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Der Kunſt=Goͤttin MINERVA Liebreiche Entdeckung/ Wie die
Virtuoſi alle Tugen= den und Laſter/ und was die vier Ele- menta
begreiffen/ ſambt allen Kuͤn= ſten/ und
Wiſſenſchafften der Welt Kunſt=maͤſſig
und Hieroglyphiſch vorſtellen ſollen/ damit die bißherige
ignorante Fehler verhuͤtet/ und die Zeichen= und
Mahlerey=Kuͤnſte in hoͤhern Aufnahm moͤgen ge= bracht
werden.
Erinnerung an den Leſer!
WEil das Spatium zu klein wor= den/ die Teutſche Uberſchriff= ten
jeglicher Vorſtellung beyzuſte= chen/ ſeyn ſolche in 36.
Claſſes ge= theilt/ deren jede allezeit 15. begreifft/ und von der
rechten zur linken Hand mit ordentlichen Numeris gezeich= net/ wornach deren
Erklaͤrung in dem gedruckten gleichfals in eben der Ordnung
aufzuſuchen/ ſo wird dem Buchbinder auch nicht ſchwer fal=
len/ jedes Kupffer ſeiner Claſs und Paginæ beyzu=
binden.
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|| [1]
1. Die gezaͤhmte Liebe.
So lang ich meinen Fruͤhling hab’/
So kan ich Koͤnig/ Bauren und Gelehrte zwingen:
Doch zwingt mich auch die Zeit in’s Grab;
Sie herꝛſcht noch maͤchtiger in allen Dingen.DIe bezaͤhmte Lieb. Diſer klei= ne Gott ſitzet auf einem Berg/ und tritt/ nachdem er ſeine Fackel ver= lohren/ auch ſeine Pfeil und Bo= gen mit Fuͤſſen/ haͤlt aber in der einen Hand ei= ne Sand=Uhr/ und in der andern einen klei= nen magern und duͤrren Vogel/ ſo man insge= mein das Taucherlin nennt/ und wodurch das Elend vorgeſtellt wird.Durch die verlohrne Fackel wird die Ar= muth diſes Liebs=Gottes beditten/ die ihn auch ſo weit treibet/ daß er aus Verzweifflung ſeine eigene Waffen ſelbſten mit Fuͤſſen tritt. Die Sand=Uhr/ ſo er in der Hand haͤlt/ iſt ein Zei= chen der Zeit/ welche alle Leidenſchafften der Seelen/ und inſonderheit die Liebe/ daͤmpffen und maͤſſigen kan.
|| [2]
2. Die Freundſchafft.
Mein’ Treu’ bleibt unbeweglich ſtehen;
Es beugt die groͤſt’ Gewalt ſie nicht:
Laß’ gleich Abweſenheit/ laß’ gleich Gefahr her= gehen;
Umbſonſt! ja wann auch ſchon der Tod das Leben bricht.Die Freundſchafft. Sie iſt mit ei= nem weiſſen Gewand umbgeben/ doch alſo/ daß die eine Schulter ſamt dem Hals ſich bloß und nacket zeiget: Auf dem Haupt traͤgt ſie einen von Myrꝛten=Blaͤttern und Granat= Aepffel=Bluͤh unterwundenen Krantz/ nechſt den Worten: Hyems & æſtas, das iſt: Winter und Sommer; In der einen Hand weiſet ſie ihr Hertz/ wo diſe mit Gold geſchribne Wort zu leſen: Longè & propè, das iſt/ weit und na= he; und unten umb den Rock herumb ſiehet man folgende Wort: Mors & vita, das iſt/ Tod und Leben; mit der andern Hand aber faſſet ſie einen mit einem Wein=Reben umb= flochtnen duͤrren Ulmen=Baum.
3. Die Hohe=Schul.
Ich pfleg’ in meiner Einſamkeit
Der Helden Leben zu betrachten/
Doch nicht ſo hoch/ als Kunſt und Wiſſenſchafft zu achten;
Die ſeynd der Preiß/ darumb ich ſtreit’.Die Hohe=Schul. Iſt ein Weibs [3] Bild mittelmaͤſſigen Alters und heroiſchen An= ſehens; traͤgt eine Crone von feinem Gold; ihr Kleid beſtehet aus zerſchiedenen Farben; und haͤlt in der einen Hand eine Feile mit der Umbſchrifft: Detrahit atq́ue polit, das iſt: ſie nimt weg und reinigt; in der andern aber ei= nen Krantz von Myrꝛten/ Lorbeer und Epheu/ woran zwey Granat=Aepffel hangen. Ihr Stul iſt mit Blaͤttern und Fruͤchten von zer= ſchiedenen Baͤumen uͤberſtreuet/ und wohnet ſie gemeiniglich an einem einſamen Ort; ſo lie= gen auch zu ihren Fuͤſſen allerhand Buͤcher/ wormit ein Aff ſeine Kurtzweil treibet.
4. Der allgemeine Uberfluß.
Ich ſterbe kaum/ ſo traͤgt man Leid;
Die Welt iſt ſelbſt das Trauer=Kleid:
So bald ich aber auferſtanden/
Iſt wider lauter Freud vorhanden.Der allgemeine Uberfluß. Iſt ein koſtbar und praͤchtig gekleidtes/ und mit Lor= beer gekroͤntes Weibsbild/ ſo ſich auf ein Uber= fluß=Horn/ das mit allerley Reichthum und Schaͤtzen angefuͤllt/ lehnet/ und in der einen Hand vil Korn=Aehren/ Palm= und Lorbeer= Zweige haͤlt/ die ſie ohne Unterſchied abfallen laſſet/ und das gemeine Weſen darmit be= ſchencket.
|| [4]
5. Das gluͤckſeelige Gemuͤth.
Der Glantz/ ſo in die Augen faͤllt/
Zeigt an/ woher mein Urſprung ruͤhre;
Und das er etwas Goͤttlichs fuͤhre;
Drumb ſchwing ich mich auch aus der Welt.Das Gluͤckſeelige Gemuͤth. Iſt eine Jungfrau/ deren Schoͤnheit und Anmuth in gleicher Waage ſtehen: ſie hat auf dem Haupt einen Stern/ und Fluͤgel an dem Ru= cken; ihr Geſicht iſt mit einem durchſichtigen Schleyer bedeckt; der Rock aber glaͤntzet und ligt geſchmeidig auf dem Leib.
6. Das hoͤflich=und gutwillige Gemuͤth.
Ich bin vor ander’n Thieren froh/
Wan ̅ mich der Menſch bey ſich laͤſt in Geſellſchafft lebe ̅ ;
Wie der Poët wird Zeugnus geben/
Der ehedem durch mich der Wellen Wuth entfloh’.Das hoͤflich=und gutwillige Ge= muͤth. Die Naturkuͤndiger berichten/ daß kein Thier groͤſſere Liebe ohne Abſehen einigen Nutzens zu dem Menſchen trage/ als das Meer=Schwein; derohalben man daſſelbe all= hier mit einer ob ihme ſitzender nacketen Per= ſon vorbilden wollen.
|| [5]
7. Die Liebe gegen dem Vatterland.
Ich ſpotte der Gefahr und Noth/
Und lache/ ſo der Tod mir droh’t:
Wann nur das Vatterland zu retten/
So laß ich Gut und Blut und Leben untertretten.Die Liebe gegen dem Vatterland. Diſer tapffere Kriegsmann ſtehet zwiſchen ei= ner groſſen Feuer=Flamme/ und einem dicken Erden=Dampff/ gegen welchem er mit einer freudigen und unbeweglichen Getroſtheit die Augen zukehret: in der einen Hand traͤgt er einen Krantz von Graß und in der anderen ei= nen von Eichen=Laub: er iſt auf Romaniſche Art gewaffnet/ zum Anzeigen/ daß er ein guter Burger ſeye; und ob es wohl ſcheinet/ er ſolte ſich billich vor der ihm angedroheten Gefahr foͤrchten/ ſo verachtet er doch alles/ ſo daß er uͤ= ber Waffen hinlauffet/ und bloſſe Schwerdter mit Fuͤſſen tritt.
8. Die Morgenroͤthe.
Die Himmels=Sterne weichen mir/
So bald mein Glantz fruͤh=morgens bricht herfuͤr:
Ich aber kan das Liecht der Sonnen auch nicht leiden/
Und muß ihr’Gegenwart/ ob ich ſchon vorgeh’/ meiden.Die Morgenroͤthe. Der anmuthi= ge Vorlaͤuffer deß Tags/ den man mit Fluͤg= len eben wie die Fama abzubilden pflegt/ wird mit roͤthlichten Wangen und in einem gelb= farben Rock vorgeſtellt; Er haͤlt in der einen [6] Hand eine Fackel/ mit der andern aber ſtreuet er Blumen aus/ und machet die Lufft heiter/ die inzwiſchen die Erde und Gewaͤchſe erfreuet/ welche von ſeinen Thraͤnen befeuchtet werden.
9. Das hohe Anſehen.
Ich trag’ zwey Schluͤſſel und den Scepter in der Hand;
Durch ſie wird meine Macht beditten.
Was ſoll die Tugend nun? was Wiſſenfchafft und Sitten?
Bey mir nur ſteh’t der Leut’ ihr Gluͤck= und Ungluͤcks= Stand.Das hohe Anſehen. Ich glaube nicht/ daß die Gewalt oder das hohe Anſehen beſſer koͤnne abgebildet werden/ als wie ich ſie hier vorgeſtellt habe; da ich nemlich eine Eh= ren=wuͤrdige Matrone auffuͤhre/ welche auf einem praͤchtigen Thron ſitzet/ und mit einem ſchoͤnen von Edelgeſteinen ſchim ̅ erenden Rock angethan iſt/ benebenſt in der rechten Hand zwey Schluͤſſel/ und in der lincken einen Sce= pter haͤlt; auch auf ihren beeden Seiten ein doppeltes Siegs=Zeichen von Waffen und Buͤchern aufgerichtet ſtehet.
10. Das Allmoſen.
Wann du den Armen Huͤlffe thuſt/
Das ſoll’ ſeyn in der Still’ gewaͤhret:
Es ſey’ der Lincken unbewuſt/
Was ihnen deine rechte Hand beſcheret.
|| [7]
Das Allmoſen. Das Weib/ ſo hier einem kleinen Kind ein
Allmoſen gibt/ verbirgt ihre beede Haͤnde unter das Kleid/ und
traͤgt auf dem Haupt ein angezuͤndtes Liecht/ wel= ches mit einem
Oel=Zweig umbgeben iſt. Und werden wir aus der Heil. Schrifft berichtet/
daß/ wann man Allmoſen geben wolle/ die lin= cke Hand nicht
wiſſen ſolle/ was die Rechte thut; Item, daß unſere
Guͤter/ wormit wir den Armen behuͤlfflich ſeyn/ eben ſo
wenig dar= durch abnehmen/ als die Klarheit eines Liechts/ an deme ein anderes
angezuͤndet wird; Und daß auch die Barmhertzigkeit durch den Oel= Baum
vorgebildet werde: welches uns dann reitzen und veranlaſſen ſolle/
Allmoſen zu gebe
̅
.
11. Die Maͤſſigkeit.
Laß deinem Maul den Zaum nicht ſchieſſen;
Mach’ ihm die Maͤſſigkeit beliebt: es iſt kein Schad.
Ich kan die beſte Speiſen nieſſen/
So daß ich mich nicht uͤberlad’.Die Maͤſſigkeit. Die Wuͤrckung di= ſer Tugend euſſert ſich durch das Bild eines Weibes/ welche eine von ihren Haͤnden auf den Mund leget/ darmit anzuzeigen/ daß man nicht deß Mauls Sclav ſeyn ſolle; in der an= dern Hand aber haͤlt ſie einen langen Zettel/ worauf diſe Wort befindlich: Utor ne abutar. Das iſt: Gebrauch ohne Mißbrauch.
|| [8]
12. Die Gewonheit.
Daß alles in der Welt zuwegen werd’ gebracht/
Davon laſt ſich allhier ein ſchoͤnes Muſter ſehen:
Es haben Ubung und Gewonheit groſſe Macht;
So daß ſie der Natur gleich gehen.Die Gewonheit. Diſer Menſch/ ſo mit vielerley Handwercks=Zeug/ und Kunſt= Inſtrumenten ſich beladen/ und dannenhero gantz gebuckt mit einem Stecken in der einen Hand einher gehet/ auch mit der andern auf einem Zettel diſe Wort zeiget: Vires acquirit eundo; Bildet die wunderſame Macht und Staͤrcke der Gewonheit vor. Er iſt ein alter Greiß/ und kan doch nicht ruhen; dardurch an= zuzeigen/ daß er durch die Erfahrung ſich einen ruͤhmlichen Nahmen erworben/ und vermit= telſt ſtaͤtiger Ubung ſtarck und kraͤfftig worden: welches man dann auch durch das vor ihme ſte= hende Rad angedeutet.
13. Die Huͤlffe.
Ich weiß/ daß eure Noth uns will wie euch angehen;
Was ich fuͤr mich gethan/ muß auch euch nutzlich ſeyn:
Es ſoll’ einander Huͤlff’ geſchehen;
Diß gibt ſelbſt die Natur uns ein.Die Huͤlffe/ ſo man dem Naͤchſten zu leiſten ſchuldig iſt/ laſt ſich nicht unfein in dem Bild eines annehmlichen Menſchen vorſtellig machen: wobey der Oelzweig=Krantz/ den er [9] auf dem Haupt traͤgt/ das Mitleiden; und der Schein/ womit er umbgeben iſt/ den Goͤttli= chen Beyſtand bedeutet: ſo wird auch ferner durch das Hertz/ welches er an dem Hals an einer Kette hangen hat/ angezeigt/ daß der Menſch denen Armen ſowohl mit ſeinen Guͤ= tern/ als auch mit gutem Rath/ deſſen Merck= zeichen das Hertz iſt/ behuͤlfflich ſeyn muͤſſe; mit dem Pfahl aber/ der den Weinſtock auf= recht erhaͤlt/ will man belehren/ daß man gleich= maͤſſig den ſchwachen Nebenmenſchen aufhelf= fen ſolle; Und dann endlich wird durch den Storchen gewieſen/ daß wir diſem Vogel nachzufolgen haben/ als welcher niemahls er= muͤdet/ dienſtbar/ und inſonderheit ſeinen nechſten Angehoͤrigen huͤlffreich zuerſcheinen.
14. Die Eigen=Liebe.
Es mag falſch oder warhafft ſcheinen/
Das Narciß als ein Juͤngling ward gefaͤllt;
Indeſſen ließ er (wer ſolt’s meinen?)
Vil tauſend Kinder nach ſich in der Welt.Die Eigen=Liebe. Es iſt nicht heut das erſte mahl/ daß man uns den Narciſſum, wie er ſich in einem Brunnen beſiehet/ vor= mahlet/ wann man zeigen will/ daß der/ der in ſich ſelbſten verliebt iſt/ gemeiniglich ſich zu be= trachten/ und all ſein Thun und Laſſen ſelbſt hoch zu achten pflege: welches aber eben ſo laͤ [10] cherlich iſt/ als die Fabel vom Narciſſo ſeyn kan/ die deßwegen von den alten Poëten zum erſten erſonnen worden/ damit ſie denen Leuten da= durch beybringen moͤchten/ wie das gemeinig= lich auf die Eitelkeit der Eigen=Liebe der gewi= ſe Untergang erfolge.
15. Die warhaffte Freundſchafft.
Kein Liebes=Fehler kan ſich nicht einſchleichen/
Wo wahrer Freundſchaffts Feuer glimmt;
Sie kaufft/ verkaufft/ ſie gibt/ bezahlt/ entlehnt und nimmt/
Doch muß dabey Betrug und alle Liſt entweichen.Die warhaffte Freundſchafft muß ungefaͤrbt ſeyn; dahero ſie auch durch 3. gantz nackete Jungfrauen/ die ernſthafftig außſehen/ und ihre Aerme ineinander ſchlieſſen/ vorge= ſtellt werden: die Eine hiervon haͤlt eine Roſe/ die Andere einen Wuͤrffel/ und die Dritte ei= nen Myrꝛten=Buͤſchel in der Hand; Die drey unterſchiedene Wuͤrckungen diſer Tugend/ als da ſeynd: geben/ nehmen und gleiches vergel= ten ꝛc. dadurch anzudeuten. Ihre Jungfer= ſchafft zeiget uns an/ daß die aufrichtige Freundſchafft nicht den geringſten Flecken lei= den koͤnne; Ihr nacket=ſeyn erinnert/ daß un= ter Freunden nichts verborgen ſeyn ſolle; ihre Angeſichter aber bemercken/ daß man eben ſo gern geben/ als nehmen muͤſſe; und dann wird durch die Roſe die Gefaͤlligkeit/ durch den [ID00024] [ID00025] [11] Wuͤrffel ihre Danckbarkeit/ und durch den Myrꝛten=Strauß ihre Eintracht zuerkennen gegeben.
1. Die Goͤttliche Liebe.
Ein Hertz/ das nach dem Zug deß Him ̅ els ſich nur richt/
Empfindet tauſend Luſt/ und aͤnderet ſich nicht.Die Goͤttliche Liebe iſt gekleidt/ wie man ſonſten die Engel zu mahlen pflegt; hat Fluͤgel auf dem Rucken/ und auf der Bruſt den Nahmen JESUS ſtehen; in der einen Hand haͤlt ſie einen mit Strahlen umbgebnen Kelch/ und in der andern ein flammen des und durchſtochnes Hertz/ als das wahre Zeichen der Goͤttlichen Liebe.
2. Die Kunſt.
Was der Natur die Kunſt noch weiters geben kan/
Das zeiget diſe Hand/ diß Werck und Kleidung an.Die Kunſt. Iſt ein trefflich ſchoͤnes Manns=Bild/ ſo mit einem koſtbar geſticktem Kleid ſich zeiget/ und die eine Hand auf eine Schraube leget/ mit der andern aber auf einen Immenkorb weiſet; darmit anzudeuten/ daß diſe kleine Thierlein ſich ſehr kluͤglich verhal [12] ten/ mit ihren Ober=Haͤuptern/ Ordnungen und eingerichtem Haußweſen verſehen ſeyen/ und alſo ſich unter ihnen gleichſam eine Art ei= ner Regierung ergebe.
3. Die Tugendliche That.
Die Tapfferkeit hat Lob und Ehr allzeit zu Lohn;
Und diſer uͤberwigt die reich’ſte Kayſers=Cron.Die Tugendliche That. Iſt ein Manns=Bild von gutem Anſehen/ mit einem Schein umbgeben/ und mit einem Krantz von Amaranthen bekroͤnt; er traͤgt einen guͤldenen Kayſerlichen Talar, und unter demſelben ver= guldete Waffen; in der rechten Hand fuͤhret er eine Lantze/ womit er einen Drachen durch= ſtoßt; in der lincken aber haͤlt er ein Buch/ und mit dem einen Fuß tritt er auf einen Todten= Kopff: wormit man ſo vil bemercken will/ daß/ ſo jemand entweder durch die Waffen/ oder durch die Buͤcher beruͤhmt worden/
Wan ̅ er gleich muß im Sarg/ und in dem Grabe liegen/
Sein Nahm’ und Tugend doch kan ſelbſt den Tod be= ſiegen.
4. Die Tugend=Liebe.
Truckt ſchon die Armuth hart; zeigt nur die Tugend ſich/
So iſt der Reichthum groß/ und mehr dann Koͤniglich.Die Tugend=Liebe. Iſt ein nacke= tes/ gefluͤgeltes und mit Lorbeer gekroͤntes [13] Kind/ ſo drey Kraͤntze in ſeinen Haͤnden haͤlt/ durch welche die drey Haupt=Tugenden/ als Gerechtigkeit/ Klugheit/ und Maͤſſigkeit an= gezeiget werden.
5. Der Uberfluß.
Wo Uberfluß regiert/ und ſtaͤts das Scepter fuͤhret/
Da wird auch nichts als Pracht und Luſtbarkeit ge= ſpuͤret.Der Uberfluß wird durch ein ſchoͤnes mit Blumen bekraͤntztes Weibs=Bild vorge= ſtellt/ die mit einem gruͤnen von Gold bordir= tem Rock bekleidet iſt/ und in der einen Hand der Amalthaen mit Fruͤchten gefuͤlltes Horn/ in der andern aber allerhand Korn=Aehrn haͤlt/ davon die Koͤrnlein auf die Erde fallen; wel= ches das Zeichen deß Uberfluſſes iſt.
6. Der Aprill.
Der Jahren=Fruͤhling reicht uns Freud und Wolluſt her;
Und man haͤtt’ Gluͤck genug/ wann man nur kluͤger waͤr’.Der Aprill. Iſt ein junger/ ſchoͤner Knab/ mit einem Myrꝛten=Krantz auf dem Haupt/ in Gruͤn gekleidet/ und mit Fluͤgeln an dem Rucken; er haͤlt in der einen Hand das mit Blumen umbſetzte Zeichen deß Stiers/ und in der andern einen mit Fruͤchten ange= fuͤllten Korb.
|| [14]
7. Die Liebe deß Naͤchſten.
Die Lieb’/ ſo ohne Schminck/ durch Großmuth iſt be= ſeelet/
Hilfft ihrem Naͤchſten auf/ den Noth un ̅ Elend quaͤlet.Die Liebe deß Naͤchſten wird vorge= bildet durch einen Menſchen/ der einen nider= gefallnen armen Mann mitleidenlich aufrich= tet/ und ihm ein Allmoſen gibet: Neben ihme ſiehet man einen Pelican/ ſo ſich mit ſeinem Schnabel die Bruſt aufreiſt/ und mit dem her= ausſpritzendem Blut ſeine Junge ernaͤhret.
8. Die Liebe gegen GOtt.
In GOtt allein find’t man die ſchoͤne Lieblichkeit/
Die unſer’n Geiſt und Hertz mit ſuͤſſem Troſt erfreuͤt.Die Liebe gegen GOtt. Die hei= lige Liebe/ ſo wir ſchuldig ſeyn/ zu GOtt zu tra= gen/ kan nicht beſſer/ als durch diſen in tief= fen Gedancken ſtehenden Menſchen vorgeſtellt werden: Er hebet ſeine Augen gen Himmel auf/ beedes ſeinen heiſſen Eifer zu bezeugen/ und dann uns darmit zu erinnern/ daß wir un= ſere Gedancken allein nach dem Himmel rich= ten ſollen; er haͤlt auch einen Zettul in Haͤn= den/ worauf diſe Wort zu leſen: Lætamini in Domino, & gloriamini omnes recti corde, das iſt: Freuet euch in dem HErꝛn/ und ruͤhmet alle/ die ihr aufrichtigen Hertzens ſeyd; womit er uns reitzen will/ daß wir hienieden auf Er [15] den keine Freude ſuchen ſollen/ dann nur allein in der Liebe unſers GOttes/ welcher der war= hafftige Vatter der Barmhertzigkeit und alles Troſtes iſt.
9. Der Fleiß.
Ob es ſchon langſam geh’t/ auch lang die Arbeit waͤhr’t;
Doch kom ̅ t durch Fleiß das Werck zum Stand/ wie mans begehrt.Der Fleiß wird uns abgebildet durch ein altes Weib/ welche in ihren beeden Haͤnden ei= ne lauffende Sand=Uhr haͤlt; neben ihr aber ſtehet ein mit Epheu bewachſener Felſen/ wel= cher bedeuten ſolle/ daß man offt durch Fleiß bey groſſen Herren ſich beliebt machen/ und ihr Schutz oder Unterſtuͤtzung einem Felſen verglichen werden koͤnne.
10. Die Liebe eines groſſen Ge= ruͤchts oder Nahmens.
Ich herꝛſche auf der Erd’/ ſo wie auf Waſſerwogen;
Von mir wird Pfeil=geſchwind die gantze Welt durch= flogen.Die Liebe eines groſſen Nahmens wird uns durch ein nackendes/ gefluͤgeltes/ und mit Lorbeer gekroͤntes Kind abgemahlet/ ſo in ſeinen Haͤnden zwey Cronen haͤlt: zu ſeinen beeden Seiten aber ſtehen zwey Saul=Geſtel= le/ auf welchen eben auch dergleichen Cronen [16] liegen/ darmit anzuzeigen/ daß die Liebe ei= nes groſſen Nahmens ewig daure/ und allein durch die Tugend koͤnne erworben werden.
11. Die Ruhm=und Ehr=Liebe.
Es find’t ſich keine Cron/ die mehrers kan ergoͤtzen/
Als die den Sterblichen der Ruhm pflegt aufzuſetzen.Die Ruhm=und Ehr=Liebe ſtellet man hier eben/ wie die vorhergehende/ mit Lorbeer gekroͤnt vor; ſonſten aber ſiehet man in ihren Haͤnden zerſchiedene Cronen: dann die Roͤmer pflegten ihren ſiegenden Feld=O= berſten erſtlichen eine Buͤrgerliche Crone auf= zuſetzen/ die von einem Eichen=Zweig gemacht war/ da nemlich ein Soldat einem Burger in der Schlacht das Leben erhalten; hernach eine Belagerungs=Cron/ wann einer die gantze Ar= mee errettet; folgends eine Maur=Cron/ wan ̅ jemand zu erſt die feindliche Stadt erſtiegen; und dann eine Schiff=Cron/ die aus Schiff= Spitzen beſtanden/ und dem jenigen gegeben worden/ welcher eine See=Schlacht geliefert und gewonnen hatte.
12. Die Stern=Deut=Kunſt.
Der ſchoͤnſte Zeit=Vertreib/ der edle Geiſter zieh’t/
Iſt/ daß man Him ̅ el/ und der Sternen Lauff beſieh’t.Die Stern=Deut=Kunſt wird uns angedeutet unter dem Bild eines mit Ster [17] nen gekroͤnten Weibs/ ſo in einem ſchoͤnen gleichfalls mit Sternen uͤberſaͤetem Rock da= her pranget; Auf der Bruſt hat ſie eine Son= ne/ in der einen Hand einen Scepter/ und in der andern eine Himmels=Kugel/ auch unter ihren Fuͤſſen einen Adler/ als den Koͤnig unter den Voͤgeln/ von dem die Naturkuͤndiger be= richten/ daß er das allerſcharffſichtigſte Thier ſeye.
13. Der Geitz.
Was hilfft es/ vil auf Gut/ und groſſe Schaͤtze trutzen/
Wann man dieſelbe nicht gebuͤhrend weiſt zu nutzen.Der Geitz. Das magere/ bleiche und traurige Angeſicht diſes Weibs/ welche uͤber= diß noch den Beutel feſt zuziehet/ und ihre Hand auf den wie waſſerſuͤchtig geſchwollnen Bauch leget/ auch einen uͤberaus magern Wolff neben ſich herlauffen hat/ gibt uns artig zuerkennen/ wie weit der Geitz mit ſeinen un= ruhigen Gedancken gehe/ und daß er umb nichts anders ſich bemuͤhe/ als alleinig andrer Leute Guͤter an ſich zu bringen.
14. Der Feldbau.
Goͤnnt Ceres unſer’m Feld ein Fruͤchten=reiches Jahr/
So erndten wir mit Luſt/ was vor geſaͤet war.Der Feldbau wird als eine ſchoͤne Baͤu= rin in einem gruͤnen Kleid und mit Korn=Aeh [18] ren gekroͤnt/ wie man ſonſten die Ceres zu mah= len pflegt/ vorgeſtellt: ſie haͤlt in der einen Hand die zwoͤlff himmliſche Zeichen/ und in der andern ein kleines Baͤumlein/ welches eben anfangt außzuſchlagen/ und ein Sinn=Bild der jenigen Liebe iſt/ die ein Bauersmann zu denen Gewaͤchſen und Pflantzen traͤget.
15. Die Kunſt.
Ein Kunſt=Stuͤck/ wo die Witz deß Meiſters hervor blicket/
Macht/ daß Verwunderung Gemuͤth und Aug ent= zuͤcket.Die Kunſt iſt ein angenehmes/ ſchoͤnes/ ſinnreiches/ und in Gruͤn gekleidtes Weib/ welches in der einen Hand einen Hammer/ ei= nen Griffel und einen Pinſel haͤlt/ mit der an= dern aber ſich auf einen in die Erde eingeſteck= ten Pfahl ſteuret/ an welchem ſich eine junge Pflantze von unten biß oben an herumb ſchlin= get/ und von ihm aufrecht erhalten wird: wo= durch man bedeuten will/ daß die Kunſt der Natur zu Huͤlff komme.
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|| [ID00035]
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1. Die Guͤte.
Mein Merckmahl iſt Gerechtigkeit und Treu’/
Und ein aufrichtig Hertz dabey;
Doch hat auch mein Gedult durchaus nicht ihres gleichen:
Dann mich kan jederman erweichen.Die Guͤte iſt eine Goͤttin in einem Rock von Guldenſtuck/ traͤgt auf dem Haupt einen gemeinen Krantz/ und in ihren Armen einen Pelican: neben ihr zur Seite an dem U= fer eines Bachs ſtehet ein gruͤner Baum/ ſo ein Sinnbild der Guͤte iſt/ welche in guten Ei= genſchafften beſtehet; das iſt/ im Glauben/ Ge= rechtigkeit/ Aufrichtigkeit/ Gedult/ und ſo fort.
2. Die Gutthaͤtigkeit.
Ich ſtrecke meine Arme aus/
Zu zeigen/ daß hier in der Welt/ dem groſſen Hauß/
Kein einig Armer wohn’/ den ich nicht recht beklage;
Ich auch ohn’Galle ſey’/ und Luſt zum Wol thun trage.Die Gutthaͤtigkeit wird hier durch ein ſchoͤnes Weibsbild mit weiſſen und Gold= gekroͤnten Haaren vorgeſtellt: uͤber ihr erſchei= net eine Sonne; Sie aber iſt mit einem koſt= barn Rock angekleidet/ ſtreckt die Arme aus/ [20] und haͤlt in der rechten Hand einen Dorn= ſtrauch/ als ein Zeichen der Gutthaͤtigkeit; mit der lincken aber ſteurt ſie ſich auf einen Lehn= Seſſel: hinter ihr ſiehet man einen Elephan= ten/ als das edelſte Thier/ und daß keine Gal= le hat.
3. Die Gluͤckſeeligkeit der Barm= hertzigen.
Deß Naͤchſten Ungluͤck macht mich traurig un ̅ betruͤbt/
Wann er muß in der Armuth leben:
Ich reich’ ihm Brod/ wanns ihm beliebt/
Und bin begierig/ ihm in allem Huͤlff’ zu geben.Die Gluͤckſeeligkeit der Barm= hertzigen. Weilen die Barmhertzigkeit ſich allzeit betruͤbet/ wann es dem Naͤchſten uͤbel gehet; als bildet man dieſelbe in einem gut= thaͤtigen Weibsbild vor/ ſo zwey kleinen Kin= deren Brod außtheilt/ darmit anzudeuten/ daß die fuͤrnehmſte Eigenſchafft diſer Tugend in Traͤnckung und Speiſung der Armen und Nothduͤrfftigen beſtehe.
4. Das Wohlwollen.
Man trifft im Eheſtand nur lauter Zucker an/
Wo Liebe flammt bey beeden Theilen:
Drum ſtarb’ Alcyone erfreut fuͤr ihren Mann/
Und er wolt’ auch fuͤr ſie zu ſterben eilen.Das Wohlwollen. Man kan diſes [21] Sinn=Bild nicht beſſer/ als durch die Lieb und Gegen=Liebe/ ſo zwey ver Ehlichte Perſonen zuſammen tragen ſollen/ erklaͤren: und wird daſſelbe hier durch ein annehmliches Weibs= Bild/ ſo einen Krantz von Weinreben= und un= termiſchten Ulmen=Blaͤttern auf dem Haupt traͤgt/ und einen Eiß=Vogel ſtarck an ihre Bruſt truͤcket/ vorgeſtellt/ wormit man auf die Fabel abzihlen wollen/ da Alcyone deß Thraci- ſchen Koͤnigs Ceix Gemahlin/ nachdem ſie er= fahren/ daß ihr Eh=Herꝛ auf dem Meer umb= gekommen/ ſich aus Traurnus auch dahinein geſtuͤrtzet.
5. Die Gluͤckſeeligkeit der Armen.
Es kan mein Hertze nicht der Reichthum an ſich ziehen/
Ob ſchon die Welt ihn lobt und ſchaͤtzt.
Die Armuth iſt mein Zihl; der Him ̅ el mich ergoͤtzt;
Dorthin alleinig will ich fliehen.Die Gluͤckſeeligkeit der Armen wird abgebildet in einem mit einem Rock be= kleidetem Kind/ welches ſich ſehr wenig umb die Weltliche Ehren bekuͤmmert; und dahero ſeine Augen gen Himmel wendet. Es laͤſt ſich auch aus ſeinem kindiſchen Alter leichtlich ſchlieſſen/ daß ſein Hertz noch unſchuldig/ und nur allein dem Glauben und andern guten Meinungen/ ſo ſich in ſeiner Seele zeigen/ of= fen ſtehe; daſſelbe einfolglich ſeine natuͤrliche Neigung/ die es nach dem Ort ſeines Ur [22] ſprungs traͤget/ und von dannenher alle ſei= ne Gluͤckſeeligkeit erwartet/ nicht verbergen koͤnne.
6. Die Schoͤnheit der Weiber.
Mit Schoͤnheit bin ich ſo verſehen/
Daß ich die Juno und Pallas beſieget hab’.
Paris/ der mich ſah’ nacket ſtehen/
Sprach’ beeden ungeſaumt den guld’nen Apffel ab.Die Schoͤnheit der Weiber wird nacket abgemahlt/ weilen die Weiber gemei= niglich einen Ruhm in der Schoͤnheit ihr Lei= ber ſuchen; und wan ̅ ſie gleich nur ihre Bruſt entbloͤſen/ ſo komt es daher/ daß ſie ein meh= rers zu thun von der Buͤrgerlichen Beſchei= denheit abgehalten werden. Diſes Bild nun traͤgt einen Krantz von Lilien und Veyelen auf dem Haupt/ und in der Hand einen Pfeil; zum Zeichen/ daß es unmoͤglich ſeye/ ſie anzu= ſehen/ und nicht verletzt zu werden. Durch den Spiegel/ den man ihr in die Hand gege= ben/ will man bedeuten/ daß/ je mehr ein ſchoͤ= nes und liebreiches Object betrachtet werde/ je mehr man nach deſſelben Genuß ſeufftze und verlange. Sonſten ſitzet ſie auf einem Dra= chen/ darmit zu weiſen/ daß es hoͤchſtgefaͤhr= lich/ wann man ſeine Augen auf ſolcherley Schoͤnheiten richte/ indem ſie gemeiniglich ei= nen ſchaͤdlichen Erfolg nach ſich ziehen.
|| [23]
7. Die Gluͤckſeeligkeit deren/ die reines Hertzens ſind.
Lieb’ſtu Unſchuld und Reinigkeit?
Dir kan es nicht an Gluͤcke fehlen:
Ach! aber/ wenig kan man zehlen/
Die darnach gierig ſeynd zu diſer unß’rer Zeit.Die Gluͤckſeeligkeit deren/ die rei= nes Hertzens ſind. Iſt ein Weibsbild/ welches traurig außſiehet/ und Thraͤnen ver= gieſſet/ die auf ein Hertz/ ſo ſie in der rechten Hand haͤlt/ herab fallen; wodurch die Reinig= keit angezeiget wird/ ſo die Heil. Schrifft Un= ſchuld heiſſet: Und diſe Reinigkeit deß Her= tzens beſtehet darinnen/ daß man daſſelbe nie= mahlen beflecket noch verunreiniget habe/ und alſo in einer wahren Vergnuͤgung und Zufrie= denheit leben koͤnne.
8. Die Gluͤckſeeligkeit deren/ die umb Gerechtigkeit willen leiden
Du haͤltſt das Creutz vor ſchwer/ das mich hiernieder bieget;
Ich trage Ein’s/ das mehrer wieget/
Und mich mit herben Schmertzen fuͤllt:
Daſſelbe ſtecket mir im Hertzen tieff verhuͤllt.Die Gluͤckſeeligkeit deren/ die umb Gerechtigkeit willen leiden. Es iſt eben das Creutz/ womit diſes Weib bela [24] den/ und ſie in ihrer Hand haͤlt/ nicht das groͤſ= ſeſte/ weilen durch ſelbiges nur die umb deß Glaubens willen erleidende Verfolgung/ ſo den edelſten Theil der Gerechtigkeit begreifft/ angedeutet wird: ſondern das jenige Creutz/ welches ſie in ihrem Hertzen traͤgt/ da ſie ihre Kinder erwuͤrgt vor ihren Augen ſehen muß/ iſt das allerempfindlichſte und beweinens wuͤr= digſte in dem gantzen Leben; wobey nichts uͤb= rig verbleibet/ als die Hoffnung: und zwar wann wir mit leiden/ ſo werden wir auch mit getroͤſtet werden.
9. Die Gluͤckſeeligkeit deren/ die den Frieden ſuchen.
Man kan auf diſer Erd’ gar nichts erſehen/
Das einem ſtaͤten Fried’ recht zuvergleichen ſey’.
Weh dem/ der ſein Band reiſt entzwey!
Wohl dem/ der ihm ſucht nachzugehen!Die Gluͤckſeeligkeit deren/ die den Frieden ſuchen. Das Weibsbild/ ſo hier in ihrer rechten Hand einen Oel=Zweig haͤlt/ und Bogen/ Schild und Schwerdter unter ihre Fuͤſſe tritt/ mag wohl fuͤglich fuͤr den Frieden angeſehen werden/ welcher niemah= len hoͤher zu achten iſt/ als wann man ſelben durch eigene Verdienſt und Tugend erworben hat: Jedoch iſt es noch weit ruͤhmlicher/ wann man ſeine Laſter/ als wann man ſeine Feinde beſiegen kan.
|| [25]
10. Die Gluͤckſeeligkeit deren/ die nach der Gerechtigkeit hungern
und durſten.
Laſt vor dem Geitz uns recht erſchrecken;
Ach! fliehet doch vor aller Luſt;
Auch achtet Geld und Gut als Eitelkeit und Wuſt:
Gerechtigkeit ſoll’ Durſt erwecken.Die Gluͤckſeeligkeit deren/ die nach der Gerechtigkeit hungern und durſten. Man ſiehet hier die Gerechtigkeit in der einen Hand ein blanckes Schwerdt/ und in der andern eine Waage halten/ welche ihr der Teuffel gern wolte aus den Haͤnden reiſſen. Das Schwerdt erinnert uns/ daß die/ ſo nach Tugend hungern und durſten/ ſich mit einem heiligen Eyfer/ als einem unuͤberwind= lichem Schwerdt/ bewaffnen muͤſſen.
11. Die Gluͤckſeeligkeit deren/ ſo ihre Suͤnden
beweinen.
GOTT will/ daß man bereu’/ was man bißher ver= brochen;
Ein unbußfertig Hertz laſt Er nicht ungerochen:
Nur der/ ſo ſeine Suͤnd’ beweint/
Erlangt/ daß ihm die Gnad= und Troſtes=Sonne ſcheint.Die Gluͤckſeeligkeit deren/ ſo ihre Suͤnden beweinen. Diſer Menſch/ wel [26] cher die Haͤnde zuſammen legt/ gen Himmel ſiehet/ und Thraͤnen vergieſt/ lehret uns in ge= heim/ daß die jenige/ ſo ihre eigene/ und auch ihres Naͤchſten Fehler und Suͤnden beweinen/ gluͤckſeelig ſeyen; zu dem Ende getroͤſtet wer= den/ und ihre Freude ewig waͤhren ſolle.
12. Die Gluͤckſeeligkeit der Sanfft= muͤthigen.
Was tob’ſtu/ Menſch/ auf den die Donner billich knallen:
Glaub’/ daß deß Hoͤchſten Aug ſtets auf dein We= ſen ziehl’t;
Und wo ſein Vatter=Lieb ihn nicht zuruͤcke hielt’/
Du waͤreſt ſchon vorlaͤngſt in Aſch’ und Staub ver= fallen.Die Gluͤckſeeligkeit der Sanfft= muͤthigen. Die Gelindigkeit ſanfftmuͤthi= ger Leute ſtellet man vor in dem Bild einer Jungfrauen/ und zeiget darmit an/ daß die Seele rein/ und von aller Boßheit gegen ih= rem Naͤchſten/ auch von aller Bitterkeit und Haß befreyet ſeye; welches dann die Zeichen ſind einer immerwehrenden Gluͤckſeeligkeit.
13. Die Verleumbdung.
Wann du das Laſter wilt beſiegen/
Das auf dein Hertz faͤllt ſtuͤrmend an;
Trau’ nur dir ſelbſten nicht/ ſo iſt die Sach’ gethan:
All ein/ da gilt es Muͤh’; daran wird alles liegen.
|| [27]
Die Verleumbdung bilden wir hier ab durch ein Weibsbild/ ſo im Zorn ein
kleines Kind/ das umb Gnade bittet/ bey den Haaren ergreifft; darmit anzuzeigen/
daß die allerun= ſchuldigſte Dinge von der Verleumbdung an= gefallen
werden; Sie traͤgt auch eine brennen= de Fackel in der Hand/ zum Merckmahl/ daß
diſe Furi/ ſo aus einem heimlichen Haß ent=
ſproſſen/ nur auf lauter Rache dichte; neben ihr aber
ſtehet ein Baſilißk/ zum Zeichen/ daß gleichwie diſes Thier von
weitem mit dem blo= ſen Anſchauen alles toͤdte/ alſo auch
die Ver= leumbdung durch ihre boͤſe Zunge die jenige/ die ſie
gern ins Verderben ſtuͤrtzen will/ ruinie- re und zu Grund richte.
14. Die Keuſchheit.
Ich hab’ mein Angeſicht mit einem Schleyr verhuͤllt/
Damit die Maͤnner nicht mir Netze moͤgen ſtellen.
Wir ſeynd gar ſchwach und leicht zu faͤllen;
Hergegen iſt ihr Blick mit Feur=Gefahr erfuͤllt.Die Keuſchheit wird abgemahlet in einem weiſen Kleid und mit bedecktem Haupt; ſie haͤlt in der einen Hand einen Scepter/ und in der andern zwey Turteltauben/ welche an= zeigen/ daß die Keuſchheit dem Unflath und Faulheit zuwider ſeye/ und alles fliehe und ver= meide/ wodurch ſie koͤnte zur Suͤnde gereitzet werden; ſie auch ſolcher Geſtalten die Luͤſte und Begierden uͤberwinde und beſiege.
|| [28]
15. Die unuͤberwindliche Eintracht.
Wann groſſe Koͤnige verlangen
Durch ſtarcke Buͤndnus Streit und Kriege anzufange ̅ /
So wird’s mit Eintracht außgericht:
Diß lehrt deß Geryons Geſchicht.Die unuͤberwindliche Eintracht. Das allerfuͤglichſte Merckzeichen der unuͤber= windlichen Eintracht kan die Figur deß be= waffneten Geryons ſeyn/ der mit 3. Angeſichten verſehen/ und mit einer guldenen Crone gezie= ret iſt/ auch 6. Arme/ und ſo vil Fuͤſſe hat: da ihme dann in eine Hand eine Lantze/ in die an= dere ein bloſes Schwerdt/ und in die dritte ein Scepter gegeben/ von denen uͤbrigen drey Haͤnden aber ein Schild gehalten wird.
1. Die Comœdi.
Bey mir find’t man die Luſt mit Nutzen unterleget;
Ich bin auch immerhin auf manche Art verſtellt:
Ich laß’ die Gall doch ungereget/
Ob ſchon die Zung’ Hoff/ Land und Stadt zu tadel’n pfleget:
Dann ſpielend’ ſuche ich die Beſſerung der Welt.Die Comœdi. Wir ziehen dieſelbe hier nicht als ein Laſter an/ ſondern gedencken ihrer darumb/ weilen ſie auf der Schaubuͤhne [ID00046] [ID00047] [29] die Laſter der Menſchen zu dem Ende vorſtel= let/ damit denſelben durch das Exempel eines andern ein heilſamer Abſcheu vor den Laſtern beygebracht werde/ und ſie ihre Sitten aͤn= dern moͤchten. Sie traͤgt eine Pfeiffe oder Floͤte in der einen Hand/ und in der andern ei= ne Larve; mit der erſten wird auf die Harmoni und Zuſammenſtimmung/ mit der andern aber auf die Nachahmung abgeſehen.
2. Die boͤſe Luſt.
Wo boͤſe Luſt die junge Hertzen plaget/
Und ihnen Feuer unterſetzt;
Da wird der Klugheit abgeſaget/
Und Reichthum/ Ehr und Ruh’ verletzt;
Hergegen nur Armuth/ und Reu und Schand erjaget.Die boͤſe Luſt. Es wird das Sinn= Bild der boͤſen Luſt unter der Figur eines bey= nahe gantz nacketen Weibs darumb vorge= ſtellt/ weilen die Eigenſchafft diſes Laſters fuͤr= nemlich darinn beſtehet/ daß ſie nicht allein den Leib umb ſeine Gluͤcks=Guͤter/ ſondern auch die Seele umb Ehre/ Freyheit/ Klug und Weiß= heit zu bringen pfleget. Im uͤbrigen traͤgt ſie zierlich aufgepuͤffte Haar/ und in der Hand ein Rebhun/ dem ſie liebkoſet; ſitzet auch auf ei= nem Crocodill; welches Thier ſie ſamt dem Rebhun wegen beeder ihrer Unbeſtaͤndigkeit abſonderlich liebet.
|| [30]
3. Das Gewiſſen.
Wer unrecht thut/ und Boͤſes uͤb’t/
Den laß’ ich Biſſ’ und Dornen=Stich empfinden;
Der aber reine Unſchuld lieb’t/
Kan ſtets bey mir ein Bett von Blumen finden.Das Gewiſſen ſiehet das Hertz/ ſo ſie in ihren Haͤnden haͤlt/ mit ſtarren Augen an; oben daruͤber aber ſtehet geſchrieben: das eigene Gewiſſen. Sie gehet zwiſchen einer Blumen=reichen Wieſen/ und einem mit Dornen bewachſnem Feld mit bloſen Fuͤſ= ſen einher: wodurch angezeigt wird/ daß es in unſerem Hertzen zwey zerſchiedene heimliche Wege abgebe/ die von unſerer Seele/ nachde= me ſie nemlich wohl oder uͤbel beſchaffen iſt/ be= wandelt werden.
4. Das Geſpraͤch (Geſellſchafft.)
Ein guter Freund/ der uns beſucht/
Verſuͤſſet uns offt manche Stunden:
Es traͤget keine Luſt ſo angenehme Frucht/
Als bey Geſellſchafft wird gefunden.Das Geſpraͤch (Geſellſchafft.) Iſt ein junger Menſch von liebreichem Anſe= hen/ und lachendem Mund; traͤgt ein gruͤnes Kleid/ und auf dem Haupt einen Krantz von Lorbeer/ wie auch in der einen Hand einen Zet= tel/ worauf geſchrieben: Der iſt ungluͤck [31] lich/ welcher allein iſt; dadurch anzudeu= ten/ daß nichts angenehmers auf der Welt ſeye/ als eine ehrliche Geſellſchafft/ oder Ge= ſpraͤch; in der andern Hand aber fuͤhret er ei= nen Herolds=Stab/ welcher mit zwey/ nemlich einem Myrꝛten= und einem Granaten= Zwei= gen/ als Zeichen der Einigkeit und Freund= ſchafft/ untereinander umbwunden iſt.
5. Der Fuͤrwitz.
Bißweilen iſt es gut/ wann uns der Fuͤrwitz weck’t;
Doch muß er in den Schrancken gehen.
Es koͤnte mancher gluͤcklich ſtehen/
Haͤtt’ er den Augen nur ein enger Zihl geſteckt.Der Fuͤrwitz. Der Rock/ den diſes Weibsbild antraͤget/ iſt mit vilen Ohren und Froͤſchen gleichſam uͤberſtreut; und ihre Haa= re ſtehen gen Berg; Sie hebt auch ihre Arme in die Hoͤhe/ und das Haupt nach der Seite/ nicht anders als wann ſie aus unmaͤſſiger Be= gierde auf allen Orten kundſchafften und lau= ſtern wolte; zu dem Ende ſie nicht minder an dem Rucken mit Fluͤglen verſehen iſt. Die Froͤſche ſeynd deßwegen hier gebraucht wor= den/ weilen ſie groſſe Augen haben/ und die Egyptier dahero ſie fuͤr ein Zeichen deß Fuͤr= witzes gehalten: was aber die Ohren anlangt/ ſo bedarff man daruͤber keine Erklaͤrung.
|| [32]
6. Die Wiſſenſchafft.
Wer Wiſſenſchafften hat/ kan ſich gluͤckſeelig achten;
Sie ſeynd ein groſſer Schatz von ungemeinem Werth:
Doch ſoll der/ ſo will ſeyn gelehrt/
Vielmehr nach Klug= und Weißheit trachten.Die Wiſſenſchafft. Ihr wird in die eine Hand eine Fackel gegeben/ und darmit be= deutet/ daß/ gleich wie die leibliche Augen zum Sehen eines Liechts vonnoͤthen haben/ alſo gleichfalls die Augen der Seele bedoͤrfftig waͤ= ren/ ſich umb erforderten Verſtand zubewer= ben: dahero dann diſem Bild ein Buch in die andere Hand gegeben wird/ zum Anzeigen/ daß man ohne ſehen und hoͤren keine Wiſſen= ſchafft beſitzen koͤnne.
7. Die Politiſche Einigkeit.
Es kan der klein’ſte Potentat
Durch Einigkeit die Macht erhoͤhen;
Hergegen muß der groͤſte Staat
Durch Zweytracht auch zu Grunde gehen.Die Politiſche Einigkeit iſt eigent= lich eine mutuelle Vereinigung der Gemuͤther/ und wird vorgeſtellt in einem jungen auf alt= Romaniſch gekleidtem Weibsbild/ ſo einen Krantz von Blumen und Fruͤchten auf dem Haupt traͤget/ dardurch anzudeuten/ daß ſie den wuͤſten Welt=Klumpen voneinander ge= ſchieden und gereiniget habe. Sie haͤlt in der [33] einen Hand eine Schuͤſſel mit Hertzen gefuͤllt/ zum Zeichen/ daß friedliche und gute Meinun= gen niemahlen zu wancken pflegen/ ſondern unbeweglich ſeyen.
8. Die Beſtaͤndigkeit.
Ich aͤndere mich nicht/ es gehe/ wie es wolle.
Was acht’ ich Ungeluͤck/ das mir begegnen ſolle?
Dann weil ich ſelbiges bereits vorhero ſeh’/
So folget/ daß dardurch kein Ubel mir geſcheh’.Die Beſtaͤndigkeit. Was feſt/ kraͤff= tig und beſtaͤndig iſt/ das wird durch diſes Weib vorgebildet; Sie haͤlt mit der einen Hand eine Saͤule/ und ſcheinet/ ob wolle ſie ihr die andere Hand/ womit ſie ein bloſes Schwerdt faſſet/ uͤber einem mit Feur gefuͤll= tem Geſchirꝛ verbrennen; darmit anzumer= cken/ daß die Beſtaͤndigkeit ein feſter Vorſatz ſeye/ allem leiblichen Ubel und Schmertzen/ ver= mittelſt der Tugend/ ſo weder von der Unruhe deß Gemuͤths/ noch denen Leidenſchafften der Seele/ noch auch von zeitlichem Ungluͤck/ kan uͤberwunden werden/ ſtarcken Widerſtand zu thun.
9. Das Mittleiden.
Ich halte meine Arme offen;
Elende finden mich bereit:
Wann ſie ein Ungluͤck hat betroffen/
So leiſt’ ich ihnen Huͤlff; mich ſelbſten ſchmertz’t ihr Leid.
|| [34]
Das Mittleiden. Bey diſem Sinn= Bild wird uns ein Weib vorgemahlt/ welche
etwelches Gold mit freudigem Hertzen/ wo= durch ſich ihr wahrhafftes
Mittleiden an den Tag leget/ außtheilet/ und in der einen Hand ein Neſt von
Stoß=Voͤgeln haͤlt; von wel= chem Thier die Naturkuͤndiger
bezeugen/ daß es ſeine Junge dermaſſen liebe/ daß es ſich
ſelbſten bey ermanglender Spieß den Schen= ckel
aufreiſſe/ und mit dem herausſprizendem Blut dieſelbe
ernaͤhre.
10. Die Welt=Beſchreibung.
Wer das Gebaͤu der Welt uns will genau beſchreiben/
Der ſchwing’t ſich in die Hoͤh’ und Himmel=auf;
Er richt auch uͤber Berg und Thal den Lauf:
Und ſo muß GOttes Werck nicht unverſchwiegen bleiben.Die Welt=Beſchreibung wird uns in einer alten Frauen abgemahlt/ weil ſie nem= lich ihren Urſprung mit der erſchaffenen Welt genommen: Sie traͤgt einen blauen Rock mit Sternen uͤberſaͤet; zu den Seiten ſtehen die Erden=und Himmels=Kugeln; und in den Haͤnden haͤlt ſie allerhand Mathematiſche In- ſtrumenten/ welche anzeigen/ daß ſie beedes den Himmel und dann die Erde mit gleicher Auf= merckſamkeit betrachte.
|| [35]
11. Die Eintracht.
Wo ſich die Hertzen feſt und hart zuſammen binden
Da ſeynd die Bande ſuͤß; die Stricke ſeynd beliebt:
Kan man zwey gleiche Sinne finden/
So haben ſie gemein/ was freuet und betruͤbt.Die Eintracht iſt eigentlich eine mu- tuelle Vereinigung der Gemuͤther/ und wird uns vorgeſtellt durch ein Weibsbild/ ſo in ei= ner Hand etliche Korn=Aehren/ als ein Zei= chen deß Uberfluſſes/ und in der andern ein Becken haͤlt/ darinn etliche Hertzen ligen/ und bedeuten/ daß zerſchiedene Perſonen ſich mit= einander friedlich und freundlich betragen koͤnnen.
12. Die Einigkeit im Krieg.
Daß ſich ein Kriegs=Volck kan unuͤberwindlich nen ̅ en/
Kommt her von ſeiner Einigkeit:
Schleicht aber Zweytracht ein/ und will ein Heer ſich trennen/
So iſt ſein Untergang nicht weit.Die Einigkeit im Krieg iſt gewaff= net wie die Pallas, und haͤlt in der einen Hand eine Lantze/ in der andern aber etwelche Schlangen; dardurch anzuzeigen/ daß ſie all= zeit im Stand ſeye/ ſich ſelbſten durch ihre Waffen zu beſchuͤtzen/ und hergegen andern durch das Gifft/ ſo vom Zorn entſpringt/ Schaden zu thun.
|| [36]
13. Die Ehliche Einigkeit.
Zwey Hertzen/ die im Ehſtand leben/
Empfinden tauſend Luſtbarkeit;
Sie wiſſen nichts von Zanck und Streit:
Nur Eintracht mag Vergnuͤgung geben.Die Ehliche Einigkeit wird durch ei= nen jungen Mann/ und ein junges Weib vor= geſtellt; welche beede in Purpur gekleidet ſeynd/ und ein Hertz in ihren Haͤnden halten/ auch mit einer Kette zuſammen gebunden wer= den/ mithin auf das Goͤttliche Geſetze deuten/ ſo da will/ daß verehlichte Perſonen unzer= trennlich beyeinander wohnen ſollen.
14. Die Beicht.
Der kommet uͤbel an/ ſo ſeine Suͤnd verhehlt;
Vergebung hat er nicht von JESU zu verhoffen/
Es ſey’ dann/ daß er ſie von Stuͤck zu Stuͤck erzehlt/
Und beſſert ſich: ſo ſteht die Gnaden=Thuͤr ihm offen.Die Beicht ſiehet man hier abgemahlt unter dem Bilde eines auf dem Fundament einer Saͤule knienden Weibes/ ſo auf dem Rucken mit Fluͤgeln verſehen iſt/ und darmit die Tugend/ welche ſie nach dem Himmel zie= het/ bezihlet: zu ihren Fuͤſſen zeigt ſich eine Taube/ als das Merckmahl der Aufrichtig= keit; wie auch ein Schaaf/ ſo die Sanfft= und Demuth; und dann ein Hund/ der die Treue/ und daß man ſeine Suͤnde getreulich offenba= ren muͤſſe/ andeuten.
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|| [ID00057]
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15. Die Liebe.
