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Neuer Lust- und Lehrreicher
Schau-Blatz / Worinnen
Allerhand nachdenkliche Beschichten / heilsame Sitten-Lehren / Politische Erinnerungen / gefasste denkwürdige Sprüche / wie nicht weniger Welt-Religion-Estats-Jagt-Bergwerks-Münz- und andere dergleichen nützliche Dinge mehr enthalten.
Allen Edlen Bemüthern / zu nachdrücklicher Aufmunterung Heroischer Tugend / klugen Nachsinnen / und dann zur Bespielgelung Menschlicher Glückseeligkeit / Ehre / Hoheit / Fälle / Anstösse / Mängel und Gebrechen / sc.
Durch Veranlassung einiger hohen Potentaten unseres Teutschlandes angestellter vertraulichen Conferenz, und daneben vorgegangener Ergötzlichkeit / beobachtet / und des nützlichen Gebrauchs halber / zum Druck befördert.
Nürnberg / In Verlegung Johann Hofmanns / Kunst- und Buchhändlers / Gedruckt bey Christian Sigmund Froberg. Anno 1685.
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Der Alten Leibes-Übungen und Schau-Spiele / Und Die nachmahls durch die Zeit aufgebrachten Turnier- und Ritter-Spiele / auch daher zum Theil entstandene Ritter- und Adel-Stand.
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Kurze Vor-Ansprache An den Großgünstigen hochgeneigten Leser.
DIe Historia / welche / eigentlich zu reden / nichts anders ist / als eine Wissenschafft geschehener und sich zu getragner Dingen / ist nicht allein mit unglaublicher in allen Künsten und Lebens-Beschaffenheiten dienender Nutzbarkeit / sondern auch höchstanmuthiger Belustigung vereinbaret. Dann / vermöge der Historie / können wir den allzeit gleich-gearteten Lauff der Göttlichen Vorsehung / den unter den Trübseeligkeiten allzeit grünenden Zustand der Kirchen / die gewissesten Belohnungen der Gottesfurcht / die unausbleiblichen Straffen der Gottlosigkeit / die vergeblichen Betrügereyen der Ketzer / die eitlen Practicken der Tyrannen / die verwunderlichen Erhaltungen / Veränderungen und Verheerungen der Reichen und Herrschafften / die entweder plötzlich entstehende oder zu Grunde gehende Zierde der Geschlechten / die dapfern Thaten der Helden / und dann endlich die unzehligen Exempel unterschiedlicher Künsten gleichsam in einem Anblick durchsehen und betrachten. Es erlanget aber die Historia grosses Lob / wann darinnen der Historien Affect ohne Affect beschrieben wird; dann wann ein Historicus oder Geschichtschreiber den Affecten oder Gemüths-Reegungen (unter denen diese zween die vornehmsten sind / nemlich Gunst und Haß) ergeben / so geschicht gar gewiß / daß er / mit zu viel oder zu wenig Thun / die Warheit auf die Seiten setzet. Muß also ein Geschicht-Schreiber / die Gemüths-Reegungen / Wirkungen und Mängel der Menschen ohne Gemüths-Regung beschreiben / wo er bey dem Leser eine Gunst erlangen und überkommen will: Ja er soll ihme allezeit das schöne Gemähl der Historie vor Augen schweben lassen / welches Joh. Antonius Viperanus, in libro de scribendâ historiâ gesehen zu haben / bezeuget / mit folgenden Worten: Er muß die Historia ansehen / als eine freye und unverletzte Jungfrau / welche keinen Begierden unterworffen / die Warheit liebet / in den Bewegungen ernsthafftig ist / einen gesunden Leib / anmuthige Farbe und vollkom̅ne Glieder hat / auch keinen liederlichen und leichtsinnigen Dingen ergeben ist / sondern welche sich ernst [ID00010] haffter und grosser Dinge befleissiget / mit mässiger und gebührender Zierraht einher tritt / nicht auf Wollust / viel aber auf Erbarkeit hält / wie einer ehrlichen Matron zustehet / ja die sich nicht auf s. v. Hurenweise zu schmücken pfleget. Dergleichen Preißwürdig-Historisches Werk wird ihme / hochgeneigter Leser / auch gegenwärtig vorgestellet / als welches / auf Anleitung hoher Potentaten / bey Deroselben höchstrühmlicher Zusammenkunfft unter Hochfürstl. Lustbarkeiten / in Aufzügen / Wirthschafften / Jagten / Comödien / Thurniern / Feuerwerken / Bergwerk - Inventionen sc. bestehend / zu Papier gebracht worden. Welches höchstnützliches / und dem Historien-Liebhaber zu unbeschreiblicher Belustigung befördersames Werk / mit unterschiedlichen Kupfern gezieret / hier zum Vorschein kommet / und ist sich in diesem Fall an die unterweilen dahey befindliche Lateintsche Versal-Buchstaben gar nicht zu kehren / weil selbige sich auf die Lustbarkeiten und vorgefallne Actionen selbst beziehrn / welche wir hier mit allem Fleiß davon gelassen / damit das Werk nicht allzugroß und weitläufftig / auch der Curieuse Leser in seinem Studio historico nicht mochte irre gemachet werden. Er gebrauche alles zum unausdenklichen Nutzen / und unbeschreiblichen Ergötzen / als worzu dieses Werk expressè gewidmet worden.
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Der Alten Leibes - Ubung.
DAs vonden sieben Planeten und des Nimrods mit seinen 36. Reichs-Nachfolgern angestellte / und vorhergehende Ring- und Guintan-Rennen giebet uns Anlaß / der Alten ihren Leibes-Ubungen / und denen so genannten Ritter-Spielen / Turniren / und Adels Eigenschafften mit wenigen nachzudencken. Müssiggang / pflegt man zu sagen / macht traurige Arbeit: Man hat die Leibes-Ubung / und das Spielen bloß zur Ergetzlichkeit / und Belustigung der ermüdete / und mit vielen Geschäfften beladenen Gemüther erfunden / und sie beyde entweder heimlich oder öffentlich vor die Hand genommen. So (Hieronymus Mercurialis de Arte Gymnastica lib. I, Ballspiel. Plinius. Herodotus.) vielerley Völcker / so vielerley Spiele pflegte man öffters anzustellen. Bey den Griechen waren die Ludi Olympii, Pythii, Nemei, und Isthmii, in welchen man große Gaben aufsetzte / und denen / so das Beste darbey thaten / mit besondern Gepränge zutheilete. Das Ballen-Spiel / schreibet man / soll Einer mit Nahmen Pythus / oder wie etliche wollen / die Lydier / und Sycionier erdacht haben / und beschreibet solches homerus in solgenden Versen:
Ille Pilam dextram missurus ad Astra reflectit.
Terga retrò rursusque ad magnum protinus Jctum.
Consurgens Terram procumbit pronus ad imam.
Der / welcher den Ballon will in die Höhe schlagen /
Muß immer über sich und nach dem Himmel seh'n
Und führen starcke Streich; sein Auff- und Nieder-Gehn
Und flügel-schneller Fall giebt sonderlich Behagen.
(Suetonius) Es sind aber dreyerley Arten der Bälle / als der bekandte große Ballon / deßen sich auch Keyser Augustus / nachdem Er den einheimischen Krieg zu Ende gebracht hatte / gebrauchet / der gemeine / und der Hand-Ballen / (Valerius Maximus. lib. 8. cap. 8. Laertius. lib. 5. Plutarchus in Vita Alexandri Magni.) welche alle unter den Nahmen Sphaera begriffen werden / Dieses Spiel ist nicht allein bey denen vornehmsten Griechen / und Römischen helden vordeßen sehr häuffig im Gebrauch / und Ubung gewesen / daß sie nach verrichteten Kriege / Regierungs-Lasten / und andern Dingen sich mit demselben erfrischet / sondern auch annoch an großer Herren Höfe / und Volckreichen Städten sehr bekandt / also daß hiervon weiter nichts zu gedencken.
(Unterschiedene Schauspiele.) Es hielten die Griechen / und nach gehends die Römer viel offene Schau-Spiele / und waren solche dem Römischen Volcke so angenehm / daß sie auch die jenigen Keyser / welche dergleichen anstelleten / und aus denen Reichs-Einkunfften die grösten Kosten darauff wendeten / nichts desto weniger für die Klügesten / Besten / und die dem Reiche am geschick [8] testen vorstünden / gehalten wurden. Nachdem der tapffere Augustus den Römischen Antonium / und die Cleopatram bey der Stadt Actio in Epyro überwunden / hat derselbe daselbst zum Gedächtnis deßen alle fünff Jahre gewiße Spiele anstellen laßen / so man Actios Ludos genenent: Die Boalia, oder Bubetiae waren solche / welche man mit Ochsen hielte. (Ludi Circenses. Alexander ab Alexandro gen. Dier. c. 8. Dionysia.) Die Circenses die / bey welchen die edlesten Jünglinge auf einen mit vier Pferden neben einander bespannten Wagen nach einen vorgesteckten Ziele umb die Wette fuhren: Die also genannten Dionysia geschahen zu Ehren des Bacchi, bey welchen man alle Freyheit zu sauffen verstattete / bey diesen befanden sich das Volck / und die gecrönten Ringer / es waren aber derselben viererley Arthen / als die Olympia, Pythia, Nemaea, und Isthmia, deren Belohnung / oder Berehrung wilder Oelbaum / Lorbeer / Eppich / und Fichten / welche alle zu Ehren des Pelops / Königes Tantali in Phrygien Sohn / Archemori des Königes in Thracien Lycurgi Sohne / des Apollinis / und Palemonis geschahen. Die Olympia und Isthmia wollen Etliche / daß sie von dem Jove, und Neptuno, die Plebei aber / dem Römischen Volcke von dem Lucio Sylla / als sie wegen ihrer Freyheit und für das Vaterland ihre Könige aus Rom vertrieben / zu Ehren angestellet.
(Die Olynipischen Spiele. Alexand. ab Alex. l. 5. c. 8.) Etliche geben vor / daß der Olympischen Spiele Uhrheber nicht zwar der Hercules / so von dem Jove, und der Alemena gebohren / sondern der in Creta gewesen / und habe solche nach Erschaffung der Welt 4400./ und in dem 43 sten Jahre nach Zerstörung der Stadt Troja gestifftet.
(Diodorus Siculus Rer. antiquar. l. 4. c. 4.) Etliche / daß nach dem die Argonautae zurücke gekommen / und durch List der Medeae König Pelium getödtet / und seines Reichs sich bemächtiget / welches sie hernach deßen Sohne dem Acastio übergeben / hätte Hercules seien Gesellen ermahnet / sich ihnen ein gutes Lob zu stifften; worauf man in Griechenland einen berühmten Orth erwehlet / an welchen man unterschiedene Kampff-Spiele gehalten / solche dem Jovi Olympio zugeeignet / und also dadurch das Volck von fernen Ortgen herzeu gelocket. (Solinus memorabil. c. 2.) Etliche sagen / daß sie von dem Iphito und Lycurgo angestellet / es ist aber aus dem Solino zu sehen / daß Iphitus diese Speile nur wieder angerichtet. (Alexan. ab. Alex. c. I.) Diese wurden alle Jahr nach welchen auch die Griechen ihre Zeiten zu rechnen pflegten / gleichwie die Römer nach der Regierung ihrer Bürgermeister / und wir Thristen / von der Geburth Thristi / in welcher Verordnung dan̅ Hercules uf die Zahl seiner Brüder / nehmlich auf den Poeneum, Epimedem, Jasium, und Idam darunter Er der älteste gewesten / soll gesehen haben: Der Kampff währete 5. Tape / und wurde am sechsten (Text. Ravis. Alexander ab Alexand. lib. 5. c. 8.) Tage geurtheilet / welcher in demselben das Beste gethan: Die Richter erwehlete man durch die Wahl der Griechischen Städte / und sollen deroselben zehne gewesen seyn. Ihre Spiele / darinnen sie sich übten / waren gleichergestalt fünfferley / als Werffen / Rennen / oder Wettlauffen / Springen / Ringen / und Kämpffen / oder Fechten. Es kahm aber zur selbigen Zeit in die beyden Städte Elis / und Olympia / so eine Meilwegs voneinander gelegen / gantz Griech enland zusammen / alba sie ihren Land / oder Reichs - Tag hielten / und über des Landes Besten sich berathschlagten. Von diesem Rampffe schloß man alle Barbarische Völcker aus / ingleichen die / so eines Lasters überführet / oder verurtheilet worden / über dieses so hatte auch keiner die Wahl / mit welchem er streiten wollte / sondern / er muste mit dem / welcher zu erst mit ihm auftraht / den Kampff an [9] nehmen. Die Fechter erwehlte man durch das Los / welche zusammen kamen: Der Preiß bestund in einer Crone von Oelzweigen / wiewohl es auch zu Zeiten güldene und ehrne Cronen gewesen seyn sollen / so man dem (Cicero in Oratione pro Flacco & Alexander ab Alex. c. I.) Uberwinder zugetheilet / nichts desto weniger hielte man diesen Crantz von Oelzweigen so hoch / und den Sieger dermaßen in Ehren / als bey den Römern ein Triumph geachtet werden möchte / ja es war auch hieran nicht genung / sondern man rieß auch ein Stücke Mauer von der Stadt darnieder / und führete den Uberwirder dadurch hinein. Dahero auch Tigranes / des Artabani Sohn / gegen dem Mardonio / als derselbe dem Könige Xerri Griechenland zu überziehen riethe / in diese Worte heraus brach / und sagte: Wilst du uns dann zu solchen Leuten in Streit führen / die doch nicht umb Geld und Gut / sondern umb Ehr und Tugend willen fechten.
(Pythia) Pythia nennte man Apollinis Schau-Spiele / alldieweil Apollo die ungeheuere Schlange / oder den Drachen Python getödtet / und das Land (Scenici,) dadurch in Ruhe und Sicherheit gesetzet. Die Scenici waren solche / auf welchen man den Zuschauern / gleichwie heutiges Tages in gewißen Comödien / auf dem Theatro eine und die andere Geschicht vorstellete. Die (Seculares.) Seculares, welche man zu Ehren des Apollinis und der Diance verordnet (Ravisius Textor.) / geschahen in hundert Jahren einmahl / und ließ man durch einen Herold darbey öffentlich ausruffen: Venite ad Ludos, quos Nemo viventium vidit, nequè visurus est postea: Kommet herzu und schauet solche Spiele an / die zuvor niemals keiner gesehen / noch in Zukunfft sehen wird. Es hat aber Käyser Philipp tausend Jahr nach Eroberung der Stadt Rom dergleichen Schau-Spiele auch gehalten / darinne sich 30. Elephanten / 10. Elend-Tiere / 10. Thieger / 40. zahme Leuen / 30. zahme Leoparten / etliche wilde Pferde und Wald-Esel / ein Rhinoceros / und tausend darzu gehörige Fechter befunden.
(Taurii Suetonius) Die Ludi Taurii geschahen zu Ehren denen unterirdischen Göttern / welches Jagten waren / bey denen man in verschloßenen Schranck en Tieger / Elephanten / Leuen / und Fechter miteinander bis auf den Tod kämpfen ließe. Diese währeten 5. Tage / und ward iedesmahl der Kampff von neuen in zwey Hauffen / nehmlich in 500. zu Fuße. 20. Elephanten / und 300. zu. Roße eingetheilet / und angefangen; zu solchen Kampffe und Gefechte aber wurden gemeiniglich nur die entweder ohne dis zum Tode verdammten / hierzu erkaufften / oder welche aus Hochmuth ihre besondere Leibes-Stärcke für andern sehen laßen wolten / gebraucht. Insonderheit hatten auch die Griechen / und Römer eine Art von solchen Spielen in Ubung (Lupercalia Franciscus Patricius de institution. Reipubl. lib. 2. T. 7. Gladiatorii oder Fechter.) / so sie Lupercalia nenneten. Bey diesen liefen etliche junge Mannspersohnen von edlen Geschlechtern gantz nackend durch die Gatzen / führeten lederne Geißel / und Peitschen in der Hand / und schlugen zu jedermans Gelächter die / so ihnen auff der Straße begegneten. Die Fecht-Schulen brachte man zu dem Ende auf / damit sich die Jugend bey Zeiten in den Waffen üben / und des Streits desto gemachsamer gewohnen möchten. Gleichwie aber in allen Dingen gemeiniglich über die Schnure gehauen wird: Also kam es auch bey denen / so die Fecht-Kunst begriffen / so weit / (Hieronymus Mercurialis in Arte Gymnastica p. 143. 275.) daß sie öffters mit Einem unerschrocken umb Leib und Leben kämpfften / und nichts desto weniger ihr Kampff von denen Zuschauenden mit höchster Vergnügung angesehen wurde. Die Alten nenneten der gleichen Personen Gladiatores, das ist / solche / die man von Jugend auf zu allerhand Ubungen in Waffen gewehnete / und anführete / damit wann sie ihr eigen [10] Blut sähen / dafür nicht erschrecken / sondern vielmehr in Ausnehmung der feindlichen Streiche desto behertzter seyn / und ihrer Widerparth unerschrocken unter die Augen trehten sollten. Und ob man schon bey den Römern hierzu etliche Leibeigene / oder Andere / die ohne dis das Leben verbühret / abrichtete / so fanden sich doch hernach etliche Freye / die diese Kunst begriffen / und hernach entweder großen Herren zu gefallen / oder aus vorsetzlicher Verwegenheit ihr Leben ohne Ursache in die Schantze schlugen. Hiernechst (Titus Livius. Svetonius.) so kahm es mit denenselben dahin / daß man dergleichen Schauspiele auch bey denen Begräbnißen der Verstorbenen / als wie Junius Brutus / Keyser Tiberius / und andere mehr gethan / vor die Hand nahm / und waren der Römer ietzt-berührte Schauspiel-Häuser dermaßen prächtig und groß / daß so wohl auff den Stiegen / als Gallerien an die hundert tausend Menschen sitzen kunten. Keyser Augustus unterhielte aus der Römischen Schatzkammer / 23. Schauspiele / und auf seinen eigenen Beutel 24. dergleichen: Keyser Nero lies sein Spiel-Haus gantz vergulden: Offt fochte Mann für Mann / offt aber musten viel hundert auf einmahl zusammen gehen. (Lipsius.) Etliche derselben nennte man Secutores, und etliche Retiarios. Von diesen wird erzehlet / daß ihrer fünffe der Ersten / mit Andern fünffen dieser Letztern gekämpffet / und selbige bis auf Einen niedergemachet; Alldieweil sich nun derselbe übermannet gesehen / hätte er die Zuschauer umb Gnade angeschrien / indem er aber von Ihnen kein Gehör erhalten / sein Gewehr wieder ergriffen / und mit solcher Furia / und Verzweiffelung gegen die Fünffe gefochten / daß er sie alle erlegt / und dadurch seine Freyheit erhalten; (Schiff-Kämpffe.) Andere fochten mit verbundenen Augen zu Roße. Etliche der Keyser / insonderheit aber Domitianus / und Claudius stelleten dem Volcke zur Lust einen und den andern Schiffs-Streit an / woselbst die Krieges-Gefangenen / die so das Leben verwürcket / oder die umb das Geld darzu erkaufften / miteinander streiten musten. Wie nun der Römische Keyser Augustus / (andere Schau-Spiele.) Caligula / Claudius / Nero / Domitianus / Adrianus / Antoninus Pius / und Andere mehr allerhand dergleichen Schauspiele anstelleten / und darauff (Johann Ravisii Textoris Theatrum poetic. & historic.) fast eine unglaubliche Summa Geldes verwendeten / inmaßen ein eintziges Schauspiel drittehalb Millionen gekostet haben solle. Also verordnete auch Keyser Gordianus dem Römischen Volcke 12. Schauspiele gantzer 12. Tage lang / also daß Er zuweilen an einem Tage 50. Fechter aufführen / und auff einmahl 150. auch offtermahls 1000. Africanische wilde Thiere auf den Kampff-Platz bringen ließ. Denn er hatte einen Wald / in welchem sich stets 200. Hirsche / 30. Britannische wilde Pferde / 1000. weiße wilde Schafe / 10000. Reheböcke / 300. Strause / 20. wilde Esel / 150. wilde Schweine / 200. Egyptische Störche / und 200. Gembse befanden.
(Wettlauffen.) Das Wettlauffen ist eines von denen ältesten Spielen. Denn man lieset bey dem Virgilio, daß es schon bey dem Begräbniße des Griechischen alten Anchisae, dem sein Sohn AEneas zu Ehren dergleichen gehalten / üblich gewesen / und haben damahls miteinander Panopes, Patron, Salius, Nysus, Halymus, und Diores umb die Wette gelauffen. Es wurden aber dergleichen Cursores, oder Läuffer Statiodromi, welche das auffgesteckte Ziel erlieffen / und das Mahl erreichten / Etliche Diaulodromi, so nach wollbrachten Lauffe an den vorigen Ort wieder umbkehreten / oder auch Dolichodromi, die / so sechsmahl den Lauff vollbrachten / genennet. Bey den Römern ward solches Lauffen unter die Ludos Gymnicos, und bey den Griechen unter die Ludos Olympicos gerechnet. Von der Ca [11] milla der Volscer / einem uhralten Volcke in Latio / Königin schreibet man / wie sie so schnelle gelauffen / daß sie wegen solcher Geschwindigkeit gleichsam die Erde fast am wenigsten berühret / dahero der Poete von Jhr dieses getichtet.
(Virgilius lib. 7. AEneid.) Illa vel intactae segetis per summa volaret
Gramina, nec teneras Cursu laesisset Aristas.
(Curtius l. 7) Von dem Philippo des Lysimachi Bruder erzehlet man / daß er in einem Küriße dem Könige / welcher zu Pferde gesessen / 200. Stadia, das ist 25000. Schritte sey gleich gelauffen: Die Troglodyten / ein Volck in Mohrenlande / hatten wegen ihres schnellen Lauffes einen besonderen Ruhm. (Saxo Grammaticus) Einer mit Nahmen Haraldus, soll so geschwinde auff den Füßen gewesen seyn / daß / nachdem man zwey Pferde nach einem Stadio mit Ihme umb die Wette lauffen laßen / er zum Ersten das Ziel erreichet. Athalanta, eine berühmte Jägerin in Arcadien / soll gleich falls sich mit dem Hippomene mit der Bedingung in einen Lauff eingelaßen haben / daß wann Er gewönne / Er sie zur Ehe haben / hingegen aber wann sie ihn hierinne überträfe / selbigen zu tödten Macht haben solte; welchen Wett-Lauff dann Sidonius also beschreibet:
Emicuit pernix populo trepidante virago
nil toto tactura gradu, qvum pallidus ille
respiceret Medium post se decrescere Campum,
& longas ad signa vias, statuq; propinquo
pressus in hostili jam curreret anxius Umbra
Donec ad anfractum metae jam jamq; relictus
concita ter sparso fregit vestigia Pomo.
Die Poeten tichten / daß als man den Doedalum in ein Labyrinth wegen des befreyeten Thesei gesperret / und Er daselbst sich seines Todes befahret / Er sich Flügel von Wachse gemacht / und dadurch der Gefahr entkommen wäre. Ebener Gestalt findet man bey Ihnen / daß Jupiter dem Thalo geflügelte Füße gemacht / damit Er sich seinethalben zur Europa begeben möchte / und hat auch Einer Canistius genannt / und von der Geburth ein Lacedämonier / in einem Tage 1200. Stadia lauffen können.
(Ringer.) Die Alten pflegten auch viel auf die Ringer-Kunst zu halten. Denn weil man dieselbe durch die Hände verrichtete / so meineten sie / daß solche nicht allein ehrlich / zuläßlich / und jungen Leuten wohl anständig / sondern auch zu Erhaltung eines geraden Leibes / zur Gesundheit / und zur leiblichen Geschicklichkeit sehr diente: Unter dem Nahmen Athleta wurden alle die jenigen / welche allein mit blosen Händen / und den Füßen kämpfften (Plautus.) / unter dem Namen Pancratiastes die Kämpffer / und unter dem Palaestrita ein Fechter verstanden / dahero bey Unterweisung der Alten ihrer Jugend die Art zu reden entstanden. Nisi ante solem exorientem in Palaestram veneras Gymnasii, profectò haud mediocres poenas penderes: Wer sich nicht bey Zeiten vor der Sonnen Aufgang auf den Ring- oder Fecht-Platz finden würde / der solte straff bar seyn. Denn daselbst übete man sich theils in Ringen / Lauffen / Spies- und Stein-Werffen / Fechten / Tantzen / und Springen mehr / als in der Unzucht / und anderer Büberey. (Alexander ab Alex. lib. 5. c. 8.) Das Ringen soll von dem Phoebante / oder / wie Andere meinen / von dem Theseo erfunden seyn. Die Ubung / und Wissenschafft dieses Ringens nennten die Griechen Cheironomia, oder eine Sache / die man mit den Händen / Stärcke und Geschicklichkeit seines Leibes verrichtete. [12] Die Griechen übeten sich hierinne nackend / beschmiereten den Leib mit einer Salbe von Oel und Wachs gemacht / und ehe sie aneinander geriethen / bestreueten sie sich mit Staube / damit sie desto besser saßen kunten: Der Erste / so sich also entblöset in den Kampff begeben / soll Hacanthus ein Lacedoemonier (Homerus.) gewesen seyn. Von dem alten Helden und Könige Nestor schreibt man / daß er unter andern auch hierinnen sehr geübt / indem er in seiner Jugend den Ancoeum in Ringen / Polydorum in Schießen / und den Clitomedem im Streit überwunden hätte. Man bildet aber dergleichen Kampff und Streit mit dem Antaeo und Hercule in folgenden Versen ab.
(Angelus Politianus.) Incaluere Animis dura certare Palaestra,
Neptuni quondam Filius atq; Jovis,
Non certamen erant operoso ex ae re lebetes,
Sed qui vel vitam, vel ferat Interitum:
Occidit Antaeus: Jove natum vivere fas est;
Estq; Magistra Pales Graecia, non Lybia.
Es fiengen diesen Ringe-Kampff des Neptuni Sohn Antaeus, und Hercules des Jupiters Sohn dermaßen hitzig an / daß es nicht etwan uf einen hohen Geld-Gewinst / sondern auf Leib und Leben angesehen. Dahero lag auch Antäus unten / und Hercules behielt den Platz; Weswegen man die Griechen in dieser Ringe-Kunst nachmahls den Lybiern vorzog. (Lib. 8. Etymolog. c. 24.) Isidorus meldet / es hätten die Menschen die Ubung von den Behren gelernet / welche uf besondere Art mit einander zu ringen pflegten. Der berühmte Ariost führet zwey solcher alten Ringer oder Fechter folgender Gestalt auf.
(Ariostus.) Tanto lo prese ando mutando il franco,
ed buon Rugier, che Rodomonte cinse,
col cogl' il petto sul sinistro fianco,
è contutta sua forza ibi lo strinse;
la Gambadestra adun tempo inanzi al manco,
ginocchio, el' altro attraverso gli, e spinse,
è de la Terra in alto solevollo
è con la Testa in gin steso tornello.
Der tapffer Rugier nahm endlich wahr der Huth /
daß er dem Rodomont bald griffe nach dem Blut;
Er warf ihn unter sich / und brachte durch Gewalt /
daß er von Kräfften matt verlohre die Gestalt /
Er kniet??? Ihn auf den Leib / bis daß er ihn umbschlos /
daß Rodomont von ihm nicht kommen kunte los.
Da hub er ihn dann auff / und stürtzte wieder hin /
daß er darüber gantz verlohre Muth / und Sinn.
(Wett-Renner) Die Poeten geben für / es wäre Bellerophon ein Sohn der Lycier Fürst ein Erfinder der Wett-Renner gewesen / welcher vermittelst seines abgerichteten / und gleichsam geflügelten Pferdes Pegasi das grausame Monstrum, oder Chimaera, welches vorwarts wie ein Leue / hinten als ein Drache / und in der Mitten als ein Bock ausgesehen / getödtet. Etliche sagen / es hätten die Lapithen / ein Volck in Thessalien / zum ersten die Pferde zu zähmen / und damit zu rennen die Gewohnheit aufgebracht / Erliche aber legen solches den Thessaliern zu / und geben vor: wie dieselben [13] dieselbe die Ersten / so die Pferde in Schlachten / und Kriege zu gebrauchen am besten gewust. Es sind nun die Erfinder wer sie wollen / so hat man doch aus langer Gewohnheit es mit den Pferden so weit gebracht / daß man nach der Zeit die schönsten / und ansehnlichsten Schau- und andere Ritterliche Spiele darauf halten können. Bey der Stadt Elis ward / wie vorgedacht / das Wett-Rennen mit denen Wagen gehalten / vor welchen zwey Pferde / bißweilen auch nur eines / nachgehends auch ein Mutter-Pferd / und letzlich Eselinnen gespannet / und weil daselbst ein enger Platz un̅ auf der einen Seite der Fluß / auf andern aber blosse Schwerdter gesetzet / so gienge es offters ohne Gefahr nicht ab.
(Alexander ab Alex.) Als nachmahls diese Circenses, oder Spiele unter die Römer kamen / führte man nach den vier Jahrs-Zeiten viel Hauffen auf / deren Einer Himmelblau / der andere grün / der dritte weiß / und der vierdte Rosen-Farben: Andere sahen auf die vier Elementa / und theilten ihre Farben darnach ein.
(Ritter-Stand.) Und nachdem man nun in nach folgenden Zeiten / und heutiges Tages auch zum Theil so wohl zu Rosse / als Fusse dergleichen Ubungen nicht unterlassen / sondern auch dahero der Ritter-Stand meistentheils seinen Ursprung genommen / so wollen wir die Eigenschafften desselbigen mit (Franciscus Patricius de Regno & Regis Institut. lib. 3. tit. 2.) wenigen erwegen. Omnium enim Exercitationum, quae ad futurum Regem pertinent, praecipua habenda est eqvitandi Ratio, qvae qvidem in Pace jucunda est, in Bello autem non modò utilis, verùm etiam perquam necessaria. Und zwar / so ist unter allen Leibes-Ubungen / so einem Könige / Potentaten / und tapseren Gemüthe wohl anstehet / vornehmlich auch das Reiten / worunter man das Ringk-Rennen / voltesiren und Turnieren mit rechnet / nicht so wohl zu Friedens- und Kriegs-Zeiten / als sonsten sehr nöhtig / und nützlich. Denn was kan anmuthiger gesehen werden / als wann ein Tugend-Ergebner auf dem alle Menschen ein Auge werffen / nicht allein wohl und zierlich zu Pferde sitzet / sondern auch dasselbe mit einer schönen Arth zu wenden / zu werffen / und zu regieren weiß. Es ist aber die Reit-Kunst nicht allein grossen Herren und Potentaten nützlich / sonder auch denen jenigen / welche sich an dero Höfen aufhalten / und ihre Zeit daselbsten in gewissen Diensten zubringen. Die Natur hat denen Menschen für andern Thieren den grösten Muth gegeben. Die Jugend lässet sich mit ihrer Begierde bald blikken; Und ob schon mit einem tafern Gemühte / nach dem Tode alle Stärke aufhöret / so preget ihm doch vorhero dieselbe dieses ein; Daß nach seinem Hintritte Er wegen seiner Helden-Thaten nichts desto weniger vor sich / sondern auch in seinen Nachkommen leben / und gleichsam für unsterblich gehalten werde. Man soll / sagt man / der Zeit ihr Maas nicht verendern / das ist: Man soll sich in der Alten Tugenden und Thaten zum öfftern bespiegeln / und wahrnehmen / wie die alten Römer die jenigen / so sich im Kriege / und bey andern / dem Vatterlande zum besten / dienlichen Verrichtungen wohl verhalten / mit Lorbeer-Cräntzen / Schild / Helmen / Schwerdtern / Gürteln / Ringen und Spornen begabet / welche dann solche Ehren-Zeichen nicht alle in vor sich geführet / sondern auch zum Gedächtnuße der Nachkommen bey ihrem Grabe aufhengen lassen. Vor diesen pflegte man auch die Römischen Könige vorhero zu Ritter zu schlagen (Art und Gewonheit Ritter zuschlagen.) / wie man Anno Christi 1247. am Graf Wilhelm von Holland zu sehen. Denn ehe und bevor Er zu Aachen die Reichs-Crone empfienge / ward Er zu Cöln von dem Päpstlichen Legaten, Petrus Caputius genannt / und [14] dem König in Böhmen in die Kirche begleitet / da Ihn dann der Cardinal auf des Königes gethanen Vortrag also anredete: Wehrhaffter Cavallier, Ein ieder / welcher Ritterlich kämpffen will / der muß großmüthig / frey / milde / vortrefflich / und tapffer seyn: Großmüthig in Unglücke und Widerwärtigkeit: Frey von Geblühte: milde zur Tugend / und Erbarkeit: Vortrefflich zur Wach- und Aufmercksamkeit / und dann tapffer an Man̅heit. Ehe ihr aber das Gelübde eurer Profession ableget / so höret mit wenigen / etliche Regeln deß Ritter-Ordens: Vor allen Dingen sollet ihr an den gecreutzigten Christum / als einen Heyland / und Seligmacher glauben / Euch seines Leidens und Sterbens getrösten: Für die wahre Religion Leib und Leben wagen: Die Christliche Kirche nebenst dero Dienern von aller zugefügten Gewalt befreyen: Wittben / und Wäysen verthädigen: Keinen Krieg mit Unrecht anfangen: Euch in keine Unbilligkeit einlassen / dem Römischen Kayser alle Unterthänigkeit in weltlichen Sachen erweisen: Das gemeine Wesen bey seinem Wohlstande erhalten: Keine Lehen-Güter des Reichs entfrembden lassen / und letzlich für Gott / un̅ der Welt ein unsträfliches Leben führen. Und weil ihr anitzo den Ritterorden in Nahmen Gottes anzunehmen begehret / so überreiche ich Euch die Profession, so ihr ablesen sollet. Worauf / als solches geschehen / der König in Böhmen demselben einen Streich über die Schultern gab / mit diesen Worten: GOtt dem Allerhöchsten zu Ehren Ordinire ich Euch zu einem Ritter / und nehme Euch mit Freuden in unsere Gesellschafft auf. Die Tugend hat nicht nur ihre Belohnung / sondern sie führet auch ihren darfür (Ritter-Ordens Absehen.) empfangenen Lohn mit sich. Alle Ritter-Orden gehen dahin / daß man nämlich die durch Tugend / und Helden-Thaten berühmt Gemachte geadelt / und zum Ritter geschlagen / auch sie vor andern mit Namen / Schilden / Wapen / und Helm begabet / und dieser Gebrauch ist von den Griechen / Römern / und andern Nationen mehr mit nicht wenigen Lobe nachgehends (Justus Soldan in David.) aufgebracht / also daß daraus erhellet / wie nicht eben die / welche ihrer Vor-Eltern Wapen / Spieße / Helm / Schwerdter / und Cuirasse ererbet / sondern die ihre Hände in dem Blute der Riesen / das ist / Tyrannen / und Feinde gefärbet / und tapfere Dinge verübet / für Edel zu achten / ingem ein Gelehrter seine Thaten vermittelst heilsamer Rathschläge / Erfarenheit / und Wissenschafften mit der Feder / ein Ritter aber mit Wercken an den Tag bringen muß / alsdann so ist der Adel ein Lorbeer-Crantz / mit welchem die Zeit alle Tugend-Erben crönet. Der Adel ist dreyerley: Einer / so aus der natürlichen Geburt: der / welcher aus hoher Geschicklichkeit / und der / so aus Heroischen Thaten / herrühret: Wer in diesen dreyen für Andern excelliret / der hat billig den Namen eines Edelmanns. Helden-Leute macht die Tugend / und nicht die Geburt: Als Keyser Maximilianus Einen adeln sollte / gab Er zur Antwort: Die Tugend macht Edelleute; Wer nun dieselbe nicht zu mir bringet / den kan ich auch nicht adeln! Dahero bleibet es darbey / daß Adel der Tugend Cron und Lohn sey. Es ist aber der Ritter-Stand eine gemeine Würde / Hoheit / Ehre und Vorzugk / welche auf männliche / und ehrliche Thaten erfolgen / und der nicht allein denen von Adel / auch die nicht von Geblüte Adel / sonder die sich sonsten in Kriegsläufften / Schlachten und Stürmen wol verhalten / conferiret / und zugeeignet wird / gestalt man denn siehet / daß sich auch König Franciscus der Erste in Franckreich / als Er eine Schlacht in Italien erhalten / von Bajardo / einen alten Kriegs-Helden / zum Ritterschlagen liesse. Bey den Römern war der stete Gebrauch / daß [15] nicht allein die Bürgermeister und Römischen Feldherren / wie auch nachmahls die Käyser selbsten persöhnlich nach Ruhm und Ehre strebeten / sondern sie reitzeten auch Andere mit besonderen Titeln / Ehren-Cräntzen / Gaben / und Geschencken darzu an / und wer sich in Kriege / und Schlachten zu Wasser und zu Lande am besten verhielte / und am tapfersten die Spitze hielte / dem ward auch hinwiederumb mit gebührender Verehrung begegnet mit besonderen Ceremonien und Ehren Waffen / Sporn / und andere Rüstung angelegt / und also / wie man es hernacher genennet / zum Ritter geschlagen. Die gedachten Ceremonien waren diese: Es stellete sich (Spangenberg. lib. 3. c. 3.) der angehende Ritter mit seiner Rüstung / Krebs / Kragen / Pantzer / und Stiefel für dem / von welchem Er zum Ritter geschlagen seyn wolte / und bat umb den Ritter-Orden. Man laß ihm die Artickel desselbigen Ordens für / und unter andern auch dieses: Wie er sich gegen GOtt: Gegen die Christliche Kirche: Gegen deroselben Diener: Gegen seine Obrigkeit: Gegen Witben / und Wäysen: Und gegen die Armen verhalten solte: Worauf derselbe solche Ihm fürgelegte Artickel steif und feste zu halten beschwur / und angelobte / da man Ihm denn / nach gethanenen Schwerdt-Schlage / ein Schwerdt mit Golde beschlagen an die Seite gürtete / güldene Sporn anlegte / eine güldene Kette umb dem Halß hieng / und endlich zu diesem Ritter-Stande Glück wünschte.
