|| [ID00001]
Eine Christliche Predigt / Gethan den 26. Septembris / als die Leich des
Weyland Hochwürdigen Durchleuchtigen Hochgebornen Fürsten vnd Herrn / Herrn
Julij Augusti / Hertzogen zu Braunschweig vnd Lüneburg / etc. Apten zu
Michelnstein / Thumbprobsten des Stiffts S. Blasij zu Braunschweig / Anhero gen
Wulffenbüttel gebracht / vnd in der Fürstlichen Schloßkirchen nieder gesetzt /
Durch M. PETRVM Tuckermann / Hof-Prediger.
Gedruckt zu Wulffenbüttel / durch Eliam Holwein / Fürstl. Braunsch.
Buchdrucker vnd Formschn. Im Jahr 1617.
|| [ID00002]
|| [ID00003]
Esa. 56. Cap.
DEr Gerechte kömmet vmb / vnd niemand ist / der es zu Hertzen neme / vnd heilige
Leute werden auffgerafft / vnd niemand achtet darauff / denn die Gerechten
werden weggerafft für dem Vnglück / vnd die richtig für sich gewandelt haben /
kommen zum Friede / vnd ruhen in jhren Kammern.
WIr lesen beym Esaia im fünften / neunden vnd zehenden Cap: fünffmahl diese Wort:
Noch lesset sein Zorn nicht abe / seine Hand ist noch außgereckt. Damit wird
angezeiget / daß zu Esaiae zeiten Gott der HErr daß Judische Volck hart habe mit
genommen / vnd sie noch ferner hart mit nemen wolle / den beide auff vorher
gehendes vu̅ nachfolgendes Vnglück gesehen wirt. Vrsach wird hinzu
gesetzt im 9. Cap: denn sie kehren sich nicht zu dem der sie schlecht / vnd
fragen nichts nach dem HErrn
|| [ID00004]
Zebaoth / sie sein gar Fühlos
vnd Gottloß / vnd leben in Tag hinein als wen̅ kein Gott im Himmel
wehre / vnd daß Vnglück jhnen ohngefehr begegnete. dieses können wir gar wol
auff vns ziehen / den̅ zugeschweigen deß Kriegswesens / Kranckheit
vn̅ Tewrung / damit wir sein heimgesucht worden / so hat vber
das Gott in seinem Zorn nun fünffmahl nach einander in̅erhalb vier
Jahren seine Hand vber vns außgereckt / vnd den vralten hochlöblichen Stam̅ Braunschweig angegriffen / vn̅ erstlich Hertzog
Heinrich Julium den Regirenden Herrn / zum andern Hertzog Heinrich Carln / zum
dritten Hertzog Joachim Carln / zum vierden Hertzog Rudolphum / vnd jetzt zum
fünfften Hertzog Julium Augustum Hochlöblicher Gedechtnuß hinweggenommen: wer
hats verursacht? Wir alle damit / daß wir vns nicht zu dem gekehret / der vns
geschlagen / vnd nichts gefragt nach dem HErrn Zebaoth. Derowegen werden wirs
nicht anders machen / vnd dem HErrn vnsern Gott mit hertzlicher Bußfertigkeit /
darzu ich einen jeden durch Gott vermahnet wil haben / begegnen / so befurchte
ich / so wahr als Godt lebt / daß vbrige Füncklein werde vollens verleschen:
dafür den Hochlöblichen Stam̅ vnd Land vnd Leute der Barmhertzige
getrewe Gott biß an den Jüngsten Tag gnediglich behüten vnd bewahren wolle / vmb
Jesus Christus seines lieben Sohns vnsers Seeligmachers Willen. AMEN.
|| [ID00005]
ANlangend aber de̅ Hochwürdigen / Durchleuchtigen / vnd
Hochgebornen Fürsten vnd Herrn Hertzog Julium Augustum / dessen Leichnam wir
jetzt an diesen Ort begleitet / so hat zwar Gott der HErr bey S. F. G. sehr wol
gethan // daß er sie auß diesem bösen vnd mühseligen Leben zum ewigen Frieden
abgefodert / aber zu vermuten ist / daß ein Vnglück drauff folgen / vnd Gottes
Zorn noch nicht abelassen / vnd seine Hand weiter außgestreckt werde bleiben /
denn wenn solche gerechte vnd heilige Leute / die für sich richtig vnd einfeltig
wie die Kinder gewandelt / vmbkom̅en vnd sterben / so pflegt
gewißlich ein Vngewitter fürhanden zusein / für welchen sie weggerafft werden /
wie solches außdrucklich in verlesenen Worten von Gott selbst durch den
Propheten Esaiam bezeuget vnd bekrefftiget wird. Wollen derowegen solchem
Vnglück zubegegnen / vnnd Gott in seine außgestreckte Hände vnd Arme zufallen /
diesen Spruch vns zum besten kürtzlich vnd einfeltig zuerkleren für vns nemen /
vnd in 3. Stücken abhandeln: Erstlich anhören eine schöne Beschreibung frommer
Leute. Zum andern reden von jhrem Vnglück in dieser Welt / vnd wie solches von
Welt Kindern geachtet werde / was aber Gott damit andeute vnd meine. Zum dritten
wollen wihr besehen jhr Glück / daß sie nach jhrem Tod zu gewarten haben. Hierzu
verleyhe vns Gott der Vater die Gnade seines heiligen Geistes vmb JEsu CHristi
seines lieben Sohns willen AMEN.
|| [ID00006]
Vom Ersten.
FRommen vnd Gottsehligen Leuten werden in verlesenem Spruch drey schöne Namen vnd
Ehretitel gegeben / denen wir in der furcht Gottes ein wenig müssen nachdencken.
Anfenglich werden sie genant GERECHTEN. Diesen Ehren Titel hat von Natur kein
Mensch / von Vater vnd Mutter geborn / denn so lesen wir im 14. Psalm: Es ist
keiner der guts thut / oder gerecht sey / auch nicht einer. Vnd im 143. Psalm /
Für dir ist kein lebendiger gerecht. Vnd Esai: 64. Cap. alle vnser Gerechtigkeit
ist wie ein vnfletig Kleidt: vnd Rom: 3. da ist nicht der gerecht sey / auch
nicht einer: Sonder fromme gottßfürchtige Leute führen diesen Ehrentitel / aus
GOttes Gnaden von wegen des verdienstes JEsu Christi durch den Glauben / denn
GOtt der Vater hat vns seinen Sohn mit seinem gehorsam vnd leiden vnd sterben
zur Gerechtigkeit gemacht / dahin Paulus gehet / 1. Cor. 1. Christus ist vns
gemacht von GOTT zur Gerechtigkeit: Vnd 2. Cor. 5. GOtt hat den / der von keiner
Sündt wuste / für vns zur Sünde gemacht / auff das wir würden in jhm die
Gerechtigkeit / die für GOtt gilt. Wer nun an Christum gleubet / dem wird
desselben gehorsam vnd verdienst zur Gerechtigkeit zugerechnet: Röm. 10.
Christus ist des Gesetzes ende / wer an den gleubet / der ist Gerecht. Auff die
art wirt Abrabam für Gerecht gerühmet / Röm. 4. Abraham hat GOtt
|| [ID]
gegleubet / vnd das ist jhm zur gerechtigkeit gerechnet.
Deßgleichen wird auch Abel auff die weise für Gerecht gehalten / Heb. 11. durch
den glauben hat Abel GOtt ein grösser Opffer gethan / denn Kain / durch welchen
er zeugnis vberkom̅en hat / daß er Gerecht sey. Vnd auff den
schlag werden alle warhaffte Christen Gerecht gena̅d / Hab: 2. der
Gerechte wird seines glauben leben. Lernen wir derwegen bey diesem ersten
Ehrentitel frommer vnd gottseliger Leute / daß wir nicht Gerecht werden für GOtt
/ durch des gesetzes oder der wercke Gerechtigkeit / sondern allein durch die
gerechtigkeit des Glaubens / zun Röm: 3. sie sind allzumahl Sünder / vnd mangeln
des Ruhms / denn sie an Gott haben sollen / vn̅ werden ohn
verdienst gerecht auß seiner gnade durch die Erlösung / so durch Christum JEsum
geschehen ist / welchen GOtt hat für gestelt zu eine̅ Gnadenstuel
/ durch den glauben in seinem Blut / damit er die Gerechtigkeit / die für jhm
gilt / darbiete / in dem / daß er Sünde vergibt / etc. Zun Gal: 2. wir wissen /
daß der Mensch durch des gesetzes werck nicht Gerecht wird / sondern durch den
glauben an JEsum Christ / so gleuben wir auch an Christum JEsum / auff das wir
Gerecht werden durch den glauben an Christum / vnd nicht durch des gesetzes
werck / denn durch des gesetzes werck wird kein Fleisch gerecht. Vnd Eph: 2. auß
gnaden seid jhr Selig worden durch den glauben / vn̅ dasselbige
nicht auß euch / Gottes gabe ist es / nicht auß de̅ wercke̅ / auff das sich nicht jema̅d rühme. durch diese
gerechtigkeit können die gleubigen für Gott bestehen / vn̅
|| [ID00008]
haben fried mit jhm / Röm: 5. Nu wir den sind gerecht worden
durch den glauben / so haben wir fried mit GOtt durch vnsern HErrn JEsum Christ.