Ein jede Tugend hat ihr’ Zeit/
Wie lang ſie dauren ſoll/ und waͤhren;
Doch iſt’s die Lieb’ allein/ die niemahl wird aufhoͤren:
Ihr bleibt das Recht der Ewigkeit.Die Liebe. Wer diſes Weib anſiehet/ umb die drey kleine Kinder herumb lauffen/ der wird alsbalden vermercken/ daß ſelbige das Sinn=Bild der Liebe/ als Koͤnigin der Tugen= den/ ſeye. Auf ihrem Haupt brennet eine Flam= me/ und bedeutet ihren hitzigen Eyfer: in der Hand aber haͤlt ſie ein brennendes Hertz/ zum Zeichen/ daß diſe Tugend gemeiniglich in auf= richtigen Gemuͤthern ihren Sitz und Woh= nung habe.
1. Die Lehr.
Ich dien’ dem/ der es nur begehret/
Und nimm’ die gantze Welt mit offnen Armen an:
So ich den Menſchen nun viel rares zeigen kan/
Das iſt vom Himmel mir gewaͤhret.Die Lehr. Diſes Weib iſt bereits ei= nes reiffen Alters/ und erbar gekleidet. Sie breitet ihre Arme aus/ die jenige anzunehmen/ ſo ihrer wuͤrdig ſeynd. In der einen Hand haͤlt ſie einen Scepter/ auf welchem eine Son [38] ne ſtehet; und in ihrem Schooß ligt ein offen Buch; auf ſie aber faͤllt von einem heitern Him ̅ el haͤuffig ein angenehmer Thau herab.
2. Der Zweiffel.
Ich bin ſtets ohne Schluß/ und wandelbar von Muth:
Mir fehlt Erfahrenheit/ wan ̅ ich was will beginnen;
Ich thue/ was ich woll’/ es ſey’ boͤß oder gut/
So herꝛſcht der Zweiffel in den Sinnen.Der Zweiffel wird vorgeſtellt durch ei= nen Juͤngling/ welcher im Finſtern zweiffel= hafft fortgehet/ und wegen ſeiner Jugend noch keine Erfahrenheit hat: deßwegen fuͤhret er einen Stab in der einen Hand/ und in der an= deren eine Laterne/ als die wahrhaffte Leiterin deß Zweiffels.
3. Die Wuͤrde.
Man ſaget nicht unrecht/ daß hohe Ehr und Wuͤrden
Nichts ſeyn/ dann lauter Laſt:
Und zwar/ die Warheit kurtz gefaſt/
So ſeynd ſie freylich ſchwere Buͤrden.Die Wuͤrde iſt ein koſtbar gekleidtes Weibsbild/ ſo unter einer Laſt/ die ſie traͤget/ und in einem groſſen in Gold und Silber ein= gefaſtem Stein beſtehet/ ſich faſt beugen muß.
4. Die Unterſcheidung.
Ich foͤrchte mich/ und ſteh’ doch feſte:
Das Senckbley/ das ich fuͤhr’/ miſſt meine Tritte ab;
Ich unterſuche auch nur alles auf das beſte/
Damit man kein Mißfallen hab’.
|| [39]
Die Unterſcheidung. Diſe anſehn= liche und
Majeſtaͤtiſche Matron haͤnget das Haupt auf die Seite/ und
ziehet die Achslen in die Hoͤhe/ als ob ſie Mitleiden mit jemanden
haͤtte. Sie haͤlt in der Hand ein Senckbley/ anzuzeigen/ daß
ſie alles genau abmeſſe; auf ihrer Schooß aber hat ſie ein
Cameel ligen: dann daſſelbe laſt ſich niemahls mehrers auf=
laden/ als es ertragen kan.
5. Die Unterſcheidung deß Boͤſen und Guten.
Damit ich weiß/ wer mich recht lieb’/
Auch was die falſche Schaͤtze ſeyen/
Und wie die Liſt der Welt zu ſcheuen/
So treib’ ich alles durch das Sieb.Die Unterſcheidung deß Boͤſen und Guten bildet man hier ab durch ein Weibsbild/ ſo noch in ihren beſten Jahren iſt: dann in ſolcher Zeit hat man den beſten Ver= ſtand/ das Boͤſe von dem Guten zu unterſchei= den. Sie iſt im uͤbrigen gantz erbar gekleidet/ und haͤlt in einer Hand ein Sieb/ als das Zei= chen der Unterſcheidung; in der andern aber einen Rechen/ ſo eben dergleichen bedeutet.
|| [40]
6. Der Fleiß.
Was ſolle Wiſſenſchafft? was Klugheit? was Ge= ſchenck’?
Es kan Erfahrung nicht zureichen;
Nicht Macht/ nicht Staats=Betrug noch Raͤnck:
Sie muͤſſen all’ dem Fleiſſe weichen.Der Fleiß wird durch allerhand Sinn= Bilder vorgeſtellt: hier aber bildet man ihn ab durch ein Weib von einem friſchen und munterem Angeſicht/ welche in einer Hand ei= nen Buͤſchel Thimian/ umb den einige Bie= nen herumb fliegen/ und in der andern etliche Mandel= und Maulbeer=Zweige haͤlt/ von welchen Baͤumen der eine fruͤhzeitige/ herge= gen der andere ſpate Fruͤchte traͤget. Neben ihr ſiehet man einen Hahnen/ der die Erde aufkratzet.
7. Die GOttheit.
Niemand vermag zwar mich mit ſeinem Sinn zu faſſen;
Doch zeigt man durch diß Feur/ und diſe Jungfrau an/
Daß Eins und Drey gar wohl beyſam ̅ en ſtehen kan;
Und ich auf ſolche Weiß mich moͤg’ begreiffen laſſen.Die GOttheit ſtellet man hier durch eine mit einem weiſen Gewand/ als dem Zei= chen der Reinigkeit/ angekleidete Jungfrau vor/ welche ein Feuer auf dem Haupt traͤget/ und in der Hand zwey blaue Kugeln haͤlt/ von denen eine Flamme aufſteiget/ ſo ſich in Drey gleich hohe Theile zertheilet.
|| [41]
8. Der Schmertz.
Das Ungluͤck/ ſo auf mich einbricht/
Hat nirgend ſeines gleichen nicht:
Und weil ich einmahl elend worden/
So truckt man mich von allen Orten.Der Schmertz wird gemahlt als ein bleicher/ trauriger Menſch/ der/ wegen erlei= dender Verfolgung/ gantz ſchwermuͤthig iſt. Er traͤgt ein ſchwartzes Kleid/ zum Zeichen ſeiner Traurigkeit/ und haͤlt in der Hand eine Fa= ckel/ die eben außgeloͤſcht/ und noch rauchet/ auch ihme dardurch ſein Ungluͤck empfindli= cher machet.
9. Der Winter=Monat.
Wann ſich die Winters=Kaͤlt einſtellt/
Und man nur will den Ofen lieben;
So pfleg’ ich/ biß die Nacht einfaͤllt/
Im Feuer=ſchieren mich zu uͤben.Der Winter=Monat iſt ein heßli= cher/ ſchwartz gekleidter/ und gefluͤgelter Man ̅ / der in der einen Hand das Zeichen deß Stein= bocks/ und in der andern einen Korb voll Waſſer=Nuͤſſe haͤlt.
10. Die vollkom
̅
ene Gelehrtheit.
Es ſtehet wohl/ ſo man Gelehrte Leute ehret/
Und ſucht zugleich/ daß man in ihrer Zahl auch ſey’;
Allein/ Gelehrtheit ſoll’ mit Klugheit ſeyn gemehret:
Dann jene taugt nicht viel/ wo diſe nicht dabey.
|| [42]
Die vollkommene Gelehrtheit iſt eine Majeſtaͤtiſche
Matron/ in einem dunckel= gelben Rock: Sie haͤlt ein
verſchloſſenes Buch in der Hand/ und ſitzet auf einer
Todten=Bahr/ wo ſie ſich mit einem kleinen Engel beſpricht/
der eine brennende Fackel in der Hand haͤlt/ und zu ihr gekommen/ als wann
er ſie gleich= ſam in ihrer Gelehrtheit uͤberfallen wolte.
11. Der Fleiß.
Es ſollen alle Ding’ mit groſſem Fleiß geſcheh’n;
Und dahin wird durch Spor’n und Uhr auch abgeſeh’n:
Die letzte wecket uns/ wan ̅ ſie anfangt zu ſchlagen;
Der erſte treibet an/ und kan uns tapffer jagen.Der Fleiß/ ſo in einer hitzigen Begier= de beſtehet/ das angefangene zu vollenden/ wird durch ein Weib vorgebildet/ ſo in der rechten Hand einen Sporn/ und in der lincken eine Uhr haͤlt; davon der erſte den Fleiß erwe= cket/ die andere aber denſelben abmiſſet.
12. Die Zweytracht.
Wann ich/ was mich verdreuſt/ erblicke/
Stracks ziſcht mein’ Schlangen=Brut/ die ich zur Rach’ anſchicke:
So ſchaͤumet auch der Mund/ den ſtarckes Gifft erhitzt;
Wobey das Augen=Paar mit Feur und Flammen blitzt.Die Zweytracht wird hier unter dem [43] Bild eines ſcheußlichen Weibs vorgeſtellt/ de= ren Schlangen=foͤrmige Haare gen Berg ſte= hen. Sie haͤlt in der einen Hand eine brennen= de Fackel/ und iſt begierig ihr ungerechtes Vornehmen außzufuͤhren; in der andern Hand aber drey Zettel/ worauf einige Juriſti= ſche Worte geſchrieben ſtehen/ und anzeigen/ daß ihr eintziges Dichten und Trachten nur dahin gehe/ wie ſie unter Freunden Haß und Feindſchafft ſtifften moͤchte.
13. Die Andacht.
Ich fuͤhle lauter Luſt/ wann ich in Andacht bette;
Doch gib’ ich ſelbſten mir dabey ein ſtaͤt Gebott/
So ich niemahlen uͤbertrette.
Kurtz: Niemand kehr’t ohn’ mich ſich eyferig zu GOtt.Die Andacht wird gemahlt als ein kniendes Weibsbild/ ſo ihre Augen gen Him= mel hebet/ von dannen einige Strahlen auf ſie herab gehen. Sie haͤlt in der Hand eine ange= zuͤndte Kertze/ zum Zeichen ihres ſtarcken Ge= bett=Eyfers.
14. Die Lehrſamkeit.
Es rauchet heut zu Tag kein Opffer mir nicht mehr;
Der Menſch erweiſet nur dem Hochmuth Dienſt und Ehr:
Dann wer jetzt Demuth will erzeigen/
Der muß ein Narre ſein/ und ſeine Zunge ſchwei= gen.
|| [44]
Die Lehrſamkeit iſt eine Jungfrau mit einem Papagey auf dem Haupt;
dardurch an= zuzeigen/ daß ſie nach Art diſes Vogels die ge= gebne
Lehren fleiſſig faſſe. Der Spiegel/ item das
ſchlechte Gewand/ und die außgeſtreckte Arme ſeynd gleichfalls
lauter Sinn=Bilder eines faͤhigen Kopffs.
15. Der Gehorſam.
Es ſolle David uns ein Bild der Nachfolg’ ſein:
Ach! aͤzet das Geſetz in eure Hertzen ein/
So von dem groſſen Gott den Menſchen ward gegeben!
Dann wer den Innhalt nicht deſſelben recht erfuͤllt/
Der kann auch nimmermehr in Him ̅ els=Freuden leben/
Wo unß’re Seele doch ſich nur vergnuͤgt und ſtillt.Der Gehorſam. Iſt ein Weibsbild eines bedachtſamen Anſehens/ und im Be= griff/ fortzugehen; ſie traͤgt ein Him ̅ el=blaues Kleid/ ſtrecket ihre Arme aus/ und haͤlt in der Hand die Geſetz=Tafeln/ die in der Mitte ei= nes Hertzen ſtehen/ und andeuten/ daß ſie wil= lig und bereit ſeye/ die Gebott zuerfuͤllen und Gehorſam zu leiſten.
|| [ID00066]
|| [ID00067]
|| [45]
1. Die Haußhaltung.
Vor zeiten ſuchten im Haußhalten Mann und Weib
Die groͤſte Freud und Zeit=Vertreib:
Allein/ anjetzo hat das Blatt ſich umbgewendet;
Ein’s ſpahrt/ das andere verſchwendet.Die Haußhaltung. Diſe anſehnli= che Matron traͤgt auf dem Haupt einen Krantz von Oel=Zweigen; in der einen Hand haͤlt ſie einen Circkel/ und in der anderen einen Ste= cken; neben ihr aber ſiehet man ein Schiff=Ru= der/ als das wahre Zeichen einer nach den fal= lenden Einkuͤnfften angeſtellter Haußhaltung.
2. Die Gleichheit.
Mich zwingt kein Zeit noch Ort; ich bin ſtets einerley:
Die Waage muß allweg’ gleich ſtehen.
Kein Theil hat mehrer Recht; doch ſag’ ich ohne Scheu:
Es pflegt darmit ſchwer herzugehen.Die Gleichheit deutet man an durch ein Weibsbild von mittelmaͤſſigem Alter/ wel= che in der einen Hand eine Waage/ und in der anderen ein Schwalben=Neſt haͤlt/ wo die al= te Schwalbe ihren Jungen zu eſſen gibt. Daß nun die Waage das Sinn=Bild der Gerech [46] tigkeit ſeye/ die aller Menſchen Thun und Laſ= ſen abwieget/ und einem jeden das Recht wi= derfahren laſſet/ das iſt maͤnniglichen bekannt. Sonſten haben die Egyptier auch die Schwal= be zu eben ſolchem Sinn=Bild gebraucht/ und vorgegeben/ es erzeige diſer Vogel ſich als ein rechter Haußvatter/ und theile unter ſeine Junge gleiche Portionen aus.
3. Die Beredtſamkeit.
Die Helden haben viel gethan;
Doch hab’ ich in dem Krieg offt mehrers außgerichtet:
Dann was der Cæſar auch zuweilen ſelbſt nicht kan/
Das hat Demoſthenes geſchlichtet.Die Beredtſamkeit/ damit man ihre zerſchiedene Wuͤrckungen recht außdrucken moͤchte/ wird nicht unbillich mit einer Sturm= Haube/ und einer guͤldnen Crone darob/ in= gleichem mit einem Bruſt=Harniſch/ und dann mit einem Schwerdt an der Seite abgemahlt; Sie iſt auch uͤberdiß an dem einen Arm biß zu dem Elenbogen aufgeſtuͤlpt/ und faßt in der= ſelbigen Hand einen Donnerſtrahl; in der an= deren aber haͤlt ſie ein offenes Buch/ auf wel= chem eine Sand=Uhr ſtehet.
4. Das Studieren.
Das Buch/ worinnen ſich mein Aug’ ergoͤtzet hier/
Will nechſt der Lamp und Hahn uns diſe Lehre laſſen/
Daß/ wo man Wachtſamkeit veraͤchtlich werde haſſen/
Man jmmerdar umbſonſt ſtudier’.
|| [47]
Das Studieren. Diſer junge Menſch/ der bey einer brennenden Lampe
ſitzt und ſchreibt; Item ſein bleiches Angeſicht/
ſeine erbare Kleidung/ das offene Buch/ und der zur Seite ſtehende
Hahn geben ſamtlichen ei= ne groſſe Luſt und Neigung zum
Studieren zu erkennen.
5. Die Hoffnung.
Ob Alexander ſchon geſiegt/
Und ſich vor ihm die Welt geſencket/
So hat er ſich doch mit der Hoffnung nur begnuͤgt/
Und alles uͤbrige den Seinigen geſchencket.Die Hoffnung kan nicht ſchoͤner vor= gebildet werden/ als durch ein in Gruͤn ge= kleidtes Weibsbild/ ſo auf dem Haupt einen Krantz von Blumen traͤget/ und in ihren Ar= men einen kleinen Liebes=Gott haͤlt/ dem ſie ihre Bruͤſte reichet.
Die Ewigkeit.
Der Gottloß’ ſcheuet nichts; der Glaub’ iſt ihm Thor= heit;
Er ſpottet auch der Ewigkeit.
O Menſchen=Ungeheur! verfluchte Laſt der Erden!
Es wird dir dermahleins der Glaub’ gezeiget werde ̅ .Die Ewigkeit ſtellet man vor unter dem Bild eines ſchoͤnen Weibs mit fliegenden und außgeflochtnen Haaren/ die ihr auf denen Schultern herumb liegen. Zu beeden Seiten/ [48] wo die Huͤfften ſeyn ſollen/ fahen zwey halb Circkel an/ die ſich rechts und lincks umbeu= gen/ und ob ihrem Haupt einen einfoͤrmigen Crayß ſchlieſſen. In ihren Haͤnden haͤlt ſie zwey guldene Kugeln in die Hoͤhe; und der Leib iſt mit blauen Sternen uͤberſtreuet.
7. Das Exilium (Elend.)
Wer darff nicht nach dem Stab umbſchauen?
Wir alle muͤſſen fort/ hin in ein ander Land.
Was iſts dann/ wann indeß dir etwas ſtoͤſſt zuhand?
Wir muͤſſen hier das Elend bauen.Das Exilium oder Elend. Die Figur diſes Pilgrams/ der in der einen Hand einen Wanderſtab/ und in der anderen einen Falcken traͤget/ zeiget uns genugſam an/ daß er nicht vil ſitzen darff; und lehret uns anbey/ daß es zweyerley Pilgramſchafften abgebe; ei= ne nemlich/ die man ſelbſten erwoͤhle; die an= dere aber/ die alle betreffe.
8. Die Erfahrung.
An der Erfahrenheit iſt mehr/ als viel gelegen;
Sie macht die Thumme kluͤger ſeyn;
Sie pflantzt den Alber’n Weißheit ein;
Und wem ſie fehlt/ der irr’t und geh’t auf falſchen Wegen.Die Erfahrung. Iſt ein betagtes Weibsbild in einem guldnen Kleid/ welche in der einen Hand einen Geometriſchen Riß/ und [49] in der andern einen Stab mit einem umbge= wickelten Zettul haͤlt/ worauf diſe Wort zu le= ſen: Rerum Magiſtra: das iſt: die Meiſterin al= ler Dinge. Zu ihren Fuͤſſen liget ein Streich= Stein/ und auf der andern Seite ſtehet ein Gefaͤß/ aus welchem einige Flammen heraus ſchlagen.
9. Die Erato.
Ich liebe nicht/ und bin der Liebe doch gewogen:
Die Lieder reitzen/ die ich ſing’;
Auch meine Leyr iſt ſtets bezogen;
Wodurch der Muſen Gunſt ich mir zuwegen bring’.Die Erato wird vorgebildet durch eine annehmliche Jungfrau/ die einen luſtigen Hu= mor hat/ und mit Myrꝛten und Roſen/ als Zei= chen der Liebe/ die der Venus und dem Cupido gewidmet ſeynd/ bekraͤntzet iſt. Sie haͤlt in der einen Hand eine Geige/ und in der andern ei= nen Streichbogen; neben ihr aber ſtehet ein kleiner Liebes=Gott mit Fluͤgeln/ Bogen/ und brennender Fackel.
10. Die Euterpe.
Der Muſic bin ich ſehr befliſſen;
Darinn beſteh’t mein gantzes Wiſſen:
Es thoͤnen Feld und Stadt/ und Berg und Thal/ und Wald/
Wann meine Pfeiffe lieblich ſchallt.Die Euterpe traͤgt auf dem Haupt ei= nen Blumen=Krantz/ zu ihren Fuͤſſen aber li [50] gen Pfeiffen/ Schallmeyen und andere Im ſtrumenta; wie ſie dann auch in den Haͤnden eine lange Floͤte haͤlt/ und darauf ſpielet.
11. Die Auferziehung.
Die Auferziehung wird vollbracht/
Wie man den Anfang darmit macht:
Wann einen jungen Baum man zeitlich weiſt zu beugen/
So wird im Wachsthum er/ wie man gewuͤnſcht/ ſich zeigen.Die Auferziehung. Iſt ein adeliches Weibsbild/ in der Bluͤth ihrer Jahre; Sie wird vom Himmel mit Strahlen beleuchtet/ zeigt ihren entbloͤſten Buſen/ und unterrichtet ein kleines Kind; dahero ſie auch in der einen Hand eine Ruthe/ und in der anderen ein jun= ges Baͤumlein haͤlt. Die vom Himmel herab= kommende Strahlen bemercken/ daß die groͤſte Huͤlffe von Oben herflieſſen muͤſſe; die ent= bloͤſte Bruſt deutet an/ daß der Lehrende nichts verhalten ſolle: die Ruthe gibt zu verſtehen/ daß die Zuͤchtigung auch erfordert werde; und durch das junge Baͤumlein wird angezeigt/ daß man den Baum beugen muͤſſe/ wann er noch jung iſt.
12. Die Erwehlung.
Die Tugend wird oftmahls vernichtet und veracht;
Das Laſter pflegt der Menſch fuͤr ſeinen Schatz zu zehle ̅ :
Doch wan ̅ er ihren Werth auch mit der Zeit betracht/
So muß er ſie doch noch erwaͤhlen.
|| [51]
Die Erwehlung. Iſt eine Matron/ die ſowohl ihres Alters/ als guten
Anſehens halber zu ehren: Sie hat vorne an einer Kette ein Hertz hangen/
und haͤlt einen Zettul in der Hand/ mit den Worten: Virtutem eligo, das
iſt: ich erwaͤhle die Tugend; wobey die Tu= gend durch die Eiche
angedeutet wird/ weilen nemlich diſer Baum ſehr ſtarck iſt/
und auch tieffe Wurtzlen hat: da hergegen nichts ſchaͤd= lichers/
als das Laſter/ kan erwehlet werden; ſo man durch die Schlange
vorſtellen wollen.
13. Die Billichkeit.
Bey mir darff nichts ungleiches ſeyn:
Ich wieg’ die Tugend ſo/ gleichwie die Fehler ein;
Und richte nie dabey mein Aug’ auf die Perſonen:
Mein Amt/ iſt ſtraffen und belohnen.Die Billichkeit. Diſe Figur bedarff faſt keiner Erklaͤrung: und wird die Billich= keit darinn vorgeſtellt unter der Perſon eines in Weiß gekleidten Weibsbildes/ die in der ei= nen Hand eine Waage/ und in der andern ein Senckbley haͤlt. Der weiſe Rock deutet auf die Aufrichtigkeit/ wormit ſie von der Leute Verdienſten urtheilet/ und dieſelbe entweder belohnet/ oder ſtraffet/ dabey aber ſich nie= mahls beſtechen laſſet.
|| [52]
14. Die Untertruckung boͤſer Gedancken.
Laß’ Vatters=Gunſt und Liebe fahren:
Ein ſuͤndlicher Gedanck’ iſt wildes Ungeheur;
Erſtick’ die Brut in jungen Jahren;
Es kommt der Todtſchlag dir nicht theur.Die Untertruckung boͤſer Gedan= cken. Das Kind/ welches diſer Menſch/ wie die andere/ ſo zu ſeinen Fuͤſſen ligen/ zu todt ſchmeiſſen will/ iſt ein Sinn=Bild der boͤſen Gedancken/ die man in ihrer Geburt alsbald erſticken muß/ damit ſie nicht Wurtzeln gewin= nen/ und immerzu weiter umb ſich greiffen. Den dreyeckichten Stein betreffend/ ſo iſt ſel= biger ein Bild deß Herꝛn JEſu Chriſti; und wird damit gezeigt/ das zu Folge der Worte deß 36. Pſalmen: Wohl dem/ der die Kinder ergreifft/ und an einen Stein ſchmeiſt; man die jenige wahrhafft gluͤckſee= lig zu ſchaͤtzen habe/ welche von den Laſtern ab= ſtehen/ und ihre erſte Bewegungen an diſem geiſtlichen Stein/ als dem unbeweglichen Fundament unſerer Seele/ zerſchlagen und vernichten.
|| [ID00076]
|| [ID00077]
|| [53]
15. Der Kundſchaffter.
Ich forſche alle aus; mich kan man nicht ergruͤnden;
Niemand kennt meine Spuhr; ich laure in der Still:
Drumb weiſt man nicht/ was ich im Schilde fuͤhr’/ zu finden:
Ich bin voll Augen; und ſeh’ bald/ was man thun will.Der Kundſchaffter kan nicht beſſer ab= gebildet werden/ als durch einen Menſchen/ welcher ſein Geſicht mit einem Mantel/ ſo mit Augen und Ohren gantz uͤberſtreuet iſt/ ver= huͤllt/ und in der Hand eine blinde Latern haͤlt/ auch uͤberdiß an den Fuͤſſen mit Fluͤgeln verſehen iſt; und einen Hund bey ſich hat/ der vor ihm herlauffet.
1. Der Chriſtliche Glaub.
Ich bin zwar eine GOttes=Gab/
Und dem/ ſo außerwaͤhlt/ alleinig eingeraumet:
Doch fuͤhl’t mich auch das Hertz/ darinn ich Woh= nung hab/
Wann es die Bibel ſtets zu leſen/ nicht verſaumet.Der Chriſtliche Glaub wird hier in dem Bild einer in weiß gekleidter Jung= frau vorgeſtellt/ welche ihre Schultern entbloͤ= ſet/ zum Zeichen/ daß man das Evangelium [54] verſtaͤndlich predigen ſolle. Sie haͤlt in der ei= nen Hand ein Creutz und ein offenes Buch/ und ſiehet beede Stuͤcke mit beſtaͤndigen Au= gen an; die andere Hand aber haͤlt ſie an das Ohr/ und will damit andeuten/ daß man durch zwey Mittel/ nemlich durch das Gehoͤr/ und durch das Leſen/ in dem Chriſtlichen Glauben unterrichtet werde.
2. Das Feuer.
Wer ſolte mich nicht hefftig haſſen/
Da ich nichts/ dann nur ſchaden kan?
Doch muß man mir dabey diß’ laſſen:
Durch mich werd’ auch viel Gut’s gethan.Das Feuer iſt eines der allerſchaͤdlich= ſten/ zumahlen aber auch der allernothwendig= ſten Elementen: Sein Sinn=Bild wird am fuͤglichſten durch ein ſitzendes/ und in ihren Haͤnden ein Geſchirꝛ mit Feuer haltendes Weib abgemahlt. Neben ihr ſiehet man ei= nen Salamander und andere im Feur lebende Thiere; ingleichem einen Phoͤnix: Ober ihr aber zeiget ſich die Sonne/ von deren Strah= len ihr Haupt beleuchtet wird.
3. Die Staͤrcke der Liebe zu Waſſer und Land.
Es will der kleine Gott/ der hier ohn’ Waffen ſteh’t/
Daß Hertzen/ die verwundt/ ihm’ Ehr’ und Opffer bringen:
Er zeigt durch Fiſch und Krantz/ wie weit ſein Herꝛ= ſchafft geh’t/
Und daß er koͤnn’ auf Erd’ und Waſſer alles zwingen.
|| [55]
Die Staͤrcke der Liebe zu Waſſer und Land. Diſes
Sinn=Bild pflegt man zwar auf zerſchiedene Weiß vorzuſtellen; es
bedunckt mich aber/ es ſchicke ſich keines beſſer/ als
gegenwaͤrtiges: nemlich ein Cupido/ wel= cher in der einen Hand einen Krantz von
Lor= beer= und Eichen=Blaͤttern/ und in der ande= ren einen Fiſch
haͤlt.
4. Der Betrug.
Zwey Koͤpffe von ungleichen Jahren/
Das doppelt Hertze in der Hand/
Die Larve; Kurtz: mein gantz Gebahren
Zeigt an/ daß ich nur ſuch’/ zu teuſchen Leut und Land.Der Betrug. Iſt ein Weib/ das auf einem Halſe zwey Koͤpffe ſtehen hat/ davon der eine jung/ der andere aber alt außſiehet: ſie haͤlt in der einen Hand zwey Hertzen/ und in der anderen eine Larve/ zur Anzeige ihrer Ver= ſtellung. Mit dem Scorpion=Schwantz/ den man an ihr ſiehet/ deutet man auf ihr Gifft; und durch die Adlers=Klauen/ die man ihr an ſtatt der Fuͤſſe angemahlet/ will bemercket wer= den/ daß ſie nach Art diſes Vogels nach nichts anders/ als anderer Leute Gut und Vermoͤgen trachte.
5. Die Freundſchaffts=Treue.
Die Treu’ iſt aus der Welt verbannt;
Drum achtet niemand ihres gleichen:
Weil ſie dann hier ſo unbekannt/
So ſieh’t man auch viel Freund’ abweichen.
|| [56]
Die Freundſchaffts=Treue wird darum durch ein altes Weib vorgebildet/ wei=
len man davor haͤlt/ alte Frauens=Perſonen ſeyen
gewiſſenhaffter/ Trau und Glauben zu halten/ dann die Junge. Sie bedeckt
ſich mit einem Tuch/ und ein anderes haͤlt ſie in der Hand/
zum Zeichen/ daß ihre Liebe ungefaͤrbt ſeye.
6. Die Standhafftigkeit.
Das wil deſte der Thier’ ſteh’t ſtill durch meine Staͤrck;
Mich ziert die blaue Farb; ich funckele von Sterne ̅ ;
Die Arbeit iſt mein taͤglich Werck:
Mich kan kein Schroͤcken nicht von Muͤh noch Noth entfernen.Die Standhafftigkeit. Ihr Sinn= Bild iſt ein Weib/ in einem Himmel=blauen mit Sternen beſtreutem Kleid/ dardurch ihre Standfeſte anzuzeigen: Sie haͤlt einen Stier auf/ welcher/ der Naturkuͤndiger Bericht nach/ das ſtaͤrckeſte unter den Thieren iſt.
7. Die Schmeicheley.
Der Schmeichler weiſt nicht Maß zu halten:
Das/ was er lobt/ iſt ſchoͤn; nichts iſt/ das ihm miß= faͤllt.
Ach! liebe Sprach bey Jung und Alten!
Es ſauget unvermerckt diß Gifft die gantze Welt.Die Schmeicheley. Iſt eine anmu= thig gekleidte Weibs=Perſon/ welche auf ei= ner Floͤte pfeifft/ und zu ihren Fuͤſſen einen [57] Hirſchen ligen hat/ ſo ein Thier iſt/ das am fuͤglichſten denen einfaͤltigen Leuten ſich ver= gleichen laſſet/ die man ohne Muͤhe hinter das Liecht fuͤhren kan/ und denen jedoch der nechſt= ſtehende Bienen=Korb zuverſtehen gibet/ daß unter der ſuͤſſen Lockſpeiſe eine Bitterkeit ver= borgen lige.
8. Die Staͤrcke.
Es hatte ſonſt die Koͤnigs=Cron
Der Staͤrckeſte vordem zu Lohn:
Jetzk aber muß die Staͤrck der Tugend alles ſchlichten:
Der Will deß Staͤrck’ſten kan allzeit das Beſte richten.Die Staͤrcke wird vorgebildet in Ge= ſtalt der Goͤttin Pallas mit vollkommnem An= geſicht/ ſtarckem Leib/ groſſer Statur, breiten Schultern/ nerſichten Gliedmaſſen/ brauner Farb/ auch blitzenden und kuͤhnen Augen: ſie haͤlt in der einen Hand eine Lantze ſamt einem Eichen=Zweig; und in der andern einen Schild/ darauf ein Loͤw/ ſo ein wildes Schwein erlegt/ abgemahlet iſt. Die Lantze bedeutet die irꝛdiſche/ der Zweig aber die himmliſche Staͤrcke; hergegen zeigen die zwey Thiere auf die Staͤrcke beedes deß Leibs/ und deß Ge= muͤths: dann das wilde Schwein uͤberwirfft ſich alsbald bey einer jeden Begebenheit/ da im Gegentheil der Loͤw ſich mit Vorſichtigkeit in ein Gefecht einlaͤſſet.
|| [58]
9. Die Standhafftigkeit der Liebe.
Man haſſt die Flatter=Lieb’/ ſo ſtete Aendrung gieb’t;
Wer Treu und wahre Liebe heget/
Bleibt feſt/ beſtaͤndig/ unbeweget:
Wer nicht mehr lieben kan/ hat niemahls recht geliebt.Die Standhafftigkeit der Liebe ſtellet man durch ein koſtbar gekleidtes Weibs= Bild vor/ ſo auf einem viereggichten Stein ſi= zet; zum Zeichen/ daß die Liebe/ ob ſie ſchon gemeiniglich unbeſtaͤndig/ doch gleichwolen mittelſt der Beſtaͤndigkeit zu groſſem Reich= thum gelange. Sie ſchlieſſt ihre zwey Haͤnde zuſammen/ und hat auf ihrem Haupt zwey Creutzweiß uͤbereinander gelegte Ancker/ in deren Mitte ein Hertz befindlich/ mit der auf einem Zettel ſtehenden Beyſchrifft: unver= aͤnderlicher Schluß. Die zwey Ancker bedeuten die Treue/ (ſo man durch die zwey zuſammen geſchloſſene Haͤnde anmercket) als die feſte Stuͤtze eines verliebten Hertzen.
10. Das Welt=Gluͤck.
Das hochgeprießne Gluͤck der Erden
Iſt lauter Tand und Eitelkeit:
Sein Glantz wird/ wie die Glaͤſer werden/
Wann ſie der Fall in Stuͤcke ſtreu’t.Das Welt=Gluͤck. Iſt ein praͤchtig gekleidtes/ und mit einer guldnen Crone ge= ziertes Weib/ ſo einen Scepter in der Hand [59] haͤlt/ und darmit eine bluͤhende Pflantze be= ruͤhret; in der andern Hand aber traͤgt ſie eine Schaale/ mit Gold und Edelgeſteinen ange= fuͤllt.
11. Die Treue.
Weg/ Adel und Reichthum! weg/ ſchoͤner Jugend Gaben!
So hochgeſchaͤtzte Stuͤcke ſind:
Wird nur die Treu hiebey nicht auch den Wohnplatz haben/
So iſt diß alles leerer Wind.Die Treue. Diſes Sinn=Bild haͤtte keiner Außlegung vonnoͤthen/ wann wir die bißher beobachtete Ordnung und Manier bey= ſeiten ſetzen wolten: dann es wird jederman darvor halten koͤnnen/ daſſelbe ſeye hier durch ein in Weiß gekleidtes Weib vorgeſtellt/ wel= ches in der einen Hand ein Siegel/ und in der andern einen Schluͤſſel haͤlt/ auch zu ihren Fuͤſſen einen Hund liegen hat: als mit welchen drey Stuͤcken fuͤrnemlich die Treue pflegt be= merckt zu werden.
12. Die Gunſt.
Wie mancher lebt bey Hof/ der lang kein Gluͤcke find’t/
Auch den/ der es nicht werth/ in Gnaden ſtehen ſiehet?
Wie mancher liebt umbſonſt/ wie ſehr er ſich bemuͤhet?
Was Wunder? Gunſt und Lieb’ ſeynd Stock= und Staren=blind.Die Gunſt wird uns abgebildet als ein [60] junger Menſch/ mit Fluͤglen an den Schul= tern; wodurch man verbluͤmbter Weiß den Schwung deß Gemuͤths anzeigen will. Sie hat die Augen und Fuͤß auf einem Rad/ zum Merckmahl/ daß das Gluͤck gewohnet ſeye/ ſei= ne Gunſt nur ungefehr hin außzutheilen.
13. Der Freye Schieds=Richter.
Geh’t hin/ wohin ihr koͤn ̅ t; und rathet/ wem ihr woll’t;
Nur laſſet mich in Ruh’/ ihr Raͤthe umb Geſchencke:
Die Freyheit lieb’ ich mehr als Gold/
Nach der ich meine Sache lencke.Der Freye Schieds=Richter. Iſt ein Mann in Koͤniglichen und ſehr koſtbaren Kleidern von zerſchiedenen Farben/ mit einer guldenen Crone auf dem Haupt/ und einem Scepter in der Hand/ an deſſen Spitze der Buchſtabe V. zu ſehen.
14. Die Ewige Gluͤckſeeligkeit.
Was ſoll’ das Leben diſer Welt?
So mir in keinem Stuͤck gefaͤllt/
Weil ihm die Sterblichkeit obſieget:
Ich ſuch’ den Himmel/ wo man ewig’s Leben krieget.Die Ewige Gluͤckſeeligkeit zeigt ſich unter dem Bild einer ſchoͤnen/ jungen/ nacke= ten/ glaͤntzenden und mit Lorbeer gekroͤnten Weibs=Perſon/ welche auf einem geſtirnten Himmel ſitzet/ und mit einem freudigen Ge= ſicht gen Himmel ſiehet; darmit anzuzeigen/ [ID00086] [ID00087] [61] daß ihr Hertz nichts Irꝛdiſches an ſich habe: der Palm=Zweig/ den ſie in der Hand haͤlt/ und die Feur=Flamme bedeuten auch/ daß ſie ſich durch nichts abwendig machen laſſe/ nach der ewigen Crone zu ſtreben.
15. Das Liebes=Gluͤck.
O Eh’! die man wie Ambra ſchaͤtzt/
Wo Liebes=Fruͤchte ſtets bey Man ̅ und Weibe bluͤhen:
Kein Schatz iſt deme vorzuziehen/
Der ſolches Ehe=Paar ergoͤtzt.Das Liebes=Gluͤck wird abgemahlt als ein anſehnliches Weibsbild/ ſo in der einen Hand ein Horn deß Uberfluſſes haͤlt/ mit der andern aber einem Cupidini liebkoſet/ und dar= durch die Gunſt und Wohlneigung/ ſo das Gluͤck denen Liebhabern erzeiget/ bemercket.
1. Die Fruchtbarkeit.
Den Uberfluß hab’ ich gebohren;
Ich bin der Saam’/ den GOtt erkohren/
Und reichlich außzuſtreuen ſucht;
Ich trage hundertfache Frucht.Die Fruchtbarkeit iſt unter der Figur eines jungen Weibsbildes vorgeſtellt/ die ei= nen Krantz von Hanff=Blaͤttern (welche Pflan= ze ſich ſehr vermehret) auf dem Haupt traͤgt. [62] Auf ihrer Schooß hat ſie ein Stiglitzen=Neſt ligen/ weilen diſer Vogel ſich ebenfalls treff= lich vermehret: zu ihren Fuͤſſen aber ſiehet man auch Huͤner und Caninichen herumb lauffen.
2. Der allgemeine Glaub.
Der Spiegel zeigt mir alles an/
Was Gnad=Geheimnus wird genennet:
Doch hab’ ich nicht genug/ daß ich es ſehen kan;
Wo nicht der Glaub’ es auch erkennet.Der allgemeine Glaub. Iſt ein mit einem Sturmhut verſehenes/ und in Weiß gekleidtes Weibsbild/ ſo in der einen Hand ei= nen Kelch/ und in der andern eine brennende Wachskertze haͤlt; dardurch die eingegoſſene Tugend/ die die tunckele Unwiſſenheit vertrei= bet/ anzuzeigen.
3. Die Gebrechlichkeit.
Was iſt/ O Sterblicher! dein Leben/
Daß du dem Tod zum Raub muſt geben?
Es iſt ein Blumen=Strauß/ womit man laͤppiſch prangt;
Es iſt ein Glaß/ das nur an einem Faden hangt.Die Gebrechlichkeit. Iſt ein ſchoͤ= nes/ mit duͤnnem Flor bedecktes Weibsbild/ ſo in der einen Hand einen Buͤſchel Blumen und Blaͤtter/ und in der andern ein an einem Fa= den hangendes Glaß/ als das wahrhaffte Sin ̅ = Bild der Gebrechlichkeit/ zeiget.
|| [63]
4. Der Betrug.
Von auſſen ſchimmert Glantz nnd Pracht/
Und was ſonſt groſſen Schein erwecket:
Allein/ ſo man den Leib von innen recht betracht/
Wie manches falſches Glied wird alsdann offt ent= decket?Der Betrug hat zum Sinn=Bild eine junge Dame, die in der Hand eine angezuͤndte Stroh=Fackel haͤlt/ und in einen langen/ mit Larven und Zungen geſticktem Rock gekleidet iſt; Sonſten ſo weit ſie ſich aufdecket/ ſiehet man/ daß ſie einen hoͤltzern Fuß hat.
5. Die Großmuͤthigkeit.
Mein Weſen kennet man daran/
Daß ich nicht Vortheil ſuch’/ noch an Gewinnſucht dencke;
Und wo ich nichtes hoffen kan/
Dannoch freygebig bin/ und ſchencke.Die Großmuͤthigkeit. Man bildet ſie ab als eine ſchoͤne Jungfrau/ welche die Au= gen aller Leute auf ſich ziehet; und in Gold/ als dem edelſten Metall/ gekleidet iſt. Ihre Hand legt ſie auf das Haupt eines Loͤwen/ wel= cher unter allen Thieren das Großmuͤthigſte; in der andern Hand aber haͤlt ſie einige Ketten von Gold und Edelgeſtein/ als ob ſie ſelbige außtheilen wolte.
|| [64]
6. Der Ruhm.
Mich ziert und kroͤnt der Lorbeer=Zweig;
Der iſt der Helden Tugend=Zeug/
Wann ihre Tapfferkeit man zu belohnen pfleget:
Mir wird ein’ ſchoͤnere im Himmel beygeleget.Der Ruhm wird auf den alten Medail- len alſo vorgeſtellt/ daß er an dem obern Leib faſt gantz nacket erſcheinet/ auch in der einen Hand eine mit denen 12. Zeichen deß Thier= Craͤyſes verſehene Him ̅ els=Kugel; in der an= dern aber eine kleine Figur traͤget/ die einen Palm=Zweig und einen Blumen=Krantz haͤlt. Durch das nacketſeyn wird beditten/ daß alle ſeine ruͤhmliche Thaten von keiner Schmincke wiſſen/ ſondern jederzeit offenbar vor Augen ligen: die Sphæra oder Kugel aber zeiget an/ daß der irꝛdiſche Ruhm nicht ſo ſehr auf der gleichen Helden=Thaten/ gleichwie der Him ̅ = liſche abſehe/ als von welchem letztern die Be= lohnung aller gehabten Bemuͤhungen erwar= tet wird.
7. Die Ernſthafftigkeit.
Ich bin dem Schertz und Lachen feind/
So meine Sinne nicht ergoͤtzen.
Thut mir die Narren weg; ich bin gar nicht ihr Freund:
Ein ſaur Geſicht mag ich hoch ſchaͤtzen.Die Ernſthafftigkeit. Iſt ein in Pur= pur/ als einem Ehren=Zeichen/ gekleidtes Weib: Sie traͤgt ſtatt eines Kleinods einen [65] verpetſchierten Brieff an dem Hals/ ſo gleich= ſam das Merckmahl deß Adels ſeyn ſoll. Im uͤbrigen wendet ſie ihr Geſicht auf eine ange= zuͤndte Fackel/ die ſie in der einen Hand haͤlt; die andere aber leget ſie auf das Haupt einer auf einem Fuß=Geſtell ſtehender Bild=Saͤule.
8. Die Danckbarkeit.
Verachte nicht den Mund/ der dich mit Lob erhebet;
Erkenn’ die Gutthat/ ſo man dir erwieſen hat:
Der iſt ein Wuͤſtling und Unflat/
Der immerhin undanckbar lebet.Die Danckbarkeit. Die Eigenſchafft diſer Tugend wird durch drey zerſchiedene Dinge vorgeſtellet: Erſtlich/ durch den Stor= chen/ ſo/ der Naturkuͤndiger Bericht nach/ das allerdanckbarſte Thier iſt; ferner durch einen Zweig von bluͤhenden Bohnen/ als das andere Zeichen der Danckbarkeit; indeme man erfah= ren hat/ daß ſelbige das Erdreich/ wo ſie her= fuͤrkommen/ duͤngen und fett machen; und dann durch den Elephanten/ von welchem be= kantlich iſt/ daß er das empfangene Gute nicht zu vergeſſen pfleget.
9. Die Goͤttliche Gnade.
Verblendter Sterblicher/ den keine Suͤnden ſchrecken/
Nimm’ hier den Friedens=Zweig/ und pflantz ihn in dein Hauß;
Auch trincke diſen Becher aus:
Er iſt mit Wein gefuͤllt/ ſo dir wird lieblich ſchmaͤcken.
|| [66]
Die Goͤttliche Gnade zeiget ſich hier unter der Figur einer
ſchoͤnen Frauen/ auf de= ren Haupt eine Taube/ als das Sinn=Bild deß
Heil. Geiſts/ ſitzet: ſie hebet ihre Augen gen Himmel/ und
haͤlt in der einen Hand einen Oel=Zweig und ein geſchloßnes Buch; in der
anderen aber einen Becher und einen Zettul mit diſen Worten: bibite &
inebriamini, das iſt/ trincket/ und werdet truncken.
10. Die Gnade GOttes.
Durch mich iſt alles hergebracht/
Was einen Chriſten ſeelig macht:
Ich laſſe meine Guͤt’ die gantze Welt genieſſen
Und auf ſie Stroͤhm’ der Gnade flieſſen.Die Gnade Gottes. Iſt eine Jung= frau/ deren Schoͤnheit jederman zur Liebe rei= zet: Sie traͤgt auf dem Haupt eine glaͤntzende Crone/ womit ſie die Wolcken und Finſternus der Laſter vertreibet. Ihr nacketer Leib/ und außgeflochtene Haare bedeuten ihre Unſchuld: ſie haͤlt auch ein Horn deß Uberfluſſes in der Hand/ aus welchem allerley Guͤter herab falle ̅ .
11. Die Gefraͤſſigkeit.
Ich freſſe wie das heßlichſt’ Thier/
So jemahls die Natur geſehen/
Die Speiß mit viehiſcher Begier;
Und fuͤlle mich ſo an/ daß ich moͤcht’ uͤbergehen.Die Gefraͤſſigkeit bildet man vor durch [67] ein Weibs=Perſon/ ſo einen langen Hals hat/ und dahero deſto wolluͤſtiger ſchmaͤcken kan/ was ihr unmaͤſſiger Appetit verlanget; worinn ſie dem Schwein/ ſo man ihr deßwegen beyge= ſellet/ nachartet. Sie haͤlt in der einen Hand ein volles Glaß mit Getranck/ und in der an= deren eine Paſtete.
12. Die Sprach=Kunſt.
Die Guͤter/ welche ich gewaͤhr’/
Seynd ein Geſchenck und Gab deß Urſprungs aller Dingen:
So wie ich ſie empfang’/ gib ich ſie wider her;
Und glaub’/ daß ſie wie mir/ ſo ander’n Nutzen bringe ̅ .Die Sprach=Kunſt. Iſt ein Ehr= liebendes Weibsbild/ ſo in der einen Hand ei= nen Zettul/ worauf begriffen/ daß ſie recht re= den/ und außſprechen lehre; in der andern aber ein Geſchirꝛ haͤlt/ mit welchem ſie eine Pflan= ze begieſſt.
13. Der Ruhm groſſer Herren.
Ich kan durch Feld=Zuͤg’ zwar mir groſſen Ruhm er= werben;
Doch iſt es nur ein Ruhm/ der mit der Zeit muß ſterbe ̅ :
Er ſaͤttig’t keinen Helden nicht/
Der groſſe Thaten außgericht.Der Ruhm groſſer Herren. Als Kaͤyſer Adrianus ſich gegen einem gewiſen Fuͤr= ſten/ der ihme in einem Treffen tapffer nachge= folget/ danckbar erzeigen wolte/ ſo ließ er ſelbi [68] gem zu Ehren eine Muͤntze ſchlagen/ worauf eine koſtbar gekleidte Goͤttin zu ſehen war/ die auf dem Haupt eine guldne Cron/ und in der einen Hand einen Lorbeer=Krantz getragen/ mit der anderen aber eine ſtarcke Pyramid ge= halten.
14. Die Erd=Beſchreibung.
Durch mich erkennet man diß groſſe Erd=Gebaͤud;
Und kan zerſchied’ne Land und Voͤlckerſchafften ſehen/
Auch beeder Welten Unterſcheid;
Und darff doch nicht dabey aus ſeinem Hauſe gehen.Die Erd=Beſchreibung hat zu ih= rem Sinn=Bild ein altes Weib/ zu deren Fuͤſ= ſen ein Erden=Kugel ſtehet: ſie haͤlt in der ei= nen Hand einen Circkel/ und in der andern ei= nen Geometriſchen Quadranten. Es iſt aber die Erd=Beſchreibung eine Kunſt/ welche von den Theilen der Erden/ von den Koͤnigreichen/ Provintzen/ Staͤdten/ Meeren/ Inſuln/ Ber= gen/ Fluͤſſen und dergleichen Lehr und Unter= richt giebet.
15. Die Republicaniſche Re= gierung.
Wer im Regenten=Stand ſich findt/
Soll’ wie die Pallas ſeyn geſinnt;
Das iſt/ deß Friedens ſeyn befliſſen/
Und doch auch Krieg zu fuͤhren wiſſen.Die Republicaniſche Regierung [ID00096] [ID00097] [69] wird durch eine Pallas vorgeſtellt/ ſo auf dem Haupt einen Krantz von Oel=Zweigen traͤgt/ und auch in der einen Hand einen ſolchen Oel= Zweig/ als ein Friedens=Zeichen; in der an= dern aber einen Wurff=Pfeil haͤlt/ darmit an= zuzeigen/ daß ſie nicht minder jederzeit auf den Nothfall zum Krieg geruͤſtet ſeye.
1. Die Zuſammenſtimmung.
Es weiſt niemand/ woher es ruͤhr’t/
Daß offt ein Reich geſchwind zu groſſer Macht auf= ſteiget.
Die Harmoni iſt es/ die diſes Werck regier’t/
Und alles Gluͤck dardurch zu ſolchen Staaten neiget.Die Zuſam ̅ enſtimmung ſtehet hier wie eine ſchoͤne Koͤnigin/ die auf dem Haupt ei= ne von Edelgeſteinen ſchimmernde Crone traͤ= get/ und als eine Tochter deß Himmels mit ih= rer Anmuth die Hertzen bezaubert/ die Tyger= Thier bezaͤhmet/ und denen lebloſen Dingen eine Bewegung giebet: Sie haͤlt in der einen Hand eine Geige/ und in der andern einen Fi= delbogen.
2. Die Geſchicht.
Man ſolte der Geſchicht Altar und Tempel ſetzen/
Weil der Gedaͤchtnus ſie uns pfleget einzuaͤzen;
Und ihr gelehrter Kiel/ der ſelbſt die Zeit bricht ein/
Uns niemahls laͤſſet ſterblich ſeyn.
|| [70]
Die Geſchicht bildet man hier ab/ un= ter der Figur eines Engels/ der auf
dem Ru= cken der Zeit in ein Buch ſchreibt/ und darmit belehret/ daß die
Geſchicht uͤber die Zeit herꝛ= ſche. Der Engel
traͤget einen weiſſen Rock/ zum Beweiß ſeiner aufrichtigen
und unge= ſchminckten Reinigkeit.
3. Die Gaſt=Freygebigkeit.
Wer ſeine Thuͤr laͤſt ſtets den Frembden offen ſtehen/
Und Arme auch herbergt und labt;
Der hat in frembdem Land durch Ruhm ſich bluͤhen ſehen/
Und Engel offt zu Gaͤſt’ gehabt.Die Gaſt=Freygebigkeit mahlet man als eine ſchoͤne Perſon von mittelmaͤſſigem Al= ter/ weilen die Jugend den Wolluͤſten allzu= ſehr ergeben/ und alſo diſe hohe Tugend ſelten beſitzet; hergegen aber auch das hohe Alter an= dern theils gar zu vil dem Geitz nachhaͤnget. Sie haͤlt in der eine ̅ Hand ein Uberfluß=Horn/ aus dem zerſchiedene Fruͤchten herabfallen/ und von einem kleinen Kind wollen aufgeſam ̅ = let werden: ſonſten wendet ſie ſich gegen ei= nem Pilgram/ dem ſie liebkoſet/ und ein Stuͤck Gelds verehrt: iſt im uͤbrigen in Weiß ge= kleidet; wodurch ihre reine Seele angezeiget wird.
|| [71]
4. Die Demuth.
Der Demuth bin ich ſtets befliſſen:
Ach/ Welt=Stoltz und Hochheit/ von euch mag ich nichts wiſſen!
Die Hoffart ſtuͤrtzet Gott/ wie ſie es auch verſchuldt:
Der Demuth nur erzeigt Er Huld.Die Demuth. Diſe weiß=gekleidete Jungfrau laͤſſet ihr Haupt ſencken/ leget die Arme Creutzweiß uͤbereinander/ und haͤlt in der Hand eine Kugel/ ſo die Wider=Erhoͤhung diſer Tugend anzeiget; welches auch durch die neben und zu ihren Fuͤſſen liegende Cron und Laͤmmlein beditten wird.
5. Die Liebes=Einigkeit.
Da ligen Fackel/ Pfeil/ und Koͤcher auf der Erd’:
Doch wann man meine Stimme hoͤrt/
Die ich laß zu der Geige gehen/
Stracks muß ein liebes Hertz in Band und Feſſel’n ſtehen.Die Liebes=Einigkeit. Der Liebes= Gott Cupido leget ſeinen Koͤcher/ Bogen und Pfeile von ſich/ und faſſet hergegen mit der ei= nen Hand eine Geige/ und mit der anderen ei= nen Fiedelbogen; anzuzeigen/ daß man nichts als Luſt und Freude von ſeiner Harmoni und Zuſammenſtimmung zugewarten habe.
|| [72]
6. Die Leutſeeligkeit.
An Freundlichkeit find’t man wohl meines gleichen nicht;
Mein’ Sanfftmuth ſtillt deß Poͤvels Toben:
Und wann ich red’/ das wird ſo mit Manier verricht/
Daß mich pflegt Jederman zu loben.Die Leutſeeligkeit. Was man ſon= ſten Leutſeeligkeit nennet/ das kan man auch Hoͤflichkeit heiſſen/ weil ſie nemlich in einer Begierde beſtehet/ einem anderen zugefallen. Man ſtellet ſie demnach als eine in Himmel= blau gekleidte Weibs=Perſon vor/ die in der Hand eine guldne Kette haͤlt; zum Zeichen/ daß großmuͤthige Leute durch die einander lei= ſtende Dienſte ſich einer dem anderen verbuͤnd= lich zu machen ſcheinet.
7. Die Uhren=Beſchreibung.
Die Suͤnde/ ſo uns alle druͤckt/
Macht unß’re Jahre ſchmertzlich fliehen:
Sie eilen/ wie ein’ Stund/ die ſchlaͤget un ̅ hinruͤckt;
Und wie ein Wort/ das man nicht mehr zuruck kan ziehen.Die Uhren=Beſchreibung. Es iſt ein junges Weibsbild/ ſo auf dem Haupt eine Sand=Uhr traͤget; und in der einen hand ei= nen Sonnen=Quadranten/ auf den die Son= ne ihre Strahlen wirfft/ und mittelſt deß Zei= gers Schatten zuerkennen gibt/ daß immer ei= ne Stunde auf die andere folget; in der an [73] dern Hand aber ein Linial/ und einen Circkel haͤlt; welche Inſtrumenten zu Formirung und Abtheilung der Linien inſonderheit noͤthig ſeynd. Im uͤbrigen iſt ſie mit einem Himmel= blauen Rock bekleidet.
8. Die Ketzerey.
Der lobt das Alterthum ohn’ Frucht/
Der dardurch Unterſcheid der Falſch= und Warheit ſucht:
Dann wohl den aͤrg’ſten Ketzereyen
Mag gleiches Alter angedeyen.Die Ketzerey iſt ein Irꝛthum deß Ge= muͤths/ deme der Will dermaſſen Beyfall gibt/ daß er die Vernunfft nicht anſiehet. Sie wird als ein altes Weib gemahlt/ und darmit beditten/ daß es allezeit Ketzer abgegeben/ ſo nur allein ihrem verkehrten Sinn und der Menſchen=Lehre folgen wollen. Aus ihrem Mund gehen Feur=Flam ̅ en heraus; wodurch ſolche falſche Lehre/ wie auch durch die verwirꝛ= te Haar/ und aus einem Buch/ ſo ſie in Han= den haͤlt/ hervor ragende Schlangen angezei= get wird.
9. Die Ehre.
Die Ehr und Tugend ſteh’n allzeit auf einer Stuffen;
Ein’ jede muͤh’t ſich/ uns zu ruffen:
Allein/ wen nicht zuvor die Tugend aufgenommen/
Der wird auch zu der Ehr’ unmoͤglich koͤnnen kom ̅ en.
|| [74]
Die Ehre. Durch diſen mit Palmen gekroͤnten Soldaten/ der eine
guͤldne Kette am Hals hangen hat/ auch in der Hand eine Lantze und einen
Schild fuͤhret/ auf welchem letztern zwey Tempel gemahlt ſtehen/ mit den
Bey Worten: Hîc terminus hæret: das iſt/ hier iſt das Zihl;
wird uns die Ehre/ als deß Sie= ges Tochter/ vorgeſtellt. Die zwey zum Sinn=
Bild genommene Tempel geben die Erinne= rung/ daß die Tugend und die Ehre
ſich nie= mahlen voneinander trennen laſſen.
