Transkription

Sattler, Basilius: Eine Predigt in das 11. Capittel Johannis : Gethan bey der Begrebnis/ Der ... Frawen/ Catharinen/ gebornen von Veltheim/ Des ... Arndt von Knistet ... Ehelichen Haußfrawen ; so den 17. Septembris ... verschieden…
[Inhaltsverzeichnis]
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Eine Predigt in das 11. Capittel Johannis.
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Gethan bey der Begrebnis /
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Der Edlen vnd Vieltugentsamen Frawen / Catharinen / gebornen von Veltheim / Des Edlen Gestrengen vnd Ehrnvesten Arndt von Knister / Fr. Br. Großoogts zu Wolffenbüttel Ehelichen Haußfrawen / so den 17. Septembris. Morgens zwischen ein vnd zwey Vhren verschieden / vnd folgenden Freytag den 23. desselben zur Erden bestettigt worden /
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Durch Basilium Satler D. Hoffpredigern daselbst.
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Gedruckt zu Wolffenbüttel / durch Julium Adolphum von Söhne / Im Jahr 1608.
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So schreibet der Apostel vnd Euangelist Johannes am eilfften Capittel.
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ES lag aber einer kranck / mit Namen Lazarus von Bethania / in dem Flecken Maria / vnd jhrer Schwester Martha. Maria aber war die den HERREN gesalbet hatte mit Salben / vnd seine Füsse getrucknet mit jhrem Haar / derselbigen Bruder Lazarus lag kranck. Da sandten seine Schwestern zu jhm / vnnd liessen jhm sagen / HERR / siehe / den du lieb hast / der liegt kranck / da Jesus das höret / sprach er / die Kranckheit ist nicht zum Tode / sondern zur Ehre Gottes / das der Sohne Gottes dadurch geehret werde. Jesus aber hatte Martham lieb / vnd
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jhre Schwester / vnd Lazarum. Als er nu höret / das er kranck war / bleib er zween Tag an dem Ort / da er war. Darnach spricht er zu seinen Jüngern / lasset vns wieder in Judaea ziehen. Seine Jünger sprachen zu jhm / Meister / Jenesmahl wolten die Juden dich steinigen / vnd du wilt wieder dahin ziehen? Jesus antwortet / seynd nicht des Tages zwölff Stunden? Wer des Tags wandelt / der stösset sich nicht / denn er siehet das Liecht dieser Welt. Wer aber des Nachts wandelt / der stösset sich / denn es ist kein Liecht in jhm. Solches sagt er / vnd darnach spricht er zu jnen / Lazarus vnser Freund schlefft / aber ich gehe hin / das ich jhn auffwecke. Da sprachen seine Jünger / HERR / schlefft er / so wirds besser mit jhm. Jesus aber sagt von seinem Tode / sie meineten
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aber / er redet vom Leiblichen Schlaff. Da sagts jhnen Jesus frey heraus / Lazarus ist gestorben / vnd ich bin fro vmb ewren willen / das ich nicht da gewesen bin / auff das jhr gleubet / aber lasset vns zu jhm ziehen. Da sprach Thomas / der genennet ist Zwilling / zu den Jüngern / Lasset vns mitziehen / das wir mit jhm sterben. Da kam Jesus / vnd fandt jhn / das er schon vier Tage im Grabe gelegen war. Bethania aber war nahe bey Jerusalem / bey fünffzehen Feldtweges. Vnd viel Juden waren zu Martha vnd Maria kommen sie zu trösten vber jhren Bruder. Als Martha nun höret / das Jesus kompt / gehet sie jhm entgegen / Maria aber bleibt daheime sitzen. Da sprach Martha zu Jesu / HERR werestu hie gewe
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sen / mein Bruder were nicht gestorben. Aber ich weis auch noch / das / was du bittest von Gott / das wird dir Gott geben. Jesus spricht zu jhr / dein Bruder sol aufferstehen. Martha spricht zu jhm / ich weis wol das er aufferstehen wird in der Aufferstehung am Jüngsten Tage. Jesus spricht zu jhr / ich bin die Aufferstehung vnd das Leben / wer an mich gleubet / der wird leben / ob er gleich stürbe. Vnd wer da lebt / vnd gleubet an mich / der wird nimmermehr sterben. Gleubestu das? Sie spricht zu jhm / HERR / ja ich gleube / das du bist Christus der Sohn Gottes / der in die Welt kommen ist. Vnd da sie das gesagt hatte / gieng sie hin / vnnd rieff jhrer Schwester Maria heimlich / vnd sprach / der Meister ist da / vnd ruffet dir. Dieselbige als sie das höret / stund sie eilend auff / vnd kam zu jm /
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denn Jesus war noch nicht in den Flecken kommen / sondern war noch an dem Ort / da jm Martha war entgegen kommen. Die Juden die bey jhr im Hause waren / vnd trösten sie / da sie sahen Mariam / das sie eylend auffstund / vnd hinaus gieng / folgeten sie jr nach / vnd sprachen / Sie gehet hin zum Grabe / das sie daselbst weine. Als nun Maria kam da Jesus war / vnd sahe jhn / fiel sie zu seinen Füssen / vnd sprach zu jhm / HERR / werestu hie gewesen / mein Bruder were nicht gestorben. Als Jesus sie sahe weinen / vnd die Juden weinen auch / die mit jhr kamen / ergrimmet er im Geist / vnd betrübet sich selbst / vnd sprach / wo habt jhr jhn hingelegt? Sie sprachen zu jhm / HERR / kom vnd siehe es / vnd Jesus giengen die Augen vber / da sprachen die Juden / siehe / wie hat er jn so lieb gehabt /
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etliche aber vnter jhnen sprachen / kunte der dem Blinden die Augen auffgethan hat / nicht verschaffen / das auch dieser nicht stürbe? Jesus aber ergrimmet abermahl in jhm selbs / vnd kam zum Grabe. Es war aber eine Klufft / vnd ein Stein darauff gelegt. Jesus sprach / hebet den Stein abe. Spricht zu jhm Martha / die Schwester des Verstorbenen / HERR / er stincket schon / denn er ist vier Tage gelegen. Jesus spricht zu jhr / hab ich dir nicht gesagt / so du gleuben würdest / du soltest die Herrligkeit Gottes sehen? Da huben sie den Stein ab / da der Verstorben lag. Jesus hub aber seine Augen empor / vnd sprach / Vater ich dancke dir / das du mich erhöret hast / doch ich weis / das du mich allezeit hörest / sondern vmb des Volcks willen / das vmbher stehet / sage
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ichs / das sie gleuben du habest mich gesandt. Da er das gesagt hatte / rieff er mit lauter Stim / Lazare kom heraus / vnd der Verstorbene kam heraus / gebunden mit Grabtüchern an Füssen vnd Henden / vnd sein Angesicht verhüllet mit einem Schweißtuch. Jesus spricht zu jnen / löset jhn auff / vnd lasset jhn gehen.

