel. & seq. Gloß.
Land-R. lib. 2. art. 13. n. 6. vers. und windet ihm die Haar. Christoph. Zobel,
part. 4. d. ff. 2. n. 13. Aber solches ist so wohl in gemeinen Käyser-Recht /
per L. si quis in metallum C. de poenis, als auch im Sächsischen abgeschaffet.
Lud. Fasch / diff. 66. in med. vers. diese Straffe. Carpzov. in Jurispr. Forens.
p. 4. const. 47. def. 7. n. 3. & pract. crim. q. 130. n. 49. 50.
& 51.
XXXIV. Ein Weib ist schuldig / ihren verwiesenen Ehe-Mann / wenn er kein
Vagabundus, oder umsch weiffende Person ist / ausserhalb Landes / mit
wesentlicher Wohnung zufolgen.
AEgid. Bossius, in pract. crim. sub tit. de bonor. publ. n. 75. Hartm. Pistor.
obs. 148. n. 3.
Doch wird ihr / als dem unschuldigen Theil / nicht gewehret / daß sie an den Orth
/ von dannen der Mann verwiesen / ab und zureise / alda ein wenig sich aufhalte
/ auch ihre Geschäffte ausrichte.
Carpzov. dict. q. 130. n. 44. & seqq. us??? 48.
|| [858]
XXXV. Es verliehren auch die Relegati und Verwiesene ihr Bürger-Recht nicht.
Per text. §. 2. Inst. quib. mod. Jus patr. potest. solv. ibi??? Schneidewin. nec
non Harprecht / n. 16. L. relegatus 14. §. magna I ff. de interdict. &
relegat. & ibi Wesenbec. n. 4. L. ejus qui 8. § pen. ff. qui Testam.
facere poss. Kristib. se non exulem seu deportatum & peregrinum, sed
mansisse civem Romanum, quamvis esset relegatus, defendit, his verbis:
Adde, quod Edictum, quamvis immite minaxque,
Attamen in poenae nomine lene fuit;
Quippe relegatus, non Exul, dicor in illo,
Parcaque fortunae sunt tibi verba meae.
add.
Carpzov. Jurisp. Forens. p. 4, c. 47. def. 9. & in prax. crim. p. 3. q.
130. n. 52. Richter / decis. 80. n. 24. Philippi, in usu pract. Instit. lib. 1.
tit. XII. ecclog. 75. n. 7.
XXXVI. Können auch an andern Orthen wohl wieder zu einen Ehrenstand kommen / und
gelassen werden / wann nicht die That / warum die Verweisung geschehen / sie
infam und ehrloß gemacht hat.
L palam 4 ff. de ritu nupt. Gloß. in. l. 1. C. de mod. mulct. Jacob Cujac. lib.
7. obs. 19. Wesenbec. in Paratit. ff. de his, qui not. infam. 18. Carpzov. d.
const. 47. def. 11. & 12. & part. 3. q. 135. n. 51. Richter / d.
decis. 80. n. 27. & 34.
XXXVII. Zuweilen der Reus nur aus eines gewissen Gerichts oder Dorffs Bezirck weg
gewlesen / welches die Gerichts-Verbiethung genennet wird.
Matth. Coler. d proc. exec. p. 2. c. 1. n. 137.
Dieser Straffe ist gleich Impositio venditionis ac migrationis ex certo pago.
Wenn einem ungehorsamen und unbend???gen Unterthant / der alle lose Händel
anfängt / und sich nicht ändern / noch auch der Obrigkeit pariren / und derselb
gen das Ihrige geben und praestiren will / außgebothen / und auferleget wird /
seine Güther zuverkauffen / und sich anderswohin zuwenden / welche beyderley
Arthen ebenmäßig von demjenigen / so die Ober-Gerichte hat / geschehen. Carpzov.
in pract. crim. p. 3. q. 109. n. 59. & 60. & q, 130. n. 57. Ubi
Scabini Lips. Nobili adversus subditos suos inobedientes se. [859] quentem in modum responderunt: Und wenn sie sich der schuldigen
Schlamm-Fuhren nochmahls verweigern / werden sie durch Gefängnis darzu
angehalten / mit Verwarnung / daferne sie von ihren Ungehorsam nicht abstehen
werden / sie mit härterer Straffe darzu angehalten / ihnen auch wohl unter euren
Gerichten zuverkauffen / und sich anderswohin zu wenden auferleget werden soll.
Item in puncto vigiles afflictantis. Hat ein Bürger N. N. eure verordnete
Stadt-Wächter mit einer Barten unversehens ohne alle Ursach vorsetzlich und
arglistig darnieder geschlagen / und wund gehauen / so möget ihr ihm die Hand
abschlagen lassen; wollet ihr ihm aber Gnade erzeigen / so möget ihr ihm
verkauffen heissen / und eurer Stadt verweisen.
Add. Carpzov. jurispr. for. part. 4. const. 13. def. 5. idem confirmat Schepliz
Consvet. March. part. 4. tit. 7. §. 1. n. 2. pag. 439. & seq. assentitur
iisdem David Craffter, tom. 4. consil. 21. n. 32. nec non D. Müller. dissert. de
necessaria empt. & venditione, thef. 31. Item Knichen, op. pol. lib. 2.
p. 1. c. 13. th. 20. lit. C. p. 712.
XXXVIII. Mit der TEMPORAL oder zeit lichen Verweisung auf 1. 2. 3. und mehr Jahr
/ [vid. num. praeced. XVII.] nachdem die Umstände darbey sich ergeben / werden
unterschiedliche Verbrecher angesehen / als I. wenn einer den Stadt- oder
Hauß-Frieden gebrochen / die Stat-Mächter verwundet / Thor und Thüren an eines
andern Hauß oder Hoff gewaltiger weise zertreten und zustossen / oder ohne
Obrigkeit???che Anordnung und Befehl vor sich in des andern Hauß fiehle / und
jemand gefangen wegführete / oder prügelte / oder einen zwünge / Kisten und
Kasten aufzumachen / und gewalthätiger weise verführe. Praejudicia vide apud
Carpzov. Pract. Crim. p. 1. q. 40. n. 11. 14. 15. & seq. us??? 17. II.
Der die Stadt-Mauren oder Stadt-Thore übersteiget / doch daß er es nicht
gefährlicher Weise gothan / wird entweder / den Umständennach / ewig / oder nur
auf etliche Jahre verwiesen. Herm. Vultejus in §. Sanctae. Instit. de rer.
divis. Goed. in L. 5. n. 17 ff. de verb. signif. idem Carpzov. d. q. n. 24.
& 25. Wenn er es aber animo hostili begangen / wird er mit den Schwerd
gerichtet / weil die Mauren vor heilig gehalten werden. L. fin. ff de
rer???divis. ib??? Corasius Hottoman. in d??? §. Sanctae Instit. de rer. divis.
Carpzap. d. loc. n. 20. 21. 22. & 23. III. Der Provocatus so den
Provocanten entleibet / wird nach Gelegenheit der Umsiände auch auf etliche Jahr
relegiret. idem carpzov. p. 1. q. 29. n. 79. 80. 81. 82. & 83. IV.
Imgleichen [860] derjenige / welcher einen Excess bey der
Noth wehr begangen. idem Q. 30. n. 26. & 28. V. Ferner der / so eine
Feuers-Brunst durch Fahrläßig- und Unachtsamkeit verursacht / aber den Schaden
nicht ersetzen kan. Carpzov. Qv. 39. n. 30. VI. Item / die vorsetzlicher weise
und wissentlich geschworne Eyde brechen / oder sonst darwider handeln. Lege
Capzov. Q. 46. n. 41. & 49. VII. Wie auch die Landes auf gewisse Jahre
verwiesen worden / ungeachtet aber ihrer geschwornen Urphede / dennoch unter
währen der Zeit sich wieder einschleichen / werden zum erstenmahl anderweit
wieder verwiesen. idem q. 67. n 17. 18. 20. 21. & 22. VIII. In puncto
infanticidii, wenn nemlich ein Weibesbild in der Tortur erhalten / daß sie ihr
Kind nicht umgebracht / noch auch ihm enig Leid zugefüget / jedoch aber die
Schwängerung und Geburtszeit heimlich gehalten. idem Q. 15. n. 51. & 52.
part. 1. Allwo er ein Praejudicium anführet / daß einer solchen Weibes-Person 3.
biß 4. Jahr Landes-Verweisung zuerkant worden. IX. In Puncto adulterii, als wenn
ausserhalb Sachsen ein ledig Weibesbild mit einem Ehemann sich Fleischlich
vermischet / und Ehebruch getrieben. Berlich. p. 4 concl. 27. n. 51. Wesenbec.
in Paratit. ff. ad Leg. Jul. de Adult. n. 19. vers. atsolutae mulieres. Petr.
Heigius p. 2. q. 29. n. 21. Praejudicia vide apud Carpzovium, p. 2. q. 54. n.
64. 67. & 68. Im Churfürstenthum Sachsen aber wird sie mit
Staupen-Schlägem des Landes ewig verwiesen. Juxta Constit. Elect. 19. p. 4. §.
es soll aber. Item Kirchen-Ordn. sub tit. von der Straffe der Unzucht und des
Ehebruchs sc. nec non Ordin. Matrim. punct. 4. §. da einer sc. Dem Ehemann wird
allda das Schwerd / oder wenn sein Eheweib vor ihn intercediret / die ewige
Landes-Verweisung zuerkant / dem das Eheweib mit wesentlicher Wohnung zu folgen
schuldig. Carpzov. p. 2. 4. 54. n. 42. & q. 55. n. 44. 67. 103. 104 q
57. n. 34. & 35. Ausserhalb den Churfürstenthums aber / und denen Orthen
/ wo obgedachte Constitution nicht eingeführet ist / wird dem Ehemann in
adulterio simplici nur der Staupen-Schlag mit der ewigen Landes-Verweisung
zuerkant. Intercedirte aber sein Weib / und verziehe ihm / wird er nur zeitlich
verwiesen / oder mit noch länger Gefängnis / ja wohl mit einer ziemlichen
Geldbuße seinen Vermögen nach abgestrafft. vid. Carpzov. pract. orim p. 2. q.
55. n. 34. 35. 36. & 37. Ein ledig Weibesbild so mit einer Mans-Person /
die sich schon an eine andere verlobt / wissentlich Unzucht treibet / oder auch
sich schwängern lässet / wird zeitlich verwiesen. idem Carpzov. q. 56. n. 50.
& 5. Item ein Ehemann / der mit einer ledigen Vettel zuthun gehabt /
aber den Semen nicht immittiret. Carpzov. [861] p. 2. q. 61.
n. 20. 21. 22. & 23. Deßgleichen ein Eheweib / deren Mann auf den Hals
sitzet / und hingerichtet werden soll / wenn dieselbe / ehe die Peinliche
Execution verrichtet / vnd also die Ehe noch nicht anfgehoben worden / sich mit
einen ledigen Kerl vermischet. Carpzov. d. q. 61. n. 78. & 79. X. Ferner
wenn ein lediger Kerl etliche ledige Weibes-Bilder geschwängert / oder die
Hurerey mehrmahls wiederholet hätte / maßen denn Carpzov. p. 2. Q. 70. n. 45
& 46. ein Urthel anführet / daß einem solchen 4 biß 5 Jahr
Landes-Verweisung zuerkant worden. Eben das hat auch der zugewarten / welcher
seine Pathin / die er aus der Tauffe gehoben / beschläfft. idem q. 72. n. 57.
58. & 59. XI. So ist auch dem 3. biß 4. Jahr Lands-Verweisung
zugesprochen / welcher / als ein lediger Gesell / mit seines Großvaters
Schwester Sohns Wittiben sich fleischlich vermischet. Carpzov. q. 74. n. 46.
XII. Item 4 biß 5 Jahr einem Diebe / der in eines andern Hauß eingebrochen /
doch also / daß er zwar ein Loch in die Wand gemachet / aber nichts darbey
gestohlen / noch davon gebracht / weil er in den Handel ertappet / und zu Haft
gebracht worden. Carpzov. q. 97. n. 60 & q. 88. n. 12. XIII. Einem
Wucherer / der des Jahrs 15. fl. und mehr Zinß von hundert genommen / ist
gleichfals die Landes-Verweisung zu / und darneben erkant / daß wen̅ er nicht davon abstehen würde / man ihn nicht zum Heil. Abendmahl lassen /
vielweniger ein Christlich Begräbnis versatten wolle. idem Q. 92. n. 36.
& 37. XIV. In Crimine falsi sind auch die damit beleget worden / welche
falsche Obligaciones und Verschreibungen gemacht / und Siegel von andern
Kundschafften dran gehengt oder gedruckt / theils 4. 5. biß 6. Jahr. Vid.
Carpzov. Q. 93. n. 63. 64. 65. & 66. XV. Wenn derjenige / so einen
schläget / stöst / trit oder verwundet / daß derselbe drüber Lähmnis bekömmet /
der Thäter aber so arm ist / daß er das Artztlohn zu ersetzen / und die Lämnis
zu verbüssen nicht vermag / wird gleichfals des Landes auf 2. 3. biß 4. Jahr
verwiesen. Vid. Carpzov. q. 99. n. 50. & 52. add. q. 100. 13. 41.
& 44. XVI. Wenn einer mit sich selber Unzuch treibet / so mastupratio
genennet wird / pfleget die Landes-Verweisung / oder andre Straffe erkennet zu
werden. Corp. Jur. milit. cum not. Petr. Pappi tit X. pag 402. und in andern
delictis mehr / so in folgenden Capiteln noch vorkommen.
XXXIX. Es kan aber der Judex, dem die Ober-Gerichte zuständig / sind / aus
rechtmäßigen Ursachen die Relegation und Verweisung gar wohl in eine Geldstraffe
verwandeln.
Car pzov. part. 3. pract. erim. q. n. 44.
|| [862]
Doch daß solche nicht gar der delinquenten Vermögen auf einmahl absorbire /
sondern nach Proportion des Verbrechens / des Thäters Vermögen / eingerichtet
werde.
Casp. Zillesius, in tr. de mulcta & mulctandi jure c. 9. n. 94. 111.
& 132.
Mulcta enim hodie inter praedandi vocabula apud multos Dominos terrarum refertur,
ut loquitur Tacitus Hist. 4. c. 14. qui invido atque torvo oculo aspiciunt
rusticorum pecuniolas, nullamque praetermittunt occasionem, qua possint ipsos
facere reos, eorumque emungere loculos.
idem Zillesius, ditr. c. 12. n. 33 & 34.
XL. Anno 1379. ward der Rath zu Stral-Sunde aus der Stadt gegejagt; Hertzog
Wartislaf in Pommern brachte es dahin / daß der Rath in vorigen Ehren-Stand
wieder gesetzt ward. Ehe aber solches geschehen / ist einer von den Raths-Herrn
/ mit Nahmen Done verstorben / daher seine Freunde ihn Tod in den Rath-Stuhl
gesetzt haben / damit anzuzeigen / daß er ohne Verletzung seiner Ehre wäre
vertrieben worden.
Zeiler, Epist. 383.
XLI. König Philippus II. in Spannien ließ den bekandten. Niederländischen
Tyrannen / den Duc de Alba, üm deß willen / daß desselben ältester Sohn einem
Fräulein in der Königin Isabeben Frauenzimmer die Ehe zugesagt hatte / aber
solches nicht halten wolle / sondern auf Rath seines Vaters aus der Verhafft zu
Tordesyllas ging / und seines Vaters Bruders / des Admirals Tochter / Marien von
Toledo heyrathete / und hernach an obgedachten Orth sich wieder ins Gefängnis
stellete / gen Uzeda, 25. Meilen von Hoff / ungeachtet er damahls keinen andern
düchtigen General, als ihn / hatte / relegiren / ist aber bey Eroberung des
Königreichs Portugal wieder in Gnaden kommen.
Zeiler, Epist. 312.
Im Theatro Europ. tom. 3. pag. 381. stehet: daß er noch darzu zehentausend
Ducaten Geld-Straffe habe erlegen müssen. Quod etiam refert Casp. Zillesius, de
Jure mulctandi c. 12. n. 141.
XLII. Zu Zeiten Käysers Claudii starb in Rom ein Mensch / Pamphilus genant / von
dem selben sagte iedermann / daß er die Zeit seines Lebens kein eintziges wahres
Wort geredet hätte. Derowegen befahl der Magistrat, man [863] solte ihn lassen unbegraben liegen / das Hauß niederreissen / und Weib und
Kind aus der Stadt verweisen / damit künfftig andere Leuthe möchten ob diesen
Laster ein Abscheu tragen.
Joh. Stiefler / im Geistl. Hist. Schatz / cap. 11. pag. 812.
XLI. Zu Leipzig ist einer / der sieben Ehlen Lündisch Tuch zu ein paar
Bein-Kleidern verschneiden lassen / und damit Aegernis und Anlaß gegeben zur
Uppigkeit und Uberfluß in Kleidung / der Stadt verwiesen worden. Eben als wie
jener / der neun und neuzig Ehlen Cartecks zum Unter-Fulter unter Hosen und
Wammes gebraucht.
Lauterbeck im Regenten-Buch lib. 4. c. 10. pag. 243. fac. b.
XLII. Anno 1567. kahm ein altes Weib gen Augspurg / die gab für / daß sie des
Geschlechtes der Fränckischen Freyherren von Wolffstein wäre / und aller
verlohrnen und verborgenen Sachen Anzeigung geben könte. Diese hatte in etlichen
Monathen bey hundert tausend Gülden in und außer der Stadt / nich durch Hexerey
/ sondern mit lauter Lügen / Betrug / und verschlagenen Räncken erpracticiret.
Sie ist aber endlich gefangen / und nach Burgau geführet / und des andern Jahrs
/ als sie zuvor den halben Theil des abgezwackten Geldes zur Straffe erlegen
müssen / des Landes biß jenseit Rheins zu ewigen Zeiten verwiesen worden.
Augspurg. Chronic. p. 3. c. 3. p. 120. Zeitler, Epist. 70.
XLIII. Etliche Städte / so mit den Peinlichen Gerichten belehnet sind / haben
einen gewissen Terminum und Bezirck / wie sie einen Delinquenten verweisen
können. Also ersuchten Anno 1544. Käyser Carin die Herren von Amsterdam / daß er
ihnen allergnädigst vergönnen wolte / ihre Verbrecher und Missethäter über die
1100. Ruthen / die seine Vorfahren ihnen zugestanden / auf 3. Meilen rund üm die
Stadt her zuverweisen und auszubannen. Drauf Er ihnen denn alsobald verwilligte
/ daß sie ihre Banlinge eine Meile / von dem äußersten Gtadt-Graben angerechnet
/ darunter die gemelde 1100. Ruthen mit begriffen / aus der Stadt verweisen
möchten: ja dieselben / wie auch alle andere Verbrecher innerhalb dieser
Bann-Meile fangen: doch mit dem Bedinge / daß sie solche Gefangene dem Schult
heissen selbigen Orths / unter dessen Rechts-Gebiet sie solche gefangen / zur
unverzüglichen Straffe einzuhändigen solten gehalten seyn. Und nach die sem von
Käyser Carln gesetzten Bann-Mahl werden noch heut zu Tage alle Straff-Urtheile
der Banlinge vom Rathhause zu gedachten Amsterdam folgender gestalt abgelesen:
So ist es / daß meine Herron im Gericht [864] gesessen /
nachdem sie den Eisch und Schluß meines Herrn / des Schultzen / wie auch die
Bekäntnis des obgemeldten Gefangenen vernommen / denselben verdammet haben / und
hiermit verdammen / aus dieser Stadt / und derselben Freyheit / auch aus der
Ban-Meile / wie sie sich rund ümher erstrecket / bey Sonnen-Schein zu gehen:
indem sie ihn daraus auf---Jahre verbannen und verweisen. Damit aber die
Verbrecher solche Ban-Meile eigentlich wissen möchten / und nach übertretenen
Geboth keine Entschuldigung vorzuwenden hätten: So hat man auf eine Meile von
der Stadt bey allen Heer-Strassen an der Land-Seite / einen steinern Meilpfahl /
in gestalt einer Grab-Spitze / aufgerichtet.
Philipp. von Zesen / in Beschreibung der Stadt Amsterdam / p. 121.
XLIV. Sonsten geschiehet es zuweilen / daß denen Landes-Verwiesenen von der hohen
Landes-Obrigkeit Gnade wiederfähret / und sie recipiret werden / wenn bey deren
solennen Einzug in eine Stadt / oder bey Einnehmung der Huldigung sie dero
Gutsche / darinnen sie fahren / oder das Pferd / darauf sie reithen / angreiffen
/ sich daran feste halten / und mit hinein schleppen lassen.
D. Strycke, de jure sensuum, dissert. 7. c. 3. n. 25. 26. & seq. alwo er
unterschiedliche Exempel anführet.
Item wenn eine Fürstl. Braut eingeführet wird.
Webner, observ. pract. v. sicher Gleid. Rittershusius, de Jur. Asyl. c. 2. n. 1.
in fin.
XLV. Dergleichen Freyheit praetendiren auch die Cardinäle / daß wenn ihnen einer
begegnet / so zum Tode verdammet ist / und zur Hinrichtung hinaus geführet wird
/ sie demselben das Leben erretten / und perdoniren können.
Oldekop. tit. 5. observ. crim. 4.
Drum als einsmahls Cardinal Nicolaus Cusanus gen Magdeburg kahm / ist ihm
allerhand loses Völcklein von Manns- u. Weibes-Personen / so aus der Stadt
verwiesen worden / gefolget-Nachdem aber der Rath sich darüber beschwerete / und
der Cardinal vorschützte / er könte hierinnen dem Pabst nichts vergeben / indem
es einen ieden zugelassen / dem Creutze Christi zu folgen / weil der Cardinal
bey den Einzug sich ein Creutz vortragen lassen / hat solches der Rath endlich
vor bekant angenommen. So bald aber der Car [865] dinal mit seinem Creutz wieder fortgereiset / haben sie solch Gesindlein
auch gezwungen / ihm wieder zu folgen / und es also fortgeschafft. Drauf der
Cardianl sich dieser Worthe vernehmen lassen: vos Saxones estis Saxa!
Richter. axiom. polit. 251. exempl. 11.
XLVI. Es ist aber zuwissen / daß nicht ein ieder / der sich solcher gestalt an
eines grossen Herrn Gutsche henget / Gnade erlanget / sondern nur die / so eines
geringen Verbrechen halber die Stadt oder das Land räumen müssen. Drum auch die
grobe Delinquenten, als kirchen- und Jungfern-Räuber / Ehebrecher / Hexen /
Zauberer / falsche Müntzmacher / Todschläger / Kinder-Mörder und dergleichen
sich eines solchen keines weges zugetrösten haben.
Strycke, de jure sensuum, d. dissert. 7. c. 3. n. 35. & 36.
XLVII. So wird auch durch solche Anrührung nur die Straffe erlassen / die Infamia
criminis aber nicht aufgehoben.
Per L. fin. C. de general. abolit. L. generalis 7. C. de sent. pass. &
restit. Sfortia Odd. de restit. in integr. p. 2. q. 94. art. 4.
Und dannenhero werden solche Leute nicht wieder in Handwercks-Zünfften
aufgenommen / es geschehe denn durch sonderbahre Gnade / und Zulassen der hohen
Landes-Obrigkeit.
Strycke, d. loc. n. 38.
CAPUT XXXIX.
Von Staupen-Schlag.
I.
WEnn dieser einen Delinquenten durch Urthel un̅ Recht zuerkant
worden / wird / auf Befehl des Judicis, so die Peinliche Gerichte zu exerciren
hat / demselben durch den Scharffrichter der Rücken oder der gantze Ober-Leib
entblösset / und er von dem Ambt und Gericht-Hause an / über den Marckt und die
Gassen hin / biß ans Thor / oder wie weit es sonst gebräuchlich / mit Ruthen
gestäupet. Wenn eine Ruthe abgehauen / und nicht mehrscharff ist / wirfft der
Nachrichter sie [866] weg / die sein Knecht auflieset / und
nimmt von ermeldten Knecht oder Jungen / der neben her gehet / eine frische.
Worbey zu erinnern / daß wenn ein Weibesbild aus gestäupet wird / derselben /
Aergernis zu vermeiden / ein Tuch vor die Brüste gemachet werden soll.
II. Und ist diese Straffe heut zu Tage sehr gemein / aber doch sehr hart / indem
dieselbe nicht allein dem Verbrecher infam und ehrloß machet /
arg. L. ictus fustium ff. de his, qui notant. infam. Besold. in thes pr. verb.
Ruthen-Aushauung / pag. 849.
sondern auch grosse Schmertzen dem Leibe zufüget.
Prosp. Farinac. prax. crim. lib. 1 tit. 3 quaest. 19. n. 29. Carpzov. p. 3.
pract. crim. q. 12. n. 14. 15. & 16.
III. An etlichen Orthen werden sie erst öffentlich am Pranger gestellet / hernach
sodann mit Ruthen ausgehauen.
P. H. O. Caroli V. art. 196. & 198. ibig??? Dan. Clasen, in comment. pag.
796.
IV. In den grossen Städten sind rechte Bühnen üm die Pranger gebauet / daman die
Huren / oder auch die Diebe / so zum erstenmahl gestohlen / und die Summa noch
nicht fünff Soliden übersteiget / hinauf fähret und stäupet / werden auch wohl
die Ruthen an den Pranger gesteckt / andere dadurch abzuschrecken.
Corp. Jur. milit. cum not. Petr. Pappi, pag. 569.
V. Solcher Staupenschlag führet allezeit die ewige Landes-Verweisung mit sich.
d. const. crim. art. 158. Const. Elect. Saxon. 13. 16. 18. & 19. part. 4.
add. etiam const. 24. 25. 26. 28. 29. 31. 32. 33. 35. 40. 41. 42. & 45.
part. 4.
Ja wer??? gleich im Urthel nur allein der Staupenschlag stünde / der ewigen
Landes-Verweisung aber nicht gedacht würde / wird dennoch solche zugleich mit
vollstrecket / allermaßen es heut zu Tage in praxi also gehalten wird / teste
Carpzov. dict. quaest. 129. n. 18. & 19.
VI. Es ist auch derselbe entweder starck oder gelinde. Starck wird er demgegeben
/ der etwas hartes / und fast so viel verbrochen / daß er das Leben lassen müste
/ da denn wohl Zacken von Drat in den Ruthen mit gemacht werden.
D. Tabor, de stellionat. pag. 34. & 44.
|| [867]
Gelinder denen Weibesbildern / welche Kinder säugen / damit denselben an ihrer
Nahrung kein Abbruch geschehe / oder wen̅ oder Delinquent kranck
oder gar schwacher Natur ist.
Idem Carpzov. d. q. 129. n. 24. & 25.
VIII. Doch ist der Staupenschlag beym ersten Fall also zu mäßigen / daß der
Inquisit beym Leben bleibe.
P. H. O. art. 196.
Denn es stehet nicht mehr in des Scahrffrichters Wilkühr / wie es vor Alters war
/
Lindenbrog. ad. tit. C. siquis Imp. maledix. fol. 55. Besold. in thes. pract. v.
Ruthen Aushauung / fol. 849.
dem Delinquenten mit Unvernunfft so viel Streiche zugeben / als ihm gefält /
sondern er muß deswegen von dem Judice, der zuvor die That und das Verbrechen /
auch die Natur und Constitution des Inquisiten, ob er viel / oder wenig
ausstehen kan / zu überlegen und abzuwegen hat / Ordre und Befehl erwarten.
Oldekop. in tr. contra Carpzov. Quaest. 10. pag. 338.
Gestalt denn auch GOtt selbst im Fünften Buch Moses am 25. Capitel v. 2.
& 3. eine gewisse Anzahl Schläge verordnet / drüber der Richter und die
Executores nicht schreiten dürffen. Die Worte lauten also: Wenn der Gottlose
Schläge verdienet / drüber der Richter und die Executores nicht schreiten
dürffen. Die Worte lauten also: Wenn der Gottlose Schläge verdienet hat / soll
ihn der Richter Heissen niederfallen / und sollen ihn vor ihm schlagen nach der
Maaß und Zahl seiner Misset hat. Wenn man ihm viertzig Schläge gegeben hat /
sollman ihn nicht mehr schlagen / auf daß nicht / so man mehr Schläge gibt / er
zu viel geschlagen werde / und dein Bruder scheußlich für deinen Augen sey.
Deßwegen auch die Jüden bey solchen Schlagen sehr Sorgfältig und behutsam waren
/ so daß sie gemeiniglich denen Delinquen nur 39. Streiche gaben / aus Furcht /
sie möchten es etwan in Zehlen versehen: Allermaßen solches der Apostel Paulus
in der andern Epistel an die Corinther cap. 11. v. 24. selber gestehet / wenn er
schreibet / er habe von den Jüden fünfmahl vierzig Streiche weniger eins
empfangen.
add. Dilher. 2. Elect. c. 18. & Baron. ad Annum Christi 34. n. 83.
VIII. Zuweilen wird der Staupen-Schlag / aus gewissen und erheblichen Ursachen /
dergestalt gemildert / daß der Reus nicht öffentlich über die Straf [868] se hingestäupet / sonder die Züchtigung mit
Ruthen im Gefängnis / durch den Stockmeister oder Frohn-Bothen an ihn
vollstrecket / doch aber er hernach verwiesen wird: Zumahl wenn er noch
minderjährig ist / und man Hoffnung hat / daß er sich bessern werde / da denn
wohl zu Zeiten die Landes-Verweisung ihm noch darzu von der Landes-Herrschafft
aus Gnaden remittiret / oder auch der Staupen-Schlag bloß in die
Landes-Verweisung verwandelt wird.
Carpzov. Q. 129. n. 25. & 27. Vide supra Caput von Stock-Schilling.
IX. Ferner setzet ietztgedachter Carpzov. p. 3. Q. 137. n. 45. daß es nicht eben
nöthig sey / daß man dem Maleficanten ein oder mehr Tage vorher eröfne / daß ihm
durch Urthel und Recht der Staupen-Schlag und die ewige Landes-Verweisung
zuerkant worden / sondern man könte dem Inquisiten das Urthel publiciren / und
sobald drauf mit der Fustigation verfahren / welchem aber Justus Oldekop, in tr.
cont. Carpzov. Q. 10. pag. 339. wiederspricht / und haben will / daß weil der
Staupen-Schlag und die ewige Landes-Verweisung einen Menschen infam und Ehrlos
machen / die Ehre aber über alles ginge / die man einen zwar halb nehmen / aber
so leicht nicht widergeben / noch auch selbige in vorigen Stand setzen könte /
so solte der Richter darin Christlich und gewissenhafft verfahren / daß Urthel
dem Inquisiten publiciren / aber nicht so strack mit der Execution drauf
verfahren / sondern ihm Bedenckzeit lassen / ob er sich weiter darwieder
defendiren / und seine vermeinte Rechtliche Nothdurfft noch ferner deduciren
wolle oder nicht / welches denn auch nicht unbillig ist.
X. Und rathen daher einige Politici, daß man den Staupen-Schlag [als die erste
Stafel zum Galgen
And. Knich, de Saxon. non prov. jure c. 5. n. 234.]
gar abschaffen solle / weil dadurch den Diebstahl / und andern Lastern nicht
allein nicht gewehret / sondern vielmehr Anlaß gegeben würde / daß hernach
solche zu Schanden und unehrlich gemachte Leuthe es nocht viel ärger / wie zuvor
/ trieben / sonder man solte sie ad opus publicum, oder zu gemeinen bauen und
arbeiten / condemniren.
Christoph. Besold. in tr. de praem. & poenis c. 4. n. 4. & in
Thes. pract. lit R. verb. Ruthen aushauen. Justus Oldekop, in tr. contra.
Carpzov. decad. 2. Quaest. 10. pag. 241. [869] Allermassen es
Sabbatus, oder wie andere ihn nennen Sabacus, oder Sabaicus, König in Egypten /
aus Morenland Bürtig / mit allen seinen Gefangenen / die das Leben verwircket
hatten / gemacht. Herodotus libro 2. Diodor. Siculus lib. 2. c. 2. Alex. ab
Alexand. Gen. dier. lib. 3. c. 5. pag. 296. mit welchen auch übereinkömmet / was
Valent. Winther, in parthen. litig. lib. 2. cap. 12. klüglich anführet / wenn er
also schreibet: Rebus publicis hoc deploratissimo Seculo optumè consultum
putamus, si fures ob furta simplicia pecuniaria, non fust gationibus,
suspendiis, relegationibus, aut aliis atrocioribus poenis afficerentur, sed ad
OPERAS PUBLICAS praestandas damnarentur. Fustigatio enim, oder das Ruthen aus
hauen ist die erste Weihe zum Galgen / qua fures magis ad furta invitantur.
Excluduntur quippe ob infamiam ab omni honesto commercio, & nullibi
tolerantur. Ergo ad furta & latrocinia magis magisque alliciuntur. Nec
exilium Reip. conducit. Unguentis enim hoc remedium simile est, quibus scabiei
medela adfertur: Per momenta illa sanant quidem, sed corpore intus malis
humoribus affecto statim morbus regreditur. Et sanè ita fieri videmus, quod
exsules coelum, non animum mutent, sed exclusione hac ignominiosa irritati
subinde ad pejora prolabantur, patriam infestent & prodant, novaque
semper litigia excitem. Idem est judicium de auris abscissione, quam praeter
memorata, aliaque inde renascentia mala, vim generativam impedire tradit supra
allegat. Knich. de jure territ. c. 3. n. 255. Ex manus amputatione hoc quoque
resultat incommodi, ut delinquens in locis dissitis aliam causam amissionis
manus mentiatur, & occasionem mendicandi satis amplam, collectisque
Elemosinis liberalioribus otiosae vitae pigritiem & malitiam sustentandi
nanciscantur.
Oldekop. d. Q. 10. pag. 243.
XI. Diesen Rath hat gefolget Hertzog Johann Friederich zu Würtenberg / wie aus
folgender Constitution zuvernehmen. Unsern Gruß zuvor / "liebe Getreue / Wir
sind in allewege gemeinet / der lieben Justitz in unsern Hertzogthum und Landen
ihren gestrackten Lauf zulassen / ja bey zunehmenden Lastern die Straffen [zu
mehrern Ernst gegen den Delinquenten, auch andern zu abscheulichen Exempel] zu
schärffen. Wir haben aber hierinnen mehr mahln in Gedancken gefast / ob nicht in
den Fällen und Verbrechungen / so nicht gäntzliche äusserste Todes-Straffe auf
sich [870] haben / sondern da die Maleficanten bißhero in
die Hand des Nachrichters zur Fustigation und Ruthen ausstreichen / Ohren
obschneiden / oder dergleichen mit Urthel und Recht geliefert / anstat solcher
Leibes-Straffen / andere Poe en zubefinden / dadurch der Justitz dennoch ein
Begnügen geschehen / und die Verbrecher nichts desto weniger / ihren Verschulden
gemäß / büßen thäten: In Bedenckung / wenn der Nachrichter einmahl an einen
Sünder und Delinquenten Hand angelegt / demselben kein Mittel mehr übrig / sich
und die Seinige bey den Handwercken redlich zu nehren / sintemahl selbiger aller
Orthen gescheuet / aufetrieben / und dadurch fast gemüßiget wird / daß er dem
Diebeswesen wiederum nachhengen / und endlich dar dem Strick zutheil werden muß.
Dahingegen wann andere Straffen gebraucht / welche nicht durch des Nachrichters
Hand exequiret / und dadurch die Verbrecher nicht in zeitliche Schande / neben
Verlierung aller Ehren gerathen / sondern wann einer noch Bieder-Leuthen
geduldet wird / alsdann noch einige Hoffnung seyn könte / es möchte ein solcher
Sünder sich etwan bessern / und wiederum zu Ehrlicher Hanthierung oder
Handwercken greiffen / sich und die Seinige weiter mit Ehren zu nehren. Um
welcher Ursachen willen / und bey vorlauffenden sonderbahren beweglichen
Umständen [als uns eiwan angelanget] der verständige Richter mannigmahl selbsten
gern eine solche Straffe sehen und wünschen mögen / darbey der Sünder sein
Unrecht gebührlich büssen / und dannoch [bevorab wenn / obgemelter maßen / noch
Besserung bey ihme zuhoffen / oder selbiger zuvor sich böser Thaten sonst nie
beflissen] des Nachrichters Hand entgehen / auch zeitlicher Schande und
unwiderbringlichen Verlusts seiner Ehren [immassen bey den Ruthen ausstreichen
und Ohren abschneiden geschicht] entübriget seyn könte. Dieweil auch sonsten
überhäuffte Verbrechungen [sonderlich bey den Wildbret-Schützen / und andern /
die sich aufs Faulentzen legen / und durch die verbothene Mittel ihre Nahrung
suchen] vorgehen / welche mit Peinlichen Rechten bißhero nicht angesehen.
sondern / andern zum Exempel / etwan mit langwierigen Gefängnis seine Achtung
selbsten zubezahlen nicht vermöcht / grosse vergebliche Unkosten aufgelauffen /
neben dem in der Zeit derselselben währender Thurm-Straff / Weib u. Kinder
daheime Mangel gelitten / bey den Verbrecher aber / sonderlich wann durch die
Stat-Knechte er so viel er practicirt / daß ihme Wein in die Gefängnisse
gelassen / der [871] der Thurm nicht für eine Straffe /
sondern als eine Ruhe von der Arbeit [dazu sonst der Mensch erschaffen] gehalten
worden / dadurch die Verbrecher für sich selbst wenig gebessert / andere es zu
keinen Exempel oder Abscheu gezogen / weniger dem publico hiedurch geholffen
worden; Hierneben auch wir befunden / was für grosse Ungelegenheiten durch die
freche / starcke Uns / auch den Communen / Armen-Kasten / und privat-Personen
zugezogen worden: Derenthalben dann wir nach Mitteln zugedencken Anlaß haben /
wie auch selbiges abzuschaffen / dergleichen Gesinde zur Correction gebracht /
zur Arbeit angehalten / und das Land von solchen gereiniget werden möge. In
Erwegung dessen allen / und damit die Ubelthaten / die nicht äußerliche
Todes-Straffe auf sich haben / dennoch mit scharffen Ernst angesehen / diejenige
aber / bey denen noch eine Hoffnug zur Beßerung / nicht gar unehrlich / sondern
nach gebührender Abbuß / hernach wiederum unter Biederleuthen geduldet werden /
auch die / so durch langwierige Gefängnis nur mürbe u. faul gemacht / ihre
Zeiten in Geschäften zuzubringen genötiget / nicht weniger das ümlaufende
unnütze Gesinde zur Arbeit angehalten werden: So sind wir bedacht / zur
Correction solcher straffbahren Gesellen [darunter wir auch die Prodigos und
Verschwender / bey denen alle gesuchte Gradus unverfänglich / nicht weniger
ungerathene unartige Kinder / an denen ihrer Eltern Zucht nichts helffen / noch
einige Besserung bey ihnen zu hoffen seyn will / gemeinet haben wollen] ein
Mittel ernstlicher Straffe anzustellen / welches bißhero bey vielen
wohlbestelleten Landen / Städten und Herrschafften mit Nutzen practicirt / und
dadurch mancher ungerathener Mensch wiederum zum Nutzen gebracht worden / daß
nemlich selbige ad operas publicas angehalten / darinnen in Springern und
eisernen Banden so lange zu schaffen / biß ieder sein Verbrechen / nach
Bewandnis desselben / wie auch seine Atzung / und was seinet wegen sonsten
aufgeloffen / gäntzlich abgebüst. Damit nun dieses in Sachen / so durch
ordentlich Peinlich Recht zu erörtern / zu effect gerichtet / so stellen wir
euch / den Richter / anheim / in denen Fällen und Delicten, da das Leben nicht
verwürckt / in Erkäntnis dahin bedacht zu seyn / ob die Delinquenten nach.
Beschaffenheit ihres Verbrechens / Alters / und hievor geführten Wandeis / auf
eine Zeitlang / nach Bezahlung ihrer Atzung [da sie selbige zuerstatten
vermögen] ad operas publicas zu condemniren: Da alsdenn du Ambt [872] mann] die Urthel vor der Publication zu unser
Canzeley überschicken / auch in welchen Gebäu selbige zu schlagen / und wie sie
dahin zubegleiten / Bescheldes erwarten sollest. Belangend aber diejenige
Verbrecher / als Wilderer / Prodigos, und andere dergleichen / davon oben
Anregung geschehen / so nicht rechtlich beklagt / sondern wieder welche Wir ex
officio procediren mögen: Solt du Ambtmann / auf vorhergehende Erkundigung / und
gefängliches Annehmen derselben / ihr Verbrechen nach gnungsamer ihrer Anhör /
die Sachen mit guten Umständen / neben Vermeldung ihres Alters / Leibes-Kräfften
und Beschaffenheit / hiebevor geführten Wandels / derselben Praedicats und
Vermögen zu Unser Canzelley gelangen lassen / und darüber fernern Bescheides
gewarten. Hieran geschicht Unsere Meinung. Datum Studgart / den 12. Septembr.
Anno 1627.
XII. Und wäre gut / wenn andere Potentaten / Fürsten und Herren solches
nachthäten / ungeachtet Zieriz, ad const. crim. Caroli V. art. 104. dafür hält /
es bemüheten sich alle diejenige / welche solche von uralten Zeiten her
wohlbedächtig-eingeführte Straffen ändern / und in andere verwandelt haben
wolten / nur vergeblich / indem / sonderlich das Ruthen-aushauen / bey dem Volck
GOttes / wie allbereit oben gedacht /
Vid. Wilh Zepper, in explic. Leg. Mosaic. lib. 5. c. 7. fol. 713. & seq.
Wie auch bey andern Nationen und Völckern iederzeit üb- und gebräuchlich gewesen.
Petr. Faber, lib. 2. semestrium cap. 10.
Und daher noch die Stunde ohne Abgang und Aenderung im H. Römischen Reich
practiciret / und an den Delinquenten voll strecket würde.
XIII. Hippolitus de Marsiliis, in tractatu Bannitorum, verb. Fustigatio, n. 2.
führet aus dem Baldo an / daß wenn einem alternativè eine Geld-Straffe / oder /
wenn er solche nicht erlegen wolte / der Staupenschlag zuerkant worden / und er
sich lieber ausstäupen lassen wolte / solte der Judex ex nicht thun / infamiam
von dem Reo abzuwenden / sondern vielmehr denselben zwingen / daß er das Geld
schaffen müste.
XIV. Ferner war vor diesen üblich / daß ehe man die Maleficanten kreutzigen /
oder sonst vom Leben zum Tode bringen ließ sie vorher mit Ruthen biß aufs Blut
gestäupet wurden / welches auch unsern Heyland CHRISTO [873] IESU selbsten wiederfahren / so aber nach der Zeit
abkommen.
Anton. Gallon. de Cruciat. Martyr. pag. 409. & 440.
XV. Der Staupenschlag wird auch genennet der Staup-Besen.
Tabor. de stellionatu, pag. 44. Dither, in addit. ad Besoldi thes. pract. pag.
850.
Und wird dem Mero Imperio zugeschrieben.
Jacob. de S. Georg. de Feud. v. cum mero. n. 5. Gylman, tom. 2. part. 3. tit. 10.
vot. 2. Symphorem n. 20. fol. 235.
XVI. Es sind die Edelleuthe davon befreyet / denn die soll man nicht zur Staupe
schlagen.
Limnaeus. in J. P. lib. 6. c. 4. n. 66. Dither, cit. loc.
Allermaßen bey den Römern kein Ingenuus fustigiret wurde / sondern nur die
Knechte: Erat itaque poena servilis.
Rupertus, lib. 1. cap. 1. diss. 2. §. 10. ad Valer. Maxim.
XVI. Derselbe wird in vielen Delictis erkant / als: Wenn iemand durch Gifft einen
andern vergeben wollen / auch solchen unter Essen und Trincken gemischet / oder
ihm sonst beygebracht hätte / und den Vorsatz gehabt / denselben dadurch das
Leben zunehmen / der Effect aber nicht erfolget / sondern dieser beym Leben
geblieben / wird jener / als der Thäter / deshalber zur Staupe geschlagen / und
des Landes ewig verwiesen.
Carpz. p. 1. q. 21. n. 44. & 45. ibi??? Praejudicia.
XVIII. Oder wenn einer den andern übel schlüge / die Wunde aber von den Medicis
und Chirurgis nicht vor tödlich erkant worden / iedennoch der Geschlagene
hernach stürbe / wird wegen solcher Ungewißheit / ob eben derselbe an solchen
Schlägen gestorben / poena ordinaria der vorsetzlichen Todschläger nicht /
sondern der Staupenschlag und ewige Landes-Verweisung erkant.
Carpzov. d. p. 1. q. 26. n. 3. 5. 15. 16. & seqq. D. Stryke. de jure
sensuum, diss 1. c. 3. n. 19. & 20.
Welcher will / daß man bey der Besichtigung eines Entleibten eine ungerade Zahl
der Medicorum und Chirurgorum adhibiren solle.
XIX. Oder wenn bey einer Entleibung Entleibung der todte Cörper von den Gerichten
/ [874] auch Medicis und Chirurgis nicht wäre besichtiget
/ vielweniger das Cadaver seciret / und alle Wunden / wie sich es gebühret /
genau untersuchet / oder sonst was darbey versehen worden / daß wegen
Ungewißheit man dem Thäter das Leben nicht absprechen könte / wird derselbe zur
Staupe geschlagen / und des Landes ewig verwiesen.
Idem Carpzov. d. q. 26. n. 19. & seqq. nec non 32. 43. 45. 53. &
54.
XX. Desgleichen in homicidio culposo, wenn ein schwanger Weib geschlagen würde /
daß sie drüber in eine Kranckheit fiehle / und hernach ihr die Frucht tod
abgienge / wird nach Gelegenheit der Umstände / & quando lata culpa quam
proximè ad dolum accedit, adeò, ut etiam dolum implicitum continere videatur,
die Staupe nebst der ewigen Landes-Verweisung / oder wohl nur diese letztere
allein / oder Relegatio auf etliche Jahre erkant.
Damhouder, pract. rer. crim. c. 85. n. 10. Petr. Theodor. in colleg. crim. disp.
7. th. 7. lit. C. Farinac. p. 5. op. crim. q. 87. n. 73. Carpzov. p. 1. q. 17.
n. 33. 34. 35. 36. 37. 40. 41. 42. 43. & 44. allwo er unterschiedliche
Casus, und drauf gesprochene Urthel anführet. Item n. 45. us??? 49.
XXI. Oder wenn einer / so von den andern angefallen worden / das Moderamen
inculpatae tutelae, wie es de jure erfodert wird / nicht recht in acht genom̅en / sondern darinnen einen grossen Excess begangen / und den
Agressorem getödtet hätte.
Vid. Carpzov. p. 1. q. 30. n. 27. 28. & seq. us??? 33. Item n. 39. us???
42. nec non quaest. 31. n. 33. Item q. 32. n. 40.
XXII. Item in incendio culposo, als wenn die / so mit Feuer ümgehen / nemlich /
Mältzer / Brauer / Becker / Schmiede und andere / sich des Volsauffens beflissen
/ und das Feuer nicht in acht genommen / sondern noch wohl darzu liederlich
damit ümgegangen wären / daß eine Feuers-Brunst draus entstanden: Item wenn
einer unvorsichtig mit Lösung der Büchsen / Pistolen und andern Gewehr umgienge
/ daß dadurch Gebäude angestecket würden / und könte den Schaden nicht wieder /
ersetzen noch bezahlen / wird gleichfals die Fustigatio cum perpetuâ relegatione
an ihn vollstrecket.
Idem Carpzov. p. 1. q. 39. n. 37. 38. 49. & 50.
XXIII. Eben dieses hat zugewarthen derjenige / welcher der Müntze ihre rechte
Schwere gefährlicher weise benimmt / und dieselbe beschneidet.
Carpzov. p. 1. q. 43. n. 47. & 48.
|| [875]
XXIV. Wie auch der / so Gotteslästerliche Reden ausgestossen.
Vide praejudic. apud Carpzov. p. 1. q. 45. n. 73. 74. & 78.
XXV. Item ein ledige Dirne oder Wittibe / nach dem Sächsischen Rechten / welche
mit einen Ehemann Ehebruch wircklich getrieben.
Const. Elect. 19. §. Darüber aber. part. 4. & postea in §. Es soll aber.
Vide quo??? die Kirchen-Ordnung sub tit. Von der Straffe der Unzucht und der
Ehebruchs / fol. 105. & ordin. matrimonial. punct. 4. §. Da einer sc.
Desgleichen ein lediger Gesell / welcher mit einem Eheweibe / die vorher mit
andern geehbruchet / und als eine gemeine Hure lebet / sich fleischlich
vermischet.
Petr. Heigius, p. 4. q. 29. n. 77. & 78. Coler. p. 1. decis. 176. n. 8
Berlich. p. 4. concl. 27 n. 88. Carpzov. p. 2. q. 57. n. 24. 25. & 26.
Item n. 27, 31. 75. add q. 61. n. 19. 20. 23. 29. 40. 64.
XXVI. Ferner wenn ein Bauers-Knecht ein Adeliche Dame beredet / beschläfft und
schwängert.
Dan. Moller, ad Const. Elect. 27. p. 4. n. 4. Berlich, p. 5. concl. 38. n. 104.
Carpz. p. 2. q. 69. n. 44. & 45.
XXVII. Wie auch die boßhafftige Kupler und Kuplerinnen.
P. H. O. Caroli V art. 123.
Desgleichen der Mann / so sein Eheweib: Item die Eltern / so ihre Kinder nicht
Genießes und Gewins / sondern grosser Leichtfertigkeit halber / zulassen / daß
sie sich andern losen Kerlen prostituiren.
Const. Elect. Sax. 29. p. 4.
Ebenfals die ein Weibesbild nothzüchtigen wollen / aber entweder aus Trunckenheit
nicht ausrichten können / oder drüber von andern / so darzu kommen / verstöret
und verjaget worden.
Carpzov. p. 2. q. 75. n. 62. 63. & seq.
Die Sodomiten / welche die Schand-That nicht völlig verbracht / sondern auch
drüber verhindert worden.
Idem q. 76. n. 61.
Ein lediger Kerl / so mie einer Jüdin / die gleichfals noch eine Dirne / und kein
Eheweib ist / sich fleischlich vermischet.
Idem d. q. n. 66.
|| [876]
XXVIII. Ein Dieb / welcher den Diebstahl wieder ersetzet / und desselben nicht
genossen /
Idem q. 80. n. 18. 19. 20. 21. & 22.
Oder der Eigenthums-Herr doch den meisten Theil des Diebstahls wieder bekommen
hätte.
Idem d. q. 80. n. 23. 24. 25. & 26.
Item / wenn viel einen Diebstahl begangen / einer aber nur von ihnen ertapwird.
ibid. n. 28. & 32. n. 39. 40. 41. & 42. 43. 45 49. 50.
Oder der Dieb poenitirte / und Ersetzung thäte.
d. q. 80. n 78. & 79.
Oder mit demselben transigirte / den er bestohlen.
n. 80. 88. 89. & 90.
Den Geträidig-Dieben / weil man selten eine gewisse Summa an Geld wegen des
Diebstahls ausmachen kan / wird nicht leicht der Strang / sondern gemeiniglich
der Staupenschlag / nebst der ewigen Landes - Verweisung zuerkant.
Carpzov. p. 2. q. 81. n. 37. 39. & 40.
Wenn man aber eine gewisse Summa ausmachen kan / die mit den Strick abzustraffen
/ bleibet es dabey billig.
idem n. 41. & 42.
Eben also wird es auch mit den Dreschern / welche Frucht unterschlagen / und
verpartiret / gehalten.
n. 43. 46. 47. 48. & 49.
XXIX. Ein Sacrilegus, wenn er noch unmündig und unverständig ist / oder bey
Hungersnoth solche Deuben begangen hätte / oder der Kirchen - Raub ein weniges
antreffe / in welchen Fall die Abstraffung mit dem Rade cessiret / und an deren
stat die Fustigatio cum perpetua relegatione erkant wird.
Carpz. p. 2. q. 89. n. 61. 62. 63. 64. 65. 66. & 67.
XXX. In crimine falsi wird sie auch in gewissen Fällen adhibiret / wie bald
gemeldet werden soll. Es ist aber Falsum [wovon hiebey etwas ausführlich
zuhandeln nicht ohndiensam seyn wird / weil es eine in praxi & foro sehr
nützliche Materie] dolosa veritatis immutatio in alterius praejudicium facta,
juxta tradita Mynsingeri in §. item Lex. Cornel. de Fals. n. 15. Instit. de
publ. jud. ubi & Joh. Schneidewin, n. 2. Damhoud. in prax. rer. crim, c.
121. n. 2. [877] Und werden dreyerley zugleich erfordert /
wenn ein solch Crimen falsi committiret wird / als es Lex Cornelia de falsis
gestraft haben wil / nemlich zum ersten Dolus, falsi causa proxima L. cos 27.
ff. ad Leg. Cornel. de falsis, L. 16. ff. de testibus. Sine quo falsitas non
committitur L. nec exemplum C. ad Leg. de falsis. Drum wenn einer glaubet und
dafür hält / er rede die Warheit über ein und andere Sache / und darauf einen
Eyd schweret / ist derselbe propriè kein Falsarius, noch auch ein Meineydiger /
ungeachtet die Beschaffenheit und Warheit des Dinges sich anders verhält. L. 2.
§. 2. C. de juram. calum. c 15. autem c. homines falsum 22. q. 2. Es ist aber
hie Dolus praesumtus nicht genung / sondern es muß erwiesen und beygebracht
werden / daß warhafftig Dolus darbey gewesen.
Menoch. 3. Cons. 221. n. 15.
In dubio namque error potius, quam dolus in crimine falsi praesumitur. L. 1. in
fin. C. de his qui sibi in Testam. L. 6. de dolo. Das Andere requisitum ist
Veritatis immutatio. L. 23. ff. ad Leg. Cornel. de falsis. Da Dritte / ut per id
damnum alicui afferatur. Carpzov. p. 2. q. 93. n. 6. 8. & 10. Wider die
falsarios ist keine gleich durchgängige Straffe gesetzet / sondern dieselbe
variiret sehr / nach denen mit unterlauffenen Umständen. Insgemein halten die
Rechtslehrer davor / daß die von Adel mit der Deportation, oder Einziehung ihrer
Güther / gemeine Leuthe mit der damnatione in metallum, Knechte aber mit der
Todes-Straffe zubelegen. Hippol. de Marsil. in rub. ff. ad Leg. Cornel. de fals.
n. 4. Damhoud. c. 124. n. 7. Petr. Greg. Tholos. Syntagm. Jur. lib. 36. c. 3. n.
4 & c. 5. n. 2. Es ist aber poena publicationis bonorum pro crimine
falsi in authent. bona damnatorum C. de bon. proscript. geendert / auch poena
deportationis nicht mehr in Gebrauch / sondern an deren Stelle die relegatio
oder Verweisung aufkommen / und eingeführes??? worden / Jul. Clarus, inpract. §.
falsum n. 13. Menoch, de A. I. Q. lib. 2. ca. 306. n. 3. wird auch wohl zuweilen
der Staupen-Schlag hinzugethan. Wesenbec. in Paratit. ff. ad Leg. Corn. de fals.
11. Coler. p. 1. decis. 179. n. 4. Nach den gemeinen Käyser-Recht wird poena
falsi den Umständen nach / auf die abhauung einer Hand Novell. 17. c. 8. in pr.
Nov. 201. §. 2. Novell. 134. c. 13. ja wohl gar zuweilen ad extremum supplicium
extendiret. L. 22. C. ad Leg. Coruel. de fals. L. 1. & 2. C. de falsa
monet. daß man also wohl sagen möchte / es sey beyt zu Tage poena criminis falsi
arbitraria, so / daß dieselbe bald härter / bald gelinder / juxta diversitatem
casuum, zu erkennen und zu exe [878] quiren sey.
Welches so wohl in den Käyserlichen / Ord. crim. Caroli V. art. 112. Ibi:
Nachdem die Fälschung vie oder wenig / boßhafrig und schädlich geschicht / nach
Rath der Verständigen / oder sonst gestrafft werden & art. 113. verb.
der soll zu Peinlicher Straffe engenommen / ihme das Land verbothen / oder an
seinem Leibe / als mit Ruthen ausgehauen / oder dergleichen / nach Gelegenheit
und Gestalt der Uberfahrung / gestrafft werden. Item art. 115. in verb. Und
darzu an den Pranger oder Hals-Eysen gestellet / mit Ruthen ausgehauen / des
Landes verbothen / oder sonst nach Gelegenheit der Mißhandlung in ander Wege
gestrafft werden. sc. als in den Sächß. Rechten enthalten ist. Land-Recht / lib.
2. art. 13. Ibi: dasselbe Gericht (scil. zu Haut und Haar) gehet auch über
unrechte Maaß / über falsch Gewichte / und über falschen Speise-Kauf / ob man es
überwunden wird. So gibt auch die Erfahrung daß in Sächsischen foro die Falsarii
gemeiniglich verwiesen / oder auch wohl gar zur Staupe geschlagen werden. Coler.
p. 1. Decis. 179. Wesenbec. in Parat. ff. ad Leg. Cornel. de fals. n. 12. v.
hodie apud Saxon. Carpzov. p. 2. q. 93. n 21. 22. 23. & 24.
XXXI. Es kan̅ aber ein Falsum auf vielerley Arth geschehen u.
begangen werden / die alle anzuführen unmüglich / vid Biccium. in Aurcis, th
177. Doch kön̅en fast alle Casus in vier Classes ab: und
eingetheilet werden / nemlich daß ein falsum committiret werde entweder erstlich
in der Person / zum andern in Worten / Drittens in Schrifften / und Viertens in
Mißbrauch / welches durch Exempel also erleutert wird.
XXXII. IN PERSONA, wenn nemlich arglistiger und betrüglicher weise ein Mensch vor
ein anders fälschlich ausgegeben wird / der es doch nicht ist / als wenn man
fremde Kinder an stat der Rechten in eine Familie einschiebet / allermaßen bey
unser Zeit ein solch Exempel an den vermeinten Printz Wallis in Engelland sich
begeben. vid. L. 1. ff. de agnosc. liber L. 19. §. 1. ff. ad Leg. Corn. dc fals.
Farinac. p. 6. op. crim. q. 150. n. 239. & seqq. Olim Eutropiam Syram,
uxorem Maximiani Herculii Imperatoris, hoc quoque facisse historiarum produnt
monumenta. Nam cum Mariti animu̅ sibi cuperet devinctum retinere,
subjecisse sibi fertur Maxentium. Petr. Greg. Tholos. lib. 14. de Rep. welches
Verbrechen / wie etliche wollen / capitaliter zubestraffen juxta L. 1. C ad Leg.
Corn. de fals. Nic. Boer. Decis. 82. n. 8. infin. [879] so
wohl an der vermeinten Mutter / als auch den Heb-Ammen / die einen dergleichen
partum alienum brächte / daß er supponiret / und betrüglicher weise
untergesteckt / und eingeschoben werden könte. citat. Petr. Gregor. Tholos.
Syntagm. Juris, lib. 36. c. 3. n. 5. Lud. Peguer. Decis. Crim. 80. n. 8. Andere
aber legen poenam capitalem aus vor die deportation, an deren Stelle / wie
gedacht / heut zu Tage die fustigation verordnet ist. Farinac. d. q. 150. n. 242
Menoch. de A. I. Q. lib. 2. cas. 306. n. 3. maßen denn auch ex Instit. §. 2. de
publ. Jud. bekant ist / daß per poenam Capitalem nicht allein die Todes-Straffe
/ sondern auch die interdictio aquae & ignis, und die Deportation zu
verstehen sey. Welches auch Carpzov. pract. crim. p. 2. q. 93. n. 30. mit
folgenden praejudicio Anno 1562. zu Leipzig gesprochen / bestärcket P. P. Hat
sich eine Weibes-Person / genant Regina / einer andern Frauen der Alexia junges
Kind zulegen lassen / als ob sie das gebohren / und hat des Kindes rechte Mutter
/ als für eine Amme / um Geld / das Kind zu stillen gebraucht / und dasselbe
darum / daß sie von dem Mann zu Debeln / der sich mit ihr der entsatzten
Jungferschaft halben zuvor hat vertragen müssen / mehr Geld schätzen möchte /
wie sie denn denselben Ehemann gefänglich einziehen lassen / als ob er sie / die
Reginen / geschwängert haben solte / sc. So möget ihr die beyden Weibes-Personen
/ solches betrüglichen Falsches halben / zur Staupe schlagen / und ewig
verweisen lassen V. R. W. N. 31. erwehnet er noch eines Falls / da einer ein
fremd Mädgen vor seine Tochter fälschlich ausgegeben / um eine reiche Erbschafft
zuerlangen / dem Anno 1625 auch der Sta???pen - Schlag zuerkant worden.
[Obiter hic nota, crimen suppositi partus & illius accusationem esse
perpetuam, L. 19. ff. ad Leg. Corn. de fals. Gehe. Disp. in ang. defalsis. c. 4.
th. 1.]
Hieher gehöret auch die Arth des Falsches / wenn in Contracten und Testamenten /
vor Gericht oder sonst eine Person vor die andere angegeben und benennet wird /
immassen Clarus, lib. 5. Sentent. §. testamentum. q. 59. erzehlet / daß bey
seiner Zeit sich zugetragen / daß ein listig Weib ihren Mann / nachdem er
verschieden / geschwind aus den Bette gezogen / und beyseith gethan / und einen
andern lebendigen mit verbundenen Kopf ins Bette geleget / auch die Thür und
Fenster zumachen lassen / der sich stellen müssen / [880] als
wenn er vor Schwachheit kaum reden könte / welcher ein Testament aufgerichtet /
das Weib zum Erben eigesetzet / und unterschiedliche Legataverordnet. Fast einen
der / gleichen Fall führet an Petr. Caball. Resolut crim. cas. 176. n. 12. von
einem iegitimato, der nachdem der Vater gestorben / sich ins Bette geleget /
Notarien und Zeugen hohlen lassen / und sich selber zum Erben eingesetzet.
Ferner wird ein Falsum in der Person begangen / wenn einer seinen Nahmen dolosè
und zum Betrug / oder auch dem Dritten zu Schaden endert L. 13. in pr. ff. ad
Leg. Corn. de fals. L. 20. C. eod. tit. Welches aufzweyerley Arth und Weise
geschiehet / Erstlich wenn sich einer wegen Gleichheit der Gestalt und
Proportion des Leibes vor den andern fälschlich ausgibt / wie das Exempel Jacobs
und Esaus / Gen. 25. & in D. quaeritur. §. 1. q. 2. & in C. ult.
22. q. 2. ausweiset / dergleichen mehr bey dem Valerio Maximo, lib. 9. c. 6. und
Carpzov. p. 2. q. 93. n. 34. anzutreffen. Es ist Anno 1575. zu Franckfurth am
Mann ein Buch gedruckt / dessen Titul heisset: Arrestum, sive Placitum
Parlamenti Tholosani, continens Historiam in causa matrimoniali admodum
memorabilem, cum annotatt. Corrasii &c. Darinn auch von einen solchen
Betrüger gehandelt wird / der sich vor eines Weibes Mann / so in den Krieg
gezogen / ausgegeben / auch weil er demselben fast in allen gleich / davor
angenommen / ist des rechten Mannes Cammerad in Kriege gewesen / und hat alle
Heimligkeit von ihn erforschet / 2. Kinder mit der Frauen gezeuget / und / wie
der rechte Mann wieder nach Hauß kommen / ist er gehengt / und hernach verbrant
worden. Welcher Casus auch in Joh. Paponis lib. 22. Collectionum Arrestorum
zubefinden. Als der Römische Pro-Consul Sura die Insel Sicilien administrirte /
ist allda ein Fischer angetroffen / der ihm an Statur, Gesichte / Gliedmassen
und Gebärden ganz gleich gewesen / hat auch eben so eine stamlende Zunge gehabt
/ als Sura. Plinius, lib. 7. c. 24. allwo er mehr Exempel anführet. Zum Andern
geschiehet ein falsum durch Enderung des Nahmens / wenn einer solches thut bey
celebrirung eines Contracts, und sich also vor eine andere Person ausgibt.
Gilhausen, in arb. jud. crim. c. 2. tit. 26. n. 33. Also auch / wenn sich jemand
vor einen Gläubiger eines Falliten anmeldet / und es doch nicht ist. L. 15. C.
ad Leg. Corn. de fals. Petr. Theodor, in Colleg???crim. Disp. 8. th. 2. lit. b.
Deßgleichen wenn sich einer vor einen von Adel / Comitem Palatinum, oder Doctor
fälschlich ausgibt / und die Wapen / Privilegia und Titel sich zueignet / L. 27.
§. 3. ff. ad Leg. Corn. de fals. welches aber Carpzov, d. q. 93. n. 37. in so
weit vor war hält / wenn ein solcher actum aliquem Docto [881] ri convenientem vorgenommen. Juxta Bartol. in L. 9. C. de
SS. Eccles. Struv. Syntagm. jur. civ. exerc. 49. th. 72. Ausser dem aber / wenn
er sich nur bloß einen Doctor, oder Hoff-Pfaltz-Graffen hiesse / non subsecuto
aliquo effectu, beginge derselbe nur eine Lügen / aber kein falsum, welches er
auch von dem asserirt / der sich nur bloß mit Worten vor einen Graffen oder
Edelmann von vornehmen alten Geschlechte ausgibt / niemanden aber dadurch
Schaden oder Nachtheil zufüget. L. quid si falsum 23. ubi Bartol. ff ad saepè
dict. Leg Cornel. de falsis. Denn wenn sie dieses Letztere thun / etwan in eine
vornehme Familie sich einzudringen / oder Geld dadurch zuerbetteln / oder sich
sonst einen Nutzen damit zu schaffen / und die Leuthe zu betrügen / begehen sie
freylich ein Falsum, und werden / denen darbey vorfallenden Umständen nach /
entweder fustigiret / oder relegiret. Juxta art. 112. & 113. Ordin.
crim. Caroli V. Carpzov. d. q. 93. & seqq. us??? 42. & ibi
praejudicia. Ausser solchen Betrug aber ist zugelassen / daß einer seinen Nahmen
ändern mag L. un. C. de mut. nom. zumahl wenn man dadurch Leib und Lebens-Gefahr
entgehen kan. Zasius, ad tit. ff. de falsis n. 9. Unter diese Classe gehören
auch die losen betrüglichen Eltern / welche ihre Kinder etlichemahl an
unterschiedlichen Orthen tauffen lassen / nur daß sie viel Pathengeld bekommen /
welches bey den Zigeunern gar gemein ist. Denen gleichfals der Staupen-Schlag
mit der ewigen Landes-Verweisung zuerkant wird. teste Carpzov. saepè citat. q.
93. n. 42. & 44.
XXXIII. Die andere Arth des Falsches geschiehet IN VERBIS, mit unwahren Worten /
und betrüglichen Bericht / als wenn Zeugen vor Gericht falsch Zeugnis geben /
oder / auf Befragen / wissentlich die Warheit verschweigen L. 1. L. 10. ff. ad
Leg. Cornel. de fals. welche / nach der Sachen Umständen und Beschaffenheit /
entweder Bürgerlich oder Peinlich bestrafft werden können. Damhoud. pract. crim.
121. n. 4. Da aber durch ihr falsches Zeugnis jemand zum Tode wäre verdammet und
hingerichtet / werden sie als Todschläger auch am Leben gestrafft. Idem Carpzov.
ibid n. 46. & 47. Corp. Jur. milit. cum not. Petr. Pappi, pag. 424. Die
Römer pflegten dei Soldaten / welche falsch Zeugnis gaben / zu straffen poena
[Greek words], oder mit der Prügelung.
Polyb. l. 6. Sect. 13. Ferner die gewissenlose Advocaten Procuratores und
Praevaricatores, welches beyden Partheyen zugleich ums Geld dienen / ihrer
Clienten Heimligkeiten dem Gegentheil offenbahren / auch wissentlich und
arglistiger Welse ihre. Sachen verseumen und versehen / sich be [882] stechen lassen / und dem Contra-Part den
Gewinn der Sache zuspiehlen. L 1. §. 1. & §. praevaricat. ff. ad SCtum
Turpil. L. 1. ff. de praevaricat. Deren Straffe ist / daß sie ihren Clienten
allen Schaden ersetzen müssen / und werden darzu / als die falschen Zeugen / so
sich mit Geld corrumpiren lassen / und also deren Zeugnis nichts gilt / Adam
Conrad. Gehe- disp. inaug. de Falsis Erfurt 1684. habita c. 1. th. 24.
arbitrariè mit der Fustigation, Pranger / Gefängnis / oder Landes-Verweisung
abgestrafft. P. H. O. art. 115. ubi Matth. Steph. & Georg. Rem. Petr.
Pap. d. loc. p. 424. Desgleichen begehen ein Falsum die Advocati und
Procuratores, welche dolosè Constitutiones, Leges, Jura und Authores allegiren /
darinnen nichts enthalten / was zu ihren vermeinten Zweck dienet / oder wohl gar
nicht in offenen Druck haussen sind.
Colleg. Colon. ad ff. de An. 1593. ad tit. de Falsis. th. 19. Gehe, à. c. 1. th.
23.
Item der Judex, wenn er aus Boßheit / arglistiger und vorsetzlicher Weise ein
unrecht Urthel spricht: oder dem einen Part was zu Liebe / wegen empfangener
Geschencke / hingegen dem andern was zu Gefährde thut / qui dicitur Judex
Barrattarius. Item wenn er / oder der Actuarius die Acta, Protocolla und
Zeugniße verfälschte / oder änderte / Gebe, de Falsis c. 1. th. 21. welche /
nachdem die Umstände sich darbey befinden / nebst Ersetzung des Schadens / so
sie dem beleidigten Part dadurch zugefüget / vom Dienst removiret / und noch
darzu entweder mit Staupen-Schlägen / oder auch wohl nur allein mit ewiger
Landes-Verweisung bestrafft werden.
Vide Praejudicia apud Carpzov. q. 93. n. 52. 53. & 54. Dambonder. in
Prax. rer. crim. c. 123. n. 8. Corp. Jur. milit. cum nott. Petr. Pappi, pag.
585.
Und dieses ist nicht allein von den Richtern in Aembtern und Städten / sondern
auch von denen Schöppen-Stühlen und andern JCtis zuverstehen / wenn dieselbe ex
malitia, odio, aut amore pecuniae scienter & dolosè ungerechte Urthel
sprechen.
Idem Carpzov. n. 56. 57. & 58.
XXXIV. Die dritte Species Falsi wird begangen in SCRIPTIS publicis &
privatis, als wenn einer salsche Instrumenta / Testamenta / Renth-Zins-Fluhr-
und andere dergleichen Bücher / item Register / Rechnungen / Acta, Protocolla
Libelle, Zeugen-Verhöre / Cautiones, Handschrifften / und andere Handlungen /
oder auch Privat-Schreiben / in eines andern [883] Nahmen /
fälschlich machet und verfertiget / oder auch richtige Uhrkunden /
Brieffschafften und Rechnungen boßhafftiger weise / dem dritten zu Schaden und
Nachtheil / über die Seite bringet / oder verfälschet / ändert zerreisset /
verbrennet / oder ein und das andere darinnen radiret / auslöschet / oder eines
andern Hand bey der Unterschrifft nachmahlet / falsche Siegel drunter drücket /
oder dran henget / oder auch seine Hand und Siegel leugnet / und dergleichen
böse Dinge mehr practiciret / und verübet / welche Verbrechen alle / Inhalts des
Cornelischen Gesetzes de Falsis, gestrafft werden / L. 1. l. 16. l. 23 l. 27.
& 28. ff. ad h leg. Novell 73. in pr. Harpreeht, in §. item Lex Cornelia
de fals. §. 7. n. 26. Althus. lib. 1. Jurispr. Rom c. 65. v. scriptura. Corp.
Jur. milit. cum not. Pappi pag 586. Und zwar / denen Umständen nach / entweder
mit Gefängnis / Landes-Verweisung oder Staupen-Schlägen / P. H. O. art. 112.
Damhoud. in Prax. rer. crim. c. 122 Wesenbec. in Paratit. n. 8. ff. ad Leg.
Cornel. de fals Adde praejudicia apud Carpzov. q 93. n. 64. & seqq.
us??? 69. Rasura chartae, quamvis sit subtiliter rasa, si aliter discerni non
possit, ad solem elevari debet charta, & inter solem & oculos
poni, sic statim apparebit rasura, quam subtilem investigationem esse putat
Muscat. de cognit. seu prob. delict. de falsis n. 9. sed vulgaris est, &
simplicioribus nota. Hieher gehören auch die / so falshe Siegel stechen oder
schneiden / L. 30 ff. ad saepè d. L. Cornel. de fals. P. H. O. art. 112. Carpzov
d. q. 93. n. 70. welchen man vor Alters die falschen Siegel vor den Kopf
gebrant. Coler, p. 1. Decis. 179. n. 5. Thöming. decis. 7. n. 20. Desgleichen /
welche ander Leuthe Brieffe dolosè aufbrechen / lesen / den Inhalt derselben
andern offenbahren oder zeigen / und hernach dieselbe wieder zumachen / oder
wohl gar unterschlagen / L. 1. §. 4, l. 16. ff. ad Leg. Corn. de fals. Coler. d.
decis. n. 14. Damhoud. c. 124. n. 19. Vivius, lib. 1. decis. 62. n. 1. maßen
denn Carpzov. d. q. 93. n. 71. einige Urthel anführet / daß theils / die Churst.
Sächß. Befehle geöfnet / gelesen / und wieder zugedrückt / mit einer hohen
Geld-Busse / Gefängnis / oder auch wohl gar mit den Staupen-Schlag beleget
worden. Aperiens alterius literas fidem publicam violat, & contra jus
Gentium peccat, quo hoc inductum est, ut quod quis alteri in privato negotio
secretè communicare vult, clausis literis faciat, ut illae ab alio citra crimen
falsi aperiri nequeant Dan. Clasen, ad art. 112. Constit. crim §. 7. pag. 447.
Wenn aber derselbe nur die Brieffe aufgebrochen und gelesen / aber doch den
Inhalt niemandten eröffnet / tenetur crimine Stellionatus, è quo si quis
damnatur, infamiam contrahit. Froher, de infam. lib. 3. c. 10. n. 5. &
6. Theod Höpping. de jure Sigill. c. 14. n. 40. & [884] seqq. Stellionatus definitur, quod sit omnis dolus &
impostura proprio nomine carens. Plenius ita, quod sit crimen extraordinarium,
generale, & in subsidium, quoties speciale delicti nomen deficit,
appellatum quo quis subdolè & malitiosè aliquid in alterius fraudem
& imposturam machinatur. Nomne descendit à Stellione, seu lacerta
stellata, quae in cute habet maculas distinctas, veluti stellulas quasdam. Hic
angvis cutem, quam exuit, confestim devorat, ne prodesse illa videatur homini.
Inde dicitur versatissimum lacertae genus, quo nullum animal fraudulentius
homini invidet.
Plinius, lib. 30. c. 10. Alciat. lib. 2. parerg. c. 46. Menoch. de A. J. Q. lib.
2. cas. 381. n. 1. 2. & 3.
Ab hoc animali nomen Stellionatus est, in vafrum maledicum & decipiendi
valdè peritum. Uno verbo, qui sunt varii oris & animi, quique imposturis
& subdolis artibus insidiantur aliis, Stelliones dici solent. Inde qui
fraudis improbioris arguitur, si non sit aliud crimen, quod objicitur, is
accusatur Stellionatus.
Dan. Clasen, in comment. ad. Const. crim. Caroli V. art. 3. pag. 12. &
13.
Es wird aber solch Crimen begangen [1] Wenn einer ein Guth / Acker / Wiesen und
dergleichen / so dem andern zum Unterpfand eingesetzet / und verschrieben ist /
dem Dritten / als frey und unverpfändet verkauft / vertauscht- oder Schulden
halber abtritt und hingiebt.
L 3. §. 1. ff. de Stellion. l. ult. C. eod. l. 16. §. 1. & l. 36. §. 1.
ff. de pignor. act. Harprecht / in §. 7. Instit. de publ. jud. n. 2.
Oder wenn er solches zweyen verkaufft / oder verpfändet / daß der Letzere hinter
das Licht geführet und betrogen wird: Denn sonst kan ein Guth / Acker / Land und
Wiesen zweyen unterschiedlichen Personen wohl / und ohne Straffe verpfändet
werden / wenn es kostbahr und mehr werth ist / als die Schuld austräget / daß
die Gläubiger sicher und ungefährdet sind.
L. 15. §. 2. ff. de pignorib. l. 36. §. 1. ff. de pign. act. Emundus Merillus.
lib. 2. obs. c. 28. pag 115.
Drum auch in den Obligationibus die Clausul, so viel hiezu vonnöthen / pfleget
mit eingerücket zu werden. Zweyen aber kan man es absque Crimine falsi zugleich
nicht berkauffen.
Dan. Clasen, d. art 3. pag. 15.
[II] Halten einige davor / daß wenn iemand von den andern Geld borgete / und in
der Obligation setzte / daß er dargegen Gold / oder eine güldene Kette [885] zum Unterpfand eingesetzet und versiegelt überreichet
habe / an statt einer güldenen aber eine Kupfferne vergüldet einschöbe /
derselbe auch als ein Stellio angeklaget werden könte.
L. 36. pr. ff. de pign. act.
Paulus JCtus lib. 4. tit. 25. sentent. aber saget / daß derselbe ein Falsum, ja
gar ein Furtum begienge /
in L. 20. ff. de furt.
[III] Wenn ein Debitor ein Ding / so einen andern zustehet / und ihm aufzuheben
gegeben / oder sonst anvertrauet wäre / ohne dessen Wissen und Willen / seinen
Gläubiger zur Bezahlung hingiebet / und also veräussert.
L. 16. §. 1. & l. 36. §. 1. ff. de pignor, act. l. 2. & l. ult.
C. de crim. Stellion.
[IV.] Wenn ein Wein-Händler oder Gespan dem Käuffer einen guten Kosttrunck oder
Probe giebt / hernach aber / wenn drauf gehandelt / und der Kauff geschlossen
worden / einen sauren und schlimmen dargegen einschiebet / und den Käuffer also
betrieget.
L. 3. §. 1. vers. ubicun???. & vers. sed et si quis ff. de crim Stellion.
Henr. Zoes. comm. ff. h. t. n. 1. D. Stryhe, de jur. sens. diss. 6. c. 4. n. 10.
Tabor. in Racem. extraord. n. 8. p. 5.
Oder wenn derselbe gekostet und gehandelt / er hernach solchen versälschet / u.
Wasser drunter füllet. Und obwohl Jo. Marquard, de jure mercat. l. 4. c. 5. n.
9. & 10. solche Verbrecher unter die Falsarios rechnet / gehören sie
doch viel eher unter die Stelliones, propter clarissima verba in d. L. 3. §. 1.
vid. Anton. Matthaei, de criminib. lib. 48. ff. tit. 7. c. 1. n. 15. D???
Stryke, d. diss 6-c-4. n. 11. & 12.
add.
Crus. de indie. de lict. p. 3. c. 26. u 89 Bossius, in crim. tit. de crim.
Stellion at. p. 409.
Ferner begehen ein Falsum die Brand-Bettler / so auf falsche Brieffe das Allmosen
sammlen / die ebenmäßig mit den Staupenschlag / und der ewigen Landes-Verweisung
abgestrafft werden.
Heigius, p. 2. q. 27. n. 21. Coler, p. 1. decis. 179. n. 3. Carpzov. d. q. 93. n.
73. & 74. ibi??? varia praejudicia.
Wiewohl die Straffe zuweilen / wenn andere Umstände darzu kommen / mirigirel
wird. Eben den Lohn haben auch diejenige Bettler zugewarten / welche sich kranck
/ taub / stum / lahm: Item als wenn sie die schwere Noth hätten / oder sonst
gebrechlich wären / stellen / da ihnen doch nichts mangelt. Damhoud. c. 110. n.
55. & 56. Heigius, d. q. 27. n. 25. Carpzov. cit. q. [886] 93. n. 76. 75 & 77. Ein Notarius, welcher verbothene
Contractus [e. g. pactiones monopolarum, Mercatorum, opificumque illicitas]
machet / schreibet und verfertiget / wird dadurch infam und ehrloß / verliehret
auch sein Notariat.
D. Sode, disp. de Monopol. Jenae, Anno 656. habita th. 73. Gehe, de falsis. cap.
3. th. 9.
XXXV. Viertens / wird auch ein falsum begangen ARBUSU REI, oder in Mißbrauch der
Sachen / als wenn man mit Wissen und Willen sich für Gericht behilfft mit
falschen Zeugnissen / Instrumenten, Briefen und Siegeln. L. majorem 4. L qui
fals. 8. C. ad Leg. Corn. de fals. Paulus lib. 5. Sentent. tit. 25. §. 9.
& ibi Cujac. P. H. O. art. 113. Damhoud. prax. rer crim. c. 125. Item
wann man boßhafftiger und gefährlicher Weise salfche Maß / Gewicht und Ellen hat
/ machet / und sich derselben gebrauchet / welches auch im Gesetze Gottes
verbothen ist. Deuteron. 25. v. 13. & seq. Proverb. c. 11. v. 1.
& c. 20. v 10. & 23. Und gehören unter solche Zunfft die Ehr-
und Pflichtvergessene Diener oder diebe / so mit der Frucht zuthun haben / wenn
sie mit einen grossen Scheffel die Pacht - Zinß - und vorwergs - Früchte
einnehmen / mit einen kleinern aber ausgeben / oder bey dem Aufheben der
ausgedroschenen Früchte auf den Tennen / oder Lieferung derselben auf den Böden
/ bey den Einheben u. Abstreichen viel auf den Scheffel stehen lassen / oder
falscher Streich Höltzer / die in der Mitten ausgeschnitten sind / gebrauchen /
oder wenn die Bauren die Zins-Früchte. liefern / und aus den Säcken ins Maaß
schütten / um dasselbe herum gehen / und trippeln daß / die Früchte sich setzen
/ und zusammen fallen / so vor diesen mit zweyfacher Ersetzung des Schadens /
auch Abschickung ins Elend bestraffet worden / juxta L. pen. §. si venditor ff.
ad Leg. Corn. de fals. L. annonam §. fin. ff. de Extraord. erim. L. damus C. de
falsis.
XXXVI. Heut zu Tage ist fast in gantz Teutschland / und insonderheit in den
Sächsischen solcher falsariorum Bestraffung willkührlich / pro modo ac ratione
delicti & damni per id dati, als Gefängnis / Landes - Verweisung /
Staupen-Schlag. P. H. O. art. 113. lib. 2. Land-R. art. 13. Carpzov. q. 93. n.
80. 81. & 82. allwo dieser ???. 84. & 35. zwey Urthel anführet /
daß einem Müller / der einer falschen Mühl-Metzen sich gebraucht / die ewige
Landes-Verweisung / und einem Raths - Herrn / welcher einen falschen [891] Scheffel gemacht / 100. Thal. Straffe zuerkant / und
noch darzu aus dem Rath gestossen worden.
XXXVII. Unter solche Zahl gehören auch die Korn-Juden / welche die Früchte / als
Weitzen / Korn / Gersten / Hafer / Erbsen / Rübe-Saamen und dergleichen herunter
schlagen / daß sie solche wohlfeil einkauffen / hernach überteuer wieder loß
werden können / oder die alles vorweg kauffen / daß andere arme Bürger und
Tagelöhner nichts kriegen können. Diese wurden bey den Römern Dardanarii
genennet / entweder von einen grossen und beschrienen Zauberer Dardano, welcher
die Früchte auf den Felde durch Hagel wetter oder Ungeziefer verdarb / daß sie
theuer werden musten / Plin. lib. 30. c. 1. Euseb. lib. 2. praepar Evangel. Dan.
Clasen, ad art. 113. const. crim. pag. 450. oder / wie andere wollen / von den
Dardanis, incolis Maesiae. L. 4. C. de Metallar. oder von einen verlogenen u.
betrügerischen Volck / eben des Nahmens in Phrygia, welche anderen Leuthen die
Früchte guten Theils vom Felde weg in ihre Scheuren / oder auf ihre Böden
zaubern und bannen konten: Ja wenn sie iemandten Frucht verkaufften und zumaßen
/ dieselbe durch Hülffe des Teuffels meistentheils wiederholeten. Bisciol.
horar, subcis. tom. 2. lib. 4. c. 16. Meminit etiam illorum Ulpian. in L. 6. ff.
de extraord. crim. & Paulus in L. 57. ff. de poenis. Turneb. lib. 9.
Advers. c. 17. Hering, de molend. in mantissa 3. n. 41. & seqq. Ferner
die viele Staub oder Dreßpen unter die Früchte lassen / und dieselbe nicht rein
fegen / bey den Verkauf die Leute damit zubetriegen. Item die Bauren / welche
die Früchte vorher netzen / wenn sie solche zu Marckt bringen / oder ihren
Zins-Herren liefern wollen.
XXXVIII. Dergleichen Poën haben zugewarten die Materialisten / Kramer und Höcken
/ welche Specereyen / Gewürtze oder andere Kaufmanschafft fälschen / und die vor
gerecht gebraucht ausgeben / qui [ut loquitur Jacob. de Bellovisu, pract. crim.
c. 8. n. 6. pag. m. 66.] in mercatura addunt aliquid inutile, ut calcem in vino,
pulverem vel arenam in blado, & gomam, seu aliquid tale in cera,
& camanrates species tenendo in loco humido, gingiberem, piperem, crocum
&c. L. lege Cornel. in pr. ff. de extraord. crim. Drum auch Carpzov. d.
q. 93. n. 8. ein Urthel setzet / daß einem Kramer / der Sandel unter Safran /
item / unter zwey biß drithalbe Thaler Ingber vor einen Groschen alt gebackene
geriebene Semmel / u. unter 2. Thl. Pfeffer vor 3. Pfennige [paris] genommen u.
vermenget / und solch Gewürtze in [892] Städten und Dörffern
hin und wieder vor tüchtig verkaufft / die Landes-Verweisung auf 2 Jahr lang
zuerkant worden.
XXXIX. Hieher werden auch gezogen die Tuch- und Zeugmacher / weiche denen Tuchen
und Zeugen nicht die rechte Länge und Breite geben / oder untüchtig machen /
corrosivische materi zu den Farben nehmen / oder auch ohne vorher gehende Schaue
und Erlegung des Siegel-Gelts / gar falsche Siegel an die Tuche und Zeuge
hengen.
Damhoud. pract. rer. crim. c. 132. n. 14. Vide praejudicia ap. Carpzov. d. loc.
n. 90. & 91.
XL. Item Wein- und Bier-Schencken / so geringen unter den guten Wein / oder
Wasser drunter mischen / quod SPURCARE VINUM dicitur. Vid. Paul. in L. 1. ff. de
Extraord. crim. Henning Göden, Cons. 7. n. 9. Stephan. Forcatul. in Pen. Jur.
civ. c. 9. Hi Legis Aquiliae coercitioni subjacent. Stryke, de Jur. Sens. dis.
6. c. 4. n. 12. & 13. oder den Wein mit Kalck / Schwefel / Syrup und
andern schädlichen Dingen schmieren. Item wenn sie Kofent oder Wasser unter das
Bier füllen / secundum illud:
Biercken wilt du schwiegen /
Water sal to dick hennin stiegen.
oder die Hartz und Kraut / Post genant / hinein hengen / daß die Leute bald
truncken machet / aber die Köpffe sehr zerreisset.
Dan. Clasen. ad Constit. crim. Caroli V. art 113. pag. 450.
XLI. Wie auch die Becker / welche zuviele Kleien unter das Mehl lassen / schwartz
Brod und talckichte Semmeln backen / die Bürger und Bauren damit betrügen / und
den Backwerg nicht daß rechte Gewicht geben / wie es von der Obrigkeit verordnet
ist. Ja auch die Fleischer und Metzger / welche alle alte Kühe im Lande wohlfeil
aufkauffen / an stat der Ochsen und Rinder schlachten / das Küh-Fleisch vor
Ochsen-Fleisch teuer verkauffeu / die Käuffer damit aufsetzen / oder auch mit
ihren garstigen und stinckenden Odem das Fleisch aufblasen / daß es gekocht wird
/ nur lauter Haut / Lappen / Knochen und Katzenfleisch ist. Welche alle
obgesetzter maßen / als falsarii exemplarisch abzustraffen. idem Clasen, d. loc.
p. 450.
XLII. Ferner die falsche Spieler auf den Jahrmärckten / oder sonst in Häu [893] sern / so den Leuthen das Geld mit falscher
Karte / Würffeln / Trichter / Buch oder sonst betrüglichen Spiehl abgewinnen.
idem Carpzov. n. 92. & 39. Gehe, de falsis c. 1. th. 34.
Weil ohnee dem das Karten / Würffel- und Bretspielen bey Geld- oder
Gefängnis-Straffe verbothen ist.
Ordin. provinc, Saxon. de Anno 1555. tit. Topler und Spieler / & Ord,
polit. de Anno 1612. tit. von Spieh!. Carpzov. p. 3. q. 134. n. 18. &
seqq. Add. Frid. Ernst Lehmann, tr. von Spiel-Recht / per tot. Luft / in Repert.
Sax. p. 907. & seqq.
Denn die Karten und Würffel sind gleich den Pillen / mit welchen / auch nur in
kleiner dosi eingenommen / man vielen und grossen Wust aus dem Leibe treiben
kan; Eben also wird manchen Spieler / der nicht nachlassen will / mit wenig
Karten Blättern / 2 oder 3 Würffeln ein grosser voller Beutle mit Geld fein
sauber ausgeleeret / und noch drüber groß Unheil gestifftet.
Gerlach. cent. 1. apothegm. 76.
Welches auch Johannem Covarium, dem der König Casimirus in Pohlen im
Würffel-Spiehl eine grosse Summa Geldes abgewonnen / zu solchen Unsinn gebracht
/ daß er den König / ungeachtet er sein Minister, drüber eine Ohrfeige gab / und
die Flucht ergriffe / aber erhaschet / und als einer / der ein Crimen laesae
Majestatis begangen / dargestellet wurde; allein der König perdonirte ihn /
sagende: Ego magis reus sum, qui status mei oblitus fui; desistere debuissem ab
ejusmodi ludo illicito; accepta haec injuria mihi sit imposterum admonitio, ut
abstineam ab ejusmodi indecentibus rebus.
Zinkgref, apopht. p. 380.
Erasmus Francisci, in seinem Neu-polirten Geschicht-Kunst- und Sitten-Spiegel
lib. 2. disc. 24. p. 623. setzet ein gut Recept, wie die Weiber ihren
verthulichen Männern das Karten-Spiehl abgewehnen sollen / nemlich ein Weib
solte ihren Man̅ / indem er in der Karten spiehlete / mit einer
Ruthen / womit eine Hure ausgestäupet worden / heimlich anrühren / alsdenn würde
er sein Lebelang einen Abscheu vor den Karten-Spiel haben / welches wen̅ es probat wäre / die Scharffrichter ein gut Accidens von solchen
Ruthen machen könten.
XLIII. Item die falsche Müntzmacher / Kipper / Wipper / Granalirer und
Müntz-Beschneider / l. 1. 2. 3. C. de fals. mon. l. 8. & 9. ff. ad
Leg. [894] Cornel. de fals. Clar. lib. 5. sent. § fals.
n. 37. Jacob. de Bellovis. d. lib. 1. c. 8. n. 13. 14. & 15. von welchen
im Capitel / von Hinrichtung mit dem Schwerd / weitläufftiger gehandelt wird.
XLIV. Ferner diejenige / so Diebe und andere schädliche Delinquenten aufnehmen /
verbergen / hausen und hegen / wenn sie von ihren Unthaten Wissenschafft haben /
denen nach Ergebung der Umstände gleichfals Geld / Gefängnis / zeitliche oder
auch wohl ewige Landes - Verweisung zuerkant wird.
Vid. Carpzov. q. 134. n. 46. 47. 62. 64 67. & seq. us??? 70.
XLV. Desgleichen die Pasquillanten, Famos - und Schand - Schrifftmacher /
Schreiber / Drücker und Anschlager / wenn es auch gleich wahr wäre / was in
solcher Lästerschrifft gesetzet / deren Straffe sich biß auf den Staupenschlag /
und die ewige Landes - Verweisung erstrecket.
Constit. Elect. Sax. 44. § fin. part 4 ibi??? Dan. Moller, n. 5.
Und verjähret sich die cognitio famosi libelli, Inhalt der Sächs. Rechte / erst
nach Verfliessung dreyßig Jahr / Jahr und Tag.
Const. Elect. 46. p. 4. Heigius, p. 2. quaest. 3. n. 10.
XLVI. Weiter diejenige / welche bößlicher und gefährlicher weise die
Untermarckungen / Reynung / Grentzbäume / Mahl - oder Marck - Steine ausheben /
verrücken / abhauen / abthun oder verändern.
P. H. O. art. 144. ibi??? Dan. Clasen, p. 453.
Zumahlen wenn es an der Land - Gräntze geschicht / oder das Verbrechen gar groß
ist / da der Staupenschlag und ewige Landes - Verweisung / Lud. Fachs, differ.
65. in andern geringern aber / Geld- oder Gefängnis - Straffe pfleget erkant zu
werden.
Carpzov. p. 2. q. 83. n. 67. 69. 71. 72. 73. & 74.
Vor Alters bey den Römern muste / secundum tenorem Legis Agrariae, der jenige /
so die Grentz - oder Marck - Steine dolo malo verrückt / vor iedweden 50. Gülden
zur Straffe erlegen / L. 3. in fin. ff. de term. moto. Wenn er es aber gethan
hätte / des andern Acker / und dessen Gerechtigkeit dadurch an sich zubringen /
ward er mit der Relegation oder Fustigation beleget /
L. 2. ff. de term. mot. ibi??? Brunnemann, Clarus lib. 5 sent. §. ult. q. 83. n.
10.
Derienige / welcher die Grentz - Steine oder andere Uhrkunden aushebet / und
wegschaffet / begehet zweyerley Diebstahl / wird aber doch nicht als ein [895] Dieb / sondern extraordinariè bestrafft / quicquid in
contrarium dicat Hier. de monte de fin. regund. c. 34. n. 7. sondern nach Inhalt
des 114. Art. der P. H. O. ist zu consideriren (1) die Beschaffenheit und Grösse
des Verbrechens / (2) die That selber / daß er die Steine nur deshalber
ausgehoben / andere nicht dadurch in Schaden zu bringen / sondern nur daheime
zum Mauren / oder sonst zugebrauchen / oder aber / seine Aecker / Wiesen /
Gärten / und andere Feld - Güter dadurch zuerweitern / sc. (3) ist auch auf die
Intention zu reflectiren / ob es aus Irthum / oder Unwissenheit / daß es Marck -
und Feld - Steine / oder ob es studiò mit Fleiß / Vorsatz und aus Argelist / dem
andern zu Schaden geschehen / (4) muß auch die Person betrachtet werden / die
deshalber angeklaget wird / ob man sich zu derselben eines solchen / daß es
vorsetzlich / oder aus Irthum und Unwissenheit geschehen / zuversehen. Denn wenn
solches ein Beambter oder ein Rathsherr dolosè thäte / der andere drum straffen
solte / würde derselbe / nebst Verliehrung seines Ehrenstandes / billig tapffer
zu bestraffen seyn / nach Erkäntnis der Rechts - Berständigen / nachdem das
Delictum groß / und die Umstände darbey sich ergeben / entweder mit
Staupenschlägen / Landes - Verweisung / Gefängnis / oder einer Geldbusse /
seinen Vermögen nach.
Ottinger, de Jure limitum lib. 2. c. 9. Vivius, lib. 3. opin. 870. per tot.
Coler, p. 1. decis. 145. Clasen, cit. loc. p. 254.
XLVII. Wenn ein lediger Kerl ein Wahnwitziges / lediges Weibesbild beschläfft /
muß er dem Kinde die Alimentation schaffen / und er bekömt den Staupbesen /
nebst ewiger Landes - Verweisung.
Author. Consult. Sax. tom. 2. p. 4. q. 18. Constit. Augusti, Elect. Sax. p. 4.
const. 26. ubi in comm. Dan. Moller. n. 1. & 2. nec non Ordin. Matrimon.
Joh. Georg. I. Ducis & Elect. Sax. punct. 4. col. 4. vers. also auch /
da eine ledige Manns - Person. Berlich / p. 4. Concl. 37. n. 2. & 3.
Carpzov. J. P. F. p. 4. const. 26 def. 1. & 2.
Dem Weibesbild aber wiederfähret nichts.
Idem Carpzov. def. 3.
Eben also wird dem gelohnet / welcher ein schlaffendes / oder ein zu solchem Ende
von ihm truncken - gemachtes Weibes - Bild violiret.
Clar. lib. 5. sent. & ult. q. 60. n. 13. vers. quaero etiam. Ebrius enim
furioso & mente capto aequiparatur. Tuschus, tom. 2. pract concl. lit.
E. concl. 1. n. 1.
|| [896]
Da aber der Thäter ein Ehemann / oder das wahnwitzige Weibesbild eine Ehe - Frau
wäre / wird er mit dem Schwerdt gerichtet / und hat in diesem Fall intercessio
conjugis nicht statt.
Berlich d. concl. 37. n. 7. 8. & 9. ibi???. alleg. DD.
Wenn ein wan witziger Kerl in dem Furore ein Weibesbild comprimiret / und
fleischlich erkennet / wird er nicht gestrafft.
Farinac. in Pr. crim. part. 3. tit. de poen. temp. q. 94. n. 1. & seqq.
Tusch. tom. 4. lit. E. concl 548. n. 1.
XLVIII. Wer an seiner vorgesetzten Obrigkeit sich vergreifft / Hand an dieselbe
leget / und sie schläget / oder verwundet / wird aus Richterlichen Ambt
willkührlich mit Verweisung / Abhauung der Hand / Staupen - Schlägen sc. beleget
/ Const. Elect. Sax. const. 43. p. 4. und attestiret Carpzov p. 2. q. 100. n.
11. in fin. daß / so viel er sich erinnern könte / einem solchen frevelhafften
Thäter niemahls die Straffe gelinder / als die Landes - Verweisung zuerkant
worden. Und ob wohl sonst der verwundeten Person Abtrag / Artztlohn / Zehrung /
Unkosten und Verseumnis von dem Thäter geschehen muß; So ist doch in Sachsen
solches nur biß auf die Landes - Verweisung inclusivè hergebracht. Wenn aber der
Delinquent den Staupen - Schlag bekömmt / oder die Hand ihm abgehauen / und also
am Leibe gestrafft wird / ist er von obigen befreiet. Carpzov. q. 100. n 16. 17.
& 18. Da aber die Verwundung gar grausam und sast tödlich / ungeachtet
der verwundete endlich noch mit dem Leben davon kömmt / wird der Thäter mit den
Schwerd gerichtet. Idem Carpz. d. loc. n. 19. 20. & 21. allwo er auch n.
24. ein praejudicium anführet / daß einem / welcher dem Pfarrer eine Ohrfeige
gegeher / zeitliche Verweisung zuerkant worden.
XLIX. Wenn Kinder ihre Eltern schlagen / auch hart und fast tödlich verwunden /
doch daß sie beym Leben bleiben / werden sie auch mit Staupen-Schlägen / oder
Abhauung einer Hand des Landes ewig verwiesen. Intercedirten aber die Eltern vor
ein solch ungerathen Kind / und verziehen ihm solche Verbrechung / cessiret zwar
die Leibes - Straffe / die ewige Landes - Verweisung aber bleibet doch / und
wird vpllstrecket. Da aber keine Verwundung darbey vorgangen / sondern die
Kinder nur die Eltern gescholten / und geschlagen / werden die Thäter / pro
ratione circumstantiarum, mit Gefängnis gestrafft / und ihnen nichts / als
Wasser und Brot ge [897] reichet / oder werden des
Landes zeitlich verwiesen. Idem Carpzov. q. 100. n. 35. 36. & seqq.
us??? 46.
L. Wenn aber das Falsum gar zu enorm, groß und schädlich ist / wird der Falsarius
am Leben gestrafft / ob verba manifesta art. 113. const. Crim. Garoli V. ibi:
"die sollen am Leib und Leben peinlich gestrafft werden sc. & art. 113."
in fin. Und es möchte solcher Falsch also oft / gröblich und boßhaft geschehen /
daß der Thäter zum Tode gestrafft werden soll sc.
Carpzov. q. 93. n. 95. 97. & 98.
LI. Die Fuhrleute und Schiffer / so Wein zu Land oder Wasser führen / wenn sie /
ohne Wissen des Herrn / von den Wein dieblich etwas heraus lassen / und mit
Wasser wieder zufüllen / werden Ehrloß / item mit Confiscation des Ihrigen / ja
auch wohl am Leibe gestrafft.
R. A. de Anno 1497 §. 3. Ord. Polit. Caroli V. de An 1548. tit. von Schif - und
Fuhr euten. Herm. Stamm. de servit. personal c. 5. n 3. add. Policey - Ordn. zu
Franckfurth Anno 1577. gebessert. tit. 16. Naurath in hypotyp. jur. subdit. tr.
de Rationar. annex. p. 598. D. Stryke, de jur. sens. diss. 6. c. 4. n. 14.
Worbey zu erinnern / daß keinen zugelassen / die Weine zu Schwefeln / ausgenommen
in den Fall / wenn derselbe weit verführet werden soll / da so ferne zugelassen
/ daß man ihn ein wenig Einschlag gebe damit er den Geschmack nicht verliere:
Doch wird solchen Weinhändlern und Fuhrleuten in obgedachten Reichs - Abscheid
zugleich ernstlich eingebunden / daß / wenn sie solchen Wein verkauffen wollen /
sie es anzeigen sollen / daß sie ihm Einschlag gegeben / oder geschwäfelt haben
/ denn in widrigen / wird entweder der Wein confisciret / oder den Fassen die
Boden eingeschlagen / und der Wein verschüttet / auch muß der Delinquent
iedesmahl an Poen hundert Gülden Reinisch erlegen.
Confer. Joh. Marquard. de Jur. Mercatur. lib. 4. c. 5. n. 14.
LII. Wenn Fuhrleute von denen ihnen auf die Fracht verdingeten Güthern und Waaren
was entwenden / werden sie nicht / als andere Diebe / gehengt / wenn auch schon
die Summa sich über fünf Soliden erstreckte / sondern ihnen nur der Staupen -
Schlag / nebst der ewigen Landes - Verweisung / zuerkant.
vid. Carpzov. pract. crim. p. 2. q. 58. n. 96. Joach. Bürger. cent. 3. fing.
observat. jurid. Polit. militar. obs. 51 p. 88.
|| [898]
LIII. Injurien, wenn dieselbe atrocissimae sind / und wider grosse Herren und
Potentaten ausgestossen worden / pflegen mit den Slaupen-Schlag und der ewigen
Landes - Verweisung; Wider dero Cantzlar / vornehme Minister und Räthe / nebst
der Recantation, und Schlagung des Mauls / mit der Relegatione perpetua; Wider
geringere Bediente / als Ambtleuthe / Schösser / Bürgemeister und Stadt - Räthe
evomiret / mit 3. biß 4. Jahr Landes - Verweisung / oder auch wohl einer
tapfferen Geldbuße bestrafft zu werden.
Carpzov. q. 94. n. 38. & seqq. us??? 45.
LIV. Ein ledig Weibes - Wild / so einen Ehemann beschuldiget / daß er sie
geschwängert / dieser aber sich loßschweret / wird gleichfals mit Staupen -
Schlägen des Landes ewig verwiesen.
idem q. 96. n. 61. & 64. Carpzov. q. 98. n. 42. & 56.
LV. Desgleichen die / so die Gräber öfnen / die Todten berauben / und dieselbe
hernach wieder einscharren;
Const. Elect. Sax. 34. part. 4. Abrah. Saur, im Stra???. Buch / pag. 431.
Zuweilen / nachdem die Umstände sind / werden sie nur des Landes ewig verwiesen.
Carpzov. p. 4. const. 34. defin. 1.
Ja wenn sie nach der Beraubung die ausgegrabene Todten liegen lassen / und nicht
wieder einscharren / oder auch solche Beraubung mit gewapneter Hand / oder auch
das delictum vielmahl geschehen wäre / werden sie mit dem Schwerd gerichtet.
L. praetor. ait. 3. § adversus eos 7 vers. ut si armati ff. de sepulch. violat.
Berlich, p. 2. concl. 47. n. 18. Damhouder. pract. rer. crim. c. 109. n. 6.
Carpz. d. const. 34. defin. 2. & p. 2. pract. crim. q. 83. n. 58.
& 59.
LVI. Einen Edelmann / der des andern Verstorbenen Leichstein und Wapen in einer
Kirchen / denen Erben und Befreundten zum Schimpf und Nachtheil / zerschlagen /
sind von dem Schöppen-Sinhl zu Leipzig zehen Pfund Goldes zur Straffe dictiret
worden.
Carpzov. d. q. 83 n. 66.
LVII. Diejenige / welche den Dieben / oder gerechtfertigten Missethätern an [899] den Galgen / oder auf dem Rade die Kleider ausziehen /
werden auch mit Staupen - Schlägen gestrafft.
cit. constit. Elect. 34. p. 4. ubi Dan. Moller, n. 1. vers. eos vero &c.
Mit welchen ebenmäßig die Scharfrichter beleget werden / wenn sie den
hingerichteten armen Sündern die Kleider / ausziehen und sie entblößen.
Joh. Bajard. in Addit ad Jul. Clar. lib. 5. Sent. §. ult. q. 68. n. 142.
& q. 100. n. 6. Carpzov d. loc. n. 61.
LVIII. Die aber / so ihnen die Kleider nicht nehmen / noch sie entblößen /
sondern nur das Geld / so sie in den Kleidern verborgen haben / rauben / werden
mit der Staupe verschonet / doch aber mit etliche Tage Gefängnis abgestrafft.
Carpzov. cit. q. 83. n. 62. & 63.
Allwo er ein Urtel / so Anno 1627. zu Leipzig gesprochen wider einen Schäffer /
anführet / der eine Leither an den Galgen geleget / hinan gestiegen / und einem
Diebe / der vor acht Tagen gehengt worden / 3. fl. aus der Hosen / drinn
dreselbe sie verborgen gehabt / gezogen / dem 6. Tage Gefängnis zuerkant worden.
LIX. Wenn einer einen Dieb von Galgen / oder einen andern Missethäter des Nachtes
heimlich von dem Rade wegnehme / und begrübe / ist die Straffe auch nur
willkührlich / als etliche Tage Gefängnis / wie solches Carpzov. d. const. 34.
defin. 4. mit Urtheln bestärcket / und in andern delictis mehr / so drunten in
den Capiteln / von Hinrichtung mit dem Schwerd / item von Hencken / und sonsten
mehr angeführet werden.
LX. Schließlichen berichtet Paulus Zachias, lib. 6. Quaestionum Medico-Legalium
tit. 2. Quaest. 8. n. 10. daß / wenn man einem / der einen harten Staupen-Schlag
bekommen / oder einem Soldaten / der durch die Spießruthen vielmahl lauffen
müssen / und sehr zerhauen worden / ein ausgeschlachtetes Hamel- oder Schaf -
Fell / wenn es gleich abgezogen / u. noch warm ist / über den Rücken und Wunden
herlegte / es die Schmertzen guten Theils stillen und besänfftigen solle. Allwo
er nebst andern auch Johannem de Vigo allegiret / welcher in seiner Chirurgie,
lib. 9. c. 15. die innerliche und äusserliche Cur desselben ausführlich
beschreibet: Vigo sangvinem primò detrahitpost cum aliis, [qui universalia
supponunt] praebet Rhabarbarum, pondo unius drachmae, cum rubia tinctorum
& Zingibere, ad scrup 1 cum aqua scabiosae, Datur & bolus
Armena, & terra sigilata & mumia, & Rha [900] ponticum & decoctum cicerum rubrorum
excorticatorum, & alia, quae ad eos, qui ex alto cadunt, aut violenter
in aliqua dura corpora impingunt, ab Auctoribus praescribuntur. Extra apponitur
cerussa, lethargyrum" pulvis myrtillorum, rosarum, camomillae, oleum rosaceum,
myrrinum, chamaemelinum & alia, Ermeldter Vigo setzet lib, 9. c. 31
gleichfals / wie derjenige / dem zur Straffe / oder auch sonst ein Glied / als
die Hand / Finger und dergleichen / abgehauen worden / strack zuverbinden und zu
curiren sey. Welches bey dem Paraeo, lib. 11. c. 20. ebenmäßig zu befinden.
CAPUT XL.
Von der Straffe TRATTO DI CORDA, Wippen / Prellen / Schnellen / am
Wipp- oder Schnell-Galgen. I.
DAs Wort Tratto oder tratta di corda, ist Italiänisch / wird auch wohl
Strappacorda oder Strappata genennet / maßen denn die Italiäner solcher Straffe
in etlichen Verbrechen sich gebrauchen.
Matth. Cremer, in Lex Ital. verb. DI, pag. 587. & Grammat. Ornat. p. 98.
Und wird hergeleitet von dem Verbo Trarre i e. trahere ziehen.
Vid. Gramm. Ital. Cremeri, p. 106.
Particula DI, est Praepositio, & ponitur hîc eleganter fine articulo,
heisset so viel als con, cum, mit. CORDA est nomen Substantivum, &
significat hôc loco restim, ein Seil / Strick / Strang und Leine.
D. Christ. Govhof. Berger / de poena tratto di corda §. 5. part. accident.
II. Bey uns Teutschen heisset es die Wippe / das Wippen / Prellen / Schnellen /
am Schnell - oder Wipp-Galgen / ein Zug mit dem Seil / ein [901] gewaltiger Zug / eine Wegreissung / die Ausstreck - oder Ausdehnung
der Glieder.
Cremer. d Lex. Ital. verb. Tratto Strappata.
III. Und ist dieselbe sonderlich im Churfürstenthum Sachsen / von Churfürst
Augusto, Christlöblichster Gedächtnis / wieder die Wild - Fisch- und Krebs-Diebe
/ die sonst vorher nur um drey Soliden gestrafft wurden / sich aber an solche
geringe Geld-Busse nicht kehreten / sondern es immer ärger machten / durch zwey
besondere Constitutiones, welche Anfangs nicht in Druck ausgangen / und unter
denselben / so viertzig waren / die VII und VIII. ietzo aber in Appendice
Corporis Juris Saxonici. fol. 69 & 71. zu finden sind / eingeführet
worden. Wird auch heut zu Tage in den Chur - Sächsischen Schöppen - Stühlen
denen obgedachten Dieben zuerkant / und an ihnen vollstrecket / doch nicht auf
einerley Arth / sondern nachdem der Diebstahl groß / auch viele und offte
geschehen ist. Nemlich auf einen / zwey / drey / auch wohl vier Sprünge. Wenn
der Wild - Fisch - oder Kreybs - Dieb nur einen Sprung thun darf / wird er nicht
leicht verwiesen. Wenn er aber mehr Sprünge thun muß / träget es die zeitliche
und ewige Landes - Verweisung nach sich.
d. Const. VII. & IIX. Carpzov. in pract. crim. p. 2. q. 84. n 85. 86.
& 87. Philipp. in usu pract. Instit. lib. 2. eclog. 1. n. 11.
IV. Und ist von solcher Straffe weder ein Mann noch Weibesbild / weder
Geistlicher noch Weltlicher / weder Einheimischer noch Ausländischer befreyet /
wenn er dergleichen Dieberey begehet.