10. Die Ehrbarkeit.
Hier iſt die Schoͤnheit zugedeckt/
Und unter einem Schleyr verſteckt:
Die Weiber ſeynd nur ſchoͤn/ die mit der Tugend prangen;
Wiewohl nicht jeder ſie bey ihnen will verlangen.Die Ehrbarkeit. Iſt eine erbar ge= kleidete Matron/ ſo darmit ihre Beſcheiden= heit an den Tag leget: Und weil ſie auch ihre Augen bedecket/ ſo will ſie lehren/ daß die Keuſchheit alles das jenige fliehe und meide/ was etwa boͤſe Begierden in ihr Hertz pflan= zen koͤnte.
11. Die Heucheley.
Wann euſſerliches Thun und Weſen gelten ſolt’/
So waͤr’ ich ein Gefaͤß der Gnaden:
Ich lebe aber boͤß/ und bin der Falſchheit holdt;
Und was ich Gutes thu/ iſt nur mit Schein beladen.
|| [75]
Die Heucheley. Es iſt diſer Zeit nichts ſchwerers/ als die
Heucheley zuerken= nen: dann ſo man diſes bloſe Weib
anſiehet/ wie ſie ſich mit einem ſchwartzen Flor bedeckt/
einen geflickten Rock antraͤget/ in der einen Hand einen Roſenkrantz
und ein Gebet=Buch haͤlt/ worinn ſie andaͤchtig lieſet; mit
der an= dern aber einem armen Menſchen ein Allmo= ſen mittheilet;
ſo ſolte man ſagen/ ſie ſeye ein wahrhafftes
Muſter der Tugend: deſſen je= doch ungeachtet bin ich
verſichert/ daß ſie vil= mehr unter der Figur eines Lamms ein
reiſſen= der Wolff iſt/ weilen man Fuͤſſe
eines wilden Thiers an ihr erblicket.
12. Der Moͤrder.
Ich blaſe eitel Wuth von mir;
Mich freuet nichts/ als Mord/ und Tod/ und nieder= ſchlagen.
Wie ſolt’ ich dich dann nicht in Forcht und Schroͤcken jagen/
So bald ich Fauſt und Auge ruͤhr’?Der Moͤrder wird vorgeſtellt durch ei= nen Menſchen eines boßhafftigen Anſehens/ ſo einen rothen Mantel/ als das Merckmahl der Grauſamkeit/ traͤget; und in der einen Hand einen bloſen. Degen/ in der andern aber ein ab= gehauenes Menſchen=Haupt haͤlt. Er hat ein ſcheußliches Angeſicht; zum Zeichen/ daß er bey allen Menſchen verhaßt iſt.
|| [76]
13. Die Waſſer=Beſchreibung.
Ich bin ein’ Wiſſenſchafft/ ſo wenig Leute kennen;
Ich zeige/ wie das Meer in ſeinen Graͤntzen ſteh’t/
Und umb die gantze Erden geh’t;
Auch wie es anßgetheilt/ und wie es ſey’ zu nennen.Die Waſſer=Beſchreibung. Iſt ein altes Weibsbild in einem Rock von ſilbern Zeug; wodurch das Waſſer und ſeine Be= wegung bemercket wird; wie dann auch der Haupt=Endzweck diſer Kunſt in Beſchreibung der Meeren beſtehet/ die ſie mit dem zu ihren Fuͤſſen ſtehenden See=Compaß abzumeſſen weiſt. Ihr Haupt iſt mit Sternen umbgeben; und in der einen Hand haͤlt ſie eine See=Kar= te/ in der andern aber ein Schiff.
14. Der Winter.
Der rauhe Winter/ ſo mit Eyß un ̅ Schnee uns ſchroͤckt/
Verderbt das Erdereich/ und leget alles nieder;
Er raubt die Fruͤchten weg/ die vor das Feld bedeckt;
Und ſeine Kaͤlte iſt den Thieren auch zuwider.Der Winter iſt bereits auch ander= werts von uns abgebildet worden; und will ich hier nur diſes melden/ daß einige denſelben durch den in ſeiner Schmidte ſtehenden Vul- canum; andere aber durch den ſeine ungeſtuͤm= me Winde aus einer Hoͤhle außlaſſenden Æo- lum vorzuſtellen pflegen.
|| [ID00106]
|| [ID00107]
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15. Die Demuth.
Ich bin auf alle Faͤll’/ auf alle Zeit geſchickt;
Bey mir laͤſt ſtille Ruh’ ſich ſehen:
Ich pflege als ein Palm zu ſtehen/
Ob mich ſchon eitel Ungluͤck druͤckt.Die Demuth. Diſes Weib/ ſo in der Hand einen Palm=Zweig haͤlt/ will uns leh= ren/ daß die Demuth/ nach Art deß Palm= Baums/ je mehr man ſie drucket/ je mehr ſich in die Hoͤhe richte. Zu ihren Fuͤſſen ſiehet man eine Crone ligen/ welche andeutet/ daß ſie alle Weltliche Hochheit/ ja ihre eigene Verdienſte zu verachten gewohnet ſeye.
1. Der Verſtand.
Ich unterwinde mich nur lauter groſſer Ding’;
Begierden achte ich gering/
Die ſonſt deß Menſchen Sinn’ bethoͤren:
Ich kan mich ihrer wohl erwehren.Der Verſtand wird hier als ein jun= ger Menſch darumb vorgebildet/ weilen er nicht alt wird: er traͤgt auf dem Haupt eine Crone/ aus welcher eine Flam ̅ e hervor ſteiget; er fuͤhret auch einen Scepter in der Hand/ zum Zeichen/ daß er Meiſter ſeiner Begierden ſeye: ſonſten richtet er ſeine Augen ſtarꝛ auf einen [78] Adler/ und belehret darmit/ daß ſein munte= rer Verſtand nur nach hohen Dingen ſtrebe.
2. Die Unſchuld.
Ich bin gleich einem Lam ̅ von Gall und Gifft befreyt;
Mit Unſchuld waſche ich die Haͤnde/
Die ich aus=nach dem Himmel=breit’/
Daß er mit ſeiner Huͤlff’ und Schutz ſich zu mir wende.Die Unſchuld hat zum Sinn=Bild ein junges Maͤgdlein/ ſo auf dem Haupt einen Palmen=Krantz traͤget/ und ihre Haͤnde in ei= nem Becken waſchet: zu ihren Fuͤſſen lieget ein Lamm/ welches man jederzeit fuͤr ein Zei= chen der Unſchuld zu halten pflegt.
3. Die Anruffung.
Der HERR/ den alle Welt verehret;
Der/ was geſchiehet/ ſieh’t; der/ was Er will/ verricht/
Iſt’s nur allein/ zu dem ſich meine Hoffnung kehret:
Ihn’ ruff’ ich an; und foͤrcht’ die groͤſte Feinde nicht.Die Anruffung. Diſes Weib faltet ihre Haͤnde zuſam ̅ en/ und ſiehet gen Himmel auf; darmit anzudeuten/ daß ſie ihre Huͤlffe von Oben herab erwarte: Aus ihrem Haupt/ wie auch aus ihrem Mund/ gehen Feuer=Flam= men heraus/ als ein Merckmahl ihres Eyfers und Gebets.
|| [79]
4. Der Unterricht.
Ein frommer Prediger nutzt mehr/
Als alle Redner=Kunſt/ darauf wir moͤgen dichten:
Man ſiehet auf die That vilmehr/ dann auf die Lehr;
Ein gut Exempel kan vil richten.Der Unterricht. Iſt ein erbares Mannsbild in einem langen Rock/ mit einem Spiegel und Zettul in der Hand/ worauf diſe Wort geſchrieben: Inſpice, cautus eris, das iſt: ſchaue hinein/ ſo wirſtu klug werden. Er betrachtet ſich ſelbſten in ſolchem Spiegel/ und will dardurch belehren/ daß die Lehrer in der Tugend=Schul ſich ſelbſten meiſtern und beſ= ſern muͤſſen/ ſofern ſie ihrem Unterricht den be= hoͤrigen Nachtruck geben wollen.
5. Die Einbildung.
Es muͤſſen alle Ding’ von mir Geſetze nehmen;
Der Him ̅ el und die Hoͤll ſteh’n unter meiner Macht:
Ich fahre durch die Welt; es kan mich niemand hem ̅ en;
Und ſtell’ mich da und dort ſo ſchnell/ als mans ge= dacht.Die Einbildung iſt eine Bewegung/ ſo durch die Sinne geſchiehet; und wird vor= geſtellt als ein Weib in einem Kleid von ver= aͤnderlicher Farb; anzuzeigen/ daß ſie allerley ihr vorkommende Dinge annehme. Sie traͤgt einen ſeltzamen Kopff=Zierath; indeme ihre Haare nicht nur gen Berg ſtehen/ und gefluͤ= gelt/ ſondern auch mit zerſchiedenen kleinen [80] Bildern vermengt ſeyn; und mithin gleich= ſam eine Crone formiren.
6. Der Natuͤrliche Trieb.
Das/ was ich thu und red’/ geſchiehet kurtz und gut:
Ich laß’ mich zu der Fahn’ der Billichkeit ein= ſchreiben.
Doch wundere dich nicht/ daß hier die Kunſt nichts thut:
Dann mich nur die Natur will treiben.Der Natuͤrliche Trieb. Iſt ein jun= ger Knab/ gehet nacket/ und ſcheinet/ als ob er lauffe; zum Zeichen/ daß er alles nur aus ſich ſelbſten thue. Sein Angeſicht iſt mit einem Tuch bedeckt; wodurch man zuerkennen gie= bet/ daß der Selbſt=Trieb das verborgneſte al= ler natuͤrlichen Dingen ſeye: Er haͤlt in der Hand eine Sonnen=Blume/ die ſich hier am beſten zu einem Sinnbild ſchicket.
7. Die Weißheit.
Die Klug=und Weißheit wird mit ſpater Zeit erreicht;
Sie kommt nicht Augenblicks geſprungen:
Es wird erſt diſes Gut errungen/
Wann man zuvor mit Muͤh’ durch Dick= und Duͤnnes kreucht.Die Weißheit. Iſt ein Weibsbild in einem guldnen Kleid/ umb dadurch von dem Poͤvel unterſchieden zu ſeyn. Sie traͤgt auf dem Haupt einen Blumen=Krantz/ und in der einen Hand eine Sphæram oder Kugel/ in der [81] andern aber eine Schlange: wormit angezei= get wird/ daß/ bevor man zu einer hohen Wiſ= ſenſchafft und Klugheit gelange/ man niedrig ſeyn/ und auf der Erden kriechen muͤſſe.
8. Die Neigung.
Ich handle/ wie ein blinder Mann/
Weil ich nur mir Gehoͤr ſelbſt gebe:
Es kommt bloß auf das Gluͤcke an/
Wann ich mehr fromm/ als gottloß lebe.Die Neigung iſt/ weil ſie unbeſtaͤndig/ als eine junge Perſon vorgeſtellt/ die eben ſo bald zum Boͤſen/ als Guten incliniret: Sie iſt in Schwartz und Weiß gekleidet; auf ihrem Haupt traͤgt ſie zwey zerſchiedene Sterne/ nemlich den Jupiter und den Saturnus/ de= ren der eine guͤtig/ und der andere feindlich iſt; Sie haͤlt auch in der einen Hand Roſen/ und in der anderen Dornen; an den Fuͤſſen aber iſt ſie mit Fluͤgeln verſehen.
9. Die Unbeſtaͤndigkeit.
Gleichwie die Waſſerwogen ſind/
Und wie der Mond/ deß Wechſels Kind/
So bin ich ebenfalls geartet;
Und in dem Unbeſtand erhartet.Die Unbeſtaͤndigkeit. Diſes Weib iſt deßwegen in Blau gekleidet/ weil man da= durch die Meereswogen/ ſo ein Zeichen ihrer Unbeſtaͤndigkeit ſeynd/ anmercken wollen; ſie [82] traͤgt in der Hand einen Mond/ von welchem bekandt iſt/ daß er unter allen Geſtirnen der Veraͤnderung am meiſten unterworffen.
10. Das Faſten.
Wer ſich deß Faſtens nicht entziehet/
Und auch zugleich das Schlaffen fliehet/
Der uͤberwindt die Welt/ und laſt dem Fleiſch nicht Lufft;
Er trotzt den Tod und Hoͤllen=Grufft.Das Faſten. Sein Sinn=Bild iſt ein ſtarcker Menſch/ in der Bluͤthe ſeiner Jahre: Er gehet auf einem Crocodill/ anzuzeigen/ daß er das Laſter haſſe; In der Hand aber haͤlt er einen Fiſch/ als das Merckmahl der Maͤſſig= keit; und in den Armen einen Haaſen/ welcher mit offnen Augen ſchlaͤffet/ und darmit bedeu= tet/ daß die Wachtſamkeit von dem Faſten herruͤhre.
11. Die Erfindung.
Man nimm’ nur alle Ding in acht;
So wird doch nichts/ daß mir ſich gleichen mag/ ge= funden:
Ich hab’ die Kuͤnſte aufgebracht;
Die gantze Welt iſt mir verbunden.Die Erfindung. Diſe Meiſterin der Kuͤnſten traͤgt einen weiſen Rock/ auf welchem geſchrieben ſtehet: Non aliunde, das iſt: nicht anderswoher. Sie hat auf dem Haupt zwey kleine Fluͤgel/ zum Zeichen/ daß ſie nichts Nie [83] dertraͤchtiges an ſich habe; haͤlt auch in der ei= nen Hand das Bild der Natur/ und in der an= deren einen Zettul/ worauf geſchrieben: Ad o- peram, das iſt: Zum Werck und Arbeit.
12. Die boͤſe Nachrede.
Es zeigt diß fliegend’ Haar/ und diſe Ruthe an/
Wie leichtlich man uns reitzen kan:
Kaum werden wir beſchimpfft/ und ſpoͤttiſch ange= ſtochen/
Stracks will man ſeyn mit Macht gerochen.Die boͤſe Nachrede. Aus der Leibs= Gebaͤrde diſes Weibsbildes iſt leicht zu ſchlieſ= ſen/ daß ſie keine freundliche Worte außthei= le: wie dann die zerſtreute Haar/ die auf die Huͤffte geſetzte Fauſt/ und die Ruthe in der an= dern Hand lauter eigentliche Kennzeichen ei= ner uͤbel=nachredenden Zunge ſeynd.
13. Die Gerechtigkeit.
Man ſieh’t/ ob ich ſchon Schaͤrffe zeig/
Daß ich zur Billigkeit mich neig’:
Ein Richter muß die Seel und Haͤnde nicht beflecken/
Wann er die Laſter will nach Recht mit Straffe ſchre= cken.Die Gerechtigkeit. Diſes Sinn= Bild der Gerechtigkeit beſtehet in einer ge= kroͤnten Jungfrau/ ſo einen guldnen Rock an= traͤget/ und an dem Halß mit einem koſtba= ren Kleinod gezieret iſt/ darmit zubelehren/ daß ſie eine unſchaͤtzbare Tugend ſeye: In der [84] Hand haͤlt ſie auch ein Aug/ als das Merckzei= chen der Scharffſinnigkeit.
14. Die unverletzte Gerechtigkeit.
Wann ich mich ſetz’/ und halt’ Gericht/
So iſt kein Glantz ſo groß/ der mir das Aug koͤnt’ blinden:
Ich achte keinen Koͤnig nicht;
Ein jeder hat/ was ihm gebuͤhrt/ bey mir zufinden.Die unverletzte Gerechtigkeit wird durch ein Majeſtaͤtiſches Weibs=Bild vorge= ſtellt/ die/ zu zeigen/ daß ſie die Koͤnigin der Tugenden ſeye/ auf ihrem Haupt eine Koͤnig= liche Crone/ und in der einen Hand einen De= gen/ woran eine Crone angeſtecket/ in der an= deren aber eine Waage traͤget/ worinnen ſie die boͤſen und guten Thaten abwieget. Zu ih= ren Fuͤſſen ſihet man einen Hund und eine Schlange/ als Merckmahle der Treue und der Klugheit.
15. Die ſcharffe Gerechtigkeit.
Ich laß’ das ſtrenge Recht ohn’ alle Gnad’ ergehen:
Wer fuͤr die Boßheit fleh’t/ dem bin ich taub und ſtumm.
Ihr Sterbliche! ſeyd fromm;
Ihr werdet lauter Huld’ und Guͤte bey mir ſehen.Die ſcharffe Gerechtigkeit kan nicht beſſer abgemahlet werden/ als unter dem Bild eines gekroͤnten/ und mit weiſſer Leinwand bedeckten Todten=Geripps. Diſe ſcheußliche [ID00116] [ID00117] [85] Figur ſteuret ſich mit der einen Hand auf ein Schwerdt/ und mit der andern haͤlt ſie eine Waage; zu zeigen/ daß gleichwie der Tod kein Anſehen der Perſon habe/ alſo ein ſtren= ger Richter auch die Entſchuldigung der Miſ= ſethaͤter nicht anzuhoͤren pflege.
1. Der Jenner.
Das Neue Jahr/ ſo jetzt anruͤcket/
Erheiſcht/ daß man Geſchenck’ außtrag’:
Es wird den erſten Jenners=Tag
Geld/ Speiß und and’re Ding’ einander zugeſchicket.Der Jenner fuͤhret ſeinen Nahmen her von dem Abgott Janus, und wird von zerſchie= denen Scribenten mit zwey Geſichtern abge= bildet/ und darmit angezeigt/ daß er ſowohl auf das Vergangne/ als auch das Zukuͤnffti= ge ſehe. Die Fluͤgel/ womit er verſehen iſt/ deuten an/ daß/ wann er bereits voruͤber/ ſeine anderweitige Widerkunfft ſo ſchnell/ als wie im Flug/ geſchehe. Sein Kleid iſt weiß; und durch das Zeichen deß Waſſermanns/ ſo er in der Hand traͤget/ werden Schnee und Kaͤlte/ welche in diſem Monat mehr/ dann in den an= deren ſich haͤuffig einſtellen/ beditten. Weilen auch die Sonne anjetzo anfahet/ ſchoͤne Tage zu machen/ ſo haben die Europaͤer den erſten [86] Tag diſes Monats/ zur Bezeugung ihrer Freundſchafft/ außerſehen.
2. Der Februarius.
Nun ſuchet jeder Luſt und Freud’/
Und will ſich munter finden laſſen/
Indem er dantzt und ſich verkleid’t:
Die Maſquen fuͤllen Hauß und Straffen.Der Februarius. Numa Pompilius hat diſem Monat den Nahmen Februarius darumb gegeben/ weilen darinnen zu ſeiner Zeit ein ſehr boͤſes Fieber graſsierte: In eben beſagtem Monat gehet die Sonne durch das himmliſche Zeichen deß Waſſermanns; dahe= ro er einen Fiſch/ als ein Waſſer=Thier/ in der Hand haͤlt/ und darmit auf das Gewaͤſſer und Regen/ womit die Felder uͤberſchwemmet wer= den/ abſiehet.
3. Der Mertz.
Anjetzo wird kein Fleiſch verzehrt;
Man iſſet eitel Faſten=Speiſen:
Dann/ uns der Leibs=Zucht zubefleiſſen/
Iſt unſer Tiſch mit Fiſch beſchwert.Der Mertz. Etliche der Alten fangen das Jahr mit dem Mertz=Monat an; und mahlet man denſelben als einen jungen Sol= daten in einem Kaͤſtenbraunen Kleid; welche Farb aus Roth und Schwartz beſtehet: das Schwartze bedeutet die Erde/ das Rothe aber [87] die Krafft der Sonnen/ ſo die Erde erwaͤrmet/ das Gepflantzte hervor ſproſſen machet/ und alle Dinge belebet. Er hat Fluͤgel an dem Rucken/ und haͤlt in der einen Hand das Zei= chen deß Widers/ in der andern aber eine Schaale mit fruͤhzeitigen Fruͤchten: Auf dem Haupt traͤgt er einen Helm/ und machet eine ernſtliche Mine; weilen er von dem Romulus ſeinem Vatter Marti, von dem er auch den Nahmen uͤberkommen/ gewidmet worden. Sonſten iſt diſes durch die gantze Chriſtenheit die Zeit/ worinn die Faſten gehalten wird.
4. Der Aprill.
Es heitert ſich der Himmel auf/
Und will die Zeit ſich auch erneuen:
Man ſieh’t/ wie ſich die Hunde freuen
Auf Wild und Wald in vollem Lauff.Der Aprill iſt vorgeſtellt als ein jun= ger Knab/ mit einem der Venus gewidmetem Myrꝛthen=Krantz: Er traͤgt ein gruͤnes Kleid/ und bildet darmit den Zuſtand der Erden ab; haͤlt auch mit der einen Hand das mit Blu= men umbgewundne Zeichen deß Stiers/ und mit der andern ein Trinck=Geſchirꝛ/ ſo mit ei= nem ſich zu diſer Jahrs=Zeit ſchickenden Li- quore oder Naß gefuͤllet iſt.
|| [88]
5. Der May.
Mit Blumen wird die Erd’ geſchmuͤckt/
Und Aug und Naß zugleich ergoͤtzet:
Weil auch der Thau die Felder naͤtzet/
Iſt alles/ was nur waͤchſt/ erquickt.Der May ſteht hier unter dem Bild ei= nes jungen Menſchen/ der in der einen Hand das Zeichen der Zwillinge haͤlt/ und dardurch anzeiget/ daß in diſem Monat die Sonnen= Hitze ſich verdopple; Er iſt auch mit Roſen umbgeben/ und traͤgt in der anderen Hand ei= nen gruͤnenden Zweig; am Leib aber ein gruͤ= nes mit Blumen uͤberſtreutes Kleid/ und auf dem Haupt einen Krantz.
6. Der Junius.
Jag’ denen Woͤlffen nach/ Phillis/ und laß’ die Heerde
Dort in den Thaͤleren auf ihrer Weyde geh’n:
Ein jeder guter Schuͤtz haͤlt es fuͤr ein Beſchwerde/
Wann er auf Laͤmmer ſoll’/ und nicht auf Wild anſteh’n.Der Junius. Die Alten ſeynd we= gen ſeiner Nahmens=Herleitung untereinan= der nicht einig: dann etliche ſagen/ er ſtamme von denen Lateinern her/ à Majoribus, das iſt/ von den Aelteſten; weilen Romulus das Roͤ= miſche Volck in zwey Zuͤnfften oder Claſſes, nemlich der alten und der jungen Leute einge= theilt/ und die erſte zum Rath geben/ die andere aber zum Exequiren oder vollziehen gebraucht [89] habe; woraus hernach die Nahmen May/ und Junius hergekommen ſeyen: Andere herge= gen geben vor/ der Nahme Junius nehme ſei= nen Urſprung von der Juno her/ weilen man an dem erſten Tag diſes Monats beſagter Goͤt= tin den Tempel eingeweihet habe. Diſen Monat Junium nun pflegt man mit Fluͤgeln zu mahlen/ und in Fahlgruͤn zu kleiden/ weilen umb diſe Zeit durch der Sonnen=Hitz das Ge= traͤyd gelb zu werden anfahet. Er traͤgt auf dem Haupt einen Krantz von Korn=Aehren/ und in der rechten Hand das Zeichen deß Kreb= ſes; dardurch zubemercken/ daß die Sonne/ wann ſie in diſes Zeichen tritt/ widerumb zu= ruck gehe.
7. Der Julius.
Man macht das Heu zuhauff/ ſo vil die Wieß’ ge= geben/
Und von der Erd’ die Senß’ getrennt:
Diß ſtellet uns vor unſer Leben;
Diß ſtellet uns vor unſer End.Der Julius hat diſen ſeinen Nahmen von dem Dictatore, Julio Cæſare, als welcher an dem zwoͤlfften Tag deſſelben gebohren wor= den/ uͤberkommen. In der einen Hand haͤlt er das Zeichen deß Loͤwen/ eines hitzigen und grauſamen Thiers; und zeiget darmit an/ daß die Sonne/ wann ſie durch ſolches Zeichen lauffet/ eine ungemeine Hitze verurſache; Er traͤgt ein gelbes Kleid/ und iſt mit reiffen Korn= [90] Aehren gekroͤnet; In der andern Hand aber haͤlt er eine mit Fruͤchten gefuͤllte Schaale.
8. Der Auguſtus.
Die Sichel ſchneidet zu; die Furchen ſteh’n entkleid’t;
Der Schnitter ſaumet nicht/ die Garben einzu= binden:
Der Ceres Reichthum/ das Getreyd/
Kan ſich dardurch geziert befinden.Der Auguſtus wurde vor Zeiten und damahls/ da man das Jahr mit dem Monat Martio angefangen/ Sextilis, von dem Roͤm. Rath aber Auguſtus darumb benennet/ weilen Kaͤyſer Auguſtus dreymahl zu Rom im Tri= umph eingezogen/ und Egypten der Roͤmi= ſchen Botmaͤſſigkeit unterworffen. Erdeuter Monat wird in Feuerfarb gekleidt; und traͤgt auf dem Haupt einen Krantz von Roſen/ Jaßminen und andern Blumen; in der einen Hand aber haͤlt er das Zeichen der Jung= frauen/ und deutet darmit an/ daß/ gleichwie eine Jungfrau unfruchtbar iſt/ alſo auch die Sonne in diſem Monat nichts hervor bringe/ ſondern nur das/ was die vorige Monate an= gefangen haben/ in die Vollkommenheit ſetze: In der andern Hand haͤlt er auch eine Schaa= le mit Fruͤchten.
|| [91]
9. Der September.
Wann man anfahet Trauben leſen/
Und es den Winzer Arbeit koſt;
So ziehlet er dahin mit allem diſem Weſen/
Daß er bereite ſuͤſſen Moſt.Der September/ worinn die Wein= leſe angehet/ wird jung/ mit froͤlichem Ange= ſicht/ und zum Zeichen ſeines Reichthums in Purpur gekleidet vorgeſtellt: Er hat auch Fluͤ= gel an dem Rucken/ und auf dem Haupt einen Krantz/ in der einen Hand aber eine Waage/ und in der andern ein Uberfluß=Horn/ ſo mit Trauben und andern wolſchmeckenden Fruͤch= ten angefuͤllt iſt. Er wird September dar= umb genennt/ weilen er der ſiebende Monat in dem jenigen Jahr/ das man mit dem Mar- tio angefangen/ geweſen. In diſem Monat ſeynd die Taͤg und Naͤchte einander gleich: welches durch die Waag angezeigt wird.
10. Der October.
In diſem Monat iſt die Iris viel bemuͤhet/
Daß ſie die Fruͤchten ſammle ein;
Und was ſie aus der Erde ziehet/
Ein wohlgeſchmacke Laſt der Tafel moͤge ſeyn.Der October ward vor Zeiten Domi- tianus geheiſſen; es hat aber der Roͤm. Rath vor gut befunden/ aus Haß gegen dem Prin= zen/ deſſen Nahmen er getragen/ ſothane Nen [92] nung zu aͤndern. Man mahlt ihn ſonſten als einen jungen Menſchen/ in einem Leibfarben Kleid/ und mit einem Krantz auf dem Haupt von Eichen=Laub: Er haͤlt ſonſten in der einen Hand das Zeichen deß Scorpions/ und in der andern einen mit Winter=Fruͤchten gefuͤllten Korb.
11. Der November.
So bald die Sonne hervor blickt/
Beſuchet man das Feld/ und ſtell’t den Voͤgel’n Netze/
Und muͤh’t ſich/ daß man ſich ergoͤtze.
Was Freude/ wann offt nur ein Sperling wird be= ſtrickt?Der November. Iſt ein junger Menſch in einem dunckel=gelben Kleid/ und mit einem Oelzweig=Krantz auf dem Haupt. In der einen Hand traͤgt er das himmliſche Zeichen deß Schuͤtzen; in der lincken aber ein Uberfluß=Horn/ mit Wurtzeln/ ſo in diſem Monat aus der Erde gezogen werden/ an= gefuͤllt.
12. Der December.
Wann Froſt und Kaͤlte faͤllet ein/
Bleibt Doris bey dem Feuer ſitzen;
Und pflegt/ ſo lang es Tag mag ſeyn/
Den Ofen und Camin zu hitzen.Der December wird mit einem ſcheuß= lichen Angeſicht vorgeſtellt. Er hat Fluͤgel an [93] dem Rucken/ und iſt in Schwartz gekleidt: In der einen Hand haͤlt er das Zeichen deß Stein= bocks; und in der andern Waſſer=Nuͤſſe/ als die eben umb diſe Zeit gut zu eſſen ſeyn.
13. Das Geruͤcht.
Kein Ort iſt/ da ich nicht mich Augenblicks hin= ſchwing’;
Umb/ was ich weiß/ bekannt zu machen:
Ja/ ich vergroͤſſer’ jedes Ding/
Es ſey’ falſch oder wahr/ gut oder boͤſe Sachen.Das Geruͤcht oder die Fama, pflegt man gemeiniglich mit groſſen Fluͤglen/ womit ſie ſich in die Lufft ſchwingt/ abzumahlen; ſie traͤgt im uͤbrigen einen ſehr zarten Rock an/ und haͤlt in einer jeden Hand eine Trompete/ mit denen ſie ohne Unterſchied blaſet: welches dann die Urſache iſt/ daß ſie die Lugen ſowohl/ als die Warheit ausbreitet. Sie ſitzt auch auf einer Wolcke/ zum Zeichen ihrer Unbe= ſtaͤndigkeit.
14. Der hohe Ruhm.
Es muß die groͤſte Helden=That ohn’ mich
Gleichwie ein leerer Rauch verſchwinden:
Nur das Geruͤcht kan Mittel finden/
Wodurch der Helden Ruhm ſteigt uͤberſich.Der hohe Ruhm wird auf einem al= ten Gedenck=Pfennig deß Kaͤyſers Trajani durch einen Mercurium vorgebildet/ welcher in [94] der Hand einen Herold=Stab/ und an denen Fuͤſſen Fluͤgel traͤget; darmit anzuzeigen/ daß es der alte Currier ſeye/ durch den Jupiter die gute Zeitungen ankuͤndigen und uͤberbringen laſſen. Das Pferd/ Sepaſus, ſo er mit der ei= nen Hand haͤlt/ bedeutet/ daß er mittelſt ſeiner Geſchwindigkeit die Merckwuͤrdige Thaten alsbalden in den weit entlegenen Laͤndern bekannt und ruchbar mache.
15. Das gute Geruͤcht.
Ein gut Geruͤchte kom ̅ t vom Himmel/ der es ſchenckt;
Es ſchlieſſt dem Neyd das Maul/ und ſtuͤrtzet ihn zur Erden:
Doch kan diß Kleinod nur dem werden/
Der auf ein frommes Leben denck’t.Das gute Geruͤcht ſtellen wir fuͤr unter dem Bild eines jungen und froͤlichen Weibsbildes/ ſo in der einen Hand eine Trom= pete (wodurch das Geruͤcht/ welches ſich al= lenthalben außbreitet/ angezeiget wird/) in der andern aber einen Oel Zweig/ als ein Merckmahl guter Begebenhei= ten/ traͤget.
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1. Der kuͤrtzeſte Tag.
Die Sonne ſteh’t; ſie will im Lauff ſich nicht mehr muͤhen;
Und ihres Liechtes Glantz uns/ wie es ſcheint/ ent= ziehen.Der kuͤrtzeſte Tag. Alle Scriben= ten ſtellen uns den kuͤrtzeſten Tag fuͤr als einen alten Mann/ welcher mit einem gefuͤtterten Rock bekleidet iſt; und in der einen Hand ei= ne nur zum vierten Theil beleuchtete Kugel haͤlt/ unter dem Arm aber eine Gaiß traͤget. Er hat 4. Fluͤgel/ zwey weiſe an dem rechten/ und zwey ſchwartze an dem lincken Fuß: Son= ſten ſihet man unten zu ſeinen Fuͤſſen einen blauen Craͤyß in Geſtalt einer Cron/ mit dem Zeichen deß Steinbocks/ und 12. Sternen.
2. Die Fruͤhlings Tag= und Nacht Gleichheit.
Das bunte Feld/ ſo voll von ſchoͤnen Blumen pranget/
Zeigt/ wie die beſte Bluͤht von unſer’n Jahren ſey’:
Der Fruͤhling iſt es/ der uns Freud und Leben langet.
Bedienet euch der Zeit; jetzt iſt die Liebe frey.Die Fruͤhlings Tag= und Nacht= Gleichheit wird uns fuͤrgeſtellt durch einen [96] jungen Menſchen/ der einen halb ſchwartzen/ und halb weiſen Rock antraͤget/ und mit einer blauen/ ungeknuͤpfften/ und mit kleinen Ster= nen uͤberſtreuten Guͤrtel umbguͤrtet iſt. Un= ter dem Arm traͤgt er einen Hammel/ und in der lincken Hand einen Blumen=Krantz; So hat er auch an den Fuͤſſen zwey kleine Fluͤgel/ deren der eine ſchwartz/ und der andere weiß.
3. Die Herbſts Tag= und Nacht Gleichheit.
Thut mir die Blumen weg! ich trage Kraͤntz’ von Fruͤchten;
Und diſe ſtreu’ ich haͤuffig aus.
Hieran erkennet man den Herbſt/ was er kan richten/
Und wie er fuͤllet Faß und Hauß.Die Herbſts Tag= und Nacht= Gleichheit bildet man billich ab durch einen Menſchen von Mannlichem Alter/ ſo ein weiß und ſchwartzes Kleid traͤget/ und ſich mit ei= nem blauen und Sternen=vollen Guͤrtel umb= guͤrtet; auch in der einen Hand das Zeichen der Waag/ in deren Schaalen zwey gleiche halb ſchwartz= und halb weiſe Kuglen liegen; in der andern aber zerſchiedene Fruͤchten haͤlt: an den Fuͤſſen iſt er gleichfalls mit Fluͤgeln verſehen.
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4. Die guldene Zeit.
O hoͤchſt=erwuͤnſchte Zeit! O Jahre/ die begluͤckt!
Man wuſt’ da nichts von Leid/ von keinen Kum= mer=Buͤrden.
Ach! daß ſie widerum der Himmel uns zuſchickt’/
Und alle ihre Luſt von neuem Mode wuͤrden.Die guldene Zeit. Diſe angenehme Zeit wird uns fuͤrgeſtellt durch eine ſchoͤne/ mit einem Blumen=Krantz gekroͤnte/ und ſchlecht= hin gekleidete Jungfrau/ welche in der einen Hand einen Immen Korb/ und in der ande= ren einen Oelzweig haͤlt.
5. Die ſilberne Zeit.
So bald deß Menſchen Sinn von Ehrgeitz aufgeweckt/
Und durch die Habeſucht ward erſtlich eingenom ̅ en;
Da ſah’ man Haͤnd und Hertz von Laſter=Wuſt befleckt;
Und iſt Unſchuld und Ruh’ gantz aus der Welt ge= kommen.Die ſilberne Zeit. Die Kleidung di= ſer auf die vorhergehende Jungfrau folgender Schoͤnheit beſtehet in einem Silber=Stuck/ und einem Kopff=Schmuck von Edelgeſteinen. Sie ſtuͤtzet ſich auf ein Pflug=Eiſen/ und traͤgt eine Garbe von gelben und zeitigen Aehren.
6. Die aͤherne Zeit.
Hier zeiget ſich der Kauff’ von eitel boͤſer Tag’/
Die auf die Menſchen nur mit groſſem Ungluͤck dringen.
GOtt gebe/ daß ihr End’ ſich bald annahen mag;
Und uns ein’ and’re Zeit koͤnn’ wider Freude bringen.
|| [98]
Die aͤherne Zeit ſtellet ſich uns vor Augen als ein Weib/ in
deren Angeſicht man eine tapffere Entſchlieſſung anmercket;
ſie iſt bewaffnet/ und traͤgt einen Helm mit einem
Loͤwen=Haupt; auf dem Leib aber ein geſtick= tes Kleid; und
haͤlt in der Hand eine Lantze.
7. Die eiſern Zeit.
Weil das erworb’ne Gut man nicht verlieren wollt’/
So hoͤrte man alsbald von Zancken/ Streitt und Wunden:
Dann da der Menſch/ was ergeraubt/ hergeben ſollt’/
Ward Degen und Proceß darwider außgefunden.Die eiſern Zeit. Diſes graͤßliche Weibsbild bedeutet uns die letzte Jammer= Zeit. Ihr Kleid iſt Eiſenfarb; auf ihrem Helm ſiehet man einen Wolffs=Kopff; und das bloſſe Schwerdt/ ſo ſie in der einen Hand/ und der Schild/ den ſie in der andern traͤgt/ gibt zuerkennen/ daß ſie nur an Krieg und Streit Belieben habe.
8. Das Geſicht.
Das Aug/ das Meiſterſtuck/ dem der Verſtand zu Fuͤſſen
Als uͤberwund’ner Sclave faͤllt/
Macht/ daß wir die Natur und Kunſt bewunder’n muͤſſen:
Doch wird ihm oͤffters auch ein ſchaͤdlich Gifft ge= ſtellt.
|| [99]
Das Geſicht wird uns unter dem Bild eines jungen Menſchen
vorgeſtellt/ wel= cher in der einen Hand einen Geyer/ und in der andern
einen Spiegel haͤlt; hinter ihme aber ſich ein Regenbogen erzeiget/ die
unter= ſchiedliche Farben/ ſo das Aug empfangt/ da= durch zu
bedeuten. Mit dem Geyer zihlet man auf die Schaͤrffe deß Geſichts; und
durch den Spiegel will man belehren/ daß alles/ was das Aug unſern Sinnen
mittheilet/ nur ein entlehntes Weſen ſeye.
9. Das Gehoͤr.
Die Muſic iſt ein ſuͤß Geſchencke/
Das uns der Himmel zugedacht.
Ein jeder nur an Freuden dencke/
Wann ſie die Sinnen munter macht.Das Gehoͤr. Iſt ein Weibsbild mit einem Reh: ſie haͤlt in der einen Hand eine Laute/ zum Zeichen/ daß man ein gutes Ohr haben muͤſſe/ wann man von der Suͤſſigkeit der Muſic urtheilen wolle; in der andern aber ein Ochſen=Ohr: dann diſes Thier hoͤrt am geſchwindeſten das Blecken der Kuh. Das Reh hergegen iſt ein Merckmahl der Forcht/ und mit einem ſo ſubtilen Gehoͤr begabt/ daß/ wann ſich das kleineſte Blat beweget/ es als= balden davon fliehet.
|| [100]
10. Der Geruch.
Der Farben ſchoͤner Unterſcheid
Macht/ daß die Blum den Pracht deß Frauenzimmers mehret:
Doch gibt ſie auch/ Trotz allem Neid!
Das beſte Rauchwerck/ ſo uns die Natur gewehret.Der Geruch. Iſt ein junger Knab/ der in der einen Hand ein Geſchirꝛ/ und in der andern einen Blumen=Strauß haͤlt: Zu ſei= nen Fuͤſſen hat er einen Hund liegen/ und ſein Kleid iſt mit allerhand Blumen uͤberſtreuet; woruͤber man keiner Außlegung vonnoͤthen hat. Der Blumen=Strauß aber bedeutet den natuͤrlichen/ und das Geſchirꝛ den durch Kunſt zugerichten Geruch.
11. Der Geſchmack.
Wiltu geſund und froͤlich leben/
So lade gute Freunde ein;
Laß dir geſchmacke Speiſe geben/
Und trincke friſchen Neckar=Wein.Der Geſchmack wird uns von denen Alten durch ein Weibsbild vorgeſtellt/ die ei= nen Pferſich und einen mit Fruͤchten gefuͤllten Korb traͤget; Die neuere Scribenten aber geben ihr allerley Trauben in die Hand: wie= wohl der Pferſich gantz beſondere Eigenſchaff= ten hat.
|| [101]
12. Das Fuͤhlen.
Man ſchwoͤret offt/ die Treu’ biß in den Tod zu halten;
Und wird der Schwur doch ſchlecht geacht.
Allein/ die Liebe ſoll’ bey keinem nicht erkalten/
Wann der Handſtreich einmahl vollbracht.Das Fuͤhlen. Iſt ein Weibsbild/ die einen Arm entbloͤſt/ und in der Hand einen ſeine Fluͤgel außbreitenden Falcken traͤget; zu ihren Fuͤſſen aber zeiget ſich eine Schildkrott: welche drey Stuͤcke gemeiniglich als Sinn= Bilder deß Gefuͤhls angenommen werden.
13. Der Zornige.
Ein zorniges Geſicht/ ſo aus dem Hochmuth quillet/
Wann es ſich einmahl hat erregt/
Wird ſchwerlich widerumb gelegt/
Noch deſſen Hefftigkeit geſtillet.Der Zornige. Wann man die Poſitur diſes Menſchen/ item Seinen grim ̅ igen Blick/ den nacketen Leib/ die gelbe Haut/ den Degen in ſeiner Hand/ den Schild mit einer Flamme in der Mitte/ und den bey ihm ſtehenden er= zuͤrneten Loͤwen betrachten will; ſo iſt es nicht noͤthig zu melden/ daß diſes lauter Sinnbil= der deß Zorns ſeyen.
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14. Der Blutreiche.
Das Angeſicht/ das froͤlich blickt/
Zeigt an/ wie der Humor geartet.
Ein junger Menſch/ ſo lacht/ trinckt/ ſinget/ ſpielt und kartet.
Iſt zu dem Krieg/ zum Trunck/ und zu der Lieb’ ge= ſchickt.Der Blutreiche. Sein Sinnbild iſt ein junger/ ſtarcker/ beſetzter Menſch/ von lu= ſtigem Humor; welches an der Lauten/ wor= auf er ſpielet/ abzunehmen: Der Hammel/ welcher zu ſeinen Fuͤſſen Trauben friſſet/ zei= get an/ daß er ſowohl dem Trunck/ als auch der Liebe ergeben ſeye.
15. Der Melancholiſche.
Laſt uns die Sinnen ab=von Ehr und Wuͤrden lencken:
Man liebe die Geſchicht/ und der Poeten Geiſt:
Man ſuche Feld und Wald/ und flieh’/ was Hof= ſtatt heißt.
Nur laſt uns einſam ſeyn/ und an den Him ̅ el dencken.Der Melancholiſche hat eine ſchwartz= braune Farb/ haͤlt in der einen Hand ein offe= nes Buch/ als ob er darinnen ſtudieren wolte/ und in der andern einen zugeknuͤpfften Beu= tel; auf ſeinem Kopff aber ſitzet ein einſamer Sperling; und das Band/ womit ihme der Mund zugebunden iſt/ bemercket/ daß ein Me= lancholiſcher nicht vil rede/ ſondern nur die Buͤcher und die Einſamkeit/ wie diſer einſame [ID00138] [ID00139] [103] Sperling/ zu lieben pflege: Er tritt auch mit den Fuͤſſen auf eine viereckichte Platte oder Stein.
1. Die Muͤdigkeit.
Der duͤrre Leib/ das Kleid/ und andere Geberden/
Die zeigen ſattſam/ wer ich ſey’.
Ich treibe/ lauff’/ arbeit’/ und mach’ mir viel Be= ſchwerden;
Und doch iſts offt nur leer Geſchrey.Die Muͤdigkeit. Iſt ein ſehr duͤrres/ leicht gekleidetes/ und am Halß entbloͤſtes Weibsbild/ ſo ſich mit der einen Hand auf ei= nen Stecken lehnet/ in der andern aber einen Wendelin haͤlt/ wormit ſie ſich einen Wind zu machen ſcheinet.
2. Die Freyheit.
Die groͤſte Guͤter diſer Welt/
Auf die der Menſch das meiſte haͤlt/
Seind wohl fuͤr lauter Nichts zu achten:
Die Freyheit iſts allein/ nach der man ſolle trachten.Die Freyheit wird uns unter dem Bild eines Weibs vorgeſtellt/ ſo in Weiß ge= kleidet iſt/ und einen Scepter in der Hand traͤ= get/ womit man auf das Reich der Freyheit deuten will. Die Kappe/ die ſie in der Hand [104] haͤlt/ und die Katz/ ſo bey ihr zu ſehen/ ſeynd ebenfalls ſich auf ſie ſchickende Sinnbilder.
3. Die Freygebigkeit.
Ein jeder will nach Reichthum eilen;
Doch diſes nur allein fuͤr ſich.
Ich tracht’ zwar auch darnach/ doch keines weg’s fuͤr mich:
Mich freuet nur ein Gut/ wann ich es kan außtheilen.Die Freygebigkeit bilden wir ab durch ein Weib/ welche ein wenig tieffe Augen/ eine breite Stirn/ und eine Habicht=Naſe hat. Ihre Kleidung iſt weiß; auf ihrem Haupt ſi= zet ein Adler; und ſie haͤlt in der einen Hand einen Circkel ſambt einem umbgekehrten U= berfluß=Horn/ aus dem zerſchiedene Jube= len herab fallen; und in der andern noch ein Horn/ ſo aber mit Fruͤchten und Blumen an= gefuͤllt iſt.
4. Der freye Will.
Wer iſt/ der nicht nach Titel ſtrebet/
Die doch nichts ſeynd/ als leerer Wind?
Die Titel/ ſo ich hoch zu ſchaͤtzen pflege/ ſind/
Wann man gantz loß und frey nach eig’nem Willen lebet.Den freyen Willen mahlet man als einen jungen Menſchen in Koͤniglichen Klei= dern von zerſchiedenen Farben/ welcher auf dem Haupt eine guͤldne Cron/ und in der [105] Hand einen Scepter/ auf dem der Buchſtabe Y ſtehet/ traͤget.
5. Die Schluß=Kunſt.
Gelehrtheit iſt ohn’ mich ein pures Lufft=Geſchrey:
Auf tauſend Fragen kan ich ſtracks die Antwort finde ̅ .
Ich thue dar/ daß Schwartz Weiß ſey’:
Und kan man nur allein mich durch mich ſelbſten binde ̅ .Die Schluß=Kunſt ſtellet ſich uns vor als ein junges Weib/ welche ihre Haare fliegen laſſet; zu zeigen/ daß ſie nicht vil auf ſich ſelbſten achte/ und nur den Wiſſenſchaff= ten obliege. Sie haͤlt in der einen Hand ei= nen Blumen=Strauß/ mit den Worten oben daruͤber: Verum & Falſum, das Wahre und Falſche; in der anderen aber eine Schlange/ welche bedeutet/ daß durch die Klugheit und Wiſſenſchafft die Warheit entdeckt/ und die Lugen gedaͤmpfft und unterdruckt wird.
6. Das Lob.
Die Zeit iſt ſo verderbt/ daß alle mich begehren:
Die Schmeicheley herꝛſcht in’sgemein;
Und kan demnach nichts rarers ſeyn/
Als ein warhafftes Lob zu hoͤren.Das Lob wird vorgeſtellt durch ein ſchoͤnes Weibsbild/ ſo mit einem weiſſen arti= gen Rock gekleidet iſt/ und an dem Halß ein Kleinod von leuchtendem gruͤnem Jaſpis/ auf dem Kopff aber einen Roſenkrantz/ und in der [106] einen Hand eine Trompete haͤlt/ wormit ſie blaſet; hergegen mit der andern Hand/ die ſie außſtrecket/ gibt ſie ein Zeichen/ und weiſet inſonderheit auf eine gewiße Perſon; wormit beditten wird/ daß man gemeiniglich die Schoͤnheit zu loben pflege. Durch das weiſ= ſe Kleid wird die Reinigkeit/ ingleichem auch durch den am Halß tragenden Stein; und durch die Trompete die Vortrefflichkeit an= gezeigt.
7. Der Fruͤhling.
Ich bin die ſchoͤn’ſte Zeit/ ſo Luſt und Freud gebiehret:
Dann wann ich meinen Schmuck außbreit’/
Wird die Natur mit Glantz gezieret/
Und pranget mit Annehmlichkeit.Der Fruͤhling/ als die ſchoͤnſte Zeit deß Jahrs/ wird durch ein ſchoͤnes junges Weibsbild vorgeſtellt/ welche/ an ſtatt der Cron/ einen Blumen=Krantz auf dem Haupt/ und zwey Buͤſchel von zerſchiedenen Blumen in den Haͤnden traͤget; mithin dardurch auf die Erneuerung aller Pflantzen und Gewaͤch= ſen deutet.
8. Der Sommer.
Moͤcht nur der Sonnen=Hitz umb etwas minder brennen/
Und bließ’ die heiſſe Lufft nicht ſo vil Feuer her/
So wuͤrd’ der Schnitter=Hauff bekennen/
Daß diſe Jahres=Zeit recht unvergleichlich waͤr’.
|| [107]
Der Sommer kan nicht beſſer ab= gemahlt werden als unter dem Bild
einer Jungfrauen/ die einen Krantz von Korn=Aeh= ren auf dem Haupt/ und ein gelbes
die Ern= de vorſtellendes Kleid antraͤget: So haͤlt ſie
auch/ auſſer dem daß ſie jung iſt/ eine ange=
zuͤndte Fackel in der Hand/ und ziehlet darmit auf die Staͤrcke der
Sonnen und die Voll= kommenheit deß Jahrs.
9. Der Herbſt.
Deß Fruͤhlings Schoͤnheit kan nicht meinem Reich= thum gleichen:
Er gibt zwar einen Blumen=Strauß;
Ich aber theile Fruͤchten aus/
Und muß die Schoͤnheit auch allzeit dem Nutzen weichen.Der Herbſt zeigt ſich hier in Geſtalt ei= nes Weibsbilds/ welche durch ihren Leibs= Wohlſtand und praͤchtige Kleidung zuerken= nen giebet/ daß diß die reicheſte Jahrs=Zeit ſeye. Sie traͤgt aufm Haupt einen Krantz von Weinreben=Blaͤtter/ und haͤlt in der ei= nen Hand einen groſſen Trauben/ in der an= deren aber ein mit Fruͤchten gefuͤlltes Uber= fluß=Horn.
|| [108]
10. Der Winter.
Jetzt finden ſich der Schnee/ Kaͤlt/ Eyß und Man= gel ein:
Es mag die Jahrs=Zeit nicht and’re Fruͤchte tragen.
Doch wann man bey dem Feur/ und wohlgekleidt kan ſeyn/
So darff man auch nach Froſt/ und Winden nicht vil fragen.Der Winter iſt zwar auch ſchon ander= werts vorgeſtellt; ich will aber hier nur diſes ſagen/ daß diſe kalte Zeit von fuͤrnehmen Per= ſonen gantz bequem und ohne Beſchwerde zu= gebracht werde: derohalben ſiehet man hier ein Weibsbild ſtehen/ ſo nechſt dem Feur von einer Paſtete iſſet.
11. Der Oſtwind.
Ich komm’ von denen Orten her/
Wo taͤglich wird die Sonn’ gebohren:
Weil ich das Feld mit Blumen mehr’/
Hat Flora mich zum Freund erkohren.Der Oſtwind wird als ein junger Mohr abgebildet/ weilen die Mohren nechſt gegen Aufgang der Sonnen wohnen. Er hat Fluͤgel an Haͤnden und Fuͤſſen/ zum Zeichen ſeiner Leichtigkeit: hinter ihme aber gehet die Sonne auf/ und deutet auf Regen. Son= ſten lauffet er auf Wolcken/ und ſtreuet allent= halben/ wo er hinkommt/ mit den Haͤnden Blumen aus.
|| [109]
12. Der Weſtwind.
Ob ſchon mein Urſprung da entſteh’t/
Wo Phoͤbus alle Nacht zur Ruhe untergeh’t;
Beleb’ ich doch die Blum/ den Sinnen Luſt zu bringen;
Und ohn’ mich koͤnt’ der Schwan auch keine Lieder ſingen.Den Oſtwind mahlet man/ wie den vorgehenden/ mit Fluͤglen an Haͤnd und Fuͤſ= ſen/ und will darmit ſeine Geſchwindigkeit anmercken. So haͤlt man auch darfuͤr/ er ma= che durch ſein kraͤfftiges Hauchen die Blumen hervor wachſen/ und verurſache/ daß die Schwanen lieblicher ſingen.
13. Der Sudwind.
Ich wuͤrd’ beſchwerlich ſeyn/ wann ich wolt’ immer wehen:
Doch iſt der Arbeits=Mann auch wohl mit mir vergnuͤgt/
Wann er das duͤrre Land/ ſo an der Sonne liegt/
Von Regen kan benetzt/ und angefeuchtet ſehen.Der Sudwind wird gemeiniglich als ein ſtarcker Menſch vorgeſtellt/ welcher in der Hand einen Gießkrug haͤlt/ und darmit ſeine Neigung zum Regen anzeiget: Er hat auch aufgeblaſene Backen/ ſeine Staͤrcke und Ge= walt zuerweiſen; und an dem Rucken iſt er mit Fluͤgeln verſehen.
|| [110]
14. Der Nordwind.
Ich bin ein’ dicke Lufft/ von Eiß und Schnee erziehl’t:
Wer ſeine Naſe nicht bald in den Mantel ſtecket/
Dem wird ſie durch die Kaͤlt’ erſchrecket;
Wann ſie gantz unverwahrt die rauhe Winde fuͤhl’t.Den Nordwind bildet man ab durch einen bejahrten Mann/ ſo auf duncklen Wol= cken und Reiffen lieget; zum Merckmahl/ daß diſer Wind gemeiniglich kalt und trucken zu ſeyn pfleget: doch wann er ſeinen Lauff durch den duͤrren Erdſtrich nimmet/ iſt er etwas ge= linders/ bedecket die Lufft mit Wolcken/ und verkehrt ſich in Regen.
15. Der Laͤngſte Tag.
So bald ich zu der Ziel=Stett komm’/
Wohin ich pfleg’ in Eil zu gehen/
Strack wend’ und kehr’ ich wider umb.
Die Sonne kan nicht ſtille ſtehen.Den Laͤngſten Tag kan man nicht beſſer vorſtellen/ als durch einen Menſchen/ der in ſeinen beſten Jahren ſtehet/ und nur al= lein mit einer Purpurfarben Binde bedecket iſt: wormit/ wie auch mit ſeiner Bloͤſſe auf die uͤbermaͤſſige Hitze gedeutet wird. Er iſt eben begriffen/ ſeinen Weg widerumb zuruck zu nehmen/ weilen die Sonn ſich nirgend auf= haͤlt/ ſondern ſobald ſie den Æquinoctial- Craͤyß beruͤhret/ wider umbkehret. Auf dem [ID00148] [ID00149] [111] Haupt traͤgt er einen blauen Craͤyß mit neun Sternen/ ſo insgemein der Tropicus Cancri genennt wird: Sonſten haͤlt er auch in der ei= nen Hand eine von unten her verdunckelte Kugel/ in der anderen aber einen Krebs; und iſt an den Fuͤſſen mit vier Fluͤglen/ zwey weiſ= ſen und zwey ſchwartzen/ verſehen.
1. Die Sanfftmuth.
Wiltu/ daß man ſich zu dir neig’/
Und du den Leuten magſt gefallen/
Auch daß man uͤberall dir groſſe Ehr’ erzeig’/
So ſey ſanfftmuͤthig gegen allen.Die Sanfftmuth bildet man vor als ein Weib von zimlichem Alter/ ſo ihre Ge= muͤths=Regungen wohl im Zaum halten koͤn= nen. Sie legt die eine Hand auf einen Ele= phanten; und traͤgt auch einen Krantz von Oel=Blaͤttern; beedes iſt ein Sinnbild der Maͤſſigkeit.
2. Der Heyrath.
Wann du wilt in der Eh’ vergnuͤgt und ruhig leben/
So ſih’ auf Tugenden/ und nicht auf Reichthum her.
Die Frage: was hat ſie? was er?
Kan niemahls rechte Lieb’/ noch Liebs=Ergoͤtzen geben.
|| [112]
Der Heyrath wird vorgeſtellt durch eine koſtbar gekleidte
Weibs=Perſon/ ſo ein Joch am Halß traͤget; zum Zeichen/ daß ein
Mann ſich eine groſſe Laſt auflege/ wann er ſich
dem ſeltzamen Humor eines Weibs unter= wirfft: wie ſie dann auch
Springer oder Feſ= ſel/ als Merckzeichen der Sclaverey/ an den
Fuͤſſen traͤget. Sonſten aber tritt ſie auf
ei= ne Viper/ und deutet darmit an/ daß man die unſinnige
Wolluͤſte diſes Thiers/ von wel= chem die Schlange in der
Vermiſchung er= toͤdtet wird/ meiden und fliehen
muͤſſe.