Predigt.
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GEliebte im HERREN / das Jes. 56. Capittel stehet / der Gerecht kompt vmb / vnd niemandt ist der es zu Hertzen nehme. Vnd Heilige Leut werden auffgerafft / vnnd niemandt achtet darauff / das mögen wir jetziger Zeit auch wol sagen vnd behertzigen. Denn anderer Leut zu geschweigen / die ein Zeitlang hie darauff gegangen sind / darunter etliche fromme Hertzen mit gewesen / hat Gott in wenig Wochen allhie zwo Frawen vom Adel / die vorher
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nicht sonderlich schwach gewesen / vnd Altershalben noch lang leben können / vnd wie menniglich bewust / von vns billig vnter die Heiligen / das ist / vnter die Gleubigen mitgezehlet werden / damit es bey vns desto ein grösser Ansehen haben möchte / aus diesem Leben abgefordert. Nicht fern von hier / hat Gott gleicher gestalt / einen Man vom Adel aus diesem Leben weggenommen / welcher vnter den aller Vornembsten von der Ritterschafft mit gewesen. Dieses alles ist Gottes Straff / dieweil solche Leut / als der Man gewesen / mit Raht vnd That dem Vaterlandt dienen können / darumb wenn Gott straffen wil / nimbt er solche Leut hinweg / die man noch wol brauchen könte / wie Jes. 3. zu lesen / oder auch andere die mit jhrem Gebet sich zur Mawren machen / vnd wider den Riß stehen gegen Gott für das Land / wie Ez. 22. redet. So ists auch ein böse Anzeig / wenn fromme Leut abgehen / wie Jes. 56. sagt / sie werden weggerafft für dem Vnglück / vnd kommen zum Fried / vnd ruhen in jhren Kammern. Das mögen wir bey dieser abermaligen Zusammenkunfft vnd Begrebnis wol in acht nehmen. Vnd wenn das alles schon nicht were / sollen wir vns doch bey den Brgrebnussen erinnern / das wir alle sterben müssen / vnd der Todte zum Lebendi
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gen spricht / Gestern war es an mir / Heut ist es an dir. Vnd weil die gedachte Personen kein hohes Alter erreicht / sollen wir vns nicht einbilden / das wir noch lang zuleben haben. Vnd das diese Personen auch von fürnehmen Geschlecht gewesen / darbey sehen wir / das die Höhesten in der Welt dem Tode / vnd anderm Vnglück eben so wol / als ander Leut vnterworffen sind / wie im 82. Psalmen stehet: Ich hab wol gesagt / jhr seyd Götter / vnd allzumahl Kinder des Allerhöchsten / aber jhr werdet sterben wie Menschen. Vnd Syrach am 40. Es ist ein elend jämmerlich Ding / vmb aller Menschen Leben / von Mutter Leib an / biß sie in die Erden begraben werden / die vnser aller Mutter ist / da ist jmmer Sorg / Hoffnung / Furcht / vnd zu letzt der Todt / so wol bey dem der in hohen Ehren sitzt / als bey dem geringsten auff Erden. So wol bey dem / der Seiden vnnd Kron treget / als bey dem / der einen groben Kittel an hat. Darumb sollen wir alle vns zum Todt schicken / vnd mit Mose beten im 90. Psalm: Lehre vns bedencken das wir sterben müssen / auff das wir klug werden. Das ich nun frommen Hertzen darzu Vrsach gebe / hab ich diese Histori vom Lazaro für mich nemen wollen / dieweil er auch / wie alle Vmbstendt
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geben / kein gemeiner sondern ein fürnehmer wolbehaltener Man gewesen ist. Wir sollen diese Histori wol mercken / dieweil dergleichen wol in der gantzen Heiligen Schrifft nicht zu finden ist / da Christus sein getrewes Hertze also außschüttet / vnd sein Göttlich Macht so herrlich sehen lest. Weil es aber nicht müglich / solche Histori in so kurtzer Zeit nach allen Vmbstenden nottürfftig zu handlen / wollen wir diese 4. Pünctlein heraus ziehen. Erstlich / wie Lazarus gelebet / vnd sich gehalten. Zum andern / wie er Kranck gelegen. Zum Dritten / wie er gestorben. Zum Vierden / wie er durch Christum von den Todten aufferwecket worden. Gott gebe vns dazu die Gnade seines Heiligen Geistes Amen.

Der Erste Theil.
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ES ist dieses nicht der arme Lazarus / davon Luc. am 16. Christus redet / sondern ein ander / Es stehet aber sonsten in der Evangelischen Histori von diesem Lazaro / sonderlich nicht viel / als das er zu Bethania gewo
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net / welches vngefehrlich ein halb Meil von Jerusalem gelegen / vnd habe zwo Schwestern gehabt / die auch Christum gehört / an ihn gegleubet / ihn geliebet / vnd jm viel Ehr vnd Guts erzeiget. Ein Wort aber das etzliche mahl wiederholet werd gibt vns feine Nachrichtung von seinem gantzen Leben. Da der Evangeliste Johannes vnd Lazari Schwestern sagen / Jesus hab jhn lieb gehabt / vnd Christus selber nennet jhn seinen Freund / daraus wir leichtlich abnehmen können / wie er gelebt / denn / wen Christus lieb habe / stehet Matth. 12. Mar. 3. vnd Luc. 8. Da etzliche zu Christo sagen: Deine Mutter vnd deine Brüder siehen draussen / vnd wollen dich sehen / antwort er / vnd reckt die Handt aus vber seine Jünger / vnd spricht: Siche / das ist mein Mutter / vnd meine Brüder seynd / die Gottes Wort hören vnnd thun / vnd Johan. 14. Wer mich liebet / der wird mein Wort halten / vnd mein Vater wird jhn lieben / vnd wir werden zu jhm kommen / vnd Wonung bey jhm machen / vnd Johan 15. Ihr seyd mein Freund so jhr thut was ich euch gebiete / Ist also Lazarus kein Feind oder Verechter Christi vnd seines Worts gewesen / sondern hat jhn gehöret / an jhn gegleubet / vnd sein Leben nach Christi Wort angestellet / das ist / er ist From vnd Gottfürchtig / vnnd ein guter Christ gewesen.