Arg. d. Constit. 7. & 8 in verb. würde jemandes / da iemandes / wer der
auch wäre. Item / Unser Unterthan / oder ein Ausländtscher.
Constitutiones enim, quae generaliter loquuntur generaliter etiam sunt
intelligendae.
Arg. L. 8. de publ. in rem act. & L. 1. §. 1. de legat. paestand.
V. Es werden aber mit der Tratto di corda nicht allein die Wild - Diebe beleget /
so in denen / dem Churfürsten zu Sachsen zustehenden Wäldern und Wildbahnen /
sondern auch Dero von Adel und Vasallen gehörigen Försten / Wildfuhren / Gehegen
/ Wäldern und Gehöltzen / Wildpret geschossen / gefangen und gestohlen.
d. Const 7. in verb. in Unsern oder Unserer Lande Wildbal n sc. D. Berger. d. tr.
c. 4. §. 1.
|| [902]
VI. Eben also auch die Fisch-Diebe.
juxta cit. Constit. 8. pr. in verb.
Da iemandes / wer der auch wäre / Unser Unterthaner / oder ein Ausländischer /
freventlich und vorsetzlich in Unserm / oder Unser Lande fliessenden gehegten
Wassern und Bächen mit Netzen / Hamen / Reussen und Rörbe legen / oder in was
Wege dasselbige geschehen möchte / Unsern ausgegangenen publicirten Mandaten
zuwieder / fischen würde der oder dieselbe sollen / wann sie zum erstenmahl
darbey betreten / mit der Tratto di corda auf einen Sprung / oder mit der Landes
- Verweisung gestrafft werden. Quemadmodum etiam pronunciarunt Scabini
Lipsienses M. Aug. 1590. Mens. Feb. 1594. & Mens. Mai. hisce formalibus,
Hat der Gefangene C. L. daß er nebens seiner Gesellschafft / und daß solches das
erstemahl geschehen / und er zuvor auf keinen Wasser / da er nicht befugt /
gefischet / oder fischen helffen sc. Somag er von wegen solcher Verbrechung /
vermöge dieser Lande bewährten Rechte / mit der Tratto di corda auf einen Sprung
/ oder mit Landes - Verweisung in Straff genommen werden. Hätte aber der oder
die / so gleich zum erstenmahl gefischet / auf zehen Gülden werth ???ische
gefangen / oder es würde sich / nachdem sie zu Gefängnis gezogen / befinden /
daß sie öffter - und mehrmahls gefisched / so werden dieselbige mit
Staupenschlägen / und ewiger Landes - Verweisung / oder mit der Tratto di corda
auf ein / zwey / drey oder vier Sprünge / nach Gelegenheit der Verbrechung /
nebst der Landes - Verweisung bestraft / und solcher Poenen eine wieder sie
volstrecker. Etita quoque Scabini Lipsienses, Mense Majo, 1601. responderunt:
Haben beyde Gefangene in scharffer Frage bekant und ausgesaget / daß sie etliche
mahl gefischet / lo werden sie beyde / von wegen solcher ihrer begangenen und
bekandten Verbrechung / vermöge dieser Landen bewährten Rechts / wilkührlichen /
entweder mit Staupenschlägen / oder mit der Tratto dicorda auf drey Sprünge des
Landes ewig billig verwiesen / V. R. W.
VII. Worbey zu notiren / daß / wenn die Diebe in denen dem Churfürsten
zustehenden Wassern / die Fische gestohlen / die Election bey Jhr. Chur - Fl.
Durchl. stehet / mit welcher Straffe sie dieselbe belegen lassen wollen.
We̅ [903] aber in der Edelleuthe
/ oder anderer gemeinen Fisch - Wassern der Diebstahl geschehen / wird die
Straffe nicht alternativè, sondern eine gewiffe von diesen Straffen gestzet.
d. Const. Elect. 8. §. Und sollen demnach. Carpzov. in pr. Crim. p. 2. q. 84. n.
85. & seqq. us??? 90.
VIII. Und ob schon in ietzt - angeregter Constitution nur von Fischen / nicht
aber von Kreybsen gedacht wird / werden doch dieselbe darunter mit verstanden.
Carpzov. d. q. 84. n. 94.
Allermaßen denn auch die Churfürstl. Schöppen zu Leipzig / Mense Julio 1628. also
gesprochen: Hat B. C. als er vermöge Unsers gesprochenen Urthels / dem
Scharffrichter auf gewisse Maaß untergeben worden / gestanden und bekant / daß
er die drey Jahr lang in des Herrn Graffen und euren gehegten Fisch - Bäche̅ nebst andern seiner Gesellen gekrebset / möchte wohl mit
einander in die 13. mahl geschehen seyn / und sie ungefehr in euren Bächen 10.
oder 11. in des Herrn Graffen Bäche̅ aber 6. Schock Krebse mit
einander gefangen haben. So wird Inquisit solcher seiner Verbrechung wegen / mit
der Tratto di corda auf 2. Sprünge gestrafft / und darauf des Landes ewig
verwiesen.
IX. Es verjähret sich aber diese Straffe / wenn 20. Jahre / von der letzten That
anzurechnen / verflossen sind.
Carpz. pract. crim. part. 3. q. 141. n. 24. D. Berger, de poena Tratto di corda
cap. 7. §. 2.
X. Schwangere Weiber sollen hiemit nicht beleget / sondern die Execution
aufgeschoben werden / biß das Kind zur Welt kommen / auch 40. Tage nach der
Geburth ver flossen sind.
arg. L. 3 ff. de poenis, ibi??? Brunneman, n. 1. & 2. L. 18 de stat.
homin. Wesenbec. inP aratit. de poen. n. 6. Carpzov. p. 3. q. 137. n. 21.
& seqq.
XI. Wenn der Delinquent unpaß ist / wird dieselbe auch aufgehoben / und er so
lange in Werwahrung behalten / biß er wieder gesund wird.
Idem Carpzov. ibid.
XII. Es muß auch der Scharffrichter / der die Execution an den Dieb ververrichtet
/ hierinnen menschlich und dergestalt verfahren / daß der Missethä [904] ter durch stete Convulsiones nicht gar das
Leben einbüsse / sondern / wenn er die Straffe ausgestanden / ihm die Glieder
wieder einrücken.
saep??? dict. Const. 7. &. 8. §. Wird wollen aber. Carpzov. cit. q. 84.
n. 84. & 90.
XIII. Einige halten davor / es komme diese Straffe noch von den Longobardern her.
Petr. Papp. ad Jus milit. Holland. pag. 575.
Et est illius structura ad formam dimidii patibuli confecta, in cujus summitate
transversali trochlea est, per quam funis deductus usque ad ima dependet,
& maleficus manibus post tergum devinctis annectitur, ac ad summitatem
illam attrahitur, moxque, fune infra soluto, ita dimittitur, ut in aëre haereat,
ac brachia à tergo, ut dictum, colligata supra caput magno cruciatu ferè
trahantur. Ejus forman refert Magius, de Equleo c. 3. sed illa fortè rectius ad
antiquas Martyrum poenas referenda est, de quâ legi potest.
Anton. Gallon. de Martyr. Cruciat. c. 3. Rudolph. Godofr. Knichen, op. polit.
lib. 2. part. 4. c. 9. thes. 12. pag 991.
XIV. Beyden Soldaten und auf den Schiffen ist sie auch üblich.
Josias Nolden. de Statu Nobil. cap. 15. n. 107.
XV. Ein Edelmann aber wird regulariter damit nicht beleget. idem Nolden, d.
loco.
CAPUT XLI.
DE FRONTE CAUTERIATA, SIVE DE STIGMATIS INUSTIONE oder Von Brennung eines
Zeichens / oder Mahls vor der Strin / auf der Hand / Rücken / oder andern
Orth des Leibes.
KAyser Arcadius und Honorius haben verordnet / daß man denen Fabricensibus, oder
Waffen-Schmieden [qui in sa [905] cris Fabricis arma
cudebant, Novell. Justin. 85.] ein gewiß Merckmahl auf die Arme brennen solte /
üm sie daran zuerkenmen / wenn sie sich etwan der Arbeit entziehen / oder wohl
gar verborgen halten wolten.
Juxta L. 3. C. de Fabricens.
Adeò enim hi suae militiae erant adstricti, ut non possent pro arbitrio eam
deserere, sed cogerentur, unà cum sobole sua, eidem conditioni servire &
adhaerere.
Anton. Perez. in praelect. Cod. ad dict. tit. de fabricens. n. 9.
II. Die Aquarii, oder custodes aquarum publici aquae ductuum Urbis Regiae [quos
Graeci [Greek words] vocant, L. pen. C. de
aquaeduct. lib. 11. Wasser- oder Brunnen-Meister wurden gleichfals auf der Hand
mit dem Käyferlichen Zeichen bemarcket / damit sie jederman dran erkennen konte
/ und sich nicht etwan einer erkühnete / sie zu ander Arbeit zu nöthigen / und
von ihren ordentlichen Verrichtungen abzuziehen.
L. decernimus 10. C. de aquaeduct. & ibi Lucas de Penna. c. si Judex 12.
vers ex stigmate de sent excommun. lib. 6.
III. Item die neugeworbene Soldaten. Lipsius, lib. 1. de milis. Rom. sub fin.
Vegetius, lib. 2. c. 5. Ibi: victuris incute punctis milites scrispti &
matriculis inserti jurare solent. Aëtius, lib. 8. c. 12. Stigmata vocant, quae
in facie aut alia parte corporis inscribuntur: qualia sunt militum in manibus.
Puncturae militum sunt in manibus, ait AElianus; & Chrysostomus. ad Rom.
4. v. 2. signum militis vocat. Apud Gregor. 2. Epist fit mentio Constitutionis
cujusdam Mauritii Augusti, ne quis manu signatus ante expletam militiam ad
Monasteri amigret, quam dicit priorem tulisse Julianum Parabatam.
facit ???si quis 61. dist. 50. Cujac. in Parat. C. de Fabricens. L. 32. C. de
Decur.
IV. Et hic character, quo signabatur miles, ut ab aliis dignosceretur, vocabatur
Cingulum militare.
Archid. in c. quod quidem. 97. caus. 1.
& Character Imperatoris.
cap. quemadmodum 4. caus 32. q. 7. Lucas de Penna ad d. l. stigmata. 3. C. de
fabric.
V. Erant autem inscripti nomine Imperatoris, unde Augustinus, Regium characterem
vocat. Idque ex Lipsii sententia, petitum indubiè ab eo, quod olim nomen
Imperatoris in scutis, halstilis, vexillis inscribi solitum, [906] atque eo exemplo in cute; vel â Sacris, cum, quos Deo consecrabant
vel in itiabant, hos stigmatibus inurerent.
Henel, in otio Uratis lav. c. 16 p. 128. Tabor de armis c. 1. n. 11.
VI. Theils der Nigriten oder schwartzen Mohren in der Insel Mossambique zerpicken
mit einen heissen Eisen ihr Angesichte / und den gantzen Leib / in Meinung / sie
würden dadurch zu wunderschönen Leuthen.
Joh. Hugo, von Lindenschott / part. 2. der Drient. Indien c. 41. pag. 122.
VII. Dacos & Sarmatos quoque corpora sua solitos inscribere, refert
Plinius, lib. 22. cap. 1.
Et Artemidorus, apud Thraces ingenuos pueros stigmatisari, docet.
Henel. d. c. 16. p. 129.
VIII. Die Egyptische Priesier hatten auch im Gebrauch / wann ihnen ihr hoher
Priester mit Tode abging / daß sie alsdann sich selbsten mit einen heißglüenden
Eisen ein Zeichen in der Hand / am Arm oder an der Brust brenneten / damit sie /
als oft sie solches Zeichen ansahen / darüber weineten.
Anton. de Guevarr. in Epist. aur. part. 1. pag. 133. Christoph Crusius, de indic.
delict. p. 3. c. 2. n. 131.
IX. Die Abexyni, so Christen in Ost-Indien sind / haben vier Zeichen im Angesicht
Kreutzweis gebrant / nemlich über der Nasen / zwischen den Augen / biß an die
halbe Stirn / und an beyden Seiten über den Augen / zwerg nach den Ohren zu /
und dann auf den Kin / welches ihre Tauffe ist / als sie Christen worden sind /
anstat des Wassers / so man bey uns brauchet. Job. Hugo, von Lindenschott / p.
1. der Orient. Indien / cap. 40. pag. 120.
Erasmus Francisci, im Neu-Polirten Kunst- und Sitten-Spiegel lib. 3. pag. 916.
aber widerlegt diese Meinung / und spricht / daß zwar mit dem Zeichen es war sey
/ wie denn alle Mohren dergleichen haben / entweder auf der Nasen / Augebraun /
oder sonst im Gesichte / daß sie aber nicht getauft werden / sey ein falscher
des Jahrs einmahl in den Pfützen und Strömen / am Tage der Heil. Drey Könige /
zum Gedächtnis der Tauffe Christi / welcher / wie sie glauben / an selbigen Tag
getauft sey.
|| [907]
X. Die Zeichen zuschneiden mit einen scharffen Elsen die Weiber Meister / und
werden also gemacht: Sie nehmen eine Zähe von einen grossen gescheleten
Knoblauchs-Haupt / so noch jung und frisch ist / und streichen die an ein Auge /
oder an einen andern Orth / dahin sie das Zeichen machen wollen: Schneiden
hernach die Haut um den Knoblauch rings herum mit einen scharffen Messer auf /
zerren die Wunde von einander / daß die Narbe breit wird / legen ein wenig
Wachses darauf / und auf das Wachs etwas Teiges. Alsdenn verbinden sie es / und
lassen es also verbunden über Nacht siehen. So bleibet darnach das Zeichen für
und für / und siehet als obs mit Feuer verbrennet wäre: Denn es scheinet etwas
schwärtzer / denn sie sonst unter dem Angesichte sind.
Alvarez. in der Beschreibung Morenlandes / cap. 22.
XI. Es ist aber bey solchen Kenn-Zeichen [welches demjenigen so es getragen /
keine Unehre gewesen.
Carpzov. part. 3. prax. crim. Quaest. 129. n. 10. Dither. in contin. Besold. Th.
pr. v. Brand-Mahl p. 110.]
nicht geblieben / sondern man hat auch denen / so etwas sonderbahres verbrochen /
ein Zeichen zum Schand-Mahl an die Stirn / auf die Backen / oder einen andern
Orth des Leibes gebrant / Männiglichen dadurch zu hülthen und vorzusehen. Also
ward denen Dieben der Buchstab F. an die Stirn gebrant / welches so viel
bedeutet / als FUR oder FURTUM. Item denen Verleumdern der Buchstab K. [Ita olim
scribebant Kalumniam] oder C. i. e. Calumniator, ex lege Memmia vel Remnia de
reis postulandis.
L. 1. §. 2. ff. ad S. C. Turpol. & ibi Gothofred.
Cicero, in Orat. pro Roscio Amer. ubi conferens accusatores anseribus &
canibus Capitolinis, Crura quidem, inquit, vobis nemo suffringit; sedsi ego hos
benè novi, literam illam, cui vos us??? eo inimici estis, ut etiam alios omnes
oderitis, ita vehementer ad caput affigent, ut postea neminem alium, nisi
fortunas vestras accusare possitis. Idque ipsum est, quod Plinius, in Panegyrico
ait, delatores habere frontem ferream, punctis & notis vulnerandam. Nec
alio opinor sensu, apud Papinianum, calumniae damnatus & homo integrae
frontis opponuntur.
Henel. d. loc. pag. 121.
|| [908]
XII. Endlich ists dahin kommen / daß man fast allen Ubelthätern / qui servi
poenae facti, vor Alters ein Zeichen an die Stirn gebrant.
Cujac. lib. 1. obs. 13. Seneca, lib. 3. de ira, c. 3. & lib. 4. de benef.
c. 137.
Wie auch denen Gefangenen. Immaßen die Athenienser denen überwundenen Samiis
gethan / welchen sie die Figur eines Schiffes / Samaena genant / für die Stirn
brennen lassen.
Jacob Bonfrer, comment. in Levit. cap. 19. vers. 28.
[Samaena fuit navigium dicrotum, b. e. bireme, rotundum, concavum, ac in ventris
similitudinem formatum, ut mare percurrere, celeriter??? converti posset. Cujus
auctor extitit omnium primus Samiorum Tyrannus, Polycrates Salmuth. ad
Panciroll. tr. de nov. repert. tit. 2. pag. mihi 179.]
Hingegen haben die Samii, wenn sie jemand von denn Atheniensern gekrigt / das
Bildnis einer Nacht-Eulen vor die Strin gebrant.
AElianus lib. 2. var. bist. c. 9. Plutarchus, in Pericle.
XIII. In Sicilia Atheniensibus captivis notam equi fronti inustam, testatur
Plutarchus, in Nicia.
Ja die Athenienser haben ihren eignen Bürgern und Soldaten / so nicht treulich
vor das Vaterland gestritten / oder Felflüchtig worden / Zeichen ins Angesichte
geschnitten oder gebrand / so ihnen eine ewige Schmach gewesen / und man sie
darbey erkennen können.
AElian. lib 2. var. hist.
Facies illorum, qui ad metalla damnabantur, tribus notis perpetuò mansuris,
profundis characteribus incidebantur,
Gallon. de cruciat-Martyr. pag. 517.
XIV. In Franckreich wird denen Obersten Gerichts-Räthen / wann sie Geschencke
genommen / und denen Clericis, wenn sie falsum an des Königs grossen Insiegel
begangen / als falsariis, eine Lilien-Blume für die Stirne gebrant.
vid. text. expr. in cap. ad audientiam 3. de crim. falsi. Petr. Rebuff in L.
hominis. 152. vers. in facie ff. de V. S. & ad Const. Reg. tract. de
lit. oblig. art. 1. Gloss. 6 n 4. & seq. Jo. Imbertus lib. 3. Instit.
forens. c. 21. Jan. Langlaeus, lib. 10, Semestr. cap 2. ???
XV. Und in Hispanien denen / so zwey Weiber zugleich ehelichen / der Buchstab Q.
eben an solchen Orth.
|| [909]
Covarruv. de matrim. lib. 5. tit. 15. lib. 8. & lib. 3. tit. 1. lib. 5.
in Regis ordinat. Padilla ad l. transigere C. de trans act. n: 14.
Cum lex illa dicat, signo Q. esse inurendum hanc delinquentem, opinantur quidam,
de signo Crucis intelligendum esse, eò, quod talis binubus malè sentiat de fide,
atque existimant, Legem vitio scriptorum esse corruptam. Quod si in lege error
forsan aliquis adest, is est in eo, quod erat statutum, ut contrahens binas
nuptias signaretur hoc signo binario Z, quasi duas habeat uxores, atque inde
facilius fuit lapsus, ut ex illis characteribus dualem numerum designantibus Q.
fieret: Usus tamen obtinuit, literam Q imprimi. Illud vero, quod de Signo Crucis
annotavimus, fatetur Covarruvias se de prehendisse in Regni Hispanici
Constitutionum vetustissimo codice
Petr. Ostermann / in Comment. ad L. Stigmata C. de Fabricens. sect. 4. pag. 8
Imgleichen denen Gotteslästerern / sie zum andern mahl wieder kommen / mit einem
glüenden Eisen das Zeichen eines † auf die Lippen.
Covarruv. in c. quamvis 2. part. 1. §. 7. n. 22. in pr.
Welcher Straffe auch Petr. à Duenn. reg. 290. lim. 2. ex leg. 4. tit. 28. part.
7. Reg. constit. gedencket.
XVI. In Engelland wird denen Todschlägern / vermöge König Henrici VII.
Constitution, in der flachen Hand unter dem Daumen / der Buchstab M. [dann
Muntre heißet in der Englischen Sprache einen Todschlag] gebrand / und denen
Dieben ein T [weil Thest dorten ein Dieb heist.]
Polydor. Vergi l. lib. 26. Histor. Angl. Eberhard Hoyer, im Churfürstl. Brandenb.
Krieges-Recht / tit. 8. pag. 143. Petr. Greg. Tholos. lib. 31 Synt. Jur. univ. c
3. n. 16.
XVII. Die Moscowiter straffen den ersten Diebstahl mit dem Gefängnis und Schlägen
/ das zweyete mahl schneiden sie dem Dieb die Nase ab / und brennen ihm ein
Zeichen auf die Stirn. Das dritttmahl hengen sie ihn an Galgen.
Petr. Pagg. in annotat. des Holländischen Krieges-Rechts / pag. 574.
XVIII. Die Griechen bezeichneten gleichfals die Diebe mit einem Brandmahl.
Crusius, de indiciis delictor. p. 3. c. 2. n. 131.
XIX. Insonderheit wiederfähret solches in Teutschland / Franckreich / Hispa [910] nien und Engeland / denen Wildprets-Dieben und
Raub-Schützen / auf dem Backen oder an der Stirn.
Land-Recht / lib. 2. art. 13. Matth. Wehner, pract. obs. lit. B. voc. Brandmahl.
Wesenbec. in parat. ff. de poen. n. 17. ibi??? allegati DD.
Anderswo geschicht solche Zeichnung nicht mehr dem Gesichte / sondern auf den
Rücken / oder in der Hand.
Speckhan, Cent. 1. quaest. 98. n. 12. & 13. Anton Seidenstick er / in
dissert. de Furib. Ferar. th. 47.
Ja an den Orthen / wo das Sächß. Recht eingeführet ist / wird zuweilen denen
Dieben und andern Ubelthätern / so ausgestäupet / und des Landes ewig verwiesen
werden / ein gewisses Mahl oder Zeichen auf die Backen / oder an der Stirn
gebrant / wie B. Reinhardus, p. 5. differ. Jur. Civ. & Saxon. 8.
& Lud. Faschius, diff. 66. und die Glossa Juris Weichbildici, art. 38.
in verb. Diese Zeichen giebet man den Dieben / die des Tages stehlen / und
Beutel schneiden. Man zerchnet sie aber aufwarts zum ersten durch die Backen /
zum andernmahl bey die Ohren / zum drittenwvhl ein Creutz durch die Stirn / und
man zeichnet sie darum / daß sie die Leute kennen / und sich desto baß für ihnen
hüten mögen.
XX. Käyser Fridericus. I. ließ denjenigen Soldaten / welche im Lager sich
zanckten / oder eine Meuterey anstifften wolten / oder gestohlen / oder die
Marquetender beraubet hatten / ein Zeichen vor den Kopf brennen.
Günther. Ligur. lib. 7. v. 256.
Armiger exustá candenti fronte metallo
Detonsâque comâ post verbera pulsus abibit
Et paulò post vers. 273.
- Maxillâ servus adustâ,
Vertice detonso, supponet terga flagellis.
Iterumque v. 285.
Servus deprensi convictus crimine furti,
Si fur ante fuit, probrosâ morte peribit:
Sin minus, abraso signatus vertice frontem
Verbera dura feret, castrisque fugatus abibit.
XXI. Die Thracier sind denen Weibern so gehäßig gewefen / weil sie gehövet / daß
Orpheus von Weibern ümgebracht worden / daß sie auch denenselben [911] Schand-Mahle angebrant / üm des Orphei Tod an ihnen dadurch
zurächen /
Plutarch. in lib. Desera Numinis vindicta. Alex. ab Alex. Gen. dier. lib. 2. cap.
14. pag. 185.
XXII. Die Barbari bezeichneten die meisten Thebaner / welche von den Griechen
absiehlen / zu dem Xerxe überlieffen / auf dessen Befehl / mit des Königs
Merckmahl.
XXIII. Es haben aber die Alten nicht nur allein einen Buchstaben / sondern offt
wohl gantze Sprüche denen Delinquenten an die Stirn brennen lassen.
Valer. Max. lib. 1. c. 8.
Gestalt denn Baron. ad Martyrolog. 22. Decemb. berichtet / daß der Käyser
Theophilus zweyen München / als dem Theophani und Theodoro ein Brand-Mahl von
12. Jambischen Versen ins Angesicht bren̅en / und Dinten drüber
herstreichen lassen / daß man die Buchstaben desto besser erkennen möchte.
Zonaras, annal. 3.
Atramento inquam: quia nimirum uti ex hoc Ioca à Lipsio observatum, ratio
inscriptionis ita se habuit, ut primitus literae sive notae inurerentur candenti
ferro, velut Juvenalis Satyr. 14. scribens ait:
Tum felix quoties aliquis tortore vocato,
Uritur ardenti duo propter lintea ferro.
Servum intelligit, qui ob furtum duûm linteorum frontem inustus. De qua re
Naevius apud Priscianum, lib. 7. Signari oportet frontem calida forcipe. Post
inustionem autem iis atramentum infundebatur, quo eminerent magis literae,
& praberent se lectui.
XXIV. Bey dem König Philippo in Macedonien hatte ein Soldat / der ihm im Kriege
gute Dienste gethan / eines Bayren Meyerhof ausgebethen / und geschenckt
bekommen. Als aber der Bauer in einer unterthänigsten Supplic vorstellete / wie
daß / als dieser Soldat unweit von seinem Meyerhoffe Schiffbrauch gelieten / er
denselben halb tod in sein Hauß getragen / ihn in sein eigen Bette geleget / 30.
Tage bey sich gehabt / alles / was er nur vermocht / zu gute gethan / curiren
lassen / und noch darzu einen Zehr-Pfennig mit auf den Weg gegeben / ist der
König drüber so entrüstet worden / daß er dem Pausa [912] niae befohlen / den Meyerhoff strack wieder zugeben / dem und anck
bahren Soldaten aber die Worte INGRATUS HOSPES an die Stirn brennen / und
fortjagen zulassen / welches auch also geschehen.
Seneca, 4. de benef. c. 37.
Factum certè & memorandum & Iaudandum: beneque adeò Seneca, d.
lib. 4. cap. 38 cum Philippum sic porro loguentem facit: Potius est, intra sines
Regni mei te literas istis oculis inscribendas inscribendas durissimâ fronte
circumferre: ostende, quam Sacra res sit mensa hospitalis: praebe in facie tuâ
legendum istud Decretum, quo cavetur, ne miseros tecto juvare capitale sit.
Magis ista Constitutio sic erit rata, quam si illam in aes incidissem. Sed tameu
locus mendo carere non videtur. Quid enim hoc est, literas oculis inscribendas?
nec potuit, nec solens fuit. In fronte duntaxat inscriptae notae, aut facie i.
e. supra, aut circa oculos. Id animadvertens J. Lipsius pro oculis aut foculis,
non quod ipsis propriè foculis in scriptae, sed ferro, quod canduerat in illis,
nisi quis fortean legere malit, istas omnium oculis, h. e. adspectu omnium.
Henel. in otio Uratislav. c. 16. pag. 125.
XXV. Es sind auch die leibeigene Knechte / nicht nur allein zuerkennen / wem sie
zustünden / sondern auch / wenn sie etwas straffwüdiges verbrechen / oder gar
davon gelauffen / gebrandzeichnet worden / drum sie bey dem Plauto, in Casina,
act. 2. Scen. 6. v. 49. schertz weise Literati, von dem Apulejo lib. 9. de Asin.
aur. Frontes literatae, bey dem Juvenal. Inscripta Ergastula, von dem Plinio,
lib. 18 c. 3. Inscripti vultus, Graecis [Greek
words], & inde vulgò stigmatici, & apud Juris
Consultos frequenter Stychi genennet werden.
Petr. Greg. Tholos. lib. 31. Synt. Jur. Univ. cap. 35. n. 3. Salmuth. ad
Pancirol. de nov. rep. tit. 2. pag. 182.
XXVI. Gestalt denn noch heut zu Tage die Spanier ihren Sclaven ein gedoppeltes S,
als nemlich SS auf die Backen brennen lassen.
Joh. de Pined. in Job. c. 1. vers. 2. n. 5. Crusius, de indiciis delictor. part.
3. cap. 2. n. 131.
XXVII. Denen / so falsche Siegel gestochen / und geschnitten / hat man vor Alters
solch Siegel glüend ins Gesichte gedrücket / hernach den Stauphesen gegeben /
und des Landes ewig verwiesen / maßen denn auch der Churfürstl. Schöppen-Stuhl
zu Leipzig hiebevor also erkant / teste Colero, decis. 179. n. 5. cui assent.
Thoming. decis. 7. n. 20. Menoch. de A. I. ???. cas. 307. Bodinus, de Republ.
lib. 6. c. 6.
|| [913]
XXVIII. Worbey diese Frage vorkömt / ob man mit guten Gewissen einen Menschen
Naß- und Ohren abschneiden / oder auch ein Brandmahl ins Gesichte brennen lassen
könne? Käyser Constantiuus, in L. si quis 17. C. de Poenis, verbeuth solches
ausdrücklich / wenn er dem Eumelio also rescribiret: Si quis in metallum fuerit
pro criminum deprehensorum qualitaete damnatus, minime in ejus facie scribendum,
cum & in manibus & in suris possit poena damnationis unâ
inscriptione comprehendi, idque ex ratione: Quo facies, quae ad similit udinem
pulchritudinis est coelestis figurata, minime maculetur. Et Angelus dicit
expresè: Statutum non valere, nec servandum esse, quod talem poenam infligit.
Idem quoque tenet Alex. in addit. ad Bart. in l. cum in diversis ff. de relig.
Sequiturque Maranta, in suo Speculo, part. 4. Dist. 2. n. 8. & 9.
subdens, poenam hanc non esse servandam; nec non Mynsinger, cent. Sing. Obs. 46.
per tot. Allein es kan diese Ursache hie keine stat finden / weil der Mensch
GOttes Ebenbild nicht ist secundum lineamenta corporis & formam
externam, & exteriorem hominem, sed secundum animae qualitates &
formam internam, interioremque hominem, nach der äußerlichen Leibes-Gestalt /
und den äußerlichen Menschen / besondern nach den Qualitäten der Seelen / und
nach dem inwendigen Menschen / sonst müste unwidersprechlich folgen / das GOTT
so mancherley Gestalt hätte / als Menschen wären / allermaßen sich unter
tausenden kaum zween ähnlich sehen. Und daß der Biblische Text Gen. c. 1. so
zuverstehen sey / ist zu ersehen ex Novell. Inst. Imp. 5. in pr. Wie denn auch
alle Theologi hiermit übereinstimmen. Vide
Bedam, in d Genes. c. 1. & in Job. lib. 3. c. 7 Euchar. in Genes. lib. 1.
c. 8. & ibi plures allegg. authores. M. Joh. Stifler / in Geistl.
Histor. Schatz. cap. 9. pag. 364.
Womit auch die Juristen zu frieden / vid. Dalner. de Jure hominis, part. 5. n. 9.
tom. 1.
Deinde respondetur, in homine per imaginem Dei significari magis veram Dei
cognitionem, justitiam & sanctiatem, non frontem, non caput hominis.
Unde omnia mala in truncum, mente prius concepta, digesta, deflunnt, atq??? sic
explicavit imaginem Dei Imaginem dixit, quod principatum teneat, Dei mandato, in
beluas; quae sententia Apostoli scriptis quoque confutatur. Herm. Neuvvald, de
prob. Sagr. per aq. frig. ibi: homo dicitur imago Dei, ut in omni virtutum
genere praeluceat, Deo similis fiat in veritate, sapientia & justitia,
quemadmodum Plato dixerat: In vir [914] tutibus Deo
nos similes fieri. Otto Melander, de Sag. pag. 69. planèfacies scelerati non
Dei, sed Diaboli imago inusta dicitur. Joan. Spinae, de tranquill. animi lib. 2.
pag. 69. in locum ait, Divinae Imaginis successit imago Diaboli, cui homicidae,
furtorum ac mendaciorum parenti nihil similius homine
Crus. de indic. delict. p. 3. c. 2. n. 131.
Ea igitur in re aliquid humani passum esse Imperatotem, Rittershusio affirmanti
in tr. de differ. Jur. Civ. & Canon. lib 6. c. 8. haut difficulter
assentior: ut maximè Diodorus Tuldenus, Comment. ad C. lib. 9. lit. 24. n. 5.
putet, Imperatoribus rationi constare rationem. Nam vultus, inquit, editissima
& preciosissima corporis pars, oculi ut astra, repraesentant coelum.
Adjice, quod illa poena, deterso pudoe incitat haut vanè creditur. Certè nusquam
magis quam in vultu emicat animus. Atque haec prohibito adhuc usu obtinet.
Mynsing. cent. 2. obs. 46.
Haec enim poena cum pudorem quasi de fronte detergat, non ad emendationem valet,
sed ad desperationem. Haec ille speciose quidem, sed minus ad rem: cum
praesertim ipsa etiam Jura Canonica permittant, ut committenti crimen falsi
imprimatur character aliquis, quo ab aliis dignoscatur.
c. ad audientiam 3. Extr. de crim. falsi.
Es wird auch in Göttlichen Recht und Heil. Schrift gut geheissen. Exod. cap. 21.
v. 26. Da die Ausstech- oder Ausreissung des Auges zugegeben. Wie auch in
Päbstlichen / indem es vergönnet / daß denen Clericis, wenn sie Ehebruch
getrieben / gleichfals vor der Stirn ein Zeichen gebrant werde / nachdem sie
vorher aus den Orden gestossen.
dict. cap. ad audientiam
Nempe per judicem temporalis juris dictionis.
Gloss. in d. c. 3. Nicol. Boër. decis. 82. n. 3. Duenn. in fallent. reg. jur.
reg. 290. lim. 1.
De jure Civili und den gemeinen Käyserlichen Rechten nach / ist dieses gleichfals
zugelassen /
per l. 1. §. fin. ff. de fugit. L. locum 67. §. 1. in fin. ff. de usufr.
Und durch die allgemeine Observanz bestätiget worden.
Angel. de Aretin. in l. quis C. de poenis. Crusius, de Ind. delict. d. p. 3. c.
2. n. 131.
|| [915]
XXIX. Aus welchen leichtlich abzunehmen / daß man denen Misset hätern / so es
verdienet haben / mit guten Gewissen diese Straffe wohl auflegen möge. Wiewohl
zu rathen / daß man lieber an stat des Ohr- und Nasenabschneidens / auch
Brennung eines Schandmahls an der Stirn / eine andere eben so harte Straffe
gebrauchte. Denn weil solche also im Gesichte geschändete Kerl nirgend sich
sehen lassen dürffen / werden es gemeiniglich Buschkläpper / Räuber und Mörder.
Möchte auch noch hingegen / wenn man ihnen das Zeichen aufden Rücken / Armen /
unter den Daumen / oder in die Flache der Hände brennen liesse /
Daniel Clasenius, Comment. in constit. crim. Caroli V. ad art. 197. &
198. lit. c. pag. 796. Concordant. Mynsing. lib. 2. obs. 46. Carpzov. part. 4.
constit. 47. defin. 6. Perez, ad Cod. de poenis n. 11. It tichius, in Disp. de
poenis, Lips. 1669. hab. th. 11. & Adam Conrad Gebe, in Disp. inaug.
1684. Erfurt. de falsis hab. c. 3. th. 7. infin
XXX. Procopius meldet / daß zu Zeiten der ersten Kirchen Gottes die
Recht-Gläubige einen Brauch gehabt / den Nahmen von Evangelischer Lehr sie
abschrecken / Leib / Leben / Haab und Guth wolten sie dabey aufsetzen.
Stiefler / in Geistl. Hist. Schatz. cap. 4. pag. 115.
XXXI. In Sina werden die Diebe / wenn sie zum erstenmahl gestohlen / ausgestäupet
/ kommen sie zum andernmahl wieder / brennet man ihnen zwo Figuren anf den Armen
mit einen glüenden Eisen / und Sinesischer Dinten / [Neuhof setzet / das Eisen
werde in die Dinten eingetaucht] zum Zeichen / daß sie allbereit zweymahl
gestohlen. Ergreifft man sie zum drittenmahl / so wird ihnen dergleichen
Brandmahl an die Stirn gesetzet. Köm̅et ein Dieb viertenmahl
gefänglich ein / so wird er hart / nach der Grösse seiner Ubelthat / gegeisselt
/ oder auch wohl an die Ruder-Bäncke geschmiedet / auf gewisse von den Gesetzen
bestimte Zeit. Durch welche Gelindigkeit allenthalben durch gantz Sina der Diebe
und Räuber viel werden / weßwegen auch des Nachts über in den grossen Städten
viel tausend Menschen wachen / und auf ein Becken klopffende die Strassen auf
und nieder wandeln. Nichts destoweniger Nachtes mit Gattern verschlossen sind.
Drum verwundern sich die Sineser zum höchsten / wenn sie hören / daß man in den
Eu [916] ropaeischen Städten keine Wachten
wider die Diebe / sondern allein wider ausländische Feinde bestelle.
Trigant. lib. 1. de Expedit. Christ. apud Sinas, in fin. cap. 8. Erasin.
Francisc. in Ausländ. Sitten-Spiegel / lib. 2. pag. 408.
CAPUT XLII.
Von
Ausstechung der Augen /
I.
DIeses ist gleichfals eine uhralte Straffe / deren auch die Heil. Schrifft hin
und wider / und sonderlich Exod. 21. v. 24. ibi: Auge um Auge / Zahn um Zahn /
Hand um Hand / Fuß um Fuß; Item Levit. 24. v. 20 in verb. Schade um Schade /
Auge um Auge / Zahn um Zahn / wie er hat einen Menschen verletzt / so sol man
ihm wieder thun. Deßgleichen Deuteronom. 19. v. 38. Dein Auge soll sein nicht
schonen / Seel um Seel / Aug um Aug / Zahn um Zahn / Hand um Hand / Fuß um Fuß /
und Matthaei c. 5. v. 38. Ihr habet gehöret / daß da gesagt ist: Auge um Auge /
Zahn um Zahn / gedencket / und dieselbe / ob jus talionis bestätiget. Maßen denn
Simson von den Philistern / Judic. 16. v. 21. Und der König Zedeklas von den
Nebucad-Nezar damit beleget worden. Woraus erscheinet / daß man zu der Zeit die
Rebellen also abgestraffet habe. Palaestini enim eo tempore velde facto
Israelitis imperabant, ut ad minimum, ex mente eorum, Samson pro Rebelli
potuerit reputari, aut si placet, spiritus justo altiores, quam privato
conveniret, itareprimere satagebant. Non valdè alienus ab hoc casu est ille
Regis Zedekiae, quem tributarium sibi facerat Nebucadnezar, adeoque quod ab eo
defecerat, oculis privavit.
Petr. Fab. lib. 3. Semestr. c. 19. Bötticher, de amput. memb. in his qui
delinquunt??? §. 13.
II. Bey den Griechen ist sie auch gar gemein gewesen / und zwar in unter [917] schiedlichen Verbrechen / als Erstlich im
Ehebruch. Denn Zaleucus hatte denen Locrensern ein Gesetz gegeben / daß man den
Ehebrechern beyde Augen ausstechen solte. Als aber sein. Sohn drauf zu allererst
in solch Laster fiehl / hat er die Straffe an ihn vollstrecken lassen wollen /
weil aber das Volck vor ihn gebethen / hat er doch / dem Gesetze ein Genügen
zuthun / sich selbst ein Auge / und seinem Sohn auch eins ausstechen lassen.
Valer. Max. lib. 6. c. 5. AElian. lib. 3. Hist.
Zum andern ein Kirchen-Kaub / nam qui Sacrarium ingressus interdiu vel nocte
Sacrorum inde aliquid auffert, excoecatur. L. 11. in fin. ff. ad L. Jul. pecul.
quem textum ex Jure Graeco desumptum esse Gothofredus ibidem testatur, ibique
pro pleniori materiae cognitione ad suum Nomenclatorem Graecum, apud Harmonop.
remittit. Drittens / ist auch derjenige / welcher einen andern vorsetzlicher
Weise ums Gesichte gebracht / und blind gemachet / eben also wieder gelohnet
worden:
ex constit. Novell. Leonis 92.
Jedoch hat er nur ein Auge hergeben müssen / und ist noch darzu um ein gut Theil
seines Vermögens / so dem Beschädigten zum Besten angewendet / gestraffet; Wenn
er aber kein Geld erlegen können / sind ihm beyde Augen ausgestochen worden.
Idem Leo, d. Const. Petr. Faber, lib. Semest. c. 19. conf. Camill. Borell. de
Magist. Edict. lib. 2. c. 8. n. 340. & seqq.
III. Denen Alten Teutschen ist diese Straffe gleichfals nicht unbkant gewesen:
Denn man findet unter andern Gesetzen der VVisigothorum auch dieses / daß dem
Vater oder der Mutter / so eine lebendige Frucht abgetrieben / und sie dadurch
getödtet / beyde Augen ausgestochen werden solten.
Leg. ult. de exc. hom. part. lib. 6. Cod. Wisigoth. tit. 3
Es haben auch die Longobarder denen Dieben / so zum erstenmahl gestohlen / ein
Auge ausstechen lassen.
L. si quis latro, de Latron. in LL. Longobard.
IV. Mit welchem fast die Peinliche Hals-Gerichts-Ordnung Caroli V. art. 159.
übereinstimmet / von ersten gefährlichen Diebstahlen / ibi: oder [918] nach Gelegenheit der Personen / und Ermäßigung des Richters / in
andere Wege mit Ausstechung der Augen sc. Churfürst Mauritius zu Sachsen hat
einen Knecht / der seinen Herrn vorsetzlicher und boßhaftiger weise mit einem
Dolch gestochen / und dem die Abhauung der Hand zuerkant worden / selber die
Straffe geschärffet / ihm die Augen ausstehen / und die Ohren abschneiden lassen
/ propter per fidiam, teste
Coler, p. 1. decis. 163. n. 5.
V. Heutiges Tages geschicht solches gar selten / und findet man nur wenige
ausserordentliche Fälle / da dieselbe einigen falschen Müntzmachern zuerkant
worden.
D. Stryke, in tr. de jure Sensuum, dissert. 2. c. 5. n. 18. & 19.
Allwo er zugleich anführet / daß wenn an ein und andern Orth diese / wegen der
Unmüglichkeit / in eine andere / als Abhauung der Hand / oder sonsten eines
Glieds /
Sebast. Medice, de casib. fortuit. part. 2. q. 6. n. 50.
Oder in den Staupen-Schlag mit der ewigen Landes-Verweisung zuverwandeln.
Argumento eorum, quae tradit Carpzov. pract. crim. q. 129. n. 37.
VI. Cn. Pompejus hat in dem Kriege / den er wieder Sertorium geführet / einen
Soldaten / der ein Weib unehrlich angegriffen / die Augen ausreissen lassen /
wie Theod. Zwing. in theatro vitae humanae, vol. 18. lib. 5. pag. 3461. aus dem
Sabellica erzehlet. Wolte GOtt / daß wir heutiges Tages viel Pompejos hätten /
die solche Frechheit / ich will nicht sagen so hart strafften / sondern zum
wenigsten zuerkennen geben / daß sie daran kein Gefallen hätten / und solche
Lotterbuben schölten / wann sie ihnen sonst keine andere Straffe wolten anthun.
Denn ein Soldat soll sich in allen Dingen ernsthaft erzeigen / und beweisen /
daß er ein männliches Gemüth habe / der nichts begehrt vorzunehmen / denn was
tapffer und männlich ist.
Petr. Papp. in annot. des Holländ. Kriegs-Rechts / pag. 603.
VII. Lajus, der Thebaner König / hat mit seiner Gemahlin / Jocasta, Creontis
Tochter, der auch zu Thebe herschete / einen Sohn erzeuget / mit Nahmen Oedipus:
Weil aber Lajus von den Abgöttern eine Antwort empfangen / dieser Sohn würde ihn
noch üms Leben bringen / wolte er das Kind nicht aufziehen / sondern hieß es
erwürgen. Die Knechte hatten ein Mittleiden mit dem Knäblein / wolten es nicht
tödten / warffen es aber in den Wald / [919] und gingen
darvon. Phorbas ein Kuhhirte fand das Kind / und brachte es seinen Herrn /
Polybio, dem König der Corinther / welcher / weil er keine Kinder hatt / das
Knäblein nicht allein aufziehen ließ / sondern auch zu einem Sohn annahm. Da
aber Oedipus erwachsen / kahm er in der Phocenser Landschafft / und erschluge in
einen Tumult unwissend seinen Vater Lajum: Weil aber Oedipus erfahren / daß er
nicht Polybij leiblicher Sohn / sondern nur anerwünscht wäre / wolte er seinen
Vater suchen / den er doch selbst erschlagen hatte / und kahm gen Theben, alda
fügte sichs / daß er des Königs Laji Wittibe, Jocastam, unwissend daß es seine
leibliche Mutter wahr / zur Ehe nahm / mit welcher er auch das Königreich / und
höchsten Gewalt in der Stadt und Landschafft Thebe überkommen. Mit dieser seiner
Mutter hat er 2. Söhne erzeuget / Eteoclem und Polynicem. Uberlängst als Oedipus
erfahren / daß er unwissend einen Vater-Mord und Blutschande begangen / ist es
ihm so leid gewesen / daß er ihm selbst die Augen verderbet / und geblendet /
und hat ihn seine Tochter Antigona führen und leiten müssen.
Gottefrid, Hist. Chron. pag. 37. & 38.
Des Oedipi Söhne sind hernach der Regirung halber uneins worden / und in einer
Schlacht dergestalt ein ander zugesetzet / daß sie beyde Tod blieben. Und melden
die Pöeten / als Statius und Lucanus daß wie diese beyde Brüder / deidnischen
Gebrauch nach / verbrand / und beyde auf einen Holtzhausen geworffen worden /
des Polynicis todter Cörper sich von ihm selbst auf eine Seite gewelgert / und
die Feuer-Flammen in zwey Theil unterschieden / als ob der alte Bruder-Haß noch
in den todten Leibern sich regete.
VIII. Nachdem Marcus Regulus, Burgermeister zu Rom / unglücklich mit den
Carthaginensern stritte / überwunden und gefangen genommen wurde / schreckten
sie ihn gen Rom / mit dem Rath wegen eines Friedens zu handeln / oder zum
wenigsten / daß die Gefangenen gegen einander ausgewechseit würden. Auf den Fall
der keines geschehe / solte Regulus sich zu Carthago wieder in sein Gefängnis
stellen. Regulus schwur einen Eyd / diesem nach zukommen. Da er aber gen Rom kam
/ wiederrieth er dem Rath beydes / fand auch Gehör / und stellete sich wieder in
seine Hafftung. Da sind die Carthaginenser jämmerlich mit ihm ümgangen / haben
ihm die Augenlieder abgeschnitten / daß er die Augen nicht ümgangen / haben ihm
die Augenlieder abgeschnitten / daß er die Augen nicht bieschliessen / noch
schlaffen können / thäten ihn einen höltzenern Kasten / der voller Nägel
geschlagen / [920] und die Spitzen einwarts gewant wahren /
darin er nach langer Marter hatt verderben müssen. Uberdies / daß er dem Feind
so redlich glauben gegeben / ist er / nach gehaltenen so vielen Victorien /
dennoch so arm gewesen / daß er sich seines Feldbaues genehret / und man in
seinen Abwesen sein Weib und Kinder aus den Gemeinen Kasten zu Rom erhalten
müssen: Denn er nur allein auf Ehr und den Gemeinen Nutzen gesehen.
Epit. Liv lib. 18. Val. Max. l. i. c. 1. Gell. lib. 6. c. 4. N. A.
IX. Wenn bey den alten Francken ein Knecht einen freyen Menschen stahlward ihm
entweder die Hand abgehauen / oder ein Auge ausgestochen / Lex Bajuvarior. tit.
15. §. 1. Si Servus liberum furaverit, & vendiderit, Dominus ejus
ligatum praesentet coram judice. In Ducis potestate sit disciplina ejus, aut
manus perdat, aut manus perdat, aut oculos.
X. Diese Straffe von Ausstechung der Augen war zu König Chilperichs Zeiten sehr
gemein: Denn also schreibet Gregor. Tur. Hist. lib. 6. c. 46. Nova semper ad
laedendum populum ingenia perquirebat. Nam si quos hoc tempote culpabiles
reperisset, oculos eis jubebat eruis, & in praeceptionibus, quas ad
Judices pro suis utilitatibus dirigebat, haec addebat: Si quis praecepta nostra
contempserit, oculorum evulsione mulctetur.
XI. Sonsten haben sich auch die Fränckischeu Könige sehr angelegen seyn lassen /
reine Strassen zu halten / und den Plackereyen zu steuren / wiewohl sie nicht
strack einen Strassenräuber zum erstenmahl am Leben gestraffet / sondern ihm ein
Auge austechen / zum andernmahl die Nase abschneiden / zum drittenmahl aber den
Kopf abhauen lassen. Capitulare datum in Synodo, cui interfuit Bonifacius, circa
annum Christi 744. cap. 22. de Latronitus praecipimus observandum, ut pro una
culpa unum oculum perdat, de alia verò nasus ei truncetur, de tertia culpa, si
non emendaverit, morietur- Caroli M. Capitulare Anno 779. de Latronibus ita
praecipimus observandum, ut pro prima culpa non moriantur, sed oculum perdant,
de secunda verò culpa nasus ipsius latronis capuletur; de tertia verò, si se non
emendaverit, moriatur.
XII. Als Bernhardus, Caroli Magni Enckel / einer Cospiration nebst andern
überwiesen wurde / muste er mit unverwandten Augen in ein gülden Becken sehen /
welches gegen die Sonne gesetzet war / so lange biß er verblindete.
D. Aug. Pfeiffer / in den Erquickstunden / pag. 184. ex Pontani Attic. Bellar. p.
2. pag. 27.
|| [921]
Man saget auch von denen Affen / daß wenn sie in einen Spiegel sehen / sie in
sich selbst so verliebet werden / daß sie so lange in denselben hinein jucken /
biß sie verblinden.
Picinell. Mund. Symb. lib. 5. cap. 45. §. 632. pag. 422.
XIII. Herbert, ein Graff zu Rothenburg / hat etliche ungerechte Richter / weil
sie einen arme̅ Weibe nicht zu ihrem Recht verhelffen wollen /
beyde Augen / dem einen aber nur eins / der sein Gevatter war / ausstechen
lassen / damit er die andern heimführen könte / und auf ihre Häuser einäugigte
Köpffe / von Thon gebildet / zum ewigen Andecken / setzen lassen.
Reinbold à Derschau, c 12. hodosoph. lib. 3. Stiefler / im Geistlichen Histor.
Schatz / c. 25. p. 1604.
XIV. Da die Polen das Städlein Vissicza, durch Verrätherey eines Ungarn / von den
Reussen eingenommen / befahl der Fürst / dem Verräther / an stat des
Recompenses, die Zunge auszuschneiden / beyde Augen auszustechen / und das
Gemächte abzunehmen.
Idem Stiefler / c. 11. p. 591.
XV. Käyser Fridericus Barbarossa hat denen Uberleuffern und Verräthern die Augen
aus stechen / und die Zunge aus schneiden lassen.
Günther, lib. 8. vers. 400.
XVI. Ja man hat vor alters denen Juden / welche nicht zu rechter Zeit bezahlten /
was sie schuldig wahren / entweder eine Hand abgehauen / oder die Augen
ansgestochen / oder sie wohl gar üms Leben gebracht.
Alex. ab Alexand. lib. 6 Genial. dier. c. 10. Sauter. in prax. Bancaeruptor. p.
3. c. 2. pag. 49. & 50.
XVII. Herodotus meldet / daß als eins mahl ein Schafhirte geschlaffen / und der
Wolf inzwischen 60. stürck von der Herde nieder gerissen / die Bürgerschafft
diesen Hirten wegen seiner Unachtsamkeit die Augen ausstechen lassen.
Stiefler / in Geistl. Histor. Schatz / cap. 31. pag. 913.
XVIII. Michëel Ducas, Griegischer Käyser / hat seinen Stiefvate Romano die Augen
ausstechen lassen. Weil man ihn aber nicht recht verbunden / als schwor ihm das
Haupt auf / u. wuchsen Würme in den Löchern / daß er mit grausamen Schmertzen
sterben muste. Gottfrid / in der Histor. Chron. p. 522. Welcher noch viele
Exempel grosser Herren / und anderer / denen die [922] Augen
ausgestochen worden pag. 450. 454. 457. 462. 485. 496. 501. 508. 514. 560. 562.
570. 608. 651. 816. anführet.
XIX. Johannes Maria, Hertzog zu Meyland hat einem Schützen das eine Auge / so er
im Schiessen allewege zu gehalten / aus stechen lassen / auf daß er mit dem
andern desto schärfer sehen / und besser treffen könte.
Zeiler, Epist. 27.
XX. Das Ausstechen der Augen ist in Griechenland gar gemein gewesen / sonderlich
aber hat man dadurch diejenige untüchtig gemachet / vor welchen man sich
gefürchet / daß sie mit der Zeit den Regenten des Landes so zu reden die Schue
austreten / und an deren Stelle sich eindringeu möchten.
Zonaras, tom. 3. Egnat. lib. 2.
XXI. König Peter in Ungarn ist auf der Jagd gefangen / und ihn die Augen Anno
1047. ausgestochen worden.
Ex Spangeberg, & Herman. Contract. Gottfrid / in der Histor. Chronic. p.
514.
XXII. Anno 1366. hat ein Edelmann in Königrech Böhmen / Zahora genant / den
Gottesdienst verachtet / die Kirche seinen Unterthanen verbotten / und sie nicht
auf den Kirchhoff / sondern in den Wald begraben lassen. Als der Pfarrer ihn
hierauf angeredet / hat Zahora ihn ins Gefängnis geworffen. Da nun der Pfarrer /
auf Vorbitte / loß kommen / ziehet er gen Praga / und verklaget Zahoram bey dem
Official, auf die Citation stellet er sich kranck / verspricht in sinen Antwort
Schreiben / sein Leben zu bessern / und den Pfarrer wieder anzunehmen. Da dieser
nach Haus kommet / läst er ihm beyde Augen ausstechen / hingegen hat Kayser Carl
der IV. dem Zahorae zu Prage für allen Volck beide Augen wieder ausstechen
lassen / der drauf am dritten Tag gestorben. Henr. Roch in der Böhmischen
Chronic. p. 9. Zeiler, Epist. 27. alwo dieser letztere hinzu thut / daß der
Edelmann viel Geld erlegen wollen / nur daß er die Augen behalten möchte / der
Kayser aber hat das Geld nicht annehmen wollen / sondern die Execution vor sich
gehen lassen / sagende: es könte kein Mensch dem andern sein Gesichte bezahlen.
XXIII. In der Insul un Königreich Ormus, in den Orientalischen Indien / ist der
Landes-Gebrauch / daß der jenige / so zum König erwehlet / so bald allen seinen
Brüdern / und denen / welche ihm / dem König / am nehesten ver [923] wandt sind / von Mänlichen Stamm allen die
Augen ausstechen lässet: Doch bekommen sie ihren unterhalt reichlich / so lange
sie leben: Den sie haben zu Ormus ein Gesetze / daß keine blinde Person zum
König mag angenommen werden / und regieren / drum lassen sie dieselben blenden /
desto sicherer zu seyn / und das Land in Friede und Ruhe zu besitzen.
Lindschott / part. 2. Ind. Orient. cap. 6. pag. 25.
XXIV. Schach Abas König in Persien hat seinen 2. Söhnen in Zorn den einen die
Augen ausstechen / den andern aber blenden lassen / und also zur Regierung
untüchtig gemacht.
Olear. in der Pers. Reise-Beschreib. pag. 435. ed. vet.
Schach Sefi König in Persien hat seinen jüngsten Bruder / von einer Concubin
gebohren / die Augen ausstechen / zu obigen beyden thun / und in die Vestung
Alamuth bringen lassen / hernach aber / weil sie doch auf der Welt nichts mehr
nutze / von der Vestung herab auf einen Felsen stürtzen lassen.
idem pag. 438.
XXV. Jener ruchlose Mensch jagte sein Gütgen durch die Gurgel / legete sich
hernach (wie es gemeiniglich zu geschehen pfleget] auf Diebes griffe. Nun begab
sichs / daß eine Leiche mit kostbaren Schmuck begraben ward / auf dieselbe
machte der böse Bube einen heimlichen Anschlag / ging / als die Trauer-Leute
nach Haus wahren / ins Todten-Gewölbe / unter den Schwibbogen / zog den Cörper
nacket aus / und hinterließ nichts / denn nur ein leinen Tuch. Er war kaum aus
dem Grabe gestiegen / wie ihm reuete solches vergessen zu haben / kehrete
demnach wieder um / und hohlete es auch. Hört / was geschicht? der Todte richtet
sich auf im Sarge / ergreifft seine beyde Augen / und macht ihn blind / er kahm
/ voll Augst und Schrecken / genau hinaus aus der Grufft / und muste die Zeit
seines Lebens betteln.
Ex Joh. Moscho, in prat. spir. Henric. Stiefler / im Geistlichen Hist. Schatz /
c. 32. pag. 2166.
XXVI. Hertzog Rudolph in Beyern / Pfaltzgraff am Rhein / ließ seinen Rentmeister
/ Otto Vuandörffern / dererst bey ihm in grossen Ansehe̅ war /
aber grosse Gewalt im Lande verübte / u. des Hertzogs Frau Mutter sehr
veleumdete / die Augen ausstechen / und die Zunge aus den Rachen schneiden.
Aventin, lib. 7. Chron.
|| [924]
XXVII. Zu Rostock hat ein Papistischer Priester einen feiten Tärquast / oder mit
Pech beschmierten Besen genommen / und die Worte / so über des ersten
Lutherischen Predigers / M. Joachim Schlüters Hauß-Thür geschrieben stunden / V.
D. M I. AE oder GOttes Wort bleibet in Ewigkeit! verdunckel / alleine GOtthat
ihn hernach die beyde Augen wieder ausgelöschet.
Heinr. Meyer / cap. 23. Auszug Rostocher Chronic.
XXVIII. Bey den Chinesern ist dieses die aller grösseste Schmach / damit sie
einen ehrlichen Mann einen Schandfleck anhengen können / wenn man ihn
Katzen-Auge heisset.
Bandier, enl' Histoire de la Cour du Roy de la Chine, pag. 24. Zeiler, Epist.
604. circ. fin. pag. 717,
XXIX. Sonsten findet man auch / daß bey Verfolgung der Christen unter den
tyrannischen Käysern / sonderlich unter dem Diocletiano vielen Märtyrern die
rechte Augen ausgestochen / und mit spitzigen Griffeln durchbohret worden. Ja
man hat etlichen die Augen gar mit Kalck und Eßig ausgebeitzet / von welchen man
nach der Länge bey dem Gallonio, pag. 522. & 523. und D. Casp.
Sagittario, cap. 16 §. 7. & seqq. us??? 11. de Cruciatibus Martyrum
lesen kan. Drum auch Käyser Constantinus dem Heil. Mann GOttes / und Bischoff in
Egypten / Paphnutium so offt derselbe zu ihm kommen / ümfangen / und das Auge /
so ihm der Röm. Käyser Maximinus, üm Bekäntnis Christi willen / ausstechen
lassen / geküsset.
And. Hondorf / Cal. Hist. pag. 47.
XXX. Der Philosophus Democritus hat sich selbsten geblendet / damit er in seinen
Meditationibus nicht verhindert würde.
Zeiler, Epist. 27.
Und als Anno 656. der alte Audomarus durch Vorbitte der Bischöffe / und anderer /
sein Gesichte wieder bekahm / wurde er drüber unwillig / dieweil er dafür
gehalten / daß ihm die Blindheit zu seinem Heil und Wohlfarth gegeben / und
daher wieder blind worden ist.
Crus. part. 1. Annal. Suev. lib. 10. c. 8.
XXXI. Der königliche Professor / und gelehrte Mann Johannes Passeratius, als er
blind worden / hat die Blindheit in einer besondern Oration mit höchsten Lob
heraus gestrichen.
|| [925]
XXXII. Allein man mag dieselbe loben / wie man will / bleibet es doch bey den
alten Sprich- und War-Worth: Ein blinder Man̅ / Ein armer Man̅! Und hat ein iedweder GOtt höchlich zu dancken / wenn er ihm das
Gesichte lässet biß ans Ende.
Zeil. cent. 1. Epist. 27.
Oculus enim uti membrorum omnium delicatissimum, ita sanè nullu̅
homini chari??? esse potest. Hinc à Platone, in Tim. p. 1056. Phosphorusfaciei
dicitur. Imo hom, utpericulum amittendorum oculorum evitet, omnes possessiones,
i e. fundo s suos aliquando Medico promisit, quod uti inciviliter &
perfidè factum à Medico, ita Praeses provinciae avaritiam istam Medici coercuit,
extortasque possessiones restitui jussit.
L. 3. ff. de Extraord. cognit.
Nam quid pulchrius lumine oculorum, quo extincto sensuum universa colligatio
commoritur, corpus inertia impeditur, pedes cursum negant, oculum ducem
reposcentes, manus artes excutiunt simul cum oculo exoculatae. Auris praesentem,
si tacet, nequit judicare, lingva vincitur, nosse non volens, cui loquatur.
Quamobrem etiam Natura subtilissimo huic membro, quod neque ludum, neque jocum
patitur, palpebrarum vestimento subvenit, quo contra injurias aliquo modo se
munire possit In Sacris Matth. 6. v. 22. & Luc. 11 c. 37. oculus vocatur
Lucerna corporis. & Polemon dicebat: Oculi sunt fores &
fenestrae auimi, nec non Ecclasiastes cap. ult. nominat faciem hominis plate am
animae:
XXXIII. Hinc obiter notantum, AEgyptios oculis maximam attribuisse vim, eorum
enim tùm remissione, tùm conjectu, tùm hi laritate motus animi explicari,
illosque loqui, quemadmodum affecti simus, crediderunt, &quemadmodum
antiqua Gentilium superstitio singulas humani corporis particulas singulos Deos
obtinere existimavit, sic oculos Junoni detulerant, illosque in ejus tutelâ
fuisse ait Sext. Pomp. Hinc Lucina etiam dicta JUNO, quoniam lucem i. e. visum
homini tribuere crediderunt.
Tiraqv. in l. 2. Connub. gloß. 1 p. 2. n. 34.
Quo referri potest illud Rusini ab Hadr. Jun. Latinè redditum: Lumina Junonis
tibi sunt! Ubi tamen quidam per lumina tantùm supercilia intelligunt, illaque
solummodo Junoni sacra fuisse, non etiam oculos, quos Cupidini, Veneris filio,
in quibus tanquam in specula quadam excubet, [926] tribuit
Philostratus, quia illorum fulgur & amabilis intuitus sunt potentissimum
amoris incitamantum, & juxta Propertium, sunt in amore Duces, Imò amorem
venari oculi dicuntur, sicut Ovidius scribit: Nam formosa foemina, tanquam
viscus volucres, Juvenes capit & attrahit, ut non absque ratione
Juvenalis prodigii loco habeat coecum amantem:
Qui nunquam visae flagrabat amore puellae.
De oculorum porrò vi ad excitandum amorem fidem facit Apulejus, lib. 10. quando
inquit: Isti tui oculi per meos ad intima delapsi praecordia meis medullis
acerrimum commovent incendium. Hinc oculissimum dicimus id, quod est nobis
charissimum, sicut apud Plautum & alios frequenter invenimus, eò quod
oculorum sensu nihil nobis esse potest charius, nihilque jucundius, quod Muretus
ad Catullum notavit. Ambobus mihi quid charius oculis.
Salmuth ad Pancirolli nov. repert. tit. 15.
XXXIV. Oculos magnos pulchritudine̅ hominis designare volunt, unde
Homerus Junonem [Greek words] appellat, i. e.
bovinis oculis, & Cicero, ad Atticum Epist. 9. Clodiam illam, Clodii
sororem, qua & ipsa Clodius ut uxore abutebatur, eodem epitheto ornat;
quin etiam Homerus eodem elogio insignivit Euriphaësam, Solis matrem, in Hymno
Solis. Hesychius autem scribit, Junonem primum ab Eupoli ita fuisse vocatam,
quod pulchros & magnos haberet oculos, quod tamen verum non est in eo,
quod de Eupoli dicit, cum ante eum longo tempore fuerit Homerus; at illud verum
est, hujusmodi oculos pulchros & amabiles reputari.
XXXV. Oculos illos etiam, quos vocamus glaeucos, coesios, coeruleos, Germ. Graue-
oder Katzen-Augen / exinde, quoniam feles istius coloris oculos habent,
Cenf. Besold. thesaur- prast. voc. Katzen-Ritter / ibi??? Dither. in notis.
multi physiologi referunt inter pulchros, ex iisq; formositatem colligunt,
splendoremque in oculis, & glaucum colorem in pupillis acumen ingenii
significare scribunt, indeque Pallas ab Homero, lib. 1. Illiad. & ab
Hesiodo [Greek words]: i. e oculos glaucos
habens, vocatur. Attamen Terentius illos deformitati tribuit, in Heautontim.
Ibi: Ruffamne illam virginem, caesiam, sparso ore, adunconaso? non possum pater.
Et scribit Aristot. lib. 5. e. ???. de generat. animal, Glaucis oculis sive
caesiis plurimum ignem inesse; & Alb. Ma [927] gnus, lib. 1. de Animal. glaucos oculos significare dolosos, aud aces
& Martiales. Hinc Tacitus refert, Germanos haberc oculos truces
& coeruleos. Guazzus verò lib. 4. de civili conversatione asserit:
majorem vim ad incendium amoris inesse nigris oculis, & apud Italos eos
maximè laudari, &, tales quoque Veneri oculos fuisse, perhiberi. Apud
Ultra-montanos tamen coeruleos oculos primas tenere.
XXXVI. Apulejus Fotidis, amasiae suae oculos morsicantes scitè appellat, lib. 2.
quemadmodum Horatius oculos in Damalim putres dixit, hoc est in Damalis amorem
solutos, quo sensu & Persio, Satyra 5. in Venerem putris est, qui in
hanc solutus & profusus, datâ Metaphora à solo, quod 2. Georg. putre
vocat Virgilius,
& cui putre solum: nam??? hoc imitatur arando.
Significans, optimum solum esse solutum: nam cum aramus, hoc agimus, ut terram
solutam reddamus.
Turneb. lib. 18. advers. c. 27.
Artifex quidam Venerem dormientem effinxit, cum hâc inscriptione:
Cave Viator, excites somno Deam,
Sua adaperiens, tua nam??? claudet lumina. Phil. Camer. cent. ???. Hor. subcisiv. cap. 81. p. 309. XXXVII. Allein wir wollen uns in dieser Materia nicht länger aufhalten / indem derjenige / welcher von den Augen / item ihrer Krafft / Glantz und Eigenschafft ein mehrers zu lesen begehret / nesbt vielen andern / aufschlagen kan cit. Camerar. d. tr. cent. 1. cap. 57. per tot. cent. 2. c. 5. & cent. 3. cap. 84. Salmuth. ad Pancirolli nov. repert. tit. 15. Joh. Georg. Schielen / Biblioth. enuclcat. pag. 455. & 456. Guil. Boekel. disquis. de publ. judic. 6. pag. 166. & 167. sondern zum Beschlus dieses Captitels nur mit wenigen noch de effossione oculorum injuriosa & culposa handeln / weil in jure nostro ein und ander Exempel davon vorkömmet / als in L. 5. §. fin. ff. ad L. Aquil. & L. 13. §. 14. ff. Locat ubi sutor discipulum parum benè facientem, quod demonstraverat, forma calcei, quae mustricula Festo dicitur [Germ. ein Schusters-Leist] percussit, ut oculus puero effo deretur. Pari modo Tabernarius quidam alicui, qui lucernam abstulerat, reposcentemque tabernarium flagello, in quo dolon. i. e. cultellus parvus inerat, verberaverat, oculum in rixa effodit.
|| [928]
L. 52. §. 1. ff. ad L. Aquil. Sic etiam Licurgo Lacedaem. Legis latori Alexander
baculo eruit oculum. Plutarch. in ejus vita
XXXIIX. Quâ poenâ autem ejusmodi excaecatores hodie puniuntur? Atrocissima enim
haec est injuria,
L. praetor edixit, §. ult. ff. & §. atrox Inst. de injur. Menoch, de A.
I. Q. cas 263. n. 30.
ait, Papiae eruenti oculum alteri 200 librarum poenam indici, quam si intra XV.
dies non solvat, oculus pari modo ipsi eruitur, secundum illud Evangelium,
oculus pro oculo, Matthaei c. 5. v. 38. Sic etiam Imperator Leo in Nov 92.
orbatorem unius oculi poenam talionis sustinere jubet, duorum verò oculorum
jacturam alicui inferenti, licet dignus sit, ut eandem in coecitatem
conjiciatur, tamen solummodo unus eruatur Oculus, & quoniam loco
alterius oculi sceleratae manus amputationem pati debeat, illud autem ei, cui
nocitum est, nihil prosit, nec in acerbae vitae consolationem id cedat, besse
bonorum amissionem manus redimat, sic enim laesus modicum quoddam calamitatis
sentit lenimentum, & poena facinoris uno oculo expiatur pauper verò
maleficiis, qui nihil habet in bonis, utroque oculo orbatus coecus vivat.
XXXIX. Sed cum hodiè Excoecationis poena in desuetudinem abierit, illum, qui
alterum oculo orbaverit, pro judicis arbitrio, & qualitate
circumstantiarum puniendum volunt, illi, qui oculo carere debet, resarciri
debent impensae in curationem factae, & mercedes Medicoru̅, item omne, quod venit sub nomine Interesse, ut sunt operae, quibus caruit,
& cariturus est. Et refert Gail. de pac. publ. lib. 2. c. 2. n. 19.
aliquando Nobili utroque oculo orbato multa millia pro militaribus officiis,
quibus postea cariturus erat, fuisse adjudicata.
XL. De jure Saxonico pro effossione oculi, uti Carpzov. Crim. Quaest. 99. n. 34.
utplurimum emenda, raro tamen ultra 50. solidos solvitur, quandoque tamen pro
qualitate personae laesae usque ad 100. florenos aucta. n. 35. quod diversis
praejudiciis confirmat.
XLI. Sed quid judicandum de illis, qui per ariolum, magum aut sortilegum oculum
erui fecerunt illi, quem de surto suspectum habent [die dem Dieb bey dem weisen
Mann / oder weisen Frau ein Auge auschlagen lasse.]
Goldast. von Confiscation der Hexen-Güther / pag. 62. lit. C.
|| [929]
Equidem quia res haec est mali exempli, & plena superstitionis, &
maximè in alterius damnum & injuriam fit, de Jure civili capitis
supplicio punitur.
arg. L 5. C. de Malef. & Mathemat.
Autor tamen Consultat. Saxon. tom. 2. part. 4. Quaest. 7. n. 10. & 11.
relegationis vel etiam fustigationis poenam substituit.
XLII. Das Schlagen auf den Nacken ist auch den Augen schädlich / wie in L. 5. ff.
ad L. Aquil. zu sehen / allwo eines Schusters gedacht wird / der seinen
Lehrjungen mit einen Leist auf den Nacken geschlagen / ut oculus ipsi
perfunderetur, vel ut effunderetur, uti in L. 13. §. 4. ff. locat. legitur, alii
legere malunt effo deretur. Sed retinemus lectionem primam, ita ut perfundere
idem sit, quod suffundere. Suffusio verò Medicis est concretus humor in pupilla,
qui visionem impedit, & inter alia ex ictu capitis oriri solet, cum
suffusio in progressu visum planè auferat. Zachias, Quaest. medico leg. lib. 8.
i. 1. q. 7. n. 9. Drum auch solch Schlagen auf den Nacken der Kinder deuen
Schulmeistern zu verbiethen / wie D. Brunnemann, Comm ff. add. L. 5. ad L.
Aquil. n. 5. erinnert. Ja daß des Kindes Vater deßhalben einen solchen
unvernünstig schlagenden Schuel- und Lehrmeister actioniren könne / zeiget
Moevius. part. 1. Dicis. 21. & D. Stryke, de Jure Sens. Diss. 1. c. 5.
n. 4. 5. & 6. Rationem Medicorum quidam hanc reddunt: quia in cervice
principium nervorum est, ex cujus percussione nervi optici facillimè laedi
possunt. Insignis Medici, Epiphanii Ferdinandi, in Theoremat. M???dic. lib. 1.
Theorem. 51. n. 4. judicium hac de re est tale: qui vulnus patiuntur in
occipitio, utplurimum caeci evadunt; Ex capitis enim concussione & ictu
humor quidam in cerebri substantia redundans, vel sanguis, rupto aliquo vase
tenuiore, ad opticos confluxisse dicendus, at que hos obstruxisse, quo videndi
facultas dempta.
XLIII. Dem Gesichte schadet auch sehr / wenn man strack nach den Essen über die
Bücher fält / studiret / lieset oder schreibet.
Hieron. Mercurial. tom. 3. consult. 102. in med.
Allwo er auch hinzuthut / daß in Blödigkeit des Gesichtes / u. Wehe-thun der
Augen / man keinen Wein trincken solle. Eben derselbe Autor in der 66.
Consultation d. tom. 3. welche er wegen eines Studiosi Juris, der ein blöde
Gesichte gehabt / geschrieben / führet hievon folgende Wort / welche alle
Literati wohl beobachten solten: Studia semper temperata sint oportet, nec [930] unqvam in ea incumbatur, nisi ubi stomachus â cibo
vacuus est, quandoquidem nihil est, quod aequè oculos laedat, atque legere,
meditari, scribere à cibo; ob quod similiter juvabit, libros habere in loco
viridibus aut coeruleis pannis obtecto, quibus coloribus oculos infirmos
& defatigatos blandè recreari scimus.
D. Stryke, de jur. Sens. diss. 1. c. 5. n. 2. & 3.
CAPUT XLIII.
Von Abschneidung der Ohren und Nasen.
I.
DIese Straffe ist schon von Alters her sehr gemein und üblich gewesen / und sind
damit beleget worden diejenige / welche einer Schand-That / oder sonst groben
Bubenstücks halber / in Hafft gerathen / und zwar zu dem Ende / damit durch
solche abscheuliche Verstellung des Gesichts Männiglichen die atrocität und
Grausamkeit der That repraesentiret und vor die Augen geleget / auch dem
Delinquènten selbst ein stetiges Denck mahl seines abscheulichen Verbrechens
hinterlassen werden möchte-
Adrian. Turneb. lib. 25 adversar. c. 26, Nic Henel, in Otio Uratislav. c. 17.
pag. 130.
II. Von den Griechen ist sie [Greek words]
genennet worden /
teste Suida, in [Greek words].
III. Plautus, gedencket derselben auch in Cistellar. ibi:
Capillo scisso at??? excissatis naribus.
IV. Es haben auch die Könige in Persien ihren Trabanten die Ohren und Nasen
abschneiden lassen / welches dem Smerdi Mago von dem Cambyse, wie der noch jung
und sein Knecht gewesen / ebenmäßig wiederfahren / und dadurch der Betrug / das
er nicht der rechte Smerdes, des Königs Cyri Sohn sey / an den Tag kommen.
|| [931]
Herod. lib. Justin. lib. 1. c. 9. Dionys. lib. 7. c. 2. Zonar. tom. 1. Annal.
Ingleichen denen Gefangenen.
Diod. Sicul. lib. 17.
V. Apryes, König in Egypten hat einen ehrlichen Mann sein Gesicht geschändet /
weßhalber seine Soldaten dergestalt zu Zorn gereitzet worden / daß sie ihre
Gemüther gantz von ihm gewendet.
Herod. lib. 2.
VI. Zopyrus, des Königs Dary vornehmsten Räthe und Freunde einer / schnitte ihm
selber seine beyde Ohren / Nase und Lefze ab / und gewan dadurch die grosse und
mächtige Stadt Babylon / welche gedachter König fast bey die 2 Jahr vergeblich
belagert hatte.
idem Herd. lib. 3. Justin. lib. 1. c. 10. Front. lib. 3. c. 3.
VII Alexander Magnus hat seinem gewesenen Freunde Telesphoro Rhodio nich allein
die Nase und Ohren abschneiden vnd zerstümmeln / sondern auch in einen Kefig
stecken / und als ein wildes und unbekantes Thier zeigen lassen.
Justin. lib. 15. Seneca 9. de Ira c. 17 Plutarch. in libello de Exilio.
VIII. Julius Caesar ist auch gewohnt gewesen / diese Strafe zu exe quiren /
inmaßen er den lib. 7. de bello Gallico selber also von sich schreibet: majore
commisso delicto, igni atque omnibus tormentis necat: leviori de causa auribus
desectis, aut singulis effossis oculis domum remittit. Livius, lib. 29. c. 9.
thut derselbe̅ gleichfals meldung / wen̅ er spricht:
Milites pseminium ab suis interceptum & seclusum hostiliter lacerant,
& propè exsanguem naso auribusque mutilatum relinqvunt. Und Tacitus,
lib. 12. c. 14. meldet / de Gotarze Parthorum Rege, qui Meserdatem à Persis
expetitum Regem, auribus decisis, vivere jussit. Deßgleichen führet Virgilius,
lib. 6. AEneici. an / daß der Deiphobus, welcher mit der Helena Ehebruch
getrieben / also gelohnet worden / wenn er ihn folgender Gestalt beschreibet:
Deiphobum vidit lacerum crudeliter ora,
Ora manus??? ambas, populata??? tempora raptis
Auribus & truncas inbonesto vulnere nares. und Martialis, lib 3. Epig. 85, lachet einen Mann / welcher seines Ehebrecherischen Weibes-Buhlen die Nase abschneiden lassen / sehr derb aus / weil derselbe [932] mit solchem Glied nicht gesündiget hätte / es auch nicht groß achten würde: Zumahl das Beste noch in salvo und unverletzt wäre / hisce versibus:
Quis tibi persuasit nares abscindere moecho?
Nil hac peccatum est parte marite tibi.
Stulte, quid egisti? Nihil hic tua perdidit uxor,
Dum sit salva sui mentula Deiphobi. aus welchen abzunehmen / daß diese Straffe in crimine adulterii gebräuchlich gewesen: Immassen auch L. 3. C. de Adult. klar zeiget. Quae constitutio, teste Gothofredo, ibid. sumpta est ex LX. Ecclog. 37. c. 67. & Harmonep. tit. 2. cujus autem sit Imperatoris ignoratur. Nam licet Leo Imperator eandem in Nov. 32. receperit, non se tamen, sed alios autores profitetur; Veruntamen quia cum olim id facinus morte puniretur, visum est posterioribus mitiorem proferre sententiam: At verò nos fere ad benigniora trahimur, quam illi constituerunt poenam, ut nempe nasus detestandis ambobus abscindatur. Hanc & nunc statuimus. Atque haec quidem nefarii istius sceleris esto poena. vid. 4. Harmenop. XII. §. 4. Rittershuf. in Novell. pag. 680. n. 22. D. Stryke, de jur. Sens. Diss. 3. c. 5. n. 15. IX. Die Ursache aber / warum man diesen und andern losen Gesindlein mit der Nasen auch zugleich die Ohren abgeschnitte / soll seyn / weil man davor gehalten / es sey eine Ader hinter den Ohren zubefinden / welche mit dem Saamen eine Verwantnis habe / wenn nun dieselbe geöfnet oder gar inzwey geschnitten würde / könte ein solcher Mensch keine Kinder mehr zeugen / der auch nicht werth wäre / daß von seinen Saamen ichtwas auf Erden überbliebe. Ursill. in §. ex Maleficiis n. 22. cum seq. Instit. de Action. Bodin de Republ. lib. 5. c. 1. n. 506. ubi addit Scytas indignè ferre, quod ad Venerem inepti sint, quapropter sese ipso castrare PAROTIDOS VENAE, quae sub aure latet, SECTIONE. Andr. Knichen, de sublim. & Reg. Territ. Jure c. 3. n. 403. & seq. Schönborn, lib 3. Polit. c. 20. Theod. Reinking. in tr. de Regim. Secul. & Eccles. 2. Class. 1. c. 8. n. 7. Henel. in Otio Uratislav. c. 17. pag. 133. Sithmann, in Specul. Imp. Rom. c. 16. n. 93. Et hoc Medicorum etiam filii Hippocratis authoritate de aëre, aqvis & c. pag. 39. & lib. de fem. gen. natura. p. 43. confirmant, venis post aurem sectis homines fieri infoe cundos, ad Venerem ignavos & impotentes, Ideo ni [933] mirum, quod vel hujusmodi venarum sectio principem illam partem, ac seminis primum opificem, promptissimè & insigniter refrigeret, vel quod plurima pars geniturae à capite juxta aures in spinalem medullam procedat, cicatrice autem per sectionem inductâ, meatus iste sive transitus durescat claudaturque. Quae si quis in dubium vocaverit, is adeat consulatque, Johannem Langium, Epist Med. lib. 1. Epist. 10. Hippocratem, in lib. de aëribus, aquis & locis, pag. 357. Paulum Zachiam, Med. Roman. Quaest. Medico leg. lib. 3. n. 1. Quaest. 5. n. 39 & seq. Wiewohl D. Cornelius Bontekoe, in der weitern Fortsetzung des neuen Gebäudes / der Chirurgi cap. 2. von Aderlassen in addit. ad §. 13. & 14. Item D. Ammann, in Irenico Numae Pompilii cum Hippocrate, pag. 165. & seqq. us??? 168. solche Meinung / als irrig / verwerffen und refutiren. X. Die AEgyptier liessen nebst vielen Schlägen nur allein denen Weibern / so Ehebruch begangen / die Nasen abschneiden / den Männern aber nicht. Diod. Sicul. lib. 1. c. 3. Noverant quippe sapientissimi legum latores, immoderatam & indomitam foeminei sexus ambitionem à libidine & voluptatibus non tam severitate poenarum, quam formae turpitudine & infamia deterreri. Henr. Salmuth, ad Panciroll. nov. repert. de Porcell. tit. 2. pag. 186. Ferner sind auch die gemeine Huren / Item Die Beutelschneider also abgestrafft / damit sie jederman kennen und sich vor dieselbe hüthen und vorsehen könte. Matth. Stephani, in addit. ad art. 198. Const. Crim. Cali V. Gestalt man denn in Käyser Friderici Barbarossae Krieges-Articuln / bey dem Günth. Ligur. lib. 7. v. 282. findet / daß zu der Zeit kein Weibes-Bild im Lager unter den Soldate gelitten worden / sondern wenn sich eine drinn betreten lassen / ist ihr strack die Nase abgeschnitten / der Soldat aber / so [934] mit ihr zuthun gehabt / vorn Schelm weggejaget worden / welches er in folgende Verse verfasset:
Non erit in nostris nobiscum foemina castris,
Qui reus extiterit, spoliis nudatus abidit
Turpiter, & naso mutilabitur illa resecto. add. Pet. Pappi, Krieges-Recht / pag. 605. Käyser Heinrich wolte gleichfals keine unzüchtige Dirne unter seiner Armee wider die Ungarn leiden / weil dabey wenig Glück zu hoffen / und ist der Orth / worauf er das Lager geschlagen / der keusche Berg zum Andencken genennet worden. Er gedachte an Bernhardi Worte: Erubesce volutare in coeno, qui es de coelo. Erasm. Francisci, cap. 54. letzter Rechenschafft. XI. Alexander ab Alexandro, lib. 3. Genial. dierum, gedencket eines Königs in Morenland / der alle delicta, so den Todt verdienet / mit Abschneidung der Ohren und Nasen bestraffen lassen: Damit durch solchen heslichen Spiegel die andern von dergleiche̅ bösen Thaten abgeschrecket werde̅ möchten. Er erwehnet auch ferner eines Königs in Persien / denn er eben so wenig / als den ersten nennet / welcher / als er bey einen Tumult und Aufstand von seinen Unterthanen übel gescholten worden / er denselben fast alle miteinander die Nasen abschneiden lassen. Aripertus hat des Asprandi der Longobarder Königs Gemahlin und Schwester / die er gefangen bekommen / eben auch so schändlich zurichten lassen. Eryc. Putean. Hist. Insubr. lib. 3 pag. 65. Käyser Commodus stellete sich bißweilen wie ein Barblerer / beschur seine Freunde / und gute Bekanten / ehe sie sichs aber versahen / schnit er einen mit dem Scheermesser ein Ohr / dem andern aber die Nase hinweg. Joh. Ludov. Gothfrid, in der Historischen Chronic. part. 4. pag. 347. XII. Bey den Longo bardern hat man die Verräther des Landes / L. de conspiratorib. d aggress. in vico fact. in LL. Longob. Item die Diebe also abgestraffet. Juxta L. de latronib. L. si quis latro. Cod. Longob. de Furtis. Tholosanin Syntagm. Jur. Univ. lib. 31. c. 16. n. 10.
|| [935]
Welches auch noch an etlichen Orthen in Teutschland / Franckreich / Hispanien /
Schweden und Holland üblich seyn soll / wie
Joh. Meursius, in Comm. ad Lycophronem. pag. 343. Wehner. Pract. Obs. lit. B.
voc. Brandzeichen. Jan. Langlaeus, lib. 10. Semest. c. 2. Wesebec. in [Greek words]. de poenis. n. 17. Petr. Papp. in not.
ad Corp. Jur. milit. tit. 8. pag. 385. D. Rudolph. Godofr. Knichen / in Op.
Polit. lib. 2. part. 1. c. 13. th. 19. explic. ??? bezeugen
Item die Huren Wirte.
D. Stryke, de Jure Sens. Diss. 3. c. 5. n. 15.
XIII. Die Moßcowiter schneiden gleichfals den Dieben / wenn sie zum andernmahl
gestohlen / die Nase oder Ohren ab / und brennen ihnen ein Zeichen vor die
Stirn: Keiner aber wird deßhalber am Leben gestrafft / es sey dann ein Mord
dabey vorgegangen.
idem Papp. pag. 574.
Actisaves, König in AEgypten / weil er sahe / daß der Diebstahl bey seiner
Regierung sehr gemein werden wolte / machte ein Gesetze / daß allen / so einiger
Mäuserey überzeuget worden / der Hencker die Nase abschneiden solte. Er bauete
auch eine Stadt in der Wüsten Rinocera genant / [welches so viel heisset / als
abgeschnittene Nasen / und gab denen Ohn-Näsichten dahin verwiesenen Einwohnern
die Freyheit / daß sie ohne Brillen sehen solten.
Strabo, lib. 16. Diebes Histor. lib. 1. c. 7.
XIV. Heutiges Tages werden den Soldaten / so Geld auf die Hand genommen / und
sich werben lassen / aber zum erstenmahl / da sie etwan noch nicht zum Fähnlein
geschworen / ihren gebührenden Sold nicht empfangen / oder sich sonst eine
andere erhebliche Ursache darbey ereignet / daß sie mit Fug und Recht nicht
aufgehengt werden können / entlauffen / doch wieder ertapt werden / Nasen und
Ohren abgeschnitten. D. Heinr. Günther Bötticher, in Disp. inaug. Jenae Anno
1681. habita, de amputatione membrorum, in his, qui delinquunt §. 11. Knichen.
d. op. polit. Papp. cit. tit. 8. Allwo Er zugleich meldet / daß vor diesen in
der Churfl. Brandenbrg. Vestung Spandau ein Obrister R. und in Preussen ein
General Leutenant K. gewesen / welche denen ausgerissenen ohne Unterscheid Ohren
und Nasen ab [936] schneiden lassen. Und daher siehet
man hin und wieder in den Vestungen und Guarnisonen an denen auf den Märckten /
oder andern Plätzen vor die Soldatesca aufgerichteten Schnap-Galgen / mehr als
zu viele abgeschnittene Ohren und Nasen angehefftet.
XV. Wenn es sich aber begebe / daß man einen solchen Ubelthäter ein oder wohl
beyde Ohren abschneiden lassen wolte / und hätte keines mehr / daß es gienge /
wie jener Dieb zum Scharffrichter sagte: Man kan ja vor euch Schelmen kein Ohr
mehr behalten /
Carl. Paul. Höhn / Disput. de cadaverib. puniendorum, cap. 2. thes. 4 in fin.
pag. 16.
Was alsdan vor Raht? R. bey solchen Fall kan der Richter den Delinquenten mit
einer andern wilkürlichen Straffe belegen.
Manzius in append. ad Const. Crim. Carol. Menoch. A. J. Q. cas. 589. Socin. c.
liberti 61. caus. 12. q. 2
XVI. Item wenn etwan einer im Duel, oder sonst vor dem Feind / oder auch durch
einen andern Zufall um ein / oder wohl beyde Ohren kommen wäre / hat er sich bey
der Obrigkeit anzumelden / und einen Schein in beglaubter Form auszubitten /
drinn attestiret wird / daß er ehrlicher Weise / und nicht durch eine
Schand-That die Ohren verlohren habe.
XVII. Aurem qui tangit, totum corpus tetigisse videtur, vox est Trebatii in L.
21. pr. ff. de Furt. ejus argumento dico, ignominiam aut injuriam huic membro
illatam in totum corpus. i. e. hominem redundare. Proinde si poena resecandae
auriculae alicui decernitur, proximus ejus comes est infamia, affinitatem quippe
ista habet poena cum manus, pedis, digiti, nasive amputatione fustigatione, aut
aliis corporis afflictivis, quas immediate nota infamiae subsequitur- Expediti
enim juris est, quod condemnatus ex publico judicio notetur infamia L. 1 ff. de
his, qui not. ibique VVesemb. in Paratit. Hartm. Pistor. Obs. 177. Jam verò
poena corporalis haec non imponitur nisi ex publico Judicio, & causa
famosa conde mnato, utique ergo talis cui per Sententiam auris abscinditur, pro
infami regulariter habetur, exindeque fit, ut raro honestioribus illa
infligatur, arg. L. 28. § 1. & 2. ff. de poenis, sed plerumque alia
substituatur.
|| [937]
XVIII. Bellisarius, wie Procopius, lib. 1. de bello Gothor. von ihm schreibet /
hat einen Uber äuffer und verrätherischen Soldaten / der zu ihm aus des Feindes
Lager kahm / die Nase und beyde ohren abschneiden lassen / und ihm also dem
Feinde wieder zugeschicket. Der Marckgraf von Pescara hatte befohlen / daß man
einen Soldaten / welcher aus der Ordnung gegangen war / die Ohren abschneiden
solte: Aber der Soldat rief / er wolte lieber sterben. Da ließ er ihm die Gnade
wiederfahren / daß er an den nechsten Baum gehenckt wurde.
Bernhardin. de Escalante, dial. 3 pag. 23. b. Papp in annot. des Holländ.
Krieges-Rechts / pag. 654.
XIX. Olearius, in der Persischen Reise-Beschreibung pag. 171. meldet / daß in
Rusland man demjenigen / welcher wieder Verboth Schupf-Toback genossen / die
Nasen / zur Straffe / aufschlitzen lassen / und daß ihm viel dergleichen Leuthe
begegnet seyn.
XX. Käyser Justinianus, wie Pet. Greg. Tholosan. d. Syntagm. Jur. lib. 36. c. 8.
n. ult. referiret / hat im Krieges-Recht unter andern verordnet / daß / wenn ein
Soldat eine ehrliche Jungfer beschlaffen und schwängern würde / demselben die
Nase abgeschnitten / und von seinen Güthern ihr der dritte Theil zugeeignet
werden solte.
Vid. Speidel. in notab. v. Nase / pag. 894.
Ubi addit: Hac lex si praeteritis nostris Germanicis bellis observata fuisset,
multas Legiones naribus absciscis conspicere potuissemus, nec chirurgi isti
Italici, qui operatione & industria sua nasos restaurare &
reficere possunt, suffecissent, sed opus fuisset etiam Germanis Chirurgis, hanc
artem & modum curandi addiscendi. Welches man auch wohl bey unsern
ietzigen Zeiten von den Franzosen sagen möchte / wegen ihrer an den Rheinstrohm
/ und in den Spanischen Niederlanden verübten Viehischen Unzucht und
Leichfertigkeit.
XXI. Robertus, Käyser in Orient, Petri Sohn / hat zu Constantinopel einen
Burgundischen Graffen / welcher ein tapfferer Held und Soldat wahr / seine
versprochene Braut / eine über alle maße schönes Weibesbild / mit Gewald
genommen / und ihm selbst vertrauet. Durch diese Gewalt-That machte er ihm viele
von dem Französisch- und Niederländischen Herren zu Feinden / wie denn auch der
erste Bräutigam in solche Eiffersucht / oder vielmehr Unsinnigkeit gerieth / daß
er ihm einen Anhang machte / in Abwesenheit Käyser Roberti in die Käyserliche
Cammer drang / der Braut / [938] [weil sie in solche
Entführung gewilliget] erst die Nase / darnach die Gurgel in ihren Bett
abschnitt / ihre Mutter aber / als die Kuplerin / vom Fenster herab ins Meer
stürtzte. Da Robertus dieses vernahm / satzte er sich gäntzlich für / diese
unmenschliche That aufs grausamste zu straffen / eilete demnach auf
Constantinopel zu / starb aber vor grossen Unwillen und Grim̅ auf
dem Wege in Achaja, Anno 1228. als er noch nicht 7. Jahr regieret hatte.
Gotefried / in der Hist. Chron. pag. 578.
Bey welchen unterschiedliche Exempel mehr / denen die Ohren und Nasen
abgeschnitten worden [welches vor Alters gar gemein wahr] zufinden / als pag.
274. 487. 496. und 405.
XXII. Als in dem dreyzehenden Seculo nach Christi Geburth / die Tartarn in Pohlen
und andern benachbarten Landen einfiehlen / haben sie von den Christen in einer
Schlacht so viel niedergemacht / daß / da sie iedweden nur die Nase
abgeschnitten / neun Säcke voll damit gefüllet worden / die Tartarn wahren
damahls funfmahl hundert tausend Mann starck.
Dubrav. lib. 3. hist. Bohëm. Münster, lib. 4. cosmograph. c. 41. pag. 1181.
Del-Rio, lib. 2. disquis. Magic. q. 12. pag. 175.
Zeiler, in der 414. Epistel führet gleichfals an / daß als Anno 1552. die
Christen die Stadt Segedin in Ungarn denen Türcken abgenommen / und sie denen
zum Entsatz des Schlosses ankommenden Türcken entgegen gezogen / sie eine grosse
Niederlage erlitten / daß die Türcken damahls 5000. denen Christen
abgeschnittene Nasen / mit 40. Fahnen und etlichen Gefangenen / nach
Constantinopel geschickt.
XXIII. Hierbey wird incidenter gefraget / ob ein Handwercksmann / oder andere
ehrliche Person / welche von den Soldaten mit Gewalt und grosser Bedrohung
gezwungen worden / einen andern ein Ohr abzuschneiden / üm deswillen aus dem
Handwerck zuwerffen / und ihrer Dienste zu entsetzen? welches von D. Richtern /
Decis. 80. n. 26. mit Nein beantwortet / auch daselbst mit einem diesfals
gesprochenen Urthel bestärcket wird.
XXIV. Kluge Politici haben nie darzu gerathen / daß ein Feind den andern
beschimpffen soll / so geringe er auch ist / oder wenn er gleich dißmahl
gesieget / daß er seine Victorie jenem viel exprobire / es ist offt geschehen /
daß so harte / schimpfliche Conditiones groß Unheil verursachet. Man weiß / wie
es Anno 1506. zu Gröningen in Sachsen hergangen. Dracksdorf hieß der [939] Oberste / so es belagerte / und wann er iemand von
ihnen bekahm / den sch???mpfete er / schnitt ihnen die Ohren ab / brandte sie
ins Gesichte / halb machte er dem Weibesvolck die Kleider kürtzer / und ließ sie
solcher gestalt in die Stadt lauffen. Einen armen Mann traf er samt seiner
Frauen an / und da derselbe keine Ranzion geben kunte / besahl er ihn in die
Backen zu brennen / die Ohren abzuschneiden / und an stat eines Emblematis auf
den Hut / zuhefften / am Hals einen Hering / ein Bißlein Brodt / und ein wenig
Saltz dabey / die Hände ausn Rücken gebunden / und denen Gröningern zusagen:
diese Praesente schickte er denen Bürgemeistern. Das aber verursachte er damit /
daß sie sich Graff Eckarten ergaben / und die Sachsen ihre Bloquade aufheben
musten / weil Succurs und Proviant in die Stadt gebracht wurde.
M. Stiefler / im Geistl. Kirchen-Schatz / cap. 28 pag. 1858.
XXV. Ein Jurist in Engeland / welcher wieder die Comödien / Täntze und Mascaraden
geschrieben / und dieselbigen verdammet hatte / ward deshalber gefangen genommen
/ ihm die Ohren abgeschnitten / und muste noch darzu 25000. Pfund Sterling zur
Busse erlegen.
Theatr. Europ ad Annum 1634. pag. 179.
Ein anderer / welcher wieder die Königin Elisabeth frevele Reden ausgestossen /
verlohr erstlich seine Ohren / muste 5000. Thal. Straffe geben / und ward noch
darzu in ein ewig Gefängnis verurtheilet.
ibid. pag. 805. Casp. Zillesius, de mulcta & jure mulct andi, cap. 12. n.
142.
XXVI. Bey Regierung König Caroli IX. in Franckreich / da man sich noch der Kappen
gebrauchte / befand sich eines Tages ein Beutelschneider / so durch dieses
Handwerck reich worden wahr / in dem Burgundischen Pallast zu Paris bey einer
Comödi / mit einer solchen Kappe / wie sie die Edelleuthe trugen / daran hinten
ein Dutzend güldener Knöpffe wahren. Ein anderer Beutelschneider / als er dieses
ersahe / hat sich im Gedränge des Volcks nahe hinbey gemacht / sein
Meister-Stück zu probiren. Da er nun seine Instrumenta accommodiret hatte /
schnitte er einen Knopf nachdem andern fein hübschlich herunter / biß auf den
Letzten / welchen er auch allbereit ergriff / solchen abzuschneiden: aber der
andere griff ihm in einem Augenblick nach dem Ohr / und schnitt ihm solches
herab. Der Beutelschneider schrie: Mein Ohr! Mein Ohr! und der vermeinte
Edelmann hingegen / Meine Knöpffe! Meine Knöpffe! Ach Herr sprach jener / da
habet ihr eu [940] re Knöpffe / und dieser: Siehe /
nimm hin dem Ohr! Also wurden sie mit einander verglichen / wiewohl das Ohr
nicht so leicht / als die Knöpffe hat angemacht werden können.
XXVII. Si Studiosus desponsatus promittat matrimonium, quando ex Italia venerit,
& ibi nasus ipsi fuerit abscissus, desponsata ad nubendum ei compelli
non debet.
arg. c fin. de conjug. lepros. Barsohamp. de claus. c. 4. n. 25. pag. 61.
XXVIII. Ex forma nasi physiognomi multa colligere folent. Sic in vulgus communi
opinione fertur: Eine lange spitzige Nase und spitzig Kin / da sitzt der Teufel
drinn! Nasum longum & aliquantulum subtilem volunt significare hominem
audacem, curiosum in factis, iracundum, vanum, citò tamen convertibilem, ad
utrumque debilem & ex facili credentem. Cujus nasus fuerit valde acutus
in puncta, & mediocris inter longum & brevem, grossum &
subtilem, significare hominem cito irascibilem, rixosum & dedignosum,
sagacem, debilem, malitiosum, seductorem, minacem & memorem. Cujus nasus
fuerit nimis longus, & in puncta plus subtilis quam grossus &
convenienter rotundus significare homine̅ in loquendo audacem,
facilè injuriosum, fallacem, invidum, tenacem, cupidum alieni, multis modis
latenter malitiosum, uti recenset Michaël Scot. in Physiognom. ad Frid. Imp. c.
4. de Naso. Sed Judicium ex Physiognomia debile ac fallax est. Hinc etiam Nasato
rum peculio [ut est in proverbio] miserè decepta fuit muliercula illa, quae nasi
magnitudine mutonis quantitatem mente percipiens, at spe frustrata exclamabat: O
Nase, quantum me fefellisti!
ex Joh. Nevizani Sylva Nuptial. Salmuth, ad Panciroll. nov. repert. tit. 10. p.
424.
Von den Adlers- oder Habichts-Nasen hoher Standes-Persohnen / des Frauenzimmers
mittelmäßigen / und der Moren breiten und flachen Nasen /
Vid. Erasm. Francisci Liebes-Kammer / p. 575.
XXIX. In Hessen ist vor diesen einem Oberförster / welcher wieder seine
geleistete Pflicht gehandelt / und untreu gewesen / das rechte Ohr abgeschnitten
/ und er des Landes ewig verwiesen worden.
Anton. Seidensticker / in dissert. von Wild-Dieben / th. 16.
Granatensis schreibet / daß ein frommer Mann / seiner Kranckheit abzukommen / mit
glüenden Eisen sich habe ins Ohr lassen brennen / welches ihm so [941] grosse Schmertzen verursachet / daß er geschworen / er wolte lieber
in den strengesten Orden treten / und Lebenslang ein Mönch seyn / denn noch
einmahl solchen Zwick aushalten. Gütiger GOtt / ist ein einziger kurtzwährender
Eisen- und Ohren-Brand ein so hefftiger Schmertz! O wie wird es erst wehe thun
in Ewigkeit / da am gantzen Leibe eine völlige Gluth und Feuersbrunst wird
gefühlet werden müssen / da alle Glieder / alle Adern und Nerven / Därme und
Ingeweide / Marck und Bein werden durchfeuret werden in der Hölle / nicht anders
/ als ein Schwam mitten im Meer durchwässert wird.
Guilielm Stamhurst / part. 3. de Novissimis.
XXX. Joh. Sichard. ad authent. rogatin. 1. C. de testibus scribit, se Noribergae
vidisse instrumentum ante octingentos annos confectum, quod in fine adscriptum
habuerit: Testibus vocatis, & auribus tractis. Antiqui enim soliti
fuere, pro rogatione testibus vellere aures. De Adagio aurem vellere vide
Widerum, in der Spichwörter-Postill / pag. 267. & seq. Warum man einen /
wenn eine neue Speise aufgesetzet wird / mit einem Ohr-Rupfer pfleget zu
erinnern / tradit idem.
Dither. in contin. Besold. v. Haarrupffen.
XXXI. Ex LL. XII. Tabularum quoque est notandum, quod olim auris illius, qui in
jus vocatus comparere recusabat, tangebatur. Verba haec sunt: Si in jus vocet,
at??? eat, si vis fuat vocationi, antestaminor: Ni it, aurem capito antestati.
i. e. Si adversarium in jus vocaveris, & is vi restiterit, ut vim
adhibere necesse sit, testes advocato: Si ita ire nolit, aurem tangito. Mos enim
erat in antestatione, ut memoriae causâ Actor auriculam imam tangeret attestati,
hoc addito verbo: Memento! Hinc Plinius, lib. 11. c. 45. Est in aure imâ
memoriae locus, quem tangentes antestamur, [alii attestamur], ibique Jacob.
Delechampius, in annotat, lit. G. pag. 551. add. Joh. Rosin. Antiq. Rom. 8. c.
6. n. 26. Car. Sigon. l. 1. de jud. c. 18. Strycke, de Jure Sensuu̅, dis. 7. c. 1. n. 59.
XXXII. Morbi auricularis quoque in jure fit metio, dum hoc morbo laboranti à
personalibus muneribus vacatio conceditur in L. 2. C. qui morbo se excus.
Quamquam alii pro morbo auriculari alii articulari legere malint Gothof. ad d.
l. 2. Morbus auricularis ex frequentato Veneris usu etiam oriri solet.
Stryke, dict. tr. dissert. 3. c. 5. n. 3.
XXXIII. Testatur porrò Medicorum Schola, auriculis abscissis non amplius exactum
sonum, sed instar fluentis aquae per auditum percipi.
Paul. Zachias, Quaest. med. Legal. lib. 5. tit. 3. q. 4. n. 24.
|| [942]
Flexuosam enim meatus figuram in auricula conspicuam ad ipsos sonos, qui aëris
motitatione constant, excipiendos praecipuè factam indicant evidenter conchae
quaecunque illamet figura cavae flexuosae scilicet & &
contortae: Eae enim auribus admotae ex eo solo, quem in se continent aëre, etiam
nullo extrinsecus accedente motu, tinnitum edere continenter sentiuntur, adeo
facit illa figura, ut aer inclusus sonet, uti ex Galeno notat Francisc. Valles.
de Sacr. Philosoph. c. 58. Unde aliquos qui minus liquido auditu uterentur, cavâ
manu admotâ auribus, audiisse melius, testatur celeberrimus quondam Galliae
Regis Medicus Andr. Laurent. in Histor. Anatom. human. corp. lib. 11. c. 12.
XXXIV. Bey den Ebräern war es üblich / wenn sich eine Manns-Person / oder
Weibes-Bild als ein Knecht oder Magd verkauffte / musten sie 6. Jahr dienen / in
siebenden aber wurden sie frey loßgegeben / doch daß sie nicht leer / oder mit
blossen Händen fortgiengen / sondern der Herr ihnen von Schaaffen von der Tenne
und Kelter auflegete / sich eine Zeitlang zuerhalten. Wolte aber einer / oder
eine nicht frey werden / sondern ferner dienen / nahm der Herr einen Pfriemen /
und bohrete ihn durch ein Ohr an der Thür / alsdann musten sie ihr Lebtage /
Knechte oder Mägde bey ihn bleiben.
Deut eronom. c. 15. v. 12. 13. 16. & 17.
XXXV. Auriculam etiam auris esse membrum contra Covarruv. tom. 1. relat. de
homicid. part. 3 n 8 affirmat D. Stryke, de Jure Sensuum, Diss. 3. c. 5. n. 19.
20. & 21.
CAPUT XLIV.
Von Abschneidung der Lippen und Zunge.
I.
DIe Zunge ist ein edles Glied / und die Sprache eine unschätzbare Gabe Gottes an
dem Menschen. Den was in der verborgene Rath-Stube der Vernunfft beschlossen /
und in der geheimen Cantzeley des Gedächtnißes aufgezeichnet worden / wird durch
den Herold [943] der Zunge und Sprache öffentlich ausgeruffen
/ daß es andere so eigentlich wissen kön̅en / als wen sie selbst
dem Rath-schluß beygewohnet hätten. Und solcher gestalt sind die Reden gleichsam
der Menschen sichtbare Gedancken / und unsichtbare Gemählde / darin die
verborgene Hertzens-Stube vorgebildet wird. Den wessen des Hertzens-Brunn-Quelle
voll ist / dessen läufft der Mund über. Wen nun eine holdselige Rede an den
Lippen-Porte aussteiget / kan kein Honig so süsse / Prov. 16. v. 24. kein
Seitenspiel so anehmlich / Syr. c. 40. v. 20.
und kein Gold so schön seyn / daher auch nicht allein vor trefliche Redner von
den Alten sind Gölden-Mund / wie Chrysostomus, oder Golden-Redner / wie Petrus
Ravennas genennet worden / sondern man hat auch die Wohlredenheit in gestalt
eines Weibesbildes abgemahlet / so einen grossen Hauffen Volcks allerley standes
an güldenen Ketten nach sich gezogen / anzudeuten / daß die Redner-Kunst ihr
alle Welt könne verbunden machen.
II. Wie nun der Mißbrauch in allen dingen schaden kan / also kan auch die Zunge
durch unnütze / ob gleich zierlicher / Reden ihr selbst eine Brücke zum
Untergang bauen. Die Natur hat den Mund nicht ohne Ursache mit dem Bolwerg der
Zähne ümmauret / und mit dem Lippen-Wall ümschantzet / sondern sie hat wollen
andeuten / daß die Vestung der Beretsamkeit bisweilen müsse verschlossen seyn /
weil ein unbedachtsames Plapper-Maul nicht anders ist als eine Stad ohne Mauren
/ da einjeder aus und einlauffen kan.
III. Wer nun die Thore seines Mundes nach der Lehre Syrachs nicht zu rechter Zeit
weiß auf und zu zu schliessen / wird gar offte von den Feinden überrumpelt / ich
will sagen / wer nicht reden kan / wen das Sti???schweigen schädlich / und
schweigen / wen das Reden nicht vortheilhafftig ist / bringet sich selbst in
Schaden / ja offte gar in Leib und Lebens-Gefahr: Zumahl wen er die Rede
sichtbar gemachet / und dem Papier vertrauet hat.
Michael Weidemann / in seinen alzuberedten Redner Mens. Jul. 1689. pag. 5.
& 6.
IV. Drum auch die hohe Obrigkeit wohl thut / daß sie die jenige / so mit der
Zungen und Lippen gefrevelt / auch an solchem Glied andern zum abscheulichen
Exempel bestraffet.
|| [944]
V. Also erfodern des König-Reichs Franckreich Gesetze / daß ein Gottes-Lästerer
zum ersten mahl auf einen Pilar. von ein bis neun Uhren / einen Monat lang
gesetzet / mit allerhand Unflat ins Gesichte geworffen / hernacher mit Wasser
und Brodt gespeiset wird. Zum andern mal sol man ihn wieder auf ein pilar setzen
/ und mit einen glüenden Eisen die oberlefzen also aufschneiden / daß die Zähne
heraustehen. Zum dritten mahl sol man ihm die unterste Lefzen aufschneiden. Zum
vierdten mahl alle beyde Lefzen / und endlich gar die Zunge wegschneiden.
Boer. Decis. 301. n. 15. vcrs. sed per aliorum Regum Franciae ordinationes, & seqq.