3. Die Mathematic.
Man findet meines gleichen nicht;
Was ich beweiß/ dem kan kein Menſch nicht wider= ſtreben:
Dann mein Beweiß hat ſolch’ Gewicht/
Daß man eh’ zweiff’len ſolt’/ ob 2. mahl 2. Vier geben?Die Mathematic. Ein Weib in einem durchſichtigen Rock/ welcher anzeiget/ daß ihre Beweißthume ſo klar ſeyen/ daß man ihnen nicht widerſprechen koͤnne. Sie traͤgt Fluͤgel auf dem Haupt/ und bemercket darmit/ daß ihr Geiſt nur nach himmliſchen Dingen ſich ſchwinge. Der Circkel/ mit welchem ſie zerſchiedene Figuren vorreiſet/ deutet an/ daß ſie nichts unbedachtſam thue. Durch die Er= den=Kugel aber/ ſo ſie in der Hand haͤlt/ und [113] die in gewiſe Craͤyſe eingetheilt iſt/ will man belehren/ daß alle dabey vorkommende Abmeſ= ſungen alleinig auf Mathematiſchen Regeln/ als ihrem Fundament/ beruhen.
4. Die Betrachtung.
Wer diſes/ was er lißt/ ſucht nutzlich anzulegen/
Der muß es offt bey ſich erwegen:
Wer ſchon vil lißt/ und nichts betracht/
Wird bloͤd und grau dardurch gemacht.Die Betrachtung. Ein Weib von reiffem Alter/ und eines erbarn Anſehens: ſo zwey Stuͤcke ſeynd/ die zu ihrer Profeſſion er= fordert werden. Sie ſitzet/ und haͤlt/ unter nachſinnenden Gedancken/ ein Buch in der Hand; dardurch anzuzeigen/ daß ſie das jeni= ge/ was ſie geleſen/ wohl erwoͤge/ und das Nutz= lichſte von dem anderen unterſcheide.
5. Die Artzney=Kunſt.
Ich weiß nicht/ wo es her mag ruͤhren/
Das mich ſo Groß als Klein zu ſeinem Schertz auf= ſtellt;
Doch ſehet auch dabey die Narrethey der Welt:
Kaum darff ein kleiner Wind im Bauch ſich laſſen ſpuͤren/
So ſucht man meine Saͤfft umb Geld.Die Artzney=Kunſt wird durch ein betagtes Weibsbild vorgeſtellt/ und darmit villeicht auf das Sprichwort abgeſehen: Ein [114] alter Artzt/ und junger Apothecker. Ihre Wiſſenſchafft ſolle darinn beſtehen/ daß ſie die Kranckheiten erkenne/ und Heil=Mittel darfuͤr verſchreibe. Sie traͤgt einen Lorbeer= Krantz/ weilen der Lorbeer=Baum zu zerſchie= denen Kranckheiten dienlich iſt: Sie haͤlt auch in der einen Hand einen Hahnen/ und in der andern einen knottichten mit einer Schlange umbwundnen Stab; anzuzeigen/ daß man in diſer Kunſt groſſe Wachtſamkeit anwenden muͤſſe.
6. Die Gedaͤchtnus.
Es wird deß Boͤſen ſtets gedacht;
Undanckbarkeit herꝛſcht aller Enden.
Der Schimpff wird auf Metall gebracht;
Die Gutthat aber muß verſchwinden.Der Gedaͤchtnus werden hier zwey Angeſichter angemahlt/ weilen ſie eine beſon= dere Gab der Natur iſt. Sie traͤgt einen ſchwartzen Rock: dann diſe Farbe dauret; Und haͤlt in der einen Hand ein Buch/ in der andern aber eine Feder; wormit ſie andeutet/ daß die Gedaͤchtnus durch die Schrifft/ und das Leſen zur Vollkommenheit gelange.
|| [115]
7. Das Andencken der empfang= nen Gutthaten.
Seh’t/ was ein groß Gemuͤth nicht kan?
Es iſt von Danckbarkeit allzeit durchaus beſeſſen;
Und wuͤrd’ eh’ ſelbſten ſich vergeſſen/
Als das/ was man ihm Guts gethan.Das Andencken der empfangnen Gutthaten. Iſt eine ſchoͤne annembliche Jungfrau/ ſo einen Krantz von Wacholder auf dem Haupt traͤget; welcher Strauch nie= mahlen von Alter verfaulet/ auch ſeine Blaͤt= ter niemahlen abfallen/ und das aus ſeinen Beern gebraͤute Waſſer das Gedaͤchtnus ſtaͤr= cket. Zu ihren Seiten ſiehet man einen Loͤwen und einen Adler; ſolche Thiere/ die der Un= danckbarkeit feind ſeyn. Der Nagel/ den ſie in der Hand haͤlt/ ziehlet dahin/ daß ein wohl= geartetes Gemuͤth die empfangene Gutthaten ſo tieff in das Gedaͤchtnus einpraͤge/ als tieff man einen groſſen Nagel in ein Holtz einſchla= gen koͤnne.
8. Der Verdienſt.
Jetzund iſt alles gantz verkehrt;
Die Tugend wird nicht mehr geehrt:
Dem/ den ſonſt die Verdienſt’ erheben/
Wird nicht der klein’ſte Dienſt gegeben.Der Verdienſt wird vorgebildet durch einen koſtbar gekleidten Mann/ welcher auf der [116] Spitze eines Felſen ſtehet/ und einen Krantz von Lorbeer auf dem Haupt traͤget. Einer von ſeinen Armen iſt bewaffnet/ der andere aber entbloͤſt/ in welchem er auch ein Buch und einen Scepter haͤlt.
9. Die Maaß.
Ein Werck/ ſo ſich ohn’ Maaß/ und ohn’ Gewicht laſt ſehen/
Mag ſchwerlich in die Laͤng’ beſtehen.Die Maaß. Diſes ſcharffſinnige Weibsbild iſt beedes/ wegen ihrer erbarn Klei= dung/ und dann ihres wackern Anſehens hal= ber/ wohl zubetrachten. Sie haͤlt in der einen Hand ein Gemaͤß eines Roͤmiſchen Schuchs/ und in der andern ein Winckelmaß und einen Circkel: Zu ihren Fuͤſſen aber ſiehet man ei= nen Geometriſchen Quadranten/ und zu der Seite ihres Rocks ein Richtſcheid ſambt dem Senckbley.
10. Die Metaphyſic.
Ich halte mich mit dem/ was Zeitlich iſt/ nicht auf;
Woran ſich ſonſt ergoͤtzt der Leute blinder Hauff.
Diß’ alles wird von mir als Lumperey verachtet:
Ein Weſen iſt’s/ darnach ich lauff’/
Und nur ein himmliſch Gut/ ſo mein Gemuͤth be= trachtet.Die Metaphyſic. Iſt ein Weibs= Bild mit verbundnen Augen; dardurch anzu [117] zeigen/ daß ſie die jenige Dinge/ welche die Leute zur Eitelkeit der Welt verleiten/ deß Anſchauens nicht wuͤrdig achte. Durch die Cron und den Scepter wird angedeutet/ daß ſie die Koͤnigin ſeye der jenigen Wiſſenſchaff= ten/ ſo durch das Liecht der Natur erworben werden: durch die Uhr und Kugel aber/ ſo zu ihren Fuͤſſen liegen/ bemercket man/ daß ſie al= les das verachte/ was der Aenderung ſich un= terwerffen muß.
11. Die Barmhertzigkeit.
Zum Zeichen meiner Guͤt’ ſteh’n meine Arme offen;
Wann ich Elende ſeh’/ muß ich mitleidig ſeyn:
Ein jeder hat bey mir ohn’ Außnahm was zu hoffen/
Er ſeye gleich groß oder klein.Die Barmhertzigkeit mahlen wir als ein Weibsbild ab/ ſo eine uͤber die maſſen weiſſe Haut/ und ein wenig eine Habicht=Na= ſe hat: welches Kennzeichen ſeynd der Barm= hertzigkeit. Sonſten traͤgt ſie auf dem Haupt einen Krantz von Oel=Zweigen/ und breitet auch ihre Arme aus/ als ob ſie dieſelbe denen Elenden und Beduͤrfftigen darreichen wolte. In der rechten Hand haͤlt ſie einen Cedern= Zweig/ und zu ihren Fuͤſſen ſitzet eine Kraͤhe: Beede ſeynd Sinnbilder deß Mitleidens.
|| [118]
12. Die Beſcheidenheit.
Es will der Zeit mich niemand kennen;
Bey Mann=und Frauen=Volck ſcheut man/ mich nur zu nennen:
Die Eine ſehen mehr auf Ehr;
Die and’re ſchaͤmen ſich vilmehr.Die Beſcheidenheit. Iſt eine Jung= frau in Weiß gekleidt/ zum Zeichen der Un= ſchuld. Sie hat das Haupt mit einer ſchlech= ten Haube bedeckt/ und umb den Leib eine gul= dene Guͤrtel; wormit ſie andeutet/ daß ſie alle unordentliche Regungen gefeſſelt habe. Sie ſchlaͤgt die Augen unterſich/ und haͤlt in der rechten Hand einen Scepter/ auf deſſen Spi= tze ein Aug zu ſehen.
13. Der Todt.
Nichts lebt/ woruͤber nicht der Todt die Senſe recke:
Der Schluß bleibt unverletzt/
Daß ſeine Grimmigkeit auf alle ſich erſtrecke;
Er iſt in Stahl geaͤtzt.Der Todt. Weil er auf zerſchiedene Weiß ſich ergibt/ wird auch auf unterſchiede= ne Art und Manieren vorgeſtellt. Hier bil= den wir ihn ab als ein Geripp/ ſo mit einem koſtbarn Mantel von Brocard bedeckt iſt/ wei= len er nemlich mit eben der Hand/ womit er die Groſſe und Gewaltige ihrer Guͤter beraubet/ auch bey den Armen ein End an ihrem Elend [119] machet. Er verſtellet ſich darumb mit einer Larve/ weil er nicht allen mit einerley Geſicht erſcheinet.
14. Die Muſic.
Ich kan die Traurigkeit verjagen/
Und ſtill’ die Schmertzen auch/ ſo groß ſie moͤgen ſeyn;
Drumb darff man von der Muſic ſagen:
Sie wuͤrcke eben/ wie der Wein.Die Muſic. Diſe Figur hat keine Auß= legung vonnoͤthen: Es iſt ein Weibsbild/ ſo in ein offenes in der Hand habendes Buch ſtarꝛ hinein ſiehet/ und eine Feder/ umb ihre Tabalatur zu corrigiren/ in der andern Hand haͤlt: wie dann zu dem Ende eine Laute/ eine Geige/ und eine Floͤte zu ihren Fuͤſſen liegen/ damit ſie ſelbige nach ihrer Stimme richte und vergleiche.
15. Die Melpomene.
Ein Koͤniglicher Schmuck ruh’t in der einen Hand;
Die and’re waffnet ſich mit einem bloſſen Degen.
Was zeigt diß an? Ich mach’ der Helden Fall bekan ̅ t/
Wan ̅ ſich mein Geiſt muß da mit Trauer=Lieder rege ̅ .Die Melpomene. Diſe neunte Muſe iſt eines gravitaͤtiſchen Anſehens/ weil es die Materi der Traur=Geſpielen alſo erfordert. Sie gehet koſtbar gekleidet/ und haͤlt in der ei= nen Hand Cron und Scepter beyſammen/ in der andern aber/ nach einiger Meinung/ einen [120] Dolchen. Sie iſts eben auch/ welche die Traur= Spiele und die Muſic erfunden hat.
1. Die Natur.
Ein jedes Weſen iſt mit ſeiner Form verſehen;
Die gleichet einem Kleid/ ſo man ſtets anders macht.
Bleibt die Materi ſchon beſtehen;
Vergeh’t doch die Geſtalt/ wann ſie den Lauff voll= bracht.Die Natur wird vorgeſtellt als ein na= ckentes Weib: dann/ nachdem Ariſtoteles das Uhr=Weſen in das Leidende/ und das Wuͤr= ckende eingetheilt/ und das eine Form/ das andere aber Materi genennt; ſo wird dahero das Wuͤrckende durch diſes Weibs Bruͤſte/ ſo voll Milch ſeyn/ woraus die Materi geſtaltet wird; das Leidende hergegen durch den Geyer/ den ſie auf der Hand traͤgt/ und ſo ein ſehr ge= fraͤſſiger Vogel iſt/ angezeigt: indeme man fuͤr eine Gewißheit angenommen/ daß/ mittelſt der Materi, die ſich erregt und aͤnderet/ nach und nach alle verweßliche Dinge zu Grund gerichtet werden.
2. Die Noth.
Mich bindet kein Geſetz noch Ort:
Ich ſelbſt bin ein Geſetz/ dem alle untergeben.
Wer unter meinem Joch muß leben/
Den reiß’/ und ſchlepp’ ich mit mir fort.
|| [ID00160]
|| [ID00161]
|| [121]
Die Noth hat kein Geſetz; ſie darff ſich nach keinem guten
Rath umbſehen; man muß nur hindurch: Und diß iſt ihr wahres Conter-
feit: nemlich ein mageres Weib/ ſo in der ei= nen Hand einen Hammer/ und in
der andern etliche Naͤgel haͤlt/ darmit anzeigende/ daß/ wann der
Nagel einmahl eingeſchlagen/ her= nach keine Huͤlffe mehr vorhanden
ſeye. Es iſt aber die Noth auch unterſchiedlich; und ſagt
man zum Exempel im Sprichwort: Noth bricht Eiſen. Sonſten ziehet man
gleichfalls das Wort/ Noth/ auf die Armuth und Duͤrff= tigkeit/ wodurch das
Gemuͤth gepeinigt/ und offt die zergangene Kuͤnſten widerumb
hervor gebracht werden.
3. Der Adel.
Der Adel iſt ein Gut von uͤbergroſſem Werth:
Doch kommt er nicht von Blut/ noch Ahnen.
Du muſt nur/ wann du wilt als Edel ſeyn geehrt/
Den Weg darzu dir ſelbſten bahnen.Der Adel wird auf zerſchiedene Weiß vorgeſtellt: dann einige geben ihm das Bild der Minerven in die eine/ und eine Lantze in die andere Hand/ kleiden ihn in einen langen Rock/ und legen ihm zwey Cronen zu den Fuͤſ= ſen. Andere aber mahlen ihn mit einem Stern auf dem Haupt/ und einem Scepter in der Hand/ und wollen darmit belehren/ daß der [122] warhaffte Adel von der Tugend einer hohen Tapfferkeit herſtamme.
4. Die Nachlaͤſſigkeit.
Wie bin ich aller Muͤh’ ſo ſpinnen=feind!
Wie ſchmertzt es mich/ daß ich muß meinen Platz ver= laſſen!
Mich freut/ wiewohlen es faſt anders ſcheint/
Wann ich das Haupt kan zwiſchen Haͤnden faſſen.Die Nachlaͤſſigkeit. Ein Weib mit außgeflochtnen Haaren/ ſo uͤbel gekleidet iſt/ auf der Erden lieget/ und ſchlaffet/ mithin ſich auf einen Arm ſteuret/ und eine umbgekehrte Sand=Uhr in der Hand haͤlt; anzuzeigen/ daß die verlohrne Zeit nicht widerumb koͤnne zu= ruck gebracht werden. Sonſten iſt auch aus ihrem uͤbrigen Aufzug ihre Traͤg=und Faul= heit abzuſehen; deßwegen ſie von Jederman verachtet wird.
5. Der Gehorſam.
Wer GOtt Gehorſam leiſt/ regiert:
An ſeine Allmacht hab ich mich ergeben.
Sein Will mich allzeit leit und fuͤhrt;
Und ich folg’ ſtracks ohn’ alles Widerſtreben.Der Gehorſam. Diſe Jungfrau in einem Nonnen=Habit mit einem zuͤchtigen Angeſicht/ ſo in der einen Hand ein Crucifix/ und in der andern ein Joch haͤlt/ nebſt dem Beywort: Suave, angenehm; Iſt ein war [123] hafftes Muſter der jenigen Tugend/ ſo nichts Widerſpaͤnſtiges an ſich hat/ und ſich ihrem aufgelegten Joch mit Zufriedenheit untergie= bet. Sonſten ſtellt man ſie auch vor als ein Weibsbild/ die ein weiſſes Kleid traͤget/ ein Creutz in der Hand haͤlt/ und ihre Augen gen Himmel wendet/ von dannen zerſchiedene Strahlen auf ſie herab gehen.
6. Die offenbahre Wercke.
Von einem guten Werck wird man ſtets ruͤhmen hoͤre ̅ /
Wann es gleich nicht bekannt zu werden ſucht:
Acht ſchon der Undanck wenig deſſen Frucht/
Wird doch der Hoͤchſt’ den Lohn gewehren.Die offenbahre Wercke. Ein Weib/ welche ihre zwey Haͤnde offen haͤlt/ in deren je= der ein Aug zu ſehen: wordurch wir belehret werden/ daß wir die Hand nicht umb eitler Ehr und Ruhms willen/ ſondern darumb an das Werck legen ſollen/ daß wir uns und un= ſerem Naͤchſten Gutes/ und niemahlen Boͤ= ſes erweiſen moͤgen.
7. Das vollkommne Werck.
Es find’t ſich niemand/ der was Gut’s verrichten kan/
Wann er deß Hoͤchſten Wort nicht nimmt zur Richt= ſchnur an.Das vollkommne Werck. Iſt ein Weib/ ſo in der einen Hand einen Spiegel/ worinnen die Dinge eben ſo vollkommen/ als [124] man ſie ihme vorſtellet/ geſehen werden; in der andern aber ein Linial und einen Circkel haͤlt; ohne welche Inſtrumenten ein Mathematicus nichts Vollkom ̅ nes machen oder zeichnen kan.
8. Das Gebett.
So bald nur der Gerecht’ mit Eifer etwas bittet/
Wird er mit Gnad und Huͤlff vom Him ̅ el uͤberſchuͤttet.Das Gebett ſtellen uns die Alten vor als ein betagtes Weib/ ſo ſich am tauglichſten zum Beten ſchicket. Sie iſt in Weiß geklei= det/ zum Zeichen der Reinigkeit. Die Augen kehret ſie gen Him ̅ el/ weilen auch ihr Hertz da= hin gewendet iſt; und lieget mit einem Rauch= Faß auf den Knien/ umb ihre Ehr=Forcht ge= gen GOtt zu bemercken.
9. Der Liebe Urſprung.
Wer eine Schoͤnheit ſieh’t/ mag ungereitzt nicht ſeyn:
Anfangs macht ihm das Aug Verlangen;
Dann brennt/ und gibt er ſich gefangen:
Und alſo dring’t die Lieb’ in unſ’re Hertzen ein.Der Liebe Urſprung. Diſe Leiden= ſchafft abzumahlen/ glaube ich/ ſolte der erſte Tag/ woran die Sonn die Erden beſchienen/ koͤnnen vorgeſtellt werden: Es vergnuͤgen ſich aber die Poëten darmit/ daß ſie dieſelbe durch ein junges ſchoͤnes Weib abbilden/ welche in der Hand einen runden Spiegel denen Son [125] nen=Strahlen entgegen haͤlt/ und darmit eine in der andern Hand tragende Fackel anzuͤndet. Unter diſem Spiegel ſiehet man einen Zettel/ worauf folgende Wort geſchrieben ſtehen:Und alſo dring’t die Lieb’ in unſ’re Hertzen ein!
10. Der Liebe Vergeſſenheit.
Die Lieb’ iſt einem Kind zu gleichen;
Bald laufft ſie fort/ bald ſteh’t ſie ſtill:
Der muͤhet ſich umbſonſt/ der ſie aufhalten will.
Nur in der Jugend kan man ſie erreichen.Der Liebe Vergeſſenheit. wird durch einen Knaben abgebildet/ ſo einen Krantz von Magſaamen (welche Pflantze den Schlaff be= foͤrdert) traͤget. Er iſt gefluͤgelt; zum Zeichen/ daß/ wann er erzuͤrnet werde/ davon fliehe. Man ſtellt ihn auch ſchlaffend vor/ weilen die Liebhaber/ ſobalden ſie das Geliebte vergeſſen/ ihre Seelen=Regungen gleichfalls gantz ein= geſchlaͤffert zu haben ſcheinen. Sein Bogen und Pfeil ſeynd zerbrochen: dann er nichts mehr zu beſiegen hat: Sonſten aber liegt er nechſt bey dem Bronnen Cyſicus, welcher den/ der daraus trincket/ diſe Leidenſchafft gleich= balden vergeſſen machet.
|| [126]
11. Die Gelegenheit.
Gelegenheit fleucht wie der Wind:
Im Krieg und in der Lieb’ muß man ſie koͤnnen faſſen.
Es wird ſich alles ſchlichten laſſen.
Wann man die Zeit darzu nur recht und wohl auß= find’t.Die Gelegenheit. Iſt ein nackent Weib/ ſo einen Seegel/ als das Sinnbild der Gelegenheit/ in der Hand haͤlt. An dem Hin= ter=Haupt iſt ſie kahl/ vornen aber haaricht/ damit man ſie/ wann ſie ſich ſehen laſſet/ dabey ergreiffen koͤnne. Sie haͤlt den einen Fuß in der Lufft/ und mit dem anderen ſtehet ſie auf einem Rad: wodurch ihre Leichtſinnigkeit an= gemercket wird. In der Hand traͤgt ſie ein Scheermeſſer/ und will darmit dahin deuten/ daß/ wann ſie zu uns komme/ man alles das abſchneiden und beyſeiten raumen muͤſſe/ was ihr nach zufolgen uns verhinderlich ſeyn koͤnte.
12. Die Beleidigung.
Wer uns zu ſchaden ſucht/ wird ſelbſt ſein Ungluͤck mehren;
Indem er in das Netze faͤllt/
So er dem ander’n hat geſtell’t.
Diß Sinnbild kan uns ſolches lehren.Die Beleidigung ſtellt man vor als ein heßliches Weib/ deren Kleidung mit Zun= gen und Scheermeſſern/ als boͤſen Waffen/ wormit andern Leuten geſchadet wird/ uͤber [127] ſtreuet iſt: Sie will auch eben eine Muſquete loß brennen; und zu ihren Fuͤſſen ſiehet man einen Hund/ ſo einen Igel anfaͤllt/ und ein Sinnbild deß Alten Sprichworts iſt:Wer uns zu ſchaden ſucht/ wird ſelbſt ſein Ungluͤck mehren.
13. Die Meinung.
Ein junger heiſſer Kopff will lauter Eiſen beiſſen/
Und bild’t ſich ein/ den Mond mit Zaͤhnen zu zer= reiſſen.Die Meinung. Iſt ein wohlgekleid= tes/ weder ſchoͤn=noch garſtiges aber kuͤhn= außſehendes Weib/ ſo alles/ was ſie ſich ein= bildet/ darff unternehmen wollen: derowegen ſie mit Fluͤgeln an Haͤnden und dem Rucken abgemahlet wird.
14. Der Hochmuth.
Der Hochmuth wird mit Lumpen offt bedeckt:
Diß iſt die Frucht der jungen Jahren;
Das Alter laßt das alles fahren/
Wann es ſich nach dem Grabe ſtreckt.Der Hochmuth. Diſes junge Weibs= Bild/ ſo ein zerrißnes Kleid antraͤgt/ und un= ter dem Arm einen Pfauen haͤlt/ mit den Fuͤſ= ſen aber auf einer Kugel ſtehet/ gibt die Uber= maß ihres Hochmuths zuerkennen/ deſſen Merckmahl der Pfau zu ſeyn pfleget: Durch [128] die Kugel aber zeigt man an/ daß ſie durch ih= ren ſtoltzen Sinn die gantze Welt verwirret.
15. Die Halßſtarrigkeit.
Ein harter Kopff iſt ſchwer auf ander’n Schluß zu fuͤhren:
Gewalt/ Vernunfft/ und Rath ſeynd hier weit zu gering.
Der unternimmt unmoͤglich’ Ding’/
Der diſen Krancken wollt’ curieren.Die Hartnaͤckigkeit iſt mit einem ſchwartzen Rock angethan/ und mit Epheu= Zweigen umbgewunden/ weilen ein halßſtar= riger Menſch die Warheit eben ſo wenig/ als das Schwartze eine andere Farbe annimmt; Hergegen aber ſo hartnaͤckig an ſeine Mei= nung/ als ein Epheu an die Mauren ſich an= haͤnget. Sie iſt auch mit Nebel umbgeben/ und traͤgt in den Haͤnden einen Eſels=Kopff/ der ein Sinnbild der Unwiſſenheit und Thum ̅ = heit.
1. Der Fried.
Es iſt der Fried ein Gut/ ſo alles uͤberwieget;
Gleichwie es Jederman bekennt:
Hergegen wann der Unfried ſieget/
Wird uns nur Schaden zugewend’t.
|| [ID00170]
|| [ID00171]
|| [129]
Der Fried. Iſt ein angenehmes Weibs= Bild/ ſo einen Krantz von
Oel=Zweigen/ als einem Sinnbild deß Friedens/ auf dem Haupt traͤget;
ingleichem in einer Hand ein Horn deß Uberfluſſes/ und in der andern
einige Korn= Aehren haͤlt; wodurch das Vergnuͤgen deß Volcks
angezeiget wird. Sonſten wird der Fried auch auf ſo vil andere Weiß
vorgeſtellt/ daß ich dißfalls einem jeden ſeinen Willen und
Gedancken will frey gelaſſen haben.
2. Die Geſparſamkeit.
In allem flieh’ die Ubermaß:
Geitz und Verſchwendung ſolt du meiden;
Wirff auf ſie unverſoͤhnten Haß;
Und nim ̅ den Mittel=Weg nur zwiſchen ihnen beyden.Die Geſparſamkeit. Iſt ein Weibs= Bild von ſolchem Alter/ ſo der Vernunfft Platz gibt; gehet erbar gekleidet/ zum Zeichen/ daß ſie alle uͤberfluͤſſige Koͤſten vermeide; haͤlt auch in der einen Hand einen Circkel/ anzu= deuten/ daß man in allen Dingen auf Maß und Ordnung ſehen muͤſſe; in der andern aber einen zugeknuͤpfften Beutel/ mit den Bey= Worten: Sie verwahrt ihn aufs be= ſte. Wormit man bemercken will/ daß es ei= ne groͤſſere Ehre ſeye/ etwas zu erhalten/ als zu gewinnen.
|| [130]
3. Die Liebs=Leidenſchafft.
Man ſaget nicht unrecht/ daß ich wie Circe ſey’/
Und treibe groſſe Zauberey:
Dann jene kont’ vordem die Leut’ in Saͤu verkehren;
Und ich mach’ ſie der Zeit all’ Tag zu Boͤck und Baͤren.Die Liebs=Leidenſchafft wird durch ein Weib vorgeſtellt/ die einen Stecken in der Hand hat/ und darmit andeutet/ daß ſie die Menſchen in Thiere verwandlen koͤnne; wie deß Ulyſſis Geſellen es genugſam erfahren. In der andern Hand haͤlt ſie einen Becher; und muͤſſen alle die/ ſo daraus trincken/ ſich ihrem Gewalt dermaſſen unterwerffen/ daß ſie von ſolchem geſaͤhrlichen wolluſtigem Getranck blind werden/ und wie die Thiere/ ſo bey ihr herumb lauffen/ ohne Vernunfft dahin gehen.
4. Die Gedult.
Wann man mich uͤbertreibt/ ſo werde ich zur Wuth:
Sonſt kan ich alles wohl ertragen/
Ohn’ das geringſte Wort zu ſagen;
Ob gleich die Arbeit/ und der Schmertzen wehe thut.Die Gedult. Diſes arme/ mit den Schultern in ein Joch geſpanntes/ auf Dor= nen gehendes/ und die Haͤnde zuſam ̅ en legen= des Weib/ bedeutet die Gedult; die nicht beſ= ſer kan beſchrieben werden/ als daß ſie eine un= uͤberwindliche Tugend ſeye/ welche ſowohl die Leibs=Schmertzen/ als auch die Gemuͤths=Ar [131] beit/ ſo beede durch die Dornen fuͤrgeſtellt wer= den/ uͤbertragen und erdauren koͤnne.
5. Die Armuth.
Man pflegt mir wenig Ehr’ hieunten zuerweiſen;
Und keine Tugend wird ſo ſehr als ich veracht:
Doch iſt der jenige vor ſeelig anzupreiſen/
Den ich vom Geitz=Irꝛweg auf rechte Bahn gebracht.Die Armuth. Iſt ein uͤbelgekleidtes Weib/ welche an der einen Hand einen ſchwe= ren Stein hangen hat/ an der andern aber mit offenen Fluͤgeln/ als wann ſie darmit ſich in die Hoͤhe ſchwingen wolte/ verſehen iſt; und ſtellet dardurch nicht nur die zum gemeinen Le= ben/ ſondern auch zur Erwerbung der Tugen= den nothwendige Dinge vor; und daß manch= mahlen die beſte Koͤpffe gleichſam im Koth ver= liegen bleiben muͤſſen.
6. Die Suͤnde.
Ich bin zwar ſcheutzlich anzuſehen;
Doch bin ich’s noch mehr in der That.
Daß ich verfluchet ſey’/ wird jederman geſtehen/
Und daß man mich zu fliehen hat.Die Suͤnde. Diſer Seelen=Feind wird uns durch einen ſcheußlichen Menſchen vorgeſtellt/ welcher blind und nacket iſt/ und auf dem Haupt Schlangen/ an ſtatt der Haa= re/ wie auch an der lincken Seite einen Wurm liegen hat/ welcher nicht ſtirbt/ und ihme ohne [132] Aufhoͤre ̅ das Hertz deß Gewiſſens naget. Mit= ten umb ſeinen Leib winden ſich zwey Schlan= gen herumb/ und truͤcken ihn zuſammen; und gehet er dem Anſehen nach auf Felſen=Stuͤ= cker/ die ſich erſchuͤttern.
7. Die Buſſe.
Wie ſchlecht/ ach! dien’ ich dem/ der mich erloͤſet hat;
Indem ich mich zur Suͤnd’ und allem Boͤſem neige:
Doch find’ ich wider Huld/ und komme nie zu ſpat/
Wann ich die Suͤnde beicht’/ und wahre Buſſe zeige.Die Buſſe. Iſt ein uͤberaus mageres und melancholiſches Weib/ welches ihre Reue durch ihr bleiches Angeſicht ſowohl/ als durch Aufhebung der Augen gen Himmel/ von wel= chem ſie Verzeihung hoffet/ ihren Glauben an den Tag leget. Sie iſt ſehr uͤbel gekleidet/ haͤlt in der einen Hand eine Geiſel/ und in der an= dern einen Fiſch; hat auch neben ſich einen Roſt/ und vor ſich ein Creutz ſtehen.
8. Die Gefahr.
Es iſt deß Menſchen Gluͤck wohl nicht werth zu be= neiden;
Er ſchwebt ſtets in Gefahr/ die kan er nicht vermeiden:
Ob ſchon die Jugend ihm die meiſte Luſt gewehrt/
Wird er doch offt dardurch verſehrt.Die Gefahr. Jederman geſtehet gern/ daß unſer Leben voll Gefahr ſeye; doch iſt gleichwohlen die/ worinn diſer junge Menſch [133] ſich befindet/ gantz ungemein: Er gehet zwar auf Blumen; aber da er zugleich umbſiehet/ wird er einer unvermeidlichen Gefahr gewahr; indem er auf eine Schlange tritt/ und von ihr hinten in die Ferſen geſtochen wird. Will er fuͤr ſich gehen/ ſo ſtehet vor ihm ein grauſames jehes Gebuͤrg/ und zur Seite brauſet ein ſchroͤcklich daher ſchieſſendes Waſſer: in wel= cher euſſerſten Noth er keinen andern Troſt noch Huͤlffe hat/ als einen ſchwachen Rohr= Stab; wodurch die Gebraͤchlichkeit unſers Le= bens angezeiget wird.
9. Die Perſpectiv-Kunſt.
Daß meine Kunſt natuͤrlich ſeye/
Kan jederman/ der nur verſtaͤndig iſt/ erſeh’n.
Der Poͤvel heißt es zwar ein Hexenwerck ohn’ Scheue;
Allein/ es pflegt bey ihm nicht anders herzugeh’n.Die Perſpectiv-Kunſt. Iſt eine ſchoͤne Dame, ſo eine guͤldne Kette am Halß traͤget/ woran an ſtatt eines Kleinods ein Aug haͤngt. Sie haͤlt in der einen Hand ein Linial/ ein Winckelmaß/ ein Senckbley/ und einen Spiegel; in der andern aber zwey Buͤcher/ de= ren Titel ſeynd: Ptoloméus und Vitellion. Der Spiegel zeiget an/ daß ihre Wiſſen= ſchafft aus dem Geſicht herkomme; und das vor Augen ſtelle/ was die Sinnen ſonſt nicht begreiffen koͤnnen.
|| [134]
10. Die Vollkommenheit.
Unmoͤglich iſts/ daß man vollkommen koͤnne werden:
Fuͤr jenes Leben nur iſt ſolches aufgeſpart.
Ich bin ein Port/ weit von der Erden/
Wohin kein Sterblicher mit ſeinem Nachen fahrt.Der Vollkommenheit Bild beſtehet in einem ſchoͤnen mit einem gulden Stuck ge= kleidtem Weib/ welche ihre Bruſt entbloͤſt/ und in dem Thier=Craͤyß ſtehet. Damit ſie aber deſtoweniger in ihrer Arbeit gehindert werde/ ſo hat ſie die Ermel biß an die Elenbo= gen aufgeſtuͤlpt/ und ziehet mit dem Circkel ei= nen voͤlligen Craͤyß/ als das Sinnbild der Vollkommenheit. Sie entbloͤſt darumb ihre Bruſt/ damit ſie zeige/ ſie habe die Vollkom= menheit ſo weit erreicht/ daß ſie andere ernaͤh= ren koͤnne.
11. Die Uberredung.
Ich brauche Wort/ ſo Biſam wehen;
Ich ſuche Kunſt=Griff aus/ und lern’ behutſam gehen:
Und ſo wird zu gelegner Zeit
Der/ den ich feßlen will/ nach meinem Sinn bereit.Die Uberredung. Es wird euch di= ſe Figur ſeltzam vorkommen/ wann ihr ein Weib hier ſehet/ ſo mit guldenen Stricken ge= bunden iſt. Sie traͤgt ein erbares Kleid/ aber einen ſeltzamen Kopff=Schmuck/ indeme allda eine Zunge/ als das Sinnbild der Uberre [135] dung/ angehefftet/ wie auch ein Aug zu ſehen/ welches gleichſam das Fenſter iſt/ wodurch die Seele das jenige beſchauet/ was die Zunge außgeſprochen. Sie haͤlt in den Haͤnden eine guͤldene Kette/ an welcher ein Thier mit drey Koͤpffen/ nemlich einem Hunds=Katzen=und Affen=Kopff/ angefeſſelt/ und darmit angedeu= tet wird/ daß der/ ſo uͤberreden wolle/ nothwen= dig drey Stuͤcke beſitzen muͤſſe: nemlich deß Hunds Liebkoſen/ deß Affen Liſtigkeit/ und der Katzen Aufmerckſamkeit.
12. Die GOttes=Forcht.
Den kan man allzeit ſeelig nennen/
Der mich fuͤr ſeinen Theil erkieſt;
Indem er hier deß Gluͤcks genieſt/
Und dorten auch wird erben koͤnnen.Die GOttes=Forcht ſiehet man auf den alten Medaillen in Geſtalt eines trefflich ſchoͤnen Weibs abgebildet/ welche eine ſehr weiſe Haut/ und auf dem Haupt Feur=flam= mende Haare hat; dardurch zu zeigen/ daß/ wann ſie ſich in der GOttes=Forcht uͤbet/ der Geiſt von der GOttes=Liebe gantz entbrannt ſeye. Sie iſt am Rucken mit Fluͤgeln verſe= hen; wormit man andeutet/ daß diſe Tugend alle andere an Geſchwindigkeit uͤbertreffe. Die lincke Hand/ ſo ſie auf ihr Hertz leget/ bemer= cket/ daß der Menſch/ ſo mit beſagter Tugend begabet iſt/ Proben der Chriſtlichen Liebe ohne [136] Ehrſucht ablege. In ihrer rechten Hand faſ= ſet ſie ein Uberfluß=Horn/ aus deme allerhand zum menſchlichen Leben dienſame Dinge her= ausfallen: ihre Kleidung aber iſt von rother Farb.
13. Der Vorgang.
Der jenige Verdienſt/ ſo auf die Ahnen ſieh’t/
Bleibt Narren=Tand und nicht beſtehen.
Die Tugend nur uns hervor zieh’t:
Sonſt alles muß wie Rauch vergehen.Der Vorgang. Iſt ein Majeſtaͤti= ſches Weib/ ſo auf ihrem Haupt ein Koͤniglein ſitzen hat/ und mit der rechten Hand einen Ad= ler verhindert/ daß er ſich nicht in die Hoͤhe ſchwinge/ und das Koͤniglin von ſeinem inn= habenden Platz verdringe.
14. Die Verſehung.
An mir/ weil ich ungruͤndlich bin/
Verſtoſſet ſich der Menſchen Sinn:
Der beſte Rath/ den man in diſer Sach’ kan geben/
Iſt: beten/ glauben/ und fromm leben.Die Verſehung. Diſe Jungfrau iſt an Schoͤnheit unvergleichlich/ und die zu Be= deckung ihrer Bloͤſe nichts anders/ dann einen ſilbern Schleyer/ hat; welche Bloͤſe dann ein Geheimnus iſt/ daß nicht nur denen Men= ſchen/ ſondern auch denen Englen/ und der Kirche ſelbſten verborgen wird. Sie wendet [ID00180] [138] ren Reizungen nachgiebet/ in ſein Verderben ſtuͤrtze.
1. Die Beharꝛlichkeit.
Was iſt wohl eigentlich ein Chriſt?
Der Gut’s zuthun gewohnet iſt;
Und der beſtaͤndig ſich dahin pflegt zu bemuͤhen/
Daß er die Laſter moͤge fliehen.Die Beharꝛlichkeit wird gemahlt als eine junge Pallas/ die in der einen Hand einen biß zu End brennenden Lunten/ und in der an= dern eine ihren Schwantz in das Maul neh= mende Schlange haͤlt. Sonſten wird ſie auch als ein in der Lufft ſchwebendes/ und ſich an ei= nen Palm=Baums=Aſt haltendes Kind vor= geſtellt; und dardurch angedeutet/ daß die Tugend ſich nie ſtaͤrcker erweiſe/ als wann ſie dem Laſter Widerſtand thun ſolle.
2. Die Welt=Weißheit.
Die Voͤlcker hatten mich verehrt;
Sie bau’ten mir Altaͤr’ in allen Zeit= und Orten:
Allein/ ſeynd die/ ſo mich gehoͤrt/
Spitzfindig/ doch nicht weiſe worden.Die Welt=Weißheit. Iſt ein Maje= ſtaͤtiſches Weib/ in einem beweglichen Kleid/ ſo man in die Hoͤhe aufziehen und wider nie [139] derlaſſen kan. Sie haͤlt in der einen Hand ei= nen Scepter/ und in der andern ein Buch; anzuzeigen/ daß Leute von hoher Geburt diſe Mutter der freyen Kuͤnſten/ diſe Meiſterin der guten Sitten/ diſe Richtſchnur deß Lebens/ diſe Brunnquell aller Guͤter/ und diſe Fuͤhre= rin der tugendhafften Seelen nicht verachten ſollen/ angeſehen ſie biß in die geheimeſte Oer= ter durchzudringen pfleget.
3. Die Dicht=Kunſt.
Der kan durch mich unſterblich werden/
So Cron und Scepter traͤgt/ und Helden=Thaten uͤbt:
Doch leben meine Soͤhn’ in Elend und Beſchwerden/
So daß der Hunger ſie dem Todt offt uͤbergibt.Die Dicht=Kunſt. Nichts iſt ſchoͤ= ners als diſe Goͤttin: ſie wird jung gemahlt/ weilen jederman in ihre Annehmlichkeit verlie= bet iſt: Sie traͤgt einen Lorbeer=Krantz/ und entbloͤſt die Bruͤſte/ die voll Milch zu ſeyn ſchei= nen/ und den Uberfluß ihrer Gedancken anzei= gen. Ihr Kleid iſt Himmel=blau/ und mit Sternen/ als dem Sinnbild der Goͤttlichkeit/ uͤberſtreut: in der einen Hand haͤlt ſie eine Leyre oder Geige/ und in der andern eine Art von Schallmeyen: wodurch beedes auf die Leyr= und dann die Schaͤffer=Gedichte abge= ſehen wird.
|| [ID00183]
|| [141]
man eines andern Bewegungen regiere) haͤlt/ und darmit belehret/ daß ein
Geiſtlicher ein Exemplariſches Leben fuͤhren ſolle/ weilen
je= derman auf ihn zu ſehen pflegt: mit der an= dern Hand aber
faſſet er eine verfinſterte Son= ne/ nebſt den Beyworten:
Man ſchauet ſie nur an/ wann ſie verfinſtert
iſt:
dann/ ſo ein Geiſtlicher ſich mit Fehlern uͤber=
eilet/ wird er gleichbalden mit dem Aug der Aergernus angeſehen.
6. Die Vorſicht.
Es gibt/ wie manchmahl ihr erfahret/
Gewiße Ungluͤcks=Faͤll’/ die man verhuͤten kan.
Habt ihr bißher Vorſicht geſparet/
So greifft es kuͤnfftig kluͤger an.Die Vorſicht. Diſes zweykoͤpffige Weib haͤlt in der einen Hand einen offnen Circkel/ und will gleichſam die Eigenſchafft und Ordnung der Zeit abmeſſen; ſcheinet auch wegen ihrer zweyer Haͤupter auf das Ver= gangne/ und auf das Zukuͤnfftige zu ſehen. Auf der andern Hand aber traͤgt ſie einen Wachtel=Habicht/ als ein warhafftes Sinn= Bild der Vorſichtigkeit.
7. Der Werth.
Die Tugend wird anjetzt von niemand mehr geliebet/
Und noch viel weniger begehrt;
Doch iſt der ſeelig/ der ſie uͤbet:
Dann er beſitzt ein Gut von ungemeinem Werth.
|| [142]
Der Werth. Iſt ein in Weiß gekleid= ter Mann mit einer guͤldnen
Guͤrtel umb den Leib; zum Anzeigen/ daß die Tugend der Warheit nachfolge.
In der einen Hand haͤlt er einen Palm=und einen Eichen=Zweig/ in der andern
aber einen Krantz; und deutet dar= mit dahin/ daß der Werth in zwey
Hauptſtuͤ= cken beſtehe; nemlich in der Ehr/ und in dem
Nutzen.
8. Die Klugheit.
Auf Wiſſenſchafft iſt nichts zu halten;
Nichts auf die ſchaͤrff’ſte Liſtigkeit;
Wann Klugheit nicht dabey kan walten/
Und der Verſtand die Sinn’ begleit.Die Klugheit ſtellet man vor als ein Weib mit zwey Angeſichter/ welche einen ver= guldten Helm auf dem Haupt traͤgt; zum Zei= chen/ daß der Menſch das Zukuͤnfftige zuvor ſehe/ und die liſtige Nachſtellungen vermeide. Sie iſt mit einem Maulbeer=Krantz bekroͤnt; womit beditten wird/ daß eine verſtaͤndige Perſon ſich niemahlen uͤbereile/ ſondern alles mit Vorbedacht angreiffe. Neben ihr ligt ein Hirſch/ ſo von denen Thieren iſt/ die wider= kaͤuen. In der einen Hand haͤlt ſie einen Spie= gel/ weil man ſich ſelbſt erkennen muß; und in der andern einen Pfeil ſambt dem Fiſch Re- mora; wodurch man anmercket/ daß es eine Klugheit ſeye/ Gutes zu thun/ wann man kan/ und Gelegenheit darzu hat.
|| [143]
9. Die Schamhafftigkeit.
Sagt doch der Schoͤnheit gute Nacht:
Ihr ſollt diß Bild nicht mehr anbeten;
Sie iſt ein ſchnoͤdes Gut/ ſo leicht wird untertretten:
Die Scham iſt’s/ die ein Weib ſchoͤn und annemblich macht.Die Schamhafftigkeit. Iſt ein Weibsbild in einem weiſſen Kleid/ wormit auf ihre keuſche Gedancken abgezihlet wird. Auf dem Haupt traͤgt ſie einen Schleyr; zum Zei= chen/ daß ein ehrliches Weib ihre Schoͤnheit vilmehr verbergen/ als ſehen laſſen ſolle. Sie haͤlt in der Hand eine Lilie/ das Sinnbild der Schamhafftigkeit; und mit den Fuͤſſen tritt ſie auf eine Schildkrott; dardurch anzeigende/ daß ein Weib eben ſo wenig aus ihrem Hauß/ als diſes Thier unter ſeinem Schild hervor gehen ſolle.
10. Die Vernunfft.
Wolt ihr was nutzlich’s euch erwaͤhlen/
So fraget mich vorher umb Rath:
Ich zeig’ den ſicher’n Weg. Wie ſolt’ der koͤn ̅ en fehlen/
Dem die Vernunfft gerathen hat?Die Vernunfft wird faſt vorgeſtellt wie eine Pallas/ welche in der rechten Hand ein bloſſes Schwerdt haͤlt/ umb die Laſter/ von denen ſie bekrieget wird/ außzurotten. Ihr Helm nebſt der guldnen Cron deutet an/ daß der Vorzug/ den diſes Metall vor den andern [144] hat/ mit der Krafft verglichen werde/ wormit die Vernunfft uͤber der menſchlichen Seele herꝛſchet. Mit der lincken Hand haͤlt ſie einen Loͤwen/ dem ſie einen Zaum eingelegt; anzu= zeigen/ daß ſie ihre Leidenſchafften oder Re= gungen bezaͤumen koͤnne: vor oder auf ihrer Bruſt aber traͤgt ſie ein Leibſtuͤck mit Ziffern uͤberſtreuet.
11. Die Ratio Statûs.
Wer Laͤnder/ Staͤdt und Reich regieren/
Und ſie aufrecht erhalten will/
Muß die Politic ſtets mit hoͤchſtem Fleiß ſtudieren:
Sonſt ſteh’t das Rad der Staat=Kunſt ſtill.Die Ratio Statûs wird gemahlt als ein bewaffnetes und kriegeriſches Weib/ und dardurch gezeigt/ daß der/ ſo etwas aus politi- ſchen Urſachen verrichtet/ alle andere außzu= rauſchen pflege. Sie traͤgt ein gruͤnes/ mit Augen und Ohren uͤberſtreutes Roͤcklein/ weil ſie alles ſehen und hoͤren will. Der Stecken/ den ſie in der lincken Hand haͤlt/ iſt das Zei= chen ihres unumbſchrenckten Gewalts: mit der rechten Hand aber lehnt ſie ſich auf einen Loͤwen; zu bemercken/ daß groſſe Herren nach dem Exempel diſes hochmuͤthigen Thiers ſu= chen/ ſich jederman unterwuͤrffig zu machen.
|| [145]
12. Die Aufruhr.
Es zeiget’s das Geſicht/ und ſonſt auch die Gebaͤrden/
Daß ich vor Sclaverey mich wie vor Schlange ̅ huͤt’:
Ich moͤchte toll und raſend werden/
Weil fuͤr die Freyheit man ſich wenig mehr bemuͤh’t.Die Aufruhr. Wann man diſes jun= gen Menſchen Gebaͤrden anſiehet/ ſo iſt als= bald daraus zu erkennen/ daß er ſich von einem anderen nicht gern beherꝛſchen laſſe/ und ſein aufwallendes Gebluͤt ihn alles zu unterneh= men antreibe. Er iſt mit einem Kuͤraß und ei= ner Lantze bewaffnet/ zum Zeichen/ daß er all= zeit im Stand und bereit ſeye/ anzugreiffen o= der ſich zu wehren. Sein Helm=Zierath be= ſteht in einer Katze/ als dem Sinnbild der Freyheit/ ſo man vor diſem in denen Fahnen gefuͤhrt: Sonſten wird auch von ihm ein zer= brochnes Joch mit Fuͤſſen getretten.
13. Die Liebs=Verſoͤhnung.
Es kan ſich in der Lieb’ gar leicht ein Streit erregen:
Doch hat man auch die Luſt dargegen/
Wann ſich die Liebſt’ mit uns verſoͤhnt/
Daß unſer Freud dann wider gruͤnt.Die Liebs=Verſoͤhnung. Iſt ein junges Weibsbild/ ſo an ihrem Halß einen ſchoͤnen Himmel=blauen Saphier traͤgt/ wel= chen man fuͤr das Sinnbild der Wider=Ver= ſoͤhnung zu halten pflegt. Sie haͤlt in der ei [146] nen Hand einen Becher/ und mit der andern zwey Liebes=Goͤtter/ denen ſie miteinander zu trincken geben will/ und ſie zugleich erinnert/ daß ſie nicht mehr zancken/ ſondern allen Neid und Mißgunſt beyſeiten ſetzen ſollen.
14. Die Religion.
Ich bin ein’ Koͤnigin zu nennen/
Fuͤr ſeine Tochter will der Hoͤchſte mich erkennen:
Doch wer mir dient/ und mich verehrt/
Dem wird nur lauter Creutz gewaͤhrt.Die Religion. Iſt ein Weib/ ſo ſich darumb mit einem Schleyr bedeckt/ weil ſie jederzeit verborgen geweſen. In der einen Hand traͤgt ſie ein Feur/ in der andern aber ein Creutz und ein Buch/ als das Feldzeichen der wahren Religion. Das Buch zeigt auf die heilige Schrifft/ wodurch die Religion in de= nen Gemuͤthern gepflantzet wird; das Feur aber iſt ein Sinnbild der entzuͤndten Andacht. Zu ihrer Seite ſtehet ein Elephant/ ſo das an= daͤchtigſte unter allen Thieren iſt.
15. Die Reformation.
Wie wenig liebet mich die Welt!
Weil ich pfleg’ ſcharffe Zucht zu fuͤhren:
Doch eine Mutter laßt dann ihre Klugheit ſpuͤhren/
Wann ſie die Kinder niedrig haͤlt.Die Reformation ſtellet man vor als ein altes ſchlecht gekleidtes Weibsbild/ ſo [ID00190] [ID00191] [147] in der rechten Hand ein kleines Schnittmeſſer haͤlt/ dergleichen die Gaͤrtner zu Abnehmung der uͤberfluͤſſigen Aeſte gebrauchen. Sie be= dienet ſich deſſen auch/ die Mißbraͤuche und uͤble Gewohnheiten abzuſchneiden: In der lincken Hand weiſet ſie ein offenes Buch/ wor= innen diſe Wort zu leſen ſeyn:
Man ſchuͤtzet die Geſetz’/ ohn’ daß ſie untergehen;
Und dringt ein Zufall ein/ ſo bleiben ſie doch ſtehen.
1. Die Reue.
Ich fuͤhle lauter Biſſ’/ die mich wie Neßlen brennen;
Das Hertz empfindet tauſend Stich.
Ich hab’ geſuͤndigt/ HErꝛ! und ſolches reuet mich:
Doch nur durch deine Gnad’ kan ich die Suͤnd’ er= kennen.Die Reue. Diſe Figur hat keiner Auß= legung noͤthig/ weilen jederman bekandt iſt/ daß die Dornen=Cron/ das haͤrin Kleid/ und das brennende Hertz/ ſo der reuende Suͤnder in der Hand traͤget/ lauter Zeichen deß Eifers/ und willkuͤrlicher Zuͤchtigung deß Fleiſches ſeynd: dan ̅ die Reue/ daß man ſeinen Schoͤpf= fer beleidiget/ und die heimliche Biſſe deß Ge= wiſſens pflegen der reuenden Seele eben ſo weh/ als die Dornen dem Leib zu thun.
|| [148]
2. Die Uneinigkeit.
Es iſt die Zwitracht groſſen Staaten
Wie eine Peſt/ die ſie zerſtoͤrt:
Sie uͤbet eitel Trauer=Thaten/
Biß ſie ein gantzes Reich verheert.Die Uneinigkeit wird durch einen wuͤ= tenden Menſchen fuͤrgeſtellt/ auf deſſen Helm eine Schlange zu ſehen/ als ein Zeichen ſchaͤd= licher Anſchlaͤge/ die er im Hertzen fuͤhret. Durch die Lantze/ die er zu werffen ſcheinet/ will man das Unkraut der Uneinigkeit bemer= cken/ welches er in dem gemeinen Weſen aus= ſtreuet. Seine Kleidung beſtehet aus unter= ſchiedenen Farben/ welche die Ehrſucht/ Ei= ferſucht/ und Ungleichheit ſeines ſtuͤrmiſchen Humors vorbilden.
3. Die Geſundheit.
Ich bin ein Gut/ ſo nicht zu ſchaͤtzen;
Der Reich’ſte iſt ohn’ mich gleichwie ein Bettelmann††
Und wie ſolt’ wohl das Gold ergoͤtzen/
Wann man geſund nicht leben kan.Die Geſundheit. Iſt ein junges in der Bluͤthe ihrer Jahre ſtehendes Weibsbild†† welches in der einen Hand einen Hahnen/ das Sinnbild der Wachtſamkeit; und in der an= dern einen knottichten Stab haͤlt/ umb wel= chen ſich eine Schlange herumb gewickelt.
|| [149]
4. Die Weißheit.
Diß iſt das Bibel=Buch/ das ich in Haͤnden faſſe/
Und niemahls aus den Sinnen laſſe:
Der Glaubige erhaͤlt hierdurch/ was ihn erfreut:
Dann er wird weiß zur Seeligkeit.Der Weißheit Bildnus iſt ein junges Weib/ ſo in der Tunckelheit der Nacht mit ei= ner angezuͤndten Lampe verſehen iſt. Ihre Jugend herꝛſchet uͤber die Geſtirne/ ſo daß ſie dem Alter nicht unterworffen/ noch ihr der Verſtand benommen wird/ welcher dergeſtal= ten erleuchtet iſt/ daß deſſen Klarheit die Fin= ſternus der Laſter vertreibet: In der einen Hand haͤlt ſie die Heilige Schrifft/ ſo die Seelen zur Seeligkeit fuͤhret.
5. Die Goͤttliche Weißheit.
Mein Glantz iſt ungemein; Was iſt/ das ihme gleich’t?
Dann meiner Klarheit ſelbſt der Sonnen Klarheit weich’t:
Doch wundere nicht/ daß ich bin ſo außerleſen;
Es iſt mein Liecht ein Goͤttlich Weſen.Die Goͤttliche Weißheit. Iſt ei= ne erbare Weibsperſon/ deren verwunderli= ches Anſehen ihr eine Ehrerbietung zuwegen bringt. Ihre Kleidung iſt weiß/ weilen diſe Farbe auch die reineſte iſt/ und von GOtt am meiſten beliebet wird. Sie haͤlt in der einen Hand einen viereggichten Stein/ zum Zeichen/ [150] daß ihr Grund unbeweglich ſteht. Sie iſt mit einem Kuͤras/ und einem Helm/ deſſen Spitz= Zierath in einem Hahnen beſtehet/ verſehen/ und traͤgt in der einen Hand einen runden Schild mit dem Bild deß Heiligen Geiſtes in der Mitte; in der andern aber das Buch der Weißheit/ woran 7. Siegel hangen/ und oben darauf ein Oſterlamb ſtehet. Die Waffen/ ſo ſie fuͤhrt/ ſeynd Geheimnus=voll/ und dem Hoͤchſten ſonſten beygeſchrieben; als deſſen Harniſch die Gerechtigkeit/ deſſen Helm das Gericht/ und deſſen undurchtringlicher Schild die Billigkeit iſt.
6. Die Menſchliche Weißheit.
Wer mich erwerben will/ muß allen Fleiß anwenden;
Behalten/ was er hat gehoͤrt;
Erwegen/ was man ihn gelehrt:
Durch diſes Mittel nur kan er die Weißheit finden.Die Menſchliche Weißheit. Iſt/ nach der alten Lacedemonier Meinung/ ein junger Knab mit 4. Haͤnden und 4. Ohren; womit ſie anzeigten/ daß/ wann man diſe Tu= gend erwerben wolle/ man ſich nicht auf die bloſe Betrachtung legen/ ſondern vilmehr das Werck ſelbſt angreiffen/ und den guten Rath ſeiner Freunde einnehmen muͤſſe. Er haͤlt ei= ne Floͤte in der Hand/ ohne darauf zu blaſen/ und bemercket dardurch/ daß man ſich von dem Thon ſeines Lobs nicht bethoͤren laſſen ſolle: [151] Sonſten hat er auch einen mit Pfeilen gefuͤll= ten Koͤcher anhangen/ damit er ſich derſelben auf den Bedoͤrffungs=Fall bedienen koͤnne.