Derselben sollen sie sich von hertzen wieder alle jhre Vngerechtigkeit vnd
Verdamnis trösten / vnnd erfrewen / vnd mit Esaia aus dem 61. Cap. sagen: Ich
frewe mich im HErrn / vnd meine Seele ist frölich in meinem GOtt / denn er hat
mich angezogen mit Kleidern des Heils / vn̅ mit dem Rock der
gerechtigkeit bekleidet. Vnnd hierauß können wir gnugsam abnehmen / daß der
grobe jrrthumb der Papisten / die zu gleich in wercken die Gerechtigkeit / die
für GOtt gilt / suchen / als verdam̅lich vnd dem thewren Verdienst
Christi verkleinerlich / zu verwerffen. Das ist der Erste Ehrentitel der
Frommmen.
Der Ander ist / daß sie genandt werden / Heilige Leuthe. Dieses Ehrentitels kan
sich auch mit warheit niemand von Natur rühmen / denn wir alle / wie wir von
Vater vnnd Mutter gebohren werden / so wenig heilig vnd rein seyn / daß wir viel
mehr vnheilig vnd vnrein erfunden werden: Da heist es mit vns allen / wie im 51.
Psalm stehet / Sihe / ich bin auß Sündlichen Sahmen gezeuget / vnnd meine Mutter
hat mich in Sünden empfangen: vnd Esaiae am 64. Wir seynd allesampt wie die
Vnreinen. Vnd Hiob. 14. Capitel / Wer wil einen Reinen finden bey denen da
keiner rein ist. Vnd im 15. Capitel / Was ist ein Mensch / daß der solt rein
seyn / vnd daß er solt ge
|| [ID00009]
recht seyn / der vom Weibe
gebohren ist / sihe / vnter seinen Heiligen ist keiner ohn tadel / vnd die
Him̅el seynd nicht rein für jhm / wie viel mehr ein Mensch /
der ein grewel vnd schnöde ist / der vnrecht seufft wie Wasser: sondern GOtt
Vater / Sohn vnnd Heiligem Geist habens Fromme vnd Gottseelige Leuthe zu dancken
/ daß sie sich dieses Ehrentitels gebrauchen / vnd Wort vnd Sacrament seyn das
Mittel / dardurch jhnen die Heiligung / im Glauben zugeeignet wird. Von Gott dem
Vater sagt Christus Johan: 17. Heiliger Vater / heilige sie in deiner Warheit /
dein wort ist die Warheit. Von Christo spricht Paulus 1. Cor: 1. GOtt hat jhn
vns gemacht zur Heiligung: Vnd Eph: 5. Christus hat seine gemeine geliebet / vnd
hat sich selbst für sie gegeben / anff das er sie heiliget / vnd hat sie
gereiniget durch das Wasserbad im Wort. Christus aber vnnd der heilige Geist
werden zusammen gesetzt / 1. Cor: 6. jhr seid abgewaschen / jhr seid geheiliget
/ jhr seid gerecht worden durch den nemen des HERRN JEsu / vnd durch den Geist
vnsers GOTtes / denn Christus ist mit seinem verdienst der Heiligung / der
heilige Geist aber macht vns derselben im Wort vnd Sacrament durch denn glauben
Theilhafftig / Act: 15. GOtt reiniget oder heiliget jhre Hertzen durch den
glauben. Lernen derwegen bey diesem andern Ehrentitel / woher eigentlich die
rechte Heiligung / die für GOTT bestehet / komme / nemblich von GOTT selbst. Ist
derwegen falsch vnd vnrecht der Calvini
|| [ID00010]
sten fürgebeu /
daß die Kinder / die von heiligen Eltern geboren werden / die heiligung mit sich
auß Mutter-Leibe bringen: Nein / die heiligen zeugen nicht Kinder nach dem Geist
in heiligung / Sondern nach dem Fleisch in Sünden / Johan: 3. was vom Fleisch
geboren wird / daß ist Fleisch: Vnd Fleisch vnd Blut können das Reich GOttes
nicht ererben / 1. Cor: 15. Daher wir auch bekennen im 3. Artikel vnsers
Christlichen glaubens: Ich gleube / daß ich nicht aus eigner vernunfft noch
krafft an JEsum Christum meinen Herrn gleuben oder zu jhm kommen kan / sondern
der heilige Geist hat mich durches Evangelium beruffen / mit seinen gaben
Erleuchtet / Geheiliger / etc. Wo aber bey den heiligen oder geheiligten Leuten
/ wie auch bey den gerechten / solche heiligung vnd gerechtigkeit des glaubens
ist / da befleissigen sie sich auch durch den heiligen Geist der heiligkeit vnd
gerechtigkeit / die Gott erfoddert vnd haben wil: Im 3. Buch Mosis am 19. vnd 1.
Pet: 1. jhr solt heilig seyn / denn ich bin heilig / der ewer GOtt. Lucae am 1.
daß wir erlöset auß der hand vnser Feinde im dienenten an furcht vnser Lebenlang
/ in heiligkeit vnd gerechtigkeit / die jhm gefellig ist: Zun Röm: im 12. Cap.
Ich ermane euch durch die barmhertzigkeit GOTTES / daß jhr ewre Leibe begebet
zum Opffer / daß da lebendig / heilig vnd GOtt wolgefellig sey. 1. Thes: 4. daß
ist der wille GOttes ewerer heiligung / daß jhr meidet die Hurerey / vnd ein
jeglicher vnder euch wisse sein faß zubehalten in heili
|| [ID00011]
gung vn̅ ehren / nicht in der lust seuge / wie die Heyden /
die von Gott nichts wissen. Denn Gott hat vnß nicht beruffen zur vnreinigkeit /
sondern zur heiligu̅g. Derwegen man beym heiligen vnd gerechten
Wandel / damit man in heiligkeit vnd gerechtigkeit GOtt dienet / leichtlich von
der rechten gerechtigkeit vnd heiligung des glaubens vrteilen kan vn̅ Prüffen / welche die rechte gerechte vnd heiligen Leute seyn. In
seiner Sprach klinge̅ die wort / welches gar kurtzlich zuberühren
/ also: Viri misericordiae: Män̅er oder Leute der Barmhertzigkeit
/ denn das wir geheiliget werden von GOtt in Christo durch Wort vnd Sacrament /
geschicht nicht auß vnserm verdie̅st / sondern auß lauter
barmhertzigkeit Gottes / werde̅ derwege̅ die
heilige̅ oder geheiligte̅ billich Leute der
barmhertzigkeit Gottes geheissen / vnd solche heilige Leute / vnd Männer der
barmhertzigkeit Gottes folgen zur dancksagu̅g jhre̅
himlischen Vater / vn̅ werde̅ auch Män̅er oder Leute der barmhertzigkeit gege̅ den neheste̅ / daran Gott sonderlich lust hat / Oseae 6. vnd Mat: 9. ich habe
wolgefalle̅ an Barmhertzigkeit vn̅ nicht am
Opffer: Dar zu auch Christus vermanet Luc. 6. darumb seid barmhertzig / wie auch
ewer Vater barmhertzig ist. Das ist der ander Ehrentitel frommer vnd grottselige
Lente. Der dritte vnd letzte ist / daß sie genand werden richtige Wandeßleute /
oder die richtig für sich gewandelt haben. Zum wandeln gehören Wege / derer sein
fürnemblich zween / der eine ist Breit / vnnd jhr sindt viel die drauff
|| [ID]
wandeln / der ander ist schmal / vnd wenig ist jhr / die jhn
finden / sagt Christus Matth 7. Cap. Der breite Weg begreiffet in sich alle
Holtz / jrre vnd abwege des Teuffels / vnd wird im 1. Psalm der weg der Sünder
genant / denn die Sünder / daß ist / alle gottlose Leute werden drauff in
stricken des Teuffels truncken von jhm gefangen geführet zu seinem willen / 2.