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Da sollen wir nun von Lazaro / wie auch von seinen Schwestern die eben also gelebt wie er / ein Muster nehmen eines Gottseligen Lebens / vnd also zusehen / das wir auch leben wie Lazarus / das wir den Nahmen vnd Ehrentitul mit der That führen / das wir Christi Freund seyn / vnd er vns lieb habe. Das ist der höheste Ruhm vnd Titul den wir in dieser Welt füren können / vnd darnach wir trachten sollen. Es ist auch ein Ruhm / das man Schön / Gewaltig / Reich / Gelert / oder sonsten in grossem Ansehen ist / welches denn alles Lazaro vnd seinen Schwestern nicht gemangelt hat. Aber das alles wil es nicht außmachen / sondern das ist jhr höchste Ehr / das sie Freund des ewigen Sohn Gottes gewesen / vnd er sie geliebet hat. Darnach sollen wir auch trachten / das erlangen wir / wie Christus saget / Wenn wir seine Jünger vnd rechte Christen seyn / das ist / wie ers selber er kleret / wenn wir sein Wort hören vnd thun. Also sollen wir die Predig Göttliches Worts hören / aus dem Gesetz vnsere Sünd erkennen / Rewe vnd Leyd darüber haben / vnnd dem Evangelio von vnserm H E R R N Jesu Christo gleuben / vns seiner trösten vnd vns bessern / in vnserm gantzen Leben meyden / was er vns verbotten / vnd thun was er in
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seinem Wort befohlen hat / vnd sonderlich vns vnter einander / dabey man Christi Jünger erkennet / lieben. Diese Tugend / daher die andern alle fliessen / heisset Gottesfurcht oder Gottseligkeit. Vnd ist nun dieselbe bey den Gottlosen Weltkindern verachtet / die verachten Gottselige Leut / vnd halten sie nirgend für / aber in Goetes Wort wird sie hoch gerühmet / vnnd werden wir darzu fleißig vermahnet / Hiob / David / Salomo vnd Syrach sagen: Die Furcht des HErren / ist der Weißheit anfang. Es verheist auch Gott den Gottseligen allerley zeitlichen vnd ewigen Segen / Psal. 112. Wol dem der den HErrn fürchtet / der grosse Lust hatzu seinen Geboten. Des Same wird gewaltig seyn auff Erden das Geschlecht der Frommen sol gesegnet seyn. Reichthumb vnd die Fülle wird in jhrem Hause seyn / vnd jhre Gerechtigkeit bleibet ewig. Salomo Proverb. 3. redet also von der waren Gottseligkeit / wol dem Menschen / der Weißheit findet / vnnd dem Menschen der Verstandt bekompt. Denn es ist besser vmb sie handtieren / weder vmb Silber / vnd jhr Einkommen ist besser denn Goldt. Sie ist edler denn Perlen / vnd alles was du wün
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schen magst / ist jhr nicht zu gleichen. Langes Leben ist zu jhrer Rechten Handt / zu jrer Lincken ist Reichthumb vnd Ehre. Christus sagt darvon Matth. 6. Trachtet am ersten nach dem Reich Gottes / vnd nach seiner Gerechtigkeit / so wird euch das ander alles zufallen / Vnnd Johan. 14. Wer mich liebet / der wird mein Wort halten / vnnd mein Vater wird jhn lieben / vnd wir werden zu jhm kommen / vnd Wohnung bey jm machen. Vnd Paulus in der 1. Tim. 4. Die Gottseligkeit ist zu allen Dingen nütz / vnnd hat die Verheissung dieses vnd des zukünfftigen Lebens. Joseph fürchtet Gott / darumb wird er reichlich gesegnet an Gütern / das er seinen Vater vnd gantzes Hauß versorgen kan / vnd ist der negst nach dem König / wird hundert vnd zehen Jahr alt / vnnd siehet Kindes Kinder in das dritte Glied. Daniel / dieweil er auch in Babylonischer Gefengnis Gott fürchtet / wird von Gott mit hoher Weißheit begabet / kombt hoch / vnd hat einen ewigen Nahmen bey Gott vnd dem Menschen. Ein solcher frommer Mensch ist auch Lazarus / vnd seine Schwester / sie hören Christi Wort / gleuben an jhn / vnd thun jhm guts / des geniessen sie hie vnd dort.
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Diesen frommen Leuten sollen wir in vnserm Leben nachfolgen / vnd vns nicht jrren vnd für den Kopff stossen lassen / das es auch den Gottlosen wol / vnd offtmahls besser gehet als den Frommen. Denn wir sollen gedencken / Gott thue es zwar / das er sie zur Busse beruffe / aber wenn sie sich nicht bessern / so sey kein Bestandt dabey / sondern sie werden endtlich gestraffet. Darumb sagt Hiob 18. vnd Salom. Pro. 13. Die Leuchte oder das Liecht der Gottlosen werde erleschen / das ist / jhr Glück wird sich wenden / vnd werde endtlich jhnen / wie wir sagen / das Liecht außgehen. Vnd im 37. Psalmen sagt David: Die Gottlosen werden vmbkommen / vnd die Feind des HErren / wenn sie gleich sind wie ein köstlich Awe / werden sie doch zergehen wie der Rauch zergehet. Vnd im 78. Psalmen / Aber du setzest sie auffs schlüpfferig / vnd stossest sie zu Bodem / wie werden sie so plötzlich zu nicht / Sie gehen vnter / vnd nemen ein Ende mit schrecken / wie ein Traum / wenn einer erwachet / machstu jhr Bildt in der Stadt verschmecht. Es hat ja der Reiche Man ein Zeitlang alles gnug vnd vollauff / aber dieweil er gottlos ist / nimbts zu letzt ein schrecklich Ende mit jhm. Darumb sollen wir vns das / das es den Gott
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losen wol / den Frommen aber ein Zeitlang vbel gehet / nicht irre machen lassen / sondern einen weg als den andern Gottfürchtig seyn vnd bleiben / das wird Gott zu seiner Zeit hie vnd dort reichlich belohnen.

Der Ander Theil.