Damhoud. in prax. crim. cap. 61. n. 32. & seqq. Welche Straffen auch gradatim bey Regierung König Philippi Valesii an einen solchen Gotteslästerer zu Paris vollstrecket worden. Petr. Gregor. Tholosan. lib. 33. Syntagm. Juris c. 12. Vivius decis. Neapol. 388. Berlich. part. 4. Concl. i. n. 52. Eberhard Speckhan cent. i. q. 93. D. Henr. Günth. Bötticher, disp. inaug. de amput. memb. in his qui delinq. §. 12. St. Ludovicus, König in Franckreich / gebrauchte sich derselben auch / und als etliche sich beklagten / daß solche allzu strenge wehre / hat er drauf geantwortet: Wolte GOtt / daß meine Zunge mit einen glüenden Eisen durchstochen wäre / und man hinführo keinen Fluch / noch Gottes-Lästerung in meinen gantzen Königreich hören solte. Petr. Papp. in annot. über das Holländ. Krieges-Recht pag. 531. Thesaur. decis. Pedemont. 24. Besold. p. 2. Cons. 48. Lud. Gilhausen in arb.. jud. crim. c. 2. tit. de Blasphem. n. 6. & seq. VI. In Hispanien wird denen Gotteslästerern / wen sie zum andern mahl wieder kommen / mit einem glüenden Eisen das Zeichen eines Kreutzes auf die Lippen gebrant / zum dritten mahl aber verliehren sie die Zunge. Das erstemahl werden sie nur geprügelt. Didac. Covarruv. in c. quamvis 2. part. 1. § 7. n. 22. in pr Zu Neapolis wird ihnen die Zunge öffentlich durchboret. Grammat. Decis. 50. n. 1. & seqq. VII. Das Holländische Krieges-Recht will / daß wer den Namen des HErrn lästert / oder misbrauchet / derselbe für das Erstemahl eine öffentliche Ab [945] bitte thun / und dann drey Tage im Gefängnis mit Wasser und Brod gespeiset werden: Zum andern mahl aber ihn die Zunge mit einen glüenden Eysen durchstochen / und bis aufs Hembt ausgezogen / und aus den vereinigten Provintzen verbannet werden solle. Holl. Kriegs-Recht art. 1. Papp. in Corp. Jur. milit. p. 275. Durch gantz Italien ist gebräuchlich / daß man die Gotteslästerer auf die Galeen schmiedet. Farinac. tr. Crim. lib. 1. tit. 3. q. 20. n. 67. VIII. Die AEgypter haben denen Uberläufern und Verräthern die Zunge ausgeschnitten. Diodor-Siculus lib. 2. Bibliothec. cap. 3. Alexandr. ab Alexaud. lib. 2. Gen. dier. c. 13. p. 180. Waremund. ab Ehrenberg in tract. pro foeder. c. 2. n. 80. IX. Artaxerxes ist den Lügen so feind gewesen / daß er auch einsmahl eines Lügners Zunge mit drey Nageln an einen Pfal hefften lassen. Cit. Alexand. lib 6. c. 10. pag. 896. Plut arch. in ipsius vita. X. Die Alte Teutschen haben auch ein scharfes Recht wieder alle liederliche Zungen-Drescher ergehen lassen: Indem sie ihnen die Augen ausgestochen / das Maul zugenehet / oder die Zunge gar aus den Rachen geschnitten. Joh. Stiefler. Geistl. Historien-Schatz cap. 11. pag. 812. XI. In der Peinlichen Hals-Gerichts-Ordnung / Caroli V. art. 198. wird dieser Straffe auch gedacht / so viel die formirung der Urthel betrifft. Als aber wider die Gottesschwerer und Lästerer vorher art. 106. und in den Reichs-Abscheiden / de Annis 1548. & 1557. tit. 1. §. 2. gesetzet worden / daß dieselbe nach Gelegenheit / und Gestalt der Personen und Lästerung an Leib / Leben oder Gliedern gestrafft werden solten / der Zungen aber nicht ausdrücklich gedacht / hat der Chur-Fürst zu Sachsen Constit. 1. part. 4. diese Erleuterung hinzugethan: ibi: Jedoch mit dieser Erklärung / daß die Wörter / mit Benehmung etlicher Glieder / auf die Zunge / damit solche Lästerung verwirckt / zu verstehen sey. Welche auch nachgehends durch das Torgauische Ausschreiben / Anno 1583. confirmiret / und in der Landes-Ordnung / Anno 1612. tit. 2. wiederholet worden. vid. Corp. Jur. Saxon. p. 285. Und hat zu der Zeit der Churfl. Sächß. Schöppen-Stuhl zu Leipzig folgender Gestalt gen Lützen M. Majo 1579. gesprochen: So möchte sie deß [946] wegen für das Rathaus oder Kirche öffentlich gestellet / und hernach it Benehmung eines stücks von ihrer Zungen des Landes ewig verwiesen werden / V. R. W. vid. Eberh. Hoyers Churfl. Brandenb. Krieges-Recht / art. 2. ibi??? annotat. pag. 9. Berlich, part. 4. concl. 1. n. 74. XII. Es ist aber diese Straffe sonderlich in denen Sächsischen Landen in Abgang kommen / und an deren Stelle der Staupen-Schlag mit der ewigen Landes-Verweisung surrogiret und eingeführet worden / teste Carpzov. in Prax. Crim. Quaest 45. n. 31. & part. 4. const. 1. def. 3. n. 7. & 8. Worbey er zugleich anführet / daß in den zwölf Jahren / da er damahls Assessor des Schöppen-Sthuls gewesen / nicht ein einzigmahl obige Straffe erkant worden. XIII. Menoch, de Arbit. Jud. Quaest. cas. 375. & Thesaur. Decis. 241. Haben viel von der Straffe der Gotteslästerer geschrieben / gedencken aber der Ab- oder Ausschneidung der Zungen auch nicht mit einem Wort / sondern incliniren ad poenam arbitrariam, anbey erwehnende / daß zu ihrer Zeit ein Jude zu einen Christen gesagt: La Fede Vostra è da gazzo, vel Fede de gazzi. [Euer Glaube ist ein Katzen-Glaube] nur um Geld gestrafft worden / welches aber / daß der Jude zu gelinde durchgestrichen / Thesaurus, d. decis. n. 6. selber gestehen muß. XIV. Ex Novella quadam Leonis perjuro etiam linguam praesoindi ex Cujacii obs. 13. testatur Gothofred. ad Nov. Justin. 134. cap. 13. XV. Johannes Jessenus, Doctor, Orator & Professor Collegii Carolini zu Prage ist / weil er Pfaltz-Graff Friederichen zu der angenommenen Böhmischen Cron / die er aber nicht lange behalten / in einer Lob-Rede Glück gewünschet / nachgehends gefangen genommen / ihm die Zunge abgeschnitten / und er geviertheilet worden / welche Execution, auf Käyseri. Befehl / der Fürst von Lichtenstein Anno 1621. den 7. Junii, an ihn vollstrecken lassen. Meteran. in 3ten Theil Niederl. Hist. lib. 38 pag 82. in fin. XVI. Man hat auch wohl vor diesen den Gotteslästerern die Zunge an eine Seule / oder auf einen Block genagelt / und sie so lange stehen lassen / biß sie selbsten solche durchgerissen: Immassen der Schöppen-Sthul zu Coburg [947] einsmahl gesprochen: Hat ein Töpffers-Gesell / als er gespielet / Gott gelästert / mit nachfolgende̅ Worten: So Gott nicht so hoch droben wäre / so wolte er sich mit ihn hauen / als ein Schalck mit den andern / er wolte ihm St. Velten geben sc. Wann aber er die Gotteslästerung damahls / oder sonsten / mehr dann einmahl gethan / oder geübet hätte / und er würde dieses bekennen / oder aber überwiesen / möchtet ihr ihn mit der Zunge anf einen Stock nageln lassen / als lang er sie sich selbst ausreissen müste / von R. W. XVII. Und führet Boer. Decis. 301. n. 16. an / daß in Curia Burdegalensi, Anno 1530. d. 20. May einem / der die Jungfrau Maria gelästert / die Zunge abgeschnitten / und er noch darzu decolliret worden. Imgleichen einen / mit Nahmen Huault Girand, sey wegen ausgestossener Gotteslästerung erst die Zunge durchstochen / hernach er verbrant worden. XVIII. Eines Bürgemeisters zu Prage Knecht / Nicolao Diewischen / wurd die Zunge auch mit einen Nagel an einen Pfal geheftet / u. muste also eine Stunde stehen / ist aber wegen grossen Schmertzens den folgenden Tag gestorben. Meteran. d. l. p. 83. XIX. Anno 1672. wurde ein berühmter Jüdischer Medicus daselbsten / so die Jungfrau Maria gelästert / und deßwegen anderthalb Jahr in Arrest gesessen / erstlich mit der lästerlichen Zunge an die Schand-Seule geheftet / hernach mit Ruthen ausgestrichen / und auf ewig der Käyserlichen Erb-Lande verwiesen. Henr. Roch / in der Böhmischen Chronic. p. 112. XX. Anno 1677. Zu Ende des Aprils ist einem Soldaten zu Königs-Grätz / welcher daselbst nach einem Crucifix geschossen / die Zunge zum Nacken heraus geschnitten / und ihme nachmals der Kopf abgeschlagen worden. idem p. 118. XXI. Als der grausame Wüterich Duc de Alba die Holl- und Niederländer wegen der Religion verfolgete / lagen die Gerichts-Plätze mit Blut überschwemmet / die Galgen / die Räder / die Stöcke und Bäume an den Wegen waren überladen mit Leichen der Erwürgten / Enthalseten und Geräderten. Der Schmauch und Rauch von denen unschuldig verbranten überzohe die Lufft mit einen so dicken Qualm / daß die Strahlen der Sonne [948] kaum durchbrechen konten / und daß aller grausamste war / daß man auch selbsten andern Menschen das Weinen und Seufzen über so unbarmherziges Handeln ihrer Bekanten und Bluts-Freunde verbothen / ja sie wohl gar deßwegen / als Verdächtige / gefänglich einzog / u. zur Peinlichen Banck brachte. Die Un-Römische wurden meistentheils verbrant / u. weil sie nach dem Feuer zutreten / und ihr Glaubens-Bekäntnis mit behertzter Zunge zuthun pflegten / erdachte man / solches zuverhindern / ein greuliches Werckzeug. „ Dieses war gleich als ein Schraubstock / darzwischen die Zunge geschraubet ward / welche man voran mit einem glüenden Eisen brante / daß sie aufschwellen / und nicht einwarts schlüpffen solte / und also gaben diese Armselige in der Flamme ein holes dumpfigtes Geräute / und brülten eben als dieselben / die der Sicilische Wüterich in den glüenden Kupffer-Ochsen / den Meister-Fund des Perills / werffen liesse. Philipp. von Zesen / in Beschreibung der Stadt Amsterdam / pag. 148. XXII. Das Stat-Recht zu Nürnberg straffet gleichfals die Gotteslästerer mit Abschneidung der Zunge. Conrad. Celtes, de morib. & Instit. Norimberg. c. 14. Der Rath zu Straßburg hat deßgleichen gethan / wie solches Theodor. Zvvinger, in seinem Theatro vita humana, vol. 6. lib. 5. fol. 3091. erzehlet. Dann es begab sich im Jahr 1569. / daß zween Soldaten zugleich in Hafft genommen worden / der eine / dieweil er GOtt gelästert / der andere / weil er sich seinem Hauptmanne widersetzet. Ob nun schon für den ersten / welcher ein tapfferer Soldat war / grosse Fürbitte geschahe / und für den andern keine / so hat doch obgedachter Rath den Gotteslästerer [unangesehen / er solches in Trunckenheit gethan] die Zunge aus dem Halse reissen lassen / in sonderlicher Betrachtung / daß es sich keinesweges gebühren wolte / daß der Gotteslästerer solte der Straffe erlassen / und der andere / der sich nur an einen Menschen vergriffen hatte / zur Straffe gezogen werden. Papp. cit. loc. p. 532. XXIII. L. Charondas, in Codice Henrici, lib. 8. tit. 1. saget / daß man denen [949] Gotteslästerern keine lindere Straffe anthun möge / als ihnen die Zunge durchstechen / und sie aus dem Lande verweisen. Wormit auch der Capitain Imperiale Cinuzzi, de la disciplina militare l. 1. c. 52. n. 41. übereinstunmet: Doch ist er der Meinung / es wäre besser / daß man sie am Leben straffe / als des Landes verwiese. XXIV. Als Anno 1553. die Wiedertäuffer einen grossen Aufstand in der Stadt Amsterdam angerichtet / wurden ihrer viele enthäuptet / gehengt / geviertheilet und gerädert / sonderlich bekahm Jacob Jansen / oder Jacob von Kampen / der sich vor einen König zu Zion aufgeworffen / und zum Bischoff zu Amsterdam gemacht / seinen verdienten Lohn. Daß schröckliche Urthel wider ihn lautete also: „Weil Jacob Janson / bürtig von Iselmünde unter Mastenbruch / sonsten Jacob von Kampen genennet / sich erkühnet hat / den Bund der Widertäuffer anzunehmen / indem er sich durch Peter Holtzsägern wieder tauffen lassen / und von dem Sacrament der H. Kirchen eine böse Meinung geführet / dem Heil. Christen-Glauben zuwider / auch denen Verordnungen derselben Kirchen / und den geschriebenen Rechten / auch Ausschreiben seiner Königlichen Maj. unsers gnädigsten Herrn / ja / welches ärger ist / das Amt anderen Menschen zu predigen / zu lehren / zu verleithen / und wieder zu tauffen / ihm durch vorgemelten Holtzsäger aufgeleget / angenommen und verrichtet / sonderlich aber in dieser Stadt / als ein Bischoff derselben / auch zu Leiden und Alsmuhr unterschiedliche Leuthe von der Warheit des H. Christen-Glaubens gebracht / verleitet und wieder getaufft hat / welche auch eines Theils [Gott bessere es] in solchen Irthum geblieben und gestorben seynd / in Verstörung des H. Christlichen Glaubens / und Forderung der einfältigen Menschen / durch den vorgemelten Verleither betrogen: Welches alles Sachen seynd / die eine sonderliche Straffe / andern zur Abkehr / vereischen: So ist es / daß meine Herren / die Schöppen / auf den Eisch meines Herrn des Schultzen / wegen S. K. May wieder mehrgemeldten Verbrecher gethan / indem man auf seine Verantwortung und Bekäntnis / auch auf die Beschaffenheit dieser Sachen reiflich Achtung geschlagen / den gemeldten Missethäter durch Verurtheilung verdamt haben / daß er mit einer Bischoffs-Mütze auf seinen Kopf in einem Stuhl auf öffentlichen Blutgerüste vor dieser Stadt aufgerichtet / eine Stunde oder länger / nachdem es de Schultheisse beliebt / sitzen / u. wann er allda so lange gesessen / seine Zunge / damit er seine fal [950] sche Lehre hat ausgebreitet / durch den Scharffrichter abgeschnitten / seine rechte Hand / damit er wiedergetaust hat / und darnach sein Haupt von seinem Leibe gehauen / sein Rumpf mit Feuer verbrant / das Haupt aber mit der Bischoffs-Mütze / und die Hand darbey auf einen Staken / andern zum Lehr-Spiegel / gestelt soll werden. Im übrigen erkläret man seine Güther verfallen / zum Nutzen S. K. Majest. als Graffen von Holland. Geschehen d. 10. Ernd-Monats in 1535. Jahre / in Gegenwart des Schultheissen Gosen Jansen Rehkalbs / und Heimens von Amstel / Jacobsen / Burgem. Simon / Londrisens / Johann Eisbrantsen Holleschohts / Meister Heinrich Dierksens / und Kloß Luhns / Scheppen auf Zustimmen Gerret Andresens und Dierck Hillebrantsens / auch Scheppen. Philipp. von Zesen / in Beschreibung der Stadt Amsterdam / pag. 118. & 119. XXV. Sonsten ist bekant / daß vielen Märtyrern die Zungen gantz ausgeschnitten worden / als dem QUIRINO, Ado 111. Kl. April. ANANIAE prebytero, Martyrolog. Rom. XI. Kl. Maji. S. FLORENTINO, cit. Martyrol. V. Kl. Octob. Hondorf. Calend. Hist. pag. 32. der ANASTASIAE majori, FEBRONIAE, BASILISSAE, AGATHOCLIAE, und unzehlich viel andern Mannes- und Weibesbildern. Dieses aber ist notabel, und ein groß Wunderwerck des Allerhöchsten GOttes gewesen / daß viele Märtyrer / ungeachtet sie keine Zungen mehr gehabt / dennoch deutlich geredet / und GOtt mit heller Stimme gepriesen: Prudentius, in hymnis, de coronis Martyrum. Massen denn auch Käyser Justinianus in L. quas gratias. Cod. de offic. praefect. Praetor. Afr. selbsten bezeuget / daß er etliche derselben mit Augen gesehen / und ihre Rede angehöret / ibi: Vidimus venerabiles Viros, qui abscissis radicitus lingvis poenas suas miserabiliter loquebantur. Notat autem hic Justinianus Vandalicam persecutionem, in qua inter alias poenas hâc ipsâ lingvarum eradicatione Hunericus, Rex, adversus Catholicos saeviit, ut Arii doctrinam sequerentur. Petr. Greg. Tholos. de Republ. lib. 15. c. 5. in fin. And. Hondorf, in Calend. Hist. pag. 2. 4. 5. 11. 32 & 62. Plura vide apud Gallon. de Martyrum Cruciatibus, pag. 423. & D. Casp. Sagittar. eod. trast. cap. 16. §. 38. & seqq. us??? 48.
|| [951]
XXVI. Worbey ferner zuwissen / daß wenn die Zunge einem Ubelthäter gar
ausgeschnitten wird / dieselbe hinten im Nacken pfleget abgelöset / und heraus
gezogen zu werden. Zuweilen muß wohl auf Befehl der Obrigkeit der Scharffrichter
die herausgeschnittene Zunge / wenn die ausgestossene Lästerungen gar zu groß /
dem Delinquenten aufs Maul schlagen.
XXVII. Severus, Bischoff zu Alexandria, ein rechter Arrianer, als er ungescheuet
viele Läster-Worte wieder Christum ausgegossen hatte / ließ ihn Käyser Justinus
sahen / und einziehen / und ließ ihm zur Straffe die Zunge aus dem Halse reißen.
Mich. Sachß. in der Käyser-Chronic. part. 2. fol. 30. Idem in Alph. Hist. lit. F.
pag. 167.
XXVIII. Rudolphus, Pfaltzgraf am Rhein / hatte einen Renthmeister / Otto
Wahndörffer genant / der in grossen Gnaden und Ansehen bey ihm wahr / welches er
aber sehr gemißbrauchet / und manchen ehrlichen Mann / dem er nicht günstig wahr
/ mit falschen Bericht in Ungnade und Straffe brachte / und also seinem
Muthwillen an vielen übete / weil er Audienz und Ansehen / wie gedacht / bey dem
Hertzog hatte / daß / was er vorbrachte / wahr seyn / und gelten muste. Endlich
kahm die wohlverdiente Straffe / denn er auch des Hertzogen Frau Mutter
einlappen / und Mißverstände zwischen beyden anrichten wolte / welche aber nebst
andern treuen Dienern des Renthmeisters Untreu / die er lange geübt /
offenbahrte / also daß das Bad über ihn ausgegossen ward. Denn der Hertzog ließ
ihm erst die Augen aussiechen / und die Zunge zum Nacken ausreissen / daß er
drüber schändlich und schmertzlich sterben muste.
Chron. Aventini, lib. 7. Calend. Sturmii, fol. 86.
XXIX. Nicht weit von Zeitz wurde einer von Adel / Caspar von Heldorf / von den
muthwilligen Soldaten nicht allein ausgeplündert / sondern auch gezwungen / daß
er geben solte und muste / was doch nicht in seinem Vermögen wahr / doch sagte
er endlich zu / ihnen zu geben: Als sie es nun haben wolten / und ihn vorhielten
/ er hätte es ihnen ja versprochen / doch die Unmüglichkeit da wahr / er
grimmete er im Gemüth also hefftig drüber / daß er vor Sorge und Kümmernis ihm
selbst die Zunge zum Maul heraus schnitte / und solche den Soldaten vor die
Füsse warf.
M. Schacher / conc. 10. pag. 284. Matth. Hammer / in virid. Hist. c. 17. pag.
264.
|| [952]
XXX. Berosus wahr ein solcher beredter Mann / daß ihm auch nach seinen Tod ein
Bildnis aufgerichtet wurne / dem eine güldene Zunge im Munde lag.
Graeter, part. 2. Redl. Christen-Hertzen.
XXXI. Apud Graecos excaesâ victimá nonnunquam capite & ventre excepto,
coetera dabantur Diis, Lingvae verò praeconibus.
Gyrald. de Diis Gent. Syntagm 17. Alex. ab Alex. Gen. dier. lib. 4. c. 17. pag.
558.
XXXII. Dem General Gewaltiger gebühret heut zu Tage die Zunge von allem Rind-Vieh
/ so von den Marcketendern / oder andern geschlachtet wird / es sey gleich im
Felde / oder Guarnison.
Königl. Schwedische Gewaltiger-Ordnung / § 11. Petr. Papp. in Corp. Jur. milit.
p. 213. Dither, in contin. Thesaur. Besold. v. Zunge / in fin. pag. 687.
XXXIII. Erasmus Francisci, im Neu-polirten Geschicht-Kunst- und Sitten Spiegel /
pag 161. schreibet von einem Mönch / Gabriel Andreas genant / dem der
Abyßinische König / wegen etlicher freyen Reden / die vorderste Spitze von der
Zungen abschneiden lassen / ihn damit zuerinnern / daß er hinführo seine Worte
ein wenig besser beschneiden müste / ehe er sie unbedachtsam heraus stiesse.
Francisc. Alvarez, in der Aethiopischen Reise-Beschreibung / cap. 113.
XXXIV. Wenn ein Ubelthäter ihm selber die Zunge abschneidet / in Meinung / sich
dadurch der Volter zuentbrechen / und nichts zubekennen / hat dennoch dieselbe
stat / wenn er schreiben kan: wo nicht / wird er pro confesso gehalten:
Carer. in praxi crim. de indiciis §. Tertium indicium, in fin. n. 33. Just.
Oldekop. obs. crim. tit 4. obs 42. n. 3.
Quod intelligo, si plenè convictus fuerit.
Stryke, de Jure Sensuum, dissert. 4. cap. 5. n. 31. & 32.
XXXV. Nach dem Tode Pisistrati, nahm sich sein Sohn Hipparchus des höchsten
Gewalts zu Athen an / als er sich aber desselben mißbrauchte / ist er nicht
allein der Herrschafft / sondern auch des Lebens entsetzet worden / aus dieser
Ursache. Aristogiton, ein vornehmer Bürger zu Athen / hatte für [953] andern lieb und werth einen edlen Jüngling in der Stadt / mit
Nahmen Harmodium, diesem Harmodio hatte Hipparchus etliche mahl unerbare Sachen
zugemuthet / unterstund sich auch / seiner mit Gewalt zumisbrauchen. Daher sie
beyde bewegt wurden / weil ohne dem Hipparchus zu Athen sehr verhaßt wahr / ihm
nach dem Leben zustellen / welches ihnen auch gerieth / daß sie den Tyrannen
ümbrachten / wurden aber von den Trabanten / und des Entleibten Bruder / Hippia,
ergriffen und hingerichtet. Nun hatte Harmodius eine Beyschläferin / Leaena
genant / die ward auch eingezogen / und weil sie nicht auf ihren Bulen bekennen
wolte / härtiglich gevoltert. Damit sie aber ja nichts sagen könte / was
Harmodio, und andern ihren Bulen nachtheilig wäre / biße sie ihr selbst die
Zunge mit den Zähnen ab / und spiehe sie dem Hencker ins Angesicht / muste doch
eines weges / wie die andern sterben. Die von Athen haben den Zweyen / so den
Tyrannen erschlagen / Bildnisse zu ewigen Gedächtnis aufgerichtet / und
Jahr-Begängnisse gegestifftet / dem Weibe aber zu Ehren eine Marmorsteinerne
Löwin dabey gesetzt / welche zwar einen offenen Rachen / aber keine Zunge
darinnen hatte / denn sie sich schämeten / einer Courtisanin ein Bildnis
aufzurichten / wiewohl sie dessen wegen der grossen Gedult und Beständigkeit
wohl werth wahr.
Justin. lib. 2. cap. 9. Herod. lib. 5. & 6. Thucyd. lib. 6. Gellius, lib.
17. N. A. cap. 21.
XXXVI. M. Tullius Cicero, dessen Bücher noch heutiges Tages hoch gehalten werden
/ ist zwar ein vortreflicher Redner gewest / also / daß man ihn auch Miraculum
Eloquentiae zu nennen pflegte; aber da er das Maul mißbrauchte / brachte er sich
damit in so grosses Unglück / daß man ihn den Schädel abhieb / die Zunge zum
Halse heraus risse / mit spitzigen Nadeln durchstach / ja seinen Kopf und Hand
endlich zum Spectacul öffentlich pro rostris aufhengen ließ / maßen hiervon mit
mehrern bey dem Plutarcho zulesen. Da hies es: effrenati oris comes est
infortunium, wie Euripides saget.
Vid. Camerar. tom. 2. oper. subcisiv. c. 39. pag. 134. 135. & 136.
XXXVII. Ein leichtfertiger Mensch hatte insonderheit denen Geistlichen übel
nachgeredet / da er nun nach langer Zeit im Grabe ungefähr besichtiget worden /
soll der Cörper zwar gantz verfaulet da gelegen haben / aber die [954] Zunge ist noch unversehrt gewest / zum Zeichen / daß auch die
Würmer einen Abscheu an Verläumdung haben.
M. Joh. Stiefler / Geistl. Hist. Schatz / c. 11. p. 841.
XXXVIII. Dem Ketzer Nestorio haben die Würmer bey lebendigen Leibe die Zunge
ausgefressen.
Evagrius, lib. 1. c. 7.
Hingegen lieset man von den heiligen Antonio de Padua, einen Hispanier / so bey
Zeiten Pabst Gregorii IX. berühmt gewesen / daß / als sein Leichnam viele Jahre
in der Erden gelegen / und man ihn ausgegraben / weil sein Cörper an einen
andern Orth geleget werden sollen / seine Zunge noch so frisch / und gantz roth
gewesen / als ob er neulich erst verschieden wäre. Drum in den Jahr hernach /
als Anno 1236. die von Padua eine grosse Kirche zu seiner Ehre erbauet haben.
Schedelius, in Chron. aetat. 6. Hondorf. Calend. Hist. pag. 134.
CAPUT XLV.
Von Zermalmung der Kinnbacken / item Ausschlag- und Ausbrechung der
Zähne.
I.
DIeses ist bey Regierung des Käysers Decii, wie auch Diocletiani,
unterschiedlichen Märtyrern wiederfahren / und sonderlich das erste zweyen
Soldaten / als dem Papiae und Mauro, von welchen Beda, IV. Kl. Februar. also
schreibet: Romae natale Papiae & Mauri, militum, tempore Diocletiani,
qui videntes constantiam Saturnini & Sisinii, Martyrum, conversi sunt ad
fidem, statimque jussum est á Laodicio, Urbis praefecto, ut Os eorum, qui
Christum confitebantur, cum lapidibus contunderentur, & retruderentur in
carcerem, ubi aptizati sunt â Papa Marcello. Iisdem poenè verbis utitur Ado.
Item den Bischoff Polychronio, Beda XII. Kl. Martii, ibi: In babylonia natale
Polichronii, E [955] piscopi ejusdem civitatis, qui,
praesente Decio persecutore, ore lapidibus laeso manibus extensis, oculos ad
coelum elevans emisit Spiritum. Deßgleichen S. Felici presbytero. Martyrolog.
Rom. IX. Kl. Jul. weiter Graciliano, und der Jungfer Felicissimae, Martyrolog.
Rom. prid. Id. Aug. wie auch S. Zenoni, Martyrolog. Rom. XI. Kl. Januarii, ibi:
Nicomediae passio S. Zenonis militis, qui cum Diocletianum Cereri immolantem
derisisset, maxillis confractis, dentibusque excussis capite truncatus est.
D. Casp. Sagittarius, de Cruciat. Martyr. c. 16. §. 28. & seqq. us??? 33.
II. Ferner sind die Zähne ausgeschlagen und ausgebrochen worden der H.
Apolloniae, einer betagten Jungfer / zu Zeiten obgedachten Käysers Decii.
Dionys. Alexandrin. Epist. ad Fabium Antiochenum, apud Euseb. lib. 6. c. c. 41.
Niceph. lib. 8. c. 30.
Der Anastasiae, Fabroniae, und andern mehr.
Gallon. de Cruciat. Martyr. pag. 420.
III. In Hißpanien wird demjenigen / welcher einen Mein-Eyd begangen / oder falsch
Zeugnis / auch nur in civilibus gegeben / der fünfte Theil der Zähne zur Straffe
ausgebrochen.
Covarruv. ad c. quamvis de Pact. in 6 part. 1. §. 7. n. 9. Zahn, de Mendaciis,
lib. 3. c. 17. n. 21.
IV. König Johannes in Engelland / als er Anno 1206. mit König Philippo in
Franckreich kriegete / und dieser ihm die Normandi wegnahm / hat er aus Mangel
Geldes die Juden angegriffen / und ihnen ihre Barschafft wegnehmen lassen. Ein
reicher Jude aber hatte sein Geld versteckt / und konte niemand erfahren / wo er
solches hingethan. Der König ließ ihn gefangen setzen / und alle Tage einen Zahn
ausbrechen / biß er es anzeigte. Da man ihm nun sieben Zähne also mit grossen
Schmertzen ausgebrochen / war er froh daß er die verborgene Schätze hervor that
/ welches er auch wohl hätte vorher thun / und die Zähne behalten können.
Gotefrid. Hist. Chron. pag. 570.
V. Zu Ardebil in Persien hat man einen Wucherer / so Monatlich anderthalben
Thalr. pro cento genommen / mit einem Hammer die Zähne ausgeschlagen.
Erasm. Francisci, in Neu-Polirten Geschicht-Kunst und Sitten-Spiegel / lib. 2.
disc. 8. pag. 403.
|| [956]
VI. In der Insul Sumatra befleißiget sich das Frauenzimmer auf schwarze Zähne.
Weil sie ihnen aber von Natur Schnee-weiß wachsen / so lassen sie ihnen selbige
ausreissen / schwartz geätzte güldene / silberne oder stählerne dafür einsetzen
/ und solches deucht sie der gröste Zierath zu seyn.
Erasm. Francisci, in ausländischen Suten Spiegel / lib. 2. cap. 35. pag. 802.
VII. Von einen Affen-Zahn / welcher in der Insul Zeilan vor diesen auf den hohen
Berg pico d' Adam in einen Kloster aufgehaben / mit köstlichen Edelgesteinen in
Gold gefasset / verwahret gewesen / und für das allerkostbareste Heiligthum in
gantz Indien / auch eine grosse Wallfarth dahin gehalten / nachgehends aber Anno
1554 von den Portugiesen weggenommen / und von den Indianern 700000. Ducaten in
Gold davor gebothen / von dem Portugiesischen Vice Roy in Goa, nachdem der
Ertz-Bischoff Don Caspar nicht leiden wollen / daß er zu ferner Abgötterey
zurück gegeben werden solte / Beyseyns der Indianischen Abgesanten zu Pulver
verbrant / und solcher theils in die Lufft / theils in die See zerstreuet worden
/ auch wie nicht lange hernach ein Benjane einen andern Affen-Zahn vor den
ersten ausgegeben / der eben also verehret worden / vide
Dn. Francisci, cit. Oper. lib. 3 p. 1029. & 1030.
VIII. Deßgleichen von einen güldenen Zahn / welchen eines armen Bauten Kind in
Schlesien Anno 1593. in Munde gehabt / berichtet
Zeiler, Epist 78 pag. 48. ibi??? alleg.
Wie auch von Steinern Zähnen / so in einer Höle bey Palermo wachsen / und recht
als natürliche aussehen: Item von des Helden Stercotheri, so Anno Christi 400.
gelebet / Zähnen / deren einer 12. Daumen dick; Und von eines andern Riesens /
der Anno 1045. um Martini zu Krems in Oesterreich ausgegraben worden / Zahn / so
fünfftehalb Pfund gewogen / kan gelesen werden
Erasmus Francisci, im ausländischen Sitten-Spiegel / pag. 124. Theat. Europ.
part. 5. fol. 974.
IX. Plura de dentibus videsis apud
Besold. in Thes. pract. & Dither. in. contin. v. Zahnbrecher / Joh.
Georg. Schielen, in Biblioth. Enucl. pag. 225. Rosinum, Antiq. Rom. cum not.
Dempsteri, lib. 5. c. 36.
|| [957]
ubi inter coetera affert, moris fuisse, dentes, ut nitidiores fierent, urinâ
quotidie, aut rebus aliis putidissimis levigare.
Paul. Zachiam, Quaest. Medico-Legal. pag. 212. 322. 414. 444. 565. & 638.
CAPUT XLVI.
Von der Schande des Bart-Speiens / und einer besondern Straffe mit Menschen
Speichel. Item DE BARBA PICE ILLITA.
I.
WEnn der grosse Mogol in Indien einem vornehmen Bedienten zwar das Leben
schencket / und dennoch einen mercklichen Schimpf erweisen will / so befiehlet
er jemanden / der dem Verwircker öffentlich muß in den Bart speien. Welches der
Orthen vor die allergrösseste Schmach gehalten wird.
II. Wie dann das ins Angesicht speien in Orient auch unter den Juden schon vor
langen undencklichen Jahren / bey einer hefftigen Ausschändung / gebräuchlich
gewesen ist. Daher der Messias im 69. Psalm v. 9. klaget: Mein Angesichte ist
voller Schande / anzudeuten / daß diejenige Schmach / so den Gottes lästerern /
und andern losen Leuthen gebührte / nemlich der Jüdische Speiche / ihm in sein
heilig und und unschuldig Angesicht gefallen. Und von der aussätzigen Mir Jam
spricht GOtt: Wenn ihr Vater ihr inß Angesicht gespeiet hätte / solte sie nicht
sieben Tage sich schämen.
Numer. c. 11. v. 24. Erasm. Ftancisci, in Neu-Polirten Geschicht-Kunst- und
Sitten-Spiegel / fol. 390.
III. Bey den Griechen war auch gebräuchlich / daß / wenn sie einen unsinnigen [958] Menschen / oder einen / der die Schwere Noth hatte /
sahen / ausspützeten / welches in sinum spuere genennet wurde.
vid. Plautum, in Captiv. act. 3. Scen. 4. v. 18 ibi??? Taubmannum, p. 231. Plin.
lib. 28. Hist. Nat. c. 4. Joh. Pfeiffer, antiq. Graec. Gentil. lib. 1. c. 61.
pag. 174.
IV. Anlangend die besondere Straffe mit Menschen-Speichel / schreibet davon
Hieronym9: Er habe gelesen / daß die Juden aus Verbitterung den frommen Hur,
dessen Ex od. 17. vers. 10. & 12. gedacht wird / als er sie / wegen der
Abgöttische̅ Kälber Messe / ernstlich gestrafft / diesen Tod
angethan haben / daß sie mit ihm zu einer tieffen Gruben gelauffen / und die
gantze Gemeinde beruffen / die alle S. V. ihren Schleim und Rotz auf ihn speien
und ausschneutzen müssen / biß er in solchen Stanck gestorben.
Franciscus Joseph. Roth / in der 13. Paßions-Predigt / super Matth. Stiefler / im
Geiftl. Historien-Schatz / cap 36 pag. 2236.
V. Die Bactriani haben die Diebe an eine Seule gebunden / zu welchen ein jeder
hingehen / und sie ins Gesichte spützen müssen / daß sie abscheulich ausgesehen.
Alexander Sardus, de morib. & ritib. gentium, lib. 2. cap. 27. pag. 159.
VI. Ubrigens ist unter andern Grausamkeiten / womit die Christen bey den Käysern
und Tyrannen beleget worden / auch eine mit gewesen / daß sie ihnen die Bärthe
mit Pech beschmieren / und hernach anzünden / drauf die Haut oben vom Kopf herab
ziehen / und also jämmerlich ums Leben bringen lassen: Maßen solches in Actis
Stephani junioris, quae exant in Appendice Operum Joh. Damasceni, und bey dem
Surio, tom. VII. die XXVIII. Novemb. nach der Länge zu lesen. Wie auch im
Martyrolog: Romano, IV. Kalend. Septemb. von St. Hypatio und Andr. Presbyt. item
bey dem Ant Gallonio, in tr. de Cruciat. Martyr. pag. 364. und D. Casp.
Sagittario, eod. tr. c. 16. §. 49. pag. 181. mit mehrern zu sehen.
|| [959]
CAPUT XL VII.
Von Abschneid - und Zerreißung der Brüste. I.
DIe Anatomici berichten einmüthiglich / daß wegen der subcilen Adern eine über
alle maße hefftige Empfindlichkeit in den Brüsten der Weibesbilder zuverspühren
sey.
D. Casp. Sagittarius, de Martyr. Cruciat. c. 15. §. 26. pag. 161.
II. Welches die Heydnische Tyrannen bey Verfolgung der Christen angemercket /
indem sie den Weibesbildern / welche bey dem Christlichen Glauben beständig
verblieben / an den Brüsten über aus grosse Marter zugefüget / indem sie solche
grausam gezerret / zerristen / und endlich gar abgeschnitten: Immaßen solches
der Agathae, Anastasiae, Barbarae, Calliopae, Dorotheae, Encratidi, Erasmae,
Euphemiae, Epiphanae, Febroniae, Helconidi, Julianae, Macae, Salamonae, Theclae,
Theodosiae und andern begegnet / und wiederfahren / wie bey dem Anton Gallonio,
de cruciat. Martyr. pag. 417. & 418. Item supra laudat. D. Sagittario,
eod. tract. c. 15. pag. 161. & 162. nach der Länge zu lesen / welche
offtmahls so arg zugerichtet gewesen / daß man ihnen das Hertze im Leibe sehen
könne.
III. Ja es hat ein Ertz - Ketzermeister zu Zeiten Käusers Constantii solchen
gläubigen Weibern die Brüste zwischen den Deckeln der Kasten oder Laden
abgeschnitten.
Martyrolog. Rom. III Kal. April. Socrates, Hist. Eccles. lib. 2. c. 12.
IV. Die keusche Jungfer und Märterin Martina ward an vier Pfäle nackend mit
Händen und Füssen gebunden / und ihre zarte Haut mit Geisseln zerschmissen. Der
Hencker schnitte ihre Brüste in kleine Stückgen / und warf das fromme Mensch /
nach ausgestandener vieler Marter / aufs Feuer.
Joh. Bockold, in Beicht - Wecker. Ado Kal. Jan. D. Sagittarius, d. c. 15. § 30.
pag. 162.
|| [960]
V. Der gelehrte Mann / Raymund Lullus verliebte sich / als er noch ein Student
wahr / in eine von aussen sehr anmuthige Frau / und trachtete mit allen Fleiß
dahin / wie er sie zu seinen sündlichen Willen bringen möchte. Dieselbe aber /
der mit solcher Eitelkeit wenig gedienet wahr / entblößte / als ihm die hefftige
Brunst anstieß / ihre beyde Brüste / welche der Krebs durchfressen / und übel
stuncken / Lullus nahm diesen Anblick zu Hertzen / und lebte hernach keusch /
daß sich seiner viele verwunderten.
Kuhlmann / am 598. Tugend - Blat.
VI. Conon ward üm schwerer Anklage willen zum Tode verurtheilet / daß er im
Gefängniß sterben solte. Niemand durffte zu ihm gehen / denn seine Tochter Pero,
so ein klein saugend Kind zu Hauße hatte / und wurde doch allezeit von den
Hütern des Gefängnisses besuchet / damit sie nicht etwas Speise hinein trüge.
Als es sich aber lang mit dem Alten verzog / und niemand wissen konte / wessen
er doch geleben möchte / gab der Kerckermeister heimlich achtung / und befand /
daß die Tochter den alten Bater an ihrer Brust säugte / gleich wie ein Kind /
der zeigte dieses der Obrigkeit an / die solche Liebe ihr so wohl gefallen ließ
/ daß sie dem Alten das Leben schenckte / und die Tochter / wegen der erzeigten
Treue / reichlich begabte. Ein gleiches Exempel hat sich auch zu Rom begeben
[wiewohl nicht zu einer Zeit] doch mit diesen Unterscheid / daß eine Tochter
nicht den Vater / sondern die gefangene Mutter gesäuget / und beym Leben
erhalten hat.
Valer. Maxim. lib. 9. c. 4. Plin. lib. 7. c. 36.
VII. In der Landschafft Mingrelie, Georgie und Imirette, in Asien / bey dem Ponto
Euxino, ist der Gebrauch / daß / wen̅ sie mit einem sich in
Freundschaft und rechte Vertraulichkeit einlassen wollen / sie demselben
adoptiren / und an Kindes - statt aufnehmen: Zu dessen ungefäl schter
Bekräfftigung die Weiber ihm die eine Wartze ihrer Brust / üm an derseiben zu
saugen / in den Mund geben.
Ritter Chardin. in der Pers- und Ost - Indischen Reise - Beschreibung / pag. 207.
VIII. Die Stadt Wimpffen an den Neckar - Strohm / in Schwaben gelegen / hat vor
Alters Cornelia geheissen / und ist wegen ihrer Befestigung gleichsam ein Asylum
aller / die daherum gewohnet gewesen. Als aber Attila der Hunen König / mit
seinem Krieges - Volcke solche eingenommen / die Männer niedermachen / denen
Weibesbildern aber / nachdem sie geschändet / [961] allen die
Brüste abschneiden lassen / soll sie daher nachgehends Weibes-Pein / und
zusammen gezogen / Wimpffen genennet worden seyn.
Münster. Cosmograph. p. 599. M. Rudolph. Roth, in Attila Hunnor. Rege §. 29.
Und solches bestätige auch Oldenburger / in Limnaeo enucleato, lib. 4. c. 63.
anführende / daß deshalber noch auf den Rathhause zu Wimpfen folgende alte
Reimen zubefinden:
Cornelia war diese Stadt
Verzeitn genant / ietzund so hat
Sie den Nahmen verwandelt / heist
Winipfen / kömt daher wie man weiß /
Daß zu Zeit des Köngs Attila
Die Hungarn sie zerschleiffet gar
All Mannsbild sie tödten behend /
Die Weibsbildr erstlich all geschänd:
Hernach ihr Brüste abgeschnitten /
Darum die Stadt anf Ceutsche Sitten
Weibs - Pein / ietzt Wimpfen / sonst gar fein Mulierum poena zu Latein. IX. D. Benedictus Carpzovius gedencket in seiner Practica Criminali, part. 3. c. 133. n. 34. eines Kerls / der femem Weibe täglich dermaßen an ihren Brüste̅ gesogen / daß ihr die Leibes - Kräffte und ihrem Kinde die Nahrung dadurch gäntzlich entzogen worden. Welchen man durch Straffe davon abhalten müssen / weil er in Güte nicht davon abstchen wollen: das Urthel / von de̅ Churfürst Sächß Schöppen zu Leipzig indieser Sache gesprochen / lautet also: Ist hiebevorn H H. zu Kecht die Straffe des Gefängnisses auf einen Monat lang derowegen zuerkant worden / daß er sein Weib täg lichen dermaßen an ihren Brüsten ausgesogen / daß ihr die Leibes - Kräffte / und ihrem Kinde die Nahrung dadurch gänzlich entzogen worden. Und wiewohl vorberührtem Urthel auch dieses mit angehenckt worden / da er sich des Aussaugens seines Weibes ferner nicht enthalten würde / daß er also dannn einer Loibes-Straffe gewärtig seyn solte; So hat er doch / als sein Weib anderweit auszusaugen sich unterstanden / daher sein Schweher [962] seine Tochter mit dem Kinde zu sich zunehmen verursachet worden sc. So wird vorgedachter H. H. von wegen berührtes seines unziemlichen Vornehmens anderweit auf zween Monat lang mit Gefangnis gestrafft / und darinnen mit Wasser und Brodt gespeiset / mit dieser fernern Verwarnung / da er in künfftigen davon nochmahls nicht abstehen werde / daß mit einer Leibes - Straffe wieder ihn verfahren werden soll / V. R. W. Ad requisitionem Quaestoris in Löbnitz / Mens. Mart. An. 1605. X. Heute zu Tage wenn ein Weibesbild einen grausamen Mord an ihren Mann oder Kindern begangen / und ihr unter andern die glüende Zangen-Risse zuerkandt werden / geschehen dieselbe auch an den Brüsten und Armen / wo es fleischicht ist.
CAPUT XL VIII.
Von Abhauung der Einger. I.
Unter andern Solennitäten / welche bey Ablegung eines Cörperlichen Eydes pflegen
vorzugehen / ist auch dieses eine mit / daß der Eyd-Schwerer den Daumen / item
den Zeige - und Mittel - Finger der rechten Hand / bey Absch werung des Eydes /
nebst den Arm in die höhe heben / und halten / den Gold - und kleinen Finger
aber in die Hand aber ein GOtt und HErr aller Dinge bedeutet.
Georg. Crauser, Horcolog. Christian. quaest. 8. pag. 52. & 53. D. Stryke,
de jure Sensuum, dissert. 7. c. 2. n. 39.
so daß Verstand dieser ist / als ob der Eyd - Schwerer sagte: So ferne ich falsch
schwere / oder gesch worne Eyde nicht / halte / oder auch die War [963] heit wissentlich und vorsetzlich verhele / so
straffe mich die heilige Dreyfaltigkeit an Seel nnd Leib / hier zeitlich und
dort ewig.
Rauchbar. Quaest. Jur. Civ. tom. 2. q. 2. n. 88. Bechmann, in Jur. Publ. exercit.
3. §. 5.
II. Und diese [Greek words] oder Aufhebung der
Hand scheinet ihrer Ursprung aus der heiligen Schrifft genommen zu haben / in
welcher solch Aufheben eben so viel ist / als schweren / Deuteron. c. 32. v. 40.
ibi: Dennich will meine Hand in den Himmel heben / und will sagen / ich lebe
ewiglich sc. Textus parallelus est. Num. 14. v. 20. Ezech. 36. v. 7. &
ibi glossamarginal. ich hebe meine Hand auf / das ist / ich schwere
Frid. Balduin. Cas. conscient lib. 2. c. 9. in fin.
III. Die Weibes - Bilder aber heben den Daumen und die zwey folgende Finger bey
dem Eydschweren nicht in die Höhe / wie das Mannes - Volck / sondern zum Zeichen
der Demuth legen sie solche aus die imcke Brust / und sprechen den vorgelesenen
Eyd nach.
Jerem. Setser, de jurament. c. 15 n. 20.
anzudeuten / daß / gleichwie sie mit den Fingern auf ihr Hertz / so in der
lincken Brust befindlich / zeigeten / also auch von Hertzen sie die Warheit
bekennen und aussagen wolten / bey Verlust ihrer Seelen Seeligkeit.
D. Stryke, d. tr. diss. 7. c. 1. n. 41.
Oder / daß der allwissende GOtt ein Hertzenkündiger / Actor. c. 1. v. 24. und
seine Augen viel heller seyn / als die Sonne / und sehen alles / was die
Menschen thun / reden / gedencken / und schauen auch in die heimliche Winckel /
Syrach. c. 23. v. 28. / dergestalt / daß ein solch Weib selbsten sich also
vermaledeyet: Wenn ich falsch schwere / oder die Unwarhelt rede / so sey
verflucht die Brust / die ich gesogen habe / und der Leib / der mich getragen
hat / Luc. c. 11. v. 27. Ja GOtt wolle mir versiegene Brüste / und einen
unfruchtbaren Leib geben. Hos. c. 9. v. 14. daß ich keine fröllche Kinder-
Mutter werde / Psalm. 113. v. 9. oder da ich ja solte gesegnet werden mit meiner
Leibes-Frucht / wie Rahel / auf den Platz bleiben möge. Genes. c. 35. v. 18.
Lib. 1. Sam. c. 4. v. 19.
Crauser, d. Horcol. q. 8. pag. 61. Henel, in otio Uratislav. c. 15. p. 117.
IV. Welche Ceremonie und Gebrauch / ob sie gleich Jacobo Eberten, in tract,
Ethic. de jurament. nicht allerdings gefallen / vielweniger die obige Aus [964] legung annehmen will / vorgebende / daß die
Urheber solchen Gebrauchs Heyden gewesen / die von der H. Dreyfaltigkeit nichts
gewust / sondern eine andere Erklärung mit folgenden Worten thut: INDEX
elevatur, aut imponitur Sacris, quod quem jurans sermonis sui testem vocat,
eundem vindicem esse velit, si fallat. medius, ut mentis atque affectuum
ostendatur integritas, quod media incedens via verum asserat. Jung verò
utrumque, ut significetur copulatio jurantis, & eonsensus cum eo, per
quem jurat.
Limnaeus. Jur. Publ. lib. 2. c. 1. n. 42.
so sind es doch feine Theologische Gedancken / dadurch die Heil. Dreyfaltigkeit
geehret / und derjenige / so da schweret / von den Mein-Eyd abgeschrecket wird.
M. Avianus, in tr. de jure jurand. p. 41.
V. Vocatur [Greek words], ein Cörperlicher Eyd.
L. 3. in fin. C. si minor se major. L. 1. C. si advers. vend.
VI. Bey den Käyserlichen Hoff-Gericht zu Rothweil ist üblich / daß / wenn ein
Weibes-Bild ihre Güther verkauffen / oder sonst beständige Verzicht in ein und
andern thun will / solches mit Hand und Mund / mit Zopf und Brust geschehen muß
/ wenn sie vorher auf Befragen gerichtlich bejahet / daß sie es aus guten freyen
Willen ungezwungen thue. vid. Ordin. Rotvvilens. part. 11. tit. 10. ibi: „daß
die Frau solch Verhaften / Vermachen oder Verzeichnen / oder was sie den thun
will / daß ihre Morgen-Gabe berühret / thue mit Hand und mit Mnnd / mit Zopff
und mit Brust / und ihres Curators oder Voigts Hand / gegen dem sie das thun
will. Und wenn darauf der Hoffrichter den Stab darbeut / so soll er den der
Frauen an der lincken Brust vornen setzen / und soll die Frau mit ihrer lincken
Hand greiffen zu ihren Haarlock oder Zopf des Haupts an der rechten Seiten / und
den Zopf oder das Haar ein wenig hervor ziehen / und mit der Hand den Stab und
die lincke Brust vornen begreiffen.
add. Wehmer, obsern. pract. v. mit Mund und Hand. &c.
VII. Vor Alters bey den Heyden musten die jenige / so einen Eyd schwuren / die
Finger auf ihrer Götzen Altar einem legen / oder denselben angreiffent: Quod
innuit Cicero, pro L. Flacco: is qui, si aram tenens juraret, crederet [965] nemo. per Epistolam, quod volet, injuratus probabit.
Cujus solennitatis etiam Virgilius, lib. 12. AEneid. meminit:
Tango aras, mediosque ignes & Numina testor.
VIII. Die Römer hielten bey den Eydschwur einen Stein in der Hand / den sie
hernach wegwurffen / mit diesen Worten:
Si te ego sciens fallam, ita me ejiciat Diespiter
Bonis, salvâ urbe & arce, ut ego hunc lapidem!
Welches auch geschahe / wenn sie Bündnis mit andern Völckern machten. Polyb. lib.
3. Hist. Pet Greg. Tholosan. lib. 50. Syntagm. Jur. Univ. c. 8. n. 5. Confer.
Matth. Wesenb. Pamtit ff. de jure jurand. n. 6.
IX. Die Athenienser, wenn sie schwuren / hielten in den rechten Hand einen
grossen Kieselstein / in der lincken aber ein Lamm / sagende / wenn sie falsch
schwören / oder das / was sie durch solchen Eyd versprochen / nicht hielten /
oder untreulich handelten / solte sie GOtt also hinrichten / wie sie dem Lamm
thun wolten / dem sie mit dem Kieselstein dem Kopf einschlugen / und
zerschmelterten. Auf welche Arth auch ihr General Hannibal geschworen / Livius,
lib. 1. decad. 2. Tholosan. Syntagm. Jur. Univ. lib. 1. c. 8. n. 11.
X. Die Juden legten bey den Eyd-Schwüren dem andern die rechte Hand unter die
Hüffte / wie die Exempel an Abrahams Knecht / Genes. 24. v. 2. item da Joseph
seinem Vater Jacob also geschworen / Genes. c. 47. v. 29. ausweisen und
bezeugen. Cujus rei hanc reddunt rationem; ideo videlicet tactis femoribus
jurasse Abrahami servum, quod inde proditurum esset semen in gentium
populorumque omnium benedictionem promissum. Setfer. de juram. lib. 1. c. 15. n.
12.
XI. Bey den Christen ist der älteste Gebrauch / daß sie bey Ablegung der Eyde die
Finger auf die Evangelia geleget / wovon man nicht alleine in Jure Canonico c.
hortamur 20. c. 3. q. 9. sondern auch Civili, als L. rem non novam 14 C. de
judic. L. 2. C. de jur jurand. calum. d and. L. cum furiosus 7. §. 5. C. de
curat furios. Nachricht findet. Zuweilen hielten sie auch besagte Evangelia beym
Schweren in der Hand / hinc formula jurandi. Unde jurans dico per Deum
omnipotentem, & haec Sancta quatuor Evangelia, quae in manibus meis
teneo. Gregorius, in c. quoties 9. c. 1. q. 1. In den Novellen geschiehet
derselben auch Meldung / als in Novell. 9. item Nov. 74. c. 5. & in Nov.
123. c. 7.
|| [966]
XII. Der Käyser beschweret die Capitulation nach der Crönung mit beyden auf den
Altar gelegten Händen / quem ritum ut & juramenti formulam refert
Melchior Goldast. Politisch. Reichs-Händeln / p. 1. p. 22. Dn. de Jena, de
Elect. Imper. Disp. 5. th. 9. Sleidan. de statu Religion. lib. 2. Die Geistliche
Churfürsten / oder Dero Abgesante / gehen alsdenn / nach vollbrachter Messe / zu
den Altar / darauf die Messe gehalten worden / woselbst vor dem Evangelio St.
Johannis: in principio erat verbum &c. so man ihnen fürleget / sie
schweren / dergestalt / daß sie ihre Hände mit Ehrbarkeit auf ihre Brust legen /
die Weltliche Churfürsten aber / ohne Unterscheid der Religion, solch Evangelium
mit ihren Händen berühren.
Aurea Bulla Caroli IV. tit. 2. & ad illam Aurumaeus, disc. 2. v. 7.
Die Bischöffe gebrauchen eben die Ceremonien, wie die Geistliche Chur-Fürsten.
D. Stryke d. diss. 7. c. 1. n. 20. 21. & 22.
quae ipsa pectoris tactio Episcopis ac Ecclesiasticis Electoribus honoris ac
reyerentiae causa videtur concessa.
Joh. Limnaeus, de J. P. com 1. lib. 2. c. 3. n. 41.
XIII. In der Cammer zu Speier / oder nunmehr zu Wetzlar / werden die Eyde auch
mit erhobenen Fingern geschworen / und ist weder Fürst / Graff / Freyherr /
Geistlicher / Edel oder Unedel davon befreyet.
XIV. Und ob wohl einsmahls ein Hof-Prediger an einen gewissen Orth sich weigern
wollen / bey dem Eydschwur die Finger aufzuheben / vorgebende / es sey nur eine
Ceremonia arbitraria, welche ad essentialia nichts thäte: So ist er doch /
seines Einwendens ungeachtet / zu solchen üblichen Gebrauch angehalten worden.
Leibius, Respons. Jur. 6.
ubi elevationem digitorum planè inter substantialia refert, & exemplum D.
Meifarti allegat, qui hac ipsa formâ, elevatis scilicet digitis, juraverat. Von
welchen auch nicht leicht abzusetzen / zumahl da GOtt undd ei H. Engel auch mit
erhobenen Händen geschworen / wie zum theil droben angeführet / und noch weiter
Exod. 6. v. 8. Apocal. c. 10. v. 5. Dan. 12. v. 7. zu sehen. Und wenn schon in
einem Urthel oder Bescheide die Worte / mit erhobenen Fingern zu schweren / aus
drücklich nicht enthalten: So wird es doch implicitè unter der gewöhnlichen
Formul, vermittelst gewöhnlichen Zeugen Eydes / oder vermittels eines
Cörperlichen Eydes / mit verstanden.
|| [967]
XV. Da aber einer durch einen Unglücks-Fall / u. nicht zur Straffe um seine
rechte Hand oder Finger an derselben kommen wäre / kan er wohl bey Abschwerung
der Eyde die lincke Hand und Finger aufheben und gebrauchen.
Speidel. in specul. jur. v. Hand. pag. 564.
XVI. An etlichen Orthen pfleget man bey den Eyd-Schwüren Lichter anzuzünden / und
wieder auszuleschen / darbey diese Worte brauchend: Eben so tilge der gerechte
GOtt deinen Nahmen aus den Lebens-Buch / und lassen dein Gedächtnis stincken /
so du mit Falschheit uns / deine vorgesetzten Obern / betreugst / oder mit
Unwarheit umgehest. Endlich werden die Kertzen auf den Erdboden geworffen / mit
Füssen drüber gangen / und geschicht folgender Wunsch: GOtt zertrete so dein
Glück und Wohlfarth / wenn du unrecht hast.
Christoph. Nicol. 3. Paßions-Predigt. M. Joh. Stiefler / Geistl. Hist. Schatz /
c. 11. pag. 469.
XVII. Die Reussen und Liefländer legen ein Stück ausgegrabenen Rasen [Turff] aufs
Haupt / nehmen einen Stecken / davon die Rinde abgeschelet / in die Hand / und
schweren / anzudeuten / daß / wo ihr Eyd falsch / sie und alle das Jhrige auch
gleicher gestalt verdorren / verschwartzen und verarmen möchten / ja sie setzen
auch hinzu: So ich unrecht schwere / gehe der Fluch über meinen Leib und Seele /
mich / meine Kinder / und alle meine Wohlfarth / biß ins neundte Glied.
Idem Ibidem.
Mit was vor Ceremonien die Moren schweren / und sich eydlich reinigen / kan man
lesen in Erasm. Francisci Guinesischen und Americanischen Bluhmen-Busch / part
2. pag. 72.
XVIII. Weil dann nun durch solch Aufheben der Finger der Schwerende GOtt zum
Zeugen anrufft / und auf demsleben gleichsam weiset / daß er alle das jenige /
was er versprochen und zugesaget hat / treulich und unverbrüchlich halten / und
nicht darwieder thun wolle: So ist nicht unbillig / daß / wen̅ er
demselben freventlicher / muthwilliger und Eydbrüchiger weise zuwieder handelt /
an solchen aufgehobenen Fingern / andern zum Abscheu / Schrecken und Beyspiehl /
abgestraffet werde. Massen denn die Straffe der Abhauung der Finger bey ietzigen
Zeiten in zweyen unterschiedlichen Fällen noch üblich ist / als: Erstlich / wenn
einer vor Gericht üm Geld und Guthes willen / so in seinen Nutzen kommen / einen
gelehrten Meineyd geschwo [968] ren / oder einem das
Guth durch den Meineyd abgeschworen hätte / nach mehrer Ausweisung der
Peinlichen Hals - Gerichts - Ordnung Caroli V. art. 107. also lautend: Welcher
vor Richter oder Gerichte einen gelehrten Meineyd schweret / so derselbige Eyd
zeitlich Guth antrifft / das in des / der also fälschlich geschworen hat / Nutz
kommen / der ist zuförderst schuldig / wo er das vermag / solch fälschlich
geschworen Guth / dem Verletzten wieder zuzukehren / soll auch darzu verleumbdet
/ u. aller Ehren entsetzer seyn. [Concord. l. si quis. major. C. de transact.]
Und nach dem im Heiligen Reich ein gemeiner Gebrauch ist / solchen falschen
Schwerern die zween Finger / damit sie geschworen haben / abzuhauen / dieselbe
gewöhnliche Leibes-Straffe wollen wir auch nicht ändern.
Schepliz, ad cap. 45. §. 1. Prompt. Juris Clameri. Henel. in otio Uratislav c.
15. p. 118. Gryph. de Weichbild / c. 67. pag. 167.
Perjurium enim grave & atrox est delictum, ita ut ipso homicidio, propter
animae periculum & interitum, dicatur gravius.
Tiber, Decian. lib. 6. c. 9. n. 1. Rauchbar / part. 2. q. 2. n. 35.
Definiri solet mendacium jurejurando firmatum, ad cujus essentiam
DD requirunt dolum & fallendi animum.
Setser, lib. 1. c. 27. n. 2. pag. 242. de Jurament. Matth. Steph. ad art. 107.
const. crim. pag. 126.
Vox einen gelehrten Eyd schweren / nihil aliud significat, quam Juramentum ex
praevia informatione praesttare;
vide Dan. Clasen, ad d. art. 107. pag. 392. & 393.
aliàs Jure communi Civili poena perjurii est fustium castigatio,
L. si duo 13. §. fin. ff de jure jur.
Item temporale exilium,
L. ult. ff. de crimine stellionat.
Divina ultio,
L. 2. C. de jurejurand. & L. c. C. ad L. Jul. Majest. Schneidewin, ad §.
postulante n. 117. Instit. de actionib. Fichard. cons. 148. n. 5. vol. 2.
Jure Pontificio est excommunicatio.
c. ult. 22. q. 1. c si quis convictus, in pr. c. parvuli v. & qui semel.
item c. si quis Laicus, 22. q. 5.
Clericus autem perjurium committens deponitur,
d. c. si quis Laicus v. Episcopus presbyter.
|| [969]
Hodiè verò poena est arbitraria, puta relegatio, carcer, aut mulcta pecuniaria.
Carpz. I. P. F. part. 4. c. onst. 48. def. 6 ibi??? praejudicium.
Wenn aber einer einen falschen Eyd geschworen / daraus weder ihm Nutzen / noch
einem andern Schade zugewachsen / wird er mit der in dem 107. Articul
angeführten Straffe nicht / sondern mit einer gelindern / als Landes-Verwelsung
oder Gefängnis beleget.
D. Clasen, cit. loc. pag. 396.
Allwo er anführet / daß Anno 1672. den 27. Febr ein solcher Casus bey der
Juristen-Facultät zu Helmstet vorkommen / daß ein Bürger zu Hallensleben eydlich
verneinet / daß er seines Schwagers Hure nicht nach Braunschweig geführet /
welches er aber doch hernach gestanden / und vorgeschützet / daß sein Schwager /
als ein Gelehrter / ihm weiß gemacht / es hätte mit solchen Eyd nichts auf sich
/ und er also vermeinet / selbigen wegen des verdächtigen Ehebruchs zu
entschuldigen / welchem nur Gefängnis-Straffe zuerkant worden.
XIX. Der andere Fall ist / wenn jemand bey der Landes-Verweisung / oder sonsten
eine Urphede schweret / weder die gefängliche Enthaltung / noch auch ander aus
gestandenes Ungemach / wieder rechtlich zuanthen / sondern an Gleich und Recht
sich begnügen zu lassen / oder aber / wen er geschworen / er wolle in so viel
Jahren / oder wohl gar Zeit seines lebens / ohne speciale Erlaubnis der hohen
Obrigkeit / nicht wieder ins Land / draus er verwiesen worden / kommen / keines
derselben aber hält / sondern wissentlich und muthwillig darwieder handelt /
sich selber verbothener Weise rächet / oder ohne Scheu im Lande sich wieder
einfindet / da ihm den mit guten Fug und Recht seine Finger / so er bey
Abschwerung der Urphede aufgehoben / kürtzer gemachet werden.
Juxta Ord. Crim. art. 108. ibi:
So aber einer eine Urphede mit Sachen / darum er das Leben nicht verwircket hat /
fürsetzlichen und frevendlichen verbreche / der sol / als ein Meineidiger / mit
Abhauung der Hand / oder Finger / und andern gestraffet werden. Mit welchen auch
die Chur-Sächß. Constitution 48. part. 4. überein kommet / hisce verbis: Die /
so auf einen geschwornen Eyd verweiset / wissentlich wieder kommen / sollen mit
Abhauen der zwey forder Finger / damit sie geschworen / anderweit verweiset
werden. Wann aber der Verwiesene zum andern mahl wieder käh [970] me / soll ihm nochmahls ewige Landes-Verweisung mit
Staupen-Schlägen zuerkant werden. Würde er aber zum drittenmahl in das Land
kommen / so soll er seiner wiedersetzlichen contumacien / auch des reiterirten
Meineyds halber / mit dem Schwerd von Leben zum tode gestrafft werden. Und soll
eine jegliche Stadt / Ambt und Gerichts-Herr dem andern zu erkennen geben / und
drauf Achtung haben / damit die Verwiesene in der Zeit / so ihnen aufferleget /
gewislich reumen / und aus dem Lande kommen / und da solches nicht geschehe /
soll der Verwiesene von einem jedem Gericht eingezogen / und zu ordentlicher
Straffe gebracht werden.
XX. Man hauet ihnen aber die beyde gantze Finger nicht glat herab / als den Zeig-
und Mittel - Finger / sondern nur das oberste Gelenck von jedem / und verweiset
sie wieder aufs Neue.
Carpzov. J. P. For. part. 4. Const. 48. def. 2. Dither in contin. Besoldi v.
Abhauung der Hand pag. 75.
Ita Scabini Lips. contra A. L. M. octob. 1579. pronunciarunt. Verb. sent: Ist A.
L. nach geleistetem Urphede des Landes verwiesen worden / deme aber zuwieder er
sich unlängsten alhier betreten lassen sc. So wird er / wegen solches begangenen
und bekanten Meineyds / Abhauung der förder Glieder der beyden Finger / damit er
geschworen / anderweit des Landes billich verwiesen V. R. W.
XXI. Wenn aber einer im Churfürstthum Sachsen nur aus dem Weichbild verwiesen ist
/ und er kömmet wieder / werden ihm die Finger nicht abgehauen / sondern er nur
des Landes ewig verwiesen.
Idem Carprov. d. p. 4. Const. 48. def. 4. ibi??? praejudicia.
XXII. Ebenmessig wird derselbe damit verschonet / welcher nicht dolosè sich
wieder eingeschlichen. Ita Scab. Lips. in causa H. N. zu Leipzig M. Jan. Anno
1636. [verb. sent.] Ob nun wohl Inquisit solcher Urpheden zu wieder / sich in
diesen Landen wiederum betreten lassen; dieweil er aber dennoch darneben zu
seinem Behelff fürwendet / daß er den Eyd anderer Gestalt nicht verstanden / als
daß ihme nur allein anher zu handeln verboten worden: Immassen er auch üm keiner
andern Ursache willen wieder anher kommen / den̅ daß er seine
Schulden bey den Juden einmahnen wolte sc. So verbleibet Inquisit gestalten
Sachen nach / mit abhaung der förder Glieder der beyden Finger / damit er
geschworen / verschonet. Er wird aber gleichwohl des Landes anderweit billig
verwiesen / und darneben [971] ihm mit allen Ernst untersaget
/ sich ausserhalb Landes die Zeit seines Lebens aufzuhalten / damit nicht
künfftig / wenn er zum andern mahl wiederkomme / die Straffe des Staupenschlages
/ Inhalts Chur Fürstl. Sächß. Constitution, an ihm volstrecket werden möge. V.
R. W.
Carpzov. d. const. 48. def. 15.
XXIV. Begebe es sich den auch / daß solche Person entwerder durch einen Unfall /
oder aber auch Meineydes halber / diese 2. Finger schon verlohren hätte / werden
derselben nicht noch andere zween abgehauen [wie wohl teste Colero part. 1.
Decis. 114. n. 9. der Schöppen-Stuehl zu Jena Anno 1579. M. Novemb. also
gesprochen] sondern diese in eine andere Straffe verwandelt / als etwan in den
Staupenschlag / wie Hartmann Pistor. obs. 188. n. 3. will / oder aber / wie
Carpzov. Quaest. 47. n. 37. & q. 40. n. 47. am besten davor hält / daß
in solchen Fall dem Reo die Leibes-Straffe gar erlassen / doch nach geschworner
Urphede des Landes wieder zu verweisen / mit der angehengten Commination, Bedroh
- und Verwarnung / daß wen er sich wieder einschleichen oder betreten lassen
würde / er so dann unfehlbarlich den Staupenschlag bekommen solte.
Henr. Günth. Bottich. disp. Inaug. de Amput. memb. in his, qui delinq. th. 18.
XXV. Ferner finden sich auch zauberische Abschneidungen der Finger / als der
Diebes-Däume.
Tiraquell. de Nobil. c. 20. n. 114. Joh. Praetorius de pollice pag. 151.
Imgleichen wenn Räuber und Mörder schwangere Weiber bekommen / dieselbe
aufschneiden / die Kinder aus dero Leibern nehmen / ihnen die Hände abhacken /
die Finger mit Wachs / in des bösen Feinder Nahmen / überziehen / und
Diebes-Lichter draus machen / welche sie in den Häusern / da sie stehlens halber
ein brechen / anzünden / und da durch machen / daß die Leute in einen tiefen
Schlaff fallen / und sich nicht ermuntern können.
Carpzov. part. 1. pr. Crim. quaest. 22. n. 59. 60. 61.
Alwo er n. 62. folgendes Urtheil / so der Schöppen-Stuehl zu Leipzig Anno 1605
mens. Novemb. nach Wolckenstein gesprochen / anführet: Hat M. W. in scharffer
Frage bekand / daß er nebst seinem Gesellens Z. S. Eheweib uf der Strassen
erwordet / und ins Wasser geschleifft / dieselbe aber zuvor ausgezogen / und ihr
mit seinem Messer ein Stück aus dem Halse / und die lincke Brust abgeschnitten /
sein Geselle aber mit seiner Art ihr den [972] Leib
aufgehauen / und das Eingeweide / Hertz / Lunge und Leber heraus geriffen / in
Meinung die Leibes-Frucht darinnen zu suchen / von derselben die Händlein
abschneiden / und Lichtlein daraus zu machen / damit sie ihre Dieberey desto
besser vollbringen könten. Desgleichen die abgeschnittene lincke Brust einen
Hund fressen zulassen / damit derselbe die Leute auf der Strassen anfallen
sollen / und sie solche desto besser fällen mögen sc. So möchte er von wegen der
an oberwehnten Z. S. Eheweibe begangenen und bekanten erschrecklichen Mordthat /
zu Feimstat geschleifft / und mit dem Rade vom Leben zum Tode gestraft werden.
Et in causa Simili nach Merseburg an Küchenmeistern / Mens. Frbr. Anne 1608.
Mit welchem fast überein kommet / was Franciscus Torreblanca, in Epitom.
Delictor. cap. 22. allwo er de maleficio somnifico handelt / Nrol. 11. &
seqq. usque 14. pag. 224. setzet / nemlich: Hoc maleficium fomnificum variè fit,
scilicet per appensionem membrorum alicujus cadaveris, ut narrat Caesarius
Cister. lib. 6. Miracul. c. 10. aut certis accensis luminibus, quae Apulejus, in
Asin. Aur. lib. 1. appellat nebulas somnii. Interdum accedunt pedes vel manus
mortuorum, inunctae prius oleo quodam à Daemone accepto, vel ad singulos digitos
candelis affixis, ut ex Sagarum confessionibus observat, Remigius, lib. 2.
Daemonol. c. 3. &. 4. Interdum facibus excantatis de certo genere
lychni, & nota sibi pingvedine, ut singula comprobat exemplis Mart. Del
Rio, lib. 3. Magic. p. 1. q. 2. Et his utuntur, ut ipse ait, vel accensis sibi
praelucentes, vel eas domi certo loco defigentes accensas, & sopor
durat, quamdiu lumen illud ferale: ad quod spectat Medea, apud Ovid. in Herois
Flammea subduxi medicato lumine somno
Et tibi quae raperes, vellera tuta dedi.
XXVI. Sonsten haben sich auch einige in der ersten Kirche gefunden / so ihnen
selbsten die Finger abgeschniten / dannenhero die Frage entstanden / ob dieselbe
auch / als Verstümmelte / zum Priesterthum zubefördern? die Canones in 6. 6.
& 11. dist. 55. distinguiren hie / ob einer aus Vorsatz und mit guten
Willen sich die Finger abgeschnitten / oder ob es unversehens und durch einen
Zufall geschehen? Bey dem ersten wird er nicht zugelassen / ja wenn er schon in
Clericatu ist / wird er vor untüchtig geachtet und entsetzet. Im letztern Fall
aber wird er nicht allein admittiret / sondern auch darinnen ge [973] dultet / wie die Päbste Innocentius und
Stephanus verordnet. Es setzen etliche hie entgegen das Exempel St. Marci,
welcher / wie in der Kirchen-Histori zu lesen / ihm selber einen Finger
abgeschnitten / damit er zum Priesterthum incapabel werden möchte / so aber
dennoch darzu investiret worden.
Aber die Glossa add. c. 6. dist. 55. antwortet / daß solch einig Exempel keine
Folge machen könne: Hinc cui medietas palmae, licet casualiter cum digitis
abscissa, propter debilitatem & deformitatem membri Missam celebrare
Pontificii non admittunt, licet coeteris officiis sacerdotalibus praeesse
possit.
c. 2. X. de cler. aegro.
An is, cui digitus abscissus, sanus reputetur, disces ex L. 10. pr. ff. de aedil.
Edict.
XXVII. Von der Emenda, Busse / Kahr und Wandel / welche derjenige / so einen
andern den Daumen / Finger und andere Glieder des Leibes durch Schlägerey und
Verwundung verderbet / unbrauchbar gemacht / abgehauen oder ausgestochen / vor
diesen nach Sachsen-Recht praestiren / leisten und gut thun müssen / kan gelesen
werden
Carpz. part. 2. q. 99. von n. 31. biß 43. und andere DD. so er allda allegiret.
Welches aber per Constit. Elect. 42. part. 4. geändert / und dem arbitrio
judicis, zum Erkäntnis anheim gegeben worden.
XXVIII. Vor Alters haben die Heyden die fünff Finger an ieder Hand der Göttin
Minetvae, als heilig / zugeeignet.
Servius, in 7. Eclog. Virgilii, Alex. ab Alex. lib. 4. gen. dier. c. 26. pag.
606.
Hatten auch ihre eigene Namen / als der Daume Pollex oder [Greek words], quasi altera manus, cujus adjumento reliqui digiti
reguntur, & qui socius & adjutor est in unaquaque re.
Macrob. lib. 7. Saturn. c. 13. & Pollux, lib. 2. Onomasticôn.
Der Zeige-Finger Index oder Salutaris.
Sveton. in Augusto c. 80.
Cujus interpres Beroaldus putat, hunc ita vocari, quod silentium indicet. Hinc
Apulejus, lib. 1. Metam. At ille digitum à pollice proximum ori suo admovens,
& in stuporem attonitus: Tace! Tace! inquit. Alii ab indicando vel
exprobrando deducunt, quo usum esse crassum oratorem Cic. lib. 2. [974] de orat. & Quintilian. lib. 11. c. 3.
notificant. Huc quoque pertinet illud Juvenalis, Satyr. 1.
Digito compesce labellum,
Accusator erit, qui verum dixerit, hic est.
Atque illud Ovidii lib. Metam. 9. non longè à fine, ubi Harpocratem silentii
significat, qui digito ad os apposito pingebatur:
Quique premit vocem digitisque silentia svadet.
Martius Septimius, welcher ein Grob-Schmid / hernach aber Käyser worden / wahr an
seinen Zeige-Finger so starck / daß er einen beladenen Karren samt dem Pferden
damit zurück stossen / und auf eine andere Stelle versetzen konte: Ja wenn er
iemandten nur einen eintzigen Schlag mit solchen Finger gab / wahr es eben / als
wenn man ihn mit einen Stab Eisen oder grossen Prügel geschlagen hätte / drum
man auch sagte: Er hätte nicht Adern / sondern eiserne Nerven in den Fingern.
Trebellius Pollio, in ejus vita. Käyser Tiberius konte mit seinen Zeige-Finger
einen frischen Apffel zerreiben. Sveton. in vita illius c. 68. Käyser Claudius
Secundus hatte solche starcke Finger / daß er offt auch nur mit einen Schnall
oder Nasestüber / den Pferden und Maulthieren die Zähne auschlagen konte. Cit.
Pollio, in descript. ipsius vitae. Hingegen hat Käyser Augustus solchen
Zeige-Finger nicht wohl brauchen können / wie gedachter Svetonius in seinem
Lebens - Lauf meldet / c. 80. Der dritte oder Mittel-Finger war genennet
Famosus, petulans & libidinosus: Weil / wenn sie einen beschimpffen /
honecken und verächtlich halten wolten / den Mittel-Finger ihm entgegen hielten
/ die andern Finger aber einwarts schlugen / eben als wenn man bey uns einen die
also genante Feige weiset.
Martial. lib. 9. Epigramm. 69.
Ostendit digitum, sed impudicum,
Alconti, Dasioque, Symmachoque.
Welches die Griechen, Symmachoque.
Welches die Griechen [Greek words] genennet.
[Greek words] enim praetentare est digito,
an gallinae ova conceperint, die Hüner befühlen / ob sie legen wollen.
Rhodigin. lib. 17. Antiq. lect. c. 12.
Sicut [Greek words], ubi quempiam flocci facere
ostendunt. Idem lib. 26. c. 21. Quare ab Atheniensibus medius Catapygos, quasi
Cinaedus & fcortum, adnominatur, quod infamiam incuteret, &
convitium faceret, Alex. ab Alex. gen. dier. lib. 4. c. 26. pag. 605.
|| [975]
Apud Graecos Sycophanta aut Hodidocos, qs. obsessor viarum & latro, vel
propudium, convicium censebatur maximum. Vid. omnino Athenaeum Dipnosophistarum
lib. 3. c. 3. Rhodigin. lib 18. c. 9. adfin. Erasm. in proverb. Sycophanta.
Sicut Persis virum ignaviorem, mulierem appellate nulla insignior contumelia
fuit. Herod. lib. 9. Tiraquell. in LL. connub. 9. Aud AEgyptios Asini nomen
objectare, magnum erat ingerere probrum, quod Typhonis hostis Osiridis colorem
ferret. Quare cum Persarum Regem Ochum summi dedecoris loco AEgyptii Asinum
appellarent, in tantum exarsit, ut diceret, faciam, ut hic Afinus vestrum bovem
depascatur, quid haud multò post, ingenti coactâ manu, occupata AEgypto, Apim
immolavit.
Rhodigin. lib. 30. c. 21.
Porrò Medius digitus, quia deses & ignavus in medio situs, nulli rei
adjumento est, idcirco despectissimus habitus. Qui etiam Verpus dicebatur:
namque Judaeis usque eo eviluit, ut interanea exulcerata & putrescentia
viscera illo reconderent & foverent.
Alex. ab Alex and. lib. 4. Genial. dier. c. 26. p. 608.
Verpus à verrendo podice dicebatur, quod potensis duobus aliis utrinque proximis
complicatis digitis ingvinis speciem quandam referat. Ob quam etiam causam
infamis à Persio, & impudicus à Martiale appellatur. Quod fit, ut Judaei
peculiari vocabulo Verpi dicantur, qui praescripto Legis praeputium pueris
praecidunt. Martial. Epigram. lib. 7. epigr. 81.
Dum ludit media, populo spectante, palaestra,
Delapsa est misero fibula, verpus erat.
Cumque reliquos auro gemmisque insignirent, hunc prisci Romani nudum &
honore destitutum reliquere, veluti infami contumelia notaretur-Galli verò
& Britanni medio tantum annulos adjiciunt, illum praecipuo honore
colentes. Plin. lib. 33. c. 1. Graecis verò medius non famosi nomen habet, sed
mediti: digitis enim apud illos haec indita fuere nomina [Greek words], ac si dicas, pollex, index, medicus, annullaris,
auricularis, oder wie man sie ietzt wegen Ansteckung der Ringe nennet:
Doctor, Mercator, Stultus, Studiosus, Amator.
Zeiler. Epist. 461.
Apud Pollucem haec fuere nomina: Antichir aut megas, der Daumen / Lichanos, der
Zeigefinger / Mesos, der Mittelfinger / Paramesos, der Gold [976] finger / und endlich Micros oder Parvus der kleine Finger.
Der Goldfinger ward von den Römern annullaris & medicus genennet / maßen
sie auch an demselben an den lincken Hand die Ringe trugen.
A. Gellius, lib. 10. c. 16.
Dessen Macrobius, lib. 7. Saturnal. c. 13. die Ursache anführet / daß nemlich ein
Nervus oder Aederlein von den Hertzen biß zu demselben Finger rieche / und eine
verborgene Zuneigung des Hertzens und Gehirns zu solchem Finger sich befinde.
Isidor. lib. 19. orig. c. 32. Vid. Joh. Phil. Pfeiffer / antiq. Graec. gent. lib.
4 c. 11. pag. 626. & 627.
Darüber aber Hieronymus Fabritius ab Aquappendente, ein vornehmer Professor zu
Padua / nicht einmahl gelacht hat / weil nichts dergleichen in dem menschlichen
Cörper bey der Anatomi sich finden / noch sehen lasse.
Zeiler, Epist. 63. & 461.
Der kleine Finger aber Auricularis, weil man mit demselben die Ohren zu reinigen
pflegte.
Alex. ab Alex. d. lib. 4. & c. 26. p. 609.
Man hatte auch vor Alters den Gebrauch / daß man mit Zück - und Winckung des
kleinen Fingers / einen zum Streit und Kampf ausfordere. Hinc Horatius, lib. 1
Serm. Satyr. 4. in princ.
Crispinus Minimo me provocat, accipe si vis,
Accipe jam tabulas: detur nobis locus, hora,
Custodes: videamus, uter plus scribere possit.
Ubi Acron & Porphyrion interpretes dicunt, eos solere minimo digito alios
provocare, qui volunt postendere, plus esse virium in suo MINIMO DIGITO, quam in
alterius toto corpore.
Tiraquell. in not. ad Alexand. ab Alex. c. 26. p. 609. lit. K.
XXXIX. In auctionibus & locationibus attolere digitum, se emptorem
& conductorem;
Cic. 3. in Verrem ibi: Ita??? renunciat Rabonius illam Decisionem tutoribus:
accurrunt tamen ad tempus tutores, DIGITUM TOLLIT Junius Patruus.
In certamine & pugna deditionem;
Persius, Satyr. 5.
Nil tibi concessit ratio? digitum exere, peccat!
|| [977]
[Nonnulli tamen hunc locum aliter explicant. Vide Interpretes add. Erasin Chil.
3. cent. 4 c. 14.]
Manum verò protendere, pacem peti significabant.
Quintil. lib. 11. c. 3.
XXX. Aus der Chiromantie setzet Francisc. Torreblanca, in tract. de Magia lib. 1.
cap. 9. n 40. von den Fingern folgendes: Digiti subtiles & malè ad
invicem cohaerentes, adeò ut aer transpareat notabiliter inter eos, significat
subtilitatem ingenii & curialitatem cum loquacitate: Sed contra digiti
grossi, & nimium adhaerentes, inter quos aër vix transpareat, hebetem
animum simul & avarum, cum invidentia ostendit. Digiti autem extensi
& recti bonam complexionem denotant, & subtilitatem ingenii:
curvi tamen & intrò versus palmam, auarum & cautum hominem
faciunt: reflexi autem ad dorsum manus, simplicitatem animi & parvum
ingenium portendunt.
XXXI. Decreto Alexandri Falsario cuidam Nervos digitorum incisos legimus apud
Salmuth.
ad Pancirolli Nov. repert. tit. 2. de porcellan. pag. m. 184. ex Lampridio.
Eandemque poenam Falsario Giessae Cattorum Anno 1663. infligi vidisse testatur
Dn. Georg. Ludow. Schelhas, Consiliarius Aulae Isnac-Affinis meus honorandus.
in Antropolog. MSC. cap. 23. obs. 4.
Digitis abscissis totius mannus utilitas tollitur,
Paul. Zachias. lib. 5. tit. 3. q. 6. n. 8.
In iis enim consistit praecipua manus utilitas.
idem. d. loc. n. 13.
XXXII. Zu Rom siehet man in der Frauen-Kirch / nicht weit von St. Sabinae Berg /
einen runden Stein liegen / derselbe hat Augen / Nase und ein offnes Maul.
Hierbey muste vor Alters ein Weib / wenn sie Ehebruchs angeklaget wahr / nieder
knien / ihre Finger drein stecken / und also schweren. Wahr sie ohne Schuld /
zog sie die Hand gesund wieder heraus / und erlangete grössere Ehre: Im Fall sie
aber das sechste Geboth übertreten / biß das Bild ihr die Finger ab. Wenn heute
diese Weise die Keuschheit zu probiren / noch üblich wäre / würden sehr viel
zerstümmelte Fäuste haben.
|| [978]
D. Bak, sup. Psalm 51. Erasm. Francisci, im Neu-polirt. Gesch. Kunst- u.
Sitten-Spiegel / lib. 2. pag. 357.
XXXIII. Apud Valerium Maximum, lib. 6. c. 3. C. Vettienus sinistrae manus digitos
sibi abscidisse memoratur, ne bello Italico militaret, quem Senatus publicatis
bonis in aeterna vincula conjecit.
XXXIV. Extat quoque Lex Constantini lib. 1. Cod. Theodos. de filiis militar.
apparitorum & veteranorum. Veteranorum liberos aptos militiae, quorum
quidam ut desides recusant militarium munerum functionem, quidam adeo ignavi
sunt, ut cum dispendio corporis militiae velint necessitatem evadere, jubemus,
si ad militiam inutiles, resectis digitis judicentur curialibus muneribus atque
obsequiis adgregari. Consimilia habentur in lib. 4. & 10. C. Theodos. de
tironibus. Sed longè severissima est lib. 5. d. tit. Si quis ad fugienda
Sacramenta militiae fuerit inventus truncatione digitorum damnum corporis
expedisse, & ipse flammis ultricibus concremetur, & dominus
ejus, qui non prohibet, gravi condemnatione feriatur. Videtur tamen, hanc poenam
locum habuisse in servis duntaxat, supra d. LL. verò in ingenuis.
add.
Sam. Puffendorff / de jur. Nat. & Gent. lib. 8. c. 2. pag. 1139.
XXXV. Anno 1624. im Octobr. hat einer von Adel in Lignitzischen einen Zauberer /
Großkopf genant / nebst Versprechung statlicher Verehrung schrifftlich ersucht /
ihm einen / mit Nahmen Georg Rudolph / der ihme sehr beschwärlich wäre / aus dem
Wege zu reumen. Solches hatte der Großkopf bald gemercket / daß es der Herzog
von Lignitz seyn muste. Hat es seinem Herrn Schaffgotschen offenbahret / und
dieser bald dem Hertzog seinem Schwager es zu wissen gemacht / worauf der von
Adel erfodert / verarrestire / und im December aus dem Gefängnis geschleifft /
auf dem Marckt ihme die zwey Eyd-Finger mit glüenden Zangen abgezwickt / darnach
enthauptet / endlich geviertheilet / und die Viertheile / auf Vorbitte des Herrn
Schaff-Gotschen / unter den Galgen begraben worden. Der Kopf aber wurde auf das
Heinauischen Thores Thurm auf eine eiserne Spille gesteckt.
Henr. Roch / in der Schles. Chronic. pag. 267.
XXXVI. Vor diesen schwuren die Soldaten in der Vestung Castell denen [979] Grau Püntern einen Eyd / daß sie dem Hause Oesterreich
wider sie nicht dienen wolten / hieltens aber nicht. Drauf wurden die
Mein-Eydige geschlagen / und wie man sie begraben / haben sie ihre Arme aus den
Gräbern / und ihre zwey Finger / zu Bezeugung des Mein - Eyds in die Höhe
gereckt.
M. Joh. Stiefler / in Geistl. Historien-Schatz / c. 11. pag. 479.
XXXVII. Eine Müllerin schwur einen Eyd zu Einsdorf / sie hätte sich mit dem
Müller nicht verlobt / legete die hand / wie beym Schweren der Weiber
gebräuchlich / auf die Brust / und sprach den Eyd nach. In vier Wochen wurde sie
hernach kranck / und lag lange darnieder / und konte man ihr die rechte Hand
nicht von der Brust wegbringen / starb also endlich / und ward mit der Hand auf
der Brust begraben.
Bütner, in Epitom. Histor. fol. 406. Matthaeus Hammer, in viridar. Histor. pag.
298.
XXXVIII. Die Völcker / welche an der eusersten Spitzen / gegen Sude̅ in Africaso das Vorhaupt der guten Hoffnung benahmet wird / wohne̅ / sehr grob / bestialisch und wild sind / Kaffer / oder
Hottentotten von den Holländern genennet werden / haben einen wunderlichen
Gebrauch / daß / wenn ein Mann oder Weib gestorben und begraben wird / alle
Freunde biß in den dritten Grad / und wenn es auch schon nur ein Kind von einen
viertel-Jahr wäre / ihrer alten Gewohnheit nach / ihnen den kleinen Finger an
der lincken Hand abhauen / und mit ins Grab zum Todten werffen. Wenn aber der
Verstorbene viel Vieh gehabt hat / und etliche Freunde nach sich verlässet: So
müssen dieselben / die solches Vieh erben / als eine Schwester von der andern /
eine Tochter von der Mutter / eine Mutter von der Großmutter / von jeden kleinen
Finger ein Glied ablösen lassen / ehe sie das Vieh ohne Vermachen / zu sich
nehmen dürffen. Denn der Krancke vermag auf seinem Todt-Bette nicht das
geringste wegschencken / als denen allein / die es als rechtmäßige Erben haben
sollen. Aber sie sehen nicht gern / daß jemand stirbet / darum lassen sie /
sobald einer kranck wird / den Wund-Artzt holen / welcher gantz kein Werckzeug /
noch einige Salbe bey sich führet / als nur ein scharffes zweyschneidiges
Messerlein / und ein langes Eisen / daß voran ein Knöpgen hat. Dieser lässet den
Krancken mit dem Messer die Ader / u. bren̅et am Arm mit den
glüenden Eisen einen Brandfleck / darauf er frisch gekochte Milch / mit einem
Kraut / welches allda wächset / trüpffen lässet. [980] Die
Wund-Aertzte kennet man an ihren vielfältigen Wurzeln und andern Sachen / die
sie um den Hals hängen haben / wie auch dergleichen Weiber. Sie leben sonst sehr
lange auf 80. 90. 100. 110. 120. ja mehr Jahre.
Eberhard. Guerner Happel. tom. 3 part. 1. Relat. Curios. pag. 98.
CAPUT XLIX.
Verhauung der Daumen und Zehen.
I.
VOr Alten Zeiten hatten die Uberwinder den Gebrauch / daß sie denen überwundenen
Feinden die Daumen und Zehen abhaueten / um sie dadurch zu Tractir- und Führung
der Waffen / wie auch zum gehen untüchtig zu machen / damit sie sich
ihrenthalben weiter nichts zubesorgen haben möchten.
Andr. Tiraquellus, in addit ad cap. 26. lib. 4. Genial. dier. Alexandr. ab
Alexand pag. 607.
II. Gestalt man denn auch ein Exempel in der Heil. Schrifft / und zwar im Buch
der Richter am ersten Capitel findet allwo der Stamm Juda / nachdem er wider die
Cananiter gestritten / und dem König Adoni Beseck von Beseck in der Flucht
ergriffen / die Daumen an seinen Händen und Füssen verhauen. Da gemeldeter Adoni
Beseck angehoben: siebenzig Könige [i. e. Fürsten] lasen auf [die Brosamen]
unter meinen Tisch / wie ich nun gethan habe / so hat mir GOtt wieder vergolten.
D. Amman nennet denselben / in Irenic. Num. Pompil. p. 252. König Pfotenhauer.
III. Käyser Justinianus hat etlichen Meutmachern zu Constantinopel die Daumen
ebenfals darum abhauen lassen / daß sie untüchtig wurden / ferner die Waffen zu
führen.
|| [981]
Landulph. Sagax, in Histor. Miscell. lib. 16. Corp. Jur. milit. cum not Petr.
Papp. von Tratzenberg / pag 610.
IV. Die Athenienser haben solches denen AEginetis, so von ihnen abgefallen /
gleichfals gethan / teste
Lud. Coel. Rhodigin. lib. 15. Antiq. Lect. c. 27. pag. 581.
ibi: Scimus decreto sancitum, ut AEginetis si caperentur, manus abscinderetur
dextrae pollex, quo ne gestare utique hastam possent.
add.
Petr. Gregor. Tholosan. lib. 35. c. 1 n. 35. c. 1. n. 35. Syntagm. Jur. univ.
Ingleichen ihren eigenen Soldaten / welche nicht treulich vors Vaterland
gestritten / die sie noch darzu auf die Galeen zum Rudern condemnirten.
AElian. lib. 2. var. hist.
V. Es haben auch vor Zeiten die Kriegesleuthe / wenn sie zum Fähnlein geschworen
/ den Daumen an der rechten Hand in die Höhe recken müssen: Dannenhero man viele
gefunden / die ihnen die Däume abgeschnitten / daß sie nicht mit in den Krieg
ziehen dürffen: Gestalt denn auch Käyser Augustus einen Römischen von Adel und
Ritter / daß er seinen beyden Söhnen um deßwillen die Daumen abgeschnitten /
alle seine Güther eingezogen / und ihn selbst mit den Güthern sub hasta
verkauffen lassen.
Sueton. in vita Augusti, c. 24.
VI. Ammianus Marcellinus, lib. 15. ad fin. nennet schertzweise diejenige / so
ihnen selber selber die Däume abgeschnitten / Murcos, hisce verbis: ad
militandum omnis aetas aptissima. Loquitur de Gallis: & pari pectoris
robore senex ad procinctum ducitur & adultus; gelu duratis artubus,
& labore assiduemulta contemplaturus & formidanda. Nec eorum
aliquando quisquam, ut in Intalia, munus Martium pertimescens, Pollicem sibi
praecidit: quos jocalite MURCOS appellant. Gratianus quoque, Valentinianus
& Theodosius de Murcis illis ad Eutropium praefectum praetorio in haec
verba rescripserunt, Leg. de Tironibus: qui spurca amputatione digitum declinat,
usum armotum non evadat, illa, quae vitat, sed insignitus maculâ, ferat
impositum militiae laborem, qui declinaverit.
VII. Etiam Arrius Menander Lege 4. ff. de Re milit. eum, qui filium debilitavit,
delectu per bellum indicto, ut inhabilis militiae esset, Edictum Trajan [982] deportasse ait. At Valentianus & Valens L. 5.
C. Theod. de Tironibus statuerunt, flammis ultricibus comburendum eum, qui, ad
fugienda Sacramenta militiae, truncatione digitoru̅ damnum
corporis expetiisset; & dominum ejus, qui non prohibuisset, gravi
condemnatione feriendum, hoc enim utuntur verbo: Cujacius, lib. 15. obs. ult. O
filius dicit, si homini digitus sit abscissus, membrisve quid laceratum, quamvis
consanaverit, si tamen ob eam rem eo minus ut possit, non videri sanum esse, in
L. 10. ff. de AEdilit. Edict. Catonem quoque scribere lego cui digitus i. e.
pollex de manu aut de pede praecisus sit, eum morbosum esse, quod verum est
secundum modò dictam distinctionem.
VIII. Pollex nomen habet ab eo, quod pollet, est promanus vel [Greek words], & dicitur secundum
excellentiam digitus, quoniam continet in se robur totius manus. Et pollex
sinistrae manus [Greek words] nominatur.
D. Amman. in Iren. Num. Pompil, pag. 282.
IX. Die Indianer hauen denen Mein-Eydigen die Finger an den Händen / und die
Zehen an der Füssen /
Alex. ab Alexand. lib. 6. Genial. dier. c. 7. Pappus, in not. ad Corp. Jur.
milit. pag. 280.
Item den Räubern die Daumen von beyden Händen ab.
Erasm. Francisci, in Neu-Polirten Geschicht-Kunst- und Sitten-Spiegel / lib. 2.
disc. 2 pag. 309.
X. POLTRONI vel POLTRONS sunt infames & abjecti homines, quibus cum
infamia ob certum crimen in Italia resecabantur olim Pollices, & ita
dicti, quasi POLLICE TRUNCATI;
AEgid. Menag. amoenit Jur. pag. 16. & 17.
qui, in Origin. Linguae Francicae, hoc vocabulum deducit ab Italico Poltro, quasi
dicas, qui semper pulvinar domi premit.
Dn. Sam. Puffendorf, de jur. nat. & Gent. lib. 8. c. 2. §. 3. in fin.
XI. D. Amman, d. tr. pag. 254. statuit, in Tortura forcipibus ferreis [mit den
Daum-Stöcken] pollices propterea comprimi, salvis aliis digitis, quia pollex in
furto committendo potissimam adhibet operam, uti supra c. 2 quoque dictum. Alià
dicitur POLETRUM, der Daumen-Stock / oder Daumen-Schraube / de quo
|| [983]
Casp. Manzius, Dec s. Palatin. Quaest. 88. per tot.
&
Besold. in Thesaur. Practic. & Dither, in contin. h. verb.
XII. Sonst war vor Alters der Daumen eine Anzeigung einer besondern Gunst und
Gewogenheit: Doch mit diesen Unterscheid / daß / die einander günstig waren /
die Daumen zusammen drückten: Die aber / so nicht gute Freunde / kehreten
dieselbe um Und ist also aus diesen Daumen Gebärden ein Sprüchwort worden / das
premere pollicem so viel als günstig seyn / convertere pollicem aber so viel /
als Feind und gehäßig seyn / bedeutet.
Plinius, lib. nat. hist. 28. c. 2. Henric. Salmuth, ad Panciroll. nov. repert.
tit. de porcellan p. 206. & 208.
XIII. Utroque pollice laudare perinde est, ac manu utrâque sublatâ, ac saepius
motâ laudare.
XIV. Bey den Türcken ist der Gebrauch / daß / wenn sie einander die Hand
darreichen / sie mit den Daumen und mittelsten Finger des andern mittelsten
Finger und Daumen ergreiffen / und fest zusammen drücken / biß es / in Abzeihung
des Finger einen Knipperling oder Schall giebt. Jeheller oder lauter nun das
Knipperlein schallet / je höher wird dasselbe als ein Zeichen der Freundschafft
geachtet.
Wilh. Joh. Müller, in Descript. Afric. part 1. c. 4. pag. 43.
XV. Es ist auch bey etlichen ausländischen Barbarischen Königen vor Alters üblich
gewesen / daß / so ofte sie miteinander einige Freundschafft und Verbünduis
gemachet / sie die rechten Hände zusammen gethan / die Däume gantz fest
aneinander gebunden / und mit einen Bande zugeschnüret. Wenn sich nun das Bluth
in das oberste Glied des Daumens gezogen / haben sie unter einander denselben
ein wenig verwundet / das Blut heraus gedrückt / und aufgeleckt / welches sie
darum gethan / damit diese ihre Freundschafft und Verbündnis / weil sie mit
ihren eignen Blut bekräfftiget / desto steiffer und fester möchte von den beyden
Theilen gehalten werden.
Tacitus, lib. 12. Annal. Alex. ab Alexand. lib. 2. Gen. dier. c. 2. Rhodigin.
Lect. Antiq. lib. 12. c. 12. Philipp. Camerar. cent. 1. Hor. Succis. c. 6. pag.
57.
Id foedus arcanum habebatur, quasi mutuo cruore firmatum. Hoc quoque apud Scythas
usitatum fuisse, apparet ex Luciano, in dialogo suo, cujus [984] titulus est: Toxatis sive amicitia, ubi eorum foedus ac jus
jurandum, quod maximum appellat, recensetur. Etenim, inquit Scytha illa
Lucianicus, simulat??? incisis digitis sanguinem in calicem destillaverimus,
summis??? intinctis gladiis, ambo pariter admoventes biberimus, non est
quicquam, quod deinde nos queat dirimere. Huc quoque Solinus, polyhistor,
spectasse videtur ubi de Scythis ita scribit: Haustu mutui sanguinis foedus
sanciunt, non sua tantum, sed Medorum quo??? usurpata disciplina. Simile quiddam
tribuit Posidonius, apud Athenaeum, Germanis, ferunt, inquit, hos in symposiis
benignè complexos, venas in fronte adscindere, & sanguinem defluentem in
poculo miscentes bibere, summum amicitiae terminum attigisse existimantes, cum
sanguinem vicissim inter se degustarint.
XVI. Einer solchen Manier hat sich auch Radamistus Pharasimanis / Königs in
Iberien / welche Landschafft heut zu tage Georgiana genennet wird / Sohn / wie
wohl lechtfertiger und betrieglicher Weise / wieder seinen Vetter Mitheridatem,
König in Armenien gebrauchet: Denn als er demselben weder durch Gewald / noch
Hinterlist bey kommen konte / stellete er sich / als wolte er die bisherige
Streitigkeit durch gütlichen Vertrag und Bündnis beylegen / verschaffte auch /
daß der gute Mithridates zu ihm auf ein Gespräch und Unterredung kahm. Als es
nun an dem wahr / das zu Bestetigung des Friedens beyde Könige ihre beyde Daumen
zusammen binden lassen wolten / stellete sich der / so das Band in händen hatte
/ als wenn ihm solches unversehens auf die Erde fiehl / wahr aber geschwinde her
/ und band damit dem Mitheidati die Füsse / daß er mit samt der Gemahlin und
Kindern von dem Radamisto gefangen genommen / und weggeführet wurde. Ob nun wohl
dieser ihnen versprochen / sie weder mit Schwerd noch Gifft zu verletzen / hat
er sie doch alle mit Küssen / so man ihnen über die Gesichte gelegt / ersticken
lassen.
Ex Baptista Fulgoso Camerar. d. cap. 57. And. Ehrens. lib. 9. memorab. exempl. de
proditione.
XVII. Wenn die Einwohner der Palm-Insel die alda ankommende Fremde in ihre Gunst
und Freundschafft aufnehmen / schneiden sie sich mit einen Scheer- oder
scharffen steinernen Messer in die Zungen / Hand / Arm / oder ander Gliedmaß des
Leibes / in Beyseyn solches Fremden / daß das Blut auf die Erde laufet / davor
haltende / es wehre keine rechte Freundschafft zu ach [985] ten / wenn nicht einer vor den andern sein Blut / ja Leib und Leben
lassen wolte.
XVIII. Diesen Gebrauch äffet der böse Feind nach / wen̅ er mit den
Zauberern und andern seinen lieben Getreuen einen Bund machet / da sie die
Obligation entweder gantz mit ihren Blut schreibe̅ / oder doch zum
wenigsten ihren Nahmen mit solchen unterzeichnen müssen. Speidel. in Spec. jur.
v. Hand. p. 562. Wie man dessen viele Exempel hat. Vide omninò Martin. Del Rio,
lib. 5. disq. Magic. q. 4. per tot. Item Joh. Henr Pott, de nefando lamiar. cum
diabolo coitu c. 6. n. 2. welcher letztere auch am Ende solchen tractats ein
Pacium / so ein zu Pignerol in Franckreich Anno 1676. gefangen sitzender Hertzog
mit den bösen Feind / seiner Erledigung halber / gemacht / anführet.
XIX. Hievon soll auch die Benennung Feudi Ligii herrühren / weil sonderlich in
dem Königreich Neapolis üblich ist / daß / wenn ein Vasall, der mit solchem
Feudo belehnet wird / und er den Eyd der Treue abschweret / seinen Daumen an des
Königs seinen binden lassen muß / welchen Process Jovianus Pontanus lib. 2. de
Rebus gestis Regis Ferdinandi, Alphonsi filij, also beschreibet:
Ursus Neapolim ad Regem profectus juravit de more Neapolitanorum Regum, in ejus
verba. Ritus verò jurandi verborumque hujusmodi est formula: Sedet Rex medius
regia in sella, editiore loco constituta: assident juxta primi ordinis optimates
ac proceres: stant inde purpuratorum frequentes ordines, loco quisque suo: Regis
ad pedes genibus innitens à dextra procumbit parte Epistolarum Magister qui nunc
Secretarius dicitur, sinistra Antistes Evangeliorum, libros Regio in sinu
astratos tenens, Horum medius genibus & ipse ille innisus procumbit, qui
in verba jurat, utraque manu libris adapertis imposita. Ibi Magister Epistolarum
verba praeit quae juraturus inverba sequitur. Igitur posteaquam Ursus Regios ad
pedes provelutus, palmam in codice utramq; expansam statuit, tum Magister verba
praeire coepit, Ursusque ea est securus: Ursus ego Ursus ego Ursinus Nolae
& Atripaldi Comes, Asculi, Lauri, & Fiorini Dominus illoru̅q; agrorum & finium civium ac popularium &c. Tibi
Ferdinando Regi, Liberisq; Successoribusq; in Regno Neapolitano tuis polliceor,
promitto, spondeo pro liberis successoribusq; in hisce item urbib???, oppidis,
agris, finibusq; meis, fidelem meq??? parituros, atq; imperata facturos cum
hisce Urbibus, oppidis, agris finibus popularibussque perpetua cum constantia
& fide. Siquid verò adversus Teve illosve parari fraudis, dolive
insidiarumve audivero, sciero, compertumve significatumve habuero: [986] indicaturum illud è vestigio, ac facturum palam
tibique illisque; officia demum obiturum meque illosque omnia domi forisque,
pace belloque, adversum quoscunque ac pro imperio, quae probi ac fidelis
subjecti jure lege naturae obeunda ac praestanda sunt Regi: Deumque his Opt.
Max. testem invoco, perque Sacrosancta haec Evangelia sciens, volens, libensque
verbis conceptis juro. Atque his dictis manus ipse è libris sustulit. Tum Rex
Ursi manus utriusque digitis pollicibus apprehensis, suosque intra pollices iis
insertis, devinxit illos suis, statuitque super Evangelia. Hic rursum Ursus
Magistro praeeunte verba: Ego me, inquit, cum liberis successoribusque meis
Ferdinandi Regis mei, Domini mei, liberorum ac successorum ejus Ligium Hominem
statuo, dedicoque, eumque me hîc sisto! Haec ubi ter dixit, Regios osculatus est
pollices, Rexque ore suo illius os excepit, moxque comiter appellatum dimisit.
Hic est usitatus jurandi mos in verba Regum Neapolitanorum, quique Ligios
illorum se faciunt, ipsum hunc servant. Dicti inde Ligii, quod ligatis Reges
pollicibus illos fidei, imperiisque sic suis vinciant, atque obnoxios statuant.
De origine vocis Ligii & Feudo Ligio vide quoque, quae habent Henric.
Rosenthal / in Synops. Jur. Feud. cap. 2. conclus. 4. & ejus Commentator
p. 31. & 32. nec non Simon Schardius, in Lexic. Jurid. voc. Ligius
& Ligium. Idem Carprov. disp. 2. feudal. thes. 23. & seqq. us???
27,
XX. Ferner haben die Alten den Gebrauch gehabt / daß / wenn sie Recesse,
donationes, Vergleichungen und andere Briefe von grosser Wichtigkeit verfertiget
/ und wächserne Siegel dran gehenget / zum Wahrzeichen und desto mehrer
Bekräfftigung / auf die lincke Seite solches Siegels einen Hügel oder Rücken von
Wachs gemachet und 2. 3. auch wohl mehr mahl die Däume hinein gedrücket / wie
man noch an vielen alten Briefen siehet. Hinc Belgae ante aliquot annos Literis
Regis Daniae non prius fidem habere voluerunt, quam pollicem impressisset cerae,
seu sigillo adjecto.
Joh. Praetor. de pollice, pag. 102.
XXI. Wenn man hiebevor die Wasser-Probe mit den Hexen vorgenommen / hat man ihnen
die Daumen an den Händen / u. die grosse Zehen an den Füssen kreutz weise
zusam̅en gebunden / u. sie also aufs Wasser geworffen. Sind
sie alsdann oben geschwommen hat man sie vor Rechtschuldige gehalten / in dem
das Wasser sie zur Straffe nicht annehmen wolte / sondern dem Feu [987] er vorbehielte. Suncken sie aber unter / hat
man sie / als Unschuldige loß gelassen.
M. Joh. Praetorius, in tr. de pollice, pag. 101. Michaël Paris Walburger de
Lamiis c. 8 §. 8. pag. 100.
XXII. Theils Gottlose Leuthe schneiden denen an Galgen hangenden Dieben die Däume
ab / miß brauchen dieselbe zur Hexerey / und andern verbothenen Dingen: Ja
theils hengen solche wohl ins Bier / wenn sie dasselbe ausschencken / in Meinung
/ es würde dadurch süsser und wohl geschmäckter / ginge auch desto eher ab und
aus / wenn aber solches erkundiget wird / werden die Bier-Wirthe mit
Staupenschlägen / Landes-Verweisung / oder einer hohen Geld Straffe beleget.
Zeiler Miscellan. v. Wein pag. 456. Georg. Groshein / in der Spruch-Postill /
part. 2. pag. 29. Mathesius, in postill. fol. 33. tom. 3. Joh. Praetorius in tr.
von Diebes-Daumen pag. 142.
Ein alt vorwitzig Mütterchen wolte auch gerne einen Diebes-Daumen haben /
vermeinende / dadurch kähme das Glück und Nahrung in ihr Hauß. Der Sohn stihlet
des Winters in der Nacht einen Dieb vom Gaigen / ter dem Ofen an die Wand / und
sagte zu der Mutter / sie solte hinter den Ofen suchen / da würde sie finden /
was sie bisher verlanget habe. Das Weib ging ohne Licht in finstern in die Stube
/ voller Freude̅ / in Meinung / der Sohn hätte den abgeschnittenen
Diebes-Daumen etwa an die Wand gehenckt / üm mehren ausdorrens willen. Wie sie
nun in finstern gantz alleine darnach greifft / fält der angelehnete Dieb auf
sie / drüber sie dermaßen erschricket / daß sie auf der Stelle tod blieb.
Idem Prator. in pollice c. 5. p. 145.
XXIII. Sonst berichtet Stiefler, in Loc. Theol. Histor. p. 68. daß die Diebe den
Gebrauch haben sollen / daß sie einem gehenckten Diebe den Daumen von der Hand
abschneiden / und wenn sie aus Stehlen gehen / bey sich stecken / alsden könne
ihnen ihr Anschlag nicht mißlingen. Nun trug es sich einsmahls zu / daß man
einen Strassen-Raüber solte sein Recht thun / und mit dem Schwerd das Leben
nehmen / derselbe / als er gleich jetzo die Galgen-Leither hinauf stieg / und
seines gleichen etliche da in der Lufft baumeln sahe / bekante er öffentlich /
daß er an diesen schmälichen Orte sich nicht befinden wolte / wenn er nur einen
dergleichen Daumen und Finger hätte / den er bisher bey [988] sich getragen. Ich hatte auch schon in Willen / sprach er / diesem meinem
künfftigen Nachbar / seinen Daumen vor etlichen Tagen abzuschneiden / ich war
aber zu lange gewest / denn da ich des Nachtes her kam / hatte ihn bereit jemand
vor mir geholet. Der todte Dieb / von welchen der arme Sünder redete / fing
Augenblicks an / und sagte mit grossen Erstaunen der ümstehenden Leuthe: Ja dein
Vater hat ihn heute vor neun Tagen geholet! also wurde beyde Vater und Sohn
zusammen gehencket / und brachte der betriegliche Satan / der durch den todten
Dieb redete / den jenigen / welchen er zuvor zu Stehlen geneiget und gereitzet
hatte / selber an Galgen. Idem refert Steinhard, in Epitom. Histor. de
pollicibus. Vide quoque M. Joh. Mich. Schwimmeri curiositat. physic. dissert. 5.
th. 2. §. 17. p. 82. Anno 1677. ante Paschatis Festum Zizae fur, aetat. 20.
suspendebatur, quem mater superstes seduxerat à juventute: quare etiam
captivabatur, tum quia natus tres calices prodiderat, abstrusos domi sub ligno,
sed de quib??? saltem duos repererant, ablatos furtim ex templis. Confessus
fuerat nequam, se adhibuisse ad praxin suam, tum propter felicitatem, tum
indeprehensibilitatem & pollicem furis, & pedem felis: verum à
priori minus auxilii esse susceptum, à posteriori magis, praesertim quando equos
ex stabulis abducere in animum induxisset suum, quod tunc adjutu pedis felini à
nemine sit turbatus. Et tamen tandem patibuli pistillum fiebat, nec fato suo
illudere ulterius potuit, adeo ut etiam oportuerit perpetuò pendulum manere.
Praetorius, d. tr. pag. 145. adde etiam, quae affert pag. 158.
XXIV. Alus oder Alex wird der grosse Zehen genennet.
Festus Pompejus, lib. 2.
Die andere Zehen aber [Greek words], monocampti,
weil sie nur ein Gelenck haben.
Alex. ab Alex. lib. 4. Gen. dier. c. 26. ibi??? Tiraquell. in annotat. lit. T.
& U pag. 606.
Königs Pyrrhi prosser Zehen am rechten Fuß hat die Kraft gehabt / die
Miltzsüchtigen zu curiren / welcher auch nach seinen Tod / ungeachtet der Leib
zu Aschen verbrant / gantz und unverletzt befunden worden.
Plinius, lib. 7. c. 2. & lib. 28 c. 4. Plutarchus, in vita illius.
So schreibet man auch von den Lamisco, welcher bey den Lucanern regieret / daß
dessen dritter Zehen eine Wolffs-Klaue gewesen.
Heraclides, in Politicis. Alex. ab. Alex. d. c. 26. p. 607.
|| [989]
XXV. Omnes pedis digiti si abscisci fuerint, statio & ambulatio non
idcirco omnino peribunt, sed depravabuntur, quod exemplis declarat Paul.