Tim: 2. Ja von natur sein alle Menschen auff dem wege / Esaiae 53. Cap. Wir
gingen alle in der jrre wie Schaffe / vnnd ein jeglicher sahe auff seinen Weg:
Vnd Fleisch vnd Blut stehet jmmer der sinn / wenn man schon zu recht gebracht /
nach dem Wege / im 95. Psalm: Es sind Leute derer Hertz jmmer den jrreweg wil /
vnd die meine wege nicht lernen wollen. Der schmale weg aber begreifft in sich
GOttes rechte Wege. Da nennet sich nu Christus selbst einen Weg / Johan: 14. Ich
bin der Weg die Warheit vnd das Leben / niemand kömmet zum Vater / den durch
mich. Es wird auch GOttes Wort GOttes Weg genant / im 25. Psalm / denn es zeiget
vns den rechten Weg zum ewigen leben / vnd ist ein Liecht vnd Leuchte vnser
Füsse im 119. Psalm: Wie wir auch singen / mein Füssen ist dein heiligs Wort /
ein brennende Lucerne / ein Liecht das mir den Weg weist fort / . Ja es wird
auch der gottseligkeit / vnnd eines jeden beruff der nahme weg gegeben / im 128.
Psalm: wol dem der den HErrn fürchtet / vnd auff seinen Wegen gehet. Vnnd im 91.
Psalm: Er hat seinen Engeln befohlen vber dir / daß
|| [ID00013]
sie dich
behüten auff alle deinen Wegen. Auff diesen Wegen GOttes sein nu die Frommen vnd
Gottseligen / vnnd sein durch Christum drauff gebracht / von dem Holtz vnd
Irreweg des Teuffels / 1. Pet: 2. Ihr waret wie die jrrende Schaffe / aber jhr
seid nu bekehret zu dem Hirten vnd Bischoffe ewer Seelen. Vnnd diese Wege
wandelen sie richtig für sich: Im Ebreischen heist es / gleich zu / recht gegen
vber: Alß Ezech: 46. finden wir eben dasselbige Wörtlein / daß Volck im Landt /
so für den HErrn kömmet auff die hohen Feste / vnd zum Thor gegen Mitternach
hineingehet / anzubeten / daß sol durch das Thor gegen Mittag wieder
heraußgehen: Die beyde Thor in dem Jerusalem / daß da beschrieben wird / daß
Mitternächtische vnd Mittägische werden beschrieben / daß sie recht gegen
einander vber sein sollen. Wer nu auff die hohen Feste zu dem Mitternächtischen
eingangen / der hat zum Mittägischen recht zu mussen wieder hinauß gehen. So
machens fromme vnd gottselige Leute in dem geistlichen Jerusalem / in der
Kirchen / sie gehen zu dem Mitternächtischen Thor die heilige Tauffe oder Wort
vnd Sacrament in der Kirche / vnd darauff gehen sie richtig im glauben nach dem
Mittägischem Thor deß ewigen Lebens. Paulus braucht das Wörtlein zun Philip: am 3. Cap. Ich vergesse / was dahinden ist /
vnnd strecke mich zu dem / daß da Fornen ist / vnnd jage nach dem fürgesteckten
Ziel. Summa / daß ichs kurtz fasse / die gerechten vnd
|| [ID00014]
heiligen Leute machens nicht wie Lohts Weib / die hinder sich in die Welt sahe /
vnnd jhr Hertz ans zeitliche hing / vnd drüber zur Saltzseule ward / Gen: 19.
Sondern sie sehen für sich ins ewige Leben / vnnd sehnen sich nach jhrer
Behausung / die vom Himmel ist / vnd sie verlangt / daß sie damit vberkleidet
werden / 2. Cor: 5.
Lernen derwegen bey diesem dritten Ehrentitel / weil wir in dieser Welt
Wanderßleute / Pilgrim vnnd Frembdlinge sein / wie nicht allein hie vom Esaia /
Sondern auch von Jacob Gen: 47. von David im 39. Psalm / vnd vom Petro 1. Cap.
2. bekandt wird / wie wir vns dann in vnser Pilgrimschafft vnd Reise verhalten
sollen / damit wir des ewigen Vaterlandes nicht feilen / daran vnß allen zum
höchsten gelegen ist. Wir sollen nicht die krümme / Irre / Holtzwege des
Teuffels vnd der Gottlosen Welt wandeln / wie wir dafür gewarnet werden / im 1.
Psalm / wol dem / der nicht wandelt im Raht der GOttlosen / nach trit auff den
weg der Sünder: Vnd in Sprichwörten Salomonis am 1. Mein Kind / wenn dich die
bösen Buben locken / so folge nicht / wandele den Weg nicht mit jhnen / wehre
deinen Fuß für jhrem Pfad Denn dieser des Teuffels vnd der gottlosen Weg
vergehet / im 1. Psalm / auff dem wege ist eitel Vnfal vnnd Hertzenleid / Röm:
3. vnd führet zum Verdamnis Matth: 7. Sondern wir sollen als Pilgrim vnd Bürger
GOttes / im 39. Psalm / mit den gerechten vnd heiligen den
|| [ID00015]
schmalen Weg GOTtes Richtig für vns wandeln / vnd weder zur rechten noch zur
lincken Weichen / im 5. Buch Mosis am 5. Cap: Nicht hinder vns sehen / vnd die
Welt lieb haben / noch was in der Welt ist: 1. Johan: 2. Sondern jmmer für vns /
vnd vnsern Wandel mit GOTT im Himmel haben / zun Phil: 3. Cap. Vnser wandel ist
im Himmel: Wie Henoch Gen: 5. ein göttlich leben fürete / oder wie in seiner
Sprach stehet / mit GOTT wandelte. Vnd damit man auff dem Wege bestendig bleibe
/ so ist ein fleissig gebet von nöten / daß man GOtt täglich anruffe / auß dem
25. Psalm / HErr zeige mir deine Wege / vnnd lehre mich deine Steige: Vnd auß
dem 143. Psalm / dein guter Geist führe mich auff ebener Bahn: Vnd trete man ab
von dem Wege / sol man fluchs wie ein verjrretes Schäfflein schreien / auß dem
119. Psalm / ich bin wie ein verjrret vnnd verloren Schaff / suche deinen
Knecht: Bin ich getretten von der Bahn / laß mich O GOTT nicht fürbaß gahn /
auff rechtem Weg mich leite / der dir gefall vnd ewig sey / mein gewissen / Leib
vnd Seel dir frey / ewig stets sey bereitet. Dieser Weg ist nun GOTT lieb vnnd
angenehm / der HERR kennet den Weg der Gerechten / im 1. Psalm: Vnd vnsere
Seligkeit ist vns daran gelegen / denn er führet zum leben / Matth: 7. Derwegen
wir wol richtig für vnß darauff Wandlen mögen / vnd vnsere sache fleissig in
acht nemen. Daß ist der dritte vnd letzte Ehrentitel der Frommen vnd
Gottseligen.
|| [ID00016]
Hie gedenckt nun ein frommes Hertz / ach Gott / köntestu es doch so machen vnd
anstellen / daß du diese selige Ehrentitel der außerwehlten / heiligen vnd
vielgeliebten GOttes möchtest in der that vnnd warheit füren vnd davon bringen?
Darzu kan ein jeder / Gott lob vnd danck kommen. Ich wils mit drey oder vier
worten andeuten / vnd damit das erste Stück beschliessen / sonsten würde es zu
lang werden. Laß dir deine Sünde von grund des Hertzen leid sein vnd thu Buß /
gleube an JEsum Christum / der vns von GOtt gemacht ist zur Weißheit /
Gerechtigkeit / Heiligung vnd Erlösung / vnd beweise den glauben mit einem
gerechten / heiligen vnnd richtigen gottseligen Leben vnnd Wandel / so bistu ein
gerechter / heiliger vnnd richtiger Wanderßman vnd anßerwehleter GOTtes / vnnd
darffst / so wahr alß GOtt lebt / an der Seligkeit nicht zweiffelen. Gnug vom
Ersten,
Vom Andern.