(Ritter und Adels Unterscheid.) Man führet unter die Gelehrten die Frage auf / ob der Adel / oder Ritterschafft den Vorzugk habe? Etliche sind der Gedancken / der Adel gebe der Ritterschafft nichts bevor / indem Er unter diesen Nahmen eigentlich begriffen / und zwar dahero / weil für einer geraumen Zeit so wohl in Italien als Teutschland die Edelleute bey entstandenen Kriege sich zu Roße mit in das Feld begeben / und deßwegen die Ritterschafft genennet worden. Wenn man aber eigenlich das Wort Ritter nehmen will / so ist ein Ritter vornehmet als ein Edelmann. Denn es läßet sich kein Ritter zum Edelmann / sondern ein Edelmann öffters zum Ritter machen / zu dem so wird kein Ritter gebohren / als wie ein Edelmann / sondern erwehlet. Und ob der Vater gleich ein Ritter / so kan er doch keinen Ritter zeugen / sondern Er muß darzu geschlagen werden / da gegentheils aus einem Unedlen ein Edelmann werden kan; Uber dieses so geneust ein Ritter alle Freyheit die ein Edelmann hat / ein Edelmann aber nicht alle die / so ein Ritter hat. Vordeßen durffte / nach mehrern Innhalt der Reichs-Reformation guter Policey von Anno Christi 1530. und Anno 1548. keiner von Adel eine güldene Kette tragen / welche über 200. fl. werth / da gegentheils einem Ritter dergleichen auf 400. fl. werth zu tragen erlaubet / hiernechst so durfften auch die von Adel vor fern aber des von Adels Charge sich gleichsam verdoppelte / und bey grossen Herren in vornehmen Diensten lebete / so hielte man solchen nicht geringer / sondern höher als den Ritter.
(Der Ritterschafft Unterscheid.) Die Ritterschafft theilte man auff zweyerley Weise ein / nehmlich die / so sich streitbar erwiesen / und in die / welche von denen Rechten herkamen: Der Ersten gebrauchte man sich gegen die Feinde / und zu denen Nothleidenden (Sachsen Spiegels) / und der Andern für die Freunde / vermittelst des Rechtens / und der (Glossa Spec. Sax. lib. I. Artic. 3.) Gerechtigkeit / dahero man sie auch Ritter des Rechtens / oder des Friedens hieße / und pflegte nicht allein der Keyser alle diejenigen / welche durch das Schwerdt Land und Leute beschützten / sondern auch die / so sich durch das Recht der Weißheit in ihren Wachsthume erhielten / Ritter zu nennen. Nechst diesem musten sich auch die Ritter mit einem Eyde verpflichten / daß [16] sie GOtt / der Obrigkeit / und dem gemeinen Wesen treu seyn: den Tod nicht scheuen: Bey ereigneter Noth ihr Leben für das Vatterland auffsetzen: (Dero Freyheit) Die Armen beschützen: die Priester ehren: die Untergedrückten retten / und alle Aufwiegler verfolgen helffen wolten: Jhre Privilegia und Freyheiten waren nach dem alten Sachsen-Rechte / daß sie an keine gemeine Gesetze gebunden / ihr Testament über das / was sie durch ihre Ritterschafft erworben / bey ihrer Eltern Leben machen / sie durch Unwißenheit an ihren Rechten sich nicht versäumen / und ihre verpfändete Güter Zeit ihres (Verlust derselben.) Außenbleibens innerhalb Jahres-Frist wieder an sich lösen könnten. Es wurde aber ein Ritter seines Ritter-Standes verlustiget / wann Er sich (Specul. Saxon. art. 20.) von seinem Herrn zu desselbigen Feinde begab: Einem andern Ritter sein Wappen entwendete: An seines Generalen oder Feld-Herrn Tod schuld: Bey öffentlicher Schlacht die Flucht ergriffe / und sich sonst nicht Rittermässig bezeigte. Da man Ihm dann auf Erkäntnüß der andern Ritter mit besonderen Ceremonien sein Schwerd und Sporn hinwiederumb abgürtet / und also denselben durch einen Keyserlichen Herold der Ritterlichen (Etlicher Ritter-Orden Ursprung un̅ zwar der Ritter von der Tafel-Runda.) Würde entsetzte.
Im Jahr Christi 490. lebte König Artus in England. Dieser war ein berühmter / streitbarer / und beydes zu Friedens-als Kriegs-Zeiten tapferer Held; und weil das Lob seiner Kühnheit sich durch die Welt ausbreitete / funden sich die behertzten und streitbaren Ritter bey Ihme ein / welche Er alle auff das freundlichste annahm / denenselben zu Ehren allerhand (Cassaneus lib. I. in Gloria Mundi conclus. 21.) Ritter-Spiele anstellete / und darbey die kostbaresten Kleinodien aufsetzte / darbenebenst aber täglich eine freye und offene Tafel hielte / darüber Niemand als der / welcher sich zuvor im Kriege wohl und Ritterlich verhalten / kommen durffte. Und damit es wegen der Oberstelle keinen Zanck / noch Widerwillen geben möchte / verordnete er eine rundte Tafel / umb welcher die Helden und Ritter rings herumb saßen. Dahero man sie nachmahls die Ritter von der Tafel - Runda genennet / und sollen derselben an der Zahl (Johanniter / Rhodiser und Maltheser-Orden.) 170. gewesen seyn.
Die Johanniter-Ritter wurden anfangs Equites Hierosolymitani, hernach Rhodiser / und Maltheser tituliret. Denn weil ihnen der Egyptische Soldan umb einen jährlichen Tribut den vierdten Theil der Stadt (Volaterranus.) Jerusalem eingegeben / haben sie ein Hospital daselbsten in der Ehre Johannis eins Bischoffs zu Alexandria / und nachmahls zwey Clöster darzu gebauet: Jhre Ordens-Regel war unter andern / daß sie die Pilgrame aus Europa aufnahmen / ihnen nothdürfftigen Unterhalt rechten / und wann sie kranck / dieselben warteten / gestalt ihnen dann hierzu nicht allein von denen Italienischen Kauffleuten / so in der Orientalischen Stadt Molpha wohneten / jährlichen eine reiche Bey-Steuer zugeschicket / sondern auch wegen solcher ihrer Gast-Freygebigkeit Hospitaler / oder Hospitaler Ordens-Ritter genennet wurden. Jhre Kleidung war schwartz mit einem weißen Creutze nach der rechten Seite an der Brust / und wohneten an die 200. Jahr in Syrien / nachdem aber Jerusalem von den Saracenen eingenommen / und sie von dannen verjagt / haben sie sich der Insel Rhodis / so damahls die Türcken innehatten / bemächtiget / dieselbe an die 214. Jahr inne gehabt / und Rhodiser-Ritter geheißen. Endlich hat dieselbe Insel Anno 1522. der Türckische Keyser Solyman der Andere hart belägert / so gar / daß sie solche gantze Insel räumen / und sich auf Vergünstigung Keyser Carln des Fünfften in die Insel Maltha begeben müßen / woher sie bis auf den heutigen Tag die Maltheser Ritter genennet werden.
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(Teutscher Ritter Orden.) Der Teutsche Ritter-Orden hat sich unter Keyser Heinrichs des 4ten Regierung entspunnen. Denn nachdem die Stadt Jerusalem durch den (Anno Christi 1090.) Hertzog von Boullion erobert / richtete daselbst ein vornehmer und reicher Teutscher mit Verwilligung des Patriarchen daselbsten ein Hospital / und (Spangenberg.) Capelle für die Pilgram auf. Anfangs hatten sie keinen sonderlichen Orden / noch Gesetze / sondern sie nahmen sich nur der Armen an / pflegten dieselben / und stritten nichts desto weniger / wann es die Noth erforderte / wieder die Unglaubigen. Und als sie sich mit der Zeit an der Zahl vermehreten / wurden sie an zeitlichen Gütern auch reich / schlugen sich zu den Tempel-Herren / so damahls ein sonderlicher Orden war / doch also / daß sie der Gast-Freyheit nicht vergaßen / sondern wer unter ihnen hurtig / starck / frisch / und gesund / der ließ sich zum Kriege gebrauchen / die Andern aber bleiben zu Hause / und nahmen sich / wie gedacht / der Armen und Krancken an. Diesen Orden bestetigte Pabst Calestinus der Dritte / und ließ zu / daß sie Ritter der Jungfrauen Mariae des Teutschen Hauses / oder Ordens hießen / einen weißen Mantel / und ein schwartz Creutze darauff / benebenst einen schwartzen Unter-Rock trugen / einen weißen blancken Helm mit einem schwartzen Creutze führeten / und Niemand dann ein Teutscher / und zwar von Ader gebohren / in diesen Orden genommen werden solte. Jhr Erster Ordens-Meister hieß Heinrich Waldpothe / der Ander Otto von Kerpen / der Dritte Herman von Bart / und der Vierte Herman von Saltze ein (A, C. 137.) Meißner. Zu dieses Zeiten kamen diese Teutsche Ordens-Herren auf Anhalten und Bitten Hertzog Conrads in der Mase / oder Massau in Preussen / und weil gleich dazumahl auch die Schwerdt-Brüder sich Liefland zu dem Christlichen Glauben zu Bringen unterstunden / und es ihnen allerdings nicht wohl wolte von statten gehen / schlugen sie sich zu dem Teutschen Orden.
(Tempel-Herren. A. C. III) Als man im beygesetzten Jahre denen Saracenen die Stadt Jerusalem wieder abnahm / funden sich unterschiedene aus Europa mit ihrer beysich habenden Suite, darunter die Vornehmsten Hugo Paganus, und Gottfried von Sanct Andamar / daselbsten ein / brachten bey dem damahligen Patriarchen zu Jerusalem für / wie sie eine Gelübde keusch zu leben gethan / und begehrten dißfalls nach gewißen Regeln einen besondern Stand zu führen / und waren unter andern ihren Ordens-Regeln auch diese: daß sie zwar selbst Messe zu lesen nicht verbunden / sondern sie täglich zu hören: Eine gewiße Zahl des Tages Vater unser / und ave Maria zu beten: keusch / und züchtig zu leben: denen frembden Pilgramen / so aus Europa das heilige Grab zu besuchen in Syrien kommen würden / von der See bis gen Jerusalem / auch in andere heilige Städte / und von dannen zurücke bis wieder dahin sicher zu begleiten: Sie für die Räuber zu beschützen / und denenselben zum besten die Straßen / und die Wege rein zu halten schuldig / und verbunden seyn wolten. Diesen nun gab König Baldwin der Ander / de Burgo genannt / einen Platz neben dem Tempel zu Jerusalem eine Wohnung zu bauen ein. Dahero sie dann den Nahmen Tempel-Herren bekamen. Sanct Bernhardus schrieb ihnen die Regel ihres Lebens und Wandels für / sie lebeten unter Pabst Gelasio dem Andern in dem grösten Ansehen / und war damahls derselbe Anno Christi 1117. Einer von denen Allerreichesten Orden. (Sebellicus. Nauclerus. Volaterranus.) Aldieweil sie aber hernacher denen andern Kirchen ihre Güter / Zehenden / und dergleichen Einkünffte entzogen / ihre fast Königliche Intraden mißbrauchten / die Christliche Religion aus den Augen setzten / und ich vieler Laster theilhaftig machten / wurden sie von Pabst Clemensen dem [18] Fünfften mit Hülffe des König Philipps in Franckreich / auch andern Europ ceischen Fürsten und Herren ausgerottet / verbrennet / und durch allerhand Martter / und Pein hingerichtet / und einen guten Theil ihrer Güter / und Einkünffte denen Rittern zu Malta / Alcandara / und andern überlaßen. (andere Ritter.) Uber diese hat man auch andere geistliche Ritter-Orden / als da sind Sanct Petri / Sanct Jacobs / Sanct Marice / Sanct Mauritii / Sanct Lazari / Sanct Stephani / Sanct Michaelis / die Ritter Christi / des Mondens / uud des Sterns. Heutiges Tages aber werden die Teutschen / die Maltheser / die Ritter des Elephanten-Ordens / die zu Sanct Marx / des heiligen Geistes in Franckreich / die Ritter des güldenen Vließes / und des blauen Hosenbandes in England für die berühmtesten geachtet / und zwar was diese beyden letzten anbelanget;
(Ritter Sanct Georgens und des Garters.) So brachte den Ritter-Orden Sanct Georgens / oder des blauen Hosenb andes König Edvard der Dritte in England zu Windsor auf. Etliche sagen / es wäre solches zu Ehren des Ritter Sanct Georgens / als den die (A. C. 1350. Sturmius in Calendario Sanctorum.) Engländer hiebevorn zu ihren Patron erwehlet: Etliche aber zu gefallen der Gräfin zu Salisburgk geschehen. Dann nachdem König Eduard einesmahls mit derselben einen Tantz gehalten / ihr darüber ein Knieband / Periscelis genannt / aufgegengen / der König solches aufgehoben / und die (Lymnaeus de Jure publico.) Herumbstehenden derübergelacht / hätte sich der König dieser Worte verlauten laßen: Hony soit qui maly pense: Vitupereter, qui malè cogitat, (Spangenberg.) vel dispereat, qui male ominatur: Der Hencker hole den / der hierunter (Wilhelmus Paradinus in Descriptione Angliae.) etwas böses gedencket / und es wird noch eine Zeit kommen / da man dieses Band noch in hohen Ehren halten werde / gestalt Er dann hierauf diesen Ritter-Orden des blauen Hosenbandes gestifftet. Etliche aber setzen einen gewissen Ursprung / und sagen: Es hätte König Eduard / als ein großmüthiger / tapfferer / und tugendhaffter Held sein Recht und den Anspruch / so seine Vorfahren an Franckreich gehabt / durch die Waffen zu behaupten gesucht / und zu dem Ende Königs Arturi Ritter-Orden der Tafel Runda wieder aufgerichtet. Nachdem aber König Philipp von Franckreich dergleichen Ritterliche Gesellschafft / dieser zum mercklichen Abbruche / auch angestellet / hätte König Eduard auf andere Mittel gedacht / und als Anno Christi 1346. beyde Könige mit ihren Armeen bey Cresciato gegenander gerückt / und nunmehro die Schlacht angehen sollen / Eduard befohlen / daß Ein ieder von den Seinigen zum Kennzeichen umb den lincken Schenckel ein blau Band / oder Riemen binden und schnüren solte / worauf es damahls / als die Schlacht angegangen / und die Frantzosen den Kürtzern gezogen / bey diesem blauen Hosenbande / oder Garten / als ein Kennzeichen des erhaltenen Sieges verblieben / Alldieweil aber nach Absterben König Philipps in Franckreich sein Sohn Johannes Anno Christi 1349. den Stern-Retter-Orden gestifftet / hätte Ihme König Eduard nichts nachgeben / sondern ein Jahr darnach zu seinem Ritter-Orden Sanct Georgens auch dieses blaue Hosenband / oder Garter gesetzet / also daß es zu ewigen Zeiten ein besonderes Symbolum, und Emblema dieses Königlichen Ritter-Ordens seyn und bleiben solte.
(Ritter des Güldenen Vlies oder Vellus.) Den Spanischen Ritter-Orden / das güldenen Vlies / oder Vellus, genannt / betreffend / so hat solchen Hertzog Philipp in Burgund / als er seine dritte Gemahlin die Isabella des Königes aus Portugall Fräulein Tochter / geheyrathet hatte / gestifftet / un̅ dadruch sich die Grösten und vornehmsten seines Reichs verbündlich gemacht. Anfangs sind in demselben mit ihren Ober-Haubte / welches allezeit ein Hertzog von Burgund seyn muß / nur 25. gewe [19] sen / Anno Christi 1432. aber ward in der Versamlung dieser Ritterschafft die Zahl biß auf 31. und Anno Christi 1506. von König Carln bis uf 51. vermehret / worzu dann nicht allein Fürsten / Graffen / und Herren / sondern auch wohlverdiente von Adel genommen wurden. (Jacob. Majerus lib. 10.) Jhre Ordens-Regeln bestehen von 94. Articeln / und unter andern auch diese darinne: daß man den Obersten deß Ritter-Ordens hold / und getreu sey: Hingegen aber Er ohne Vorbewust deß grösten Theils der Ritterschafft nichts anfange. Alle Jahr auf S. Andreae Tag / oder den 2. Maji. entweder in Person / oder durch einen Gevollmächtigten zusammen kom̅e: Der älteste den Jüngern in Sachen den Orden belangende / ausgenommen Keyser / Könige / und Hertzoge / in Reiten / Stehen / Gehen / Sitzen / und dergleichen vorgehe / und kein Ritter von ihren beschriebenen Ordens-Rechte / und Processe appelliren könne: Jhre Kleidung solte bey ihren Zusammenknüfften seyn ein langer Mantel von rothen Scharlach / oder Carmesien-Atlas mit weißen Taffend gefüttert / der zu beyden Seiten bis auf die Erde offen / der Saum rings umbher gesticket / und einem Gebrähme wie Feuerstein / und Eisen gebildet / zusambt einen Scharlachenen Hute. Jhre Obersten des Ritters sind bis auf den heutigen Tag die Könige in Spanien gewesen / als Hertzog Philipp von Burgund / Herzog Carl Philippi Sohn / Ertz Herzog Maximilianus in Oesterreich / Ertz Herzog Philipp in Oesterreich Maximiliani Sohn / Keyser Carl der 5. Philippi Sohn / König Philpp in Spanien Keyser Carls Sohn / König Philipp in Spanien der Ander / Dritte / und Vierdte / biß auf diesen ietzigen. Unter diesen Orden waren vor Alters auch König Alphonsus / Johannes / Emanuel / und Johannes der Andere in Portugal / König Eduard / und Heinrich in England / König Ferdinand in Castilien / König Ferdinand zu Neapolis und Sicilien / König Franciscus der Erste in Franckreich König Ludowich in Ungern / König Christiernus in Dennemarck / König Sigismund in Polen / König Maximilianus in Böhmen / und König Jacobus in Schottland / von den vornehmsten deß Reichs aber Herzog Albrecht zu Sachsen / Herzog George zu Sachsen / Pflatz-Graf Friedrich beym Rhein / Marggraf Johannes zu Brandenburg / Herzog Philipp in Beyern / Herzog Albrecht in Beyern / Herzog Heinrich von Braunschweig / und Andere mehr.
(Der Ritter-Spiele Nutzen.) Die Ritter-Spiele sind eines von denen ältesten. Nachdem Alexander Magnus gantz Asien unter seine Bothmäßigkeit gebracht / un̅ eine zeitlang zu Babylon stille lag / begaben sich theils der Seinigen auf das Stehlen / Spielen / Panqvetiren / Fressen / Sauffen / Huren / und andern Wollüsten. (Quintus Curtius.) Weil nun derselbe die Unordnung seines Kriegs-Volkes wahr nahm / und daß aus solchen Müßiggange denen Lastern Thor und Thür aufgethan / auch mit der Zeit gar um das / was Er mit so vielen Schweiß und Blutvergiessen an so vielen Ländern erobert / wieder gebracht werden dürffte / befahl Er / daß man in selbiger Zeit allerhand Turniere / und Ritter-Spiele halten sollte / damit bey selbigen man die Kriegsleute wiederum aufmunterte / sie ihrer Mannheit und Stärke erinnerte / und darüber andere unbefugte Händel unterließe / welches dann auch geschahe / und wurden bey solchen Stechen und Turnieren offters mehr Menschen verwundet / als fast in einen andern scharffen Treffen. Gleichwie nun die jenigen adelichen Exercitia, und Ritter-Spiele / welche man heutiges Tages annoch in Gebrauch hat / weit besser und höher zu achten / als Etliche der Alten Wettlauffen / und Rennen / Ring- und Fecht-Kampf / indem unter dem [20] Ritter-Nahmen nicht allein Keyser / Könige / Fürsten / Grafen / Herren / und die von Adel / auch andere mehr mit begriffen; Also sind auch unter solchen Ritter-Spielen alle zuläßliche Leibes-Ubung / als da sind Jagten / Reiten / Tantzen / Hetzen / Beitzen / Turnieren / und Ringk-Rennen unverboten / inmasen man durch solche nicht allein geschwinden und hurtigen Leibes / sondern auch eine solche Geschicklichkeit erlanget / daß man sich hernacher in Krieges- und Friedens-Zeiten bey Potentaten deren bedienen kan / Nichts hat der Mensch lieber als sein Leben: Wofern Er nun in demselben was gutes verübet / so bleibet sein Gedächtnus in der Welt / und sein Name in dem Gerüchte. Eines andern Adel adelt keinen / der sich nicht selbst mit der Tugend adelt: das Wort eines Helden fasset in sich allen Ruhm / den man der Tugend zu ertheilen schuldig: Jhre Zeichen sind Wercke / wodurch das Gute von dem Bösen unterschieden wird / und wer sich dieser befleissiget / der hat Ruhms und Ehre genug. Und obwol (Franciscus Patricius lib. 2. de institur. Reipub.) die Turniere in Geist- und Weltlichen Rechten verbotten / und aufgehoben / indem offtermahls Leib und Leben darüber drauf gegangen / so ist doch solches nicht von denen Ritterlichen Ubungen zu verstehen / worinne man sich an Königlichen / und Fürstlichen Höfen / in Gegenwart grosser Herren / tapfferer Ritterschafft / und der Zuschauer durch seine Waffen / Tapfferkeit / und Stärcke einen guten Ruhm / und Lob erjaget / und darbenebenst zeiget und weiset / was man sich bey ereignetem Ernste / und auf dem bedürffendem Nothfall zu Ihme zu versehen.
(Turniere Ursprung.) Es haben aber die Ritter-Spiele ihren Anfang / und Ursprung von der Alten ihren Schau-Spielen / die sie auf öffentlichen Theatris repraesentirten / genommen / gestalt man da lieset / wie zu Zeiten Kayser Augusti / Caligulae / Claudii / Neronis / und Domitiani unterschiedene dergleichen angestellet / worbey man die jenige / so gegen einander zu Ehren deß Martis / Vulcani / und Mercurij stritten / Pugiles und Scutatores, Etliche aber Retiarios nennete / indem diese Letzteren unter ihren Schilden Netze hatten / wormit sie ihre Gegner / wann sie sich nicht wol vorsahen / unverhofft (Wehnerus in Thesauro practico f. 632.) verwickelten / und dardurch überwanden. Das Wort Turnieren rechnet man von Tyro her / unter welchem die Alten Teutschen die junge Mannschafft zum Kriege verstanden haben / und heist man dasselbe ins gemein auch Hastiludium, Etliche aber wollen dieses Ritter-Spiel von Troja / und dem (Virgilius lib. 5. AEneid.) Tode des Thesei Königes AEgaei zu Athen Sohne her beweisen / welches nachmals von Trojanern uf die Römer / Gallier / Italiener / und Teutschen gebracht worden wäre. Jhr Aufzugk zu solchen Turniere war an (Aufzüge.) Waffen und Harnischen prächtig: An Kleidern kostbar: An Pferden stattlich: An Wapen / und Schildern sinnreich / und am Livree, oder Liebereyen / ansehnlich: die Farben / so am scheinbarsten / wurden für die Edelsten gehalten / und urtheilete man gemeiniglich aus denselben / und auf den Schilde und Wapen führenden Sinnen bildern des Ritters Verstand. Die weiße (Farben.) Farbe bedeutete Licht und Reinlichkeit / Weißheit / Unschuld / Keuschheit / und Freude: die schwarze Betrübnuß / Demuth / und Unglücke: die güldene Verstand / Ansehen / und Hoheit: die blaue scharffsinnig / treu und beständig: die tunckle / unabsetzlich oder nachdrücklich: die rothe / Begierde zur Tugend: die Grüne Hoffnung / Schönheit / Trost / Frölichkeit / und Freude: die Purpur Majestatisch: die leibfarbene Siegreich: die gelbe hochmüthig / und also weiter.
(Wapen / Schilder / und Helm.) Und gleichwie die Griechischen Könige / als da waren Agamemnon zu Mycen in seinem Schilde einen Leuen-Kopf: Der Held Hector Königes [21] Priami zu Troja Sohn zweene güldene Leuen in rothen Felde: Der Königliche Printz Theseus einen Ochsen: Alexander Magnus einen güldenen Stuhl in blauen Felde: Seleucus einen Stier: Die Athenienser eine Nachteule: Die Albaner eine Schild-kröte: Jupiter den Blitz: Hercules den Bogen: Mars das Schwerdt: Saturnus die Sense: Neptunus die dreyzäckigte Spitze: Die Thracier den Martem: Die Perser den Bogen: Die Phoenicier eine Katze: Die Argiver eine Spitzmaus: Die Africaner einen Elephanten: Die Gothen einen Behren: Die Francken einen Löwen: Etliche aber Pfauern / Drachen / Adler / Geyer / Salamander / Einhorne / Schlangen / Füchse / Wölffe / Greife / Hunde / Biber / Thürne / Fische / Vögel / allerhand Thiere / Kräuter / Blumen / und Erd-Gewächse führeten; Also ist auch heutiges Tages noch / wie bekant / diese Art und Weise in Ubung / und so viel Schilde und Wapen man nach der Zeit aufgebracht / so vielerley Bedeutungen haben auch dieselbigen. Die Cassides, Heaulme, oder Helm / so das Haupt gleichsam verhelen / und bedecken / sind unterschiedene: Etliche der Könige führen in denselben Eilff Reiffen / die Fürsten neune / die Herzoge sieben / die Grafen und Freyherren sünffe / die Ritter / und Edle dreye / die Knechte aber blinde mit gewissen Löchern. Es sind aber diese obige von den Stech-Helmen unterschieden / indem sie um des Turniers willen verschlossen: Bey denen Königen in Franckreich haben vordessen die Helm ganz gülden / der Fürsten ihre silbern mit Edelgesteinen besetzt / und der Edlen ihre nur von Eisen / und am Rande herum verguldet oder versilbert seyn müssen / und pflegte man / nach mehrern Inhalt des Turnier-Buchs / zuvorhero das ganze Turnier-Gezeug zu besehen / Schild und Helm aufzuweisen / und besichtigen zu lassen / ob solches alles für tüchtig erkennet / und verstattet werden (Helm-Dekke.) könte. Die Helm-Decke / so in einer Wulst / Binde / Crantz oder Crone bestehet / sagen Etliche / hätte seinen Ursprung von der alten Teutschen (Polybius lib. 6. c. 21.) Ochsen und Thier-Häuten genommen / aldieweil sie sich nicht nur darein (Vegetius. lib. 2. c. 16.) gekleidet / sondern mit deroselben Häuptern und Hörnern auch ihre Häupter gezieret / damit sie ihren Feinden desto grausamer und erschrecklicher vorkommen möchten.
(Der Zwey-Kampf.) Es ist nicht allein bey den alten Teutschen / sondern auch längst zuvor bey andern Völckern der Gebrauch gewesen / daß sie ihre streitige Sachen durch das Faust-Recht beygelegt / dort forderte der ungeheure Riese Goliath (Cluverus de Germania antiqva.) einen unerschrockenen Israelitischen Kriegs-Mann zum Duell heraus / tratt mit seinen Schwerdte und Spiesse herfür / und rief überlaut: Was seyd ihr ausgezogen Euch zu rüsten in Streit! Bin ich nicht ein Philister / und ihr Sauls Knechte? Erwehlet euch Einen unter Euch / der zu mir (I. Samuel. 17.) herab komme? wird Er wider mich streiten / und mich erschlagen / so wollen wir eure Knechte seyn / überwinde ich aber ihn / und schlage solchen / so sollet ihr unsere Knechte seyn / daß ihr uns dienet? Und dieses herausfordern währete gantzer 40. Tage / biß sich der Held David angab / und den Riesen überwand. Nichts neues ist es / daß öffters zwey Kriegs-Heere sich gegen einander gelagert / und die Vornehmsten zwey Häupter unter sich verglichen / daß sie zu Verhütung so vieler Menschen Tod / und Verheerung Land und Leute ihre Streitigkeit auf einen Kampff stellen wolten / und auf welches Seite der Sieg durch das Glücke fiele / Er deß Andern Bedingungen / und Vorschläge eingehen sollte / welches dann auch erfolget. (Livius.) Ein Exempel dessen hat man an den Römern nnd Albanern. Diese lagen einander wegen der benachbarten Landschafft stets in den Haaren / biß sie letztlich mit Heeres-Macht gegen einander ruckten / und den Ausgang des [22] Krieges mit einer Schlacht versuchen wollten: Der Albaner Dictator, oder Oberste Regent begehrte zuvor mit dem Römischen Könige Tullio Hostilio zu reden / und nachdem sich beyde in ein Gespräche eingelassen / that derselbe diesen Vorschlag / daß man die Sache / weil die Römer und Albaner zugleich einen allgemeinen Feind an den Vejensern / einem Volke in Hetrurien hätten / uf das Glücke und die Tugend etlicher streitbaren Ritter stellen sollte: Tullius gieng diesen Vorschlag ein / un̅ ward zu beyden Theilen ein Bund gemacht / daß auf welches Theil der Sieg fallen / selbiger über den andern herrschen sollte. Hierauf wurden auf Seiten der Albaner drey Brüder die Curiacii, und bey den Römern drey Brüder die Horatii genan̅t / zu solchem Kampffe erkieset. Und als auf den bestim̅ten Tag dieselbe Sechse in den Schranken / welcher in den freyen Felde aufgeschlagen / gegen einander Ritterlich fochten / und beyderseits Partheyen wegen deß Sieges un̅ Glückes ungewissen Ausganges in Sorgen stunden / begab es sich / daß zweene Horatii umkahmen / und der dritte ohne Wunde übrig / die drey Curiacier aber alle noch am Leben / iedoch hart verwundet waren. Da dieses der einzige Horatius sahe / gebraucht er sich zu seiner Mannheit deiser List: Er ließ gleichsam aus Furcht sich vondenen dreyen so lang in den Schranken herumb treiben / biß er merckte / daß sie müde / und ihnen ihre Kräffte allgemach entgangen / alsdann setzte er an Einen nach dem andern / und überwand sie letzlich mit grosen Frolocken der Römer / und höchster Bestürzung der Albaner / welch darüber ihre Freyheit verlohren. In England zanckten sich zween Ritter / Namens Cnut und Edmund um dasselbige Königreich / und weil sie beyde tapffere Helden / so hielten sie auch unter einander unterschiedene Treffen: Endlich machtenn die Reichs-Stände einen Schluß / daß / indem sie beyde die Regierung suchten / sie solches ihr vermeintes Recht durch einen Zwey-Kampf ausführen solten / welches auch geschahe / und nachdem sie eine gute Weile mit einander gekämpffet / erkannte Cnut sein Unrecht / und überließ seinem Vetter das Reich. Als des Griechischen Keysers Theodosii des Jüngern Feldherr Procopius wider die Perser zu Felde zog / schlugen die Perser vor / daß man von beyden Theilen Einen zu einem offenen Kampfe erwehlte / und welcher von diesen beyden dann verliehren würde / der sollte von den andern den Vergleich eines 50. Jährigten Friedens annehmen. Zu diesem wurde uf Seiten des Keysers der Ritter Arcobundus / uf Seiten der Perser aber Socristus beniehmet / und da man sie zusammen gelassen / rennte der Keyserliche mit seiner Lanze den Perser vom Rosse / und erwürgte ihn.
Der Kämpfe waren bey den Alten dreyerley: Die Ersten geschahen zu Erspahrung vielen Blutvergiessens / wie an dem vorhergehenden Exempel zu sehen: Die Andern bey den Griechischen / und Römischen angestellten Spielen / und Leichen-Begängnüssen / da man solche Kämpfer aufführete / und deren Seelen aus Lust dem Teufel opferte: Die Dritte̅ aus eigner Rachgierigkeit / da Einer von dem Andern an seinen guten Name̅ / Ehre / und Leimuth verletzet zu seyn vermeinte / und solche durch das Schwerdt zu verfechten suchte. Wan̅ nun Einer dem Andern die Hand drauf gab / und nicht erschiene / der verlohr sein Ansehen / ward für feige und verzagt gehalten / und kunte unter die Zahl der Ritter nicht gerechnet werden / un̅ das war die Ursache / daß solche Kämpfe bey groser Herren Höfe so gemein / und der Hochmuth der Vernunfft hierinne̅ keinen Platz mehr verstatten wollte. Den̅ es hatte̅ auch die alten Teutschen diese schändliche Gewonheit / daß sie ihre streitige Sache̅ meistentheils durch ein Turnier-Kampf zu Pferde aus [23] führeten (Bodinus. AEneas Sylvius.) / indem sie dafür hielten / daß solches eine Probe ihres Beweises wäre: Es verhielt sich aber mit dem Kampffe also: der Kläger both dem Beklagten einen Handschuch / welcher entweder denselben annahm / oder sich zu der beschuldigten Sache bekennen muste: war dieselbe peinlich / und beyde Partheyen wolten sich in der Güte nicht vergleichen / musten sie mit einander umb Leib und Leben kämpffen / war sie aber bürgerlich / so muste sich der / welcher den Kampff zu Roß / oder Fuß verlohr / dem Andern ergeben. Wann dahero die bestimmte Zeit zum Turnier herbey kahm / wurde auf dem Platze eine Schrancke aufgeführet / die Richter erkieset / zwey Todten-Bahren mit Kertzen herbey gebracht / ihnen gleiche Waffen und Harnische gereicht / und nachdem man dreymahl nacheinander mit lauter Stimme geruffen / rennten sie aufeinander los / und that ein jeder darbey sein Bestes. Wer nun von dem Einen verwundet ward / und sich dem Andern ergab / der wurde für Ehr-loß geachtet / durffte auf kein Pferd mehr sitzen / viel weniger Wehr und Waffen tragen / den jenigen aber / so todt blieb / bestattete man ehrlich zur Erde / und hielte hernach den Hinterbliebenen in desto größern Ehren / es möchte mitlerzeit das böse Gewissen ihn nagen / und plagen / wie es wolte / so gar hat der Teufel dem Menschen die Reputation eingebildet.
(Abschaffung deßelbigen.) Nachdem man aber wahrgenommen / daß hinter dieser Probe auch die Warheit ungewiß / und öffters der jenige selbsten / welcher die gerechteste Sache gehabt / überwunden worden / hat man solche / weil sie wider GOtt / und alle weltliche Gesetze / abgeschafft / indem man hierinne weder der Stärke noch der Tapfferkeit eintziges Lob beyzumessen hat. Denn so lange ein vermeintes / und ein geführtes Recht nicht mit der Gerechtigkeit verknüpfet / so läufft es wider GOtt / wider seinen Nechsten / und wider sich selbst: wider GOtt / denn Ihme und keinem gebühret die Rache / und kan ein solcher in seiner eigenen Sache nicht selbsten Kläger / Zeuge / Richter / und Executor seyn: wider den Nechsten: denn man soll nicht tödten / und entfliehet gleich ein Thäter der weltlichen Straffe / so entgehet er doch Gottes Hand nicht / die ihm darfür die ewige Verdammnis zur Straffe aufgeleget: Wider sich selbst: Denn die Seele / welche ohne Gottes Geheiß aus dem Menschlichen Cörper getrieben wird / kömmet nicht zu GOtt / das ist / wann ein Mensch sein Leben / als eine teure Gabe Gottes also geringschätzig hält / und dieselbe auf die Spise des Degens / oder ein ander tödtliches Werckzeug setzet / der verliehret dadurch seine Seeligkeit / in dem / wann er so liederlich getödtet / dadurch in seinen Sünden stirbt / und an statt der zeitlichen (Thuanus l. 3. hlstor.) Ehre sich in den ewigen Tod und Verdammnis stürtzet. An König Heinrichs des Andern in Franckreich Hofe zu S. Germain veruneinigten sich wegen etlicher ausgegossener Schmäh-Worte zweene Edelleute / Nahmens Jarnac, und Castanoeus. Weil nun der König dem Castanoeo geneigter als dem Jarnac war / der ohne dieß wegen eines Fiebers noch ziemlich matt und schwach / befahl er den Handel durch die Faust auszuführen / nachdem man aber den Schrancken aufgerichtet / der König / und die Königin / mit ihrer Hof-Stadt zusahen / und Castanoeus auf seine Stärcke trotzte / Jarnac aber GOtt im Hertzen um Beystand anruffte / ward Castanäus darüber erstochen / und beschloß hierauf der König / daß Er keine Balgerey nimmermehr verstatten wolte. Es nahm aber dieser des Königes unglücklicher Anfang seines Reichs auch einen unglücklichen Ausgang. Denn nachdem der König eine Zeit hernach zu Paris einen Turnier anstellete / ward er von dem Mourmorence mit einer Lantze ohnegefehr durch das Casquet in ein [24] Auge gestochen / daß Er darüber zehen Tage darauf sein Leben aufgeben muste.