Zachias, lib. 5. quaest. Medico. leg. tit. 3. q. 6. n. 26. & 27. Bene
tamen procedit, quod majus damnum ex majoris digiti, quam ex coeterorum
cujuslibet amputatione pes consecuturus sit: & sic incipiendo ab eo, qui
pollici manus respondet, damnum semper majus est ex amputatione digiti, qui illi
magis vicinus est. Quoniam verò pedum digiti ad eorundem tantùm stabilimentum,
non ad aliam quampiam actionem sunt procreati: Alex. Bened. in histor. corp.
hum. c. 2. idcirco tantò antecellit laesio digitorum ipsius manus laesionem
digitorum ipsius pedis, quantò actio manus praestat actioni pedis. Idem Zach.
cit. q. 6. n. 28.
CAPUT L.
Von Abhaung der Hände.
I.
WEil mit den Händen die meisten Delicta geschehen: So ist ie billig / daß
dieselbe / eben wie andere Glieder des Leibes / womit man gefrevelt / drum
Straffe leiden.
arg. Nov. 42. c. 1. § 2. L. 3. C. de serv. fugitiv. Nov. 17. c. 8. Carpz. pract.
crim. q. 47. n. 10.
II. Also strafften die Egypter die falsche Müntzmacher mit Abhauung der Hände.
Diod. Sicul. lib. 2. c. 3. & 6. Menoch. de A. J. Q. cas. 316. n, 12.
Die Griechen thäten solches ebenmäßig.
Harmenop. l. 6. c. 14.
Welchen Gebrauch Lotharius, der Longobarder König / auch gut geheissen /
Lib. 1 LL. Longob. tit. de eo, qui fals. monet.
Imgleichen Käyser Carolus Magnus, in Capitul. tit. de fals. monet. & LL.
Wisigoth. lib. 2. Cod. Wisigoth. l. 8. tit. 5.
III. Die Hebräer hieben denen Weibern / so sich erkühneten / andern Män̅ern / [990] welche sich mit ihren Ehe-Männern
schlugen / an die Scham zugreiffen / sie dadurch zu retten / und von einander
zubringen / die Hände ab.
Deutoron. cap. 25. vers. 11. & 12.
Welches auch bey den Römern denen wiederfuhr / die ihre Eltern schlugen /
Rosin. lib. 8. Antiq. Rom. cap. 34. cum Not. Dempster. pag. 875.
Item denen Plagiariis oder Menschen-Dieben bey den Griechen.
Harmenop. l. 6. Epit Jur. t. 8. Menoch. de A. J Q. cas. 536. n 2. ibi:
Servi aut liberi homines, qui servos alienos distrahunt aut alienant, caesi
& rasi manu truncantur. Et idem paulò post: Si quis sciens liberum esse
hominem emerit, vendiderit, donaverit, in dotem dederit, vel pro re
permutaverit, unaqualibet harum causâ probatâ, manus ei abscinditur.
Conf. Gothofred. ad Nov. 17. c. 8. lit. L. Petr. Greg. Tholos. lib. 36. Syntagm.
Jur. Univ. cap. 3. n. 6. & 7.
IV. Käyser Galba ließ einen Einnehmer / welcher mit dem Gelde untreulich ümgangen
wahr / die Hände abhacken / und an den Einnahme - Tisch nageln.
Svet onius. in ejus vita c. 9.
Exactori publico, res susceptas non ex fide describenti, manus etiam amputabatur.
Nov. 17. cap. 8.
Eben als wie man heut zu Tage die böse Münzen an den Orthen / wo die
Geld-Einnahme geschiehet / andere / die dergleichen auszugeben etwan in Sinn
haben / abzuschrecken / anzunageln pfleget.
D. Henr. Günth. Bötticher, Disp. inaug. de amput. memb. §. 15.
V. Sonderlich aber ist sie eine Straffe der Untreu / Mein - Edes und Falsches
gewesen. Sicuti Falsario incisos digitorum nervos. Alexandri decreto,
Lampridius: Claudii verò praecisas manus, Svetonius scribit. Et perpetuò in
Regno Neapolitano manum abscissam testatur Clarus, in §. perjurium. n. 81. nec
non Matthias Stephani, ad art. 108. const. crim. vide Lud. Carer. pract. crim.
pag. 231. n. 60.
VI. Man lohnete auch mit Abhauung der Hände die jenige / welche Ketzerische
Bücher /
Nov. 24.
Item Bücher / von Teuffels und andern verbothenen Künsten / Sodomite [991] reyen / Hurerey / Schmähe-Schrifften und
dergleichen ärgerlichen Dingen verfertigten und ausgehen liessen.
Nov. 42. ???3. §. 2. v. à nemine. Besold. in thes. pr. v. Sodomiterey.
Drum es auch heut zu Tag bey hoher Straffe verbothen / daß die Buchdrucker nichts
ohne vorhergehende Censur drucken dürffen / oder doch sollen.
Recess. Imp. de Anno 1577. tit. 35. von Buchdrucken / Schmähe-Schriften / sc.
Recess. 1529. §. dazu sollen. 9. & Recess. Anno 1547. tit. 43.
VII Nach dem Lehn-Recht verlohr der die Hand / welcher einen falschen
Lehn-Contract geschrieben hatte / und der Notarius oder Schreiber zugleich sein
Ambt und Ehre.
2. Feud. 52. & 55. in fin. de prohib. Feud. alien. v. scribae. Cujar.
lib. 2. Obs. 13. Boem. de natur. popul. lib. 1. c. 5. Anton. Matth. de crimin.
lib. 47. tit. 1. n. 4. Schnobel. Disp. Feud. X. th. 24. Struve, Jur. Feud. cap.
13. Aphor. 9. n. 13. ibi??? allegati.
welche harte Straffe ihnen Käyser Fridericus I in Cap. Imperialem, de prohibita
Feudi alienatione gesetzet.
vide Rittershusium, ad Novell. part. 9. cap. 26. n. 6. pag. 638.
Bey unsern Zeiten aber ist in solchen Fall poena arbitraria, und obige nicht mehr
üblich.
Struve. d. l.
VIII. Apud Longobardos manum amittebat Tabellio Instrumentum conscribens
venditionis factae per mulierem consentiente viro. L. 2. qual. mulier. permiss.
est alienat. in LL. Longobard. Presbyter qui sanctum chrisma ad judicium
pervertendum dederat. L. 1. de eo qui sanctum chrisma & c. eod. Injustus
Advocatus, Freinsheim. in Indic. ad Flor. lib. 4. c. 12. n 37. Tabellarius
proditor, Author. horrib. Hist lib. 2. pag. 276 Gnomonem nauticum adulterans,
Olaus Magnus lib. 10. c. 16. Gent. Septent.
IX. Ferner hieb man denen Raptoribus oder Jungfern-Räubern die Hände ab.
Nov. Leon. 35. v. quando autem. Petr. Greg. Tholosan. Syntagm. lib. 13. c. 16. n.
6.
Item den Dieben bey den ersten gefährlichen Diebstahlen durch Einsteigen oder
Brechen nach Gelegenheit der Person / wie auch der Umstände / u. Ermäßigung des
Richters.
|| [992]
Peinl. Hals-Ger. Ordn. Caroli V. art. 159.
Wie auch den Friedebrechern /
Schepliz. ad prompt. Juris Clameri, tit. 45. p. 705.
X. Quod poenae genus alii nimis grave esse dicunt, & quidem exinde, quod
Justinianus omnium artuum aut membrorum amputationem, imprimis in causa furti
detestatus sit, & prohibuerit, Auth. sed Novo jure C. de serv. fugitiv.
& ibi Brunnemann. p. 657. Nov. 134. c. ult. Vide etiam quae Richter add.
Authent. p. 5???. & seqq. desserit. Quoniam verò modi poenarum semper
diversi fuerunt pro temporum varietate, & ita diversis Principibus
diversa suppliciorum genera placuerunt; ideò quemadmodum Constantino placuit in
servo fugitivo amputatio pedis, ne amplius fugiat: Friederico autem in TURBATORE
PACIS amputatio manus, ne porro turbet: 2. Feud. 27. Sic quoq; Imperatori Carolo
placuit in fure manus amputatio, ne tam facile iterum ad furandum procedat: Et
in PERIURO, art. 108. ne amplius pejeret. Tabor in Racem. pag. 489. Dan. Clasen.
in Comment. ad. d. art. 159. pag. 686. add. Damhoud. prax. rer. crim. cap. 110.
n. 31. & 32. pag. m. 328. &. 329. Wiewohl die Abhauung der Hände
im Diebstahl heutiges Tages gar nicht mehr / oder doch sehr selten practiciret
wird.
XI. Wenn einer bey den alten Francken am Sontage arbeitete / ward er geprügelt /
und wenn er es nechst dem nicht unterließ / ihm die rechte Hand abgehauen. Lex
Bajuvar. tit. 6. cap. 2. §. 3. Servus pro tali crimine flagelletur, & si
non emendaverit, manum dextram perdat. Sonderlich aber wurden bey ihnen die
falsche Zeugen / und insgemein alle Meineydige also abgestrafft. Caroli M.
Capitulare 1. an. 802. cap. 36. Si quis post hoc in perjurio probatus fuerit,
manum dextram perdat. Ejusdem Capit. 5. an. 803. c. 13. si inventus fuerit quis
falsum testimonium dixisse, manum perdat, aut redimat. Capit. 2. an. 805. c. 11.
Item ejusd. anni Capit. 3. c. 13. Item ejusd. ann. Capit. 4. c. 11. Capitul.
ann. 808. c. 4. Si quis convictus fuerit perurii, perdat manum, aut redimat.
Cap. 3. an. 813. c. 30. Si quis in sanctis reliquiis pejuraverit, manum suam
perdat, aut eam redimat quartâ parte de suâ Leode in Dominico Ludovici pii
Capitul. 1. an. 810. Aquisgran. datum, c. 10. Campioni, qui victus fuerit
propter perjurium, quod ante pugnam commissit, dextera manus amputetur. Wie auch
die / so eine Schrifft verfälschet. Caroli M. Capit. 5. an. 803. c. 13. Si
inventus fuerit quis chartam falsam fecisse, manum perdat, aut redimat.
|| [993]
XII. Ferner hatten die Alten ein Gesetze / daß demjenigen / welcher junge
Weiden-Bäume / muthwilliger Weise beschädigte / die rechte Hand abgehauen würde.
M. Joh. Stiefler / im Geistl. Histor. Schatz / cap. 10. pag. 467.
XIII. Die Athenienser liessen den / so sich selbst ermordete / die Hand / womit
er solche That begangen / abnehmen / wegwerffen / und unbegraben liegen / den
Leib aber bedeckten sie mit Erden.
AEschines, in Orat, advers. Ctesiphonem. Alex. ab Alex. Gen. dier. lib. 5. cap.
28. pag. 813.
XIV. Denen überwundenen Feinden hieb man auch wohl die Hände ab. Freinshemius, in
Indice ad Florum, lib. 3. c. 11. §. 11. & lib. 2. c. 18. §. 4. Joh.
Praetorius de pollice, pag. 137.
XV. Von dem Martyren / welchen die Hände abgehauen worden / kan man lesen
Gallonium, de cruciatibus Martyrum, pag. 422. & 423. Deßgleichen D.
Casp. Sagittarium, in einen eben also titulirten Tractat, pag. 183. th. 58. So
führet auch Gotefrid. in der Historischen Chronic. pag. 209. 496 641. &
676. unterschiedliche Exempel an / denen die Hände und Füsse abgehauen worden.
XVI. Als Heracli??? Käyser Phocam zu Constantinopel gefangen bekahm / liesse er
ihn wegen der vielen Ehebrüche und Hurerey / so er nebst seiner grausamen
Tyranney getrieben / ausschneiden / darnach Hände und Füsse abhauen / der Cörper
ward hinweg geworffen / von den Soldaten in Koth herum geschleifft / und endlich
verbrant. Nicephor. lib. 18. c. 55.
XVII. Cilliconta quendam legimus Prienensibus patriam prodidisse Miletum: id
nobilissimo cuique non modo odiosum, sed & tenuioris fortunae hominibus.
Fuit lanius Theagenes nomine, Syrus, audierat Cillicona carnes empturum, at
dissimulato Theagenes odio, ut qui toto animo illi satisfactum cuperet, carnium
portionem porrigit, tanquam, quod superfuerit, absissurus. Ilso autem manum
proferente elatam copida lanius impegit, resectaque manu addidit generosius
dictum: Hac inquies abhinc civitatum prodes nullum!
Coel. Rhodigin. lib 8. Lect. Antiq. cap. 3. pag. 283.
XVIII. Sergius III. Pabst zu Rom ließ seines Vorfahren / Pabst Formosi Leichnam
aus Neid ausgraben / mit Päbstlichen Kleidern anthun / und für etlichen
Bischoffen / die er deßwegen beschrieben hatte / gleich als wenn er [994] noch lebte / vor Gericht stellen / klagte ihn an / und
verdammete ihn vieler Laster. Drauf ließ er ihn degradiren / die 3. Finger an
der rechten Hand abhauen / damit er consecriret hatte / solche in die Tyber /
den übrigne Leib aber sehr zerstümpelt und enthanptet / unbegraben hinwerffen.
Platina, in vita Sergii.
XIX. Sonst ist bekant / was es vor einen schlechten Ausgang mit Hertzog Rudolphen
in Schwaben gehabt / der sich wider Käyser Henricum IV. durch Verhetzung Pabst
Gregorii VII. verleuten lassen / daß er demselben nach Cron und Zepter gestanden
/ da in der Schlacht ihm die rechte Hand / drinn er den Degen geführet /
abgehauen / u. er also ver wundet nach Mörseburg geführet worden / allwo die
Sächsische Bischöffe / so sich aus der Schlacht mit der Flucht salviret / zu ihn
kommen / denen er den Strumpf seines Armes gewiesen / und gesaget: Sehet ihr
Herren / diß ist die Hand / damit ich meinem Herrn und Käyser Heinrichen treu
und hold zu seyn geschworen habe / aber auf eure und des Pabstes Verführung
solche gebrochen / und dem Käyser nach Leib und Guth gestanden. Nun habet ihr
mich nicht fein geführet / daß ich jetzo mein Leib und Leben / samt den Reich
verliere? Ich zwar empfange meinen Lohn / ihr aber sehet zu / wie ihr solches
verantworten möget. Ist also drauf mit grossen Trauren und Schmertzen den 16.
Octobr. Anno 1080. gestorben / auch zu Mörseburg zur Erden bestattet worden.
Author vitae Henrici IV. Helmold, lib. 1. c. 29.
XX. Anno 1594. hat der Graff von Hardeck zwey Säcke voll Ducaten von den Sinan
Bassa genommen / und ihm die berühmte Vestung Raab übergeben und eingeräumet /
mit grossen Schaden der Christenheit. Drum ward ihm zu Wien / den 5. Junii 1595.
erst die rechte Hand abgehauen / als einem Mein-Eydigen / und darauf auch der
Kopf abgeschlagen / ex Chron. Levin Hulsii, Michael Sachs / p. 4. Alphabetb.
Hist. pag. 241.
XXI. Als Anno der Schwedische General Banner in das Cartheuser Closter bey dem
Städtlein Githsch in kahm / ließ er in selbigen Closter des Wallensteiners Grab
öffnen / dessen Haupt und rechten Arm heraus nehmen / und solches beydes in
Schweden führen / mit diesen Vorwa???d / daß dieser aller Kriegs-Uaruhe / des
Königs in Schweden auf den Teutschen Boden Herauskunft / und daher dessen Todes
rechte Ursache gewesen / und also wohl werth / daß sein Hanpt in Schweden
Männiglich gezeiget werde.
|| [995]
Roch / in der Böhmischen Chronic. pag. 90.
XXII. Bischoff Dustau / da ihm Cduart König in Engelland / gewöhnlichen Brauch
nach / empfangen wolte / und die Hand both / wolte die Seine nicht eins hlagen /
sondern zog sie zurück / und sagte: Ihr gewissen-loser Mann dürft euch noch
unterstehen / mit euren Hurenfleisch meine Faust zuberühren / da ihr doch einer
GOtt verlobten Closter-Jungfer / gantz unerhörter Weise / Gewalt angethan! Ich
begehre mit solchen Leuthen keine Freundschafft / die Christi Feinde sind.
M. Stiefler / in Geistl. Hist. Schatz / c. 11. p. 611.
XXIII. Eine stoltze Edelfrau / als sie einsten ihre Land-Güther besichtiget /
entboth dem Pfarrer / er solte nicht eher lassen ausleuten / als biß sie selbst
zur Stelle kähme. Wie sie aber des Putzes halber zulange ausblieb / verrichtete
der Pfarrer dennoch den Gottesdienst. Als nun diese gefahren kam / begegneten
ihr die Leute / so aus der Kirchen heimglengen. Drauf machte sie sich voller
Zorn in die Kirche / und gab dem Pfarrer eine Ohrfeige / sagende: soltestu Pfaff
deine Lehns-Frau nicht besser respectiren? Aber kurtz hernach gebahr sie eine
Tochter / welche nur eine Hand hatte.
Quirin Kuhlmann, im 519. Tugend-Blat.
XXIV. Und ob wohl D. Chilan König / in processu, cap. 138. §. begebe es sich aber
sc. in Zweiffel ziehen will / daß von wegen bößlicher Verwundung die Abhauung
der Hand / bevorab nach Sächsischen Rechten / jetzo mehr in Ubung stehe / dem
auch Theodor. in Colleg. Crim. D. 10. th. 2. lit. G. mit beyzustimmen scheinet:
Item Matth Wesenbec. in paratit. ff. ad L. Cornel. de Sicar. n. 18 qui putat,
hanc poenam, ceu peregrinam, ac saepè & ipso capitali supplicio
acerbiorem, in pronunciando non observandam, sed hujus loco relegationem
perpetuam, damnationem ad remos, vel deportationem decernendam esse; So ist doch
mehr als zuwar / daß solche Straffe noch die Stunde gebräuchlich ist / werden
auch durch die P. H. G. Ordn art. 159. Item das Sächß. Land-Recht / lib. 1. art.
66. & lib. 2. art. 16. verb. wer den andern lähmet / oder verwundet /
wird er dessen überwunden / man schläget ihnen die Hand ab. & lib. 3.
art. 50. Wo ein Mann sein Leib oder seine Hand verwircket sc. Item durch die
Worte der Chur-Sächß. Constitution 8. 1. 12. und 13. part. 4. als mit Faust
abhauen / Staupenschlagen sc. überzeuget und überwiesen: Zumahl da die
Schöppen-Stühle bey vorkommenden Fällen auch drauf prechen / bevorab wen̅ jemand sich erkühnet / an einen privilegirten oder gefrey [996] eten Orth / als in einen Schloße / Fürstl.
oder Gräflicher Residenz, auf den Regirungen / Canzeleyen und Gerichts-Häusern
einen feindlicher Weise anzufallen / zu schlagen / das Gewehr zu entblöffen /
und jemanden gar zu verwunden / auch solcher Gestalt den Burg-Frieden zubrechen
/ da die Abhauung der Hand gemeiniglich pfleget erkant zu werden. Carpzov. prax.
crim. part. 1. Quaest. 40. n. 30. & 33. Allwo er auch zugleich ein
praejudicium des Schöppen-Stuhls zu Leipzig Anno 1596. wider einen Edelpagen zu
Altenburg / so einen Andern Edelmann in Schloß allda geschlagen / und mit einen
Dolch verwundet / anführet / also lautend:
P. P.
So mag er von wegen solches in der Fürstl. Burg begangenen Frevels und
Muthwillens / und H. à B. zugefügten Schadens / woferne man ihm in Ansehung
seiner Jugend und Trunckenheit nicht Gnade erzeigen wolte / mit Abhauung einer
Faust / dero er am gesten entrathen kan / des Landes ewig verwiesen werden. V.
R. W. Also erkante gleichfals der Schöppen-Stuhl zu Jena Anno 1661. Ludwig
Schaumburgen / Fürstl. Cammerdienern zu Eisendach / die Abschlagung der rechten
Hand und des Kopfs zu / weil er bey damahlieger Anwesenheit Herrn Herzog
Wilhelms zu Sachsen-Weimar Fürstl. Durchl. und Dero Printzen / nunmehr höchst.
Sel. Andenckens / den Hoffmeister / melcher ihn vorher mit Schlägen übel
tractiret / hinterrücks auf der Gallerie im Fürstl. Schloß daselbst mit einen
Carabiner erschossen. Welches Urthel auch im Augusto bemeiten Jahrs an ihn
vollstrecket wurde. Ferner findet man auch bey dem Carpzovio, part. 3. pract.
crim. Q. 94. n. 45. folgendes praejudicium, welches der Schöppen-Stuhl zu
Leipzig M. Nov. Anno 1609. gesprochen / folgenden Inhalts:
P. P.
Mit dieser ausbrücklichen Verwarnung / woferne er sich hinführo solcher
schimpflichen und Ehrenverletzlichen Reden gegen H. I. von D. gäntzlichen nicht
enthalten würde / daß er also dann mit Leibes-Straffe / entweder öffentliche̅ Staupenschlag / oder Abhauung einer Faust / jedoch auf anderweit
vorhergehendes Rechtliches Erkäntnis / beleget werden sol. V. R. W. Imgleichen
part. 4. const. 13. defin. 5. Da demjenigen / welcher die Stadtwächter arglistig
darnieder geschlagen / und wund gehauen / die Abschlagung der Hand Anno 1591.
zuerkant worden / hisce formal: Hat euer [997] Bürger N. N.
eure verordnete Statwächter mit einer Parthen / unversehenes Dinges / ohne alle
Ursach vorsetzlichen und arglistig darnieder geschlagen / und Wunden gehauen sc.
So möget ihr ihm die Hand abschlagen lassen. Wollet ihr aber ihm Gnade erzeigen
/ so möget ihr ihm verkauffen heissen / und eurer Stadt verweisen. Add. Zigler,
Disp. de necessaria emptione & venditione, th 31. const. Elect. Sax. 8.
11. & 12. part. 4. Ferner bey dem Richtero, volum. 2. cons. 344. in fin.
daß einem Mann / welcher sein schwangeres Weib dergestalt übel mit Schlägen
tractiret / daß sie den folgenden Tag drauf ein tod Kind zur Welt gebohren / die
Abhauung der Hand Anno 1602. zuerkant worden / verba Sentent. Hat der Mann das
Weib dermassen gekrümmet und gedruckt / daß sie in Ohnmacht gefallen / in
liegender Ohnmacht sie mit einen Hand-Beil um den Kopf sehr übel / beyde Ohren
entzwey / hinter denselben 3. offene Wunden / so lang des Hand-Beils Nacke
gewesen / auch forn an der Stirn zwey spitzige Löchlein geschlagen / sie für tod
liegen lassen / darauf sie den 5. Julii um 6. Uhr ihre Leibes-Frucht / damit sie
hoch an der Zeit der Geburt gangen / tod zur Welt gebohren / und haben die
Weiber u. die Hebamme auf Befragung nichts anders berichtet / denn daß des
Kindes Tod von der Multer Erschrecken / und empfangenen Todesgefährlichen
Schaden herrühre. Ob sie nun wohl ihren Mann der Mißgeburt halber entschuldiget
mit Vorwenden / daß sie vor dieser Zeit sehr schwach und kranck gewesen / und
mit schweren Heben und Tragen ihr zuviel getrauet / u. gebethen / ihm seine
unchristliche thätliche Beschädigung zu verzeihen / aber in ihrem Haupt sehr
schwach- und kindische Reden führet / daß zubesorgen / sie diese Schlägerey und
Schäden langsam und schwerlich wird über wünden können: So wird der Gefangene /
Hanß Heß er mit Abhauung der rechten Hand und ewiger Verweisung gestrafft / im
massen auch dem Weibe ihres Mannes-Güther billig eingeräumet werden. V. R. W.
Vide etiam Colerum, part. 1. Decis. 163. n. 1. & in Process. execut.
part. 1. c. 9. n. 54. vers. licet autem n. 56. versic. tamen contrarium. Modest.
Pistor. q. 107. n. 36. part. 3. Sächß. Land-R. L. 2. art. 16. Weichbild / art.
50. & 71 ibi: Der ein Schwerd auf einen zuckt / und denselben verwundet
/ da solch solch Unrecht auf ihn bracht / als Recht / so verlieret er seine
Hand. Puta si criminaliter agatur. Quae tamen poena hoc in casu ab usu hodie
recessit, & ejus loco [teste Colero d. l.] pronunciatum: Vulnerato dari
dimidium Werigeldum. Ad. Consult. Saxon. Tom. 2. part. 4. q. 50. Petr. Theod. in
jud. crim. pr. cap. 7. aph. 6 n. 62. [998] p. 1035. Dither.
in contin. Besold. pag. 74. & 75. oder wie / dem heutigem Gebrauch nach
/ der Richter es arbitriret.
XXV. Im Hertzogthum Hannoder verlichret der die Hand / weicher dolosè &
contra mandatum Reiher fänget.
Anton Seidenstücker / von Wilddieben / thes. 47.
XXVI. Es geschicht auch solches wohl einem Diener / der an seiner Herrschafft
untreu und meineddig worden / ehe ihm der Kopff abgeschlagen wird.
Dan. Clasen. ad art. 101. Const. crim. Caroli V. pag. 374.
XXVII. Weil dann nun diese Straffe in gewissen Fällen noch üblich ist: So kömmet
hierbey die Frage für / wenn jema den solche ohne gewisse Benennung der rechten
oder lincken Hand / sondern nur insgemein die Abhauung einer Faust zuerkant
würde / von welcher es zu verstehen? Ob es von der schwächern / als nemlich der
lincken wie Acursius, Bartolus, Baldus und Coepolla wollen / oder der stärckern
/ als der rechten arg. L. quaeritur 10. ff. de Stat. hom. oder von der / damit
er die That verübt / ut vult Odofredus, auszulegen? Hierauff wird goantwortet /
daß dem Reo allezeit die Hand / so bey ihm am schwächsten ist / und deren er am
besten entrathen kan / abzuhauer.
arg. L. praeses 32. & L. interpret ationes 42. ff. de poenis. Jul. Clar.
lib. 5. Sent. §. fin. quaest. 69. n. 4. Carpzov. in pract. crim. part. 1. q. 40.
n. 43. & 44. Rittershus. in Novell. part. 13. c. 2. n. 4. Joh. Frid.
Vertzog / disp. de poenis §. 47.
Welches gemeiniglich die lincke zu seyn pfleget / es wäre denn Sache / daß einer
lincks wäre / da ihm die rechte / item eine schwindende / oder auch eine gantz
untaugliche vor der gefunden und starcken Hand abzunehmen.
Bertachin. in Repert. Jur. v. manus. Berlich part. 3. Decis. 371. n. 12.
& seqq. us??? 17. Rittersh s. ad Novell. pag. 700. n. 4. Petr. Theod. in
judic. crim. pr. c. 10. aph. 2. n. 46. in fin.
Allermassen denn auch die Schöppen zu Leipzig notanter dem Urthel / so wider den
Edelknaben zu Altenburg gesprochen / und droben nro. 24 berühret worden / die
Worte: Mit Abhauung einer Faust / die er am besten entrathen kan inserirt haben.
[Limitatur tamen in eo, qui salsum scripsit Instrumentum, sicuti vult
Gothofredus, in Auth. novo Jure C. de serv. fugitiv. ut ei dextra praecisè
abscindatur, per text. in 2. F. §. callidis, in quo speciale quid hactonus
observatum fuisse ait.]
Und sichet die Wahl dießfals nicht bey dem Reo, sondern dem Judice.
|| [999]
XXVIII. Wenn aber der delinquent nur eine Hand hätte / ob denn ihme dieselbe auch
vollends zu nehmen / daß er keine behielte? Resp. ob wohl Caepolla, in Authent.
sed novo Jure, und Petr. Theodor. cit. loc. der Meinung sind / daß / wen der
Reus nicht ohne gefehr und wider sein Verschulden / sondern we???en einer
Ubelthat die eine Hand verlohren / die andere auch hergeben müste: So zweiffelt
doch Dn. Carpzovius part. 1. pract. crim. quaest. 40. n. 50. billich / daß
solche bestchen könne; massen den
Clarus, cit. quaest. 69. n. 5. Ludov. Gilhausen, in arb. crim. Cap. 1. de mero
Imp. n. 75. §. porro si delinquens. Bald. in L. 1. in ult. column. C. de sent.
quae pro eo, quod interest. Paris de Puteo, in tr. de Syndicatu, §. licet
dicatur. Joh. de Anan. in c. 1. n. 1. de calumn. Speidelius in Specul. Jurid. v.
Hand. pag. 564. & in Rari. Chari Thecio Dither. fol. 643. in Addit.
Fritschii. Zeiler. Epist. 365.
daß Gegentheil und dieses statuiren / daß man ihm die Hand lassen / und die
Straffe in den Staupenschlag und ewige Landes Verweisung verwandeln solle / wie
denn auch Hartm. Pistor. obs. 188. n. 4. attestitet / daß der Schöppenstuhl zu
Leipzig solcher letztern Meinung beygeflichtet / und darnach gesprochen habe.
vid. Carpz. quaest. 129. n. 37. part. 3.
Zumahl da heutiges Tages im H. Römischen Reich nicht mehr gebräuchlich ist / daß
ma einem alle beyde Hände abhauen lässet.
XXIX. Worbey ferner anzumercken / daß diese Straffe regulariter [absonderlich in
Sächs.] auch die ewige Landes-Verweisung mit sich führe / aber gelinder / als
der Staupenischlag gehalten werde.
Carpzov. part. 1. prax. crim. part. 1. q. 40. n. 45. & part. 3. quaest.
129. n. 38.
Alwo er meldet / daß wenn dieselbe einem Edelmann oder Krieges-Officirer
zuerkennet / allemahl die Abhauung der Hand an statt des Staupenschlages / oder
beyde zusammen gesetzet / und ihnen die Wahl gelassen worden / hunc in modum: So
wird der Gefangene L. von W. wilkührlichen mit Staupenschlägen / oder Abhauung
einer Faust / der er am besten entrathen kan / des Landes ewig verwiesen.
XXX. Im übrigen halten die Rechts-Lehrer die Tortur, und Dehnung der Glieder vor
eine gröffere Straffe / als die Abhauung der beyden Hände.
|| [1000]
Carpzov. quaest. 119. n. 58. & Justinian. in Nov. 134. Cap. 13. §. pen.
Auth. ut nulli jud. Hippol. de Marsil. in L. divus pius ff. de quaestion. Coler.
p. 1. decis. 164. n. 12.
XXXI. Wenn einem ungefehr / und nicht aus Vorsatz die Hand abgehauen worden / hat
der Thäter vordiesem dem beschädigten ein halb Wehrgeld [nach Sachsen-Recht]
geben müssen.
Land-Recht lib. 2. art. 16. §. Dieweil der Mann. idem Coler. d. l. n. 13. vide
supra n. 24.
Welches aber per Constitut. Elect. 42. part. 4. geändert / und dem arbitrio
Judicis anheim gegeben worden / dergestalt / daß die Obrigkeit / nach Befindung
der Umstände / der Verwundung und der Person / der Billigkeit nach / erkennen /
und an keine gewisse Busse / wie vor alters / mehr gebunden seyn solle.
Carpzov. part. 2. prax. crim. quaest. 99. n. 32. 33 & seqq. &
part. 3. q. 127. n. 38.
XXXII. Todte Hand / Manus mortua, wird in alten Schrifften dieses genant / wenn
ein leibeigener Mann gestorben / und nichts verlassen / zum Haupt-Recht (welches
das beste Stück Vieh gewesen / so dem Landes-Fürsten / oder auch wohl dem
Gerichts-Herrn gegeben werden müssen) hat man ihm die rechte Hand abgehauen /
und solche dem Herrn gebracht.
D. Just. Georg. Schottelius, in tr. de singularit. quibusdam & antiquis
in Germania Jurib. & observ. Cap. 2. pag. 53. 54. & 55.
XXXIII. In der Stadt Lüttig hat sichs ums Jahr CHristi 1123. begeben / daß
Bischoff Albertus, ein Gottesfürchtiger Herr / einsmahls in der Kirchen bey
Nacht seinem Gebethe obgelegen / und gehöret / wie eine Wittibe vor der
Kirchthüre ihren verstorbenen Haus-Wirth kläglich habe beweinet / daß sie seiner
selbst / darzu ihres Hausraths / so dem Bischoff verfallen / müsse beraubet
seyn. Solches habe der Bischoff behertziget / und hernach öffentlich solche
unchristliche Befugnis abgeschaffet / und sich derselben vor sich und seine
Nachkommen begeben.
Chron. magn. Belg. fol. 153. Lehmann. Chron. Spir. lib. 2. c. 22. Item Schottel.
pag. 41. Vide Peller. in addit. ad Klock. tr. de aerario, lib. 1. c. 7. n. 24.
pag 202. & 203. Speidel. spec. Jur. v. Haupt-Recht / pag. 575. &
776.
|| [1001]
XXXIV. Wenn man vor alters einander die Hände eingeschlagen / ist dadurch
angedeutet worden / daß man auf Treu und Glauben gehandelt habe / oder es
aufrichtig meine. Coel. Rhodigin. lib. 4. antiq. Lect. cap. 3. Wie denn solches
bey den Persern vor eine feste Verknüpffung der Bündnisse gehalten wurde.
Diodor. Sicul. lib. 16. c. 10. Speidel. in spec. jur. v. Hand. pag. 562.
Indem man davor hielt / es wäre etwas Göttliches oder Heiliges in der rechten
Hand enthalten. Plin. lib. 11. c. 45. Alex. ab Alexandr. Gen. dier. lib. 2. c.
19. pag 211. ibiq; Traquell. in notis, lit. S. & t. Item Liv. lib. 1.
dec. 1. ubi agit de Numa Pompilio, qui sedem fidei in dextris sacratàm
collocabat. Hinc Ovid. lib. 16. Metamorph.
Ut pignus fidei dextras utrasq; poposcit,
Inter seq; datas junxit ---
Drum auch / als Jehu den Jonadab antraff / fragte er ihn: Ist dein Hertz richtig
/ wie mein Hertz gegen deinem Hertzen? Und solches Jonadab mit einem Ja
bestetigte; So begehrte Jehu / daß er ihm die Hand geben solte / wie im 2. Buch
der Könige c. 10. v. 14. & 15. zu lesen. Und ist noch heut zu Tage
üblich / daß man nach getroffener Abrede und Vergleich einander die Hände
darschlägt. Drum auch in solchen Contracten gemeiniglich von den Notarien die
Worte pflegen mit inseriret zu werden. Und haben es mit Hand-gegebener Treu
einander zugesaget.
Speidel. d loco pag. 562. col. 2.
XXXV. Es wird ferner durch die rechte Hand das ewige Leben / und durch die lincke
die ewige Verdamnis angezeiget.
idem ibid.
Item die Autorität / Macht und Gewalt der Könige / Fürsten und Herren
verstandenn. Pomponius in L. 2. in pr. ff. de Orig. Jur. Hinc illud Ovidii: an
nescis longas Regibus esse manus? Grosse Herren haben lange Hände / und können
weit reichen. Wie denn auch bey geringern Personen manus so viel / als potestas
bedeutet / so wohl in der Heil. Schrifft / Genes. c. 16. v. 6. da Abraham zu
seinem Weibe Sara sagte: Deine Magd Hagar ist in deiner Hand [i. e. unter deiner
Gewalt.] Mache mit ihr / wie du wilt; als auch in Prophanis, Vide §. 1. Inst. de
libert. L. 4. ff. de J. & Jure L. pen. C. de furt. & serv.
corrupt. Die Römer gebrauchten sich gleichfals der Hand bey der manumission,
oder Freylassung der leibeigenen Knechte / wenn sie solchen beym Kopf / oder
andern Theil des Leibes [1002] mit der rechten Handt hielten
/ und coram Praetore sagten: Hunc hominem liberum esse volo! und damit von sich
wegstiessen / welches manumittere genennet wurde. L. 4. ff. de instit. Jur.
Accurs. in §. multis Instit. de Libertinis.
Die / so jemand zur Herberge aufnahmen gaben dem Gast die Hand / welches das
insigne oder Zeichen des Hospitii war. Declarat illud Virgilius, lib. 3. AEneid.
Jungimus hospitio dextras, ac tecta subimus.
XXXVI. Die überwundene schlugen die Hände zusammen / anzudeuten / daß sie sich
ergeben / und Frieden begehrten.
Camerar. bor succis. lib. 1. c. 35.
XXXVII. Zur rechten Hand sitzen wird für eine sonderbahre Ehre gehalten.
Tiraquell. in praefat. de primo-genit. n. 13.
Unde & Christus ad dexiram Patris sedere scribitur, ad Coloss. 3. ad
Ephes. 1. Mattb. 22. Marci 12. Und ist ein Zeichen der praeeminenz und Vorzugs /
wen̅ einer zur rechten Hand gehet oder sitzet / vor dem / der
zur lincken Seiten einher trit.
Gloss. in L. decernimus. C. de SS. Eccles.
Drum auch vor Alters der erstgebohrne Sohn dem Vater zur rechten Hand saß.
Felin. in rubr. de major. & obed. col. 4. in fin. Speidel. d. v. Hand. p.
563.
Wel hes auch bey den E gyptern / Römern und Numidiern gebräuchlich gewesen.
Tiraquell. de primogenit. n. 12.
Und achtet man ohnedem die rechte Seite des Menschen ingemein für stärcker / als
die lincke. Apulejus, apolog. Magiae. 1.
XXXVIII. Bey denen Türcken aber wird hingegen das gehen und sitzen zur lincken
Hand für honorabler gehalten. Budovvez, in horolog. p. 151. Wie denn auch König
Cyrus im Gebrauch gehabt / seine vornehmste Gäste auf die lincke Seite zu setzen
/ weil solcher Theil des Leibes dem Hertzen am nähesten.
Xenophon, in Paedia Cyri, lib. 8.
XXXIX. Die Römer wenn sie vor einem Götzen-Tempel fürüber gingen / bückren sie
den Kopf / neigten sich zur rechten Seiten mit dem Leibe / und küf [1003] seten ihre rechte Hand zur sonderbahren
reverence und Ehrerbietung gegen solchen Götzen.
Apulejus. d. loc. Plin. lib. 28. c. 2. Plautus, Curcul. adt. 1. sc. 1.
Ph. quo me vortam nescio. Pa si Deos salutas dextro versum censeo. Daher noch biß
auf den heutigen Tag auch in civiler conversation solche Ceremonie überblieben.
Bisciola. horar. subceviv. lib. 7. c. 14.
Die Soldaten pflegten auch vordiesem die rechte Hand ihres siegenden Generals zu
küssen.
Plutarch. in Catone Uticensi.
Ingleichen die Griechen ihre eigne / nach verrichtetem Gebeth.
Alex. ab Alex. lib. 4. Gen. dier. c. 17. pag. 555.
XL. Vor Alters durffte bey den Persern niemand in Gegenwart des Königs die bloße
Hände aus den Ermeln der Röcke hervorthun / sondern zum Zeichen der Demuth drin
verborgen halten / ausgenommen der König allein: Drum schreibet Xenophon, lib.
2. rer. Graec. daß König Cyrus um deßwillen Xerxis beyde Schwester-Söhne tödten
lassen / weil sie ihm mit entblösten Händen aufgestossen und begegnet / da doch
die Ermel an den Röcken der Perser weit über die Hände hergegangen.
Petr. Greg. Tholosan. Syntagm. jur. univ. lib. 47. c. 14. n. 8.
XLI. Manus longa & benè proportionata, quae suo corpori corre pondet,
bonitatem ingenii ostendit. Si longa extra debitam proportionem, animum
liberalem & audacem denotat. Si nimis brevis, miserum astutum,
pusillanimum. Si subtilis & gracilis, loquacem & voracem. Benè
articulata fortitudinem.
Francisc. Torreblanc. de Magia, lib. 1. c. 9. n. 39.
XLII. Durch die ausgestreckte rechte Hand wird die Bringung des Friedens
angedeutet / quo Virgilius, lib. 7. AEneid. v. 266. respexit, canens:
Pars mihi pacis erit, dextram tetigisse Tyranni.
Welches auch die Alten Statuen der Könige und Fürsten / die gemeiniglich mit
ausgereckter Hand gebildet sind / bezeugen.
Alex. ab Alexand. lib. 2 genial. dier. c. 19. p. 212.
|| [1004]
XLIII. Hertzog Albrecht zu Sachsen ward DEXTRA IMPERII darum genennet / weil
Käyser Maximilianus I. durch ihn viele Siege und Schlachten erhalten.
XLIV. Bey den Alten Teutschen war die Uberreichung eines Handschues ein Zeichen
und Pfanb ihrer Ehre / Treu und Glaubens / wie bey den Römern die Aushändigung
eines Ringes.
Gödelmann, de Lamiis & Sagis lib. 3. c. 5. subn. 27.
Drum wenn Käyser und Könige bey Schliessung des Friedens / Aufrichtung der
Bündnisse / und andern Handlungen nicht zugegen seyn konten / schickten sie
ihren Handschue.
Camerar. hor succis. cent. 1. c. 35. pag. 164. D. Stryke, de jure sensuum,
dissert. 7. c. 1. n. 46.
Dergleichen geschahe auch sonderlich unter den Sachsen / bey den Schänck-Ubergab-
und Abtretung der liegenden Güther.
Gryphiand. de Weichbild Saxon. c. 74. n. 10.
Bey den Teutschen / wenn sie alten Gebrauch nach / durch einen Zweykampf ihr
Recht ausführen wolten / schickte oder wurf einer dem andern seinen Handschue
zu.
Gödelmann. dict. loc. Rittershus. Part. Feud. lib. 2. c. ult. p. 35.
Wenn man vor Zeiten Städte bauete / oder Märckte machte / wurde ein Creutz auf
den Marckt gesetzet / daß man sahe / daß das Weichfried [Stat-Recht] da war /
man hengte auch daselbst des Königs Hand-Schue dran / anzuzeigen / daß es des
Könzgs Wille sey.
Gryphiander. d. loc. Rittershus. de jure Asyl. p. 47.
Bey dem Creutz ward zu vernehmen gegegeben Gottes Friede von St. Peters wegen /
[oder die Geistliche Gerichte.] Durch den Hand-Schue aber die Weltliche
Gerichte.
Weichbild / art. 9. Gryphiand. cit. c. 4. n. 4. Speidel???in spec. jur. v.
Handschue / pag. 567.
XLV. Vor Alters setzten Käyser / Könige und andere grosse Herren ihre Nahmen
nicht unter die Briefliche Urkunden / so ausgefertiget wurden / sondern nur ein
gewisses Hand-Zeichen oder Hand-Mahl / als etwan einen gewissen in einander
geschrenckten Zug / Creutz oder einander dergleichen Ken-Zeichen. Speidel. in
spec. jur. v. Hand-Zeichen pag. 570.
|| [1005]
Sonderlich aber [daß wir noch von dieser Materie ferner kürtzlich etwas
anhencken.] geschahe die Unterzeichung der alten Griegischen Käyser mit dem Blut
der Purpur-Schnecken: Womit kein ander gemeiner Mensch schreiben durffte;
sintemahl dieser Schreib-Purpur allein der Käyserlichen Handschrifft gewiedmet
war / und ihm zu Unterzeichung der Frey-Briefe / privilegien und anderer von
seiner Majestät Hand bekräfftigten Urkunden dienete. Solche Purpur-Dinte war
nicht allein aus den Blut besagter Schnecken zugerichtet / sondern man that auch
den Staub der klein gestossenen Schnecken-Schalen selbst dazu / und vermischte
es mit dem Saffte / welcher nahcmahls darauff geschüttet ward: Und solches ließ
man so lange bey einander stehen / biß es eine taugliche Schreib-Di???ten gab /
ward genennet Encaustum. Plin. lib. 9. Hist. c. 38. Wer nun diese Schrifft sahe
/ der glaubte ungezweisselt / es wäre des Käysers eigne Handalso folgends auch
sein ernstlicher Wille und Meinung / daß dieses oderjenes geschehe. Es hat auch
Käyser Leo in L. 6. C. de divers. rescript. ausdrücklich gebothen / daß die
Käyserliche Befehle / und dergleichen / so ihre Krafft und Autorität von Sr.
Majestät eigenhändigen Unterschrifft haben musten / mit solcher Purpur-Dinten
und keiner andern unterschrieben seyn / anbey auch verbothen / daß kein Privatus
sich dergleichen gebrauchen solte. Denn wer das that / ward für ein Rebellen
geachtet / und seines Kopfs verlustig
Nicetas de Rebus Manuelis Imperat???ris lib. 1. in Princip. Gvido Panciroll.
Deperd. de Encausto, ibi??? Salmuth. in notis p. m. 16. 17. 18. ed. in 8.
[Hercules soll die Purpur-Farbe erfunden haben / denn sein Hund hatte einsmahls
am Ufer des Meers eine Schnecke gefunden und gefressen / davon ihm das Maul
blutig / und über aus schön gefärbet war. Als er nun mit dem Hunde zu seiner
Liebsten kam / hat ihr die Farbe an des Hundes Maul so wohl gefallen / daß sie
zum Hercule gesagt: Sie wolte nichts mehr mit ihn zu schaffen haben / wenn er
ihr nicht ein solch Purpur-roth gefärbtes Kleid verschaffen würde. Drauff sey
Hercules hingegangen / und habe mit grosser Mühe so viel Blut von den Schnecken
gesamlet / daß sie ihr ein Kleid damit färben können. Lazar. Baysius, in libro
de re vestiaria. Basil. anno 1531. edito c. 3. p. 12. Heut zu Tage kan man
dergleichen Purpur-Farbe nicht mehr haben / nicht zwar als wenn [1006] die Schnecken nicht mehr in der Welt wären / sondern wil niemand
mehr Wissenschafft hat / wie man das Blut aus der Schnecken bringen soll /
sonderlich weil die Seen / darinn solche Purpur-Schnecken zu finden sind /
meistentheils von ungeschickten Barbarischen Völckern besessen werden. Wiewohl
die Sineser / sonderlich die im Königreich Gannao wohnen / annoch aus einer
besondern Art Affen-Blut eine überaus schöne Purpur-Farbe zu zurichten wissen.
Erasm. Francisci in Neu-polirt. Geschicht-Kunst- und Sitten-Spiegel lib. 4.
disc. 22. p. 1349.]
Im fall der Griegische Käyser annoch minderjährig war: pflag desselben Vormund
mit grüner Schrifft die Käyserliche Mandata zu unterschreiben / massen aus jetzt
angezogenen Niceta ebenmäßig erhellet. Es hat auch noch Käyser Maximilianus
einen Druck einer Signatur machen lassen / weil er mit gar zu vielen Geschäfften
und unterzeichnen überladen gewesen / auch solches denen Ständen des Reichs
eröfnet / jedoch darbey geordnet / daß dennoch alle Briefe durch die dritte Hand
/ Falsch zu vermeiden / zur gantzen Fertigung gehen müssen. Und ist erst zu
Zeiten Käyser Caroli V. aufkommen / oder üblich worden / daß die Römische Käyser
und Könige ihre Rescripta, Privilegia, confirmationes und documenta mit
Hinbeysetzung ihres Nahmens unterschrieben / welches vor ihm die Vorfahren am
Reich nicht in Ubung gehabt / sondern solche Briefe sind nur allein gesiegelt
worden / wie man dergleichen noch viele in den alten Archiven findet.
Autor Consilii, quod vol. 1. Cons. Argentor. cons. 2. n. 75. videre est. Speidel.
cit. loc. p. 570. Limnaenus in Capitul. Caesar. fol. 765.
Die Könige in Lusitanien wenn sie ihre diplomata unterschrieben / setztenallemahl
bey den Namen fünf Puncta ??? welches sie vulnera oder Wunden nenneten / zum
Gedächtnis der Wunden CHristi.
Conestagius de conjunct. Portugall. lib. 6. f. 338.
Der König in Spanien variiret in der Unterschrifft / denn zuweilen setzet er
seinen Nahmen / zuweilen aber nur folgende Worte Vel Rey! vel El Rey. Rex.
Vid. Baudium de induciis belli Belgic. lib. 1. pag. 26. Speidel. d. p. 570.
|| [1007]
CAPUT LI. DE LUMBIFRAGIO.
I.
DIeses ist auch eine knechtische Strafe gewesen / als die ohne dem als das Vieh
geachtet wurden / auch dem Herrn freystund / seinen erkauften / oder sonst im
Kriege erlangten leibeigenen Knecht / wenn er was hartes verbrochen hatte / ohne
Zuthuung der Obrigkeit / selbst nieder zumachen und zutödten.
II. Plautus in Amphitruone act. 1. Scen. 1. gedencket der Einschlagung der Lenden
auch / und hat Taubmann pag. 34. in fin. in seinen annotationibus die Worte
Lumbifragium auferes Teutsch gegeben / bringestu mich auf / so schlage ich dich
/ daß du die Lenden nachschleppest. Eben wie man an den Schweinen siehet / wenn
die hinten aufs Creutz geschlagen werden / daß sie mit den Hinterbeinen nicht
mehr fortgehen können / sondern die Lenden hinter her schleiffen / welches ihnen
aber / wenn sie nicht gar zu arg und gantz lahm geschlagen sind / bald zu
vertreiben / in dem man sie bey dem Schwantz in die Höhe ziehet / und darbey hin
und wieder schüttelt / daß die ausgereckte Gelencke wieder eintreten / und man
sie also dann wieder hinlauffen läst.
CAPUT LII. Was ??? und ??? vor Straffen gewesen?
I.
LEine lächerliche Straffe mag schier erdacht werden / weder die / welche die
Athenienser / denen Ehebrechern / so nicht viel zum besten hatten / zufügten.
Denn man sengete mit heisser Aschen das Haar f. v. vom Gesäß weg / stieß ihnen
hernach eine grosse Rettich-Wurtzel in das Hinter-Kastel / und nandte solche
Straffe [Greek words]. Die erste aber mit der
Aschen [Greek words] enim est vello, aut
depilo.
|| [1008]
Coel. Rhodigin. lect. Antiq. lib. 10. c. 5. Alexand. ab Alexand. gen. dier. c. 1.
lib. 4. pag. 433.
II. Dieser gedencket auch Aristophenes in Pluto, [Greek
words], alius autem captus moechus propter te depilatur.
III. Dubio procul Raphanos istos propter delicti similitudinem intra moechi
podicem adegerunt, quandoque etiam, & imprimis apud Romanos adhibitus,
atque per [Greek words], prout afflicta
hujusmodi adulterorum posteriora Theocritus appellitat.
IV. Unterweilen gebrauchten sie auch wohl dazu den Fisch / der in den
Niederlanden der Härder / auf Lateinisch aber Mugulis genennet wird.
Erasm. Francisci. im Neu-posirten Sitten-Kunst- und Wunder-Spiegel / lib. 2.
disc. 1 c. pag. 413.
Hinc illud Catulli, Epigram. XV. in Aurelium.
Ah tum te miserum, mali??? fati,
Quem attractis pedibus patente porta
Percurrent Raphani mugiles???! Et Juvenalis, Satyr. X. vers. 317. --- quosdam moechos & mugilis intrat. Et quidem, uti ex Satyrici hujus verbis aliquot antecedentibus colligi potest, ipsi mariti hoc supplicium adulteris intentarunt. Fuit autem Mugulis piscis grandis capitis, postremis exilis, Graecis inde [Greek words] Groß-Kopf / Meer-Asch / dicitur, docente veteri Scholiaste Juvenalis, ad d. l. Vide etiam, quae ibinotavit Anton. Muretus. V. Andreas Tiraquellus, in notis ad Alex. ab Alexandr. supra dict. c. 1. lib. 4. genial. dier. saget / daß nicht eben in der Stadt Athen / sondern bey den Laciadis, oder wie andere sie nennen den Placiadis, Völckern / so den Atheniensern subject und unterthan / diese Straffe üblich gewesen. add. Petr. Gregor. Tholos. Jur. Univ. lib. 36. c. 6. n. 41. D. Joh. Philip. Pfeiffer / antiq. Graecar. gentil. lib. 4. c. 24 pag. 661.
|| [1009]
CAPUT LIII.
Von Ausschneidung der Manns- und Weibes - Bilder.
I.
SEmiramis, des Aßyrischen Königs Nini Gemahlin / ein freches unkeusches Weib /
soll am ersten erfunden haben / die Knaben deren Dienstes man sich im
Frauenzimmer gebrauchet / auszuschneiden.
Ammian. Marcellin. lib. 14. Hist. Petr. Greg. Tholosan. Synt. Jur. Univ. lib. 7.
c. 2. n. 18. Gotefried / in der Hist. Chronic. part. 1. pag. 25.
Andere schreiben solches dem Gerlabo zu / welcher den Ehebruch zuvermeiden / sich
selber die Virilia abgeschnitten / solche in ein Väßlein gethan / mit Honig /
Myrrhen und andern Specereyen eingemacht / und mit seinem Ring versiegelt / dem
König Antiocho verwarlich aufzuheben geschickt. Ejus historiam vide apud
Lucianum [Greek words] pluribus expositam.
II. Die Persier / wie sie der Griechischen Städte in kleinern Asien / so von
Dario abgefallen / sich wieder bemächtigten / schnitten sie die jungen Knaben
aus / die schönste Mägdelein aber führeten sie mit sich in Persien / und
mißbrauchten sie zu Concubinen.
Idem pag. 105.
III. Die Egypter liessen demjenigen / welcher eine Freygelassene violiret /
casttriren.
Diodor. Sicul. lib. 2. c. 3. Alex. ab Alexand. gen. dier. lib. 4. c. 1. pag. 434.
Salmuth, ad Panciroll. lib. 2. t. 2.
Item die Ehebrecher / nachdem sie selbigen noch darzu tausend Steiche gegeben.
Nic. Henel. ot. Uratislav. c. 35. pag. 294.
Welchen hierinne die Perser auch gefolget.
Joh. de Laët. in descript. Persiae, pag. 63.
Desgleichen die Römer: massen denn Biblemus und P. Cernius es also [1010] practiciret / deren der erste Carbonem Actienum, der
andere aber Pontium in Ehebruch bey ihren Werbern ertappet und ausgeschnitten /
wie bey dem Valerio Maximo, lib. 6. c. 1. zu sehen. Hinc illud Horatii, lib. 1.
Sermon. Satyr. ???.
- - - Qin etiam illud
accidit, ut cuidam testes caudamq??? salacem
Demeteret ferrum, jure omnes Galba negabat. IV. Ferner sind also abgestraffet worden die Raptores, oder welche Weibes-Bilder entführet. Item ehrliche Weibes-Personen genothzüchtiget. Jacob. Cruquius, ad dict. Satyr. 2. Horat. Desgleichen die Knaben geschändet / oder mit unvernünftigen Thieren zuthun gehabt. Vide Cod. Wisigoth. lib. 5. art. 116. lib. 7. Ebenmäßig die / so andere vorher castriret / als mit einer poenâ talionis, juxta Novell. Justinian. 142. c. 1. Welche aber Käyser Leo in seiner 60ten Novellawieder aufheben / und in eine andere Straffe verwandeln wollen / Ibi: Sancimus itaque, ut qui detestandae hujus artis artificem ad castrandum advocarit, si in albo Imperatorii famulatus sit, primum albo eximatur, ac deinde decem auri libris in Fiscum deferendis multatus in decennium relegetur. Malae verò istius artis artifex & ipse primum flagris cauteque tenus tonsione deformetur, & deinde bonis privatus eodem temporis spatio patriâ exulet. V. In Engeland hat man vor diesen die falsche Müntzmacher also abgestraffet. Kinch. de Saxon. non provoc. Jur. §. Ducum c. 5. n. 385. Joh. Rudolph Werner, super Quaestione: Ecquid in solutionibus tempus contracti debiti, vel solutionis de jure inspiciendem pag. 8. n. 15. VI. König Henricus II. und Richardus daselbsten liessen denen Wild-Dienben die Augen ausstechen / und die genitalia abschneiden. Anton. Seidensticker / de furibus ferarum, thes. 54. VIII. Bey den alten Francken wurden die Leibeigene Knechte / wenn sie was sonderliches verbrochen / zur Straffe castriret. Lex Ripuaorium c. 58. leg. 17. Si servus hoc fecerit [scilicet cum ancilla moechatus fuerit] tribus solidis culpabilis judicetur, aut castretur. Lex Salica c. 32. leg. 4. Si in ipso supplicio fuerit [1011] confessus [furtum] aut castretur, aut ducentos quadraginta denarios, qui faciunt solidos sex, solvat. VIII. Die Georgianer im Lande Albanien lassen die Diebe / welche nicht eben einen gar zu grossen Diebstahl begangen / ihrer Mannheit berauben / damit die hernach keine Kinder mehr zeugen mögen / die ihnen nach arthen. Brocardus Monachus, in descriptione terrae Sanctae. Dieses thun sie auch denen Ehebrechern. Erasm. Francisci, in Geschicht-Kunst- und Sitten-Spiegel / pag. 419. IX. Sonst ist aus den Historien-Schreibern gnugsam bekant / daß / wenn einer von den grossen Patentaten sich befürchtet / es möchten seine nahe Bluts-Freunde und Anverwante von Manns-Bildern ihn etwa künftig aus den Sattel heben / und des Reichs entsetzen / sie dieselbe castriren lassen / ihnen dadurch alle Hoffnung der Succession und Fortpflantzung ihres Geschlechtes zubenehmen. X. Man lieset auch / daß vor diesen die vornehmsten in Griechenland alte Männer / vor welchen man sich wegen Aufsetzung der Hörner nichts mehr zubesorgen hatte / zu Hütern und Wächtern ihrer Weiber bestellet. Suias in voce [Greek words] Menander, in Pseudo-Hercule. XI. König Agamemnon hinterlies seiner Gemahlin / der Clytemnestrae, einen Citharoedum, Hart- oder Lautenschläger / als er von ihr reisete / welcher nicht allein custos pudicitiae seyn / sondern ihr auch stets Liederchen von Lob der ehrlichen und keuschen Weiber vorsingen muste / es konte auch der Ehebrecher AEgystus ihr eher nichts angewinnen / noch sie zu Fall bringen / biß der Citharoedus aus dem Wege geräumet war. Athenaeus, lib. 1. Dipnosoph. cap. II. D. Joh. Phil. Pfeiffer / Antiq. Graec. gentil. lib. 2. c 64. pag. 434. XII. Es wird auch wohl den Eunuchis oder Verschnittenen solche Aufsicht anvertrauet / weil die Alten davor hielten / es wäre denselben die vis generandi, mit samt der Lust und Bergierde zum Frauenzimmer / benommen. Und gebrauchten sich Anfans derselben nur Königliche Personen. Terent in Eunuch. Act. 1. Scen. 2. vers. 87. Ja Käyser und andere grosse Herren nahmen sie zu Cammerdienern und Tranbanten. Xenophon, lib. 7. Paed. Assyriorum. Ammian. Marcellin. lib. 16. Hist. Man hält auch davor / es sey Potyphar, bey dem [1012] der Joseph in Diensten war / des Königs Pharaonis Eunuchus gewesen. D. Pfeiffer / antiqv. Graec. lib. 2. c. 55. p. 363. It. der Mohr der König in Candaces, welche̅ der Apostel Philipp??? getauft. Actor. c. 8. v. 27 Hen. ot. Urat. c. 35. p. 279 Und wurde̅ dieselbe gar teuer gekauft. Indeq; Ulpian. L. si servus servu̅ 38. §. Et sipuerum ff. ad L. Aquil. lib. 9 tit. 2 per castratione̅ puerum pretiosiorem fieri dixit. Eumque Accursius, in dicto §. Etsi puerum, intelligit, habito respectu locorum & opinionis, ut in A pulia pretiosior sit, non autem in Italia. Quoniam scilicet & in Apulia hujusmodi castrati non castratis magis idonei crederentur ad custo diam & fideliores- Die Priester bey dem Tempel der Göttin Dianae zu Epheso waren auch Eunuche, und wurden genant [Greek words]. Strabo, lib. 14. Geograph. XIII. Nach der Zeit aber sind die Eunuchi gar gemein worden / daß fast ein jeder Weib einen solchen verschnittenen Diener haben wollen / welche mannigmahl es so arg getrieben / daß sie die Weiber und Jungfern beschlaffen / und zu Huren gemacht / die sie doch vor andern hüten und bewachen sollen. Licet enim exsecti sint Eunuchis testiculi, ac proinde vasa servando semini genitali inidonea: tamen ardent illi libidines flammis, & exercent similia viris non castratis. Passim id innunt veteres, ut Basil. M. lib. de vera virgin. circa finem. Arnobius adversus Genten, lib. 5. multum ante med. Chrysostom. Homil. 63. in Matth. Augustin. lib. contra Julian. c. 5. Drum sie auch endlich gar verachtet wurden / so daß obgedachter Basilius Magnus, Epist 87. ad Simpliciam Haeriticam sie nennet ignominiosum genus, nec foemineum, nec masculinum, in saniens in mulieres, invidiosum, vilis pretii, animo feroci, effoeminatum, ventri deditum, auri cupidum, saevum, coenae jacturam plorans, inco̅stans, illiberale, quidvis suscipiens, insatiabile, furiosum & Zelotypum, & quid amplius dicendum est, ait, Cum ipsa statim generatione ad ferrum damnatum. Licinius hat sie tineas & sorices, palatii genennet. Henel. d. otio Uratis lav. c. 35. pag. 285. Firinicus, lib. 3. Astron. c. 7. facit, inquit, Eunuchos, abscissos, archigallos, aut hermophraditas, & qui semper hoc non agunt, sed patiuntur, quae mulieres pati consueverunt, praeposteris libidinum ardoribus vulvae tentigine concitati. Terentius, Act. 4. Enuchi, Scen. 3. v. 23 saget selber / daß sie grosse Liebhaber der Weiber sind. Drum auch manche geile Hure / in Meinung / sie könte mit diesen gantz sicher das Handwerg treiben / nicht nachgelassen / biß sie einen solchen Vogel zum Aufwärter bekommen / eben wie dorten die Gellia, deren Martialis, lib. 6. Epigramm. 67. ad Pannicum gedenckt.
|| [1013]
Cur tantùm Eunuchos habeat tua Gellia quaeris,
Panice? Vult futui, Gellia, non parere.
Phavorinus Philosophus ist auch ein Eunuchus gewesen / aber doch in Ehbruch
ertappet worden. Muret. in var. Lect. lib. 10. c. 11. Drum nicht allemahl zu
trauen / was von ihnen Iuvenalis, Satyra 6. v. 364. scopticè schreibet:
Sunt, quas Eunuchi imbelles, ac mollia semper
Oscula delectent, & desperatio barbae,
Et quod abortivo non est opus.
In quae ita scholiastes vetus: Eunuchi inutiles ad concubitum
- - - Et si quando ad praelia ventum est,
Ut quon dam stipulis magnum nam viribus ignis
incassum furit.
Conf. Aristot. Sect. 10. prob. 38.
XIV. In Ansehung dessen sind auch die Käysere bewogen worden / daß sie solche gar
ausrotten möchten / allermassen Käyser Augustus den Anfang gemachet / de quo
Martialis, lib. Epigrammat. 2.
Lusus erat, sacrae connubia fallere tedae
Lusus & immeritos execuisse Mares.
Utraq; tu prohibes Caesar, populisq; futuris
Succurris nasci, quos sine fraude jubes.
Nec Spado jam, nec Moechus erit, te praeside quisquam,
At prius, o Mores! & Spado Moechus erat.
Dem Domitianus gefolget / teste Xiphil. in Nerone & Dione. Ammian.
Marcell. lib. 18. Hist. Sueton, in Domitiano, c. 7. Ein dergleichen Gesetze hat
auch Nerva Coccejus gegeben. Xiphilin. in ejus vita. Käyser Alexander Severus
hat die Eunuchos weder unter die Männer noch Weiber gezehlet / sondern vor eine
dritte Art der Menschen / und also den Männern solche gäntzlich verbothen / auch
kaum einen oder den andern denen Vornehmsten Römischen Weibern verstattet.
Lamprid. in ejus vita. Zonaras tom. 2. Constantinus hat gar die Lebens-Straffe
drauffgesetzet / wer einen castriren würde. L. 1. de Eunuch. L. 4. C. tit. 42.
Agiturq; in hujusmodi castrantes, praeter necessitatem, judicio Legis Corneliae,
de Sicariis. L §. qui hominem. & L. 4. §. idem Divus ff. ad Leg. Corn.
de Sicar. Und von dem Käyser Theodosio dem Jüngern referiret Svidas, in voce
Eunuchus, daß er aus Zorn und Ungnade / welche er auf den Antiochum praepositum
geworffen / ein Ge [1014] both ausgehen lassen / daß
kein Eunuchus unter den Patricien solte gelitten werden. Leo hat verbothen / im
Römischen Reich Eunuchos zu machen / die aber schon würcklich drin / zu
verkauffen: Jedoch verstattet / daß mit denen / so frembder und ausländischer
Orten verschnitten worden / gehandelt werden möchte.
L. 2. C. de Eunuch.
Lucianus tradit in Eunucho, Philosophari non debere Eunuchum, & hujusmodi
homines secludi debere non tantum à Philosophia, sed & ab omnibus
Sacris, & ab omnibus coetibus publicis ejici, esseq; quoddam animal
varium & anceps, non aliter, quam Cornices, quae neq; inter corvos nec
columbas annumerari queant.
XV. Carolus Magnus, in Capitularibus Legibus, quas addere LL. Longobardorum
placuit, cap. 5. sic statuit de mancatione qualibet: Si quis alterum
praesumtione sua vel sponte castraverit, & ei ambos testiculos amput
averit, integrum Vuidrigildium suum juxta conditionem personae componat: si
virgam absciderit, similiter si unum testiculorum, mediet atem solvat. Et in
Legibus Salicis, tit. de debilitat. §. 17. 18. 19. 20. Si quis ingenuum
castraverit, aut virilia transcapolaverit unde mancus 400. denariis, qui faciunt
solidos centum, culpabilis judicetur. Si vero ex integro tulerit virilia, 8000.
denariis, qui faciunt solidos ducentos: Si Saleucus Saleucum castraverit totidem
praebeat: Si quis antrusionem castraverit, 2400. denariis, qui faciunt solidos
600. excepta medicatura, quae novem solidis componatur.
XVI. Notandum autem est, Eunuchos alios ab aliis differe. Quidam enim sunt
SPADONES, alli THLIBIAE, alii CASTRATI. Spadones illos dicunt, qui steriles
nascuntur, & frigidi ac impotentes sunt ad generandum, propter vitium
aliquod naturae. vid. Aristot. lib. 2. de Generat. animal. c. 7. &
Galen, lib. de usu partium c. 15. Hoc sensu accipitur vocabulum Spadonis in L.
6. ff. de lib. & postbum. ubi scribitur, Spadonem posse post humum
baeredem instituere: quod sanè perabsurdum esset, nisi intelligeretur is, qui
coire quidem potest, sed generare propter naturae vitium aliquod non potest,
tantisper dum hoc vitium aut hominis solertiâ, aut Dei benesicio quodam
admirabili sit sublatum. Similiter accipitur in L. 14. §. 2. ff. de manumiss.
vindicta. conf. L. 6. §. 2. ff. de aedilit. Edict.
XVII. Thlibiae, qui & Thlasiae appellantur, sunt Eunuchi, quibus à
nutrice, vel fortean à matre extriti sunt testiculi, [Greek words] e. per [1015] compressionem,
quando relaxatis membris infantum aquâ calidâ digitis testiculi comprimebantur,
usq; dum abolerentur & evanescerent, prout notat P. AEgineta, lib. 6
Dicuntur sic [Greek words], quod atterere
significat. Mentio eorum habetur in L. 28. ff. de Verb. Signif. Item in L. 5.
ss. ad Leg. Cornel. de Sicar. nec non Deuteron. 23. v. 1 in vulgata: non
intrabit Ennuchus, attritis vel amputatis testiculis, ??? abscisso veretro
Ecclesiam Dei.
XVIII. Castrati sunt, quibus exsecta sunt membra virilia. §. Sed & illud.
Inst. 49. de adopt. Ehi rursus sunt in triplici differentia. Quibusdam enim
testiculi tantum evulsi, sine parastatis, h. e. vasis seminalibus; aliis
testiculi sunt evulsi cum vasis seminalibus, quorum utrumq; genus propriè
[Greek words] appellari potest, à verbo
[Greek words], evello. Aliis testiculi cum
parastatis & veretro h. e. ut Horatius ait, cauda salaci sunt amputati.
Ex his ii quidem, qui testibus sunt attritis, interdum non modò ad coitum sunt
idonei, sed etiam ad generationem: quibus autem testiculi sunt amputati cum
veretro, ad neutrum valent. At quibus testiculi sunt amputati, nec tamen
parastatae, illi semen quidem habent, sed infoecundum, erectam praeterea virgam,
ut cum muliere coire possint. Et hi quidem salaciores sunt iis, qui castrati non
sunt, quemadmodum docet Aristoteles lib. 1. de Generat. Animal. c 4.
D. Joh. Philip, Pfeiffer / Antiq. Graecar. lib. 2. c. 55. pag. 361. &
362.
XIX. Eustathius putat, Eunuchum dici qs. [Greek
words], à privatione seu viduitate testiculorum. Alii [Greek words], quoniam videlicet ad cubilium
& Gynaeceorum custo diam & curam comparari solerent.
XX. Es ward auch vor Alters vor ein böses Omen und unglücklich gehalten / wenn
einem früh beym Außgang aus dem Hause ein Verschnittener begegnete. Lucian. in
Pseudologista, add. Henel. in otio Uratislav. c. 35. pag. 2993
XXI. Berenganus, ein Italiänischer Hertzog hatte einen Mönch / Nahmens Dominicus,
zu seiner beyden Töchter Lehr-Meister bestellet. Ob nun zwar dieser ein
garstiger und ungestalter Mensch war / von Person kurtz / an Farbe schwartz-gelb
/ an Sitten Bäurisch / an der Haut Sauborstig / und sonsten grob und
Tölpelhafftig / so weiß ich doch nicht / wie es die blinde Liebe so weit gefüget
hatte / daß diese Mißgeburth des Berengarii Gemahlin Witta des [1016] Nachts in ihrem Bette heimsuchen / und mit ihr verdächtig umgehen
mochte. Doch ist gewis / daß als er einsmahls des Nachts zu Witta schleichen
wolte / er von einen kleinen Hund verrathen worden / welcher mit Bellen Lerm
gemacht / daß der Schleicher vor der Wittae Gemach ertappet wurde. Als es die
Hrrtzogin merckte / sagte sie: Der Schelm sucht gewiß unser Frauenzimmer / womit
er schon so viel verstund / daß er ja sagen solte. Ungeachtet nun Berengarius
alles erfuhr / zwang ihn doch Witta mit Zauberey / daß er sie dennoch lieben
muste. Den Dominicum aber ließ er ausschneiden / daß er künstig sein unzeitiges
courtesiren muste bleiben lassen.
Luitprand. Ticinens. Hist. lib. 5. c. 15. f. 149. M. Jacob. Dan. Ernst Confect.
Taffel lib. 3. n. 96. p. 779.
XXII. Origines hat sich selber auch verschnitten / damit er nicht von den bösen
Lüsten angefochten werden möchte. Euseb. lib. 6. c. 8. Leontius, Bischoff zu
Alexandrien ließ sich ausscheiden / daß er mit seiner Amasia Eustolia desto
freier und sicherer courtesiren könte / ward aber abgesetzet.
Henel. in ot. Uratislav. c. 35. p. 289.
XXIII. Adramyntes, der Lydier König / hat unter allen zuerst Weibes-Bilder
ausschneiden lassen / und zu seinen Dienst gebrauchet. Xanthus, lib. 2. rer.
Lydiarum. Coel. Rhodigin. Lect. Antiq. lib. 20. cap. 14. pag. 775. Athenaeus,
lib. 12. Dipnosoph. Pert-Gregor. Tholosan. Syntagm. Jur. Univ. lib. 7. c. 2. n.
20. Deme die Perser nachgefolget. Zeiler, cent. 4. Quaest. 52. pag. 276.
XXVII. Der König in Assyrien schickte seine Gemahlin Stratonicem mit einem
überaus schönen Baumeister / Combabes genant / nach Babylon / einen Königlichen
Pallast allda anzulegen / und aufführen zu lassen. Damit nun der König nicht
einen Verdacht auf ihn werffen möchte / als wenn er mit der Gemahlin was böses
vornehmen würde / schnitte er ihn selber die testiculos ab. Dem etliche
Edelleuthe / so mit in der Suite waren / drinn nachfolgeten. Dergleichen würde
man heut zu Tage wenig finden / die es so machten.
Lucian. in Dialog. de Dea Syria. Petr. Gregor. Tholosan. Syntagm. Jur. Univ. lib
7. c. 2. n. 24.
XXIV. Johann von Essen hatte von dem Hertzog zu Cleve / gegen Erlegung einer
Summa Geldes / ein Privilegium erlanget / daß er in seinem Lande das Vieh
verschneiden durffte. Nachdem nun dieser Wind bekahm / daß einer mit seiner
Tochter Kundschafft gemacht / hat er sie sobald in die Cammer [1017] gezogen / ihr mit Gewalt den Leib geöfnet / und sie / wie man dem
Vieh zuthun pfleget / verschnitten / drauf geheilet / und untüchtig zum Kinder
Empfahen und Zeugen gemacht. Deßwegen der Hertzog ihn nun etliche hundert Thaler
gestrafft.
Joh. Wier, lib. 4. c. 20. de praestig. Daemon. Zeiler. cent. 4. q. 52. pag. 276.
Henel. in otio Uratislav. c. 35. p. 288.
XXV. Und daß es müglich sey / die Weiber zuverschneiden / und sie zum Empffahen
und Kinder-gebähren untüchtig zu machen / beschreibet Franciscus Rosettus, in
tr. de partu Caesareo welche Caspar. Bauhinus Lateinisch vertiret, pag. 206.
297. & seqq.
XXVI. So findet man auch in O. Dapperi Beschreibung Africae, pag. 498. daß
etliche Völcker drinn befindlich / welche die junge Bräute / wenn sie zum
erstenmahl heyrathen wollen / auf eine besondere Arth beschnitten / nemlich sie
beschmierten ihnen den Orth / wovon sie Weibes-Bilder genennet werden / und
dadurch von dem Mannes-Volck unterschieden sind / mit Honig / liessen es ein
drucknen / und hernach von Ameisen / die sie hinbey thaten / so lange dran
fressen / biß Haut und Haar herunter gieng / und es am selbigen Orthe aussahe /
als eine Baumrinde sc. M. Paul. Antonius gedencket solcher auch / u. nennet die
Völcker Banenses, & Monenses, in Exercit. Historic. de circumcisione
Gentilium, Lips. 1682. habita. §. 2.
XXVIII. Ein Tückischer Bassa, als ihm einer mit grossen Schrecken die Botschafft
brachte / die Christen hätten Sigeth eingenommen / hat spötlich geantwortet: Was
sagestu mir von einen so grossen Schaden? Du Narr / ich hab wohl Ursach über
einen grössern Verlust zu klagen / weil mir dasjenige [wieß hiermit auf den Orth
des Geburths-Gliedes] hinweg genommen worden / wodurch ich könte Mann und Vater
seyn.
Christ. à Wallsdorff / in Descript. Constantinop.
XVIII. Puna, König in Indien / hat seinen Cämmerlingen nicht allein die
Geburths-Glieder / sondern auch Nasen und Aerme hinweg schneiden lassen / traffs
vielleicht besser / als jener Wallone, der ihm selbst die Mannheit gesein Weib
schwanger würde / er sie des Ehebruchsraubt / damit wenn etwa überzeugen könte.
Martin. Zeiler, lib. 1. Roset. illustr.
XIX. Ein Hengst in Spanien / nachdem er durch sonderbahre Kunst-stückgen mit
Fleiß geil gemacht / seine Mutter geschwängert hatte / soll ihm selber [1018] das Glied abgebissen haben / nachdem er zu sich
selber wiederkommen war.
S. du mont. in not. ad Tax, Cancell. Apostol.
XXXI. Eunuchi tempore Juliani ad nullas dignitates admittebantur. Henel in otio
Uratislav. c. 35. p, 286. Apud Judaeos judicare non poterant, credebantur enim
crudeliores. H. Grotius, ad Deuter. 16. v. 18. In India commune est proverbium,
bruta animalia castrata ferociam exuere, sed homines exsectos plerumque
deteriores, superbiores & magis intolerabiles fieri. Dn. Sam. de
Puffendorf / lib. 6. de jure Nat. & Gent. c. 1. §. 6. pag. 841. ubi
addit: à quibus dam observatum, quod virorum numerus major, aut certè par sit
foeminarum numero, inde occasionem esse petitam, faciendi Eunuchos in Regionibus
illis, ubi foeminas una plures ducere est concessum. Alii tamen jure belli
Eunuchos primum introductos arbitrantur, dum victor, qui occidere victios
poterat, radicem velut propriorem affectuum & necessitudinem captis
adimunt, ut eo securius rerum suarum custodiam illis credere posset.
XXXII. In Phrygia hieb man denjenigen die Hände ab / welche andere / oder sich
selber castrirten. Euseb. de praepar. Evangel lib. 6. c. 8. Man hat sie auch
wohl bey den Römern mit der Deportatione in Insulam, & ademptione
bonorum gestraffet.
XXXIII. Und haben über gedachte Käyser auch Hadrianus, Justinianus und andere
solche Arth de Eviration bey hoher Straffe verbothen / wie in L. 3. §. idem
Divus ff. ad L. Cornel. de Sicar. Item bey den Ammiano Marcellino, lib 18. Hist.
Sveton. in Domitiano. c. 7. Nov. 142. c. 1. Barnab. Brissonio, lib. 2. Select.
Antiq. c. 21. Zusehen.
XXXIV. Drum auch heut zu Tage die Obrigkeit / zumahl in Teutschland keinen
Verbrecher zur Straffe mehr castriren lässet / vielweniger verstattet / daß
einer sich erkühne / den andern solcher Gestalt zum Unmann zumachen / oder
solcher an seinen eigenen Leibe zu practiciren.
Menoch. de A. J. Q. cas. 570. in fin.
Ubi poenam committit arbitrio Judicis.
XXXV. Vor Alters wurd das Hauß / darinnen mit Vorwissen und guten [1019] Willen des Eigenthums-Herrn / solche Section vorgenommen / von der
hohen Obrigkeit confisciret.
L. 1. C. de Eunuchis.
XXV. Den Juden / welche die Christen beschnitten / wurden auch alle Güther
genommen / und sie aus dem Römischen Reich auf ewig verhannisiret.
L. 16. C. de Judaecis, ibi??? Perez. & in L. 11. ff. ad Leg. Cornel. de
Sicar.
Welches ebenmäßig denenjenigen wiederfuhr / die sich auf solche Jüdische Arth
beschneiden liessen.
Finckelthaus / obs. 84. n. 31.
CAPUT LIV.
Von Abschneidung der Beburths-Glieder.
I.
DIe Nigriten oder schwartze Moren in der Insel Mossambique, welcher man Caffres
nennet / haben einen Gebrauch / daß wenn sie wieder ihre Feinde zu Felde ziehen
/ und die Schlacht gewinnen / derjenige / so die meisten gefangen bekommt / oder
caputiret / unter ihnen vor den Vornehmsten / Grössensten und Mannhafftesten
gehalten wird / und daher vor andern in grossen Ansehen ist. Damit sie nun
dessen Zeugnis haben / wenn sie vor ihren König kommen / schneiden sie allen /
so sie gefangen / oder ümgebracht haben / das männliche Glied ab: Die Gefar gene
aber lassen sie alsdann / nach geschehener mutilation, wieder hinlauffen.
Solches geschicht darum / damit dieselben keine Kinder mehr zeugen möchten /
welche ihre Feinde seyn / und ihnen Schaden zufügen könten Dasselbige Glied
lassen sie woh / dörren / damit es sich halte / und nicht stincken werde. Wann
es nun so fein gedörret ist / kommen sie für den König mit sonderbahrer
Reverenze, in gegenwarth der Vornehmsten und Obersten in selbiger Gegend /
nehmen eins nach den andern in den Mund / spü [1020] tzen es wiederum aus auf den Erdboden vor des Königs Füsse / welches der
König mit einer grossen Dancksagung annimmet. Und damit er ihnen ihre Mannheit
und Tapfferkeit wiederum mit einer besondern Verehrung vergelte / so lässet er
alle die ausgespeiete membra virilia wieder von der Erden aufraffen / und giebt
sie hinwiederum dem / der sie hat praesentiret / für eine sonderliche Gnade und
Ehren-Titul / dessen er sich zu erheben habe / und forthin vor eine ritterliche
Person zuhalten sey. Drauf nimmet er dieselbe alle mit einander / reihet sie
zusammen an eine Schnur / und machet draus ein Pater noster. Wenn sie denn etwan
Hochzeit / oder sonst ein Fest haben / so kommen die Bräute / oder auch wohl
Eheweiber eines solchen Ritters hinzu / und haben dieses Pater noster mit allen
solchen Plunder üm den Hals hangen / welches bey ihnen so eine grosse Ehre ist /
als bey ums das güldene Flüß tragen. Und düncken sich die Bräute oder Weiber
darbey so groß / hoch und gut / als wenn sie gar die Königin selber wären.
Joh. Hugo von Lindenschott / part. 2. der Oriental. Indien / cap. 41. pag. 123.
Hans Dietrich / und Hans Israel von Bey / in den eigentlichen und warhafften
Fürbildungen aller fremden Völcker in Orient, Anno 1598. zu Franckfurth gedruckt
/ Figura 4.
Es sind auch etliche unter diesen Völckern / welche den gantzen Leib und das
Angesichte mit einen heissen Eisen zerpicken / und sind überall gemahlet / fast
wie gepreßter oder geblümter Sattyn und Damast. Mit diesen Muster treiben sie
Wunder-grossen Hoffart / vermeinen / es seyen keine schönere Leuthe unter der
Sonnen / als sie. Theils seilen auch ihre Zähne scharf und spitzig / gleich wie
Nägel oder Pfriemen / welches sie dann auch für eine sonderbahre Zierde halten.
idem Lindenschott / d. cap. pag. 122.
Im Königreich Pegu in Indien tragen viele Mannsbilder vorn an ihren männlichen
Glied eine / theils auch wohl 2. Schellen / die so groß sind wie eine Welsche
Nuß / welche also zwischen Fell und Fleisch hangen / und einen sehr lieblichen
Klang geben / welches bey ihnen darum auf kommen / weil die Peguser grosse
Sodomiten wahren / damit sie auf solche weise von gemeldten Laster abgehalten
würden. Drum auch das Weibesvolck bey ihnen fast gantz nackend gehet / hat nur
ein klein Tüchlein vor der Scham / welches sich im gehen von einander thut / und
sie halb oder gar entblösset / üm die Männer an sich zureitzen / damit die
Sodomiterey möge vermieden blei [1021] ben. Man findet
etliche bey ihnen / welche ihren Töchtern / wann sie gebohren werden / die
membra genitalia zunehen / lassen ihnen nur ein klein Löchlein / dadurch sie ihr
Wasser abschlagen. Wenn sie denn erwachsen / und verheyrathe werden / mag der
Bräutigam es wiederum aufschneiden / so groß und klein / als er vermeinet / daß
es ihm eben recht sey. Dieselbige Wunden wissen sie mit einer besondern Salbe
wiederum zuzuheilen. Citat. Lindenschot / part. 2. der Orient. Indien / cap. 17.
pag. 48. allwo er noch folgende Worte hinzu thut: Man möchte vielleicht meynen /
daß solches alles Fabelwerck wäre / aber es ist nichts destoweniger die bloße
Warheit: Den̅ man weiß nicht allein durch die tägliche Erfahrung /
und höret es von denen Portugallesern / welche dahin aus Indien kommen / sondern
es bezeugen auch solches die Pegusen selbsten / deren viel in Indien wohnen /
und zum Theil Christen sind / welche es alles vor eine Warheit erzehlen / wie es
denn auch ihre Nachtbarn öffentlich bekräfftigen: Ja er führet darbey an / daß
er selber dieser Weiber eine zu Goa gesehen habe / welche der Chirurgus an des
Ertzbischoffs Hoff aufgeschnitten hatte.
III. Theobaldus, der Umbrorum Heer-Führer wieder die Griechen / welche Beneventum
inne hatte / ließ allen denenjenigen / so er vom Feind gefangen bekahm / die
Virilia abschneiden / und wieder hinlauffen / biß endlich ein Weib von Benevent
vor ihn trat / deren Mann auch gefangen worden / und es bald an dem wahr / daß
es gleichfals sein Kleinod verliehren solte / und mit vielen ächtzen und
seufftzen fußfällig ihn also anredete: O Theobalde, waß haben wir dir zu Leide
gethan / daß du uns den Krieg ankündig est? Wir sind keine streitbahre Weiber /
wie die Amazonen / sondern treiben unsere Hand-Arbeit mit Nehen und Spinnen /
und wissen mit den Waffen nicht umzugehen. Warum schneidestu unsern Männern das
beste Kleinod weg / und beraubest uns Weiber dadurch aller Wollust? Unsere
Männer haben ja Augen / Nasen und Hände / die du immerhin abschneiden / nicht
aber dasjenige / welches die Natur uns Weibern zu unsern Gebrauch gewidmer / mit
unter das Krieges-Recht ziehen sehr belustiget / ihr den Man̅
unverletzt wieder gegeben / und mit solcher schändlichen Verstümmelung inne
gehalten.
Camerar. cent. 1. horar. subcisiv. c. 99. pag. 465. Henel. in otio Uratislav. c
35. pag. 296. & 297.
|| [1022]
Malebat scilicet pudicissima foemina quavis alia, quam tam nobili corpo ris parte
maritum destitui, utpote quae sola discordantes conjugum animos, si quod fortè
inter eos interced ret fribusculum, ut Ulpianus loquitur, in L. cum hic status.
32 §. quod si. 12. de Donat. int. vir & uxor. [per quod leve aliquod
jurgium intelligo cum Papiniano, in L. quodsi 31. de Jur. dot. & L. si
liberis 27. de pact. dotal.] in gratiam & concordiam redigi posset. Et
rectius opinor, quam si vel ipsum Deae Viriplacae sacellum ipsis foret
ingrediundum. Nam ut ex P. Victore, Va erius Maximus, lib. 2 cap. 1. memoriae
prodidit, quoties inter virum & uxorem aliquid jurgii intercesserat, in
Sacellum Deae Viriplacae, quod est in palatio, veniebant, & ibi invicem
locuti, quae voluerant, contentione animorum deposita concordes revertebantur.
Dea nomen hoc à placandis viris fertur assecuta: Veneranda quidem, &
nescio an praecipuis, sed exquisitis sacrificiis colenda, utpote quotidianae ac
domesticae pacis custos, in pari jugo charitatis ipsa appellatione virorum
Majestati debitum ac foeminis reddens honorem. Guido Pancirollus, in nov.
repert. tit. 2. de porcellanis, pag. mihi 203. ubi sequens da hâc discortantium
conjugum conciliatione addit Epigramm:
Hispano nupta viro Romana puella,
Audiit ut mutili flaccida membra proci,
Membra, quibus stabilem sigit lascivia sedem,
Equibus arcitenenens spicula vibrat Amor:
Non mihi (dicebat) fuerint connubia tanti,
Ut cupiam mutilo nubere stulta viro.
Nam??? maritales forsan discordia tedas
Si turbet, quanam parte redibit amor?
Scilice est medium, quo conciliantur amantes,
MENTULA, quâ demtâ, gratia mulla subest.
hinc etiam dicitur der Friedenmacher.
IV. Sonsten hat man vor Alters denen Juden / wenn sie mit einer Christin Ehebruch
getriben / zur Straffen / die Virilia abgeschnitten / wie bey dem Paulo
Grillando, in tract. de poenis, quaest. 12. Alexand. cons. 99. vol. 6. Ludov.
Carerio, in pract. caus. crim, pag. 109. und andern / so alda allegirt /
zusehen. Und führet Andreas Hondorf, in promptuario Exemplorum pag. 343. aus des
Zwingers Theatro vitae human lib. 13. an / daß ein Jüde zu Prage in Böhmen Anno
1530. gewesen / so mit einer Christin gebuhiet / und drüber ertap [1023] pet worden / welcher sein männlich Glied zu
einen Spund eines gepichten brennenden Fasses hinein stecken müssen / und wurde
ihm darzu aufs Faß ein schartig stumpf Messer geleget. Als ihm nun die Hitze so
grimmig weh gethan / hat er ihm mit dem Messer sein Glied vor Schmertzen
abgeschnitten. Und da er nun also blutig davon hat lauffen wollen / hat man böse
Hunde an ihm gehetzet / die ihn zertissen.
V. Welches auch noch bey denen Persern also denen Ehebrechern wiederfähret / die
Ehebrecherinnen aber werden von hohen Türmen gestürtzet.
M. Johann. Stiefler / im Geistlichen Historien-Schatz cap. XI. pag. 611.
Wer allda ein Weibesbild mit Gewalt schwächet / und sie / des Landes Gewohnheit
nach / einen Eyd drauf thut / wird dem Thäter das Instrument / womit er
gesündiget / abgeschnitten.
Ersm. Francisci, in den Neu-polirten Geschicht-Kunst- und Sitten-Spiegel / pag
403.
VI. Diese Straffe ist noch Anno Christi 1308. in Teutschland gebräuchlich gewesen
/ so daß dem Ehebrecher nicht allein sein männlich Glied abgeschnitten / sondern
er auch so lange geschunden worden / biß er gestorben / allermassen solches
Abraham Saur / im Straf-Buch pag. 195. bezeuget.
VII. In den grossen Orientalischen Königreich oder Käyserthum Japan, so 150.
teutsche Meilen lang und 70. breit ist / hat ein Mann macht sein Weib / wenn er
sie in Ehebruch / oder nur in einer zugemachten Cammer bey einen andern Manne /
ob wohl ohne Beweiß / gefunden ohne alle Verhör zu ermorden / weiches auch in
seiner Abwesenheit der Vater / der Sohn / der Bruder oder naher Freund / oder
auch wohl gar der Knecht in Hause thun kan.
Erasm. Francisci im Kunst- und Sitten-Spiegel lib. 2. c. 10. p. 415.
VIII. So erzehlet man auch / daß als einer einsmahls sein Weib mit einen andern
Manne in seiner Schlaff-Cammer gefunden / habe er den Mann umbracht / das Weib
aber angebunden. Des andren Tages ladet er alle seine und ihre Freunde Mannes
und Weibes Personen / wider Gewonheit zu Gaste. Als nun die Gäste am frölichsten
wahren / und meineten / die Frau könte sich wegen Verrichtung in der Küche nicht
sehen lassen / ließ der Mann die Frau loß / kleidete sie in ein Todten-Kleid /
und [1024] schnitte dem Ehebrecher sein männlich Glied ab
/ thats in eine verdeckte Schachtel / und schickte / das Weib also zu den
Gästen. Da nun die Gäste die Schachtel öfneten / und die Frau das verdeckte
Gericht sahe / fiel sie in Ohnmacht / und der Mann kam herzu / und hieb ihr den
Kopff ab / welches schreckliche Spectacul die Gäste alle nach Haus jagte.
M. Jac. Dan. Ernsts Confect-Tafel lib. 2. n. 80. Pag. 709.
IX. Bey den alten Egyptern wurden denen Ehebrechern die Virilia auch zur Straffe
genommen / oder wenns gnädig zu gieng / wurden ihnen die Nasen abgeschnitten.
Dioder. Siculus, Biblioth. lib. 2. c. 3. p. 36.
X. Die Römer haben zu Zeiten ebenmäßig mit denen Ehebrechern also verfahren
lassen / welches die Ehemänner oft selbst practiciret / wenn sie einen andern
bey ihren Weibern ertappet / wie schon in vor Hergehenden Capitel von der
Castration aus des Horatii lib. 1. Sermon. Satyr.. 2. angefithret worden. Dahin
hat auch der Comödien-Schreiber Plautus in Poenulo geziehlet Act. 4. Scen. 2. v.
40. & 41. Syr. Facio quod deprehensi moechi haut fermè solent. M. Quid
id est? Sy. refero V A S A salva! &c. Unde dicti sunt benè vasati, probe
mutonati. Taubman. ad. d. loc. Plaut. pag. 923. vid. Lips. Antiq. Lect. lib. 1.
c. 8. quales adamasse Faustinam, Adriani uxorem, tradit Spartianus. Sic Pythias
illa Terentiana, in Eunuch. Act. 5. scen. 5.
Nunc minatur porrò sese, id quod moechis solet
Quod ego nunquam vidi fieri neq; velim.
XI. Ad idem poenae genus respexit Diogenes, qui cum Didymonem moechum audivisset
comprehensum, [Greek words] inquit [Greek words]. Nam Graecâ [Greek words] appellatione testiculi intelliguntur, quibus quidem
cum nimio plus lascivire soleant Clerici, Alachis adversus Regem suum Cunipertum
bello conflato juravit si postridie victoriam adnuisset Deus, puteum unum se
clericorum testiculis oppleturum. Cui impietati dicam an crudelitati, quanquam
voto frustratus, satisfecisse tamen dicitur, apud Coelium Rhodiginu, lib. 4.
Antiq. lect. c. 7.
XII. Welche Art zu straffen auch bey den alten Francken nicht undekant gewesen /
immassen bey dem Luitprando lib. 6. c. ult. zusehen / wenn er also schreibet:
Presbyterulus, qui ad Dominae asseclas adhinnivit, VIRILIBUS AMPUT ATIS,
dimittitur.
|| [1025]
XIII. In Griechenland ist vor diesen nichts gemeiners / als das castriren /
Ausschneiden und Blenden am Gesicht gewesen / zumahl bey denen / so zum
Regierstand erhoben / welche solches mannichmahl aus einen blosen Argwohn und
Furcht / als wenn ihre Brüder oder andere nahe Bluts-Freunde ihnen die Schuhe
austreten wolten / practiciret und vorgenommen haben. Nec immeritò sanè ingenium
saevitiae miratur Lipsius, cum certum sit, non aliâ re hominem magis abjici,
& animo conatuq; cadere, quam exsectione illa & excaecatione.
Qui aut virum viro, aut lumen demit, nihil ab eo ultra formidet, & in
poenam aut ludibrium modo vivit.
Lips. in monit. & exemp. polit. lib. 2. c. 5. tit. violentiae exempla n.
X. Nic. Henel. in otio Uratislav. c. 35. pag. 295. & 296.
XIV. Als die Türcken Constantinopel erobert / haben sie nach lang getriebener
Fleisches-Lust mit den Weibes-Bildern / endlich dieselbe splitternackend
ausgezogen / lebendig an die Bäume gebunden / und mit Pfeilen ihnen nach den
Geburts-Gliedern geschossen / manchen die Hertzen aus dem Leibe geschnitten /
die Kinder gespist / und alles von alten Personen in Stücken zerhauen.
D. Herlicius, von Mahomets Reich.
XV. Zu Neustadt schnitt ein reicher Bürger / weil er seine Köchin beschlaffen /
ihm das Gemächte glat herab mit einem Scheermesser. Zeil. part. 1. Theatr. Trag.
c. 13. Ein Notarius in der Landschafft Perigord nahm in der ander Ehe eine von
Adel / mit der er anfing zu eifern. Und damit er / wenn sie schwanger werden
solte / sie des Ehebruchs überwiesen werden könte / ließ schwanger werden solte
/ sie des Ehebruchs überwiesen werden könte / ließ er sich seiner natürlichen
Gefäß durch einen Meister berauben / muste aber über 6. Wochen in grossen
Schmertzen / im Lande Avergne zu Bette liegen. Seine besagte Ehfrau bekömmt die
Wassersucht / so etliche Frauen / daß sie schwanger wäre / hielten. Er sagte /
daß sie von Ihm nicht schwanger / sintemahln er vor 15. Monaten castriret wäre /
wie er denn auch solches darzeigte. Sie starb nach 19 Monaten ihrer Kranckheit.
Er ließ sie auffschneiden: Ihrer Freunde aber übten Rache an ihn / und starb er
elendiglich zu Bergerac an einer langwierigen Kranckheit / und in grosser
Verachtung.
Ludov. Gujon. lib. 5. var. lect. c. 11. Zeil. Epist. 657. pag. 806.
XVI. Man findet auch ferner in den Historien daß einige Geistliche / desto
keuscher zu leben / und GOtt desto eiferiger zu dienen / ihnen selbst die
viri [1026] lia abgeschnitten / als dorten die
SACERDOTES MATRIS DEUM mit der Samia testa gethan. Alex. ab Alex. lib. 4. Gen.
Dier. c. 17. pag 542. Henr, Salmuth. ad Pancirolli nov. repert. tit. 1. de novo
orbe, pag. m. 134. edit. in 8. Plin. lib. 11. c. 49. & lib. 35. c. 12.
ad fin. Unde illud Juvenalis, Satyra 6.
---- Ecce furentis
Bellonae, Matrisq; Deum chorus intrat & ingens
Semivir obscoeno facies reverenda minori,
Mollia qui rupta secuit genitalia testa.
Nam & hos seminares vocat Ovid. lib. 4. Fastor.
Ibunt semimares, & inania tympana tundent
Aeraq; tinnitus aere repulsa dabunt.
Divus Augustinus lib. 7. de Civ. Dei scribit, abscissos Matri Deûm servire, ut
significaretur, eos, qui semine indigeant, terram soqui oportere, quae Mater
Deum nominatur. Lucretius verò lib. 2. Gallos ministerio Cybeles [quae mater
Deunm appellatur] ideo dici addictos, quoniam, qui violant matrem, digni sunt,
ut emasculentur, quo minus possint vivam procreare progeniem.
XVII. Andere haben gar durch Kräuter und gewisse Träncke sich untüchtig zu den
ehelichen Wercken gemacht / wie nach der Länge bey dem Alex. ab Alex. lib. 4.
Gen. dier c. 17 pag. 513 zu lesen. Sic Athenis nonnulli bibebant cicutam, ut vim
membri genitalis amitterent: Mulieres qraeterea initiaturae sibi lectos
peculiaribus foliis substernebant, ut refrenarent libidinem.
Phil. Camerar. Hor. succis. cent. 1. c. 1.
XIIX. Von einer Spanischen Dame lieset man / daß als ihr Mann eine Zeitlang
verreiset gewesen und sie zu Hause brache liegen müssen / ha te ihre Keuschheit
gantz unleidliche Versuchungen des Fleisches / solche nun zu dämpffen / nahm sie
eine glüende Kohle / und tödtete damit den Kitzel im Geburts-Glied / leschte
also nicht allein die brennende Wollust / sondern auch gar ihr Lebens-Licht mit
Feuer aus / weil der kalte Brand darzu schlug.
Mariana, de Rebus Hispan. lib. 6. c. 17.
XIX. Die Georgianer im Lande Albanien haben die Diebe / welche keinen gar zu
grossen Diebstahl begangen / ihrer Mannheit beraubet / damit sie keine Kinder
zeugen möchten / so den Alten nachschlügen.
Erasm Francisci, im auswärtigen Sitten-Spiegel / pag. 410.
|| [1027]
XX. Alexander Magnus, nachdem er die Scythen und Thracier mit Gewalt unter sein
Joch gebracht / und ferner an den Fluß Phusim seinen March fortsetzte / hat an
den Orthen / wo er tapffern Widerstand von den Völckern empfunden / steinerne
Seulen aufrichten / und oben drauf ein von Steinen formirtes membrum virile: Wo
sich aber dieselbe bald und ohne Widerstand an ihm ergeben / ein Weiblich
Geburths-Glied setzen / oder dran hauenlassen / ihre respectivè Tapfferkeit
damit anzuzeigen / und auch ihre Zaghafftigkeit schimpflich / als Weibischer
Mämmen / darzustellen.
Alex. ab Alexand. lib. 1. c. 22. Genial. Dier. Philipp. Camerar. cent. 1. Horar.
Succisiv. c. 15 pag. 89.
Eben dieses schreibet auch Herodotus, lib. 2. n. 55. in fine von dem Sesostre.
XXI. Als Pherono, ietztgedachten Königs Sesostris Sohn / in Egypten aus Frevel
mit einen Pfeil in die Tieffe des hochangelauffenen Flusses Nili geschossen /
ist er / nach Heydnischer Arth zu reden / von den Göttern an seinem Gesichte
gestrafft worden / daß er zehen Jahr blind gewesen. Endlich im eilfften Jahr
bekahm er von dem Oraculo die Antwort: Wenn er seine Augen würde mit Urin eines
Weibes / so ihr Lebtag keinen mehr / als nur einzig u. allein ihren Man̅ / admittiret und zugelassen hätte / waschen werde / er sein
Gesichte wiederbekommen solte. Drauf probirte er es mit seiner Gemahlin Urin /
und als es nicht half / versuchte er es mit vieler anderer Weiber ihren / biß er
eine antraf / dadurch siene Augen geöfnet wurden / welche er zum Weibe genom̅en / die andern aber nebst seiner Gemahlin in eine Stadt bringen
/ und alle miteinander verbrennen lassen.
Herodotus, dict. lib. 2. n. 57. pag. m. 141.
XXII. Es soll auch kein besser Mittel seyn / den Aussatz / sonderlich die Arth /
welche man Elephantiasin nennet / glücklich zu curiren / wenn eine Manns-Person
damit beladen ist / als daß man den Patienten castrire / und ausschneide: Maßen
denn die Medici einmüthig bejahen / daß kein Verschnittener den Aussatz bekommen
/ sicut ex Archigene Aetius, & ex his Cujacius. l. 17. obs. 24. nec non
Henel. in otio Uratislav. c. 35. p. 287. notant. Vielweniger das Podagra,
Hippocrat. lib. 6. Aphorism. cap. 30. Sie kriegen auch keine Glatze / oder kalen
Kopf. Plin. lib. 11. c. 37. Aristoteles, lib. 3. de Histor. animal c. 11.
& proble. 10. c. 56.
XXIII. Nechst diesem ist erschrecklich zu lesen / daß bey Verfolgung der Christen
die Heidnische Henckers-Buben / theils Martyrern scharffes Rohr in [1028] die Geburts-Glieder gesteckt / und durch hin und
wiederziehen und schneiden ihne̅ unerträgliche Schmertzen gemacht;
Allermaßen solche grausame Marter dem Benjamini, Diacono Persico, und andern
mehr angethan worden.
Theodoret. Hist. Eccles lib. 5. c. 83. D. Sagittar. de Martyr. cruiciat. cap. 16
§. 69. pag. 186.
XXIV. Bey Käyser Heinrichen den IV. kahm ein Bischoff / welcher sich bey der
Käyserin / Frau Agneten, gar zubekant gemacht / in Ungnaden. Den belagerte er
auf der Vestung Falckenstein / sagte ihm und der Besatzung Sicherheit des Lebens
zu. Nach der Aufgabe ließ der Käyser den Bischoff ins Lager in ein Gezelt
bringen / und dessen Männlich Glied mit einen Stecken wohl abblauen / und
hernach mit der Besatzung auf Augsspurg fortziehen / er starb aber auf den Weg.
Ex Sturmio Matth. Hammer, in viridar. Histor. p. 346.
XXV. In der Wetterau im Städtlein Frauenstein ward ein böser Bube / unter einer
Linden an einen Sontag bey vielen Leuthen sitzend / befunden / der spricht zu
einem Mägdlein von 4tehalb Jahren: Komm Töchterlein / ich will dir einen Weck
[oder Semmel] geben / lauffe in den Stall hinein [es war aber der Stall ein
leerer wüster und verödeter Pfarhoff] das Kind thut es / begehrte auch von ihm
in Stall den Weck / sitze her / sprach er / ich will dir ihn schon geben.
Bringet das Kind unter sich zu Nothzucht / und weil es die Natur nicht will
zugeben / seinen vertenfelten Willen zu vollbringen / wird er zornig / nimt das
Messer / und ersticht das Kind mit 5. Stichen / wendet es um auf den Bauch / und
lässet es verbluthen / kehret hernach das Kind wieder um / und reisset mit einen
scharffen Messer das membrum muliebre [fit honos castis auribus] auf / und
begehet also seinen Muthwillen. Als nun dieses alles vollbracht / zerhauet er
das Kind auf 15. Stücke / fasset es in seinen Rock und Ermeln ein / und wil es
verschleppen / da kömmet gleich ein Bürger darzu / nimmet ihm seine Wehr /
schläget sie ihm um den Kopf / und nimt ihn gefangen. Da wurde er nach Mayntz
geführet / und hat allda in der Urgicht bekant / daß er vorher mit einem
siebenjährigen Mägdelein dergleichen vorgehabt / hätte aber demselben das Leben
nicht genommen / noch auch solchem was angewinnen können. Als er nun zum Tode
verdam̅et / hat man ihm mit glüenden Zangen erstlich das
heimliche Glied zerrissen darnach die Brust und Rücken gezwickt / letzlich alle
Glieder zerstossen / und ins Rab geflochten:
|| [1029]
Hiob. Fincel. lib. 2. de miracul. Hammer, de. virid. Hist. p. 355. &356.
XXVI. Georg Andresen / in seiner Orienta lischen Reise-Beschreib. l. 1. c. 9. p.
12. setzet / daß der König zu Matram einen Holländischen Bootsmann / Peter von
Alckmar / so mit dessen Weibern einer / deren er 1200. haben soll / Unzucht
getrieben / drüber ertappet / den Bart / Nase und beyde Ohren / wie auch sein
Gemächte abschneiden / und unter die alte Weiber / so da Reiß / Hüner und andere
Sachen zu kauffe haben / ihn verstossen / daß sie ihren Spot mit ihn treiben
möchten / dem Weibe aber ist der Kopf abgeschlagen worden.
XXVII. Käyser Heraclius hat mit Verwilligung des Patriarchen zu Constantinopel
seine Enckelin geheyrathet / ist aber an der Wassersucht gestorben / darzu
dennoch ein ander abscheulich Gebrechen kommen also verdrehet / daß wenn er sein
Wasser lassen wollen / er ihm selbst ins Angesichte gepisset / deß wegen er
allezeit was fürhalten müssen / ohne Zweiffel zur Straffe der unnatürlichen
Vermischung mit seiner Enckelin.
Gotefrid, in der Historischen Chronic. pag. 431.
XXVIII. Vor Alters / wenn die Inspectio ventris bey den Weibern / oder auch
Wittiben vorgenommen wurde / bedieneten sie sich darbey unterschiedlicher
Solennitäten / als daß fünf Frauen zugleich ein solch Weib / welches sich vor
schwanger ausgab / an den blossen Leibe besichtigten und begriffen / um desto
besser drauf ihre Meinung zueröfnen: Es geschahe auch in einen Gemach welches
nur eine einzige Thür hatte / und noch darzu bey drey brennenden Lichtern. vid.
L. 1. §. 10. & tot. tit. ff. de Ventre inspiend. & custod. part.
Heut zu Tage aber gebraucht man sich solcher Ceremonien nicht mehr / wiewohl die
Sache an sich selbst noch in praxi und üblich ist / als in indagatione
graviditatis & virginitatis. Circa graviditatem kom̅en
drey unterschiedliche Fäller vor / darin / auf Anordnung der Obrigkeit / solche
inspectio ocularis oder Besichtigung vorgenommen wird / als [I.] wenn ein Weib /
so von ihren Man̅ geschieden ist / ihm ansagen lässet / sie sey
von ihm schwanger ut in L. 1. §. 12. ff. de agnosc. & alend. liber.
den̅ solcher Denunciation darf der Man̅ nicht
strack glauben geben / indem sie es wohl aus Haß / oder zu seiner Be [1030] schimffung vorgeben und erdichten könte. Drum
nöthig / daß ehrliche / unparthelische / geschickte und erfahrne Heb-Ammer /
Wehe-Mütter und Weiber abgeschicket werden / dieselbe zubesichtigen / und ihr
judicium drüzu fällen. d. §. 12. [II.] Wenn ein Weib nach vorgegangener
Ehescheidung leugnet / daß sie von ihren Mann schwanger sey / qualis casus
habetur in L. 1. pr. ff. de Ventr. inspic. [III.] In Gegenstand wenn sie nach
Absterben ihres Ehemanns vorgiebt / sie sey von ihm schwanger. L. 1. §. 4. ff.
d. t. Welche practica der Weiber auch bey jetzigen unsern Zeiten genugsam bekant
ist / sonderlich bey den Adlichen Wittiben / welche auf solche maße in der
possession der Lehn-Gütern bleiben / oder eingewiesen werden. Struve, Syntagm.
jur. civ. exerc. 30. th. 81. p. 162. Stryke de jur. Sens. diss. 1. c. 1. n. 47.
Bechmann, Comm. ad. ???. tom. 2. part. 1. exerc. 4. pag. 106. n. 123. Drum auch
nützlich und nöthig ist / daß bey solchen vorgebenden schwanger seyn die
Besichtigung accurat, und mit höchsten Fleiß vorgenom̅en / auch so
dann drauf gewisse Leute bestellet werden / die acht geben / damit das Weib kein
unecht Kind einschiebe / sich von einen andern nicht schwängern lasse / oder
wohl gar noch in den eilften Monat einkomme / und das Kind vor ihres
verstorbenen Manns seines fälschlich ausgebe. Hahn ad Wesenb. tit. de Vent.
inspic. n. 1. [Ammannus in Iren. Num. Pomp. pag. 72. negat, dari partum
undecimestre] In welchen Fall denen Wehmüttern und andern erfahrnen Weibern /
zumahl wenn sie beeidiget sind / geglaubet wird. arg. L. hac edictali 6. §. his
illud C. de secund. nupt. L. comparationes 20. C. de Instrum. Novell. 7. c. 3.
Vers. non enim in illis. Joh. Jacob Wissenbach, Exercit. adP andect. disp. 49.
lib. 25. p. 510. & 511. Mascard. de probat. vol. 3. concl. 1130. n. 4.
Sed quaeritur, si praetor obstetricum renunciationem secutus pronunciaverit,
mulierem praegnantem esse, vel non esse, an hoc decretum retractari possit,
errore cognito? Affirm. rationem hanc reddunt Doctores, quod Sententia ex
judicio peritorum Iata, nunquam transeat in rem judicatam. Aflict. Decis. 32. n.
5. Maranta part. 6. de Sentent. n. 88. 130. & 131. Obiter hîc nota, in
haereditatis petione ventrem pro tribus personis computari, h. e. mulier
praegnans ita habetur, quasi ternos paritura.
Struve Syntagm. Jur. Civ. exerc. X. th. 74.
Ferner ist auch solche Besichtigung bey Erforschung der Jungferschafft nöthig /
sonderlich in den Fall / wenn ein Weibesbild wegen Kinder-Mords verdächtig ist /
aber dessen durch Zeugen nicht überwiesen werden kan / doch ihres vorgeführten
bösen und unzüchtigen Leben und Wandels halber sehr [1031] verdächtig ist. P. H. O. art. 35. Ibi: So man eine Dirne / so fur eine
Jungfrau gehet / in Argwohn hat / daß sie heimlich ein Kind gehabt / und
ertödtet sc. & postea: Wo denn dieselbige Dirne eine Person ist / darzu
man sich der verdachten That versehen mag / soll sie durch verständige Weiber an
heimlichen Stätten / als zu weiterer Erfahrung dienstlich ist / besichtiget
werden. Carpzov. pract. crim. p. 3. q 112. n. 19. & seqq. Matth.