HIrauff folget das ander Stück / vom vnglück der Gerechten / heiligen / richtigen
Wanderßleuten in dieser Welt / vnd wie solches die Welt Kinder achten / vnd was
GOtt damit andeute vnd meine. Daß stück begreifft in sich 2. Vmbstende / die wir
nach einander erwegen wollen. Erstlich stehet hie / der Gerechte kommet vmb /
Perit / wird verloren. Diß sollen
|| [ID00017]
vnd müssen wir nicht
verstehen vom verdamlichen vmbkommen / alß wen̅ die gerechten vnd
heiligen verdampt würden: Das sey ferne / denn davon lesen wir viel anders /
Johan: 3. Cap. Also hat GOTT die Welt geliebet / daß er seinen eingebornen Sohn
gab / auff das alle / die an jhn gleuben / nicht verlohren werden oder vmbkommen
/ Sondern das ewige leben haben. Vnnd Johan: 10. meine Schaffe hören meine
Stimme / vnd ich kenne sie / vnd sie folgen wir / vnd ich gebe jhnen das ewige
Leben / vnd sie werden nimmermehr vmbkommen / vnnd niemand wird sie mir auß
meiner Handt reissen: Sondern daß vmbkommen ist zuverstehen von grossem Creutz
vnnd Vnglück / dem die Frommen vnd Gottseligen in diesem leben gemeinlich für
andern müssen vnterworffen seyn / wie im 34. Psalm bekandt wird: Der gerechte
muß viel leiden. Da bleibts aber nicht bey / sondern es wird hinzugesetzt / sie
werden auff vnd weggerafft / daß ist / GOtt lest sie offt eines schnellen vnd
plötzlichen Todts sterben / reisset jhnen das leben ab / damit es noch wol
lenger hette wehren können / vnd greifft sie in Todtes nöten hart an / lest sie
ein schweres vnd für Menschen augen / schreckliches ende nemen / daß man an
jhrer Seligkeit zweiffeln vnd sie verlornen möchte achten / wenn man menschlich
oder nach der vernunfft davon vrteilen wolte / wie im Buch der Weißheit am 3.
Cap. dahin gedeutet wird: Für den vnverstendigen wird der Gerechten abscheidt
für ein Pein gerechnet / vnd jhr hinfart für ein verderben oder vntergang.
|| [ID00018]
Diese erste Vmbstende gibt vns nützliche Erinnerungen: Anfenglich werden wir
dabey erinnert / daß GOTT gerechte / heilige vnd richtige Wanderßleute / daß ist
/ die Frömbsten vnnd Gottseligsten nicht auff ein weich Küssen setze in diesem
leben / vnd jhnen / wie man sagt / rosen zulache / sondern er nimbt sie hart mit
/ vnd lest sie grossem / vielem vnd schwerem Creutz vnterworffen seyn / in der
Apostel geschicht am 14. Wir müssen durch viel trübsal in das reich GOTtes
gehen. Das beklagt der gerechte Jacob im ersten Buch Mosis am 47. Cap. Die zeit
meines lebens / sagt er / ist wenig vnd böß. Darvber winselt der heilige Assaph
im 73. Psalm / ich bin geplagt täglich / spricht er / vnnd meine Straffe ist
alle morgen da. Deßhalben seufftzet Hiob / der richtig für sich gewandelt hat /
im 6. Cap. wenn man meinen jammer wäge / vnd mein leiden zusam̅en
in eine Wage legte / so würde es schwerer seyn / denn Sand am Meer. Davon lesen
wir auch merckliche wort zun Hebre: im 11. Cap. wie die Gerechten vnd Heiligen
vmbkom̅en / vnd wie vbel es jhnen gangen: Etliche haben Spott
vnd Geisseln erlitten / dazu bande vn̅ gefengnis / sie sind
Gesteinget / Zuhackt / Zustochen / durchs Schwert getödtet / sie sind
vmbhergegangen in Peltzen vnd Ziegenfellen / mit mangel / mit trübsal / mit
vngemach / der die Welt nicht werd war / vnd sind im elendt gegangen / in der
Wüsten / auff den Bergen / in den klüfften vnd löchern der Erden. Derwegen soll
man solch Creutz der frommen nicht für ein
|| [ID00019]
Zornzeichen
ansehen / sondern viel mehr für ein Gnadenzeichen / den̅ welchen
der HErr lieb hat / denn züchtiget er / er steupt einen jeglichen Sohn / denn er
auff nimbt / zun Hebre: im 12. Cap. vnd GOtt hats also verordnet / es sol / kan
vnd muß nicht anders seyn / zun Röm: im 8. Cap. welche GOtt zuvor versehen hat /
die hat er euch verordnet / daß sie gleich sein sollen dem Ebenbild seines
Sohns. Tobiae am 12. weil du Gott lieb warest / so musts so seyn / ohn
anfechtung mustestu nicht bleiben / auff das du bewert würdest. Darumb sollen
alle gerechte̅ / heiligen vn̅ richtige Wanderßleute
sich nur darzu schicken vnd gefast machen / wie Syrach im 2. Cap. erfoddert /
Mein Kind wiltu Gottes diener seyn / so schicke dich zur anfechtunge / etc.
Den̅ gleich wie das Golt durchs fewr / also werde̅ die / so Gott gefalle̅ / durchs Fewer der trübsal beweret.
Darnach werden wir hirbey erinnert / wz von eine̅ schnelle̅ vn̅ plötzlichen todt zuhalten / daß ne̅lich derselbe nicht allezeit böse sey. Zwar der gottlosen
schneller todt ist allezeit böß / im 73. Ps. du setzest sie auffs schlipfferige
/ vnd stürtzest sie zu boden. Wie werden sie so plötzlich zu nichte / sie gehen
vnter vnd nemen ein ende mit schrecken. Im 49. Ps. sie sehen das Liecht nim̅ermehr / vn̅ fahren davon wie ein Vieh: Wie der
schneller Todt nachfolge̅der Gottlosen / des Pharaonis Exod: 14.
des Nabals / 1. Samuel 25. deß geitzhalses L: 12. deß Herodis / in der Apst:
geschicht im 12. C: vnd anderer mehr außweiset: Aber dagege̅ ist
der gerechte̅ / heilige̅ / vn̅ die für
sich richtig gewa̅delt habe̅ / schneller vn̅ plötzlicher todt nicht böß / sondern gut /
|| [ID00020]
wie hie außdrücklich bezeuget wird / heilige Leut werden weggerafft / vnd
sterben offt schnell vnnd plötzlich dahin / aber deßhalben werden sie nicht
verdampt / sondern kommen zum frieden vnd werden selig / denn selig sind die
Todten die im HERRn sterben (es geschehe schnell oder langsamb) in der
Offenbahrnng Johannis im 14. Cap. Wie aus dem Exempel des frommen vnd
gottseligen Jonathans / der heiligen vnd gottseliger Kinder Hiobs / vnd anderer
gerechten Leute mehr / die schleunig drauff gangen / abzunemen ist. Derwegen sol
man in plötzlichen fällen der Frommen hiran gedencken / vnd sich vber jhrem
schnellen Todte keine böse noch schwermütige gedancken machen / vnnd auß jhrem
vorher gehenden heiligen vnd gottseligen leben / dz sie gefüret haben /
vrteile̅ / wie Augustinus schreibt: malâ mors putanda non est,
quam bona vita praecessit, der Todt ist nicht für böß zuachten / für dem ein gut
vnd gottselig Leben fürhergangen. Deßhalben bitten wir auch nicht schlecht in
der Litaney / daß vnß GOTT für einem schnellen / Sondern für einem bösen
schnellen Todt wolle behüten. Darumb wende ein jeder fleiß an / daß er allezeit
dem HErrn lebe / so wird er auch gewiß / wenn er schon plötzlich davon muß / dem
HErrn sterben / wie zun Röm: am 14. geschrieben stehet: Vnser keiner lebt im
selber / vnd vnser keiner stirbt im selber / leben wir / so leben wir dem HERrn
/ sterben wir / so sterben wir dem HErrn / darumb wir leben oder sterben / so
sind wir des HErrn.