(Keyser Heinrichs des Ersten angestellte Turniere und Ritter-Spiel.) Ob nun wohl die Turniere / auf Leib / und Leben / wie gedacht in denen Geist- und weltlichen Rechten verbothen / alldieweil auch die Seelen-Gefahr darauf beruhet / so ist doch solches nicht von denen Ritterlichen Ubunge zu verstehen / deren man sich an Königlichen / und Fürstlichen Höfen / dadurch in den Waffen geschickter zu machen / bedienet. Die Alten hielten bey (A. C. 935.) ihren Turnieren genaue Obsicht unter den Adel / welche für allen Andern mit der Turniers-Gerechtigkeit privilegiret und befreyet wurden. Denn es lies Keyser Heinrich der Erste denen damahls bey sich habenden Fürsten / Grafen / Herren / Rittern und Edeln zur Ritterlichen Ubung / auch Anzeigung der Tugend / Tapfferkeit / und Erbarkeit etliche Artickel auffetzen / daß nehmlich zu solchem Turniere Niemand / Er sey dann von Geburth / und zugleich auch von Tugend edel zugelassen werden solte; Es hat aber nicht die Meinung / als ob Keyser Heinrich das Turnieren bey den Teutschen zu erst ausgebracht / immassen solches lange zuvor üblich / und / wie aus den alten Helden-Büchern wahrzunehmen / im Gebrauch gewesen / auch an Keyser Carln dem Ersten / und dessen Sohne König Carln zu sehen. Als derohalben dieser löblichste Keyser durch seine Tapfferkeit / mit Hülffe der Teutschen Fürsten / die Sclavonier / Wenden / Böhmen und Dalmatier überwunden / und ihm Jahre Christi 930. mit 69000. Mann wider die Ungern zoge / sie gleichfalls vertriebe und verjagte; So berathschlagte Er sich nach solchem Siege mit etlichen Fürsten und Herren / richtete einen neuen Turnier auf / und verordnete 12. Artickel / auch unter andern dieses: Daß wo Einer / oder der Ander dieselben nicht halten / und sie bey wehrenden Turniere brechen würde / derselbe in offenem Turniere geschimpffet / geschlagen / und mit ihme umb das Pferd turnieret / er auch auf die Schrancken gesetzet werden solte / damit man aber hierbey auch sehen möge / wie damahls das gantze Turnier-Recht beschaffen / so sind es folgende Artickel gewesen / deren Ersten der Keyser selbsten gesetzet / und verordnet / und zwar.
(Turnier-Artickel.) 1. So solten alle diejenigen / welche Rittermässig von Adel gebohren / oder Herkommens wären / und wissentlich oder freventlich wider die Heilige Dreyfaltigkeit und Christliche Kirche mit Worten und Wercken handeln würden / zu keinem Turniere gelassen werden / würde aber Einer deme zu wider mit Einwendung eines Geschlechtes / oder seiner Vorfahren Adelichen Tugenden einreiten / mit deme / oder demselben / solte man in offenen Turniere um das Pferd Turnieren / und ihn / nach Turniers-Freyheit / und Gerechtigkeit auf die Schrancken setzen.
(Pfaltzgraf Conrads beym Rheine Artickel.) 2. Derjenige von Adel / welcher wider der Keyserlichen Majestät Gebot / und Verbot / oder auch wider das heilige Römische Reich freventlich und verächtlich mit Worten / oder Wercken / heimlich oder öffentlich handelte / der solte zu keinen Turniere gelassen / oder wo er sich eintringe / nach Turniers-Gerechtigkeit gestrafft / und ausgesetzet werden.
(Hertzog Hermanns in Schwaben Artickel.) 3. Wer von Adel Frauen oder Jungfrauen verunehren / schwächen / oder dieselben mit Worten oder Wercken seiner Ehre schmähen würde / der solte bey offenen Turniere für allen Frauenzimmer / und männiglich für einen Frauen- und Jungfer-Schäder gestrafft und ausgemustert werden.
(Hertzog Bertholds in Beyern Arlickel.) 4. Der Edelmann / so siegelbrüchtig und für meineydig / und Ehr-loß erkennet / und dafür gehalten würde / der solte zu keinen Turniere gelassen werden.
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(Herzog Conrads in Franken Articel.) 5. Der jenige von Adel / welcher seinen Herren verrathen / oder von demselben aus dem Felde geflohen / oder in andere Wege ohne Noth die Flucht ergriffen / oder seinen Unterthanen Einen unverschuldet / und ohne Recht umbgebracht / der sollte zu keinen Turnier nicht tüchtig geachtet werden. Und nachdem obige vier Fürsten / als damahlige Feld-Haupt-Leute deß Reichs / ietzbenennte vier Articel von sich gestellet / erwehlete Ein ieder an seine Statt einen Turnier-Vogt / welchen sie auferlegten / daß sie nicht allein über die vorgesetzten Artickel fleissig rathschlagten / steiff und feste hielten / sondern auch deren mehr / und zwar zwölffe an der Zahl / aufrichteten. Diese vier Turniers-Vögte wurden us des Keysers / und der andern Fürsten und Herren Befehl von den funffzehen Turniers-Räthen in die Pflicht genommen / Turniers-Könige und Voigte genennet / und was ihr Ambt seyn sollte / ihnen angezeiget / und waren dieses die Turnier-Vöigte wegen Rhein-Strohm Herr Meinhülff von Erbach / wegen Beyern Herr George von Wolfarishausen / wegen Schwaben Herr von hohen Heuen / und wegen Francken / Herr Ernst von Grumbach. Diese setzten sich nach empfangenen Befehl / und erfolgter Bestetigung nieder / und ordneten den
(Der vier Turnier-Vöigte Artickel.) 6. Welcher von Adel seinen Both-Genossen heimlich / oder öffentlich umbrächte / oder daß sein eigener Herr ermordet / Raht und That darzu gäbe / der sollte zu keinem Turniere gelassen werden.
(Der Turnier-Räthe Artickel.) 7. Welcher von Adel die Kirchen / Clausen / Wittben und Wäisen beraubte / oder ihnen das Ihrige mit Gewalt vorenthielte / der sollte gleichfalls darvon ausgeschlossen seyn / fintemahl einem Rittermäsigen vom Abel gebühret / dieselben viel mehr für aller Gewalt und Unrecht beschützen / und handzuhaben.
(Dergleichen Turnier-Räthe Artikel.) 8. Alle von Adel würden von ehrlichen Ritter-Spielen ausgeschlossen / welche Einem Andern ohne Ursache feind und aufsätzig / Hauß / Hoff / Wein / Früchte und das Korn abbrenneten / deßgleichen für öffentlicher Strassen. Räuber zu halten / wann sie einer öffentlichen oder heimlichen That bezüchtiget / es geschehe nun gleich durch sie selbst / oder mit Vorbewust seiner durch die Ihrigen.
(Der Turnier-Räthe Artickel.) 9. Alle die von Adel / welche in dem Reiche / ohne Vorbewust deß Römischen Keysers und ihrer Obrigkeiten Neuerungen / und Auflagen / es sey gleich in Fürstenthümern / Herrschafften / Städten / oder andern Gebiethen zu Wasser und Lande / dadurch der Kauffmann der Strassen zu gebrauchen verhindert / oder die anstossenden Lande zusamt ihren Einwohnern an Nahrung / Leib und Guth beschädiget / zu belegen unterstehen würden / die sollten deß Turniers unfühig seyn.
(Der Turnier-Räthe Artickel.) 10. Alle die von Adel gebohren / oder herkommen / und die Ehe gebrochen / oder die Weibs-Bilder geschändet / mit denen sollte man in offenen Turniere umb das Roß Turnieren / und sie / nach Ausweisung des Turniers-Freyheit / auf die Schrancken setzen.
(Deß Keyserl. Secretarii Philippi zwey Articel.) 11. Welcher von Adel sich in seinem Stande anders / als sein adelicher Stand mit sich brächte / von seinen adelichen Rechten und Gülden / so ihm seine Erb- und Dienst-Lehen / Rath / Geld / Herren-Besoldung / oder Eigenthum jährlich trüge / sondern mit Kauff-Schlagk / Wechseln / Vorkäuffe / Umbschlägen / und dergleichen Handel ernehren / oder seinen Einkommen damit zur Schmach und Verachtung seines Adels / vermehren / oder Andern das Brod für dem Maule abschneiden wür [26] de / der sollte zum Turnieren nicht zugelassen / und wo er darwider einreiten / und Turnieren wollte / mit ihme umb das Roß Turnieret / und nach Erkanntnüs uf die Schrancken gesetzt werden.
12. Die jenigen / so von ihren Eltern nicht Edelgebohren / noch Herkommens / und solchen mit ihren vier An-Herren / nicht erweisen könnten / sollten zu keinen Turniere gelassen werden.
Nachdem also die 12. Artickel abgefasset / wurden selbige dem Keyser und Fürsten gebührend vorgetragen / und als sie solcher Gestalt für gut / nützlich / und heilsam befunden / vom Keyser bestetiget. Hierauf ward vor annoch beschehenen Turniere von dem Keyserlichen Secretario das jenige / was des Turniers-Freyheit / und Ordnung / auch den ganzen Zugk belangende / hinzugethan / und zwar:
(Verkündigung der Turniers. Freyheit.) 1. So sollte Männiglichen / und allen denen / so den Turnier besuchten / die Plätze und Städte / da man auff den Turnieren Herberge nehmen würde / so weit sich deroselben Becirck belieffe / frey und offen seyn / ausgenommen Ketzern / Mördern und Verräthern / und solche Freyheit 14. Tage vor und nach dem Turniere währen.
2. Der Turnier-Platz sollte die Woche / in der man sich zum Turniere fertig machet / für allen Sachen wegen derer die Turnieren sollen / befreyet seyn.
3. In solcher Zeit sollte an keinem Orthe über die Turnieres-Genossen anders als Turnier-Recht gehalten werden.
4. Wie dann keiner ungebeichtet in den Turnier zu reiten.
5. Viel weniger ein Unedler bey Straffe 20. Marck Silbers mit seinem Zeuge und Roß / sich da einzufinden befugt seyn. Wann aber Einer von Adel eines ehrlichen Bürgers oder Bauers Tochter zur Ehe hätte / der könte zwar wohl / iedoch nicht ungeschlagen / und ungestrafft / wie auch seine Kinder biß in das dritte Glied / zugelassen werden.
6. Zu einem ieden Turniere sollte nicht mehr dann ein Helm eines Geschlechts einreiten / und Turnieren / es wäre dann ein Ritter unter Ihnen / der für sich selbst Turnieren mögte / die Andere aber sollten alle für das gantze Geschlechte ihres Nahmens und Stammes Turnieren.
7. Einem Grasen sollten nicht mehr bey angestellten Turniere als sechs / einem Herren vier / Einem Ritter drey / und einem Edelmann zwey Pferde zur Auslösung passiret werden / und wer derer mehr mit sich brächte / der hätte sie aus seine Kosten zu unterhalten.
8. Und in welchen Geschlechte auch Einer wäre / der vorbenannter zwölff Turnier-Artickel einen / oder mehr auf Ihm hätte / oder wüste / und darüber das Turnieren suchte / und wollte für das gantze Geschechte Turnieren / so sollte sein Gesellschaffts Knecht einen Ehren-Hold zu sich nehmen / und ihme die Straffe seiner Verwirkung anmelden / daß er / sobald man sein Wappen sehen würde / gestrafft und geschlagen werden müste. Wollte dann Ein anderer seiner Freunde Einer solche Straffe für Ihn tragen / so sollte solches durch den Ehrenhold dem Voigt deß Turniers / unter den Er gehörig / angezeiget werden / damit man desto güttiger mit demselben gebahre / und es auch zuvor ausgeruffen werde: Wie nämlich ein frommer und ehrlicher von Adel unter diesen Wapen / der für seiner Freunde Einem Turnieren wolle / zu finden / und sich deßwegen schlagen laßen wollte / aufdaß das Frauen-Zim̅er / und Männiglich wüste / daß solcher nicht für sich / sondern für einen Andern geschlagen würde / wolte [27] aber Jener / der straffbar wäre / selbst Turnieren / so sollte man Ihm auch solches / iedoch daß ihm vorhero die Straffe angekündiget / nicht abschlagen.
9. Da aber ein solcher / der straffbar worden / ausenbliebe / und den Turnier nicht besuchte / so sollte man Ihn zum andern Turnier fordern / und da er fernerweit aussen bliebe / so dann sein gantzes Geschlechte hierzu beruffen / damit sie entweder Ihn selbst in eigner Person in die Strafe des turnieres stelleten / oder daß sie zweene andere ihres Geschlechtes Nahmens / und Stammes an seine Statt bey Verlust ihrer Turnier-Freyheit schicken möchten. Welcher Turniers-Genosse aber Zeit währenden solchem Ungehorsams in dasselbe Geschlechte Einen heyrahtete / dieselbe und alle seine Kinder und Nachkommen sollten auch mit dergleichen Geschlechte so lange in Busse stehen / biß sie wieder von ihrem Turnier-Voigte und Richter desselbigen Gerichts zu Gnaden aufgenommen worden und von neuen darzu gelassen wären.
(Das Turnier-Gezeugk.) 10. Und so der bestimmte Tag / da das Turnieren angienge / kähme / so sollte sich ein ieder / der da Turnieren wollte / bey seinen Turnier-Voigt / in Gegenwart dreyer Ehren-Holde / lassen einschreiben / sich wohl vorsehen / daß er kein schlagend / beissig / oder anfallend Pferd mit sich brächte. Es sollte auch alle seine Turnier-Zeugk also eingerichtet seyn / daß es dem Andern nicht schade / viel weniger steche noch schneide / sondern kein ander Gewehr / als seine Turnier-Kolbe und Schwerdt gebrauchen / welche beyde nach gleicher Turniers-Maas und Form gemacht / aufgetragen / und beschauet / und so dann nach Ausweisung der Turniers-Freyheit turnieret werden sollte.
11. Wann nun Einer oder der Ander turnieret / so sollte er sich zu seinem Turnier-Voigt / unter dem er gehöret / verfügen / von demselben seinen Turnier-Brief in Beyseyn zweyer Turnier-Vöigte / und zweyer Ehren-Holden / die ihm solchen überreichen / empfahen. Es sollten aber diese bey ihrem Eyd und Pflichten keinem keinen Turnier-Brieff ertheilen / Er wäre dann im Turniere gewesen / und hätte damahls zu sechs unterschiedenen mahlen turnieret. Was aber einen Fürsten anbelangte / bedürffte es wegen seines hohen Herkommens keinen / indem ein ieder König unter seinem Crantze / blosses Haupts zum Turnier einreiten / Turnieren / und anders kein Haupt gedeckt führen sollte.
12. Letzlich so sollte auch kein König / oder Fürst in keiner Gesellschafft deß Turniers seyn / und wann sich die Turniere geendiget / follte man alsdann anfahen zu tantzen / Rennen / und Stechen / und was mehr zu solchen Ritter-Spielen gehörete / wie nicht weniger die Dänke den vier Landen austheilen / damit die vier neuerwehlten Turnier-Vöigte von denen Alten ihrem Ampte Rechnung / und andere darzu gehörigen Dinge empfangen möchten. Wenn man zum Turnieren bereit / sollten viere darzu / als Gries-Wertel / und viere zwischen die Seulen / auch iedem Lande zweene / bis man getheilet / verordnet / und so man zum Turnieren aufbliese / die Seile abgehauen / zum Turniere den Anfang gemacht / und die / so straswürdig / bestrafft werden. Sobald aber solches geschehen / und die Grießwärtel / oder Turnier-Voigte wieder ausblasen liessen / sollten sie ihre Kolben fallen lassen / Ein ieder zu seinem Schwerdte greiffen / und einander die Kleinodien abhauen. Diese und andere Artickel geschahen nun zu dem Ende / damit hiedurch die Tugend und Ehre / benebenst der Ritterlichen Ubung unter denen von Adel [28] fortgepflanzet / und erhalten werden möchte / gestalt dann dieser löblichste Keyser sein Absehen fast von denen Olympischen Spielen genommen / und so wohl wegen seiner erhaltenen herrlichen Siege sich in der Welt nicht nur beruffen / so gar / daß man Ihme den Nahmen Pater Patriae, Ein Vatter deß Vatterlandes beygelegt / sondern auch der vortrefflichen Ritterschafft halber ein grosses Lob erjaget / also / daß hernachmals viel ausländische Könige / und Potentaten / unter welchen auch König Ludowich in Franckreich / König Hugo in Welschland / und König Rudolph in Burgund seiner Freundschafft begehrten / und Ihme die ansehnlichsten Geschencke thun liessen.
(Erster Turnier in Teutschland.) Und ist dieses der Erste Tunier / so damahls dieser tapfere Keyser in Teutschland / und zwar zu Magdeburgk auf dem Werder / drey Tage nach einander in der Heiligen drey König Woche gehalten hat / da dann bey solchem Ritterspiel sich nebenst dem Keyser 72. Fürsten befunden / benahmentlich von denen Rheinischen: (An. Christi 935.)
- Pfaltzgraf Conrad am Rhein /
- Herzog Eberhard in Elsaß /
- Herzog Paul zu Barr /
- Marggraf Anton zu Pontamonson /
- Herzog Arnold von Borbon /
- Herzog Johannes zu Limburg / und
- Herzog Ligorius zu Burgund.
- Von denen Schwäbischen.
- Herzog Hermann in Schwaben /
- Herzog Ettichon in Ober Beyern /
- Herzog Princeslaus in Croatien /
- Herzog Friedrich zu Arduenna /
- Marggraf Gerard zu Jülich /
- Der gefürstete Graf Gottwald zu Hennebergk /
- Herzog Heinrich zu Lothringen /
- Herzog Radebott zu Meron /
- Fürst Carl zu Ascanien /
- Fürst Ludowich zu Monsbeliard.
- Von denen Beyerischen.
- Herzog Berchthold in Beyern /
- Herzog Eberhard in Beyern /
- Landgraf Albert in Elsaß /
- Fürst Johannes zu Schampanien /
- Printz Arnold zu Scheyern /
- Herzog Wenzel in Böhmen /
- Marggraf Meicher zu Istrien /
- Prinz Otto zu Uchtland / und
- Marggraf Ludowich zu Seßa.
- Von denen Fränckischen.
- Herzog Conrad in Franken /
- Herzog Vicetislaus in Böhmen /
- Herzog Dedo in Westphalen /
- Herzog Heinrich zu Meron / und
- Herzog Etthico zu Engern.
- Ferner.
- Herzog Otto Keyser Heinrichs Sohn /
- Herzog Arnold in Beyern /
- Herzog Rupert zu Burgund /
- Herzog Friedrich zu Barr /
- Marggraf Otto in Franken /
- Margraf Crotomislaus zu Mähren /
- Herzog Heinrich zu Sachsen / Keyser Heinrichs ander Sohn /
- Herzog Rudolph in Ober Beyern /
- Prinz Esicon in Ascanien /
- Burggraf Johannes zu Zorbick /
- Graf Aldeber zu Marsburgk /
- Herzog Voldemar in Jütland /
- Vatislaus Herzog in Croatien /
- Herzog Artwin zu Surben /
- Graf Philipp zu Artensia /
- Herzog Radebotto in Rußland /
- Fürst Vinceslaus zu Rügen /
- Marggraf Carl zu Pontamonson,
- Graf Friedrich zu Eulenberg /
- Herzog Gottschalch in Holland /
- Printz Barnim in Pommern /
- Pfaltzgraf Arnold zu Sachsen /
- Pfaltz-Graf Johannes in Thüringen /
- Burg-Graf Friedrich zu Magdeburg /
- Fürst Dedo zu Wittin /
- Fürst Bilmar in Reussen /
- Fürst Boleslaus zu Delmanz /
- Graf Reiner in Thüringen /
- Marg Graf Otto zu Stade /
- Fürst Otto zu Ascanien /
- Herzog Uladislaus in Schlesien /
- Herzog Eberhard in Lothringen /
- Herzog Meßico in Polen /
- Herzog Gottfried zu Thungren /
- Mestebaeus Princeps Vinidarum,
- Herzog Uratislaus in Pommern /
- Herzog Nestrico in Schlesien /
- Herzog Uratislaus in Böhmen /
- Marg-Graf Rudiger in Oesterreich /
- Marg Graf Podislaus zu Merhern / und
- Fürst Wißlaus.
|| [29]
Dann 134. Grafen / und in allen 2091. Helmen. Es sind aber nachgehends dergleichen Turniere mehr aufgebracht / dero Gesetze vermehret / und in dem Römischen Reiche hin und wieder zu gewissen Zeiten gehalten worden / allermassen dann bekannt / daß
(A. C. 942.) Der Ander Turnier von Herzog Conraden in Francken zu Rothenburgk an der Tauber / in der Woche nach Simonis Judae, in Beyseyn fünff Fürstlicher Persohnen / nämlich /
Herzog Bertholda in Beyern
Herzog Heinrichs in Beyern /
Marggraf Rütgers in Oesterreich /
Herzog Theodorichs in Engern /
Marg Graf Heinrichs in Nordgau /
26. Grafen / 34. Freyherrn gehabt / und darauf 538. Helmen gebracht worden.
(A. C. 948.) Der Dritte Turnier von Herzog Ludolphen in Schwaben zu Costenz an Boden-See / die Woche nach aller Heiligen / worbey 8. Fürsten / 20. Grafen / und 15. Freyherren / worunter Herzog Herman in Schwaben / Bruno der erste / Marg Graf zu Sachsen / Herzog Conrad in Franken / und Graf Wiprecht zu Leiningen.
(A. C. 969.) Der Vierdte Turnier / von Marg Graf Richarden zu Meissen / in Merseburgk / in der Woche nach S. Andreae Tage / worunter 362. Helme / 7. Fürsten / 14. Grafen / und 11. Herren / darbey Herzog Wenzel in Böhmen / Graf Ortolff von Ascanien / Andreas Edler Herr zu Colditz.
(An. Christi 996.) Der Fünffte Turnier von Herzog Ludolphen zu Sachsen und Braunschweig in der Stadt Braunschweig / in Beyseyn 10. Fürsten / 13. Grafen / 10. Herren / in der Woche nach den Heiligen drey König Tagen / und unter andern Herzog Ortolfels zu Sachsen - Lüneburgk / Herzog Nestrichs zu Böhmen / Herzog Arnds zu Sachsen und Lüneburgk / Fürst Berchtolds zu Hennenberg / Graf Conrads zu Cleve / von welchen Hanns von Dachsberg / und Wolf Granschlag nicht zugelassen wurden.
(An. Christi 1019.) Der Sechste Turnier von Keyser Conraden zu Trier / in der Woche nach Lichtmesse / nebenst 7. Fürsten / 34. Grafen / und mit 646. Helmen. Darbey Herzog Magnus zu Sachsen / Landgraf Philipp in Elsaß / Graf Ortolff von Alcanien / Graf Heinrich zu Löven und Brüssel / Graf Schaffart zu Leiningen / Graf Ulrich zu Hanau / Graf Heinrich zu Zwey-Brücken / und Wildbald zu Rappoltzstein. Bey gehaltenen Tanze / tanzte Herzog Magnus zu Sachsen mit der Keyserm / welcher 8. Graf [30] fen / und zwar 4. mit Wind-Lichtern vor / 3. Grafen aber / die ihr das Kleid nachtrugen / und 2. Grafen mit Windlichtern nachtantzeten.
(A. C. 1042.) Der Siebende Turnier von Keyser Heinrichen dem Dritten zu Halle in Sachsen in der Woche nach Philippi Jacobi, worbey 8. Fürsten / nämlich Hertzog Otto zu Sachsen und Lüneburgk / Marggraf Albrecht zu Brandenburgk / Hertzog Burtzinous in Böhmen / Marggraf Albrecht in Oesterreich / Hertzog Conrad in Beyern / Marggraf Eckhard zu Meißen / Marggraf Otto zu Norgau / und Marggraf Theodo zu Lausitz / 26. Grafen / 14. Freye / und 580. Helm. Woselbst dann Einer von Brettenburg / Einer von Bonstet / Einer von Stockheim / und einer von Sicking umb Ungehorsams willen geschlagen ward; Bey gehaltenen Tantze tantzte der Keyser mit Graf Bertholds von Henneberg Gemahlin / welchen 10. Grafen / darunter 6. mit Wind-Lichtern / und ihrer 4. nach Ihme mit dergleichen tantzeten.
(A. C. 1080.) Der Achte Turnier / von Herzog Hermannen in Schwaben / zu Augspurg den 16. Augusti, worunter 8. Fürsten / als Herzog Herman / Herzog Guelph in Bayern / Hertzog Friedrich in Schwaben / Marggraf Leopold in Oesterreich / der Schöne genannt / Pfaltzgraf Otto von Wittelsbach / Marggraf Eckhard zu Meißen / Landgraf Engelbert in Beyern / und Herzog Ludolph in Cärnthen / 39. Grafen / 22. Freye Land-Banner-Herren / und 612. Helm. Worbey nebenst Andern Gottfried von Stockheim / Heintz von Bellerscheine / Johann von Honolstein / Einer von Holwil / Stein und Sturm-Feder an der Schaue ausgestellt.
(An. Christi 1119.) Der Neundte Turnier / von Herzog Rudolphens zu Sachsen Oheime / dem Landgraffen in Hessen / zu Göttingen / den 6. Novembris, wobey 9. Fürsten / als Herzog Heinrich in Beyern / Herzog Uratislaus in Böhmen / Hertzog-Fridrich in Beyern / Marggraf Albrecht zu Brandenburg / Marggraf Otto zu Meißen / Marggraf Theodorich zur Lausitz / Landgraf Ludowich in Thüringen / Marggraf Siegfried zu Meißen / und Marggraf Otto zu Stade / 24. Grafen / 9. Herren / und 338. Helm. Auf welchem Turniere dann Gottfried von Stockheim / George von Honollstein / und Heinz von Bellerschein empfangen / und geschlagen worden.
(A. C. 1165.) Der Zehende Turnier / von Herzog Welpen in Beyern zu Spolet, Marggrafen in Corsica / und Herrn zu Sardinien, in Zürch / zu Zeiten Friderici Barbarossae, in der Weihenacht S. Andreae Tage / darunter 14. Fürsten / darbey nebenst Andern Pfaltzgraff Otto von Wittelsbach / Marggraf Leopold in Oesterreich / Marggraf Odoacer in Steuermarck / Herzog Herman in Steyer / Marggraf Engelbert in Istrien / Marggraf Berchtold zu Aegran / Marggraf Dipold zu Cham / Landgraf Otto zu Steffling / und Herzog Conrad zu Valesi, 91. Grafen / 84. Frey-Herren / 133. Ritter / und 392. Edle / und sind unter Andern empfangen und geschlagen worden / Albrecht von Bernstein Ritter / Wolffhard von Remhingen und Eberhard von Kippenheim / bey ietztgedachten Helmen waren auch 34. Fürsten und Grafen deß Fürstlichen Geblüts vom Hause Beyern disseits Rheins Pfaltz-Grafen von der Schwerdt-Seiten.
(A. C. 1179.) Der Eilffte Turnier / von Graf Florentzen aus Holl- und See-Land / zu Cölln am Rhein / in der Woche nach der Heil. 3. König Tage / worbey 480. Helmen / 19. Fürsten / darnnter Pfaltzgraf Conrad am Rhein / Herzog Philipp in Schwaben / Herzog Gottfried zu Brabant / Marggraf Otto in Italien / Herzog Heinrich zu Limpurg / Herzog Goßel zu Ardinen / [31] Herzog Friedrich zu Bar / Marggraf Friedrich zu Hochberg / und Landgraf Ludowich zu Thüringen / 51. Grafen / 28. Freyherren / mit Albrecht von Bellersheim / Philipp Landschaden / Wolff Birgeln / Heinrich von Falkenstein / und Willhelm von Hirhorn hat man turniret / sie geschlagen / und empfangen.
(A. C. 1198.) Der Zwölffte Turnier / von Keyser Heinrich dem Sechsten zu Nürnberg in der Woche nach Mariae Lichtmeß / darbey 620. Helmen / 12. Fürsten / als Herzog Heinrich zu Sachsen und Beyern an Zunahmen der Stoltze / Herzog Friedrich zu Böhmen / Herzog Ludowich in Beyern / Marggraf Wenzel zu Merhern / Herzog Lützelmann zu Merhern / Herzog Lützelmann zu Teck / Land Graf Hermann in Thüringen / Herzog Brechtold zu Meron / Marggraff Conrad zur Lausitz / und Graf zu Rochlitz / Marg-Graf Rudolph zu Baden / Marggraf Heinrich zu Rumsberg / Marggraf Werner zu Hochberg / und Fürst Poppo und Graf zu Hennebergk / 29. Grafen / 13. Freyherren / 68. Ritter / und 497. Edle.
(A. C. 1229.) Der Dreyzehende Turnier / zu Zeiten Keyser Philippsens / Herzogs in Schwaben / von der Ritterschafft am Rheinstrohm / in der Woche nach Mariae Lichtmeße / wobey 28. Fürsten / nämlich / Churfürst Otto Pfaltz-Graf am Rhein / Herzog Wilhelm Churfürst zu Sachsen / Marggraf Albert Churfürst zu Brandenburgk / Herzog Leopold in Oesterreich / Herzog Heinrich zu Brabant / Herzog Friedrich zu Lothringen / Herzog Friedrich in Schwaben / Herzog Boßemislaus in Böhmen / Marggraf Otto in Italien / Herzog Ulrich in Cärnthen / Fürst Heinrich Burwein / Herzog Lützelmann zu Teck / Marggraf Deodorich zu Meißen und Lausitz / Landgraf Herman in Thüringen / Marggraf Bonifacius zu Montserrat / Marggraf Theodorich zu Sachsen / Marggraf Heinrich zu Rumsberg / Marggraf Philipp zu Seßa / Marggraf Conrad zur Lausitz / Marggraf Conrad zu Hochberg / Marggraf Albert zu Landsberg / der Gefürstete Graf Baldwin zu Flandern / Burggraf Berchtold zu Nürnberg / Graf Theodorich in Holland / Fürst Heinrich zu Anhalt / Graf Werner von Habspurg / und Marggraf Berchtold zu Istrien / 37. Grafen / 37. Frey-Herren / 27. Ritter / und 164. Edle.
(A. C. 1235.) Der Vierzehende Turnier von der Ritterschafft in Francken zu Würtzburg / in der Woche nach aller Heiligen / wobey 11. Fürsten / als Pfaltzgraf Ludowich am Rhein / und Herzog in Beyern / Marggraf Albert der 2. zu Brandenburgk / Herzog Otto zu Braunschweig und Lüneburgk / Herzog Friedrich in Böhmen / Herzog Heinrich in Oesterreich / Herzog Johannes in Lothringen / Landgraf Ludowich in Thüringen / Herzog Johannes zu Mechelnburgk / Herzog Heinrich zu Braband / Marggraf Herman zu Baden / Herzog Niclas zur Warle / Burggraf Friedrich zu Nürnberg / Graf Wilhelm von Holl- und See-Land / und Fürst Berchtold und Graf zu Hennebergk / 34. Grafen / und 25. Frey Herren / 46. Ritter / und 138. Edle / zu diesem Turniere wurde Emrich von Neuenstein / Siegmund Stieber / Friedrich Geling / Wolff von Stetten / Anshelm von Rödern / Werner Esel / Conrad von Erbthel / und Samson Büttler nicht gelassen.
(A. C. 1284.) Der Funffzehende Turnier in der Woche nach Michaelis von der Ritterschafft in Beyern zu Regenspurgk / wobey 4. Fürsten / Pfaltzgraf Otto von Rhein / und Herzog in Beyern / Herzog Albert in Oester [32] reich / Herzog Johannes in Schlesien Lignitz / und Landgraf Sigisbotho zu Leuchtenbergk / 4. Grafen / 7. Freyherren / 32. Ritter und 141. Edle.
(A. C. 1296.) Der Sechzehende Turnier / von der Ritterschafft in Francken zu Schweinfurth nach S. Laurentij Tage / darunter 9. Fürsten / als / Herzog Heinrich zu Braunschweig Lüneburgk / Herzog Otto zu Braunschweig / Marg-Graf Theodorich zur Lausitz / Land-Graf Albert in Thüringen / Herzog Heinrich zu Brabant / Burg Graf Friedrich zu Nürnberg / Burg Graf Johannes der Jüngere / Fürst Heinrich zu Henneberg / und Otto zu Henneberg / 12. Grafen / 12. Freyherren / 27. Ritter / und 127. Edle.
(A. C. 1311.) Der Siebzehende Turnier von der Ritterschafft in Schwaben zu Ravensburgk in Schwaben / in der Woche nach Bartholomaei Tage / worunter II. Fürsten / als / Herzog Johannes in Bayern / Herzog Ulrich zu Teck / Marg Graf Rudolph Magnus zu Baden / Marg-Graf Heinrich zu Meißen / Marg Graf Albert zu Hochberg / Landgraf Ludowich in Heßen / Marg-Graf Johannes zu Rotel / Landgraf Johannes zu Leuchtenberg / und Burggraf Friedrich zu Nürnberg / 26. Grafen / 13. Freyherren / 35. Ritter und 102. Edle.
(A. C. 1337.) Der Achzehende Turnier von der Ritterschafft am Rheinstrohm zu Ingolheim / worbey 9. Fürsten / Pfaltz-Graf Rudolph am Rhein / und Herzog in Beyern / Herzog Bernhard zu Braunschweig und Lüneburg / Herzog Gerlach zu Monten / Marg Graf Rudolph zu Baden / Landgraf Ludowich in Heßen / Marg Graf Willhelm zu Jülich / Fürst Eberhard zu Würtenberg / Landgraf Ludowich zu Leuchtenberg / und Fürst Friedrich zu Henneberg / 16. Grafen / 16. Freyherren / 34. Ritter / und 130. Edle.
(A. C. 1362.) Der Neunzehende Turnier von der Ritterschafft in Francken zu Bamberg / in der Woche nach den Heiligen 3. Königen / von 5. Fürsten / Landgraf Ludowich zu Leuchtenberg / Landgraf Heinrich zu Hessen / Fürst Otto zu Henneberg / Burggraf Friedrich zu Nürnberg / und Burg-Graf Friedrich zu Meißen / 19. Grafen / 27. Freyherren / 34. Ritter / und 137. Edlen.
(A. C. 1374.) Der Zwantzigste Turnier die Woche nach Martini, von der Ritterschafft in Schwaben zu Eßlingen / wobey 3. Fürsten / Pfaltz Graf Rupert an Rhein / und Herzog in Beyern / Marg Graf Bernhard zu Baden / und Burg Graf Friedrich zu Nürnberg / auch Graf zu Zollern / 20. Grafen / 34. Herrn / 39. Ritter / und 107. Edele / worbey unter andern sind empfangen worden / geschlagen / und mit Ihnen turnieret / Hans Hatzapffel / Oswald von Schwendig / Hilpold von Krelsheim / Wolff von Weiler / Contz von Bellersheim / und Albrecht Rothenstein.
(An. Christi. 4392.) Der Ein- und Zwanzigste Turnier von der Ritterschafft in Schwaben / zu Schafhausen / die nechste Woche nach Aller Heiligen / worunter 8. Fürsten / nehmlich / Herzog Johannes in Beyern / Herzog Friedrich in Oesterreich / Herzog Stephan iu Beyern / Marg-Graf Rudolph zu Baden / Landgraf Ludowich in Heßen / Burggraf Friedrich zu Nürnberg / Fürst Wilhelm zu Henneberg / und Herzog Eberhard zu Würtenberg / 22. Grafen / 10. Ritter / und 179. Edle.
(A. C. 1396.) Der Zwey- und Zwanzigste Turnier / in der Wochen nach Bartho [33] somaei von der Ritterschafft in Beyern zu Regensburgk / worbey 4. Fürsten / als Pfaltzgraf Johannes am Rhein / und Herzog in Beyern / Pfaltzgraf Ludowich am Rhein / Landgraf Albert zu Leuchtenbergk / und Pfaltzgraf Ernst am Rhein / und Herzog in Beyern / 2. Grafen / 3. Freyherren / 25. Ritter und 150. Edle.
(A. C. 1402.) Der Drey- und Zwanzigste Turnier von der Ritterschafft am Rhein-Strohm in der Woche vor Liechtmesse zu Darmstadt. Worbey 2. Fürsten / nämlich / Fürst Heinrich und Graf zu Henneberg / und sein Sohn Wilhelm / 18. Grafen / 17. Freyherren / 52. Ritter / und 288. Edele; Auf diesem Turnier schmiessen sich / wider Turniers-Freyheit und Gerechtigkeit / die Francken und Heßen / und war dieses der Erste / worauf sich die Geschlechter rottirten und irrig wurden. Der Francken blieben auf dem Platze 17. und der Heßen 9. und haben sint der Zeit die Heßen nicht viel turnieret / als die / welche durch Gunst und Freundschafft wieder zugelassen worden sind.
(A. C. 1408.) Der Vier- und Zwanzigste Turnier zu Heilbrunnen nach Michaelis, von der Ritterschafft in Schwaben / worbey fünff Fürsten / als Pfaltz-Graf Ludowich am Rhein / und Herzog in Beyern / Marg-Graff Jacob zu Baden / Burg-Graff Johannes zu Nürnberg / Fürst Eberhard zu Würtenberg / und Fürst und Graff Friedrich zu Hennebergk / siebenzehen Grafen / sechzehen Freyherren / fünff und dreissig Ritter / und 168. Edle.