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WIe gehets nun diesem frommen Lazaro vnd seinen Schwestern / die also Christum zum Freunde haben / vnd von jhm geliebt werden? Es gehet jhnen eben seltzam vnd vbel. Denn da einer wol gemeynet / wenn Gott alle andere Menschen mit Creutz heimgesucht hette / würde er jhrer geschonet haben / vnd sie vorbey gangen seyn / weiset es sich mit jhnen viel anders aus. Es mahlet Gott den Lazarum gleich aus / vnnd greifft jhn also an / als wenn er der allerergest vnd bösest Mensch were / er wird kranck / kan mcht mehr fortkommen / muß sich legen / vnd wie es pflegt herzugehen / fület er grosse Schmertzen / da denn auch die Innerliche vnd Geistliche Anfechtungen nicht außvleiben. Das man nun also ancket vnd krancket / ist ein gros Vnglück / vnd eines von den fürnehmen Leyden /
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wie wir an Hiob sehen / das er entlich darüber etwas vngedüldig wird / deßgleichen am König Hißkia / der / wie jhn Gott hernieder legt / gar ein jämmerliche Klag füret / Jes. 38. Vnd trifft dis Vnglück nicht allein Lazarum / sondern es gehet auch vber seine Schwestern beyde / die sonst grossen Trost an jhm als einer Mans Person vnd jrem lieben Bruder hatten / die werden / wie man wol gedencken kan / hierüber hoch betrübet / vnd hilfft sie dißfals nichts / wie sich es ansehen lesset / das Christus jhr guter Freund ist / vnd sie lieb hat. Wie halten sie sich aber? Sie greiffen nicht zu verbottenen Mitteln / wie viel Leut thun / ja sie verlassen sich auch auff gute Mittel nicht / die sonst Gott erleubt hat / als auff die Ertzt vnd Artzney / sondern weil sie mit Christo wolstehen / schicken sie zu jhm / vnd klagen jhm jhr Noth / vnd lassen jhm sagen / den du lieb hast der ligt kranck. Aber Christus / ob ers wol zuvor weiß / vnd jhn lieb hat / hilfft er jhm doch nicht alsbald / sondern hat wol ein Mitleyden / aber er bleibt auß / bis er es vber sich nimpt / vnd stirbt. Doch ist tröstlich das er sagt: Die Kranckheit ist nicht zum Tode / sondern das der Sohn Gottes geehret werde. 2. Das es jhm also zu Hertzen gehet / das er zween Tag sich inhelt / an einem Ort bleibet /
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vnd nicht auß der stett gehet. 3. Das er auch entlich fortzeugt / jhm zu helffen / wie es denn auch 4. zu letzt ein gut End nimbt / wie wir hören werden / das Lazarus erwecket / Gottes Sohn recht erkandt vnd geehret / Lazarus seine Schwestern vnd andere fromme Hertzen im Glauben an Christum gestercket / vnd hoch erfrewet seyn. Diese Kranckkeit nun kompt vns zumahl seltzam für / vnd dieweil Gott den Lazarum vnd seine Schwestern lieb hat / verwundert vns / das er sie also betrüben mag / vnd sie so hart mitnimbt. Denn im ersten Theil haben wir gehöret / das die Gottfürchtigen jhrer Gottseligkeit hie vnd dort geniessen sollen / vnd das Gott jhr Freund seyn wolle. Ist nun das Liebe vnd Freundtschafft / das er Lazarum vnnd seine Schwestern also betrübet? Der freundschafft möchte einer lieber entberen / etc. Nicht also lieben Christen / damit wil vns Christus lehre̅ / das / ob er wol die Gottseligen hertzlich lieb habe / so wolle er sie doch des Creutzes in diesem Leben nicht vberheben / sondern vielmehr jm vorbehalte̅ haben / das er die Seinen mit Creutz belegen wölle / wie er denn von vns gehabt haben wil / das wir durchaus jhn / als vnsern Vater in den Zeitlichen Gütern rahten / vnd vnser Bestes bedencken lassen / was vns diene oder nicht diene.
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Darumb gibt er offt in Zeitlichen Gütern nicht / was wir von jhm begehren / er menget das Creutz jmmer mit vnter / er bleibt offt / wenn wir schon jhn anruffen / lang aus / ja er lest die Seinen / wie hie geschicht / wol gar darauff gehen. Darumb wie Christus Marc. 10. denen / die vmb seines Nahmens willen jhre Güter verlassen / verheist / das sie es hie hundertfeltig empfangen sollen / setzet er diese Wort dazu / mit Verfolgungen. Vnd die Episteln zum Heb. 12. ziehet aus Prouerb. 3. diese Wort an: Mein Sohn achte nicht gering die Züchtigung des HErren / vnd verzage nicht wenn du von jhm gestrafft wirst / denn welchen der HERR lieb hat / den züchtiget er / er steupet aber einen jeden Sohn den er auffnimpt. Es braucht der Apostel ein Gleichnus von einem Vater / der seinen Sohn zwar lieb hat / aber nicht desto weiniger denselbigen steupet vnd züchtiget / derwegen der weise Man sagt: Wer seiner Ruten schonet / der hasset seinen Sohn. Also spricht er / halt es Gott mit seinen Sönen vnd lieben Kindern auch. Denn es hat auch mit vns die Gelegenheit / wie mit den Kindern. Wenn vns Gott vnsern Willen liesse / so fielen wir in Sicherheit vnnd allerley Sünde / vnd würden endtlich dem bösen Feind zu
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Theil / oder wie Paulus redet / mit der Welt verdampt. Darumb behelt jhm Gott das Creutz vor / wie Christus frey zuvor sagt: Wer da wil mein Jünger seyn / der verleugne sich selber / vnnd neme sein Creutz auff sich / vnd folge mir nach. Vnd die Epistel zum Heb: 12. sagt: Alle Kinder Gottes sind der Züchtigung theilhafftig worden. Item / Seyd jhr ohn Züchtigung / so seyd jhr Bastardt / vnnd nicht Kinder. Darumb wollen wir auch Gottes Kinder seyn / so sollen wir vns nicht daraus werffen / sondern gutwillig in das Creutz ergeben. Es weiset aber vns diese Histori zugleich herrlichen Trost / denn wir wol mercken / vnd im Creutz vns zu nütz machen sollen. Als erstlich / das ob vns Gott wol mit dem Creutz heimsuche / habe er vns doch einen weg als den andern Lieb / vnd thue er nicht wie ander Freund von den Weltkindern / die so lang Freund sind / als es einem wolgehet / aber wenns einem Vbel gehet / so hat die Freundtschafft ein ende. Das thut Christus nicht / sondern bleibt in der Liebe bestendig / vnd ob wir wol arme Sünder sind / wil er vns darumb nicht obergeben / sondern vergibt vns die Sünd Väterlich. Des haben wir ein tröstlich Exempel an Ephraim / Jer. 31. Da er gleich schnüpffet / als ein Kind das