|| [ID00021]
Zu letzt werden wir auch hierbey erinnert / was am Todt der Gerechten vnd
heiligen zuthun. Es gehet fürwar so schlecht nicht ab / wie mancher meinet /
Sondern GOtt greifft jhnen rechtschaffen in Haut vnd Haar / in Marck vnd Bein /
in Hertz vnd Geist / in Leib vnd Seel / darvber sich schwere gedancken erregen /
vnd ein schwer ende offt darauff folget. Das alles wird angedeutet mit dem
wörtlein Vmbkommen vnd Wegraffen. Das sehen wir an Hiob / da der denn Todt für
augen sahe / zappelte er / Es kam jhn grawen vnd schrecken an / vnd war jhm zu
sinn / alß wehre jhm GOtt in einen grawsamen verwandelt / im 30. Cap. Wir
sehens an dem frommen vnd gottseligen Hißkia / da der in seiner Kranckheit vom
Tvdte angesprochen ward / da gings hart her / er sprach / ich muß zur Hellen
Pforten fahren / ich muß nicht mehr sehen den HErrn / Ja den HERRn im Land der
Lebendigen: GOTT zubrach jhm / wie er ferner bekennet / alle seine gebeine / wie
ein Lewe: Er warff sich von einer seiten zur andern / winselt wie ein Kranch vnd
Schwalbe / vnd girret wie eine Taube / vmb Trost wahr jhm sehr bang / Esaiae im
38. Cap. Wir sehens auch sonderlich an vnserm HERRN vnd Heyland JESV Christo /
wie hart jhn sein himlischer Vater im hinwegraffen angegriffen / daß seine Seele
betrübt worden biß in denn Todt / daß er gezittert vnd gezagt / daß er blutigen
Schweiß geschwitzet / vnd in Todtes nöten geheulet vnd geklagt: Mein GOtt / mein
GOtt /
|| [ID00022]
warumb hastu mich verlassen / Matth: 27. So hart helt
vnd gehet es gemeinlich zu bey den aller Frömbsten. Das einem offt / wenn mans
sihet vnd höret / die Haar darüber zu berg stehen Aber das ist kein böß /
sondern ein gut zeichen / denn da ereuget sich der rechte geistliche Kampff /
vnd das ist das rechte Medium vnd Mittel / zu welchem es den gottlosen nicht
kommet / denn die sterben endweder dahin in excessu, in verdamlicher
verzweiffelung wie Saul / Judas vnd dergleichen: Oder sie sterbe̅
in defectu, in tieffer sicherheit / fülen nichts von anfechtungen / erschrecken
kaum ein augenblick für der Helle / Hiob im 21. Ca. alß wen̅ sie
mit dem Todt einen bund / vnd mit der Hellen einen verstand gemacht / Esaiae im
28. Cap. wie der gottlose Agah der Amalehiter König / da jhn Samuel tödten / vnd
in stücke zerhawen wolte / sich gar trotzig vnd frech darstellete / vnd in
tieffster sickerheit sprach: Also muß man des Todtes bitterkeit vertreiben / 1.
Sam: 15. derwegen man sich an der Gerechten vnd Heiligen schwerem ende nicht er
gern noch stossen sol / sondern das sollen viel mehr vnsere Gedancken dabey seyn
/ thut das GOtt am grünen Holtz vnd lest die so ein schwer ende nemen / was wil
am dürren vnnd den Gottlosen werden? Luc: 23. vnd so das Gericht GOTTes an den
Gottseligen zu erst (vnd so schwer) anfengt / was wils für ein ende werden mit
denen / die dem Evangelio GOttes nicht gleuben? Vnd so der Gerechten kaum
erhalten wird / wo wil der Gottlose vnnd Sünder er
|| [ID00023]
scheinen? 1. Pet. 4. Sollen derwegen solche Leute nicht für die grösten
Sünder halten / wie wir pflegen zuthun / sondern vns durch solch schnell vnd
schwer ende der gerechten vnd heiligen zur Buß auffmuntern lassen / wie Christus
vermanet / Luc: 13. da verkündige̅ jm etliche vo̅
den Galileern / welcher Blut Pilatus mit jhre̅ opffer vermischet
hatte / drauff antwortet er jhne̅ vn̅ spricht:
Meinet jhr / dz diese Galileer für alle̅ Galileern Sünder gewesen
sind / dieweil sie das erlitten haben? Ich sage euch / Nein / sondern so jhr
euch nicht bessert / werdet jhr alle auch so vmbkom̅en. Oder
meinet jhr / dz die achtzehen / auff welche der Thurn in Siloha fiel / vnd
erschlug sie / sein schuldig gewesen für allen Menschen / die zu Jerusalem
wonen. Ich sage euch / Nein / sondern so jhr euch nicht bessert / werdet jhr
alle auch also vmbkommen. Das ist die erste Vmbstende.
Die ander ist / wenn also die Gerechte̅ vnd heiligen vmbkommen /
vnd plötzlich hingerafft werden / wie solches von Welt Kindern geachtet werde /
vnnd was GOtt damit andeute vnd meine. Die Welt Kinder betreffent / so wird von
denselben alhie angezeiget / daß es niemandt vnder jhnen zu Hertzen nehme / noch
darauff achte / oder wie in seiner Sprach stehet / niemand legt es auffs Hertz /
vnd keiner von jhnen verstehets / daß ist / schlagens in den Wint / dencken dem
ding nicht nach / lassen sich nach wol spöttischer Wort vernemen / vn̅ frewe̅ sich offt / daß sie solcher Leute sein loß
worde̅: Gott aber anlangent / so ist derselbe viel anders
|| [ID]
gesinnet / der helt die gerechten vnd heiligen lieb / hoch
vnd werd / vnnd hat sie alß einen sonderlichen grossen schatz vnd gabe der Welt
gegeben / weil sie es aber nicht erkennen / so entzeucht er sie jhnen wieder /
vnnd in dem er sie hin wegrafft / so rafft er sie hinweg fürm Vnglück / damit er
die Welt von wegen jhrer vndanckbarkeit vnd Sünden gedenckt zustraffen / vnd
deutet an / da er biß anhero vmb der gerechten willen mit dem Vnglück zurück
gehalten / so wolle er hinfort nach der gottseligen Todt seine rach vnd straffe
vber die Gottlosen ergehen lassen / vnd jhrer nicht lenger schonen.
Bey dieser anderer Vmbstende / haben wir auch denckwirdige Erinnerungen in acht
zunehmen. Die eine ist / daß der gerechten vnd heiligen Todt vnd Abgang eine
grosse straff GOTTes von wegen der vndanckbarkeit der Welt sey. Das kan man
rohen vnnd gottlosen Leuten nicht weiß machen / die gleuben des Contrarium vnd
Gegenspiel / daß gerechte vnd heilige Leute viel mehr ein Fluch vnnd Fegopffer
aller Welt seyn / 1. Cor: 4. vnnd wenn die alle hinweg wehren / so würde aller
Fluch hin seyn / vnd die Welt von allem Vnglück gefeget seyn / vnd alle Lande in
ehren stehen. In der meinung war die gantze rotte Korah / Dathen vnd Abiram /
Num: 16. wenn nur Moses müchte hin seyn / so solte es kein noth mehr haben / so
wolten sie gleiches Fusses ins gelobte Landt gehen. Der meinung war auch der
König Ahab / vnd ließ sich bedüncken / Elias verwirrete gantz Israel / vnd von
jhm oder
|| [ID00025]
seinenthalben kehme all vnglück ins Land / wehre der
aus dem mittel gereumet / so wolte er mit Land vnnd Leuten Floriren / 1. Reg:
18. der meinung waren auch die Leute zu Christi vnd Apostel zeiten / wenn die
erst hin wehren / würde jhnen hinfort kein Nagel zu nahe stehen / sondern würden
eitel glück haben. Vnnd die Warheit zubekennen / so sein noch heutiges tages
viel ruchlose vnd sichere Leute / derselben meinung / wie es jhre reden offt
geben / wenn Pfaffen / vnnd andere fromme / redliche vnnd trewe Leute erst auß
dem wege wehren / so wolten sie sich für glückselig achten / daß würde eine
grosse gnade vnnd wolthat GOTTES seyn: Aber sie jrren vnd feilen weit / denn
wenn GOtt gerechte / heilige / fromme / trewe Leute gibt vnd erhelt / daß ist
eine grosse Gnade / lest er sie aber sterben vnnd nimbt sie hinweg / so ists
eine grosse straff / wie GOtt mit solcher straff dem vndanckbaren Jerusalem
drewet / Esai: im 3. Cap. siehe der HERR HERR Zebaoth wird von Jerusalem vnnd
Juda nehmen allerley vorraht / denn vorraht des Brots vnnd allen vorraht des
Wassers / starcke vnd Kriegßleute / Richter / Propheten / Warsager vnd Eltesten
/ Heuptleute vber Fünffzig / vnd ehrliche Leute / Rähte vnnd weise Werckleute /
vnd kluge Redener. Vnd wil jhnen Jünglinge zu Fürsten geben / vnnd Kindische
sollen vber sie Herschen / vnnd das Volck wird Schinderey treiben / einer vber
den andern / vnd ein jeglicher vber seinen Nehesten / vnd der Junger wird stoltz
sein wieder
|| [ID00026]
den Alten / vnd ein böser Mann wieder den
Ehrlichen. Derwegen wenn man gerechte / heilige / fromme / also auch trewe vnd
rechtschaffene Leute hat / sol mans mit danck gegen GOtt erkennen / sie lieb vnd
werd halten / vnd bey sich bleiben vnd wohnen lassen / Psal. 101. Damit GOtt
nicht straffe / vnd sie hinweg nehme.