(A. C. 1417.) Der Fünff- und Zwantzigste Turnier von der Ritterschafft in Beyern zu Regensburg nach S. Lucas. Worunter drey Fürsten / nämlich / Stephan / Heinrich / und Willhelm / alle drey Pfaltzgrafen an Rhein / und Herzogen in Beyern / vier Frey-Herren / 8. Ritter / und 144. Edele.
(A. C. 1430.) Der Sechs- und Zwanzigste Turnier von Herzog Ulrichen zu Würtenbergk / in Stutgard. Worbey fünff Fürsten / Marggraff Carl von Baden / der Marggraff zu Hochberg / Herzog Ludowich zu Würtenberg / und Andere / fünf und zwanzig Grafen / neunzehen Freyherren / 228. Ritter und Edele.
(A. C. 1439.) Der Sieben- und Zwanzigste Turnier / von Pfaltz-Graff Ludowigen zu Landeshut in Beyern / worunter sechs Fürsten / als pfaltz-Graff Ludowich / Pfaltz-Graff Albert am Rhein / und Herzog in Beyern / Marggraff Carl zu Baden / Pfaltz-Graff Ludowich am Rhein / Graff Ulrich zu Würtenberg / und Marggraff von Rotel / 28. Grafen / 2. Frey-Herren / und 252. Ritter und Edle.
(An. Christi 1479.) Der Acht- und Zwanzigste Turnier / von der Ritterschafft in Franken zu Würtzburgk / darbey 1. Fürste / 6. Grafen / 9. Frey-Herren / und 146. Edele / Bey diesem Turnier hat man unter andern Einen Geyer / Einen von Stein / und Einen von Steinau ausgestellet / und ist Einer von Rabenstein / Ein Stieber / Einer von Hutten / Ein Gebsattel / Ein Sternbergk / Ein Stauffenberg / und ein Schencke / weil ihre Eltern in funffzig Jahren kein Turnier besuchet / zu solchen nicht zugelassen / hingegen sind empfangen und geschlagen worden / Einer von Westerstetten / von Freyburgk / Ein Fuchs / und Jacob von Andlau ein Ritter. (Neue Turnier Ordnung.) Ehe und bevor dieses Turnier sich anfieng / machte die Ritterschafft am Rhein Strohm von 24. Geschlechtern / die von Beyern / von 43. Geschlechtern / die von Schwaben von 46. Geschlechtern / und die von Franken von 67. Geschlechtern / dem Adel zum besten / eine neue Turnier- [34] Ordnung / und wie es mit denen Herbergen so wohl mit der Kost / als Kleidung und andern gehalten werden sollte / als
(Francifcus Modius in Pandect. Triumphal. pag. mihi. 117. & seqvent.) 1. Ob schon einem iedweden Ritter Sammet und Perlen zu tragen vorbehalten; So hätten sie doch hierinne in Krafft dieses beschlossen / daß keiner von Ihnen kein gülden Stück / noch keinen gestickten Sammet / es wäre Rock oder Schaube / darinne er sich auff solche und andere Turniere zu schmücken gesonnen / tragen / und wer des überführet / von allen andern Rittern und Edlen verachtet seyn / auch zu keinem Vortantze / oder Danck gelassen werden sollte.
2. Solten die gemeine Edlen / so nicht Ritter / und doch Turniers- und Ritters-Genossen wären / keinen Perlen-Schmuck / oder Gestücke und dergleichen tragen / als nur eine Schnure umb eine Kappe / oder umb den Huth.
3. Wie dann auch keiner kein Gold von Ketten / Schnüren / oder Gestücke an sich zu haben / er führte es denn / gleich denen Vorfahren / verdeckt an sich / viel weniger Sammet / darein Er sich auf solchem Turniere zu kleiden gedächte / als zu einem Wambste zu tragen erlaubet / und dergleichen überführet würde / der sollte von denen anderen Rittern / und Edlen verachtet / und deß Vortantzes beraubet seyn.
4. Uber dieses sollten alle Ritter und Edle / und insonderheit ein Ritter keine güldene Decken / der gemeine von Adel aber keine dergleichen / viel weniger Wappen-Röcke von Sammet / und Damasken führen / und welcher dasselbe nicht hielte / der sollte von denen Andern verächtlich gehalten / in Turniere von denen Francken abgesondert / und der Vortäntze zusamt des Turniers-Däncke verlustiget werden.
5. Eine iede Frau / oder Jungfrau sollte nicht über vier Röcke von Sammet / oder gesticket haben / darunter zweene dem Sammete gemäß / und die andern nachdeme / was denen von Adel wohl anständig / und nach alter Gewonheit hergebracht; Welche nun das nicht hielte / und sich bey dem Turniere zu weit heraus bräche / die sollte von gemeiner Ritterschafft Frauen und Jungfrauen verachtet / und ihr den Vortantz / und Turnieres-Danck hinzugeben benommen seyn.
6. Und ob gleich etliche Adeliche Frauen und Jungfrauen mit Sammet und Seiden / oder solcher Kleidung / wie es sich gehörete / nicht angethan / so sollten sie dennoch ihrem Stande gemäs zu allen vorfallenden Ehren gezogen werden.
(Straff-Artickel hey dem Turnieren.) Was aber anbelanget die bißhero bey denen Turnieren eingerissenen Mängel und Gebrechen / so sollten dieselben hiermit abgeschaffet / und folgende Dinge bestrafft werden: als
1. Der / welcher wissentlich einen Meineyd / oder falsch Zeugnuß gegeben.
2. Wer im Kriege gefangen / mit gewisser Bedingung loßgelaßen / und das jenige / was er versprochen / nicht hält.
3. Welcher Feldflüchtig / und theils seinen Herren / theils auch seine Spieß-Gesellen aus Betrug / oder umb Furcht willen gegen die Feinde verläst.
4. Welcher einem das Seinige mit Gewalt entwendet / und sich deßwegen entweder für dem Richter zu stehen / noch hierüber Rede und Antwort zu geben weigert.
5. Welcher sich entweder Frauen oder Jungfrauen mit Worten / [35] oder Wercken zu beleidigen oder sich etwas unbilliches von ihnen zu berühmen unterstehet.
6. Welcher durch Recht und Unrecht anderer Leute Güter an sich ziehet / den gemeinen Mann durch verbothene Mittel unterdrücket / und öffentliche Wucher treibet.
7. Alle die ihren Adel-Stand mit dem Strassenraube / Mord / und Verrätherey / auch anderer Boßheit beflecken.
8. Die Jenigen / so Kirchen / und andere Gottes-Häuser zerstören / oder an selbige Hand anlegen.
9. Die / welche wissentlich einer Ketzerey oder verkehrten Glaubens zugethan.
10. Alle Hurer / und Ehebrecher.
11. Die Einem Andern das Seinige entwenden / oder es sonsten auf eine andere Art und Weise zu thun suchen.
12. Die ausserhalb ihres Adels sich unehrlich beweiben.
13. Die jenigen aber / so von denen gebohren / die vordessen denen Ritter-Spielen beygewohnet / hernachmahls aber dieselben verlassen / und sich dem Ritterlichen Urthel nicht unterworffen / sind nichts destoweniger strafffällig.
14. Alle unehlich gebohrne sollten gäntzlich von den Ritter-Spielen ausgeschlossen seyn.
15. Ingleichen die / so Commercien und Handlung treiben.
16. Wie nicht weniger die / welche nicht durch zweene Rittermäffige Personen darthun / und erweisen können / daß ihre Eltern für 50. Jahren auch Turnieret / könte die Kundschafft aber nicht auf diesem Turniere beygebracht werden / so wäre es Ihnen auf einen andern zu thun unbenommen.
17. Der jenige / so den Turnier Lauff bey dem Rennen nicht beobachtet / der soll sein Turnier-Zeugk / und Roß verlohren / auch des Turnieres gäntzlich beraubet seyn.
18. Alle die jenige / so zum Turnieren beniehmet die sollten sich umb zehen Uhr auf dem Platze befinden lassen.
19. Letzlich sollte das Schwerdt zum meisten drittehalb quer Finger breit / und durchaus stumpff und abgeschliffen seyn / damit solches weder schneide / noch steche.
(A. C. 1480.) Der Neun- und Zwanzigste Turnier in der Woche nach S. Bartholomaei, von der Ritterschafft am Rhein unter Keyser Friedrichen dem Dritten. Darunter vier Graffen / drey Herren / und drey und dreyssig Ritter und Edele.
(A. C. 1481.) Der Dreyssigste Turnier von der Ritterschafft am Rhein-Strohme zu Heydelberg Pfaltz-Graff Philippsen zu Ehren / in der Woche S. Bartholomaei, worbey fünff Fürsten / benahmentlich Pfaltz-Graff Friedrich am Rhein / Churfürst / Herzog George zu Beyern / Herzog Otto zu Beyern / Marggraff Friedrich zu Brandenburgk / und Marggraff Albert zu Baden / 20. Grafen / 4. Frey-Herren / 69. Ritter / 358. Edle / und 3499. Pferde.
(Nochmalige Verneuerung der vorigen Turniers-Ordnung / und die darauff) Bey diesem angestellten Turniere verbesserten die Ritterschafft / und Turniers - Genossen / die vorige Turnier - Ordnung auf folgende Weise abermahls:
Und zwar daß keiner zum Turnieren solte zugelassen werden / Er [36] (gesetzte Straffe.) könnte dann seine vier adelichen Ahnen vom Vatter und Mutter erweisen / und darthun / daß Einer seiner Vor Eltern seines Stammes in den (Franciscus Modius de Hastiludiispag. 132.) vier Landen Turnieret / und darzu gelassen worden wäre. Zum andern wer ungetheilet sich in den Schrancken zum Turnieren eindringen würde / der sollte sein Roß / und Turnier-Zeugk verlohren haben / und denen Freyheiten / und Stangen - Knechten gegeben werden / auch zu ewigen Zeiten deß Turniers verlustiget seyn. Zum Dritten / wer in einer Stadt Bürger worden / der sollte nicht eher zum Turnier gelassen werden / bis Er sein Bürgerschafft wieder aufgesagt / und wann derselbe / nach gehaltenem Turniere / wieder Bürger würde / der solte in Zukunfft zu keinem Turniere mehr gelassen werden. Es sollten aber die jenigen im Turniere gestrafft werden / welche
1. Einen wissentlichen Meyneyd begangen / oder falsch Zeugnüs gegeben hätten.
2. Die / wann sie von Feinde gefangen / ihre gethanene Zusage nicht hielten.
3. Ihre von sich gestellte Brieff und Siegel / hinten ansetzten.
4. Die / wann sie Feldflüchtig / ihre Flucht für Gerichte nicht entschuldigten.
5. Ehrlichen Frauen-Zimmer vor- oder rückwerts übels nachredeten.
6. Oeffentlichen Wucher trieben.
7. Ihren adelichen Standt mit Mord / Todschlagk und Rauberey besudelten.
8. Denen Kirchen das Ihrige vorenthielten / oder sie beraubeten / und zerstöreten.
9. Der Ketzerey nachhiengen.
10. Des Ehebruchs berüchtiget.
11. Gewaltthätigkeit verübeten.
12. Aus ihrem Stande heyratheten.
13. Deren Eltern zwar hiebevorn Turnieret / sie aber zeithero dasselbe unterlassen / uud anietzo wieder daraus zukommen in willens.
14. Die nicht in der Ehe gebohren / und die gleich andern Kauff-Leuthen / Handel und Wandel trieben.
Ferner verordneten sie auch: daß keiner anders als in freyen Sattel sitzen / und sich schlechter Steig - Leder gebrauchen: Daß welchem das Roß gewonnen / nach seinem Stande lösen: Daß der / so gestrafft / das Roß gewonnen / nach seinem Stande lösen: Daß der / so gestrafft / mit der Kolben / und keinen andern Waffen / wo Er mit der Platte bedecket wäre / geschlagen werden: Daß bey deme / welcher nur empfangen / und nicht umb Boßheit willen gestrafft / man weiter / wo ihnen der Harnisch vom Leibe geschlagen würde / am blossen Leibe nichts suchen: Daß umb deß Verbrechers Roß Turnieret / und derselbe mit dem Sattel auf die Schrancken bis zu Ende deß Turniers gesetzet werden: Daß man auf dem Turniere keines Hasses / Zorns / noch Grolles gedencken: Daß / welcher von allen diesen Stücken eines überführet / dessen Roß und Zeugk verlohren / und Er von allen Fürsten / Graffen / Herren / Rittern / und Edlen verachtet / und verschmähet seyn: Daß ein Fürst nur drey Knechte / Ein Graff / oder Frey - Herr zweene / Ein Ritter / oder Edelmann Einen haben. Daß dieselbigen Knechte bey ihren Herren / oder Junckern nichts an [37] ders thun / als den / welchen man schlagen will / bey dem Zaume leiten / gestalt dann berührte Knechte von allen Turnieren befreyet / und sie niemand mit Kolben / noch Schwerdter zu schlagen / und zu verletzen / viel weniger zu stossen / oder zu dringen befügt seyn solten.
(A. C. 1484.) Der Ein und Dreißigste Turnier / in der Woche am Tage der Heiligen Drey Könige / von Hertzog Eberhardten zu Würtenberg in Stutgardt / darunter 4. Fürsten / nemlich Marggraf Friedrich zu Brandenburgk / Burggraf Heinrich zu Meißen / Landgraf Wilhelm in Heßen / und Hertzog Eberhard / 12. Grafen / 10. Freyherren / 42. Ritter / und 209. Edle.
(A. C. 1484.) Der Zwey und Dreyßigste Turnier / von der Ritterschafft in Beyern / zu Ingolstadt in der Woche S. AEgidii, dabey 2. Fürsten / als / Pfaltzgraf George am Rhein / und Pfaltzgraf Christoph am Rhein / beyde Hertzoge von Beyern / 9. Ritter und 63. Edele.
(A. C. 1485.) Der Drey und Dreyßigste Turnier / von der Ritterschafft in Franchen zu Bamberg. Worunter 5. Fürsten / benahmentlich Marggraf Friedrich zu Brandenburg / Burggraf Heinrich zu Meißen / Marggraf Sigismund zu Brandenburgk / Hertzog Eberhard zu Würtenberg / und Hertzog Eberhard der Jüngere / 14. Grafen / 8. Herren / 46. Ritter und 212. Edele / 9. Fürstinnen / 2. Gräfinnen / 1. Fräulein / 13. Ritters-Weiber / 61. Edel Weiber / und 17. Jungfrauen / diesem vorhergehenden Turniere wurde unter andern auch von der Ritterschafft der vier Landen zu der Turnier-Ordnung dieses hinzu gesetzet:
Daß derjenige Edelmann / welcher freywillig in die Städt säße / Steuer / und Wache gäbe / oder sich zum Bürgerlichen Ambte gebrauchen ließe / zu keinem Turnier zugelaßen / begäbe es sich aber / daß er daselbst aus Noth Schirm / und Schutz suchen müste / mit deme hätte es sein Bewenden:
Wie denn auch mit deme von Adel / so zu einer Stadt bestellet / und sich nicht weiter als sein Adelicher Stand es mit sich brächte / verpflichtete. Dafern er aber eine Closter-Frau entführete / oder mit ihr zuhielte / auch sonsten keine Adeliche Wercke begienge / der solte gestrafft / wie nicht weniger mit demselben Turniers-Genössen / so Einem bey dem Turniere zu gantzen / und halben zuträncke / umb das Roß turnieret werden.
(A. C. 1486.) Der Vier und Dreyßigste Turnier / von der Ritterschafft in Francken zu Bambergk. Dabey 2. Fürsten / Marggraf Friedrich zu Brandenburgk / und Marggraf Sigismund zu Brandenburgk / 6. Grafen / 7. Herren / 49. Ritter / und 272. Edele.
(A. C. 1487.) Der Fünff und Dreyßigste Turnier / in der Wochen nach Liechtmeße von der Ritterschafft in Beyern zu Regenspurg. Worunter 2. Fürsten / Hertzog George in Beyern / und Hertzog Albert in Beyern / 6. Grafen / 5. Freyherren / 32. Ritter / und 104. Edele. Worbey der Weiber wegen George von Tauffkirchen zu Guttenberg / und Caspar Thorer geschlagen worden.
(A. C. 1487.) Der Sechs und Dreyßigste Turnier / von der Ritterschafft am Rheinstrohm zu Wormbs nach S. Bartholomaei, unter welchen 3. Fürsten / benahmentlich Pfaltzgraf Ludowig am Rhein / und Hertzog in Beyern / Hertzog Caspar in Beyern / und Landgraf Johannes zu Leuchtenbergk. 9. Grafen / 3. Herren / und 138. Edele.
(Abschaffung derselben / und andere Ritterspielt dargegen.) Dieser nun war der Letzte woraus zeithero keine mehr erfolget. Denn weil bey Einem / und dem Andern unterschiedene Todtschläge / und andere Ungelegenheiten mit unterlieffen / so sind an statt derselbey andere Ritter-Spiele / als da sind das Spieß- und Lantzenbrechen / Ringen / Springen / [38] Lauffen / Stein- und Stangen-stoßen / und werffen Büchsen- und Armbrust-Schießen / Ring- und Quintan- oder Kopff-Kenen / Kübelstechen / welches Letztere auch Anno Christi 1568. uf Hertzog Wilhelms in Beyern mit Fräulein Renata gebohrner Hertzogin zu Lothringen gehaltenen Beylager / nebenst andern Ring-Rennen / Fuß- und Frey-Turnieren / auch Turniere über die Palien ist gesehen worden: Das Kübel-stechen / so eines der geringsten / verrichteten damahls etliche Beyerische von Adel mit schlechten Rossen / und ungegürteten Sätteln / deren Kleider umb und umb mit Haaren ausgestopfft / welche in der rechten hand eine Lantze / daran forne an statt der Spitze ein Ball / oder gewisse Breite / auf dem Haubte einen wohlverwahreten und durchlöcherten Kübel. Es ist aber / bey obigen Turniere (Das Wort Grießwötel und Schranckenfetzen.) etliche mahl der Grießwörtel gedacht. Diese waren nichts anders / als Turnier-Voigte / worzu die Vornehmsten / Erfahrnesten / und Ansehnlichsten aus der Ritterschafft genommen / und erkieset wurden. Das Schrancken-setzen aber hieße / so viel als Schlagen / Auffetzen / und Einen zu keinem Turniere lassen / und sind die letzterwehlten Turnier-Voigte diese gewesen: Ulrich von Rechberg König und Turnier-Voigt / Berthold von Blettenberg / Dietz von Thügen / und Jobst Zeuger.
(Artickel zum Fuß Turnieren) Wie es aber mit dem Fuß-Turniere pflegt gehalten zu werden / ist unter andern auch aus denen an dem Churfürstl. Sächs. Hofe publicireten / und den 3. Decembris Anno Christi 1650. in Dresden gehaltenen Fuß-Turniers-Artickeln zu sehen / daß nehmlich
Erstlich. Alle diejenigen / so sich zum Fuß-Turniere / und diesem Ritter-Spiele gebrauchen lassen wollten / sollten nach denen Fürstlichen Persohnen / von alten Gräflichen / Herren und Adelichen Standes-Geblüte / Ankunfft und Herkommens seyn / auch kein Graf / oder Herr / der seine 16. Ahnen / zum wenigsten von Adel herrührende / wie auch keiner von Adel / so seine 16. Ahnen / als achte von Vaters- und achte von der Mutter-Seite nicht erweisen könne / zuläßlich seyn.
Zum Andern. Wann fichs begäbe / daß Einer / ob Er gleich von Gräfflichen Herren- oder adelichen Stammes und Herkommens / auch seine 16. Ahnen gnugsam erweisen könte / hingegen aber wider rechtmässige adeliche Ehre und Tugend gehandelt / so sollte derselbe gleichfalls nicht zugelassen werden.
Zum Dritten. Wo sich Einer unterstünde wider obbemeldte Puncta auf dem Turnier-Platz gleich mit Andern / oder vor sich selbsten auszuziehen / mit deme sollten die Mantenitoren zu Turnieren nicht schuldig / noch Er auf keinerley weise zugelassen seyn.
Zum Vierdten. Sollte kein Aventurier ehe als die Herren Mantenitoren auf dem Turnier-Platz erscheinen / und in der Ordnung / wie sie aufziehen / nacheinander turnieren / und abziehen.
Zum Fünfften. Sollten Alle / welche turnierten / mit ihren Cuiraffen also gerüstet / und angethan seyn / wie in dem Fuß-Turniere gebräuchlich / und sollte Keiner kein ander Helmlin / es sey dann geschlossen / oder eine Schlaghaube / auf welcher keine Pausche / oder anderer ungewöhnlicher Vortheil / vielweniger einige Schiffung / oder Feld-Parte / deßgleichen auch keiner geschlossenen / oder Renn-Handschuhe sich gebrauchen.
Zum Sechsten. Sollte Keiner keinen andern Spieß / und Schwerdt / ohne die / so die Herren Judicirer verordnet / gebrauchen.
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Zum Siebenden / Solte keiner mehr als dreymahl mit dem Spieße zuzammen gehen / es möchten die Spieße gleich gebrochen werden oder nicht. Wann aber Einer mehr als obbeniehmte drey Stöße mit dem Spiesse vollbrächte so sollte solches nicht passiret werden / sondern den Danck des Spiesses auch verlohren haben.
Zum Achten. Sollte ingleichen keiner mehr als füff Streiche mit dem Schwerdte thun / und sollte der Aventurierer den Anfang machen / so würde ihm auch frey stehen / seine fünff Streiche mit / oder ohne Durchhauen zu vollbringen / doch sollte er schuldig seyn / denen Herren Mantenitoren mit welchen er turnieret / durch die Maestri di Campo es anzumelden / welcher aber über obberührte fünff Streiche schreiten würde / dem solte es ebenfalls nicht passirt, sondern Er des Schwerdt-Danckes verlustiget werden.
Zum Neundten. Sollten alle Spieße an dem Kopffe gebrochen werden / und der keinen Danck verdienen / welcher seinen Spieß nicht frey / sondern einzulauffen / oder mit Stoßen die Arme am Leibe behält den Spieß an Leib leget / oder setzet / oder mit auf- und nieder-Schwencken an seinen Gegentheil bricht / deßgleichen mit dem Spiesse auf die Brust / Arm / und unter die Gürtel seinem Gegentheil stösset / und den Schrancken vor dem Brechen mit dem Spiesse berühret / so aber ein Spieß in der Levate, ehe er an den Mann köhme / bräche / dem sollte ein anderer gereicht werden.
Zum Zehenden. Gollte einjeder sein Schwerdt ohne Gehülffen selbst ausziehen / und wer sein Schwerdt mit beyden Händen zugleich brauchte / oder außerhalb der Folia wechselte / oder mit der Fläche schlüge / oder das Schwerd flächling auf dem Kamm entzwey schlüge / die Schrancken mit dem Schwerdte berührte / oder die Hand auf selbige legte / dem Andern in sein Schwerdt fiele / hielte / und den Streich auffienge / oder dem andern in das Gelencke inwendiges Armes hiebe / der sollte gleicher Gestalt keinen Danck haben / iedoch würde Ihm zugelassen / in der Folia das Schwerdt aus einer Hand in die andere zu verwechseln / und so er sein Schwerdt zerschlüge / sollte ihm vor- und in der Folia ein anders gegeben werden.
Zum Eilfften. Diejenigen / so sich zu nahe an die Schrancken macheten / dieselben mit dem Leibe berühren / oder so weit darvon stehen / daß ihn der ander nicht erreichen könte / wenn sie ihre Stösse / und Streiche vollbringen sollten / oder zurücke tretten / den Kopff / und Leib für dem Stoß / und Streich rückwerts ziehen würden / die sollten keinen Danck erlangen.
Zum Zwölfften. Wer seinen Spieß oder Schwerdt verliehre oder fallen ließe / dem sollte keine andere Wehre gegeben werden.
Zum Dreyzehenden. Wer mit dem Spieße / oder Schwerdte zur Erden gestoßen / oder geschlagen würde / der solte zu Turnieren diesmahl nicht wieder zu gelassen werden / und deren vor erlangten Stöße und Streich verlustiget seyn.
Zum Vierzehenden. Wann ein Mantenitor blos geschlagen würde / daß man an seiner Rüstung der besorglichen Gefahr halber bessern müste / und der Aventurierer seine verordnete Stöße und Streiche an ihm nicht vollbracht hätte / so sollte der ander Mantenitor vollends seine Stösse / und Streiche an sich vollbringen lassen / wann aber ein Aventurier [40] bloß geschlagen würde / so sollte derselbe ferner zu turnieren ausserhalb der Folia nicht zugelassen werden.
Zum Funffzehenden. Sollte in der Folia keinem nicht mehr als ein Spieß zugelassen werden / und keinem / welcher blosgeschlagen / oder einmahl abgetretten / hinwiederumb zun Schrancken zu kommen erlaubet seyu.
Zum Sechzehenden. Und wann zwischen den Mantenitoren und Aventu rierern etwas streitiges vorfiele / dasselbe sollte durch die Maestri di Campo denen Herren Judicierern zur Entscheidung / und deren Erkäntnis angezeiget werden.
(Däncke darhey.) Letzlich sollten die Däncke hierauf folgender maßen ausgetheilet werden / als:
1. Der Mantenitoren Danck.
2. Wer unter denen Aventurieren seine Levate mit dem Spiesse am zierlichsten und männlichsten gethan / der sollte nach Erkäntnis des Frauenzimmers den Zier- und Frauenzimmer-Danck zu gewarten haben.
3. Welcher unter den drey Spiessen die meisten am höchsten / zierlichsten und mannlichsten brechen würde / dem sollte der Spieß-Danck zuerkant werden / welchen die Herren Mantenitoren in denen ersten dreyen Stösen gleichfalls gewumen könten.
4. Der in denen fünff Streichen am tapffersten behändesten / und zierlichsten seine Streiche vollbrächte / dem sollte der Danck des Schwerdtes zuerkant werden / welchen in den ersten fünff Streichen auch die Mantenitoren gewinnen könten.
5. Wer in der Folia am tapffersten / und längsten ohne Abtrettung sich halten würde / sollte den Folia-Danck darvon tragen.
6. Derjenige / so unter denen Aventurierern am besten gerüft und geputzt auf dem Turnier-Platz erscheinen würde / sollte den Rüst-Danck haben.
(Des Quintan- oder Kopff-Kennens-Artickel.) Was aber eigentlich das Quintan- oder Kopff-Kennen anbelanget so hat man sich hierüber am 5. Novembris 1662. in der Churfürstlichen Sächsischen Residentz-Stadt Dresden auch solgender Artickel gebraucht / als:
1. Eine jede Parthey so hierzu zugelassen / sollte auf die Bahn vermasquet ziehen / und keine ohne Mascera, und Handschuch zum Rennen zugelassen werden / auch in der Ordnung / wie sie aufgezogen / wiederumb abziehen / und mit einem schutmässigen Pferde versehen seyn.
2. Keiner sollte sich einer andern Lantze gebrauchen / als die denen Herren Judicierern seiner Parthey vorhero zu sehen praesentiret worden.
3. Ein jeder Aventurier sollte seine vier Carriere mit vollem Lauffe des Rosses nach beyden Quintanen auff eine jede zwey / und also wechsels-weise vier Carriere thun / seine Lantze zierlich von oben herein zum Truffen führen / einlegen / und wohl schrencken / und in diesem Carriera die Rosse nicht wechseln / es müste dann aus erheblichen Ursachen geschehen / so durch die Maestri di Campo denen Herren Judicierern anzumelden / zu deren Erkänmis es gestellet würde.
4. So einer in der Carriera, die Haubt-Zier / Seiten-Wehr / oder Sporn verliehre / oder Biegel-los würde / ingleichen so Ihme das Haubt-Gestelle / Mund-Stücke / Steigleder / bräche oder reisse / dem sollte in solcher Carriera kein Treffen passirt werden / de er aber mit dem Pferde stürtz [41] te / und die Quintana träfe / so solte es bey der Herren Judicirer Erkäntnis stehen.
5. Wer die Quintana anrührete / und die Lantze nicht bräche / oder auf dem Rumpff an die Schrancken / oder in die Erde rennete / oder auch die Lantze knickte / und dergestalt die Crone nachhienge / dem solte nicht unbillich solche Carriera passieret werden.
6. Welcher die Quintana am zierlichsten und am höchsten vom Kopfe an / biß auf das rechte Auge / dem Renner uf der lincken Seite zu / treffen würde / dem sollten dreye / in dem lincken Auge aber / dem Renner auf der rechten Hand zu zwey / auf der Stirne anderthalbes / von dem Auge aber bis auf die Nase / Maul und Kien / und so viel der Circkel in sich begreifft / Eins geschrieben werden / da auch der Circkel / welches Orts er auch wäre / nur gebrochen würde / sollte dasselbe Treffen passiren.
7. Bey der Folia solten einem iedweden vier Lantzen zu brechen gegeben / und dann / so selbige gebrochen / vier andere gereicht und damit so lange continuiret werden / bis kein anderer / so die Lantze in gleicher Anzahl gebrochen / auf dem Platz sey / gestalt dann diejenigen / welche nicht so viel Lantzen gebrochen / abgehen sollten.
8. Und damit sich die Herren Judicirer nach Einem und dem Andern desto besser zu richten / so wäre der Kopff an der Quintana zusambt dem Circkel / und wie es mit dem Treffen zu verstehen / abgerissen / und auf dem Judicir-Hause zu befinden.
9. Es sollten auch die Crönel an den Lantzen umb die Treffen desto genauer zu erkennen / bey allen Carrieren jedesmahl wiederumb weis bestrichen werden.
(Erklärung der Herolden Ambt.) Zu diesem und dergleichen Ritter-Spielen gehören nun auch die Herolden: Vordessen nennete man sie nach der Teutschen Sprache zu reden / Ehren-Holden das ist / die aller Ehre hold und geneigt weren / und bey den Römern Feciales, welche man zu Kriegs- und Friedens-Zeiten gebrauchte. Denn wann sie ein- oder das andere Königreich anzugreiffen / oder von Ihnen eine wichtige Sache abzufordern vermeineten / schickten sie vorhero dieselbigen dahin. Ihr Amptbestunde in deme / daß / ob sie schon nicht von Adel / dennoch gutes Gerüchts / wahrhafftig / und eines untadelhafften Wesens seyn musten. Sie wohneten / wie noch heutiges Tages / denen Keyserlichen und Königlichen Crönungen / Chur- und Fürstlichen Belehnungen bey / gaben acht auf alle gute Ordnungen / Insignia und Wapen / (Thom. Miles de nobilit. polit, & civil.) und schlugen die in die Acht Erklärten öffentlich an. Insonderheit führet man auch ihren Nahmen von dem Worte Heer-alt her / das ist / welche sich gleichsam in dem Krieges-Heere alt und verdient gemacht / und die man hernach zu Vollziehung allerhand Keyserlicher Befehliche / und anderer Reichs-Begäbnissen gebrauchet / auch mit der Freyheit / Wapen zu geben / begnädiget hat.
Daß aber dieses ein altes Ambt und Herkommen seyn müsse / erscheinet (Garzonella Piaza univers. de digcors. 77.) aus dieser ihrer unter andern gehabten Freyheit. Denn als Bacchus Indien bezwungen / und Er dieselben Einwohner unter sein Ioch der Dienstbarkeit gebracht / hat Er die Herolden mit diesen Worten eingesetzet: Ich defreye euch nunmehro von allen Krieges-Lasten / und will haben / daß man Euch hinführo Heröes und Milites veteranos nenne. Euere Verrichtungen sollen seyn / daß ihr dem gemeinen Wesen alle hülffliche Hand biethet / die Bösen abstraffet / die Ehrlichen beschützet / und die Frommen bey Ehren erhaltet: Wo ihr hinkommet / sollet [42] ihr freyen Unterhalt haben: Jedermann soll Euch ehren / und Glauben zustellen. Und dafern ihr hierbey keinen Betrug / Hinterlist / noch Falschheit begehet / so sollet ihr auch alle diejenigen / so entweder ehrlichen Weibesbildern Ubels nachreden / schmähen und schänden / oder fonst vor sich ein böses und ärgerliches Leben führen / Ehr- und Wehr-loß machen. Niemand soll Euch zu Wasser und Lande aufhalten / sondern ihr sollet wohnen und hinziehen / wo es Euch beliebet / und dafern sich auch an Euch / oder denen Eurigen / Einer / oder der Ander mit Gewaltthätigkeit vergreiffen möchte / derselbe soll mit (Thueydides ex Xenophonte.) dem Schwerdt gestrafft werden. Zu solchem Privilegio setzte auch Alexander Magnus dieses hinzu / und verordnete: daß denenselben allenthalben Gold / Purpur / Königliche Kleider / und Waffen zu tragen erlaubet / und wer sich an Ihnen mit Worten / oder in der That vergriffe / der sollte aller seiner Güter / und des Lebens verlustiget seyn. Heutiges Tages / wenn bey hohen Keyserlichen und Königlichen / Chur- und Fürstlichen Zusammenkunfften die angestellten Ritterspiele vor die Hand genommen werden / so muß der Herold in seiner Herolds-Tracht des Tages vorhero / wie hier auch bey dem vorhergehenden Ritterspiel geschehen / oder denselbigen Tag / wenn das Ritterspiel angehet / auf öffentlichen Plätzen / und auf der Rennbahne die hierzu verfertigten Cartelle und Artickel nebenst denen Trompetern und Pauckern publiciren / damit sich ein jeder Cavallier, der demselben beywohnen will / wie die Treffen gelten / was man darbey durch die vorgehende Fehler für Verlust und Schaden zu gewarten haben / und wie die Däncke nacheinander ausgetheilet werden sollen / darnach richten könne / inmassen dann solches alles durch ihn nicht nur / wie gedacht / öffentlich abgelesen / sondern auch auf eine Tafel an die Renn-Bahne / oder Judicir-Hause / damit gleicher Gestalt die Herren Judicirer darnach zu urtheilen / und die Gewinste hierzu einzutheilen haben / angeschlagen wird.
Sobald bemeldter Herold zum Ring-Rennen ausreitet / geschiehet solches aus dem Schloße oder Burg desjenigen Potentatens und Herrns / der das Ritterspiel ausgeschrieben: Vor Ihm reitet her / wie es auch bey denn gegenwärtigen Rinck- und Quintan- Rennen gehalten worden / ein Heerpaucker / welchem etliche Trompeter folgen: Der Paucker schlägt im Reiten stets den Zug oder March: Auf die Trompeter folget der Herold / neben welchem zweene oder mehr Diener zu Fuße gehen / oder wie sonst gebräuchlich / hinten nachreiten. Wann sie nun auf die offentlichen Strassen oder Plätze kommen / schliessen die Trompeter und Heerpaucker einen Creyß umb den Heerold / blasen zwey oder dreymahl eine Entrada, wornach der Herold die Cartelle und Artickel mit lauter Stimme ablieset / da dann wieder geblasen / fort marchiret / und auf den andern Plätzen gleichfalls also gebahret wird.
Nach diesem muß der Herold beydes bey dem Ring-Rennen als Fuß-Turnieren sich in dem Judicir-Hause / bey denen Mantenitorn befinden lassen / und Acht haben / daß wo einiger Disputat im Treffen und Rennen / oder anderer Irrthum vorgienge / er solchen denen Mantenitoren auf der Judicirer Gutachten zu remediren-hinterbringen / wie nicht weniger die Aufzüge / und insonderheit der Mantenitoren ersten Aufzug auf der Rennbahne auf- und abführen möge.
Seine Verrichtungen aber bey den Fuß-Turnieren ist diese / daß er in seinem Habite zu Fuße an unterschiedene Plätze marchire. Vorhero [43] gehen zweene Officirer von der Guardia zu Fuß / nebenst einem Troupp Piquenierer / etzliche Trommelschläger / und Pfeiffer / welche stets March schlagen. Denn folget der Herold / und auf ihn wieder so viel Piquenierer / oder Andere mit kurtzen Wehren / schließen umb ihn / wo er abkündiget / einen Creyß / und wann man die Artickel des Turniers verlesen / rühret man wieder die Spiele / und marchiret so dann wieder an den Orth / wohin Ordre zu gehen ertheilet. Dahero so gehet derselbe / wann zum Turnier-Platze die Mantenitoren aufziehen / vorher / giebet es im Judicier-Hause an / und verrichtet in übrigen / was Ihme zu thun oblieget. Aus welchen allen man nun siehet / wie nicht allein die Alten auf Tugend und Erbarkeit gegalten / sondern auch dieselbe mit Ehre belohnet / und die Laster mit Schanden bestrafft. Denn
Im Werck / und in der That obsiegen
ist Edler dann mit Worten kriegen /
Zweymahl man die gestillet findet /
Die man nach beyden überwindet.
(Adels Mißbrauch.) Heutiges Tages aber werden ihrer viel von Adel gefunden / die dergleichen scharffe Gesetze weder wissen / oder da sie solche gleich lesen / für verächtlich / lächerlich / und nichtig halten. Diejenigen sind nicht weniger Adels / welche durch ihre Tugenden der Posterität den Adel erwerben / als die / so solchen von ihren Eltern am Geblüte ererbet haben. Darumb heist es:
Frommheit / weise / klug / und milde /
dienet zu des Adels Schilde.