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gesteupet ist / vnd Buß thut / da tröstet jhn Gott / vnd spricht: Ist nicht Ephraim mein tewrer Sohn / vnd mein trawtes Kind. Darumb bricht mir mein Hertz gegen jhm / das ich mich seiner erbarmen muß / etc. Es gehet Gott wie einer Mutter / die schier mit dem Kind weinet. Christus helt Lazarum für seinen Freund auch / da er kranck / ja Todt ist. Zum Andern ist auch tröstlich / das Christus mit vns ein Mitleyden hat / vnd es nicht hinschlecht / das es vns vbelgehet / vnd wir jhn anruffen. Das Verlangen der Ellenden hörestu HErr / sagt der 10. Psalm: Ihr Hertz ist gewiß / das deine Ohrren darauff mercken. Da er von Lazari seines Freundts Kranckheit berichtet wird / bleibt er zween Tag an einem Ort / Lazarus liegt jhm im Sinne / da denckt er auff / ob er schon alsbald nicht hilfft. Zum Dritten / lest er es dabey nicht / sondern macht sich endtlich auff den weg / vnd wie wir hernach hören werden / hilffr er / wie er im 91. Psalmen verheist: Er begeret mein / so wil ich jhn auffhelffen / erkennet meinen Namen / so wil ich jhn schützen / er rufft mich an / so wil ich jhn erhören / Ich bin bey jhm in der Noth / ich wil jhn heraus reissen. Zum Vierden / lehret vns auch diese Histori / vnd gibt vns den Trost / das vns das Creutz / das vns Gott zuschickt / nicht schedlich sey / sondern zum
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besten dienen müsse. Wie denn Paulus Rom. 8. schreibet: Denen die Gott lieben / mus alles zum besten dienen. Denn wie die kunstreiche Medici vnd Apoteker aus dem Fleisch der schwartzen gifftige̅ Schlangen die köstliche Artzney wieder Gifft den Teriak bereiten / also liesse Gott das böse nicht zu / wenn er nicht was guts daraus bringen könte. Das erkennet David Pfal. 18. Wenn du mich demütigest / machstu mich groß / Vnd im 119. Psalmen / Es ist mir lieb / das du mich gedemütiget hast / auff das ich lernete deine Rechte. Vnd das ist / das Christus sagt: Die Kranckheit ist nicht zum Todt / sondern das der Sohn Gottes dadurch geehret werde. Wie denn eben diese Kranckheit vnd der Todt Lazari / jhm vnd seinen Schwestern zu allem guten gereichet ist. Das sol vns nun zur Gedult vnd Trost dienen / weil wir wissen / das einem Man gut ist / das er das Creutz tregt in seiner Jugend / Thren. 3. Das wir / wenn vns ein Vnglück vberfalle / vnser Seel mit Gedult fassen / vnsern Mund in den staub stecken / vnd der Hoffnung / das ist / der Hülff erwarten. Es lehren vns aber auch mit jhrem Exempel Lazari Schwestern / wie wir vns Christlich in solch Creutz vnd in der Kranckheit schicken sollen.
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Dieses ist gar ein nötige Lehre / denn wir müssen bekennen / wenn vns also das Creutz vnvermutlich ins Haus kompt / das wir alsdann betretten sind / vnd nicht viel wissen / wo wir zugreiffen sollen. Vnd zwar so versehen es da viel Lcute. Etliche verlassen stracks Gott / vnd suchen Hülff wie die Papisten bey den Heiligen. Ja das noch erger vnd gar schrecklich ist / suchen etliche Raht bey dem Teuffel / ob etwa jhnen oder den jhrigen die guden Holden zugewiesen. So lest der König Ahasia 1. Reg. den Baalsebub fragen / ob er des Lagers wieder auffkommen werde. Etliche machen es so grob nicht / aber sie versehen es gleichwol darin / das sie nicht allein ordentliche vnd von Gott erleubte Mittel gebrauchen / welches nicht zu straffen / sondern auch sich darauff verlassen / als der König Assa 2. Paralip. 16. Da er an Füssen kranck war / den HErrn nicht suchte / sondern die Ertzte. Welches auch ein schwere Sünd ist wieder das erste Gebot. Darumb denn Gott den Assa gestraffet / das er an der Kranckheit gestorben ist. Derwegen sollen wir zwar die Mittel gebrauchen / die Gott verordnet hat / als der Prophet Jesaia den König Hißkia ein Pflaster von Feigen auff seinen Schaden legen heist / aber man sol sich darauff nicht verlassen. Wie schlecht man es denn an? Wie
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Lazari Schwestern für allen dingen zu Christo geschickt / also sollen wir auch jhm vnsere Noth klagen. Denn ob er schon gen Himmel gefahren / so wil er doch halten / das er Matth. 18. zugesagt: Wo jhr zwen oder drey eines werden / warumb sie bitten / das sol jhnen wiederfahren. Denn wo jhr zween oder drey versamlet seyd in meinem Nahmen / da bin ich mitten vnter jhnen. Wenn wir also durch ein Vater vnser zu jhm schicken / wil er vns erhören. Ruff mich an in der Noth / so wil ich dich erretten / Vnd Jacob 5. Ist jemand kranck / der ruffe zu sich die Eltesten in der Gemeinen / vnnd las sie vber sich beten / vnd laß sich salben mit Oel in dem Namen des HErren / vnd das Gebet des Glaubens wird den Krancken helffen. Also ersucht David den HErrn vmb das krancke Kind / das jhm Bethsaba geboren hatte. Vnd Hißkia / da er Jes. 38. Todt kranck war / keret sich zur Wand / vnd betet zum HErrn. Da auch Gott nicht also bald hilfft / vnd es so bald nicht gut wird / sollen wir nicht ablassen zu bitten / sondern anhalten / Matth. 7. Betet / so werdet jhr empfahen / suchet so werdet jhr finden / klopffet an / so wird euch auffgethan. Wie David im 130. Psalmen thut. Ich habe des HErren / vnnd mein Seel harret: Wenn auch es Gott schon nicht macht / wie wir es gern haben wolten / sollen wir gleichwol mit
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jhm zu frieden seyn. Denn er besser weis wie es seyn sol. Wie David sich wol zu frieden gibt / ob jhm schon Gott seinen Iungen Sohn nicht gesundt werden / sondern sterben ist. Also werden Schwestern darumb nicht Christ Vnfreund / ob er schon jhrem Bruder nicht bald hilfft / wie sie gebeten / sondern halten an / vnd stellen es jhm allerdings heim. Das heist nun sich recht vnd Christlich in die Kranckheit schicken / welches wir nicht allein hören / sondern auch im Nothfall vns zu nutz machen sollen.