Stephani, in not. ad d. art 35. const. crim. Und in diesen Fall ist nicht gnung
das blosse Anschauen / sondern die Wehemütter und andere Weiber / so von der
Obrigkeit darzu abgeschickt werden müssen auch solch Weibesbild an den Orthen
des Leibes / wo es nöthig / befühlen und betasten. Fulv. Pacian, de probat. lib.
2. c. 2. n. 17. Angel. Aretin. Consil. 142. n. 20. Obstare quidem videtur L. 1.
§. 10. ff. de ventr. inspic. ubi dicitur, quod saltem inspicere, invitâ verò
muliere ventrem tangere non debeant. Alia tamen ratio est probandae
graviditatis, alia virginitatis: illa ex sola inspectione cognosci poterit, ad
hanc verò & tactu opus est. Idem Pacian. d. c. 2. n. 18. So stehet es
auc nicht in der verdächtigen Person wilkür / sich angreiffen und betasten zu
lassen / oder nicht / dem wenn der Jndex wegen eines solchen delicti inquiriret
/ hat er Macht / auf allerley Art und Weise die Warheit zu erforschen / und an
den Tag zu bringen. D. Stryke, de Jure Sensuum, dissert. 1. c. 1. n. 49. 59. 51.
& 52. Doch werden zu solchen Besichtigungen der Weiber keine
Manns-Personen / sondern nur Frauen gebraucht / juxta L. 1. in princip.
& per tot am ferme Legem ff. de Vent. inspic. Tiraquel. L. 4. connub.
gloss. 1. part. 4. n. 23. De notis virginitatis kan gelesen werden Pacianus, d.
l. loc. n. 36. & seqq. Besold. consil. 144. n. 16. cum seqq. &
omnino Paulus Zachias, quaestion. Medico-legal. lib. 4. tit. 2. q. 1. n. 7.
& seqq. es fiele denn was sonderliches darbey vor / daß man einen
Medicum darzu adhibiren müste. Ammann. in Iren. Num. Pomp. pag. 105. &
seqq. Solcher Augenschein wird auch erfodert / wenn propter impotentiam cöeundi
Eheleute unter einander uneins sind / und geschieden seyn wollen / als wenn der
Mann klaget / das Weib sey so verschlossen / daß er mit ihr die ehliche Wercke
nicht treiben / vielweniger sie eine Kinder-Mutter werden könne.
Ulpian. in L. quaeritur. 14. §. 7. ff. de AEdil. Edict.
Da gleichfals verständige und erfahrne Frauen zu Besichtigung eines solchen
Weibes gebraucht werden / die aussagen müssen / wie sie die Sache [1032] befunden / und woran der Mangel sey / drauff so denn
der Ausspruch der Obrigkeit und des Consistorii erfolget.
XXIX. Weil aber dergleichen Fehl und Mangel an den Geburts-Gliedern so wohl bey
dem Weibe / als auch bey dem Mann seyn kan / ist die Frage / welche Person /
wenn eine das andere beschuldiget / daß es zu Treibung der ehlichen Wercke
untüchtig sey / die Obrigkeit am ersten besichtigen lassen solle / den Mann oder
die Frau? Die Rechts-Gelehrte machen hie den Unterscheid / ob die Braut / wie
sie den Mann geheyrathet / eine Jungfer oder Wittibe gewesen? Bey den ersten
Fall wird das Weib zu forderst durch verständige Weiber an ihren blossen Leibe
besichtiget c. proposuisti 4. X. de probat. im letztern aber / wen̅ sie vorher schon einen Mann gehabt / u. vermuthlich von deselben geöfnet
worden / wird / wenn si negiret / daß sie der jetzige Mann erkant / er zu erst
von Medicis und Chyrurgis in Augenschein genommen. Pacian. de probat. lib. 2. c.
2. n. 22. D. Stryke d. dissert. 1. c. 1. n. 54. & 55. Worbey sich denn
auf beyden Seiten viele sonderliche Verhinderungen finden kön̅en /
ich will hie eine und andere / doch mit dem Vorbedinge / daß sich niemand dran
ärgere / castis enim omnia sunt casta, in Lateinischer Sprache aus den JCtis uud
Medicis anher setzen: [I,] Circa proportionem irregularem membrornm genitalium
utriusq; sexûs vertitur dubium, an Mulier teneatur reddere debitum viro, qui
nimis crassiori, aut nimis longiori mentula dotaretur? Et quoad crassitiem [nisi
adeò immoderata appareat, ut sit monstrosa] vir sit cautus, & cum
moderatione agat, neq; cum impetu & irrationabili violentia in agrum
naturae irruat, & ubi etiam opus sit, aptis Medicamentis, nempe uteri
angustiam relaxantibus, utatur: Et nisi altera ex parte uteri angustia tanta
sit, ac tam praeternaturalis ut Medici magis, quam mariti operam desideret,
nullum notabile secum periculum ea inducere potest, si aliqualem dolorem,
aliqualemq; sed modicam lacerationem in primis congressibus factam excipias,
Nonne vides, tenellarum juvencularum uteros in primo partu puerum emittere,
cujus caput decuplo majus aliquando est quam quaevis etiam crassissima mentula
humana? Illud certe palam est, facilè uterum dilatari ac constringi, &
vix hominem reperiri tam crasso membro dotatum, qui jactare illud possit, quod
in obscoenis habetur: Commoditas haec est in nostro maxima pene, Laxa quod esse
mihi foemina nulla potest.
|| [1033]
Cui disticho aequivalens novum hoc est, de cunno augusto: Maxima noster habet
vigilat??? quoq; commoda cunnus, Parva quod esse mihi mentula nulla potest.
Itag??? nisi aliud obstet, ut esset uteripraeternaturalis angustia, aut muliebris
corporis exiguitas, & habitus monstro sa gracilitas, non videtur ex hac
exuperanti membri magnitudine ullum notabile periculum mulieri imminere. Disspar
tamen ration est, ubi vir mentulam habet nimis longam, ita ut facilè concumbens
in internum uteri osculum violenter impingeret, tunc enim & magis
notabile & evidentius imminere periculum, cum odorem gravem, sanguinis
rejectionem, inflammationem, ligamentorum disruptionem, at??? alia nonnulla
Symptomata excitare posset, praeterquam quod excitando dolorem, omnem Veneris
jucunditatem ac delectationem mulieri adimeret, unde etiam conceptio
impediretur. Quod autem longitudo nimia ipsius penis per se sit causa, ut semen
infoecundum evadat, eò, quod ob eam meatus longitudinem refrigeretur, antequam
ad uterum perveniat, quod primo Aristot. lib. 1. de generat. animal. c. 6.
& post illum multi medici ac philosophi tradiderunt, non immerit ò
improbatur, ob nimiam viae brevitatem quam permeat, quantumcung??? mentula long
a sit, & ob uteri, â quo illicò excipitur (imò inquam attrabitur,)
caliditatem. Idem Zachias, lib. 7. tit. 3. q. 5. n. 9. & 10. &
lib. 9. tit. 3. q. 6. n. 2. Nimia brevitas penis, ex eo, quod ad uteri interni
osculum ejaculatum semen pervenire non potest, causa notissima est sterilitatis.
Huchet. de steril. lib. 1. c. de colis pravitate. Et brevit as bujus membri aut
semper, aut frequentius incommoda est. Fallop. lib. dè decor. c. 8. Et certum,
est, ea diminuere coitum & maximè gignitivum, ut inquit Bertruc. in
Collect. Med. sect 3. tr. 8. c. 1. Imò in totum impedit, ut in casu observato à
Felic. Plater. lib. 1. obs. tit. in act. vener. defect. Nam homo erat, qui penem
adeò brevem habebat, ut praeter glandem cum praeputio nihim praeterea à corpore
prominer et. Nec dissimilis fuit ab hoc infans, de quo Tobias Greülin apud
schenk, lib. 4. ob???. tit. de pene & praeputio, qui dotabatur quidem
scroto & testibus, sed pene omnino carebat, in cujus loco foramen erat,
per quod urinam [1034] reddebat. Zachias, lib. 9. tit. 3. q.
3. n. 3. & q. 6. n. 1. Crassities verò brevitati conjuncta, nisi
brevitas enormis sit, minus fortè culpanda est, qui, nisi pudendum virile à
pudendo muliebri constringatur & amplexetur, mulier nulla voluptate
perfunditur, nec semen emittit, & conceptio sequi non potest: ideo licet
alia ex parte, secundum alios, exilitas vel subtilitas longitudini convenienti
associata minus culpabilis videatur, certe faeminis ob partium frictionem, quae
melius, succedit cum crasso membro, quam cum exili, longè acceptior crassities
est, quam longitudo: acpraeter frictionem melius vulva amplexatur penem, unde
major insurgit delectation, & major in semine ejaculando voluptas,
quibus de causis mulier fortè non ita reclamaret, ubi maritus baberet virgam
brevem, sed crassem, quemadmodum ubi haberet longam & subtilem, nam
constat experientiâ mulieres non facilè acquiescere membri subtilitati, licet
apud Plater. loco supra citato, mulier quaedam vetula & pauper
acquiescere se in judicio diceret marito, ditissimus erat, habenti mentulam
minimi digiti magnitudine, ne eam ob causum matrimonio dissoluto, ad domesticam
paupertatem rediret. Zacbias, d. tit. 3. q. 3. n. 3. Penis verò exiguitas si
tanta esset in viro maximè respectu uteri mulieris, ut nullam voluptatem in
coitu afferret, & in summa nullius penè usus esset, posset fortasse
praebere causam divortio. Fidel. de rela. med. lib. 3. c. 2. Hostiens. in summa
lib. 4. tit. de frigid. & malef. n. 14. & seqq. vide Zachiam,
lib. 3. tit. 1. q. 6. n. 2. 3. & 4. Inter impedimenta, quorum causa
illicò matrimonium dissolvi potest, est quo??? penis obliquitas, tortuositas,
nodus contractio. Haec enim vitia omninò apparentia ac perpetua sunt, &
ut plurimum sine remedio, unde citatus Zachias, lib. 9. quaestion. Medico-leg.
tit. 9. q. 2. n. 10. dicit, se judiacasse, virum quendam, qui à pueritia membri
contractionem ex ambustione bullienti lixivio facta contraxerat, inhabilem esse
ad contrabendum matrimonium, tum ob eam contractionem, ob quam non modò membrum
brevius evaserat, sed tortuosum remanserat, nec distendi poterat, licet durum
gliscente appetitu Venereo evaderet, tum etiam ob angustiam foraminis ipsius, ob
quam semen ad exitum properans remo [1035] ??? cogebatur,
unde non ejaculabatur, sed, ut ille referebat, guttatim effluebat. Magnitudo
penis quoad ejus crassitiem si magna & excedens sit, ita ut communem
penis quoad ejus crassitiem si magna & excedens sit, ita ut communem
crassitiem coeterorum membrorum exuperet, uxor verò angustiora loca habeat, quae
adhibitis medicamentis dilat ari nequeunt, adeò ut nullo modo molem ejusmodi
penis tolerare & admittere possit, est quo??? causa divortii. Zachias,
d. op. lib. 9. tit. 3. q. 3. n. 1. ubi ex Foetic. Plater. lib. 1. obs. tit. in
act. vener. def. n. 4. affert exemplum duorum virorum, qui membro nimis crasso
dot ati nullo ingenio potuerunt unquam cum propriis acjam desponsatis uxoribus
copulari, unde matrimonium dirimere coacti sunt, & tamen utrisque novis
uxoribus matrimonio junctis, neutra earum reclamavit, nec de nimia penis
crassitudine verbum ullum movit, aut conquesta est. Guilelm. Fabritius, cent. 2.
obs 36. narrat, se vidisse virum, cujus membrum magnitudine aequabat caput
infantis recenter nati: sed haec crassities non erat naturalis, sed exmorbo.
Nonnungquam etiam sunt visi duplici pene dotati, testis est Hostiens. lib. 4.
summ. tit. de frigid. & malef. n. 13. Et talem virum Bononiae visum
fuisse in publicis dissectionibus ex Jac. Wether. observ. refert. Schenck, lib.
4. obs. tit. de pene. Frequentius quo??? conspicitur unicum membrum duo
magnitudine aequans, omnes??? complens dimensiones, quali fortè dotatus Clodius,
Pompejam Coesaris uxorem in templo bonae De aeconstuprans, de quo Juvenalis sat.
6. v. 336. & seqq. Zachias, lib. 9. tit. 3. q. 3. in princip. D. Stryke,
in notis ad Brunnemann. Jus Ecclesiast. lib. 2. c. 17. §. 5. Ciraca arctitudinem
verò mulierum suppeditat Papa Innocentius III. in c. fraternitatis 6. X. de
frigid. & malef. remedium incisionis, si abs??? periculo vitae fieri
possit. Conf. Matth. Steph. inexplicat. ad Novell. 22. n. 23. &
arctitudinis impedimentum adcoitum in muliere, si est medicabile, non dissolvit
matrimonium. Paul. Zachias, consil. & respons. Medico-Legal. decis. 48.
n. 16. & 17 E contra arct atio in foemina, aut tuber in membro muliebri
existens, ut à viro penetrari non possi, nullu̅ quo??? remediu̅ admittens, sufficit ad illud dirimendu̅, teste
eodem Zachia, l. 7. Q. Medico-Legal. tit. 3. q. 5. n. 11. nec non l. 9. tit. 3.
q. 5. n. 3. q. 5. n. 3. & seq. usg??? 7. Sed non vulvae amplitudo, quia
artis praesidiis ad naturalem angustiam facilè refuci potest. Vid. de omninò
Zachiam d. l. 9. tit. 3. q. 5. n. 8. ubi quog??? n. 9. de Clitoridis, Nymphae,
mentulae aut virgae muliebris excrescentia, & n. 10. de uteri exitu,
& quomodo coitum impediant, agit. [II.] defectus natur alis in foemina,
cui vir propter crurium arctitudinem ordinario modo cohabitare nequit. D.
Stryke, in supplementis ad brunnemanni Jus Ecclesiast. lib. 2. c. 17. § 7 ubë [1036] refert, Facult ati Juridicae Francofurto Viadrinae
oblatum fuisse casum inter Pesonas illustissimas, ubi maritus satis aptus, omni
adhibito labore, uxoris corpus ad copulam disponere non potuerit, quippe quae
quidem arcta non fuerit, genua tamen disjungere, ob vitium aliquod naturale,
cujus ipsa satis conscia fuerit, non potuerit, ut adeo praepostero coitu Marito
illustri utendum fuerit. Hunc coitum cum aliquot septimanas continuasset, postea
planè abborruisse ab eo, & duhit are cepisse an salvâ conscientiâ uxori
hoc pacto ulterius cohabitare liceret, & annon divortium impetrare
posset? Quod postremum laudara Facultas affirmavit, ox ra???ionibus à Dn.
Strykio ibidem adductis. [III] Nimia potentia in Viro, propter quam mulier ejus
congressum perferre nequit. D. Brückner decis. Jur. matrim c. 22. n. 5 part. 2.
pag. 177. Jacobus Ciio, Episcopus Ilerdensis, in ??? frarenit atis, de frigid.
& malef. scribit, suo tempore fuisse quempiam Catalonum adeò potentem ad
rem Veneream, ut qualibet die cum uxore trigesies concumberet, quae de eare
conquesta est apud Regem Arragoniae, qui maritum accersivit, cumg??? an id verum
esset, interrogavit? qui id ipsum confessus est. Ideo ei prohibitum est sub
poena capitis, ne plus quam sexies qualibet die uxorem cognosceret, ne ea in
discrimen mortis incurreret. Herodotus enim lib. 8. tradit, aliquot Phocensium
mulieres nimio stuprantium concubitu exspirasse. Exemplum quog??? habemus in
Sacris, Judic. 19. Beronice Polemonem Ciliciae Regem maritum repudiavit ob
immodicum ipsius coitum. Joseph. lib. 20. antiq. Judaic. c. 5. Herculis quog???
vires incredibiles ad concubitum fuere, ut qui 50. virgines Thespii Erithei
Atheniensis silias una nocte compressit, & omnes gravidas maribus
reddidit. Diodor. Sicul. lib. 5. biblioth. c. 2. Nec non Proculi Caesaris, qui
centum virgines Sarmaticas bello captas quindecim dierum spatio vitiavit,
& ex his decem una nocte. Notatu etiam dignum est exemplum Philippi,
Hassiae quondam Landgravii, tribus numero testiculis praediti, quales triorches
[à [Greek words], & [Greek words] testiculus, alias [Greek words] in specie quog??? buteonem, accipitris
genus à testiculorum numero ita dictum, significare hâc voce docet Gesner.
Lexit. Graeco. Lat.] Medici appellare sveverunt. Is quum tam in exhausti ad
Venereos usus fucci esset, ut uxor eum toties quam vellet, admittere non
potuerit, memorante Thuano, hist. lib. 41. primariae secundariam, seu coneubinam
superinduxit, adhibitis tamen prius in consilium Luthero & reliquis
Theologis Watebergensibus. Vid. Brückner. d. tr. c. 14. n. 68. seqq. p. 498. E
contrario Aëas philosophus, ex Palaest nae Gaza cum pulche rima̅
uxorem duxisset, ter cum eatantum per totam vitam concubuisse, totideng???
filios genuisse fertur. Quem si viri imitandum sibi propenerent, nescio an
foeminae quantumlibet pudicae sibi satis esse ducerent, Et profe [1037] ctò satius esset, omnino ejus voluptatis
expertes eas manere, quam eam ipsam delibare, & velut primorjbus labris
tantum attingere. Solon, qui & Sapiens unus fuit ex Septem, &
[Greek words] i. e. Legum conditòr solus ex
septem, Legibus sanxit, ut Plutarebus, in ejus vita tradit, ut ter singulis
quibusg??? mensibus omnino Vir uxori congrederetur, tanquam is peccare videatur,
vel in exuperantta, vel in defectur, qui frequentius rariusve coierit. Sed in
his optimum est consilium Hippocratis lib. 6. Epidemiôn: Labores, cibi, potus,
somni, Venerea, omnia sunto mediocria.
Tiraquell. in 15. Leg. Connub. Gloss. 1. part. 15. n. 83. & 84.
[IV.] Innata & incorrigibilis frigiditas membri virilis propter quam
illud nunquam arrigitur. Zachias, in Quaest. Medico legal. tom. 1. lib. 3. t. 1.
q. 3 & 5. & tom. 2. lib. 9. tit. 3. q. 2. & 3 vel quae
fit ex maleficio & incantatione. Del-Rio disq. magic. lib. 3. p. 1. q.
4. sect. 8. Berlich. p. 2. concl. 3. n. 19. & seqq. Carpzov. in pract.
crim. p. 2. q. 61. n 15. & p. 2. decis. 186. Amman. in Iren. Num.
Pompil. p 131. & seq. [V.] Si mulier menstrui cruoris fluxum vel nunquam
vel semper patiatur & illa diffimulato hoc vitio, eodemque perpetuo
& insanabili nuptias celebraverit, eas ipso jure nunquam constitisse
neminem ambigere posse statuit Brouvverus, de jur. connub. lib. 2. c. 4. n. 16.
per c. 3. & 16. X. de frigid. quamvis quoad prius vitium merito adhuc
dubitan dum sit, an propter illud, si alia non accedant, separatio concedi
debeat. Cum Medici testentur, non defuisse nonnullas, quae nullo modo
purgationis expertae generarint tamen, prout ex Schenckio annotat Zachias,
Quaest. Medito-legal. tom. 1. lib. 3. tit. 1. q. 2. n. 20. & q. 4.
& 21. Brükner, d. tr. cap. 24. n. 20. pag. 2. 7.
[Antiqui quod; ut obiter hoc addam, menstrua mulieru̅ tanti
aestimarunt, ut iis Menam Deam, Jovis privignam, Praeside̅
facerent, ut tradit Augustinus lib. 4. de civit. Dei c. 11. Vocatur etiam
Fuonia, quod fluoribus menstruis praeesset. Proindeque ei mulieres Sacra
faciebant, de quo Festus, Pompejus & alii. Horrendum autem est dictu
quod scribit Epiphanius ille Sanctus Episcopus Cyprius, libr. contra haereses.
1. tom. 2. sect. 26. faeminas Gnosticorum, cum in fluxu sunt, sanguinem mentruum
collectum in commune bibere, dicentes unum aliquid, quod nec ausim proferre nec
velim, adeò mihi detestandum et execramdum visum est, cum Divus Paulus ad
Colossenses 5. illud scripserit, quae in occulto fiunt ab ipsis turpe etiam est
dicere. Quamvis idem Epiphanius id dicere non eru [1038] buit, quod ipsi, ut dicit, facere non erubescunt, ut omnibus modis
horrorem incutiat hujusmodi sacinosa audientibus. Vid. Tiraquell. in L. 15.
connub. gloss. 1 p. 15. n. 137. & 138. Menstruatae mulieris coitu
abstinendum, Levit. 15. 18. & 20. ubi huic rei poena mortis irrogatur,
Exech. c. 18. statim post princip. & iteru̅ c. 20. Nec non
D. Clemens, in Epistola ad Julium & Julianum ita scribit: observet unus
quisque, ne menstruatae mulieri misceatur: hoc enim ut execrabile dicti Lex
Domini. Quod si Lex de his non admonuisset, nos ut canthari libenter volutaremur
in stercore. Et hanc Legem, ut alias plurimas, Mahometes in suum Alcoranum
transtulit: Menstruosas [ait] nemo tangat, nisi mundatae sint. Ex hujusmodi enim
concubitu liberi Epileptici, elephantiaci & alias morbosi. Canon cap. ad
ejus 5. dist. ibique Gloss. Archi. & alii. Hieronym. in comment. d. c.
18. Ezechiel. & iterum in lib. 1. Lament. Hieremiae c. 1. Plinius quoque
lib. 28. c. 7. tradit, hujus modi foeminarum coitus in silente luna maribus
exitiales esse atg??? pestiferos. Coeterum multum foeditatis ac maleficii, è
co̅tra multas commodiates & medicamina obtinent
hujusmodi menstrua, de quibus vide Columellam, lib. rei Rusticae 11. c. 3.
Orpheus Sacris prohibuit mulieres menstruatas, Thressas mulieres id ad earum
ignominiam inventum existimantes illu̅ unguibus interfecerunt,
& in Hebrum flumen dejecerunt. Pausan. lib. 9. ???uellae recenter
stupratae coitus sunt appetentiores, quia nondum per aetatem in iis est multum
humoris spermatici. Ideoque nihil, a???t certè minimum ex eo emittunt in
concubitu. Hin fit, ut quanto magis coëunt, tantò magis quoque appecant: Nempe
quia per Venerem his humor attrahitur, sed non emittitur. Cùm autë attrahitur,
calor simul & vento sitas generatur, quae res maximè coitu̅ stimulant. Item cum earum meatus sint adhuc augusti, is humor quantuluscunque
in eis est, non facile labitur. Ideoq; titillatione illa Venerea admodum
oblectantur, quo possint hujusmodi humorem expellere, ut scienter disseruit
Petrus Aponensis maximus sua tempestate Philosophus, in comment. in Aristot.
probl. lib. 4. c. 26. monens propterea parentes, ut filias eo tempore diligenter
custodiant, & alias quoque ejus rei affert rationes, quas illic videre
omnibus promtum est. Atipse Aristoteles, lib. 7. de histor. animal. c. 1.
suadet, etiam Puellas tum maximè [1039] custodiendas esse,
cum Menses habere incipiunt: tunc enim praecipuè ad osum rei Venereae incitari.]
Plura de hac materia vide in dict. Decis. jur. matrimonial. D. Brükneri, nuper
defuncti, part. 2. c. 16. 17. & seqq. usg, 23. ubi pluribus de divortio
propter adulterium, malitiosam desertionem, dolum & errorem circa
fortunam & virginitatem item propter vim & metum, nec non
propter impotentiam ad matrimonium existentem & matrimonio
supervenientem, & c. 24. de divortio propter coitum flagris provocandum,
agit. Das Jus Canonicum, will zwar / in c. requisisti 2. 33. Quaest. 1.
& in c. laudabilem 5. nec non in c. literae vestrae 7. X. de frigid. daß
solcher streitenden Eheleute Bluts-Freunde / oder unparteyische Nachbarn / wenn
keine Freunde vorhanden sind / schweren sollen / daß die beyde Eheleuthe die
gantze Zeit ihres Ehestandes einander fleischlich nicht erkennen können. Welches
aber bey den Evangelischen und Reformirten heut zu Tage nicht mehr gebräuchlich
ist / sondern es bleibt / wie obgedacht / bey Besichtigung respectivè der
erfahrnen Aertzte / Weh-Mütter und anderer gesch ckten Weiber / um zu judiciren
/ ob solch vitium corporis schon vor vollzogener Ehe vorhanden gewesen / oder
allererst hernach dar zu kommen / item ob dasselbe zu curiren / oder nicht. Per
inspectionem enim Medicorum & Chirurgorum peritorum, eorumque signa
certius, quam per Juramentum Credulitatis propinquorum vel vicinorum ejusmodi
defectus vel imbecillitas naturalis indagari potest. Brükner. d. tr. c. 22. n.
8. & 9. Add. Brunnemann. Jus Eccles. lib. 2. c. 17. §. 3.
XXX. Penis magnus durum ac stolidum ingenium denotat. Riol. Anthropograph. lib.
1. c. 3. Zachias lib. 5. tit. 3. q. 2. n. 15. circ fin. De quodam Principe
Germaniae scribit Nanzelius, in Analog. Microcosm. lib. 7 & ex eo
Jonstonius, in Thaumaturgia, Class. 10. c. 5. art. 3. qui bombardae ictu
eviratus, Argenteum sibi fabricari curavit penem, & felici successu
liberis operam navavit. Caspar à Reyes, in Camp. Elys. jucund. Quaest 41. n. 24.
Sed hoc credat Judaeus apella! Fortè hoc factum per adjutorium &
remedium substitutivum. Vid. Amman. in Iren. Num Pompil. cum Hippocrat. p. 46.
& 133. Nobilis adolescens Westphalus penem habuit inperforatum, qui
lotium redditurus acu longa & crassiuscula meatum urethrae aperiebat,
coalescente rursus paulatim exonerata urina. Wier. lib. 1. ohs. pag. 349. Aqua
pendens pag. 269. observavit, penem fuisse in quodam perforatum fubter glandem,
vel balanum Verpi. Tulpius, lib. 4. obs. 35. & Horstius, lib. 4. obs.
16. notarunt, ad radicem penis ante scrotum foramen in puero adfusse. Glande
inperforata nati fiunt [1040] irregulares, nisi certo modo
accedat dispensatio. Vid. Zachiam, lib 8. tit. 1. q. 14. n. 12.
XXXI. Die alten Römer hatten auch in Gebrauch daß sie die Jünglinge nackend
besehen liessen / ob sie puberes wären / aber an den Weibesbildern geschahe
solches nicht / in dem sie dasselbe bey solchen Sexu vor schändlich hielten / ut
ex text. in L. ult C. quando curat. vel tutor esse desin. welches aber
nachgehends von Käyser Justiniano gäntzlich abgeschaffet worden. in pr. Instit.
quib. mod. tutel. fin. Menoch de A. J. Q. lib. 2. cas. 58. n. 3. Non omnino
dissimile est, quod & Plato sanxit, libro de I egibus XI. convenientiam
[ait] aetatis ad nuptias & contra, judex omnio, mares nudos tantùm ad
pubem usq??? foeminas conspiciens, judicet.
XXXII. Die Hermaphroditen oder Zwitter werden noch heut zu Tage besichtiget / daß
man wisse / welches Geburts-Glied bey ihnen praevalire, welches den auch nöthig
ist / so wohl wegen Succession in Ritter- und Mann-Lehn Gütern / Ritters hus.
paratit. Fendal. lib. 1. quaest. 6. n. 10. als auch des Heirathens halber /
damit nicht Mann mit Mann / oder Weib mit Weib copuliret und getrauet werde.
Carpzov. Jurisprud. Ecclesi est. lib. 2. defin. 16. D. Stryke, saepè dict.
dissert. 1. c. 1. n. 59. 60. & 61. De Hermaphroditis &
Androgynis vide, quae affert Ammann. in Iren. Num. Pompil. pag. 161. &
seqq. usg??? 164.
XXXIII. Romulus hat ein Gesetze gegeben / daß / welche Manns-Person sich nackend
von einem Weibes-Bilde würde anschauen und besehen lassen / derselbe das Leben
verwircket haben solte. Plutarch. in vita Romuli. Drum als der Käyserin Liviae,
des Augusti Gemahlin / etliche nackende Männer begegneten / und man sie deswegen
gleich tödten solte / hat sie dieselbe durch dieses Mittel beym Leben erhalten
daß sie sagte: denen ehrlichen keuschen Weibern seyen solche nicht anders als
leblose Bilder und Statuen. Dion Cassius, lib. 58. p. 618. Zeiler, Epist. 86.
Und wahren die alten Römer so züchtig und schamhafft / daß der Vater nicht mit
den Kinder / [so puberes wahren] noch auch der Schwieger-Vater mit den Eydam
gebadet. Idem Plutarch in vita Catonis. Klock, de AErario, lib. 2. c. 12. n. 7.
Es wahren auch die Weibesbilder von dem Manns-Volck in den Bädern abgeschieden /
daß keins das andere nackend sehen konte.
[Mixta olim quidem apud Romanos balnea fuisse, in quibus lavabantur viri
& mulieres, praeter ea, quibus viri tantum utebantur, [1041] autumat Fulvius Ursinus, in Appendice ad Ciacconium, de triclin.
pag. 154. seq. Adrianus autem Imperator, ut est apud Spartianum, in vita ejus.
c. 18. lavacra pro sexibus separavit. Et cum iterum Heliogabalus ea per
misisset, Alexander tamen Severus teste Lampridio in ejus vita c. 24. balnea
mixta Romae exhiberi iterum prohibuit. Quarum vestigiis insistens Justinianus
quoq??? Leges ad refrenandam lasciviam utriusq??? sexus promulgavit. Christoph
Peller, in annot. ad dict. c. 12. l. 2. Klocki, de aerario n. 8. p. 507. Add
can. non oportet. 81. dist. L. athleras 4. §. ait praetor, de his, qui notant
infam.]
Gestalt denn noch bey den Türcken Capital ist / wenn ein Mannskerl sich erkünnet
/ hinzugehen / und zuzusehen / wo sich die Weiber baden. Klock d. c. 12 n. 5.
Worin sie viele Christen in Teutsch and bey denen solcher schändlicher Gebrauch
/ daß Manns- und Weibes-Bider / groß und klein / ohne Unterschied zusammen baden
/ noch gebräuchlich ist / beschämen; Aller massen Poggius Florentinus die warme
Bäder zu Baden diesfals sehr durch die Hechel gezogen / unter andern diese
Worthe setzende: nulla in orbe terraru̅ balnea ad foecunditatë
mulierum accommodata magis sunt, innumerabilis multitudo nobilium & igno
bilium eò conveniunt, non tam valetudinis, quam voluptatis causa. Omnes
amatores, omnes proci, quibus in deliciis vita est posita, eò concurrunt
fruantur rebus concupitis: Multae foeminae simulant corporum aegritudines, cum
animo laborent, omnib??? una mens est, tristitiam fugare, quaerere hilaritatë
non de communi dividundo agere sed de communica̅do divisa. Drum
ist auch noch heut zu Tage üblich / daß wen̅ eine Ehefrau sich
nicht schämet / mit andern Män̅ern nackend zu bade̅
/ der Man̅ sich von ihr scheiden lassen kan und lucriret alsodann
dotes & antenuptiales donationes, Novell. 22. de nupt. cap. si verò
etiam 16 & Novell. 117 ut liceat matr. & aviae. cap. quia verò
plurimas 8. circ. fin. In Gegenstand / wenn ein Eheman̅ so ches
mit andern Weibern thut und vornimmt / privatur donatione propter nuptias. L.
jubemus 11. §. inter culpas C. de repud. Henr. Salmuth in not. ad Guidon.
Panciroll. lib. de perd. tit. de thermis aut balneis p. 165. edit. in 8. Weil
solches ein indiciuim adulterii ist. Bocer. de adulter. c. 4. n. 51. &
seqq. Klock, de aerario lib. 2. c. 12. n. 5.
XXXIV. Käyser Tiberius aber hat dem alten verhurten vnd verschwenderichen Römer
Sestio Gallo andergestalt nicht zugesagt / ???hin zu Nacht zu speisen / als daß
er nur seine sonst gewöhnliche Essen auftragen / aber [1042] doch nackende Weibes-Bilder zu Tische dienen lassen solte. Sveton. in Tiberio
c. 42. Käyser Heliogabulus [omnium, ut verbis Apuleji utar, bipedum nequissimus]
ließ sich / nackend auf einen Wagen sitzend / von nackichten Weibern ziehen.
Anaxarchus ließ sich gleichfals von nackenden Weibes Bildern bedienen. Clearchus
lib. 5. variar. apud Athenaeum, lib. 12. c. 25. dergleichen geschahe bey den
Thyrrhenis in öffentlichen conviviis denen Gästen Timaeus lib. 2. Historiar.
Athenaeus lib. 4. c. 16.
XXXV. Wenn die Römer der Florae oder Blumen-Göttin Fest feyerlich begiengen /
lieffen die schamlose Huren Mutter-nackend die Gassen auf und ab / und machten /
darbey allerhand leichtfertige Posituren und Minen. Joh. Christoph. Salbach.
lib. 3. Antiq. Roman. c. 3. p. 103.
XXXVI. Ja im Augusto hatten jährlich ein Fest / da die Weiber einem
geschnittene̅ grossen männlichen Gliede hohe Ehre anthaten /
solches trugen die vornehmsten und erbaresten Matronen zur Collinischen Pforten
hinnaus in den Tempel Veneris mit viele̅ Pomp, und legte zu letzt
es die allerzüchtigste Frau / nicht ohne Schamhafftigkeit / dem Bilde Veneris in
den Schoß. Alex. ab Alexand. lib. 3. Genial. dier. c. 18. pag. 384. Eben also
ward auch von den AEgyptischen Weibern der Abgott Bachus verehret. Vid.
Herodotum, lib. 2.
XXXVII. Die Britanier haben lange in Gebrauch gehabt / daß / wen̅
sie ihre vermeinte Götter versöhnen wollen / sie ihre und ihrer Söhne Weiber
nackend in ihre Götzen-Tempel geführet / die gefangene Feinde geschlachtet / und
derselben Blut geopffert. Alex. ab Alexandr. lib. 6. c. 26. pag. 1010. ibig???
Tiraquell in annotat. lit. q.
XXXVIII. Von den schändlichen Entblöß- und Verspottungen der Märtyrer / und
sonderlich der Christlichen Weibes-Bilder / so von den Heydnischen
Henckers-Buden bey den Verfolgungen vorgenommen worden / kan der geneigte Leser
Nachricht finden bey den Anton. Gallonio, de Gruciat. Martyr. pag. 474.
& 475. und D. Casp. Sagittario, eod. tract. c. 15.
XXXIX. So hatten auch die Athenienser eine recht schändliche Gewohnheit / welche
Lycurgus durch ein Gesetze eingeführet / daß die Jungfern mit den
Jungen-Gesellen / ja Männer und alte Weiber nackend unter einander ringen / oder
auch bey sonderlichen Aufzügen und Spielen in solcher Blöse mit einander / in
Gegenwart des Volcks / tantzen müssen / welches Gesetze auch Plato bestätiget /
deßhalber aber von Eusebio und andern / so die Kirchen-Historien beschrieben /
billig scharff durch die Hechel gezogen [1043] wird / welches
auch Lactantius lib. 1. c. 20. de fals??? religion. thut. Add. Chrysostom.
Homil. in Matthaeum 6.
XL. Der Spartaner Weibes-Bilder Röcke / zumahl deren / so noch ledig und nicht
verheyrathet / waren vorn und in den Seiten nicht zugenehet / sondern stunden
offen / daß / wenn sie fortschritten / sich dieselbe von einander thaten / daß
man ihre blosse Hüffte sehe̅ konte / um das Man̅es-Volck desto eher an sich zu reitzen. Tiraquell. in 4. Leg. connub. gloss.
1. part. 4. p. 91. n. 29. Eas [Greek words]
appellat Ibicus, à patentib??? scilicet femorib???, uti etiam memorat lib. 7.
Onomast. c. 13. [Greek words] Euripides, quod
viros ob id in libidinem furere facerent. Die Jungfern in Peloponeso giengen
ohne Röcke / nackend / in einen üm sich her gehülleten Mantel / welcher aber als
ein Netz gestrickt war / daß man alle Glieder durchhin bloß sehen konte. Ex quo
[Greek words] vice proverbii dictum
adversus eos, qui corpore parum decorè nudato incedebant, de quo Erasm. Chil. 5.
Cent. 2. c. 47.
XLI. Taxilli sind Völcker in Indien / die haben den Gebrauch / wenn ein Vater
eine erwachsene Tochter / aber keine Mittel hat / dieselbe auszusteuren / nimt
er sie geschmückt mit in die Stadt / führet sie mit Trommeln und Pfeiffen auf
den Marckt / und wenn das Volck hinzuläufft / auch sich Freyer darbey einfinden
/ hebet die Braut den Rock erst hinten auf / biß unter die Arme / und lässet
sich also eine Weile nackend ansehen / hernach hebet sie sich auch vorn so hoch
auf. Wenn nun einer vorhanden ist dem sie gefällt / handelt er mit den Vater /
heyrathet sie / und thut also keinen blinden Kauff. Strabo lib. 15. ex
authoritate Aristobuli. Tiraquell. in 4. Legem connub. gloss. prim. p. 4. pag.
87. n. 10.
XLII. Der Zaar in Moscau wenn er heyrathen will / lässet die allerschönste und
Tugendhaffteste Jungfern / hohen und niedrigen Standes / zu sich bringen / üm
eine oder die andere zur Gemahlin draus zu erwehlen. Wenn er nun eine
auserkohren / die seinen Augen gefällt / lässet Er dieselbe durch gewisse Weiber
nackend besichtigen / ob sie auch zum Kinder-zeugen dichtig sey oder nicht.
Paulus Jovius, in libello de Legatione Moschovitarum, alwo er zu gleich anführet
/ daß bey denen Türckischen Käysern eben dieser Gebrauch sey. Dergleichen
Auslesung der Jungfern ist auch bey den Königen in Persien und Meden schon vor
langer Zeit üblich gewesen / wie aus den Büchlein Esther c. 2. v. 2. 3.
& 4. erhellet. Bey den Römern wurden die Bräute im Tempel Fortunae
virilis von Weibern besichtiget / ob sie [1044] etwan einen
Mangel am Leibe hätten. Tiraquell. d. l. n. 10. in fin. In der Insel Abraxa
kommen Braut und Bräutigam zusammen / ehe und bevor die Ehe völlig geschlossen
wird / und besehen einander nackend / damit sie nicht betrogen werden. Francisc.
Sansovin. del Governo & administratione di diversi Regni &
Republiche, lib. 12. Zeiler Epist. 79. pag. 190. edit. in fol. Petr. Greg.
Tholosan. Syntagm. Jur. univ. lib. 9. c. 7. n. 4. nennet sie mit Thoma Moro,
lib. 2. Utopiam. Franciscus Sfortia, Hertzog zu Mäyland / dessen Sohn Galeatius
des Marggrafen zu Mantua Ludovici Tochter zur Ehe begehrte / schickte / gewisse
Medicos ab / die Braut nackend zu besichtigen / ob sie auch zum Kinderzeigen
Capabel wäre / welches aber ihr Herr Vater billig abschlug / sagende: wen̅ Galeatius sie in den Rock [cotte der femme] den er ihr geschickt
/ bedeckt und unbesehen nicht haben wolte / möchte er sich eine andere auslesen
/ wo er wolte. Francisc. Aretin. Cons. 142.
XLIII. Die Babylonische Weiber / wenn sie bey einem Gastmahl waren / stelleten
sich Anfangs gantz erbahr und züchtig / bald aber drauf zogen sie die
Ober-Kleider aus / und letzlich wurffen sie den Rock mit samt dem Hembd /
hinweg. Q. Curtius, lib. 5. de reb. gest. Alex. M. Camerar. d. cent. 1. c. 34.
p. 162. Es erwehnet auch Johannes Damascenus, lib. Haereseon, einer Secte, die
sich die Adamiani geneanet / da sowohl Manns / als Weibes-Personen nackend an
einen gewissen Orth zusammen kahmen / und ihren vermeinten Gottes dienst hielten
/ und nenneten solche ihre Versamlung das Paradies.
XLIV. Und ob wohl geile unzüchtige Männer nichts liebers seyen / als nackichtes
Frauenzimmer / secundum illud Plauti, in Mostellaria:
Pulchra mulier nuda erit, quam purpurata pulchrior.
Daher auch die Venus und Cupido nackend gemahlet und geblildet werden / weil die
Liebe an der Blöße eine sonderliche Vergnügung hat: Tiraquell. cit. Leg. 4.
connub. pag. 88. n. 16. & 17 [vel ut alii volunt, quod crimen celari non
possit. Fulgent. lib. 2. Mythol. vel quod effraenata voluptas inanes &
nudo dimittat. Dempster, in not. ad Rosin. Antiq. Rom lib. 2. c. 20 p. 259.] So
ist doch Zucht- und Ehrliebenden Weibes-Bildern nicht zu rathen / daß sie sich
den Manns-Personen nackend praesentiren / denn es bleibet wohl dabey / was
Gyges, Dascilli Sohn / bey dem Herodoto, lib. 1. Musarum saget: [Greek words] i. e. mulier exutâ tunicâ pariter
& verecundiam exuit, wenn die Weiber den Rock / oder [1045] das Hembd ausziehen / werffen sie auch zugleich alle
Schamhaftigkeit mit hinweg. Welches eben der Gyges ist / den der unvorsichtige
König Candaules in Lydia, aus Närrischer Liebe / durch ein Loch in der
Cammer-Thür seine nackichte Gemahlin zeigete / drüber der König das Leben
verlohr / und Gyges anseine stat die Gemahlin und das Königreich bekahm. Maßen
den folche Blösse der Weiber die Manns-Personen zur Unzuch anfeuret; Propert.
lib. 2. Eleg. 16. Coelius Rhodigin. lib. 2. lect. Antiq. c. 7. wie man dessen
gnugsam Exempel hat an den alten Susannen Brüdern / item an David / der die
Batsebam nackend in Bade sahe / und daher nicht allein mit ihr Ehebruch /
sondern auch einen Todschlag an ihren Mann beging. Lib. 2. Reg. c. 11. Käyser
Antonius Caracalla ward dadurch zu Blut-Schande mit seiner Stiefmutter / der
Julia / gebracht. Denn als sich dieselbe auch gegen ihn entblöste / und er von
böser Lust entbrand anfing: vellem, si liceret / gab sie ihm zur Autwort: si
libet, licet! An nescis, te Imperatorem esse, & leges dare, non
accipere? Drauf er sie / mit grossen Aergernis des Bolcks / zur Gemahlin nahm.
AElius Spartianus, in ejus vita. Gellius, lib. 17. c. 14. Macr. lib. Saturn. 2.
c. 27. Aristoclea, ein ansbündig schön Mädgen / opfferte einsmahl dem Gott Jovi
nackend / da ein vornehmer Jüngling / Nahmens Strato, sie ungefehr ersahe / und
drüber in Liebe gegen sie heftig Entzündet ward. Es hatte sie aber auch ein
ander / mit Nahmen Callisthenes, lieb / drum als sie Hochzeit hielt / haben sich
diese beyde so grausam um sie gezerret / und einer den andern / dieselbe wieder
nehmen wollen / daß endlich im Grimm daß gutte Mensch drüber in stücken
zerrissen worden / auf deren todten Cörper sich Strato erstochen. Tiraquell. in
4. Leg. Connub. Gloss. 1. pag. 88. n. 14.
XLV. Es wird auch die Entblössung der Weiber vor gantz schänd- und ärgerlich / ja
höchststrafbar in der heil. Schrifft gehalten / wie Ezech. 16. Esaiae. 20.
& 47. Thren. 4. und andern Orthen mehr zu sehen. So ward auch Noa / als
er in Wein truncken / in der Hütten aufgedeckt lag / von seinen Sohn Ham
verlachet / Genes. c. 9. v. 21. & 22. Es ist auch bey de̅
Lydiern vor die gröste Schande gehalten worden wenn ein Mann sich nackend sehen
lassen. Herodot. lib. 1. Und ob wohl bey den Olympischen Spiehlen die Jünglinge
sich auch nackend praesentirten udarstelleten / [welches Acanth???, oder wie
andere ihn nen̅en / Neanth???, ein Lacedaemonier in der XV. Olym
piade eingeführet.] ist doch zu wissen / daß kein Weibes-Bild an solchen Orth
erscheinen / und zusehen dürffen / bey Straffe von den Felsen Typeo herunter
gestürtzt zuwerde̅. [1046] Pausanias, lib. 5.
Tiraquell. in 4. Leg. connub. Gloss. 1. Gloss. 1 part. 4. n. 36. & 37.
pag. 92. & in 16. Leg. connub. Gloß. 1. part. 16. p. 265. n. 37.
XLVI. Die Heidnische Göttinnen haben sich gleichfals nicht nackend von
Mann-Personen beschauen lassen wollen / sondern wenn auch solches schon ungefehr
geschehen / haben sie sich mit harter Straffe gerochen / immaßen Tiresias
deßhalber von der Pallade seines Gesichts beraubet worden. Apollodorus / lib.
Bibliothec. sive de Diis 3. Wiewohl andere vorgeben / die Juno habe ihn darum
blind gemacht / weil in den Streit zwischen ihr und ihren Gemahl Jupiter / Er
[als der nacheinander ein Weib und Mann gewesen] den Ausspruch gethan / daß die
Weiber mehr Lust in Beyschlaf / den die Männer / empfünden: Tres voluptatis
uncias in viro, novem in foemina pronunciavit, ut scribit Fulgent. l. 2.
Mytholog. Add. Ovid. lib. 3. Metamorph. & Lucian. Dialog. Menippi
& Tiresiae, & in alio, cui titulus est: [Greek words] Actaeon muste zum Hirsch / und von seinen eigenen
Hunden zerrissen werden / weil er die Dianam mit ihren Gespiehlen im Walde
nackend / sich badend / angetroffen. Ovid. lib. 3. Metamorph. lib. 3. fab. 4.
& 5. lib. 2. Tristium:
Inscius Actaeon vidit sine veste Dianam:
Praeda suis canibus non minus ille fuit.
Tradit & Lactantius, lib. 2. qui de örigine orroris inscribitur, c. 17
Junonem nudatam in sacrilegos sese vindicasse.
XLVII. Es sind auch theils Weibes-Bilder Allzuschamhafft gewesen / als die
Lysidice, welche wenn sie sich gebadet / dennoch den Rock und das Hembd nicht
ausgezogen. Eine andere / Philetaera mil Nahmen / wenn sie in eine mit Wasser
angefüllete Wanne stieg sich abzuwaschen / behielt allemahl das Hembdian / und
hebete dasselbe nicht höher auf / als ihr Leib mit Wasser bedecket ward /
welches sie auch in widerheraussteigen allemahl beobachtete / ob sie schon
alleine / und kein Mensch bey ihr war. Tiraquell. Leg. 4. connub. Gloss. 1. p.
3. p. 87. n. 11. Theano vestem aliquando induens brachium fortè nudavit,
& cum quidam dixisset: O pulchrum cubitum! At non publicum inquit Autor
Clemens Alexandrinus, lib. 4. Stromatôn, & ante ipsumPlutarchus, in
praeceptis connubi alibus cap. 32. ubi. hinc, subdit, pudicae mulieris ne
cubitum quidem nudari oportere.
XLVIII. Daher auch bey vielen Völckern noch auf den heutigen Tag üblich ist / daß
das Weibes-Volck das Gesichte bedecken muß / vnd sich selten sehen lassen darf.
Wiewohl bey den Spartanern nur allein die verheyra [1047] teten Weiber mit bedeckten / die Jungfern aber mit aufgedeckten freien
Angesichte einhergiengen. Die Ursache setzet Charilus oder Charilaus [utrumque
enim legitur] diese / weil die Jungfern durch ihre schöne Gestalt erst Männer
suchen und erwerben müssen die Weiber aber schon ihr Theil / und also nach
andern sich nicht umzusehen Ursach hätten. Tiraquell. d. L. connub. 4. pag. 89.
n. 20.
XLIX. Lucretia wie sie sich erstach / war sorgfältig / daß sie in Niederfallen
sich nicht entblöste. Ovid. lib. 2. Fastorum:
Tunc quoque jam moriens ne non procumbat honestè,
Respicit: haec etiam cura cadentis erat.
C. Julius Caesar, als er Meuchelmörderischer Weise erstochen ward / wickelte
seinen Kopf in den Mantel / und zohe mit der lincken Hand den Rock über die
Kniehe herab / daß er sterbend züchtig niederfallen / und sich nicht schändlich
entbössen möchte. Suetonius, in ejus vita. Valer Maxim. lib. 4. c. 5. Plinius,
lib. Epistol. 4. ad Minutianum laudat Corneliam, Vestalium maximam, quod cum
incestus injustè damnata in subterraneum cubiculum demitteretur, haesissetq???
descendenti stola, vertit se ac recollegit.
L. Ferner wenn eine Manns-Person sich erkühnet / eine Jungfer oder Ehefrau wider
ihren Willen zu küssen / solche That kan als eine Injurie Rechtlich vindiciret
werden; temeritatis enim & attentatae pudicitiae indicium est, unde pro
actione injuriarum hoc nomine competente pronunciatum esse tastatur Strauch / ad
Jus Justin. Disp 19. Aphor. 14. Und wird der Thäter noch darzu willkührlich
bestrafft / Farinac, q. 142. n. 154. Menoch, de A. I. Q. lib. 2. cas 287. n. 2.
Borcholt. de Feudis c. 8. n. 100. ubi tamen n. seq. subjicit, juvenem prae nimio
amore puellam exosculantem mitius puniendum esse. Und hahen auch die Clerici
hierin keine Freyheit / nach dem alten Vorwant / als wenn sie solches thäten ein
Weibes-Bild zu segnen / oder daß sie solches ex Zelo charitatis thäten / welchen
Nevizanus, in Sylv. nupt lib. 4. §. est nubendum. n. 76. artig also antwortet: a
tali charitate libera nos domine; sondern es entstehet eben derselbe Verdacht
wider sie / als bey einen Weltlichen / drum heisset es: manum de tabula! Die
Hand von der Butten. Wie man es aber machen müsse / wenn man zuläßiger Weise
eine Jungfrau recht küssen wolle / lehret Constantinus Rogerius, in tractatu, de
dote, c 19. n. 18. ibi: Multi nesciunt osculari: Unde tu opponas alteram manum
ad mentum mulieris, alteram verò ad occiput, cum eleganti labiorum impressione.
Sed forte nemo hic praeceptorem desiderabit Rogerium.
|| [1048]
LI. Ein Weibes-Bild / so sich von einen Ehe-Mann schändlich ümfangen / Hertzen /
und an die blosse Brüste greiffen lässet / ohne einziges Widerstreben / zumahl
an einen abgesonderten / und zu der fleischlichen. Vermischung bequemen Ort /
ladet einen grossen Verdacht des Ehebruchs auf sich. Carpzov. pract. crim. p. 2.
q. 62. n. 27. Mascard de prob. concl. 453. n. 15. & seq. Drum auch ein
Ehe-Mann bey solcher Beschaffenheit um die Ehescheidung anhalten kan / bevorab
wenn zu beweisen und beyzubringen / daß s???m Weib von einem andern die Brüste
betasten lassen. Hector AEmil. de test l. rub. testis adulterium n. 27. Farinac.
q. 136. n. 40. Am schändlichsten aber ist es / wenn eine unzüchtige Mann-Person
sich unterstehet / ein Weibes-Bild an heimlichen Orten anzugreiffen / und
zubefülen. Omninò enim ad infamiam pertinet, pudicitiam alicujus attentare. L.
1. §. 2. in fin. ff. de injur. Drum kan auch eine ehrliche und züchtige Jungfer
oder Eheweib / der dieses wieder ihren Willen begegnet / es vor die gröss???ste
injurie anziehen / und rechtlich vindiciren. Massen der Thäter deshalber mit der
Landes-Verweisung / Gefängnis / oder einer ziemlichen Geld-Busse gestrafft wird.
Farinac. quaest. crim. 141. n. 103. Damhoud. prax. crim. c. 89. n. 42. Ein
Eheweib / welche stelle hält / und solchen schändlichen tactum zuläst / ladet
einen grossen Verdacht des Ehebruchs auf sich. Mascard. de prob. concl. 811. n.
5. Stryke, de Jure Sensuum, diss. 7. c. 5. n. 20. praesertim si permittat se
tangi ab alio nuda, vel in pudibundis, tunc enim oritur praesumtio copulae
carnalis. Paris. lib. 4. Cons. 6. n. & 13. Farinac. d. q. 136. n. 142.
LII. Inter Conjuges servanda quoq??? est castitas, & impudicum quodvis
vitandum. Citius tamen veniam excessibus conjugum indulgebit Deus, qui
extingvendae libidini hoc ponere remedium voluit. 1. Corinth. 7. v. 2. Strycke
d. dissert. 7. c. 5. n. 21. & 22. Manilium Senatu motum, quod uxorem
praesente filia deosculatus fuisset, legimus apud Plutarchum, in vita Catonis
Censorij, tanquam turpe esset, praesentibus aliis se invicem svaviari. Nam
& Clemens Alexan drinus, paedagog. lib. 3. c. 10. in princip. jus non
facit maritis, uxores suas coram famulis osculari.
LIII. Von der Penepole, Ulyssis Gemahlin / und ihrer sonderbaren Keuschheit in
der zwantzig-jährigen Abwesenheit ihres Ehe-Herrns / ist viel rühmens: Aber
Duris Samius, in libro de Agathocle, und der Historicus Lysander setzen das
Gegentheil u. dieses / daß sie sich in wehrender Zeit mit allen ihren Freyern
vermischet / und einen Sohn gebohren / den sie Pan genen [1049] ret
[Greek words] enim Graecis totum sive omne
dicitur. Dessen auch der Griegische Poet Lyconphron gedencket / und sie [Greek words], scortantem, oder eine Hure neunet /
zugleich anfügende / daß wie Ulysses heim kom̅en / und solches
erfahren / er strack wieder fort in die Insul Cortynam sich begeben / und allda
gestorben. Andere aber sagen er sey wieder zu der Circe gezogen / und von seinen
eignen Sohn Telemacho umgebracht worden. Einige geben vor / Mercurius habe sich
in einen Bock / den die Penelope lieb gehabt / verwandelt / und den Pan gezeuget
/ der auch eben drum Bocks-Füsse gehabt und Hircipes genennet worden. Herod.
lib. 2. Cicero, de Nat. Deor. lib. 3 Julius Hyginus, fabul. c. 224. Nach dem Tod
Ulyssis hat sie seinen mit der Circe erzeugeten Sohn Telegonum wieder
geheyrathet.
IV. Die Musen oder Göttinnen der freyen Künste / wurden von den alten als
Jungfern abgebildet / daß sie keusch und rein seyn / drum sie auch Camoenae,
quod sint castae mentis praesides, genennet werden / anzuzeigen / daß diejenige
/ so was rechtschaffenes studiren und lernen wolten / keusch / züchtig / und
nicht verhurt seyn solten: Je dennoch schreiben Myrtilus und Arnobius, lib. 4.
aedvers. Gentes, daß dieselbe des Macarei Töchter / Megaleonis Mägde und lose
Huren gewesen / welches aber nicht wohl glä???blich; doch kan man nicht vor
gewiß sagen / daß sie alle Jungfern gewesen / denn man findet daß der Cliûs
Söhne Jalemus und Hymenaeus: der Euterpes oder Terpsichore, Resus: Der Thaliae,
Palaephatus: Der Uraniae Linus: Der Melpomenes, oder wie ander meinen der
Terpsichores, Sireues u. Melius: Der Eratûs Thamyris, der Polyhymniae
Triptolemus: der Calliopes, Orpheus geheissen / ut videre est apud Tzetzem, in
Commentariis in Hesiodum.
LV. Vorgedachte Lucretia, welche um des willen / daß Tarquinius Collatinus sie
des Nachtes in ihren Ehe-Bette überfallen / und genothzüchtiget / sich selbst in
Gegenwart ihres Mannes Bruti erstochen / will von vielen auch nicht vor gar
unschuldig gehalten werden / ungeachtet Augustinus lib. 1. de civitate dei c.
19. sehr vor sie redet / sonderlich weil Ovidius lib. Fastor. 2. also von ihr
schreibet: Succubuit famae victa puella metu! eben als wenn sie famam &
opinionem vulgi höher als ihre Zuch und Keuschheit gehalten [quod ex Livio
quoq??? ad finem libri. 1. videre licet] oder aus Furcht dieselbe hindan gesetzt
habe. Drum sie auch Martialis nicht vor gar zu keusch hält / wenn er lib. 1.
also setzet:
|| [1050]
Erubuit, posuitq??? meum Lucretia librum,
Sed coram Bruto: Brute recede, leget.
Quasi scilicet non castitatem coleret ipsius castitatis amore, sed potius timore
ac reverentia Bruti. Nec eam à nota adulterii vindicat Gloss. in §. Lucretiam,
in verbo aldultera & seq. 22. & 45. tametsi illam Romanae
pudicitiae ducem appellat Val. Maximus lib. 6. c. 1. Tiraquell. in 9. Leg.
Connub. Gloss. 1. part. 9. n. 96.
LVI. Cyrene, ein grausam unzüchtig Weib / ward dodecamechana zugenant / quia in
Venereo usu duodecim excogitasset figuras, quo inscensori jucundius redderetur
libidinis profluvium. Suidas, & interpres Aristophanis supra d. Voc. Ein
andere / Elephantides genant / decripsit versibus modos, figuras, species,
formas: i. e. ut uno verbo Graeco haec omnia complactar, Schemata concubituum;
nam ejus libri titulus est [Greek words],
quorum meminit Virgil. si is est, in obscoeno carmine ad Lalagen:
Obscoenas rigido Deo tabellas
Ducens ex Elephantidos libellis.
Et Martial. lib. 12. in Sabellum.
Facundus mihi de libidinosis
Legisti nimium, Sabelle, versus,
Quales nec didymi sciunt puellae,
Nec molles Elephantidos libelli.
Sunt illic Veneris novae figurae &c.
Quin & Suetonius tradit, Tiberium cubicula plurifariam disposita tabellis
ac sigillis lascivarum picturarum & figuraram adornavisse, librisq???
Elephantidis instruxisse. Idem quoq??? Phylaenis & Astyanassa ex Helenae
famulis, & haec omnium prima, ut tradit Svidas, fecisse dicuntur.
Quartilla, eine eben der Gattung / spricht bey dem Petronio von ihr selber also:
Junonem meam iratam habeam, si me unquam meminerim Virginem fuisse, nam infans
cum paribus inquinata sum, & subinde prodeuntibus annis majoribus me
pueris applicui, donec ad hanc aetatem perveni.
LVII. Cleopatra war eine Königs Ptolomaei Dionysiii des letzten Schwester und
Gemahlin. Dio lib. 42. Nachdem aber dieser in einer See-Schlach ersoffen / ward
sie erstlich Julii Caesaris, hernacher M. Antonii [waren beyde Römi [1051] sche Fürsten] unzüchtige Gemahlin. Idem lib.
43. Sonderlich war sie bey dem antonio so wollüstig / daß sie sich in ein
öffentlich Huren-Haus begeben / und daselbst hundert und sechs Männer
fleischlich vergnüget. Doch hat sie selbst bekennet / daß ihr der Kitzel daduch
erst recht angezündet sey / un daß sie bekennet / daß ihr der Kitzel dadurch
erst recht angezündet sey / und daselbst hundert und sechs Mäuner fleischlich
vergnüget. Doch hat sie selbst bekennet / daß ihr der Kitzel dadurch erst recht
angezündet sey / un daß sie zwar vom Hur-Hause wiederkäme / wäre aber noch nicht
ersättiger / teste ipso Antonio, in Epist. ad Z. Soran. de incontinentia
libidinis Cleopatrae Reginae. Dio lib. 48 & lib. 51.
VIII. Käyser Claudius war mit seinen Gemahlinnen gar unglücklich / weil sie alle
Huren waren. Die erste Nahmens AEmilia sties er von sich / ehe er sich noch
völlig mit ihr vermählete. Der andern / so Livia Medullina hieß / hatte er schon
am ersten Hochzeit Tage satt. Die fünfte aber / Nahmens Valeria Messalina, war
die ärgste: Denn ihre Unersätlichkeit in der Wollust trieb sie dahin / daß sie
sich vermasquirt ins Hur-Hauß begab / und sich Lycissa nennen ließ / und da sie
es daselbst mit 25. Männern versucht / eignete sie sich dadurch vor andern einen
grossen Ruhm zu / ungeachtet sie gleichwohl noch meinete / daß sie zwar müde /
aber nicht sat worden.
Lassata viris, non dum satiata recessit.
Ist deßwegen von Claudio umgebracht worden. Jhre unersätliche Unzucht beschreiben
Dio & Sueton. in Clauaio. Tacit. l. 2. Annal. Plin. lib. 10. c. 63.
Juvenal. Satyr. 6.
LIX. Käyser Otto III hatte auch eine unzüchtige Gemahlin / Mariam, eine Königin
aus Arragonien / welche einen Jüngling / der ihr für eine Cam̅er-Jungfer dienete / aber mit demselben täglich Ehebruch und Hurerey trieb /
hielte. Als aber der Käyser darhinter kam / ließ er denselben verbrennen /
welches ihr zuletzt auch wiederfuhr. Mich. Sachs / Alphab. Hist lit. 1. n. 2. p.
233. Albert. Cranz. lib. 4. Saxon. c. 26. Joh. Conrad Dietr. Erev. Hist. in vit.
Otton. §. 2. p. 295. Mich. Sachs p. 2. der Käyser-Chronic. pag. 48.
LX. Sigismundus, Käyser Caroli des Vierten Sohn / ward König in Ungarn und Böhmen
/ durch Heurath der Königin Marien in Ungarn / endlich auch Römischer Käyser /
ein gelehrter und weiser Herr. AEneas Sylvius, Hist. Bohem. c. 42. & 52.
Nach dem Tode Mariae und seiner halb-Jährigen Gefangenschafft in dem Schloß
Soklios, des Gros-Grafens Nicolai de Gera. vermählete er sich mit Barbara /
Graff Herman̅s von Cilly in Krayn [1052] Tochter. Diese war eine über allemassen unzüchtiges Weibes-Bild / welche davor
hielt / es könte keine Stunde glückselig seyn / wenn sie nicht mit fleischlicher
Woll???st / Essen / Trincken und unzüchtiger Vermischung zubracht würde /
deßwegen auch keine wohlgestalte Manns-Person für ihr sicher gewesen / die sie
nicht zu sich beruffen / ihr zu Dienstezustehe̅. Vid Bonfin. dec.
3. lib. 7. Rer. Ungar. Christoph Lehmann, in der Speyerischen Chronic. lib. 7.
c. 76 in fin. pag. 858. setzet hinzu / daß sie alle diejenige in ihren
Frauenzimmer / so sich der Zucht / Erbarkeit und Christlichen Wandels befleissen
/ vor einfältig gehalten / und was man von ewiger Belohnung guter und böser
Wercke gesagt / vor Fabeln und Mährlein gehalten. Nach des Käysers tödlichen /
Abgang hat sie auf eine Zeit ein Geiftlicher zum eingezogenen Leben und Wandel
ermahnet / und ihr zum Exempel die Turtel-Täublein vorgehalten / daß / wenn eins
verstürbe / das andere in steter Traurigkeit verbliebe / dem sie geantwortet /
wenn er ein Exempel von unvernünftigen Thieren geben wolte / begehrete sie
lieber eins von den Spaten oder Sperlingen / die frölich und lustig wären / als
von Turtel-Tauben zu hören. Ist Anno 1249. an der Pest gestorben. Cuspinianus,
in Sigismundo, p. 49. 78. & 498. gedencket derselben auch / u. saget /
fuit foemina immensae libidinis, & procacitatis inverecundae, quae
saepius viros peteret, quam peteretur, saepissimè in adulterio à Sigismundo
deprehensa, sed adulterae ignovit. Quotiescunque virum aliquem aut robustum aut
libidini aptum contem plabatur, mox accersiri curavit, eoque tamdiu usa, quoad
vix cruribus incedere posset. Et lassata viris, nunquam satiata recessit, ac
resupina jacens multorum absorbuit ictus.
LXI. Eben der Gattung war auch Adelheit / des Maggrafen von Vohburg Tochter /
Käyser Friderici Barbarossae Gemahlin / die er auch um des willen von sich
stieß. Ottonis de S. Blasio Appendix. Item Johanna / Königs Andreae zu Neapolis
Gemahlin / welche ihren Herrn und Gemahl / weil er in Ludo Veneris ihr nicht
gnugsam gewachsen / stranguliren lassen / accersebat enim quemlibet robustum,
& cum longo naso, longum ex eo penem augurans, ut loquitur Author disp.
de Hanreitate, thes. 31. Sie hatte gewiß Martialis distichon gelesen:
Mentula tam magna est, tantus tibi Papile nasus,
Ut possis, quoties arrigis, olfacere.
Et illud Philelphi ad JCtum celebratissimum Catonem Saccum:
|| [1053]
Nam mensura, Cato, pendentis plurima nasi
Creditur ingentem vulgò promittere caudam;
Et propterea olim nasati [ut ex Lampridio in Heliogabalo, aut ut nonnulli legunt,
Aliogabalo deprehendimus] dicebantur Viriliorse ac bellè mutoniati. Regina haec
per cuncta cava corporis libidinem recipiebat. Tiraq. in Leg. connub. 9. Gloss.
1. p. 9. pag. 155. n. 99.
LXII. Syllae, Caesaris, Pompeji. Luculli, Metelli, Lepidi, Scipionis,
Agamemnonis, Philippi Königs in Macedonien Weiber / und unzehlich viele andere
haben ihren Männern nicht reine Farbe gehalten / sondern ihnen Hörner
aufgesetzt. Ja Käyser M. Antonius Philosophus, welcher in L. haereditas,
& in L. ult. C. de testam. manu. Consultissimus Princeps, nec non, in L.
unum ex familia §. ult. ff. de Legat. Vir providentissimus atq???
religiosissimus, & in L. cum Syllanianum de his, quib. ut ingign.
Philosophiae plenus genennet wird / hat mit Fleiß / und wissendlich / seiner
Gemahlin Faustinae [deren in L. si Augustae ff. de Legat. 2. auch gedacht wird]
Ehebrüche verhelet / und solche seine Schwäger und Mithelffer zu grossen
Ehren-Aemtern erhoben / sonderlich aber Tertullum, welchen er bey ihr ertapt
hatte. Tiraquell. n 8. Leg. Connub. Gloss. 1. Part. 8. n. 14.
LXIII. Von der Julia, Käysers Augusti Tochter / schreibet man / daß als ihre
Courtisanen sich verwundert / daß alle Söhne ihrem Ehe-Herrn / dem Agrippae
ehnlich sehen / hat sie denenselben zur antwort gegeben: Plena nave admisi
vectorem! Macrob. lib. Saturnal. 2. c. 5.
LXIV. Die Lacedaemonier hatten in Gebrauch daß sie einander die Weiber zum
Kinderzeugen auf eine Zeit lang lehneten. Xenophon & Plutarchus in
Lycurgo, welches die Tapyri, Parthische Völcker / gleichfals thäten. Strabo /
lib. 11. bey den Römern hat Cato Uticensis dem Hortensio seine Frau die Martiam
eben auch auf die Condition hingelassen. Appian. lib. 2. Bellor. Civil. Lucanus,
lib. 2. Coel. Rhodig. lib. 13. antiq. Lect. 17. Eben also hat es Socrates mit
seiner bösen Xantippe gemacht / der aber zugleich zwey Weiber gehabt / als
ietztgedachte Xantippen, und die andere mit nahmen Myrtho. Athenaeus lib. 13.
Dipnos. D. Joh. Phil. Pfeiffer Antiq. Graec. lib. 4. c. 3. pag. 602.
LXV. Julius Caesar hat weiblich denen Römischen Weibern aufgewartet / massen er
denn deswegen von Curione omnium mulierum vir genennet [1054] worden. Sveton in ejus vita, indem fast alle Frauen zu Rom verwilliget / ihm
zu Dienste zustehen. Dio lib. 44 p. 150.
LXVI. Käyser Valentinianus hat durch Gesetze denen Weibern / so gerne
Kinder-Mütter werden wolten / Freyheit gegeben / es auf vielerley Art
zuversuchen. Sulton in Caesar. c. 52. Cassiodor. lib. 8. Paul. Diacon. lib. 2.
Dannenhero sind zu Rom solche gemeine Kinder-Väter gedultet worden / die man
Proletarios [quia prolem darent] genennet. Oros. lib. 4. c. 1. Bey den alten
Litkallern ist es auch so zugangen / daß sie einen oder mehr Ehe-Helffer
gehalten / wie sie Münster. lib. 4. Cosmograph. nennet / so den Mann zuweilen in
Ehe-Geschäfften subleviren müssen / die Männer aber haben keine Concubinen
halten dürffen. AEneas Sylvius, de dict. & factis Alphonsi c. 8. Tiraq.
in Leg. 7. connub. n. 60.
LXVII. Etliche halten gar darvor / daß die Philister den gefangenen Simson zu
einen solchen Ehe-Helffer gebraucht / weil sie gerne Kinder gehabt hätten / die
solche Helden wären / wie er war / und dieses solle angedeutet seyn in den
Worten: Und er muste mahlen im Gefangnis! Weil das Hebräische Wort (mahlen) so
im Grund-Text stehet / in der H. Schrift nicht allein mahlen / sondern auch
Kinderzeugen heisset. Führen darneben an den locum jobi c. 31 v. 10. Molat
alteri uxor mea, mein Weib mahle einem andern / wie es Drusius gegeben. Lutherus
verdolmetschet es. Es müsse mein Weib von einen andern beschlaffen werden. Vid.
Joh. Rist. Meyen-Unterred. p. 78.
LXVIII. Die Garamantes, Ilophagi & Ichtyophagi [quasi dicas pisceduli]
qui ex AEthiopibus sunt, item die Massagetae, Trogloditae, Agathyrsi, Maclyes,
Poenorum populi, Auses, Mosyni, Brachmanes, Persarum Sapientes, Tyrrheni, Scoti,
Asoti, Galactophagigens Scytica, & in universum alii Scythae, Hircani,
ante Alexandri M. tempora, Britanni, Persae, Nomades und andere mehr haben die
Weiber unter sich gemein gehabt / es sind auch die Kinder aus der gemeinen Cassa
und Einkünfften auferzogen / biß sie 5. Jahr alt worden / wenn sich dan̅gefunden / daß ein solch Kind dem Gesichte nach einem gleich
gewesen / ist es solchem gegeben worden der es zu sich genommen / vor sein Kind
erkant / und es vollend groß erzogen. Vid. Tiraq. in dict. 7. Leg. Connub.
Gloss. primae part. 7. n. 51. 52. 53. oder welchen die Mutter muthmaßlich zu
Vater angegeben / Herod. lib. 4. §. 124. Die Gindaner in Lybien halten
gleichfals die Weiber gemein / welche rauche peltzerne [1055] Röcke trugen. Wenn nun ein Mann bey einer wolte schlaffen / muste er ihr zuvor
einen Knoten in den zotigten Rock knüpffen / welche nun viele Knoten in dem
Rauchwerck hatte / ward unter ihnen vor die Vornehmste und Statlichste gehalten.
Idem Herodot. lib. 4. §. 123. Plato [von seinen breiten Schultern also beygenant
/ da er sonst / wie sein Vater / Aristocles hieß] Item Diogenes, Chrysippus,
Zeno, Antisthenes, Cato und viele andere mehr haben gelehret / daß man die
Weiber in gemeinen Brauch haben solte. Gvevarra, Horolog. Princip. p. 298.
welchen auch unterschiedliche Ketzer / als die Nicolaiten / Marcioniten /
Anabaptisten / Libertiner / Adiaphoristen / und andere mehr beygeflichtet / von
welchen in Michael Wiedemanns Hist. Poet. Gefangenschaft / pag. 33. 34.
& 35 weiter Nachricht zufinden.
LXIX. Wann bey den Massageten [wahren Scytische Völcker in Asien] einem Manne ein
Weibes-Bild begegnete / die ihm gefiel / und ihm eine Lust ankahm / legte er
sein Gewehr / oder was um hatte / bey seit / und vermischte sich öffentlich ohne
alle Scheu mit ihr / es mochte zu sehen / wer wolte. Wenn er das seine
verrichtet / gieng ein jedes seiner Wege. Herod. lib. 1. §. 39. Die Nasamones,
Angylae, Gnidanes, Stymphali &c. pflegten auch die ehelichen Wercke auf
öffentlichen Gässen und Strassen. Tiraq. d. L. connub. 7. n. 56. ibig???
allegati Authores. Welches gleichfals Diogenes zuweilen wohl gar auf den Marckt
mit seinem Weibe getrieben / daher er Cynicus oder hündisch genennet worden /
weil die Hunde auch ohne Scheu auf öffentlicher Strasse reihen / Diogenes Laert.
in vita ipsius. [Hinc canes dicuntur obscoeni à Virgil. lib. Georg 1. immundi ab
Horatio, lib. 1. Epistol ad Lollium. & inpudentissimi à sanctissimo
Scriptore Esaia c. 56.] Sed Juno cum ei concubitum offerret Jupiter in Idae
montis cacumine, tametsi ejus rei esset imprimis avida, ut quae se ex composito
ornaverat, quo illum in id alliceret; in eo tamen loco recusavit, quoniam nimium
pateret caeteris Diis, qui eos concumbentes possent videre, quod [Greek words] esset. i. e. vituperabile. Homer. lib.
Iliad. 14. Elephantes cum coire appetunt, solitudines quoq??? quaerunt. Aristot.
in Histor. animal. lib. 5. c. 2. Plinius lib. 8. c. 5. & Lib. 10. c. 63.
AElian. lib. Hist. animal. 6. c. 60. & 8. c. 17. Imo idem ipse AElian.
lib. 13. tradit, Ranas, animal alioqin foedissimum, interdiu horrere, Venereo
complexu se implicare: noctemq??? ut Veneri dent operam, expectare. Huc quoq;
spectat cognomentum illud: quod inter alia Plurima Veneri datum est, ut scilicet
MELANIS & MELAENIS diceretur, quia Venus in tenebris &
abscondito sit peragen [1056] da
[Greek words] enim Graeci nigrum vocant.
Pausan. lib. 8. qui de Arcadicis est. Cujus Veneris Melanidis templum fuit apud
Corinthum, ut tradit idem Pausanias. lib. 2. qui de Corinthiacis est. Et eadem
ratione ea ipsa Venus Scotia à tenebris dicitur, cujus templum apud AEgyptios,
fuit, teste Hesychio Tiraq. in 15. Leg. Connub. Gloss. primae part. 15. n. 163.
LXX. Die Perser / Araber / Assyrer / AEgypter / Galater / Irländer und andere
Völcker mehr haben vor alters ihre Mütter / Töchter / Schwestern und nahe
Bluts-Freunde geheyrathet / massen den Artaxerxes seine eingne Töchter / Jupiter
aber die Junonem, item Saturnus Rheam. Janus Camisiam, Osiris Isidem, Alexander
Pyrrhi fil. Olympiadem, Mithridates Laodicem, Mausolus Artemisiam, Dionysius
Sophrosynam, Ptolomaeus Cleopatram, Cimon Elpidem, als ihre leibliche Schwestern
zur Ehe gehabt. Vide latè de his disserentem Tiraq. in 7. connub. gloss. 1.
part. 7. n. 32. & seqq. usg??? n. 46. Ptolomaeus Philadelphus, Rex
AEgypti, etiam Arsinoën sororem duxit uxorem, cui cum ob ib dixisset Sotades:
[Greek words] i. e. in foramen minimè
sanctum aculeum tradis, in vincula conjectus est, ut scribit Plutarchus, in lib.
[Greek words] Hegesander autem, apud
Athenaeum lib. 14. c. 7. dicit, eum id primum fuisse conjectum in figu inam
plumbariam, deinde in mare inmersum. Von einer Königlichen Princeßin wird daß
sie funffzehen Brüder gehabt / deren aller Weib sie / vermöge des Land-Gesetzes
/ seyn muste. Nun war der Brauch / daß wenn einer die Schwester besuchte / er
seinen Stab vor der Cam̅erthür liegen lassen muste / denen andern
damit ein Zeichen zugeben / daß sie ihm nicht verstöreten. Es war aber dieses
15. Männerige Weib [wie leicht zu erachten] ihrer Brüder überdrüßig / drum
erdachte sie ihr zu Erleichterung diese List: Sie machte ihr einen Stab /
welcher jenen ähnlich war / den legte sie vor die Cammerthür / und ließ ihn eine
Zeitlang liegen. Da nun die Brüder einer nach den andern kamen / und den Stab
sahen / musten sie wieder abziehen / biß endlich als sie alle 15. beysammen
waren / lieff einer hin / die Schwester heimzusuchen. Als er aber den Stab
abermahl sahe vor der Thür stehen / wurde sie von den Brüdern bey dem Vater /
als eine Ehebrecherin verklaget / nachdem sie aber ihre Unschuld erwiese / ward
sie loßgesprochen. Polyd. Vergil. lib. 1. de rerum inventor. cap. 4.
LXXI. In der Insel Cypro, in Mittelländischen Meer / haben vor diesen die
Jungfern / so zum heyrathen tüchtig / sich an das Ufer des Meers verfüget / [1057] und denen anlandenden Fremden ihre Jungferschafft
verkaufft / und so lange Handel und Gewerbe getrieben / biß sie ein gut stück
Geld zur Morgen-Gabe verdienet hatten. Justinus, lib. 18, c. 5. Daher dieses
Land der Heydnischen Hurerey Göttin Veneri gewidmet gewesen / welche auch
deßwegen Dea Cypria, oder potens Cypri genennet worden Horat. lib. 1. od. 3.
Solches ist bey den Schythis und Corsis gleichfals üblich gewesen. Tiraq. in 7.
leg. connub. gloss. 1. part. 7. n. 57.
LXXII. Die Illyrici, Phoenices, Syracusani, Thebani und Hispani liessen vor
Alters nicht allein ihren Töchtern / sondern auch Weibern zu / mit Manns-Bildern
sich zu vermischen / nach ihren eignen Gefallen. Idem Tiraq. d. loc. n. 58. 59.
& 60.
LXXIII. Bey den Massiliensern freieten die Jungfern um die junge Gesellen / und
wenn deren mehr waren / so auch affection zu ihnen hatten / reichten sie nach
den Essen denenjenigen / so ihnem am besten gefiehl / eine Schale voll Wasser /
und dem dieses wiederfuhr / war hernach der rechte Bräutigam.
Athenaeus, lib. 13. cap. item 13. in pr.
LXXIV. Es ist auch eine Arth Leuthe / Dapsolyber genennet / gefunden worden / bey
welchen diese Närrische Gewohnheit gewesen / daß zu einer gewissen Zeit des
Jahrs sich diejenige Personen / so heyrathen wollen an einen finstern Orth
versamlen müssen / und zwar die Männer und junge Gesellen besonders / die Weiber
und Jungfrauen auch besonders. Wenn sie nun alle beysammen gewesen / hat man die
Lichter beyde Hauffen zusammen gelassen / da nun Männer und Weiber also
durcheinander gelauffen / hat ein jeder eins erwischt / und was einer in
demselben Gemenge vor eine erhaschet / sie sey schön oder heßlich / jung oder
alt / gut oder böse gewesen / hat er auch müssen behalten / und also sind die
heßlichen in der Summa mit verthan worden. Acerr. Phil. Lauremb. Cent. 5. n. 66.
pag. 725. ex Plutarch.
LXXV. Die Alten Babylonier verstachen zwar die heßlichen und schönen Jungfrauen
auch mit einander / aber sie hatten ein besondern Mittel. Sie versamleten sich
auch Jährlich einmahl / und da wurde die schönste ausgesondert / und
verauctioniret. Wer nun das meiste davor gab / der kriegte sie; Wenn diese weg /
ward eine andere ausgesondert / die auch ein wenig schön / welche ebenfals dem
gegeben wurde / der das meiste vor sie darboth. Wen̅ nun die
schönen alle weg / daß niemand nichts mehr geben wolte / nahmen sie das Gerd /
so vor die schönen Jungfern einkommen war / und legten es zu [1058] den heßlichen / nach Proportion ihrer Heßligkeit / also giengs nun
/ wer die schönste haben wolte / der muste daß meiste Geld geben / wer aber mit
der garstigen verlieb nahm / bekahm das meiste Geld mit ihr. Herod. lib. 1. c.
36. p. 79. & seqq. Alex. ab Alex. lib. 1. Gen. dier. c. 24. Strabo, lib.
16. Joann. oem. de morib. Legib. & ritibus omnium Gent. l. 2. de Asia c.
3. pag. 77. Eben dieses schreiben auch von den Thraciern Pompon. Mela, lib. 2.
c. 2. und Solin. cap. 15.
LXXVI. Bey etlichen Völckern gewissen theils Africae, Adyrmachidae genant / hat
keine Adeliche Jungfer sich verehligen können / biß sie ihre Jungferschafft dem
Könige offerirt / ob ihm vielleicht belieben möchte / die Blüthe derselben zu
brechen / und der Erstlinge zugeniessen. Francisc Patric de Regno &
Regis Instit. lib. 4. tit. de oblect. Herod. lib. 4. §. 122. Welches auch die
Canarii also beobachten. Tiraquell. in Leg. 7. connub. Gloss. 1. p. 7. n. 62.
aber dem Promneso König in Cephalenien übel bekommen / denn als derselbe auch
geboth / die Bräute seiner Unterthanen ihm zur Defloration zubringen / hat ein
Jüngling / Antenor genant / Weibes-Kleider angezogen / und heimlich ein Schwerd
drunter verborgen / auch den Tyrannen in seinem Bert erstochen / welches ihm zu
solcher Ehre und Ruhm hinaus geschlagen / daß er von den gemeinen Volck zu ihren
General und Heer-Führer angenommen / ihm auch das schöne Mädgen / um
derentwillen er diese That vollbracht / zur Ehe gegeben worden. Heraclides in
Polyticis. Dergleichen Gebrauch soll in Königreich Schottland vor diesen gewesen
/ und von den Heydnischen König Eveno III. eingeführet worden seyn / daß die
verlobten Jungfern denen vornehmsten Herrn des Landes / deren Unterthanen sie
waren / musten überliefert werden / ehe sie einem Mann beygeleget worden. Leges
Regiae Scot. ib. 4. c. 31. Buchanan, hist. Scot. lib. 4. & 7. Doch haben
sie zu Zeiten des Königs Malcolini III. in Schottland Anno Christi 1096. oder
wie etliche wollen 1057. der diesen schändlichen Gebrauch abgeschaffet / ein
gewisses Geld pro redemtione virginitatis geben müssen. Ex Hector. Boeth l. 12.
Klock. de AErario l. 2. c. 146. n. 27. welches auf eine Marck Silber kommen und
noch Marcheta mulierum genennet wird Zeil. Epist 636. Et aureo Pudicitiam
redimere nupturam quoque tradit Polyd. Virgil. lib. 10. Hist. Angl. Die
Volsinienser haben ihre Töchter / ehe sie den Bräutigam beyge eget worden /
ihren Knechten zu defloriren übergeben. Alex. ab Alex. lib. 1. c. 24 Gen. dier.
Medi Deae Anatidi filias consecrant, ibi prostrata pudicitia mox maritis
traduntur, Tiraquell. in 7. leg. connub. Gloss. 1. part. 7. n. 6. Turpe
& illicitum quoque erat pactum, quod Canonicis & Comitibus [1059] Lugdunensibusquoad licentiam dabat, pro recognitione
Feudorum primä nocte concumbere Vasallorum sponsis, quod pactum jus laxandae
coxae aut CONNAGII jus nominarunt. Choppin. ad LL. Andegav. lib. 1. c. 31. n. 8.
Camill. Borell. cons. 1. n. 158. Heut zu Tage haben die Indianer noch den Brauch
/ daß sie ihren Bräuten das Schloß der Keuschheit von einem Braminen [sind ihre
Pfaffen] erbrechen lassen / und geben ihnen noch darzu gros Geld / daß sie diese
grosse Mühe über sich nehmen / wiewohl die armen und geringen Leuthe es selbsten
verrichten / und das Geld verdienen. Erasm. Francisci, Ausländ. Sitten-Spiegel /
lib. 3. c. 2. pag. 936. Die Einwohner in Königreich Tarnassari u. Malacca
begrüssen einen Ausländer um die Entblühmung ihrer Bräute / der nicht ihres
Glaubens / sondern entweder ein Christ oder Muhammetaner ist. Als sich Ludwig
von Barthema in der Hauptstadt Tarnassari aufgehalten / hat ihn ein vornehmer
Kauffmann zu Gaste geladen / und ihn / weil er ein Ausländer / gebethen / er
möchte doch die erste Nacht bey seiner Braut schlaffen / die er in etlichen
Tagen heyrathen würde. Und ob er sich gleich darüber entfärbet / entschuldiget /
auch wohl eine verborgene Schalckheit befürchtet / hat es ihm doch der Wirth
ausgeredet / und versichert / daß es so des Landes Brauch sey / woraus sich
einer von seinen Cameraden darzu bereden lassen [oder vielleicht er selbst] dem
sie deswegen grosse Ehre angethan. Ludwig Barthem. Reise-Beschreibung / lib. 3.
cap. 9.
LXXVII. Die Heydnische Einwohner zu Goa führen die Bräute zu ihren Abgott Pagode,
an welchem ein Männlich Glied von Helffenbein gemacht ist / daran erdrücken sie
die Jungferschafft mit grossen Schmertzen unter närrischen Ceremonien / und muß
also der Teufel dem Bräutigam Hörner aufsetzen. Lintschot / Navig Orient. part.
1. c. 33. Boeoticis & Locris nihil erat in sponsalibus firmum, nisi
sponsus & sponsa in ara, Eucliae Virgini dicata, prius libarent, haut
aliter, nisi more solenni antea libassent, matrimonium esse rati. Qui mos Romae
quandoque invaluit: Siquidem olim nuptura in sinu FUTINI Dei sedere cogebatur.
Alex. ab Alex. l. 1. Gen. dier. c. 24. cum not. Tiraquelli. p. 94. Lactant. lib.
1. c. 20. hunc Deum non FUTINUM, sed MUTINUM vocat, in cujus (inquit) sinu
pudendo nubentes primum sedebant, ut illorum pudicitiam Deus delibasse videatur.
Speidel. Spec. jurid. Voc. Jungserschafft / p. 671.
|| [1060]
LXXVIII. Bey dem Seneca lieset man / daß Vitellius sich belustiget habe / der
Huren s. v. Rotz und Speichel aufzulecken: Ja den Hals damit zu schmieren.
Mamercus Scaurus trug keinen Abscheu / was der Weiber Natur an heimlichen Orthen
zu gewisser Zeit abtreibet [horrendum & obfoenum dictu!] mit dem Maul
aufzufangen. Zeiler, part. 1. Theatr. Trag. c. 13. Stiefler / d. c. 11. ead.
pag.
LXXIX. Cornelius Balbus, Q. Heterius, Eques Romanus, Princeps quidam Tarentinus,
Pindarus, Speusippus und andere mehr sind in ipso Actu Venereo, weil sie sich
allzuhart angegriffen / tod blieben. Plinins, l. 7. Hist. Nat. c. 53. Valerius,
lib. 9. c. 12. Tiraq. in 15. Leg connub. gloss 1. p. 15. n. 27. ubi plura affert
exempla. Julius Firmicus, lib. Astronom. 8. c. 6. nennet solchen Tod mortem
amoenam, dahin ziehlet auch Propertius, lib. 2. Eleg. ???.
-- Laus in amore mori,
Imgleichen Ovidius, lib. 2. Amor, Eleg. 10.
Felix, quem veneris certamina mutua perdunt,
Dii faciant, leti causa sit ista mei.
Et paulò post:
At mibi contingat, Veneris languescere motu,
Cum moriar, medium solvar & inter opus.
At??? aliquis nostro lacrymans in funere dicat,
Conveniens vitae mors fuit ista tuae;
LXXX. Von Moyse und Aaron wird geschriedben / daß sie zwar vorher / ehe sie von
Gott beruffen / denen Rindern Istrael vorzustehen / Söhne und Töchter gezeuget /
wie sie aber heilige Männer Gottes worden / findet man nicht / daß sie we???er
ihre Weiber erkant / ja einige geben gar vor / Moses habe sich von seiner Frauen
Zipora geschieden / destro besser und heiliger seinem Ambt vorzustehen /
Epiphanius, contra baeresis lib. 3. c. 78. Eusebius Caesariensis, si is est,
libro Evangelicae demonstrationis lib. 1. c. 9. Hebraei scriptores ad c. 12.
Numer. Wiedenn auch bey den Heyden sonderlich an den Priestern die Keuschheit
erfodert wurde / wie zu sehen an den Sacerdotibus Jovis Idaei in Creata, Veneris
apud Siconios, matris Deum &c. Pausan. lib. 2. de Corinthiacis.
Porphyrius, lib. 4. de abstinentia. Drum dursten auch die Priester kein Galtz /
oder andere Speisen / so fruchtbar machen / essen. Plutarh. caus. natur. c. 3.
Und bey den Römern keine Ziegen anrüren: Ja dieselbe nich einmahl nennen /
weil [1060] es ein geil Thier ist. Es waren ihnen auch
die Bohnen essen / und Epheu (hedra) anzugreiffen verbothen / weil die Bohnen
Blehungen machen / das Epheu aber sich sehr ausbreitet / und alles / was es
antrifft / gleichsam umarmet mit sich verbindet. Plutarch. u. in Symposiac.
decad. 5. c. 10. & in Problem. Roman. c. 111. add. Horat. lib. Ephod.
od. 15. & lib. 1. Carminum Od. 36.
LXXXI. Hieher gehören auch die Vestalische Nonnen / so ewige Keuschheit zuhalten
geschworen / item die Priesterinnen der Cereris, Dianae, Apollinis Pythii und
andere mehr / so unter der Speise vieie Rauthen gebrauchten / welche der bösen
Lust wehren soll. Dioscorides, lib. 3. c. 50. Plinius, lib. 20. c. 13. quo etiam
argumento Graecè [Greek words] dici quibus dam
placuit, [Greek words]. Congelat enim ob
caliditatem suam & siccitatem hominis sperma.
LXXXII. Die Göttin Venus wird von den Homero, Hesiodo, Virgilio und andern
beygenant aurea, niveis lacertis, rosea cervice, argenteis pedibus, nigris???
oculis. Deßgleichen die Juno albiulna, [Greek
words], bovinis oculis nigris??? super ciliis. Diana aurea [aureum hic
propulchro sumitur] Themis pulchrigena, Pallas [Greek
words], glaucis, sive caesiis oculis. Aurora roseis digitis.
Thetis argenteis pedibus. Proserpina albiulna. Hebe pulchritala. Calypso, Ceres
& Circe pulchris crinibus. Latona auricoma & puchris genis.
Amathia, una Nereidum, pulchricoma. &c. Vid. omninò Tiraquell. in 2.
leg. connub. gloss. 1. part. 2. n. 33. & seqq. us??? 39.
LXXXIII. Von den Poëten wird gedichtet / daß Vulcanus oder der Schmiede-GOtt der
ietzt-gedachten Liebes-Göttin Mann gewesen / womit sie auf das Officium Venerum
geziehlet / als worzu Hitze erfodert wird. D. Augustin. lib. 20. advers. Faustum
Manichaeum, c. 9.
LXXXIV. Daß aber die Venus dem Saturno zuwieder ist / bedeutet / daß alte Greißen
/ Saurtöpffe und Nösseler bey dem Frauenzimmer schlechte / ja wohl keine Partes
noch Gehör haben / Tiraq in 6. Leg. Connub. gloß 1. part. 6. n. 15. Drum wird
nicht allein Cupido in Jünglings-Gestalt abgebildet / sondern auch das Alter von
der Veneris Wohnung ausgeschlossen / Idem. Tiraqu. d. loc. n. 13. Senex vir
inimica res est uxori juveni. Euripid. in Danae, apud Stobaeum, c. 49. quia nil
oblectationis, nihil voluptatis mulieri est in illo, teste Homero.
Et senis amplexus culta puella fugit, juxta Catullum.
Es sind auch junge Weiber selten den alten Männern getreu: sondern [1062] [Theognidis Meinung nach] gleich einem Schiff /
welches sich weder von den Steurmann mehr regieren und lencken / noch auch von
den Ancker aufhalten lassen will / ja vielmehr loßreisset / und des Nachtes in
einen andern Hafen einläufft Bevorab wenn die alten Männer immer über den
Büchern liegen / und wie Tiraq. in 2. Leg. connub gloß. 1. part. 2. n. 25.
anführet / sage: Non possum libris & uxori pariter inservire! Und wie
Cicero dem Hircio geantwortet: Non possum uxori & Philosophiae operam
pariter dare! Dadenn die Antwort gefällt: aut tu, aut alius! Item: Solve quod
debes! Maritus: non sum solvendo! Uxor: ergo cede bonis! Worüber mancher
Actaeonisitet wird / welches Laster nicht ungemein bey grosser / vornehmer und
hochgelehrter Männer Eheweibern zuseyn pfleget / wie abermahl Tiraquellus in 16.
Leg. connub. n. 60. & in 9. Leg. n. 122. klärlich zeiget / auch ohnedem
die Erfahrung es gnungsam an den Tag leget. Junge Weiber wünschen auch nichts
mehr / als daß ihre alte / abgenutzte Männer nur möchten zu Grabe getragen
werden / damit sie davor einen Jungen erlauffen möchten. Bartol. in L. Mutianae
col. ult. in. pr. ff. de condi. & demonst. Senes quippe ut plurimum
inidonei sunt concubitui, vel tamen segniores in Venerem, exangues, frigidi,
exnausti, procreant foemellas aut posthumos. Et quamvis nonnulli plus justo sint
loquaciores, verba temen non implent marsupium, & ubi facto opus est,
verba non sufficiunt.
Vid. Tiraquell. in 6. Leg. connub. n. 18. 21. 26. & 28.
Sie nehmen sich auch gemeiniglich der Herrschaft über die Män̅er
an. Teste Euripide in Phoenice, ibi: [Greek
words]. Domina enim seuinxor. Und obwohl die Venus sich mit dem alten
Greissen Anchise vermischet / und von solchen Beyschlaf den AEneam gebohren /
hat sie doch selbiges nicht so wohl aus Liebe / als darum gethan / weil sie von
dem Oraculo verstanden / daß / wenn Troja zerstöret / und derselben Könige aus
den Wege geräumet worden / des AEneae Nachkommen zum Regier-Stand erhoben werden
solten. Ut à Michaele Byzantino, in Violario, est scriptum. Wiewohl auch noch im
Gegentheil etliche junge Weiber gefunden werden / die lieber mit alten Männern /
als Jungen-Gesellen zuthun haben / welches Julius Firmicus, lib. Matheseos 7. c.
18. der Influenz und Krafft der Gestirne zuschreibet.
LXXXV. Ferner wird auch der Wein-Gott Bachus der Veneri zugesellet / [1063] anzuzeigen / daß der Wein eine Anreitzung zur Liebe
sey. Aristot. in lib. problem. 30. c. 1. Vide Salomonem, Prov. 20. Paulum, ad
Eph???s c. 5.
Hinc illud Terentii in Eunucho:
- Sine Cerere & Bacho friget Venus.
Auch daher der Wein Lac Veneris genennet. Athenaeus, lib. 10. Dipnosoph. c. 15.
Macrob. lib. 1. Saturnal. c. 12. und Horatius. lib. 3. Carm. od. 18. heisset
Craterem vini Veneris sodalem. Wiewohl der Wein / wenn er alzu überflüßig und
offt getruncken wird / an den Kinderzeugen hinderlich fällt / teste Tiraquell.
in 15. Leg. connub n. 148. & seqq. Das Podagra ist auch vor eine Tochter
des Bachi und Veneris erdichtet worden / weil es daher meistentheils enistehet
und herkömmet. Idem in d. Leg. 15. n. 44.
LXXXVI. Mercurius wird ihr gleichfals zur Seiten gesetzet / weil zu Gewinnung des
Frauenzimmers Liebe / gute Beredsamkeit / viel Complimente und Zucker-süsse
Worte / anbey artige und wohlanständige Minen: Item allerhandlustige und
anmuthige Spiele / auch andere sinnreiche Erfindungen erfordert werden / und
vonnöthen sind.
Plutarch. in Praecept. Connub. statim post princ. Tiraq. in 9. leg. connub. n.
233. & in L. 1510. 82.
LXXXVII. Desgleichen der Krieges-Gott Mars / welchen auch Vulcanus bey ihr
[Greek words] ertappet und verstricket /
anzudeuten / daß die Soldaten meistentheils verhuret sind / und in den
Quartieren / auch sonsten / wo sie nur kön nen Gelegenheit darzu haben / ihren
Wirten Hörner aufsetzen / oder doch Maistressen bey sich auf der Streu halten.
Aristot. lib. 2. Polit. c. 7. Tiraquell. dict. leg. connub. 9. n. 124.
LXXXVIII. Der vortreflich Mahler Phidias mahlete die Venus dergestalt / daß sie
mit den Füssen auf einer Schnecke stund / anzuzeigen / daß die Weibesbilder zu
Hause bleiben / verschwiegen seyn / und nicht aller Orthen herum lauffen oder
reisen solten / lustige anständige Gesellschafft zu suchen / und ihre Ehre in
Gefahr zusetzen. Plutarch. d. tr. c. 33. & lib. de Iside &
Osiride Stobaeus, Serm. 72. Praesumitur enim ea meretrix, quae alienas domos,
nunc hanc, aliam intrare consuevit. Angel. in L. si qua illustris C. ad S. C.
Orph. cujus dictum confirmat Salomon, Proverb. 5. & 7. & quod
Epigrammaticus Poeta de Levinia scribit, quae cum antea castissima esset, domo
tamen non contenta, sed nunc Lucrinum, nunc Avernum profecta, [1064] nunc Bajas, meretrix facta est: relicto viro adolescentem secuta
est. Ex hoc fit, ut plerumque malè audiant, velut parum pudicae mulieres
peregrinae, quae videlicet domun relinquentes & patriam peregrè
proficiscuntur. Von gereiseten Weibern und Jungfern hält man nicht viel! Usque
adeo, ut meritrices peregrinae à Poetis vocentur, Terentius, in Andria:
Pamphilum pro uxore habere hanc peregrinam? Ubi & hoc annotat Donatus,
& alibi in eadem fabula: Adeon est demens ex peregrina? In quo etiam
loco interpretatur Donatus, ex meretrice, subdens: Mulieres enim peregrinae,
inhonestae & meritrices habebantur.
Tiraquell. in. 10. leg. connub. n 34. & 35.
Drum wird von der Bona Dea gerühmet / daß sie nie aus ihrem Frauenzimmer kommen /
auch Zeit ihres Lebens kein ander Manns-Bild / als ihren Ehe-Herrn mit Augen
gesehen: Maßen denn wegen solcher raren Keuschheit / Zucht- u. Schamhafftigteit
die Weiber ihr Jährlich ein besonderes Fest in Verborgen hielten / worzu keine
Manns-Person / ja auch nicht einmahl die kleinen Jungen̅ kommen
dürffen / maßen denn die Weiber etliche Tage vorher / [eben als bey der Isidis
Fest] sich der Ehelichen Wercke entäusserten- und alleine schlieffen.
Lactantius, lib. 1. c. 22. Macrob. Saturn. lib. 1. c. 12. Und ein solch im Hause
bleibendes Weib wird in in L. 3. C. de condi. inser. FOCARIA [nulla alia
ratione, ut opinor, quam quod ea privatim focum viri servare debeat. vid. L. 2.
C. de his veniam aetat impetr. Tiraq. in 10. Leg. connub. gloss. 1. part. 8. n.
31.] genennet / die sich mehr um das Kochen und ander Haußwesen / als um den
Putz / und wie sie jhren Galanen und neben-Männern gefallen möge / bekümmert.
LXXXIX. Unter andern wird auch die Venus Verticordia benahmet / welches daher
kömmet / daß als die Kömische Weiber einsmahl Liebes-doll wurden / und ohne
Scheu hin und wider Unzucht trieben / hat der Rath die Sibyllinische Bücher
aufschlagen lassen / und angeordnet / daß der Veneri Verticordiae ein Bildnis
aufgerichtet / und es Göttlich verehret werden solte. Wie dieses geschehen / hat
die schändliche Brunst bey den Weibern sich geleget / und ist eine jede wieder
zu ihen Mann gekehret. Valer. Maxim. lib. 8. c. ult. Lilius Gyrald. syntagm. 14.
Hist. Deor.
XC. Was vor ein Recept denen allzugeilen Weibern zugebrauchen / kan der curiöse
Leser bey den Tiraquello in 15. leg. connub. gloss. 1. part. 15. n. 93. 94. 95.
& 66. nec non in 16. Leg. connub. n. 14 finden.
|| [1065]
XCI. Und will ich schließlichen nur hie noch aus des Herrn Theveno??? in diesem
1693. Jahr in Teutschen Neu herausgegebenen Morgenländischer Reise-Beschreibung
/ lib. 2. c. 74. pag. 348. anführen / daß die Mohren ihre Töchter beschneiden /
dergestalt / daß sie ihnen ein klein stück von dem hervorgehenden Häutlein /
Nympha genant / abschneiden / welches die Weiber verrichten. Die Türcken aber
beschneiden nur die Knäblein / wie die Juden.
XCII. Als Mahomet sein Gesetze stifftere / hat er zum Model das Juden- und
Christenthum genommen / und als er dabey anmerckte / daß beyde ein besonder
Zeichen oder Einweihung hätten / dadurch der Mensch zum Juden oder Christen
gemacht würde / nemlich die Beschneidung und Tauffe / entschloß er sich eine
seinem Gesetz gleichförmige zuerfinden / und weil er ausser denen beyden keine
zu seinen Vorhaben dlenlich sahe / erwehlete er die Beschneidung / als die
älteste / und auch die bequemeste / weil die Mahometaner dafür halten / daß der
Mensch / wenn ihm die Vorhaut abgeschnitten / zur generation viel geschickter
sey / und die Araber haben in Warheit das Praeputium so lang / daß / wo es ihnen
nicht beschnitten würde / sie davon viel Ungelegenheit haben solten / und siehet
man bey ihnen kleine Kinder / denen es sehr lang herab henget. Uber dieses wenn
sie ihre Vorhaut nicht beschnitten / ihnen nach den Harnen allezeit etliche
Tropffen zurück bleiben würden / die sie / ihrer Meinung nach / verunreinigen
würden. Und damit dennoch ein Unterscheid zwischen ihnen und den Juden sey / hat
er nicht gewolt / daß die Beschneidung der Türcken mit den Juden ihrer in allen
Stücken übereinkomme / denn die Jürcken mit den Juden ihrer in allen Tage / und
nachdem sie das Vorhäutlein abgelöset haben / kneipen sie noch die Haut / so das
übrige Theil der Eichel bedeckt / mit den Nägeln enzwey / und wicklen solche mit
den fingern auf-dadurch die Eichel gäntzlich zuentblössen / dahingegen die
Türcken ihre Kinder nicht eher / als im 11 oder 12 ten Jahr beschneiden / damit
sie selbsten die Worte sagen können: La illah, illallah, Mehemet reson allah,
daß ist: Kein GOtt / ohne der GOtt / dessen Prophet der Mahomet ist / und auch
verstehen / was sie sagen / und dieselbe nicht nur mit dem Munde / sondern von
Hertzen vorbringen / und zudem mit der Beschneidung der Vorhaut zufrieden sind.
Etliche setzen noch zum Unterscheid dieses hinzu / daß die Juden die
Beschneidung mit einen steinern / die Türcken aber mit einen eisernen Messer
verrichten. Allein es ist gewiß / daß die Juden sich aller Messer / eines
eisernen / hölzernen und steinern gebrauchen kön [1066] nen. Die Türcken stellen / so wohl als die Juden / bey der
Beschneidung ihrer Kinder ein groß Freuden-Fest an / dan̅ wenn der
Tag kömmt / daran das Kind dieses Alter erreicht / so machet man an selbigen
folgende Ceremonien, nemlich man setzet es auf ein Pferd / u. führet es mit
Pauckenschall u. Trommelschlagen in der Stadt herum / lässet dasselbe nach
geschehener Widerheimkunfft sein Glaubens-Bekäntnis mit einen in die Höhe
aufgehobenen Finger hersagen / und beschneidet es; Der Vater hält dabey ein
Gastmahl / worzu er alle seine Verwandten und Freunde ladet / erzeiget sich
nebst denselben mit Tantzen und Singen sehr lustig / und des folgenden Tages
beschenckt ein jeder von denen eingeladenen das Kind / nach dem Stande des
Gebers und Nehmers. Wenn ein Christ Türckisch wird / gebrauchet man eben die
Ceremonien / aber so ferne es ein Jude ist / wird er nich beschnitten / weil es
schon geschehen ist. Und obgleich dessen Beschneidung von der Ihrigen
unterschieden / so lässet man sich dran gnügen / und ihm nur das Muselmännische
Glaubens-Bekäntnis hersprechen / nachdem er ein Türck worden ist. Viele sind der
Meinung / daß ein Jude / wenn er den Türckischen Glauben annehme / zuvor ein
Christ werden müsse / welches aber falsch ist. Stirbet ohnegefähr ein
abgefallener oder natürlicher Türck ohne Beschneidung / so bricht man ihm die
kleinen Finger an der lincken Hand entzwey / und dieses dienet ihnen an stat
derselben.
Idem Thevenot, p. 1. lib. 1. c. 32. der Morgenländischen Reise-Beschreibung / p.
58. & 59
CAPUT LV.
MENTULA DAMNATA TRIBUTIS QUID SIT?
I.
CIrcumcidere Judaeis filios suos tantum, Rescripto Divi Pii permittitur, in non
ejusdem Religionis, qui hoc fecerit, castrantis poenis irrogatur. L. 11. ff. de
circumsione, [1067] & ne quis Christianam
mulierem in matrimonium Judaeus accipiat, nec Judaeae Christianus conjugium
sortiatur.
L. 6. C. de jud. & Coelic.
II. Versipellium Judaeorum vafritiem, & illorum [Greek words] ubertim: nobis ob oculos ponit S. Scriptura
& quotidiana experientia. Itaque ne à reliquis Gentibus haberentur pro
Judaeis, refingebant sibi arte Chirurgica praeputium.
III. Videre hoc est ex lib. 1. Maccabaeorum c. i. v. 15. [Greek words]; verùm Germanica versio Graecum textum non
exhaurit, sie hielten die Beschneidung nicht mehr / quod non; nam Circumcisis
iterum restituebant praeputia. Nec Lyranus hic obtinet ac si filios circumcisos
dimisissent. Elucet hoc de refectione praeputii ex Corinth. 7. v. 18.
Circumcisus qui est ne adducat [vel attrabat] praeputium. Patefit hoc insuper ex
Martialis versibus:
Sed quae de Solymis venit perustis
Damnatam modo mentulam tributis, quod Domitius Chalderinus, Veronensis, in Commentario Venetiis 1493. impresso ita explicat: Mentula damnata tributis dicitur, quoniam cum Domitianus exigeret Tribuat, Judaeorum multi, ne solvere cogerentur, dissimu???abant originem, negando, se esse Judaeos, sed si differebant inspiciebantur, an essent circumcisi, & ita deprehendebantur. Aliquando senex nonagenarius inspiciebatur à Quaestoribus & frequenti concilio, an esset circumsectus? Nam cir cumsecti damnabantur ad solvenda Tributa. Mentula igitur damnata tributis dicitur concisa i. e. Judaea, quoniam eo judicio damnabantur ad tributa. IV. Quo autem modo sese recutierint, i e. novum praeputium praverint, docet Epiphanius, ubi de quodam Symmacho bis circumcifo loquens, hoc verò, inquit, gravius adhuc est, quod etiam â circumsione praeputi fiant, arte quadam Medica per attractorium Instrumentum, [Greek words] appellatum, infernam membrorum cuticulam attrabi sinentes, & glutinatoriis circumdatis praeputium rursus adducunt, ut cicatrix à circumcisone relicta planè extinguatur, & ipsi pro Judaeis amplius non habe antur; qua de re evolvi potest Cornelius Celsus, lib. 7 c. 25. ubi monum docet reficiendi praeputium tam corum, qui circumcisi sunt, qua̅ illorum, qui naturâ detectam habent glandem, qui posterior casus tantum respicit [Greek words], & raro contingit. Haec Ammannus, in Iren Num. Pompil. à pag 247. us??? 250.
|| [1068]
CAPUT LVI.
DE
CRURIFRAGIO, oder von Zerbrechung der Gebeine anden Ubelthätern.
I.
DIe Griechen nennen es [Greek words], die
Lateiner Crurifragium, oder crurifrangium [nam tago & tango, frago
& frango dixerunt] Germanicè das Beinbrechen / oder Zerbrechung der
Gebeine.
Lipsius, lib. 2. de cruce c. 14.
II. Apulejus gedencket derselben lib. 9. de Aureo Asino, ibi: uxor diras in eum
devotiones deprecata, & crurum ejus fragium abominata.
III. Ist eine Knechtische Straffe gewefen / drum auch Plautus solche hin und
wieder in seinen Comödien denen Knechten drohet / sonderlich in Asinaria, act.
2. Scen. 4.
- Crura herclè diffrigentur,
Age impudice, nisi istum percies.
Vide ibi Taubmann. in annotat. pag. 105.
IV. Seneca, lib. 3. c. 32. de ira schreibet gleichfals: Magnam rem sine dubio
fecerimus, si fervulum infelicem in ergastulum miserimus, quid properamus
verberare statim, crura protinus frangere? Item Suetonius, in Tiberio: Utrique
mox [ministro cuipiam & tibicini] quod mutuo flagitium exprobrassent,
crura fregisse.
V. Zuweilen sind auch wohl freie Leuthe damit beleget worden. Ita M. Mario
Gratidiano Cornel. Sulla perfringi crura, erui oculos, amputari manus jussit.
Seneca de ira, lib. 3. c. 18.
Et Spendiani rebelles in Africa cum Poenorum optimates coepissent, admutilantes
& crura conterentes adhuc vivos projecerunt in foveam aliquam.
Polyb. lib. 1. Histor.
|| [1069]
VI. Käyser Augustus hat seinem Schre ber dem Thallo, weil er Geld genommen / und
verrathen / was in den Correspondenz-Briefen an den Käyser geschrieben war / die
Beine zerbrechen lassen. Sucton. in Augusto.
VII. Viele Märtyter sind auch bey den Heydnischen Verfolgungen also jämmerlich
umgebracht worden / wie bey dem Eusebio, lib. 7. c. 12. und Anton. Gallon. de
cruciat. Martyr. pag. 424. & 425. zulesen: Maßen denn unter dem Käyser
Diocletiano der Märtyrer Hadrianus mit 23. andern solch Crurifragium auf einmahl
ausstehen müssen.
Martyrolog. Rom. IV. Martij.
VIII. Von den Beinbrechen der beyden Schächer zur Zeit des Leidens Christi / und
wie es damit zugegangen / sind unterschiedliche Meinungen. Etliche stehen in
denen Gedancken / man habe ihnen die Beine mit einem Schwerd abgehauen / oder
mit einer Sägen zerschnitten. Glaublicher ist es / daß die Henckers-Knechte mit
einen grossen Hammer oder Keule dieselbe zerschlagen / welches / wie leicht zu
gedencken / denen armen Sündern grausam weh muß gethan haben.