7. Die Wiſſenſchafft.
Der iſt von Hochmuth aufgeblehet/
So glaubet/ daß er was verſtehet:
Doch ſieh’t man (auch die Warheit ſprichts:)
Daß ihn Unwiſſenheit anwehet.
Wer meint/ er wiſſe was/ weiſt nichts.Die Wiſſenſchafft. Iſt ein am Haupt gefluͤgeltes Weib: dann wer diſe Tugend er= werben will/ der muß ſeinen Geiſt ſich in die Hoͤhe zur Betrachtung ſchwingen laſſen. Sie haͤlt in der rechten Hand einen Spiegel/ ver= mittelſt deſſen die Sinne dem Verſtand die Dinge ſambt ihrem Weſen zuerkennen geben. In der lincken Hand aber faſſt ſie eine Kugel/ auf dem ein Triangel/ als das Sinnbild der Wiſſenſchafft/ ſo von den Gelehrten eine An= gewohnheit (Habitudo) deß nachſinnenden Verſtands genennet wird.
8. Das Geheimnus/ oder das Stillſchweigen.
Nur diſen ſuch’/ und nimm’ zum Freund begierig an/
Der das Vertraut’ verſchweigen kan.Das Geheimnus oder das Still= ſchweigen. Obwohlen die Verſchwiegen [152] heit dem Weiblichen Geſchlecht gar nicht zu= kommet; ſo habe ich dannoch ſelbige durch ei= ne ernſtliche und in Schwartz/ als dem Sinn= Bild der Beſtaͤndig= und Standhafftigkeit/ gekleidte Dame vorgeſtellet. Sie haͤlt in der rechten Hand einen Ring/ und fuͤhrt ſolchen gegen dem Mund/ als ob ſie ihn darmit ver= petſchieren wolte; welches vorzeiten von den Prieſtern in der Cereris Tempel beſchehen/ da= mit ſie ihrer Goͤttin Geheimnus nicht offen= bahren moͤchten. Unten zu deß Weibes Fuͤſ= ſen ſiehet man einen Macedoniſchen Froſch; weilen bekandt/ daß ſelbiges Thier nicht qua= cken kan.
9. Die Sicherheit.
Durchaus trau’ nicht/ ob ſchon du etwa koͤnteſt traue ̅ ;
Und laß die Sicherheit zu deiner Thuͤr nicht ein:
Wilt du das Deinig’ ſicher ſchauen/
So muſtu nur mißtrauig ſeyn.Die Sicherheit pflegt man auf zer= ſchiedene Weiß abzubilden/ darvon wir an ei= nem anderen Orth reden wollen. So/ wie wir ſie hier zu ſchauen geben/ ward ſie von dem Macrie auf einer Medaille vorgeſtellt: nemlich als ein Weib/ ſo in der rechten Hand eine Pi= que haͤlt/ welches eine Wehr iſt/ die nur denen zu tragen gebuͤhret/ ſo etwas zu befehlen ha= ben/ und uͤber andere geſetzt ſeyn: mit der Lin [153] cken aber lehnt ſie ſich auf eine Saul/ das Sinnbild der Standhafftigkeit.
10. Die Dienſtbarkeit.
Die Dienſtbarkeit iſt mir verhaſſt/
Wann ſie mir gleich das Gut der gantzen Welt ge= waͤhrte.
Und wann ich wuͤnſchen darff/ ſo wie ich es begehrte/
So waͤr’ mein Schluß dahin gefaſſt:
Ich ſtieſſ’ den Reichthum weg/ der mir die Freyheit ſtoͤrte.Die Dienſtbarkeit ſtellet man vor durch ein junges Weibsbild mit außgeflocht= nen Haaren/ und in einem weiſſen und kurtzen Rock: Sie gehet auf Dornen/ und traͤgt auf den Schultern ein ſchweres Joch; an den Fuͤſ= ſen aber iſt ſie mit Fluͤgeln verſehen/ darmit anzuzeigen/ daß/ ob man ſchon in der Dienſt= barkeit und Knechtſchafft ſtecket/ man ſich dan= noch entſchlieſſen muͤſſe/ denen dabey ereignen= den Beſchwerlichkeiten nachzugeben/ und die Wachtſamkeit mit einem fertigen Fleiß zube= gleiten: welches durch den neben=ſtehenden/ und einen Stein haltenden Kranich angedeu= tet wird.
11. Die Aufrichtigkeit.
Wie wenig Redliche ſeynd jetzo aufzutreiben!
Doch ſchlaͤgt in diſem Stuͤck faſt niemand aus der Art:
So lang die Menſchen/ Menſchen bleiben/
Wird wohl an Heucheley nicht das geringſt’ geſpahrt.
|| [154]
Die Aufrichtigkeit wird als ein jun= ges Weibsbild gemahlt/ ſo in einem
Kleid von guͤldnem Stuͤck erſcheinet/ und darmit zu ver=
ſtehen giebet/ daß die wahre Aufrichtigkeit oh= ne Falſch und Betrug
ſeye: Sie haͤlt in der einen Hand eiu Hertz/ und in der anderen eine
Taube.
12. Der Fleiß.
Sucht man der Leute Lieb’ und Gunſt?
Es hilfft uns Schoͤnheit nicht/ noch Kunſt/
Noch and’re euſſerliche Sachen:
Nur Embſigkeit und Fleiß kan uns annehmlich mache ̅ .Der Fleiß wird hier huͤpſch und ſchoͤn vorgeſtellt/ ungeachtet er ſonſten und im uͤbri= gen wohl alt iſt: Er hat aber die Gelegenheit bey denen Haaren ergriffen/ und das/ was an ſich ſelbſten gut iſt/ behalten. Die Fluͤgel/ wor= mit er verſehen/ ſcheinen ihn ſehr geſchwind in die Hoͤhe zu heben; der zu ſeinen Fuͤſſen ſtehen= de Hahn aber ermuntert ihn durch ſein Kraͤ= hen; wohin auch die auf der andern Seite aus dem Waſſer hervor ſteigende und ſich nicht aufhaltende Sonne abziehlet; und haͤlt er zu dem Ende auch zwey Sand=Uhren in den Haͤnden.
13. Das Geſchick.
Das Gluͤck hat mich allzeit gehaſſet/
So lang kein graues Haar mir umb die Stirne fiel’/
Und erſt im Alter mich gefaſſet.
Wir alle ſeynd deß Schickſals Ziehl.
|| [155]
Das Geſchick ſtellet man fuͤr als ei= ne mit einem duncklen
Rock ſeltzam gekleidte Weibsperſon/ ſo in der einen Hand eine
guld= ne Crone ſambt einem mit Geld gefuͤlltem Beutel; und in der
andern einen Strick haͤlt: ſo fuͤr ein Sinnbild deß guten oder
boͤſen Gluͤcks angenommen wird.
14. Der beruͤhmte Nahm.
Du wirſt auf meinem Munde ſchweben
Zu aller Zeit/ O groſſer Held!
Es ſoll dein Nahme in der Welt
Durch meiner Verſe Macht die Ewigkeit erleben.Der beruͤhmte Nahm. Diſer Menſch/ der eines wackern Anſehens/ ſchoͤner Leibs, Statur, und mannlichen Alters iſt/ ſchei= net zu Verrichtung trefflicher Thaten einen tapffern Muth zu faſſen. Er traͤgt einen von Gold und Purpur gewuͤrckten Rock: ſein Al= ter/ das nichts leichtſinniges von der Jugend/ noch einige Schwachheit von dem hohen Al= ter an ſich hat/ ſtrebet nur nach ruͤhmlichen Thaten/ damit ſein Nahm in den Tempel der Gedaͤchtnus moͤchte eingeſchrieben werden. Er traͤgt auch auf dem Haupt einen Krantz von rothen Hiacinthen/ und an dem Halß eine guͤldne Kette; lehnet ſich benebenſt mit der ei= nen Hand auf eine Keule; und in der andern haͤlt er eine brennende Fackel.
|| [156]
15. Die Maͤſſigkeit.
Man ſieh’t aus der Unmaͤſſigkeit
Den Hunger und die Armuth flieſſen:
Dem Staat iſt lauter Gluͤck bereit/
Wo man die Fuͤllerey beſtreit:
Dort muß ſich Uberfluß ergieſſen.Die Maͤſſigkeit wird abgemahlt als eine beſcheidene Weibsperſon/ ſo in der einen Hand einen Zaum/ und in der andern eine Uhr haͤlt; darmit andeutende/ daß die Eigen= ſchafften der Maͤſſigkeit in Daͤmpffung der unordentlichen Begierden beſtehen. Neben ihr ſiehet man einen Elephanten/ welcher/ nach Anleitung der Naturkuͤndiger/ das maͤſſigſte unter allen Thieren ſeyn ſolle; allermaſſen auch hiervon zerſchiedene Hiſtorien koͤnnen er= zehlet werden.
1. Das Thun und Weſen deß Gerechten.
Gleichwie der Sternen Glantz dort an dem Him ̅ el haͤlt/
Und durch die Wolcken her in unſ’re Augen faͤllt;
So laſſet ſeinen Muth auch der Gerechte blicken.
Iſt ſchon das Leiden ſchwor und groß/
Laßt ſich die Tugend doch nicht druͤcken;
Und dapffer’n Hertzen gibt das Ungluͤck keinen Stoß.
|| [ID00202]
|| [ID00203]
|| [157]
Das Thun und Weſen deß Ge= rechten. Diſer in den Wolcken
glaͤntzende Stern ſtellet uns die Perſon eines Gerechten vor/
deſſen Tugenden allenthalben herfuͤr leuchten/ und
gleichſam Liechter deß Himmels ſeynd/ wodurch die Gottloſe
erleuchtet/ und ihnen die Warheit zuerkennen gegeben wird. Demnach ſolle
man ſich ſtets zu denen From= men halten/ damit/ indem wir ihren Tugen=
den folgen/ wir vor den Augen deß Hoͤchſten glaͤntzen und
leuchten moͤgen.
2. Der Ehrgeitzige.
Seh’t diſen Narren an/ mit Speiſen uͤberhaͤufft;
Er ſtirbt all’ Augenblick/ weil er ger’n moͤchte leben.
Will dir der Ehrgeitz auch dergleichen Luſt eingeben;
Wiſſ’/ daß dich gleiches Ungluͤck greifft.Der Ehrgeitzige. Damocles, der hier bey einem Pancket auf einem praͤchtigen Bett ſitzet/ und uͤber deſſen Haupt ein bloſſes Schwerdt an einem zarten Faden haͤnget/ hiel= te ſich an dem Hof deß Tyrannen Dionyſij auf; ſelbiger gibt ein wahres Sinnbild ab auf die Ehrgeitzigen? dann Dionyſius ließ ihn mit der groͤſten Pracht bedienen/ ihm die allerniedlich= ſte Speiſen vorſetzen/ und eine annehmliche Muſic bringen; allein/ mitten in ſolcher ſei= ner Erhoͤhung wird er mit toͤdtlichem Schroͤ= cken befallen/ und wuͤnſchet nichts mehrers/ [158] als widerumb ſeines mittelmaͤſſigen Standes zu genieſſen.
3. Die gerechte Seele.
Nur Sanfftmuth iſt die Frucht/ ſo der Gerechte bringt/
Womit er Sinn und Geiſt und Hertzen zu ſich zwingt;
Deßwegen man ihn wohl mit Roſen mag vergleiche ̅ :
Es breit der Tugend=Ruch von ihm ſich ſo weit aus/
Daß ſeiner Suͤſſigkeit muß alle Wuͤrtze weichen;
Ja/ er ſteigt in die Hoͤh’ biß an das Himmel=Hauß.Die gerechte Seele. Diſe Hand/ ſo einen Roſen=Strauß haͤlt/ iſt das Sinnbild einer gerechten Seele: dann/ weil die Roſen alle andere Blumen am Geruch uͤbertreffen/ ſo werden ſie in der Heiligen Schrifft denen Ge= rechten verglichen. Laſt uns derohalben dahin bemuͤhet ſeyn/ daß unſere Seele vor GOtt ei= nen angenehmen Geruch von ſich ſtreue.
4. Die zum Leiden gebohrne Seele.
Mein Hertz iſt an das Creutz gehefft;
Ich folg’ dem jenigen/ der mich ſo theur erloͤſet/
Der an dergleichen Holtz im Leiden ward entkraͤfft;
Und deſſen groſſe Lieb ſich ſattſam da gebloͤſet.Die zum Leiden gebohrne Seele. Diſe drey an das Creutz geheffte Hertzen ge= ben zu verſtehen/ daß wir unſer Hertz auch an das Creutz JEſu Chriſti anhefften/ und auf daſſelbe alle unſere Liebe/ deren es allein am wuͤrdigſten iſt/ verwenden ſollen.
|| [159]
5. Die aufrichtige Seele.
Es lencket der Gerecht’ auf GOTT nur ſeinen Sinn/
Und richtet all’ ſein Thun bloß auf denſelben hin;
Drumb laͤſt deß Hoͤchſten Hand ihn niemahls irre gehen:
Das Senckbley und die Schnur fuͤhrt ihn zum rechten Ziehl;
Das Richtſcheid beſſert ihn/ wann er was hat ver= ſehen/
Und thut zur Seeligkeit/ die er erlangt/ ſehr viel.Die aufrichtige Seele. Die aus den Wolcken hervor=gehende Hand/ ſo ein an einer Schnur feſt gemachtes Senckbley in ge= rader Lini auf das Hertz herab fallen laſſet/ ſtellet das Hertz einer aufrichtigen Seele vor; als deren alle Neigungen/ Gedancken und Verlangen gerad auf GOtt gehen/ und von Ihme auch durch das Richtſcheid ſeiner Liebe geleitet und gefuͤhret werden.
6. Der Freund.
Es hat das Boͤſe/ wie das Gut’/
Der Menſch zu gleichem Theil empfangen:
Die Urſach/ daß GOtt ſolches thut/
Iſt/ weil ſein Bilde ſoll gelangen
Zu der Voll kommenheit durch treuen Freundes= Muth.Der Freund. Diſe zwey Menſchen ſeynd einander gantz gleich; welches dann auch nothwendig geſchehen muß/ wann ſie warhaff= te Freunde zuſammen ſeyn ſollen. Es zeigen [160] ſich aber gleichwolen auf der einen Seite vil Tugenden/ und auf der andern vil Laſter; welches an dem zuerſehen/ was in denen Schaalen der Waage liget. Was thut aber ein Freund? Er kombt dem ſchwaͤchſten Theil zu Huͤlff/ und legt ſich ſelbſten in die Waag= ſchaale/ ſo am leichteſten iſt; und gibt dar= durch denen ungleichen Dingen die gebuͤhren= de Gleichheit.
7. Die Freundſchafft.
Der iſt mit Lob hoch zuerheben/
Der Flammen wahrer Freundſchafft ſpuͤhrt:
Ein Menſch/ den keine Liebe ruͤhrt/
Iſt wie ein todter Leib ohn’ Leben.Die Freundſchafft. Der Menſch iſt zum Lieben gebohren. Die/ ſo hier vorgeſtellt werden/ bieten einander die Haͤnde/ und umb= armen ſich: ein jeder verlaſt wegen deß andern alles/ was ihrer Liebe ſchaden kan; es ſeye gleich Ehre/ Reichthum oder Wolluſt; und wann nur einer deß andern genieſſen kan/ ſo meinen ſie/ ſie haben alles/ und ſeyen reich genug.
8. Die Liebe.
Die Liebe traͤgt ein Band; will jemand was betrachte ̅ /
Und ſchaut dardurch/ ſo ſcheint ihm alles ſchoͤn und rein.
Wer lieben will/ muß mit dem Band verſehen ſeyn/
Und alles/ was er liebt/ fuͤr gantz Vollkom ̅ en achten.
|| [161]
Die Liebe. Diſer Vatter/ welcher die Fehler und Maͤngel
ſeiner Kinder/ ungeachtet die Natur ihnen ſich gantz widrig
erwieſen/ nicht ſiehet/ iſt ein wahres Sinnbild der jeni=
gen/ welche hefftig lieben. Gleichwie nun der= ſelbe die Schoͤnheit
deß Geſichts der ungeſtal= ten Leibs=Statur/ und einen
ſchoͤnen Leib ei= nem heßlichen Geſicht entgegen ſtellet/
und ei= nes mit dem andern zuerſetzen vermeinet; E= ben alſo
ſiehet ein rechtſchaffner Freund allzeit auf ſeines Freundes gute
Eigenſchafften/ nie= mahlen aber auf ſeine Untugenden.
9. Die ſtumme Liebe.
Verſchwiegenheit iſt hoch zu ſchaͤtzen;
Ein Weiſer naͤhret ſie/ und auch der/ ſo da liebt:
Wer ſich im Schweigen embſig uͤbt/
Wird nie das/ was er liebt/ verletzen.Die ſtumme Liebe. Von einem gu= ten Freund ſoll man niemahlen uͤbels reden: welches dann hier durch den Gott deß Still= ſchweigens vorgebildet wird/ als der allezeit ſtumm/ und ſein Selbſt=Herꝛ iſt/ ſo daß er die Leidenſchafften beherꝛſchet/ wodurch ſonſten die Einigkeit der wahren Freundſchafft kan ge= trennet werden. Er iſt mit Fluͤgeln verſehen/ anzuzeigen/ daß er ſeine Hurtigkeit von der Liebe habe/ und gleichſam fliege/ wann er ei= nem Freund einen Dienſt erweiſen ſolle.
|| [162]
10. Die Liebe zum Creutz.
Mein Hertz und auch mein Sinn iſt nach dem Creutz geſtellt:
Nur diß Ziehl ihnen wohl gefaͤllt;
Dort laſſen ſie ſich ſtetig ſehen/
So daß auch ohn’ den Sinn das Hertz nicht bleiben kan;
Sie wollen alle beyd’ ſtets miteinander gehen/
Und auf dem Creutz dich/ JESUM/ beten an.Die Liebe zum Creutz. Diſes Creutz/ in deſſen Mitte ein Hertz/ und an jedem Ende eine Dreyfaltigkeits=Blume zuſehen/ bedeu= tet/ daß alle unſere Gedancken/ Verlangen/ und Liebe auf unſeren Erloͤſer/ der fuͤr uns ge= creutziget worden/ gerichtet ſeyn muͤſſen.
11. Die Liebe zu den Feinden.
Wilt du in GOttes Gnaden ſteh’n/
So muß dein Geiſt und Hertz auf redlich’s Weſen ſeh’n:
Du muſt/ nach Tauben=Art/ die Falſchheits=Larve meiden;
Ergreiff die Lieb’; flieh Zorn und Haß;
Hilff deinem Naͤchſten auf/ wann ihn ſtuͤrtzt Noth und Leiden.
Und ſo geh’ſtu die Himmels=Straß.Die Liebe zu den Feinden. Diſe zwey Tauben ſeynd ein Sinnbild der Einfalt und Aufrichtigkeit/ welche wir in allem unſe= rem Thun ſollen blicken laſſen: und gleichwie diſe Thierlein keine Galle haben; alſo ſoll ein [163] rechtſchaffner Chriſt auch ſeinen Naͤchſten/ wann er ſchon von ihme beleidiget worden/ lieben und ihme verzeihen.
12. Der Geitzige.
Das Gluͤck/ wornach der Geitz=Narꝛ ſtrebet/
Beſteh’t in ſeinem Geld und Gut:
Doch quaͤlet ihn die Sorg/ daß er in Aengſten ſchwebet/
Und ihm aus Kuͤm ̅ ernus verſieget Safft und Blut:
Er ſtirbt den gantzen Tag/ weil er voll Argwohn lebet.Der Geitzige. Diſer Menſch hier iſt ein alter Wucherer/ welcher in ſeiner Hand ein Regiſter haͤlt/ worauf ſeine eingehende Zinſe verzeichnet ſtehen. Er lebt immerdar in Sorgen/ daß er moͤchte beſtohlen werden; und haͤlt ſeine Kinder fuͤr lauter Harpyen und Raubvoͤgel/ die ihn zerreiſſen wollen.
13. Der Geitz.
Ach nein! es iſt nicht noth/ vil Marter zuerfinden/
Wan ̅ man die Gierigkeit deß Narren ſtraffen wolt’:
Er iſt ſein Hencker ſelbſt durch geitzen/ ſchaben/ ſchinde ̅ ;
Und ſtraffet ſich darmit/ wie er geſtrafft ſeyn ſolt’.Der Geitz wird als ein Bettler vorge= ſtellt/ der zwar mitten in groſſen Guͤtern ſitzet/ aber doch von Durſt und Hunger ſtirbt: und wann er ſchon etwa eine Speiſe zu ſich nim ̅ t/ ſo beſteht doch dieſelbe nur in ſolchen Dingen/ deren ſich auch die alleraͤrmeſte Leute zu ihrer Nahrung und Unterhalt ſchwerlich bedienen wuͤrden.
|| [164]
14. Der unerſaͤttliche Geitz.
Leg’ das Verlangen ab/ ſo dich treibt und beweget/
Und den Geluͤſten ſetz’ ein eingeſchrencktes Ziehl:
Je mehr der Krancke trinckt/ je mehr der Durſt ſich reget;
Iſt ſchon der Geitzhals reich/ hat er doch nie zu viel.Der unerſaͤttliche Geitz kan am fuͤg= lichſten durch diſen Waſſerſuͤchtigen Men= ſchen vorgeſtellt werden: dann gleichwie er das in ihm brennende Feuer nicht anders/ als durch ſtarckes Trincken/ auszuloͤſchen vermei= net; und daher je mehr er trincket/ je mehr er auch trincken will; alſo iſt es ebenfalls mit dem Geitz bewandt/ daß er nimmer kan erſaͤttiget und erfuͤllet werden.
15. Die Verblendung.
Was ruͤhm’ſtu deine Liſt/ und die Betruͤgungs=Netze?
Und daß du mehr geraubt/ als deiner Ahnen drey?
An Gold war Midas reich: was halffen ihn die Schaͤtze?
Die Goͤtter ſagten ſelbſt/ daß er ein Eſel ſey’.Die Verblendung. Der Mann/ den man hier ſiehet/ iſt der Gott deß Reichthums/ und das Weib iſt die Thorheit. Diſe ſetzet be= ſagtem Gott ihre laͤcherliche und naͤrriſche Kappen auf/ und gibt ihme den ſeltzamen Sce= pter in die Hand/ mit welchem ſie den meiſten Theil der Welt regieret.
|| [ID00212]
|| [ID00213]
|| [165]
1. Die Macht der Liebe.
Der Liebe Macht dringt ſich biß zu dem Stern=Geruͤſt;
Und ihr muß alles unterliegen:
Dann diſer Gott/ ſo klein er iſt/
Pflegt oͤffter/ als man glaubt/ zu ſiegen.Die Macht der Liebe ſtellet man uns hier fuͤr in Geſtalt eines entwaffneten Gu- pidinis; zu deſſen Seite der Mercurius ſtehet/ und ſeinen Stab/ als das Merckmahl ſeiner Beredſamkeit/ in Haͤnden haͤlt. Beſagter Cupido faſſet mit der rechten Hand den Her- culem: dahero man ſich nicht zu verwundern hat/ wann er aller Orten den Sieg davon traͤgt.
2. Der Hochmuth.
Hochmuth und Unverſtand wird ſtets beyſam ̅ gehegt;
Schau diſen Stoltzen an; er iſt ein tum ̅ er Teuffel:
Und mahlet man den Stoltz deßwegen ohne zweiffel/
Wie er deß Midas Kappe traͤgt.Der Hochmuth wird abgebildet als eine hoffaͤrtige Weibsperſon/ welche auf dem Arm einen Pfauen/ als das Sinnbild deß Stoltzes/ traͤget. Sie hat Eſels=Ohren/ ihre Unwiſſenheit darmit anzuzeigen; ſtrecket auch die rechte Hand aus/ und hebt daran einen [166] Finger in die Hoͤhe; welches bedeutet/ daß ſie hartnaͤckig auf ihrer Meinung bleibe/ und deß= wegen bill ich zu ſchelten ſeye.
3. Der Ehrgeitz.
Ich herꝛſche immerdar: es hat die alte Zeit/
So wie die unſ’re mich getrieben.
Man ſagte nie: genug fuͤr heut!
Und diſe Sprach’ wird man wohl kuͤnfftig auch be= lieben.Der Ehrgeitz iſt eine unordentliche Be= gierde auf allerhand Weiß und Weg zu einer Hochheit zugelangen. Er iſt gruͤn gekleidt/ und traͤgt auf dem Haupt zerſchiedene Cro= nen/ und andere Merckzeichen hoher Wuͤrden; iſt auch mit Fluͤgeln verſehen/ weilen er nichts mehrers ſuchet/ als uͤber andere hoch zu fliegen. Das ungeſtuͤmme Meer aber/ und der hinter ihme befindliche Loͤw deutet dahin/ daß diß La= ſter vilen Veraͤnderungen unterworffen ſeye.
4. Die Gemuͤths=Verblendung.
Wann man der Menſchen Thun beſieh’t/
Wie jeden ſeine Neigung zieh’t;
So ſolt’ man ſie/ ſo vil ihr leben/
Fuͤr Narren halten/ die man flieh’t:
Doch iſt’s auch anders nicht: man muß das Zeugnu†† geben.Die Gemuͤths=Verblendung bil= det man vor als ein Weib/ ſo in einem Garten mit der Hand auf einen Maulwurff zeiget [167] Diſes Thier/ ſo keine Augen hat/ iſt ein Sinn= bild der Gemuͤths=Verblendung: auf der an= deren Seiten aber ſtehen Tulipanen/ die von cutioſen Liebhabern offt ſehr hoch geſchaͤtzet werden; welches auch eine Gemuͤths=Ver= blendung zu nennen.
5. Die Kriegs=Bau=Kunſt.
Wann jeder waͤr begnuͤgt mit dem/ was ihm gehoͤrt/
Und niemand frembdes Gut an ſich zu zieh’n begehrt’;
So wuͤrd’ ich wenig Nutzen ſchaffen:
Weil aber heut zu Tag ein Fuͤrſt nach Laͤnder tracht/
So grabet euch wol ein/ und greiffet zu den Waffen;
Und ſeyd auf eure Schantz bedacht.Der Kriegs=Bau=Kunſt Sinnbild iſt eine ernſthaffte und mannliche Dame; in= deme man bey Befeſtigung eines Platzes keine Weichheit darff ſehen laſſen. Ihr Rock beſte= het aus zerſchiedenen Farben/ und ziehlet dar= mit auf die zerſchiedene Eigenſchafften/ ſo zu diſer Wiſſenſchafft erfordert werden: Sie traͤgt eine Kette von Gold/ als dem edelſten Metall/ und hat einen Diamant daran han= gen; wormit ſie anzeiget/ daß die Geſchicklich= keit eines Fuͤrſten koſtbarſtes Kleinod ſeye/ ſo ihn vor ſeiner Feinde Anfaͤlle ſicher ſtelle. In der rechten Hand haͤlt ſie ein Inſtrument/ das man zu den Grundriſſen gebraucht; und in der lincken eine Tafel/ darob eine ſechßeggich= te Feſtung abgeriſſen iſt; auf welcher Tafel ei [168] ne Schwalbe ſitzet. Zu ihren Fuͤſſen aber ſie= het man allerhand Werckzeug zum Graben und Erden=aufwerffen herumb liegen.
6. Die Altimetria, oder Ab= meſſung der Hoͤhe.
Daß diſe Hoͤhe dort von fern zu meſſen ſey’/
Doͤrfft’ mancher wohl ein Werck der ſchwartzen Kuͤnſten nennen:
Wolt ihr nun/ daß man euch nicht mehr fuͤr thumm ausſchrey’/
Muͤſt ihr die Mathematic koͤnnen.Die Altimetria wird abgebildet als eine junge Tochter; welche/ damit ſie in die Fußſtapffen ihrer Mutter trette/ pflegt ſie alle Gemaͤß/ ſo ihr von derſelben gezeigt worden/ aufs genaueſte zu beobachten; und haͤlt da= hero einen Geometriſchen Quadranten in der Hand/ mit welchem ſie die Hoͤhe eines Thurns abmiſſet.
7. Die Stern=Deut=Kunſt.
So hoch iſt keine Wiſſenſchafft/
Daß ich ihr nicht zur Seiten gehe:
Dann ich ſtets an dem Himmel hafft’/
Und ſeiner Sternen Liecht/ auch der Einfluͤſſen Krafft/
Und die Bewegungen verſtehe.Die Stern=Deut=Kunſt. Diſe Koͤnigin ſchoͤner Wiſſenſchafften iſt mit Ster= nen gekroͤnt/ und ihr Rock gleichfalls darmit uͤberſtreut. Sie hat nicht ohne Urſach eine [169] Sonne vornen auf der Bruſt/ einen Scepter in der einen/ in der andern Hand aber eine Himmels. Kugel/ und zu ihren Fuͤſſen einen Adler; alles nemlich in dem Abſehen/ damit man erkennen moͤge/ daß ſie ſtetshin ihre Au= gen auf den Lauff der Geſtirnen richte/ dieſelbe betrachte/ und allen ihren Fleiß einig und al= lein zur Ergruͤndung der curioſeſten und edel= ſten Geheimnuſſen/ die von ihren Einfluͤſſen herruͤhren/ anwende.
8. Die Rechen=Kunſt.
Der Nutzen/ den ich bring’/ iſt groͤſſer/ als man glaubet.
Wie daß nicht jeder zu mir geht?
Dann manchem wird ſein Zinß und Wucher wegge= raubet/
Weil er das Rechnen nicht verſteht.Die Rechen=Kunſt. Man ſtellet ſie vor als ein ſchoͤnes Weibsbild/ und ziehlet dar= mit auf die Vollkommenheit der Zahlen. Sie traͤgt einen Rock mit Muſicaliſchen Noten uͤ= berſtreut; dabey geſchrieben ſteht: Par & im- par, das iſt: gerad und ungerad. Neben ihr liget auf einem Poſtament ein offenes Buch/ in welchem ſie die Zahlen betrachtet/ die gleich= ſam der Weg ſeynd/ vermittelſt deſſen man zur Erlernung der Mathematic, der Muſic, der Geometri und anderer dergleichen Dingen ge= langen kan.
|| [170]
9. Aſia.
Bey mir wird lauter Gold gegraben;
Ich ſammle Rauchwerck ein/ ſo reine Lufft erhaͤlt.
Man kan von mir mehr Nutzen haben/
Als ſonſt von keinem Theil der Welt.Aſia. Iſt ein praͤchtig gekleidtes Weib/ deren Rock mit Edelgeſteinen/ woran ſie in ih= rem Land einen Uberfluß hat/ verſetzet iſt. Sie haͤlt in der einen Hand zerſchiedene Gewuͤrtze; in der andern aber ein Rauchfaß/ aus dem ein angenehmes an ſelbigen Orten wachſendes Rauchwerck aufſteiget; und auf dem Haupt traͤgt ſie einen Krantz von ſchoͤnen Blumen. Die Welt=Beſchreiber machen den dritten Theil der Welt aus ihr; wiewohlen ſie/ wegen ihres groſſen und weiten Begriffs/ faſt den hal= ben Theil austragen koͤnte. Ihren Nahmen fuͤhret ſie her von einer Tochter der Thetis und deß Oceans: neben ihr iſt auch ein Cameel zu= ſehen.
10. Africa.
Ich naͤhr’ vil Ungeheur/ die meine Wuͤſte ſpeiſt;
Und bin doch ſchroͤcklich nicht zu heiſſen.
Man kan das Land gluͤckſeelig preiſen/
So nichts von Ungeheuren weiſt.Africa. Wann man diſes bleich ſchwar= tze Weib anſiehet/ ſo erkennet man ſie alsbal= den fuͤr eine Africanerin. Sie gehet faſt gantz nacket/ weilen in diſem Land keine groſſe Reich [171] thume zu finden ſeyn; Sie hat krauſe Haar/ und auf ihrem Helm einen Elephanten=Kopff/ an dem Halß aber eine Corallen=Schnur: in der lincken Hand haͤlt ſie einen Scorpion/ und in der rechten ein mit Korn=Aehren angefuͤll= tes Uberfluß=Horn; ſo folgen ihr auch ein Loͤw und eine Schlange auf dem Fuß nach. Sie iſt einer von den vier Theilen der Welt/ und hat ihren Nahmen von einem der Nachkom= men deß Abrahams/ Nahmens Afer/ uͤber= kommen.
11. Europa.
Ob es mir ſchon an Schaͤtz’ gebricht/
Und muß an Weyrauch Mangel leiden:
Will ich drumb Aſien nicht neiden.
Mein Volck acht keine Weichheit nicht;
Und pflegt nur Dapfferkeit zu zeigen/
Vor der ſich and’re muͤſſen beugen.Europa. Diſer Welt=Theil iſt von dem Phœniciſchen Koͤnig Agenor darumb Europa genennt worden/ weilen Jupiter ihme ſeine Tochter geraubet/ und in die Inſul Creta ent= fuͤhrt hat. Man bildet ſie ab als eine Koͤnigin in einem praͤchtigen Kleid/ ſo aus zerſchiede= nen Farben beſtehet/ und ihre zerſchiedene Reichthume dardurch anzeiget. Sie traͤgt auf dem Haupt eine koſtbare Cron/ und ſitzet/ zum Zeichen ihrer Fruchtbarkeit/ in der Mitte zwi= ſchen zweyen Uberfluß=Hoͤrnern/ deren das ei= ne mit Fruͤchten/ das andere aber mit Wein [172] Trauben angefuͤllet iſt. In der einen Hand haͤlt ſie einen Tempel/ weilen in ihrem Be= zirck die wahre Religion getrieben und geuͤbet wird; und in der andern einen Scepter/ als das Merckmahl ihrer Macht. Sonſten ſiehet man neben ihr ein Pferd; ingleichem aller= hand Waffen; Item, Cronen/ Buͤcher/ Welt= und Himmels=Kuglen/ Circkeln/ Liniale/ und andere Inſtrumenten; wormit man zu verſte= hen geben will/ daß ſie in allen hohen Wiſſen= ſchafften den Preiß darvon trage.
12. America.
Der muſt’ eh’dem ein Ketzer ſeyn/
So glaubte/ daß ich ſey’ zu finden;
Biß daß Columbus kam’/ die Sache zuergruͤnden:
Ja ſelbſt ein Pabſt/ der ſonſt die Weißheit hat allein/
Wolt’ ſolche Meinung gar mit Bannes=Feſſel’n binde ̅ .America. Diſer vierte Theil der Welt/ den der Florentiner/ Americus Veſputius, ent= decket/ wird vorgeſtellt als ein Weib von oͤhl= bleicher Farb/ und mit einem ſcheußlichen An= geſicht. Ihre gantze Kleidung beſtehet in einer von Federn und Baumwolle ſehr kuͤnſtlich ge= machter Schuͤrtze: Sie haͤlt in der einen Hand einen Pfeil/ und in der andern einen Bogen; Zu ihren Fuͤſſen aber liget ein Koͤcher; eine Eydex; ein Crocodill/ und ein von ſeinem Coͤr= per getrenntes Menſchen=Haupt; darmit zu [173] bedeuten/ daß die Americaniſche Barbarn ſich eben/ wie auch die Eydexen ſelbigen Landes/ mit Menſchen=Fleiſch zu ſaͤttigen gewohnet ſeyen.
13. Die Himmliſche Schoͤnheit.
Was ſich auf Erden findt und regt/
Sih’t man in eig’ner Bildnus leben:
Die Lieb’ und Schoͤnheit GOttes pflegt
Demſelben/ wie er will/ Geſtalt und Geiſt zu geben.Die Himmliſche Schoͤnheit. Es iſt unmoͤglich/ daß ein Menſch eine himmliſche Schoͤnheit gebuͤhrlich vorſtellen koͤnne: In= zwiſchen wann man ſelbige doch verbluͤmter Weiſe beſchreiben ſolle/ ſo iſt ſie nichts anders/ als ein hellglaͤntzendes Liecht. Sie wird da= hero hier abgemahlt wie ein Engel/ der mit leuchtenden Strahlen umbgeben iſt/ und in der einen Hand eine Lilie/ in der andern aber eine Kugel haͤlt.
14. Die gute Vor=Bedeutung.
Der iſt mit Lufft=Gebaͤud’ bemuͤhet/
So Zeichen der Natur hoch haͤlt;
Wiewohl nichts ungefehr geſchiehet.
Zwar diß und jenes offt fuͤrfaͤllt/
Woraus man gute Deutung ziehet/
Da doch ein and’rer nichts drauff ſtellt.Die gute Vor=Bedeutung wird als ein junger Menſch in gruͤner Kleidung (ſo das Zeichen der Hoffnung iſt) vorgeſtellt/ wel [174] cher auf dem Haupt einen Stern/ und unter dem Arm einen Schwanen traͤgt; angeſehen diſes Thier/ wegen ſeiner vortrefflichen weiſſen Farb und guten Vor=Bedeutung/ der Goͤttin Venus gewidmet geweſen.
15. Das gute Gluͤck.
Laſſ’ dich von denen nicht mit vil Geſchwaͤtze plagen/
Die unverſchaͤmte Plaud’rer ſind:
Es iſt doch nichts/ als leerer Wind/
Was ſie von ihrem Gluͤck ſtets ſagen.Das gute Gluͤck bilden wir ab als ein ſitzendes Weibsbild/ ſo ſich mit dem rechten Arm auf ein Rad ſtuͤtzet/ in der lincken Hand aber ein Horn deß Uberfluſſes haͤlt/ und dar= aus offt dem jenigen das meiſte zuwirfft/ der es am wenigſten verdienet. Sie iſt mit Fluͤgeln verſehen/ ihre Leichtſinnigkeit darmit zu be= mercken; und wie ein Rad ſtuͤrtzt ſie bald di= ſen zu Boden/ bald erhebt ſie jenen in die Hoͤhe.
1. Die Liebes=Zuͤchtigung.
Das Gluͤck hilfft allzeit denen Kecken/
Beſonders in dem Liebes=Streit;
Da offt der groͤſte Narꝛ erlangt die beſte Beut’:
Doch pflegt ihn manchmal auch Cupido zu erſchrecken/
Und ſtoͤrt aus Zorn ihm ſeine Freud’.
|| [ID00224]
|| [ID00225]
|| [175]
Die Liebes=Zuͤchtigung wird hier durch eine Venus angezeigt/ welche den
Cupido mit ſeinen Waffen in Geſtalt eines Triumph= Zeichens an einen
Pfeiler anbindet/ und mit ei= nem Roſenſtrauch peitſchet; darmit
zu erken= nen gebende/ daß die freche Liebhaber ſchmertz= liche Stiche
alsdann empfinden/ wann ſie ver= meinen/ ſie haͤtten den Gipffel
ihrer Wolluſt erreicht.
2. Der Liebes=Kampff.
Die Liebe iſt ein Krieg: wer liebt/ der ligt zu Feld;
Er wirffet Schantzen auf; er ſtuͤrmet feſte Plaͤtze/
Und traͤget Lorbeer=Kraͤntz’/ wann er den Sieg erhaͤlt:
Doch kaͤmpfft er auch/ und ſucht/ wie er den Feind verletze.Der Liebes=Kampff. Diſe zwey Liebes=Goͤtter kaͤmpffen umb einerley Sache miteinander/ indem ein jeder den Preiß der Treue darvon tragen will: dahero ſiehet man/ daß/ je mehr ſich der eine bemuͤhet/ den er= worbnen Palm=Zweig zu erhalten/ je mehr auch der andere ſuchet/ ihn zu uͤberwinden: deßwegen nicht ſo bald ein Streit ſich endigen kan/ daß nicht gleich wider ein anderer ange= fangen wird.
3. Der Liebes=Fuͤrwitz.
Stoͤrt eurer Liebſten nicht die Ruh’/
Noch laſſt den Fuͤrwitz euch verfuͤhren:
Wer klug und witzig iſt/ und weiſt ſich zu regieren/
Bewundert/ was er liebt/ und ſchlieſt die Augen zu.
|| [176]
Der Liebes=Fuͤrwitz. Iſt ein nacke= tes Weib/ ſo
diſen kleinen Gott unverſehens bey Nacht in ſeinem Bett mit einem
Liecht be= ſuchet/ und ſehen will/ ob ſie nicht an ihme ei=
nige neue Schoͤnheit erblicken moͤchte: weilen aber ſie
dardurch nichts rechtes oder weſentli= ches erlanget/ als wird ihr auch
niemahlen der Fuͤrwitz vergehen.
4. Die Liebes=Zufriedenheit.
Man ſiehet in der Lieb’ nicht vil Gluͤcks=Roſen breche ̅ ;
Ein jeder klagt/ wie ihn die Marter=Dornen ſtechen:
Hergegen ich befind’ mein’ groͤſte Freud darinn/
Und tauſend Luſt ergoͤtzt den Sinn/
Die ich zwar wohl empfind’/ doch nicht weiß auß= zuſprechen.Die Liebes=Zufriedenheit. Diß iſt ein Weib in einem Himmel=blauen langen Rock; ſo die eine Hand auf ihr mit Blumen und Lorbeer bekraͤntztes Haupt leget; in der andern aber eine mit zerſchiedenen Blumen gefuͤllte Schaale haͤlt: und weilen mitten un= ter denſelben ein Hertz befindlich/ ſo wird dar= durch ihre Vergnuͤgung angedeutet.
5. Die Vergnuͤgung.
Wer groſſe Guͤter hat/ und gantz in Reichthum ligt/
Der wird von Jederman geehret und erhoͤhet.
Wem Reichthum in der Welt zugehet/
Der iſt gluͤckſeelig und vergnuͤgt.
|| [177]
Die Vergnuͤgung. Es gibt unter= ſchiedliche Arten der
Vergnuͤgung ab: gegen= waͤrtige hat das Abſehen auf den Reichthum/
weilen dieſelbe durch einen jungen Menſchen vorgeſtellt wird/
der ſich im Spiegel beſchauet/ ein ſchoͤnes mit
Edelgeſteinen koſtbar verſetztes Kleid und Degen antraͤget/
und in der Hand ein ſilbern mit Goldſtucken und Edelgeſteinen
gefuͤlltes Becken haͤlt: und weilen er hierzu ei= ne
froͤliche Mine machet/ ſo zeiget er darmit an/ daß er anjetzo lauter
Vergnuͤgung habe.
6. Der Liebes=Wagen.
Daß Venus Liebes=Sclaven krieg’/
Will ihre Reitzungen ſie hier zur Schau auslegen.
Ein Weib/ ſo ebenfalls ergreiffet diſen Degen/
Erhaͤlt auch uͤberall den Sieg.Der Liebes=Wagen. Allhier er= ſcheint die ſchoͤne Venus mit allen ihren An= nehmlichkeiten auf einem Triumph=Wagen/ und will/ dem Anſehen nach/ nach Paphos oder Amathontus fahren/ umb allda die Geluͤbde ih= rer Anbeter in der Mitten ihres rond=gebau= ten Tempels anzunehmen. Sie iſt nacket und entbloͤſt/ weilen ſie ſich der Ehre enteuſſert/ und nur nach geilen Wolluſten trachtet; allermaſ= ſen ſie dann mit Myrthen/ als dem Sinnbild derſelben/ gekroͤnet iſt. Ihr Wagen wird von Tauben (welche Thiere das gantze Jahr hin= durch der Liebe pflegen) gezogen. In der rech [178] ten Hand haͤlt ſie eine Kugel zum Zeichen der Herꝛſchafft/ deren ſie ſich uͤber die gantze Welt anmaſſet; und in der lincken drey Aepffel/ zum Angedencken deß vom Paride gefaͤllten Ur= theils; krafft deſſen ſie fuͤr die Schoͤnſte erklaͤ= ret worden. Sonſten iſt ſie auch von den drey Gratien/ als Kammerdienerinin/ begleitet.
7. Die Liebes=Reitzung.
Man hat die Venus allezeit
Die ſchoͤnſte Goͤttin muͤſſen nennen:
Von ihr laſſ’t Spiel/ und Luſtbarkeit/
Und Liebe ſich durchaus nicht trennen.
Ja diſes mehr’t noch die Schoͤnheit/
Daß ſie nie grauſam werden koͤnnen.Die Liebes=Reitzung. Diſe Figur iſt aus einer alten Schau=Muͤntze hergenom= men/ wo die Venus nacket/ mit Fluͤgeln an dem Rucken/ und mit einer Harpffe in den Haͤnden vorgeſtellet wird: die Bloͤſſe bedeutet ihren geilen Sinn; die Fluͤgel ihre Unbeſtaͤndigkeit; und die Harpffe ihre Anlockungen durch das Gehoͤr. Ihr Sohn Cupido bietet ihr einen Narren=Kolben dar/ und bemercket darmit/ daß ſie immer nur luſtig ſeyn/ und Narren= Poſſen treiben wolle.
8. Die Betrachtung.
Dem Kranich wuͤrd’ ſein Flug ſehr ſchwer von ſtatten geh’n/
Wann er nicht Steine wolt’ in ſeine Klauen faſſen:
Dann diß Gewicht muß ihn niemalen fallen laſſen.
Wie koͤnte er ſonſt ſicher ſteh’n?
|| [179]
Die Betrachtung hat zum Sinnbild ein junges Weib/ ſo in der rechten Hand
einen Circkel haͤlt; welches Inſtrument man noͤthig hat/ wann
man ſein außgeſonnenes Werck mit behoͤrigem Fleiß vollenden will:
worauf auch mit dem Linial/ ſo ſie in der lincken Hand zeiget/
abgeſehen wird. Zur Seite aber kom
̅
t ein Kranich in der Lufft zum
Vorſchein/ der in ſeinen Klauen einen Stein faſſet.
9. Das Verlangen nach GOtt.
Mein Hertz acht diſen Welt=Klump nicht;
Der Him ̅ el iſts/ wornach es ſeuffzet/ rufft und heulet:
Dorthin iſt nur ſein Wunſch gericht.
Diß iſt der ſeel’ge Ort/ dahin es laufft und eilet.Das Verlangen nach GOtt ſtehet hier unter dem Bild eines Engels mit außge= breiten Fluͤgeln/ die den Eifer und die Begier= de/ nach dem Himmel (wohin er ſeine Blicke ſchicket) zu fliegen/ anzeigen. Das brennen= de Hertz aber bedeutet/ daß GOtt allein der Grund ſeiner Wercke ſeye: wie dann auch ſol= ches durch den nechſt dabey ſtehenden durſtigen Hirſchen vorgeſtellet wird.
10. Die Diſputir=Kunſt.
Ich unterſuche jedes Ding/
Und kan es darthun und erweiſen:
Mir iſt die Muͤhe gantz gering/
Diß nicht= und jenes gut zu heiſſen.
|| [180]
Die Diſputir=Kunſt wird als ein junger Soldat von
ſtandhaffter Entſchlieſſung abgebildet: ſelbiger
traͤgt auf dem Haupt ei= nen Helm mit zweyen Federn/ einer weiſſen
und ſchwartzen; und ſein Helm Zierate iſt ein halber Mond.
Der Helm ziehlet auf die Ei= genſchafft/ ſo zu der
Diſputir=Kunſt erfordert wird/ als die das Wahre und das Falſche
ver= theidigen muß; wohin man auch mit den zwey Federn/ und dem ſtets
veraͤnderlichem Mond ſein Abſehen gerichtet. In der rechten Hand
faſſet er zwey an beyden Enden zugeſpitzte Pfeile; und mit
der lincken Hand machet er ei= ne Fauſt/ gleich als wolte er jemanden heraus
fordern.
11. Das großmuͤthige Verlangen.
Mir hat der Him ̅ el Staͤrck’ und Kraͤfften beygeleget;
Dem Simſon werd’ ich gleich geacht:
Ich hab ſo wohl als er auch Loͤwen umbgebracht.
Der dringt in allem durch/ ſo Hertz im Leibe heget.Das großmuͤthige Verlangen. Die That diſes jungen Kriegs=Helden zeiget uns an/ wie weit junge Leute durch die Ehr= Begierde getrieben werden. Gegenwaͤrtige Figur ſtellet uns den alten Lyſimachum vor/ welcher von ſo groſſem Muth und Kuͤhnheit geweſen/ daß er in dem Amphitheatro und offe= nem Schauplatz ſich an einen Loͤwen gewaget/ und ihm die Zunge aus dem Rachen geriſſen.
|| [181]
12. Die Herꝛſchung.
Daß groſſer Herren. Ruhm erklingt/
Und hin biß zu den Wolcken dringt/
Iſt kluger Weißheit zuzumeſſen;
Bey der auch Wachtſamkeit geſeſſen.Die Herꝛſchung. Die umb das Haupt diſes Kriegsmanns umbgewundene Schlan= ge bedeutet die Klugheit: er aber ſelbſten ſtreckt die eine Hand aus/ und in der andern haͤlt er einen groſſen Scepter/ worauf ein Aug zu ſehen; und wormit gelehret wird/ daß ein Fuͤrſt uͤber die Voͤlcker/ ſo er zu beherꝛſchen/ ein wachſames Aug haben muͤſſe.
13. Die Verzweifflung.
Was mag dem Unfall ſich vergleichen/
Der mich in die Verzweifflung ſtuͤrtzt?
GOtt will dem keine Gnade reichen/
Der wider ſein Gebott das Leben ſich verkuͤrtzt:
Mein Mord=Hand macht mich ſelbſt erbleichen/
Und fuͤrchtet nicht die Qual/ die ewig/ ewig ſchmirtzt.Die Verzweifflung iſt die Brunn= quell alles Ubels: ſelbige wird hier durch diſes Weib vorgebildet/ welche ihr ſelbſten einen Dolchen biß an das Haͤfft in die Bruſt geſtoſ= ſen. Sie haͤlt in der rechten Hand einen Cy= preſſen=Zweig; weilen diſer Baum/ ſo er ein= mahl abgehauen worden/ weiters keine neue Sproſſen mehr ausſchieſſet. Zu ihren Fuͤſſen ligt ein zerbrochner Circkel/ welcher bemercket/ [182] daß die Vernunfft von ihr gewichen/ und ſie ſich voͤllig der Hefftigkeit ihrer Regung uͤber= laſſen habe.
14. Die Laͤſterung.
Ich laſſ’ der Zung den Zuͤgel ſchieſſen:
Von mir wird jeder angebiſſen/
Er ſey’ Fuͤrſt oder Baur; es ſey’ Weib oder Mann:
Ja/ ſelbſt den Schoͤpffer fall’ ich an.Die Laͤſterung wird ſitzend abgemahlt/ weilen die Faulheit und der Muͤſſiggang der= ſelben eigentliche und fuͤrnehmſte Urſach iſt. Sie traͤgt einen mit Zungen uͤberſtreuten Rock; zum Zeichen/ daß ſie niemahls ermuͤde/ von andern Leuten zu reden. In der rechten Hand haͤlt ſie einen Dolchen/ und bedeutet darmit/ daß ſie ihrem Naͤchſten mit ihrer Zun= ge mehr Unrecht zufuͤge/ als ihme ſonſten mit dergleichen Waffen geſchehen koͤnte; in der lincken aber faſſet ſie einen Ratten; welches Thier auch zu nichts anders/ als zum ſchaͤdlich ſeyn/ tauget.
15. Der Zweykampff.
Flieh’t diſe Hencker/ ſo in Zanck und Balgen leben
Und ruͤhmen/ daß ſie vil von Pferden abgeſetzt;
Die ihren Leib und Seel dem Teuffel uͤbergeben/
Bloß darumb/ daß es heiſt: die Ehre ſey’ verletzt.Der Zweykampff. In diſem Stu†† pflegen die Menſchen gemeiniglich und mei= [ID00234] [ID00235] [183] ſtens ihrer Pflicht zu vergeſſen; wann ſie umb liederlicher Dinge willen einander heraus for= deren/ gewiſe Ort und Mahlſtette beſtimmen/ und ſich wie unſinnig herumb ſchlagen; auch nicht darmit begnuͤgt ſeyn/ daß ſie ſich ſelbſten in Spott und Noth bringen/ ſondern noch darzu ihre beſte Freunde/ die ſie fuͤr ihre Secun- danten anſprechen/ mit ſich in gleiches Ungluͤck und Ruin ziehen.
1. Die GOttes Gelehrtheit.
Weil mir Erleuchtung iſt gewaͤhret/
So ſuch’ und forſch’ ich in der Schrifft/
Ob miteinander diß und jenes wohl eintrifft/
Was heil’ger Maͤnner Mund gelehret/
Und uns zur Nachfolg’ hat geſtifft.Die GOttes Gelehrtheit. Diſes Weib hat zwey Geſichter/ ein altes/ und ein junges; mit dem jungen ſiehet ſie gen Him ̅ el/ und mit dem alten auf die Erde; das/ was ihr beedes Freude/ und dann Verdruß erwecket/ darmit anzuzeigen. Sie ſitzt auf einer blauen mit Sternen beſtreueten Kugel; und hebt den Saum ihres Rocks von der Erde ab/ und in die Hoͤhe; weilen diſe Goͤttliche Wiſſenſchafft nicht an jrꝛdiſche und niedrige Dinge geden= cket. Neben ihr ſtehet ein Rad/ als das Sin ̅ [184] bild der Theologia oder GOttes Lehre: dann gleichwie daſſelbe/ wann es ſich beweget und lauffet/ die Erde nur mit dem unterſten Theil ihrer Circumferenz beruͤhret; alſo muß auch ein GOttes Gelehrter ſich der Sinnen nicht anders/ als mit gewiſer Maaß bedienen.
2. Die Theoria.
Die Ubung iſts/ durch die wird alles außgericht:
Und diß iſt ſo gewiß/ daß man’s nicht widerſpricht.
Doch wird dabey man auch diß ſehen/
Daß ohn’ das Wiſſen kan die Ubung nie beſtehen.Die Theoria mahlet man als ein jun= ges Weib/ ſo gen Himmel aufſiehet/ und eine Stiege hinab gehet; anzuzeigen/ daß Kuͤnſten und Wiſſenſchafften Stapffel=weiß und nach und nach erlernet werden/ und der menſchliche Verſtand Zeit und Weile haben muͤſſe/ wann er die Vollkommenheit erlangen wolle. Sie traͤgt einen Him ̅ el=blauen Rock; welche Farbe unſerem Geſicht das Ziehl ſetzet; und auf ih= rem Haupt ſtehet ein geoͤffneter Circkel; wel= ches Inſtrument ſich wohl zur Theori ſchicket/ umb darmit die Dinge zu meſſen/ und in Rich= tigkeit zu bringen.
3. Die Vormundſchafft.
Ich leb’ zwar mitten in der Welt;
Doch mich ihr Laſter nicht erſchleichet.
Ich lauff’ wohl auch den Weg/ wo mancher Suͤnder faͤllt/
Und nach dem tieffen Abgrund weichet:
|| [185]
Allein/ es nimmt der Hoͤchſt’ ſich meiner gnaͤdig an/
So daß mein Fuß nicht ſtrauchel’n kan.Die Vormundſchafft. Iſt ein Weib/ ſo man in Roth/ als dem Zeichen der Liebe und Barmhertzigkeit/ gekleidet. Sie haͤlt ein Rechenbuch in der einen Hand/ und ob dem= ſelben eine Waag/ mit dem Beywort: Com- pura, das iſt/ rechne; mit der andern Hand faſſet ſie ihren Rock/ und will damit ein Kind bedecken/ ſo zu ihren Fuͤſſen liget und ſchlafft; uͤber welchen auch eine kleine Eydex zu ſehen; weilen diſes Thier die Eigenſchafft an ſich hat/ daß es zu gutem deß auf dem Feld ſchlaffenden Menſchen zu wachen pfleget. Neben zu ſtehet ein Hahn; womit man bedeutet/ daß ein Vor= munder wachſam ſeyn muͤſſe/ ſeines Pupillen Vermoͤgen zu erhalten. Sonſten ſeynd uͤber diſe Materi zerſchiedene Schau=Muͤntzen ge= praͤget worden.
4. Der tapffere Muth.
Bleibt an der Tugend feſt; laſt euch nicht von ihr ſcheiden:
Euch ſoll’ die Suͤnde nur der groͤſte Schroͤcken ſeyn.