Der Dritte Theil.
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ES bleibt aber dabey nicht / das Lazarus kranck wird / sondern weil es sich mit Christi Ankunfft etliche Tag verzeucht / gehet er darüber hin / vnd stirbt. Das ist nun ein kurtz Wort / das er stirbt / vnd ist bald gesagt / aber es begeeifft viel in sich. Denn erstlich hat er / wie andere Menschen / viel vnd grosse Schmertzen am Leib / so ist jhm / wie allen Menschen das Leben zumahlen lieb / vnd thut jhm weh / das ers verlassen sol / wie denn jhm ohn zweiffel auch sehr zu Hertzen gangen / das er also von
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seinen lieben Schwestern scheiden solle. Die Geistliche Anfechtungen / weil er ein Mensch gewesen / vnd noch Fleisch vnd Blut gehabt / seynd auch nicht außgeblies er sich seiner Sünd erinnert / damit er wie alle Menschen sein Lehenzugebracht / denn er kein Engel gewesen / derwegen er sich entsetzt für Gottes Zorn / denn jhm sein Gewissen gesagt / das Gott der Sünden Feindt sey / vnnd sie zeitlich vnnd ewig straffen wölle / wie er denn allbereit an sich etlicher massen gefület. Diese Anfechtung nemen jn hart mit. wiewol er im wahren Glauben an Christum entlich solche Anfechtung vberwunden hat. Entlich da es vmb vnd vmb kommen / haben sich Leib vnnd Seel geschieden / vnd ist jhm der Athem außgeblieben / da er dann angefangen zu riechen / der wegen er auch ins Grab gelegt / vn̅ darin vier Tag gelegen / also / das er / wie alle Menschen gestuncken / vnnd angefangen zu verwesen / vnnd so abschewlich worden / das auch Martha nicht haben wil / das man das Grab eröfnen sol. Das ist nun noch etwas seltzamer / als das vorige / das Lazarus stirbt eben so wol / als wenn er Gottlos gewesen were. So offt wir nun von Leuten hören / die gestorben sind / oder sehen das Leut sterben / sollen wir vns vnsers Endes erinnern / das wir auch sterben müssen.
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Wie man gleich ein Sprichwort sagt / es ist nichts gewisser als der Todt / vnnd nichts gewisser als die Stund des Todts. Denn das hat Gott vber alle Menschen beschlossen / Gen. 3. Im Schweis deines Angesichts soltu dein Brot essen / bis das du wider zur Erden davon du genommen bist. Denn du bist Erden / vnd solt wieder zur Erden werden. Daher Syrach am 14. sagt: Es ist der alte Bund / du must sterben. Heb. 9. Es ist den Menschen gesetzt einmahl zu sterben / vnnd denn das Gericht. Derwegen weil du ein Mensch bist / mustu dich des gewis versehen. Wenn wir das also bedechten / vnd was der Todt in sich hette / würden wir vns anders dazu schicken. Vnd nicht so ruchlos vnd sicher in den Tag hinein leben. Syrach 7. Was du thust / so bedenck das Ende / so wirstu nimmermehr Vbels thun. Dieweil wir aber so blind vnnd verstockt / sollen wir mit David bitten : Ach H E R R lehre mich doch / das ein End mit mir haben wird / vnd mein Leben ein Ziel hat / vnd ich davon mus. Insonderheit aber sol vns hie auch ein Nachdencken machen / das nicht allein die Gottlosen sterben / sondern auch Christi Freund / die er lieb hat / vnd denen er die Sünd vergeben hat / vnd werden die mit
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dem Todt ja so wenig als die andern verschonet. Das bezeuget Gottes Wort vnd die Erfahrung. Die Ertzväter / Adam / Seth / Enos / etc. Abraham / Isaac / Jacob sind gestorben. David der König vnd Prophet sagt: Ich gehe hin den Weg aller Welt. Die Propheten vnd Apostel sind gestorben / vnd ist keiner vberblieben. Wie kompt doch das / das Gott auch seine liebe Kinder / ehe sie in den Himmel kommen also mitnimpt / vnd mit jhnen nicht vber siehet? Er wil vnter andern vns damit lehren / wie gar tieff die Sünd bey vns eingewurtzelt sey / das wir derselben nicht gentzlich quit vnd loß werden können / es muß noch der Todt dazu kommen / das wir die Sünd vnd die Verweßlicheit so aus der Sünden herkompt / ablegen / vnd muß gleich der Todt vns vmbschmeltzen / vnd müssen wir verwesen / vnd zu Staub vnd Aschen werden. Davon schreibt Paulus 1. Corint. 15. Fleisch vnd Blut kan das Reich Gottes nicht besitzen / auch wird das Verweßliche nicht anziehen das Vnverweßliche / das ist / Wir Menschen wie wir jetzt sind / können nicht in den Himmel kommen / vnd 2. Cor. 5. zeiget Paulus an: Wir sehnen vns nach vnser Wonung im Himmel / vnd wolten gern nicht vberkleidet werden / auff das das Sterbliche würde verschlungen von dem Leben. Aber es gehet vns nicht an.