Christoph Nicolai, Concion. 5. Jesu sanguinolenti.
Joh. Stiefler / in Geistl. Historten-Schatz / c. 25. pag. 1613.
mit welchen auch Lipsius d. lib. 2. de Cruce c. 14. pag. 94. fast übereinstimmet
/ wenn er also scheibet: Modus hujus supplicii, ut incus cum malleo vel vecte
ferreo inferretur, ac tibias incudi imponerent, validis ictibus sic frangendas,
colliges ex Actis Martyrum Priscis, quae Surius tom. V. die 8. Sept. vulgavit.
Dem auch citatus Ant. Gallonius, de Cruciat. Martyrum p. 425. und D. Casp.
Sagittarius, eodem tract. c. 16. pag. 187. beypflichten. Und war üblich / daß /
wenn man die Ubelthäter nicht am Creutz hengen / uud dran verfaulen lassen wolte
/ man dieselbe entweder mit Spiessen durchstach / mit Rauch erstickte / oder die
Beine zerbrach / daß sie der Marter abkahmen.
Lactantius, lib. 3. c. 26. M. Henr. Kipping, de Cruce, Exerc. 29. §. 5.
Daß aber die Römischen Krieges-Knechte dem HErrn JESU die Beine nicht zerbrochen
/ ist die Ursache / daß er schon am Creutz verschieden war / es öfnete auch drum
der Soldaten einer ihm seine Seite mit dem Speer / daß er meinete / er rünge
noch mit dem Tod / daß er ihm desto eher abhelffen wolte.
Kipping, d. Euerc. §. 1.
|| [1070]
IX. Käyser Constantinus Magnus hat endlich / nebst der Creutzigung / auch diese
grausame Zermalmung der Beine gäntzlich aufgehoben und abgeschafft.
Victor in ejus vita.
X. Constitutio Francisci I. Regis Galliarum Anno Domini 1534. Mense Januarii
statuit, excussores seu expilatores, dicuntur Voleurs, aggressores, insidiatores
vel grassatores itinerum apprebensos & convictos condemnari poena illa
acerba, quae observata, ut malleis manus quaelibet, & pedes, &
coxae, & renes frangantur vivis, demum rota sublati resupini in ea
membris ita dissectis & contusis ex trunco corporis miserè pendentibus
constituantur victuri, quamdiu Deus permiserit, agentes poenitentiam
commissorum. Eisdem poenis imposit is iis, qui aliquo modo ita laborantibus in
cruciatu subvenissent, eos??? vel cibo vel medicaminilus juvissent. Petr. Greg.
Tholos. lib. 37. Synt. J. univ. c. 9. n. 11. Drum werden auch noch auf den
heutigen Tag in Franckreich denen / die zum Rad verdamm sind / nicht mit dem Rad
/ wie in Teutschland gestossen / sondern mit einen dünnen u. breiten Eisen / als
einen Schwing-Bret / so man zum Flachs braucht / die Arme und Beine entzwey
geschlagen.
CAPUT LVII.
Von der FALAKA, Schlag- und Aufschneidung der Fuß-Sohlen.
I.
DIe Herren in der Barbarey lassen ihre Sclaven um des geringsten versehens
willens prügeln / oder ihnen die FALAKA geben. Diese FALAKA ist ein stück Holtz
/ vier oder süns Schue lang / und an zweyen Orthen eingeschnitten / wodurch der
arme Esclav, welcher den Rücken auf die Erden mit gebundenen Armen legen muß /
eingespannet wird / daß er die Füsse nicht zurück ziehen kan. In dieser Positur
halten zween Sclaven / ieder ein Ende der Falaka, welche sie in die Höhe heben /
mitler [1071] weile ein ander Sclav ein stück
von einem Strick / eine̅ Farren-Schwantz / oder einen Prügel
nimmet / und aus allen seinen Kräfften auf die Fus Sohlen des leidenden Sclaven
zuschlägt. Wann aber dieser Sclav / welcher schläget / heucheln wil / und die
Streiche nicht starck anbringet / so muß er eben diese Straffe ausstehen / die
Schläge aber sind an keine gewisse Zahl gebunden. Insgemein aber sind es funfzig
/ achzig / hundert / hundert und funfzig. Wenn sich aber dieselbe auf 200.
erstrecken / so ist die Fuß-Sohle des Leidenden dergestalt zerquetschet / daß
man dieselbe aufschneiden / und das Blut heraus lassen muß / woran er denn
unsägliche Schmertzen ausstehet / daß er etliche Tage lang weder gehen noch
stehen kan. Wenn man aber dieses aufschneiden unterlässet / schläget der kalte
Brand darzu / und muß der Mensche sterben. Diejenige / denen man vier oder
fünfhundert Streiche giebt / sterben insgemein aus Mattigkeit mitten in
währender Straffe.
Allaiin Manesson Mallet, in Beschreibung des gantzen Welt-Kreyses / part. 3. von
Africa, pag. 12. & 13.
II. In Indien werden gleichfals die Knechte also geftraffet.
Georg Andersen / in der Oriental. Reise-Beschreibung l. 1. c. 24. p. 39.
III. In Persien stäupet man die Knaben in der Schule nicht mit Ruthen / sondern
werden mit Stecken geschlagen. Ist aber das Verbrechen groß / müssen ihrer zwey
dem Verbrecher die Füsse mit einen Riemen an einen Stecken bin den / und dem
Praeceptori fürhalten / welcher etzliche starcke Schläge auf die Fuß-Sohlen
thut.
IV. Es werden aber mit obgeaachter Straffe nicht allein die Sclaven / sondern
auch andere Delinquenten in Türckey / und sonderlich diejenige beleget / welche
in Brod / Fleisch und Korn mit Gewicht oder Maß fälschlich umgangen.
Erasm. Francisci, in Neu-Polirten Kunst- und Sitten-Spiegel lib. 2. Disc. 8. pag.
404. & seqq.
V. In Sina schläget man die Diebe auf das Dicke an den Waden grausamlich / und
leget sie an die Erden aufs Angesicht nieder. Ferner bindet man ihnen die Hände
auf den Rücken mit höltzernen Bretern vier Finger breit / und eines Fingers dick
/ die im Wasser geweicht sind / zu Vermehrung ihrer Pein. Zween Hencker
verrichten dieses zugleich an einem Ubelthäter / ein jeder schläget auf jeden
Schenckel so greulich / daß nach sechs Streichen die elenden Menschen auf den
Füssen nicht mehr stehen können. In funfzig Streichen aber beglebt es sich oft /
daß sie sterben / und büsset also der mehrere Theil das Leben ein. Idem d. Op.
pag. 408.
|| [1072]
VI. Bey den Türcken ist sie gleichfals üblich / wovon Herr Thevenor, in seiner
Morgenländischen Reise-Beschreibung / lib. 1. c. 69. pag. 93. & 94. also
schreibet: Die gemeine Straffen in Türckey sind die Knüttel-Schläge / entweder
unten an den Fußsolen / oder auf das Hintergestell. Die auf die Fußsolen giebt
man solcher gestalt: Sie haben einen grossen / an zweyen Orthen gegen die Mitte
durchbohreten Stock / in dem selben sind 2. Löcher / guter anderthalb Schuhe
weit von einander / dadurch gehet eine Schnur / und wenn man denjenigen / so
bastoniret werden soll / auf die Erde geleget / so stecket man deffen Füsse
zwischen die Schnur und den Stock / und 2. Kerl nehmen ieder das eine Ende des
Stocks / wie auch die Schnur / und ziehen damit zu / daß er die darinnen
enthaltene Füsse nicht regen kan / und indem sie ihm mit Aufhebung des Stocks
die Fußsolen sehr hoch halten / er auch also auf denen Schultern liegend / keine
Krafft sich zubewegen hat / so haben 2. Kerl / iedweder einen Stecken / eines
kleinen Fingers dick / in der Hand / und schlagen einer nach den andern / wie
die Schmiede auf dem Ambos / auf dieses elenden Menschen Fußsolen / und zehlen
unter währenden Zuschmeissen die Streiche mit heller Stimm / biß sie ihm so viel
gegeben haben / als ihrn geordnet ist / oder derjenige / so über ihn Gewalt hat
/ spricht: Es ist genung. Das Ve. kehren der Augen dieses armen Tropffens giebt
gnungsam zuerkennen die grausame Pein. Und es sind ihrer viele / die hernach in
etlichen Monaten nicht gehen können / sonderlich wenn sie 3=biß 400. Schläge
bekommen / oder wie sie sagen / gessen haben / aber von einen halben Schock sind
sie gantz nicht incommodiret.
VII. Bey Bastonirung auf das Gesäß lässet man sie sich auf den Bauch niederlegen
/ und schläget sie auf die Unterhosen / gleichwie auf die Fußsolen; man gibt
ihnen bißweilen biß 600. Streiche / und das ist das meiste. Und wann ein Mensch
also tractirt worden / muß man ihm mit einen Scheermesser viel braun geschwollen
Fleisch wegschneiden / aus Beysorge / es möchte der kalte Brand darzuschlagen /
und er ist hierdurch gezwungen 5. oder 6. Monat auf den Bett zuliegen / ehe er
wieder sitzen kan. Auf diese Arih schläget man die Weiber / wann sie es
verdienet haben / aber niemahlen auf die Fußsolen. Sie brauchen offte diese
Züchtigung üm einer geringen Ursache Willen / und muß zuzeiten deren einige / so
die Schläge empfangen / vor einen ieden Streich so und so viel geben. Die Herren
straffen ihre Knechte und Sclaven nicht anders / als durch die Fußsolen-Schläge
/ die sie [1073] ibnen üm einen schlechten begangenen Fehler
zustellen lassen / und deswegen sind sie überaus wohl bedienet / denn man siehet
in ihrer Anwesenheit die Knechte den gantzen Tag / wie die Staruen an einer Maur
/ aufgerichtet stehen / die Hände kreutzweise über den Leib haltend / und den
Befehl ihrer Herrn erwartend / den sie auf den geringsten Augen winck Gehorsam
leisten. Die Schuhlmeister züchtigen ebenfals ihre Schüler mit der gleichen
Schlägen auf die Fußsolen / an statt der Ruthen / die man bey uns brauchet.
CAPUT LVIII. Von Abhauung der Füsse.
I.
WEnn bey den Römern die leibeigenen Knechte von ihren Herren / oder auch andere
zu frembden Völckern übergiengen / und man sie wider ertapte / wurde ihnen ein
Fuß abgehauen. L. 3. C. de Servis fugitivis. Ibi: Si fugitivi deprehendantur ad
Barbaros transeuntes, aut pede am putato debilitentur, aut metallo dentur, aut
qualibet alia poena afficiantur.
Guid. Pansiroll. lib. 2. Nov. repert. tit. 2. pag. 84. Schönborn / lib. 3. Polit.
cap. 20. pag. 237. D. Henric. Günth. Böttiger, Disp. in aug. de amput. memb. th.
19.
Denn sie hielten davor / es wäre billig / daß sie an dem Glieb gestrafft würden /
womit sie mißhandelt hätten. AEgid. Menagius, Amoenit. jur. civ. cap. 32. pag.
190. [Cui non obstat L. 38 §. 1. & L. 8. §. 2. ff. de poenis. ubi
transfugis ad hostes capitalis poena, seu ultimum supplicium dictatur: ad quas
respondet Brunnemannus, in Comment. ad Cod. b. t. quod ibidemagatur de iis qui
nondum pervenerint ad hostes, hicverò de iis, qui jamjam fuerunt apud illos.
Alii aliter respondent, prout videre est apud cit. Brunnemannum d. loc.]
II. Worauf die Egypter in ihren Gesetzen auch vor Alters gesehen / wie Diodorus
Siculus, libro 1. meldet / wenner spricht: Qui bostibus secreta enun [1074] ciarent, his lingvam exsecari Lex mandabat.
Illis, qui monetam adulterarent, aut nova substit uerent pondera, aut sigilla
transculperent, scribis etiam, qui tabulas falsas concinnarent, vel de relatis
in tabulas publicas quidpiam demerent, aut Syngraphas ementitas obtruderent, Lex
utram??? manum praecidijussit, ut, quâ quis??? corporis parte in Legem
peccasset, hac ad finem us??? irreparabili cum damno & ipse culpam
lueret, & alios poenâ hâc suâ commonefactos abeo genere facinoris
deterreret. De sexu muliebri acerbas habebant Leges. Nam qui vim ingenuae
attulisset, huic genitalia praecidi jubebant, unius enim facinoris enormitate
tria maxima flagitia, injuriam, corruptelam, liberorum confusionem perpetrari
judicabant. Si persvasu adulterium esset commissum, viro mille plagae fustium,
mulieri narium detruncatio irrogabatur. Nam mulieri ad vetitas libidines sese
exornanti praecipua venustatis lenocinia adimenda censebant.
III. Die Diebe hat man gleichfals also abgestrafft / teste Agathia, lib. 4. Quia,
qui sunt fugitivi, plerumque sunt & fures, ut rectè Martialis canit:
Apedibus diciccre manus peccare protervae,
Non miror furem, qui fugitivus erat.
Inde fugitivus & fur saepius conjunguntur: ut apud Horatium, lib. 1.
Epist. 16.
Nec furtum feci, nec fagi, si mihi dicat
Servus Menag. d. c. 32. p. 192. IV. Alexander Magnus ließ seinem Rath und Philosopho, dem Calistheni, weiler ihm als einen sterblichen Menschen / nicht Göttliche Ehre anthun wolte / die Hände und Füsse abhauen / Nasen / Ohren und Lefftzen abschneiden / und also in einem eisernen Gitter ümher tragen / biß er starb. Prompt. Sturmii, fol. 66. Mich. Sachß. Alph. Hist part 4. pag. 20. V. Von St. Victore dem Märtyrer lieset man / daß / als er hinbey geführet wurde / des Jupiters Bi???dnis Göttliche Ehre zuerweisen / und demselben zurä???chern / er solche Statue mit einem Fuß überhauffen gestossen / welcher ihm von den Heydnischen Henckers-Buben sobald abgehauen worden. Martyrolog. Rom. XVI. Kal. Novemb.
|| [1075]
VI. St. Andreas Cretensis, ein Mönch / welcher die Bilder nicht verehren wollen /
hat / als nach vielen Schlägen ihm ein Bein abgelöset worden / drüber seinem
Geist aufgegeben.
D. Casp. Sagittar. de Martyr. cruciat. 16. p. 190.
add.
Ant. Gallon. eo d. tract. pag. c. 16. p. 160.
Allwo noch mehr Exempel zufinden. Man hat auch wohl denen Märtyrern Löcher durch
die Füsse gebohret / Stricke durchhin gezogen / und sie daran über Stock und
Stein geschleppet.
Idem Sagittar. d. tr. p. 189. n. 80.
VII. Ausidius Cassius ließ denen entlauffenen Soldaten / wenn er sie wieder
bekahm / Hände und Füsse abhauen / und wolte lieber / daß sie andern zum Exempel
elendiglich leben / als strack ümgebracht werden möchten.
Ayala, lib. 3. de jure & offic. bellic. cap. 12. in fin.
VIII. Ja es wurden auch wohl solche Feldflüchtige und andere Deserteurs mit
Lähmung der Kniescheiben / Knieröhren / Waden und Spanadern gestraff.
Gallican. in Cassio, cap. 4. Julianus, in orat. apud Marcellinum lib. 23. pag.
247.
IX. Die Persische Könige hatten 800. gefangene Griechen am Leibe übel zerstümmelt
/ auch theils Hände und Füsse / theils Nasen und Ohren abschneiden lassen. Denen
aber / so in ein und anderer Kunst und Manufactur excellirten / wurde dasjenige
Glied / so sie darzu nothwendig gebrauchten / gelassen / doch das äusserste an
den andern Gliedern beschnitten. Welche Alexander M. nachdem er die Perser
überwunden / und diese Griechen in so miserablen Zustand angetroffen / alle loß
gelassen / und ihnen Freyheit ertheilet.
Diodor. Siculus, in anno 6. Alex. lib. 17.
X. Bey den alten Francken ist die Straffe der Abhauung eines Fusses auch
gebräuchlich gewesen / wie aus den Worten / so in Käyser Caroli Magni Capitulari
3. an. 813. cap. 19. stehen / abzunehmen: Si quis hominis Franci curtem
infregerit, solidos sex componat, in Dominico solidos quatuor, suam manum, aut
suum pedem, aut suum oculum pro quarta parte de sua Leode.
|| [1076]
XI. Schach Abas, König in Persien / hat einen / der in etliche Häuser gelauffen /
und das junge Weibesvolck seinen Willen zuthun gezwungen / Hände und Füsse
abhauen lassen / welcher denen Fürstl. Holsteinischen Abgesandten vor Senkan,
einer Stadt in Persien / mit dem Sultan / als ein Reuther entgegen geritten /
und sein Pferd vor ihnen her getummelt / mit ihrer grossen Verwunderung / hat an
stat der Arme zugespitzte Arm-Schienen mit Hacken gehabt.
Olear. part. 2. der Pers. Reise-Beschr. pag. 351.
Und ist noch heut zu Tage Nasen-Ohren-Hände- und Füsse-abschneiden / Kopf-abhauen
/ Nieder-seblen / das Fell über die Ohren ziehen / bey den Persern gantz gemein
/ und wird noch vor die geringste Straffe geachtet.
Erasm. Francisci, im Neu-polirten Geschicht-Kunst- und Sitten-Spiegel / lib. 2.
disc. 8 pag. 403.
XII. Man schreibet / daß der Apostel St. Thomas in das Königreich Narsinga in
Indien kommen / und allda geprediget / aber durch Anstifften der Brachmanen, so
die Obersten und Priester find ihrer Pagodes, das ist / ihrer falschen
erdichteten und teufelischen Abgötter / in seiner Capelle unterm Gebeth
erstochen worden / dessen Tod GOtt also gerochen / daß die Nachkommen deren /
die den Apostel getödtet / alle nur mit einem Bein auf die Welt gebohren werden
/ welches von den Knie an biß herunter so dick als ein Elephanten-Bein ist /
soll ihnen aber am gehen nichts hindern. Joh. Hugo von Lindenschott / p. 2.
Orient. Jnd. c. 15. pag 43. welcher hinzu setzet / daß er derselben sehr viel
beydes Manns- und Weibes-Personen gesehen.
XIII. Käyser Fridericus III. hat in seinem 78. jährigen Alter / wegen eines alten
Schadens am Schiebein / darzu der kalte Brand geschlagen / sich den Schenckel
abnehmen lassen müssen. Und weil er zuviel Melonen gegessen / aber keinen Wein /
sondern nur Wasser drauf getruncken / hat er den Durch fall bekommen / worzu ein
Fieber geschlagen / daß er darüber seinen Geist aufgeben müssen.
Idem pag. 673.
XIV. Käyser Commodus II. hat einen Soldaten bey der Stadt Ravenna welchen der Fuß
biß über die Knorren abgehauen war / Stiefeln mit Gold gefüllet / verehret.
Stiefler / im Geistl. Historien-Schatz / cap. 5. pag. 170.
XV. Vor Alters giengen nicht alleine Knechte und geringe Leuthe / welches [1077] zuweilen Armuths halber geschahe / sondern auch
Käyser / Könige / Fürsten und Herrn / item vortrefliche Generales und
Krieges-Helden barfus. [Non ob paupertatem, sed ut patientis animi
tolerantiaeque bellicae argumenta suis militibus praeberent. Talis fuit Phocio,
qui nudis pedibus ruri & in castris incedebat, nisi atrocior hiems
fuisset, hinc jocantes milites nullum certius saevientis frigoris putabant
argumentum, quam Phocionem calceatum videre. Plutarch. in vita ipsius. De P.
Scipione & Germanico idem refert C. Tacit. lib. 2. Annal. nec non de
Catone Uticensi Horat. l. 1. Epist. 19.
XVI. So hatte auch bey denen Lacedämoniern kein Jüngling Schuhe an / sondern
giengen mit blossen Füssen einher / damit sie desto hurtiger und fertiger seyn
möchten.
Rosin. Antiq. Rom. lib. 5. ad cap. 36. Paralipom. pag. 695. cum not. Dempsteri.
XVII. Die Juden strafften denjenigen / so kein Weib nehmen wolte / daß er immer
darfuß gehen muste / damit er endlich den Appetit zum Kinder zeugen gar
verliehren möchte.
D. Cyprian. lib. 2. in Judaeos. Juvenalis, Satyr. 6. v. 159.
Denn man saget / daß eben darum bey den Barfüssern aufkommen und eingeführet
worden / daß sie in blossen Füssen einher treten / oder doch nur unter den
Ballen der Füsse eine lederne Sohlen angebunden tragen / oder in Holtz-Schuhen
gehen / damit sie [scil.] desto keuscher leben / und die Hurerey meiden möchten
/ weil die Blösse und Kälte der Füsse solche Brunst / wie man vorgiebt / sehr
schwächen soll.
XVIII. Die Heyden / zumahl die Griechen / Römer und Barbaren hielten jährlich
ihre Nudipedalia, oder ein besonder Fest / bey welchen Manns- und Weiber-Volck
in blossen Füssen erschienen / in Meinung die Götter dadurch zuversöhnen / daß
sie schädliche Gewitter und grosse verderbliche Wasser-Fluthen von ihren Fluhren
und Feldern abwenden möchten.
Q. Tertullian. Apologet. c. 40. Rosin. dict. loc. p. 596.
XIX. Des Französischen Königs Philippi ältester Printz oder Dauphin, Carol
Valesius, verliebte sich in ein Sicilisch Fräulein. Weil aber dieser Clementiae
Vater einen kurtzen Fuß hatte / deswegen er hincken muste / befahrete sich der
junge König / ihr gerader Gang möchte auch durch Kunst herrühren. Damit er nun
nicht erwan geteuscht würde / begehrete er vor der [1078] Ehestifftung / die künfftige Braut solte ihre Hüffte besehen lassen / ob sie
nicht gebrechlich sey. Das blöde Fräulein schämete sich zwar erst solches zu
willigen: Jedoch in Betrachtung daß sonst die Heyrath zurück gienge / ward sie
bald anders Sinnes / ergab sich geduldig drein / und sagte: Hier bin ich / man
betrachte meinen Leib immerhin / werde ich Königin in Franckreich / wer wird
mich dürffen heute oder morgen beschemen? Auf diese Worte nahm man sie in
Augenschein / befand die Schenckel ohne Fehl / satzte ihr die Kroauf / und
vermählete sie mit grossem Pracht vorgemeldeten Erb-Printzen.
Ex Marcellin. de Pise, tract. 2. Tom. 2. M. Stiefler / im Geistl. Hist. Schatz /
cap. 21 pag. 1381.
XX. Major est poena pedis, quam manus amputatio: & major quam effossio
oculi, secundum
Baldum in L. binas aedes de Servit. urb. praed. Petr. Greg. Tholos. Syntagm. Jur.
Univ. lib. 31. c. 16. n. 6.
Et pedibus orbatus homo magis inutilis est, quam orbatus manibus.
Paul. Zachias, lib. 5. observ. Medico-leg tit. 3 q. 6. n. 11.
In welcher Quaestion n. 9. er unterschiedliche Exempel derer Leuthe / die keine
Hände gehabt / und doch allerhand Arbeit mit den Füssen verrichten kön̅en / anführet.
XXI. Pedes contorti, qui ad intra, vel ad extra notabiliter respiciunt, notabilem
deformitatem secum habent, & in libero incessu impedimentum, quod tamen
majus est, si ad intra, quam si ad extra contorque antur, unde videndum an
sufficientem causam irregularitatis habeant. Pedum autem digiti licet aliquam
apprehensionem habeant ad similitudinem digitorum manuum, tamen non ad hoc sunt
principaliter à natura fabricati, sed tantum ad corporis stantis stabilimentum,
ut facilius homo erectus stare posset; quamobrem in eorum perditione totali
circumscripta aliquali depravatione motus progressivi sola deformitas emergit,
quae tamen aptis calceamentis occultari potest, unde ea de re non praebet eorum
privatio sufficientem irregularitatis causam.
Navar. lib. 5. Cons. 67. per tot.
|| [1079]
CAPUT LIX. Von Beschlagung der Hände und Füsse mit Hufeisen. I.
SChach Sefi, König in Persien / ließ einem Rebellen Charib Schach, an Händen und
Füssen mit Hufeisen beschlagen / und nach dreyen Tagen auf eine Vogelstange
binden / da er mit Pfeilen zu tod geschossen worden / und ist er in einer Stunde
so voll von Pfeilen worden / daß man keinen Leib gesehen / hat auch 3. Tage also
droben bleiben müssen.
Olear. in der Persischen Reise - Beschreibung / lib. 5. c. 3. pag. 547.
II. Zum Schwartzenstein / eine halbe Meihle von Rastenburg in Preussen wahr eine
Wirthin / die trieb grosse Schinderey mit ihren Bier - verkauffen / die nimmt
der Satan zu sich / verzaubert sie in ein Pferd / weckt den Schmid eilend auf /
er soll ihm das Pferd fein starck / geschwind und wohl beschlagen und hefften:
Die Wirthin aber bitter den Schmid / er soll gemach thun / nicht starck noch
geschwinde schlagen. Da erkenner der Schmid des Teufels Betrug / denn es wahr
seine Gevatterin [andere sagen es wäre seine Schwiegermutter gewesen /] alsobald
fieng der Hahn an zukrehen / und der Teufel verschwand. Die Wirthin ist lange
hernach kranck gelegen / doch endlich noch mit den Leben davon kommen / und hat
nicht mehr so grosse Schinderey getrieben. Matthaeus Hammer, in viridar. Histor.
pag. 309. Und sollen 2. grosse Hufeisen deshalber noch in der Kirchen zu
Schwartzenstein aufgehenckt zu sehen seyn / wie Casp. Henneberg. in Erklährung
der Preusischen grössern Land - Cafel / Anno 1595. zu Rönigsberg gedruckt / pag.
427. & ex eo Zeiler, Epist. 399. bezeugen.
III. Busbequius, in der 4 ven Epistel von seiner Cürckischen Ambassade, führet an
den Aufzug / wie er von den Türcken angenommen / und nach Ofen begleitet worden
/ und meldet / daß etliche Türckische Fußgänger an ieden Arm über den Elbogen /
ein durchstochen Messer / ia einer auf seinen Kopff ein Hufeisen / mit vielen
Nägeln angehefftet / getragen / und zwar von vielen [1080] Jahren her / daß die Nagel dermassen ins Fleisch gewachsen / daß sie sich
nicht mehr bewegten. Einige haben die Haut an ihren Lenden zerschnitten gehabt /
daß sie quer durch ein Gewehr gesteckt gehabt / wie man sonst einen Sebel in der
Scherpen zutragen pfleget.
Spectacuium Historicum, Cent. 1. Hist. 40. pag. 83. & 84.
CAPVT LX. DE K???NO???OPÍA, Oder Von Hunde - tragen. I.
VOr Alters ist bey den Teutschen / Francken und Schwaben diese Straffe /
sonderlich im Kriege gebräuchlich gewesen / so / daß wenn einer ein Crimen
laesae Majestatis, oder öffentlichen Friedebruch begangen / oder auch rebelliret
/ ehe und bevor er hingerichtet worden / zu desto mehrer Schmach und Schande /
wenn es einer von Adelichen Geschlechte gewesen / einen [zuweilen gantz
schäbichten] Hund bey den Vorderfüssen auf die Achsel fassen / und viele
Schritte / ja wohl mannigmahl aus einer Graffschafft oder Gebieth ins andere /
auf eine Meihle Weges / ein gemeiner aber einen Stuhl / und ein Bauer / wenn er
dergleichen verübt / ein Pflugs - Rad tragen müssen. Arnoldus Lubecensis, lib.
7. c. 2. Otto Frisingensis, de gestis Friderici Barbarossae. Thom. Lansius, in
Consult. orat. contr. Germ. pag. 1045. Wittichind. Monachus Corbeiensis, lib. 2.
pag. 16. n. 40. ibi??? Henric. Meibom. in not. pag. 60. & 61. Speidel.
in specul. jur. pag. 621. Besold. in thes. pract. v. Hunde-tragen. Nicol. Henel.
in Otio Wratislav. c. 18. pag. 134. Welches man ein Ausding-tragen geheissen.
Pet. Papp. in not. über das Holländ. Krieges-Rechtlart. 7. pag. 610. Und ist
Pfaltz-Graf Herman beyn Rhein mitnoch zehen andern Teutschen Graffen damit
beleget worden / als er / und Arnoldus, Bischoff zu Mäntz / in Abwesenheit des
Käysers Friderici Barbarossae, so in Italien Krieg führete / den gemeinen
Frieden durch rauben und brennen zerstöreten / und das Reich unruhig machten /
wie [1081] solches Güntherus Poëta, in Ligurino l. 5. mit
folgenden Versen zuverstehen glebt / vers. 194. & seqq.
Quippe vetus mos est, ut si quis, Rege remoto,
Sangvine velflamma, vel seditionis apertae.
Turbine, seu crebris Regnum vexarerapinis
Audeat, ante gravem quàm fuso sanguine poenam
Excipiat, si liber erit, de more vetusto
Impositum scapulis ad contigui Comitatûs
Cogatur per rura canem confinia ferre:
Sin alius, sellam. Cujus dispendia poenae
Ille Palatinae custos celeberrimus Aulae
Non potuit vitare Comes, cunctis??? videndus
Portavit scapulis passus plus mille latrantem.
Hanc quo??? tunc alii simili pro crimina poenam
Sustinuére decem Comites, totidem??? coacti
Foeda tulére canes generoso pondera collo. Sabinus alio hoc expressit Carmine apud Spangenberg. in Chron. Mansfeld. c. 224. pag. 261. AEgidius Dilanius, in Medulla Histor. fol. 635. scribit: Fridericum Imperatorem Monguntino ob aetatem & ordinem pepercisse, Palatinum verò, receptâ censurâ, canem in spectaculis publicis circumgestare coëgisse. Fridericus iste Imperator si praeteritis temporibus, quibus imperium Romanum incontinuo motu fuit, regnasset, quid fecisset! Et sunt qui qutant, quod ob multitudinem peccantium, & defectum canum à tali punitione abstinere, & alium poenam substituere debuisset. Martin Crus. Annal. Suev. part. 2. lib. 10. c. 4'. Limnaeus, lib. 6. Jur publ. c. 6. c. 89 & 90. II. Denen Böhmen ist solche Arth der Straffe auch nicht unbekant gewesen: Denn als Ladislaus Hertzog Böhmen seinen Bruder Borrivoy überwunden / und dessen Adhaerenten theils die Augen ausstechen / theils aber in Eisen und Banden schlaen lassen / hat er den Stadt - Voigt zu Praga üm deswillen / daß er ihn / als seinen Herrn nicht einlassen wollen / dergestalt abgestrafft / daß er einen schäbichten Hund tragen müssen / welcher ihn gantz schändlich zugerichtet und beschmeißt / hernach ihm den Barth abschneiden / und aus dem Lande wegjagen lassen. Henel, dict. loc. pag. 135. Joh Ludw. [1082] Gotfried / in der Hist. Chronic. pag. 529. Welche Historie / wiewohl etwas anders / auch Johannes Dubravius lib. 10. Histor. Bojemic. erzehlet. III. Worbey man wohl nach der Ursache und Bedeutung dieses Hunde-tragens fragen möchte. Erliche meinen / daß dadurch hohe und niedrige Krieges. Officirer / Vasallen und Unterthanen ihrer Treu und schuldigen Pflicht erinnert worden / welche ein solcher Verbrecher liederlich aus Augen gesetzet: Denn gleichwie der Hund ein treu Thier ist / seinen Herrn ken̅et / liebet / stets üm ihn ist / auch mit bellen u. beissen ihn zubeschützen suchet: Ja wie man Exempel hat / daß Hunde nach Absterben ihrer Herren kläglich gewinselt und geheulet / sich zu tode gehungert / auch gar zu ihnen ins Grab und Feuer gesprungen / und was noch mehr ist / die Mörder ihrer Herren durch stetiges Unbellen und ungewöhnliches Anfallen kentlich gemachet / und dadurch zur verdienten Straffe gebracht / wie bey dem Alex. ab Alex. Gen. dier. lib. 3. c. 7. ibi Tiraquell. in add. K. Philip. Camerar. Cent. 2. horar. succisiv. c. 94 per tot. Crusde Indicis delictorum, part. 1. c. 109. n. 8. & 9. Speidel. in Specul. Iur. v. Hundetragen. Zeiler, Epist. 26. ibi??? allegatis, zulesen / welches dem Jacobo Micyllo Anlaß zu folgenden Epigrammate gegeben:
Inter quadrupedes canis fidelis,
Inter quadrupedes canis voluptas,
Inter quadrupedes canis patronum
Cognoscit, veneratur & tuetur.
Hic, quae tu jubeas, facit libenter,
Hunc situ ferias dolet, gemit???,
Sed parcit tibi protinus revertens,
Hunc si tu expuleris, redit benignus,
Et caudam movet ille blandiendo.
Hunc si pro meritis loquendo laudes,
Et gestit tibi gratias referre.
Hic te, si marenaviges, sequetur,
Hic, tu si mare pernates, natabit.
Non te per medios relinquet aestus,
Non te deseret horridos per imbres,
Non te deseret asperas per Alpes,
Non te deseret ille vel per hostes.
|| [1083]
Te tut abitur ille vel per hostes,
Te nam diligit ille diligenter,
Non te deserit ille vel diebus,
Non te deserit ille vel tenebris,
Te non diligit ille non amantem,
Si venaberis, ille per labores
Conatur tibi complacere semper,
Et praedam tibi vincit aut triumphos,
Illaesum leporem tibi reportans,
Pro te non rabidos recusat ursos,
Et dentes patitur furentis apri,
Cervos, caepreolos, vafras??? vulpes,
Et sternit genus omnium fer arum,
Certè non sibi, sed tibi labor ans.
Si solvis, jacet ille sic solutus,
Et jussus jacet ille sub catenis,
Non audens querulas movere voces.
Hic custos pecorum, tuae??? villae,
Fures exigit arduos, vagos???,
Nec non arcibus ille praesidentes
Tut os insidiis facit latratu.
Non te pocula delicata poscit,
Non obsonia sobrius requirit,
Contentus latices bibisse Lymphas,
Nec non relliquiis, tuis??? frustis,
Qui tantos sibi sustinet labores.
Hos contendimus esse non habendos?
Hos contendimus esse non alendos?
Et non dulcius esse posse quicquam.
Inter quadrupedes canis fidelis,
Inter quadrupedes canis voluptas.
|| [1084]
Also währen auch obbenante Personen schuldig / ihren Herren und Obern getreu zu
seyn / unabtrenlich ihnen anzuhangen / sie zuverthätigen / hülfliche Hand und
alle möglichste Dienste zuleisten. Elegans quoque est rati̅o
Nobilissimi Christophori Pflugii, quem Camerarius, Cent. 2. hor succis c. 95.
allegat] canem â Nobili portatum fuiste ideo, ut eum officii sui neglecti
admoneret, quod erat excubare in Aula, & Regem custodire &
defendere. Andreas Fauyn, ein Franzus / hat in seinen Tractat de premiers
Officiers de la Coüronne de la France, livr. 2. chap. 11. pag. 198. die Ursache
hievon also gegeben: Weil der Hund ein Zeichen der Treue ist; als hätte der
Edelmann / welcher an seiner Herrschafft durch angefangene Meutenation
pflichtbrüchig worden / erwiesen / daß er ärger als ein Hund / ja ein treu oser
Schelm sey / welcher die Treue und Gutthat seines Herrn so leichtfertig aus den
Augen gesetzet. Vid. Höpping de Jure Insign. lib. 1. c. 2. n. 29. &
seqq. Andere aber halten in gegentheil davor / daß man dadurch sowohl des
Delinquenten gottoses und leichtsirzniges Gemüthe / als auch die Abscheulichkeit
der That selbsten vorbidlden wollen / indem Hunde garstige / beißige und
neidische Thiere sind / welche / was sie f. h. gespyen / wieder auffressen / und
unverschämter Weise ihr Reihen öffentlich halten. Majolus, in Dieb. Canic. tom.
5. de dignitate hominis fol. 8073. & seq. Camerar. cent, 2. horar
succisiv. c. 95 per tot. Hinc Lucretius, lib. 4.
Nonne vides etiam, quos mutua saepe voluptas
Vinxit, ut in vinclis communibus excrucientur?
In triviis quin saepe canes discedere aventes,
Diver si cupidè summis ex viribus tendunt
Cum interea validis Veneris compagibus baerent,
Quod facerent nunquam, nisi mutua gaudia nossent,
Quae cadere in fraudem possent, vinctos??? tenere. Et Benedictus Aria, in lib. Josephi, five de arcano sermone, inquit: Canis ingenio & sensu valet acutissimo, & tamen affectibus est immodicis praeditus amoris, libidinis, odii & inimicitiarum, atque crudelitatis & saevitiae: praeterea immundus est, & omnia comedens etiam putrida & immunda, atque salacissimus etiam, turpissimoque libidinis spectaculo notatus inter homines educatus, nec ab humana carne abstinet, sangvinis etiam lingendi avidissimus, saepissimè mingit, & ubique.
|| [1085]
IV. Haec adeo naturae observatio effecit, ut in contemptibilium vel crudelium vel
prophanarum, vel aliis abominandarum personarum significatione ostendenda CANIS
nomen usurpetur.
Vide lib. 2. Samuel c. 3. v. 8 ibi:
Da ward Abner sehr zornigüber diese Worte Jsboset / und sprach: Bin ich denn ein
Hundskopf / der ich wider Juda an dem Hause Saul deines Vaters / und an seinen
Brüdern u. freund n Barmherzigkeitthue. &c. 9. d. lib. 2. v. 8.
Mephiboset betet an / und sprach: Wer bin ich dein Knecht / daß du dich wendest
einem todtem Hunde / wie ich bin. Nec non c 16. v. 9. Abisai der Sohn Zeruja
sprach zu dem König David / soll dieser todter Hund dem König fluchen / ich will
hingehen / und ihn den Kopfabreissen. Apocal c. 22. v. 15. stehet: Haussen sind
die Hunde / und die Zauberer / und die Todschläger. sc.
V. Dahero ist auch kommen / daß entweder ex lege Pompeja, oder nachgehends ex
Sanctione Constantini man bey einen Vater oder Kinder - Mörder nebst einen
Haußhan / Otter u. Affen / auch einen Hund in den ledernen Sack gestecket / und
miteinander ersäuffet / zur Bedeutung / daß gleichwie ein solcher böser Mensch
seine Eltern oder Kinder noch nie erkant habe. Zeiller, Epist 365 in medio. Add.
Lpen. ff. de L. Pomp. de Parricid. L. un. C. de bis qui par. vel lib. Thom.
Demster, in addit. ad Antiq. Rom. Rosinl. 8. ad c. 24. Marquard. Ercher lib. 2.
parerg. c. 26.
VI. Ingleichen daß etliche brutale imd imbarmhertzige Richter einen Juden / wenn
er Diebstahls halber am Leben gestrafft worden bey den Beinen / oder an den
grossen Zehen zwischen zweyen Hunden / aufhencken lassen / da doch Käyser Caroli
V. Peinliche Hals-Gerichts - Ordnung dießfals zwischen denen Dieben / sie mögen
Christen oder Juden seyn / keinen Unterscheid machet sothane Grausamkeit auch
die Juden zu der Christlichen Religion zutreten vielmehr abhält / als darzu
reitzet / cogi siquidem Religio non debet. sed suaderi.
Henel. d. c. 18. p. 136.
VII. So findet man ebenmäßig in denn Historien / daß / als Andronicus das
Orientalische Käyserthum an sich gebracht / die Mein-Eidige Griechen alle
Lateiner / so viele sie nur immer gekont / ums Leben gebracht / unter andern
auch Johannem, einen Sub. Diaconum der Römischen Kirchen / welchen der [1086] Pabst in gewissen Verrichtungen dahin abgesendet
gehabt / enthanpten / und deffen Kopf an einen Hunde - Schwantz binden lassen
Baron. ex Wilhelmo Tyrio, ad Annum Christi 1183. n. 10. & seqq. Robertus
aber / welcher zu der Zeit gelebet / erzehlet die Sache etwas anders / und
nennet Johannem einen Cardinal, welchen die Griechen getödtet / und an dessen
Leichnam einen Hand gebunden / so daß des Hundes Schwantz gleich in des
entleibten Mund gestecket / durch die Stadt geschleppet / in eine Grube
geworffen und verbrant worden.
VIII. Bey denen Polen hat man eine eigne Arth des Widerrufs der Lügen und
falschen Beschuldigungen gehabt / darbey der Injuriant und Diffamant unter eine
Banck kriechen / und als ein Hund bellen müssen. Cujus rei exemplum profert
Polonicarum rerum scriptor accuratissimus, Martinus Cromerus, lib. 11. Hist.
Polon. in Gnevossio Palevicio Suc-Camerario Cracoviensi, qui quod Reginam apud
Maritum Regem adulterii cum Guilielmo Austriaco insimulasset, sed quae dixerat
neque probasset, neque dixisse senegare posset, ex Decreto Judicii damnatus
fuit, ut mentitum se esse clara voce & latratu subter scamnum edito
profiteretur. Quam eandem calumniae poenam in simili causa paulo post subiisse
quoque Clementem Mosurovium, Castellanum Vislicensem & praefectum
Cracoviensem, idem Author lib. 16. icriptum reliquit. Henel. in Otio Uratis lav.
c. 18. pag. 137.
IX. Es haben auch unterschiedliche Heydnische Völcker vor Alters Hunde geopffert
/ sonderlich in Lupercalibus Mense Febr. u. ihren vermeinten grossen Gott Pan
dem Marti und Hecatae, wie auch dem Hundes - Stern / ihr Vich und Früchte
zubeschützen - Die Junge noch saugende Hündlein aber vor den Meh!tau und andere
denen Früchten schädliche Witterung. Alexa ab Alex. Genial. dier. lib: 3. c. 12.
pag. 352. et lib 4. c. 12 p. 513. Plutarch. in Romulo-Coel. Rhodigin. lect
antiq. lib. 8. c. 18. lib. 20. c. 6. Joh Saubert. de Sacrif veter. c. 23. p???
87 & Seq.
X. Die Römer haben alle Jahr auf einen gewissen Tag einen lebendigen Hund an ein
von Holunder Holtz gemachts Creutz gehefftet: Hingegen aber eine Gans in einer
Sänsten sitzend aufs schönste geschmücket / und zwar darum / weil die Gänse mit
ihren Geschrey die Besatzung aufgewecket / als die Galli das Capitolium
ersteigen und einny ehmen wollen / die Hunde aber damahls geschlaffen / und mit
ihren Bellen sich nicht hören laffen. C. Plinnat. hist. lib. 29. ??? 4. Rosinus,
Antiq. Rom lib. 4. cum Not Demsteri pag. 419 Meminit hujus solennitatis etiam
Plutarchus, in libro de fortuna Romanorum
|| [1087]
XI. Man hat auch vor unglücklich gehalten / wen̅ einem Reisenden
eine trächtige Hündin begegnet / oder ein schwartzer Hund ins Hauß / oder ein
Hase über den Weg yingelauffen / oder eine Schlange sich drauf sehen lassen /
und andere albere Dinge mehr / wie nach der Länge bey dem Alex. ab Alex. Gen.
Dier lib. 5. c. 13. p. 685 und obgedachten Rosino, lib. 3. c. 9. pag. 284.
zulesen.
XII. Im Würffelspiel war ein Wurf / welchen man den Hund nante / und vor böß
geachtet wurde cit. Alex. ab Alex. lib. 3. c. 21 p. 398. Demster. Anziq. Bom.
lib. 5 p 430. Hinc, Persius, Satyr. 3.
Scire eratin voto, damnosa canicula quantum raderet &c.
Et Ovidius, lib. 2. de arte amandi:
Seu jacies talos, victam ne poena sequatur
Damnosi, facito, sint tibi saepe canes,
Nec non Propertius, lib. 4. Eleg. 9.
Me quoque per talos Venerem quaerente secundos
Semper damnosi subsiluere canes,
Hingegen war die Venus der beste Wurf / die andern hiessen / Vulturius, Hercules,
Basilicus, M. Plaut. in Curcul. act. 2. Scen. 3.
Tace parumper, jacit Vulturius quatuor.
Et paulò post:
Jacto Basilicum,
Propino magnum poculum, ille ebibit.
Und ist dieses Würffel - Spiel sonderlich bey denn Griechen sehr in Gebrauch
gewesen.
XIII. Osiris und dessen Sohn Ambis haben in ihren Fahnen / als ein Zeichen der
Wachsam- und Wehrhafftigkeit / das Bildnis eines Hundes gefüret.
Diodor. Siculus, lib. 1. c. 2.
XIV. Käyser Heliogabalus ließ sich auf einen Wagen von vier davor gespanneten
grossen Hunden ziehen. AElius Lampridius, in seinem Lebens - Lauf. König
Masinissa hielt seine Leibwache nur von Hunden. Alex. ab Alex. lib. 6 Gen. Dier.
22 p 357.
XV. In AEthio pia sind vor Alters Völcker gewesen / so man Nubas genennet / wie
auch in Africa die Ptoembari oder Ptoemphanae, welche einen Hund an frat ihres
Königs hielten / und aus dessen Bewegungen / was sie thun oder laffen solten /
abrahmen. Plinius lib. 6. Hist. Nat. c. 30. Solinus, 6. 43. Alex ab Alex. Gen.
dier lb. 6. c. 2. pag. 827.
|| [1088]
XVI. Die Hircani haben eigene Hunde gehalten / die sie canes sepulchrales,
Leichen - Parißgen genennet / welche wenn einer von ihnen gestorben / die todte
Leichnahme zerreissen und fressen müssen / indem sie niemandten begruben /
Strabo, lib. 11. Cicero, lb. 2. Tusc. Quaest. Silius Italicus, lib. 13. ubi id
peculiariter Regum cadaveribus tribuit.
Regia cum lucem posuerunt membra, probatum est
Hyrcanis, adhibere canes &c.
Diogenes dicebat, si canes suum cadaver laniarent, Hyrcani amsepulturam fore.
[Greek words]. Apud Caspios idem
observariscribit Eusebius, lib. 1. praeparat. Evangelicae cap. 3. Item apud
Bactrianos quod tamen pro figmento habet AEneas Sylvius, in descript. Asiae c.
16. Kornemann. de Miracul mortuor. part. 8. c. 3. in fin.
XVII. Zu Rom p wie auch bey dem Berg AEtna, hielte man in des Vulcani̅ Tempel / ingleichen in der Insel Creta, in aede matris Dictaeae
Hunde zu Hütern und Wächtern / welche nur allein die Diebe anbelleten die andern
aber passiren liessen. Alex. ab Alex. Gen. dier. lib. 1. c. 3. pag. 12. In der
Tartarischen Landschafft Arrach in Asten sind so grosse Hunde / daß sie zum
tragen gebraucht werden / wie bey uns die Esel. Scalig. Exerc. 217. 5. 2.
XVIII. Cambyses, König in Persien / nahm seine leibliche Schwester zum Weibe /
wider der Persianer Gesetze / erwürgte sie aber nachgehends aus dieser Ursache:
Er ließ im Schau Spiehl einen jungen Löwen und Hund miteinander kämpffen / und
als der Löwe dem Hund zu starck war / und solches ein ander Hund / dessen Bruder
so mit dem Löwen kämpfte / ersahe / riß er sich loß / und kahm seinen Bruder /
zu Hülffe / ward also der Löwe von ihnen beyden überwunden. Cambyses zwar mochte
dieses Spectaculs wohl lachen / aber die Schwester seufzte und weinete drüber /
und als sie von Cambyse deßwegen gefraget ward / sagte sie / es wäre grössere
Liebe und Treu bey den Thieren / denn unter den Menschen: Denn dieser Hund wäre
seinem Bruder in Nöthen zu Hülffe kommen / Cambyses aber hatte seinen
Brudererwürgen lassen. Dieses Wort hat der guten Schwester ihr Leben gekostet
Herodot. lib. 3.
XIX. Sophites, ein Indianischer König / schenckte dem Alexandro Magno unter
andern Königlichen Geschencken etlich Hunde / so über die Maße grum̅ und beißig / und wie man sagte von einen Hund und Tigerthier gezeuget waren /
dessen nun eine Probe zu hehmen / lies Alexander einen Löwen herkom [1089] men / den griffen 2. diese Hunde so begierig
an / und hielten ihn / daß ob gleich einer von den Indianischen Jägern dem einen
Hund den Schenckel abschnitte / er doch deßwegen nicht schrie / viel weniger
aber den Löwen gehen liß / sondern ihn so lange hielt / biß sie beyde erlagen
und starben. Fast gleiches melden die Historici, sonderlich Plinius, von einem /
welchen der Albaner König dem grossen Alexandro verehret / als er auf diesen Zug
in Indien war. Es war dieser Hund über die Maße groß darum als Alexander seine
Kräfte versuchen wolte / ließ er erstlich ein wildes Schwein / darnach einen
Beeren hinein / aber der Hund blieb stille liegen / und nahm sich keins der
Thiere in geringsten an. Da ward Alexander zornig / und hieß ihn als einen
faulen Schelm tod schlagen. Da daß der Albaner König erfuhr / reuete es ihm sehr
/ daß er Alexandrum nicht besser berichtet hätte / schenckte ihm noch einen /
mit Anzeige / er hätte sonst keinen mehr / doch solte er ihn nicht noch einen /
mit Anzeige / er hätte sonst keinen mehr / doch solte er ihn nicht mehr an
unedlen verächtlichen Thieren gebrauchen / sondern einen Löwen oder Elephanten
mit ihn fechten lassen. Alexander ließ ihm einen Löwen für führen den gab der
Hund bald im ersten Gang sein Theil / und brachte man einen Elephanten hinein /
als diesen der Hund sahe / straubete er sich / fieng schröcklich an zubellen /
griff ihn darnach an / und trieb diß ungeheure Thier so lang um / biß er toll
gemacht zur Erden fiel / daß der Boden unter ihn erschiltterte. Da erkante
Alexander erst / wie grossen Irrthum er begangen / daß er dieses Hundes Gesellen
hatte umbringen lassen. Curt. lib. 9. c. 1.
XX. Käyser Martus Aurileanus überfiehl die Gothen in Thraeia, schlug derselben
5000 samt ihren Obristen zu tod / schiffte von dannen hinnüber in Syriam, und
lagerte sich vor die Stadt Thyana, aber die Bürger beschlossen die Thore vor
ihm. Aurelianus hieß sie aufmachen / aber sie woltens nicht thun. Da schwur der
Käyser / er wolte nicht einen Hund in der Stadt leben lassen. Indessen verrieth
ihm einer die Stadt / daß Aurelianus hinein kahm. Dessen freueten sich die
Soldaten / und hoffeten durch dieses Wort wäre ihnen die Stadt Preiß gegeben.
Fiengen an zu morden und zu rauben. Aber aurelianus verboth beydes / sagend: Er
hätte geschworen keinen Hund leben zulassen / darum solten sie alle Hunde zu
tode schlagen / also ward die Stadt verschonet. Gottefrid. Hist. Chron. pag.
363.
XXI. Käyser Maximinus, und sein Sohn eben des Nahmens / grausame Tyrannen / sind
von ihrer Leib-Guarde umgebracht / die Köpffe ihnen abgeschlagen / und auflange
Spiese gesteckt / ihre Cörper aber denen Hunden [1090] zu
fressen vorgeworffen das übrige ins Wasser versencket / und beyder Köpffe
verbrant worden. Idem pag. 357.
XXII. Ums Jahr Christi 375. kahm ein frembd Volck / die Hunen genant / aus der
hintersten Tartarey heraus / wild und grausam / und bedrängten die Gothen
dermaßen / daß sie ihnen weichen / und ein gut Theil ihres Landes einräumen
musten. Da begehrten sie / Käyser Valens solte ihnen ein Theil Thraciä einräumen
/ da sie wohnen möchten / dagegen wolten sie ihm dienen / wohn er sie haben
wolte. Weil es ihnen aber an Proviant mangelte / begehrete die Gothen / des
Käysers Ambtleuthe solten ihnen Frucht um die Gebühr zukommen lassen / aber man
gab ihnen zur Antwort: Sie solten ihre Hunde und Pferde fressen! welches den
Gothen dermassen verdroß / daß sie das gantze Land Thraciam biß an die Vorstätte
zu Constantinopel verwüsteten / schlugen auch des Käysers Stathalter 2. mahl in
die Flucht / Zosin. lib. 4. Sozom. l. 6. c. 36. Socrat. lib. 4. c. 33. 37.
XXIII. Als Badeweil / beygenant Totila, der VII. König der Gothen in Italia die
Stadt Rom Anno Christi 547. belagerte / ist solche Hungersnoth darinnen
entstanden / daß die Belagerten Hunde / Ratten und Mäuse fressen müssen / biß
sich die Stadt zuletzt ergeben. Gottefried. p. 5. Hist. Chron. pag. 415.
XVIV. Der Griechische Käyser Heraclius ist grosse Schuld daran gewesen / daß
Syria / Egypten / Judea und die Stadt Jerusalem verlohren worden: Denn er sich
im Krieg wieder Coßroem der Araber und Sacracenen gebraucht / und durch ihre
Hülffe die Persianer überwunden. Als nun nach erlangten Sieg denen Soldaten ihre
Bezahlung gereichet ward / thäten sich ietzt-bemeldete Saracenen in grosser
Menge herbey / und wolten ihren Sold / wie hillig haben. Da sprachen des Käysers
Zahlmeister: Wer wolte diesen Hunden allen Geld genung geben! und wiesen sie
also unbezahlt ab / worüber die Saracenen erzürnet / die Stadt Damascum / und
andere in Syria und Orient angriffen / alles einnahmen und verwilsteten / und
nachgehends das Türckische Reich aufrichteten. Idem pag. 431.
XXV. Da Gunnarius, König in Schweden / den Norwegischen König Reginald
überwu???den / hat er / der Norweger Zaghafftigkeit mit einer ungewöhnlichen
Schmach vorzustellen / denenselben an statt eines Königs einen Hund zum
Vorsteher gegeben / und darzu noch Land - Herren verordnet / die unter des
Hundes Nahmen die königlichen Dienste verbrächten / und bey Lebens-Straffe
gebothen / daß man diesen unvernünfftigen Thier gleiche [1091] Ehre und Aufwartung / wie dem Könige selber / erzeigen solte. Welches fürwar
ein schändlicher Dienst wahr. M. Joh. Stiefler / in Geistl. Historien-Schatz /
cap. 10. pag. 376. Zeiler, Epist. 462. pag. 458.
XXVI. Sonst hat man auch vor Alters starcke Hunde mit in den Krieg genommen / und
an die Feinde gehetzet: maßen sich derselben noch heutiges Tages die Indianer
bedienen / und dadurch ihren Wiederwärtigen grossen Abbruch thun. Stiefler /
pag. 1846. cap. 28.
XXVII. Die Colophonier, Völcker in Jonien, waren so behertzt- und glückselige
Soldaten / daß sich alle Völcker des Sieges vergewisserten / wenn die
Colophonier zu ihnen stiessen / daher auch das Sprichwort kommen / Colophonem
addere, eine Sache fertig machen / und zum Ende bringen. Sie brauchten aber in
ihren Kniegen grosse Hunde zu Vorfechtern / welche sie abgerichtet hatten / daß
sie des Feindes Heer angriffen. Plin. lib. 8. c. 40. Dieses haben auch die
Cephalier gethan. Camerar. Hor. Succis. cent. 1. c. 23.
XXVIII. Die Ritter von Rhodis hielten bey der Vestung St. Peter in Caria 50.
grosse Hunde gleichsam zur Guarnison / welche sie des Nachts üm die Vestung
herum lauffen liessen / und waren dieselbe treflich gescheide. Denn wenn iemand
von den Christen kahm / thaten sie gar freundlich mit ihm / und begleiteten ihn
biß ans Thor. Kam aber ein Türck / so fiehlen sie ihn an / und zerrissen ihn
wohl gar in stücken. Theatr. Vit. human. Tom. 1. tit. Canis, p. 60.
XXIX. Die Finnländer führeten auch Hunde mit in den Krieg wieder die Moscowiter.
Zeil. Cent. 5. Epist. 24.
XXX. Als König Henricus III. in Engeland dem Käyser Carolo V. eine Armee wieder
Franckreich zu Hülffe schickte / wahren 400. Englische Docken darunter / mit
stachlichten Halsbändern / die Schlacht desto besser zugewinnen. Joh. Casp.
Crusius. Dial. von Hunden / pag. 11.
XXXI. Wie die Spanier in West-Indlen Krieg führeten / hatte Didacus Dalazar, ein
Spanischer Obrister / einen grossen Hund abgerichtet / daß er die Indianer
anfiehl und zerriß. Einsmahls schickte er ein Indianisch Weib mit Brieffen weg /
er hetzte ihr aber diesen Hund nach / daß er sie zerreissen solte / das Weib
aber fiehl auf die Knie / sprach ihn freundlich zu / und sagte: Gnädiger Herr
Hund / thu mir nichts! Der Hund ließ seinen Grim̅ fahren / that
nichts mehr / als daß er sie anpissete / und davon gieng: Hieron. Benz. lib. 3.
Nov. Orb. c. 5. Lansius, Consult. contr. Hispan.
|| [1092]
XXXII. Bossius, in Historia Rhodiana, erzehlet von einen Türckischen Hunde / der
barmhertziger / als die Türcken selbst / gewesen. Denn als ein Christ auf der
Flucht vor den Türcken in eine Cisterne / darinnen kein Wasser / gefallen wahr /
und nicht wieder heraus konte / hat ihn ein Hund ausgespühret / und die Helffte
seines Brods / so ihm zur Speise gereichet wurde / täglich gebracht. Weil aber
der Hund hierdurch mager wurde / verwunderte sich sein Herr / gieng dem Hunde
nach / und sahe / wie er das Brodt in diese Grube fallen ließ / verwunderte sich
noch mehr über diese Vorsorge / und schenckte dem Christen die Freyheit. Joh.
Adam Weber / Disc. curios. 52. cap. 5. obs. 11. pag. 1191.
XXXIII. So barmhertzig waren die Hunde nicht / so den Actaeon ihren eignen Herrn
zerrissen / Ovid. lib. 3. Metamorph. oder [ohne Fabel geredet] welche den Poëten
Euripidem zerrissen / da er bey dem Könige Archelao in Macedonien zu gaste
gewesen / und bey Abend nach Hauß gieng. Val. Maxim. lib. 9. c. 12. §. 4.
XXXIV. König Colomannus schickte einen Ungarischen Herrn Benedictum aus / daß er
seinen Bruder solte ümbringen / er ward aber von den anlauffenden Hunden
zerrissen und aufgefressen / daß man nicht ein Bein von ihm wieder finden konte.
Bonfin. lib. 6. decad. 3. Ist fast noch ärger / als mit der Königin Iessabel /
2. Reg. 9. v. 35.
XXXV. Manes der verlauffene Knecht / ist auch von den Hunden zerrissen worden.
Mich. Widemann / in Engeländ. Gewissens-Zügel / Monat Dec. 1689. pag. 110.
& 111.
XXXVI. Es hatten die Ungarn schon von Ludovici Pii Zeiten an Teutschland hefftig
bedränget / und weil in Waffen den Frieden zuerlangen keine Hülffe war / musten
die Teutschen solchen mit Geld erkauffen / welches sie den Ungarn jährlich
abgestattet. Als aber Henricus Auceps, aus den Sächsischen Stamm / A. C. 919.
das Käyserthum betreten / hat er ihnen nach 9 jährigen Stillstand den
gewöhnlichen Tribut mehr zuerlegen verweigert / und die Ungarische Gesandten /
welche denselben einfordern wolten / folgender massen abgefertiget: Es ließ
einen grossen alten schäbichten Schaaf-Rüden die Ohren nebst den Schwantz
abschneiden / auch die Haare herunter scheren / welchen nackenden Hund er
gemeldten Legaten hernach zugestelet / mit diesen Bericht: Sie solten ihn ihren
Könige an statt egehrten Zinses überbringen / und dabey sagen / wenn er eigne
Leuthe haben wolte / die ihm seines Gefallens nach contribuiren müsten / möchte
er sie ihm [1093] schaffen. Wofern er aber diesen Hund vor
gedachte Summa nicht annehmen wolte / sondern begehrte einen andern und bessern
/ der ihm vergnügte / möchte er denselben in Person abholen / oder mit den
Schwerd gewinnen. Ob nun wohl hierauf die Ungarn und Sclavonier in die 300000.
Mann starck in Oesterreich und Bäyern einsiehlen / und allerhand unmenschliche
Tyranney verübten / brachen sie im Frühling Anno Christi 933. auf / und
theileten ihr Heer in 2. Hauffen. Der erste nahm seinen Weg auf Francken und
Thüringen zu. Aber ein Graf zu Schwartzburg - begegnete ihnen bey Sondershausen
/ mit denen Käyserischen / und schlug sie / daß ihrer nicht viel davon kamen /
ungeachtet sie über 50000. starck wahren / drum man auch noch heut zu Tage üm
Sondershausen / und dem Paß zwischen dem Gehöltz / der Schling genant / alte
kleine Huf-Eisen / Flitsch - Pfeile / Dolche und andere Rüstung in der Erden
findet / weil daherum der Angriff und Schlacht geschehen. Es soll auch
deßhalbe̅ der Orth noch der Schling von den vielen
verschlingen der Ungarn heissen. Der andere Hauffe wahr für die Stadt Märseburg
gerücket / solche zu belagern. Käyser Heinrich wahr nicht wohl auf / schonete
aber seiner selbst nicht / sondern da er gute Zeitung von der ietzt-gedachten
Victorie vernahm / grif er mit einen nicht sehr grossen / aber wohlgerüsteten
Heer bey Weissenfels die Feinde an. So bald die 2. Heere einander ansichtig
wurden / erhob sich ein Geschrey von beyden Theilen. Der Christen Wort wahr
Kyrie Eleison. Der Ungarn aber Hui! Hui! Darauf begab sich ein solch Schlagen /
daß zu beyden Seiten viel tausend darnieder lagen / sonderlich der Ungarn und
Sclavonier / die nie grössere Niederlage erlitten hatten. Das / was nicht in der
Schlacht blieb / ward zerstreuet / und verlief sich. Nach diesen ließ Käyser
Heinrich viele Städlein hin und her mit Mauren und Wällen befestigen / ferner
den neunten Mann auf den Land und Dörffern / mit darzu verordneten dritten Theil
der Früchte / darein gesetzet. Und aus diesen ist entsprungen der Unterscheid
zwischen Bürgern und Bauren / dergestalt / daß die / welche aufm Lande geblieben
/ und das Feld gebauet / sind von bauen Bauren genennet worden / jene aber /
weil sie die mit Mauren ümgebene Oerther (so man vorzeiten Burg geheissen)
bewohnt / haben den Nahmen Bürger bekommen. M. Simon Vornmeisters
Käyser-Chronic. in vit. Henric. Aucupis.
XXXVII. Der gemeine Nahme Hundsfut / welchen man einer feigen Memme / die keine
Courage hat / zugeben pfleget / soll von den Hunnen herkommen seyn / die / wie
ietzt gemeldet / in Teutschland gefallen / und mit rauben und [1094] brennen grossen Schaden gethan haben / niemahls aber Stand halten
oder fechten wollen / daß / wann gefraget worden: Wer hat dieses oder jenes Dorf
angestecket und ausgeplündert? die gemeine Antwort gewesen: HUNNUS FUIT,
contractè Hunsfut. Quirin Pegeus, mil. 3. M. Stiefler / Geistl. Hist. Schatz /
cap. 28. pag. 1873.
XXXVIII. Als Anno 1110. Käyser Heinrich der V. denen Böhmen wieder die Polen zu
hülffe kahm / und der König in Polen / Boleslaus / mit dem Käyser wegen Friedens
tractiren ließ / inzwischen aber der Böhmische König starb / sind viele Böhmen /
so bey des Käysers Armee waren / heim marchiret. Die Polen solches merckend /
fiehlen die Käyserlichen an / und erschlugen den meisten Theil derselben. Die
Polacken liessen die todten Cörper unbegraben liegen / darzu sich ein grosser
Hauffe Hunde versamlet / selbige zu verzehren / und ward dasselbige Feld /
welches nur 1. Meihl Weges von Breslau lieget / nach der Hand das Hunde-Feld
genennet. Gottefr. Hist. Chron. part. 6. pag. 533.
XXXIX. Nach dieses Käysers Tod / nemlich Anno 1126. ist ein solcher Hunger in
Franckreich und Niederland gewest / daß viel Leuthe verschmachtet. Graf Carl von
Flandern verboth / man solte kein Bier mehr brauen / hieß auch alle Hunde tod
schlagen / weil sie das Brodt fressen / daß den Leuthen gebührete. Idem p. 541.
XL. Auf dem Concilio zu Trient befand sich unter andern auch der Cardinal
Crescentius, als Päbstlicher Legatus, derselbe als er den 25. Martii viele
Schreiben an den Pabst auszufertigen hatte / und damti biß in die Nacht ümgieng
/ istihm unversehens ein grosser schwartzer Hund erschienen / mit feurigen Augen
und langen Ohren / so fast biß auf die Erde herab gehangen / welcher stracks auf
ihn zugegangen / hernach aber unter den Tisch gefallen. Worüber der Cardinal
hefftig erschrocken / seinen Dienern geruffen / und den Hund suchen lassen /
aber sie haben nichts gefunden / dadurch er in grössern Schrecken und tödliche
Kranckheit gefallen. Als er ietzo sterben wollen / hat er immer geruffen: man
solte den Hund wehren / daß er ihm nicht aufs Bette stiege. Sleidan. lib. 23.
Thuan. lib. 9.
XLI. Die Hunde in Guinea haben spitzigere Mäuler als die unfrigen / können nicht
bellen / noch heulen / beissen auch niemanden / dafern man sie nicht ängstiget /
da sie offt aus Furcht auf den Menschen zufahren / ihm einen Biß in den Fuß
versetzen / und hernach davon lauffen. Sind von allerley Farben / als schwartz /
weiß / gelb / braun und dergleichen. Werden zur [1095] Speise
gebraucht / und deswegen an vielen Orthen / wie Schaffe / bey grossen Hauffen zu
Marckte getrieben und verkaufft / und Ekia, oder Cabra de matto, das ist / ein
Wald - Schaf genant. Will ein Guineer den Adel kauffen / so muß er am
allerersten einen solchen Hund spendiren.
Erasin. Francisci, in Guineischen und Americanischen Blumen-Busch / p. 1. c. 4.
n. 1. pag. 60.
CAPUT LXI.
Von Der Straffe des Har- und Bart abschneidens.
I.
DAß die Alten viel auf lange Hare und grosse Bärte gehalten / auch solche an
einem Manne vor eine sonderbahre Zierde geachtet worden / ist aus den Historien
gnugsam bekant. die Römer liessen von Anfang der Stadt Rom biß auf das
vierhundert vier und funfzigste Jahr keine Hare noch Bärte abscheren / sondern
dieselbe lang wachsen. Alex. ab Alex. lib. 5. Genial. dier. c. 18. pag. 733.
Varro, lib. 2. de re rustica, c. ult. Polyd. Vergil, lib 2. de Rerum Inventor.
Aber nach dem Publius Ticinius Mena etliche Barbierer aus Sicilien dahin brachte
/ kam es auf / daß die Jünglinge und junge Männer die Hare uud den Bart abnehmen
liessen biß auf daß vierzigste Jahr ihres Alters / hernach aber wurde es weiter
nicht gestattet / und war der erste / welcher täglich seinen Bart abschor /
Aphricanus genant. Plinius, lib. 7. Hist. Nat. c. 59.
II. Dieses hat gewäret biß zur Regierung Käyser Hadriani, welcher zuerst den
Barth wieder lang wachsen lassen / daß er solchen unter den Kinn zusammen sassen
kön̅en / u. hat / wie etliche wollen / er es aus Noth thun
müssen. Denn er hatte in den Schlachten hin und wider unterschiedliche Wunden
ins Gesichte bekommen / die ihn etwas verstelleten / drum ließ er ihm einen
grossen Bart wachsen / daß er die Narben drunter verbergen konte. Xiphilin.
in [1096] Trajan. p. 344. Spart. c. 26 pag. 293. Welches
auch die nachfolgende Käyser ziemlich mit gehalten / so gar / daß Käyser
Jodocus, der Anno 1410. regieret / seiner Thaten halber gar nicht bekant ist /
als daß er nur einen grossen Bart gehab. Dit. Brev. Hist. in Jodoco §. 1. pag.
34. Und siehet man noch an den alten Müntzen / Gemählden und Statuen, daß alle
Käyser / so vor diesen Hadriano gelebet und regieret / ohne Barth gebildet sind.
Panciroll. de fibula, in fin. pag. 320.
III. Der Gesetzgeber Lyourgus verordnete / daß der Spartaner Soldaten lange Hare
tragen / hingegen aber die Bärte glat wegscheren musten. Plutarch. in vita
Lycurgi, & in Apotheg. Lacon.
IV. Die Mauri flochten ihre lange Hare und Bärte ein / wenn sie sich aufs
schönste schmücken wolten. Strabo, lib. 17.
V. Die Britani schoren alle Hare am Leibe ab / aus genommen auf den Kopf und über
die Lippen. Dannenhero sie lange Zwickbärte trugen. Jul. Caesar, lib. 5 de Bello
Gallico.
VI. Die Lycii hielten so viel auf ihre lange Hare / daß sie auch eine grosse
Summa Geldes in des Königs Mausoli in Caria Schatz gaben / nur daß sie von dem
Gesetze / welches geboth / daß alle Unterthanen die Haare abschneiden lassen
solten / eximiret und befreyet seyn möchten. Aristoteles, lib. 2. Oeconom. Quam
Legem Condalus, Regis Praefectus, commentus fuerat, ut congiarium eliceret.
Andr. Tiraquell. in annot. ad c. 18. lib. 5. Alex. ab Alex. gen. dier. p. 735.
lit. h. Herm. Hugo, de militia Equest. lib. 2. c. 6. pag 1???9. Eben als die
Geistliche in Franckreich zu Zeiten Königs Francisci I. welche auch viel Geld
erlegeten / nur ihre grosse Bärte zubehalten. Vid. Camerar. part. 3. Honar.
Succis. c. 96 pag. 360.
VII. Die Lusitani liessen die Hare so lang wachsen / wie die Weiber. Strabo, lib.
3. Item die Galli Comati, daher sie auch den Nahmen bekommen. Strabo, lib. 4.
Plinius, lib. 11. c 37. Virgilius lib. 8. AEneidos, loquens de Gallo, qui in
summum Capitolii evaserat, quem Manlius anserum clangore casu excitatus umbone
deturbatum facilè prostravit, his verbis:
Aurea Caesaries illis, at??? aurea vestis.
ib: aurea vestis nihil aliud est, quam aurea i. e. flava barba. Sic quoque de
Gallis historiae loquuntur. Tiraquell. cit. loc. lit. m.
VIII. Die Indianer / wie Q. Curtius, lib. 8 schreibet / pflegten ofte ihre Hare
zu kämmen / niemals aber den Bart abzunehmen. Welches auch diodorus Siculus,
lib. 4. c. 5. bezeuget his verbis: Indorum moris est, per omnem vitam [1097] barbam nutrire, huncque morem à Dionysio accepere,
quem barbatum nominaverunt. Add. Strabo, lib. 4.
IX. Die Suevi und Sicambri [alte Geldrische oder Clevische Völcker] haben
ebenmäßig lange Hare und Bärte wachsen lassen. Camerar. lib. 1. Medit. c. 35.
X. Etliche wollen zwar / daß die Longobardi ihren Nahmen von langen Bärten
bekommen / andere führen es her von ihren langen Streit-Axten u. Hellbarten /
oder auch gar / daß es grosse lange Tölpel und Bengel gewesen / Münster.
Cosmograph. lib. 4. fol. 1147. Joh Sithmann, in Spec. Imp. Rom. cap. 2. n. 25.
Allein es hat das Wort seinen Ursprung ex dialecto Germanica, von der langen
Borden. Philipp. Melanchton, lib. 3. Chron. Joh. Gryph. de Coloss. Weich b. c.
49. n. 3. und haben die Longobarder zwar lange Hare / aber keine lange Bärte
gehabt. Rhetius, lib. 1. tit. 2. pag. 64. Instit. Jur. Publ.
XI. Insonderheit aber findet man / daß die alten Fränckischen Könige / und die
Printzen vom Geblüthe strack Anfangs / auch ehe sie noch zur Regierung
geschritten / sich den langen Hare und Bärte beflissen / um sich dadurch nicht
allein ansehnlicher zu praesentiren / sondern auch von andern unterschieden und
erkennet zu werden: Denn lange Haare und grosse Bärte war bey ihnen ein Zeichen
der Herrschafft / kurtze abgeschnittene Haare aber trugen die Unterthanen in
signum subjectionis. Aimoinus de Gestis Francor. lib. 2 c 12. Joh. Tilius, lib.
2. de Reb. Gall. Speidel, in Spec. Jur. v. Bart. pag. 111. Zeiler. Epist. 16.
pag. 18. Drum sie auch die lange Har und Bärte unter die Reservata Principum mit
zehleten ut hoc ipso Reges singulare quid habentes plus sibi Majestatis apud
populum acquirerent. Vid. Hottomann. de Jure Regal. capillitii.
XII. Bey denen Teutschen hatten vor Zeiten die Edelleuthe so lange Bärte / daß
sie den halben Leib damit bedencken konten. Thimot. Polus, in lustigen
Schau-Platz allerley Personen / Aemter / Stände sc. pag. 49. und setzet
Christoph Ludwig Dietherr / in addit. ad Besoldi Thesaur. Pract. voc. radiren
pag. 783 daß Hanß Steinigers / des Raths und Kirchenpflegers in Augspurg Vatter
/ auch Hauß genant / einen Bart viertehalb Ellen lang gehabt. Adde c. 1. §. 298.
Es soll auch vor diesen in Ungarn ein Soldat wider den Türcken gedienet haben /
welcher einen solchen langen Bart gehabt / daß er sich damit um den Leib
aufschürtzen / wenn er aber solchen auseinander gebreitet / sich damit bedecken
können / auf welchen er so viel gehalten / daß / als der General gebothen / es
solten alle Soldaten die Bärte abnehmen lassen / dieser lieber sterben / als
solches thun wolten / hat auch solchen dadurch erhalten. Tob, Magir, Polymnem.
Jacob Thomas. Disp. de Barba, Memm. 4. n. 28. [1098] Und
mögen hiebevor in Indien Zwerge gewesen seyn / welche / wenn man dem Ctesiae in
seinen Indianischen Excerpten §. 10. pag. 582. trauen darf / so grosse und lange
Bärte gehabt / daß sie solche an stat der Kleidung gebraucht / indem sie
dieselbe allenthalben um sich hergewickelt.
XIII. Einige Völcker haben auch darum lange Haar und grosse Bärte wachsen lassen
/ damit sie grausam aussehen / und ihren Feinden Furcht und Schrecken einjagen
möchten / als die Scythen und Parther / Plutarch. in Crasso. Curtius, lib. 4.
Die Indianer und Araber / welche / wenn sie in den Streit zohen / ihre Hare
aufknüpften / und in die Höhe stürtzten / daß sie aussahen / als hätten sie
Hörner auf den Kopf. Panciroll. Deperd. c. de sibula p. 377. Item die
Longobarder / welche Theils ihrer Weiber bewafnet mit untergestellet / als wenns
Männer wären / und zu dem Ende ihre Haupt-hare um die Mäuler hergebunden / als
wenn sie so grosse Bärte hätten. Hotomannus, Dialog. de Barba, è Paulo Diacono.
Jacob Thomas. Disp. de barba, Lemm. 4. n. 25. Wie auch die Catti und Teutsche /
deren viele rothe Hare in Knoten zusammen genküpffet hatten / aber weder Hare
noch Bart beschneiden liessen / sondern als zottichte Böcke in den Krieg lieffen
/ und nicht eher wieder nach Hause kamen / biß ein jeder einen abgehauenen
Feindes Kopf mit sich heimbrachte. Alex. ab Alexand. d. c. 18. lib. 5. pag. 736.
XIV. Es hat aber diese Verstellung nicht allemahl ihren vermeinten Effect
erreichet / sondern zuweilen fehl geschlagen: Gestalt denn Gentianus Hervetus
aus denen Schottischen Jahr-Büchern referiret, daß die Schotten / so ihre Bärte
abgeschoren / 5000. der groß bärtigen Engeländer [qui aliàs etiam vitro, quod
coeruleum colorem inducit, corpora inficiebant, ut eo crudeliores in pugna
apparerent, Jul. Caesar, de Bello Gallic. lib. 5.] einsmahls erschlagen / worauf
diese Scoptische Verße gemacht worden:
Quid juvat, ô Stulti, tantam promittere barbam,
Plurima promittens quae nihi ipsa facit?
Caedibus ex vestris non fidere, discite barbae,
Non fortes animos pendula barba facit.
XV. Sonsten ist hierbey diese curiöse Frage; Ob auch Adam einen Bart gehabt? Die
meisten bejahen solches / weil er von GOtt erschaffen / als ein Mann in seiner
besten Blüthe der Jahre / wie Augustinus und andere mehr davor halten / auch
damahls noch weder Schermesser noch Schere vorhanden war / womit er solchen
abnehmen können / sondern erst lange hernach das Eisen erfunden und gebraucht
worden. Genes. c. 4. v. 22. Also hat auch Gott [1099] selbst
gebothen / daß seine Propheten und Priester keine Platte auf ihren Kopf machen /
noch auch ihre Bärte abscheren solten. Levit. 21. v. 5. add. cap. 19. v. 27. Ja
von Aaronis, Psalm. 133. v. 2. Item Davids / 1. Samuel, c. 21. v. 13. Bärten
thut die Heil. Schrifft selbst Meldung. Ob Moses einen Bart gehabt / wird zwar
nicht ausdrücklich gesetzt / man hält es aber doch davor / damit sein Ansehen
bey dem Volck desto grösser seyn möchte / gestalt denn die Ursache / warum die
Priester und Propheten lange Bärte tragen müssen / diese waren Erstlich / daß /
wenn sie solche ansehen / nichts thun möchten / so ihrer Autorität und Würde
entgegen / schimpf- und vorwerflig wäre. Zum Andern / damit das Volck ihnen um
so viel eher und mehr gehorsamen und folgen möchte.
XVI. Est enim in barba gravitatis quaedam tacita confessio, & solent
homines etiam talibus externis flecti ad officium. Hinc suadent quoque Politici,
ut magistratus aut princeps externam faciei formam inter curas non minimas
habeat. Id quod non ignoravit olim Caligula, qui eam in rem quotidie ad speculum
in omnem terrorem ac formidinem vultum componebat. Boxhorn. in Inst. Pol. lib.
1. c. 4. Sueton. in Caligula. Et intellexit idem probè Augustus, qui tanta oris
& formae fuisse fertur gravitate, ut solo aspectu Actiacas legiones
aliquando terruerit. Tacit. lib. 1. Annal. c. 42. Nec absimiles fuere Senatores
Romani, qui pexis suis ac delibutis barbisgrandioribus tantum Senonibus Romam
expugnantibus injecerunt timorem, ut non tam cum hominibus quam Numinibus sibi
rem esse tremebundi, crediderint. florus, lib. 1. c. 13. §. 10. Jacob. Thomas.
d. Disp. de barba Lemm. 3. n. 12. & seqq.
XVII. In Ansehung dessen liessen auch die Heyden ihre Götter mit Bärten mahlen
und kommen daher die Zusatz-Wörter: Apollo intonsus, labris genisque pilosus
Mercurius, nigricomus Neptunus, Pan hirsutus, Lucianus, in Libello de Dea Syria.
XVIII. Von des HErrn CHristi Aposteln melden die Historien / daß sie allesamt
bärtige Leuthe gewesen / ausgenommen S. Johannes. Dunte, Quaest. 12. Relig.
Papist.
XIX. Die Alten Griechischen Philosophi hielten auch viel auf ihre grosse und
lange Bärte / in Meinung / es w???ren solche signa gravitatis, bonitatis
& sapientiae. Joh, Saubertus, de Sacrific. Veter. c. 7. pag. 166. Horn.
lib 7. Hist. Philos. c. 13. Drum auch Horatius, lib. 2 Satyr. 3. Barbam
saepientem,
Ille nec horrificam sancto dimovit ab ore
Caesariem, duro??? admisit gaudia vultu,
Ut primum tolli feralia viderat arma,
Intonsos rigidam in fronte descendere cano
Passus erat, moestam??? genis incre???scere barbam,
Uni quippe vacat studiis odiis??? carenti
Humanum lugere genus) nce foedera prisci
Sunt tentata tori. Ja ietztgedachter Julius Caesar selbst hat solch Traurzeichen / accepta clade Titurianâ angeleget. Sueton. lib. 1. in ejus vita c. 67. XXXI. Dessen sich auch diejenige annahmen / so in reatu waren. Quod tum fiebat, quando Judex, rejectis exceptionibus dilatoriis, declinatoriisque pronunciabat, ad ulteriora procedendum. Post hujusmodi enim interlocutionem, quae vim cujusdam litis contestationis habebat, qui accusatus erat, incipiebat in reatu esse, hoc est, statu & conditione, in qua rei sunt, antequam vel absolvantur vel condemnentur. Reorum autem olim certum statum fuisse vel Plinius, in Epistola ad Suram, testatur, ubi moris [ait] reis fuisse, submittere capillum, quem non ante fas fuit rescindere, quam omnium sententiis absolveretur. Erant igitur rei squalore & illuvie confecti, promisâ barbâ, habitu sordido, pannoso, & ut Budaeus inquit, misericordiae aucupatore, qui status reatus dicebatur, quae vox Ciceroni & aliis antiquis inusitata primum à Messala conficta est, ut Quintilianus lib. 8. Orat. Inst. praedidit. Eâ tamen & Martialis usus est: Si det iniqua tibi tristem fortuna Reatum, Squalidus haerebo pallidiorque Reo. Et Modestinus, in L. si diutino 26. ff. de poen. Wie auch ihre Freunde und Confidenten, ad captandam eo magis à Quiritibus intercessionem & gratiam. Vid Henric. Salmuth, ad Panciroll. lib. 1. deperd. c, fibula pag. 374. & 375. Alex. ab Alexand. lib. 3. Gen. Dier. c. 5. pag. 297. ibique Tiraquellum, in annotat. lit. G. XXXII. Die Supplicanten so etwas von jemand ausbitten wolten / liessen gleichfals die Hare und Bärte lang wachsen / und erschienen in erbärmlicher Gestalt / damit sie um soviel mehr dem Patron und Geber zum Mitleiden bewegen möchten. Jacob Thomas. saepedict. Disp. de Barba, cap. 1. Lemm. 5. n. [1105] 39. Sic Alexandrinorum Legatos testatur Livius, Decad. 5. lib. 4. c. 49. sordida veste, capillo barbaque promissis, nec non ramis oleae ingreslos fuisse Curiam Romanam, ibique procumbentes lacrymis opem exorasse. Tali quoque habitu Catinenses aliquando Lacedaemonios adversus Syracusanos implorasse feruntur. Justin. lib. 4. c. 4. XXXIII. Etliche / wenn sie von andern grossen Schaden erlitten / schwuren oder gelobten / nicht eher ihren Bart bescheren zulassen / biß sie sich revanchiret und gerochen / und dieses ward genant Barba Votiva. Welches vor diesen die Catti, item die Saxen / als sie einsmahls von dem Schwaben sehr geputzet waren / daß ihrer nur 6000. aus der Schlacht entronnen / gethan / welche Letztere die Scharte tapffer wieder aus gewetzet. Paul. Diacon. lib. 3. de gest. Longob. c. 7. Probè siquidem intelligebant Veteres, hominum animos non magis ad vindictam posse concitari, quam si nonnullas expertae calamitatis notulas quotidie ante oculos cernerent. XXXIV. Königs Nini in Assyrien Wittibé / Semiramis, welche viele tapffere Thaten gethan / als dieselbe einsmahls ihre Hare strehlen liesse / und solche jetzo wieder aufbinden wolte / aber Zeitung bekahm / daß die Babylonier von ihr abgefallen / liesse sie die Helfte des Haars also ungebunden fliegen / und zog alsobald wieder die abtrünnige zu Feld / band auch die Hare nicht auf biß sie die Stadt gewonnen / und das Volck wiederum zum Gehorsam gebracht. Daher ihr auch in der Stadt Babylon ein Marmorsteinern Bild / in solchen Habit und Manier / wie sie zur Rache geeilet / zu Ehren aufgerichtet worden. Valer. Maxim. lib. 9. c. 3. Diod. Sicul. lib. 3. XXXV. Die Galli hatten vor alters den Gebrauch / wenn sie eienen alten / erbarn und ansehnlichen Mann sonderbare Ehre anthun / und als einen Vater veneriren wolten / daß sie demselbe̅ den Bart strichen oder anrührten. Panciroll. lib. 1. Deperd. cap. de fibula pag. 383. Welche Gewohnheit M. Papyrius, der Römische Rathsher / nich wuste. Den̅ als die Stadt Rom von den Gallis eingenommen worden / kahm einer von denselben zu ihm / und als er seinen schönen langen Bart ansahe / strich er ihn denselben hin mit der Hand / welches Papyrius vor eine Beschimpffung aufnahm / und den Gallum deßhalber mit einen Stecken schlug / drüber er nebst vielen andern Raths-Personen nieder gemacht wurde. Vid. Livius, lib. 5. c. 41. Steph. Forcatul. lib. 2. de Gallor. Imp. & Philosoph.
|| [1100]
- Tempore, quo me
Solatus jussit sapientem pascere barbam.
Und Juvenalis, Satyra 10. Barbam gravem nennen. Gestalt denn per Barbatos
gemeiniglich die Philosophi verstanden wurden. Hinc Persius, Satyr. 4.
Rem populitractas, barbatum hoc crede magistrum dicere,
und Juvenalis, Satyra 4. Barbatos licet admoveas mille inde magistros. [Greek words] aber wird Socrates von dem Persio,
Satyra 4. barbatus magister genennet. und Prudentius, setzet in Apoth.
Consule barbati deliramenta Platonis.
i. e. vide quam Plato, aliàs sapientissimus, ineptierit. Arbonius vocat
AEsculapii barbam amplissimam, boni ponderis, & Philosophicae
densitatis. lib. 6. advers. Gent. Ja Valerius Maximus, lib 1. c. 1. n. 3. setze
/ daß das Bild des AEsculapii einen güldeuen Bart gehabt / welchen der Dionysius
abgeschnitten. Quo alludens Persius, Satyr. 2. v. 28. inquit
Idcirco stolidam praebet tibi vellere barbam
Jupiter!
Und Catullus hat ein artig Ephitheton des Barts / wenn er schreibet
Egnati opaca quem bonum facit barba.
XX. Wiewohl die Kappe keinen Münch / noch auch die Canzel einen Pfarrer / can.
ult. dist 40. Also am wenigsten der Bart einen weisen / gelehrten und
verständigen Mann machet / denn sonst würde der Ziegenbock der gelehrteste
Magister seyn / juxta illud:
Si prolixa facit sapientem barba, quid obstat,
Barbatus fiat quin Caper ipse Plato?
Drum auch diese Philosophi endlich / weil sie gar zu ein groß Wesen aus ihren
langen Bärten / und Säuischen Arth zu leben machten / von männiglich verachter /
ausgelachet / und wenn sie sich auf der Strassen sehen liessen / sonderlich die
Cynici, vor Gecken gehalten / ja weil sie [Greek
words] öffentlich profitirten / bald von diesen / so ihnen begegneten
/ am Mantel gezupft / bald von jenem am Barth gerupfft wurden. Casaubon. ad
Pers. Satyr. 1. v. 133.
Si Cynico barbam petulans Nonaria vellat.
Welches dem Oratori Epicrati gleichfals wiederfahren / den die Athenienser
[Greek words] nenneten / weil er gleich
einem Schilde einen langen und breiten Barth getragen / da er doch ein klein
Männichen von Statur wahr. Junius, de Coma c. 2. & Suidas in [Greek words]. Und hat Herodes Atticus, [1101] einen solcheu Großbart artig begegnet / welcher in
einen langen Mantel zu ihm kahm / und üm Geld ansprach / daß er Brod davor
kauffen könte. Denn als Atticus denselben fragte / wer er wäre? hat sich dieser
drüber entrüstet / heraus gefahren und gesaget: Ob er denn nicht an seinen
langen Mantel und grossen Barth sehe / daß er ein Philosophus sey? Atticus
antwortete kurtz und gut; Barbam & Pallium, Philosophum non video.
Gellius, lib. 9. Noct. Attic. cap. 2. Sentiebat nimirum Atticus, non fucum aut
barbam, sed mores & scientiam Philosophum facere genuinum. Joh. Coras.
Epist. quaest. 24. n. 4. & 5.
XXI. Es gehöret auch hieher der Venetianischen Abgesandten kluge Rede an Käyser
Friedrichen den dritten / welche als sahen daß man ihrer / weil sie nich alt /
und keine grosse Bärte hatten / wenig achtete / auch zur Audienz nicht
admittiren wolte / endlich aber doch noch einer vorkahm / der den Käyser also
anredete: Si Venetorum Respublica, Sacratissime Caesar, sapientiam non in corde,
sed in barba sitam credidisset, ad Vestram Caesare???m Majestatem dous vetulos
& barbatos hircos misisset! Welcher / als er draus abnahm / was hinter
den Abgesandten steckte / ihr Vorbringen willig anhörete. Draco, de jur. patric.
lib. 2. c. 2. n. 15. Ein dergleichen Exempel referiret Herman Kirchner, lib. 1.
de Legat. c. 4. n. 60. Und Besold. de Legat. c. 4. p. 38. von der Türckischen
Käyser einem / welcher des Königs in Franckreich Ambassadeur, weil er noch sehr
jung / keine Audienz gebe̅ wolte / der ihm aber eben die Antwort
ertheilte / wie der obige / nimirum non ex barba virum nec ex piloso mento
mentem hominis judicandam, alioquin forent barbatiores hirci prudentiores
hominibus. Confer. etiam Finck. Q???illust. Theol. q. 123.
Canescant [enim] alii mento, nos mente capillo,
Nos animo, facie, nos pectore.
XXII. Es sind auch die langen Hare ein Zeichen der Freyheit gewesen. Drum
verstattete Clodius Comatus der Francken König seinen Unterthanen / als selbige
die Gallos überwunden hatten / daß sie lange Hare tragen möchten / zur Anzeige
der Freyheit / und damit sie von denen Gallis unterschieden und erkant werden
könten. Zeiler, Epist. 16 pag. 18.
XXIII. Oiris als er die Welt durchwandern wolte / that ein Gelübde / seine Hare
nicht eher abschneiden zulassen / biß er wieder zurück in sein Vaterland kommen
würde. Daher die Gewonheit kommen seyn soll / daß vor diesem die Reisende ihre
Hare lang wachsen / und nicht eher abnehmen lassen / biß sie wieder heim
gelanget. Natalis Comes, lib. 5.
|| [1102]
XXIV. Der kluge Diogenes, als er auf eine Zeit von einem gefraget ward / warum er
einen Barth trüge? hat er gean???wortet: Der Barth erinnert mich daß ich ein
Mann bin. Desgleichen Hieronymus Rhetus, weiland Professor zu Basel / welcher
einen langen Barth hatte / der Barth lehret mich daß ich keine Frau / sondern
ein Mann sey / und daß ich mich männlicher Tugenden mit standhafftigen Gemüthe
befleisigen soll. Timoth Polus, in lustigen Schau-Platz allerley Personen / und
Aembter / pag. 47. & 48.
XXV, Die Longobarder adoptirten auch per comam & capillos. Und bey wem
sie die ersten Barth-Hare hinterlegten [quod deponere barbam appellabant] den
hielten sie vor ihren besten und vertrauesten Freund. Wahr auch das
allerstärckste Band der Liebe und Freundschafft. Eben als wie bey den Persern /
wenn der König einem einen Ring schenckte. Hoc enim foedus inexplicabile
& summi amoris vinculum putabatur. Alex. ab Alex. lib. 1. gen. dier,
cap. 18. pag. 100.
XXVI. Johannes Castrius, ein Spannischer Kriegs-Obrister / trug einen sehr langen
und dicken Barth. Wenn derselbe nur ein einzig Har aus solchen zog / und denen
Indianern versetzte / liehen sie ihn flugs eine grosse Gumma Geldes: Immassen
die Bürger in Goa vielmahl gethan / wenn zu Ausrüst??? ng der Krieges-Flotte die
Königliche ???ntraden nicht zulangen wolten. Hotomann, dialog. de Barba, è Paulo
Diacono. Joh. Henr. Ursin. lib. 33 Acerr. obs. 72. So hoch aestimirten vor
diesen diejenige ihre Bärthe / denen Treu und Glauben zuhalten angelegen wahr.
XXVII. Dannenhero auch die Gewonheit entstanden / daß etliche bey ihren Barth
geschworen / wie man dessen Exempel hat an Käyser Otten den grossen. Jacob.
Pontan. Attic. Bellar. part. 2. Synt. 1. hist. 25. p. 387. è Cranzio. Und Käyser
Friedrich Barbarossen. Joh Agricola. Adag. Germ. 733. Besold. Thes. pract. voc.
radiren. Welche alle dasjenige / was sie bey ihrem Barth versprochen /
sanctissimè gehalten. Welches die Spanier noch thun sollen / Speidel Spec. Jur.
v. Bart. pag. 111.
XXVIII. Hieher kan gleichfals gezogen werden der Gebrauch / welcher bey denen
Supplicanten vor alters üblich wahr / daß sie mit einer Hand desjenigen Knie /
den sie anfleheten / mit der andern aber dessen Barth anrühreten / wie Barthius,
ad Claudianum, lib. 1. de raptu Proserp. p. 877. & 878. mit etlichen [1103] aus bem Homero und Euripide angezogenen Orthen
behauptet. Mit welchen fast über einkömmet der Locus Samuel. c. 20. da Joab den
Amasa an den Barth griff / welches bey denen Hebräern ein Signum animi devoti
wahr / und dennoch selbigen Schelmischer weise erstach. Jacob. Thomas. d. disp.
de barb. cap. 2. lemm. 5. n. 108.
XXIX. Es liessen auch die Jüden / wenn sie eine Trauer hatten / oder es ihnen
sonst übel gieng / daß sie in Sack / oder geringer Kleidung / einher traten /
und Asche auf die Häupter streueten / die Bärthe lang wachsen / zum Zeichen
ihres Unmuths und Betrübnis. Wie man an Mephiposet siehet / welcher / so lange
er verspührete / daß der König David traurig wahr / den Barth nicht abnehmen
ließ. 2. Samuel. c. 19. v. 24. Sie sollen auch noch auf den heutigen Tag den
Gebrauch haben / daß wenn ihnen nahe Anverwanthen oder Bluts-Freunde sterben /
sie sich in 30. Tagen nicht waschen noch bescheren lassen. D. Geier, de Luctu
Hebraeor. c. 8. §. 2. pag. 197.
XXX. Diesen sind die Römer nachgefolget / welche auch in ihren Trauren und
Leidwesen Hare und Bärte lang wachsen lassen. Stephan. Forcat. Necyomant. Dial.
58. n. 3. Maßen denn Käyser Augustus, als er vernahm daß Quintilius Varus die
Schlacht wider die Teutschen verlohren / ihm aus lauter Kummer den Bart nicht
abscheren ließ / ja er stieß sich mit dem Kopf wider die Wände / und schriebe
dabey: Quintili, redde Legiones Sueton. in vit. August. c. 23. Vellej. Paterc.
lib. 2. Hist. Welches man auch A 1691. M. Aug. an dem Türckischen Abgesanten zu
Pottendorf wargenommen / welcher / als ihm bey den Salve schiessen / auf sein
fragen / gesaget wurde / daß solches geschehe / weil ihre Armee bey Salankement
eine grosse Niederlage erlitten / sich auf die Erde geworffen / und viel Stunden
also gelegen. Die übrige Türcken / so er bey sich hatte / haben geweinet / sich
beym Bart gezupffet / und grosse Traurigkeit verspüren lassen. Käyser Cajus
Caligula als er hörete daß seine Tochter Drusylla gestorben / hat vor grossen
Schmertzen in langer Zeit weder den Bart noch die Hare abgenommen. Suetonius, in
ejus vita Terentius Varro imgleichen hat nach der Römer Schlacht bey Cannas Zeit
seines Lebens den Barth und die Hare nicht bescheren lassen / vielweniger
liegend / wie der Römische Brauch war / gespeiset Magir Polym. fol. 349.
&. 350. Item Cato Uticensis wie er hörete / das Julius Caesar mit einem
grossen Krieges-Heer herbey kam / verließ er die Stadt Rom / behielt seinen
unbeschornen Bart / und eine Kleidung sein Lebelang / ob calamitatem patriae.
Welches Lucanus, 2. Pharsal. vers. 372. artig also beschreibet:
|| [1104]
Ille nec horrificam sancto dimovit ab ore
Caesariem, duro??? admisit gaudia vultu,
Ut primum tolli feralia viderat arma,
Intonsos rigidam in fronte descendere cano
Passus erat, moestam??? genis incre???scere barbam,
Uni quippe vacat studiis odiis??? carenti
Humanum lugere genus) nce foedera prisci
Sunt tentata tori. Ja ietztgedachter Julius Caesar selbst hat solch Traurzeichen / accepta clade Titurianâ angeleget. Sueton. lib. 1. in ejus vita c. 67. XXXI. Dessen sich auch diejenige annahmen / so in reatu waren. Quod tum fiebat, quando Judex, rejectis exceptionibus dilatoriis, declinatoriisque pronunciabat, ad ulteriora procedendum. Post hujusmodi enim interlocutionem, quae vim cujusdam litis contestationis habebat, qui accusatus erat, incipiebat in reatu esse, hoc est, statu & conditione, in qua rei sunt, antequam vel absolvantur vel condemnentur. Reorum autem olim certum statum fuisse vel Plinius, in Epistola ad Suram, testatur, ubi moris [ait] reis fuisse, submittere capillum, quem non ante fas fuit rescindere, quam omnium sententiis absolveretur. Erant igitur rei squalore & illuvie confecti, promisâ barbâ, habitu sordido, pannoso, & ut Budaeus inquit, misericordiae aucupatore, qui status reatus dicebatur, quae vox Ciceroni & aliis antiquis inusitata primum à Messala conficta est, ut Quintilianus lib. 8. Orat. Inst. praedidit. Eâ tamen & Martialis usus est: Si det iniqua tibi tristem fortuna Reatum, Squalidus haerebo pallidiorque Reo. Et Modestinus, in L. si diutino 26. ff. de poen. Wie auch ihre Freunde und Confidenten, ad captandam eo magis à Quiritibus intercessionem & gratiam. Vid Henric. Salmuth, ad Panciroll. lib. 1. deperd. c, fibula pag. 374. & 375. Alex. ab Alexand. lib. 3. Gen. Dier. c. 5. pag. 297. ibique Tiraquellum, in annotat. lit. G. XXXII. Die Supplicanten so etwas von jemand ausbitten wolten / liessen gleichfals die Hare und Bärte lang wachsen / und erschienen in erbärmlicher Gestalt / damit sie um soviel mehr dem Patron und Geber zum Mitleiden bewegen möchten. Jacob Thomas. saepedict. Disp. de Barba, cap. 1. Lemm. 5. n. [1105] 39. Sic Alexandrinorum Legatos testatur Livius, Decad. 5. lib. 4. c. 49. sordida veste, capillo barbaque promissis, nec non ramis oleae ingreslos fuisse Curiam Romanam, ibique procumbentes lacrymis opem exorasse. Tali quoque habitu Catinenses aliquando Lacedaemonios adversus Syracusanos implorasse feruntur. Justin. lib. 4. c. 4. XXXIII. Etliche / wenn sie von andern grossen Schaden erlitten / schwuren oder gelobten / nicht eher ihren Bart bescheren zulassen / biß sie sich revanchiret und gerochen / und dieses ward genant Barba Votiva. Welches vor diesen die Catti, item die Saxen / als sie einsmahls von dem Schwaben sehr geputzet waren / daß ihrer nur 6000. aus der Schlacht entronnen / gethan / welche Letztere die Scharte tapffer wieder aus gewetzet. Paul. Diacon. lib. 3. de gest. Longob. c. 7. Probè siquidem intelligebant Veteres, hominum animos non magis ad vindictam posse concitari, quam si nonnullas expertae calamitatis notulas quotidie ante oculos cernerent. XXXIV. Königs Nini in Assyrien Wittibé / Semiramis, welche viele tapffere Thaten gethan / als dieselbe einsmahls ihre Hare strehlen liesse / und solche jetzo wieder aufbinden wolte / aber Zeitung bekahm / daß die Babylonier von ihr abgefallen / liesse sie die Helfte des Haars also ungebunden fliegen / und zog alsobald wieder die abtrünnige zu Feld / band auch die Hare nicht auf biß sie die Stadt gewonnen / und das Volck wiederum zum Gehorsam gebracht. Daher ihr auch in der Stadt Babylon ein Marmorsteinern Bild / in solchen Habit und Manier / wie sie zur Rache geeilet / zu Ehren aufgerichtet worden. Valer. Maxim. lib. 9. c. 3. Diod. Sicul. lib. 3. XXXV. Die Galli hatten vor alters den Gebrauch / wenn sie eienen alten / erbarn und ansehnlichen Mann sonderbare Ehre anthun / und als einen Vater veneriren wolten / daß sie demselbe̅ den Bart strichen oder anrührten. Panciroll. lib. 1. Deperd. cap. de fibula pag. 383. Welche Gewohnheit M. Papyrius, der Römische Rathsher / nich wuste. Den̅ als die Stadt Rom von den Gallis eingenommen worden / kahm einer von denselben zu ihm / und als er seinen schönen langen Bart ansahe / strich er ihn denselben hin mit der Hand / welches Papyrius vor eine Beschimpffung aufnahm / und den Gallum deßhalber mit einen Stecken schlug / drüber er nebst vielen andern Raths-Personen nieder gemacht wurde. Vid. Livius, lib. 5. c. 41. Steph. Forcatul. lib. 2. de Gallor. Imp. & Philosoph.
|| [1106]
XXXVI. Thomas Morus, Cantzlar in Engelland / als es eben andem war / daß er sein
Haupt auf den Block legen / und geköft werden solte / antwortete dem
Scharffrichter / da selbiger nach Gewohnheit um Verzeihung bath / er wolte es
ihm gerne verzeihen / aber mit diesem Bedinge / daß???er sich hütete / ihm den
Bart nicht mit hinweg zuschneiden. Welchen Schertz ihm etliche / bey sothanen
Zustand / da er nunmehr an der Ewigkeit Schwelle gestanden / übel außlegten /
weil es heisset: Schaffet daß ihr silig werdet mit Furcht und Zittern / Phil. 2.
Erasm Francisc. p. 1. Trauer-Spiegels.
XXXVII. Zu Lübec hielt sich ein feiner ehrlicher Mann vor diesen auf / der hatte
einen grossen langen grünen Bart / welcher also von sich selber war aus dem Kinn
gewachsen weil er ein Pfannen-Schmied gewesen: Aber wenn es das machen solte /
müsten alle Kupffer-Schmiede grüne Bärte haben. M. Joh. Co̅ler,
part. 1. lib. 6. c. 33. Oeconom. Add. Tom. 4. Ephemerid. Nat. Cur. Obs 155. Item
Autorem der Monat: Unterredungen / Mens. Jun. 1689. p. 625 allwo mehr Exempel
zufinden.
XXXVIII. Die gestutzte Bärthe sollen An. 1566. an des Ertz-Bischoffs von
Magdeburg Hoff zu Halla in Sachsen auf kommen seyn / wie Michael Pabst in seinem
Kunst- und Artzney-Buch anführet.
XXXIX. Es haben aber nich allein Männer grosse Bärte gehabt / sondern man hat
auch wohl dergleichen zuweilen bey Weibes-Personen angetroffen. Also schreibet
Danaeus, c. 97. de Haeresibus, daß der Georgianer Weiber / so in Meden und
Persien / und an den Caspischen Meer wohnen / Bärthe wie die Männer haben.
Imgleichen erzehlet Tobias Magirus, in Polymnem. fol. 148. daß er Anno 1605. in
Siebenbürgen eine Jungfer mit einen solchen grossen Barth gesehen. Zacutus, lib.
3. Pract. observ. 91. saget gar / daß ihm ein Mädgen von 3. Jahren vorkommen /
so gantz rauch auf dem Leibe gewesen / mit einen langen Barth. Mehr Exempel kan
man bey dem Caspar Schotto, lib. 3. Phys. Curios. c. 32. pag. 482. & 483
finden / allwo er zugleich mit anführet / daß die heilige Liberata, welche sonst
Wilgefortis genennet wird / und in den Märter-Büchern auf den 20. Julii
eingeschrieben stehet / eines Heidnischen Königs in Lusitania Tochter / sie aber
eine Christin gewesen / von ihren leiblichen Vater / wegen ihrer ausbündigen
Schönheit zur Ehe begehret worden / sie aber GOtt flehentlich angeruffen / daß
er doch an ihr alle dasjenige ändern und weg nehmen möchte / was ihren Vater /
sie zu lieben / anreitzen möchte / da es denn geschehen / daß sie einen
heßlichen und garstigen / langen [1109] Barth bekommen /
wodurch der Vater abgeschreckt / ihrer müßig gegangen / und von ihr abgelassen.
Fast eben dergleichen wird auch von der Jungfer Ehra gesaget / deren Bildnis man
noch heute zu Tage in den Thum zu Braunschweig zeiget.
XL. A. Torquemada, en la premiere journée de son Hexameron, schreibet / daß er zu
Prato, einer Stadt in Welschland / so etwan dritthalb Meihlen von Florentz
gelegen / ein neu-gebohrnes Kind gesehen / dessen Angesicht bedecket wahr mit
einem dichten Barthe einem grossen halben Schuhe lang / sehr weiß / zart und
weich / wie Flachts. Als es nun 2. Monat alt worden / fieng der Barth an
auszufallen / nicht anders / als wenn das Angesichte durch eine Kranckheit wäre
kahl gemacht worden. Füget anbey noch weiter an / daß er eine Person gekennet /
welche gantz Spanien durchzogen / und seinen Sohn üms Geld gezeiget / welches
ein Knabe von 10. à 11. Jahren gewsen / der so viel lange / dicke und krause
Haar hatte / daß man von ihm nichts sahe / als den Mund und die Augen / Zu
Zeiten Constantini Magni, Anno 308. wurde zu Antiochia ein Kind mit einem langen
Barthe gebohren / worauf Aenderung im Regiment / und einheimische Kriege
erfolget.
XLI. Anno 1542. hat man im Elsas eine Wein-Traube mit einen rothen Barth gefunden
/ so auch groß Unglück bedeutet. So findet man auch bey dem Herodoto. lib. 8.
daß / so ofte denen Amphictyoniern etwas Wiederwärtiges begegnen solte / der
Minervae Priesterin ein grosser Barth wuchs.
XLII. Sonsten ist keln Wunderwerck / wenn man ein alt Weib siehet / die viel Hare
üms Maul hat / welches natürlich zugehet. Menses enim tunc temporis in iis
solent subsistere, ac proinde ex viliori illo sangvine, qui per menstrualem
fluxum debet separari, crines in facie oriuntur. Hippocrat. lib. 6. Popular.
fect. 8. sub. fin. Add. Aristot. lib. 3. Hist. Animal. c. 2. Welches auch einige
von den Jungfern judiciren / deren theils / sonderlich die schwartzhärigte /
viel Hare üm den Mund habe. Kyperus, Med. univ. c. 6. Allein Dn. Tobias Vogel /
Gräfl. Reuß-Plauischer Leib- und Hoff-Medicus zu Grätz / in seinem Anno 1690.
Heraus gegebenen Curiösen Haut-Diener / c. 4. art. 2. pag. 109. & 110.
setzet eine andere Ursache / die man aufschlagen und lesen kan.
XLIII. Aber theils Weiber haben aus Boßheit und Leichtfertigkeit / durch
tägliches Bescheren ihrer Mäuler und Kinne / Bärthe zuwege gebracht / [1110] welche M. Jacob. Thomasius, in mehr-gedachter
Disputation de Barba cap. 1. lemmat. 6. n. 47. unter die Monstra non Physica,
sed Ethica rechnet / id enim egerunt, ut sub ementito virilis oris honore
fallerent. Drum sagen auch die Spanier: Hombre roxo, y hembra barbada, de lexos
los saluda. Das ist / einen Roth-Har und bärtiges Weib grüsse von ferne / oder
wie es die Frantzosen erklären / auf vier Meil-Weges weit / und auf den Nothfall
mit vier Steinen in der Hand. Zeiler, Epist. 7. pag. 18. edit. in fol. Mit
welchem auch die Italiäner überein stimmen. Vid. Hadrian. Jun. de Coma. cap. 2.
XLIV. Die Römer ehreten / als eine Göttin / die Fortunam Barbatam, ut cultorum
malas speciosius vestiret, à quibus autem sperneretur, glabros redderet.
Augestin. lib. 6. de Civit. Dei. Item die in der Insel Cypro die Venerem
barbatam, in gestalt eines Mannes mit Meiber-Kleidern angethan / putabant enim
eandem marem ac foeminam esse. Macrob. lib. 3. Saturnal. c. 8.
XLV. Es wahr auch bey den Römern ein Zeichen der Demuth und unterthänigsten
bittens / wenn einer sich mit dem Haupt so tief neigete / daß er mit den Haren
gleichsam die Erde kehrete / wie bey dem Claudiano zusehen / wenn er saget:
- vocisque vacas & supplice crine
verris humum
XLVI. Gleichwie nun aus obigen allen zur gnüge erhellet / wie hoch und viel doch
denen meisten / sonderlich aber denen Orientalischen Völckern an Zieh- und
Erhaltung langer Hare und grosser Bärte gelegen / also ist auch üm so viel
grösser und empfindlicher der Schimpf gewesen / wenn man einen die Hare und den
Barth abgeschnitten und beschoren: Denn I. War es ein Zeichen der Subjection, M.
Jacob. Thonas. saepè dict. disp. de Barba, c. 2. lemmat. 1. n. 59. Und damit bey
denen Lacedämoniern ein Unterscheid unter dem Magistrat und dem gemeinen Pöbel
seyn / dieser auch üm so viel mehr und eher zum Gehorsam / auch in den geringern
Dingen angewehnet werden möchte / haben die Ephori, so bald sie das Regiment
angetreten / befohlen / daß das gemeine Volck das Kinn bescheren / und denen
Gesetzen gebührend nachleben solte / auf daß sie im wiedrigen nicht genöthiget
werden dürfften / das rauche heraus zukehren / und mit der Schärffe wieder ein
und den andern zuverfahren. Plutarch. in Agide, & in lib. de Sera
Numinis vindicta. Hadrianus Junius, de Coma, c. 2. Drum auch die Fränckischen
Könige / wie be [1111] reit droben berühret / keinem
ihrer Unterthanen zuliessen / daß sie lange Hare trugen / sondern die Könige und
die Printzen vom Geblüthe behielten sich solches alleine bevor / üm dadurch vor
andern kentlich zuseyn II. Ein Merckmahl der Knechtschafft / sonderlich bey den
Longobardern. Cit. Tho. mas. n. eod. & Coel. Rhodigin. lect. Antiq. pag.