Koͤnt ihr/ biß daß ihr ſterbt/ die Laſter flieh’n und meiden/
So zieh’t ihr im Triumph gleichwie ein Siegs=Fuͤrſt ein.Der tapffere Muth. Iſt ein Menſch in ſeinem mannlichen Alter; weilen man umb [186] ſolche Zeit am tuͤchtigſten iſt/ ſeinen Muth durch die Leibs= und Gemuͤths=Staͤrcke zu un= terſtuͤtzen. Er haͤlt in der rechten Hand einen mit einem Lorbeer=Krantz umbgebnen Sce= pter; angeſehen dem tapffern Muth allenthal= ben der Vorzug gebuͤhret: Mit der lincken aber ſchmeichelt er einem Loͤwen/ und gibt dar= durch zu erkennen/ daß ein tapfferer Muth auch die allerwildeſte Gemuͤther ihme koͤnne unterwuͤrffig machen.
5. Die Eitelkeit.
Verlaſt die Eitelkeit/ die Schmincke diſer Erde:
Der iſt vor GOtt verdam ̅ t/ den ſtoltzer Geiſt regiert.
Wolt ihr/ daß euer Nahm beruͤhmt un ̅ ruchbar werde/
So ſeh’t nur/ daß ihr nicht das ew’ge Reich ver= liehrt.Die Eitelkeit erſcheinet hier als eine junge Dirne in einem koſtbarem Kleid/ und geſchmincktem Angeſicht; welche an nichts an= ders gedencket/ als nur wie ſie anderen gefal= len/ und man von ihr reden moͤge. Sie traͤgt auf dem Haupt eine Schaale; und mitten da= rinnen liget ein Hertz.
6. Die Ehrliche Schamhaff= tigkeit.
Wer unverſchamt und frech ſich zeiget/
Der wird von Jederman gehaſſt:
Nichts iſt/ das mehr die Hertzen neiget/
Als wann man ſich ſchamhafft und ehrbar finden laſſt.
|| [187]
Die Ehrliche Schamhafftigkeit
bilden wir ab als eine annehmliche Jungfrau/ welche aus Ehrbarkeit die Augen
niederſchlaͤ= get. Sie hat rothe Backen/ als Zeichen ihrer
Schamhafftigkeit. Ihr Haupt=Schmuck be= ſteht in einem Elephanten=Kopff;
weilen di= ſes Thier uͤber die maſſen ſchamhafftig
iſt. In der rechten Hand haͤlt ſie einen Falcken (wel= cher
Vogel ſehr edle Sinnen hat) und in der lincken einen Zettul/ worauf diſe
zwey Wort geſchrieben ſtehen: Dyzoria procul.
7. Die Warheit.
Wann ihr was redt und thut/ ſo ſetzt Falſchheit bey Seiten;
Die Warheit wohne ſtets auf Lippen/ Zung und Mund.
Diß iſt GOtt angenehm; der will zu allen Zeiten/
Daß man aufrichtig ſey’/ und red’ von Hertzen= Grund.Die Warheit wird vorgeſtellt durch ei= ne nackte Schoͤnheit/ wodurch man ihre Auf= richtigkeit bemercket. Sie faſſet in der einen Hand eine Sonne/ ſo ſie fuͤr einen Gott/ als die Brunnquell der Warheit/ haͤlt; in der lin= cken aber das Bibel=Buch ſambt einem Palm= Zweig. Sie tritt auch mit den Fuͤſſen auf ei= ne Erdenkugel; darmit anzuzeigen/ daß die Warheit uͤber alles gehe.
|| [188]
8. Die Tugend.
Der Himmel zeugte mich aus ſeinem ſchoͤnſten Feur:
Ich bin zwar allzeit werth und theur;
Doch kan ein jeder mich in gleichem Preiß bekom ̅ en:
Und ſo hat mein Reich zugenommen;
Wiewohl der Glantz/ der meinen Leib umbzeucht/
Durchaus ſich meiner Tugend nicht vergleicht.Die Tugend. Diſe junge Dirne/ die ſo wohl angenehm/ als ſchoͤn erſcheinet/ iſt das wahre Bildnus der Tugend; und deßwegen mit Fluͤgeln verſehen/ weilen ſie hoͤhere Ge= dancken fuͤhret/ als der Poͤvel. In der rechten Hand haͤlt ſie eine Pique/ welche bedeutet/ daß ſie ſich uͤber das Laſter ſchwinge; mit der lin= cken aber faſſet ſie einen Lorbeer=Krantz; und mitten auf ihrer Bruſt ſtehet eine Sonne.
9. Die Helden=Tugend.
Wie ruhig iſt der Held/ und ungemein vergnuͤgt/
Der ſeinen ſanfften Sinn nach keiner Rache ſtrecket!
Wann man die Rache meid’t/ die ſich an Handen fuͤg’t;
So iſt es eine Rach’/ die ſuͤſſe ſchmecket.Die Helden=Tugend. Der Hercu- les, ſo diſe Tugend hier vorſtellet/ iſt mit einer Loͤwen= Haut bekleidet/ und faſſet in der rech= ten Hand eine Keule; in der lincken aber drey guldene Aepffel/ die er in dem Heſperidiſchen Garten abgebrochen; durch welche 3. Aepffel dreyerley Helden=Tugenden/ ſo man beſagtem Uberwinder der Ungeheueren beyzuſchreiben [189] pflegt/ verſtanden werden: darunter die erſte iſt die Maͤſſigung; die andere die Nuͤchterkeit/ und die dritte die allgemeine Verachtung der Rache und ſuͤſſer Wolluͤſten.
10. Das kurtze Leben.
Die Zeit laufft und faͤhrt hin behend/
Und fuͤhrt uns nach dem Lebens=End.
Hier laſt uns klug ſeyn/ und bezeugen/
Wie wenig diſes uns beweg’;
Auch trachten unter ſtillem Schweigen/
Daß man dieſelbe wohl anleg’.Das kurtze Leben. Diſes Weibsbild traͤgt auf dem Haupt einen Blumen=Krantz/ und auf der Bruſt die Figur eines Vogels/ Hemorobion genannt/ welcher gleich wider ſtirbt/ ſo bald er nur außgehecket worden. In der rechten Hand haͤlt ſie einen Lorbeer=Zweig/ mit den Beyworten: Verſchwindet und ver= geht in einem Tag.
11. Das lange Leben.
Der Vaͤtter Alter war vordem faſt tauſend Jahr:
Jetzt aber hat ſich’s umbgewendet;
Und unſer Leben wird mit Achtzig nun geendet/
Weil ſich vermehrt der boͤſen Schaar.
Doch hat der Fromm’ den Troſt zu hoͤren/
Daß unſer Leben wird im Himmel ewig waͤhren.Das lange Leben. Iſt ein altes Weib/ und auf die alte Manier gekleidet. Sie ſtuͤtzet ſich mit der einen Hand auf das Haupt eines [190] Hirſchen/ und in der andern haͤlt ſie eine Kre= he; als welche beede Thier/ wie die Geſchicht= Schreiber berichten/ am laͤngſten leben ſollen.
12. Die Wachtſamkeit.
Wir haben keine Ruh’; ſtets rucken wir in Streit:
Steh’ dann als ein Soldat bereit;
Laſſ’ tapffer’n Muth und Klugheit blicken/
Und dich nicht Sicherheit beſtricken.Die Wachtſamkeit. Diſe Figur iſt bereits anderswo erklaͤret worden: und weiſt im uͤbrigen jederman/ daß die Lampe/ der Haaß und der Kranich fuͤr eigentliche und warhaffte Sinnbilder der Wachtſamkeit gehalten wer= den: weilen aber gedachte Wachtſamkeit zer= ſchiedener Arten iſt/ als findet man auch die= ſelbe auf zerſchiedene Weiß abgemahlet.
13. Die Jungfrauſchafft.
Dem kommet niemand gleich/ der unbefleckt hier lebet:
Die Seel’/ ſo nach dem Himmel ſtrebet/
Hat diſes nur allein/ darob ſie ſich erfreut.
Muß dan ̅ gleich durch den Tod der kalte Leib erblaſſen/
Will ich das Leben lieber laſſen/
Als deſſen ſchoͤne Reinigkeit.Die Jungfrauſchafft. Diſe Figur ſtellet eine ſchoͤne Jungfrau vor/ in einem weiſ= ſen Kleid/ und mit einem Blumen=Krantz auf dem Haupt; welche ſich auch in der Mitte deß Leibs auf eine artige Manier mit einer Binde von weiſſer Wolle eng zuſam ̅ en geguͤrtet hat.
|| [191]
14. Der Wille.
Ach! was iſt euer Will’! ihr koͤnnet nichts anfangen/
Wo nicht deß Hoͤchſten Gut’ euch ihre Haͤnde biet.
Soll’ euer Will’ den Zweck/ den ihr geſetzt/ erlangen/
Muß GOTT euch gnaͤdig ſeyn/ ohn welchen nichts geſchieh’t.Der Wille iſt abgebildet als eine blinde Dirne; weilen ſie nichts von ſich ſelbſten hat/ und allzeit zwiſchen Forcht und Hoffnung ſchwebet. Sie hat Fluͤgel an dem Rucken und denen Fuͤſſen/ damit ſie deſto geſchwinder ſich von der Erden hinweg ſchwingen/ und nach dem Him ̅ el fliegen koͤnne. Ihre Kleider ſeynd von veraͤnderlichen Farben.
15. Der Eyfer.
Ihr ſolt dem hoͤchſten GOTT mit Fleiß und Eyfer dienen;
Es nehme euer Hertz nur Andachts=Gaͤſte ein:
In jedem Ort und Zeit ſoll’ eure Treue gruͤnen;
In jedem Stand und Amt kan man Gottsfoͤrchtig ſeyn.Der Eyfer wird hier vorgeſtellt unter der Figur eines Menſchen in Prieſterlichem Habit/ der in der einen Hand eine Peitſche/ und in der andern eine brennende Lampe faſſet.
|| [192]
1. Die Geſchwindigkeit.
Weg/ mit der traͤgen Langſamkeit!
Sie wird Verluſt und Schaden bringen.
Seyd eyfrig/ eil’t geſchwind/ verſaumet keine Zeit;
So kan euch alles wohl gelingen.Die Geſchwindigkeit. Die Be= ſchreibung diſes Gemaͤhlds iſt aus deß Pierij Hieroglyphiſchen Bildern hergenommen wor= den/ als woſelbſten er die Geſchwindigkeit auf die Weiß/ wie man ſie hier vor Augen ſihet/ abgemahlet: nemlichen/ ſie fuͤhret einen Don= ner=Keul/ weilen nichts geſchwinders noch ſchnellers auſſer demſelben zu finden/ in der Hand; neben ihrem Haupt aber ſchwebet ein Sperber/ welcher Vogel den ſchnelleſten Flug hat; und zu ihren Fuͤſſen liget ein Delphin o= der Meer=Schwein/ ſo unter allen Fiſchen am geſchwindeſten ſchwimmet.
2. Das Vertrauen.
Der fuͤhrte harten Stahl umb ſeine kecke Bruſt/
Und dem war keine Forcht bewuſt/
So ſich zu erſt dem Meer und Waſſer woll’t vertraue ̅ /
Und einen leichten Nachen bauen.Das Vertrauen wuͤrde man ſchwerlich natuͤrlicher/ als hie geſchiehet/ abbilden koͤn [ID00246] [ID00247] [193] nen: Und ſtellen wir ſelbiges vor als eine Weibsperſon/ welche ein Schiff in beeden Haͤnden haͤlt/ und daſſelbe ſtarꝛ anſiehet; dar= mit anzudeuten/ daß man aus dem feſten Ver= trauen ſchlieſſen moͤge/ man habe nicht nur ge= naue Wiſſenſchafft von einer Gefahr/ ſondern auch Mittel beyhanden/ ſolche zu vermeiden.
3. Der Rath.
Wie ſoll’ ſich diſer Koͤnig retten?
Er leid’t Verluſt an Land und Staͤdten:
Und greifft er wider an/ ſo hat er doch kein Gluͤck;
Sein boͤſer Rath ſtellt ihm Fallſtrick.Der Rath wird abgemahlt als ein Greiß/ der/ biß er ſeine graue Haar bekommen/ vil erfahren hat. Er traͤgt einen langen ſchar= lachen Rock/ und an dem Halß eine guͤldene Kette; daran ein Hertz hanget/ als der edelſte Theil deß Leibs/ ſo zu erſt lebt/ und zuletzt ſtir= bet. In der rechten Hand faſſet er ein Buch/ weilen die Leſung bey jedem Alter hoͤchſterfor= derlich iſt: die Nacht=Eule aber/ ſo er in der lincken Hand traͤget/ bedeutet das Studieren und Nachſinnen.
4. Die Beſtraffung.
Wer mich anſchaut/ dem jag’ ich Forcht und Schroͤ= cken ein:
Mir iſt Gelindigkeit im hoͤchſten Grad zuwider.
Die Schaͤrffe macht verſtaͤndig ſeyn;
Und groſſe Guͤt’ ſchlaͤgt alles nieder.
|| [194]
Die Beſtraffung ſihet man hier unter dem Bild einer
ſitzenden melancholiſchen Dir= ne/ die in der einen Hand eine Feder
haͤlt/ und darmit ein Buch corrigiret/ woraus ihre Klug= heit abzunehmen;
in der andern aber faſſet ſie eine Ruthe/ als das Sin
̅
bild der
Beſtraffung.
5. Die Hoͤflichkeit.
Durch mich wird manches Volck zur Hoͤflichkeit ge= bracht.
Ich herꝛſche uͤberall mit Macht;
So daß die Tartar’n mich annehmen/
Und ſich nach meiner Weiß bequemen.Die Hoͤflichkeit ſtellen wir vor als ei= ne ſchoͤne Matron/ die mit Leibs=Seelen= und Gluͤcks=Gaben verſehen iſt/ in welchen das Weſen der Hoͤflichkeit beruhet. Sie traͤgt ei= ne Cron/ und einen Koͤniglichen Talar mit Hermelin beſetzt. Sonſten iſt ihre Kleidung weiß/ und zeiget ihre Aufrichtigkeit an: ſie ſtrecket auch ihre Aerme aus/ als wann ſie je= derman freundlich aufnehmen wolte/ und ſtreuet guldene Muͤntze und Edelgeſteine mit vollen Haͤnden aus.
6. Die Friedliche Einigkeit.
Wo Friede wohnet und regiert/
Da wird auch Uberfluß geſpuͤhrt.
Man kan ſie wohl zwey Schweſter’n nennen/
Die mit dem Eintrachts=Band geziert/
Sich niemahls voneinander trennen.
|| [195]
Die Friedliche Einigkeit hat zum Sinnbild ein Weib/ ſo auf dem Haupt einen
Krantz von Oel=Zweigen/ als dem Zeichen deß Friedens/ traͤget; und in einer
Hand ein Ge= ſchirꝛ mit Feur/ ihre brennende Liebe dardurch zu
bedeuten; in der andern aber ein Uberfluß= Horn faſſet; weilen die
Koͤnigreiche durch die Einigkeit bereichert/ und der Friede durch Klugheit
unterhalten wird.
7. Die Calliope.
Es muͤſſen meine Wort durchdringen;
Sie gehen halbe Goͤtter an:
Dann was ſie ruͤhmliches gethan/
Das pfleg’ ich hernach zu beſingen.Die Calliope wird fuͤr die fuͤnffte und dabey fuͤrnembſte unter denen Muſen gehal= ten; ſie iſt jung/ ſchoͤn/ und mit einer guldnen Crone gezieret; traͤgt auch an dem lincken Arm ††erſchiedene Oelzweig=Kraͤntze/ wormit die Poëten pflegen gekroͤnet zu werden; in der rech= ten Hand aber haͤlt ſie drey Buͤcher/ ſo die be= ruͤhmteſte Poëten geſchrieben haben: nemlich Odiſſea, Ilias, und Æmeis.
8. Die Clio.
Darinn beſteht mein Ruhm/ und Arbeit/ die ich treibe/
Daß ich der Helden Nahm’ in die Gedaͤchtnus ſchreibe.Die Clio, als eine Tochter deß Him= mels/ beſinget den Nahmen und die Gedaͤcht [196] nus der groſſen Kriegs=Helden. Man mahlet ſie ab als eine junge Dirne/ ſo einen Lorbeer= Krantz auf dem Haupt traͤgt/ und mit der ei= nen Hand eine Trompete faſſet; anzuzeigen/ daß ſie allzeit bereit ſeye/ die ruͤhmliche Thaten bekannt zu machen: in der andern Hand aber haͤlt ſie ein Buch von dem Thucidide, weilen die Erfindung ſelbiger Hiſtori diſer Muſe zu= geſchriben wird.
9. Die Gnade.
Bey mir nur lauter Gnade bluͤh’t:
Wo Schaͤrffe ſich erzeigt/ da werd ich nicht geſehen;
Mein Fehler iſt die groſſe Guͤt’:
Dann ich laß keine Straff ergehen.Die Gnade. Als Kaͤyſer Severus die= ſelbe vorſtellen wolte/ ſo ließ er eine Schau= Muͤntze mit einem tapffern auf einem Loͤwen ſitzenden/ und in der einen Hand eine Lantze/ in der andern aber einen Pfeil haltendem Weibs= bild praͤgen. Der Loͤw bildet diſe Tugend dar= umb vor/ weilen er ſich ſchon vergnuͤgt/ wann er die/ ſo ihme Schaden thun wollen/ zu Bo= den und unter ſeine Fuͤſſe geworffen; ſo ſeynd auch die Lantze und der Pfeil ſolche Waffen/ die man niemahlen wider oder gegen die ge= brauchet/ die wegen ihrer begangenen Fehler eine Straffe verdienet haben.
|| [197]
10. Die Bezwingung ſein ſelbſt.
Wie kan man groͤſſer’n Sieg erlangen/
Als wann man ſich ſelbſt nimmt gefangen.Die Bezwingung ſein ſelbſt. Gleichwie der Loͤw das erſchroͤcklichſte iſt un= ter den Thieren; alſo iſt auch die Regung/ ſo durch ihn vorgeſtellet wird/ der Menſchen ge= faͤhrlichſter Feind: dahero man/ nach dem E= xempel deß Herculis, alle Muͤhe anwenden ſol= le/ diſes Ungeheur zu bezwingen; welches dan ̅ nicht unmoͤglich ſeyn wird/ angeſehen die Loͤw= en/ wie in gegenwaͤrtigem Sinnbild zu erken= nen/ ſelbſten moͤgen bezaͤhmet werden.
11. Die Gewerbſchafft deß Menſch= lichen Lebens.
Ich bin liebreich und ſanffter Sinnen;
Ich trage mein Hertz auf der Hand;
Ich bringe Gluͤck in jeden Stand:
Dahero kommt es/ daß man mich muß lieb gewinnen.Die Gewerbſchafft deß Menſch= lichen Lebens. Ein Menſch zeiget mit dem Finger auf einen gedoppelten Muͤhlſtein; welcher andeutet/ daß ein Menſch deß andern Huͤlffe vonnoͤthen habe. Er traͤgt einen Stor= chen; weil diſes Thier ſehr huͤlff= und dienſt= bar iſt: dann wann ſie lange Zeit fliegen muͤſ= ſen/ ſo halten ſie einander die Haͤlſe; welches [198] auch die Hirſchen zu thun pflegen/ wann ſie uͤ= ber einen Fluß ſchwimmen.
12. Der Eigenſinn.
Kommt diß Bild ſeltzam in’s Geſichte?
Es iſt’s/ wornach ich mich doch richte.Der Eigenſinn. Iſt ein ſeltzam ge= kleidter junger Menſch/ den man deßwegen mit Verwunderung anſchauet. Auf dem Haupt traͤgt er Federn von zerſchiedenen Far= ben; ſo ein Zeichen der Unbeſtaͤndigkeit. In der rechten Hand haͤlt er einen Blaßbalg/ und in der lincken einen Sporn; darmit zu lehren/ daß eigenſinnige Leute gemeiniglich an diſem die Tugenden loben/ und an jenem die Laſter mit Stachel=Worten ſchelten und beſtraffen.
13. Der Widerſinn.
Ihr moͤget was thun oder ſprechen/
So gibet es doch allezeit
Ein’ ſolchen Hauffen Narren=Leut/
Die in dem Widerſpruch Vergnuͤgungs=Roſen breche ̅ .Der Widerſinn. Iſt ein Weib in ei= nem halb=weiſen Rock; ſo in der einen Hand ein Feur/ und in der andern ein Waſſer haͤlt/ welche zwey Element einander gerad zuwider ſind. Zu beeden Seiten ſihet man zwey Raͤ= der; die da anzeigen/ daß einbildiſche Leute un= beſtaͤndig ſeyen/ und ihre groͤſte Luft darinnen ſuchen/ daß ſie jederman widerſprechen: wel [199] ches ein gefaͤhrlich= und unertraͤgliches Laſter iſt.
14. Die Begierde.
Daß mein Verlangen nichts kan nutzen oder taugen/
Kommt eigentlich daher: ich habe keine Augen.Die Begierde iſt eine ſchaͤdliche Luſt/ ſo aus den Schrancken der Vernunfft ſchreitet; und wird nacket/ wie auch mit Fluͤgeln/ und verbundnen Augen abgemahlt; mithin dar= durch angemercket/ daß ſie gewohnt ſeye/ ihre Fehler vor jederman zu verhehlen/ ſich nach falſchen Dingen zu ſehnen/ und dem Liecht deß Verſtands niemahlen Platz zu geben.
15. Die Beſchreibung der Oerter.
Was wollen diſe Bilder ſagen/
Die dort mein Circkel hin auf jene Kugel zeucht?
Die Deutung iſt/ und gibt ſich leicht:
Wann jeder wolt’ ſich recht betragen/
So haͤtt’ er bald ſein Gluͤck erreicht.Die Beſchreibung der Oerter. Iſt ein ſchlecht gekleidtes Weib/ ſo einen Qua- dranten/ ein Linial/ und einen Circkel in der Hand haͤlt: dann diſe Inſtrumenta muß man nothwendig im Vorrath haben/ wann man die Erden=Kugel auf kuͤnſtliche Art und Weiß abmeſſen will.
|| [200]
1. Das Heilige Rom.
Ich bin die Babel/ die ein heil’ger Mann beſchrieben/
Auf die der Lehrer Hauff auch ſambtlich ziehlet hin:
Zwar iſt das heil’ge Rom geblieben/
Ich aber bin/ was ich nicht bin.Das Heilige Rom ſtehet hier auf= recht/ und traͤgt unter ihrem Kuͤras einen Purpur=Rock mit Gold geſtickt. Ihr Helm= Zierath beſtehet in einem gewiſen Buchſtaben; der auch in einem mit Perlen verſetzten/ und auf einer Lantze/ die ſie in der rechten Hand faſ= ſet/ ſtehendem Oval-Rund zu ſehen. In der lincken haͤlt ſie einen Schild und zwey uͤber= einander Creutzweiß gelegte Schluͤſſel/ davon der eine gulden/ und der ander ſilbern iſt; den untern Spitz ihrer Lantze aber ſtellet ſie auf ei= nen Drachen.
2. Die Einfalt.
Vor Alters hat man ſich der Einfalt gantz ergeben:
Das Manns= und Weibs=Geſchlecht ſah’ man auf= richtig leben.
Wo ſteckt jetzt die Gluͤckſeeligkeit?
Es iſt nicht mehr umb diſe Zeit.Die Einfalt. Iſt eine junge Dirne/ ſo in der rechten Hand eine Taube/ und in der [ID00256] [ID00257] [201] lincken einen Faſanen traͤgt/ auch mit einem weiſſen Rock/ als dem Sinnbild der Einfalt/ bekleidet iſt.
3. Die Aufrichtigkeit der Seele.
Vor Zeiten war es eine Ehr’/
Aufrichtig/ ſchlecht und recht zu wandlen:
Doch diſe Tugend gilt nichts mehr;
Mit Falſchheit pflegt man nun zu handlen.Die Aufrichtigkeit der Seele. Iſt ein junges Weibsbild/ auf deren Bruſt eine Sonne ſtrahlet/ und die Aufrichtigkeit ihrer Seele zuerkennen gibt: wie ſie dann auch zum Zeichen/ daß ſie gantz unſchuldige Begierden habe/ einem weiſſen Huhn Speiſe vorwirfft/ und in der lincken Hand eine Lilie traͤget.
4. Der Unterhalt.
Die Erde traͤgt uns nicht allein;
Sie ſpeiſt uns auch mit Brod und Wein:
Mit dem/ was taͤglich ſie gewaͤhret/
Wird diſe gantze Welt ernaͤhret.Der Unterhalt. Diſes Weib deutet mit ihren Milch=vollen Bruͤſten/ ſo ſie vorzei= get/ auf den Unterhalt/ den wir aus ihrer rei= neſten Nahrung herbekommen. Die Korn= Aehren/ und die Weinreben/ die ſie traͤget/ be= mercken die verwunderliche Fruchtbarkeit der Erden/ als Saͤugammen aller Creaturen.
|| [202]
5. Das Aergernus.
Wann Eiß und kalter Schnee ſich umb den Scheitel legen/
So ſoll’ ſich keine Luſt mehr in dem Hertzen regen:
Verliebte Buͤcher/ und ſonſt and’re Luſtbarkeit
Seynd eine Zeit=Vertreib/ doch nicht fuͤr graue Leut’.
O Greiß! denck an den Tod; verlaſſ’ die eitle Sachen:
Du gibſt ſonſt Aergernus/ und biſt werth außzulache ̅ .Das Aergernus wird durch einen al= ten Mann vorgeſtellt/ weilen die Fehler/ ſo man im Alter begehet/ weit ſichtlicher ſeynd/ dann die/ ſo in der Jugend geſchehen. Die Laute und die Karten/ welche er in Haͤnden haͤlt/ wie auch die verliebte Buͤcher und Ro= mans/ die zu ſeinen Fuͤſſen ligen/ bedeuten/ daß es eine aͤrgerliche Sache ſeye/ wann ein betagter Menſch ſich noch umb die Galanteri bekuͤmmert.
6. Die Narꝛheit.
Was Narren gibt es jetzt! da einer Buͤcher ſchreibt/
Der and’re ſtumm vor Wunder bleibt:
Man kan ſie auf dem Land/ ſo wie in Staͤdten ſehen;
Und man laſt ſie bey Hof wohl bey dem Fuͤrſten ſte= hen:
Doch iſt noch eine Art/ die zeigt ſich gar gemein;
Diß ſeynd die volle Schwein.Die Narꝛheit bilden wir ab als ein na= cketes/ unkeuſches und außgelaſſenes Weib/ welche tuͤchtig iſt/ die allerſchaͤndlichſte Thaten [203] zu begehen: deßwegen lehnet ſie ſich auf ein Schwein/ ſo das garſtigſte unter den Thieren iſt; und haͤlt auch einen halben Mond/ als das Zeichen der Unbeſtaͤndigkeit/ in der Hand.
7. Die Strengheit.
Fuͤrſt/ Obrigkeit/ und die/ ſo Schul und Hauß regie= ren/
Die ſollen ſtrenge Obſicht fuͤhren.Die Strengheit. Iſt ein altes/ mit Lorbeer bekraͤntztes Weib/ ſo in einer Hand ei= nen mit einem Dolchen durchſtochnen Wuͤrf= fel/ und in der andern einen Scepter haͤlt; zu ihren Fuͤſſen aber ein Tiegerthier ligen hat: wormit angezeigt wird/ daß die Streng= und Ernſthafftigkeit denen Alten beſſer/ als denen Jungen/ und zwar fuͤrnemblich Fuͤrſten und Obrigkeiten/ wohl anſtehe: Sie bleibet dem= nach mitten unter denen empfahenden Stoͤſ= ſen und Anfaͤllen allzeit aufrecht ſtehen/ wie ein Wuͤrffel; und laſt ſich weder durch Drohung noch Schwerdt von dem Fuͤrſatz/ das Laſter zu ſtraffen/ abwendig machen.
8. Die Simoney.
Gewiſen Geiſtlichen pflegt alles feil zu ſtehen:
Diß Urtheil hat ein Papſt geſtellt.
Soll’ man hier durch die Finger ſehen?
Bekannt iſts/ daß die Frucht nicht weit vom Stam= men faͤllt.
|| [204]
Die Simoney. Iſt ein Weib/ ſo das Haupt mit einem ſchwartzen
Schleyr bedeckt; weilen ſie gewohnet iſt/ ihre Schand=Tha= ten zu
deſtobeſſrer Beſcheinigung mit falſchen Vorwendungen
zu bedecken: dahero traͤgt ſie in der einen Hand einen kleinen Tempel/
auf welchem ſich eine Taube ſehen laſſet; in der
andern aber einen Beutel/ mit denen Beywor= ten: Intuitu pretij; wegen deß
Gewin
̅
s. Hier= durch wird gelehret/ daß/ weilen die Kirche durch den Heiligen
Geiſt regieret wird/ von demſelben auch alle Geiſtliche
Guͤter herflieſ= ſen; die man aber hernach zu Geld
anſchlaͤget/ und GOtts=vergeßner Weiß daran zu wu= chern
ſuchet.
9. Der Aberglaub.
Es wird der Aberglaub allzeit verhaſſet bleiben;
Wie dan ̅ ihn auch der Heyd der Kirche will zuſchreiben.Der Aberglaub. Diſe alte Vettel hat auf ihrem Haupt eine Nacht=Eule; in der einen Hand einen Craͤyß von Sternen/ und in der andern eine brennende Kertze; ferner un= ter dem lincken Arm einen Haaſen; zu den Fuͤſſen aber einen Kautzen und eine Krehe: welches lauter Thiere von ungluͤcklicher Vor= bedeutung ſeynd.
10. Der Hochmuth.
Hochmuth iſt naͤrriſch und beſchwerlich aller Orten;
Und doch iſt er jetzt Mode worden.
|| [205]
Der Hochmuth wird hier mit leben= digen Farben abgemahlet/ indeme man eine
koſtbar gekleidte junge Dame vorſtellet/ die in der einen Hand einen
Pfauen/ und in der an= dern einen Spiegel traͤget/ auch ſich darinnen
beſihet: welches alles aber ich nicht noͤthig er= achte zu
erklaͤren/ weilen diſe Dinge von ſich ſelbſten
reden/ und lautere Merckmahl deß Hochmuths ſeyn.
11. Die Symetria oder Proportion.
Soll’ Unordnung verhuͤtet ſeyn/
So theilt in jeder Sach die rechte Gleichheit ein:
Doch Fleiß und Kunſt muß bey dem walten/
Der ſolch Proportion will halten.Die Symetria bedeutet eine gerechte und gebuͤhrende Maaß/ die in allen Dingen muß in acht genommen werden; und wird da= hero hier vorgebildet durch ein Weib von be= ſonderer Schoͤnheit/ und deren Leib in allen ſeinen Theilen trefflich wohl proportionirt und geſtaltet iſt. Sie bedecket ſich mit einer Him= mel=blauen Binde/ mit Sternen uͤberſtreut; wodurch man die Planeten andeuten will. Vor ihr ſtehet das Bildnus einer nacketen Venus, von welcher ſie mit einem Linial und Circkel die Proportionen abmiſſet.
12. Die Terpsichore.
Was wunder/ daß mein Tritt iſt an den Tact gebunde ̅ ?
Ich hade ja den Dantz erfunden.
|| [206]
Die Terpsichore, die einen Krantz auf dem Haupt traͤget/ haͤlt eine
Harpffe in der Hand/ nach welcher ſie zu tantzen ſcheinet. Be=
ſagter Krantz/ wie vorhero gemeldet worden/ war bey denen Muſen
nichts ungemeines/ und aus Federn von zerſchiedenen Farben gemacht; welche
diſen ſchoͤnen Jungfrauen gleichſam Siegs=Zeichen gedienet/
da ſie in dem Sin= gen uͤber die Syrenen den Vorzug erhalten
haben.
13. Die Thalia.
Das Schauſpiel liebet jederman/
Weil es die Leut’ ergoͤtzen kan:
Drumb hat man mich auch lieb gewonnen/
Nachdem ich ſelbiges erſonnen.Die Thalia mahlet man mit einem fre= chen und luſtigem Geſicht. Auf dem Haupt traͤgt ſie einen Krantz von Epheu; in jeder Hand eine Larve; und an den Fuͤſſen ſolche Halb=Stiffel/ wie ſie von den alten Comœdian- ten gebraucht worden. Wann dem Virgilio zu glauben/ ſo hat diſe Muſa die Comœdien erfunden.
14. Die Verſuchung.
Daß die Verſuchungen dich nicht in Feßlen ziehen/
Muſtu die Kraͤfften wenden an/
Und die Gelegenheit zu diſem Ende fliehen:
Sonſt iſt es bald umb dich gethan.
|| [207]
Die Verſuchung hat zum Sinnbild ein junges Weib/ ſo in einer Hand
eine Glut= Pfanne mit feurigen Kohlen/ in der andern aber einen Stecken
haͤlt/ wormit ſie beſagte Kohlen aufruͤhret/ damit
ſie eine Flamme ge= ben: dann in dem Verſtand/ wie das Wort
Verſuchen hier genommen wird/ bedeut ſel= biges ſo
vil/ als eine Sache unterhalten/ die an ſich ſelbſten
ſonſten wenig Staͤrcke hat; aber doch tuͤchtig iſt/
ſich beſtaͤrcken zu laſſen/ und die Neigungen
entweder deß Gemuͤths oder deß Leibs zur wuͤrcklichen That zu brin=
gen.
15. Die Langſamkeit.
Was heut geſchehen kan/ ſoll man nicht lang ver= ſchieben;
Wie es bey uns ſonſt wird getrieben:
Allein/ wir alle thun hierinn
Nach rechtem Narren=Sinn.Die Langſamkeit. Man wird nicht leichtlich ein natuͤrlichers un ̅ ſich beſſer ſchicken= des Sinnbild auf die Langſamkeit/ als gegen= waͤrtiges/ ausfinden koͤnnen. Selbiges beſte= het in der Figur eines Weibs/ ſo mit Maul= beer=Aeſten bekraͤnzet iſt/ und auf einer Schild= krotte ſtehet; welche unter allen Thieren am langſamſten fortzugehen pfleget/ eben wie auch der Maulbeer=Baum unter allen Baͤumen die ſpateſte Fruͤchte bringet.
|| [208]
1. Die Polymnia.
Man ließt in meinem Aug/ Geſicht/ und den Ge= berden/
Was ich will/ das bekannt und offenbahr ſoll werden.Die Polymnia. Diſe Muſa traͤgt ei= nen weiſſen Rock/ und hebt ihre rechte Hand/ ihrer Rede darmit einen Nachtruck zu geben/ in die Hoͤhe; in der lincken aber haͤlt ſie einen Zettul/ worauf diß Wort geſchrieben: Suade- re; uͤberreden. Auf dem Haupt traͤgt ſie E= delgeſteine/ den Reichthum ihres Geiſts dar= mit anzuzeigen; indem derſelbe ſich allzeit in der Gedaͤchtnus/ in der Außſprach/ und in kuͤnſtlicher Erfindung herꝛlich ſehen und ſpuͤh= ren laſſet.
2. Das Leyr=Gedicht.
Ich pflege meinen Reim’ in kurtze Wort zu zwingen/
Und ihn zu meiner Leyr zu ſingen.Das Leyr=Gedicht. Iſt ein junges Weibsbild/ ſo in der lincken Hand eine Geige/ und in der rechten einen Fidelbogen faſſet. Ihr Kleid beſtehet aus vielerley/ aber ange= nehmen Farben; iſt aber zimlich eng; womit ſie anzeiget/ daß ein Poët in einer Sache noch vil andere zu begreiffen pflege.
|| [ID00266]
|| [ID00267]
|| [209]
3. Das Helden=Gedicht.
Was der und jener Held gethan/
Was ihn fuͤr Gluͤck geſchienen an/
Und was er auch erdult; das weiß ich zu beſingen:
Es red’t mein Lied demnach von lauter groſſen Dingen.Das Helden=Gedicht. Iſt ein Koͤ= niglich gekleidtes Mannsbild/ von ernſthaff= ten Gebaͤrden; ſo auf dem Haupt einen Lor= beer=Krantz/ und in der rechten Hand eine Zin= cke traͤget; in der lincken aber einen Zettul mit diſen Worten vorweiſet: Nonniſi grandia canto, das iſt: Mein Verß redet von lauter groſſen Dingen.
4. Das Schaͤfer=Gedicht.
Mein Lied iſt zwar ſchlechthin nach Schaͤfer=weiß ge= ſtellet/
Wie es aus Zung und Stimm erhellet/
Die von dem Stall entlehnet ſind:
Doch gluͤckt es mir/ daß ich bey Hof den Zutritt find’/
Und meine Art ihm wohl gefaͤllet.Das Schaͤfer=Gedicht ſtellet man vor als einen Schaͤfer von natuͤrlicher Schoͤn= heit und ohne Schmincke; der in der einen Hand eine Floͤte mit ſieben Roͤhren/ und in der andern einen Hirten=Stab haͤlt/ mit der Beyſchrifft: Paſtorum carmina ludo, das iſt: ich gehe mit Schaͤfer=Liedern umb.
|| [210]
5. Das Stachel=Gedicht.
Mein Thun beſteht darin ̅ / daß/ wan ̅ ich Narren ſieh’/
Ich ſie pfleg’ hoͤhniſch außzulachen.
Und ſo wird man’s auch allzeit machen:
Das Spotten iſt nicht neu/ und eine leichte Muͤh.Das Stachel=Gedicht wird abge= mahlt ohne Gewand/ mit lachendem Geſicht/ in der lincken Hand einen mit Epheu umb= wundnen Stab/ und in der rechten einen Zet= tul haltende/ worauf diſe Wort geſchrieben: Irridens cuſpide figo, das iſt: ich ſpotte und ſte= he zugleich.
6. Die Verzeihung.
Das Blut ſchreyt Himmel=an/ und will jetzt ſeyn ge= rochen/
Das ich wie Waſſer hab’ verſchuͤtt:
Es ſchwebet mir bey jedem Tritt
Der vor den Augen umb/ der von mir ward erſtochen.
Verzeih’ mir diſe That/ O groſſer GOtt! ich bitt’!Die Verzeihung ſtellen wir vor durch einen jungen halb=nacketen Menſchen/ welcher ſich mit ſeinem Feind geſchlagen/ und denſel= ben erleget hat/ aber daruͤber in eine heimliche Reue faͤllet; ſo daß er zugleich den Degen/ womit er den Todſchlag begangen/ zerbricht/ gen Himmel aufſihet/ und GOtt umb Verzei= hung bittet.
|| [211]
7. Die vergebliche Arbeit.
Soll’ man diß unterwegen laſſen?
Ja; weil die Muͤh umbſonſt gethan:
Dann wer kan wohl das Meer mit einem Sieb auf= faſſen?
Den Mond mit Faͤuſten greiffen an?
Auch in dem Bad den Mohren reiben/
Und ihm die ſchwartze Farb vertreiben?Die vergebliche Arbeit. Diſe Fi= gur hat keiner Erklaͤrung vonnoͤthen/ weilen die Sache/ auf die ſie weiſet/ ſo warhafft iſt/ daß ſie Urſach zum Sprichwort gegeben/ wel= ches ſagt: Wer einen Mohren weiß waſchen wolle/ der wende die Lauge vergebens an.
8. Der Meineyd.
Die Maͤnner/ ohn’ Außnahm zu ſagen/
Seind Meineyds voll und ungetreu.
So heißt der Weiber alt Geſchrey;
Von denen man doch mehr kan klagen.Der Meineyd ſteht hier unter dem Bild eines boßhafftigen Weibs/ die in jeder Hand eine Schlange haͤlt/ als Zeichen eines uͤbergroſſen Meineyds.
9. Die Faulheit.
Deß Faulen Sinn iſt bloß auf ſuͤſſe Ruh’ gerichtet/
Auf die er Tag und Nacht ſtets dichtet;
Und immer nur zu feyren meint:
Die Arbeit iſt ſein groͤſter Feind.
|| [212]
Die Faulheit hat zum Sinnbild ein altes auf einem Stein
hinlaͤſſig da ſitzendes Weib/ ſo ihr Haupt mit der
lincken Hand un= terſtuͤtzet/ mit den Beyworten: Torpet iners: das
iſt: Sie iſt Miſt=faul. Zu ihren Fuͤſſen
ligen zerbrochene Guncklen/ und in der rechten Hand faſſet
ſie den Fiſch/ Torpedo genannt; ſo auch ein Sinndild der
Faulheit.
10. Die Verſchwendung.
Von blinder Tobſucht eingenommen/
Vergeſſ’ ich mich ſelbſt und das mein’:
Die Guͤter/ ſo ich hab’/ buͤeſſ’ ich mit Willen ein;
Und ſo will jeder Menſch nur ſeiner Luſt nachkommen;
Kein Geitzhals will freygebig ſeyn.Die Verſchwendung. Iſt eine Weibsperſon mit verbundnen Augen/ die mit zweyen Haͤnden ein umbgekehrtes Uberfluß= Horn faſſet/ aus welchem Gold= und Silber= Muͤntze untereinander heraus fallen: wodurch bedeutet wird/ daß ſie alles blindlings ver= ſchwende und hinwerffe.
11. Die Planimetria.
Ich lehr’ die Flaͤch’ und Eb’ne meſſen;
Der Ingenieur gebrauchet mich:
Dann wann er meiner wolt’ vergeſſen/
So gieng’ die Kriegs=Arbeit wie Krebſe hinterſich.Die Planimetria. Durch diſes Wort verſtehet man die jenige Geometriſche Wiſſen [213] ſchafft/ mittelſt deren man die Laͤnge und Brei= te von allerley Ober=Flaͤchen abmeſſen kan: dahero beduncket mich/ dieſelbe ſeye nicht uͤbel durch diſes Weib vorgeſtellt/ welche den Ja= cobs=Stab/ als das Inſtrument/ ſo man zu di= ſer Arbeit gebrauchet/ in der Hand haͤlt.
12. Die Mahlerey.
Nach der Natur iſt nichts zu ſehen/
So koͤnt’ der Mahlerey gleich gehen:
Doch war es auch ein Gott/ durch deſſen eigne Hand
Uns diſe Kunſt ward zugewandt.Die Mahlerey. Wir haͤtten ein gan= tzes Buch vonnoͤthen/ wann wir diſe edle Kunſt abmahlen wolten. Hier ſoll ſie vorgebildet ſte= hen als eine ſchoͤne junge Weibsperſon mit ſchwartzen krauſen Haaren/ und zugebunde= nem Mund/ auch einer guldenen Kette an dem Hals/ an welcher eine Larve hanget. In der einen Hand faſſet ſie zerſchiedne Pinſel/ ſamt dem Beywort: Imitatio, das iſt: die Nachah= mung; in der andern aber haͤlt ſie eine Tafel oder Gemaͤhld. Sonſten iſt ihre Kleidung von veraͤnderlicher Farbe.
13. Die Bereuung.
Ein Suͤnder/ den der Himmel ruͤhret/
Fuͤhlt wohl/ wie ihn ſein Laſter druͤckt:
Er weint ohn’ Unterlaß/ und ſpuͤhret/
Daß ſeiner Seele wird ſtets Schroͤcknus zugeſchickt.
|| [214]
Die Bereuung der ehmahls begang= nen Fehler wird durch ein trauriges Weib
angezeigt/ ſo an dem Hertzen einen nagenden Wurm ligen hat; womit man auf
die heimli= che Biſſe deß Gewiſſens abziehlet. Sie hebet
ihre Augen gen Himmel auf/ und vergieſſet haͤuffige
Thraͤnen/ als Zeichen ihres Schmer= tzens; wartet aber gleichwolen bey allem ih=
rem Betruͤbnus/ ſo ihr von den Suͤnden ver= urſachet
wird/ auf die Huͤlffe und Beyſtand ihres Erloͤſers.
14. Die Wieder=Erſtattung.
Die Reue iſt umbſonſt/ wann du was haſt entwend’t:
Der Schmertz wird dardurch nicht geend’t/
Noch auch den Hoͤchſten dir genaͤdig machen koͤn ̅ en.
Es muß ein groͤſſer Opffer brennen:
Schrey/ ſeuffze/ wein’/ und dich bekehr’;
Doch gib den Diebſtal wider her.Die Wieder=Erſtattung. Diſes Weib/ ſo zwiſchen einer Kiſte und einem Sack voll Geld ſtehet/ und an den Fingern abzehlet/ was ſie geraubt/ bedeutet/ daß die Wieder= Erſtattung deß uͤbel=erworbenen Guts frey= willig und ungezwungen geſchehen muͤſſe/ wei= len die Suͤnde ſonſten nicht vergeben wird.
15. Das Siegreiche Rom.
Vor mir/ als Koͤnigin der Welt/
Der nichts an Pracht und Macht gefehlt/
|| [ID00274]
|| [ID00275]
|| [215]
Muſt’ ſich der Erden=Craͤyß in tieffer Knechtſchafft biegen.
Ihr Voͤlcker koͤnnet Zeuge ſeyn/
Daß es zu Rom war gantz gemein/
Die Feinde ſeh’n/ und ſie beſiegen.Das Siegreiche Rom ſitzet auf drey Schilden/ und haͤlt in der lincken Hand eine Lantze: hinter ihr ſihet man eine gefluͤgelte Vi- ctoriam, die einen Palm=Zweig in der einen Hand traͤget/ und mit der andern diſer praͤch= tigen/ und aller Staͤdte Stadt einen Lordeer= Krantz aufſetzet/ weil ſie durch ihre Waffen uͤ= ber alle Voͤlcker der Erden triumphieret hat.
1. Die Wildigkeit.
Durch Sanfftmuth bin ich leicht zu beugen/
Und diſe Reitzung nehm’ ich an.
Kein’ groͤſſ’re Narꝛheit findet man/
Als ſchoͤn ſeyn/ und ſich wild bezeugen.Die Wildigkeit wird vorgeſtellt als ei= ne junge Dame, ſo voller Feur/ und gantz be= waffnet iſt; weilen die Waffen gemeiniglich die jenige/ ſo dieſelbe antragen/ kuͤhner und hertzhaffter machen. Sie fuͤhret in der rechten Hand einen Stab von Eichen=Holtz/ und ihre lincke leget ſie auf das Haupt eines grimmi= gen Tigerthiers. Man mahlet ſie aber deßwe [216] gen jung/ weilen bey der Jugend das Gebluͤt die Oberhand hat/ und die Menſchen anfeu= ret/ alles ohne Forcht zu unternehmen. Durch den Stab von Eichen=Holtz/ und das Tiger= thier werden unbezwingliche Dinge beditten.
2. Die Natur (Genius.)
Der Schlaff/ die Ceres und der Wein
Erfreuen jederman/ und heiſſen luſtig ſeyn:
Doch muß darzu/ wann ſie uns ſollen recht begluͤcken/
Auch die Natur ſich ſchicken.Die Natur. Es wird ſich ſchwerlich ein Sinnbild finden/ ſo auf mehrere Weiß vor= geſtellt worden/ als der Natur ihres; davon wir auch eben jetzo zu reden Gelegenheit ha= ben. Wir bilden aber dieſelbe hier ab in Ge= ſtalt eines nacketen und lachenden Kinds/ ſo auf dem Haupt einen Krantz von Magſaamen; in der einen Hand einige Korn=Aehren/ und in der andern einen Weintrauben traͤget.
3. Die Goͤttliche Gerechtigkeit.
Soll nicht der Menſch vor mir wie leichtes Blatt er= beben?
Wie das der Boͤſe zittert nicht?
Dann wann ich ſitze zu Gericht/
Muß nur Gerechtigkeit obſchweben.Die Goͤttliche Gerechtigkeit er= ſcheint unter der Figur einer Matron von ſon= derbarer Schoͤnheit. Selbige traͤgt auf dem [217] Haupt eine Crone/ zum Zeichen ihrer Gewalt; ob der Crone aber ſitzet eine Taube/ ſo ein Sin ̅ = bild deß Geiſtes iſt. Ihr Rock iſt von Gold ge= wuͤrckt/ und bedeutet den leuchtenden Glantz ihrer Gerechtigkeit: ihre Haare ſeynd außge= flochten; wormit die Gnade angemercket wird: ihre Blicke ſeynd ehrbar/ nnd gen Himmel ge= richtet; weilen ſie alles Irꝛdiſche verachtet: in ihrer rechten Hand faſſet ſie ein blinckendes Schwerd/ und in der lincken eine Waage.
4. Die Goͤttliche Eingebung.
Wie das bey jeder Lehr’ man Grillenfaͤnger ſchaut?
Der eine will fromm ſeyn/ der ander’ prophezeyen:
Doch ſind der meiſte Theil auch Schelmen in der Haut/
Und denen billich niemand traut.
Von Oben kommt deß Geiſt’s Gedeyen.Die Goͤttliche Eingebung. Iſt ein junger Knab/ dem die Haare gen Berg ſtehen; welches ſeine Forcht bedeutet. Er ſihet gen Himmel auf/ von dar einige Strahlen herab ſchieſſen/ und ſein Hertz durchbrechen: ſo haͤlt er auch in der rechten Hand ein bloſſes Schwerd; wodurch man anzeiget/ daß die wahre Goͤttli= che Eingebung von allem dem entbloͤſſet ſeye/ was etwa die Seele verletzen koͤnne; in der lincken aber faſſet er eine Sonnen=Blume.
|| [218]
5. Die alte Bilder=Beſchreibung.
Wie manches ſchoͤnes Meiſterſtuck
Gibt den Pallaͤſten Pracht und Schmuck/
Das unter Stein und Staub vergraben waͤr’ ge= blieben?
Wann es mein’ Kunſt/ ſo Jahr und Zeiten haͤlt zuruck/
Nicht haͤtt’ ans Liecht hervor getrieben.Die alte Bilder=Beſchreibung. Diſe Wiſſenſchafft/ welche die alte Statuen von Marmor und Metall/ item die Bildnuſſe von halbem Leib/ die Hauß=Goͤtzen/ der Alten ihre Moſaiſche und andere Gemaͤhlde erken= nen lehret/ wird vorgeſtellt als ein koſtbar ge= kleidtes Weib/ ſo in der rechten Hand einen Circkel/ einen Hammer und ein Winckelmaß; in der lincken aber eine Tafel und ein Linial faſſet. Vor ihr ſtehet ein See=Compaß; dar= mit anzuzeigen/ daß ſie alles mit groſſem Fleiß verrichte.
6. Die Kunſt.
Lebt der gluͤckſeelig/ ſo mit Reichthum nicht verſehen?
Bißweilen kan es ſeyn: dan ̅ der lebt gantz vergnuͤgt/
Dem ſeine Kunſt allein ſtets in dem Sinne liegt/
Und die Gedancken darauf ſtehen.Die Kunſt. Iſt ein Weib/ ſo gantz ver= gnuͤgt ausſihet. Sie haͤlt in der rechten Hand einen Scepter/ an deſſen Spitze ſich eine offe= ne Hand zeiget/ in deren Mitte ein Aug ſtehet. Der Scepter bedeutet/ daß die Kuͤnſtler gluͤck [219] ſeeliger ſeyen als Fuͤrſten und Koͤnige; die Hand und das Aug aber bemercken ihre Ge= ſchicklichkeit und Wachſamkeit.
7. Die Abgoͤtterey.
Wir beten keine Goͤtzen an/
Wie unſer Ahnen=Volck vor Zeiten hat gethan;
Die wir deßwegen auch fuͤr blinde Leute halten.
Doch ſtehet bey euch ſelbſten ſtill:
Iſt nicht die Eigen=Lieb ein Goͤtz/ den ihr laſt ſchalten/
Und jeder auch verehren will?Die Abgoͤtterey. Durch diſes blin= de Weib/ ſo vor einem aͤhernen Ochſen auf den Knien liget/ und ihme raͤuchert/ wird die Ab= goͤtterey verſtanden: welches dann keiner wei= tern Erklaͤrung vonnoͤthen hat; weilen klaͤr= lich erhellet/ daß alles/ was ſie thut/ eine er= ſchroͤckliche Abſcheulichkeit ſeye; angeſehen ſie denen Creaturen die jenige Andetung erzeiget/ die allein dem Schoͤpffer zugehoͤret.
8. Die Ehr=Verluſt.
Schaͤtz’ deine Ehr’ mehr als das Leben/
Mehr als den Reichthum/ den die gantze Welt dar= reicht:
Dann dem Verluſt der Ehr’ das groͤſte Ungluͤck weicht;
Drum ſolt du jederzeit nach gutem Leimuth ſtreben.Der Ehr=Verluſt. Iſt ein halb= nacketes Weib/ ſo Raben=Fluͤgel an den Schultern hat/ und auf einer Trompete bla= ſet; darmit zu belehren/ daß ſie unvermerckter [220] Dingen durch das Geruͤcht ihrer Thaten in Schanden gerathe. Auf ihrem Haupt ſteht geſchrieben das Wort: Turpe, das iſt: ſchand= lich; weilen nemlich der Ehr=Verluſt vil eher von andern/ als von dem/ der darmit befallen wird/ pflegt gemerckt und geſehen zu werden.
9. Die Aufſchneiderey.
Die Soͤhn’/ ſo ich zeug’ ungeſcheuet/
Seynd durch die gantze Welt zerſtreuet:
Wo trifft man einen Menſchen an/
Der nicht ruhmraͤthig iſt/ und brav aufſchneiden kan?Die Aufſchneiderey. Iſt ein Weib/ ſo die eine Hand in die Lufft ausſtrecket/ und in der andern eine Trompete faſſet; ihr Kleid aber iſt mit Pfauen=Federn uͤberſtreut; mit welchem allem angezeiget wird/ daß eitele Leu= te ihre groͤſte Luſt darinnen haben/ wann ſie ih= re eigene Thaten ausbreiten; und daß auch Stoltz und Hochmuth allzeit mit der Eitelkeit vergeſellſchafftet ſeye.
10. Die Unwiſſenheit.
Ein jeder nennt die Zeit/ darinn wir jetzo leben/
Die Mutter der Gelehrſamkeit:
Gleichwolen muß man Zeugnus geben/
Daß ſie der Tum ̅ heit halb’ nicht weniger beſchreyt.Die Unwiſſenheit ward von denen Griechen/ eben wie hier/ vorgeſtellt als ein gantz nacketes Kind/ mit verbundnen Augen; [221] wie daſſelbe auf einem Eſel reitet/ und in der einen Hand den Zaum/ in der andern aber ei= nen Stecken faſſet.
11. Die Ungelernigkeit.
Ein Kopff von zaͤhem Leim und Erden
Nimmt nichts von guter Lehre ein:
Doch der von weichem Wachs mag leicht behandelt werden/
Und kan zu allem tuͤchtig ſeyn.Die Ungelernigkeit bilde ich hier ab als ein auf der Erde liegendes Weib; und zei= ge darmit an/ daß ein tum ̅ er Kopff/ der nichts faſſen kan/ immerdar nur niedertraͤchtig ſeye. Sie traͤgt auf dem Haupt einen ſchwartzen Schleyr; welche Farbe keine andere an ſich nimmt: ſie fuͤhret auch einen Eſel bey dem Zaum/ und lehnet ſich auf ein Schwein; wei= len ſelbiges Thier zu allem untuͤchtig iſt.
12. Die Unentſchluͤſſigkeit.
Der wird allzeit veracht/ ſo ſich nicht kan entſchlieſſen;
Weil er dardurch nur Schaden bringt/
So auch auf ſeinen Naͤchſten dringt:
Drum was du heut kanſt/ laß zu thun dich nicht ver= drieſſen;
Villeicht es morgen nicht gelingt.Die Unentſchluͤſſigkeit. Iſt ein al= tes betagtes Weib/ ſo ſchon vil Veraͤnderun= gen erfahren und erlebet hat. Sie traͤgt auf dem Haupt eine ſchwartze Leinwand; die Ver [222] wirrung und Dunckelheit ihres Verſtands dardurch zu bemercken: ſitzet auch auf einem Stein/ und haͤlt in jeder Hand einen Raben/ der den Schnabel aufthut/ und gleichſam ruf= fet: Cras, Cras; das iſt: morgen/ morgen! welches das Sinnbild der Unentſchluͤſſigkeit iſt/ die alles/ was heute geſchehen ſolle/ auf den morgenden Tag verſchiebet.
13. Die Ungerechtigkeit.
Ich foͤrchte keinen Menſchen nicht/
Und untertrette das/ was das Geſetze ſpricht.
In meiner Willkuhr ſteh’t/ verdammen und loß laſſen:
Gerechtigkeit und Recht pfleg’ ich wie Gifft zu haſſen.Die Ungerechtigkeit. Der weiſſe Rock/ womit diſes Weib bekleidet iſt/ und der gantz beflecket ausſihet/ bedeutet/ daß die Unge= rechtigkeit/ wegen der Verachtung der Geſaͤtze/ eine Verderbnus und Unflat der Seele ſeye: deßwegen tritt ſie hier die Waage mit Fuͤſſen; und wird auch durch die Krote/ ſo ſie in der ei= nen Hand traͤgt/ das Gifft beditten/ wormit ſie die gute Sitten anſtecket: durch das Schwerd aber/ welches ſie in der andern Hand faſſet/ ziehlet man auf die hefftige Begierde/ ſo ſie hat/ die Unſchuld ins Verderben zu ſtuͤrtzen.