Dahero so ist auch Adel ohne Verstand nichts als ein Schatten und Schein / Verstand aber ohne Adel macht auch Adel. Viel wollen für Edel gehalten seyn / und ist doch nichts als Unedles an Ihnen. Und gleichwie die Indianer nur die für Edel achten / welche große und lange Nägel an den Fingern: Also vermeinen auch offtermahls Etliche / als daß Fressen und Sauffen / Huren / Buben / Balgen / Betriegen / Trotzen / Pralen / und Stutzen / die Eigenschafft eines von Geburth Edlen sey. Wann nun deme also / so dürffte das Wort Turnier sich nur auff obige Laster / und nicht vielmehr auff einen Turnier / das ist / unverdrossenen / tummelhafftigen / wackern und frischen Kerl / der sich in ritterlichen Thaten wohl geübet hat / beziehen.
(Was Adel sey.) Wenn der Adler siehet / daß seine Jungen groß / so läst er sie in die Sonner schauen / vermögen sie das zu thun / so behält er sie / als seiner Art; thun sie es aber nicht / so stöst er sie aus den Nesten: Die vor und nachgehenden adelichen Auffzüge geben uns auch vom Adelichen Leben und Tugenden zu reden Anlaß. Der rechte Adel bestehet in der Tugend / und hat seinen Ursprung von herrlichen und berühmten Thaten. Vor Alters waren nur die von Adel / welche sich entweder im Kriege / oder andern rühmlichen Verrichtungen weißlich erwiesen. Heutiges Tages sind die insonderheit edel / so vom Stamme edel gebohren / es mag zuweilen die Tugend stecken wo sie will. Die Welt gebraucht zum öfftern ihren Verstand zum Bösen / und will das Böse dardurch gut machen / indem sie sich aber dasselbe zu vollziehen unterstehet / so findet sie mehr Böses als Gutes: Der meiste Theil der Menschen will ehrlich seyn / da doch vielmahls Einer und der Ander nicht weis was ehrlich ist. Alldieweiln man [44] nun oben von dem Ritterlichen Uhrsprunge und was dem anhängig / gedacht. So wollen wir auch des Adels Uhrsprung und seine Beschaffenheit (Spangenberg. l. p. 2. l. c. 5.) mit wenigen berühren. Der Adel an sich selbst ist nichts anders als ein Vorzug / da man einen höher als den andern hält / es geschehe gleich wegen der Geburth seines Geschlechts / erlangten Standes / hohen Ambtes / herrlicher Thaten vortrefflicher Künste / Ehre Reichthum / oder Vermögen. (Aristorl. l. 4. Poiit.) Und weiln diese alle Gaben Gottes: So ist auch der Adel Eine / welche dem Menschen wohl anständig. Es ist aber der Adel eine Tugend / die von den Vorfahren herrühret / oder eine solche Ehre / Nahme / Loh / und Ruhm / der entweder von seinen Eltern ererbet / und in guten Sitten bestehet / oder durch allerhand Ehre und Hoheit erlanget wird.
Der Philosophus Plato theilete denselben auf viererley Weise ein / und sagte: Daß der Eine von ehrlichen und unsträfflichen Eltern / der Ander von der Eltern auff sich gehabten Ehren-Stande / der Dritte von der Vorfahren tapffern Herden-Thaten / und der Vierdte durch sich Selbst entweder von den Künsten oder herrlichen Wissenschafften erzielet würde. (Felix. Malleol. 6. de Nobilit.) Desgleichen wird er auch genennet Naturalis, Parentalis, honestalis, virtualis, heroicalis, & supernaturalis.
(Erb. Adel.) Was aber denjenigen Adel / welchen man durch seiner Vorfahren tapfere Thaten und Tugenden ererbet / anreichet / so hat derselbe einen Vorzug vor andern / und ist solcher auch das beste Erbe / welche die Eltern den Kindern überlassen / woserne sie anders nicht aus dero Fußstapffen springen / und sich allein ihres Schildes / Wapens und Standes rühmen. Denn es soll ein jedes edles Gemüthe die Eigenschafft an sich haben / daß es sich ehrlicher Dinge befleißige. Gloria Hominis ex Honore patris sui: Der Mensch hat die Ehre von seinen Eltern. Verläst er nun dieselbe / so ist sein Stand ein Schatten. Der / so seinen Adel aus den Gräbern herfür suchet / und nichts adeliches an sich / der hat sich nichts mehr / als eines adelichen Nahmens zu rühmen. Denn wer sich durch seine Tugenden zum Edelmann macht / der ist mehr Lobens würdig / als der solchen von seinen Vorfahren ererbet.
Der zierlichste Helm / und das beste unbefleckte Schild ist die Tapfferkeit / die Demuth / die Gerechtigkeit / und der Verstand eines Menschen: Ihrer viel erheben sich / und wissen nicht / was der rechte Adel nach sich ziehe. Und gesetzt / wann er auch seine Geburth auff hundert tausend Glieder rechnete / und hielte die Weißheit / Kunst / Gottes Furcht / und Demuth nicht für den wahren Adel / so wäre er nichts bessers / als der elendeste Bettler: Das allersicherste / und beständigste Lob ist / daß man sich der Tugend edel zu werden befleißige. Von Geburth edel seyn / ist ein bloßer Titul / und es pfleget mancher vielmahls mit seinen Unterthanen eine grosse Verwandschafft zu haben.
Nachdem eines Tages die Pylii, so Griechische Völcker waren / beschlossen / daß sie dem Könige Theopompo göttliche Ehre erweisen wolten / weigerte sich dessen Theopompus, und sagte: Es brächte die Zeit mittelmässige Ehre mit sich / welche dieselbe bald wieder zernichtete. (Baldus L. 2. Cod. de Comment.) Nobilitas nihil aliud est, quàm habitus, Operatio??? Virtutis in Homine. Der rechte Adel ist nichts anders / als eine fähige Wirckung der Tugend in dem Menschen.
(Adels Uhrfprung.) Es ist aber derselbe dahero entsprungen / indem diejenigen / welche mit besonderen Tugenden ausgezieret gewesen / und sich im Kriege und Schlachten tapffer und ritterlich gehalten / auch umb das gemeine Va [45] terland durch guten Rath / vernünfftige Anschläge / Kunst / und Geschickligkeit von Keyser / Königen / Fürsten / und Herren / auch von einer gantzen (Limnaus de Jure public.) Reipubliq mit Nahmen / Schildern / Wapen / Helm / Wehr / und Waffen sind begnädiget / und also von andern unterschieden worden. Die Tugend führet ihre Belohnung mit sich / und die Ehre folget derselben / wie der Schatten dem Leibe. Woraus erhellet / daß diejenigen / so ihrer Vorfahren Wapen / Spieß / Helm / und Schwerdt ererbet / nicht eben edel / sondern die / welche ihre Hände in der Feinde Blut gefärbet / für andern herfür zuziehen.
Tugend ist der Ursprung alles Adels / und alle Geschlechter sind umb (Justus Seldan. in vitâ Davidis.) der Tugend willen geadelt worden. Denn wenn ein Ritter sich durch die Tapfferkeit / und ein Gelehrter durch seine Wissenschafft und Kunst herfürmachet / so ist der Adel ein Lorbeer-Crantz / mit welchem die Zeit alle Tugend - Erben becrönet. Ie edler eine Sache / ie eher kan sie beflecket werden. Die Natur machet nicht edel / wer aber von Natur edel ist / der soll seinen edlen Verstand behalten / damit sein Adel desto vollkommener werde. Fortes creantur Fortibus & Bonis. Tapffere Leute werden von Tapffern gezeuget: Kein Adel stirbt mit der Person. Dahero wenn man sich seiner Vorfahren löblichen Tugenden erinnert / so soll es ein Antrieb zu denenselbigen seyn. Ein Baum der wohl gepflantzet und gepfleget / unterläst nicht edle Früchte zu bringen. Wiewohl die Unart zu Zeiten sich auch dabey sehen lässet. Denn es heist: Heroum Filii Noxae. Wackerer Leute Kinder sind gleich einem Rauche / welche von einem hellgläntzenden Feuer aufgehen / und hernach verschwinden. Keyser Sigismundus sagte: Es adele kein Adel den Andern / es sey dann daß er sich durch die Tugend selbst adele. Denn welchen die Natur mit hohem Verstande / und Geschicklichkeit begabet / der ist ein rechter Edelmann: Klugheit und Tapfferkeit macht Einen bewaffnet / und Künheit ohne Verstand ist eine Narrheit. Bey den Römern wurden nur diejenigen edel genennet / deren Väter Bürgermeister / Baumeister / Censores oder Praetores waren. Gleichwie aber diejenigen edeln Gesteine / welche man in Gold fasset / für Andern einen viel herrlichern Glatz von sich geben. Also ist auch diejenige Tugend / wenn die edle Geburth darzu kömmet / viel vortrefflicher.
Die Waffen sind vor und an sich selbst ohne Würde / es sey dann / daß man dabey einen klugen Rath und kühne That mit gebraucht. Denn nimmermehr wären die berühmtesten Städte in der Welt / und unter andern Athen / Carthago und Rom / so hoch gestiegen / daß sie gantze Länder und Königreiche unter sich gebracht / wofern sie sich nicht der Waffen mit Vernunfft / Klugheit und heilsamen Rathschlägen bedienet hätten. Es ist aber / wie gedacht / der Adel unterschiedlich / und unter andern auch dreyerley / als: Nobilitas Naturae, Doctrinae, & Virtutis. Der Adel von Natur: Der / so aus der Geschicklichkeit herrühret / und der / welcher von Heroischen Thaten entspringet. Wernun in einem von diesen Dreyen excelliret / der führet billich den Nahmen eines Edlen. Denn gleichwie in der natur eine solche Ordnung gegründet / daß ein Geschöpffe immer höher als das andere gestellet / indem man siehet / wie der gestirnte Himmel über der Lufft / die Lufft über der Erde / die Erde über das / was sie in sich begreifft / desgleichen der Leue über die Thiere / und der Ad [46] ler über die Vögel: Also werden auch unter den Menschen Keyser / Könige / Fürsten / Herren / Grafen / und Adels - Genossen / wegen ihrer Vortrefflichkeit für Andern herfür gezogen. Dafern man aber den von den Eltern erworbenen Adel hindansetzet / so heist es wie der bekandte Poet saget:
(Opitius.) Wie nichtig ist doch hier den Adels-Nahmen führen?
Heist dieses nicht / sich nur mit fremden Federn zieren?
Wenn Adel einig heist von Eltern Edel seyn /
so putzet ihn hier aus ein ungeerbter Schein.
(Der gelehrte Adel. L. 2. ff. de Orig. Juris. in L. providen. C. de postulat. Syrach. 10.) Turpè est Patricio, & nobili Viro Jus ignorare. Es stehet einem von Adel übel an / wenn er zugleich nicht etwas von denen Rechten verstehet. Daß Kunst und Geschicklichkeit auch Edel mache / das bezeugen alle weltliche Rechte / und ist Adel der Kunst Tochter: Denn die Weißheit dessen / so von geringem Stande / bringet ihn zu Ehren / und setzet solchen zunechst dem Fürsten.
Es haben Potentaten ie und allewege die Gelehrten für Edel gehalten / sie zu ihren geheimbdsten Rathschlägen gezogen / und ihnen ihre Regierung mit anvertrauet. Welcher Gestalt vor Alters Könige (L. quidquid C. de Advocat. C. de Off. divers. Judic. 2. Sam. 8. 20. 1. Chron. 10. Jerem. 36. Liv. lib. 2.) und Fürsten die Gelehrten und Rechts-Verständigen geehret / das ist hin und wieder in den Rechten zu befinden. Bey dey Israelitischen Königen waren die Schrifftgelehrten am nechsten / und ihre vertrautesten Räthe: Die Persischen und Egyptischen Magi wurden von ihren Königen alle für Edel und in grossen Ansehen gehalten.
Der tapffere Römer Mutius Scaevola vermeinte nicht anders / als wäre derjenige Rath / den Er erstach / der König Porsena selbst / indem er demselben zur Seite saß: Dem herculi und denen Musen wurde zugleich ein Altar gewidmet / und der Pallas, als einer vermeinten Göttin des Krieges und der Weißheit / Schild und Helm angethan. Niemals wird der Krieg ohne die Weißheit angefangen / und niemals werden die Waffen entweder aufgeführet oder beygeleget / es sey dann / daß die Feder (Ambrosius de Benefic. 14.) darüber geurtheilet. Omnia ponderantur Prudentiâ, quae est Ars vivendi, & bellandi, ut Medicamen valetudinis: Alles in der Welt muß durch die Weißheit / und den Verstand / welche die Kunst zu leben / und zu kriegen weiset / als eine Artzney der Gesundheit überleget / und beobachtet werden. Die Aegyptier / wie in ihren Hieroglyphicis zu lesen / mahleten auf einen Königlichen Scepter ein Auge / wodurch sie der Gelehrten Verstand / welcher bey Fürsten und Herren / und in Regiments-(Reusn. Class. 3. Symb. 26. Lemmermann. in Idleâ Princip. Christ. c. 20.) Sachen angewendet werden müße / angezeiget. Keyser Rudolphus der Erste führete zu seinem Symbolo dieses: Regni Prudentia Custos: Die Weißheit ist des Reichs Hütte: Und Keyser Ferdinandus der Ander pflegte bey gehaltenen Rathschlagungen zu sagen: Es sey viel besser und sicherer / daß man seinen Gelehrten / ob es gleich nicht allemahl nach. Wunsche ablieffe / Beyfall gebe / als daß man seinem eigenen Gutachten folgete.
Die Lesung der Bücher / die Betrachtung der Geschichte: Die Erfahrung und Begreiffung der Stats - Händel weisen mehr als zu viel / wie ein König wohl regiere: wie ein Land auf das andere abgekommen. Was für Sitten und Gebräuche ausländische Völcker an sich / und mit was für Macht und Gewalt ihre angräntzende Nachbaren versehen: [47] gleichen / wie man seiner Feinde Betrug und List wahrnehmen: Wie man heilsame und kluge Consilia fassen: Wie man zu einem rechten tugendhafften Leben gelangen: Die Experienz, oder Erfahrenheit durch fleissige Betrachtung zuwege bringen / und die Erkäntnis eines jeden Dinges durch Ubung erlernen möge.
(Comminaeus l. 6. c. 11.) Als Ludovicus der Eilffte König in Franckreich / bey seiner angehenben Regierung seines Herrn Vatern getreue Räthe verließe / und sich an andere ungelehrte hengete / wurde er bey nahe von dem Königreiche verstossen / als er aber nunmehro sterben wollte / vermahnete er seinen Sohn Carolum, daß er keines weges nach seinem Tode seine alten Räthe verlassen / dero Rath folgen / und sich umb keiner geringen Veränderung willen in Leib und Lebens-Gefahr setzen möchte. Wenn der Mensch wegen der eiteln Ehre des Adels sich höher als Andere achten solte / so hätte GOTT nicht Könige und Fürsten hinter dem Pfluge oder von geringem Stamme hinweggenommen. Von einem Anfange kommen beydes Edle und Bauern her / und durch die Natur sind wir alle gleich / von der Ungleichheit aber rühret die Tugend her: Gelehrte kommen in es ist kein Stand so hoch / der nicht durch die Wissenschafft und Künste könne höher gemacht werden.
Dem berühmten Isocrati richtete man zu Ehren in der Stadt Olympia eine Statuam auff / desgleichen auch dem Demostheni, mit dieser Uberschrifft: Wenn Demosthenes seines Gleichen am Verstande / und Gaben des Gemüths bey seinem Leben gehabt / so hätte kein Macedonier über Griechenland geherrschet. Keyser Severus liebte die Gelehrten / und fürchtete sich auch zugleich / daß sie nichts Widriges von Ihme schrieben. Keyser Sigismund zoge auf dem Concilio zu Costentz dieselben dem ungelehrten Adel für. Alle Veränderungen verzehren das Glücke ohne allein die Kunst nicht. Und gleichwie die menschlichen Contrafaicte ben schönsten Denckmahlen zu vergleichen: Also sind auch die Wisenschafften des Adels beste Bildniße.
(Erworbener Adel.) Eine Ritterliche Hand muß viel Thaten thun / und zugleich auch viel ausstehen / ehe er die Staffel der Ehren erreichet: Die Wurtzel der Tugend ist bitter: die Früchte aber desto süsser. Man pfleget zwar zu sagen / es ist ein gewagtes Spiel / wenn man die Wohlfart des Landes auf die Spitze des Rappiers stellet / gleichwohl aber muß die Tapferkeit des Landes Wolfarth / die Freyheit und deroselben Recht und Gerechtigkeit handhaben. Ein edler Nahme ohne Mann ist nichts: Der Sarmatier Adel bestunde in den Waffen / und der Syrer und Aegyptier im Kriege / also wer sich darinne am tapffersten erwiese / der war der beste Geadelte. Der meiste Adel ist berührter massen bey allen Nationen dahero entstanden / indem man die / welche sich in Schlachten kühn und behertzt erwiesen / für Andern öffentlich gelobet / und in den (Chassanaens.) Adel-Stand gesetzet. Hernacher auch solcher auff ihre Kinder gestammet: Etliche sind der Gedancken / daß man den rechten Adel nirgend besser als durch den Krieg überkomme. Dann weiln man daselbst sein Leib und Leben in die Schantze geschlagen / und dasselbe zu Beförderung des Vaterlandes / seines Herrn und der Unterthanen Wohlfahrt anwenden müsse / so sey auch billich / daß man Edler als Andere sey.
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(Unser aller Anfang ist gleich.) Sonst ist nicht ohne / daß aller Menschen Anfang gleich: wir kommen alle von einem Vater / und von einem Fleische her / auch ist unser aller Vater / seinem leiblichen Wesen nach / aus einem Erden-Klose / und unser aller (Genes. c. 2.) Mutter aus einem Knochen gemacht. Wie hoch Adam für dem Fallle geadelt / ist bekandt / alldieweil er aber sich an seinem Adel-Stande nicht begnügte / sondern vermittelst der Hoffart nach höherer Hoheit und Gewalt stunde / verlohr er / nebenst seinem natürlichen Adel / auch die Herrschafft (Böetius l. 4. Pros. 3.) / und ward ein stinckender Sünden-Knecht. Denn was vom Guten abfäfft / oder aufhöret Gutes zu thun / dasselbe ist auch nicht das / was es war. Wir Menschen sind durch die Bosheit so verwandelt und untüchtig gemacht / daß wir fast nicht mehr würdig für Menschen zu achten / sondern für Bestien / nemlichen einen Geitzigen für einen Wolff / einen Betrüger für einen Fuchs / einen Tyrannen für einen Beeren / einen Fresser und Säuffer vor eine Saue / einen Lästerer für einen beissenden Hund / und einen Hurer für einen unkeuschen Tyger zu halten.
(2. Pet. 2. c.) Unser natürlicher Adel ist nunmehr nichts anders als daß wir in Sünden empfangen und gebohren / für GOtt Finsternis und Blindheit / und (Syrach.) daß man heute ein König und morgen todt sey: Die Materia, woraus wir gebohren werden / ist abscheulich: Traurig und frölich ist die Geburth: Mit Weinen / nackend und bloß kommen wir an die Lufft / und alles das Unglück so einem begegnet / wiederfähret auch dem Andern / uud eben die Kranckheit welche einen Bauer hinrichtet / kan auch einem König / Fürsten / Herrn / und Edlen begegnen: Einer muß so wohl als der andere des zeitlichen Todes sterben. Und ob gleich Einer für dem Andern an Stärcke / Gesundheit / Verstand / Geschicklichkeit / Schönheit / und Klugheit einen Vortheil zu haben scheinet: So rühren sie doch alle dem Ursprunge nach von einem Stamme her. So lange als Tugend unter einem Geschlechte grünet / so lange währet auch der Adel / sobald aber der Tugend-Baum verdorret / so ist es auch mit der Erb-Tugend / oder andern verliehenen und erworbenen Adel geschehen.
Als König Antigonus den Welt-klugen Bion Spott-weise fragte / woher erseinen Uhrsprung hätte / gab er ihm zur Antwort: Wer einen guten Schützen haben will / der muß nicht fragen / woher Er ist / oder von wessen Geschlechte er entsprungen / sondern / ob er auch wohl schiessen könne. (Sabellicus. Enncad. l. 6.) Keyser Macrinus riethe dem Römischen Senat, daß sie in Erwehlung eines Ober-Haubts nicht auf das stattliche Herkommen des Erb-Adels / fondern auff einen solchen / der seinen Adel durch Ruhm und Ehre selbsten herfür zu bringen vermöchte / sehen solten. Der Römische König Romulus ward von einer Vestalischen Jungfrau gebohren / von einer Nahmens Lupa gesäuget / und durch seine Mannheit erhöhet: Der Perse-König Darius Hystaspis war ein Schild-Knecht: Der König in Egypten Ptolomaeus Lagus ein Lands-Knecht. König Eumenes in Cappadocien ein Schreiber / König Protarchus eines Krähmers Sohn: König Alynomus ein Kräuter-Mann. Hugo Capetus eines Metzgers Sohn: Der Tarter-König Tamerlanes ein Hirte / und Freybeuter. Keyser Bonosus eines Schulmeisters Sohn / und Keyser Mauritius ein leibeigener Knecht / und dies sind doch alle durch Tugend und ihre Krieges-Tapfferkeit zu der (Plinius l. 22 Gellius l. 5. c. 5.) höchsten Ehren-Staffel gestiegen. Die Römer beschenckten zu dem Ende die jenigen / welche sich mannlich verhielten mit Cräntzen / welche man Coronas gemmatas, aureas, vallares, murales, rostrales, civicas, und triumphales nennete / damit denen Trägen und Faulen eine Scham ein [49] gejaget / die tapffersten Gemüther aber dardurch zur Tugend aufgemuntert werden möchten. Die Macedonier hatten ein Gesetze / daß der / so in einer Schlacht keinen Feind erlegte / an statt der Straffe muste eine Halffter um den Leib tragen. Die Carthaginenser erlaubten einem ieden / der sich im Kriege wohl verhielte / so viel Cräntze zu tragen / als Er Schlachten beygewohnet / die alten Spanier aber richteten demjenigen / so viel Feinde er erleget / auch so viel Ehren-Seulen nach seinem Tode auf. Woraus man siehet / daß der meiste Adel von dem Kriegs-Wesen entsprossen. Alle Tapferkeit ist der Anfang wichtiger Sachen / und das Ende bezwinget auch das Glücke. Der Tugend Lob bestehet nicht in Worten / sondern in Wercken: Wer dieselbe aussäet / der erndtet einen unsterblichen Namen ein. Gleichwie aber nichts vortrefflichers / als der Kriegs-Adel: Also ist auch nichts schimpflichers / als Adel ohne Tugend. Denn sobald die Tugend verschwindet / so bald verleschet auch der Adel. Der ist ein rechter Rittersmann / welcher seinen Adel mit adelichen Tugenden erweiset / und die Jenigen irren gar sehr / welche dafür halten / daß die andern Menschen alle umb (2. Sam. 19.) deß Adels willen zu Knechten erschaffen. Als dort der Held David den streitbahren Amaza zum Feldherrn machte / ließ er ihm durch den Priester Zadock / und Abiathar sagen: Du sollt an Joabs statt für mir dein Lebenlang Feld-Hauptmann seyn: Das ist / du sollt so hoch geehret und geadelt seyn / als mein Vetter Joab niemahls gewesen ist. Und gleichwie die tapferen Helden eines Königreichs / oder Landes Fäuste und Hände sind / wormit sie die anderen Glieder des gemeinen ist auch nicht unbillich / daß sie für Edel geachtet werden. Weil derohalben der beste Adel nicht eben in der Geburth / sondern in tapferen Thaten bestehet / So sind die / die Edlesten / welche sich wolanständiger Sitten un̅ allerhand löblicher Thaten befleissige̅.
Denn wenn das Helden-Blut sich in den Adern regt /
So weicht die Zärtlichkeit: Der Arm / die blancke Waffen /
die schwingen sich empor / und machen viel zu schaffen /
mit dem / wodurch den Feind man aus dem Felde schlägt.
Da hört ein Held alsdann / was Ihm die Ehr einträgt /
Die Fahnen fliegen frey: Der Feind macht Ihm zu schaffen:
Die Stücken lösen sich / die Falkonetten paffen /
bis daß den Palmen-Krantz Er die Haare legt.
Der Tugend-Adel ist weiter nicht erblich / es sey dann / daß die Kinder ihren Eltern (Tugend-Adel.) an Vortrefflichkeit / Verstande und Erfahrenheit nachschlagen: Denn gleichwie man durch seine eigene Tugend und Redlichkeit viel wichtigere Dinge zum Nutzen des gemeinen Wesens vollbringet: Also verursachen auch solche / daß man für Andern herfürgezogen (August. l. 5. de Civ. Dei. c. 12.) / und geehret wird. Die Römer baueten zweene Tempel nebeneinander / nämlich Einen der Tugend / und den andern der Ehre zu gefallen / also / daß / wer in den Tempel der Ehre kommen wollte / vorhero durch den Tugend-Tempel gehen muste / wodurch sie zu erkennen gaben / daß der / so geehret und geadelt seyn wollte / sich zuvor eines Tugendhafften Lebens befleissigen müste. Die Ehre ist der Tugend Lohn: (Solinus in Polyhistor. c. 66. Livius lib. 1.) Wenn man vorzeiten in der Insul Taprobana einen König erwehlete / so sahe man nicht auf sein altes Geschlechte / sondern auf sein erbahres Leben / sittsahmes Gemühte und guten Verstand. Wer vordessen zu Rom erbar und tugendhafftig war / der kunte bald Edel werden. Niemand ist unedel / ohne der / welcher den Lastern anhänget / und nicht bedencket / worzu erschaffen; Es ist nichts ungereimters / wenn man sich seines Adels rühmet / und hat keine Adeliche Tugenden noch höffliche Geberden an sich. Als dem Römischen Bürgermeister Ciceroni von dem Sallustio vorgeworffen wurde / daß er aus keinem adelichen Geschlechte entsprungen / antwortete ihm derselbe also: Ich habe durch mein erbares Leben und Tugendhaffte Thaten mein Geschlechte der gestalt erleuchtet und geadelt / daß / ob schon vormahls meine Vorfahren nicht bekannt / sie nunmehro von mir auch in der Erde nahmhafftig / und beruffen wer [50] den / da hingegen du mit deinem unerbaren Leben deiner Vorfahren ehrlichen Nahmen beflecket / und sie durch deine Leichtfertigkeit aus dem Gedächtnüsse der Menschen gebrachthast. Denn es ist mir lieber / daß ich durch meine eigene Thaten zu hohen Ehren gestiege̅ / als daß ich mich unwürdig meiner Vor-Eltern Adel berühmen sollte. (Tiraqvellus.) Der Poet Codrus aber urtheilet von solchem Adel dieses:
??? Sint tibi Rex, & Regina Parentes,
& maneat virtus pectore nulla tuo,
Nonpluris faciam te, quam tibi Rustica Mater,
Si sit, & ignarus Rusticus ipse Pater.
Es mag gleich in dir seyn ein Königliche Geblüte / mühte /
so kan man an dir doch ersehen kein Geträgst.
Das Zucht und Ehre hegt: An statt du Tugend hegst
so ist der Bauer der / den du im Nacken
(Plutarchus.) Es ist ein schlechter Adel / da Einer allein nur Schild und Wapen / und sein erbliches Geschlechte auffzuweisen verwag; Der aber ist viel herrlicher / welcher Ihm durch redliche und löbliche Thaten einen unsterblichen Nahmen zu wege bringet. (Platin. in Dial. de verâ Nobilit.) Deß rechten Adels Eigenschafft ist dem Guten nachsetzen / dem Nechsten Gutes thun / den Wollüsten und Begierden nicht nachahmen / und sich für dem schnöden Geitz hüten. Denn wer das thut / derselbe ist / ob er gleich von geringen Leuten gebohren / und Geschlechts halber nicht Adel / dennoch seiner Verdienste und Tugend wegen für Edel zu achten: Vir optimus non uti???ue potest esse ignobilis. Bleibet dahero (Anderer Adel.) darbey: Ein redlicher Mann kan nicht unedel seyn. Es rühret aber auch der Adel von anderen herrlichen Thaten her / als daß Einer von guten und Ehrlichen Eltern erziehlet / von einem untadelhafften Geschlechte gebohren / und an Ehren / Aembtern und Tituln zu genommen. Denn es ist nicht ein edler und geringer Schatz / wenn einer solche Eltern gehabt / die man in hohen Ehren gehalten / und denen man alles gutes nachrühmet / deßgleichen von grossen Vermögen / Güthern und stattliche̅ Einkünfften. Et genus, & Formam Regina Pecunia donat.
Nur Gut und Geld macht in der Welt /
Daß man sich auch für Adel hält.
(Gvevara 2. p. Epist. c. 4.) Wer vor diesen gehling herfür stieg / und reich wurde / den hielte man zwar für reich / nicht aber für Edel. Anietzo ist der Jenige Adel / qui est Generosus, seu nobilis ex Crumena. Der viel Geld im Beutel hat: man Geld / so ist man ein Held / Edel / Veste und hochgeachtet / ob man gleich die Ohren eher als den Verstand erblicket. Hat man Geld / so wird man in ein statlich Geschlechte auffgenommen: Ist man reich / so bekömmt man viel Schwäger: Geld ist die Welt / und bey dem Gelde lernet man die Welt kennen. Zwo Persohnen sind in einem Wesen / und die Dritte ist die Thorheit: Estote nobiles, sagt man zu denen / welche geadelt werden / sie mögen gleich so grob seyn / als sie wollen / wenn es nur heist:
Nobilis est ille, qvem nobilitat sua villa
Der soll / und muß auch seyn ein rechter Edelman̅ / wehm sein Vermögen nur zum Edlen machen kan.
Alle Reiche bedüncken sich Edel zu seyn. Und gleichwie das Armuth einem die Hinter Thüre (Syrach. 13.) weiset. Also bringet Reichthum alles mit sich. Wenn der Reiche redet / so schweiget Jederman / vn̅ hebt Ihn gleichsam gen Himmel / wenn aber der Arme redet / so sagt man: Wer ist dieser? Die alten Philosophi hielten das für ein rechtes Reichthum / wenn man von denen Vorfahren zugleich Geld und Guth / und denn auch Ehre und Tugend ererbete. Es ist nicht zu leugnen / daß ob gleich das Reichthum nicht adele / so giebet es doch hierzu eine gute Beförderung. Denn gleichwie man in Bestellung der Aembter die Edlen denen Unedlen und gemeinem Manne vorziehet. Also wird auch dißfalls zwischen Reichen und Armen ein Unterscheid gemacht. Den̅ wer in hohen Ehrenstande lebet / und ist reich / der kan Andern mehr (Alexand ab Alex. l. a. c. 29.) geben / als Einer / der sich selbst kümmerlich behelffen muß. Bey den Atheniensern wurde keiner zu keinen Ehren-Ambte gelassen / Er hatte denn eine gesetzte Summa von gewissen Güthern. Zu Rom nahm man keinen in den Raths-Stand / wofern sich sein Vermögen nicht auf 30000. Cronen erstreckte: Zwey Dinge / sagt Cicero, sind / welche den Menschen wider die Erbarkeit verleiten / nehmlich das grosse Armuth / und der unersättliche Geitz. Reichthum ist beydes zu loben / und zu schelten. Guth macht Ubermuth / das Ehrliche Reichthum aber ist ein Geschencke des Höchsten. Zum Beschluß / so findet man auch anderen verliehenen Adel / welcher / wenn er voll Tugend / nicht zu verwerffen. Denn wenn die Stam̅- Wurtzel desselben gut / so können auch die Früchte nicht böse seyn.
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Genauere
Erklärung
Uber
Der sieben Planeten
Und
Des Nimrods Rufzug /
Auch was unter selbigem Welt-Donarchen / und seinen im Reiche nachgefolgeten
36. Häubtern /
so wohlan geist-als weltlichen Dingen denckwürdiges fürgegangen: Ingleichen von allerhand Materien / und zur Moralität dienenden Sachen.
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(Alle Dinge in der Welt haben ihre Veränderung.) ADIe Welt ist nichts anders / als ein Schauplatz / darinnen man der Eitelkeit spielet: Etliche treten auf / und Etliche gehen ab / Andere aber fangen an / wo es die vorigen gelassen / und halten in allen die für lauffenden Umbstände / dieses irdischen Bezirks / als Reichthumb / Klugheit / Gewalt / Hoheit und Ehre / als gleichsam Olympische Spiele: Etliche zerbrechen darüber den Hals: Etliche erlangen Sie / und wenn Sie dieselben genugsam besessen / so heisst es: Dieses alles ist ein Schema, ein Schatten / und vergängliches wesen. Dahero bestehet alles nicht / ohne das ewige beständige Guth. Und dieses hat uns auch der Durchlauchtigste Chur-Fürst zu Sachsen sc. Durch den Aufzug des Nimrods gar weißlich abbilden lassen / wie eitel und vergänglich nämlich die weltliche Herrlichkeit / Pracht und Ehre / und dann auch die Beschaffenheit der Menschen / im (Marcus Cicero.) Wandel / Leben / Sitten / Lastern / Fehlern / und Tugenden sey. Denn die Lust dieses Lebens bestehet mehr in der Begierde / als Geniessung derselbigen / und ie höher die Einbildung / ie weniger die Lust etwas zu leisten vermag.
(AEneas Sylvius.) Die Feciales, und Herolden / welche wie gedacht / deßwegen von den alten Königen und Keysern mit besonderen Freyheiten begabet / und (Carolus Sigonius l. 2. de antiqvo Jure Civil. Roman.) dahero vor Alters aller Beschwerungen entübriget / ingleichen die Trompeter und Paucker / so im Kriege entweder zum Aussitzen / zum marchiren / zur Abwechselung / zum Stillhalten / zum Lermen / zum Angriffe / zur Schlacht / zum Abzuge / und auch zur Lust und Freude ihre Heer-Paucken / und Trompeten hören lassen / schlage / blasen / und ruffen allhier den Pöbel / welcher ohne dies zu neuen Sachen begierig / die Eitelkeit dieser Welt aus. Denn weil wir Menschen in- und mit der Welt tägliche Handlungen pflegen / so vergaffen wir uns an ihren Waaren / kauffen derselben ihren Spott ab / und geben uns ihr zu Leibeigene dahin. Wir erfreuen uns / wenn sie uns schmeichelt / hingegen wenn sie uns mit Güthern / Reichthume / Pracht / Ehre / Hoheit / Uppigkeit / Trägheit / und fleischlichen Lüsten genugsam geliebkoset / so wirfft Sie uns das Sünden-Garn über den Kopf: Die jenigen / welche die meiste Zeit in Bedienung / und Geniessung dieses Irdischen verzehren / scheiden endlich mit weinenden Augen darvon: Unser Wesen ist eine Scylla und Charybdis, darinnen der Menschen Hertzen ersauffen / es ist ein Spott / eine Vermäntelung der Laster / eine Galle der Tugenden / und ein Feind deß Guten. Nichts ist ohne Mühe / und nichts ohne Arbeit / nichts ohne Gefahr / und nichts ohne Beschwerung / das allerschwerste und grösseste aber / daß er nicht weiß / was er erkiesen / noch für was er sich hüten soll. In dem Armuthe lebet er verdrießlich / im Glücke tückisch / im Reichthum hochmüthig / im kriege aufgeblasen / und in dem Mittlern unersättlich: Alle Stände seynd verkehret; Es ist keiner ohne Ende: keiner ohne Reichthumb: keiner ohne Mühe: keiner ohne Gefahr: keiner ohne Feude / und keiner ohne Ruhe. Unser Vermögen nennet man Arbeit: Niemand weiß den Weg / welchen er vor sich gehet: Alles empfindet seine Veränderung. (Der Zeit Recht.) Und weil auch alle stunden und alle Tage derselben untergeben: So folget solcher die Zeit: Die Poeten geben vor / die Zeit sey unendlich / wäre [54] aus der Bewegung des Himmes erzeugt / und bedeute nichts anders / als Tag und Nacht: Der Tag wäre der Nacht ihr Mann / welcher des Abends in ihr Schlaff-Gemach gienge / sie aber befeuchte immittelst den Erdboden / damit er Ihn durch seine Krafft hinwieder erwärme / und dardurch alles Gewächse lebendig mache. Es ist aber die Zeit mehr als zu schnelle / so gar / daß sie eher verlaufft / als man sagenkan / daß Sie gegenwärtig sey: Ein ruhiger Mensch vermag in kurtzen viel Gutes zu stifften / und zu schaffen / ein Unruhiger aber viel Unglück und Ubels. Und ob gleich besagte Zeit alles verzehret / und mit ihr unser GOTT / der vor sich (Deo nihil vetustius, nihil vivacius. Plato.) ein ewiges und selb-ständiges Wesen / und durch seine Allmacht die Welt zusammt der Zeit mit höchster Weißheit erschaffen / alles dahin reisset; So verrichtet sie doch mehr als die aller gewaltigste Stärcke. Darumb man sie auch nicht unbillig in Gestalt eines Riesens / auf einem erhobenen Berge sitzende / vorgestellet; Diese lässet sich GOtt / als sein Uhrwerck / denen Irdischen nicht verrücken / sondern bleibet bey deme / was von Ewigkeit er beschlossen; Wen die Stunde trifft / der muß fort / un̅ wer durch die Sünde sich hier verab säumet / der hat dort keinen Platz: Der Sommer begehret nicht des Winters / und der Winter des Som̅ers: Viel leben in dem irrigen Wahn / daß das / was man erobert und beutet / was man durch Betrug und List an sich ziehet / was die Boßheit stifftet / warum Treu und Glaube erlischet / und man die Frömmigkeit und Gottesfurcht hindan setzet / der Zeit zuzuschreiben sey / man hat aber solches vielmehr grossen Potentaten / die dergleichen zu steuern vermögen / beyzumessen / Denn wie der Herr / als das Uhrwerck und seine Regierung beschaffen / Also ist auch (Cassiodorus.) der Länder und Unterthanen Wandel: Populi Securitas, est Ornatus Principis: Populorum Salus Gloria Principum: Haben die Unterthanen Ruhe / so stehet es wohl um den Fürsten: Ein ander / und bessers aber kan vor der Zeit gesagt werden:
Die Zeit reisst alles hin / was in der Welt entstehet /
Das Jahr verkehret sich / der strenge Frost vergehet:
Der kühle Lentz tritt ab: Der Tagentweicht der Nacht:
Den Sonnenstrahlen wird zum Früchten Raum gemacht:
So wandert alles hin / so streicht man auf- und nieder /
nur unsre Lebens-Krafft / die kehret hier nicht wieder /
Die Tugend aber / so den Göttern gleich geacht /
Macht / daß die Sterblichkeit das Sterbliche veracht.