337. Item bey den Griechen. Aristophanes, in Avibus. Die Römer imgleichen ließen
ihren liederlichen Knechten zum Schimpf und Gelächter den Kopf auf der einen
Selten abscheren / auf der andern aber die Hare stehen. Stiessen auch wohl
dieselbe also verstellet in die Ergastula, oder andere Orthe / da sie tapffer
arbeiten musten. Turneb. lib. 24. Advers. c. 9. Lipsius, lib. 11. Elect. c. 15.
III. Ein Kenn-Zeichen der Dedition. Magir. Polymn. f. 354. Drum auch die im
Krieg gefangene Heerführer / wie auch die gemeine Soldaten beschoren / und
zuweilen gar im Triumph / also mitgeführet wurden. Dempster. ad Rosin. p. 1704.
Camerar. Op. Succis. cent. 1. c. 36 pag. 153.
XLVII. Ja welchen man alle Hoffnung dermahleins zum Königreich und zur Krone
zugelangen benehmen wolte / dem beschor man. Joh. Saubert. de Sacrificiis Veter.
c. 10. p. 233. Und das war eben die Ursache / daß die Königin Crotildis ihre
Encke lein lieber ümbringen / als ihnen die Hare abschneiden lassen wolte /
indem sie / als man ihr ein schwerd und Schere vorhielt / und frey stellete /
eins von beyden zuerwehlen / heraus fuhr: Satius mihi est, si ad Regnum non
eriguntur, mortuos eos videre, quam tonsos Camerar. part. 1. Horar. Succis. c.
36: pag. 166. Aimoinus, de Gest. Francor. lib. 2. c. 12. Turonens. lib. 3. c.
18.
XLVIII. Der Griechische Käyser Romanus ist von seinen eigenen Sohn gefangen /
beschoren und in ein Closter gestossen worden. Da nun dieser Stephanus samt
seinen Bruder sich eines gleichen wieder ihren Schwager Käyser Constantinum
unterstanden / kahm dieser ihnen zuvor / ließ sie gleicher gestalt bescheren /
und in verschiedene Clöster thun. Gotefried. in der Hist. Chron. pag. 478.
Isabella, Königs Eduardi II. in Engeland Gemahlin / war ihren Herrn ungetreu /
ließ ihn auch gar in ein Gefängnis verffen / und zu mehrer Beschimpffung den
Kopf und Barth bescheren / daß wenn er hin u. wieder geschleppet / desto
verächtlicher von den Unterthanen gehalten werden möchte. Setzte hernach ihren
Sohn Eduardum III. auf den Thron / und ließ obgedachten ihren Gemahl heimlich
erwürgen. Author des neugeharnischten Engelandes / pag. 489.
|| [1112]
XLIX. Hingegen findet man / daß als Anno 1041. das Königreich Polen ins siebende
Jahr keinen König gehabt / und im mittelst viel von den Nachbarn / sonderlich
von Bretislao dem Hertzog in Böhmen erlitten / der Polen weit und breit
ausgeplündert und verwüstet hat. Da ihnen nun das Wasser / so zureden / ins Maul
gieng / beschlossen sie / Casimirum, BoIeslai ihres Königs Sohn / der mit der
Mutter in Teutschland entwichen wahr / anheim zum Reich zuerfodern. Sie funden
zwar die Mutter zu Braunschweig / aber der Sohn wahr zu Cluniaco in Franckreich
ein Mönch worden / und hatte schon die Weihe eines Diaconi angenommen. Die Polen
hätten ihn gern aus dem Closter gehabt / so wolte ihn der Pabst nicht folgen
lassen. Letztlich musten die Polen verheissen / sie und ihrer gantze Nation
wolten und solten das Haar nicht unter die Ohren wachsen lassen / zum Zeugniß /
daß sie einmahl einen beschornen Münch zu ihren König gehabt / darnach daß sie
von einem ieglichen Haupt im gantzen Königreich Jährlich einen Pfennig nach Rom
schicken / und zum dritten ein ewig Licht in St. Peters Kirche daselbst halten
wolten. Also bekahmen sie ihren König Casimirum, der 18. Jahr in Polen regierete
/ und allezeit Casimirus der Münch genennet wurde.
L. Insonderheit aber ward das Abscheren des Barts und Abschneidung der Hare vor
eine harte Straffe und grosse Beschimpffung gehalten. Gestalt denn vor Alters
sonderlich bey den Griechen man demjenigen / der ein st upru̅
begangen / den Bart mit einen Beil abgehauen / und hernach / als anrüchtig und
Ehrloß zum Lande hinausgewiesen. Camerar. d. Cent. 1. c. 36. p. 166. &
Cent. 2. c. 40. pag. 171. Speidel, Spec. Jur. v. Bart pag. 111. Die Longobarder
liessen den Dieben / wenn sie unter fünf Soliden gestohlen / die Hare
abschneiden und mit Ruthen hauen. AIvarottus in §. fi quis quinque, de pace
tenenda in U sib. Feud. Gandin. in tr. de Malef. c. de. poenis n. 56.
LI. Ingleichen ließ man die / so die Königl. Mandata u. Befehle spötlich hielten
und verachteten / nackend ausziehen / peitschen und die Haupt-Hare abschneiden.
L. 1. si quis liter. nostr. de spexerit. Oder wenn ein Knecht drohete / Feuer
einzulegen / oder was abzubrennen / muste ihn sein Herr ausliefern / daß er
geprügelt und geschlagen wurde. L. ultim. de damno in via dato. Die Griechen
straften solcher Gestalt die Todschläger. Cit. Camerar. lib. 1. Medit cent. 2.
cap. 40.
LII. Item die Indianer diejenige / so etwas grosses verbrochen / zum Zeichen [1113] der höchsten Beschimpffung. Stobaeus, Collect. Serm.
42. Isidor. Etymolog. lib. 1. Alex. ab Alex. lib. 3. Gen. dier. p. 294. Zeiler.
Epist. 16. pag, 18. Sonderlich wird in Sina das Haar abschneiden so hoch
aestimiret / als wenn man bey uns einen zum Schelm machet / Nasen und Ohren
abschneidet. Erasm. Francisc. in Sitten-Spiegel / lib. 3. c. 2. pag. 1157. Die
Candioten und Cretenser aestimirten es gleichfals vor eine grosse Straffe / wenn
man einen den Bart abschnitte. Thevetus, in Cosmograph. 4.
LIII. Und ist bekant das Exempel des Königes Hamnon, der Kinder Ammon / welcher
des Davids Legaten / unterm Vorwand / als wenn sie Kundschaffer wären / die
Bärte halb bescheren / und die Kleider halb abschneiden ließ biß auf den Gürtel
/ weßhalber König David solche Afronte und Beschimffung mit einen blutigen
Kriege rechete. 2. Samuel. c. 10. v. 4. Mit diesen kömmet fast überein / was des
Käysers Henrici des Voglers Abgefanten von den Feinden / so auf der Hartzburg /
nicht weit von Goßlar / sich aufhielten / wiederfahren denn als dieselbe von
solchen mit Ruthen übel gestrichen / und ihnen die Hare abgeschnitten worden /
hat der Käyser solche violatores pacis & Legatorum grausam abgestraffet
/ und die Burg zu Grund zerstöret. Reiner. Reinec. lib. 2. c. 37. Chron.
Slavorum.
LIV. Die alten Teutschen / [wie Cornelius Tacitus, de moribus Germanorum
schreibet] haben denen überführten Ehebrecherinnen ebenmüßig die Hare abscheren
/ und die Röcke unten abschneiden / und also mit grosser Schande / Hohn und Spot
durch Städte und Dörffer führen / und andern Weibern zum Exempel zeigen lassen.
Add. Besold. in Thes. Pract. pag. 783. Speidel. in Specl. Jur. v. Barth.
Harmenopulus. lib. 6. tit. 2. §. 20. & 25.
LV. Hieher gehöret auch / was Guilielmus Paradinus, in Chronico
Gallico-Sabaudriael. 2. c. 155. von einen jungen Cavallier anführet / so sich an
des Graffen stantinopel Tochter geschwängert / und deßhalber auf ihres Vaters
hartes Anklagen und Begehren ihm / zur Straffe / die ersten Bart-Hare durch
eine̅ Barbirer abgeschnitten worden. Welches dem Graffen /
weil der Vater ein mehrers nicht verlanget / lächerlich vorkommen / auch weil
der Cavallier ihm lieb / die Straffe vor dießmahl nicht schärffer exequiren
mögen: Jedoch die ernste Verwahrung darbey thun lassen / daß wenn derselbe /
oder ein ander seiner Diener dergleichen That wieder begehen und verüben würden
/ sie [1114] nicht nach dem gelinden Griechischen / sondern
strengen Sabaudischen Gebrauch und Rechten diß fals angesehen werden solten.
Camerar. p 1. Hor. succis. c. 40. p. 171. Und Käyser Leo setzet in der XXXV.
Novella, daß der / so in Crimine Raptus Hand mit angeleget und geholffen / cute
tenus Tondiret werden solle. Ingleichen gebeuth Käyser Carolus Magnus, in seiner
Constitution wider die Conspiranten und heimliche Aufwiegler des Volcks / daß
einer den andern zur Straffe solle pelischen / und die Nase abschneiden / da
aber dadurch noch kein würckliche Aufruhr oder Schaden entstanden und geschehen
wäre / solten sie sich untereinander nur die Hare abscheren. Capitular. lib. 3.
c. 9. de conspirat. lib. 5. c. 21. lib. 6. c. 276. Add Bart Schobingerum, in
addit. ad Jaoch. Vadiani lib. 1. de Monast. & Colleg. Germ. pag. 139.
tom. 3.
LVI. Daß auch bey den Sachsen solche Straffe in Gebrauch gewesen / siehet man in
den Sachsenp-Spiegel / lib. 2. art. 13. woselbst dies Worte zu finden: Si quis
in villa interdiu furtum, quod tamen tres solidos non excedit, commiserit co
ipso die puniri potest in cute & crinibus: vel, ut articul. 28.
loquirur, ejus crines & cutis tormentis subjiciantur, h. e. virgis
caesus tondeatur, Salmuth. ad Panciroll. c. de sibula pag. 387. Item, Scultetus
ipso die percutis & crinium extripationens judicabit, dict, art. 15. in
princ. Welches denen Longobardern in damnatos forcipe [oder vielmehr forfice]
& scopis animadvertere hieß. Saubert, de Sacrif. Veter. cap. 10. pag.
233
LVII. Manschnitte auch wohl denen zum Tod verdammeten / ehe sie geköffet oder
gehengt wurden / die Hare ab. Nicolaus Damascenus, & Harmenopulus lib.
6. tit. 9. §. 18.
LVIII. Da die Graffen von Egmont und Horn zu Brüssel enthauptet wurden / verboth
man den Scharffrichter ausdrücklich / ihren Leib mit keinen Finger anzurühren /
wie wohl der Herzog von Momoranci bey seiner Hinrichtung solche Eitelkeinten
verachtet hat. Und als er einen redlichen Menschen zu diesen Trauer-Dienst haben
können / dennoch freywillig dem Hencker die Schere / womit man ihnen die
Harekürtzen solte / überreicht / sprechend: Daß thue du / es ist dein Ambt!
Erasm. Francisci, im Hohen Trauer-Saal / c. 12.
LIX. Ferner schreibet Menoch. l. 2. de Arbitrar. Jud. Quaest. Cent. 4. cas. 392.
n. 32. das Baldus, in L. Reos C. de accusat. n. 6. gelehret / der Bart sey ein
Glied an ei [115] nem Manne / und das deß wegen einer
/ so einem den Bart aus Beschimpffung abschneidet / eben der Straffe würdig /
damit der / so einem andern ein Glied abnimt / pfleget beleget zu werden. Sed
cum homo etiam sine barba nascatur, illam non magis ac dentes pro membro
corporis reputandam esse puto, arg. l. 11 ff. de AEdilit, Edict. Rectius ergo
Bertachinus, in repertor. Juris v. Barba v. membrum, scribit: Barbam, quatenus
sumatur pro pilis, non esse membrum, quatenus autem sumatur pro mento, esse
omninò formale membrnm.
LX. Dannenhero auch nicht ohne Ursache wider solche Haar- und Barth-Stürmer / als
violatores pacis & tranquilitatis publicae gewisse Constitutiones und
Straf-Befehle ausgangen: Gestalt man denn in Legibus Alemannorum [quae
temporibus Clotarii Regis sancitae sunt] auch folgendes findet: Si quis alicui
contra legem totonderit caput liberum non volenti, cum XII. solidis componat. Si
autem barbam alterius totonderit nolentis, cum sex solidis componat. Imgleichen
in Constitutione Friderici de pace tenenda & ejus violatoribus: Si quis
aliquem ceperit, & absg??? sanguinis effusione fustibus percusserit, vel
crines ejus aut barbam expilaverit, X. libras ei, cui injuria illata esse
videtur per compositionem impendat, & judici viginti libras persolvat.
In Lege Salica ist auch eine gewisse Straffe denenjenigen gesetzet / welche
Knaben und Mädgen die Hare abgeschnitten. Camerar. p. 1. Horar. succis. c. 36.
pag. 166. Und im Lehn-Recht wird es vor eine weit grössere Injurie und
Beschimpffung gehalten / wenn man einen die Hare oder den Bart ausrauft / als
wenn man ihn mit der Faust oder Hand schläget. Zeiler. Epist. 7. pag. 18. Ja gar
ins Gesichte speiet / drum auch die Alten Sprüchwortsweise sagten: Einen
Bartgreiffer gehöret eine Maulschelle. Timoth. Polus, in lustigen Schau-Platz
allerley Personen Aemter und Stände sc. pag. 49.
LXI. Weßhalber Aristoteles und andere Philosophi eben nicht so unweißlich
judiciret / daß der Bart von Natur dem Mann zur Zierde / und Erweckung mehrer
anthoriät und Ansehen mitgetheilet worden. Barba enim si justâ proportione
nutriatur, insignem homini gratiam ac pulchritudinem conciliat. E contra ubi
debitum modum excedit, horrendam formidinem ac deformitatem affert. Dn.
Thomasius, de Barba c. 1. lem. 4. n. 22.
|| [1116]
LXII. Hingegen findet man weiter / Dag theils Völcker als die Araber, Abantes,
Mysii, Curetes, AEtoli und Lacae domonier vorn an der Stirn selber die Hare
weggeschnitten / aber am Hintertheil des Kopfs solche stehen lassen / damit im
Krieg die Feinde sie nicht darbey halten / und caput machen könten / oder aber
daß sie um soviel getroster dem Feind den Kopf biethen / und an kein Ausreissen
gedencken möchten / weil sont in fliechen man sie hinten bey den Haren erhaschen
/ gefangen nehmen / oder desto eher massacriren könte.
LXIII. Von Alexandro Magno schreibet man / daß / wenn er eine Schlacht mit seinen
Feinden thun wollen / er seinen Soldaten erst die Bärte abscheren lassen / damit
man sie darbey nicht erhaschen und erlegen könte. Denn also schreibet
plutarchus, Apophth. Reg. von ihm / omnibus ad pugnam paratis cum interrogarent
Duces: Ecquid praeterea mandaret: Nihil inquit, quam ut menta Macedonum
radantur. Cumque miraretur Parmenio, an, ait, ignoras, in pugna nullibi facilius
virum, quam barba apprehendi. Alex. ab Alex. lib. 2. Gen Dier. c. 7. Allein
etliche halten davor / daß solches nicht erfolget / auch in so kurtzer Zeit an
so vielen Soldaten nicht hätte geschehen können / weil es an Barbieren würde
gemangelt baben / sondern vermeinen / Alexander Magnus habe es nur schetzweise
geredet / nemlich er hätte nichts weiters zubefehlen / es wäre denn Sache / daß
die Generals-Personen vor nöthig erachteten / daß man denen Soldaten erst die
Bärte abscheren liesse / damit solche keine Hinderung brächten / oder gar
veruhrsachten / daß sie in der Feinde Hände Kämen. Doch ist dessen Armee
einsmahls der langen Hare wegen in grosse Gefahr gerathen: Denn des Darii
Soldaten / wie sie den Macedoniern mit Waffen nicht anhaben konten / ergriffen
sie solche bey ihren langen Har-zöffen / warffen si zu Boden und erstachen
viele. Drauf ließ Alexander sein Volck zurück ziehen / und ihnen Hare
abschneiden / führete sie drauf wieder an den Feind / da derselbe geschlagen
wurd. Ambros. lib. 6. Hexam. ex Plutarcho.
LXIV. Und gleichwie einige Völcker / als droben gemeldet / zur Zeit ihrer Trauer
und Leid wesens / ihre Hare und Bärte lang wachsen liessen; Also im Gegentheil
schnitten andere solche bey dergleichen Fällen ab / welchs sonderlich die
Cgyptier und Griechen gethan. Herod. lib. 6. §. 4. Also raufie des Königs Darii
Mutter ihr die Hare aus / da sie hörete / daß Alexander Magnus gestorben war. Q.
Curtius, de reb. Alexand. lib. 10. Die Milesii schoren ihre [1117] Hare ab als die Stadt Sibaris von den Crotoniatis war zerstreuet
worden. Alex. ab. Alex. lib. 2. 1. pag. 290. Und da die Argivi von
Lacaedemoniern geschlagen worden / schoren sie ihnen die Hare ab / die
Lacedemonier aber liessen ihnen die Hare wachsen / und machten ein Gesetz / daß
wegen dieses Sieges ein jeder solte Har tragen / da es zuvor Brauch gewesen /
daß sie sich glat beschoren. Herod. lib. 1. §. 15.
LXV. Eh schwuren auch wohl einige gar / daß sie weder Hare noch Bart wachsen
lassen wolten / biß sie sich an ihren Feinden gerochen hätten / wie sonderlich
bey denen Sarracenen gebräuchlich gewesen. Camerar. part. I. Hor. Succis. cap.
16. p. 154.
LXVI. Wenn denen Egyptiern iemand / ja auch wohl nur ein Hund / starb / ließ der
Haußwirth / zum Zeichen der Trauer / sich und seinen gantzen Hauß-Gesinde / die
Hare / den Barth und Augenbrannen abscheren. e Diod. Sicul. & Herod.
lib. 2. Kirchmann. de Funerib. Rom. Ja es wurden auch wohl denen Pferden und dem
andern Vieh / bey grosser Trauer / die Mähnen und Hare beschnitten. Plutarch. in
vita Pelop. Herod. lib. 9. Mancher schnitte ihm selber die Hare ab / warf sie
mit kläglichen Heulen und Weinen dem Verstorbenen / zu Bezeigung seines letzten
Ehren- und Liebes-Dienste / ins Grab / oder legte sie dem Todten auf die Brust.
Natal. Comes. Mythol. lib. 1. c. 13. Statius, lib. 6. Theb.
--- Tergoque & pectore fusam
Caesariem ferro minuit, fectisque jacentis
Obnubuit tenera ora comis.
Add. Euripid. in Iphig. Taur.
Oder warf sie auf den Scheiterhauffen. Hinc Ovid. lib. 3. Fast.
Pellitur Anna domo, lacrymansque sororia linquit
Moenia, Germanae justa dat ante suae:
Mixta bibunt molles lacrymis ungventa favillae,
Vertice libatas accipiuntque comas.
Man hieng auch wohl solche Haare neben der Grabstädte auf / wie man heutiges
Tages die Kräntze / Kronen und Kreutze anzuhefften pfleget / welches nocht bey
denen Serv???anern üblich seyn soll. Busbeq. in Epist. Turcic. Epist. 1. pag.
34.
|| [1118]
LXVII. Theils geben auch vor / man habe denen Verstorbenen / sobald die Seele
ausgefahren / die Hare abgeschnitten. Saubert. de Sacrif. Veterum, cap. 10. p.
229. und solche vor die Hauß-Thüre aufgehenckt / welches Letztere aber nicht
allerdings geglaubet wird. Sonst ist doch wahr / daß die Heiden davor gehalten /
die höllische Göttin Proserpina schnitte allen Sterbenden die Hare ab / und
weihete damit gleichsam die Hölle ein. Wodurch der Locus bey dem Horatio, lib.
1. Oda 28. Nullum saeva caput Proserpina fugit ausgeleget wird.
LXVIII. Ja man flochte auch wohl denen gebährenden Weibern die Hare auf / die
Kinder desto eher zur Welt zubringen. Ovid. lib. 3. Fastor. vers. 257.
Si qua tamen gravida est, resoluto crine precetur.
LXIX. Einige schnitten auch ihre Hare ab / wenn sie / in grosse Gefahr kahmen.
Nic. Rigaltius, in not. ad Artemidori Oniroct. Wie Käyser Macrinus, welcher
nachdem er von Avito, so nachgehends / als er zum Käyserthum gelanget / Atonius
genennet worden / in die Flucht geschlagen / sich gen Antiochiam begab / konte
wegen einheimischer Aufruhr allda nicht bleiben / ließ derowegen Har und Bart
abscheren / verkleidete sich / und flohe durch gantz klein asiam.
LXX. Bey denen Troezeniern schnitten die Bräute / ehe sie Hochzeit hielten /
ihnen die langen Haupt-Hare ab / und opfferten sie ihren Göttern / desto besser
Glück in ihren Ehestand zuhaben. Pausanias, lib. 2. Eben wie die Jungfern zu
Sicyonia, die ihre Hare der Hygeae oder Göttin der Gesundheit und des
Wohlergehens consecrirten. Idem in Corinthiacis. Der Griechen Jünglinge musten
zu Zeiten des Thesei dem Abgott Apollini ihre Haupt- und erste Barth-Hare zu
Delphis aufopffern. Hadrian. Junius, cap. 4. de Coma. Welchem die Römische
Jünglinge / zumahl die von sonderlicher Conduite wahren / nachgefolget / welches
auch Martialis, lib. 1. Epigramm. 32. anführet / in nachfolgenden Versen:
Hos tibi, Phoebe, vovet totos à vertice crines
Enclopus, domini centurionis amor
Cratapudens meriti tulerit cum praemia pili
Quam primum longas, Phoebe, recide comas.
Dum nulla teneri sordens lanugine vultus,
Dumque decent fusae, lactea colla jubae.
Et Svetonius, in Nerone lib. 6. c. 12. ita scribit: Gymnico quod in septis
edebat, [1119] inter Buthy siae apparatum barbam primam
posuit, conditam in auream pyxidem, & pretiosissimis margaritis
adornatam Capitolio consecravit.
LXXI. Andere haben ihre Haupt- und Barth-Hare denen Meeren / Flüssen und Seen
devoviret. Coel. Rhodigin. lib. 7. Antiq. lect. cap. 23. Ajunt ideo fluminibus
dedicatas fuisse capillorum primitias, ut intelligeretur, rerum & ortum
& incrementum cepisse ex aquis. Add. Hadrian. Junius, de Coma. Ibi:
Adolescentes ad consistentem usque aetatem comam nutrire so liti, subsequente
deinde tempore patriis eam fluminibus detonsam consecrabant, tribuentes hunc
honorem aquae, ut alimoniae parenti, vitaeque conservatrici: unde &
[Greek words] Epitheto dicti fuere Poëtis
fluvii. Die Schifleuthe / wenn sie grosse Gefahr im Meer überstanden / hatten im
Gebrauch / daß sie zur Danckbarkeit denen Göttern ihre Hare schenckten. Hinc
Lucilius, in Anthol. Glauco & Nereo & c.
Naufragio sospes Lucilius hosce capillos
Dedico, nil aliud, quod superesset, habens.
Dahero werden die Schifleuthe von Artemidor. lib. 1. Onirocr. c. 23. also
eingeführet:
--- Gaudent vertice raso
Garrula servati narrare pericula nautae.
LXXII. Die Vestalischen Jungfern bey den Römern schnitten ihre Hare ab / wenn sie
in solchen Orden angenommen wurden / hernach aber / wenn sie ihnen wieder
wuchsen / giengen sie immer mit aufgeflochtenen und lang den Rücken herab
hangenden Haaren. Und solche abgeschnittene Hare hiengen sie an einen gewissen
Baum / den sie capillatam vel capillarem arborem, oder auch Lothon nenneten.
Lipsius, de Vest. c. 12. Daher der Gebrauch noch auf den heutigen Tag soll
geblieben seyn / daß man denen Catholischen Nonnen / wenn sie eingekleidet
werden / die Hare abschneidet. Thomas. disp. de Barba c. 2. lem. 5. n. 103
LXXIII. Bey den Heidnischen Priestern wahr es gleichfals üblich / daß sie die
Bärthe abschoren. Herod. in Euterp. c. 36. Sonderlich bey denen Egyptiern / als
Erfindern vieler Ceremonien / welchen andere Völcker nachgefolget. Saubert. de
Sacrif. Veter. d. c. 10. p. 226, Welches aber denen Jüden ausdrücklich verbothen
wahr. Levit. 21. v. 5.
LXXIV. Der alten Teutschen Priester hatten entweder natürliche / oder [1120] durch Kunst also zugerichtete rothe / oder gelbe
Hare / beschoren das Kin / den Knebelbarth aber liessen sie oben stehen / daß er
ihnen übers Maul hieng. Confer. Diod. Sicul. lib. 5. Biblioth. Sveton. in
Caligula. Auson. Idyll 7. Ammian. Marcell. lib. 15. Joh. Strauchium, in Tacit.
de Morib. Germ. dissert. 1. c. 6.
LXXV. Es unterschieden auch die Alten den Bart in fünf Theile / als 1. Theil war
oben an den Backen / und ein Theil der Seiten des Kinnes zur rechten / und
soviel Theil zur lincken / und dann unten die Spitze des Kinnes. Saubert d. loc.
p. 224.
LXXVI. So war ingleichen die Arth und Weise der abnehmung der Hare
unterschiedlich: Denn etliche schoren die Hare von Kopf weg biß auf einen Lock /
den sie oben auf den Kopf stehen liessen. vid. Herod. lib. 4. Die andere Arth
hieß man Hectoream tonsuram, da man vor der Stirn die Hare wegschnitte / hinten
im Nacken aber lang herunter hengen ließ. Julius Pollux. Die dritte Arth wurd
genant Theseja, da man hinten von Kopf die Hare wegnahm. Plutarch. in vita Thes.
LXXVII. Als die Stadt Carthago ums Jahr der Welt 3801. sich an die Römer ergabe /
diese aber ihnen alle Schiffe und Rüstung abnahmen und verbrenneten /
dreyhundert ehrliche Män̅er als Gesseln nach Rom schickten / anbey
dene̅ Carthaginensern auferlegten / daß sie ihre eigene Stadt
verbrennen / und weit von dem Meer eine andere bauen solten / wenn sie anders
beym Leben bleiben wolten / gereuete sie es / daß sie sich in einen accord mit
Verlust der Schiffe / Waffen und ihrer Kinder eingelassen / rüsteten sich
demnach zum Krieg: schlossen ihre Stadt zu / baueten Schiffe / und da es an Hanf
zu den Seilen mangelte / schnitten die Weiber ihre Hare ab / und gaben sie her.
Gotefridi, Hist. Chronic. pag. 231. Dergleichen haben auch der Römer Weiber
gethan / als die Stadt Rom von den Gallis erobert / und das Capitolium belagert
war / deßwegen sie auch nachgehends denen Weibern / zu Ehren der Veneri Calvae,
einen Tempel gebauet / u. sie darin verehret. Lilius Giraldus, Hist. Deor.
Syntagm. 13. Joh. Nevizanus, in sylva nuptiali, lib. 4. n. 19. Item der
Massilienser Eheweiber / quae Marti ad classis instructionem comas suas
conferebant, quia funes deficerent. Maluerunt enim pudicae foeminae deformato ad
tempus capite reparare exarmata navigi, & liberè vivere, quàm venustate
integrâ hostibus cedere, hisque servitum ire. Frontin. lib. 1. Stratagem. c. 7.
Vegetius, de re militari lib. 4. c. 9. Hiobs Weib ob sie schon nicht der besten
Gattung gewesen / hat doch gleichwohl bey vielen Scribenten [1121] den Ruhm / daß sie / solchen ihren Mann in seiner Armuth
zuerhalten / betteln gegangen / und ihre Hare abgeschnitten / welche sie vor
Brod / seinen Hunger zu stillen / ausgetauscht / worüber denn der geduldige
Creutzträger selbst in solches Hertzeleid gerathen / daß er endlich dem Tag
seiner Geburh verfluchet / und ihm den Tod an den Hals gewünschet habe. M.
Stiefler / in Geistl. Hist. Schatz / pag. 1682.
LXXVIII. Sonsten aber ist aus den Geistlichen Rechten bekant / daß ein Weib / so
ihr selber die Hare abschneidet / excommuniciret und in den Bann gethan werde.
Canon ??? 2. Distinct. 30.
LXXIX. Die Zeit und / Gelegenheit mahlet man auch / daß sie vor der Stirn nur
Hare habe / hinten am Kopf aber kahl sey / juxta illud:
Fronte capillata est prosthaec occasio calva!
Die Griechen brauchen folch Wort in genere Masculino, und nennen die Gelegenheit
[Greek words]. Hinc Pythacus Mitzlenus,
unus ille ex septem Graeciae sapientibus, illud usurpabat: [Greek words] h. e. Nosce tempestivitatem, sive
occasionem, quae rerum omnium potissima est; Si semel praeterfugerit, amplius
apprehendi non poterit. Additur proinde occasioni comes metanoea i e
poenitentia. Salmuth. ad Pancirol. c. Fibula, pag. 384. Hinc proverbium, capere
crines, quod idem est, ac inserviendum tempori.
LXXX. Einen in die Hare gerathen / oder einander in Haren liegen / ist so viel
als Zancken. Man hält auch davor / wenn einen von Haren träumet / so bedeute es
Zanck.
LXXXI. Bey den Türcken kan noch heut zu Tage ein großbärtiger Zeuge die Sache
gewiß machen / wer bey ihnen vor Gericht etwas will gezeuget haben / der muß
sich nach großbärtigen Männern umsehen / will man dem Zeugnis nicht glauben / so
beruft der Zeuge sich auf seinen reputierlichen Bart / streicht denselben ost /
und spricht: Wie? Solte ein ehrlicher Mann / mit einen so erbarn Barte und
Ansehen eine Unwarheit können für bringen? Drum kan auch ein so grosser Bart bey
den Türcken oft in einer Stunde einen halben Thaler oder Gülden verdienen.
Erasm. Francisci, lib. 2. des Ausländischen Sitten-Spiegels / c. 8. p. 405.
LXXXII. Von Prometheo erzehlen die Poeten / daß er gen Himmel geflogen / und
einen dürren Reiß bey der Sonne angezündet / und also das Feuer auf Erden
gebracht / solches habe ein Satyrus oder Waldmann geschen / und [1122] weil ihm die Flamme etwas lieblich zu seyn geschienen / hat er es
küssen wollen / sich aber unvermuthet den Bart versenget. Serv. in 6. AEneid.
LXXXIII. Ja es haben ihnen etliche eingebildet / es stecke was Göttliches in den
Haren. Den̅ Nisus, der König der Megarenser, hielt so viel auf
seine Purpurfarbene Hare / als auf sein Land: Denn es war ihm prophezeiet worden
/ daß er um sein Königreich kommen würde / wenn er ihm die Hare liesse abscheren
/ welches auch geschehen: Denn als Minos, der Cretenser König / den Nisum
bekriegte / schnitte ihm seine Tochter Scylla die Hare ab / und spielete also
dem Minos das gantze Land in die Hände. Ovid lib. 8 Metamorph. Conf. Godfr.
Bering. Dict. Poë. tit. Nisus. Welches fast auf den Schlag kommet / als wie mit
Simsons Haren. Judic. 16. v. 17. 19.
LXXXIV. Als der Römer Marius die Cimbern geschlagen / hat er mit derselben
Weibern / die sich tapffer gewehret / viele Mühe gehabt. Endlich aber wie diese
den kürzern gezogen / haben sie Gesante an Marium geschickt / daß er sie frey
lassen / oder der Göttin Vestae schencken wolte / damit sie bey Ehren blieben.
Da aber Marius ihnen beydes abschlug / machten sie Stricke von ihren Haren /
erwürgten damit ihre Kinder / sie / die Weiber aber / erhenckten sich zum theil
an die Karren und Wagen / so sie zur Wagenburg bey sich hatten / theils aber an
die Bäume / viele erwürgten untereinander sich selbst / damit sie nicht in der
Feinde Gewalt kommen möchten.
LXXXV. Ein Sohn schlepte seinen Vater bey den Haren biß vor die Haußthür / da
schrie der Vater: Höre auf Sohn / so weit habe ich vor diesen meinen Vater auch
geschleppet. Cyane, eine Syracusanische Jungfer schlepte ihren Vater beym Haren
/ und opfferte ihm auf / weil er sie trunckenerweise zu Unehren gebracht.
Krechvviz Sylv. pag. 24.
LXXXVI. Eine karge filzigte Frau in Westphalen muste ihren Geitz mit ihren Haren
und Behengung an einen Baum büsser: Denn als sie vor schrecklichen Geitz des
Nachtes selber ihre Kirschen hüten wolte / und auf einen Baum sasse / der Schlaf
sie aber übereilete / ist sie herunter gefallen / mit den schwebet / hätte auch
wohl eine gute weile hengen müssen wenn nicht ein Hirte sie noch loßgemacht.
Francisc. Schau-Bühne / erster Theil / pag. 131.
LXXXVII. Als Anno 1396. König Sigismundus in Ungarn mit dem Tür [1123] ckischen König Bajazet, den Ersten dieses
Nahmens / eine Schlacht gehalten / drinn bey die 20000. Christen erschlagen /
wurden ihm die Landstände feind / legten die Hände an ihn / worffen ihm ins
Gefängnis / schlugen ihn darzu / und rauftenihm den Bart aus. Gottef. Hist. Ch.
pag. 630. Er kahm aber endlich durch Hülffe eines Weibes aus dem Thurm / drin er
gefangen lag / entran in Mähren / brach ein Krieges-Volck zusammen / führete es
in Ungarn / und bemächtigte sich des Landes. Alsobalden liesse er alle diejenige
/ welche ihn obgedachten Schimpf Schimpf angethan / greiffen / legte sie in
harte Gefängnis / u. musten 32 der vornehmsten Herren und von Adel die Köpffe
hergeben. Idem. d. loco.
LXXXVIII. Käyser Maximilianus hat auf den Reichstag zu Worms An. 1495. Graf
Eberharden von Würtenberg mit den Zunahmen Bart-Mann / zum Hertzogen gemacht /
der doch diese Ehre nicht begehret hatte. Gotefrid. d. Chron. pag. 690.
LXXXIX. Franciscus König in Franckreich hatte einen grossen Kropf am Halse /
welcher ihn sehr verstelte / derwegen ließ er seinen Bart an beyden Seiten herab
wachsen / daß er aussahe wie ein wilder Mann / denn es zur Zeit gar ungewöhnlich
war / lange Bärte zeugen. Hoseman, de Amor. Conjug.
XC. Balduinus, der sechste Graf in Flandern / hat einen artigen Bart gehabt /
drum er auch Balduinus mit den schönen Bart genennet worden. seb. Münster. lib.
2. Cosmograph. c. 77 pag. 177.
XCI. Da Franciscus von Bourbon, ein junger Fürst / wieder die Käyserliche Armee
zu Felde lagen Italien ließ der Marckgraf von Tuast, derselben Feld-Marschall /
dem Hertzog entbiethen / er solte ihm zuvor den Barth lassen wachsen / und
alsdann sich in eine Schlacht mit ihm wagen. Dieser aber ließ ihm antworten: die
Franzosen pflegten mit Degen / und nicht mit Bärthen zufechten / und schlage
offtmahl der Jungen Künheit der Alten Klugheit aus dem Felde / masse auch
hernach geschehen / daß der Hertzog victorisiret. Quirin. Pegens. 8. Kunst-O.
Stiefler / im Historien-Schatz / c. 9. pag. 343.
XCII. Käyser Henricus III. hat denen Raths-Herren zu Zwicke ein Privilegium
ertheilet / daß sie und andere ehrliche Bürger Knebel-Bärte / item Kolben / oder
capillos tonsos tragen möchten. Zeiler, Itin. German. p. 664.
|| [1124]
XCIII. Jener fragte / ob der Barth oder der Mann eher gewest? bekahm zur Antwort:
GOtt hätte ja Ziegen und Böcke am vierdten Tage mit Bärthen / aber allererst am
sechsten Adamen erschaffen. D. Luther, c. 1. Colloq. Mensal.
XCIV. Zwey Professores geriethen mit einender in Discurs, ob auf der Welt mehr
Augen oder Hare anzutreffen? Der erste bekräfftigte / es wären mehr Hare /
sintemahl so wohl Menschen / als Pferde / Camele / Ochsen / Esel / Kälber / Küh
/ Geissen / Hande / Katzen / Bieber / Ottern und unzehlbahre andere Thiere mit
Haren / iedes aber nur 2. Augen hätte. Der andere Doctor hingegen sprach: es
seyen mehr Augen. Wie viel tausend Fische / sagte er / Krebse / Frösche / Kröten
/ Schlangen / Eydexen / Scorpionen / Mücken / Flöhe / Läuse / Wantzen / Schaben
/ Fliegen / Vogel und dergleichen mehr / giebt es / welche Augen / aber keine
Har haben / welcher letzteren Meinung man beystimmete. Quirin. Kuhlman / im 145.
Tugend-Blat.
XCV. Man lieset / daß ein Jude und Christ mit einander ins disputiren gerathen /
wegen Vielheit der Heiligen: Denn jener hoffte ihrer mehr zu beweisen aus den
Alten als Neuen Testament / endlich beschlossen sie / daß bey Benennung seiner
Heiligen jedweder ihm solte ein Haar aus den Barte rauffen lassen / da würde
sichs weisen beim Ende / wer gewonnen habe. Der Jude machte den Anfang / und
sprach: Abraham / zog dem Wiedersacher hiermit zugleich eine Bart-Haar vom Kinn.
Der Christ antwortete: Petrus. Riß den Juden wieder eins aus. Der Jude fuhr
fort: Isaac. Der Christ: Paulus sc. Weil es aber sehr lange werden wolte / ehe
sie die gantze Biebel auf solche Weise durchgingen / riß der Christ aus Ungedult
dem Juden den Bart weg / daß er wie ein alt Weib da stund / und rief S. Ursul
mit Elftausend Jungfrauen. L. M. Faber, Conc. 5. de Zachaeo.
XCVI. Einer hatte eine grosse Nase und kleinen dünnen Bart / davon ward
geurtheilet / weil der Orth / da der Bart wachsen solte / allezeit von der Nasen
beschattet würde / so könte die Sonne nicht reht hin zu kommen / und wehre die
übrige Kälte des Haar-Mangels ursache. Stiefler, in Histor. Schatz / cap. 11.
pag. 261.
XCVII. Wenn die Weiber der Brachmanen, in Indien / sich mit ihren verstorbenen
Mann nicht lebendig verbrennen lassen wollen / so schneidet man ihnen das Haar
ab / und dürfen lebe Tage kein Geschmeide mehr am Leibe tragen: Ja sie werden
verstossen / und von allen Männern verachtet / [1125] gleich
als gemeine Huren. Lindschot part. 2. Orient. Ind. Beschreib. c. 3. 9. pag. 113.
Icon. 9.
XCVIII. Bey den Japanern wird denen Kindern mit einem Zänglein das Haar
ausgerupft / bey den Bürgern nur halb / bey dem Adel aber über das gantze Haupt:
Doch also / daß hinten ein Büschlein hencken bleibet / zum Zeichen ihres
Standes. Erasm. Francisci, in Neu-polirten Geschichts-Kunst- und Sitten Spiegel
/ Lib. 2. disc. 38. pag. 832.
XCIX. Die beyde Potentaten / der Mogul und König in Persien / pfegen bey ihren
Gesandschafften offt einander zu beschimpfen / weil immer eienr höher / als der
andere seyn will. Anno 1666. hat sich begeban / daß der Mogul, des Chorams Sohn
/ eine̅ Legaten an dem König in Persien geschickt / und als
derselbe diesem Könige kein Zeichen der Chrerbietung geben wolte / hat derselbe
befohlen / ihm meit einen Trunck zuzusetzen / und truncken zumachen / hernach
hat er ihm in Schlaff den Bart abschneiden lassen. Nach solchem empfangenen
Schimpf ist der Gesandte unangemeldet zurück gezogen. Als aber der König in
Persien wieder einen abgesandten zum Mogul geschickt / mit vielen Geschencken
die Sache wieder gut zu machen / nemlich etliche schöne Persianische Pferde /
die in Jndien sehr angenehem / samt vielen güldenen Stücken / hat der Mogul
solche Geschencke alle auf den Meidan, oder Groß-Marckt bringen / und in
Gegenwart des Gesandten denen Pferden die Köpfe abhauen / auch die güldene
Stücke und anders Sachen zerhauen und verbrennen lassen / und zu dem Gesandten
gesaget: Er solte seinen König wieder reseriren, was er gesehen / und daß es ihm
üm der Perser Geschencke nicht zu thun wehre / wolte mit seinem Lande auch also
verfahren. Adam Olear. in Add. Jürg. Andresen Oriental. Reise Beschreibung. lib.
1. c. 23. pag. 38. Erasm. Francisci, auswärtiger Sitten-Spiegel p. 901 &
seqq. welcher auch lib. 3. c. 5. p. 134. serner anführet / daß Baxymban, mit den
Zunahmen Tutang, General Feldherr der Tzinesen / als er von dem Tartarischen
Feld-Obristen überwunden sich nicht Tartarisch erklären / noch auch die Haare
abscheren lassen wollen / (indem die Tzineser solches für den höchsen Schimpf
halten) besagter Feld-Obriste ihm dennoch den Bart / daran doch wenig Haar
gewesen / abscheren / hernach die Ohren abschneiden / die Augen ausstechen /
Hände und Füsse / und zu letzt den Kopf / warum er endlich selbst gebethen /
abhauen / die andere Gefangene aber durch Pfeile und Schwerdt alle nieder [1126] machen lassen. Denn dies Tzineser halten
überaus viel auf ihre Haare / drin sie ihre Zierde suchen / sie lassen alle
Morgen das Haar kämmen / oder thun es selbst / Arm und Reich führen sie aufwarts
am Kopffe / und winden selbige auf den Wirbel in einen Knoten.
C. Ob nun wohl / wie vorgedacht / die Mode mit den langen Haaren und grossen
Bärten viele Jahre gewehret / ist doch dieselbe / wie man davor hält / üms Jahr
Christi 1460. bey Regierung Philippi Boni, Hertzogs zu Burgund / guten theils
wieder abkom̅en / und zwar daher / weil / als dieser Hertzog mit
einer harten und langen Kranckheit befallen wahr / ihm die Meidici gerathen /
daß er sein schön lang Haar abnehmen lassen möchte. Als er aber merckte / daß er
wegen solches ungewöhnlichen Dinges von seinen Freunden und andern so ihn
besuchen würden / derb ausgelachet werden dürffte / hat er ein Gebot durch sein
gantzes Land ausgehen lassen / daß alle seine Hoff-Diener / Edel und Unedel ihre
Köpfe bescheren lassen solten / welches so viel gefruchtet / daß auf einen Tag
in Brüssel allein 500. solchem Gebot Folge geleistet / hat es auch durch den
Dienst des Edlen Petri Vasquenbachs [welchen er hierunter gebraucht] in kurtzen
dahin gebracht / daß nicht allein die zu Brüssel / sondern auch in andern
Städten nach gefolge / und dergleichen gethan / so daß endlich alle Edeleuthe
und Diener nicht ohne groß Gelächter des gemeinen Manns mit beschornen Köpfen
einher gangen. Nicht lange hernach haben die Holländer / Frantzosen / und fast
gantz Europa nachgeäffet. Henterus De'phius, lib. 4 de Reb. Burgund.
CI. Wiewohl / wenn man es recht bedencket / dies nicht ohne Ursache / und weil
die lange Haare einen in viele Wege hinderlich / auch in sonderheit bey Curirung
der Wunden und andern Gebrechen des Haupts schädlich sind. Ist auch einem Erbarn
Manne vorwerflich / wenn er als ein Weibes-Bild mehr Zeit zu Schmückung der
Haare / als sonst anderen nötigen und nützliche̅ Dingen verwendet.
Camerar. Hor succis. part. 1. c. 36. p. 169. Und dieses hat wohl inacht genommen
Franciscus 1. König in Franckreich / welcher / damit er von einer Wunde am Kopff
desto besser curiret werden möchte / sich kolben lassen / deme drauff alle
Hof-Leute / und ferner auch alles Volck gefolget / dergestalt / daß man hernach
bey Hofe die lange Hare verlachte / die doch vorhin eine Anzeige der Schönheit /
und des Frantzösischen Adels gewesen / auch ohne das solche die Alten ehrwürdig
/ die Priester ansehnlich / die Soldaten schrecklich / die Jünglinge schön / und
die Mägdelein holdselig machet. Limnaeus de J. P. lib. 1. c. 6. n. 28. Zeil.
cent. 1. Fpist. 16.
|| [1127]
CII. Ja Cranzius lib. 3. Vandal. c. 23. meldet / daß Anno 1481. die Teutsche
Fürsten gar einer dem andern geschrieben / und in den Brieffen Scheeren mit
geschickt / mit Befehl / daß sie und ihre Printzen die lange Haare abschneiden
solten. Die nun nicht gerne dran wolten / denen wurde nachgestellet / daß ihnen
etwan mit Gewalt / oder in Schertz / oder gar wenn sie schlieffen / die lange
Haare abgeschnitten wurden. Allein heut zu Tage findet man keine Liebhaber mehr
solcher Kolben: Denn wenn der Baum keine Blätter und Blüte hat / so ist er
unangenehm / juxta illud Ovid.
Turpe pecus inutilum, turpis sine gramine campus,
Et sine fronde frutex, & sine crine caput.
Also wenn der Mensch seine Haare verlieret / so vergehet auch seine Schönheit /
als die scheinbarste und öffentliche Zierde / dadurch auch das Gehrin bewahret
und bedecket / und solches von Kälte und Hitze nicht so leichtlich beschädiget
wird.
CIII. Und stehen die lange Haare / vornehmlich aber die gelbe [welche / wie auch
die lichtbraunen und rothe eine gute gesunde Leibes-Disposition bedeuten / auch
nicht sobald grau werden] denen Weibes-Bildern wohl an / also daß die Alten
dafür gehalten / wenn eine Jungfer gleich mit schönen Kleidern / Gold /
Edelgesteinen und andern herrlich heraus geputzet / aber das Haar an ihr nicht
schön / sie nicht vor gnungsam gezieret zuachten sey. Ex Apulejo Coelius, lib.
8. c. 10. Daher diejenige / so keine lange Haare hatten / sich frembder
gebrauchten / so man crines supposititios nennete / als heut zu Tage die
Perruquen sind. Zeiler. d. cent. 1. Ep. 16.
CIV. Der Prophet Elisa ward wegen seines kahlen Kopffs von den Knaben zu Bethel
gespottet / doch nicht ohne Entgehung der Straffe. lib. 2. Reg. c. 2. v. 23.
& 24. Agathocles ein Tyran in Sicilien / als ihm die Haare ausfielen /
bedeckte solche Blösse mit einen Myrten-Krantz. AElian Lib. 11. var. hist. C.
Julius Caesar brauchte eben zu dem Ende eine Lorbeeren Krone. Welcher auch in
Gallico Triumpho hören muste / daß die Soldaten überlaut rieffen: Uxores vestras
servate Cives: vobis Moechum adduximus calvum! Käyser Carolus II. wurd wegen
seiner Glatze mit den Beynahmen Calvus, oder der Kahle genennet. Camerar. hor.
succis. part. 2. c. 96. p. 358.
CV. Sonst pflegten bey den Römern die vornehmen Matronen ihre Haare wie einen
Thurm in die Höhe aufzuführen / wie man noch an den alten Ita [1128] liänischen Contrasaiten der Weibes-Bilder siehet / drum
saget dorten Juvenalis, Satyr. 6. v. 503. & seq.
Tot adhuc compagibus altum
AEdificat caput! - - -
i. e.
Sie pufft ihr Haar gar hoch hinauf /
Und setzt sie als ein Thurm darauf.
Vid. Tertullian. de cultu foemin. fol. 515.
Von welchen ohne Zweiffel unser ietziges Frauenzimmer die Moden mit den Fontangen
und Haarstirnen hergenommen.
CVI. Sie hatten auch ihre besondere Haarnadeln / wie davon bey den Joh. Grassero,
in Itin. Histor. Polit. pag. 126. mit mehrern zu lesen.
CVII. Rothe Haare und Bart sind iederzeit vor verdächtig gehalten woden / drum
auch das Sprichwort entstanden: Roth-Bart schelmischer Art /
Item
Per rufam barbam debes congnoscere Naquam.
Doch trifft es nicht allemahl zu. Die Jüden fast insgemein haben voralters rothe
Bärte gehabt / welches / wie Nicolaus Lyra, in seinem Comment. in Exod. lehret /
daher kommen seyn soll / weil Moyses das güldene Kalb zu Pulver verbrennet / und
ins Wasser geworffen / aus welchen sie trincken müssen / und daher rothe Bärte
bekom̅en. Von Achille, und Agamomnone, als rothbärtigen weiß
man nichts unbilliges. So muß man auch dem Käyser Friderico Barbarossae und
Augusto mit höchsten Ruhm nachsagen / daß sie gütig gewesen / und viel gutes
gestifftet. Es gibt heut zu Tage nicht so viele Rothbärte / dennoch aber mehr
als zu viel schwartzbärtige Judas-Brüder / drum es nicht allemahl an den rothen
Bart und Haaren lieget.
CVIII. Absolon, König Davids ungerathener Sohn / hatte solch starck Haar / daß
wenn er sich jährlich dasselbe einmahl abnehmen ließ / dasselbe 200. Seckel
gewogen / blieb hernach / aus Gottes gerechten Gericht / damit an einer Eichen
behangen / und ward mit 3. Spiessen durchstochen. 2. Samuel. c. 18. v. 9.
& 14. So musten dem Nebucadnezar auch / zur Schande / die Haare so groß
als Adlers-Federn wachsen Daniel. 4. v. 30. Simson hatte schöne Haarlocken /
drinn seine Stärcke verborgen / wahr ein Nazareer oder verlobter GOttes von
Mutter Leibe an / daß nie kein Scheermesser auf sein Haupt kommen; wie aber
Delila ihm solche abschnitte / war seine Krafft [1129] dahin
/ und fiel schändlich in seiner Feinde / der Philister / Hände. Jud. c. 16. v.
17. Samuel war gleichfals ein solcher verlobter GOttes 1. Sam. 1. v. 11.
CIX. Plutarchus, in Dione, schreibet / daß der ältere Dionysius in Sicilien
iederman / ja sein eigen Weib und Kinder gefürchtet / drum er auch seine Haare
und Bart nicht mit den Scheermesser abnehmen / sondern durch einen Hafner und
Töpffer / so zu ihm gangen / mit einer Kohlen abbrennen lassen. Zeil. Epist.
824. pag. 608. Edit. in fol.
CX. Es hatte Matthias Corvinus, der vortrefliche König in Ungarn / einen Barbirer
/ welcher / weil ihn sein Herr für andern lieb und reich gemacht hatte / sich
auch gegen den fürnehmsten zu Hofe gar zu gemein machen wolte. Als sich auf eine
Zeit begab / daß der Cardinal von Arragon, so ein Päbstlicher Legat, und
derselben Königin Bruder / in Ungarn ankam / da er von dem Könige eines Abends
mit einem statlichen Panquet und allerley Kurtzweile / so man nach dem Essen
übete / empfangen ward / dabey gedachter Barbierer auch war / schneid er den
Praelaten allen / so auf den Cardinal warteten / heimlich / doch nur zum Possen
/ ihre Röcke ab. Als man aber folgenden Tages / wer das gethan / nicht wissen
konte befragte König Matthias gedachten Barbierer / auf den er einen Verdacht
und Argwohn hatte / ob er es etwan gethan? Welcher mit lachenden Munde es
bekante. Drauff ward ihm alshald aufs Königs geheiß [andern / so mit grossen
Herrn schertzen wollen / zum Exempel] Nasen und Ohren abgeschnitten / damit er
biß in tod zulachen gedrungen wurde / auch wenn er weinete.
CXI. Ein anderer Barbirer / als er einen Fürsten den Bart putzete / und unter die
Kehle kahm / sagte schertzend / daß dadurch manch guter Bissen gegangen wäre /
die Strasse aber bald vermacht werden könte / bekahm aber zum Trinck. Geld / daß
/ als er fertig / er an einen Baum gehenckt wurde. Joh. Werner Gebhard, in
Fürstl. Tisch-Reden lib. 3. c. 12. pag. 210. & 211.
CXII. Anno 1461. wohnete zu Prage ein Bader / nahmens Janda, welcher mit dem
König Georgen öfters Schimpf triebe. Als er nun einsten den König barbirte /
sagte zu ihm: Gnädigster König / wessen ist das Königreich Böhmen? Der König
anwortete: Janda es ist dein! Denn der König und sein Reich stehet in deinen
Händen. Nach verrichteter Sachen sprach der König: Höre Janda, wer ist denn
ietzt König in Böhmen? Er antwortete: Ihre Königliche Majestät sind es. Der
König schlug ihn / daß er zur [1130] Erden sanck / und stieß
ihn mit Füssen / des achten Tages hernach starb Janda. Wenceslaus Hagecius, in
Chron. Bohoem. part. 2. pag. 171. Heinrich Roch / in der neuen Böhmischen
Chronic. pag. 35.
CXIII. Weil in Hispanien und Portugal alles theuer ist / muß einer allda des
Jahrs über funffzehen Ducaten vor den Bart zu putzen geben. Carpzov. Comment. in
leg. Reg. German. c. 8. sect. 9. n. 13. & 14. Richter / de signif.
Adverb. lit. c. pag. 63.
CXIV. D. Faust / ein bekanter grosser Schwartzkünstler / als er seiner bösen
Stücke halber / zu Battoburg am Mose strohm in Verhafft faß / that ihm der
Capellan Johannes Dorstenius viel gutes. Wie nun dieser sich einsten barbiren
lassen wolte / sagte D. Faust / er wolte ihm zum Danck vor die erzeigten
Wohlthaten eine Kunst lehren / daß er ohne Scheermesser des Bartes abkäme / hieß
ihn aus der Apotheken Arsenicum hohlen / und damit den Bart und das Kinn wohl
reiben / sagte aber nichts darzu / daß es zuvor bereitet / und durch gewisse
Zusätze der Gifft gebrochen werden müste. So bald nun Dorstenius dieses
gebrauchte / hat er das Kinn dermassen verderbt / das Haut und Haar nebst den
Fleisch schmertzlich abgangen ist. D. Joh. Wier. lib. 2. de praestig. Daemon. c.
4.
CXV. In den vierdten Tomo der Ephemeridum Naturae Curiosorum, obs. 152. wird
gemeldet / daß so offt einer seinen Bart putzen lassen / sey ihm allemahl das
Gesicht vergangen / je mehr er aber denselben wachsen lassen / je schärffer er
gesehen. Ein ander so offt er die Haare unter den Achseln hinwegnehmen lassen /
habe besser gesehen: hingegen übler / wenn er dieselbe wachsen lassen. Noch
einander hatte grosse Kopf-Schmertzen / da er sich aber ohngefehr die Haare auf
den Nacken abscheren ließ / vergiengen sie. Derowegen er solches allzeit thun
müssen / wolte er anders davon befreyet seyn.
CXVI. Barba densa & copiosa in loco tamen debito sita [nisi color ejus
extraneus] bonam complexionem ex natura Jovis aut Veneris declarat: e us verò
raritas, & mala situatio, signum est complexionis siccae, ac naturae
Saturninae, vel Mercurii infortunati. Rufa Barba Martis naturam Cholericam satis
demonstrat.
Francisc. Torreblanca, lib. 1. de Magia, cap. 9. n. 38.
|| [1131]
CAPUT LXII.
Von der DEGRADATION der Malefiz-Personen / ehe und bevor sie hingerichtit werden.
I.
WEnn Vornehmen Geistlichen Personen / Hohen Ministris, Rittern / Dochtoribus oder
auch Krieges Off eirern / durch Urthel und Recht das Leben aberkant worden /
werden sie an etlichen Orten / ehe und bevor man sie dem Nachrichter
überlieffert / degradieret / oder ihres Ehrenstandes entsetzet / angesehen / daß
niemand in seiner Dignität und Würde sterben soll. Ut statuunt Hartmannus
Hartmanni, lib. 2. pract. observ. tit. Miscell. ex Jure civ. obs. 4. n. 8. pag.
400. in fin. & Jacob Penius, de privileg. JGtorum, part. 2. privileg.
44. folg. 59. Quae omnia introducta sunt in venerationem Ecclesiae, Academiae
& militiae, ne tam dici possit, Clericum, Doctorem aut militem, quam â
Clericatu, Doctoratu aut militia ejectum in exilium, aut metallum, aut furcam
abire. L 2. § ingominiae causa ff. de his, qui not antur infamia L. 4. ff. de Re
milit. Georg. Chritoph. Walther, in tr. de statu, juribus & privileg.
Doctorum omnium facultatum c. 24. § 185.
II. P. Ludovicus Engel, in Collegio Juris Canonici Anno 1674. Zu Saltzburg
gedurckt / beschreibet die degradation der Geistlichen Personen / sonderlich bey
den Catho iken / part. 3. lib. 6. tit. 17. n. 12. & seqq. us??? 17.
folgender Gestalt: Degradatio fit cum certa solennitate, quae perscribitur in c.
2. de poenis in 6. ut nimirum prius Sententia degradetionis [quae ibidem
degradatio verbalis dicitur] faratur coram certo Episcoporum numero, scilicet in
degradatione presbyteri coram sex, in degradatione Diaconi vel Subdiaconi coram
tribus c. Felix & seqq. caus. 15. 1. 7. quorum tamen Episcoporum loco,
si commodè haberi non possint, hodie ex trident. session. 13. de reform. c. 4.
conceditur, ut totidem Abbates, vel in istorum etiam defectu, alii Clerici in
dignitate constituti intersint. Quod si Clericus in minoribus constitutus
degradandus sit, hunc degradationem solus Episcopus sine assistentia aliorum
peragere potest. Deinde [1132] post Sententiam Iatam
degradandus Sacris vestitus vestibus in manibus habens librum, vas, vel aliud
instrumentum seu ornamentum ad Ordinem suum spectans, ac si deberet in Officio
publicè celebrare, ad Episcopum adducendus est, cui Episcopus singula ornamenta
& vestimenta singulariter aufert, Incipiendo ab illo ornamento, quod in
ultima ordinatione traditum fuit, & descendendo gradatim usq; ad primam
vestem, quae datur in collatione tonsurae Clericalis: tunc radetur caput illius,
ne Clericatus vestigium appareat, addenda quoq; in detractione insignium
Clericalium sunt certa verba, ablationem Clericatus fignificantia, quae in
Rituali habentur, & ultimo loco hoc vel simisi modo dicendum ab
Episcopo: AUTHORIT ATE DEI OMNIPOTENTIS AC NOSTRA TIBI AUFERIMUS HABITUM CLERIC
ALEM. DEPONIMUS, DEGRADAMUS ET EXUIMUS OMNI ORDINE, BENEFICIO ET PRIVILE GIO
CLERICALI &c. Porrò degradatio Actualis refertur inter Actus Ordinis
Episcopalis, & ideo fieri non potest, nisi ab Episcopo consecrato.
Glossa communiter recepta in c. transmissam 15. Verbo de talibus, de Electione
Trid. d. c 4. ibi in c. non potest de Sentent. & re judicat. Nihil tamen
obstat, quin prolatio Sententiae degradationis per speciale mandatum committi
possit Vicario, & executio sive actualis degratio alteri Episcopo
consecrato, si proprius Episcopus impediatur, vel consecratus non sit. Post
degradationem reus degradatus traditur Judici Seculari, qui in actu
degradationis praesens esse debete: pro eo tamen Ecclesia intercedit, ne mortem
patiatur c. novimus de Verbor, signif. Licet verò in eod. c. dicatur, Ecclesiam
debere efficaciter intercedere pro vita degradati: hoc tamen verbum Efficaciter
non est intelligendum, quod Episcopus obligetur, ut reum liberet â poena mortis,
aliàs enim ipsae Leges Ecclesiasticae frustra juberent, in enormibus criminibus
degradatum tradi Judici Seculari, secundum / eges civiliter paniendum, sed haec
intercessio efficaciter, id est seriò & ferventer facienda est, ad
ostendendam mansvetudinem Ecclesiasticam ne Episcopus faciens degradationem
videatur mortem degradati desiderare. Numquid autem judex fecularis potest
degradato novum Processum facere, & de justitia causae cognoscere?
Respond. esse distinguendum, an crimen sit merè Ecclesiasticum, ut haeresis.
Simonia, administratio divinorum â non Sacerdote facta &c. vel an sit
mixti Fori, ut homicidium, Magia &c. Priori casu tenetur, judex
Secularis praecisè exequi [1133] Sententiam declaratoriam
judicis Ecclesiastici sine novo processu c. ut inquistionis 18. prohibemus de
haereticis in 6. Altero autem casu poterit juder Secularis ab Ecclesiastico
petere processum, & ipse quoq, novum super crimine facere, &
poenam, prout sibi de jure visum fuerit, statuere. Panorm. in c. 1. de officio
judicis ordinarii. n. 12. Licet verò aliqui existiment, nunquam posse deveniri
ad degradationem nisi in casibus nominatim in jure expressis, nihilominus magis
probo, quod docet Panorm. in c. etsi Clerici 39. & in c. cum non ab
homine. n. 6. de judiciis Clarus lib. 5. Sentent. §. fin. q. 36. n. 47. Quod
etiam in aliis criminibus valdè enormibus & Rei publicae vel Ecclesiae
damnosis, & generaliter, quoties Ecclesia non poenam sufficientem ad
vindicandum scelus & terrorem aliis hominibus inferendum, possit â
judice Ecclesiastico poena degradationis, & traditio Curiae Seculari
statui, ut in Parricidio, veneficio damnoso longius continuato &c. Nam
quod ex causa poena praesertim arbitraria aggravari possit, jam ante praemissum
est. Ordinarie verò propter furtum, homicidium simplex rixâ factum, adulterium,
aut simile delictum grave quidem, sed non ex gravissimis, clericus non
degradatur, nisi fuerit incorrigibilis, sed aliis poenis ac depositione verbali
afficitur. d. c. cum non ab homine. In illis quoq; Criminibus quae poenam
degradationis habent, non semper cogitur Episcopus degradatum tradere Curiae
Seculari, sed potest aliquando ad proprios carceres perpetuò condemnare, si ita,
pro qualitate causae vel personae sibi videatur, secundum Gloss. in c. 1. de
haereticis. in 6.
III. Petrus Gregorius Tholosanus lib. 31. Syntagm. Jur. Univers. cap. 30 n. 8. 9.
& 10. schreibet davon also: Forma & solennitas degradationis est
haec, ut coram Judice Seculari, cui tradendus est degradandus, publicè superior,
qui deponit, tondeat Rei caput [2.] radat vitro vel ferro loca capitis &
manuum, in quibus unctio facta est tempore Ordinationis [3] exuat ei habitum seu
vestimentum clericale, & induat Laicale, & sic judici Laico
concedat puniendum. Qui & huic judicio, quando Crimen hanc poenam mereri
videbitur, interesse debet, ut postea statim puniat. §. si tamen de Criminibus
& §. illud palam ut Cler. apud prop. Episcop. & coll. 6. tit.
11. in Auth. Idcirco reus antea indutus exhibetur vestibus sui ordinis, ut si
Presbyter, Sacerdotalibus cum calice in manu, ac si celebrare vellet. Diaconus
ut Diaconus, item Subdiaconus & Episcopus degradandus quilibet suo
habitu. Et postea ab extremo usq; ad novissimum gradum sit eorum ademtio, ut
presbytero primum adimatur C alix, & deinceps alia ordine retrogrado,
quo ei data sunt. Sic in Episcopali [1134] bus
ornamentis & aliorum ordinibus intelligi par est. can. Episcop. 11. q.
3. cap. 2. de poenis in 6. Coeterum solennitatis quoq; est, ne solus Episcopus
sit, cum haec degratio fit. sed si Abbas Abbatia deponendus, adjungantur alii
vicini Abbates, si negligens, crudelis vel fornicator, cum si quis Abbas 18. q.
2. c. miramur & ibi Gloss. & Doct. de ser. non ordin. In
degradatione Presbyteri Episcopi sex adesse debent, nisi ob haeresin deponatur,
tunc enim unus sufficit, convocatis Abbatibus, Praelatis, religiosis &
literatis Dioeceseos c. 1. de haeret. in 6. Gloss. in d. c. 2. de poenis,
& ibi Gloss. in 6. Si verò agatur de Clericis in minoribus ordinibus
constitutis, unus sufficit Episcopus, cum praesentia sui capituli c. 2. de
poenist & ibi Gloss. in 6. ca. qualiter in 2. de accus. c. 1. de exces.
praelat. can. Episcopus 15. q. 7. c. non potest de Re jud. nisi consvetudo
observata aliud statuat ca. 3. de consvet. Gloss. in d. c. 2. de poenis in 6. Si
de Summo pontifice deponendo, ad concilium Generale recurrendum est in causis,
in quibus deponi potest. ut in ca. si Papa 40. distinct. Videndus &
Petrus de monte tit. de potestate Conciliorum quaestione quando Concilium sit
supra Papam. versic. tribus modis. Causa Episcopi criminalis debet audiri à 12.
Episcopis, & à sex Presbyteris, et à tribus Diaconis cum proprio suo
Episcopo, secundum Concilium 2. Carthaginense & Agathense. c. si quis
timidus. & c. felix 15. q. 7. cognosci etiam nisi in Synodali Consessu à
Summo Pontifice decreto, de reatu Episcopali aliquando non licuit, can. nullus
Episcopus 5. q. 4. Nec duodecim judices, qui decernuntur ad audiendum eundem,
posse causae finem imponere statutum; sed Sententiam summo Pontifici relinquere
& deferre debere, c. duodecim 5. 4. c. accusatus can. discutere 3. 6.
Quamvis ipse Summus Pontifex possit sine Synodo condemnare & absolvere.
á. 6. duodecim. Porro unus Episcopus quidem Sacerdotibus & Ministris
cultus divini honorem dare potest, at adimere solus non potest. c. 1. &
fin. 15. q. Difficilius enim destruuntur Spiritualia, quam construantur: Cum
tamen contrarium in Corporabilibus sit, quae difficilius ae dificantur, quam
destruantur. c. inter corpor ali. de translat, Episc.
IV. Degrationem porrò locum habere in tribus casibus tantum tradit Lucas de Penna
in L. 1. Cod. de privileg. Scholast. lib. 12. In haeretico c. ad abolendam §. 1.
de haeret & c. c. excommunicamus, eod. tit. falsatore literarum Summi
pontificis c. adfalsariorum de Crim. falsi. & in eo, qui insidiatus est
suo Episcopo, vel eum calumniatus est. c. si quis Sacerdotem 11. q. 1. Plura qui
scire cupit de degradatione Clericorum, legat Speculatorem, tit. de accusat. §.
2. vers & nota. Ludo vici Carerii practicam causarum Criminalium, [1135] pag. 240. & 241. Jacob Menoch. de A. 1. ???.
cas. 415. per tot. Prosp. Farinac prax. crim. lib. 1. tit. 3. q. 19. n. 49.
Bertachin. de Episcopa lib. 4. p. 3. Christoph. Crusii, tr. de Indiciis
delictorum, part. 4. cap. 51. per tot. Martin, Del-Rio disq. Magicarum lib. 5.
Sect. 16. pag. 845. & 846.
V. Differunt tamen inter se Degradatio, Remotio & Suspensio ab Officio,
nemde degradatio fit ob grave aliquod delictum, & qui eam patitur, non
solum dignitatibus & honoribus, verum etiam privilegiis &
Ordinibus Sacris exuitur, & seculari potestati puniendus traditur, uti
supra dictum. Depositio autem est perpetua remotio ab administratione Altaris,
& non eximit depositum à potestate Judicis Ecclesiastici, neq; aliis
privilegiis & immunitatibus eum spoliat, sieut degradatio. Suspensio
est, qua Clericus ad tempus suspenditur ab officio. Henr. Petr. Haberkorn /
decis. 137. quaest. 137. pag. 231.
VI. Serenissimus Saxoniae Dux Johann Casimirus, piae memoriae, Superintendentem
Römhildensem M. c. c. loco & officio movit, eo, quod Secreta sacrae
confessionis propalaverat. Georg Mundius vol. 1. cons. 14. n. 108. Adrian.
Beier, de Sigillo confessionis c. 4. §. 11.
VII. Anno 1414. den 6ten Julii ward M. Johann Huß ein Diener des HErrn JEsu der
Kirchen in Prage zu Bethlehem auf dem Concilio zu Costnitz / wieder gegebens
sichere Gleit / als ein Ketzer zum Feuer verdammet. Vor Ubergebung der
weltlichen Obrigkeit satzte man ihm eine von Papier gemachte Crone einer Ehlen
hoch in Form eines Bischoffs-Huts auf / dran grausame Teuffel gemahlet / und
anbey mit grossen Buchstaben geschrieben stunde: HAERESIARCHA, das ist ein
Ertz-Ketzer. Die sieben Bischöffe / welche ihn degradirten / sagten zuihm:
Jetzund übergeben wir diene Seele dem Teuffel in der Höllen! Liessen ihn drauff
zur Richtstatt führen / auf einen Scheiterhauffen setzen / verbrennen / auch ihm
das Haupt ein wenig zerspalten / damit es desto eher zur Aschen würde. Das
Hertze aber / welches sie unter dem Eingeweide noch gantz gefunden / mit
Knütteln blauen / herrnach auf eine spitzige Stange stecken / und wieder ins
Feuer werffen lassen / biß es verbrant war. Die Asche von seinem Leibe haben sie
gantz fleißig aufgerafft / und in den Rhein geschüttet / damit ja kein Stäublein
von diesem Manne übrig bleiben möchte. Henr. Roch in der Neuen Böhmischen
Chronic. pag. 18. Desser Isagog. Histor. p. 3. pag. 596. vers. Gleichergestalt /
juxta Edit. Germ. impr. Lips.
VIII. Zu Jerusalem saß man Gericht in dem Theil des Tempels / welcher Gazith hieß
über diejenige Priester / deren Geschlecht und familie disputirlich gemacht war.
Und wenn sie daselbst überführet wurden / legte man [1136] ihnen schwartze Kleider an degradirte und entsetzte sie damit ihrer
Priesterlichen Würden / und hieß sie schimpflich zu den Raths Saal des Synedrii
oder Consistorii hinnaus treten. Wusten sie sich aber zu Legitimiren und zu
recht fertige: So kamen sie bald drauf in weißen Kleidern für jedermans Augen
aufgezogen / und traten zur Stunde / nebst andern ihren Collegen, an ihr
Priesterliches Ambt / wie Cunaeus aus den Talmudischen tractat Massechta middoth
anführet. Erasm. Francisci, lib. 2. des neu Polirten Geschicht / Kunst und
Sitten-Spiegels pag. 384.
IX. D. Johann. Brunnemann, in processu criminali cap. 10. n. 26. setzet / daß
solche degradatio bey den Geistlichen Personen / ehe sie hingerichtet werden /
in Chur-Fürstenthum Brandeburg auch üblich sey. Derselben gedencken gleichfals
Clarus lib. 5. sentent. § fin. q. 74. und Sigismundus Scaccia, de judiciis lib.
1. c. 10. n. 71. wie auch Theodorus Reinking, in tractatu de Rcgimine Seculari
& Eccle siastico lib. 3. class. 2. cap. 2. n. 10.
X. Von der degradation eines grossen Dieners und Ritters findet sich bey den
Sebastian Münster / in der Cosmographi, lib. 3. cap. 122. pag. 613. &
614. folgendes merck würdige Exempel / wenn er also schreibet: Hertzog Carl zu
Burgund führete Anno 1474. Krieg mit denn Schweitzern / und gebrauchte darzu
Petern von Hagenbach Landvoigten / welcher die arme Leuthe mit ungewöhnlichen
Steuren beschwerete / gegen Edel und Unedel sich hochmütig erzeigte / allen
Muthwillen mit Weibern und Jungfern trieb: Ja durfte sich wohl gar vernehmen
lassen / er dürffte thun / was ihm in Sinn käme / wenn er es nur anders zu wege
bringe könte: Denn er wüste wohl / wenn er stürbe / daß er des bösen Feindes mit
Leib und Seele wehre. Als nun Hertzog Sigmund zu Oesterreich oft und viele mahl
angelanget wurde / daß er dem bedrängten Lande zu Hülffe käme / geschahe drauf /
daß die von Breisach diesen von Hagenbach gefangen nahmen / und ins Gefängnis
legten, Wie dieses geschahe / sungen die Kinder auf denn Gassen: Christ ist
erstanden / der Landvoigt ist gefangen / des sollen wir alle froh seyn / Sigmund
soll unser Trost seyn; Kyrie Eleison! Wäre er nicht gefangen so wäre es übel
zugangen / seith daß er gefangen ist / so Hilfft ihm nichts seine böse List.
Darnach ward ein Tag beschrieben gen Breisach / und kam eine grosse Menge vom
gantzen Elsas / von Strasburg / von Sundgow und dem Schwartzwald. Es kamen auch
mehr den 400. von Basel dahin / unter welchen wahr Peter Rot Ritter /
Burgemeister Heinrich Zigler / Ulrich zum Lufft / Heinrich Yselin und Hans Yrmy
Es ließ auch Herr Hartmann von Eptingen / Hertzog Sigmunds Landvoigt beruffen
tapfere Männer von Strasburg / Schlestadt / Kentzin [1137] gen / Neuenburg / Thann / Freyburg / Basel / Bern und Solothurn von
einer jeglichen Stadt 2. Richter / denen gab er zu einen Richter / der den
Stabführete / Thoman Schütz von Einsheim / und wurden der Richter mit denen
Schuldheissen 27 da klagte des Landvoigts Fürsprach Heinrich Yselin von Basel 4.
Articul über denn von Hagenbach. 1. Daß er im vergangen Jahr 4. redliche Männer
ohne Recht und Urtheil hette enthaupten lassen / wieder Göttl. und Käyserl.
Rechte. 2. Daß er Briefe und Siegel gegeben hätte / zu Breisach keine Neurung zu
machen / noch Schatzungen aufzulegen / sondern die Stadt bey ihren alten Recht
zu lassen. 3. Kein fremd Volck in die Stadt zu legen / so er aber nicht gehalten
/ sondern dennoch Fremde hinnein gebracht / und denenselben erlaubt / ihre
Wirthe zu erstechen / und 4. Daß er viele erbare Frauen / Jungfern und Nonnen
wieder ihen Willen geschwecht hätte. Auf diese Articul antwortete Peter von
Hagenbach / durch seinen Fürsprecher Hans Yrmi von Basel also: Er habe viere
lassen enthäupten / die ihm wiederspenstig gewesen / und wie er es seinen
Hertzog und Käyser Friederichen angezeiget / hätte Breisachern geschworen / sie
bey ihrer alten Gerechtigkeit zu lassen. Nach dem aber der Hertzog selbst hinein
geritten / und die Bürger mit einen neuen Eid belegt / hätte sein Eid keine
Krafft mehr gehabt: So habe er auch keine Steuer auf daß Volck geleget vor der
Zeit. Daß er drittens die Welschen und Ausländer in die Stadt geführet / währe
auf Geheiß des Hertzogs geschehen. Daß er mit dem Frauenzimmer so ümgangen /
währe er nicht der Erste / sondern es stünden in den Kreis andere mehr da / die
dergleichen gethan / und würden doch nicht an Leib und Leben gestrafft. Dieser
Gerichtshandel verzog sich von 7. am Morgen biß wieder Abends üm 7. Uhr / da
ward endlich ümgefraget / und einhellig geschlossen / daß man Petern von
Hagenbach vom Leben zum Tode richten solte. Da dieses Urtyel ergangen war / trat
herzu des Käysers Herolt und sprach: Peter von Hagenbach / es ist mir Leib / daß
du dich also übersehen hast / und dein Leben verwirckt. Ich wolte daß du dich
ritterlich gehalten hättest / so du aber solches nicht gethan hast / soll ich
aus Befehl dieser strengen Richter von dir nehmen die ritterliche Würde und
Zeichen. Und weil ich die in dir nicht finde / so verjäh ich dir doch öffentlich
/ und verrufe dich als einen / der nicht würdig ist der Ritterschafft S. Georgen
/ in welches Nahmen und Ehre du etwann Ritter worden bist. Demnach kehrete er
sich gegen alle Ritter / so zugegen wahren / und gegen andern erbarn Männern und
sprach: Sehet zu ihr strenge Herren / ich habe aus euren Geheiß diesen Peter von
Hagenbach entblößet und beraubet aller Ehren / und von ihm genommen die
Ritterliche Würde / und ihn ver [1138] rust als einen
der nicht würdig ist daß es gezehlet werde unter die Ritterliche Gesellschafft
sondern seiner Ubelthat halber / verurtheilet zu einer öffentlichen Straffe. Ich
will auch euch / o strenge Ritter vermahnet haben mit samt andern so hie zu
gegen sind / daß ihr nach Ritterlichen Würden streben / euch nach euren nahmen
streng und aufrichtig halten / und diesen Hagenbach / euch ein Exempel seyn
lassen wollet. Nach dieser Rede stund der Marschall anf und befahl dem Richter
daß er verführe nach Ausweisung der Rechten. Da bath Peter von Hagenbach üm
Gnade daß ihm das Haupt abgeschlagen würde / des ward er gewehret. Und demnach
führet man ihn hinnaus für das Käferthor / und machte einen grossen Kreis und
führte ihn drein. Da fing er an zu Reden / mich tauret nicht mein Leib / sondern
mancher Biedermann / der darum sterben muß: Der Hertzog Carl wird dieses nicht
ungerochen lassen. Er bat auch jedermann daß man GOtt für ihn bitten wolte. Er
begehrte auch daß Hertzog Sigmund ihm sein Testament das er gemacht hatte /
wolte approbiren und vollstrecken / in welchen er hat verordnet dem Gotteshause
zn Breisach eine güldene Ketten und 16 Pferde / die wurden geschätzt auf 1100.
Gulden und als er enthauptet ward / führete man seinen Leib gen Hagenbach / da
ward er begraben zu seinen Vorfahren.
XI. Wer zu Rom vor öffentlichen Gericht grosser Schande und Laster über führet
wurde / denn begrub man nicht in seinen Väter Grab: Er durffte sein Haus nicht
Schmücken / noch einzierlich Kleid mehr tragen: Ward seines Ehrenstanges und der
Rathstelle entsetzet / verlohr auch das Recht des Adlichen Contrafaits seiner
Ahnen. Und wenn einer von den̅ Römern zum tode verurtheilet ward /
beteureten sie Eidlich daß sie demselben weder feind noch hold währen. Erasm.
Francisci, in Neu Polirten Geschicht-Kunst- und Sitten-Spiegel lib. 2. pag. 382.
XII. Jacobus Benius, de privilegiis Jctorum part. 2. privilegio 44. folio 59.
führet aus dem Thoma Grammatico ein Exempel an wie zu seiner Zeit in Curia
Vicariae an einen Doctore Donato de Falconibus die degradation vorgenommen /
nemlich daß ihm erst 2. Rechts-Bücher / so aufgeschlagen gewesen / vorgeleget /
hernach aber zugemacht / im gleichen ihm sein Biret durch den Gerichts Diener
vom Kopf: Item der güldene Ring von finger / gerissen / und beydes auf die Erden
geworffen worden.
XIII. Solche privationem doctoratûs achten die Rechts-Gelehrte der deportation
gleich. Jurg. Valent. Winther, lib. 2. parh. litig. c. 10. n. 25. Frid.
Pruckmann, cons. 43. n. 21. Und ein solcher einmahl wegen eines groben Lasters
und Verbrechens degradirter Doctor, wen̅ er schon perdoniret u.
beym Leben / gelassen wird / kan sich weder aufs neue examiniren, noch auch
anderweit zum Doctor machë lassen. Zasius, ad L. dedi tibi §. idem erit n. ult.
ff. [1139] de condict. caus. dat. caus. non sec. ubi hoc
etiam extendit ad Notarium si prop. ter falsum vel aliud crimen ab officio
deponeretur, eumq; non à Comite Palatino, sed à solo Principe restitui Posse
putat: Schrader, cons. 1. n. 140. vol.
XIV. Requiritur ergò auctoritas Summi principis qui degradatum &
insignibus suis exutum Doctorem prioribus honoribus restituere Potest, neq; hîc
iteratio examinis, nec Doctorum collegia, nec alii Comites Palatini id praestare
possunt. Joh. Sichardus in C. ad rubr. de bon. libertor cum seqq. t. t. n. 13
allegans Baldum, & addens non allegasse eum textum aliquem, cum tamen
potuisset allegare L. 2. C. de divers. offic. & appar. judic. lib. 12.
Besold in thes. pract. verb. Doctor ubi negativam simpliciter tuetur, led in
dissert. de Studios. Magistr. c. 9 p. 139. ad autoritatem Principis refert. D,
Lansius, de Academiss pag. 91. D. Stamm, de serv. personal. lib. 1. c. 1. n. 26.
XV. Sunt etiam quidam in hac opinione, quod Doctor propter ingraditudinem
commissam degradari possit, & indignus gradu Doctoratus judicetur.
Francisc. à Ripa in repetit L. fin. C. de revoc. donat. n. 10. Tom. 5. Consil.
var. 25. n. 296. authore Johanne à Borck. Sed hoc tum demum concedendum si
ingratitudo ex alia causa majore aestimetur, ut proditione patriae, violatione
Majestatis & Legum publicarum transgressione, non nisi simpliciter
[Greek words] sit, quae licet inter vitia
sit omninò referenda nullo tamen expresso textu Juris demonstratur, quod poenam
singularem definitam habeat. Georg Christoph Walther in tr. de statu, juribus
& Privilegiis Doctorum omnium facult atum cap. 24. §. 185. Eilenberg de
Jure carnific. c. 4. §. 5.
XVI. Doch schadet solche Degradatio oder privatio Cinguli doctoralis des
degradati Kindern nicht. arg. tt. C. ne fil. pro patre Poenae enim debent tenere
suos autores L. 22. C. de poenis. Et Doctoratus est dignitas personalis, quae
non transit ad haeredes. Nisi forsan à Summo principe dignitas Doctoralis aut
ejus Spes à parente in filium forsan per expectantiam derivata fuerit, sicut
hunc casnm Tiraquellus fingit.
XVII. Die Krieges-Officirer / wenn sie etwas hartes verbrochen drüber sie zu
Schelmen gemacht werden / oder den Kopff hergeben und das leben lassen müssen /
werden dergestalt degradiret / daß in Gegenwart des gantzen Regiments das
Fähnlein über sie zusam̅en gewickelt / vom Scharffrichter ihnen
der Degen abgegürtet / zerbrochen und vor die Füsse geworffen / so dann hernach
Urthel und Recht an ihnen vollstrecket wird. Corp. Jur. milit. cum not. Petri
Pappi pag. 185. & 331. Denen Reuthern werden die Pferde / und Gewehr
abgenoem̅n u. archibusiret / die Fußgänger aber gehänckt.
Marian. in c. proposuisti post. n. 34. de Foro Competent. Clarus lib. 5.
Sentent. §. fin. quaest. 74. n. 5. infine. Oder wenn sie schon mit dem Leben
perdoniret werden / jäget man sie doch vor Schelme durch den Stecken-Knecht fort
/ oder [1140] verweiset sie aus dem Lager. Rudolph Gedofred.
Knichen Oper. polit. lib. 2. part. 4. Vol. 2. c. 9. tit. 12. §. 3. & 4.
XVIII. Die Römer / wenn sie ihre Soldaten wegen einnes groben Verbrechens
exauctorirten und degradirten / liessen ihnen gleichfals das Gewehr nebst der
Montirung nehmen / auch ihr Cingulum militare, welches ein Gürtel oder
Leibgehenck war / dran der Degen hing / ablösen und ihres geschwornen Eides
entbinden; jugen sie drauf mit höchsten Schimpf / Schande / Hohn und Spott / als
Schelme fort. L. 1. & 2. §. 2. 3. & 4 ff. de his, qui notant.
infam. Xiphil. in Severo apud Dion. lib. 74. in pr. Exemplum refert Herodianus
lib. 2. c. 43. & 44. & habetur apud Hirtium, de bello Africano,
pag. 426. ubi Caesar C. Aviennum convocatis Tribunis & Centurionibus
publicè cum ignominia ab Exercitu removit. Oder sie machten aus einen Reuther
einen Fußgänger / oder aus diesen einen Schländerer. Front. lib. 4. c. 1. n. 17.
Valer. Maxim. lib. 2. c. 7. n. 9. & 15. Item aus einen Officirer einen
gemeinen Landsknecht / quod à Modestino in L. 3. §. 5. ff. de re milit. gradu
militiae ejici dicitur. Welches die Türcken heut zu Tage vor eine härtere
Straffe / als den Tod selbsten halten. Busbeq. Epist. Turc. 3. pag. 301.
XIX. Wen̅ vor Zeiten ein Soldate sein Gewehr vereussert hatte / ist
er am Leben gestrafft / und vorher Ehrlos erkant / seine Waffen sind ihme
ausgezogen / sein Schild durchboret / und an statt es auf der Brust getragen
werden solte / ihme auf den Rücken gebunden / der Degen ihm abgenom̅en / die Sporen mit einem Beil vom Fuß gehaue̅ / die Handschue
weggenom̅en / u. sein Geschlechts Wappen umgekehret worden.
Francisc. Mennen, in delic. ordin. Eq. pag. 36. Henr. Salmuth ad Panciroll. rer.
Memor ab. lib. 1. Rub. fibulap 339. edit. in 8.
XX. Unter die Arthen der degradation kan auch mit gerechnet werde̅
der böse u. schändliche Gebrauch bey den Römern / daß sie die Jungfern / so üms
Leben gebracht werden solte̅ / nicht in ihrer Jungferschaft
sterbe̅ / sondern dieselbe erst durch den Scharfrichter im
Gefängnis defloriren u. schänden / hernach aber stranguliren liessen. Autore
Suetonio, in Tib. c. 61. ibi: im̅aturae puellae, quia [more
tradito] nefas esset virgines strangulari, vitiatae prius à carnifice, deinde
strangulatae. Welches auch bey den Verfolgungen an etlichen Christl. Jungfern /
so zur Marter hingeführet werden / practiciret worden. Teste Anthon Gal! onio,
de Cruciatibus Martyrum pag. 392. 395. & 399. Addatur Tacitus lib. 5
Annalium, dum loquitur de animadversione in liberos Sejani Tradunt [inquit]
temporis ejus Authores, quia Triumvirali supplicio affici virginem inauditum
habebatur (loquens de filia Sejani) à Carnifice laqueum juxta compressam. Exin
oblisis faucibus id aetatis corpora in Gemonias abjecta. vide Petr. Gregor.
Tholos. lib. 31. c. 17. n. 3. Petr. Fabrum lib. 2. Semestrium c. 7. p. 94.
|| [ID01143]
Register
Der merckwürdigsten Sachen und Wörter.
- AEhren Büschel / dadurch die Warheit bey den alten Teutschen bezeuget p. 84.
- Abyßiner Königs Gerichts-Platz 20. wie sie ihre Gefangene tractire̅ 682. Abexyner brennen sich vier Zeichen ins Gesichte 906.
- H. Abendmahl wenn es den armen Sündern zu reichen 450.
- Abdecker und Scharffrichter zweyerley 569. jene seynd zwar nicht infames, laboriren doch majori maculâ, als diese 570. seq.
- Abschneiden der Nasen und Ohren / 930. seqq. Ob mit guten Gewissen geschehen kön̅e 913. seq. Vor Zeiten sehr gemein gewesen 930. seq. Exempel unterschiedener / und in welchen delictis, ibid. seqq. Was zu thun / wenn einer keine Ohren mehr hätte? 936.
- Acht-Gerichte. 39. seqq.
- Acker-Gerichte. 52.
- Acker-Streit die alten Alemannen durch den Kampff entschieden. 82.
- Acker-Bau / wer denselben verlässet / zu bestraffen. 742.
- Actuarius, dessen Beschreibung. 471. Sie hiessen bey den alten Francken
Cancellarii, Notarii, Gau-Städteund Land-Schreiber 472. Ihre
Verrichtung in bürgerlichen 472. und peinlichen Sachen. Ihre qualitäten 473.
Sollen in allen Gerichten seyn 474. Seind zu weilen fratres ignorantiae 474.
Corrumpiren die Acta, ibid. Müssen ad Acta schweren 475. Das soll in
Gegenwart der Bürger und Uterthanen geschehen. Ihr Eyd bey peinlichen
Gerichten. Seind Personae publicae, 476. Und ist viel an ihnen gelegen.
ibid. Wie sie sich insonderhei bey peinlichen Dingen zu verhalten / ibid.
& seqq. Sollen verschwiegen seyn 477. In protocolliren auf alle
Umstände genau sehen 240. Die Acta und Protocolla wohl verwahren 478. Ob sie
eben creirte Notarii publ. seyn müssen? 478. seqq. Ob der Judex zugleich
Actuarius seyn könne? 482. Des Actuarii Protocoll wird mehr geglaubet / als
des Richters blossen Vorgeben 483. Zu Actuarien werden bißweilen Küster und
Schulmeister gebraucht. 484. Tenentur partibus ex ignorantiâ &
culpa. ibid. Actuarius kan in continenti des Protocoll ändern. ibid.
Confession Rei in Protocol|| [ID01144]lum relata an revocari possit? 485. Actuarius wen̅ kein Protocoll gehalten / ist zubestraffen 486. Wie / wenn er es verlohren? 487. Judex darff ohne sein Vorbewust den Protocoll nichts einverleiben. 487. Hingegen der Actuarius ohne Richters Befehl extraordinariè nichts registriren. ibid. Mehrere der Actuarien Verrichtung 488. Wen̅ er den Partheyen verdächtig 489. Kan den Patheyen die Acta vorenthalten. ibid. Wegen seines Salarii, wenn ein Concursus Creditorum. ibid Actuarius mentiens 490.
- Acta Inquisitionalia den Inquisito und seinen Defensori zur Perlustration zugeben. 251. 255. deren Verschickung / Eröffnung 259.
- Ad arenam fo diendam damnation 691. 693.
- Adams-Tantz zu Dantzig 839. Adamiani, Secte 1044.
- [Greek words] quid Graecis? 974.
- Adoptionis wunderliche Art in Asien / 960.
- Advocaten / so liederliche Zungen-Drescher / Straffe bey den alten Teutschen 945. Plauderey und Schmiererey 185. Nicht leicht zu Richtern zubestellen 190. Richter soll ihnen nicht zu viel nachsehen 207. bey den Areo pagiten nicht gelitten 192. Hetzen die Partheyen gern aneinander 210. Verführen die delinquenten zum Leugnen 350. Ihre Straffe /wenn sie ein Falsum begehen 881. Caroli M. Gesetze wieder die Bösen 847. So delinquenten defendiren wollen / wie sie beschaffen seyn müssen 254.
- Advocat appelliret liederlicher Weise an GOttes Gerichte 92.
- Advocando Hexen dienen ist den Teuffel dienen 346.
- AEgyptier Gerichte 11. legten den zu tode verurtheilten einen Strick um den Halß. 16.
- AEquivocationes soll ein Richter in Examine nicht brauchen 240.
- Aisch-Gerichte 53.
- Altar der Minervae Avenae zu Athen 13.
- Alexander M. höret beyde Partheyen. 206.
- Alte Leute ob sie zu voltern? 270.
- Alten haben die Weißheit / alle in nicht gefressen 1101.
- Alten Männern junge Weiber der Hörner wegen gefährlich 1061.
- Alte Männer bestellen die Griechen zu Hühtern ihrer Frauen 1011.
- Album was es vor alters gewesen 800.
- Alba Hertzog darf den Huht in Gegenwart des Königs in Spanien nicht aufzusetzen 811. Seine Grausamkeit in den Niederlanden 947.
- Amts-Rath / Amts-Gerichte. 52.
- Amadies 112.
- Ankündigung des Todes soll 3. oder 4. Tage vorher geschehen 440. Durch
wem? 441. seqq. geschiehet|| [ID01145]zuweilen durch Schrifften 443. Bey Soldaten / die ums Leben spielen / wenn sie ergehen solle? 449. Nach der Ankündigung die armen Sünder an leidentl. Ort zu bringen 449. Besser zu speisen 451.
- Ancon, Carthaginensisch Gefängniß 647.
- Angvillarum tergoribus Praetextati Romae puniebantur 733.
- Anhalten / Anhaltung / Exempel hoher Potentaten / so angehalten worden 759. seq.
- Appellation-Gerichte 53.
- Areopagiten strenge Richter / 7. Deren Beschaffenheit 12. Ihr Gerichts-Hauß. ibid. Gerichts-Proceß 14. wunderlicher Bescheid 674.
- Arbor capillaris 1119.
- Ardalium 73.
- Arca, Römisch Gefängnis. 645.
- Armen Sündern vor der Execution Wein zu geben 454. Doch mäßig 456. Ihre Cörper zu Anatomie verkaufft 461. Ob solches bloß die Medicinischen Facultäten praetendiren können? 462.
- Arthagatus wird aus einem Medico ein Scharffrichter 538.
- Archimedis Ohr-Kercker. 648.
- Arrest / vinculum Civitatis 668.
- Asylum zu Athen. 13.
- Astrolabii inspectio superstitiosa 85.
- Aschen-Hauß / Persianer Gefängnis 642.
- Atheniensische Gerichte 11. seqq. zehen Richt-Häuser 12. seqq.
- Auspurgisch Reichs-Regiment 54.
- Augustus R. Käyser bey den Klagten und Gerichten selbst zugegen 211.
- Aufhebung der todten Cörper / und wie dabey zu procediren 231. seqq.
- Austretung der Verbrecher 677.
- Auspaucken 749. seq.
- Audienz, Kayserliche / was vor Ceremonien dabey vorgehen 811.
- Augen-Ausstechung 916. ist eine alte Straffe bey unterschiedenen Nationen gebräuchlich 917. seqq. heut zu Tage sehr abkommen 918. Exempel / denen die Augen ausgestochen 918. seqq. War bey den Fränckischen Königen / sonderlich Chilperico in grossen schwange 920. Wiederfuhr unter andern denen / vor welchen sich Tyrannen der Succession wegen gefürchtet / 922. 923.
- Augen Kraft und Gewalt / sonderlich in der Liebe 925. Grosse Augen / 926. Graue oder Katzen-Augen / morsicantes, putres. 927.
- Augen Beschädigung / und Ausschlagung / wo in Jure davon gehandelt / und wie heut zu Tage bestrafft werde? 927. 928.
- Augen Ausschlagen durch Zauberey wie zu bestraffen? 929.
- Augen ist schädlich das Schlagen auf den Nacken 929. It. Das Studiren gleich aufs Essen / und der viele Wein. ibid.
- Aurem vellere 941.
- Auricularis morbus. 941.
- Auricula, auris membrum 941.
- Ausschneidung vid. Castration. Der Weibes-Bilder hat König Adramintes erfunden / 1016. Mehr Exempel und Beweiß / daß es möglich 1017. Africaner beschneiden die Bräute auf eine sonderliche weise. ibid.
- Autorität müssen Richterl. Personen haben 116.
- BAeder / warme / gehet insgemein zeimlich liederlich dabey zu 1041. der Männer und Weiber beyn Römern unterschieden 1041.
- Badende nackende Weiber und Männer mit einander / so sie frembde / wie straffbar es sey 1041.
- Balvensis, Cardinal, kömmet selbst in das angegebene grausame Gefängnis. 657.
- Bann-Recht. 39. seqq. 50.
- Banckerottirer mit den Zuchthause und Schuld-Thurm zu bestraffen 112. seqq. unde dicti 737. wider sie ergangene Verordnungen ibid. Deren Bestraffunge ibid. seqq. ihnen kan die Tortur zuerkant werden 262. Straffe mit den Korbe 798. seqq. mit den Sambenito. 805. seq. ihnen werden zum Schimpff die Schlüssel auf Grab geleget 843.
- Bannung in Zehnden. 755.
- Banden und Ketten macherley Arten 616. seqq.
- Bart abschneiden liessen sich die Römer nicht biß ins 400te Jahr. 1095. Publ. Tic. Mena brachte die ersten Balbirer nach Rom. Hadrianus läst den Bart wieder lang wachsen. Müntzen der R. Käyser vor ihm keine Bärte 1096.
- Bärte müssen der Spartaner Soldaten tragen 1096. seqq. Exempel derer / die viel auf Bärte gehalten ibid. Bärte inter reservata Principis gezehlet 1097. Lange Bärte. ib. Ob Adam ein Bart gehabt? 1098. Bärte Zeichen der Gravität 1099. Machen die Heyden ihren Göttern an. Philosophi hielten viel drauff / viewohl die Weißheit nicht drinne stecket 1100. Auch nicht die Tapfferkeit 1123. Manche sich drüber verächtlich gemachet 1100. seqq. seind Soldaten schädlich 1116.
- Bart wessen er die Männer erinnern solle 1102. Beym Barte schweren 1102.
Bart angreiffen signum devotionis, ibid. sep. Bart wachsen liessen die Juden
/ und Römer in luctu, 1103. Wie auch reatu, 1104. Gellebde den Bart nicht
abzuschneiden. 1105. Bartstreichen eine Ehre bey den Galliern ibid. Welches
M. Papyrius unrecht verstanden. Cantzlers Mori Bart soll der Scharfrichter
schonen 1106. Bart abschneiden ein grosser Schimpff und Straffe 1110. seqq.
dessen Exempel 1111. seq. Wieder das Bartabschnei|| [ID01147]den / als violationem pacis publ. gewisse Constitutiones ausgegangen 1115.
- Bart eher als der Mann 1124. aus Noth. 1095. 1123. Grüner Bart 1106. Jungfer-Bart ibid. Weiberbarth 1109. Kinder-Bart 1109. Weintrauben-Bart ibid. Schönbart / balduinus Graf in Flandern 1123. Bart-Mann / der Erste Hertzog zu Würtenberg 1123. Knebel-Bart zutragen sollen die Zwickauer Rathsherrn ex Privilegio Imperatorio haben 1123. Stutz-Bart zu Halle seyn aufkommen. 1106.
- Bart-Haare die ersten / bey wem die Longobarder niederlegten / muste ihr bester Freund seyn. 1102. Castrii einzige Bart-Haare hat grossen Credit. ibid.
- Bart-Putzen übel bekommen 1129.
- Bart-Speyen 957. Vid. Speyen.
- Bärtiger Zeuge gilt viel beyn Türcken. 1121. Ohnbärtige Gesandten verachtet / verantworten sich wohl 1101.
- Barbata Venus, fortuna 1110.
- Baar 131.
- Baar-Recht 43. Wo es üblich / und was dabey zu observiren 50.
- Barathrum, Athenienser Gefängnis 643.
- Barmher-Zigkeit einen Richter sehr nothwendig 212. seqq.
- Bartolus, ICtus, Comes Palatinus 481.
- Barbarosae Gemahlin muß hinterrücks auf einen Esel reiten 818.
- Barfuß gehen / dessen Exemple 1077.
- Basanus hauet seinen eignen Sohne den Kopff ab. 7.
- Bastille zu Paris 681.
- Bau / aufn Bau / Gefängnis 692.
- Bau / oder Bauren-Gericht. 53.
- Bauern-Scheid 53.
- Bauern / aufrührische Jagen den Adel durch die Spieße 138.
- Bauern kömmet ordinarie nicht zu / die Gefangen zubewachen 662.
- Bauch aufschneiden. 38. auffn Bauch die Entleibten legen / um die Thäter anzuhalten / ist unrecht 51. 52.
- Becker-Betrug / und wie zu bestraffen 892.
- Behutsamkeit sonderl. in peinlichen Sachen nöthig 224.
- Begräbnis der Exequirten delinquenten 34. Ob denen zu gestatten / die noch nicht Co̅fessi & Convicti im Gefängnis gestorbe̅ 685. Ob Selbstmördern zugestatten 687.
- Begleiten / in Engelland begleiten die Freunde die Ubelthäter / als wenn sie natürlichen Todes gestorben 38.
- Beichte ausplaudern 1135.
- Bein / Ein-beiniger Exempel 1076.
- Beinbrechë an den Ubelthätern 1068. Knecktische Straffe / doch auch wohl
an freyen Leuten practiciret 1069. Der beyden Schächer am Creutze / C
Hristi. ibid. Constantinus M.|| [ID01148]hat es abgeschaffet 1070. Francisci I. R. Gall. Constitution, wegen des Bein-zubrechens in Franckreich 1070.
- Bein-Stöcke / Beinschrauben 315.
- Bekennen / die nicht thun in Engelland / auf sonderliche Art bestrafft 33. seq.
- Bekäntnis zu Nicasia durch Steine erzwungen 307. durch abergläubische Dinge. 369. seqq. soll nicht durch Versprechen der Gnade / oder sonst per dolum ausgelocket werden / 241.
- Bergwercke der Römer / 696. Was sie eingetragen 702.
- Beschudigung / ungerechte wie bestrafft 35.
- Bescheid / seltsamer der Areopagiten 674.
- Besoldungen sollen austräglich seyn 198.
- Bestätigung der peinlichen Gerichte muß nicht eben durch eine execution geschehen 606.
- Beschneidung der Weiber bey den Mohren 1065. seq. der Bräute in Africa 1017.
- Besichtigung der Todten Cörper / und was dabey in acht zu nehmen 231. seq. zu tode gevolterter 171.
- Besichtigung. Vid. Geburts-Glieder der Weiber. Zaar in Moßkau lässet alle seine Weiber erst besichtigen. 1043. Wie auch die Türckischen Käyser ibid. Desgleichenvor Zeiten die Könige in Meden und Persien 1043. Römische Jungfern in Tempel fortunae virilis besichtiget. 1044. ibiq; plura. Sicilianisch Fräulein / Car. Velesii Braut muß sich besichtigen lassen / 1077.
- Bettler / so starck und gesund / gehöhren ins Zuchthauß 706. Gute Gesetze wider dieselben 706. seqq. ihre Buben-Stücke. ibid.
- Betasten unziemliches eine injurie 1048. Gutwillig zugelassen giebt praesumtion des Ehebruchs. ibid.
- Beutelschneider artig bezahlet 939. seqq.
- Beweiß der Unschuld bey verschieden Völckern durch Feuer / Wasser und Kampff. 74.
- Beyschlaff etzlicher Völcker auf öffentlicher Strasse 1055.
- Bilder / Schreckbilder zu Delphis 6. in der Sineser Gerichts-S???älen 6. In den Areopago und andern Gerichten zu Athen. 13. Teuffels-Bilder auf der Inquisiten Röcken zu Portugall. 28. Des Todes den Gefangen̅ zugeschickt. 16. Der Barmhertzigkeit. 29. Bild des Theognidis zu Athen verurtheilet. 16.
- Birruarii 495.
- Bithinische Richter-Stühle. 10.
- Blindheit haben sich etzliche gutwillig verursachet / Parsseratii panegyricus derselben 924. Ist ein groß Elend 925.
- Blutschulden nicht aufs Land zu laden. 5.
- Blut-Schreyer / Blut-Redner 40.
- Bluten der todten Cörper wovor es zu halten? 46. Ob es ein indicium ad torturam 47. 48. Ist kein sattsamer Beweiß 49.
- Blut-Bann 53 Und Criminal-Jurisdiction können wohl separiret seyn. 609.
- Blut-Freundschafft. Exempel der Völcker / so in die Blut-Freundschafft geheyrathet. 1056.
- Bohnen in der Areopagiten Gerichte. 15.
- Bock / Tortur-Instrument 316.
- Bothen / Cantzeley-Gericht-Amts-Bothen 491.
- Bojae, eine Art von Banden 616. seq.
- Brandmahle in Engelland. 34. Derer in metallum condemnirten. 697. Derer Fabriciensium, aquariotum, und tyronum 905. Constantinus M. schaffet sie ab. 697. Derer Dacier und Sarmatischen Völcker. 906. Der Egyptischen Priester 906. Deren unterschiedene Figuren 907. seq. Auch in Teutschland üblich 909. seq. Nicht nur Buchstaben / sondern gantze Sprüche dazu gebraucht 911. Ob man sie mit guten Gewissen brauchen könne 913.
- Braunschweigisch-Lüneburgisch Land-Gerichte 121. seqq.
- Bräute durchs Schwerdt erworben. 111. Der Römer musten ignem &aquam anrühren 790. In Goa müssen ihre Jungferschafft den Abgott Pogadi an einen Helffenbeinern membro opffern 1059. Vid. Jungfer.
- Brutii quid? 491.
- Brügmanns Urthel und Wiederruff. 828.
- Brüste / deren Abschneid- und Zerreissung. Exempel 959. Von Krebs durchfressene bringen Lullum von unkeuscher Liebe. 960. Reichen etzliche Töchter ihren Gefangenen Vätern. ibid. In Asia etzliche denen / so sie adoptiren. ibid. Mit glüenden Zangen gerissen in welchen Fall 962. Lincke Brüste berühren die Frauen / wenn sie schweren. 963.
- Bürger-Gerichte 53.
- Bürgerlicher Gehorsam. 637.
- Büttel. 495.
- Bündnisse beym Römern mit den tactu ignis & aquae bekräftiget. 790.
- Buras ein böser Richter 207.
- Buch / das schwartze und rothe Buch 804. Haderbuch zu Nürnberg. ibid. seq.
- CAballeti, Art einer Volter 294. Cacius will nicht im Himmel / wenn Spanier darinne. 30.
- J. Caesar, aller Weiber Mann. 1053.
- Caestas, Caeada, Ceades, Spartanische Gefängnis. 643.
- Caligula soll seine Blut-Gierigkeit von der Amme gekriegt haben 590.
- Camus bey den Areopagiten. 15. 617
- Cammer-Schutz- und Voigt-Ge-Gerichte. 53.
- Cammer-Gerichte zu Speyer 54. In der Marck Brandenburg 56.
- Cammer alisten kriegen ihre Lection. 200 seqq.
- Cam̅er-Diener zu Eisenach erschiesst den Hofmeister. 996.
- Cancellarius unde dictus, & ejus Officia 56. Cancellarius Galliae 57. Imperii. 57.
- Cantzler vor alters so viel als Thor-Wirth / oder Schreiber. 57. 472.
- Cantzler zu Bamberg verbindet sich mit der Teuffel. 408.
- Cantzley-Rath / und Gerichte. 57.
- Cantabrum quid? 693.
- Captura. Vid. Verhafftung.
- Capitis poena heisset nicht allemahl Lebens-Straffe 505.
- Cardinäle praetendiren / delinquenten / so ihnen begegenen / das Leben zu schencken. 864.
- Carcerarii, carceris praefecti, praepo siti, Custodes, Principes, Capitanei, Claustrarii, Cipparii, 492.
- Carivari quid sit? 751.
- Carnifex, dessen vielerley Bedeutung 427. seqq.
- Carthaginenser-Gericht. 10.
- Casus fortuitus, was dabey zu erwegen 514. seqq.
- Castration wer erfunden 1009. Deren unterschiedene Exempel. Bey welchen Nationen und in welchen delictis sie üblich gewesen 1010. seq.
- Catamidiatio was es für eine Straffe gewesen. 796. seq.
- Catapulta, Fußeisen. 617.
- Catulus terreus, eine Art Banden. 617.
- Caution juratorische. 668. seq.
- Cautionem de non offendendo vel non vindicando wer nicht bestellen kan / ins Zucht-Hauß zulegen 714. seq.
- Cent-Gericht / Cent-Grafen Gerichte. 57.
- Cent-Grafe / was er gewesen. 57.
- Centenae, Cent / Centenarii. 57. 58.
- Centliche Obrigkeit in Francken / was vor sie gehöhre. 58.
- Cent-Herr / Frais-Herr. 59.
- Ceramon, Gefängnis in Eypern. 647.
- Cessio bonorum zü Lübeck 635. Geschiehet mehrentheils mit schimpfflichen Ceremonien. 7 3. 738. seqq.
- Characteres militum. 905.
- Chineser Gefängnis 23. Todes verurtheilete tragen eine weisse Taffel. ibid. Gerichts-Proceduren 24.
- Chyrothecae ferreae. 285.
- Chur-Fürsten Zusammenkunfft zu Königs-Stuhl. 8.
- Cingulum militare. 905.
- Cippus, eine höltzerne Fessel. 618.
- Citatio ins Thal Josaphat. 88. seqq. Zumahl über Bürgerlichen Sachen straf bar / 92. seq. Auf gewisse Masse in peinl. Dingen nicht zu improbiren. 93. Was Judex in solchen Fall thun solle. 94.
- Clausura Septa bey den Möchen 757.
- Clemens Papa vor GOttes Gerichte geladen. 91.
- Coas, Gefängnis zu Corinth. 648.
- Codex Justiniani bey den Türcken recipiret. 21.
- Codex, eine Knecht Straffe. 619.
- Columbar, eine Art der Banden. 621. 831.
- Collare, eine Art banden. 620. 832.
- Colocreta zu Athen. 16.
- Comes Palatinus ist ein Pfarrherr / und ein Rechen-Meister 480.
- Comes Palatinus kan per delegatum sein Amt nicht verwalten. 480.
- Comites Palatini. 54. bekommen ihre Lection 480. seqq.
- Comitia subdialia der alten Römische̅ Käyser. 7. 8.
- Commentarienses. 493. seq.
- Compedes, Fesseln 619.
- Confination, Art des Arrestes. 755. Auch bey den Juden gebräuchlich. 756. Item bey den Mohren. 761. Deren Exempel. 757. seq. Wenn keine gewisse Zeit beniehmet / wie es zuinterpretiren? ibid.
- Confinatus kan wehrenden reatu zu keinen Ehren-Stande erwehlet werden. 758. Behält doch Jura Civitatis ibid. Ihn muß sein Weib folgen. ibid.
- Confrontation, und was dabey zu beobachten. 248. seqq.
- Connagii jus. 1059.
- Constans Robertus, und Clermont Robertus, Marschalle in Franckreich ermordet. 809.
- Constantinus M. schaffet die Brandmahle ab. 697.
- Constitutus & Constitutum quid significent. 286.
- Corbeyische Frey-Feld-Gerichte. 64.
- Corpus delicti, quomodo de eo constare debeat? 42. 665.
- Cörper / der entleibet / auf den Bauch zu legen / um den Thäter dadurch anzuhalten / ist abergläubisch. 51.
- Corpus Juris voll altväterischer Fratzen. 188. Glossen / unnütze Possen ibid.
- Corvus, die Vehmstadt in Theßalien. 603.
- Coxae laxandae jus. Braut anzubohren Berechtigung. 1059.
- Creutz / gecreutzigte 604.
- Crurifragium. 1068.
- Crux. Straffe. 281.
- Cucking-Stool in Engelland. 749.
- DArdanarii. 891.
- Darius, wird ein Scherge 518. in güldene Feßeln geschlagen. 618.
- Daumen-Schrauben / Daumen-Stöcke. 313.