Die ander Erinnerung ist / daß auff heiliger / gerechter vnd frommer Leute Todt
vnd Abschied nichts gewissers zu vermuhten als Vnglück / denn werden sie für dem
Vnglück weggerafft / so muß ja das Vnglück darauff folgen. So lang sie leben /
wenden sie mit jhrem gebet vnd heiligem leben viel Vnglücks ab / vnnd schonet
GOtt vmb jhrentwillen offt Königreich vnd eines gantzen Volcks / alß vmb zehen
gerechter willen / hatt GOtt fünff Königreich mit der straff vbersehen wollen /
Gen. 18. vnd vmb des gerechten Mosis willen schonete GOtt / deß Judischen Volcks
/ welches er sonsten in seinem Zorn aufffressen vn̅ vertilgen
wolte / Exod. 32. Daher die gerechte̅ / so lang sie leben / mit
jhrem gebet ein Mawer wieder denn riß genant werden / im 106. Psalm. Wenn aber
die Mawr dahinfelt / vnd die Gerechten sterben / so reist der riß weiter / vnd
ist kein heilen mehr. Dessen haben wir ein Exempel am Samuel dem Gerechte̅ / so lang der lebte / blieb manch Vnglück zurück / den̅ er betete fleissig für das Volck vn̅ lehrete sie
den guten vnd richtigen Weg / 1. Sam. 12. Cap. aber so bald der gestorben vnd
weggerafft wahr / ist dz Vnglück zu allen Thoren / Thüren vnd Fenstern
|| [ID]
hineingeschlagen / vnd ist alles vber vnd vber gangen. Wir
habens auch ein Exempel an dem Gerechten vnd Heiligen Jojada / so lang der lebte
/ gings dem Könige Joas vnd seinen Vnderthanen wol / aber da der starb vnd
weggerafft ward / wehret es nur ein Jahr / da zog das Heer der Syrer herauff /
vnd verheereten vnd verderbten alles: 2. Chron. 24. So ists auch zugangen mit
der Stadt Jerusalem / so lang Christus vnnd die Apostel noch drin̅e̅ gewese̅ / hats kein noht gehabt: aber da
die nach viertzig Jahren draus gewesen / ist sie gee̅gstet an
allen örten / belegert / geschleifft / vnd kein Stein anff de̅
andern geblieben / L. 19. Diß solle̅ wir nu darzugebrauchen / weil
im vorige̅ vn̅ jtzige̅ Jahr viel
from̅e vn̅ heiliger Leute hohes vn̅ nidriges Sta̅des hinweggerafft sein worde̅ / daß
wir vns die gewisse rechnung mache̅ / es müsse noch ein groß
Vnglück dahinde̅ seyn / GOtt gebe es sey auch was es wolle / vnnd
sonderlich weil zu dieser hinwegraffung der from̅en noch andere
zeichen vnd wunder mehr kommen seyn. Sollen derwegen solchs nicht mit den
Spöttern verlachen / sondern drauff achten / vnd zu hertzen nemen / auffm
Hertzen sols vns liegen / wir sollens drauff legen / vns bessern / dra̅ kehren / buß thu̅ / vn̅ vns zu Gott
schicke̅ / nach Gottes vermahnu̅g beym
Prophete̅ Amos 4. C. weil ich dir de̅ also
thu̅ wil / so schicke dich Israel / vn̅ begegne
GOtt. Thun wir dasselbe / so wird Gott mit dem Vnglück innehalten / vnnd wirds
jhn gerewen / wie zu Ninive auff die hertzliche Buß des Königs
|| [ID00028]
vnd aller seiner Vnterthanen geschehen: Welches auch GOTT selbst Jeremiae 18.
verheisset / plötzlich rede ich wieder ein Volck vnnd Königreich / daß ichs
außrotten / zerbrechen vnnd verderben wolle. Wo sichs aber bekehret von seiner
Bößheit / da wieder ich rede / so sol mich auch rewen das Vnglück / daß ich jhm
gedachte zu thun. Kehren wir vns aber nicht dran / vnd lassen weder mündliche
der Prediger / nach augenscheinliche warnungen GOTTes bey vns gelten / so wird
GOtt des Vnglücks siebenmahl mehr machen / wie im dritten Buch Mosis im 26. Cap.
geschrieben stehet. Er wird vnfal / vnrath vnd vnglück vnder vns senden in allem
/ daß wir für die hand nemen zu thun / biß wir vertilget werden vnd vntergehen
vmb vnsers bösen Wesens willen / wie GOtt drewet im 5. Buch Mosis am 28. Cap. Ja
es wird die hand des HErrn wieder vns sein zum Vnglück / wohin wir nur hinauß
wollen / wie wir im Buch der Richter im 3. Cap. lesen. Derwegen bitte ich vmb
GOttes willen / wer ein hertz hat / der lege diese fälle der Gottseligen drauff
/ vnd laß es jhm kein schertz noch spott seyn / denn GOTT lest sich nicht
spotten / zun Galat: am 6. Auch gnug vom Andern.
Vom Dritten.
NV ist noch vbrig das Dritte vnd letzte Stück / daß wollen wir auch kürtzlich
mitnehmen: Das
|| [ID00029]
beruhet darinnen / was der Gerechten /
Heiligen vnd die richtig für sich Gewandelt haben / glück sey in vnnd nach dem
Todte. Weil sie hie in diesem leben gemeinlich eitel Vnglück haben / so wil
gleichwol GOTT nicht / daß das allezeit also bleiben sol / sondern es muß sich
einmahl vmbkehren / denn GOTT wil nicht den Gerechten ewiglich in Vnruhe lassen.
Da wendet sichs derwegen im Todt: Vnd wird hie ein zwiefaltig Glück namhafftig
gemacht. Erstlich spricht der Prophet an GOttes stadt: Die Gerechten werden
weggerafft für dem Vnglück. Das wort auff oder wegraffen stehet zweymahl in
diesem Spruch / daß erstemahl wird eigentlich damit gesehen auff die schwerheit
der Gottlosen Todt / davon im vorher gehenden stück bericht geschehen: Daß
andermahl aber wird damit angedeutet das glück der gottseligen / daß sie im
Todte erlangen / davon in diesem Stück zu handlen. Da rafft sie nu GOtt
deßhalben weg / daß sie das zukünfftige grosse Vnglück nicht sehen noch
außstehen dürffen. Im Ebreischen finden wir das wörtlein samlen oder zusammen
binden / alß zum Exempel / wenn ein Ackerman in der Ernden vermercket / daß ein
groß Vngewitter fürhanden / so samlet vnnd bindet er das beste in der eile
zusammen / damit es ins schur / wie wir reden / vnd ins trocken bringe: Also
wenn GOtt ein vngewitter oder vnglück vber die Menschen von wegen jhrer bößheit
beschlossen hat / so samlet vnd bindet er auch gleich zusam̅en /
die Gerechten vnd Gottselige̅ /
|| [ID00030]
er samlet vnd
bindet sie ein in das bündlin der Lebendigen / damit sie des Vnglück nicht
treffe / vnd sie es mit jhren augen nicht sehen / noch erleben dürffen: Im 1.