(Gvevar. in Horol Princip. 2. p. c. 23.) Etliche der Menschen halten dieses für die beste Zeit / darinne es ihnen wohlgehe / und hingegen die für die böseste / in welcher es ihnen übel gehet: Die jenige aber ist die beste / die zu den Tugenden / die böseste aber / so an die Laster verwendet wird. Denn die Zeit ist einerley / die Manschen aber (Juxta Aristor.) sind zu einer Zeit frömmer / und böser als zur andern. Es ist aber solche nicht anders als eine Zahl oder gewisse Bewegung des obersten Him̅lischen Cörpers / so man primum Mobile nennet / und die Sonne mit sich vom Aufgang bis zum Niedergange führet / woraus ein natürlicher Tag entstehet. Daß sie aber in Gestalt eines Riesen abgebildet / geschiehet darum / weil unter ihr alles vorläufft / was in der Welt an Macht / Gewalt / Stärcke / Grausamkeit / Ubels und Gutes gestifftet wird.
(Der Jahres Zeiten Eintheilung.) Das Jahr wird auf dreyerley Weise eingetheilet / nehmlich / in das Grosse oder Platonische / in das Sonnen- und Monden-Jahr. Das Platonische soll sechs und dreyssig tausend / oder neun- und vierzig [55] tausend Sonnen-Jahre in sich begreiffen / welche man an seinen Ort stellet: Das Sonnen-Jahr ist die Zeit / in welcher die Sonne den ganzen Zodiacum, oder Thier-Creiß / und | alle zwölff himmlische Zeichen durchläufft / biß sie wieder zu ihrem Puncte kommt / von welchem sie ihren Anfang genommen / welches in 365. Tagen / 5. Stunden / 49. Minuten (Alphons???.) / und 16. Secunden geschiehet: Das Monden-Jahr aber ist gleicher Gestalt eine solche Zeit / darinnen der Mond / welcher seinen eigenen Lauff hat / in 27. Tagen / 7. Stunden / 24. Minuten / und 5. Secunden, itztgedachten Zodiacum durchstreicht / gestalt man auch die Zeit ein Monden-Jahr nennet: welche zwischen beyden Conjunctionen des Mondens mit der Sonnen vorläufft / wie auch die gantze Zeit der 12. Mondenscheine / welche 355. Tage in sich hält. Die Babylonier rechneten einen Tag / wenn die Sonne zweymahl aufgangen; die Umbri von Mittag biß wieder auf den Mittag: Die Athenienser wenn die Sonne zweymahl untergangen: die Römischen Priester / Aegypter / und Hipparchus von Mitternacht bis wieder dahin / der gemeine Mann aber vom Tage bis in die Nacht. Die Jahre aber sind bey etlichen Völckern unterschiedlich gewesen / denn die Römer rechneten zur Zeit ihres Königes deß Romulinur zehen Monate für ein Jahr: Numa Pompilius, setzte zwey Monate (Florus l. 1.) / als den Januarium und Februarium hinzu: Die Arcades hatten (Plinius l. 7.) drey Monate in einem Jahre: Die Aegyptier sechse: Die Iberi viere: Die Lavinii dreyzehen: Die Acarnanes sechse. Bey den alten Persern / Griechen und Aegyptiern / fienge man das Jahr an mit dem AEqvinoctio (Julius Firmicus.) autumnali, wann im Herbste Tag und Nacht gleich: Bey den Arabern, wenn die Sonne im Löwen tratt: Bey den Alexandrinern zu Ende des Augusti: Bey den Römern im Januario, und bey den Astronomis im Martio. Der Januarius rühret her vom Jano, durch welchen etliche den ältesten König in Italien / Etliche die Sonne: Etliche aber den Patriarchen Noah verstehen / welcher gleichsam nach erfolgter Sündfluth hinter sich in die alte / un̅ nachgehends vorwerts in die neue Welt gesehen. Dahero man ihn auch mit zweye̅ Gesichtern abgebildet: Der Februarius aber von dem fegen: Fegopfern / und Versöhnung / alldieweil man ganzer zwölff Tage lang in demselben Monate Todten-Begängnüsse hielt / und für die Seelen der Verstorbenen Opfer anstellete / mit Fackeln und Wachs-Liechtern einhergienge / und alles auf das neue einweyhete / und reinigete / damit die Seelen der Verstorbenen Ruhe bekämen / weßwegen man diese Art des Opfers Ambarvale Februum, und Lustrale nennete. Martius führet (Varro.) den Namen von dem Kriegs-Gott Marte, des Romuli Vater. Aprilis hat den Namen von aperiendo, weil die Natur nunmehro das / was sie bishero in sich verschlossen gehlten / wieder herfür giebet / oder von der Aphrili (Ovid. l. 1. Fastor.) der Venere, welchen Monat man vorzeiten der Veneri zugeeignet. Majus, von den alten / oder von der Maja des Mercurii Mutter / qvae Genitum demittit ab alto: weis sie das / was sie gebieret / von der Höhe herab giebet. Junius von der Junone, welcher man in diesem Monat die gröste Ehre erwiesen. Julius wurde im Anfange Quintilis genennet / weil er damahls der fünffte in der Ordnung / wie auch der Augustus Sextilis, als man des Jahres nur zehen Monat rechnete / biß Sie zu Ehren der beyden ersten Römischen Kayser Julius und Augustus genannt wurden. Die anderen Monate aber / als der September, October, November, December, hat man nach der Ordnung der anderen eingetheilet. Unter andern hatte der Januarius zum Schutz-Gotte / oder Göttin den Ja [56] num, umd die Junonem: Februarius den Neptunum: Martius die Minervam: Aprilis die Venerem: Majus den Apollinem: Junius den Mercurium: Julius den Jovem: Augustus die Cererem: September den Vulcanum: October den Martem: November die Dianam: und December die Vestam: Woraus ein ieder kluger und verständiger zu urtheilen / wohin der Weisen Heiden ihre Philosophie gezielet. Was die vier Jahres-Zeiten in sich begreiffen / bedarff weniger Ausführung. Das Jahr wird / nach Isidori Meinung / Annus ab Annulo von einem Ringe hergeführet / alldieweiln es / wegen seiner revolution, und Herumwaltzung wie ein Circul ist / an welchem weder Anfang noch Ende zu sehen: Dahero der Poet saget:
(Virgilus.) Atq; in se sua per vestigia volvitur annus
Nur blos das werthe Jahr hält in sich seinen Lauff /
Denn wo essich anfängt / da hört es wieder auf.
Daß dieses aber in zwölff Monate / zwey und funffzig Wochen / 365. Tage / iede Woche in Sieben / ieden Tag in 24. Stunden / eine Stunde in 60. Minuten / eine Minute in 60. Secunden, die Secunde in 60. Tertzen / und so fort eingetheilet werden / wissen die Astronomi am besten / ingleichen dieses / wie der Frühling nach Astronomische Art seinen Anfang den 10. Martij, wann die Sonne den Circulum aequinoctialem erreichet / der Sommer den 11. Junij, der Herbst den 12. September, und der Winter den 11. Decembris gewinnet: Es werden aber diese 4. Zeiten nach den vier Theilendes Zodiaci in folgenden Versen beniehmet:
Zodiaci Caput est Aries, & veris & Anni:
AEstatis Cancer, Autumni pendula libra,
Incipit ex imò pluvialis Hyems Capricorno: das ist:
Im Widder fähet sich der schöne Frühling an /
Die Sonne weist im Krebs was sie auch nutzen kan.
Die Wage bringt den Herbst: der Winzer sucht den Karsten:
Der Steinbock reitzet an den Winter zu verharschten.
(Der Frühling.) Gleichwie aber GOTT die vier Elemente erschaffen: Also hat Er auch das Jahr in Vier Zeiten abgetheilet: unter welchen der annehmliche Frühling der erste / der sich mit dem Elemente deß Wassers vergleichet: Kein Element bestehet ohne das andere. Denn als Gott Himmel und Erden machte / theilete er die vier Elemente / Wasser / Erde / Lufft und Feuer voneinander / setzte ein iedes an seinen bestimmten Orth / und befestigte Sie dermassen / daß wo eines derselben ermangelte / das ganze Gebeude zu Grunde gehen müste. Das Wasser ist das jenige / welches die übrigen drey Elemente / und alle andere Elementarische Sachen aufhält / und durch welches alle Dinge erschaffen und gemachet werden: Die Erde bringet allerley Pflanzen hervor / welche nachmahls durch die Lufft ernehret / und von dem Feuer natürlich erwärmet werden: Die Natur kan ohne dieser viere ihrem Zuthun nichts verrichten / dieweiln zu dem Geschöpffe das Wasser die Feuchtigkeit / die Erde die Trockenheit / die Lufft die Kälte / und das Feuer die Wärme hergeben muß: Das oberste Element / das Feuer ist heiß und trocken / das Erdreich kalt und trocken / die zwey mittelsten aber die Lufft und Wasser sind feuchte / und haben Wärme und Kälte an sich. Denn die Lufft ist feucht und warm: Hingegen ist das Wasser kalt und feuchte. Wie derohalben das Wasser ein Uhrsprung aller Dinge: Also ist auch der Frühling ein Anfang der anderen Zeiten: In Ihme grünet die Erde / es bekleiden sich die schönsten [57] Blumen / die Bäume tragen Laub / Blüthen und Früchte / alle Kräuter kommen zu ihrem Wachsthume / die Vogel tragen zu Neste / legen Eyer / und hecken / die Fische leichen / und lässet sich hier alles Geschöpffe lustiger als zur andern Zeit ansehen / und wann er also die Welt gnugsam ausgeputzet / so tritt er sein Ambt wieder ab / und hinterlässet seinem Nachfolger das übrige zur Vollkommenheit / gestalt dann derselbe vollends in folgenden Versen abgebildet wird:
1.
Ich Frühling stutz in Silbern Stücken /
wenn mich mein Zephyr halst und küst;
Es muß mir durch das Jahre glücken /
Da alles bundt von Farben ist:
Ich selbst ernehre meine Jugend /
mein Crantz beut meine Wahren feil /
daß ich mir selbst den grösten Theil
muß dancken meiner guten Tugend.
2.
Rom hat in Ehren mich gehalten /
das mir ein sonders Fest gestifft:
der Winter läst mich nicht erkalten /
ob er gleich meine Kräuter trifft;
So blühen sie doch einsten wieder /
wenn sich die Sonne höher schwingt /
und durch die warme Gluth durchdringt /
Die Wurtzel meiner zarten Glieder.
3.
Bald liegt mein Thun mit Schnee bedecket /
bald aber findet sich die Zeit /
da es vom Tode wird erwecket /
und trägt ein neues Frühlings-Kleid.
Da pflantz ich neue Tulipanen
mit Tausend-schönen untermengt.
Bis sich der heisse Tag verlängt.
Und mit mir schwingt die Rosen-Fahnen.
4.
Mich rühmt das Lied der Nachtigallen /
ihr Thon kommt mir alleine zu /
man legt sich ihr dann zu gefallen
hin in das grüne Gras zur Ruh.
Ist iemahls eine Lust und Wonne /
die meine Gärten nur ergetzt /
so hat man sich durch mich geletzt /
bis nach dem Aufftritt heisser Sonne.
(Som̅er.) Diesem folget der güldene Sommer / welcher alles / was lebet / erwärmet / die Geburth der Thiere auf dem Erdboden / der Vogel unter dem Himmel / und der Fische im Meer befördert / und die Kräuter und Früchte zeitiget. Sein Element ist das Feuer / welches eines von denen leichtesten und reinesten. Und obwohl unser Feuer / dessen wir uns täglich bedienen / auch subtil und leichte / so ist es das Element selbsten doch nicht / alldieweil es vor sich nicht lauter / sondern von einer zugesetzten Materia, nämlich von der Lufft / durch die es sich stützet / bestehet. Das [58] Element deß Feuers aber ist so rein / und ohne Zusatz durchdringende / daß es auch ohne alle andere Farben durchsichtig den ersten Theil der Lufft erwärmet / und nebenst dem Himmel durch seine Influenz und Wirckung alle Dinge auf diesem grossen Welt-Gebäude erhält. Denn weil das Feuer hitzig und trocken / so ist es nützlich / daß es zu oberst gesetzet / damit es der Erde / wenn es ihr zu nahe stünde / nicht hinderlich fiele. Dannenhero auch GOTT der Allerhöchste zwischen diesen beyden zwey Scheids-Männer / nämlich die Lufft und das Wasser gestellet / aufdaß diese beyde Elementa nicht zusammen kommen können. Der sinnreiche Poet schreibet dieses von Ihm:
Die neu-erhitzte Lufft
fleucht in dem Golde her: Die grünen Felder reiffen:
Die Aehren beugensich: Die frohen Schnitter pfeiffen /
daß auch der Wiederschall den Wohlstand nach sich rufft.
Der Vogel leichtes Volck / singt durch die lautre Krufft:
Es kracht der düstre Wald: Der Fisch tritt aus den Teiffen:
Das weisse Hirten-Vieh geht häuffig Blätter streiffen:
Wenn in der obern Welt der Donner pafft und pufft.
Die Nymfen stehen auf von ihrer Morgen-Ruh /
und eilen Mittags nach den kühlen Schatten wieder;
Und wann die süsse Kost erqvicket ihre Glieder /
sotreibt die Heerde man im kühlen dann herzu?
(Herbst.) Nach diesen tritt der Herbst auf / welcher mittelmässiger als der Sommer ist. Und wie der Frühling ein Anfang deß Sommers / also beschleust der Herbst denselbigen / und macht dem traurigen Winter einen Anfang: Er ist seiner Eigenschafft nach trocken / und hat die Erde zu seinem Elemente. Den̅ unter Ihm sam̅let / man Früchte / die in dem Frülinge und Som̅er gewachsen man erndtet / man säet allerhand Getreidig / löset das süsse Getränke von den Reben / und füllet es in die Fässer / mit einem Worte es wäre dieser dem schönen Frühlinge nicht ungleich / woferne der Winter ihm nicht die Schue austrette. Dannenhero man Ihn auch mit diesen Worten herausserstreicht:
So setze du nun / Herbst / auf dein bethautes Haar /
auch deiner Früchte Cranz / die Lust ist angefangen /
Der Frühling ist vorbey / der Sommer fortgegangen /
komm / komm / und gib uns hier / was sonst vergessen war.
Dein frohes Winzer-Volck macht dich schon offenbahr /
warum verziehstu denn mit deinen braunen Wangen?
Laß deinen Epheu-Cranz auch unter uns herprangen /
wenn du uns Früchte bringst / so ists ein gutes Jahr.
So recht / du brichst herfür / und Bacchus auch mit dir /
die vollen Satyren / die dürstigen Silenen /
begehen hier dein Fest für allen Helden-Söhnen /
und tanzen ihren Tanz durch dieses Welt-Revier.
Gleichwie aber der Him̅el Gottes Wohnung: Also ist das Erdtreich denen Menschen und allen Thieren gewiedmet: Denn es empfähet uns / wenn wir gebohren werden / es ernehret und trägt uns / weil wir leben wen̅ aber das gesetzte Ziel vorbey / nim̅t es uns wieder in seinen Schoß / und behält unsere Cörper biß auf den Tag deß HERRN. Alle Elementa erzeigen sich gegen uns freundlich / das Wasser geusst sich gemachsam herab / [59] der Hagel zerschmeltzet / wenn er am gefährlichsten. Die Wellen hören auf / wenn sie am grausamsten getobet; Die Lufft vertreibet die Dicken Wolken: Alles stehet zu deß Erdreichs Diensten: Wer kan nun sein Reichthum aussprechen? Wer seine Fruchtbarkeit ausmessen / und wer den überaus trefflichen Nutzen ergründen?
(Winter.) Wenn nun diese dreye vorbey / so kommt der leidige Winter: Sein Element ist die Lufft / welche sehr leichte / und gleichwohl darbey ihren Zusatz hat. Denn wir bedienen uns keines Elements / das nicht seine Vermischung habe / die Erde hat ihre Wasser / das Wasser vermischt sich mit der Erde / die Lufft mit der Erde und dem Wasser / und das Feuer mit der Lufft / und so fort an. Die Lufft aber wird in drey unterschiedene Theile abgemessen / das Oberste / so zunechst dem Feuer / ist warm / welche Wärme theils von dem Gestirne / und dessen Umblauff / theils von dem Elemente des Feuers herrühret: Das mittelste ist sehr kalt / das unterste aber wegen reflexion und zurück fallenden Sonnen-Strahlen hinwieder warm: Denn ie näher die Sonne sich dem Zenith oder zu unsern Haupt-Puncte nahet / ie wärmer ist dieses Theilder Lufft / und hingegen / wann sie von uns abweichet / desto kälter. Was aber den Winter an sich selbst anlanget / so ist dessen Wirckung / sobald er in die Regierung tritt / böse und schädlich: Er beraubet die Erde und die Bäume aller Ihrer Zierde / Blumen / Blätter und Früchte: Die Erde wird wüste: Die bikken Nebel fallen ein: Die Wasser ergiessen sich: Der Schnee / die Kälte un̅ das Eis bricht häuffig herfür: Die Tage werden kurtz / und die Nächte lang: Alles siehet melancholisch und traurig aus: Dem Wasser wird / von Eise ein Harnisch angeleget: Die Thiere bleiben unfruchtbar und die Menschen gehen gleichsam halb unbeweglich daher / also daß man ferner nicht unrecht zu sagen hat:
Der Winter pfleget stets der Welt zu widerscheinen /
sein allzuharter Frost verschleusst in sich das Land:
Er raubt der Bäume Laub mit seiner kalten Hand /
und lässt den ganzen Forst in seinem Trauren weinen:
Er geusst die gröste Fluth nach denen düstren Haynen /
kehrt Feld und Wälder um / als wie ein grimmer Brand /
der über sich nur steigt / doch hält er diesem Stand /
der auf der Fahrt / und Spuhr nachstellt den wilden Schweinen.
Biß diesem nach die Lufft die Felder will aufschliessen /
die rauhe Kälte auch zu ihrem Ende geht /
und wiederum der Lentz für unsre Thüre steht /
da muß denn Schnee und Eis durch Wind und Fluth verfliessen.
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B. Nimrod
Der Erste Assyrichsche / oder Bahyloniche Monarche.
(A. M. 1718. Seth. Calvisius.) IN dieser Zeit nun / da sich die Menschen nach der Sündfluth wieder vermehreten / und die Laster mit Gewalt empor stiegen / that sich auch damahls Nimrod, so auch von andern Saturnus Babylonicus genannt / deß Noae Uhrenckell / Chams Enckell / und Chus Sohn / als ein behertzter und kühner Held in dem 131. Jahre nach gedachter Sündfluth herfür / brachte die Menschen durch Zwang unter sich / und nöthigte sie mit Härte und Schärffe (Mos. Gen. 10. v. 8) Städte und Länder zu bauen: Die Schrifft saget / Er fing an auff Erden mächtig zu werden / und war ein gewaltiger Jäger für dem HErrn: dieses verstehen etliche von seiner Tyranney / Bothmässigkeit und Hoffarth / Etliche aber weil er auf Geheiß und Befehl GOTTES die Form einer gewissen Regierung / oder vielmehr die Erste Monarchie auffgerichtet; Man hat aber allhier zwischen der Gewalt und Mißbrauch derselben einen Unterscheid zu machen / denn die königliche Gewalt deß Nimrods rührte von GOTT her. Alldieweil nun die Menge der Menschen zunahme / und das Väterliche Ansehen durch der Kinder Boßheit hinweg fiel / so verordnete GOTT der Menschlichen Gesellschafft einen Heer-Führer oder Fürsten / der nicht allein die Völcker in den Waffen übete / und ihnen gewisse Satzungen zu gehorsamen vorschriebe / sondern auch die / so andern mit Macht das Jhrige entziehen wollten / abstraffte / daß Er aber nachmahls der von GOTT ihme verliehenen Gewalt mißbrauchte (Babylonische Thurm. Gen. II. v. 3. 4.) / vor sich / und die Seinigen einen Stadt und Thurm / dessen Spitze bis an den Himmel reichen sollte / und damit Er darauf / im Fall sich wieder eine Sündfluth ereignete / für denen Wassern sicher seyn möchte / zu bauen / und dadurch bey denen Nachkommen einen unsterblichen Nahmen zu erwecken unterstund / auch mit Menschen grausamer Weise umgieng / und ihnen das Joch der Dienstbarkeit an Hals warff / wurde er deßhalben / nicht wegen seines Nahmens oder Tituls / sondern wegen seiner begangenen Verübung / ein Tyranne genennet.
(und die damahlige Sprachverwirrung. A. M. 1757.) Wir Menschen machen uns offters eine närrische Rechnung ausser GOTT; Kommt / sagte diese Gesellschafft / lasset uns eine Stadt bauen / und einen Thurm / dessen Spitze bis an den Himmel reichet. Die Hoffart pfleget auch die Vernunfft zu meistern / der erste Mensch wollte sich Gott gleichen. Diese aber wollen durch ihren Ehrgeitz seyn / wo GOtt wohnet: die höchsten Gebirge sind dem Donner und Blitze am nechsten unterworffen / und diese wollen sich mit Gewalt dem / welcher ein Rächer aller Vermessenheit ist / an die Seite setzen? Es war zwar ihre Meinung nicht / daß sie wollten Nachbarn deß Himmels seyn / sondern ihre Begierde trieb sie zur Ehrsucht / GOTT aber hatte ein besonderes Mißfallen an dieser Hoffarth / und damit Er sie mitten in ihrem Vorsatz aufhielte / so hinderte er sie weder an ihren Händen noch Füssen / sondern an ihrer Zunge: Es ward bey ihnen nichts mehr / als der Schall der Buchstaben verändert / welches das gantze Werck übern Hauffen warff / und die Arbeiter zu Narren machte; Denn einer schrie nach Ziegeln / Kalck / und Steinen /
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der ander sahe ihn an / verwunderte sich / was er für unbekannte Reden gebrauchte / brachte ihm an statt dieser materien ein anderes / und gab demselben hinwieder eine Antwort / die der ander so wenig / als er des vorigen verstunde. Ein ander zanckte sich mit einem andern / der Dritte aber hielt mit einem andern eine freundliche Unterredung / die doch keiner als Jeder vor sich selbst verstehen kunte. Anfangs dachte man es hiesse Spott / nachdem man aber die warhafftige Verwirrung inne ward / so erfolgte auf die Antwort ein blosses Stillschweigen / keiner kunte einen andern zu sich ruffen / den er verstanden / und weil letzlich ihr Vorfatz dadurch verhindert / so verlies einjeder seine Arbeit und Werckstatt mit eben der Thorheit / als man sie angefangen. Also pflegen ins gemein die Wercke des Ehrgeitzes / und welche die Hoffart vor die Hand genommen / mit Schmach / und Schande volendet zu werden.
(Plinius l. 6. c. 28.) Der Orth an sich selbst / allwo Nimrod seinen Königlichen Thron befestigte / war das lustige Land Sinear, welchem man vor Alters den Nahmen Chaldaea gegeben / welches in der Landschafft des grossen Asien zwischen der Tieger und dem Euphrat lieget / gestalt denn hernacher Chaldaea (Mich. 5. v. 6) das Land Nimrod, und die Könige zu Babel Chaldoeische Könige genennet wurden. Der Anfang seines Reichs war Babel / welche er zu bauen anfieng / und nach dieser die festen Städte Erech, Accad, und Calne. Daß er aber grosse und gewaltige Kriege müsse geführet haben / ist ausser Zweifel. Denn er bestättigte sein Reich nicht allein durch die Waffen / sondern er beschützte (Uhrheber des Krieges.) auch das / was er mit dem Schwerdte erlangete. Und gleichwie die Menschen gar schwerlich an das Joch der Diestbarkeit giengen / und sich öffters desselbigen zu entbrechen bemüheten: Also bezwang er sie doch mit Gewalt / sie wolten gleich oder nicht / gestalt er auch in dem 45sten Jahre (Sleidanus l. de 4. Monarch.) Reichs die Fürsten Assur, Medum, Magogum, und Moscum mit einem Kriegesheer in unterschiedene Oerter ausschickte / daß sie in seinem Nhamen die Länder Assyrien / Meden / Scyten und Moscovien erbaueten / welche alle Jhn für den grösten Monarchen erkenneten / biß sie nach langen Zeiten der Dienstbarkeit satt / und von denen Nachkommen abfielen. Es (Monarchie was sie sey.) werden aber unter dieser Monarchie nicht alle Länder der Welt verstanden / sondern weil dieselbe einen solchen Theil von Land und Leuten unter sich gehabt / daß sie mit ihrer Macht über andere Könige regieren / und Sie im Zaum halten können / allermassen nebenst der Assyrischen Monarchie auch das Königreich Aegypten sehr hoch gestiegen ist.
(Erste Abgötterey.) Nirgends ist zu lesen / daß man vor der Sündfluth weder Göttern noch Teuffeln geopffert / nachdem aber die Chaldaeer gehöret / daß diejenigen Opffer / so die Patriarchen gethan / von dem vom Him̅el gefallenen Feuer hinweg genom̅en / und verzehret worden wären / so fiengen sie an nicht dem Allerhöchsten / als durch dessen Krafft und Macht solches geschehen / sondern dem Feuer göttliche Ehre zu erweisen / so gar / daß auch dieser abgöttische Gottesdienst des Feuers / so sie Urnenneten / von den Chaldoeern auf die Assyrer / (Justinus.) Meder / Perser / und Römer / die Jhm den Nahmen Vesta gaben / gepflantzet worden. Denn die Perser legten jährlich solche Orismata, Lumen sanctum, oder heiliges Feuer / auf ein weisses Pferd / führtens mit grosser Pracht einher / und betete dasselbe der König selbst mit den Vornehmsten des Reichs / und einer grossen Menge Volcks an / dergleichen stets-brennendes Feuer wurde auch bey den Römern von den Vestalischen Jungfrauen in ihren Tempeln gar heilig verwahret / also / daß man diese Abgötterey in viel Länder ausbreitete / den wahren Gottesdienst hindan [62] setzte / und an statt des einigen GOTTES dem Teufel unter dem Feuer dienete. Als dannenhero die Abgötterey der Chaldoeer / das Ur Chaldaeorum, und falsche Lehre zu Babel überhand nahm / und GOTT den (Genes. 17. Exod. 20.) Saamen Abrahams / aus welchem der gebenedeyete Weibes-Saamen kom̅en sollte / darvon agbesondert wissen wollte / hefftete er an seiner Gnaden-Verheissung ein Siegel / und gab Abraham und seinem Geschlechte nicht allein die Beschneidung / sondern ordnete ihm auch ein besonderes Land / weltlich Reich / und Kirchen-Regiment / damit sie dadurch von allen Heidnischen Völckern abgesondert bleiben möchten.
(Nimrods Gemahlin. Quamdiu regnavit. Berof. l. 4.) Des Nimrods Gemahlin heiß Rhea, mit welchem sie den Jupiter, oder Jovem Belum erzeugte. Cedrenus meldet / daß da einsmahls das Wetter den Thurm zu Babel zerschmetterte / habe ihn ein Stücke darvon erschlagen / welches glaubwürdiger / als daß er / wie die Heyden dichten / in dem 56. Jahre seiner Regierung von den Göttern aufgenommen worden sey / zu welcher Abgötterey auch nicht wenig geholffen / dasjenige Götzenbild / so er zu Babel eben zu dem Ende aufrichten lassen / damit / wenn die Leute von ferne herzu kämen / und sie solches sähen / gemachsam hierzu veranleitet würden.
(Anzahl der andern Monarchen.) Nach Jhm führte die Königliche Regierung sein Sohn Jupiter Belus, Baal, Bel, oder Babylonicus, den er mit seiner Gemahlin der Rhea erzeugte: Seine Gemahlin hieß Juno. Und ob er zwar zu Friedens-Zeiten (2. Jupiter Belus. A. M. 1774. Beros.) sich auf die freyen Künste und Wissenschafften des Gestirns legete / und dahero mit seinen Unterthanen weit sanfftmüthiger / als sein Vater Nimrod, oder Saturnus umgienge: so führte Er doch sehr blutige Kriege / bezwang das gegen Abend liegende gantze Sarmatien / biß an Europa mit Gewalt / und ergrieff hernach wider den Scythischen König Sabathium, den er zwar nicht selbsten / weil er durch den Tod verhindert / (wird zu einem Gott gemacht.) sondern sein Sohn Ninus erlegte / die Waffen. Dieser hegte gleich seinem Vater den Götzendienst so hefftig / daß ihm auch nach seinem Tode die Assyrer aus Liebe für einem Gott / von dem / als dem Jupiter, die Heyden und Poeten so viel Fabeln erdichtet haben / ehreten / zu Ehren seiner zu Babel einen Tempel erbaueten / und denselben für andern Göttern allen die gröste Göttliche Ehre erzeigeten. Und das ists / was man im gemeinem Sprichwort saget: Das Meer wischt bey allen Menschen das Unglück ab / ausser denen / bey welchen die Abgötterey einmahl überhand genommen. Hierauf both eine Abgötterey der andern die Faust: Jupiter Baal muste ein Gott / und Juno eine Göttin der Babylonier seyn / Astaroth und Dagon der Philister / Chamos der Moabiter, Moloch der Ammoniter, und Baal Peor der Israeliter / also daß nachgehends fast eine jede Provintz und Stadt ihre eigene Götzen und Götter hatte. Als er in dem 55. Jahre seiner Regierung starb / versenckte man seinen Leib in ein gläsernes Oel-Geschirre / und begrub ihn unter eine darzu versertigte Piramidem.
(Anfang des Sicyonischen Reichs A. M. 1861. Plinius lib. 4. c. 5.) Zu seiner Zeit wurde der Sicyonier Reich in der Griechischen Landschafft Peloponnes / welche allenthalben mit dem Jonischen und Aegeischen Meere umschlossen ist / aufgerichtet / woselbst AEgilaleus 52. Jahr regieret hat. In dieser Insel sind insonderheit Bura, und Helice, so aber nachmahls vom Meere hinweg geschwemmet worden / desgleichen Sicyon, AEgyra, AEgion, und viel Andere beruffen gewesen. Dieses Reich bekam von Pelope, Königs Tantali in Phrygien Sohne / den Nahmen / welcher Königes Oenomai zu Elis / und Pisen Tochter die Hippodamia zur Gemahlin [63] (Geltzames Wett-Rennen.) hatte. Von diesem Oenomao lieset man / daß als er von dem Oraculo verstanden / wie er künfftig noch von seinem Eydam umgebracht werden würde / und gleichwohl sich wegen seiner Tochter vortrefflichen Schönheit bey Ihm viel Freyer angegeben / Er mit denenselben / weil er die allerschnellesten Rosse hatte / ein Wettrennen zu Rosse um dieselbe mit dieser Bedingung angestellet / daß welcher darinnen obsiege / solche seine Tochter haben / wer aber verliehre / darüber auch seines Lebens verlustiget seyn solte. Nachdem er nun solcher Gestalt ihrer dreyzehen überwunden / und hingerichtet / und endlich Pelops des Tantali Sohn auch gegen sie in Liebe verwundet / hat dieser damit er sie zur Ehe bekähme / des Königes Furhmanne den Myrtillum, wenn er seinen Herrn an dem Siege verhindern würde / eine ansehnliche Post Geldes zu geben versprochen / der denn solches eingegangen / und nachgehends die Axt / von dem Königlichen Wagen-Rade gezogen / worauf bey angefangenem Kampfe König Oenomaus tödtlich aus dem Wagen gefallen / und vor seinem Tode annoch den Pelops ersucht / daß er diese Schmach nach seinem Tode an dem Knechte rechnen / und ihn hinwiederum tödten möchte / welches auch geschahe. Denn nachdem derselbe die ungetreue Belohnung haben wolte / befahl ihn Pelops in das Meer zu stürtzen / und bekam also dieser auf solche Weise / beydes die Königliche Princessin Hippodamia, und mit ihr zugleich dasselbige Königreich.
(3. Ninus. A. M. 1905. Calvis. Diodorus Siculus.) Und damit ja die Abgötterey in desto grössern Schwange gienge / bauete Ninus sein Sohn und Nachfolger seinem Vater und Mutter zu Ehren einen Tempel / und setzte ihrer beyder Bildnis mitten in die Stadt Babylon / und ertheilte darbey / damit deroselben Gedächtnis sobald nicht erlösche / viel Freyheiten aus: Er brachte die berühmte Stadt Ninive / (Ninivens Grösse.) welche von dem Assur, oder Belo zu bauen war angefangen worden / zu Ende / und machte sie zu einer Königlichen Residentz / damit man sich und die Seinigen für der feindlichen Macht des Chams Nachkommen / darinnen vertheidigte: Sie lag 171. Meilwegs von Jerusalem / und 30. von Babylon / hatte an Umschweiff 480. Stadia, 1500. Thürme / und waren die Mauern so breit / daß drey Wagen neben einander fahren kunten. (Justin. lib. ???) Und weil dieser Ninus aus der Assyrischen und Babylonischen Regierung Eine gemacht / wollen etliche / daß er der erste Babylonische und Assyrische Monarche gewesen.
(Des Nini Armée. Oros. l. 2. c. ???) Er hatte eine solche Begierde zu herrschen / daß er auch gegen Mitternacht biß an Libien die Völcker / so ihm Widerstand thaten / bekriegte / und zwar mit einer solchen Krieges-Macht / als zuvor niemahls geschehen: Denn er führete ein Kriegs-Heer von zehenmahl siebenhundert tausend zu Fusse / zwey tausend Reuter / und zehenmal tausend sechs hundert Sichelwägen / welche also zugerichtet / daß auf beyden Seiten die Sicheln hervor rageten / womit man zugleich die feindliche Macht zu zertrennen / und zu schlagen vermochte. Als derohalben solche Gewalt denen Feinden unerträglich fiel / bezwang er sie ohne fernere Mühe und Arbeit. Endlich nahm er auch einen Zug wider Zoroastrem der Bactrianer König vor / von welchem man saget / daß er der Erste gewesen sey / so die Zauberey erfunden / und sich den Lauff des Him̅els zu erforschen gar angelegen (Diedorus Siculus.) seyn lassen. Und ob er gleich anfangs mit selbigem unglücklich traff / so ließ er doch seine Tapfferkeit nicht sincken / sondern gieng von neuen auf ihn loß / überwand denselbigen / vermittelst seiner Gemahlin der behertzten Semiramis, welche durch Kriegs-List des Zoroastris Königliche feste [64] Burg einbekam / und brachte ihn also zur Unterthänigkeit. Auf was Art und Weise Ninus gestorben / ist man ungleicher Meinung. Denn etliche halten darvor / daß er bey Eroberung einer Stadt von einem Pfeil getroffen / darüber sein Leben geendiget / und seiner Gemahlin Semiramis (Dresserus. p. 109.) das Reich überlasse: Etliche / daß er in dem Bactrianischen Kriege geblieben: Etliche aber / daß er auf Geheiß seiner Gemahlin getödtet worden. Denn nachdem er dieselbe wegen ihrer vortrefflichen Schönheit sehr geliebet / hätte sie ihn auf eine Zeit / daß er ihr Cron und Scepter auf einen eintzigen Tag zu führen vergünstigte / ersuchet / und als sie solches erhalten / hierauf befohlen / den König zu greiffen / zu binden / (weibliches Geschlecht.) und zu tödten / welches auch geschehen. Hier heist es recht / die schwachen Weibesbilder beherrschen die starcken Männer / und dero Gemüther nach ihrem Gefallen: Jhr Flehen und Bitten sind Gebote / ihre Thränen wilde Wasser / welche den besten Vorsatz durchdringen / und ihre Seufftzer Sturmwinde / denen man nicht zu widerstehen vermag. Seine Grabschrifft / welche / wie man dafür hält / Ihm ermeldte seine Gemahlin aufrichten / und dieselbe in eine Seule hauen lassen / lautet also:
Mihi Pater Jupiter Belus. Avus Saturnus Babylonius, h. e. Nimrod. Proavus Chus, Saturnus AEthiops. Abavus, Saturnus AEgyptius, h. e. Cham. Atavus, Coelus, Phoenix Ogyges, h. e. Noah. Das ist:
Mein Vater hieß Jupiter Belus: Mein Großvater Nimrod: Meines Großvatern Vater Chus: Meines Uhr-Ahns Vater Cham und meines Großvatern Vater Noah.