14. Der Zorn.
Ich bin ein Hoͤllen=Ungeheur/
Und will ſonſt keinen Rath/ als nur den meinen hoͤren:
Nichts kan mir meinen Vorſatz ſtoͤren;
Aus lauter Blindheit greiff’ ich nur zu Stahl und Feur.
|| [223]
Der Zorn wird hier als eine junge Weibsperſon abgemahlt/ welche gantz
gehar= niſcht iſt/ und einen Drachen=Kopff auf dem Helm fuͤr
einen Zierath traͤgt; auch in der ei= nen Hand ein Schwerd/ und in der andern
ei= ne brennende Fackel ſchwinget; woraus abzu= nehmen/ daß diſe
Gemuͤths=Regung allent= halben mit lauter Feur und Schwerd durch= dringen
wolle: dahero auch ſelbige nicht un= billich beſchrieben wird/ daß
ſie eine blutgie= rige und nicht lang daurende Wuth ſeye.
15. Die Gottloſigkeit.
Es mag der Himmel mir mit allen Blitzen draͤuen;
Ich acht es nur wie leere Spreu:
Bey mir iſt weder Glaub noch Treu;
Der groͤſten Ubelthat wird mich niemahls gereuen.Die Gottloſigkeit. Nicht ohne Ur= ſach wird diſes Laſter unter dem Bild eines Weibs vorgeſtellt/ ſo an dem lincken Arm ein Schwein traͤgt: dann gleichwie diſes das gar= ſtigſte Thier iſt; alſo iſt auch die Gottloſigkeit das heßlichſte und verhaßte unter allen La= ſtern. In der rechten Hand traͤgt diſe Furi ei= ne angezuͤndte Fackel/ darmit ſie einen Pelican verbrennet: wodurch man ſo vil andeuten will/ daß alles/ was die Gottloſigkeit vornim ̅ t/ nur auf den Ruin und Niederſtuͤrtzung der Liebe/ davon der Pelican ein Sinnbild iſt/ gerichtet ſeye.
|| [224]
1. Das Liebes=Spiel.
Vexiert euch mit der Lieb nicht viel/
Daß ſie euch dermahleins kein uͤblen Poſſen ſpiel.Das Liebes=Spiel ſtellet man hier fuͤr durch zwey Cupidines, die einander einen Ballen zuwerffen/ und dabey nicht gedencken/ daß das Liebes=Spiel gefaͤhrlich ſeye; weilen manchmahlen darinnen beede Partheyen un= tenliegen und verlieren.
2. Die Lufft.
Der Menſchen Ehrgeitz hat kein Ende;
Umb eitelen Gewinn durchreiſen ſie das Land/
Und auch den Meeres=Strand:
Trifft aber ſie der Tod/ wie offt geſchieht/ behende;
So ſtaubt ihr Vorſatz dann hin in die Lufft/ wie Sand.Die Lufft wird gemeiniglich abgemahlt als ein Weib mit fliegenden Haaren/ und auf einer Wolcke ſitzend/ umb welche zerſchiedene Voͤgel herumb fliegen. Mit der einen Hand ſchmeichelt ſie einem Pfauen/ als der vor Zei= ten der Lufft=Goͤttin Juno gewidmet war; in der andern aber haͤlt ſie ein Chamæleon; weil ſelbiges Thier etlicher Meinung nach ſich von der Lufft ernaͤhren ſolle.
|| [ID00286]
|| [ID00287]
|| [225]
3. Das Waſſer.
Ich bin das noͤthigſte von allen Elementen/
Und das den groͤſten Nutzen bringt:
Doch gibt es Leute ab/ die mich wohl manglen koͤnten/
Beſonders wann der Durſt nicht dringt.Das Waſſer. Iſt ein nacketes/ an ei= nem Ufer ſitzendes Weib/ ſo in der rechten Hand einen Scepter haͤlt; zum Zeichen/ daß man ſie mit hoͤchſtem Recht die Koͤnigin der E= lementen nennen koͤnne; mit der lincken Hand aber lehnt ſie ſich auf einen Krug/ woraus haͤuffig Waſſer hervor flieſſet; und hinter ihr ſihet man vil Geroͤhrig ſtehen.
4. Die Erde.
Man pflegt anjetzt zu diſer Zeit
Zu der Planeten Zahl die Erd’ auch beyzuruͤcken:
Und zwar nicht ohne Billigkeit.
Wer diſe Meinung ſchilt/ und ſelbige beſtreit/
Kan in die Brillen ſich nicht ſchicken.
Die nicht zu ſeinem Aug bereit.Die Erde præſentiret ſich hier in Geſtalt einer Ehrwuͤrdigen Matron, die einen Blumen= Krantz auf dem Haupt/ und in der einen Hand ein mit allerhand Fruͤchten zum Unterhalt der lebendigen Creaturen eingefuͤlltes Uberfluß= Horn traͤget; in der andern aber eine Kugel haͤlt; anzuzeigen/ daß ſie nach der Meinung der Alten rund und unbeweglich ſeye.
|| [226]
5. Der Flegmatiſche.
Ich folge der Natur/ wann ich die Faulheit lieb’:
Ein jeder ſpuͤhret ſeinen Trieb.Der Flegmatiſche. Iſt ein dicker/ feiſter Menſch/ und wegen ſeiner Faulheit weiß von Farb: derohalben ſihet man auch zu ſeinen Fuͤſſen eine Schildkrotte; und ſein Rock iſt mit dem Fell eines ſehr ſchlaͤffrigen Thiers/ nemlich deß Dachſen/ gefuͤttert.
6. Der Morgen.
Was Aenderung erfolgt/ ſo bald ich aufgewachet?
Die Morgen=Roͤth ſchmuͤckt alle Ding’/
So daß die Natur ſelbſten lachet;
Und auch der Schatz iſt nicht gering/
Wann ſie vil tauſend Perlen machet.Der Morgen. Einige haben denſel= ben vorgeſtellet/ wie er in dem Him ̅ el ſchwebt/ und allerhand Blumen ausſtreuet/ auch die/ ſo aus der Erde hervor wachſen/ mit ſeinen Thraͤnen benetzet. Wir aber wollen ihn hier abbilden unter der Geſtalt eines ſchoͤnen und nacketen Weibes/ welche auf dem Haupt einen Stern traͤget/ und darmit auf die Klarheit der Morgen=Roͤthe deutet. In der Hand haͤlt ſie einen Pfeil/ weilen ihre Hitze uns ſticht und entzuͤndet: und der gefluͤgelte Pegaſus zeiget ih= re Geſchwindigkeit an/ guten Koͤpffen ſchoͤne Gedancken beyzubringen.
|| [227]
7. Der Mittag.
Mich kan die Mittags=Stund inſonderheit ergoͤtzen/
Da man ſich pflegt zu Tiſch zu ſetzen.Der Mittag. Die Venus und ihr Cu- pido ſollen hier das Sin ̅ bild der Sonnen ſeyn; dann gleichwie diſe letztere niemahls hefftiger brennet als umb den Mittag; alſo brennen und verletzen auch die Venus und ihr Sohn die jenige/ die ſie mit ihren Pfeilen oder Flammen in der Mitte ihres Alters getroffen und be= ruͤhret haben.
8. Der Abend.
Der Abend iſt ſchoͤn anzuſehen/
Und angenehmer als der Tag;
Wan ̅ nemlich in der Lufft die Sternen dorten ſtehen/
Und keiner ſich verbergen mag.Der Abend kan nicht beſſer abgemahlt werden/ als unter dem Bild der Diana, welche in der einen Hand einen Bogen faſſet/ und mit der andern eine Kuppel Hunde fuͤhret: wor= mit man belehren will/ daß keine beſſere Zeit in dem gantzen Tag als der Abend fuͤr die Jaͤ= ger ſeye.
9. Die Nacht.
Biß daß die Sonne widerkehrt/
Und uns den hellen Tag gewaͤhrt.
Wird das/ was Athem pflegt zu haben/
Von mir in ſuͤſſe Ruh’ und ſanfften Schlaff begraben.
|| [228]
Die Nacht. Diſes iſt die Koͤnigin der Hoͤlle/
Proſerpina, die auf dem Haupt einen Krantz von Magſaamen/ weil ſie
eine Mutter deß Schlaffes iſt; und in den Haͤnden einen
Dreyſpitz/ und eine brennende Fackel traͤget; und darmit zu erkennen
gibet/ daß ſie die Herꝛ= ſchafft uͤber die
Finſternus fuͤhre; in welcher man unmoͤglich was verrichten kan/
wo ſie nicht durch die Klarheit vertrieben wird.
10. Das Geiſtliche Recht.
Es iſt das Leben ſo beſchaffen/
Daß es vil tauſend Fehler hegt:
Ich ſuch’ zwar ſolche zu beſtraffen;
Doch iſt der Eyfer/ der mich regt/
Faſt meiſtens uͤbel angelegt.Das Geiſtliche Recht. Iſt eine Matron von ſonderlicher Schoͤnheit/ deren Haupt mit glaͤntzenden Strahlen gekroͤnet; und die in der rechten Hand eine Waag/ wo= rinn auf einer Seite eine Crone/ und auf der andern ein Kelch liget; in der lincken aber ein offnes Buch/ und ob demſelben eine Biſchoffs= Muͤtze haͤlt: vornen auf der Bruſt traͤget ſie ei= nen Spiegel/ wodurch der Glaube beditten wird. Die Gerechtigkeit/ die Wuͤrde/ die Wiſ= ſenſchafft/ und die Weißheit ſeynd der herꝛli= che Glantz/ womit diſes Recht oder Geſetze/ oh= ne welches man in dem gemeinen Leben nichts wichtiges verrichten kan/ im ̅ erdar begleitet iſt.
|| [229]
11. Das Natuͤrliche Geſetz.
Was du wilt/ daß dir ſey’ gewaͤhrt/
Solt du dem ander’n auch beweiſen:
So laut der Außſpruch/ den ein weiſer Heyd gelehrt/
Und den die Chriſten auch gut heiſſen:
Dann er iſt in das Hertz geſtellt
Der frommen und der boͤſen Welt.Das Natuͤrliche Geſetz iſt uns in diſem annehmlichen/ mitten in einem Garten ſitzendem/ und an dem obern Leib entbloͤſtem Weib fuͤrgebildet. Durch ihr Schoͤnheit wird beditten/ daß in Erſchaffung der Welt GOtt alle Dinge ſchoͤn und vollkom ̅ en gemacht hade; durch ihre Bloͤſſe und ſchlecht aufgeſchmuͤckte Haar aber zeiget man an/ daß diſes Geſetz al= le Schmincke und Verſtellung haſſe. Sie haͤlt in der rechten Hand einen Circkel/ worauf ge= ſchrieben ſtehet: Was du wilt/ daß dir die Leute thun/ das ſolt du ihnen auch thun. Mit der lincken Hand zeiget ſie auf ihren Schatten/ und bemercket dardurch/ daß ſie ſich mit ihrem Naͤchſten alſo verhalte/ als wann ſie derſelbe ſelbſten waͤre. Der Garten/ darinnen ſie ſitzt/ bedeutet das jrꝛdiſche Paradiß/ woraus ſie vertrieben/ und genoͤthiget worden/ die Erde zu bauen.
|| [230]
12. Die Freygebigkeit.
Nichts nehmen/ und doch haͤuffig geben/
Nannt’ man vor diſem: Fuͤrſtlich leben.
Mild ſeyn/ war groſſer Herren Brauch:
Jetzt ſchencken ſie nur lauter Rauch.Die Freygebigkeit. Diſe Figur er= klaͤrt ſich von ſich ſelbſten/ wann man ſihet/ wie eine ſchoͤne junge Matron in der lincken Hand eine Schaale faſſet/ und mit der rechten unter etlichen kleinen Kindern guͤldne und ſilberne Muͤntzen/ die ſie aus beſagter Schaale heraus langt/ reichlich austheilet.
13. Die Redlichkeit.
Der Nahm’ Aufrichtigkeit iſt heut zu Tag verſchwun= den:
Untreu und Triegerey
Steh’t jetzo jedem frey.
Die Redlichkeit iſt hin/ und wird nicht mehr gefunden.Die Redlichkeit. Iſt ein Weib in ei= nem duͤnnen Rock/ ſo in der einen hand eine brennende Fackel/ in der andern aber eine an zerſchiedenen Orten zerriſſne Larve haͤlt/ und darmit anzeiget/ daß man ſchwerlich einen Menſchen lieben koͤnne/ deſſen Freundſchafft nur in Falſchheit und Verſtellung beſtehet.
14. Die Geilheit.
Wo Mangel iſt an Brod und Wein/
Kan Venus auch nicht luſtig ſeyn.
|| [231]
Die Geilheit ſtehet hier unter der Fi= gur eines leichtfertig=gekleidten
Weibs/ ſo in Gedancken ſitzet/ und das Haupt mit der lin= cken Hand
unterſtuͤtzet; in der rechten Hand aber einen Scorpion haͤlt. Zur
Seite ſtehet ein Bock/ und ein Weinſtock/ als Sinnbilder der
Hurerey.
15. Die Verleumbdung.
Diß heiſt ein boͤſes Maul/ ſo ſtetigs ſeine Zung’
Auf jeden ſtechen laſt/ er ſey’ alt oder jung;
Und auch die Todten nicht verſchonet/
Noch den/ der in Pallaͤſten wohnet.Die Verleumbdung mahlet man mit zweyen brennenden Facklen in den Haͤnden; und gibt darmit zu verſtehen/ daß der Ver= leumbder ein rechter Mordbrenner ſeye/ und indeme er einen heimlichen Haß heget/ verur= ſache/ daß ſelbiger ins Werck ausbreche/ und eben ſo gefaͤhrlich werde/ als eine gluͤende Kohle/ wann ſelbige/ nachdem ſie vorhero lan= le Zeit unter der Aſche verborgen gelegen/ auf eine brennbare Materi geworf= fen wird.
|| [232]
1. Das Creutz.
Wilt du in Himmel mit Triumph und Sieg eingeh’n/
So muſt du auf der Welt nur Kampff und Streit be= ſteh’n:
Den Heil’gen ward auch ſo die Crone beygeleget/
Die in der Ewigkeit der Hoͤchſte ihnen ſchenckt.
So kaͤmpffe dann getroſt/ und bleibe unbeweget/
Und widerſtreb’ der Luſt/ die dich zu faͤllen denckt.Das Creutz ſtellen wir fuͤr durch zwey Haͤnde/ deren jede eine Crone faſſet; nemlich eine him ̅ liſche und eine jrꝛdiſche: anzuzeigen/ daß/ wann man auf der Welt umb JESU Chriſti willen wider die Verfolgungen/ die wir wegen ſeines Nahmens zu erdulten ha= ben/ ſtreitet/ man die Crone der Ehren erlan= gen werde: dann wir wiſſen/ daß uns eine Stim ̅ e ſagt: Niemand wird gekroͤnet/ er kaͤmpffe dann recht.
2. Die Tugend meidet alle Ubermaß.
Die Ubermaß hat uns in Ungluͤck ſtets gezogen:
Verſchwendung mit dem Geitz nim ̅ t gleiche Stelle ein.
Waͤr’ Jcarus/ der Narꝛ/ nicht allzu hoch geflogen/
Er wuͤrde nicht ſo tieff herab gefallen ſeyn.
|| [ID00296]
|| [ID00297]
|| [233]
Die Tugend meidet alle Ubermaß.
Es iſt bekannt/ daß die Tugend niemahls fey= re; vilmehr ihre Ruhe in der
Arbeit beſtehe. Weilen ſie nun ſtets etwas thut/ ſo
ſtellen wir ſie auch hier zwiſchen den Geitz und die Ver=
ſchwendung/ und laſſen ſie denſelben predigen;
wiewohlen alle beede dardurch ſich beleidigt befinden. Die Alte
ſagt: ſie ſpare ihr Geld auf einen Nothfall; und der
Verſchwender gibt vor/ er muͤſſe Unkoſten aufwenden/
ſeine Herꝛ= lichkeit zu zeigen.
3. Der Gerechtigkeits=Durſt.
Ihr GOttes=Kinder/ kom ̅ t/ die ihr nach Gnaden ringt;
Kom ̅ t/ loͤſchet euren Durſt/ wo heil’ges Waſſer ſpringt:
Diß Waſſer kan euch hin zum ſeel’gen Leben fuͤhren/
Indem es euer Hertz mit Chriſto gantz verbind’t;
Und eure Seele wird ein’ heil’ge Luſt verſpuͤhren/
So daß auch Geiſt und Leib dorthin gewendet ſind.Der Gerechtigkeits=Durſt. Diſer durch zerſchiedene Roͤhren ſpringende Bron= nen zeiget uns/ wo die Gnaden=Waſſer/ die der HErꝛ JEſus Chriſtus denen darreichet/ die in Demuth und mit zerknirſchtem Hertzen zu Ihme tretten/ herflieſſen.
4. Die Unvorſichtigkeit.
Es iſt ein ſchweres Ding/ die Ubermaß zu meiden;
Weil jenes manchen ſchoͤn/ und diſes haͤßlich daͤucht:
Drumb wird der ungeſchick’t/ dem man das Ruder reicht/
Wo nicht bey Felſen/ doch auf Baͤncken Schiffbruch leiden.
|| [234]
Die Unvorſichtigkeit ſtehet hier zwi= ſchen dem Geitz und
der Verſchwendung/ nem= lich zweyen Laſtern/ deren eines ſo
ſchaͤdlich iſt/ als das andere. Nichts deſtoweniger wendet
ſich diſer unfuͤrſichtige Menſch zu der Ver=
ſchwendung/ weilen ſie einen Schein der Groß= muͤthigkeit
hat/ und bedencket nicht/ daß das Laſter allzeit ein Laſter
verbleibe.
5. Die Himmels=Thuͤr.
Die Thuͤr iſt JEſus Chriſt/ ſo allen offen ſteh’t;
Er iſt der ſich’re Weg/ ſo nach dem Himmel geh’t/
Und will nicht/ daß jemand zur Hoͤlle ̅ =Abgrund ſencket.
Doch unſ’re Freyheit wird ſehr uͤbel angewend’t/
Wann man nicht auf die Gnad/ die Er uns anbeut/ dencket:
Und ſo bringt unſer Will’ uns oft ein ſchlechtes End.Die Himmels=Thuͤr/ ſo hier in dem Himmel zu ſehen/ bedeutet die Perſon unſers HErꝛn JEſu Chriſti/ durch welchen uns der Himmel geoͤffnet wird/ und wir als Schaafe ſeiner Heerde/ wann wir diſem guten Hirten nachfolgen/ in das Paradiß eingehen/ und ſee= lig werden.
6. Die Natur regiert unſere Begierde.
Die Satzung iſt gut und gelind/
So den Begierden Graͤntzen ſtellet;
Die darumb die Natur auch ſonderlich erfindt/
Daß minder Straffe auf uns faͤllet.
|| [235]
Die Natur regiert unſere Begier= de. Diſe guͤtige Mutter/
die Natur/ gibt ei= nem jeden ihrer Kinder/ was es verlangt; und zeiget dardurch/
daß ſie die Verweſerin der Goͤttlichen Fuͤrſicht
ſeye/ welche alles nach Ge= wicht/ Zahl und Maß ordnet/ und ihr ein
heimliches Geſetz und verborgne Richtſchnur ins Hertz geleget/
Krafft deren ſie unmoͤglich fehlen kan/ wo nicht die verderbte Sitten
eine Hinderung verurſachen.
7. Der Goͤttliche Anblick.
Der Strahl/ den mein Heiland aus ſeinen Augen ſchieſt/
Hat mein erkaltes Hertz zu einem Ziehl erkieſt:
Ich hab’ alsbald die Hitz’ von diſer Flam ̅ geſpuͤhret;
Das Feuer ſeiner Lieb’entbrandte meinen Geiſt:
Und von dort an hab’ ich kein’n ander’n Wunſch ge= fuͤhret/
Als nur zu lieben den/ der JEſus Chriſtus heiſt.Der Goͤttliche Anblick. Diſes Aug/ woraus ein Pfeil heraus gehet/ und ein Hertz durchdringet/ iſt das Sinnbild eines gnaͤdigen Blickes/ den JEſus Chriſtus auf eine betruͤb= te und bußfertige Seele/ wann Er ſich ihrer erbarmet/ zu werffen pfleget. Ubergebet Ih= me demnach euer Hertz/ weil Er der einige iſt/ der ſolle angebettet werden/ damit Er auch daſſelbe mit ſeinen Liebes=Pfeilen beruͤhre/ und mit ſeiner Goͤttlichen Hitze entzuͤnde.
|| [236]
8. Das Laſter haſſen/ heiſt die Tugend erkennen.
Schroͤckt uns das Laſter ſchon/ ſo reitzt es uns auch an;
Doch iſt es allezeit verſteckt in Liſt und Raͤncken:
Nicht anders wie ein Felß/ ſo man nicht ſehen kan/
Den Schiffer treugt/ daß er und ſeine Barque ſencke ̅ .Die Erklaͤrung diſer Gleichnus beſtehet in der Weißheit/ welche hier in der Mitte viler Wolluͤſtler ſich befindet/ und ihnen mit ſolcher Beredſamkeit prediget/ daß ſie/ als eine him ̅ = liſche Hofmeiſterin/ die Suͤnder zur Erkannt= nus bringet/ und ihnen dergeſtalten zuſpricht/ daß ſie hernach einen Abſcheu vor ſich ſelbſten haben.
9. Das erleuchtete Hertz.
Die Flamme deiner Lieb’erleuchtet Hertz und Sinn/
Mein JEſu/ deren/ die ſich zu dir ſehnen hin:
Iſt diſes Himmel=Liecht denſelben angediehen/
So kan ihr Glaubens=Aug/ dem keine Schaͤrffe fehlt/
Auf all’ Geheimnuſſe auch ſeine Strahlen ziehen.
Diß iſt durch diſes Hertz im Bild uns vorgeſtellt.Das erleuchtete Hertz wird vorge= ftellt unter der Figur eines Hertzen/ ſo mit ei= nem vom Himmel herab kommendem Liecht umbgeben iſt/ das die Gnade bedeutet/ welche deß Menſchen Hertz und Seele/ jenes durch die Vernunfft/ und diſe durch den Glauben erleuchtet.
|| [237]
10. Die Tugend iſt deß Men= ſchen Zweck.
Legt Forcht und Hoffnung ab/ deß Geiſtes ſchwere Ketten/
Und laſſet die Vernunfft durch Tugend ſeyn regiert.
Der Sclav iſt raſend/ ſo nicht will in Freyheit tretten;
Der Krancke iſt ein Narꝛ/ der nicht will ſeyn curiert.Diſes Sinnbild beſtehet in der Tugend/ welcher einige Perſonen von unterſchiedlichem Alter ſambt der Zeit nachfolgen; die alle vor der Stimme deß Laſters die Ohren verſtopf= fen/ und die Erinnerungen ihrer Seelen=Leh= rer zu Hertzen nehmen/ von denen ihnen die er= ſte Saamen der Natur und der Weißheit bey= gebracht werden; da dann diſe zwey dem Obe= ren Theil der Seele wider zu der jenigen Herꝛ= ſchafft verhelffen/ die ihm ſein Sclav gewalt= thaͤtiger Weiß geraubet/ und genutzet hat.
11. Der Friede Chriſti.
Der Friede JEſu ſey’ in unſer Hertz gelegt;
Es iſt die Seeligkeit die Frucht/ ſo er uns traͤgt/
Und die man ſuchen ſoll hier und in jenem Leben/
Die ſonſt auch anderswo kein Menſch zu finden weiſt:
Dan ̅ aller Friede/ den die Welt uns pflegt zu geben/
Bringt lauter Ungeluͤck/ das uns zu Boden reiſt.Der Friede Chriſti. Gegenwaͤrtiges Sinnbild iſt der Probierſtein deß Gewiſſens/ und wird vorgeſtellt durch eine Hand/ ſo ein Hertz faſſet/ ober welchem der Him ̅ el ſich gantz [238] heiter erzeiget; und in dem Hertzen ſtehen ein= gegraben die Wort: Pax Chriſti; der Friede Chriſti: dann derſelbe ſolle unſere Hertzen er= freuen/ und von unſerer Seele nicht abgetren= net werden. Diſen Frieden nun zu erlangen/ und zu beſitzen/ muß man Erſtlichen vorhero Friede mit ſich ſelbſten haben/ alſo daß man ſein Gemuͤth beruhige/ und alle uns zuſtoſſen= de Widerwaͤrtigkeiten mit Gedult ertrage; Folgends muß man auch Friede mit ſeinem Naͤchſten haben/ und nicht nur gutes fuͤr gu= tes/ ſondern auch gutes fuͤr boͤſes vergelten/ und ohne Unterſcheid unſern Feinden verzei= hen; Endlichen aber muß man nicht weniger mit ruhiger Gelaſſenheit ausſtehen und erdul= ten/ was man umb den Nahmen JEſu Chri= ſti willen zu leiden hat.
12. In einem jeden Stand kan man gluͤckſeelig ſeyn.
Die Tugend findt ſich aller Orten/
Und ihre Stimm hoͤrt jederman:
Sie klopffet offt bey hohen Porten
Mit angewandten ſuͤſſen Worten/
So wie bey armen Huͤttlein an.Diſes Sinnbild beſtehet in einem Koͤnig/ einer Obrigkeits=Perſon und dem Diogene. Es iſt aber die Weißheit welche alle Menſchen ohne Unterſchied noͤthig haben/ ihnen auch oh= ne Unterſchied guͤnſtig und geneigt: dann ſie liebet alle die/ von denen ſie verlangt und be [239] ſeſſen wird; und wann ſie uns etwa verlaſſet/ ſo geſchiehet es niemahls aus der Urſach/ daß ſie leichtſinnig/ oder uns zuwider waͤre; ſon= dern daß wir ſie nicht achten/ oder uns von ihr treuloſer Weiſe abwenden: daher es dann kombt/ daß ein Koͤnig zum Tyrannen/ und ein Obrigkeits=Perſon ein ungerechter Richter wird; und ſo gehet es auch mit andern Staͤn= den.
13. Die Aufrichtigkeit ge= rechter Seelen.
Gleichwie die ſchoͤne Lilg’ mit ihrer Weiſſe prangt/
Und deren ſuͤſſer Ruch durchgehends Lob erlangt:
So laſſet der Gerecht’ auch ſeine Unſchuld ſehen/
Und ſeine Tugend fuͤllt das gantze Rund der Welt;
Ja ſelbſt der Hoͤchſte will ſie dergeſtalt erhoͤhen/
Daß ſie hinreicht biß an das blaue Himmels=Zelt.Die Aufrichtigkeit gerechter See= len. Diſe Hand ſo eine Lilie faſſet/ und ſie biß an den Himmel hebet/ bedeut die Unſchuld gerechter Seelen: dann gleichwie eine Lilie nicht nur ſchoͤn iſt/ ſondern auch ihren Geruch weit uͤber den Ort/ wo ſie gebluͤhet/ hinaus ſtreuet; alſo laſſet auch der Gerechte den Ge= ruch ſeiner Tugenden der Welt empfinden/ und die Weiſſe ſeiner Seele iſt vor GOtt wie diſe ſchoͤne Blum.
|| [240]
14. Die heilſame Geneſung.
Wann deine Augen will ein dunckler Flecke decken/
So lauff’ſtu zu dem Artzt/ und ſucheſt Huͤlff und Rath:
Indeſſen laͤſſeſtu die Seel in Suͤnden ſtecken/
Und retteſt eher nicht/ biß alle Huͤlff zu ſpat.Die heilſame Geneſung. Die Er= klaͤrung diſes Sinnbilds beruhet auf vier Bil= dern: das erſte iſt ein reicher Wucherer/ wel= cher/ weil er etwas Boͤſes am Auge hat/ umb Huͤlffe ruffet: worauf die Weißheit und die Zeit herbey kommen/ und ihme ihre Huͤlffe an= erbieten; allein/ diſer willig Blinde ſtoſſet ſie von ſich/ und ſchreyet nach dem Augen=Artzt; der dann ſeine Operation bey ihme vornimbt/ und dem Aug Linderung verſchafft; da indeſ= ſen aber die Seele von ihrem Schaden nicht befreyet wird.
15. Die gerechte Seele.
Niemahls iſt der Gerecht’ in ſeinem Thun verzagt;
Ihn ſchroͤckt kein Donner nicht/ wie ſtarck er auf ihn ſchlagt.
Die Tugend lehret ihn in allem Ungluͤck lachen:
Dan ̅ GOtt iſt nur ſein Ziehl/ wornach er ſtetigs ſtrebt;
Drumb ſteh’t er wie ein Palm/ es mag gleich alles krachen/
Und zeigt/ wo er nur iſt/ daß er vergnuͤglich lebt.Die gerechte Seele gleichet einem bluͤhenden Palm=Baum: dann ſie erhaͤlt von GOtt die Krafft und Staͤrcke/ den Anfaͤllen [ID00306] [ID00307] [241] der Feinde unſers Glaubens zu widerſtehen; und gleichwie der Palm=Baum nur ſtaͤrcker wird/ wann ihn die gewaltige Winde zu Bo= den reiſſen wollen; alſo erweiſet auch die ge= rechte Seele ihre Staͤrcke und Tugend in al= len widrigen Faͤllen/ ſo derſelben begegnen moͤgen.
1. Die Liebes=Pein.
Es iſt ein’ gantz gemeine Sag’/
Die Liebe ſey’ ein’ rechte Plag’;
Und zwar aus deſſen Schuld/ ſo ſelbe ſich erwaͤhlet:
Doch bleibt’s dabey: die Liebe quaͤlet.
Iſt nun der nicht ein Narꝛ/ der ſich verlieben mag.Die Liebes=Pein. Es hat die Liebe ſo vil Arten/ ihre Kinder zu quaͤlen/ daß es un= moͤglich waͤre/ dieſelbe alle zu beſchreiben. Die Pein/ ſo wir hier vorſtellen/ hat die Geſtalt ei= ner jungen Dirne/ die ein kurtzes Kleid antraͤ= get/ und ſich das Hertz von einer Taube durch= freſſen laſſet: auf ihrem Haupt aber ſtehet ein brennendes Hertz.
2. Die Betriegerey.
Man haſſet die Betriegerey;
Und gleichwol bluͤh’t ſie aller Enden:
So daß man gute Sitten flieh’t ohn’ Scheu/
Und beedes Fuͤrſt und Baur ſich zum Betriegen wen= den.
|| [242]
Die Betriegerey. Iſt ein alter mon- ſtroſer Mann/
deſſen unterer Leib aus zweyen ineinander geflochtnen
Schlangen=Schwaͤn= zen beſtehet. In der einen Hand haͤlt er drey
Angel; und in der andern einen Blumen= ſtrauß/ woraus eine Schlange hervor
kreucht. Zu ſeinen Fuͤſſen aber ſihet man ein
Panter= thier/ als das Sinnbild der Betriegerey.
3. Die Tyranney.
Man ſih’t/ daß alle Noth/ ſo Land und Reich ver= wuͤſtet/
Allein daher den Urſprung hat;
Weil Fuͤrſten thun/ was ſie geluͤſtet/
Und was ihr eig’ner Wille rath.Die Tyranney. Diſe meiſterloſe Da- me ſchicket ſich in allem gar wohl auf die Ty= ranney: dann ſie iſt bewaffnet/ ſie ſtehet/ und/ an ſtatt deß Scepters/ faſſet ſie ein bloſſes Schwerd; ihre Crone iſt von Eiſen; und laſt ſich auch unſchwer errathen/ was man mit dem Joch/ und dem Zaum/ ſo ſie in der einen Hand haͤlt/ andeuten will.
4. Die Tugend.
Koͤnt’ man die Tugend bloß und Mutter=nacket ſehen/
Ich weiß/ ein jeder waͤr’ verliebt:
Allein/ wo iſt der Menſch/ der ihr ſucht nachzugehen?
Und der ihr nicht vilmehr verhaſſte Titel gibt?
Vil minder ſich darinnen uͤbt?
|| [243]
Die Tugend wird darumb als eine ſchoͤ= ne junge Dirne gemahlt/
weilen bekannt iſt/ daß ſie nicht alt werde. Die Schoͤnheit ihres
Angeſichts zeiget ihren Verſtand an; im uͤbri= gen iſt
ſie mit Fluͤgeln am Rucken verſehen/ und faſſet eine
Lantze in der rechten Hand/ in der lincken aber einen Lorbeer=Krantz: und auf
ihrer Bruſt ſcheinet eine Sonne.
5. Die unuͤberwindliche Tugend.
Es muß ſich alles vor mir biegen/
Ob es gleich gantz unmoͤglich ſcheint.
Kurtz: wer iſt/ der mich kan beſiegen?
Nicht einer/ wann er es ſchon meint.Die unuͤberwindliche Tugend bil= den wir vor wie eine Pallas, die auf dem Haupt einen Helm/ in der rechten Hand eine Lantze/ und in der lincken einen Schild traͤget/ auf welchem diſe Wort zu leſen: Nec ſorte, nec fa- to; das iſt:
Nicht durch Geſchick/
Auch nicht durch Gluͤck.womit belehret wird/ daß die Tugend uͤber alle Dinge triumphiere.
6. Die Tugend deß Leibs und der Hertzhafftigkeit.
Wer dapffern Muth und Staͤrcke heget/
Hat einen Schatz weit uͤber Geld:
Wo aber Geiſtes=Staͤrcke fehlt/
Da wird ein Grund ohn’ Nutz geleget.
|| [244]
Die Tugend deß Leibs und der Hertzhafftigkeit. Iſt ein gantz nacketer
Hercules, der in der einen Hand ſeine Kaͤule faſſet/
und mit der andern einen Loͤwen und wildes Schwein zugleich fuͤhret. Der
Loͤw be= deutet die Hertzhafftigkeit/ und das wilde Schwein die
Leibes=Staͤrcke.
7. Das thaͤtige Leben.
Die ſtille Nuh’ gefaͤllt mir nicht/
Und Faulheit kan mich gar nicht laben:
Ich muß ſtets was zu ſchaffen haben;
Mein Sinn iſt auf das Thun gericht.Das thaͤtige Leben mahlen wir als einen betagten ſtarcken Menſchen/ der auf dem Haupt einen groſſen Hut traͤget; in der rech= ten Hand aber ein Grabſcheid/ und in der lin= cken eine Pflugſcharre faſſet; darmit anzuzei= gen/ daß der Feldbau unter allen Ubungen der thaͤtigſte und nothwendigſte zu Erhaltung deß Menſchen ſeye. Michaël Angelus hat das thaͤ= tige Leben auf dem Grabmahl Julij II. unter dem Bild der Tochter deß Labans vorgeſtellt/ und derſelben in die eine Hand einen Spie= gel/ und in die andere einen Blumen=Krantz gegeben.
8. Das Menſchliche Leben.
Ihr Menſchen lebet zwar; doch wan ̅ ihr wolt erkennen/
Was Menſchlich’s Leben ſey’ zu nennen;
|| [245]
So ſchauet diß Gemaͤhlde an/
Wo man ſein Bild recht finden kan.Das Menſchliche Leben. Iſt ein Weib in einem gruͤnen Kleid/ ſo auf dem Haupt einen Krantz von dem Kraut/ Immer= gruͤn genannt/ und ob ſolchem Krantz einen Phœnix traͤget. In der rechten Hand haͤlt ſie auch eine Geige ſambt dem Bogen/ und in der lincken einen Becher/ woraus ſie einem Kind zu trincken gibt.
9. Das unruhige Leben.
Wilt du die ſtet’ Bewegung finden/
So ſuche ſie nicht auſſer dir.
Der Sysiphus, O Menſch/ bemuͤht ſich fuͤr und fuͤr.
Und ſtellt dir vor dein Unterwinden;
Deßwegen gleich’ſtu ihm gar fein:
Dan ̅ wie er ſeinen waͤltzt/ ſo waͤltzſtu deinen Stein.Das unruhige Leben. Wann man zeigen will/ daß das Menſchliche Leben einer immerwehrenden Unruh unterworffen ſeye; ſo darff man nur den Sysiphum vorſtellen/ wel= cher/ nach dem Bericht der Poëten/ immerhin und ohne Unterlaß einen groſſen Stein auf die Spitze eines hohen Berges hinauf waͤltzet. Diſer Berg nun bedeutet unſer Leben/ und deſſen Spitze die Zufriedenheit/ wornach ein jeder ſtrebet: durch den groſſen Stein aber/ den der Sysiphus traͤget/ wird die Muͤhe und Sorge/ wormit wir alle uns ſchleppen/ damit [246] wir unſern Zweck erlangen moͤgen/ ange= mercket.
10. Das Einſame Leben.
Ich pfleg’ als Eitel zu verachten/
Wornach die blinden Menſchen trachten;
Ich halte alle Welt und Reichthum nur fuͤr Koth:
Mein Schatz iſt nur allein mein GOtt.Das Einſame Leben wird auf zweyer= ley Manier abgebildet: Erſtlichen/ als ein na= cketes Weib/ welche die eine Hand aufthut/ und gen Himmel hebet/ in der andern aber ei= nen Zettul faſſet/ worauf diſe Wort aus dem Pſalm=Buch geſchrieben ſtehen: Mihi inhæ- rere Deo, bonum eſt, das iſt: Meine Luſt iſt an dem HErꝛn. Hernach auch als ein Weib/ ſo gen Himmel ſihet/ von dannen helle Strahlen auf ſie herab fallen: auf dem Haupt traͤgt ſie Fluͤgel; weil ſie ihre Gedancken niemahlen auf eitle und vergaͤngliche Dinge richtet/ ſondern vilmehr im ̅ erdar nur in die Hoͤhe ſchwinget.
11. Die wahre Weißheit.
Mir folgen wenig nach zu diſer boͤſen Zeit:
Die Hochheit bloß den Menſchen freut;
Ob ſchon die Weißheit deutlich lehret/
Daß alles werd’ in Nichts verkehret.Die wahre Weißheit iſt gantz himm= liſch; und erſcheinet demnach als ein Weib/ ſo weit uͤber die Erde erhoben. Sie iſt faſt gantz [247] nackend/ und hat Fluͤgel an dem Rucken/ Strahlen umb das Haupt/ und Wolcken un= ter den Fuͤſſen. Diſes alles miteinander be= deutet/ daß ſie diſe Welt/ ſo durch den Nebel und Wolcken vorgeſtellt wird/ verachte; und an ihrer Bloͤſſe groſſen Gefallen trage/ in= dem ſie ſich aller Hochheit und Reichthum der Welt entaͤuſſert.
12. Die Urania.
Ich hebe die gelehrte Welt/
Wie es mein Nahme zeigt/ biß an das Himmels=Zelt;
Da kan ich Wolcken und die dicke Nebel trennen/
Und dann der Sternen Lauff erkennen.Die Urania iſt in Himmel=blau geklei= det/ und mit Sternen gekroͤnt; und traͤgt in beeden Haͤnden eine groſſe Kugel. Diſe Muſa hat einen Griechiſchen Nahmen/ und bedeutet den Himmel; weilen ſie die gelehrte Leute biß dorthin erhebet: deßwegen traͤget ſie auch eine Sternen=Cron/ und eine Himmels=Kugel.
13. Der Wucher.
Der Wucher iſt wie Gifft verhaſſt;
Und wird vor ſchaͤndlich auch gehalten.
Wie kommt es dann bey Jung und Alten/
Daß man ihn doch ſo wenig laſſt?Der Wucher. Diß iſt ein in Gedan= cken ſtehendes Weib/ ſo mit der einen Hand Geld zehlet/ und in der andern einen Becher/ [248] wie auch guldne Ketten und Perlen=Schnur faſſet; womit ſie anzeiget/ daß ſie niemahlen anders als auf gute Unterpfand ausleihe/ und mithin einen uͤbermaͤſſigen Zinß einzuziehen ſuche: welches aber in Goͤttlichen und Weltli= chen Rechten verbotten iſt.
14. Die Rache.
Wuth/ Raſerey und grimmig Weſen
Kan man mir im Geſichte leſen;
So bald ich nur beleidigt bin/
Steigt lauter Rache in den Sinn.Die Rache wird vorgeſtellt als ein er= zuͤrnetes Weib/ ſo mit der rechten Hand einen bloſſen Dolchen faſſet/ und an der lincken ſich in einen Finger beiſſet. Vor ihr ſtehet ein Loͤw/ der mit einem Pfeil durchſchoſſen worden/ und deßwegen wuͤtet und tobet: dahero er ein Sinnbild der Rache iſt.
15. Das Laſter.
Es hat der Laſter=Wuſt die gantze Erd’ beflecket;
Mit Ungerechtigkeit ligt alles angeſtecket:
Deß Meuſchen Hertz iſt falſch/ mit bitt’rer Gall’ge= netzt;
Drumb hat die Tugend ſich in Himmel hingeſetzt.Das Laſter. Ein junger Menſch lieb= koſet einer ſiebenkoͤpffigen Waſſer=Schlange: Und iſt es auch nur allzu wahr/ daß wir in der Jugend mehr/ als in unſerm uͤbrigen gantzen [ID00316] [ID00317] [249] Leben dem Laſter nachhengen/ und dergeſtalten dabey verblendet ſeyn/ daß wir unumbgaͤng= lich in unſer aͤuſſerſtes Verderben verfielen/ wann nicht die Vernunfft ſich gleich Anfangs darwider ſetzete/ und uns vor dem Sturtz be= wahrte.
1. Die Maͤſſigkeit.
Der/ ſo fuͤrſichtig will in ſeinem Thun verfahren/
Muß ſtets mit Maͤſſigkeit auch ſeine Sinn verwahren;
Das wird durch diſe Haͤnd’ und diß Geſchirꝛ bedeut:
Dan ̅ wer in Speiſen nicht weiſt rechte Maß zu nehme ̅ /
Der hat nichts im Beſitz als Unvoll kommenheit;
Und wird von jederman verhoͤhnt ſich muͤſſen ſchaͤmen.Die Maͤſſigkeit. Durch diſe Hand/ ſo ein Geſchirꝛ voll Waſſer haͤlt/ und daſſelbe in eine Schaale/ die von einer andern Hand gefaſſet wird/ ausgieſſet/ deutet man auf die Maͤſſigkeit/ und zwar fuͤrnemlich auf die jeni= ge/ ſo in Eſſen und Trincken beſtehet: dann hierinn ſoll der Menſch rechte Maß gebrau= chen/ will er anders die Vernunfft und Ver= ſtand behalten.
2. Die Natur und die Nahrung.
Mein’ſtu/ daß die Natur nur werd’ allein arbeiten?
Es muß dein Fleiß und Muͤh’ auch beygeſetzet ſeyn:
Man muß den Acker wohl mit Pfluͤgen zubereiten;
Und wann der Baursmann nicht wirfft guten Saa= men ein/
So iſt die Ernde klein.
|| [250]
Die Natur und die Nahrung.
Diſes Sin
̅
bild beſtehet in drey Figuren; als: die Natur
ſtellet mit groſſer Schamhafftigkeit ihre Schwaͤche der
Weißheit vor/ und zeiget ihr/ wie ſie faſt halbnacket ſeye; und
weil ſie von derſelben eine guͤnſtige Antwort
erhaͤlt/ ſo redet ſie hernach auch mit der Goͤttin der
Kuͤn= ſten und Wiſſenſchafften: worauf ſie
beede di= ſer Elenden und Ungluͤckſeeligen ein gutes Hertz
einſprechen/ ſie ermuntern/ ſtaͤrcken/ und den Gebrauch der
Waffen lehren/ auch ihr ver= ſprechen/ daß ſie dieſelbe nicht
verlaſſen wollen/ biß ſie ihre Feinde uͤberwunden habe. Und
ſol= cher Geſtalten macht die Natur den Anfang/ und die Nahrung
vollendet das Werck.
3. Die Vortrefflichkeit der Thraͤnen.
Wer Freude haben will/ und Luſtbarkeit verlangt/
Der ſaͤe Thraͤnen aus/ und ſey’ von Creutz bedrangt:
Dann dardurch werden wir zum Him ̅ el angefuͤhret.
Drumb wuͤnſch’ und ſehn’ dich nur nach Trauren/ Schmertz und Leid:
Es wird dein weinend Hertz hernach mit Luſt ge= ruͤhret/
Und deine Creutzes=Laſt verkehret ſich in Freud.Die Vortrefflichkeit der Thraͤnen. Diſe Augen/ ſo gen Himmel ſehen/ und Thraͤ= nen vergieſſen/ bedeuten/ daß die/ welche auf Erden ihre begangene Suͤnden beweinen/ bey [251] GOtt ſolchen Troſt finden werden/ daß ihre Traurigkeit in Freude/ und ihre Schmertzen in lauter Luſt ſich verkehren ſollen.
4. Die Nahrung uͤbertrifft die Natur.
Wer Soͤhn’ und Toͤchter hat/ die ungerathen ſind/
Dem wird die Schuld recht zngeſchrieben:
Dann nicht der boͤß Planet/ der ſich am Himmel findt/
Die Zucht iſt es/ die ſie zum Laſter angetrieben.Die Nahrung oder Auferziehung uͤbertrifft die Natur. Die Weißheit zeigt uns hier durch Vorſtellung deß Lycurgi, daß ſie uͤber die Natur herꝛſche. Diſer Geſetz= geber haͤlt eine Tafel in der Hand/ worauf er ſeine Geſetze geſchrieben/ und dem Volck vor= gewieſen; welches jedoch dieſelbe fuͤr ſeltzam und unthunlich angeſehen: nachdem es aber wahrgenommen/ wie ein Windſpiel die Kuche gehuͤtet/ hergegen ein Schaafhund einen Haa= ſen gejaget; ſo hat es geſtehen muͤſſen/ daß alles an der Auferziehung gelegen ſeye/ und daß die Natur von der Nahrung uͤbertroffen werde.
5. Das Gebett deß Gerechten.
Laſt ſein Gebett der From ̅ ’ gen Him ̅ el aufwarts geh’n;
Stracks wird deß Hoͤchſten Aug herab auf ſelbes ſeh’n/
Und ſich ſein Ohre auch zu deſſen Bitten neigen.
Wer aber immerfort der Boßheit ſich befleiſt/
Dem will Er lauter Blick von Zorn und Grim ̅ e zeige ̅ /
Wan ̅ Er mit Donner=Keuͤl auf ſeinen Nacken ſchmeiſt.
|| [252]
Das Gebett deß Gerechten. Die zwey Augen und Ohren in dem Himmel zeigen an/
daß GOttes Augen und Ohren allzeit be= reit ſeyen das Gebett deß Gerechten
anzuſehen und zu erhoͤren. Welches dann gleichſam ein
vertrautes Geſpraͤch iſt/ ſo die Seele mit ihrem
Schoͤpffer zu halten/ und ihme ihre Suͤnden zu beichten pfleget.
6. Die Reinigkeit deß Hertzens.
Verbeſſert euer Thun/ und reiniget die Sinnen/
Damit das Laſter nicht die Hertzens=Ruh’ zerruͤtt’:
Es wird ein Himmels=Safft auch den Geſchmack ge= winnen/
Den das Gefaͤß gehabt/ darein er ward geſchuͤtt.Die Reinigkeit deß Hertzens wird ſehr artig durch diſes Sinnbild vorgeſtellt: dann hier waſchet und ſaͤubert man in einer Kuche das Geſchirꝛ/ ungeachtet gleichwolen noch nichts Unreines darein gethan worden; und lehret mithin/ daß/ ob zwar unſerer Ein= bildung nach unſer Hertz keine boͤſe Neigun= gen hege/ man dannoch nicht unterlaſſen muͤſ= ſe/ ſich taͤglich nach dem Him ̅ el auf zu ſchwin= gen.
7. Die Reinigkeit deß Hertzens.
Der Hoͤchſte liebet uns/ wann nur das Hertze zeigt/
Wie es zur Reinigkeit/ und nicht zur Suͤnd ſich neigt:
|| [253]
Wir folgen dem Geſetz/ das Er uns hat gegeben/
Wann die Gebott von uns genau gehalten ſind;
Drumb wir mit unſer’m Thun auch ſollen dahin ſtreben/
Daß lauter heil’ger Trieb ſich in den Sinnen find’.Die Reinigkeit deß Hertzens. Das Hertz/ ſo hier in den Geſetz=Taffeln abgemahlt iſt/ bedeutet die Reinigkeit deß Menſchlichen Hertzens: dann wann der Menſch auf Erden die Gebott/ die ihme GOtt vorgeſchrieben/ er= fuͤllet; ſo erlanget er von dem Hoͤchſten ſo groſ= ſe Gnad/ daß ſelbiger ſich ihme gantz mitthei= let/ und ſeine Seele reiniget/ damit ſie hernach einig und allein dahin trachte/ wie ſie ihn er= kennen/ ihne verlangen/ und ſich ſeinem Wil= len unterwerffen moͤge.
8. Die Reinigkeit der Seele.
Die Tugend=Lieb’ iſts/ die zu edlem Vorſatz fuͤhrt/
Den eine feine Seel wird mit der Milch bekommen:
Das Hertz iſt ein Gefaͤß/ ſo nie den Ruch verliehrt/
Den ſelbiges an ſich anfaͤnglich hat genommen.Die Reinigkeit der Seele bilden wir ab durch kluge Haußhaͤlter/ welche/ wann ſie einen Vorrath von naſſen Dingen ſamblen wollen/ die Eigenſchafft deß Geſchirꝛs vorhero erkundigen/ ehe ſie etwas darein gieſſen; uns zur Lehre/ daß eine Seel/ die rein iſt/ und ſol= che Reinigkeit erhalten will/ ſich von aller jrꝛ= diſchen Befleckung entfernen muͤſſe.
|| [254]
9. Die Buſſe.
Ich weiß deß Hoͤchſten Zorn nicht anders außzuſoͤhne ̅ /
Als daß mein reuend Hertz zu ihm ſich kehrt mit Thraͤ= nen:
Ihn hab’ ich offt betruͤbt; doch find’ ich wider Huld:
Und umb ſein theur Verdienſt ſind mir die Suͤnd ver= geben.
Steckſtu nun gleich wie ich in groſſer Laſter=Schuld;
Thu auch/ was ich gethan/ ſo wirſtu ſeelig leben.Die Buſſe. Diſe Hand/ ſo ein Hertz faſſet/ das mit Ruthen und Geißlen umbge= ben/ und Thraͤnen von ſich quillet/ bedeutet die Buſſe; vermittelſt welcher wir wider zu Gott kehren/ wann wir uns durch die Suͤnde vor= hero von ihme abgetrennet; auch alsdann bey ihme Gnade und Vergebung finden.
10. Der Triumph uͤber das Laſter.
Wann du das Laſter wilt beſiegen/
Das unaufhoͤrlich dich zu uͤberwinden ſucht;
So meid’ daſſelbe ſtets/ und greiffe zu der Flucht:
Wer diſen Kunſt=Griff weiſt/ der wird nicht unten= liegen.Der Triumph uͤber das Laſter. Die Weißheit ziehet und errettet einen jungen Menſchen mitten aus einem Hauffen frecher Leute/ welche mit allem verſehen ſeynd/ was die Jugend/ die vorhin zur Wolluſt geneigt iſt/ bewegen und verfuͤhren kan.
|| [255]
11. Das Hertz deß Gerechten.
Es wird der rechte Weg zum Himmel nie verfehlt/
Falls man das Hertz zum Sitz der Augen außerwaͤhlt:
Diß meldet Salomo; und wird damit belehret/
Daß auf den Hoͤchſten muß das Abſeh’n ſeyn gericht/
Und ſeiner Haͤnde Werck mit Forcht allzeit verehret;
Da dann man ewig in ſein volles Lob ausbricht.Das Hertz deß Gerechten. Die Augen in der Mitte deß Hertzens bedeuten/ daß wir unſere Augen immerdar in unſerem Hertzen haben ſollen; und gleichwie man daſ= ſelbe allein auf GOtt zu richten hat/ alſo auch unſere Augen ihme ſtetswehrend nachfolgen/ und nie keines von dem andern ſich entfernen muͤſſe.
12. Die Tugend beſteht in der Thaͤtlichkeit.
Man muß ſtets in Bewegung ſeyn;
Die Seel’ ſoll keine Arbeit meiden:
Dann nur die Ubung kan allein
Das Laſter von der Tugend ſcheiden.Diſes Sinnbild beſtehet in Figuren/ die kei= ne Bewegung zeigen: dann da ſihet man ei= nen Philoſophum bey einem Eſel ſitzen/ und auch eine Goͤttin/ ſo ihr Haupt auf diſes Thier leget: womit man zu erkennen geben will/ daß die jenige/ ſo in der Welt einige ſchoͤne Quali- taͤten erlanget/ ſolche immerzu uͤben ſollen/ da= mit ſie ſich nicht widerumb verlieren.
|| [256]
13. Die Rede deß Weiſen.
Bey einem Weiſen iſt deß Mundes Sitz ſein Hertz;
Er ſpottet nicht der Leut/ treibt keinen bitter’n Schertz:
Er pflegt von ſeinem Feind nur Gutes auszuſtreuen;
Er deckt die Fehler zu/ die ſelbiger veruͤbt/
Und kan ſich ob dem Gluͤck/ das ihm zugeh’t/ er= freuen;
Dahero wird er auch von jederman geliebt.Die Rede deß Weiſen wird vorge= ſtellt unter der Figur einer Hand/ die ein Hertz faſſet/ in deſſen Mitte ein Mund zu ſehen; dann der Menſch ſoll in ſeinen Reden bedacht= ſam ſeyn; und gleichwie der Mund die Gedan= cken deß Hertzens austrucket und offenbahret; alſo ſollen wir auch in unſern Geſpraͤchen uns fuͤrſichtig erfinden laſſen.
14. Wer nie anfangt/ endigt nie.
Wohin die Tugend rufft/ da ſolt du auch hinrennen;
Raum nur beſtaͤndig/ was dich hindert/ aus dem Weg:
Macht eine Schoͤnheit dir die Hertzens=Geiſter reg;
Du wuͤrdeſt wohl umb ſie dich willig laſſen brennen.Diſes Sinnbild gibt eine gar gute Bedeu= tung: der alte Mann/ ſo ſich auf ſein Grab= ſcheid ſteuret/ und einem jungen Menſchen/ der an einer Maur arbeitet/ muͤſſig zuſihet/ lehret uns/ daß die verſtockte Suͤnder nicht begehren auf ihre Widergeburt zu gedencken; und es offt junge Leute abgebe/ die dißfalls groͤſſere Klugheit bezeugen.
|| [ID00326]
|| [ID00327]
|| [257]
15. Das Heilige Abſehen.
Der Nahme deſſen/ der mein Heil und Helffer heiſt/
Ligt mir im Hertzen tieff/ daraus ihn niemand reiſt:
In ihme muͤſſen ſich die Erd’ und Himmel beugen;
Und ſeiner Krafft und Macht ſteh’t alles unterthan.
Wird diſen Nahmen man bloß nennen oder zeigen/
Stracks flieh’t das Teuffels=Heer/ was es nur flie= hen kan.Das Heilige Abſehen. Diſes Hertz/ worinn JEſus geſchrieben ſtehet/ bedeutet/ daß diſer heilige Nahm in unſern Hertzen ſo tieff eingegraben ſeyn ſolle/ daß er nim ̅ ermehr daraus vertilgt werden koͤnne; angeſehen er die Bronnquell aller unſerer Gluͤckſeeligkeit iſt.
1. Die Vorſehung.
Dein Aug kehr’ hin zu GOtt/ wie David hat gethan/
Und bete ſeine Macht zu allen Zeiten an;
Es hat deß Hoͤchſten Guͤt’ uns das Geſicht beſcheret/
Und uns der Augen=Liecht deßwegen zugelegt/
Daß wir die groſſe Schaͤtz’/ ſo ſeine Hand gewaͤhret/
Mit heil’ger Wunderung zu ſchauen ſey’n bewegt.Die Vorſehung zeigt ſich hier unter dem Bild zweyer Augen/ die ihre Blicke gen Himmel ſchicken/ und dadurch andeuten/ daß ſie dem Menſchen nur darumb gegeben ſeyen/ damit er allein auf GOtt ſehen/ ſeine Macht [258] verehren/ ſeine Hochheit betrachten/ und ſeine heilige Vorſehung bewunderen moͤge.