- Daumen-Verhauung. 980. seq. die Uberwundene damit bestraffet. Exempel.
980. seq. viele sich selbst die Daumen verschnitten / und deren Straffen.
981. vid. Finger.|| [ID01152]Daumen-Verhauung der Meineydigen Straffe / wie auch der Räuber bey den Indianern. 982.
- Daumen / warum eben in der Tortur gepeiniget werde? 982. Daumen eine anzeige der Gunst. 983.
- Daumen-Drücken ein Zeichen der Freundschafft bey unterschiedenen Völckern. 983. desgleichen auch Daumen zusammen binden. 984. dadurch Mithridates betrogen. 984.
- Daumen die Alten in ihre wächserne Siegel gedruckt. 986.
- Daumen der Diebe ins Bier hängen. 987.
- Dea bona. 1064.
- Decas, Spartaner Gefängniß. 643.
- Defension den Delinquenten zugestatten. 254. anzubiethen. 252. seq. wie sie zuführen. 251. und was sonst dazu gehöret. 256. seqq. kann geführet werden / wenn die Tortur schon erkandt. 259.
- Defensor wie beschaffen seyn solle. 254.
- Degen-Knöpffe greiffen die Alemannier an / bey ihren Eydschwüren. 849.
- Degradatio. 1131. geschihet vor der Peinigung. 278. oder vor der Hinrichtung / 1131. derer Geistliche̅ bey den Catholischen. ibid. seqq.
- Degradatio, Remotio, und Suspensio ab officio wie sie differiren 1135.
- Degradatio zu Rom. 1138. grosser Minister und Ritter 1136. Eines DoctorisJuris. ibid. der Kriegs-Officier 278. 1139. Ob sie den Kindern schade? ibid. degradati ob und wie sie zu restituiren? 1139.
- Delphinum, Gerichts-Orth zu Athen. 15.
- Dennemarck durchs Ordalium ignis bekehret. 75.
- Demosthenes wird wegen seiner Rabulisterey verwiesen. 846.
- Deportatio in Insulam. 768. War beyn Römern nächst der Todes-Straffe die gröste. 779. Deren Exempel. 780. seqq. Deportatio & Relegatio wie jure antiquo unterschieden. 782. In R. Reiche nicht mehr üblich. ibid.
- Diebe soll man lieber ins Zuchthauß thun / als hencken lassen. 716. Wild-Fisch u. Krebs Diebe mit der Wippe gestrafft. 901. seq. Diebes Straffe in Sina 23. 24. in Engelland. 34. 915. Ihnen werden Nasen und Ohren abgeschnitten. 935.
- Diebstahl per sortilegia außgemacht. 85. Item durch Teig und Käse. 84.
- Diebe hehlen wie gestrafft werde. 894.
- Diebs-Daum. 971. 987. seq.
- Diebs-Lichter 971.
- Dieb / der todt / redet am Galgen. 988.
- Digitalia. 303.
- Dickwanst gehet nicht ins Gefängniß. 688.
- Doctores vor der Peinigung zu degradiren, 278.
- Dorff-Gerichte. 59. Sind abkommen. 60.
- Dörffer heutige Beschaffenheit. 60. Amts-Dörffer. ibid Gerichts-Dörffer. ibid.
- Dorffs-Einung / Dorffs-Ordnung. 60.
- Dorso, ein Ketzermeister / und dessen fata. 118. seq.
- Druidae der Gallier Richter. 11. 183. Ihre Gewald cassiret. 11.
- Duelle. 85. Vid. Kampf. Werden vom Frothone Reg. Dan. gestattet. 107. sind wieder alle Rechte. 115. seq.
- Duellirender merckwürdige Exempel. 107. seq.
- Durchbringer Straffe zu Rom. 796. seq.
- Durst-Volter. 289.
- EHe unde dicatur. 63.
- Ehe-Gerichte. 62. 63.
- Ehebrecherin̅en wie sie zu Rom und Constantinopel entdecket worden. 306. 307. Bestrafft. 1023.
- Ehebrecher Straffe in Straßburg. 745. Anderswo verlihren Nasen und Ohren. 931. seq.
- Ehebruchs beschuldigte wie sich zu Rom purgiren müssen. 977.
- Ehe-Helffer. 1054. Adjutoria matrimonii. Remedia substitutiva. 1039
- Ehe-Scheidung. vid. Gebuhrts-Glieder.
- Einbringen gerichtlich / wie viel Zeit die Römer darzu gegeben. 208.
- Elben aus der Hexen Beyschlaff mit den Satan 421. seq.
- Einlager / Obstagium. 638.
- Eltern ihrer Kinder Scharffrichter. 534.
- Elend. vid. Exilium.
- Emenda des Richters wegen unrechtmässiger Tortur. 372.
- Emma, Königin in Engelland purgiret sich durchs Feuer. 77.
- Encaustum. 1005.
- Engelländische Volter eine Presse. 311. Sie brauchen die Tortur wenig. 63. 311.
- Englische Gerichts-Art / und wie die Verbrecher daselbst gestrafft werden. 32. 37.
- Entsetzung der Ehren-Aemter bey den alten Francken. 847.
- Entleiben sich selbst müssen die Gefangen bey den Mohren. 16. ist bey den Sinesern eine sonderbahre Gnade. 25.
- Eqvuleus was es gewesen. 279. seqq. 310.
- Erb-Gerichte. 60. 96. Und was davor gehöhre 61. 62.
- Erfahrenheit / requisitum einer Gerichts-Person. 184. seq.
- Ertz-Gruben / drinne arbeiten eine Straffe. 696. Die heutiges Tages wieder einzuführen 700.
- Ergastularii, ergastula 492. Ergastulum zu Rom. 645.
- Erich / König in Schweden heyrathet des Scharffrichters Tochter 566.
- Erben / einer setzet sich selbst zum Erben ein. 880.
- Erbschafft beschwerlich bey den Hottentoten. 979.
- Esels-Kopff / höltzerner eine Straffe. 727.
- Eselreiten rücklings / eine Straffe. 817. deren Exempel. ibid. seqq. Der Ehebrecher bey den Pisidiern und Cumaeern. 818.
- In Esels-Haut wird ein Rebell genehet. 819.
- Eunuchi erst nur von Königlichen Personen gebrauchet 1101. Hernach sehr gemein worden 1012. Haben so lose Händel getrieben / als unverschnittene 1012. Die Käyser sie gar ausrotten wollen. 1013. Das castriren im Römischen Reichs verbothen 1014. 1018. seq. Unterscheid unter Spadonibus, Thlibiis vel Thlasiis un̅ Castratis. Castrati wieder dreyerley 1015.
- Eucliae Virgini musten Braut und Bräutigam opffern. 1059.
- Execution zum tode verurtheileter soll nicht lange verschoben 439. Doch auch so geschwinde nicht damit verfahren werden. ibid. Ist aufzuschieben / wenn der delinquent noch keine Busse spühren lässet 447. Gehet endlich fort / wenn er gar nicht zu gewinnen. 448.
- Exilium 762 seq. Zweyerley voluntarium und involuntarium 765. Exempel unterschiedener / so ins Exilium kommen. 766. seqq.
- Eydes der Richter unterschiedene formulen 220. seqq.
- Eyd / Eydschwur / dabey vorgehende Ceremonien 963. seqq. Bey den Heyden. 964. Insonderheit bey den Römern. 965. Atheniensern. 965. Bey den Juden 965. Russen. 967. Mohren 967. Alten Christen. 966. Der Käyserl. Capitulation. 966. In der Cam̅er zu Wetzlar. ibid Kan im Fall der Noth auch mit der lincken Hand geschehen. 967. Lichter anstecken bey den Eydschwüren. 967.
- Eyd vor Gefährde. 39.
- Eyer / so Hexen legen. 416.
- Eisen glüend / dadurch die Unschuld bewiesen 74. 77. Rettet einen Unschuldigen / und verräth den Schuldigen. 78.
- Ewige Gefängnis. 626. seq. Wenn sie erkant werde. 627.
- F. der Diebe Brandmahl. 907.
- Fahne schwencken über die Soldaten. 567.
- Falsum, was es sey / und dessen requisita. 876. seq. Falsi poena vorzeiten deportatio oder damnatio in metallum; heutiges Tages ist sie arbitraria. 877. 886. Falsum wird auf vielerley Art begangen / in Personâ 878. seq. Verbis. 881. Scriptis 882. Abusu rei 886. Wird in enormibus auch wohl capitaliter bestraffet. 897. Der Notarien, Tabellionen Falsch. 991.
- Falsariorum allerhand Gattung 891. seqq. Jhnen werden die Nerven an|| [ID]Fingern entzwey geschnitten. 977. 990. Die Hand abgehauen 990. seqq.
- Falaka, Knechtische Straffe. 1070. seqq.
- Fang- und Schließ-Geld. 689. seq.
- Fasces & secures der Römer / was sie bedeutet. 7.
- Faulläntzer wie in Peru bestrafft 746.
- Faulen Dienern lässet Antonius Pius die Besoldung einziehen 705.
- Faust-Recht. 105. seqq.
- Faustina Käyserin stillet die Liebe durch ihres Courtisanen Blut. 590.
- Fehmen Gerichte. 63. 103. 139. Fehmen ob es mit f. oder v. zu schreiben? 63. Was es bedeute 602.
- Feinde solle̅ einander nicht beschimpffen. 938.
- Felonien in Engelland / wie vielerley / und wie bestraffet. 33.
- Feld-Gerichte / oder Frey-Gerichte. 64. seqq.
- Feld-Küche. 541. 548. seqq.
- Feld-Meister / seynd zwar nicht infam, laboriren iedoch majori maculâ, als die Scharffrichter 570. vid. Scharffrichter.
- Feudum ligium woher es den Nahmen / und was es damit vor Bewandnis. 985.
- Ferdinandus IV. König in Spanien für GOttes Gerichte citiret. 90.
- Fesseln güldene und silberne. 618.
- Feuer und Wasser-Verbot bey den alten Galliern. 11.
- Feuers-Brunst ob der erreget / dem die Schuh brennen. 52.
- Feuer un̅ Wasser Beweiß. 73. Wie es damit gehalten worden. 78. 79. Bey den Siamern. 82. Japanern. 82.
- Feuer-Volter. 286. seqq.
- Fidiculae. 282. seqq.
- Finger-Abschlagung. 853. Ist in zwey Fällen üblich 967. seqq. Deren zauberische Abschneidung. 971.
- Finger Aufhebung bey Eydschwüren. 962. Dessen bedeutung. ibid. Ein Hof-Prediger weigert sich es zuthun. Obs Ceremonia arbitraria? 966.
- An Fingern zerstimmelte ob ad Clericatum zu admittiren? 977. seq.
- Finger. Fünff Finger die Heyden der Minervae zugeeignet. 973. Starcker Finger Exempel. 974. Finger Bedeutung in der Chiromantie. 977. Haben sich etzliche selbst gelähmet oder verstimmelt. 978. 981. Den kleinen Finger müssen sich bey den Hottentoten des Verstorbenen nechste Freunde abschlagen lassen. Item dessen nächste Erben ein Glied von jeden kleinen Finger. 979.
- Fiscale Käyserliche sollen auf die abusus der Comitum Palatinorum acht haben. 482.
- Flaschen tragen eine Straffe. 745.
- Flucht aus den Gefängnis 671. seqq.
- Forschung eines Mörders wie Gonzaga angestellet. 52.
- Focaria quid. 1064.
- Freundschafft wie unterschiedene Nationes gestifftet. 983. sonderlich auch durch Blut-vergiessen. 984. seq.
- Freunde begleiten in Engelland die Missethäter. 38. Helffen sie hinrichten. ibid.
- Fraisch-Gerichte. 52.
- Friedemacher der Ehe-Leute. 1022.
- Frohnbothen Gerichte. 68.
- Frotho, R. Daniae gestattet die duelle. 107.
- Auf freyen Fuß stellen. 618.
- Frons cauteriata. 904.
- Fuhrleute Straffe / so mit den Geträncke und andern Waaren fälschlich umgehen. 897.
- Fünffer Gerichte. 68. zu Nürnberg. 130.
- Furca was vor ein Supplicium gewesen. 757. seq. bey den Römern zweyerley / ignominiosa und poenalis. ibid. seq.
- Per furcam & fossam wird die Jurisdictio criminalis in Schottland conferiret. 606.
- Fußsohlen Schlag und Aufschneidung / wo sie üblich. 1071. seqq.
- Fuß-Abhauung. 1073. Bey den Römern bräuchlich gegen die servos fugitivos 1073. Andere Exempel / denen solches wiederfahre̅ 1074. Item bey den Francken. 1075.
- Futini in DEI sinu musten die Bräute zu Rom ihre Jungferschaft opffern. 1059.
- Futterwanne / darein Span̅en eine Straffe. 747.
- GAleen / schicken auf die Galeen. 700. 791. seqq. Auch den Römern bekant gewesen. 793. Exempel dahin geschickter. 794. seq.
- Galgen und Rad soll zum Schrecke̅ dienen. 1. 2. Galgen 601. Von Constantino M. eingeführet. 604. 754. Bey deren Richtung was vor Solennitäten. 608. seq. Galgen wie zusetzen. 610. In Franckreich einer vornehmer als der andere. 616. Wird von Käyser Maxim. 1. und einen Könige in Franckreich begrüsset. 609. seq.
- Gal???agra, Gorgira, Gefängnisse zu Rom. 647.
- Galle ob unter den Wein gewesen / den Christus bey der Creutzigung getruncken. 455.
- Gangolphi Burgundionis Ehe-Weib purgiret sich durch ein Miracul. 74.
- Gänse die Römer jährlich an einen gewissen Tag in Sänfften getragen 1086.
- Gast-Gerichte. 68. Noch üblich in Würtenbergischen 69. Quid juris circa haec in Sachsen? 69.
- Gebeth bey den Voltern 343. 344.
- Gebrechliche ob zu torquiren 271.
- Geburts-Brieff vor Scharfrichters Kinder. 573.
- Geburts-Glieder männliche / deren Abschneidung. 1019. Die Mohren in Mossambique schneiden solche ihren Feinden ab / hängen sie ihren Weibern / als ein Pater noster, an. 1020. Frau bittet ihren Mann von der Abschneidung loß. 1021. seq. Juden solche abgeschnitten / wenn sie mit einer Christin gebuhlet. 2022. seq. Ist bey den Persern üblich. 1023. Vorzeiten auch in Teutschland. ibid. Bey den alten Egyptiern. 1024. Römern / alten Francken. Griechen. 1025. Etzliche schneiden sie sich selber ab / als Geistliche / die Sacerdotes Matris Deum. 1026. Georgianer straffen die Diebe damit. ibid. Alexander M. lässet in den überwundenen Städten männliche und weibliche Glieder aufrichten 1027. Geburts-Glied eines verbuhlten Bischoffs läst Käyser Heinrich praf zerprügeln 1028. Käysers Heraclii verdrehet sich wegen getriebener Blutschande 1029. Grosse gemeiniglich bey Leuten von schlechten Verstande. 1039. Peguaner tragen Schellen dran. 1021. Deren Mangel und Fehl / Großund Kleinheit wie fern die Ehescheidung verursachen. 1032. seqq. Allerhand wunderliche Art derselben. 1039, Die Römischen Weiber ihn zu Ehren jahrlich ein Fest gehalten. 1042. Weibliche / Türcken schiessen darnach in Constantinopel 1025.Dessen Kützel vertreibt eine Spanische Dame durch glüende Kohlen. 1026 Pherono kan kaum eines finden / daß nur der rechte Mann alleine besuchet. 1027. Eines Kindes schneidet ein Huhren-Hengst auf 1028. Nehen die Peguaner den Töchtern fast gantz zu 1021. Dran sehen lassen sich die Taxillischen Jungfern auf öffentlichen Marckte / wenn sie Männer haben wollen. 1043. Wie bey den Mohren beschnitten werden 1065. Deren Besichtigung in welchen Fällen sie statt habe / und wie dabey zu procediren 1029. seqq Ihr Mangel und Fehl wan die Ehescheidung verursache. 1032. seqq.
- Gefängnis / Kärcker. 624. Die waren anfänglich nur zur Verwahrung 624.
Hernach auch zur Straffe gebraucht. ibid. Beschreibung. 625. Seynd
unterschiedlich. ibid. seqq. Publicus, ewige Gefängnis / wenn sie erkant
werde. 626. seq. Wird bißweilen alternativè erkennet. Ob Judex oder
Delinquens sodann optionem habe? 629. 687. Distingvendum inter detineri in
perpetuâ custodia, & condemnari ad perpetuos carceres. 629. Poena
perpetui carceris gehöret ad merum Imperium 630. Carcer modicae coërcitionis
est mixti Imperii. 631. Carcer custodiae ad simplicem Jurisdictionem
pertinet. ibid. Privatus,|| [ID01158]Hauß-Kartzer / wie weit zugelassen / oder nicht. 631. seqq. Gefängnisse sollen nicht zu nahe beysam̅en. 638. Leidlich und leichte. 640. Auch nicht unter der Erde. 652. Noch mit Gespensten geplaget seyn. 649. Platonis dreyerley Gefängnisse. 640 Gefängnisse zu Londen und andere 681. seqq. Gräulicher Gefängnisse Exempel. 641. Uber arge Gefängnisse kan der Gefangene die hohe Landes-Obrigkeit imploriren. 652 Und Commission zur Besichtigung ausbitten. ibid. Cautel vor solche Commissarien. 653. Arme Gefangene lässt man bißweilen wohl gar im Gefängnis umkommen. 654. seq. Was von solchen Todten zu halten. 655. Zeichen / ob sie der Teuffel umbracht. 655. Gefängnisse der Chineser. 23. Der Hexen sonderlich sollen nicht abgelegen / noch unter der Erden seyn. 367. Müssen zuweilen verändert werden. 369. Im Gefängnisse soll nach vertragenen Sachen keiner aus Privat-Haß aufgehalten werden 688. Wenn sie nicht wohl verwahret / kan der Kercker-Meister vor die Loßbrechung nicht stehen. 514. Deren Langwierigkeit mitigiret die Straffe. 687. Schlim̅e Gefängnisse in Franckreich abgeschaffet. 657. Die zu grausamen gerathen / selbst hinneinkommen. 657. seq. Mannes und Weibes-Volck von einander zuthun. 658. Wieauch andere Gefangene. ibid Gefängnisse sollen räumlich und rein seyn. 662. Niemand aus Haß oder Ubereilung drein zu lege̅. 665. Sollen nach Unterschied der Personen unterschiedlich seyn. 667 Unterschied der Verbrechen erfordert auch unterschiedliche Gefängnisse. 670. Gefängnisse hat kein Erb- oder Nieder-Richter im Amt Altenburg. 670. Der Erb- und Nieder-Gerichte Gefängnis. ibid. Aus der Gefängnis loßbrechen / was den Gerichts-Dienern un̅ Wächtern dabey z???imputiren 509. seqq. Wie vor diesen und itzo bestraffet. 671. seq. Ist in etzlichen Fällen zugelassen. 677. Aus den Gefängnis Entgangener ob pro Confesso zu halten. 674.
- Gefangenen Privilegia wider den Judicem. 689. Sie müssen sich selbst
alimentiren / wenn sie Mittel haben. 660. Wo nicht / thuts der Ankläger oder
Obrigkeit. ibid. Freunde nicht leicht zu ihnen zu lassen. 661. Bewachung
gehöret ordinariè nicht vor die Bauren. 662. Was bey ihrer Kranckheit zu
beobachten 664. So sie unschuldig / ihre remedia contra Judicem. 666. Zu
Athen wurden auf Bacchi Fest loßgelassen. 678. Lassen die Jüden aufs
Oster-Fest loß. 679. seq. Deren Loßlassung auf gewisse Zeit. 680. seq. bey
gewissen Begebenheiten. 680. Listig entwischet. 683. Wen̅ sie
sich mit gewap|| [ID01159]neter Hand und Gewalt loßmachen / was es auf sich habe. 679. Mit ausgetretenen Gefangenen wie es in Franckreich gehalten werde. 677. Gefangener wenn mit des Kercker-Meisters Frau oder Magd Unzucht treibet / 678. seq. Gefangene Türcken und dergleichen in die Zuchthäuser zu bringen. 713. Gefangener durch den Teuffel entführet. 650. seqq. Gefangene ob sie ihre Verpflegung bekommen / muß der Richter acht geben. 659. Gefangene nach den Gefängnis zu grossen Ehren kommen. 684. So in Gefängniß sterben / ehe sie confessi & convicti, ob zu begraben. 685. Post confessionem sterbende werden dennoch exequiret. 685.
- Gehinnon Thal. 89.
- Gehorsam / bürgerlicher vor kein Gefängnis zuachten. 637. Priesterlicher. 638.
- Geige / eine Straffe. 747. seq.
- Geilheit / ein recept davor. 1064.
- Geistliche Gerichte. 70. Was davor gehöre. 71. Geistliche Unter-Gerichte / und was dahin gehörig. 71. 72. 73.
- Geistliche / vor der Peinigung zu degradiren. 278. Wie sie sich bey der Delinquenten Zubereithung zuverhalten 444. seqq. Was sie thun sollen / wenn der Delinquent eröfnet / er sey unschuldig. 446. seq. Sollen sonderlich die Hexen fleißig besuchen. 457.
- Geleit / sicher Geleit. 677. seq.
- Gelegenheit / vorn haarig / hinten nackend. 1121.
- Geldes Klang / hat wunderliche Würckung. 196.
- Geld / Fang- und Schließ-Geld. Vid. Fang- und Schließ-Geld. So der Satan den Hexen bringet. 114. seq.
- Geld-Straffe durch die Richter in der Insel Ceylon auf sonderliche Art eingemahnet. 762. Soll leidlich seyn. 862.
- Gemeinschafft der Jungfern und Weiber bey etzlichen Völckern. 1057.
- Gerechtigkeit Bildnis. 180. 192.
- Gerber vid. Lohgerber.
- Gerichts-Schreiber / deren Ami und Beschaffenheit. 471. seq.
- Gerichtbarkeit / deren Zeichen / wozu sie dienen. 1. 2. Wohlgespickt eine Anzeuge strenger Justiz. ibid.
- Gerichts-Bücher. 486.
- Gerichte / wozu sie angesiellet. 3. Sind zweyerley / bürgerliche 16. und
peinliche. 95. Item Obere und Untere / oder Niedere 96. Unter freyen Himmel
gehalten bey den Römern. 7. 17. Untern Thore bey den Jüden. 8. Gerichte bey
den Bithyniern. 10. Der Carthaginenser. ibid. Egyptier / alten Gallier. 11.
Athenienser. 12. Des Priesters Johannis. 20. Der Insul Ceylon. ibid. Der
Moscowiter oder Russen. 20. 21. Der|| [ID01160]Türcken. 21. Persianer. 22. Im Königreich Marocco. 22. 23. Bey den Chinesern. 23. 24. Im Königreich Indostan. 24. Der Portugallischen Inquisition. 25. seq. Der Spanischen. 29. seq. In Engelland. 32. 37. seqq. Schottland. 38. seq. Irland. 39. Teutschland. 39. seqq.
- Gerichts-Gebühren bey den Atheniensern. 16.
- Gerichts-Säle der Sineser / wie sie geziehret. 6.
- Gerichts-Personen sollen vor angehenden Torturen wegen vielerley Gefahr bethen. 343. seq.
- Gerichts-Städte aufzuführe̅ wem es gebühre / und nicht. 605. Was dabey vor Solennitäten. 612. seqq. Muß der Gerichts-Herr bauen lassen. 614. Setzen dem / so sie richten lässet / in Possessionem vel quasi. ib. Sie bestehlen / was es auf sich habe. 899.
- Gerichts-Verbiethung. 859.
- Gerichts-Diener. 491. Vid. Hescher.
- Gesandter zu Regenspurg verbindet sich mit den Teuffel 409.
- Geschencke / deren Krafft 196.
- Gesellen-Stoß. 536.
- Glieder-Verstim̅elung / was nach Sachsen-Recht vor eine Emenda drauff stehe. 973.
- Glücks Unbestandt wie die Babylonier angezeuget. 17.
- Gonzago wie er einen Todschläger erforschet. 52.
- Gottes-Lästerern in Spanien ein † auf die Lippen gebrannt. 909. Anderswo ihre Straffe. 944.
- Gottes-Gericht / Gades-Ordel / Gottes Urthel 73. Vid. Citation ins Thal Josaphat.
- Gräberöfnung wie zu bestraffen. 898.
- Graffen bey der Francken Regierung. 94. seq. Gericht. 94.
- Grade der Tortur. 314. seqq. 321. seqq. Der dritte Grad wie er vermehret werde. 317.
- Gräntzsteine Verrückung wie in Peru gestraffet werde. 746.
- Grau werde̅ / deren Exempel / so es in einer Nacht worden. 649.
- Grosse Herren sollen ihre Diener rechtschaffen besolden. 200. seq. Freygebig seyn. 201. Fleißig auf die Cantzeley und Consistoria gehen. 211. Exempel deren / die es gethan. ibid.
- Grotius entkommet listig aus den Gefängnis. 683.
- Güte wie sie zu versuchen. 209.
- HAare liessen die Rönier lang wachsen. 1095. Langes musten der Spartaner
Soldaten tragen. 1096. Britanni schoren sie sehr ab. Und Licii gaben viel
Geld davor. ibid. Lusitani trugen sie so lang / als die Weiber. Desgleichen
die Svevi,|| [ID01161]Longobardi, und die Fränckischen Könige. 1097. Einige lang Haar getragen / um desto grausamer zusehen. 1098. Seynd ein Zeichen der Freyheit. 1101. Geliebde wegen die Haar wachsen lassen. ibid. Sunt signa Iuctus. 1103. Grosse Krafft in Haaren. 1122. Semiramis wolte sie nicht einflechten / biß Babylon gewonnen. 1105. Haar abschneiden grosser Schimpff und Straffe. Dessen Exempel 1110. Huhren Straffe. 750. seqq. Geschihet aus Noth. 1120. Etzliche rauffen sie vor Betrübnis aus. 1116. Haar abschneiden auch ein Zeichen der Trauer bey den Egyptiern. ibid. Etzliche schweren / das Haar nicht wachsen zulassen / biß sie sich gerochen. 1117. Haar den Todten geopffert. ibid. Den Verstorbenen soll sie Proserpina abschneiden 1118. In Gefahr schnitten sie manche auch ab. ibid. Haar den Göttern geopffert. ibid. Item den Meer und Gewässern. 1119. Vestalische Non̅en haben ihre Haare abgeschnitten. ib. Purpurfarbene des Nisi 1122. Rothe Haar. 1128. Roth und gelb Haar der alten Teutschen Priester. 1119. seq. Haar abzuscheren unterschiedene Weise. 1120. Weiber zu Carthago geben ihre Haar zu Schif-Seulen. 1120. Lang Haar stehet den Frauen-Zimmer wohl. 1129. Haar-Fontangen und Thürme. ib.seq Plura vid. ibid. seq. Haar aufbinden den armen Sündern. 457.
- Hacken / in eisernen Hacken werden die Ubelthäter in Königreich Marocco hingerichtet. 23.
- Haderbuch. 68. Zu Nürnberg. 804. seq.
- P. Hagenbach seiner bösen Thaten halben der Proceß gemacht. 1137.
- Hals-Eisens Straffe in Engelland. 34. Insgemein. 620. 622.
- Hals-Gerichte / Hoch-Gerichte / was dahin gehöre 96. seq. 103. Unter freyen Himmel gehalten. 7. Bey den Römern. 17. Vid. Gerichte.
- Hanhreyschafft warum bey den allergelehriesten so gemein 1062.
- Hals-Eisen. 620. 622. Vid. Pranger.
- Hand. Hände sollen was Göttliches in sich haben. 1001. Der Rechten und Lincken unterschiedene Bedeutung. ibid. Lincke Hand beym Türcken die Oberstelle. 1002. Rechte Hand des Reichs wird H. Albertus genannt. 1004. Langer Hände Bedeutung. 1003. Ausgestreckte Hand Zeichen des Friedens. ibid. In die Hände schlagen / Hände geben Zeichen der Treue. 1001. Hände zusammenschlagen signum deditionis 1002. Handküssen ein alter Gebrauch. 1003. Blossen Hände durfte̅ die Perser in ihres Königs Gegenwart nicht sehen lassen. ibid. Tode Hand quid? 1000.
- Hand-Abhaung in Engelland wegen gebrochene̅ Burck-Friedens. 36. In was für Fällen solche sonst anderswo erkant werde. 896. 989. 990. seqq. Ist eine allzuharte Straffe. 992. War bey den alten Francken sehr üblich. ibid. Exempel unterschiedner / dene̅ die Hand abgehauen. 993. seqq. Ist wegen bößlicher Verwundung noch in usu, sonderl. wege̅ gebrochenen Burg-Friedens. 995. seqq. Hand-Abhauung wenn indeterminatè erkant / von welcher es zu verstehen? 998. Die Wahl beyn Judice, ibid. Wie wenn der delinquent nur eine hat? ibid. Sie führet regulariter Landes-Verweisung mit sich. 999. Ist gelinder / als die Tortur. 1000. Hauet jemand einen die Hand ohngefähr ab / ist die Busse arbitraria. ibid.
- Hand und Schrifft können manche meisterlich verändern. 250.
- Hand und Halffter / Schuldner dran liefern. 635. seqq. 712. 738.
- Handhaffte That / was sey? 42.
- Handmahle hatten die Alten an statt der Nahmen in ihren Unterschrifften. 1004.
- Hand-Eisen. 622. Hand-Feßel. 621.
- Hecate ein grausam Weib. 538.
- Hegung der peinlichen Hals-Gerichte / bey welchen Fällen geschehe / in Sächsischen. 157. Ist nöthig ante executionem 158. Aller Ortennicht einerley 159. Wie es in Chur-Sächsischen damit gehalten. ibid. seq. In Sachsen-Gothaischen. 163. seq. In Altenburgischen. 166. In Schwartzburgische̅. 170. seqq. Besiehe auch p. 453. seqq.
- Heckerling streuen 751.
- Heimliche Gerichte. 103. 143. Vid. Westphälische Gerichte.
- Heimführung / bey derselben musten die Römischen Bräute ignem & aquam berühren. 790.
- Helff-Gericht. 103.
- Helffensteinische̅ Grafen jagen die Bauren durch die Spieße. 138.
- Heliaea Gerichts-Ort zu Athen. 16.
- Hemde / Teuffels-Hemde / Noth-Hemde. 356. Ein weisses des Sontags anziehen / ein Indicium zur Inquisition in Portugal. 28.
- Hencker-Mahlzeit. 451.
- Hennebergische Grafen / davor soll sich eines Scharffrichters Sohn haben ausgegeben. 544.
- Herrschafft Gegenwart hilfft viel an Gerichts-Städten. 211.
- Hertzklopffe̅ verräth eine̅ Mörder. 52.
- Hescher zu Leipzig. 494. 495. Der Hescher Leichtfertigkeit. 496. seq.
Haben an etzlichen Orten Italiens grossen respect. 497. seqq. Obrigkeit soll
ihnen den Daumen aufs Auge halte̅ 503. Solle̅
ohne Specialen Befehl niemand gefangen nehmen. 504. Noch die absolvirte über
die Zeit im Gefängnisse anhalten. ibid.|| [ID01163]Wie es mit dero Schlüß-Gebühren beschaffen. ibid. Sollen vor sich niemanden loßlassen. 505. Wenn sie es vorsetzlich und dolosè thun? ibid seqq. Da sie den dolum leuguen / seynd zu terriren oder zu torquiren. 507. Oder müssen sich mit einen jurament purgiren. ibid. Wie? Wenn es culpa eorum geschiehet? 507. seq. Sie seynd nicht entschuldiget / wenn sie schon wissen / daß der Gefangene unschuldig. 509. Müssen exactissimam diligentiam praestiren. 509. Wiefern sie bey der Gefangenen Loßbrechung schuldig / oder zu entschuldigen. 507. seq. Ihre Straffe / wenn sie sich an gefangenen Weibes-Bildern vergriffen. 517. Sollen in ihren Amts-Verrichtungen nicht gehindert / sondern ihnen vielmehr Hülffe geleistet werden. Wenn einer sich wieder setzet / und nicht gefangen geben will. 519. Sollen in Auspfändungen glimpfflich seyn. 520. Wie weit ihnen zu glauben. 521. seq. Seynd privilegiati, sofern sie fines mandati nicht überschreiten. 522. Obrigkeit soll ihre Excesse mit Ernst bestraffen. 523. Ob ihre Kinder in ehrliche Zünffte aufzunehmen? 524. seq. Ob sie einen Gradum annehmen kön̅en? 567. seq.
- Hexerey crimen exceptissimum & atrocissimum, 345. seq. In Hexerey ob die Tortur zuschärffen? 345. 347. seq.
- Hexen. Hexen Voltern gefährlich 344. Hexe bezaubert den Scharffrichter. 344. Beisset ihn. 345. Deren Dultung hat Obrigkeit schwer zu verantworten. 346. Ihnen sollen Advocaten nicht leicht dienen. ibid. Der Teuffel härtet sie / daß sie nicht bekennen. 350. Wie sie aufzulösen / zuläßiger. 364. 370. unzuläßiger Weise. 362. seq. Richter soll sie besuchen lassen. 357. Ihre Merckmahle und Zeichen 358. seqq. Erbhexen / Hexen-Könige. 360. Hexen-Suppen. 363. Sie sollen durch Weiber und nicht die Schaffrichter besuchet werden. 364 365. Hexen-Gefängnis / und was dabey zu bedencken. 567. Seynd bald zu examiniren. 368. Wenn sie ihre Complices in der Tortur nicht nennen wollen / müssen noch einmahl dran. 386. Ihr Buhle was gemeiniglich vor Nahmen habe. 408. Müssen den Tenffel oft noch darzu geben. 415. Hexen-Eyer. 416. Hexen-Stöcke. 601. Auf ihre Gebehrden in examine zusehen. 240. Ihre Wasser-Probe. 85. Ihre Fahrt. 424. seq. Versammlung. 426. seqq. Mahlzeit. 427. seqq. Müssen eine Hostie mit bringen. 426. Ihre Täntze / und wo sie gehalten werden. 422. seqq. Hexen-Suppen. 599. Plura vide sub voc. Teuffel.
- Heyrathens unterschiedene Gewonheiten. 1057.
- Himmel / unter freyen Himmel Gerichte halten. 7. Lehn-Gerichte unter freyen Himmel. ibid. Die Römischen Käyser thatens vor diesen in der Gegend Placenz. 7. 8. Man̅recht auch so gehalten. 127.
- Höllische Richter 223 seqq.
- Hörnichen an statt membri braucht der Teuffel bey der Hexen. 407.
- Hörnissen zur Volter gebraucht. 290.
- Hochgerichte. 601. Deren Possession zuerhalten braucht nicht eben eine peinliche execution. 605.
- Hoch-Noth-peinlich Halß-Gericht / und peinlich Halß-Gericht differiren. 156. 157.
- Hof-Gerichte zu Rothweil. 100. Derer Fürsten und Stände. 101. Sächsische. 102. Pfältzische / Würtenbergische / Braunschweigische / Heßische. 102. Pommerische / Holsteinische / Mecklenburgische. 103.
- Hof- und Rittermanns-Lehn-Gericht. 103.
- Hof / sich an Hofe schlagen / wie bestrafft. 35. 36. Hof-Straffen. 725. seqq.
- Hohe Fraisen. 96.
- Huben-Gerichte. 103.
- Huf-Eisen schlagen auf Hände und Füße läst Schach Sefi einen Rebellen. 1079. Der Teuffel einer schinderischen Wirthin zu Schwartzenstein. ibid. Etzliche Türcken auf den Köpffen. ibid. seq.
- Hurerey bey etzlichen Völckern zugelassen. 1057. Zu Rom gesteuret. 846.
- Huhren / ihre Straffe das Auspaucken. 749. seq. Haben zum Unterschied gewisse Tracht. 814. Nach den Päbstischen Recht giebets gar keine. 816.
- Hund. Leget Eyer. 416. seq. Hunde Lob. 1082. seq. Hund einen heissen schimpflich. 1084. seq. Bey den Kinder-Mördern mit in Sack gestecket. 1085. Hunde die Heyden geopffert. 1086. Die Römer jährlich einmahl gecreutziget. ibid. Hund ein böses Omen. 1087. Böser Wurf im Spiele. Symbolum der Wachsamkeit. Hunde ziehen Heliogabalum in Wagen. Hund etzlicher Egyptischen Völcker König. ibid. Hunde bey den Hircanern die Leichnamme gefressen. 1088. Zu Wächtern gehalten. ibid. So groß als die Esel ibid. Greuliche starcke Hunde schencket Sophites den Alexandro M. 1088. Hunde müssen zu Thyana alle sterben. 1089. Mehr von Hunden vid. ibid. & seqq.
- Hunde tragen / Straffe der Edelleute bey etzlichen Teutschen Völckern. 1080. Dessen Exempel. ibid. seq. Auch bey den Böhmen üblich. 1081. seq. Bedeutung dieser Straffe. 1082. seq.
- Hunde-Zeichen / Hunde schlagen. 544.
- Hunger-Volter. 288.
- Hur von den Juden mit Speichel getödtet. 958.
- Huß verbrannt. 1135.
- Hut / rother und brauner sammetener bey Promotionen / was bedeute. 806. in Form eines halben Eyes. 807. nimmet ein Adler Tarquinio Prisco ab. 807. Des hohen Priesters zu Jerusalem. 808. Damit bedeckt warum Hippocrates gegemahlet werde. ibid. Wendet Kugeln ab. ibid. Bunte Hüte muste der Dauphin Carolus in Franckreich und seine Diener tragen. 809. Hut entdecket einer Diebstahl. ibid. Besten Hüte hat der Pabst. 810. Von altväterischen Hüten hilfft Henr. IV. einen Hutmacher. 812. Rothe und gelbe Hüte tragender Exempel. ibid. seqq. Grüne / der Banckerottirer. 817. Weisse der falschen Müntzmacher. 818. Schelmenhütlein Sambenitus. 805. Hut auffn Kopff nageln lässet Basilowiz einen Gesandten. 816. seq.
- Hut tragen / Zeichen der Freyheit. 805. 807.
- Hut aufsetzen / wer solches bey Käyserlicher Audienz dürffe aber nicht. 810. Solches zuthun in Käyserlicher Praesens haben die Stände ex proprio jure, nicht per Privilegium. 811. In Spanien darff coram Rege niemand / als die Grandes. ibid.
- Handschu??? / deren Gebrauch und Bedeutung bey den Alten. 1004. Eiserne Marter-Instrument. 285.
- Handwercks-Pursche herum lauffende gehören ins Zuchthaus. 708.
- Hans nennet sich gern der Hexen Courtisan. 408.
- Harpalus, Alexandri M. treuloser Renth-Meister. 846.
- Hartzkappe / Geistlichen vor der Peinigung ausgezogen. 278.
- Hausgenossen-Gericht. 103.
- Hausschweren. 755.
- JOdocus Römischer Käyser nur durch den langen Bart bekant. 1096.
- Johannes Evangeliste ob in Metallum nach Pathmos condemniret worden? 700.
- Josaphat ins Thal Citatio. 88. seq. Ist nicht ohne Würckung. 90. seq.
- Jrmen-Seul. Jrmen-Seul Priester. 64.
- Jude büsset den Bart über den Heiligen A. T. ein. 1124. Juden-Gericht in
Thoren. 8. Sanhedrim zu Jerusalem. 9. Noch zwey andere gemeine
Gerichts-Häuser. 10 Besondere Gerichte in gewissen Städten. 10. Hatten an
statt der Volter das Loß und bittere Wasser. 306. Liessen auf Ostern einen
Gefangen loß. 679. Solten der Erkäntlichkeit wegen eigne Kleidung haben.
812. seq werden die Zähne ausgebrochen. 955. Pflegen sich durch|| [ID]Kunst wieder eine Vorhaut zumachen. 1067. Bey den Beinen zwischen zwey Hunden aufhengen ist eine brutale Straffe. 1085.
- Judex Castrensis 125. AEgyptius. 181.
- Judicium hastatum criminale. 132.
- Jugum, mittere sub jugum, Straffe der Römer gegen die überwundene. 840. Deren Exempel. 841. seq.
- Jungfern. Gingen bey den Massiliensern auf die Freyte. 1057. Garstige und schöne verstechen die Babylonier mit einander. 1057. Raub und dessen Straffe. 991. Bärthe. 1106. Liessen die Römer nicht hinrichten / sondern erst durch den Scharffrichter defloriren. 1140.
- Jungfer anhängen eine Straffe. 726.
- Jungferschaft den Königen / Knechten / Canonicis & Comitibus, Pfaffen / und Frembden vor der Hochzeit aufgeopffert. 1058. seq. Verlohrne / wie sie zu Constantinopel entdecket worden. 306. In der Insul Cypern den Fremden verkaufft. 1057.
- Juramentum purgatorium. 1438.
- Jurisdictio criminalis durch Annehmung des Scharffrichters bewiesen. 540. Wie zu Conserviren. 605. seq. Erlöschet nicht praescriptione longissimi tomporis, wenn kein delictum vorfället. 606. Deren Signa 109. Circum septa quid? 149. seq.
- Juristen / was rechte gelehrte Juristen seynd? 187.
- Jus cruentationis, sandapilae & feretri. 43. seq.
- Justitz / deren Zeichen / wozu sie dienen. 1. 2.
- Japaner haben keine Gefängnisse. 682. Brauchen die Feuer-Probe. 82.
- JCto rechtschaffenen die moralia hochnöthig. 188.
- JEsus Nahmen die Christen in Ecclesiâ primativâ ins Fleisch gebrant. 915.
- Jessenus, Professor zu Prag geviertheilet. 946.
- Illustres personae mit Käyserl. Vorbewust zupeinigen. 277.
- Indicia was / und wie vielerley sie seynd 226. seqq. Ad capturam. 665. Wie sie zu beweisen. 227. Zu registriren / 228. Zu ponderiren / ob sie sufficient. 229. Ad inquirendum. 225. Ad Torturam, wie beschaffen seyn müssen. 48. seq. 263. seqq. Neue / zu wiederhohlender Tortur. 384.
- Indostaner Gerichts-Art. 24.
- Impositio venditionis & migrationis. 858. seqq.
- In Insulam deportatio. 778. seq.
- Injurien unterschiedene Bestraffung. 826. 898. Ob capitaliter kön̅en bestraffet werden. 827.
- Inquisition zu Portugall. 25. seq. in Spanien. 29. Was sie daselbst vor Schaden gethan. 31. In Teutschland 118. Wollen die Venetianer nicht einführen. 31.
- Inquisitions Proces, genugsame Indicia dazu nöthig. 225. seq. Wie er wieder die Inquisiten zu verführen. 235. seqq.
- Inquisitional-Articul. 235. Und deren Beschaffenheit. ibid. seqq.
- Inquisitions Acta dem Inquisito, oder seinem Defensori vorzulegen. 255. derern Verschickung und Eröfnung. 259.
- Inspectio ventris. Vid. Geburts-Glieder der Weiber.
- Interdictio ignis & aquae. 787. seqq. Auf was weise sie geschehen. 788. Hiemit bestraffte durffte niemand herbergen. ibid. An deren statt die deportatio aufkommen. 789.
- Interdictio Sacrificiorum bey den alten Gallis. 789.
- K. der Calumnianten Brandzeichen. 907.
- Kaack. 713. Ist unterschiedlich. 748. seqq. Vid. Pranger.
- Kahlköpffiger Exempel. 1129.
- Kalck-Gyps- und Schwefel-Hütten. 693.
- Kampff / dadurch vorzeiten die Unschuld bewiesen. 81. Kampff-Gerichte / Kampff-Recht. 103 seq Zu Hall in Schwaben. 113. Zu Würtzburg. 114. Kampff-Brieff ertheilet Hertzog Ludwig. 106. Kämpffe grosser Herren und anderer / so merckwürdig. 107. seqq. Zu Fuße und zu Pferde gehalten worden. 114. Kampff-Recht wenn es abkommen. 115.
- Jac. Kampen ein Wieder-Täuffer giebt sich vor König zu Zion aus. 949.
- Kappen eiserne eine Straffe. 726.
- Karn / in Karn gehen / Straffe. 692. [Greek words]. 749.
- Katzen-Auge heissen Beschimpffung bey den Sinesern 924.
- Kauff-Leute so die Waaren verfälschen / ihre Straffe. 891. seq.
- Kehrigt gegen den Herd werffen ein Indicium zur Inquisition in Portugal. 27.
- Kercker / Gefängnis. 624.
- Kercker-Meister Amt und Unterschleiffe. 660.
- Kessel-Thurm / Gefängnis. 648.
- Ketten und Banden / deren mancherley Art. 616. seqq. Zerbrechen geschahe / wenn die Römer einen auf freyen Fuß stelleten. 618. An güldenen Ketten der Mohren Gefangene. 16.
- Ketzer-Meister Inquisition. 118.
- Keuschheits wunderbahrer Beweiß. 85.
- Keuschheit der Heydnischen Priester. 1060. Der Vestalischen Nonnen. 1061.
- Käyser hielten vor diesen Comitialia subdialia bey Placenz 7. 8.
- Kinder-Straffen. 729. seqq. In Türckey / Persien und Japan sehr gelinde
gestraffet. 734. Bey den Teutschen muß Kinder-Zucht was hart seyn. ibid. Der
alten Go|| [ID01168]then sehr strenge. 735. Ungehorsame ins Zucht-Haus zu schicken. 710.
- Kinder-Väter zu Rom wie die Gemein-Brümmer gehalten. 1054.
- Kinnbacken Zermalmung. 954.
- Kipper- und Wipper-Straffe. 894.
- Klauen-Zange. 283.
- Kleidung der Maleficanten in der Inquisition zu Portugal. 28. Der armen Sünder ob zuverkauffen / und die Executions Kosten davon zu machen. 461. Der Huhren. 814. seqq. Hescher oder Gerichts-Diener. 817. Gleits-Reuteru. Scharfrichter. ibid. Der Spartanischen Weiber liederliche. 1043. Der Pelopponesischen Jungfern ein Netz über die nackte Haut. ibid.
- Kloben mit den Chorden und Simen in der Tortur. 316.
- Kloster / Verstoffung ins Kloster. 785.
- Knechte / Amts-Stadt und Lands-Knechte. 495. 748. seqq. von Natur / in die Zucht-Häuser zustecken. 714.
- Köche Gefängnis zu Rom. 645.
- Königs-Stuhl am Rhein. 8.
- Korb / durch den Korb fallen eine Straffe. 749. 798. seq.
- Korn-Juden / deren Betrug und Straffen. 891.
- Krancke ob zuvoltern. 271.
- Krantz von Stroh / Wolle & c. 750.
- Kreute und Kohlen in den Areopagitischen Gerichten. 15.
- Krieg durch Zweykampff geendiget. 112.
- Kriegs-Gerichte / Kriegs-Recht. 119.
- Kugel / eine Art Feßeln. 618.
- Kunigunda purgiret sich durchs Feuer. 76.
- Kuß wie in Ißland gestraffet werde. 847. seq. Wider Wille̅ eine injurie. 1047. Kunst recht zu küssen. ibid.
- [Greek words], Straffe. 1080. seqq.
- Küchen-Schilling. 726.
- Küssen dadurch wird Mithridates ersticket. 984.
- LAbyrinthus, Gefängnis. 647.
- Lacedaemonier straffen des Nachts. 17. Lassen die Richter die Partheyen nicht sehen. 17.
- Ladung für GOttes / Gerichte. 88. Ins Thal Josaphat / Exempel dessen aus der Heil. Schrifft 90. Ist nicht ohne Effect. ibid. Vid. Citation ins Thal Josaphat.
- Laesions Klage̅ wen̅ sie abzuweisen. 210.
- Landes Verweisung hat in etzlichen Städten ihren gewissen Terminum 863.
Landesverwiesene werden bißweilen wieder recipiret / und bey was vor
occasionen. 864. Exempel der Landes-verwiesenen. 845. seqq. Wo ihrer in LL.
gedacht werde. 849. Der Lands-Verweisung gleichte vor Zeiten die Deportatio.
ibid. Ist temporalis vel perpetua.|| [ID01169]ibid. Indifferenter zuerkant ist de perpetuâ zu verstehen. ibid seqq: Amts-verwiesener ist zugleich aus dem gantzen Lande verwiesen. ibid. Reichs-Städte Verweisung gehet nicht über ihr territorium. 851. Wenn das Land an fremde Herrn kömmet / ob sich relegatus wieder drinne aufhalten dürffe? idid. Wie es mit der Landes-Verweisung gehalten werde? ibid. Urphede wen̅ der delinquent nicht schweren will. 852. Vid. Uhrphede. Landes-verwiesene verliehren das Bürger-Recht nicht. 858. Können anderswo wieder zu Ehren kommen. ibid. Temporal Verweisung in welchen delictis statt habe. 859.
- Land-Gerichte. 102. seq. 119. Des Burg-Grafthums Nürnberg. ibid. seq. Käyserliches zu Bamberg und Würtzburg. 120. Im Hertzogthum Braunschweig und Lüneburg. 121. seqq.
- Land oder Straff-Gerichte. 150.
- Land-Rath. 125.
- Land-Richter. 453.
- Lapis injuriae & impudentiae in Areopago. 13. Vituperii 713. Et Cessionis bonorum. 737. seqq.
- Ad Largam ponere quid? 251.
- Laster-Stein. Vid. Stein.
- Latomia, ad Latomias damnatio. 641. 691.
- Latrunculatores. 294.
- Leaena achtet keiner Volter. 349. seq.
- Leckerbißgen denen Gefangenen ein Zeichen des Todes. 16.
- Lectiones in Concubitu wer erfunden. 1050.
- Lehn-Recht unter freyen Himmel 7.
- Lehn-Gerichte / Hof- und Ritter-Mann Lehn-Gericht. 103. 125.
- Lehn-Brieff über eine Feld-Meisterey. 545. seqq.
- Leib-Zeichen. 142. seqq. Vordiesen viel drauf gehalten. 50. 51.
- Leither in der Tortur. 315.
- Lethe, Persianer Gefängnis. 641.
- Leugnen vorm peinlichen Halß-Gerichte. 387. seqq. Nach der Geständnis in der Volter wie dem zu begegnen. 390.
- Lictores. 491. Wie sie beyn Römern von Carnificibus differiret. 428.
- Lignitzischen Hertzoge / Ge. Rudolphen stellet sein Vasall nach dem Leben. 978.
- Lignum tortoreum 281.
- Ligium feudu̅, ligius homo. 985. seq.
- Lilie Frantzösisches Brand-Zeichen. 908.
- Lippen-Abschneidung. 942. seqq. Dessen Exempel. ibid. seqq.
- In Littauen müssen die Leibeigene sich selbst hencken. 607.
- Literati werden stigmatici genennet. 912.
- Lohgerber / so mit den Scharffrichter der Leder halben contrahiret / oder
armer Sünder Häute gerbet /|| [ID01170]deswegen nicht aus dem Handwerck zustossen. 575.
- Longobardi woher sie den Nahmen. 1097.
- [Greek words]. 390.
- Lorarius was bey den Römern gewesen. 621.
- Lothon. 1119.
- Loßbrechung der Gefangenen / was den Gerichts-Dienern und Wächtern darbey zu imputiren. 509.
- Lucretia die Keuscheste eben nicht gewesen. 1049.
- Ludwig Käyser ertheilet einen Kampff-Brieff 106.
- Ludwigs XI. Königs in Franckreich Freygebigkeit gegen seinen Reichs-Cantzlar. 202.
- Ludwig beweiset seine Rechte gegen Carolum Calvum durchs Ordalium ignis & aquae. 76.
- Lügen-Geld in Schweden. 827.
- Lügner / ein Ertz-Lügner Pamphilius. 862. Eine Ertz-Lügnerin. 863.
- Lumbifragium, Lenden-Brechen eine Knecht-Straffe der Römer. 1007.
- Luxuriosi ins Zuchthauß zuthun. 711.
- M. Brandzeichen der Todschläger bey den Engelländern. 909. Magi, der alten Persen Richter. 22.
- Mahl / Mahlstadt. 126. 127.
- Mahl und Marckstein verrücken oder wegnehmen. 894.
- Majestät-Verletzer gestraffet / 32. seq 38.
- Malleare, Mallus, mannire ad Mallum vel Mannum citati, Malli, seu Manni judicium. 126. seq.
- Mala mansio. 282. Zu Rom. 645.
- T. Manlius ein unpartheyischer Richter. 191.
- Manne / Reichs-Manne. 126.
- Mann-Gericht / Mann-Richter / Mann-Recht. 125.
- Mantile, Marter-Instrument. 305.
- Manegoldi oder Carnifex. 530.
- Manicae, Hand-Feßel. 621.
- Maphorte. 457.
- Marck-Gericht. 127.
- Maria Käyserin verbrannt. 77.
- Maroccische Gerichte / 22.
- Märtyrer Peinigung. 618. 664. 693. 694. 699 767. 924. 950. 954. 958. 959. 993. 1027. 1042. 1069. 1140.
- Marter-Kammer. 318.
- Marter-Zange. 284.
- Maul / ein loses thut achtfachen Schaden. 824.
- Mauß / in Mäuse-Gestalt setzet sich Stepchen bey einer Hexen-Volter zum Actuario auffn Tisch. 401. In eine: Mauß verstellet sich ein Schwartzkünstler. 412. Mäuse zu voltern gebraucht. 290.
- Maximinus ein Richter handelt bey den Martern tyrannisch. 341.
- Maximilianus 1. Käyser salutiret den Galgen: 609.
- Mein-Eyd / was ein Gelehrter Mein-Eyd. 968. dessen Straffen. 34. 955.|| [ID]982. seqq. Zeichen und Wunder / so GOtt an den Mein-Eydigen gethan. 979.
- Meisterey wenn ein Handwercks-Mann an Schuld annimmet und verpachtet / ob deßwegen aus der Innung zustossen. 575. seq.
- Melancholische mit der Tortur zuverschonen. 269.
- Menstrua mulierum die Heyden in sondern Ehren gehalten. 1037. Haben der Gnosticorum Weiber einander zugesoffen. ibid. seq. Zu deren Zeit Ehe-Leute sich zu enthalten / so auch in Alcoran verbothen 1018. Ist Mamerci Scauri aquavit. 1060. Wenn sie eine Frau hat / ist zu der Zeit nicht zutorquiren. 273.
- Mentula damnata tributis. 1066. seq.
- Messerspitze müssen die Peterwitzischen Bauern verschweren. 828.
- Messerschlagen zur Straffe. 728.
- Meßias / falscher in Engelland / und dessen Straffe. 822.
- Metallum unde dicatur? 702. In metallum condemnari 696. seqq. Et in opus metallicum zweyerley. 698. Zum Ministerio metallico auch zu weilen Weiber gebrauchet. 699.
- Mäyen-Gerichte / Mäyen-Dörffer. 127.
- Mäy-Länder müssen einen Esel aus den Hindern fressen. 818.
- Minervae Avenae Altar zu Athen. 13.
- Mittel-Gerichte. 128.
- Mitra, mitrare, was für Straffen. 797. seq.
- Mohren schicken denen zum Tode verurtheileten des Todes Bild zu. 16.
- Monasterium. In id detrusio, poena. 785. seq.
- Moscowiter-Rechte. 20. seq. Volter-Art. 308.
- Müller in Bäyern müssen die Galgen-Leiter machen lassen. 606.
- Münche lassen sich zu Scharffrichtern brauchen. 515.
- Müntzer / falche Müntzmacher müssen in Türckey einen weissen Hut tragen. 816. Müntz-Verfälcher Straffe. 33. 822. 989.
- Müßigang. Löbliche Gesetze wider denselben. 705. seq.
- Mugulis, was es vor ein Fisch / und wie er bey den Laciadis zur Straffe gebrauchet worden. 1008.
- Mund-Geld in Schweden. 827.
- Murci wer die bey den Galliern gewesen. 981.
- Music hält die Clytemnestra von der Unzucht ab. 1011.
- Musicus, weil er eine Seite mehr braucht / als üblich / wird zu Rom verbrannt. 845.
- Musen / ob sie eben so saubere Jungfern geweser. 1049.
- Myrren-Wein den armen Sündern gegeben. 454. seq.
- NAch-Gericht. 128.
- Nacht. Des Nachts straffen|| [ID01172]die Lacedaemonier ihre Ubelthäter. 17. Zu Voltern an theils Orten gebraucht. 319.
- Nackend / einander zusehen bey den Römern scharff verbothen. 1040. Wie auch bey den Türcken. 1041. Nackenden Frauenzimmers Bedienung. 1042. Nackend musten zu Athen von beyderley Geschlecht mit einander ringen und tantzen. 1042. Zogen sich die Babylonischen Weiber aus bey den Gast-Gebothen. 1044. Sollen sich die Weibs-Bilder nicht sehen lassen. 1044. seqq. Es entstehet böses draus. 1045. Und haben sich dessen Zucht-liebende jederzeit gescheuet. 1046. seq.
- Nadeln bey der Tortur. 317.
- Nahme / ehrlicher Nahme hochzuachten. 823. So der Satan sich und den Hexen zuleget. 409.
- Nase / von deren Gestalt der Physio gromorum judicia. 940. Grosser bekante Bedeutung trüget bißweilen. ibid Nasen-Abschneidung sonderlich bey den Ehebrechern und Ehebrecherinnen gebrauchet. 931. seqq. Dessen Exempel. ibid. 937 seqq. Hebet die Sponsalia auf. 940 Nase aufgeschlitzt wegen gebrauchten Schnupff-Tabacks in Rußland. 937. Neun Säcke voll Nasen. Item 5000. Abgeschnittene Nasen. 938.
- Nasatorum peculium. 940.
- Neben-Tischchen halten etzliche Richter zum Geschencke. 196.
- Nestel-Knipffen. 419.
- Nerog, eine Art Fuß-Feßeln. 621.
- Nieder-Gericht. 60. 96. 128.
- Non liquet, formula in judicio Romano. 20.
- Noth-Hals-Gerichte. 128.
- Noth-Hemde. ???56.
- Notarien / Noth-Narren / oft des Macherlohns nicht werth. 479. seqq. Notarum trium homines. 481. Manchen stünde der Treschflegel besser / als Feder und Dinten-Faß an. 480.
- Nürnberger fünffer oder Rüge-Gericht. 130. Nürnbergischen Burg-Grafthums Land-Gerichte. 119. seqq.
- Nudipedalia, Heydnisch Fest. 1077.
- Nullitatis remedium, in criminalibus kömmet dem zu statten / der ex injustè reiteratâ torturâ etwas gestanden. 386.
- Numella, vinculum. 622. Numellae, palus numellarius. 831. Was Numella bey den alten gewesen. ibid. Deren Beschreibung und derivationes. 832.
- OBer Schuldheiß in Nieder-Landen. 18.
- Ober-Gerichte. 128.
- Obrigkeit soll ihr Straf-Amt brauchen. 2. 4. 5. Jedoch nicht alles zu Poltzen drehen. 4. Wird wegen unterlassener Straffe gestraffet. 5.
- So nicht auf die Hexen fleißig inquiriret / hat es bey GOtt schwer zuverantworten. 346. was sie bey Inhaftirung einer Person zubeobachten. 663. seq. vid. Richter.
- Obst-Diebe lässet man etzlicher Orten durch dem Korb fallen. 839.
- Obst-Bäume wer die verlässet / ist zu bestraffen. 724.
- Obstagium. 638. 759.
- In Ochsen-Haut wird ein Rebell genehet. 819.
- Octoviri zu Rom in peinlichen Dingen. 18.
- Offa judicialis. 84.
- Oehl / Probe durch siedendes Oehl. 80.
- Ohnmacht den delinquenten bey der Volter zustossend. 375.
- Ohren / Ohren annageln. 34. abschneide̅. 930. seqq. Wurde sonderlich bey den Ehebrechern practiciret. 931. seqq. Wer ein Ohr redlicher weiser verliehret / soll sich bey der Obrigkeit dessen Zeugnis geben lassen. 936. Um Verbrechen willen abgeschnittenes macht infamiam 936. Handwercks-Mann / so gezwungener weise andern eines abschneidet / wird nicht unzünftig. 938. Wen̅die Ohren abgeschnitten / soll ein Mensch nicht mehr so wohl höhren. 942.
- Ohrenrupffen gebräuchlich / wenn Actor den Reum vor Gerichte forderte. 941. Bey den Ohren zurupffen pflegte man vor alters die Zeugen/ an statt der rogation. 941. Ohren-Rupffer. ibid.
- Optiones. 492.
- Ad Opus publicum damnatio. 691. 693.
- Orbilius Pupillus aus einen Gerichts-Knechte ein Grammaticus. 538.
- Ordalium. 37. Wie es damit gehalten worden. 78.
- O stracismus der Griechen / und dessen Beschreibung. 793. seq.
- PAine fort & dure, In Engelland. 33.
- Palenckus der Perser Straffe. 832.
- Palladium, ein Richthauß zu Athen. 15.
- Parabystus, Athenienser Gerichts-Ort. 16.
- [Greek words], der Ehebrecher Straffe bey den Atheniensern. 1007.
- Partus supposititii. 878. Ob dieses Crimen capitaliter zu bestraffen. Ibid. seq.
- Pasquillanien müssen ihre Hand in Gerichten von sich geben. 250. Jhre Straffe. 822. 894. Pasquillus wer er gewesen. ibid. seq.
- Pedicae, vinculi genus. 622.
- Peinliche Gerichte. 96. 129. Peinlicher Richter. Vid. Richter. Peinlicher Hals-Gerichte Hegung. Vid-Hals-Gerichte Hegung.
- Peinliche Sachen brauchen grosse Behutsamkeit. 224.
- Penelope eben nicht die erbarste. 1048.
- Perdon erhalten delinquenten in gewissen Fällen. 864. seq.
- Persianische Gerichte. 22.
- Perseus muß sich zu tode wachen. 295.
- Petalismus der Syracusaner. 764. seq.
- Pflicht der Richter. 218. Deren Formul zu Käysers Justiniani Zeiten. 220. seq. Käysers Caroli V. 222.
- Pfändung / Auspfändung wie sich die Gerichts-Diener dabey zu verhalten. 520. seq.
- Zum Pferde und Mädchen / Atheniensisch Gefängnis. 642.
- Philippus Rex Maced. strafft einen undanckbaren mit einen stigmate. 912. Von Pausaniâ entleibet. 5. Pulcher, wird vor GOttes Gericht geladen. 91. Landgravius Hassiae zum ewigen Gefängnis condemniret. 629. Triorches, nimmet auf Rath der Wittenbergischen Theologen 2. Weiber. 1036.
- Pistrinum. Ad pistrinum damnatio. 691. 694.
- Platus muß sich von der Hand-Mühle ernehren. 695.
- Podagra durch die Volter geheilet. 272.
- Poenae corporis afflictivae an sint damnatio in metallum, ad triremes & ad Opus publicum. 701.
- Polygamorum Straffe. 797.
- Poletrum. 982.
- Pollicem premere, convertere. 983.
- Pollice utroque laudare. ibid.
- Poltro quid sit. 982.
- Polycrates gecreutziget. 604
- Pontifices der Römer zugleich Richter. 138.
- Portugallische Inquisition. 25.
- Postellum quid. 831.
- Potyphar ob König Pharaonis Eunuchus gewesen? 1012.
- Praescriptio jurisdictionis. 834.
- Pranger. Am Pranger stellen. 829.
- Gehöret zum Obergerichten ibid. seq. Ist poena corporalis. 830. Wenn einer in genere mit Gerichten belehnet / ob auch Pranger und Hals-Eisen drunter begriffen? 833. Pranger kan einer per Praescriptionem erlangen, 834 Doch praescribiret er deswegen nicht zugleich andere Dinge / so meri Imperii & jurisdictionis seynd. ibid Judex Ecclasiasticus hat sich des juris Numellarum nicht anzumassen. 834. seq. Ob Pranger und Hals-Eisen auf den Kirchhöfen auf zurichten? 835. Das Jus erigendi wird durch vieljährige Unterlassung nicht verlohren. ibid. Wer mit dieser Straffe zubelegen. ibid. seqq.
- Praxis wird an einen Richter erfordert. 181. seq.
- Presse / Englische Volter. 311.
- Priesterliche Gehorsam. 638.
- Priester praesens wird in Lapland bey den Rechts-Sprechen erfordert. 183. In Egypten seynd die Richter. ibid.
- Pritsche kriegen. 729.
- Privilegiati, so mit der Tortus zu verschonen 274. seqq.
- Proba per ignem & aquam. 73.
- Processen so viel möglich zusteuren 208.
- Prodigi wie zubändigen. 712.
- Pröppeln den Delinquenten auf der Volter zuverwehren 369.
- Protocolls formular 241. seqq. Wie es recht zuführen / sonderlich in Peinlichen Sachen ibid. seqq. Ejusdem formular bey einer Hexen-Volter. 392. seqq. Protocolla Actuariorum quomodo probent. 483. Unde nomen habeant. 485. Definitio & requisita, ibid. seq. vid. Actuarius.
- Prytanaeum zu Athen / ein Richthauß. 16.
- Pubertatem wie vorzeiten die Römer erkannt. 1040.
- Purgatio Canonica. 87.
- Pugationes vulgares & superstitiosae abgeschaffet. 87.
- Purpur - Farbe wer erfunden 1005. seq.
- Puteal Athenienser Gefängniß. 643.
- Puteus, Gefängniß zu Rom 645.
- Q. Spanisch Brand-Zeichen der Bigamorum. 908. seq.
- Quaestor im Halß - Gerichte zu Rom. 17.
- RAd / Volter-Rad. 285.
- Räder 601. Ins gemein an hohe örther gebauet. 603.
- Rädern in Engelland vor unchristlich gehalten. 36.
- Räuber / ein mächtiger Kämpffer. 110.
- Ratificatio confessionis wo / wenn und wie sie geschehen solle. 378. 388 Ratifications Formular einer Hexen Bekänntniß. 433.
- Raths-Herr der jüngste zu Reutlingen vor diesen Scharffrichter. 535.
- [Greek words] was für eine Straffe gewesen. 1007. seqq.
- Recantatio und dereu formul. 824.
- Wenn sich der Injuriant deren weigert. 825. oder der dazu condemnirte außgetreten. Ibid.
- Reden eines Advocati von grossen Herrn / so schimpfflich / übel belohnet. 820. Betrüglicher Reden Exempel. 984.
- Redner / ein fürtrefflicher Berosus, ihm eine güldene Zunge ins Maul geleget. 952.
- Reichs-Hof-Rath. 99.
- Reichs-Regiment zu Augspurg. 54.
- Reichs-Tage vor alters Beschaffenheit. 54.
- Relegatio der Studenten / Relegations Patent. 801. seq. Erstrecket sich nicht über der Academie territorium. 850. Relegatio limitata. 755. Revocation, so in continenti oder wehrender Volter geschihet. 387. wie ihr zu begegnen. 390. 440. Vor den Hoch - Noth-peinlichen Hals-Gerichte. ibid. seqq.
- Richarda, Käys. l Caroli Gemahlin purgiret sich durchs Feuer. 76.
- Richter / dieses Worts Mißbrauch. 495. Basanus ein strenger / 7. des
gleichen die Areopagitischen ibid. item. die Römer gewesen. Ibid. bey den
Carthaginensern. 10. Egyptiern. 11. Alten Galliern. Der Grichen u.
Athenienser ibid. müssen 60. Jahr alt seyn. Jhr Eyd 222. der Höllen 223.
seq. Falscher Richter Straffe. 35. ungerechter vor GOttes Gerichte geladen.
91. Dorff-Richter. 60. Richter Beschaffenheit und Qualitäten. 181. seqq.
203. seqq. Ihren Unverstand haben grosse Herren / die sie setzen / zu
verantworten. 187. zu Richtern schicken sich nicht wohl Advocaten und
Pralhansen. 190. It. sonst lasterhaffte und Affecten ergebene. Ibid. Richter
muß den Weibern zugefalle̅ die Urthel nicht machen. 192. nicht
ein Gaben-Fresser seyn / 194. seq. Nehmen biß weilen von sich nichts / aber
wohl ihre Weiber. 195. Ein Hase wird einem des tages 5. mahl gebracht. ibid.
Haben wohl ein Neben-Tischchen zum Geschencken. 196. Richter muß
rechschaffeneBesoldung haben. 199. Soll beyde Partheyen hören / 206. Die
lites abbreviren. Ibid. Den Processen, so viel möglich / steuren. 108.
Schuldigen nicht durch helffen. 214. Muß über seinen Respect und Autorität
halten. 216. Ordentliche vocation haben. 218. Mit Pflicht belegetwerden 219. Ein Richter sonderlich in peinlichen Fällen hat sich wol
vorzusehen. 224. Dessen Straffe / wenn er unschuldige gefangen setzet. 666.
Kan darüber injuriarum belanget werden. ibid. seq. Wie er sich bey der
Captur 229. Bey Aufhed- und Besichtigung todter Cör. per. 231. Bey
Inquisitionen. 235. seqq. Beyn Hexen-Examine. 240. zuverhalten. Soll in
Examine keine aequivocationes brauchen / und das Bekäntniß nicht durch
Verspreche̅ auslocken. ibid. Soll keinen indefensum
lassen. 250. seqq. 252. seqq. Waß er bey der peinlichen Urthels-Frage zu
observiren. 258. Soll den Scharffrichter bey der Peinigung auf die Finger
sehen. 278. 370. 397. Soll die gradus der Tortur selbst wohl verstehen. 320.
Wie er sich sonst vor / bey und wehrender Volter zubezeigen. 327. seqq. Soll
sich bey der Tortur aller Suggestionen gegen den Inquisiten enhalten. 336.
Und Christlich dabey erweisen. 341. Den Inquisiten keine Gnade versprechen.
336. seq. Die Hexen zeitig visitiren lassen. 357. Allezeit bey den Torturen
zugegen seyn. 370. 375. Richter / so auß Boßheit einen zu tode voltern
lässet / wird am Leben gestraffet. 371. So auß Unverstand jemand voltern
lässet, ad quid teneatur. 371. Waß er nach Ratification der Urgicht zu
be|| [ID01177]oachten. 379. Wie er sich bey wiederruffener Urgicht zu verhalten. 380. Soll sich in allen zwiffelhafften Fällen bey einen Collegio Juridico informiren lassen. 390. Richter und Schöppen kündigen in Sachsen den Todt den armen Sünder an. 444. Sollen mit bey der Execution auffn Gerichts - Platze seyn / oder doch dahin sehen können. 458. Richter / was er sonst am tage der Execution zu beobachten. 452. seqq. Wie ein Richter sich bey der Citation ins Thal Josaphat zuverhalten. 94.
- Richterlich Amt bey den Römern außgedienten Soldaten aufgetragen. 186.
- Richt-Stadt / Rabenstein. 601.
- Richter-Stühle / der Bithynier. 10.
- Riemen der Gefangenen. 621.
- Röcke der Spartanischen Weiber allendhalben offen / wie eine Jahrküche. 1043. Kurtze Röcke Huhren-Tracht. 814.
- Römisch Gefängniß Robur. 644.
- Römische Peinliche Hals-Gerichte. 17.
- Römische Urthel mit [Greek words]. T. A. und N. L. bezeichnet. 19.
- Rosen-Garten ein Gefängniß. 648.
- Rotweilische Gericht. 54. 100. seq.
- Rotenwalde / Volgtey / darinne noch einiger Gebrauch der Westphälischen Gerichte. 147.
- Rudolph Käyser wie ein Diebstall mit List entdecket. 809.
- Ruffach Stadt straffet den Diebstahl scharff. 607.
- Rüge. 130. Rüge - Gerichte. 129.
- Rüge - Gerichts - Ordnung. ibid.
- Rüge Graffe. 130. Rüge - Amt zu Nürnberg. 130.
- Rußische-Rechte. 20. 21.
- Ruthen. 734. Ruthen - Streichen. 304. Ruthen-Volter. 305.
- S. oder SS. der Sclaven Stigma bey den Spaniern. 912.
- Saal - Gericht. 130. Saal - Bücher / Salicae Leges. ibid. Saal-Licht / Saal - Mann leichten / Saal-Brieffe. 131.
- Saamen des Satans kalt in Hexen Beyschlaffe. 407.
- Salvus conductus. 677. seq.
- Saltz-Volter. 291.
- Saltz leidet der Teuffel bey Hexen-Gelacken und Zusammenkünffien nicht / 427. seq.
- Samaena, was es gewesen. 908.
- Sambicus lässet sich zu todte voltern 349.
- Sambenito, Schelmhütlein der Banquerottirer. 816.
- Sandapilae Jus. 43. seq.
- Sand-Graben eine Straffe. 693.
- Sanhedrin der Juden. 9.
- Sand - Uhr bey der Volter zu gebrauchen / und darnach zu protocolliren. 335.
- Saugen / ein Mann sauget seine Frau aus / wird deßwegen bestrafft. 961. Säugende ob zu torquire̅. 274.
- Sau bekommen / eine Schützen-Straffe. 728.
- Scabinus. 463.
- Scanderbegs Kampff. 110.
- Schamhafftiger Weiber Exempel. 1046. seq.
- Schandglocke. 436. Wird theils Orten bey der Verweisung geläutet. 857.
- Scharffrichter / wie sie bey den Römern von Lictoribus differiret. 528.
Ihre unterschiedene Benennung. 529. seqq. Vor Zeiten keine gewisse Personen
darzu bestellet gewesen. 532. Sondern durch die Zeugen / item die Gemeine
oder Obrigkeit. 533. Soldaten. 534. Zu Heylbron durch die Leyen-Brüder /
anderswo durch Mönche und Ziegeuner; Zu Reutlingen durch den jüngsten
Rathsherrn / in Littauen durch den peinlichen Ankläger / 535. auch wohl
durch die gantze Gemeine / in Francken durch den jüngsten Ehe-Mann / zu
Weissenbrunn durch sämtliche Inwohner / zu Constantinopel durch die Juden.
536. seq. die Executiones verrichtet worden. Die Metzcher thun es in
Rußland. 537. In Böhmen die Schäfer. Ibid. Einer von den Zuschauern in
Indien / oder die nechsten Bluts-Freunde. Ibid. Bey den Türcken wer dies Amt
verrichte.539. Ob des Scharffrichters Wittbe dazu
zugebrauchen? 539. Ein Bürger hilfft den Scharffrichter rädern. Ibid. Des
Scharffrichters Person / Annehmung. 540. Pflicht. 541. seq. Amt und
Verrichtungen. 542. seqq. Ob in dessen Ermangelung Obrigkeit einen andern
freyen Menschen dazu zwingen könne? 550. seq. Gewisse Personen hievon
ausgenom̅en. 552. Scharfrichter Tax von ieder Execution.
553. seq. Verordnung wegen umgefallenen Viehes. 556. Ob einer / der das
Leben verwürckt / zur Scharffrichter Verrichtung zugebrauchen / und ihn
deßwegen die Straffe zuerlassen. 557. seq. Scharffrichter de jure nicht
inframes. 559. 561. 563. Musten bey vielen Völcken ausser der Stadt wohnen.
559. Episcopius will sie nicht einmahl vor Christen halten. 561. Können ihr
Amt mit guten Gewissen thun. 562. Seynd noch wohl nützlicher / als manche.
565. Sassen zu Rom hinter den Triumphatoribus auffn??? Triumph-Wagen. ibid.
Scharffrichter Käyser Wentzels guter Freund. 566. Scharffrichters Tochter
heyrathet K. Erich in Schweden. ibid. Seynd in der Insul Eylon in grossen
Ehren. ibid. kön̅en sich loßrichten. Wer unschuldiger weise
unter ihre Hand geräth / wird dadurch nicht unehrlich.|| [ID01179]567. Wer mit ihnen umbehet / ob dadurch infam und unzünfftig werde? 569. seq. Unter ihnen und Abdeckern ein Unterscheid zumachen. 569 Ob ihre Kinder in Zünfte einzunehmen? 371. seq. Ob ihnen Obrigkeit einen Geburts - Brieff geben / und setzen könne / daß sie von ehrlichen Eltern gezeuget. 573. seqq. Scharfrichter kan actionem injuriarum anstellen. 577. seqq. Ob zum Zeugen zu admittiren? 579. Negatur in der von ihm vollstreckten Tortur. ibid. Was die Scharffrichter bey und nach der Volter zuthun 332. seqq. Sollen vor der Tortur bethen. Sonderlich bey Hexen. 344. Ihre Gefahr bey Hexen-Voltern. ibid. seq. Sollen bey der Peinigung keine unbekante Instrumenta brauchen. 278. seq. Tranck und Suppen / damit sie die Hexen bekennen machen / ihnen zu verbiethen. 363. 599. Sollen die Hexen ungeschoren lassen. 364. seq. 597. Mit den armen Sündern nicht grausam umgehen. 454. Bitten sie ante executionem etzlicher Orten um Vergebung. 456. seq. Wie der Scharffrichter nach der Execution den Richter anrede. 458. Muß sicher Geleite haben. 459. Sie kommen zuweilen über der Execution in Gefahr. 459. Und seynd deswegen zuschützen. ibid. Sollen den Exequirten die Kleider nicht ausziehen. 460. Ursachen/ warum Scharffrichter so verhasset. 579. seq. Ihre Privilegien. 581. seqq Unrecht / wenn sie praetendiren bey Aufhebung eines Selbstmörders / so weit sie mit den Schwerdt langen können. 583. Sollen sich ihren Standt gemäß halten. 585. Ihnen gehöret nicht Degen zu tragen. 586. In der Kirchen ein eigener Standt. ibid. Seynd nicht befugt / iemand den Karn vor die Türe zu führen. 587. Ob sie sich iemandes Thier de facto zu ihren Verrichtungen anmassen kön̅en? 589. 688. Von ihrer Wohnung. 589. Ob sie bey ihren Meister-Stücke Blut trincken? 590. Ihre Straffe / wenn sie nicht recht richten. 591. seq. Wenn sie in der Tortur was versehen. 593. Werden zu weilen mit Gewalt weggeholet. 594. Ihre Buben-Stücke / Ubelthaten. 594. seqq.
- Schellen anhengen / Schellen Werck 692.
- Schencken die das Geträncke verfälschen / wie zu bestraffen. 892.
- Schertzen. 496 Mit grossen Herren geräth nicht allezeit wohl. 1129.
- Schlagen aufs Gesäß / Waden und Fuß-Sohlen. 1071.
- Schlagen in locis privilegiatis. 35. 36.
- Schlagung aufs Maul bey der Recantation wie sie geschehe. 826.
- Schlüssel signum dominii & possessionis. 843. Aufs Grab legen banquerottirer Straffe / auch in Braband üblich. 843.
- Schmach können Pericles und Pomponius Atticus mit Gedult vertragen. 824.
- Schnap-Galgen. 615.
- Schnieren in der Volter. 314.
- Schönheit / närrisch eingebildete der Nigriten in der Insul Mossambique. 906.
- Schöppen / Schöffen. 463. Unde dicantur, ibid. seqq. Frey-Schöpffen. 464. Vehme-Schöpffen. 465. Send-Schöpffen. ibid. Schöpffen-Amt vor alters und heute. ibid. seqq. Muster etzlicher Orten das Rüge-Amt verwalten. 130. Schöppen-Stühle. 465. Gerichts-Schöppen. 466. Ihre Pflicht und Beschaffenheit. 467. seq. Eyd. 468. Müssen bey Auf hed- und Besichtigung entleibter oder Todten Cörper / item bey Sectionen. 469. Peinlichen Gerichts - Actibus und Executionibus seyn. 470. Wieviel ihrer bey Hegung peinlicher Hals-Gerichte nöthig. 452. seq. Land-Schöppen. 466. Schöppen-Bar. 131.
- Schrifft und Hände können etzliche meisterlich nachmahlen. 250.
- Schröter zu Voltern gebrauchet. 290.
- Schufft unde. 464.
- Schüler fahrende / wie zu compesciren. 708. seq.
- Schultzen / Dorff-Richter. 60.
- Schwedischer Tranck. 309.
- Schwerende die Finger auf die Reliquien geleget. 84. Item an die Degen-Knöpffe gegriffen beyn Alemannen. ibid.
- Schwefel und Pech beyn dritten Grade der Tortur. 317.
- Schuldener müsse̅ Ketten trage̅. 620. Schuldeners Lieferung an die Hand und Halffter. 635. seq. Schuldener kan sich zum arrest obligiren. 636. Wie wieder dieselbe in Calicut verfahren werde. 761.
- Schuld-Thurm / und dahin gehörige Rechte. 633. seqq. Die banquerottirer nein zuwerffen. 712. seq. 737.
- Schwangere mit der Tortur und Territion zuverschonen. 272.
- Schwängerung eines wahnwitzigen / schlaffenden oder trunckenen Weibes-Bildes. 895.
- Schwartze Bred / schwartze Buch. 800. seqq.
- Section der Entleibeten / was dabey zu beobachten. 231. seqq.
- Seder der Persen Pabst. 22.
- Selbstmord wie gestraft. 35. Selbstmörder ob zu begraben. 687.
- Send / Send-Gericht / Send-Recht. 131. 132.
- Septa clausura der Mönche. 757.
- Sextricium die Vehmstadt zu Rom. 604.
- Siamer haben die Feuer - und Wasser - Probe. 82. seq.
- Sibilorum tormentum. 302.
- Sieblauffen. 85.
- Siegel die nachgestochen / denen das Siegel ins Gesichte gedruckt worden. 912.
- Simsons mahlen was es eigendlich geheissen. 1054.
- Sineser Gericht-Sääle mit Schreck-Bildern. 6. Volter-Art. 308. halten ihre Gerichts-Diener sehr scharf 523. Jhre Gefängnis. 683. Straffen. 832. seq.
- [Greek words]. 1068.
- [Greek words]. 974.
- Smyrna. 455.
- Sodomiterey von Attalo begangen. 5.
- Soldaten zum Schelm machen. 1139. seq. Verordnung gegen die Abgedanckten. 708.
- Sontags-Arbeit mit Hand abhauen bestraffet. 992.
- Sortilegia. 85.
- Spanische Inquisition. 29. seq. Grausamkeit gegen die! Americaner. 30. Stieffeln. 315. Mantel / eine Straffe. 726.
- Speculatores. 534.
- Ad Speculum adigi was vor alters gewesen. 798. seq.
- Speichel-Straffe beyn Juden und Bactrianern. 958.
- Speyen / in Bartspeyen brauchet der grosse Mogul, als eine Straffe. 957. Ins Angesicht speyen eine Beschimpffung in Orient gebräuchlich. 957.
- Speyerisch Cammer-Gericht. 54.
- Spiegel / Wahrsager-Spiegel der Cereris. 799. Wird der Veneri von der Thais geopffert. ibid.
- Spieler / Falsch - Spieler Straffe. 893. Spieler giebt K. Casimito in Pohlen eine Ohr feige. ibid.
- Spieß - Gerichte der alten Teutschen. It. durch die Spiese jagen. 132. seqq.
- Syracusanisch Gefängnis. 692.
- Stab / Stab zubrochen wird zur Zauberey mißbraucht. 453. 454.
- Stadt-Gerichte. Stadt-Rath. 132.
- Stadt-Knechte / Stock-Meister. Vid. Hescher.
- Stadt-Schreiber in kleinen Städten vertreten der Syndicen Stelle. 473.
- Standes-Personen Gefängnisse.
- 669.
- Stanghetta, tormenti genus. 301.
- Staupenschlag / Staupbesen. 865. seqq. Führet allezeit ewige
Landes-Verweisung mit sich 866. Ist entweder gelinde oder starck / doch daß
der delinquent beym Leben bleibe. Deswagen den Scharfrichter nicht seine
Freyheit zulassen. 867. Wird zuweilen sehr gemildert. 868. Ob|| [ID]das Urthel den delinquenten etzliche Tage ante executionem zu eröffnen. ibid. Viele rathen / ihm gar abzuschaffen / wie Hertz. Joh. Friedrich zu Würtenberg gethan. 669. seq. Wenn alternarivè Staupenschlag und Geld-Busse erkant / stehet die Electio nicht beym delinquenten. 872. Wer davon befreyet / und in welchen delictis er erkant werde. 873. Recept wie die zur Staupe geschlagenen bald zu heylen. 899.
- Steckbrieffe-Formular. 674. seqq.
- Stein. Wunder-Steine zu Rom und Nicasia. 307. Steine tragen eine Straffe. 726. Laster - Stein eine Straffe. 744. Wer damit beleget worden. 745. seqq. Gräntz - Mahl - Marck - Steine. 894. Steine bey den Areopagiten / weisse u. schwartze. 14.
- Steinbrüche / Gefängnis in denselben. 692.
- Stellionatus crimen. 883. seq. Wie es begangen und bestraffet worden. ibid.
- Stigma. Vid. Brandmahl. Wird theils Orten den Verwiesenen gebrannt. 857.
- Stipes noxalis. 281.
- Stock-Meister. 620.
- Stock-Schilling / wer denselben bekomme / und was sonst dabey Rechtens. 729. seqq.
- Straffen die Ubelthäter befiehlet GOtt. 2. 4. seq. Muß doch mit Gelindigkeittemperiret seyn. 4. Dessen Unterlassung gestraffet. 5. Wozu diene. ibid. seq.
- Straff-Gerichte eher als die Civilia. 3.
- Straffe der Diebe bey den Sinesern. 23. seq. Der Portugallischen Inquisition. 28. 29. In Engelland. 32. 37. seqq. Bey Edlen und Unedlen nicht gleich. 125. Bey Hofe. 725. seqq. Der Kinder. 729. seqq. Heutige theils abzuschaffen / und das Zuchthauß / 715. davor zuerwehlen / oder damnation in metallum wieder einzuführen. 701.
- Strang / damit fast alles in Engelland hingerichtet. 37.
- Strassen oder Land-Gerichte. 150. Strick um den Hals bey den Egyptiern Zeichen zum Tode verurtheilter. 16.
- Striegel-Volter. 292.
- Strick-Volter. 295.
- La Stringa. 303.
- Stypteria quid. 702.
- Syllogismus ex igne, aquâ & laqueo. 30.
- Studenten von der Peinigung exemt. 277.
- Stuhl tragen / Bauern Straffe. 1080.
- Stumm stellen gestraffet. 34.
- Stumme und Taube ob zu torquiren. 269.
- Stup - Nadel der Scharffrichter. 579.
- T Brandzeichen der Diebe bey den Engelläudern. 909.
- Tabula damnatoria, & absolutoria apud Romanos. 18.
- Taciturnitatis maleficium auf der Volter. 352. seqq. hat gewisse Zeit. 370.
- Tactio ignis & aquae der Römischen Bräute. 790.
- Taffel eine weiße tragen die zum todte verurtheilete beyn Chinesern des tages am Halse. 23. Taffeltragen auch noch eine andere schimpffliche Straffe bey ihnen. 832. Von der Obrigkeit außgehenckte Taffeln 803. Deren Beschimpffung wie gestraffet werde ibid. seqq. die Testamente auf Taffeln geschrieben. 804.
- Taube und Stumme ob zu torquiren. 269.
- Tauffe wunderliche Art der Abexyner. 906.
- Tempel zu Delphis, dessen Schreck-Bilder. 6.
- Territion. 322. zuerkannt muß ante executionem heimlich gehalten werden. 259. Realis ob sie in Causis non criminalibus zuerkennen? 262. Unmündigen zuerkannt. 269. an statt der reiterirenden Tortur. 383.
- Testament. Listiger Weise gemachter Exempel. 879. seq. eines armen Sünders. 440.
- Testiculos Zerhauen-Straffe. 304.
- Teuffel opffern heydnische Bräute die Jungferschafft. 1059. Verstellet sich in Buhler und Buhlerin. 408. seq. Teuffels - Tauffe. 409. Hemde. 356. Kratz. 358. den Teuffel Treu bleibender Exempel. 410. Teuffels Betrug gegen seine lieben Getreuen. 411. Teuffel setzet sich wehrender Hexen-Volter beyn Actuario auffn Tisch in Gestald einer Mauß. 401. Wie er den Hexen erscheine. 413. 414. Woher er das Geld nehme / so er den Hexen giebet ibid. seq.
- Teudschen der alten Marter-Instrumenta. 311. seq.
- Thal Josaphat / was dadurch verstanden werde. 89.
- Thau Ezech. 9. 19.
- Theognidis Bildniß verurtheilet. 16.
- Thesaurus, Messener Gefängniß. 642.
- The???a in Römischen Urtheilen. 19.
- Thuani Enthauptung. 551.
- Thurm zu Londen Bringvvin 681. Tour. 682.
- Tiberii Grausamkeit in Voltern. 341.
- Tintinaculi viri, i. e. Carnifices. 529. 530.
- Todte-Hand was in alten Schrifften heiße 1000.
- Todes-Ankündigung soll drey oder 4. Tage vor der Execution gesche|| [ID]hen. 440. durch wem sie zuverrichten. 441. Geschihet schrifftlich. 443.
- Todter Raths Herr wird zu Stralsunde im Raths-Stuhl gesetzet. 862.
- Tormentum Taxillorum. 301.
- Tormentorum regina. 296.
- Tortur bey den Engeländern verhasset. 36. 311. Was darzu vor indicia erfordert werden. 48. seq. Zuerkannt den Inquisiten zueröfnen. 259. Was vor / bey / und nach derselben in acht zunehmen. 260. seqq. In welchen Fällen sie erkannt und nicht erkannt werde. 261. seqq. Wer nicht damit zu belegen. 268. seqq. Tolle sind davon befreyet. 269. Ist gut vor Podagra. 272. Richter soll allezeit dabey zugegen seyn. 370. Ob sie in etzlichen delictis zuschärffen? 345. seq. Deren vielerley Arthen bey den Außländern. 279. seqq.
- Trajanus Käyser ein gelinder Herr. 215.
- Tratto di Corda. 900. vid. Wippen.
- Trautmuns-Dorffe erhalten den Rang durch Zwey-Kampff. 106.
- Triorchis exemplum. 1036.
- Triremium inventor Aminocles. 794.
- Triumviri Capitales zu Rom. 18. 645.
- Truncken-Bolde ihre Straffe. 35.
- Tuchmacher / so die Tuche verfälschen / Straffen. 892.
- Tullianum, Robur, Römische Gefängniße. 644.
- Türcken drucken einander die Daumen zum Zeichen der Freundschafft. 983. Ihre Rechte und kurtzer Proces. 21. Achten der Christen und Juden Zeugniß wenig. ibid. Ihre Straffe. 821. seqq. Sie und andre barbarische Gefangene̅ in die Zucht-Häuser zubringen. 713.
- Turson Johannes wird vor GOttes Gericht geladen. 91.
- VAganten und fahrende Schüler ins Zuchthauß zuthun / oder wie sonst mit ihnen zuverfahren. 709.
- Valetudinarii ob zuvoltern. 271.
- Variatio bringt Wiederhohlung der Volter. 387.
- Vater-Land ist lieb. 845.
- Uberläuffer und Verräther Lohn. 921.
- Vehmen was bedeute. 602. Vehm-Gericht. 139. Vid. Vehm - Gericht. Vehm-Stadt. 601.
- Veit Jane, ein bekannter Mörder in Voigtlande, 539.
- Venetianer wollen die Inquisition nicht einführen. 31.
- Venus, ihre statua zu Constantinopel. 306. Hat lieber mit Baccho,
Mer|| [ID01185]curio und den feurigen Vulcano, als den kalten Saturno zuthun. 1061. seqq. Calva. 1120. Veneris im Spiele todbliebener Exempel. 1060. Ob es Moses und Aaron nach erhaltenen Göttlichen Beruff getrieben? ibid.
- Verbrennen lebendig. 38.
- Vergleich in Gerichten ernstlich zu suchen. 209. Getroffene mit Recessen zuverstärcken. 210.
- Verhafftung was vor indicia darzu gehören. 229. seqq.
- Verpus quid? 975.
- Verschwenderische Kinder ins Zuchthauß zuschicken. 711.
- Verweisen / Verweisung vid. Exilium Verwiesener unterschiedene Exempel. 783. Vid. Landes-Verweisung. & pag. 845. seqq. Verweisung auß einer blossen Stadt oder Gerichte. 858. Kann in Geld-Straffe verwandelt werden. 861.
- Verzicht thäten die Weiber zu Rothweil mit Hand und Mund / mit Zopff und Brust. 964.
- Vinculum Civitatis. 668. 755. Insulae. 759.
- Vitellius lecket der Huren Rotz und Speichel. 1060.
- Viriplace DEa. 1022.
- Vlögel - Gerichte. 140.
- Undanckbahrkeit mit einen stigmate bestraffet. 912.
- Unempfindligkeit auf der Volter. 349.
- Ungerochen / daß ein Mord ungerochen blieben / was vorzeiten die Thäter gethan. 52.
- Ungericht. 140.
- Ungulae. 283.
- Unmündige terriret / nicht gevoltert. 268. Si malitia supplet aetatem, härter als sonst gestraffet. 731.
- Unschuld vor diesen durchs Feuer / Wasser / und Zweykampff bewiesen / 74. 107. Dessen viele Exempel. 75. seqq. Item durchs Creutz / Looß und Hostie. 80. seqq.
- Unter oder Vogteyliche - Gerichte. 60. 61. 140. Was dahin gehöre. 61. 62.
- Unterschriefft in Brieffen der Grigischen Käyser mit Purpur-Schnecken-Blut. 1005. Vor Zeiten nur ein Zug / oder Zeichen. 1004. die Käyser erst zu Caroli V. Zeiten ihre Nahmen unterschrieben. 1006. Der Könige in Lusitanien funff puncte. ibid. Des Könige in Lusitanien funff puncte. ibid. Des Königs in Spanien. ibid.
- Untreuer Kenth - Meister des Alexandri Magni Harpalus, und dessen Lohn. 846.
- Unwissenheit eines Peinlichen Richters entschuldiget nicht. 218.
- Unzucht wie in Türckey gestraffet werde. 821. Unzüchtiger Weiber Exempel. 1056. seqq.
- Vocation zum Richterliche̅ Amte muß ordentlich seyn. 218.
- Vogel bey den Babyloniern Zeichen der Unbeständigkeit des Glücks. 17.
- Volter vid. Tortur. Ob Volter oder Folter zuschreiben. 268. Volter-Pferd.
279. 310. seq. Volter-Rad. 285. Volter - Handschue ibid. Voltern vielerley
Art bey den außländischen Völckern. 279. seqq. Bey den Juden nicht
gebräuchlich. 306. Bey welchen sie übliche 310 Brauchen die Engelländer
selten. ibid. Auch die Schweden und Arragonier. 311. Volter - Instrumenta
der alten Teutschen. ibid. So heutiges tages in Teutschland gebräuchlich.
313. seqq. Volter Grade. 314. seqq. Wo sie anzustellen. 318. Volter-Zeit.
319. Volter kan̅ Obrigkeit nicht mässigen. 332. Wie lange sie
währe. 337. 347. seq. Volterungs - Art / davon eine und andere Anmerckung.
339. Leute sollen dadurch nicht zuschande̅ gemacht werden.
340. Volter nennet einer ein Allmächtig Ding. 341.Ihre
erschreckliche Beschreibung. 342. Gerichts - Personen müssen vie dabey
außstehen. 341. Ist mit Gebeth anzufangen. 343. Ob bey Hexen zuschärffen.
345. 347. seq. Volter-Mittel / so abergläubisch. 369. seq. Volter
Wiederholung anderen und drittenmahls. 381. Volter wenn außgestanden / was
hernach Rechtens 382. seq. Voltern lassen zu tode aus Boßheit jemand kostet
den Richter den Kopff. 380. Todtgevolterten Cörper zubesichtigen. 371.
Voltern aus Richters Unverstand was auf sich habe. 371. Der erkannten Volter
Masse überschreiten wie gestrafft werde. 372. seq. Volter Schreckligkeit.
373. Ist difficilis probationis. 374. Quomodo probetur ibid. Ohne rechtliche
Erkänntniß nicht vorzunehmen. 375. Soll actu continuo geschehen. ibid. seq.
Unter der Volter so der delinquent ohnmächtig würde. 376. In welchen Fällen
die Volter zu wiederholen. 383. seqq. Dreymahl gevolterter wenn er vorn
Peinlichen Hals-Gerichte wieder leugnet / wird mit Staupenschlag gestraffet.
389. Volter auffs höchste wird nur dreymal wiederholet. 382. 389.
Gevolterter leichtfertiger revocation nach der Geständniß wue zubegeg|| [ID]nen. 390. In der Volter Zug um Zug leiden. 391. Unrechtmässig Gevolterter Exempel. ibid.
- Vorhaut machen sich die Juden durch Kunst wieder. 1067.
- Urna misericordiae & mortis bey den Areopagiten. 14. 15.
- Urgichten was das für ein Wort. 334. dere̅ Unterschiedene Formular. 274. Soll nicht in währender Volter / sondern hernach geschehen / oder doch wiederhohet werden. 333. Die wiederholung wenn / wo und wie sie geschehen solle. 378. seq. Wenn sie der delinquent wiederruffet / was zu thun. 380.
- Urphede / deren Eormularia, wie in der Käyserlichen Reichs - Cammer gebräuchlich. 714. Andere gemeine. 436. Muß bey der Landes Verweisung geschworen werden / und was dabey zubeobachten. 851. seq. Wenn sie der delinquent nicht schweren will. 852. Wenn der Verwiesene nach derselben ein oder mehrmahl wieder kömmet / was dann Rechtens. 853. seqq. 909. seqq.
- Urtella. 73.
- Urtheil beyn Römern auf eine Taffel geschrieben. 18. wie sie bezeichnet. 19. Was [Greek words]. undN. L. bedeutet. 19. Urtheils Frage in Peinlichen Sachen. 258. Soll unpartheyisch seyn. ibid.
- Wächter der Gefangenen / Vid. Hescher. Hühter. Ibid. Eyd. 661. Sollen mit den armen Sündern fleißig bethen und singen. 451.
- Wach-Volter. 292. 369.
- Wahnwitzige die sich bey den Torturen so stellen. 269.
- Wäysen-Gerichte. 147. seqq.
- Wald-Gerichte / und deren unterschiedene Ordnung. 140. seqq.
- Walpe Grafschafft / darinnen noch Aehnligkeit der Westphälischen Gerichte. 147.
- Wappen-Streit durch den Kampff entschieden. 106. Deren Zerschlagung wie bestraffet werde. 898.
- Wasser und Feuer-Probe. 73. seqq. Verbiethung. 787.
- Wasser das verfluchte bittere Num. V. 80. 306.
- Wasser-Probe der Hexen. 85. seq. 986.
- Wasser-Volter. 288.
- Weber müssen in Beyern die Hochgerichte machen lassen. 606.
- Weh-Mütter so Kinder umbracht. 418.
- Weiber zänckische. 34. ihre Straffe. 747. 749. Alt Weiber-Scheid. 53 zur Zeit ihres Menstrui nicht zu torquiren. 273. Wenn sie Kinder säugen / ob zu voltern. 273. Weiber Liebe bethöret. 192. Weiber - Thränen / heuchel Thränen. ibid. Weiber der Richter nehmen Geschencke vor die Männer. 195. Vorzeiten zum Ministerio metallico gebraucht. 699. Seynd schuldig / den verweiseten Manne zu folgen. 857. Wie sie zu Rothweil verzicht gethan 964. Weiber-Ausschneidung / vid. Ausschneidung und Beschneidung. Können sich Schulden wegen zum Arrest verbinden. 636. Weiber liehen die Lacedemonier einander. 1053. Haben etzliche Völcker gemein gehabt. 1054. seq. Creditiren den Männern nicht gern lange / 1062. Sehen nicht gern / daß die Männer zu seher übern Büchern liegen. ibid. Junge Weiber wollen über alle Männer die Herrschafft haben / sehen gerne / daß sie bald sterben. ibid. Weiber sollen zu Hause bleiben. 1063. Weiber sonderbahre Beschneidung beyn Mohren. 1065. Weiber-Bärthe. 1119.
- Weidemesser / Straffe. 728.
- Weiden-Bäume beschädigen vor alters mit Abhauung der Hand gestrafft. 993.
- Weiffen / eiserne / Art der Banden. 622.
- Wein rother in Engelland bey Abhauung der Hände gegeben. 36. Wein - Rausch zur Volter gebrauchet. 311. Wird den armen Sündern vor der Tortur gegeben. 454. Wein-Verfälschung. 897.
- Weissenfelser Galgen. 607.
- Wenceslaus der Käyser hebet den Scharffrichter einen Sohn aus der Tauffe. 566. Fähret mit ihm in Wagen. ibid. Sein Gefängnis. 684.
- Westphälische Gerichte / 143. seq. vid. Heimlich-Gerichte.
- Wetzstein mit einen Messer durchschnitten. 85.
- Wiederhohlung der Tortur. 381. seq. Wenn sie statt habe. 383. seqq.
- Wiederruffs-Formul. 824. Wiederruff der Urgichten / was der Richter dabey zuthun. 380. seq. Dessen in Pohlen sonderliche Art. 1086.
- Wimpffen qs. Weibes-Pein. 960.
- Winser-Baum zu Hamburg. 743.
- Wippen / in Chur-Sächs. wider die Wild-Fisch- und Krebs-Diebe angeordnet 901. seqq. Dieser Straffe Ursprung von den Longobarden. 904. seq.
- Wissenden Gericht. 148.
- Wunden Lethalität ziehet Todes-Straffe nach sich / 232. So nicht lethal, extraordinariè bestraffet. 233.
- X [Greek words] poena. 887.
- Zähne / schwartze hält das Frauenzimmer in der Insul Sumatra für schön. 956. Zähne ausbrechen / dessen Exempel. 955. Geschiehet in Hispanien den Meineydigen / und falschen Zeugen. ibid. In Persien einen Wucherer. 955. Affen-Zahn grosses Heiligthum in Indien. 956. Güldener Zahn / streinerne Zähne. ibid.
- Zänckischer Weiber Straffen. 35.
- Zauberer will den Teuffel treu verbleiben / ob er ihm gleich untreu wird. 410. Unterschreiben ihre Teuffelspacta mit Blut. 985.
- Zaum in den Mund bey den Egyptiern. 16.
- Zaun-Gerichte / und deren Würckung. 149. seq.
- Zehen Verhauung / und deren Exempel. 980. seqq. Ihre Benennung. 988. Pyrrhi grosser Zehen Krafft. ibid. Statt der Zehen eine Wolffs-Klaue hat Lamiscus. Ibid.
- Zehend heisset bißweilen so viel / als district. 755.
- Zeichen / des Todes Urtheils bey den Egyptiern und Römischen Käysern. 16. Bey den Mohren. ibid. Unterschiedener Völcker sonderlich Zeichen. 905. seqq.
- Zeilanische Gerichte sehr vorsichtig. 20.
- Zeitel-Gerichte. 156.
- Zeno Philosophus gestehet nichts auf der Volter. 349.
- Zetter-Geschrey. 40. seq.
- Zeugen-Verhör wie sie recht vorzunehmen und zu protocolliren. 246. seqq.
- Zeugen müssen bey den Alemannen ihre wiedrige aussage mit einen Prügel-Gefechte bekräfftigen. 84.
- Zeugnis der Christen und Jüden gilt wenig bey den Türcken. 21.
- Zeugmacher / so die Zeuge verfälschen / und deren Straffe. 892.
- Ziegen-Volter. 291.
- Ziemlicher massen. It. Peinliche Frage ziemlicher massen. 315. 317. 323. 324.
- Zigeuner zu Scharffrichtern gebraucht. 835. ins Zuchthaus zuschicken. 709. seq.
- Zweiffelhaffte Sachen erwiesen durchs Feuer. 75. Durchs Kampff-Recht. 106. Gehören vor GOttes Gerichte. 88.
- Zweykampff. Vid. Kampff / Duel. Endiget Krieg. 112.
- Zwickauer Raths-Herren tragen Knebel-Bärte ex privilegio Imperatorio. 1123.
- Zwitter müssen besichtiget werden / welcher Sexus pravalire. 1040.
- Zuchthäuser. 700. 703. seq. Bey den Römern. ibid. Deren Nutz. 704. Wem deren Anlegung zukomme. ibid. Wer dahinnein zubringen. 705. Deren unterschiedene Exempel. 716. seqq. Nutze̅. 723. Seind häuffiger einzuführen. 724.
- Zunge / durchstechen. 34. Deren Abschneidung. 942. seq. In Franckreich vor die Gottes-Lästerer eingeführet. 949. Anderswo wird sie mit glüenden Eisen durchbohret. 945.seqq. Die Ausschneidung in Sächsischen Landen sehr abkommen. 946. Zunge an einen Block nageln. 946. seq. Zungen - Volter. 948. Ohne Zunge reden. 950. Zunge aufs Maul schlagen. 951. Güldenen Zunge. 952. Zunge von Opffer - Vieh kriegie̅ die Praecones beyn Griechen. ibid. Von Marqvetender Vieh gehöret den General - Gewaltiger. ibid. Die Spitze der Zungen so sich abgeschnitten Exempel. ibid. Die Zunge wenn sich ein Delinquente abschneidet / der Volter zu enikommen / ob solche dennoch statt habe? 952. Sie beisset sich Leaena selbst ab. 953. Zunge Ciceroni ausgerissen. ibid. Fressen Nestorio die Würmer bey lebendigen Leibe aus. 954.
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ERRATA TYPOGRAPHICA.
Effugerunt oculos manus??? Thypothetae post ultimam, quam vocant, correcturam
nonnulla, quae quùm sensum vel dubium reddere, vel corrumpere valeant, hic
annotare consultum duximus, reliqua, quae tanti non sunt, ut de iis moneatur,
Lector benevolus prorpiâ industrià emendabit.
p. 32. lin. 21. pro Verhafter leg. Verhaster. p. 36. lin. ult. l. Sergeant. p.
43. lin. 10. l. Lipsiens. p. 52. lin. 14. pro linguere leg. lingere. p. 84. lin.
33. l. ausgeschossen. p. 90. lin. 26. & 32. l. Fulgoso &
Fulgosus. p. 100. lin. 33. l. Belehnung. p. 122. lin. 21. l. vortragen. p. 143.
lin. 33. pro eins brauchen l. mißbrauchen. p. 148. lin. 21. dele den. p. 150.
lin. 20. lege à communiore praediorum in pagis per sepes &c. p. 153.
lin. 27. pro nitra leg. intra. p. 167. lin. 26. leg. Knecht. p 174. lin. ult. l.
Brust-Stück. p. 185. lin. 25. pro gebraucht pone gebracht. p. 198. lin. ult. l.
Conseiller. p. 208. lin. 34. l. verlegen. pag. 209. lin. 34. platter. p. 221.
lin. 18. pro weil lege will. p. 257. lin. 25. leg. justificari. pag. 260. lin.
19. lege, si aliter non poterit investigari. p. 263. lin. 3. leg. dissert. 7. p.
271. lin. 18. leg. Chartar. p. 273. lin. 25. leg. verfähret. p. 275. lin.
penult. l. C. p. 285. lin. 7. lege bisulcas. lin. 19. pro Romanam pone Romana.
p. 288. lin. 10. lege Chartarius. pag. 293. lin. 3. pro lit. lege lib. p. 294.
lin. 30. Joh. p. 296. lin. 3. Chartar. p. 302. lin. 20. leg. Strick. p. 309.
lin. antepen. leg. ingesserunt. p. 311. lin. 3. Legibus. lin. 18. art. p. 312.
lin. 15. dele semel die p. 316. lin. 11. pro Klober lege Kloben. p. 333. lin.
31. l. n. 7. & 8. p. 335. lin. 9. pro Person. lege Cason. p. 337. lin.
penult l. tit. 5. §. 5. lit. K. p. 251. & seqq. & in addit. p.
279. p. 338. lin. 2. lege Zepper. lin. 34. pro Freundschaft lege Feindschaft. p.
342. lin. 30. l. profuderint. p. 352. lin. 34 leg. ex Alberto Magno. p. 363.
lin. 29. dele verba: unter den Capitel. p 371 lin. 2. dele Caput, & pone
infra. p. 404 lin. 8. lege, wie die Glocke fünffe schlug. p. 409. lin. ult. pro
4. pone q. p. 414. lin. 22. leg. Sentent. lin. 32. leg. eigen. p. 415. lin. 13.
pro mit pone von. p 419. lin. 21. lege addantur Bodinus & p. 442. lin.
33. pro den / lege durch den. p. 446. lin. 17. l. per. pag. 471. lin. 13.
Notarios ad Banchum pertinet ad lin. 12. p. 480. lin. 9. pro vornehmste lege
vornehme. lin. 21. hactenus. p. 481. lin. 32. l. Fe???r. p. 485. lin. 14. leg.
[Greek words] p. 490. lin. 17. l.
Caesareani. p. 513. lin. 8. Ang. [ID01192] Aretin. lin. 18. carcer. p.
528. lin. antepen. leg. ab. Urb. cond. p. 534. lin. 20. l. Speculatores. l. 22.
nudato. p. 535 lin 21. pro b. l. n. 2. p. 536. lin. 13. leg. Bullaeus. p. 548.
lin. 15. lege cruciatibus. p. 561. lin. 15. lege Episcopius p. 564. lin. 3. l.
Onirocrit. p. 588. lin. 31. leg. Item Maranta. p. 606. lin. 4. leg. wenig oder
viel gestohlen. p. 609. lin. 15. l. Pegvera. p. 613. lin. 2. dele. 3. p. 633.
lin. 22. l. excutiret. p. 635. lin. 1. dele part. lin. 5. pro wiro l. wir. p.
637, lin. 3. l. ea: si diligenti. p. 643. lin. 20. leg. lib. 4. Hist. D. Joh. p.
644. lin. 31. pro gneus leg. ligneus. p. 662. lin. 22. l. über. p 676. lin. 8.
pro besten leg. Kosten. p. 680. lin. 1. leg. Valentinianus. p. 681. lin. 4. leg.
Rulandus. lin. 7. pro die gegene l. die jenige. p. 688. lin. 20. l. Basilovviz.
lin. 30. l. vorher. l. 32. pro les l. alles. p. 710. lin. 9. pro lib. 30. leg.
lib. 3. p. 746. lin. 33. leg. Wurstisius p. 752. lin. 7. l. Kipping. lin. 22. l.
[Greek words] p. 787. lin. 22. leg. A.
Caecinna. p. 788. lin. 9. leg cap. p. 801. lin. 14. pro Consilium leg.
Concilium. p. 806. lin. 14. leg. promotos p. 807. lin. 1. pone. C. de Latin.
lin. 6. l. tandem. p. 823. lin. 1. leg. vor Gerichte / nicht p. 826. lin. 18.
leg. ausgelassen. p. 829. lin. 21. l. part. lin. 25. l. vor solcher. p. 843.
lin. 9. l. sur la fosse. p. 848. lin. 5. l. Armgrinus. p. 903. lin. 29. l.
aufgeschoben. p. 926. lin. 23. l. plaucos. p. 954. lin. antepen. l. baptizati.
p. 981. lin. 27. l. jocaliter. pag. 1006. lin. 31. leg. Yel Reij. p. 1040. lin.
6. adde apparet. p. 1050. lin. 13. L complectar. p. 1058. lin. 31. lege
Vergilius. p. 1089. lin. 22. l. Aurelianus. p. 1090. lin. 13. l. Zosim. p. 1100.
lin. 11. pro Arbonius. leg. Arnobius. p. 1101. lin. 32. l. Osiris. p. 1113. lin.
8. pro Hamnon lege Hannon. p. 1128. lin. 21. leg. Agememnone. p. 1129. lin. 7.
pro und l. oder.