Zu unterst war dieses:
Columnam, Templum, Statuam. Jovi Belo socero, & Matri Rheae in hoc Olympo Semiramis dicavi:
Ich Semiramis habe allhier diese Seule / Tempel und Statua meinem Schwäher dem Jovi Belo, und der Mutter Rheae zugeeignet und gewiedmet.
(4. Semiramis. A. M. 1960. Plinius Herod.) Nach seinem Tode / unternahm sich wie gedacht seine Gemahlin die Semiramis an statt ihres jungen Sohnes / Ninyas Zameis genannt / der Königlichen Gewalt: Sie war zwar ein Weib / gab aber keinem an Tapferkeit / Siegen / und Triumphen was zuvor: Sie erweiterte die Stadt Babylon an Umkreisse auf zwölff Teutsche Meilweges: bezwang das Wasser / wohin sie es zu leiten begehrte / machte damit die unfruchtbaren Länder fruchtbar / und bauete nebenst diesem etliche feste Städte / bekriegte Aegypten / brachte Aethiopien und Arabien unter sich / und führete biß in Indien Krieg: Und als sie eines Tages im Bade von der Syracen Abfall Zeitung bekam / ließ sie ihr weder die Haare trucknen / noch die Schuhe anlegen / sondern zog mit ihrem Kriegsheere plötzlich zu Felde / und ruhete eher nicht / bis sie dieselbigen wieder gebändiget. Gleichwie aber bey dem weiblichen Geschlechte / sie mögen auch so tapffer / heroisch / klug und verständig seyn / wie sie wollen / sich viel Schwachheiten zu eräugnen pflegen; Also hienge auch diese / ungeachtet / daß sie sonst dem Assyrisch- und Chaldoeischen Reiche mit unglaublicher Rühnheit vorstunde / denen fleischlichen Begierden nach / beflisse sich bey unterschiedenen des Beyschlaffs / und ließ nachmahls dieselben / damit die That nicht offenbahr würde / heimlich hinrichten / als sie aber letzlich auch gegen ihren Sohn den [65] Ninyas mit ungebührlicher Liebe entbrannte / trug dieser für der mütterlichen Blutschande einen Abscheu / und befahl sie zu tödten: Sie ließ sich annoch für ihrem Tode zu Babylon ein stattliches Begräbnis aufrichten / mit dieser Uberschrisfft:
(Sepulchrum Semiramidis.) Si quis Rex Pecuniae indiguerit, is recluso hoc Monumento sumat, quantum volet: das ist:
Welcher König Geld von nöthen / der mache dieses Grab auf / und nehme so viel / als er bedarff.
Als aber dieses nach der Zeit de Perser König Darius Hystaspis las / befahl er aus Geitz dasselbe zu eröffnen / woselbst er aber kein Geld / sondern diese eingehauene Buchstaben funde:
(Plutarchus in moralibus.) Nisi malus fuisses homo, & Pecuniae insatiabilis, nunquam sanè Sepulchra mortuorum violasses:
Daferne du nicht ein gottloser und geitziger Mensch wärest / würdest du der Verstorbenen Gräber unangetastet gelassen haben.
(Geringe Personen werden öfters in hohen Stand gefetzet.) Bey dieser tapfferen Semìramis, welche auch am Helden-Muthe / und damahliger Kriegs-Erfahrenheit alle Assyrische Könige übertraff / hat man insonderheit zu beobachten / wie zuweilen geringe Personen aus dem Staube der Erniedrigung zu den grössesten Ehren sind gebracht worden. Denn diese war ein Findling / und wurde von den Vogeln / welche sie mit den Flügeln (AElianus de var. Histor. Diodorus Siculus.) bedeckten / und mit der jenigen geronnenen Milch / so sie den Hirten aus den Milch-Näppen entwendeten / ernehret. Nachdem sie aber letzlich die Hirten gefunden / verehreten sie dieselbe dem Königlichen Land-Voigt / welcher weil er keine Kinder hatte / sie an Tochter-Statt annahm / Semiramis nennete / und sie hernachmahls heyrathete / wie sie aber einsmahls König Ninus erblickte / und sich ihrer Schönheit wegen in ihr verliebte / entführte er sie ihrem Mann / und nahm sie zur Gemahlin: Bey ihrer erlangten (Orosius.) Königlichen Hoheit verordnete sie unter andern ein Gesetz / daß zwischen den Kindern und Eltern / desgleichen unter den nechsten Anverwandten der Beyschlaff zugelassen seyn solte / allermassen sie sich dann zum ersten (Verschnittene.) der Verschnittenen bedienet haben soll / wie man folgendes von Jhr schreibet:
(Claudianus in Eutrop. l. I. v. 339.) Hos fecere manus, seu prima Semiramis astu,
Assyriis mentita Virum, nè vocis acutae
Mollities, levesq??? geneae se prodere possent,
Hos sibi conjunxit similes: Seu Parthica ferre
Luxuries vetuit nasci lanuginis umbram,
Servatoq; diu puerili flore coëgit
Arte retardatam veneri servire Juventam.
Die sind von Menschen-Hand: Es sey gleich / daß mit List
von der Semiramis es erst erfunden ist /
Die bey den Syrern sich in einen Mann verstellet /
und solche die ihr gleich / sich darum zugesellet /
Damit die zarte Stimm / der Wangen Rosen-blüht
ihr Weibliches Geschlecht nicht aller Welt verrieht:
So hat der Parther auch dergleichen ausgekieset /
an den Verschnittenen die geile Brunst gebüsset /
und also durch die Kunst erhalten seine Lust
mit einem Bilde / das der Venus dienen must.
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(Weiber-Regiment / was es nach sich ziehet.) Also daß es recht heisset: Wenn ein Königreich soll gestrafft werden / so setzt man Tyrannen / Kinder und Weiber zu Regenten: Denn Frauen-Regiment ist ins gemein unbequem / und läufft gleichsam wider die Natur. Und ob man wohl viel Exempel / daß Weibespersohnen durch Erb-Recht / Wahl / und sonderbahre Heldenthaten / die Königliche Gewalt auf sich gehabt / so sind doch bey ihnen stets Schwachheiten mit untergelauffen / gestalt dann die Göttliche Majestät nicht eben das Weib dem gemeinen Lauff nach zu herrschen / sondern zur Gehülffin des Mannes / und der Kinder-Zucht erschaffen / da hingegen der Mann über das weibliche Geschlechte / und über alle Creaturen / so auf dem Erdboden und in dem Meere leben / zu gebieten hat. Dahero auch die Natur das männliche Geschlechte ins gemein mit weit grösserer Leibes-Stärcke / Tapfferkeit und Weißheit versehen / und dasselbe für denen Weibespersohnen zum Regimente geschickter gemacht / so gar / daß man in diesem Falle ihres Raths nicht nöthig / und hat hier nicht Statt / was man sonst von denenselben zu sagen pfleget: (Cato.) Nos imperamus hominibus cunctis, uxores verò nobis: Wir herrschen über Land und Leute / hingegen aber die Weiber über uns / oder wie (Plutarchus.) Jener von dem Themistocle schreibet: Athenienses imperant Graecis, Themistocles Atheniensibus, & Themistocli uxor: Die Athenienser gebieten oder befehlen den Griechen / Themistocles den Atheniensern / und sein Weib dem Themistocli: Denn ein anders ist Regieren / ein anders aber dem weiblichen Geschlechte etwas zu willen leben. Dannenhero auch die Römer nicht unweißlich handelten / wenn sie die Weibespersohnen bey dem gemeinen Wesen von allen öffentlichen Bedienungen und Aembtern ausschlossen / und dabey für gantz unbesonnen hielten / daß sie dieselben in Welt-Händel mit einmischen sollten allermassen es Sie dann damahls als Keyser Heliogabalus seine Mutter in sitzenden Senat führete / damit sie nur die Herrlichkeit des Römischen Rahts sehen möchte nicht wenig befremdete.
Es ist zwar das weibliche Geschlechte / wie an dieser Semiramis zu sehen / arglistig / verschlagen / und geschwinde genug / aber die Arglistigkeit und Tücke sind keine Klugheit. Hätte König Salomo nicht 700. Weiber zu Frauen / und 300. Kebsweiber gehabt / und sich von ihnen bethören lassen / so wäre seiner Ehre / Hoheit und Ansehen kein Schandfleck angehenget worden. Die Poeten schreiben viel von der Göttin Juno unversöhnlichen Zorn gegen die Eris, wegen des Güldenen Apffels. Was aber ist dieses anders / als die Abbildung des Zorns böser Weiber? wann sie nun ihren Begierden / und uneingeschrenckten Affecten in diesem nicht Einhalt thun / und nachmahls die Frechheit und Uppigkeit mit einschleicht / wie kan daraus was Gutes entstehen? Denn in allen Gesetzen und heilsamen Satzungen richtet man sein Absehen auf das was ins gemein und nicht was selten geschicht. Und gleichwie die Vitia Sexus, oder wenn sich ein Weibesbild männlicher Verrichtungen unterstehen will / nicht allen Personen beyzumessen: Also kan auch durch die Exempel etlicher tapfferer und behertzten Weibespersohnen kein beständiges Weiber-Regiment behauptet werden. Quemadmodum enim Familiae perturbantur, in quibus Foeminae Maritis imperant: Sic & Res publica disturbatur, quae Foeminae Dominatu tenetur, etiamsi Prudentiae famam assecuta fuerit. Denn gleichwie diejenigen Geschlechter / darinnen die Weiber den Männern befehlen / gemeiniglich unter zu gehen pflegen: Also bestehet auch derjenige [67] Staat und das Regiment nicht / welchen die Weiber führen / ob sie gleich noch so weise und verständig beschrieben sind.
(Abraham ziehet in das Land Canaan. A. M. 2023.) Damit wir aber auch ein wenig die Zeit und Geschichte / welche die heilige Schrifft anführet / und sich unter diesen Babylonischen Monarchen zugetragen / mit berühret mögen: So reisete Abraham / als er A. M. 1948. von seinem Vater Tharah gehohren / mit seinem Vetter / Loht seines Brudern (Genes. 12.) Sohn / und seinem Weibe Sarai, aus der Stadt Ur aus Chaldaeâ, und zog in das Land Canaan, die Ursache aber war / weiln die Nachkommen des Noah zur Abgötterey der Chaldaeer fielen / worunter auch Tharah mit begriffen. Damit sie nun darinne nicht verharreten / hieß sie GOTT zu dem Ende aus dem Abgöttischen Lande der Chaldae er weichen. Abraham muste mit den Seinigen an einen solchen Ort ziehen den er nicht kannte: Gottes Wege sind wunderbahr / und niemals hat der / welcher in des Höchsten Gehorsam verblieben / etwas verlohren: Die Krafft des Glaubens ersteiget die Zeit / und hat die Macht so wohl künfftige / als gegenwertige Dinge vorzustellen: Es ist sich über nichts grösser zu verwundern / als daß Abraham die Besitzung für seinen Saamen antritt / und gläubet es auch beständig / da er doch noch keinen hatte / solches auch seines hohen Alters halber der Natur zuwider schiene: Bißhero war Sara Abrahams Weib gewesen / anitzo aber da sie in Canaan und Aegypten ziehen / macht er sie aus Furcht zur Schwester / Woraus man siehet / daß selten ein starcker Glaube gefunden wird / bey deme nicht zuweilen ein Zweiffel mit unterläufft: Denn GOTT sagte dort zu Ihm / Ich will dich zum grossen Volck machen / Abraham aber sagte: die Aegypter werden mich ködten: Es ist schwerlich / gläuben ohne Furcht / und leben ohne Schwachheit: Abraham zweifelte zweymahl aus Unbedachtsamkeit an seinem Leben / gleichwohl aber an seinem Saamen nicht / Er lachte / als ihm GOTT einen Sohn verhieß / Sara aber lachte auch / allein es geschahe aus Mißtrauen. Wer dannenhero gläubet / was GOTT redet / dessen Glaube wird mit Ehren belohnt und gekrönt.
(5. Ninyas Zameis. A. M. 2002.) Ein kühner Muth / sagt man ins gemein / pflegt auch auf die Kinder und Nachkommen zu stammen: Hier findet sich aber bey dem Ninyas mit dem Zunahmen Zameis, das Gegenspiel. Denn nachdem Jhn die Mutter wegen ihrer unersättlichen Begierde zu herrschen gar zu zärtlich und weibisch (Justinus. l. I) erzoge / verwandelte er gleichsam seine Natur / legte die Waffen bey seite / ließ sich von Männern selten sehen / gab durch seine vertraute Höfflinge denen Abgesandten Bescheid / und versauerte also in den vergänglichen Wollüsten dieser Welt. Damit er aber um dieser angenommenen Trägheit / und Fahrlässigkeit willen / entweder von denen Seinigen nicht verachtet / (Euseb. in Chron.) noch einige Rebellion wider Jhn entstehen möchte / bestellte erjährlich über alle Provincien gewisse Landvögte und Stadthalter / die er stets umb sich hatte / also daß er hierdurch der Gefahr des Ausstandes zuvorkäme. Woraus zu mercken / daß gleichwie de Tugend Lob / in untadelhafften Thaten / herrlichen Wercken / und erfahrner Ubung bestehe; Also sey auch hingegen bey denen Wohllüsten kurtze Ergötzlichkeit und lange Reue / bey der Trägheit Verachtung / und bey dem müssigen Leben ein verdammlicher Sinn. Diejenigen aber thun weißlich / welche von Jugend auf ihre Kinder dahin halten / worzu sie nehmlich dieselben erzogen wissen wollen. Denn die allzu grosse Zärtlichkeit ist im Alter ein grosser Vorbothe des Ungehorsams: Wer an den Seinen viel übersiehet / der hat auch von ihnen wenig Gutes zu hoffen / und wer seine Kinder will wohl erziehen / der lasse sie was [68] anständiges lernen: das was in der Jugend nicht ausgerottet wird / das bricht im Alter wie Dornen herfür: Diejenigen / so nur dahin sehen / wie sie denen Jhrigen viel Schätze / Länder und Königreiche überlasen / sind gleich denen jenigen / so sich schöner Schuh befleissigen / und inzwischen die Füsse / welche doch das nöthigste / für geringschätzig achten. Hätte die tapfere Semiramis dieses beobachtet / wäre ihr Lob durch diesen ihren Sohn Enckel und Uhr-Enckel / auch Nachkommen desto herrlicher gemacht / und ausgebreiter worden. Wie derohalben Ninyas unlöblich gelebet / so starb er auch un-Ruhm-würdig / da er 38. Jahr einer so grossen Monarchie vorgestanden.
(Insel Creta. A. M. 2003.) Damahls masste sich ein Eingebohrner mit Nahmen Cres der Regierung in der Jnsel Cretâ an / welche auch dahero von Jhm den Namen bekommen / und hat daselbest die Stadt Gnoson, und den Tempel de Mutter Cybeles, welche man hernacher bald die Rhea, bald Ops, bald Berecynthia, Iris, Bellona, Terra, und Vesta genennet hat / erbauet. Diese Insel (Virgilius 3. AEneid,) liegt mitten in Ponto oder AEgaeischen Meere / dahero Virgilius dieses von ihr schreibet:
Creta Jovis magni medio jacet Insula Ponto,
Centum Urbes habitant magnas. &c.
Heutiges Tages aber nennet man sie wegen ihres annehmlichen Gebürges Candia / welche umb ihrer Fruchtbarkeit willen theils an herrlichen Malvasieren und andern guten Gewächsen für eine der Fruchtbarsten geachtet wird. Sie soll in der Länge zwey hundert tausend und 70. Schritte / in der Breite aber funftzig tausend Schritte seyn / und in Umbschweiff fünffhundert / und neun und achtzig tausend Schritte in sich begreiffen.
(6. Arius. A. M. 2041.) Eine Last / ob sie gleich schwer / so kan sie doch durch angewendeten Fleiß und gute Natur erleichtert werden / und dieses sehen wir an des Ninyae hinterlassenen Sohne dem Ario, welcher / so bald als er zur Regierung (Berosus Justin. Euseb.) schritte / Er hinwieder die Waffen zur Hand nahme / wider die von seinem Vater verächtlich gehaltene Caspier und Bactrianer zoge / und sie ihme zum Tribut nöthigte. Unter diesem Ario / und seinen Nachfolgern nahm ie mehr (Eine Abgötterey beuth der andern der Hand.) und mehr die Abgötterey überhand. Denn nachdem die Assyrer sich nicht an ihrer Vätter gemachten Götzenbildern vergnügten / so erhuben sie auch diesen nach seinem Absterben zu ihrem Gott / erwiesen Jhm göttliche Ehre / und nenneten ihn in ihrer Sprache Baal oder Martem einen Vorsteher und Obristen des Krieges / was aber kan allhier für eine grössere Thorheit gerechnet werden / als daß man glauben will / es wären an der Zahl viel Götter / wenn der Mensch nur seine gesunde Vernunfft gebraucht / und nach seinem Verstande sich Gott einbildet / so findet er das göttliche Wesen unsichtbar / und was soll auch der Mensch durch ein Gleichnis sich einen Gott abbilden können / da er doch seine eigene Scele zu entwerffen nicht vermag. Die Menschen fiengen anfangs an ihre Könige Götter zu nennen / und ihnen Bilder zu dem Ende aufzurichten / damit sie Dero Thun / Leben und das Gedächtnis ihrer herrlichen Thaten in ein ewiges Andencken verwandeln könten / bald aber nahmen die höllischen Geister dieses wahr / redeten durch dergleichen Bilder / welche man denen Sterblichen geheiliget / bildeten den Menschen durch verstellte Warsagungen ein und das andere vor / und gaben eine auf Schrauben gefetzte Antwort von sich / aufdaß sie ihre eigene Unwissenheiten nicht offenbahreten / wodurch sie denn in die Hertzen und Gedancken der Menschen viel Irrthümer gepflantzet / daß ein guter Theil der Men [69] schen wie mit mehrern soll angeführet werden / von der aufrichtigen Erkäntnis / und von dem Dienst des wahren GOTTES abfielen / und zu den falschen Oraculis, und denen abgöttischen Tempeln sich hielten / so gar verblendet ist die menschliche Vernunfft / weil sie vermeinet / sie könne ihres Gefallens Götter machen; Es gehet ihr aber / wie denen / welche ihnen einen Narren zum Richter erwehlen.
(Die Beschneidung Abrahams / und Geburt Isaac. A. M. 2047. Genes. 17. 18.) In dem 99sten Jahre Abrahams bestättigte GOTT den Gnaden-Bund mit Abraham und seinen Nachkommen / durch die Einsetzung eines neuen Sacraments der Beschneidung / wiederholete die Verheissung von dem gebenedeyeten Weibes-Saamen / veränderte seinen und seines Weibes Nahmen / und verkündigte / wie ihm Isaac aus der Sara sollte gebohren werden; Abraham wird hierauf beschnitten / mit seinem Sohne Isaac / und was männlich in seinem Hause war. GOTT befahl dem Abraham / auch die Vorhaut seines eigenen Fleisches zu beschneiden / welcher hierzu willig / dem / welchem er' alles / ja Leib und Seel schuldig / das Seinige aufzuopfern / und den Bund zwischen ihnen beyden mit dem Blute zu versiegeln. Die Wunde war weniger schmetzlich / als die Bedeutung tröstlich / und wie frölich wird er doch dieses Kennzeichen an sich getragen haben?
(Loths Blut-Schande. A. M. 2048. Genes. 19.) Ehe Abraham und Loth zum Reichthume und grossen Vermögen gelangeten / wohneten sie gleichfam unter einer Hütten / nachdem aber dasselbe gestiegen / zertheileten sie sich: Loch scheidet sich um seiner bessern Ruhe willen / und wurde mit allen seinen Gütern hinweg geführet / Abraham aber / den er vorhero verlassen / muste ihn entsetzen / und den entwendeten Raub von den Heyden wiederholen. Loth liebete seine Bequemlichkeit / und die Sodomiter ihre Sünde: Wenig Jahre flossen vorbey / da diese ihre Scharte der Plünderung und Gefangenschafft nichts mehr achteten. Und weiln Loht nachgehends der Sodomiter Sünde nicht beherbergen wollte / machte ihn GOTT zum Wirth der Engel: Die Sodomiter meineten nichts anders / als wären Frembdlinge vorhanden / begehrten derowegen die Beherbrigten heraus zu geben / damit sie dieselben erkennen / und Sodomitische Unzucht mit ihnen treiben möchten. Loth beruffte sich auf sein Gast-Recht / nachdem sie aber auf ihrem verstocken Sinn verharreten / wollte er lieber ein boßhafftiger Vater / als verhärteter / verrätherischer Wirth seyn / und an statt ihrer / seine Tochter dahin geben. Es halff aber alles nichts: Und da sie Gewalt und Hand anlegten / wurden sie mit Blindheit geschlagen / daß sie die Thür nicht funden / da denn GOTT Loth / und das Städtlein Zoar errettete. Gleich gieng damahls die Sonne auf / da Feuer und Schwefel auf Sodoma fiele: denn gleichwie diese Einwohner wider die Natur sündigten. also verzehrte auch das Feuer wider die Natur sie und ihre Stadt. Der kleine Ungehorsam wird zuweilen so wohl als der Grosse gestrafft: Kaum war Loth in Zoar einkommen / da erblickte er mit Verwunderung wie sein Weib aus Vorwitz / und Unglauben zur Saltzseule / und Sodoma umbgekehret worden: Je weiter er davon war / ie bestürtzter er hierüber wurde: Er sahe sich seines Weibes und seiner Angehörigen / biß auf zwey Töchter beraubet / sein Gut und Vermögen aber in Staub und Asche verwandelt / und gleichwohl wirckte bey solcher traurigen Einsamkeit der Wein so viel / daß er sich mit Blut-Schande befleckte: Denn nachdem die Trunckenheit zwischen Guten und Bösen keinen Unterscheid zu machen pfleget / so suchten auch diese des Loths Töchter dadurch ihren unnützen Vorsorgen wegen Erhaltung des Menschlichen Geschlechts ein Ge [70] nügen zu thun / schlieffen unwissend ihres Vaters bey ihm / und wurden in zweyen Nächten im Truncke von demselben geschwängert / also daß die Aelteste den Moab / und die Jüngste den Ammi gebahr. Woraus erhellet / daß öffters aus einem keuschen Ehebette ein ungerathenes Geschlechte und aus einembefleckten Bette ein frommer Saame erzeuget wird.
(Der geopfeste Isaac. A. M. 2063.) Es war nicht genug / daß Abraham Isaacs Vater muste in dem Glaubens-Ofen probiret werden / es war disfalls noch eine härtere Probe vorhanden: Nimm / sagte GOTT zu ihm / deinen einigen Sohn Isaac / (welcher (Genes. 22.) nunmehro 15. Jahr alt war) gehe hin in das Land Morjia / und opffere ihn daselbsten zum Brandtopffer auf einem Berge / den ich dir zeigen will. Das sind Worte / menschlicher Vernunfft nach / voller Erschrecknüsse / voller Verzweifelungen / und härter denn Diamant / die der Göttlichen Gerechtigkeit schnur-stracks zuwider schienen. Denn wo bliebe Abrahams Saamen / in welchem alle Völcker auf Erden sollten gesegnet werden? Wo derversprochene Segen? Wo der Gnaden-Bund? Wo der Vater vieler Völcker? Wo die Fruchtbarkeit? Und wo die Menge so vieler Könige / die noch aus Abrahams Lenden kommen sollten? Dieses aber sind Gedancken trauriger Hertzen und Gemüther. Denn wer mit Göttlichen Sachen will umbgehen / der soll wissen / daß GOTT zu befehlen und zu lassen hat / auch nichts umsonst thue. Des Abrahams Reise mit sienem Sohne währete bis zum Opffer-Platze drey Tage. Wie sie nun an Ort / und Stelle kamen / da das Opfer geschehen solte / beurlaubete man die Knechte / der Sohn trug die Bürde / und der Vater das Werckzeug zum Tode / welcher ihn unversehens also anredete: höre / mein Sohn / du bist anitzo das Lamm / welches ihm GOTT zum Opfer ausersehen; darum sey getrost / und entsetze dich nicht / es ist der gemessene Göttliche Befehl / dem werde weder ich noch du sonder Verletzung unseres Gewissens und Pflicht / die wir dem Allerhöchsten schuldig seynd / wiederstehen können. Es ist kein Zweifel / es werde sich Isaac anfangs sehr bestürtzt erwiesen haben / gestalt der Tod auch unter den Sterblichen für das erschrecklichste zu achten ist / gleichwohl aber wegerte er sich nicht / seine Hände / und Füsse binden / seinen Leib auf den Altar legen / und die Gurgel abstechen zu lassen: Wer wolte nun mit diesem niemahls erfahrnen Spectacul nicht Erbärmnis tragen? Aber siehe / der Göttlichen Vorsorge / und der weisen Vorsehung GOTTES! indem letzlich Isaac alle Furcht hindansetzet / und Abraham sich auf den Glauben feste gründet / da hält der Engel des HERRN das blancke Schwerd zurücke / und ertheilet ihm einen neuen Befehl / daß Er nemlich an statt seines Sohnes einen gegen über stehenden Widder zum Opffer schlachten sollte. Dannenhero zu ersehen / daß Gottes Befehliche im Anfange sehr scharff / am Ende aber iederzeit tröstlichen gefallen.
(7. Aralius. A. M. 2067. Sleidan. lib. de 4. Monarch.) Des Arii Sohn Aralius, war ein verständiger und in Kriegs-Sachen wohl geübter und berühmter Helb / der sonder Zweiffel seine Waffen / weil sich damahls wider ihn um deswillen niemand setzen wollen / auf einen guten Fuß gestellet / damit Er sie bey vorfallender Bedürffnis nicht erst herfürsuchen / und das / was darzu erfordert / mit Schaden (Metasthenes. Euseb. Berosus.) erfahren dürffe. Etliche messen ihm aber bey / er habe seine Zeit im schnöden Müssiggange / vergänglichen Wollüsten und weibischen Vornehmen zugebracht / und wäre zu verwundern / wie doch diese Chaldoeische oder Assyrische Monarchie bey dieser ihrer Könige überaus geführten grossen Pracht herrlichen Staat und vielen Auffgange [71] hätte tauren können. Es ist aber zu wissen / daß GOTT diese Monarchie ob schon viel Mißbräuche / und Laster in derselben nebenst denen Tugenden mit untergelauffen / biß auf ihre bestimmte Zeit hat erhalten wissen wollen / zudem so hatten auch dieselben Könige zwischen ihrer Ruhe und gesuchter Ergötzung iederzeit eine ansehnliche Armee auf den Beinen / hielten alle Jahre / nebenst angestellter fleissiger Ubung der Jugend in den Waffen / ihre richtige Musterungen / und setzten über die Völcker getreue / kluge und vertändige Generals-Persohnen / also daß sie auf diese Weise ihre Unterthanen im Gehorsam / die Benachbarten in steter Furcht / sich aber bey deme / worzu sie geneigt waren / erhielten / über dieses so verpflegten sie auch kein auswertiges Kriegs-Heer mit grossen Beschwerungen / und Unkosten Jhrer Unterthanen / sondern sie hatten dasselbige in ihrem eigenen Lande / besoldeten es selbsten / und hielten es dermassen in der Disciplin, und Zucht / daß weder dadurch ihnen leichtlichen kein Aufstand kunte zuwachsen / noch denen Ausländischen das Joch der Dienstbarkeit mit Gewalt von sich zu werffen Anlaß gegeben werden. Denn es ist selten die Macht und Gewalt eines Königreichs beständig / wenn dasselbe sich der innerlichen Waffen entblösset / sie in ausländische Provinzien zertheilet / und die einheimische Tugend nicht an statt seiner Stütze gebrauchet.
(Der Sar-Tod. A. M. 2085. Genes. 23.) Es sagt ein alter Rabbi: Wer ist weiser / denn der vom andern zu lernen begehret? Wer ist reicher / als der mit seinem Theile zu frieden? und wer lebet in der Welt / der nicht ungerne stirbet? Sara war 127. Jahr alt / da sie in der Haupt-Stadt Hebron im Lande Canaan starb. Es ist zu vermuthen / daß sie nicht bettlägerig gewesen / darum sie auch desto weniger an den Tod wird gedacht / und so willfährig das Leben gelassen haben. Abraham kam / daß er sie beklagte und beweinete / er war auf dem Felde / und weiln er sich dieses plörtzlichen Falls nicht versahe / fiel es ihm desto schmertzlicher. GOTT verwirfft die Bewegung des Gemüths nicht / wenn man nur gebührende Masse gebrauchet. Da Abraham nun bey seiner verstorbenen Haus-Ehre eine Weile saß / und ihren Todt gnugsam beseufftzete / stund er auf / kauffte von dem Hethiter Ephron einen Acker zu seinem / und der Seinigen Erb-Begräbnüsse / und bestattete die Saram zur Erde. Denn wir sind schuldig / der Verstorbenen Leiber nicht wie die Bestien hinweg zu schleppen / sondern sie ehrlich zu begraben.
(Isaacs Heyrath. A. M. 2088. Genes. 24.) Der Welt Lauff ist / daß man bald stirbet / bald gebohren / bald von der Natur zu Fortpflantzung und Erbauung des Menschlichen Geschlechts angehalten wird: Es war Isaac der Sohn Abrahams nunmehro 40. Jahr alt / da er die schöne / gottsfürchtige / und tugendbegabte Rebeccam zum Weibe nahm. Der Kinder-Segen folget nicht allezeit auf dem Fusse. Rebecca war 20. Jahr unfruchtbar. Endlich wurde sie schwanger. Isaac bate den HERRN umb einen Sohn / GOTT gab ihm aber zwey / nehmlich den Jacob und Esau auf einmahl: Rebecca hatte zuvor gute Tage: so bald sie aberschwanger / fieng sich unter diesen beyden Brüdern ein (Jacobs und Esau Geburth. A. M. 2096. Genes. 25. 26. 27.) Streit in ihrem Leibe an. Esau erlangte das Recht der Natur / Jacob aber das Recht der Gnaden / und die Verheissung / daß der Grössere dem Kleinern dienen würde: Und damit ja keine Entschuldigung ihrer beyderseits Gleichheit in der Geburth verfangen möchte / fassete Jacob den Esau bey der Fersen / also / daß seine Hand vor seines Brudern Fusse gebohren wurde / Alldieweiln aber Esau gleichsam etliche Augenblicke älter als sein Bruder Jacob / erkauffte dieser von jenem für ein Linsen-Gerichte dasjenige Recht / [72] was er sonsten vermöge Göttlichen Rechts zu erhalten nicht vermochte. Esau war röthlich / rauch wie ein Fell / ward ein Jäger und Ackersmann / Jacob aber war fromm / aufrichtig / redlich / und Gottsfürchtig / hielt sich an das Wort Gottes in der Hütten / und verrichtete darneben die häußliche Arbeit. Isaac wolte den Esau wider die Natur in Jacob verwandeln / Rebecca aber verwandelte den Jacob in Esau mit List. Es war hier nichts / als ein verfälschter Nahme / ein verfälschtes Wildpret / und eine verfälschte Antwort. Rebecca bereitete die Speise / unterrichtete ihren Sohn den Jacob / zog ihm des Esaus köstliche Kleider an / bedeckte mit dem Bock-Felle den Ort seines Leibes / da er bloß war / und ließ ihm also an statt Esaus / dem alten Isaac das Gerichte bringen. Isaac streckte bald seine Hand aus / weiln ihm die Stimme Jacobs nicht / wie des Esaus vorkahm / nachdem er aber des Esaus Kleider roch / und die rauchen Hände fühlete / segnete er unwissend den / welchen GOTT zuförderst gesegnet wissen wolte. Kaum war Jacob hinweg / so kam auch Esau gesegnet zu werden. Und weil Isaac sein Versprechen nicht widerruffen kunte / und Esau auf einen andern Segen drunge / gewähret er ihn dessen.
Es war aber Esaus Segen grösser als er selbst werth war. Von derselben Zeit an schwur er / sich an dem Jacob zu rächen / so gar / daß dieser auf Gutachten in Mesopotamiam zu riesen genöthiget wurde. Also gar können böse und gottlose Leute / so böse und schalckhafftig nicht seyn / daß sie dasjenige vollbrächten / was sie gerne wolten.
(Anfang der Archiver Königreich. A. M. 2093.) Zur selbigen Zeit fieng Inachus zu Argis, in der Landschafft Peloponnes ein neues Königreich an / welches man der Archiver-Reich nennete / und regierte derselbe daselbst 50. Jahr. Dieser Inachus gab dem daselbst durch der Archiver Land lauffenden Fluß den Nahmen Inachus, von welchem nach (Africanus.) mahls die Einwohner Inachidae hiessen. Man hält dafür / es wäre die (Der Jo daher rührende Fabel.) welche Jupiter geschwängert / mit sich in Cretâ genommen / und die dess??? Gemahlin die Juno auf das hefftigste verfolget hätte / seine Tochter gewesen / welches dann den Poeten zu der Fabel Anlaß an die Hand gegeben / als ob die Jo des Flusses Inachi Tochter / welche vom Jupiter, aus Furcht für der Juno in eine Kuh verwandelt / die hernachmahls diese / als sie dieselbe von ihrem Gemahl geschenckt bekommen / vermittelst einer Hörnüsse dermassen geplaget / daß sie für Wüten und Toben nirgends bleiben können / bis sie in Aegypten bracht / und daselbst in die Göttin Isis verwandelt worden wäre. Dieser Aberglaube und Abgötterey hat hernach dermassen überhand genommen / daß die Aegyptier nicht allein derselben Bildnis anbeteten / Jhr zu Ehren Tempel aufrichteten / sondern auch hernach durch Verblendung des leidigen Teufels / Ochsen / Katzen / Hunde / Crocodile / Knobloch / und Zwiebeln / als was Göttliches verehreten.
(8. Baleus. I. A. M. 2111. Cassiodorus. Berosus.) Dem Aralio gab sein Sohn Baleus der Erste / mit dem Zunahmen Xerxes an Tapferkeit nichts bevor. Denn er brachte viel Völcker unter sich / erweiterte sein Reich bis in Judoea / und führete auch gar bis in Indien Krieg / so gar / daß er auch über noch einmahl so viel Völcker / Länder und Provincien herrschete / als sein Vater unter sich gehabt hatte. Woraus zu sehen / was die Trägheit und Fahrlässigkeit des Königes Ninyae der Babilonischen Monarchie für Schaden zugezogen. Denn was vor Völcker hiebevorn die Königin Semiramis bezwungen / dieselben alle sind hernacher unter denen andern Königen abge [73] gefallen / bis diese hinwieder sie gebändiget / und der Monarchie einverleibet: Nam
Non minor est virtus, quàm quaerere, parta tueri.
(Eigenschafften Menschlicher Begierden.) Hierbey haben wir auch die Menschliche Ehrsucht zu beobachten / Denn sobald sie den erwündschten Zweck erreichet / so vermag sie kaum Athem zu schöpffen / daß sie nicht nach höhern verlange̅ tragen sollte: sie achtet sich für erniedriget / weil noch andere über Sie: Sie ist / als wann Sie zwar die höchsten Berge überstiegen / die Wolcken aber nicht einmahl erreichet hätte: Sie vergnüget sich nicht an ihrem gegenwärtigen Zustande / sondern beraubet die Menschen ohn Unterlaß der wahren Güther / und erfüllet sie mit leerer Hoffnung / dafern sie das jenige verachten / was Sie mit grosser Gefahr / Mühe und Arbeit überkommen: Endlich steiget sie so lange / durch Sturm / Blitzen / und Ungewitter der Furcht und Gefahr / bis sie endlich auf dem Wege sitzen bleibet / und verschwindet / als ein Rauch. Dannenhero wir billich unseren Begierden und Gedanken ein umschränktes Maal und Ziel setzen sollen. Denn gleichwie die Genesung denen jenigen / welche mit einer harten Krantheit befället gewesen / viel angenehmer / als denen / so niemahls eine Leibs-Unbäßligkeit empfunden / zu seyn bedünket: Also achtet man auch das jenige / wornach man verlangen träget / weit höher / als das / was man bereits hat.