2. Man ſoll die Tugend wegen ihrer Eigenſchafften lieben.
Wann du aus Forcht der Straff/ und nicht aus Haß der Suͤnden
Das/ was man dir vertraut/ nicht an dich reiſſen wilt;
So ſucht dein Froͤmmigkeit ſich nur auf Schein zu gruͤnden.
Man ſuͤndigt/ wann man gleich nicht einen Heller ſtihlt.Diſes Sinnbild ſtellet uns vor einen Hauf= fen Heuchler unterſchiedlichen Stands/ wel= che an einem Ort zuſammen kommen/ wo vil ſilbern und guldene Geſchirꝛ ſambt gepraͤgtem Geld vorhanden/ und ſo nur dahin gebracht worden/ ſie zu verſuchen: allein ihre Begierde/ etwas davon zu bekommen/ wird durch die Ge= genwart der hinckenden Goͤttin Nemeſis ge= hemmet; weilen ſie diſe Leute mit zerſchiedenen Peitſchen von ſolchen Schaͤtzen abtreibet.
3. GOtt iſt allein HErꝛ uͤber alle.
Ihr ſeyd nach GOttes Bild/ O Sterbliche! geſchaffen;
So liebet ihn dann auch/ und ehret ſein Gebott:
Diß fordert eure Treu/ ſo niemahls ſolle ſchlaffen;
Diß ligt dem Fuͤrſten ob/ gleichwie der Bettler=Rott.Gegenwaͤrtiges Sinnbild iſt auf die jenige Fuͤrſten gerichtet/ ſo eine ehrgeitzige und viehi [259] ſche Seele haben/ und ſich einbilden/ die Reli= gion ſeye nur fuͤr das gemeine Volck erſonnen/ hergegen ihnen erlaubt/ uͤber ihrer Untertha= nen Guͤter/ Leben und Gewiſſen zu herꝛſchen: Sie ſollen aber wiſſen/ daß ſie GOtt zum Raͤ= cher uͤber ſich haben werden. Wie annemblich iſt im Gegentheil das Gemaͤhld diſes Koͤnigs/ der an ſein verſam ̅ letes Volck eine Rede thut/ denen Wittwen und Weyſen das Recht wi= derfahren laſſet/ denen Armen und Bedrang= ten hilfft/ und die umb den Nahmen Chriſti willen Verfolgte mit geneigtem Willen auf= nimmt.
4. Die Himmliſche Frucht.
Wie ſeelig iſt der/ †† in heil’ger Einfalt lebt/
Und nach Gerechtigkeit/ als groſſem Reichthum/ ſtrebt!
Der Hoͤchſte oͤffnet ihm die Schaͤtze ſeiner Guͤte/
Verſuͤſſet ihm das Leyd/ daß Er ihm aufgelegt/
Und pflantzet ihn daher in ſeine Kirchen=Huͤtte/
Wo als ein Oel=Baum er ſehr reiche Fruͤchte traͤgt.Die Himmliſche Frucht. Wir neh= men einen Frucht=tragenden Oel=Baum zum Sinnbild eines gerechten Menſchen; weilen der Koͤnigliche Prophet ſagt: Ich bin wie ein fruchtbarer Oel=Baum in dem Hauß deß HErꝛn: dann nachdem er mit himmliſcher Frucht erfuͤllet iſt/ und Krafft der= ſelben/ ſeinem Naͤchſten in ſeinem Elend bey [260] ſtehet und Huͤlffe leiſtet; ſo iſt er wie das Oel/ ſo von diſem Baum herkom ̅ et/ und in dem Tem= pel Gottes zu ſeinen Ehren angewendet wird: zu dem auch die Tugend=Frucht deß Menſchen denen Augen ſeiner Goͤttlichen Majeſtaͤt an= genehm und lieblich zu ſeyn pfleget.
5. Die Gottloſigkeit iſt die Ur= ſach alles Ubels.
Iſt durch das Schwerd und Feur das Land in Grund zernicht;
Seynd Staͤdte abgebrandt/ und Kirchen umbge= riſſen;
Seynd deine Toͤchter und die Soͤhne hingericht/
Und haben jene noch deß Feindes Spott ſeyn muͤſſen;
So ſolt du/ der du biſt gottlos geweſen/ wiſſen/
Daß diß die Fruͤchte ſeyn/ die deine Suͤnd’ abbricht.Zum Sin ̅ bild der Gottloſigkeit machen wir hier einen verbrennten und zerſtoͤrten Trmpel; wobey auch ermordete/ item in die Sclaverey gefuͤhrte Menſchen nebſt andern Grauſamkei= ten zu ſehen.
6. Ein Gottloſer wird mit dem andern geſtrafft.
Ihr wilde Ungeheur/ die keines Menſchen ſchonen/
Die ihr die Peitſche ſeyd/ ſo GOTT zur Straffe ſchwingt;
Seh’t/ wie man euch bald wird mit gleicher Maſſe lohnen:
Hier iſt der Hencker/ der auf euren Nacken dringt.
|| [261]
Die ewige Gerechtigkeit/ ſo kein Laſter un= geſtrafft
laſſet/ wird hier angedeutet durch ei= ne verbrannte Stadt/ und andere
Oerter/ wo die Hencker ohne Unterſchied alles/ was ihnen vorkom
̅
et/
niederſchlagen: doch wird die Goͤt= tin Nemeſis, ob ſie
ſchon hincket/ ſie ergreiffen und gleichfalls zur Straffe ziehen.
7. Die Schoͤnheit der Seelen.
Den Regenbogen ſchaͤndt kein dunckle Schwaͤrtze nicht:
Dan ̅ ſeine Farben ſeynd gantz hell und voll von Liecht;
Drumb kan man ihme die/ ſo ſeynd gerecht/ ver= gleichen:
Ja/ ihre Tugend/ die ſich in die Seele ſetzt/
Und deren hellem Glantz ein jeder Schein muß wei= chen/
Wird ſelbſten an Schoͤnheit der Sonnen gleich ge= ſchaͤtzt.Die Schoͤnheit der Seele. Wir bedienen uns hier deß Regenbogens/ die ſchoͤ= ne Seele eines gerechten Menſchen vorzubil= den: dann wie derſelbe aus denen ſchoͤnſten Farben beſtehet; alſo glaͤntzet auch der Gerech= te wie ein Regenbogen unter den kleinen Wol= cken der Herꝛlichkeit.
8. Die Gefaͤlligkeit.
Ein guter Freund pflegt ſeinem Freund
Sich ſtets willfaͤhrig zu erweiſen.
Faſt jederman iſt denen feind/
Die wir wild und undienſtbar heiſſen.
|| [262]
Die Gefaͤlligkeit ſtellet ſich uns dar unter dem Bild zweyer
ungleich geſinnter Bruͤder; deren der eine die Ubung deß Leibs/ der
andere aber deß Gemuͤths liebet und hoch= haͤlt. Diſe ſeynd
der Amphion und ſein Bru= der Zethes, davon der letztere der Jagd hefftig
ergeben/ und nichts als das Jaͤger=Horn hoͤ= ren will; der
Erſtere aber nur die Muſic und ſeine Geige allen anderen Dingen
vorziehet: nichts deſtoweniger wann ſie einander beſu= chen/
ſo machet die Gefaͤlligkeit/ daß ein jeder das/ was er fuͤr
ſeine Luſt und Freude haͤlt/ auf eine Zeit bey Seiten
ſetzet.
9. Die Reinigkeit der Seele.
Der Lilgen weiſſe Farb zeigt uns die Keuſchheit an/
Wormit auch der Gerecht verglichen werden kan:
Dann deſſen Hertz ſih’t man mit heil’gem Feuer brennen;
Dargegen hat allda die Welt=Lieb keinen Stand/
Und reines Weſen laſt ſich niemahls von ihm tren ̅ en:
Auch wann er liebt/ ſo iſt ſein Lieb zu GOtt gewandt.Die Reinigkeit der Seele. Diſe Lilien ſeynd hier an dem Ufer eines Bachs ge= pflantzt/ wo keine Leute wandlen; und wird dardurch die Reinigkeit der jenigen angezeigt/ welche alle Gelegenheit zur Suͤnde fliehen/ da= mit ſie nur an GOtt gedencken/ ſich bey ihme in Gnaden erhalten/ und nur ihn allein lieben moͤgen.
|| [263]
10. Die Ubermaß in Eſſen und Trincken.
Wer ſich dem Sauffen hat ergeben/
Und haͤlt den Bauch fuͤr ſeinen Gott;
Der lebt gewißlich ohne Leben;
Ja/ die begraben ſind/ ſeynd nicht/ wie er/ ſo todt.Die Ubermaß in Eſſen und Trin= cken. Diſer Trunckenbold machts/ wie die je= nige/ ſo das Laſter nur da betrachten/ wo es ſchoͤn ausſihet; und urtheilet von dem Wein nur nach dem Geſchmack/ dencket aber dabey nicht an ſeine Staͤrcke und aufſteigende ſchaͤd= liche Daͤmpffe. Derohalben uns durch Vor= mahlung diſes Sin ̅ bilds die Klugheit/ Nuͤch= terkeit und Wachſamkeit recommendirt wird.
11. Die Wolluͤſte.
Spring’/ dantze/ ſpiel’/ und hur’; friſſ’/ ſauff’/ und pancketier’;
Thu/ was dich nur geluͤſt; und laß den Scheggen lauffen:
Allein/ du wirſt darmit ein Kram von Schmertzen kauffen/
Wann Armuth/ Stein/ und Grieß mit Hauffen kom ̅ t herfuͤr:
Die lange Schmertzen/ die dich plagen/
Erneuren ſich all Tag bey dir;
Und wird die kurtze Luſt dir ſchlechte Zinſe tragen.Die Wolluͤſte. Es muͤſte einer auſſer der Welt ſeyn/ welcher nicht glauben wolte/ [264] daß der Dantz/ das Spiel/ der Wein und die Lieb die gemeineſte un ̅ lieblichſte Bande ſeyen/ womit die hoͤfliche Geſellſchafften zuſam ̅ en ge= halten werden; ſo daß nicht nur der Hof und die Burgerſchafft/ ſondern auch die alte Hauß= muͤttern zu dergleichen Ergoͤtzlichkeiten ſich hinzu locken laſſen.
12. Die Gedult der Ehmaͤnner.
Der Mann iſt ein elender Tropff/
Der mit Gedult leid’t und ertraget/
Daß ihn ſein boͤſes Ehweib zwaget
Mit einem vollen Kammer=Topff.
Doch will uns Socrates zu and’rem Sinn vermoͤgen/
Wann er vermeint/ daß diß muͤſſ’ eine Tugend ſeyn.
Was mich betrifft; ich nimm’ nicht gerne Schlaͤge ein;
Und glaub’/ daß man die Sach wohl anders koͤnn’ aus= legen.Die Gedult der Ehmaͤnner. Hier dienet uns zum Sinnbild der Socrates und ſein Weib: diſer gute Mann glaubte und behaup= tete/ daß es nothwendig boͤſe Weiber abgeben muͤſſe/ die/ als Hauß=Furien/ mit der Peitſche in der Hand/ und loſen Worten auf der Zun= ge/ die Weißheit/ Tugend und Gedult der Maͤnner in ſtaͤter Ubung erhalten.
|| [265]
13. Das unuͤberwindliche Ge= wiſſen.
Die Unſchuld iſt ein’ Maur von Stahl/
Die kein Gewalt noch Macht beweget:
Das Hertze/ welches ſelbe heget/
Herꝛſcht unumbſchraͤncklich uͤberall/
Und wird mit Schaden nie beleget.Das unuͤberwindliche Gewiſſen wird uns vorgeſtellt als ein weiſer Mann/ wel= cher keine andere Geſellſchafft umb ſich hat/ dann Kunſt= und Geiſtliche Buͤcher. Indem er nun in ſolcher Arbeit begriffen/ kombt das Geruͤcht ungefehr zu ihm mit zwey ungleichen Trompeten; mit der einen ſein Lob/ und mit der andern ſeine Schand auszubreiten; allein unſer weiſer Mann erſuchet ſie/ ſie moͤchte nur wider ihren Abſchied nehmen; dann er ihr kein Gehoͤr geben koͤnne.
14. Die gute Sicherheit.
Wer eine dapff’re Seele naͤhrt/
Kan aller Orten ſicher ſtehen;
Ja gantz getroſt durch Wuͤſten gehen/
Daß ihn kein Ungeheur nicht ſtoͤrt.
Weiſt nun der Weiſe/ daß ſein Leben
Der Weg iſt/ ſo zum Tod hinfuͤhrt;
So wird er dann von Freud geruͤhrt/
Wann er ſich kan darauf begeben.Die gute Sicherheit. Deß Men= ſchen gutes Gewiſſen iſt ſeine beſte Salveguar [266] di: dahero diſer Wandersmann weder Ste= cken noch Bruͤgel mit ſich traͤget; ja nicht ein= mahl die Waffen/ ſo er auf dem Weg findet/ aufheben will; ungeachtet er hin und wider auf der Straſſe zerſchiedene Ungeheure er= blicket.
15. Die unſterbliche Tugend.
Es kan der Parcen Grimm die Tugend nicht zerreiſ= ſen;
Alcides folgte ihr/ und ſtiege Himmel=an:
Wer gleiches thut/ er ſey’ Fuͤrſt oder Baur zu heiſſen/
Dringt auch ohn’ Unterſcheid hin zu der Sternen= Bahn.Die unſterbliche Tugend ſtellet ſich uns hier fuͤr unter dem Bild deß Mercurij, welcher zwey Griechiſche Helden in den Him= mel fuͤhret; weilen ſir von einem Ende der Er= den biß zu dem andern die erſchroͤcklichſte Un= geheure/ nemblich die Unwiſſenheit und das Laſter/ vertilget/ und alſo/ indem ſie die Waf= fen mit den Wiſſenſchafften/ und die Politic mit der Sitten=Lehr vereiniget/ wohl verdie= net haben/ daß ſie von der Tugend ſelbſten zu der jenigen Herꝛlichkeit/ die ſie ſich durch diſe zwey ſo ſchwere und ſchoͤne Wege erwor= ben/ erhoben worden.
|| [ID00338]
|| [ID00339]
|| [267]
1. Der Aufgang.
Man pflegt die Jugend nur zu lieben:
Mit junger Schoͤnheit wird Abgoͤtterey getrieben.
Wann unſ’re junge Jahr aufgeh’n/
Wird man uns allzeit munter ſeh’n.Der Aufgang erſcheinet in Geſtalt ei= nes Kinds: dann ſo wir den Tag in vier Theil eintheilen/ ſo iſts nicht unfein gethan/ daß wir ſelbigen im erſten Theil als ein Kind/ im an= dern als einen jungen Knaben/ im dritten als einen vollkommnen Mann/ und im vierten als einen Greiſen vorſtellen. Diſes Kind nun traͤgt auf dem Haupt einen hell=leuchtenden Stern; ſein Gewand iſt roth/ und mit einem Himmel=blauen Guͤrtel/ worauf vier himmli= ſche Zeichen zu ſehen/ gebunden; es traͤgt in der rechten Hand einen Blumenſtrauß/ und in der lincken ein Geſchirꝛ mit angezuͤndtem Rauch= werck: zur Seite aber gehet die Sonne auf.
2. Der Mittag.
Wan ̅ zu der Him ̅ els=Mitt’ das groſſe Liecht hinſchreit/
Schwaͤrtzt es die Mohren/ und laſt ihr Land nicht geſchonet/
Doch diſe Wuͤſten ſeynd gleichwolen noch bewohnet/
So wie zu unſ’rer Vaͤtter Zeit.
|| [268]
Der Mittag wird abgebildet als ein junger Mohr/ dem die Sonne gerad uͤber
dem Haupt ſtehet: ſein Kleidung iſt roth/ und ſein
Guͤrtel Himmel=blau/ worauf drey himmliſche Zeichen ſtehen.
In einer Hand faſſet er zwey Pfeil/ und in der andern einen Aſt
von einem gewißen Strauch/ ſo der Naturkuͤndiger Be= richt nach der
Sonne nachfolgen ſolle.
3. Die Mitternacht.
Die Voͤlcker/ ſo der Norden naͤhrt/
Seynd dapffer und durch Krieg bewaͤhrt;
Sie haſſen Ruh und Fried’/ und iſt nur ihr Ergoͤtzen/
Wann ihre Schwerdter ſie zur Rache koͤnnen wetzen;
Sie wohnen zwiſchen Eyß/ weil Sonn und Hitze weichen/
Drumb ſagt man/ daß der Nord nicht habe ſeines gleichen.Die Mitternacht hat die Geſtalt eines wohlgeſchaffnen Manns/ mit blanckem Har= niſch bewaffnet; und der eben begriffen iſt/ die Fauſt an das Schwerd zu legen. Er traͤgt ei= ne blaue Binde mit drey him ̅ liſchen Zeichen.
4. Der Niedergang.
Wann ihren Lauff die Sonne hat vollendet/
Und ſie nicht mehr zu uns die Strahlen ſendet/
Wann ſie/ gleichwie ſie taͤglich pfleg’t/
Sich in den Schoß der Thetis leg’t/
So liget man alsdann in tieffem Schlaff begraben:
Dann diſes iſt die Zeit/ da man ſoll’ Ruhe haben.
|| [269]
Der Niedergang wird abgemahlt als ein Greiß: ſein Rock iſt braun
von Farb; und ſeine Guͤrtel blau/ mit drey himmliſchen Zei=
chen; er traͤgt auch auf dem Haupt einen hell= blinckenden Stern/ und
ſein Mund iſt mit ei= nem Band zugebunden.
5. Die Ariſtocratia.
Kein Regiment iſt auf der Welt/
Bey dem es nicht an etwas fehlt:
Weil man doch aber muß ein Haupt und Fuͤhrer haben/
So waͤhl’ ich den darzu/ der hat die ſchoͤnſte Gaben.Die Ariſtocratia iſt ein Staat/ den fuͤrnehme Perſonen gubernieren/ und ihme Geſetze geben; wird hier vorgeſtellt als ein Weibsbild mannbaren Alters/ koſtbar geklei= det/ und auf einem Koͤniglichen Thron ſitzend. Sie faſſet in der rechten Hand einen Buͤſchel Stecken/ in der lincken aber einen Helm; zu ihren Fuͤſſen ſtehen etwelche Saͤck mit Gold und Silber.
6. Die Democratia.
Wo die Gemeind die Herꝛſchafft fuͤhret/
Wird wenig Gluͤck und Stern geſpuͤhret:
Es muß ein Ober=Haupt klug und verſtaͤndig ſeyn/
Und Guͤte laſſen von ſich blicken:
Hergegen weiſt das Volck ſich faſt in nichts zu ſchicken;
Sein Rath bringt wenig Nutzen ein.Die Democratia iſt ein Staat/ wo das Volck regieret/ und zu dem Ende ſich ver [270] ſamblet; da ein jeder uͤber die vorkommende gemeine Sachen ſeine Stimme und Meinung zu geben hat. Wir bilden ſie hier vor als ein Weib/ ſo erbar gekleidet/ und mit Reben= Blaͤttern gekroͤnet iſt: Sie haͤlt in der einen Hand einen Granatapffel/ und in der andern etliche Schlangen; neben ihr ſtehen etliche Saͤcke mit Getraͤyd.
7. Die Monarchia.
Was wird die Monarchi mit Lob ſo ſehr erhebt?
Wo nur ein ein’ger Herꝛ regieret/
Dem alles zu Gebotten lebt/
Und niemand kuͤhnlich widerſtrebt/
Der wird gar leicht zur Tyranney verfuͤhretDie Monarchi iſt ein Staat/ der von einer einigen Perſon beherꝛſchet wird. Sie erſcheinet als ein Weib von ſtoltzem Anſehen/ ſo mit Strahlen gekroͤnet iſt/ und auf der Bruſt einen ſchimmerenden Demant traͤget: ihr Stuhl iſt eine Weltkugel/ und ſie faſſet in der einen Hand etliche Scepter/ in der andern aber einen Zettul mit diſen Worten: Omni- bus unus; Einer uͤber alle. Zu ihrer Seite ſi= het man mitten unter zerſchiedenen Siegszei= chen einen Loͤwen und ein Tiegerthier ſtehen.
8. Die Großmuͤthigkeit.
Die Menſchen geben gerne zu
Daß keine Tugend mir nicht gleichet:
Doch diſe Zeit/ die wir erreichet/
Zeigt ſattſam/ daß man mir nicht mehr ſo guͤtlich thu.
|| [271]
Die Großmuͤthigkeit. Iſt eine Majeſtaͤtiſche
Dame, und ſehr koſtbar geklei= det; weilen der Reichthum billich dem
jenigen gegoͤnnet wird/ der denſelben weiſt wohl anzu= legen;
dahero ſie auch ein Uberfluß=Horn in den Armen haͤlt. Die
Kaͤyſerliche Crone aber und den in der Hand faſſenden
Scepter betref= fend; ſo wird durch die Erſte das großmuͤthi=
ge Vorhaben/ Gutes zu thun; und durch das Andere die Macht/ ſolches ins
Werck zu ſetzen/ angedeutet: welches dann zwey Stuͤcke ſeynd/
ohne die man ſich nicht großmuͤthig erweiſen kan. Im
uͤbrigen ſitzet ſie auf einem Loͤwen/ dem Koͤnige
der Thiere; weilen nemblich diſe Tugend auch fuͤr die Koͤnigin
aller andern zu halten.
9. Der Pracht.
Wann groſſe Herren praͤchtig ſind/
So zeigen ſie/ woher ſie ſtammen;
Ich lobe diſe Helden=Flammen:
Ob gleich das Volck es ſtarck empfind’t.
Was ſchad’t es? Cron und Pracht muß allzeit ſteh’n beyſammen.Der Pracht. Diſe gekroͤnte Matron faſſet nicht unbillich mit der einen Hand einen Palm=Zweig/ und lehnet ſich mit der andern auf einen Architectiſchen Grund=Riß; darmit anzuzeigen/ daß diſe Tugend/ ſo uͤber Zeit und Jahre ſieget/ lauter vortreffliche Sachen un [272] ternehme; darunter auch diß nicht das gering= ſte Stuͤck ſeye/ daß ſie Tempel und Pallaͤſte auf= fuͤhret: dann durch dergleichen Wercke wird groſſer Fuͤrſten Nahm und Gedaͤchtnus biß auf die ſpate Nachkommenſchafft gebracht.
10. Die Mittelmaͤſſigkeit.
Wer ſtets die Mittel=Straſſe haͤlt/
Der wird die ſchwer’ſte Sach zu Ende koͤnnen bringen/
Doch noth iſts/ daß hierzu man Zeit und Ort recht waͤhlt:
Und diß will wenigen gelingen.Die Mittelmaͤſſigkeit ſtellen wir vor als eine anſehnliche Dame, welche mit der ei= nen Hand einen angefeſſelten Loͤwen/ und mit der andern ein Lamb fuͤhret; mit den Beywor= ten: Medio tutiſsimus ibis; Die Mittel=Straß iſt die ſicherſte. Deßwegen deutet ſie auch mit den ergriffenen zweyen aͤuſſerſten Theilen an/ daß es wolgethan ſeye/ ſich auf dem Mittel= Weg zu halten.
11. Das Elend der Welt.
Wer alle Muͤh und Noth/ die ſtets den Menſchen quaͤ= len/
Und all’ ſein Elend koͤnt’ erzehlen;
Dem fiel’ gewiß auch nicht unſchwer/
Zu zehlen alles Sternen=Heer.Das Elend der Welt bildet man ab wie ein Weib/ deren Haupt in ein Glaß einge [273] faſſet iſt; zur Lehre/ daß alle jrꝛdiſche Dinge zerbrechlich ſeyen. Sie haͤlt in der Hand einen Beutel umbgekehrt und unterſich/ ſo daß al= lerhand Kleinodien/ Gold= und Silber=Muͤn= tzen heraus fallen; darmit anzuzeigen/ daß/ ob= wohlen der Reichthum ſcheinet die Menſchen gluͤckſeelig zu machen/ wir doch nichts darvon mit uns nehmen/ wann wir ſterben muͤſſen.
12. Die Betrachtung deß Tods.
Was kan wohl nutzlichers geſchehen/
Als ſo man an das Sterben denckt?
Allein/ wo ſind doch die zu ſehen/
Die diſe ſeel’ge Sorge kraͤnckt?Die Betrachtung deß Todes. Di= ſes traurige Gemaͤhld ſtellet die Betrachtung deß letzten Endes/ wie ich darvor halte/ klar ge= nug vor Augen; wann man nemblich ein in Traur gekleidtes Weibsbild fuͤr ſich ſihet/ ſo auf einem Grab ſitzet/ und einen Todtenkopff betrachtet: rings aber umb ſie her ſeynd diſe Wort zu leſen: O Tod! wie bitter biſt du de= nen/ die an dich gedencken.
13. Die Geiſtliche Betrachtung.
Mein JEſus hieng’ am Creutz/ und ſtarbe auch daran:
Ich bete diſes Holtz nicht an;
Nur den betrachte ich/ der meine Seel’ zu retten/
Sich alſo wollen ſchmaͤhlich laſſen toͤdten.Die Geiſtliche Betrachtung. Di= ſes Sinnbild redet von ſich ſelbſten/ und hat [274] keiner Erklaͤrung vonnoͤthen: Es iſt nemblich eine andaͤchtige Jungfrau/ welche ob einem Creutz auf ihren Knien liget/ die Haͤnde zu= ſammen faltet und die Augen gen Himmel wendet; ihren ſtarcken Eifer/ und ihre Heilige Betrachtung dardurch zu zeigen.
14. Die Boßheit.
Schau/ Menſch/ was hier in’s Auge ſtrahlet:
Diß iſt ein heßlich Bild; es ſtellt die Boßheit fuͤr.
Villeicht hab’ ich dich abgemahlet;
Villeicht findſt du darinn/ wie es auch ſteh’t bey dir;Die Boßheit. Diß iſt ein heßliches Weibsbild: dann es findet ſich nichts abſcheu= lichers/ als die Boßheit. Ihre Fluͤgel ſeynd ausgebreitet/ und allzeit fertig zum Fliegen: In der Hand haͤlt ſie eine Wachtel; weilen ſelbiges Thier/ nach dem Bericht der Natur= kuͤndiger das Waſſer/ wann es zuvor darvon getruncken/ truͤb zu machen pfleget.
15. Das boͤſe Gluͤck.
Es koͤnnen mich die Narren freuen/
Die allzeit mißvergnuͤgt/ und niemahls froͤlich ſind;
Und ſtets das Gluͤck vermaledeyen.
Schau aber/ wie die Sach’ ſich find’t:
Der meiſte Theil pflegt ſelbſt ſein Ungluͤck aufzu= ſuchen;
Drumb mag er auf ſich ſelbſten fluchen.Das boͤſe Gluͤck erſcheinet hier unter dem Bild eines Weibs/ ſo auf einem Schiffe [ID00348] [ID00349] [275] ſitzet/ welches weder Maſt noch Ruder hat/ und deſſen Seegel auch durch die ungeſtuͤm ̅ e Win= de gantz zerriſſen worden: womit man beleh= ren will/ daß man wenig Ruhe in der Welt habe/ und die Menſchen immerdar von Stuͤr= men uͤberfallen werden.
1. Der Irꝛthumb.
Man ſolle alle Muͤh’ anwenden/
Daß man recht auf die Warheit komm’:
Allein/ wer laſt ſich nicht gantz gern und willig blende ̅ ?
Man liebt nichts mehrers/ als Irꝛthumb.Der Irꝛthumb. Diſer Menſch/ wel= cher hier grifflings mit verbundnen Augen/ und einem Stock in der Hand/ fortgehet/ iſt ein Sinnbild deß Irꝛthumbs. Die Stoici ſagen/ ſelbiger ſeye eine Abweichung von dem rechten Weg; gleichwie hergegen/ wann man ſich im geringſten nicht verirret/ man ſolches ein gera= des und rechtes Gehen heiſſet.
2. Die Ubung.
Wilt du das Laſter=Kraut ausreuten/
So muſt du offt und vil arbeiten:
Dann wiſſe diß/ wer du auch biſt/
Daß faul und muͤſſig ſeyn/ deß Laſters Mutter iſt.Die Ubung zeiget ſich hier unter dem Bild eines Weibs/ ſo ihre Arme entbloͤſt/ auf [276] dem Haupt eine Sand=Uhr/ und in der einen Hand einen guldnen Ring/ in der andern aber einen Zettel traͤget; worauf das Wort/ Enci- clopœdia, geſchrieben. Zu ihren Fuͤſſen ligen einige Waffen/ und Werckzeuge zum Acker= Bau.
3. Der Neyd.
Deß Naͤchſten Gluͤck=Stand ſchmertzet mich:
Iſt nun ein groͤſſ’rer Narꝛ/ als ich?Der Neyd/ welcher ſich gemeiniglich betruͤbet/ wann es dem Naͤchſten wohl gehet; und ſich erfreuet/ wann ihm ein Ungluͤck be= gegnet/ zeiget beydes an durch die Schlange/ ſo ihme an der lincken Bruſt naget/ und dann durch die Hydram, oder vilkoͤpffiges Ungeheur/ welchem ſie liebkoſet.
4. Die Hinterliſt.
Wer ſucht/ daß er das Feld behaupt’/
Und ſonſten ſeinen Feind beſiege/
Der muͤh’t ſich/ daß er ihn betriege:
Ein Krieges=Liſt iſt wohl erlaubt.Die Hinterliſt ſtehet hier als ein ge= waffnetes Weib/ ſo in der einen Hand einen Schild/ und in der andern ein Garn faſſet; welches letztere die Alte allzeit fuͤr ein Sinn= bild der Hinterliſt/ die man einem andern ſtel= let/ gebrauchet haben.
|| [277]
5. Das Guldene Gluͤck.
Wann dir und mir ein gut Geſchick
Hat allen Uberfluß gegeben
Daß wir in groſſen Guͤter’n leben;
So heiſt man diß das Guldne Gluͤck.Das Guldne Gluͤck wird auf einer Schau=Muͤntze Kaͤyſers Hadriani als ein ſchoͤ= nes Weib vorgeſtellet/ ſo Fluͤgel an dem Ru= cken traͤget/ und nach ihrer gantzen Laͤnge da liget; zu ihren Fuͤſſen aber ſihet man ein Ru= der.
6. Die Falſchheit der Liebe.
Das Frauenzim ̅ er ſchilt/ und ruͤckt uns Maͤnner’n fuͤr/
Daß wir nie das Verſprochne halten:
Doch pflegt bey ihnen auch die Lieb’ offt zu erkalten.
Wie offt verſchwind’t Pflicht und Gebuͤhr?Die Falſchheit der Liebe. Iſt ein praͤchtig gekleidtes Weib/ ſo ihre Hand auf das Haupt einer ſich im Spiegel beſchauenden Syrenen leget.
7. Die fertige Rede.
Ein Lehrer/ den die Zunge irꝛt/
Der jedes Wort ſucht bey den Fuͤſſen/
Verurſacht/ daß mir wehe wird.
Dem Redner ſoll’ die Rede flieſſen.Die fertige Rede. Iſt ein auf einem viereckichten Stein ſtehender Mercurius, wel= cher ſeinen Herolds=Stab in der Hand haͤlt/ [278] und ſich anſtellet/ als wann er eine Rede thun/ und ſeine Kunſt ſehen laſſen wolte.
8. Die Staͤrcke.
Der hat das beſte Recht/ ſo es mit Macht ausfuͤhret:
Wer nicht gewaltig iſt/ verliehret.Die Staͤrcke ſtellet man vor als ein kriegeriſches Weib/ vor welcher ſich ein erzoͤr= neter Loͤw ſehen laſſet; deſſen Gewalt aber ſie hertzhafft aufhaͤlt; und eben begriffen iſt/ mit der in der Hand faſſenden Kaͤule ihn nieder zu= ſchlagen: welches dann ein nicht geringes iſt; angeſehen der Loͤw alle Thier an Staͤrcke und Hurtigkeit uͤbertrifft.
9. Die Staͤrcke deß Gemuͤths und deß Leibs.
Die Pallas/ wie ſie ſonſt geſtalt/
Und wir ſie hier vor Augen ſehen/
Gibt durch ihr Bildnus zu verſtehen/
Daß Geiſt=und Leibes=Staͤrck’ in ihr werd’ abgemahlt.Die Staͤrcke deß Gemuͤths und deß Leibs. Man kan diſes Sinnbild nicht beſſer als durch die Pallas vorſtellen: inmaſſen ſelbige denen Waffen fuͤrgeſetzet iſt; und dahe= ro an der Seite einen Degen/ auf dem Haupt einen Helm/ in der rechten Hand eine Lantze/ und in der lincken einen Schild/ worauf eine Kaͤule gemahlet iſt/ traͤget.
|| [279]
10. Die Staͤrcke und Klugheit.
Ein Krieges=Mann ſoll’ dapffer ſeyn;
Doch daß auch Klugheit ſich bey ihme finde ein.
Die Dapfferkeit beſteht mit Schanden/
Wo nicht auch Klugheit iſt vorhanden.Die Staͤrcke und Klugheit. Bey= de werden durch diſe junge Heldin angedeu= tet; welche auf alte Manier gewaffnet iſt/ und auf dem Haupt einen Lorbeer=Krantz/ mit den Beyworten: His frugibus; mit diſen Fruͤch= ten; in der lincken Hand aber einen Schild/ und in der rechten ein mit einer Schlange umbgewundnes Schwerd traͤget.
11. Die Staͤrcke der Hertzhaff= tigkeit.
Den/ ſo ſich keinem Kampff entzieh’t/
So die Gefahr verhoͤhnt/ und vor dem Tod nie flieh’t/
Kan man nicht allzeit tapffer heiſſen.
Will er gleich alles niederreiſſen/
So treibet ihn nur Nutz und Ehr:
Von diſen kommet offt ſein gantz Courage her.Die Staͤrcke der Hertzhafftigkeit. Gleichwie es in allen Dingen zerſchiedene Grad und Stuffen gibt; alſo iſt ſolches auch abſonderlich bey der Staͤrcke zuerſehen; als welche gleichfalls dem Minder und dem Mehr unterworffen iſt. Jedoch iſt keine Art der Staͤr= cke conſiderabler/ dann die jenige/ ſo aus einer [280] groſſen Hertzhafftigkeit und Heldenmuͤthiger Unternehmung entſpringet: darvon diſes Sinnbild eine Probe ſeyn ſolle. Daſſelbe be= ſteht in einem kuͤhnen Weib/ ſo auf dem Haupt eine Sturmhaube/ in der lincken Hand eine Kaͤule/ und in der rechten das Guldene Fluß traͤget.
12. Die Wuth.
Ein Menſch/ der wuͤtet/ tobt/ und raſſt/
Vor dem man Scheu und Eckel faſſt/
Iſt nur ein wildes Thier zu nennen:
Man kan nichts Menſchlichs an ihm kennen.Die Wuth. Diſer Menſch/ deſſen Geſicht und Gebaͤrden lauter Raſerey anzei= gen; der ſeine Augen zugebunden hat; der einen Buͤſchel von zerſchiedenen Waffen zu ſchwin= gen ſcheinet/ und der nur halb gekleidet iſt/ kan die Wuth und ihre Wuͤrckungen nicht un= fein vor Augen ſtellen.
13. Die Poëtiſche Raſerey.
Poëten muͤſſen Narren ſeyn/
Und ſich die Wuth belieben laſſen:
Dann wann ſie nicht ein wenig raſen/
So bringt ihr Verß nichts Geiſtig’s ein.Die Poëtiſche Raſerey. Diſe ſtel= let man vor als einen jungen Knaben/ welcher eine rothe und lebhaffte Farbe hat/ auf dem Haupt Fluͤgel und eine Crone von Lorbeer= Zweig/ auch einen Guͤrtel umb den Leib von [281] Epheu traͤget; im uͤbrigen das Geſicht gen Himmel kehret/ und ſich anſtellet/ als wann er ſchreibe.
14. Die groſſe Wuth.
Wer ſeinen Grimm nicht weiſt zu zaͤhmen/
Der muß ſich vor ſich ſelbſten ſchaͤmen:
Dann ſag (ſchau die Gebaͤrden an:)
Ob auch ein Loͤw mehr wuͤten kan?Die groſſe Wuth bilden wir ab als ei= nen bewaffneten Menſchen/ der ein grauſames Anſehen/ und feuriges Geſichte hat; auch in der rechten Hand ein bloſſes Schwerd/ und in der lincken einen Schild/ worauf ein Loͤw ge= mahlet/ traͤget.
15. Die unbezwingliche Wuth.
Es zuͤrnet mancher offt; doch iſt die Wuth bald hin:
Verſtand und Zeit bezaͤumen ihn;
So daß ſein Grimm ſich wider niederleget.
Allein/ man findet auch ſo ſehr erboſte Leut’
Die kein Menſch beugen kan/ die nur das Morden freut/
Und die ſonſt nichts beweget.Die unbezwingliche Wuth wird gemahlt als ein mit einem ſtarcken Kuͤras be= waffneter Soldat/ der auf dem Haupt einen Helm/ in der rechten Hand ein Schwerd/ und in der lincken einen Schild traͤget/ worauf ein gemahlter Loͤw zu ſehen/ wie er aus Zorn und Wuth ſeine eigne Junge erwuͤrget.
|| [282]
1. Die heilſame Bitterkeit.
Die heilſame Bitterkeit wird hier vorgeſtellt unter der Figur eines
Kelchs/ und eines Creutzes darinnen: weilen kein Menſch auf der Welt zu
finden/ der nicht von Wider= waͤrtigkeiten angefochten: jedoch iſt es ein
heilſames Leiden/ wann wir umb Chriſti wil= len leiden.
2. Die uͤbermaͤſſige Liebe.
Diſes Sinnbild beſteht in einem Affen/ der ſeine Jungen
dermaſſen hart an ſich trucket/ daß er ſie
ertoͤdtet: wodurch denen Eltern an= gezeiget wird/ daß nichts
ſchaͤdlichers ſeye/ als die Kinder allzu lieb zu haben/ und ihnen
alles nachzuſehen.
3. Das Kriegs= und Friedens= Geſchrey.
Das Kriegs=Geſchrey hat uns zu diſer Zeit ſo vil
Widerwaͤrtigkeit herbey ge= bracht/ daß uns daſſelbe noch allzu
vil/ leider! in Sinnen und Gedaͤchtnus liget: das
Frie [ID00358] [ID00359] [283] dens=Geſchrey
aber wird durch einen Hah= nen angezeigt/ welcher auf einer Trompete ſte=
het; wie dann das Hahnen=Geſchrey ein Sin
̅
= bild deß Friedens darumb
iſt/ weilen er die Ar= beits=Leute ohne Forcht und Scheue zu ihrer Arbeit
aufruffet.
4. Die gepruͤffte Treue.
Eine Hand/ die ein Stuͤck Goldes auf ei= nem Probierſtein
ſtreichet/ gibt uns ein Sinn= bild von der gepruͤfften Treue: dann
man erſihet daraus/ daß gleichwie mehr als nur der bloſſe
Klang und Farb zu einer guten Muͤntz erfordert wird; alſo
muͤſſen auch die jenige/ die fuͤr Tugendhafft gehalten
ſeyn wollen/ keinen aͤuſſerlichen Schein/ ſondern
die Wercke ſelb= ſten haben.
5. Die unuͤberwindliche Staͤrcke.
Die unuͤberwindliche Staͤrcke
deutet man an durch einen Buͤſchel/ etlicher mit einem guten Band
der Klugheit zuſam= men gebundner Pfeile.
6. Der boͤſe Rathſchlag.
Die Fahnen und Standarten nimbt man deßwegen zu Sinnbilder boͤſer
Rathſchlaͤge; weilen vermittelſt derſelben die Leute zu
Krieg/ Aufruhren/ und dergleichen/ zuſam
̅
en gebracht werden.
|| [284]
7. Die Boßheit wirfft das Recht zu Boden.
Diſes Sinnbild/ welches bey und in Ge= richten nur gar zu vil in Schwang gehet/
zei= get uns einen gerad aufgewachſenen Baum/ an welchem ein Epheu hervor
ſproſſet/ und ſel= bigen gantz umbkreucht/ mithin verderbet
und zu Grund richtet: dahero pflegt man auch zu ſagen: wann man eine
boͤſe Sache recht zu fuͤhren wiſſe/ daß das Recht
unten ligen und verlieren muͤſſe.
8. Der gottloſe hat keinen Frieden.
Die Forcht/ worinn der Gottloſe ſteckt/ und einfolglichen nie keiner Ruhe
genieſſen kan/ wird durch einen Haaſen/ als das forchtſam=
ſte Thier/ welches zu deme noch mit bloſſen Schwerdern rings
umbgeben iſt/ vorgeſtellet; dardurch zu bemercken/ daß die
Boͤſen ſich al= lenthalben foͤrchten und in
Schroͤcken leben.
9. Die feindliche Geſchencke ſeynd gefaͤhrlich.
Zu diſer Warheit veranlaſſen uns der He- ctor, und Ajax; welche
einander/ und zwar je= ner diſem ein Schwerd/ und diſer jenem eine
Guͤrtel verehret; es waren aber ſolche Ge [285] ſchaͤncke
uͤble Vorzeichen ihres beederſeitigen traurigen Lebens=Endes: dann
Ajax ermorde= te ſich ſelbſten mit dem empfangnen Schwerd;
und Hector ward mit der geſchenckten Guͤrtel an den Triumph=Wagen
deß Achillis gebun= den/ und alſo zu todt geſchleppet.
10. Das jrꝛdiſche Gluͤck.
Das jrꝛdiſche Gluͤck zeigt ſich hier unter dem Bild
einer Schlange/ welche ſich an der Erde feſt haͤlt/ umb das
Gluͤck ſich herumb wickelt/ und mit ihrem Schwantz biß zu der=
ſelben Haaren hinauf reichet.
11. Die ſtandhaffte Tugend.
Die Tugend beſtehet in unterſchiedli= chen Helden=Thaten: von
welchen die Glor= wuͤrdigſte hier als ein Hercules vorgeſtellet
wird/ welcher ein Monſtrum zwar zu Boden geworffen/ aber nicht
getoͤdtet; zur Beleh= rung/ daß ſeine Tugend ſtandhafft/ und nicht
rachgierig ſeye.
12. Die Tugend/ Klug= und Weißheit.
Diſe werden in einer jungen Pallas, ſo in der rechten Hand 3. Cronen/ und
in der lincken eine Lantze faſſet/ vorgebildet.
|| [286]
13. Die Hoffnung und Staͤrcke.
Hier ſtehet ein junger Hercules auf einem Ancker/ der die Hoffnung bedeutet/ und
zerreiſ= ſet mit den Haͤnden etwelche Schlangen; dar= mit zu
erkennen zu geben/ daß er ſeine Vor=El= tern in allen guten
Eigenſchafften und Tugen= den hoffe zu uͤbertreffen.
14. Die nutzliche Kriegs=Liſt.
Hannibal gibt uns diſes Sinnbild an Han= den; welcher/ da er in Gefahr
ſtunde/ durch die Menge ſeiner Feinde uͤberwaͤltiget/ und
gaͤntzlich geſchlagen zu werden/ als ein kluger General aus der Noth
eine Tugend gemacht/ und brennende Faſchinen auf die Koͤpffe
ſeiner im Lager bey ſich habender Ochſen gebunden; auch
dardurch gluͤcklich der Gefahr entgangen.
15. Die Noth iſt eine Mutter der Erfindung.
Die Noth gibt uns offt Mittel in den Sinn/ daran wir ſonſten
niemahlen gedaͤchten; und nehmen wir an dem Raben/ davon Plinius
ſchreibet/ ein Exempel: Als derſelbe groſſen
Durſt hatte/ und wohl ein Waſſer in einem
Geſchirꝛ geſehen/ aber wegen deſſen Enge nicht
hinein kommen koͤnnen; ſo hat er ſo vil Stein= lein herbey
getragen/ und dort hinein fallen [ID00364]
[ID00365]
[287]
laſſen/ biß das Waſſer dardurch aufgeſchwel=
let worden/ daß er daſſelbe erreichen und trin= cken
koͤnnen.
1. Wer verborgen lebt/ lebt am beſten.
Wan ̅ du nach Ehre ſtreb’ſt/ ſo liebſt du Leim und Thon:
Soll’ dich der Hochheit Wuſt und eitler Unflat laben?
Leb’ arm/ jedoch vergnuͤgt: der iſt ein Goͤtter=Sohn/
So nichtes darff vonnoͤthen haben.
2. Die Maͤſſigkeit iſt das hoͤch= ſte
Gut.
Wer Maͤſſigkeit im Hertzen ligen/
Und feſt darinn beſchloſſen hat;
Den ruͤhmt man/ daß er in der That
Koͤnn’ Hoffnung und auch Forcht beſiegen.
3. Ehre deinen Freund/ und nim
̅
e dich in acht.
Ihr Freunde nach dem Schein/ die ihr das Tadlen liebet/
Und meinet/ daß es euch mit Recht vergoͤnnet ſey’;
Erkenn’t/ was ihr begeh’t/ und was ihr ſelbſt ver= uͤbet/
Und denckt/ daß euer Freund von Fehler’n auch nicht frey.
|| [288]
4. Die Liebe deß Volcks iſt eines Reichs Staͤrcke.
Ihr Unbeſonnene/ die Zwiſt und Unruh’ freuet/
Klagt nicht den Himmel an/ daß euch die Straffe trifft.
Neyd/ Mißgunſt/ Haß und Streit/ ſo ihr bißher ge= ſtifft/
Seind Urſach/ daß ihr und das Eure wird zerſtreuet.
5. Die wahre Freundſchafft.
Deß Poͤvels Freundſchafft will nichts als nur Nutzen faſſen;
Ein edeles Gemuͤth liebt aber ohn’ Genuß.
Iſt nun die Lieb ein Gott/ ſo folgt auch diſer Schluß;
Daß ſie muͤſſ’ Lohn und Wucher haſſen.
6. Wer mit ſeinem Stand zu frie= den iſt/ lebt
gluͤckſeelig.
Wer hohe Ehr’ verlacht/ wer Pomp und Pracht ver= nicht/
Und nur ein ſtilles Leben achtet;
Dem wird gar leicht der Weg zu Thronen zugericht.
Die Ehr’ hat Schatten=Art; laſt den/ der ſie flieht/ nicht;
Und fliehet den/ der ihr nachtrachtet.
7. Das Feld=Leben iſt ein Helden=Leben.
Es lob’ die Staͤdte/ wer da mag/
Wo ſich die Leute alle Tag
Zu ſeltzamen Gepraͤng’ bewegen muͤſſen laſſen.
Ich liebe Land und Feld; da ich mehr Luſt erjag’/
Als in der groſſen Staͤdte Gaſſen.
|| [289]
8. Es bleibt kein Laſter ungeſtrafft.
Elendes Troja/ das der Goͤtter Grimm empfindt/
Die ihre Rach’ auf dich geſchuͤttet!
Klag’ nicht die Griechen an/ daß ſie dich abgebrennt:
Dein geiler Fuͤrſt hat dich durch ſeine Brunſt zer= ruͤttet/
Und deiner Laſter Hauff das Feuer angezuͤndt.
9. Alles vergeht mit der Zeit.
Du Sonne/ die man niemahls ſiehet!
Du Pracht=Schein der Natur; der Augen Blendungs= Werck!
Du Schoͤnheit/ die der Lieb’ ſtets Sclaven herbey ziehet!
Dein Reich iſt zwar ſehr groß/ und ungemeiner Staͤrck’;
Doch baue nicht zu vil auf das/ was du kanſt ſchaffen:
Verlaß’ dich nicht zu vil auf deine Flamm und Waffen/
Weil ihnen niemand kan entgeh’n:
Es wird der Parcen Scheer dich auch einmahl auf= reiben;
Und ſoll von deinem Glantz dann etwas uͤberbleiben/
Muß es durch meinen Verß geſcheh’n.
10. Die Philoſophia lehret ſterben.
Was nicht in deinen Kraͤfften ſtehet/
Daruͤber ſetz’ die Sorg’ beyſeit:
Der Zweiffel macht nur Schmertz und Leib/
So zwiſchen Forcht und Hoffnung gehet.
Stell’ alles Gott anheimb; Er iſt dein HErꝛ und Rath.
Schau/ daß dich Ungedult nicht blaͤhet;
Und folg’/ wie Er’s beſchloſſen hat.
|| [290]
11. Bekuͤmmere dich nicht umb das Zukuͤnfftige.
Ihr/ die ihr nun zu wiſſen ſuchet/
Was uͤber euch beſchloſſen ſey’;
Vermeidet die Wahrſagerey/
So man mit hoͤchſtem Recht verfluchet.
Die Kunſt iſt Grund= und Boden=loß/
Die an dem groſſen Himmels=Schloß
Will unſer Gluͤck und Ungluͤck ſehen.
Nur GOTT allein iſt es bekannt/
Wie ferne unſ’re Jahre gehen;
Und das Geſchick der Welt ſteh’t nur in ſeiner Hand.
12. Man ſoll alſo leben/ daß man ſich nicht vor dem Todt
foͤrchte.
Wie mancher/ der ein Welt=Ratz iſt/
Will alles der Natur zuſchreiben?
Und meint/ durch ſolche Narren=Liſt
Koͤnn’ er von ſich den Todt abtreiben.
Ein and’rer glaubt/ wann er nur fromm/
Daß er in kein Gefahr nicht komm’/
Und werd von Clotho nicht erreichet.
Doch fehlen alle beyd’ zugleich:
Dann eh’ der Todt ſich herbey ſchleichet/
Wird das Geſicht an Runtzel’n reich.
13. Ein Greiß ſoll nur an das Sterben gedencken.
Was hilfft der Schweiß den Alten hier?
Daß er durch Land und Staͤdte reiſet/
Und allenthalb aus Ehr=Begier
Pallaͤſt und Haͤuſer bauen heiſſet.
Weiſt du dann nicht/ daß leicht ein Tag/
Da man’s am mind’ſten glauben mag/
|| [291]
Dir deiner Jahre Lauff wird brechen?
Die beſte Zeit/ die du gelebet/ geht Berg=ab:
Drum dencke an den Todt/ der ſich nicht laſt be= ſtechen;
Und wann du bauen wilt/ ſo baue dir ein Grab.
14. Der Todt raubt uns alles hinweg.
Geliebte Einſamkeit! wo meine Seele wohnet/
Und nieſſet das Geluͤck/ ſo ihr der Himmel goͤnnt!
Ihr Buͤcher/ die ihr mir die Luſt mit Laſt belohnet!
Und auch du Schoͤnheit/ die du meiner nie geſchonet/
Vilmehr mich deinen Knecht genennt!
Es wird der Todt mich einsmahls faſſen/
Und mir nicht mehr mich ſelbſten laſſen:
Ja/ auch was ich geliebt/ das wird verlohren ſeyn.
Ich werd’ alsdann den Weg/ den alles Fleiſch geh’t/ gehen;
Ich werde nicht mehr ſehen/
Was meinem Sinn und Hertz’ gibt Lieb’ und Leben ein.
15. Der allgemeine Weg.
Fuͤrſt oder Baur! du ſolt es wiſſen:
Hat uns der Him ̅ el ein’ſt den Sterbens=Tag geſetzt/
So bleibt der Schluß auch unverletzt/
Daß wir doch alle fallen muͤſſen.
Wir ſchiffen nach dem finſtern Strandt/
Wo jener ſtrenge Steurmann laͤndet/
Und unſer Schiffart wird geendet;
Wo uns der letzte Schuldner mahn’t.
|| [292]
1. Die unterdruckte Tugend.
Die untergetruckte Tugend wird hier vorgeſtellt unter dem Bild eines
gefeſſel= ten Loͤwens; und wird dardurch gelehret/ daß auch
die Staͤrcke und die Hertzhafftigkeit den Gluͤckes=Faͤllen
unterworffen ſeye.
2. Die großmuͤthige Tugend.
Diſes Sinnbild zeiget uns einen Falcken/ welcher mit der groͤſten
Begierde auf einen in der Lufft unters=uͤberſich ſchwebenden
Reiger herab ſchieſſet; ohngeachtet ihme wohl wiſ=
ſend/ daß zerſchiedene von ſeinen Vorfahren durch den
ſpitzigen Schnabel deß Reigers ihr Leben verlohren haben.
3. Die ſanffte Gerechtigkeit.
Die Sonne/ wann ſie ſich in denen Zeichen deß Widders und der Waage
befindet/ gibt uns zu verſtehen/ daß dieſelbe umb diſe Zeit
in der gantzen Welt den Tag und die Nacht gleich mache; da dan
̅
zugleich durch
den Wid= der die Sanfftmuth/ und durch die Waage die Gerechtigkeit angedeutet
wird.
|| [ID00372]
|| [ID00373]
|| [293]
4. Das kluge Verhalten.
Das kluge Verhalten bilden wir ab unter der Figur eines in dem Haven ſich
befin= denden Schiffes/ ſo mitten durch die Syrten gluͤcklich
hingeſegelt hat; und geben darmit zu erkennen/ daß eine
erwuͤnſchte Schiffart nicht eben an dem Gluͤck deß Piloten/
ſondern fuͤrnemlich an ſeinem klugen Verhalten gele= gen
ſeye.
5. Die Fuͤrſehung.
Die Fuͤrſehung ſtellet man vor durch einen Paradiß=Vogel/
von deme man/ wie= wohl faͤlſchlich/ vorgiebet/ daß er keine
Fuͤſſe habe. Diſer nun ſolle/ wann er einig Unge=
witter in dem Flug vermercket/ ſich biß in die dritte Lufft=Gegend hinauf
ſchwingen: wo= durch die jenige/ die von einem Tyrannen ein Ungluͤck
zu beſorgen haben/ erinnert werden/ ein gleiches zu thun/ und ſich auf
die Seite zu machen.
6. Die Wuͤrckung der Fuͤrſehung.
Die Wuͤrckung der Fuͤrſehung
wird hier durch einen aus einer Wolcke her= vor brechenden Blitz angezeigt/ und
mithin ge= lehret/ daß die Fuͤrſehung keine Hindernus o= der Saumnus
leiden koͤnne.
|| [294]
7. Die mitgetheilte Tugend.
Hier macht man ein fruchttragendes Propff= Reiß zum Sinnblid der mitgetheilten Tu=
gend: dann gleichwie ein gutes Reiß auf ei= nen wilden Stam
̅
en gepropffet
wird/ und her= nach gute Fruͤchte traͤget; alſo findet ſich
auch zwiſchen der Tugend und dem Laſter kein Un= terſcheid/
als nur nachdeme etwa die eine oder das andere mehrers ſich ſehen und
ſpuͤren laſ= ſet.
8. Die urſpruͤngliche Tugend.
Die urſpruͤngliche Tugend ſtellet ſich uns dar in dem
Bild eines in die Sonne ſehenden Adlers; weilen diſer Vogel ſeine
Junge an die Sonne zu fuͤhren/ und nur die/ ſo den Glantz
derſelben ertragen koͤnnen/ fuͤr ſein Geſchlecht zu
erkennen pfleget.
9. Die Rache.
Es gibt zwar unterſchiedliche Arten der Rache ab; allein/ hier zeigen wir
dieſelbe un= ter der Figur eines Loͤwen an/ welcher mit ei= nem
Pfeile verletzet worden/ den er mit den Zaͤhnen heraus ziehet/ und zerbricht;
weil er den jenigen nicht bekommen koͤnnen/ ſo denſel= ben
auf ihn abgeſchoſſen.
|| [295]
10. Der gute Hirt.
Ein guter Hirt/ oder Prieſter kan nicht unfuͤglich durch den Mond
angedeutet wer= den: dann gleichwie diſes Geſtirn immerdar in
Bewegung iſt/ und ſein Liecht von der Son= ne entlehnet/ auch hernach
ſolches erſt der Erde mittheilet; alſo muß ebenfalls ein
Prieſter ſein Liecht aus der Heil. Schrifft hernemmen/ und
daſſelbe ſeiner Heerde mittheilen.
11. Der Tapffere und Wachſame.
Der Loͤw iſt ein Sinnbild der Tapfferkeit/ und Wachtſamkeit; weilen
er mit offenen Au= gen ſchlaͤffet/ und auch der Sonnen gewidmet
iſt.
12. Der ſanffte Todt.
Es kan einem tapffern Helden keine Tod= tes=Art ſanffter fuͤrkommen/ und
angenehmer ſeyn/ als wann er im Streit uͤber ſeine Feinde
ſieget/ und mithin das Leben laſſen muß: da= hero man ihme
einen Creutzweiß uͤbereinander gehenden Oel= und Cypreſſen=Zweig
zum Sinnbilde beyeignet.
ENDE.
|| [ID00377]
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|| [ID00380]