Buch Samuel. 25. Cap. Die Seele meines Herrn wird eingebunde̅ sein
in Bündlin der Lebendige̅ bey dem HErrn deinem GOtt. Wir finden
auch das wörtlein raffen oder samle̅ in seiner Sprach im 1 Buch
Mosis im 6. Cap. Da befielt GOtt dem Noah / weil er eine Sindflut wolle kom̅en lassen / vn̅ damit dz Erdreich vberschwem̅en / so sol er allerley Speise zu sich nemen vn̅
sie in den Kasten für sich vn̅ allerley Thier samlen: Solche
Sindflut vom Wasser der Trübsal kom̅en noch heutiges tages offt
vber Land vnd Leute / da samlet den̅ GOtt vorher in seinen Kasten
die Gerechten / damit sie nicht vberschwemmet werden. So hat Gott gesamlet vn̅ fürm Vnglüch hinweggerafft Jerobeams from̅es
Sönlein / 1 Reg. 14. dieser allein von Jerobea̅ wird zu grabe
kom̅en / darumb das etwas guts gefunden ist für dem HErrn dem
GOtt Israel im Hause Jerobeam. Das hat auch GOtt dem from̅en Josia
zugesagt / 2. Reg. 22. Ich wil dich zn deinen Vätern samleu / daß du mit
friede̅ in dein Grab versamlet werdest / vnd deine Augen nicht
sehen alle das Vnglück / daß ich vber diese städte bringen wil. Dz ist nu ein
gros glück der Gerechten vn̅ heilige̅ im Tode / dz
sie für de̅ Vnglück hinweggerafft werden / welches man inder
Sindflut / vn̅ in der zerstörung der Stadt Jerusalem hat erken̅en können / vn̅ noch auff den heutigen tag offt in
grossem
|| [ID00031]
Vnglück erkennen kan / was für glückselige Leute die
Todten seyn / die für dem Vnglück hinweggerafft seyn / vnd nichts davon wissen /
für den Lebendigen / die es müssen außstehen / vnd an sich selbst vnd jhren
Kindern vnnd Freunden erfahen. Derwegen wen heutiges tage der liebe GOtt die
from̅en hinwegrafft / sollen sie jhm billig im Siegbette von
hertzen dafür dancken / vn̅ nichts mehr / wünscheu vnd begehren /
den̅ sie dadurch allem Vnglück auß dem wege kommen. Das ist
ein Glück.
Darnach spricht der Prophet Esaias an Gottes stadt / die Richtig für sich
gewandelt haben kom̅en zum frieden / vn̅ ruhen in
jhren Kam̅ern. Hie in dieser Welt kön̅ens die
From̅en vnd Gottseligen zum bestendigen fried vnd ruhe nicht
bringen: Der Mensch muß hie jmmer im Streit seyn / vnnd seine tage sind wie
eines Taglöners Hiob 7. Inwendig ist furcht vnnd außwendig Streit / 2. Cor. 7.
Zu solchem Vnfrieden vnd Vnruhe hilfft das Fleisch / daß wir an vns haben / denn
das ist immer wieder den Geist / Gal. 5. vnnd macht vns manche Vnruhe / wie
Paulus drüber klagt / Rom: 7. Ich sehe ein ander Gesetz in meinen Gliedern / daß
da wiederstreitet dem Gesetz in meinem Gemüte / vn̅ nim̅et mich gefangen in der Sünden Gesetz / welches in meinen
Gliedern ist / ich elender Me̅sch / wer wird mich erlösen von dem
Leibe dieses Todts? Zu solchem Vnfrieden vnd Vnruhe hilfft auch die schnöde
vn̅ böse Welt / die die Gerechten hasset / verfolget vn̅ jne̅
|| [ID00032]
alles hertzleid anthut / wie Christus bekennet Johan: 16. in
der Welt habt jhr angst. Vnd abermahl: warlich / warlich ich sage euch / jhr
werdet weinen vnd heulen / aber die Welt wird sich frewen / jhr aber werdet
trawrig seyn. Es hilfft auch zu dem vnfrieden vnd vnruhe der Teuffel / der den
Gottlosen wehe thut / Apoc: 12. sie begeret zu sichten / wie man den Weitzen
sichtet / Luc: 22. vnd vmb sie her gehet / wie ein brüllender Lewe / vnd sie
sucht zuverschlingen / 1. Pet: 5. mit dem sie jmmer zukempffen haben / Eph: 6.
daß also recht vom heiligen Hiob gesagt wird / 14. Cap. Der Mensch vom Weibe
geborn ist vol vnruhe. Solches vnfriedens vnnd vnruhe kommen die Gottseligen ab
im Todte / denn die Seele kompt alß bald zu GOtt in den Himmel in ewigen
frieden: Im Buch der Weißheit im 3. Cap. der gerechten Seelen sind in GOttes
Handt / vnd keine Quale rüret sie an / etc. vnnd sie sind im Friede. So kam
Lazari Seele zum friede im Todt / denn sie ward von den Engeln GOTTES in
Abrahams Schoß getragen / Luc: 16. So kam auch des bußfertigen Schechers Seele
zum friede im Todt / wie jhm Christus zusaget / Luc: 23. heute wirstu bey mir im
Paradiß seyn. Der Leib aber kömpt zur ruhe in seiner Kammer. Apocal: 14. sie
ruhen von jhrer arbeit: Esai: 26. gehe hin mein Volck in eine Kammer / vnnd
schleuß die Thür nach dir zu / verbirge dich ein klein Augenblick / biß der Zorn
fürvber gehe. Das die Gräber der Gleubigen vnd Gottseligen ruhe vnd
|| [ID]
Schlaffkammer genant werden / ist sehr tröstlich / vnd wird
vns eins damit zuverstehen gegeben / daß der frommen Todt für GOtt kein Todt /
sondern nur ein Schlaff sey / denn wie man in Schlaffkammern ruhet vnd schlefft
/ so schlaffen die Gottseligen nach dem Leibe in den Gräbern: Wie GOtt zum David
sagt 2. Samuel 7. Wenn nu deine zeit hin ist / daß du mit deinen Vätern
schlaffen ligst. Matth. 9. spricht Christus gleichfals / daß Mägdlein ist nicht
Todt / sondern es schläfft. Vnnd Johan. 11. Lazarus vnser guter freund Schlefft:
Vnd Act. 7. Stephanus nach dem er das gesagt / entschlieff er / daher ists auch
kommen / daß die Kirchhöffe / da die Christen begraben werden / , dormitoria Schlaffhäuser genant werden. Derwegen weil der
Todt ein Schlaff / die Kirchhöffe Schlaffhäusser / vnnd die Gräber schlaff vnnd
ruhe kammern seyn / sollen wir vns für dem Todt vnd Grab nicht fürchten / auch
wen̅ vns die vnsern absterben vnd entschlaffen / vnnd nach den
ruhe Kammern getragen werden / nicht betrüben / denn haben wirs doch von hertzen
gerne / wenn wir vns den gantzen tag müde gearbeitet vnd abgemattet haben / daß
wir des abens mögen zur ruhe kommen / so gönnen wir auch vnsern Kindern vnnd
guten Freunden / die in Kranckheiten nicht schlaffen können / gern den schlaff:
Wie solten vnd wolten wir den̅ nicht damit zufrieden seyn / wenn
wir oder die vnsern zur bestendigen ruhe vnnd schlaff im Tode zum grabe gebracht
werden?
|| [ID00034]
Darnach wird vns auch damit / daß der Christen Gräber
schlaff vnd ruhe Kammern genant werden / zuverstehen gegeben / daß sie werden
wieder aufferstehen / den̅ wie man in schlaff vnd ruhe Kammern
nicht liegen bleibt / sondern stehet des morgens wieder auff viel frischer vnd
lustiger / alß man sich niedergelegt / also werden auch die Gerechten vnd
Gottseligen in jhren schlaff vn̅ ruhe Kam̅ern / in
Gräbern nicht bleibe̅ / sondern am jüngsten Tage wieder
aufferstehen / Esai. 26. Cap. deine Todten werden Leben / vnd mit dem Leichnam
aufferstehen. Wacht auff vnd rumet / die jhr liegt vnter der Erden / den̅ dein Taw ist ein Taw des grünen Feldes / aber dz Landt der
Todten wirstu stürtzen: Daniel. 12. Viele so vnter der Erden schlaffen liegen /
werden auffwachen. Das wird eine heilige Aufferstehu̅g seyn /
den̅ hie wird es geseet verweßlich / vn̅ wird
aufferstehen vnverweßlich / es wird geseet in vnehre / vnnd wird aufferstehen in
Herrligkeit / es wird geseet in schwachheit / vnd wird aufferstehen in Krafft /
es wird geseet ein natürlicher Leib / vnnd wird aufferstehen ein geistlicher
Leib / 1. Cor. 15. de̅ verklerten leibe des Herrn Christi ehnlich
Phil. 3. Da werde̅ die Gerechten alles leides reichlich ergetzet
werden / vnd beken̅en müssen / daß dieser zeit leiden nicht werth
sey / der herrligkeit die alß dan̅ an jhnen offenbaret wird Rom.