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Darumb sollen wir die Sünd nicht so für einen schlechten Mangel ansehen / der leicht zuvertreiben sey / sondern für ein böse Kranckheit vnd Geistlichen Auffsatz halten / der den gantzen Menschen an Seel vnd Leib durchfressen vnd eingenommen / das Gott dazu kommen mus / vnd vns zum andern Leben / vnd endtlich auch durch den Todt nach seinem gerechten Gericht hinrichten vnd verwandlen mus. Wir sollen auch das nicht also schlecht bey vns hingehen lassen / das der Todt so ein bitter Kraut vnd schrecklich Straff Gottes ist / der mit einem Menschen nicht spielet / sondern jhn vberauß hart vnnd schrecklich mitnimpt. Denn da siehet man / wie sich ein Mensch quelen mus / wenn er stirbt / welche viel vnd schwere Anfechtung er habe / wie er so grosse Schmertzen muß außstehen / was für ein Kampff es sey / wenn man mit dem Todt ringet / darüber einem der kalte Angstschweiß außbricht / vnd auch die Vmbstehenden sich entsetzen / bis es endtlich so weit kompt / das man es vber sich nimpt / vnnd wenn ein Mensch verschieden ist / wird der Leib zumahlen vbel zugericht / verleuret seine Farb vnd Schöne / vnnd rencht so starck / das man jhn nicht lenger leiden kan / / sondern vber die seiten bringen / vnd begraben mus. Wenn ein Mensch ins Grab kompt / so wird
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er je lenger je abschewlicher / er stincket / faulet / verweset / vnd wie Syrach 10. sagt / fressen jn die Schlangen vnd die Würm / vnd wird also zur Erden / davon er genommen ist. Das behertziget Abraham / da er sich Gen. 18. Staub vnd Aschen nennet. Wo kompt doch solcher Vnraht her / das die edle Creatur Gottes der Mensch also zu nichten / vnd fast noch abschewlicher wird als ein ander Aß? Antwort / da wil vns Gott den Grewel vnser Sünden für die Augen stellen / das er ernstlich darüber zürne / weil allen Menschen / vnd also auch seinen lieben Kindern / die er zu Gnaden angenommen hat / solches mus vbergehen. Davon sagt Moses im 90. Psalmen / Das macht dein Zorn / das wir also vergehen / vnd dein Grim / das wir so plötzlich dahin fahren. Denn vnser Missethat stellestu für dich / vnser vnerkandte Sünde ins Liecht für deinem Angesicht / etc. Wer gleubet aber / das du so sehr zürnest? Soll also der Todt eines Menschen eine Bußpredigt seyn / das wir den grewlichen Erbschaden vnser Sünd erkennen / vnd beweinen / vnd in der Gnadenzeit vns mit Gott versünen lassen.
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Der Vierdte Theil.
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ES stehet für den Augen der Menschen gar vbel vmb Lazarum / vnd ist es mit jhm gar ein betrübter Zustandt. Aber für Gottes Augen vnd bey vnseren lieben HERRN Christo hat es mit jhm noch ein gute Gelegenheit. Das siehet man erstlich dabey / das er den verstorbenen Lazarum noch / seinen Freund heist / hat jhn also noch nicht gar vbergeben. So sagt er auch von seinem Todt tröstlich / er schlafft nur / ob er schon weis / das er warhafftig gestorben ist. Er lest sich auch so viel vernehmen / das er jhn als aus dem Schlaff erwecken wolle. Er lest es aber bey den Worten nicht bewenden / sondern die That sol folgen. Er gehet zum Grab / schewet keinen stanck vnnd vngemach / er wil seinen Freund wider lebendig haben / rufft derwegen mit lauter Stimme / Lazare / kom heraus / vnd ist solch sein allmechtiges Wort so krefftig / das von stunde̅ an dem Lazaro aller Stanck / Faulnis vnd Verwesung vergehet / die Seel kompt wieder / er wird in einem Augenblick wider lebendig / rein frisch vnnd gesund. Vnd weil er als ein Todter bewunden war / befihlt Christus / das man jhn los machen sol.
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Dieses klinget nun aus der massen tröstlich / vnd lert vns hie Christus mit Worten vnd mit der That / das wir im Tode nicht bleiben sollen / sondern er könne vnd wölle vns von den Toten aufferwecken. Davon haben alle Heyden nichts gewust. Ja was solten sie wissen / es ist diese Lehre vnser Vernunfft stracks zu wieder. Derwegen sie sie ausgelachet haben. Wie Christus Matth. 9. sagt / das Medlein ist nicht Todt / sondern er schlefft / verlachen sie jhn. Matth. 22. fragen die Saduceer gar spöttisch den HErrn Christum / welcher vnter 7. Brüdern die nach dem Gesetz eine Frawen nacheinander / vnd mit derselben keine Kinder gehabt / die Frawen in der Aufferstehung behalten werde. Vnd Festus Act. 26. als er von der Aufferstehung der Todten Paulum predigen höret / rufft mit lauter Stim / Paule du rasest / die grosse Kunst macht dich rasend. Der Spötter findet man noch heutiges Tags / die die Lehr von der Aufferstehung verlachen. Denn es stost vns alle zu sehr für den Kopff / das der Tode einen Menschen so vbel zurichtet / vnd schier gar zu nichten machet. Es gibt vns aber Christus feine Nachrichtung / wie wir der Vernunfft begegnen / vnd den Irthumb /
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das die Todten nicht aufferstehen / benemen sollen / Matth. 22. vnd Marci 12. Da er zu den Saduceern sagt: Ihr irret darumb / das jhr nichts wisset von der Schrifft / noch von der Krafft Gottes. Da weiset vns Christus zwostützen / darauff wir die Lehr von der Aufferstehung gründen sollen. Die ist die Schrifft / die GOTTES vnfeilbgres Wort ist / das er mit Wunder zeichen bestetiget / wunderbarlich erhalten / davon auch noch fromme Hertzen Trost vnnd Krafft empfinden. In der Schrifft nun hat vns Gott seinen Willen offenbahret / insonderheit aber auch das / das er die Todten aufferwecken wölle. Denn es hat Gott Christum verheissen / das er vns erlösen sol / vnd solche Zusage stets durch die Propheten widerholet. Aus solchen Verheissungen folget gewis die Aufferstehung der Todten. Sonst hette vns Christus nicht vollkömlich erlöset. Also haben im grundt alle Verheissungen von Christo vnd seinen Wolthaten / das auff sich / das die Todten erstehen sollen. Als wenn Gott Gen. 3. verheist / des Weibs Same sol der Schlangen den Kopff zertretten / wenn die Gleubigen nicht wieder aufferstehen solten / were der Schlangen der Kopff nicht recht zertreten. Im 110. Psalmen sagt Gott zu seinem Sohn:
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Setze dich zu meiner Rechten / bis ich dein Feind zum Schemel deiner Füsse lege. Das zeucht Paulus 1. Cor. 15. auff die Aufferstehung der Todten / vnnd sagt: Der letzte Feind der auffgehoben wird / sey der Todt. Summa / alle Weissagung von Christo vnd seinen Wolthaten / als Jes 53. Daniel. 9. etc. bringen auch das mit / das die Gleubigen dermahlen eins / nemblich / am Jüngsten Tag werden wiederumb von den Todten aufferstehen. Aber dabey hat es Gott nicht bewenden lassen / sondern er hat die Aufferstehung der Todten noch dazu mit hellen deutlichen Wortea verheissen. Als Jes. 25. zeigt der Prophet an / wie Lazarus von seinen Schweißtüchern vnd Grabtüchern los gemacht ist / also werde Christus am Jüngsten Tag mit allen Todten halten. Er wird / spricht er / auff diesem Berg das Hüllen weg thun / damit alle Völcker verhüllet sind / vnnd die Decke / damit alle Heyden zugedeckt seynd. Jes. 26. Deine Todten werden leben / vnnd mit dem Leichnam aufferstehen / wachet auff vnnd rühmet / die jhr vnter der Erden schlaffen ligt. Denn dein Taw ist ein Taw des grünen Feldes. Os. 13. Ich wil sie aus der Hellen erlösen / vnd vom Todt erretten. Im newen Testament ist die Lehr noch deutlicher erkleret. Christus sagt
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Johannis 6. das ist der Wille / des der mich gesandt hat / das wer den Sohn siehet / vnd gleubet an jhn / der habe das ewige Leben / vnd ich wil jhn am Jüngsten Tag aufferwerken. 1. Thess. 4. So wir gleuben / das Christus gestorben / vnd aufferstanden ist / also wird Gott diese durch Christum entschlaffen / mit jhm füren. Der ander Grund vnser Aufferstehung / darauff wir vns verlassen solle̅ / ist die vnendtliche Krafft vnd Allmacht Gottes / davon stehet Gen. 17. Ich bin der Allmechtige Gott. Gen. 18. Solte dem HERren etwas vnmüglich seyn? Num. 11. Ist denn die Hand des HErrn verkürtzet / Psal. 33. So er spricht so geschichts / so er gebeut / so stehets da. Solche seine Göttliche Allmacht hat Gott vielfeltig bewiesen / vnd bewetsets noch teglich. Er hat aus nichts alles erschaffen / vnd er helts. Er hat dem Todten Erdenklos einen lebendigen Athem vnd Seel eingeblasen. Er stellet vns dessen Exempel für an dem Feld / da den Winter alles erstirbt / vnd den Sommer wieder herfür bricht / grünet vnd blühet. Das Weitzenkörnlein erstirbt / vnd verfaulet in der Erden / vnd kompt wieder herfür. Ein schlaffender Mensch / welches Gleichnis Christus hie felber braucht siehet / höret vnd fület ein zeitlang nichts / vnd liegt schier da / als wenn er Todt were /
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vnnd erwacht gleichwol wiederumb. Solche Allmacht beweiset Gott durch den Propheten Ezechiel am 37. vnd Christus hat Jairi Tochter auffm Bet / den Jüngling auff Weg nach dem Begrebnus / den Lazarum aus dem Grab erweckt. Diese Lehre sollen wir fürnemblich zum Trost gebrauchen / wenn wir den Todt für vns sehen vnnd erschrecken / das wir gedencken / er müsse vns wieder heraus geben. Wie sich Hiob 19. tröstet / Ich weis das mein Erlöser lebt / der wird mich hernach aus der Erden aufferwecken / vn̅ werde mit dieser meiner Haut vmbgeben werden / vnd Paulus 2. Cor. 5. Wir wissen aber / so vnser jrdisch Hauß dieser Hütten zerbrochen wird / das wir einen Baw haben von Gott erbawet / ein Haus nicht mit Henden gemacht / das ewig ist im Himmel. Also sollen wir auch vns trösten der Aufferstehung der Todten / wenn Gott die Vnsern hinweg nimpt / vnd der abschewlichen Verwesung / die fröliche Aufferstehung entgegen setzen / die Gott zugesagt hatt vnd schaffen wil. Wir wollen euch / sagt Paulns 1. Thes. 4. nicht verhalten von denen die da schlaffen / auff das jhr nig trawrich seyd / wie die andern / die keine Hoffnun / haben.
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Denn obwol es mit Lazaro ein sonders ist / so wird doch vnser Aufferstehung nicht schlimmer / sondern besser seyn. Er ist zu diesem mühseligen Leben erweckt / vnnd hat wieder sterben müssen / wir werden nicht wieder sterben / sondern zum ewigen Leben aufferstehen.

Beschlus.
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WIr haben für dißmahl aber zu jrer Ruhestett gebracht eine Frawen vom Adel. Nun kompt es jetzt leyder auff / das man die Leut in den Leichpredigten rühmet fast auff den schlag / wie die Heyden gethan haben. Aber es taucht nicht / vnd ist ein Mißbrauch des Göttlichen Worts vnnd Predigampts / das man also den Leuten schmeichelt. Wir sollen vns für Gott nicht rühmen / sondern demütigen. Gnug ists / wenn man von dern / die in Christo entschlafen / Gottseligem Leben vnd Christlichem Abscheid / andern zur Nachfolge die Warheit zeuget. Derwegen wollen wir von dieser verstorbenen Frawen alten fürnehmen Geschlecht nicht sagen / denn das hilfft im Christenthumb nirgend zu / denn die Kinder Gottes werden nicht von den Geblüt / noch von dem Willen des Fleisches / noch von dem Willen des Mans / sondern aus Gott geborn. Aber dafür haben wir Gott zu dancken / das die Eltern diese Person haben zur Tauff geschickt / da sie Gott zu einem Kind auffgenommen / vnd das sie sie zu Gottes Wort gehalten / vnd in warem Erkendnus Christi erzogen haben. Darumb ist er
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folgt / das sie ein Freundin Christi worden ist / dieweil sie sein Wort fleissig gehöret / vnd an jhn gegleubt hat. Solchen jhren Glauben hat sie bewiesen mit einem Christlichen Wandel / sie hat jhren lieben Juncker nicht allein geliebet / sondern auch geehret / jhr Stiffkinder als wenn es jhre Leibliche Kinder gewesen / wol erzogen / den Armen mit einem guten Wort auch mit der That gedienet. Sie ist aber / wie Christi Freund Lazarus kranck worden / ob sie nun wol Artzney gebraucht / so hat sie doch für allen dingen durch das Gebet zu Christo geschickt / aber es gantz Gott heimgestellet / vnd mehr begert abzuscheiden / vnd bey Christo zu seyn / als lenger hie zu leben. Derwegen sie fast vnwillig darüber worden / wenn man gebeten / das sie lenger leben möchte. Also hat sie in der Warheit das schrecken des Todts vberwunden / vnd ob sie schon gestorben / wird sie doch wie Lazarus wieder aufferstehen zum ewigen Leben. Dazu vns allen auch mit Gnaden verhelffe / Gott Vater / Sohn vnd Heiliger Geist / Amen. ENDE.


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