8. Das ist nu der höchste vnd beste Trost / dessen man sich von gantze̅ hertzen erfrewen sol in allem Vnglück / vnnd im Todt selber /
wie Hiob thut 19. Cap. Ich weiß / daß mein
|| [ID00035]
Erlöser lebt / vnd
er wird mich hernach auß der Erden auffwecken / vnnd werde darnach mit dieser
meiner Haut vmbgeben werden / vnd werde in meinem Fleisch Gott sehen / denselben
werde ich mir sehen / vnd meine Augen werden jhn schawen / vnd kein frembder.
Auff denn Trost weiset vns auch der heilige Apostel Paulus 1. Thes. 4. nicht
allein in vnserm / sondern auch der vnserigen Todt / vnd wil / weil der Todt nur
ein Schlaff vnnd wir gewisse hoffnung der aufferstehung haben / daß wir nicht
wie die Heyden sollen trawrig seyn / sondern vns wol zu frieden geben / vnd vns
mit den worten vntereinander Trösten. Wer den Trost recht fasset vnnd in sein
Hertze schleust / der kan mit fried vnnd frewd mit dem alten Simeon abdrücken /
vnd getrost dahinfaren. Auch gnug vom dritten.
Was wir nu jetzt in diesen dreyen Puncten auß dem verlesenen Spruch angehöret
haben / daß wollen wir gar kürtzlich / damit wir der rechten Leichpredigt / die
am Sontage (wils GOtt) geschehen sol / nicht das jhre nemen / auff Weyland den
Hochwürdigen / Durchleuchtigen vnd Hochgebornen Fürsten vnnd Herrn / Hertzog
Julium Augustum / hochlöblicher gedechtnis / dessen Leichnam da für vns stehet /
zihen vnd applicieren. Erstlich haben wir gehöret / daß fromme vnd gottselige
Leute drey schöne Namen vnd Ehrentitel füren / denn sie werden gerechte /
heilige vnd richtige Wanderßleute genant / wer wolte dieselben diesem in GOtt
verstorbenen Herrn entziehen?
|| [ID00036]
Denn ob wol S. F. G. nicht von natur gerecht / so haben sie doch an JEsum
Christum gegleubet / vnd durch den glauben die rechte gerechtigkeit die für Gott
gilt / erlangt / wie sie sich den̅ auch der gerechtigkeit im Leben
beflissen / vnnd aus bösem hertzen keinem Kind vnrecht noch leid gethau.
Deßgleichen da S. F. G. in Sünden empfangen vnd geboren / seyn sie durch wort
vnd Sacrament im namen JEsu Christi vnd durch den Geist GOTtes geheiliget / auch
ein heiliges leben gefüret / vnd GOtt in heiligkeit vnd gerechtigkeit gedienet
vnnd jhr faß in heiligung vnd ehren behalten / nicht in der Lustseuche / wie die
Heyden / die von Gott nichts wissen. Also kan man auch S. F. G. mit warheit
zeugnis geben / daß sie richtig für sich gewandelt auff dem wege GOttes / in
einfeltigkeit vnd gottseliger lauterkeit / wie Paulus redet 2. Cor. 1. vnnd
solche schlechte vnnd einfeltige hertzen gefallen GOTT im Christenthumb vnnd
glaubens sachen am besten / ja für allen andern wol / vnd sein GOttes eygne
Leute / darumb Christus sagt Matth: 11. Ich preise dich Vater vnd HErrn Himmels
vnd der Erden / daß du solches den Weisen vnnd Klugen verborgen vnnd den
Vnmündigen geoffenbaret / etc. vnd Matth. 18. warlich ich sage euch / es sey
denn / daß jhr euch vmbkehret / vnd werdet wie die Kinder / so werdet jhr nicht
in dz Himmelreich kommen. Sein also nach dem ersten Stück S. F. G. einer von den
rechten außerweleten / heiligen vnd vielgeliebten GOttes für gewiß zuhalten.
|| [ID00037]
Zum andern haben wir gehöret / daß die gerechten / heiligen vnd richtige
Wanderßleute vmbkomme̅ / vielem Creutz müssen vnterworffen seyn /
auch auffgerafft werden / plötzlich offt dahin sterben / vnnd ein schwer ende
nemen / welches die Welt Kinder nicht zu hertzen nemen / damit aber GOtt
andeutet / daß groß Vnglück fürhanden / vnnd er die Leute straffen wolle. So ist
auch S. F. G. vmbkommen / vnnd hat viel Kranckheit vnd ander Vnglück müssen für
lieb neme̅ / dadurch der liebe GOtt sie gezüchtiget / daß sie
nicht sampt der gottlosen Welt verdampt würden: S. F. G. sein auch auffgerafft /
vnd zeitig gestorben / da sie noch Alters halben lang leben können: Vnd wie
berichtet wird / haben seine F. G. ein schwer ende genommen / wie auch S. F. G.
Fraw Mutter sol gethan haben. Woran wir vns im geringsten nicht sollen oder
dürffen ergern oder stossen / weil seiner F. G. Gottseligkeit vns wol bekant /
sondern sollen viel mehr in vns schlagen / vnd gedencken / wie es vns Epicurern
vnd Gottlosen dermal eins ergehen werde / vnd die gewisse rechnung machen /
geschehe es hie nicht / so werde es dort ewig geschehen / wo wir nicht Busse
thun / denn ist das geschehen am grünen Holtz / an dem frommen vnnd gottselichen
Herrn vnd Hertzen / was wil am dürren werden? Wir aber die Welt Kinder solchs zu
allen zeiten nicht geachtet noch zu hertzen genommen / so geschichts jtzo auch /
aber ich besorge / nach dieser vnnd anderer from̅en Herren vnd
Leute wegraffen / werde
|| [ID00038]
das vnglück nicht außbleiben.
Derwegen mag es vns wol auffm Hertzen liegen / gedancken machen / vnd eine
vermahnung seyn / dem Vnglück mit bußfertigkeit bey zeiten zubegegnen vnd
furzukommen.
Zu letzt haben wir gehöret / daß die Gerechten / Heiligen vnd richtige
Wanderßleute zweyerley Glück in vnd nach dem Todt haben / eins werden sie fürm
Vnglück hinweggerafft: Darnach kommen sie zum frieden vnd ruhen in jhren Kammern
/ darauß sie am jüngsten Tage nach dem Leibe werden zum ewigen Leben erwecket
werden. Dieses zwiefachen Glücks sein auch S. F. G. allbereits theilhafftig
worde̅ / für allem Vnglück sein sie durch den zeitlichen Todt
hinweggerafft / vnd dürffen S. F. G. alle das Vnglück mit jhren Augen nicht
sehen / dessen wir vnser Sünde halben noch müssen gewertig seyn. Auch sein S. F.
G. zum bestendigen frieden kommen / nach der Seelen in der rechten Hand GOttes /
nach dem Leibe aber ruhen sie in jhrer Kammer / vnd werden an jenem grossen Tage
die stimme des Menschen Sohns hören vnd herfür gehen zum ewigen Leben. Das gönne
vnd gebe vns auch GOtt Vater / Sohn vnd heiliger Geist / die heilige
dreyfaltigkeit / hochgelobt in ewigkeit / Amen.
ENDE.