(Des Teutschen Königs Hermanus Regierung in Teutschland. A. M. 2124. Calvisius.) Man rechnet aus / daß alhier Hermann König Ingaevons Sohn in Teutschland zu regieren angefangen. Es ist aber dieser Hermann, von welchem der Name Germania hergekommen / ein Enckel des Manni, un̅ Uhr-Enkel des Ascanis, ein Sohn Gomers und Enkel Japhets gewesen / welcher sich mitten in Teutschland niedergelassen / und allda den Grund zu einer Republic geleget. Die Teutschen rühren von keiner anderen Nation oder Völkern her / als allein von dem Ascane, oder Ascenez und Tuiscon denen beyden Söhnen des Manni. Dahero thun die jenigen thöricht / die ihr Geschlechte von den Trojanern / Römern oder einem andern Volke Alterthums halber herfür ziehen wollen / da sie doch wissen sollten / daß / zu geschweigen der Orientalischen Völker / sich ihrer nachgehends Käyser Claudius, Caligula, Nero, Galba, Otto, Vitellius, Titus, Adrianus, Antoninus, Marcus Antonius, Severus, Caracalla, Alexander, Maximinus, Gordianus, Balbinus, Maximus, Valerianus, Gallienus, Probus, Julianus un̅ andere mehr in den schwehresten Kriegen zum öfftern bedienet / und ihre Römer vielmahls durch dieselben hinwiederum gestärket und aufgemuntert. Nobilitatem quaerimus, qvam habemus, & qvam habem9, possidere nolum9, sed ita qvaerimus, ut eam assecuti, ex nobilissimis videamur ignobilissimi, sinceram Germaniae Originem praetereuntes. Wir sind vorhin Adel / und suchen doch einen anderen Adel / und den Adel / welchen wir haben / wollen wir nicht / sondern suchen einen andern / doch also / daß / wen̅ wir denselbigen gefunden / uns unsers rechten Adels entsetzen / und muthrwillig unedel machen / indem wir den Ursprung unsers ehrlichen Teutschen Adels hintenansetzen. Und wenn man die rechte Warheit sagen soll / so ist fast keine Nation gewesen / die einen wichtigen Krieg ohne Hülffe der Teutschen vorgenommen. Viel besser urtheilete hiervon vordessen der gelehrte Italiäner Campanus. da er unter andern vor den Ständen zu Regenspurg mit diesen Worten herausbrach / und sagte: Euer Adel ihr Teutschen / hat bey nahe den gantzen Erdboden erfüllet / und gleich als einen Wasserreichen Brunnen qvell überschwemmet / also daß kein Volk / und keine Landschafft ist / die sich nicht rühme / und darüber erfreue / daß sie ihren Adel von euch [74] Teutchen habe. Ist irgend ein adeliches und vortreffliches Geschlechte in Italien / Franckreich / und Spanien / so will es unfehlbar gerühmet seyn / daß es von den Teutschen herköm̅e / und seine erste Vorfahren deß Geschlechts gewesen wären. Allenthalben haben die Teutschen das Beste thun müssen / Den̅ durch Hülffe Jhrer wurde das Longobardische Reich zerstöret / die Hun̅en getilget / die Böhmen gezähmet / die Wende̅ gedemüthiget / die Saracenen aus Welschland verjaget / un̅ andere nationes mehr gedämpfet.
(9. Armathrides. A, M. 2140. Calv. Chron. p. 7.) Als Baleus 30. Jahr regieret / besaß nachgehends sein Sohn Armathrides das jenige / was ihm sein Vatter durch seine ritterliche Faust erworben / mit Ruhe / hieng den Krieg an Nagel / und achtete der Königlichen Regierung / und der dißfalls darzu erfordeten Sorge wenig / sondern wendete sich zu allerhand Wollüsten / und erdachte theils vor sich / theils durch andere unterschiedene zur Freude und Ergötzlichkeit gehörige Sachen / bis er in dem 28. Jahre seiner Regierung dergleichen Flüchtigkeit durch den Tod (Die Begleitung der Wollust.) wieder fahren lassen muste. Die Wollust gehet niemahls ohne Reu / Kummer und Betrübnüs begleitet / das ist / der Wollust tritt die Begierde / der Eyser / die Sorge und Gefahr vor / nach derselben folget Bekümmernus / daß der ehrliche Nahme / die Gesundheit / und die Ruhe deß Gewissens gekränket wird: Serviunt itaqve homines voluptatibus, non fruuntur, & mala sua, qvod malorum ultimum est, amant: Man hänget / zwar den Wollüsten nach / man geneust ihrer aber wenig / sondern das Böse / so man liebet / ist eines von denen letzten und bösesten.
(Esaus Heyrath und Sems Tod. A. M. 2148.) Esau nimmt hier in dem 40. Jahr seines Alters wider der Eltern Willen zwey heidnische Weiber / Judith die Tochter Beri des Hethiters / und Baßmath die Tochter Elon des Hethiters. Sem aber ein Vatter vieler Völcker in Orient / nämlich der Chaldäer / Assyrier / Perser / Syrer / Armenier / Phoenicier und Bactrianer gieng den Weg aller Welt / als er 600. Jahr gelebet / als in dem 436sten Jahre des Ebers / in dem 112ten des Isaacs / und in dem 51. des Jacobs.
(Krieg / und Aberglauben ist das meiste in der Welt. A. M. 2162.) Die Telchiner führten zu dieses Monarchen Zeiten nebenst denen Canyatis wider den Archiver König Phoronaeum, und die Parrhasier einen tödtlichen Krieg / also daß ihrer zu beyden Theilen eine grosse Anzahl blieben. Der Telchiner Insul war Rhodus, welche in neunhundert und zwantzig Stadien im Umbkreisse bestunde. Die Telchiner hielten (Scrabo lib. 10.) ettiche für berühmte Künstler / Etliche aber für die allerboßhafftigsten Leute / welche gleichsam in einem Augenblicke alles zum ärgsten / und übelsten ausdeuteten / und umkehreten / dahero sie auch Jupiter / wie man vorgiebet / im Meere ersäuffet. Sie sollen der Minervae, oder der Sonnen / oder anderer Bedüncken nach / deß Saturni Söhne / und dermassen schädliche Menschen gewesen seyn / daß sie auch mit ihrem Anschauen alles vergifftet. Die Parrhasier führeten ihren Namen von der Landschafft Parrhasiâ, in Peloponnes gelegen / her / welches Land man auch Arcadia (Ov. lib. 2. Fastor.) nennete / so des Königes Lycani Vaterland war. In dieser liegt der Berg Ly caeus, den man vor Alters dem Jupiter / und Pan heiligte / und auf welchem nicht allein des Fauni Tempel / sondern auch des Jupiters Altar gewesen (Pausanias.) / auf dem Lycanus zum ersten geopffert; Alldieweil er aber daselbst auch zum Opfer Knaben schlachten / und das Blut auf den Altar sprengen liesse / sagt man / daß er um des willen / das ist / um seiner sonst bekannten liesse / sagt man / daß er um des willen / das ist / um seiner sonst bekannten Grausamkeit und Tyranney wegen / wäre in einen Wolff verwandelt worden. Es war auch allda ein geweiheter Wald für dem Jupiter, in welchem / wenn man wider Verboth hineingieng / man [75] vorgab / daß man nicht ein Jahr überlebte. Deßgleichen ein berühmter Brunnen / von so wunderbahrer Natur und Eigenschafft / daß wenn man / wie man sagte / was Göttliches verrichten / und zu wissen begehrete / und mit einer eichenen Stange das Wasser allgemach bewegte / alsobald daraus eine dicke Nebel-Dunst entstunde / und nachmahls gleich denen andern Nebeln einen Regen von sich gab. Es ist aber des (Faunus.) obgedachten Fauni Vatter Picus, und sein Groß-Vatter Latius der Latiner König gewesen / welcher in Latio regieret / und hernacher für einen Gott aufgeworffen worden. Von diesem sagt man / daß er Faunos, Satyros, Sylvanos und Panes, welche alle nur grobe und bäurische Nahmen seynd / gezeuget / von welchen nachgehends die Poeten gedichtet / daß Sie gehörnte Häupter und Füsse gleich denen Ziegen gehabt hätten / (Pan.) Den ietzberührten Pan hielte man für den Hirten-Gott / und wurde der Natur nach abgebildet. Denn man mahlte ihn mit Hörnern gleich denen Sonnen-Strahlen / und des Mondens / mit Ziegen-Füssen / und einen auf der Brust tragenden Gemsen-Felle / Haarichten Leibe / und gestirnten Angesichte ab. Dahero Ihn auch die Arcadier für einen Herrn der gantzen Natur hielten. Sein Feste / so man Ihm zu Ehren anstellete / hieß man Lupercalia. Man nennete Ihn auch nach der Lateinischen (Der Alpe Eigenschafft.) Sprache einen Alp: Es sind aber die so genannten Alpe / die sich weder betasten noch begreiffen lassen / nichts anders als nächtliche Phantasmata, oder Gesichter / welche denen Sterblichen ein- und die andere Furcht und Schrecken im Schlaffe einjagen. Uber dieses meldet man auch von ihme / daß / als er sich mit dem Cupidine verunwilliget / derselbe ihn gegen die Syringa eine Jungfrau mit Liebe verwundet / und er solche mit Gewalt zu seinen Willen zwingen wollen / sie in ein Rohr / woraus er nachmahls zum Gedächtnüsse derselben seine siebenstimmige Pfeiffe gemacht hätte / verwandelt worden wäre.
(10. Belochus I. A. M. 2168. Sethus Calvisius.) Dergleichen Sinnes war auch des Armathrides Sohn Belochus der Erste / der sich nämlich an deme / was er hatte / vergnügete / und befliesse sich bey seiner 35. jährigen Regierung der Weissager - Kunst: Die mittelmässigen Schiffe pfleget man in einem kleinen Gewässer viel eher fortzubringen / als die grossen; Also ist auch der mittler Stand weit besser / als der hohe: Alle hohe und wichtige Sachen sind gefährlich / und das Mittel das Beste. Dahero auch mehr grosse als geringe Standes-Personen hingerichtet (Cicero.) werden: In omnibus rebus Mediocritas optioma: Fac moderatè, quod vis facere saepè. In allen Dingen soll man Maas und Zeil gebrauchen / dennes giebet in der Welt viel Icaros, aber wenig Daedalos un̅ in einem Eymersoll man nicht mehr Wasser schöpfen / als derselbe ertragen kan / welches an diesem Belocho auch wäre zu rühmen gewesen / wenn Ihn (Der Warsagerkunst Einfalt. Cicero de Divinat. Isidorus. Fest9. Pompej9. Cato. Nonnius. Marcellus.) nicht die Thorheit der Weissagung eingenommen. Denn es nenneten die Alten ihre Weissager-Kunst Auguria oder Auspicia ab avibus inspiciendis, weil man auf den Vogel-Flug Achtung gabe / allermassen sie auch so hoch stiege / daß die Wahl einer neuen Obrigkeit muste durch solche Auguria bestättiget / und derselbe Augur denen Königen an die Seite gesetzet werden / Dahero sie nicht allein die Völcker in Ciliciâ, Cariâ, Libia, Arabiâ, Phrygiâ, Pamphiliâ, un̅ andere mehr sehr hoch liebeten / sondern es wündschete sich auch der weise Pythagoras ein Augur zu seyn. Gleichwie aber diese blinde Einbildung mit nichts / als mit der Unwarheit begleitet; Also verlachten auch etliche Heiden solche Auguria un̅ Auspicia selbsten / und fragten öffters Spottweise ihre Augures, ob denn der grosse Jupiter un [76] weigerlich befohlen / daß die Krähe ihren Flug zur lincken / und der Rabe zur rechten Hand nehmen sollten / und ob nicht die Götter endlich gar müssig gehen würden / wann sie iederzeit denen Vogeln ihre himmlische Rathschlüsse (Cicero de Divinatione l. 2.) offenbahreten? Quid ego Aruspicum Responsa commemorem? Possum qvidem innumerabilia, qvae aut nullos habuerunt Exitus, aut contrarios? Was soll ich / meldet Cicero, von denen Auspiciis, oder Wahrsager Kunst viel sagen / alldieweil man viel deren Exempel / die entweder keinen gewissen / oder einen widerwärtigen Ausgang gehabt haben. Es können sich zwar die Zufälle nicht nach dem Glücke derer / so da opffern / viel weniger nach denenselbigen / welche die Auguria untersuchen / richten. Denn man siehet / daß bey dem ersten Opfer eines Eingeweides ein Unglück bedrohet / in dem andern aber alles gutes verheissen wird. Das wahrsagen aus dem Vogelfliehen / geschaye aber also: Es setzte sich der Wahrsager an einen erhobenen Ort auf einen Stein / machte mit seinem Stabe einen Strich gegen den Himmel / nennete die rechte Seite desselben den Mittag und die Lincke die Mitternacht / das Theil aber / so vor ihn hinausging / das Förderste / und das / welches hinterwerts lag / das Hinterste: Nahm hierauf das Haupt dessen / so seiner Weissagung begehrte / flehete den Jupiter umb das / was er zu wissen begehrte an / und hatte also Acht / wo der Vogel-Flug herkame: Etliche der Alten / nahmen ihre Merckmahle / und Anzeigungen / von allerhand vierfüssigen Thieren: Etliche an der Leber und dem Eingeweide der Opfer: Etliche / als da waren die Schiffleute / von den Schwanen / Etliche von dem Tripudio, oder jungen Hähnen: Etliche von den Tauben / als der Könige Rathvogel / Gänsen und Geyern: Etliche aber hielten viel auf die Omina, oder auf das was ohngefehr gethan oder geredet wurde / wie ingleichen auf die Oracula, welche doch alle falsch / und offtermahls von den klugen Heiden selbsten verspottet und aus gelacht wurden / allermassen denn Caelius Calcagninus in seinem tractat de Oraculis gedencket / wie Apollo vielmahls die jenigen / welche Ihn wegen eines gewissen Dinges um Rath fragten / mit diesem spöttisch abgewiesen:
Quid frustra petitis? non nostrum est, scire futura.
Was ist es / daß ihr uns umsonst doch möget fragen?
es steht ja nicht bey uns / verborgne Dinge sagen.
Gewiß aber ist es / daß alle die Oracula, so die Alten gehabt / falsch und erdichtet / als da ist gewesen Ceres bey den Rhodisern / Belus bey den Palaestinern / Venus bey den Thebanern, Juno bey den Numidianern, Proserpina bey den Hispaniern / Apollo, und dergleichen / wie es dann mit denen Pyromantis, so aus der Feuer-Flamme: Hydromantis, die aus dem Wasser / Aeromantis, so aus der Lufft / Capnomantis, so aus dem Rauche / Capiromantis die aus Cristallen / Coscinomantis, so aus dem Siebe / Botanomantis, die aus den Kräutern / Castronomantis, so aus den Gläsern / Alphitomantis, die aus dem Getreydig / Tyromantis, die aus Käse / Geomantis, so aus denen Linien / und Chiromantis, die aus der Hand und dergleichen wahrsagen wollen / keinen Grund hat.
(Jacobs Dienst / Heyrath un̅ Geburt seiner Kinder. A. M. 2185. Genes. 29. bis 33.) Im Jahre der Welt 2171. starb Ismael ein Vater der Midianiter, Araber und Saracenen, in dem 137. Jahre seines Alters. Nachdem nun / wie gesagt / Isaac seinen Sohn Jacob für dem Esau gesegnet / un̅ er des Nachts / als er in Mesopotamiam zoge / auf dem Felde schlieff / erschiene Ihm der Höchste im Traum / und wiederholete seinen Segen von Vermehrung seines Saamens / von Besitzung deß Landes Canaan / und von Christo. [77] GOTT ist gemeiniglich am nächsten / wenn wir am niedrigsten sind / und pfleget die zu trösten / die an ihrer Hoffnung verzweiffeln wollen. Hierauf kame er zu dem harten Laban / er besuchte denselben als seiner Mutter Bruder / und ward darüber zum Dienst-Knechte: Laban meinete anfänglich / es folgten Ihm / wie beym Isaac / viel Camele / wie aber die Hoffnung in Brunnen fiel / both er dem Jacob an Statt des Lohns ein Weib an / welches er gleichwohl bald wieder veränderte / als Er an der Jüngsten Stelle ihm die Aelteste beylegte: Jacob verschmertzte dieses aus Liebe zur Rahel: dienete andere sieben Jahr um sie / und bekam endlich / nach denen verflossenen Jahren / dieselbe zum Weibe: Bey einem ieden findet sich was / welches man andern mißgönnet / und darüber sich grähmet: Rahel / die Jacob liebete / war unfruchtbar / Lea aber / die er verachtete / war fruchtbar. Lea neidete die Rahel wegen ihrer Schönheit / Rahel aber mißgönnete der Lea ihre Fruchtbarkeit / biß sie selbsten schwanger ward. Jacob wollte nun mit seinen Weibern und Kindern nach Hause; Labans Geitz aber ließ solches nicht zu / und beredete ihn mit guten Worten länger zu bleiben; Sobald aber / als sie mit einander einen Vertrag aufrichteten / daß die fleckichten Schaafe Jacob / und die andern Laban seyn sollten / fiel der Segen GOTTES häuffig auff des Jacobs Seite / welches den Laban nicht wenig verdroß. Und weiln Jacob sahe / daß dem Laban seine Dienste / nicht aber seine Wohlfarth angenehm / nahm er auf Geheiß GOTTES (reist wieder aus Mesopotamien in Canaan. A. M. 2205. Genes. 33.) in Geheim mit denen Seinigen aus Mesopotamien die Flucht / Laban jagte ihm mit einem feindlichen Hauffen nach / und Esau begegnete demselben mit eben diesem Vorsatze / Aber was geschahe / Laban und Esau musten Jacob mit einem Kuß segnen / also / daß der eine ihm den Eyd der Treue und Aufrichtigkeit schwur / der ander aber seine Liebe gegen Ihn mit Trähnen bezeugte. Das heisst / wer mit dem Allerhöchsten einen Bund hat / der darff sich für denen Menschen nichts übels befürchten. Die Geschencke / womit Jacob seinen Bruder den Esau versöhnete / waren zweyhundert Ziegen / zwanzig Böcke / 200. Schaafe / 20. Wieder / 30. Camele / 40. Kühe / 10. Ochsen und 20. Esel. Gleichwie aber GOtt die Seinigen zu erhöhen weiß / Also lässet er dieselben auch selten ohne Anfechtung und Betrübnüß: Es verfloß wenige Zeit / da ihme der Trost seines Lebens die (Rahel stirbt. A. M. 2215. Genes. 35.) Rahel an Geburts-Schmertzen starb / und ob gleich Jacob von Gott Segen genug hatte / so muste er doch gewahr werden / wie seine Söhne und Töchter ihm seine Seele biß auff den Tod verwundeten: Denn sein Sohn Ruben begieng mit seiner Stieff-Mutter der Bilha Blutschande / Judas Ehebruch / Dina Hurerey / Simeon und Levi Mord / Ger und Onan (Joseph wird verkaufft. A. M. 2217. Genes. 37.) wurden getödtet / Joseph verkaufft / Simeon gefangen / Benjamin / der Tod seiner Mutter und des Vatters Stütze / gerieth in Gefahr / und er selbst kam in seinem hohen Alter an Hungers-Stab / biß endlich der Tod mit diesen allen ein Ende machte.
(Die Göttin Minerva. A. M. 2169. Eusebius.) Bey des Belochi Leben / wie man vorgiebet / soll sich die Göttin Minerva in ihrem weiblichen Habit zum ersten bey der See in Boeotia, so eine Griechische Landschafft ist / und andrey Meere / nämlich an das Peloponnesische / Siculische und Adriatische stösset / haben sehen lassen. Man hielte Sie für eine Göttin der Weißheit / welche deßwegen auch von den Griechen Pallas genennet worden. Die Poeten hiessen Sie unter andern Tritona, indem man sie / zu Zeiten deß Thebanischen Königes Ogygis in Boeotien / an dem Flusse Triton gesehen / den Nahmen [78] Pallas aber / gab man ihr wegen deß Pfeilwerffens / oder Blitzens. Man mahlte sie mit einem Spieß in der Hand / und gleichsam erzittrende / legte ihr die Erfindung deß Oels / und deß Wollenmachens bey / und weiln sie sich umb das Menschliche Geschlechte also wohl verdienet gemacht haben sollte / so erwiese man Ihr nicht nur Göttliche Ehre / sondern hielte sie auch gar für eine Göttin aller guten Künste. Ferner dichtet man auch von ihr / als ob sie aus deß Jupiters Gehirne entsprungen / wodurch man zu verstehen geben wollen / daß die freyen Künste nicht von Menschen - Berstande / sondern auch aus dem Gehirne Jovis, das ist / aus dem unerschöpflichen (Messina in Sicilein erbauet. A. M. 2192. Eusebius.) Brunnen der Göttlichen Weißheit selbsten herrühreten. Damahls haben schon die Messenii, so ein Griechisches Volck aus der Landschafft Achaja, die Stadt Zancla in Sicilien / welche man heutiges Tages Messana nennet / und bey dem Mitternächtischen Vorgebürge Peloro lieget / er: bauet. Die Innwohner nennete man / wie gedacht / Messanenser / nachdem aber hernach die Mamertini, ein Volck in Campanien, worin̅en Neapolis lieget / in selbige Provintz ihre Einwohner schickten / wurden sie mehr (Florus l. 2.) Mamertiner, als Messanenser geheissen. Diese Stadt ist nachgehends wegen des Punischen und Attischen Krieges / an welchem Letzteren sie die meiste Schuld hatten / sehr beruffen gewesen / und hat dasselbe Land das Lob / daß daselbest der allerbeste Wein wachse / welchen man Vinum Mamertinum genennt.
(II. Baleus II. A. M. 2203. Sleidan???9. Eusebius.) Des Belochi Sohn / Baleus der ander / gleichte der Semiramis beydes an Tugenden und Kriegs-Erfahrenheit / nöhtigte die Indianer, daß sie sich wieder unter die Babylonische Bothmässigkeit begeben musten. Denn gleichwie die jenigen / welche die Ruhe lieben / mit keinem Pfeile können so leichtlich getroffen werden: Also ist es auch in grosser Gesahr des Krieges besser / daß man sich der Vernunfft und der Tugend unterwerffe / (Cicero.) als sich einzig und alleine dem Glück ergebe. Omnis Belli Mars est communis, & semper incerti Exitus Praeliorum. Der Krieg ist (nichts ist thörichter / als Krieg ohne Cugend und Vorsichtigkeit führen.) zwar leichtlich auzufangen / der Ausgang aber desselben ungewiß: Dergleichen soll man nicht anfangen / es sey denn daß man Ruhe haben wolle. Es ist ein sehr gewagtes Spiel / wenn man die Wohlfarth eines Königreichs einzig / und allein auf die Spitze des Schwerdts stellet: Denn es ist nicht genug / daß man Land und Leute durch Waffen erobert / sondern man muß sie auch mit Gewalt handhaben. Hierzu gehöret nun nichts anders / als Tugend / und eine kluge Vorsichtigkeit. Es ist ein alter Gebrauch im Kriege / daß ein General / wenn er was wichtiges vor sich hat / zuvor seine Untergebene aufzumuntern und zu ermahnen pfleget / die Tugend aber ist der Weg / und die gute Vernunfft die Strasse / darauf man seinem Feind sicher begegnen kan: Einfältige und schlechte Leute sehen alle Dinge nur nach ihrer äuserlichen und scheinbarlichen Gestalt an / und betrachten dabey nur das / was ihnen die Augen belustiget / Erfahrne und Verständige aber wenden sich nicht allein auf das / was von aussen zu erwegen scheinet / sondern auch zu dem Innwendigen / und kommen dadurch denen Heimlichkeiten deß Glücks / und dessen verborgenen Anschlägen zuvor. Der Anfang aber aller Tugenden ist ein kluger Raht / und ein vernünfftige Uberlegung / und das Ende die Vollziehung desselben. Einem weisen Könige ist seine Weisheit vergebens / wenn er ihme nicht selbst zu rahten weiß. Denn es stehet ihm nicht an / daß er nicht thue / was sich gebühre / und unterlasse / was demselben zukomme.
(Die Telchiner) Der Waffen / sagt man / soll man sich nur wie der Artzney gebrau [79] chen / (werden wieder aus Peloponnes verjaget / un̅ kommen gen Rhodis. A. M. 2209.) und der jenige / so sich in muthwillige Gefahr begiebet / der bekömmet nichts als Unglücke zur Ausbeute / und verliehret vielmahls darüber alles die vorgedachten Telchiner. Denn nachdem sie mit den Argivern, und Parrhasiern deß Landes halber unterschiedene scharffe Treffen gethan / und endlich geschlagen worden / musten sie Peloponnes wieder verlassen / und wichen in die Insel Rhodis / welche dazumahl Ophiusa, wegen der daselbst befindlichen vielen Schlangen / genannt wurde. Die Insel Rhodis ist eine von den berühmtesten Insulen in Asien / welche an dem Mittel-Meere gegen Carien und Lycien lieget / und theils wegen der daselbst bey den Alten in schwange gehenden freyen Künsten / theils auch deß Colossi halber / so unter die sieben Wunderwercke der Welt gezehlet ward / beruffen gewesen. In ihr waren Lindius, Camyrus und Jalisus die besten Städte / die Insel aber begreifft in ihrem Umkreisse 820. Stadia, oder fast 30. teutsche Meilweges. Sie wurde in nachgehenden Zeiten offters von den Türcken vergeblich belägert und angefallen / bis sie letzlich Anno Christi 1522. von dem Türckischen Keyser Solymann eingenommen / und erobert worden.
(Die Stadt Memphis erbauet. A. M. 2212.) Gleichwie nun aber bey eräugnetem Kriege iederzeit die Vorschläge hierzu annehmlich / der Anfangleichte / das Mittel schwer / der Ausgang aber sehr zweiffelhafftig zu seyn scheinet. Also leben die Menschen bey der Ruhe deß Friedens viel sicherer: Denn dieser führet das Reichthum bey der Hand / dasselbige aber bauet Städte / Länder und Schlösser / und erhält den Menschen bey einem erwünschten Stande. Sobald die Archiver sich deß Krieges entlediget / und die Früchte des Friedens genossen / da baueter ihr König Apis oder Ogdous die Königliche Haupt-Stadt Memphis in Aegypten / welche an dem Orthe des Flusses Nili lieget / woselbst sich derselbe in seinen Ausgang zu theilen anhebet / und heutiges Tages Alcair genennet wird / diese Stadt ist unter allen in gantz Griechenland nach der Stadt Alexandria die ansehnlichste / bey welcher insonderheit der alten Könige ihre Pyramides, worunter sie ihre Begräbnüsse / merck würdig zu sehen. Ihr Bezirck soll sich auf 150. Stadia erstrecken / und hat man (deßgleichen Sparta. A. M. 2234. Euseb.) nachgehends daselbst einen Stier für einen Gott angebetet. Zwey und zwantzig Jahr darauf wurde die Stadt Sparta, oder Lacedaemon in Peloponnes gelegen / von dem Sparto des Amyclantis Sohne erbauet / welche hernach / als sie zu ihrer Vollkommenheit gebracht / viel blutige Kriege mit den Atheniensern geführet / und von dem Lycurgo mit guten Gesetzen versehen war / allermassen man dann auch in dem Buche der Maccabäer (Plutarchus.) findet / daß Sie mit den Römern in Bündnüssen gelebet. Sie hatte aber keine Mauern / sondern die Tugend ihrer Bürger / dienete ihr an Statt derselben / wie aus des Königes Agesilai daselbsten Antwort erhellet / als er gefragt wurde / warum man dieselbe mit keinen Mauern umfassete.
(12. Altadas. A. M. 2255.) Nach diesem Baleo succe dirte sein Sohn Altadas, nachdem sein Vater 52. Jahr regieret / und achtete dieses / daß man sich durch vielfältige Kriege / Mühe / Kümmernüß und Sorge viel Beschwerlichkeiten über den Hals zöge / den Untergang der Seinigen / und des Menschlichen Geschlechts (Die Zufriedenheit seiner selbst.) suchte / und dabey seiner selbst vergesse / für unbillig: Die jenigen / so in denen mit Mooß / Schilff und Stroh bedeckten Häusern wohnen / schlaffen viel sicherer und geruhsamer / als die / so sich täglich mit ihren angefüllten Reichthümern und Begierden vieler Länder und Königreiche (juxta Senecam.) plagen. Denn gleichwie die Dienstbarkeit unter dem Golde verborgen [80] lieget / also stecket hingegen vielmehr die Freyheit unter dem Riet und Stroh.
Wer seine Freyheit nicht werth hält / der ist sein eigener Feind. Non sit is alterius, qui suus esse potest. Un̅ wer sich derselben ohne Zwang begiebet / der ist gleich den Pferden / welche sich zum ersten mahl den Zaum über den Kopff werffen lassen. Wiewohl nun kein elender Ding / als wenn der Mensch nicht sein selbst eigen ist / so ist es doch eine viel elendere Dienstbarkeit / wenn derselbe mit seiner Seele dem Mammon, dem Zorn / der Mißgunst / denen Lüsten des Fleisches und dem Hochmuth dienet / und sich von solchen Begierden zu deß Leibes und der Seelen Gefahr verleiten lässet.
(13. Mamitus A. M. 2277. Metasthenes. Eusebius.) Unter diesem Mamito kahmendie abgefallenen Syrer und Aegyptier wieder zur Furcht / indem er die zur Zeit seines Vaters des Altadae im Müssiggange ersoffene Soldaten gleichsam aus dem Schlaf erweckete / und sie zur Kriegs-disciplin hielte / darnebenst aber brachte er seine übrige Zeit in Ruhe zu: Woraus zu sehen / daß ein müssiges Kriegs-Heer mehr schade / als nütze / und daß auf Seiten der Syrer sie die Freyheit höher als ihr Leben geschätzet. Denn alle Dienstbarkeit ist beschwerlich / da hingegen Jene anmuhtig und erträglich: Pythagoras sagte: es wäre niemand frey / als der Jenige / so über sich selbsten herrschte / welches alles von denen Menschlichen Affecten und Begierden zu verstehen. Der Römische Brutus meldete dorten wider die Tarquiner, es wäre entweder bey solchem Handel ein freyes Leben / oder ein rühmlicher Tod zu erwehlen / und der weise Cicero wündschete ihm annoch in seinem Leben zwey Dinge / nämlich / daß er vor seinem Absterben das Römische Volck in seiner Freyheit unverrückt hinterliesse / und dann / daß einem Jeglichen also gelohnet würde / wie er sich um das gemeine Wesen / und Vatterland verdienet gemachet hätte: Wie derohalben die Boßheit mit der Tugend nichts gemeines hat: Also auch die Dienstbarkeit mit der Freyheit: Nullum enim (Die Freyheit ist erkräglich un̅ unerträglich.) bonum est Libertatis bono melius aut praestantius. Trajano Boccalino nennete die Freyheit eine Docke / welche man denen weinenden Unterthanen gäbe / damit man sie darmit stillete / wenn sie aber schwiegen / so nehme man ihnen dieselbe hinwieder / ehe sie es inne würden. Die Freyheit bedarff nicht weniger Verstand sich mit Masse zu regieren / als Frömmigkeit sie zu erlangen. Nachdem sich einsmahls gantz Lusitanien an den Römer Marcum Brutum ergab / und die eintzige Stadt Ciana noch tapfer hielte / both ihr Brutus für die Ubergabe ein ansehnliches Stücke Geldes / die Einwohner aber derselben liessen ihm zur Antwort sagen / Es gebührete sich nicht / daß sie ihre Freyheit verkaufften. Denn es hätten Ihnen ihre Vorfahren die Waffen zu dem Ende hinterlassen / damit sie dieselbige bis auf den Tod verthädigen sollten. Non est liber, qui facit, quod ipse vult, sed qui quod decet, facit. Es bestehet aber dieselbe Freyheit nicht in deme / was einem ieden gelüstet / oder gefällt / sondern in deme / was recht / billich und verantwortlich ist. Ein wildes Roß / es sey auch dem Ansehen nach so edel und schön als es wolle / ist nicht tüchtig zum Reiten. Omnes deteriores sumus Licentiâ. Ein eigener Wille stürtzet sich offt selbst in das Verderben. Ein Gleichnüs dessen hat man an der Fabel vom Esel und Schaafe. Denn als diese beyde der Dienstbarkeit überdrüssig / und der Freyheit begierig / lieffen sie miteinander in den Wald. Der Hirsch begegnete ihnen unterwegens / und fragte sie / wo hinaus? Das Schaaf gab zur Antwort: Man hat mich zeithero nicht alleine gemolcken / biß auf [81] das Blut / und jährlich die Wolle bis auf die Haut abgeschoren / sondern ich muß auch noch täglich der Gefahr deß Todes unterworffen seyn. Der Esel aber klagte über die tägliche Bürde / so er ohn Unterlaß tragen / und noch darzu bey seiner geringen Spreu der Schläge gewärtig seyn müsse / darum wolten sie ihre Freyheit in den grösten Wäldern suchen. Der Hirsch sagte hierauf zu ihnen / O ihr thörichten und unbesonnenen Thiere / wisset ihr nicht / daß die Freyheit einem ieden nicht allezeit zuträglich un beqvem. Lieber / saget mir / was wollet ihr thun / wenn euch der Wolff oder Leue über den Hals Kömmet / wie wollet ihr euch derer / als die ihr entwaffnet seyd / versichert halten / oder euch deroselben erwehren. Die Freyheit hat offters die Trägheit zur Gesellin / und nützet nicht Jedem: Sie erfreuet und verdirbet. Denn wenn der jenige nur thut / was ihm wohlgefället / der begehet das / was GOTT zuwider läufft. Derowegen so bestehet endlich die Freyheit darinne / daß man dieselbe handhabe / nach der gesunden Vernunfft lebe / die Warheit nicht verfälsche / denen Gesetzen der Obrigkeit Gehorsam leiste / und eine zweifelhaffte Sache nicht für gewiß halte.
(14. Manaleus. A. M. 2307. Calvis.) Was Mancaleus deß Mamiti Sohn verübet / weiß man eigentlich nicht iedoch ist zu vermuthen / daß er bey solcher Regierungs-Last sich einer zuläßlichen Ubung muß bedienet haben. Denn man soll auch mit Masse herrschen / und denen / die in einer gewissen Sache eine Lust haben wollen / (Eines Potentaten Ruhe ist der Unterthanen Wohlfarh.) solche gönnen. Mit guten Worten und scharffen Straffen / hält man die Unterthanen auch in Zaume / es ist mit dem Kriege nicht allezeit gethan / alldieweiln offters besser sein Land erhalten / als ein anders mit Gefahr und Verlust seines eigenen gewinnen. Ein Regente muß sich offters einem Artzte vergleichen / der ohne Zange gute und böse Zähne heraus zureissen weiß. Im Zorn nicht zu gehling / im Streite nicht zu hitzig / und in Ubersehung nicht zu langsam / schafft und räumt zuweilen viel Unheil aus dem Wege. Ein Regente sitzet hoch / darum soll er unter sich sehen. Ex Bove & Vulpe optimè constat Respublica, modò Bovis Sententia non praevaleat. Mit Ochsen und Füchsen / pfleget man zu sagen / ist ein Regiment am besten bestellet. In allen Dingen macht der Verzug eine Sache verwirret / wenn ein Potentate in Entscheidung seiner Unterthanen Streitigkeiten säumig / der lässet sich einem Artzte vergleichen / bey dessen langweiligen Cur man lieber sterbe̅ / als ferner bey solchem zugezogene̅ Schmerzen leben will. Die Reputation eines grossen Herrens liegt nicht daran / daß man Ihn mit gebogenen Knien / und aufgehabenen Händen verehre / sondern daß derselbe vielmehr durch Leutseligkeit / durch Erhaltung Fried und Ruhe / durch Eintracht / durch Schmählerung der Aufflagen / durch Demuth / Sanfftmuth / und dergleichen Tugenden der Unterthanen Liebe und Gunst / und darbey auch zugleich seinen Respect erhalte. Denn wenn derselbige GOTT fürchtet / das Recht erhält / für Wittwen und Waisen sorget / die Justiz liebet / die Heuchler als Feinde der Warheit verfolget / die Gewaltigen dämpffet / das Unrecht vertilget / Treu und Glauben befördert / den Geitz verbannet / und nicht mit frembden / sondern seinen eigenen Ohren höret / dessen Wohlbestand ist beständig. Ein Mensch grünet durch sanffte Ruhe / und diese ist eine Vorbereitung zu einer neuen Arbeit. Es ist nicht übel gethan / wenn man sich für Schaden und Uberwindung hüten kan. Denn im Kriege gehet es zuweilen scharff her / so gar / daß man auch zu frieden / wenn man mit gleichen Streichen darvon kömmet. Da [82] hero ist der für glückselig zu schätzen / wer die Zeit annimmet / wie man sie findet / und sie gebraucht / wie man es zu verantworten gedencket. Endlich hält der Tod seine Gleichheit / für dem sich auch dieser Monarche in dem 28. Jahre seiner Königlichen Regierung bücken muste. Wohl derohalben dem / von welchem man nach dem Tode auch dieses sagen kan:
So lebet denoch sein Gerüchte /
Das ohne Fleck und Tadel ist /
Scheint es gleichschnelle am Gesichte /
So trauret es doch sonder List /
Zumahlen wann man von ihm höret /
Daß mans gebrauchet nach Gebühr /
Und es die Wollust nicht verstöhret /
Die sonst bey Menschen gienge für /
Kein besser Glücke ist auf Erden /
Als wo die volle Ruhe steht /
Und alles lässt vergnüget werden /
Bey dem / das nicht zu Grunde geht /
Da kan die güldne Zeit aufwachsen /
Biß an die hohen Himmels-Achsen.
(Der Juno Priesterin. A. M. 2309. Eusebius.) Unter diesem wurde die Callythia deß Piranthi Tochter bey den Argivern zur ersten Priesterinn der Juno verordnet. Denn weil dasselbe Ambt von keinen Manns-Persohnen / sondern allein durch gewisse Weibes-Bilder bestellt werden muste / so blieb man auch bey solcher Aberglaubischen Ordnung iederzeit. Es ist aber Juno des Saturni Tochter / oder / wie die Poeten vorgegeben / deß Jupiters Schwester / und zugleich auch desselbigen Gemahlin gewesen. Die Physici verstehen durch die Juno die Lufft / und halten dafür / daß sie deßwegen für des Jupiters Gemahlin und Schwester sey gehalten worden / alldie weiln die Lufft und Hitze eine grosse Verwandnüs miteinan der hätten. Man gab ihr etliche Nahmen / und heiß sie theils nach den Jenigen Oertern / wo sie verehret wurde / oder nach ihren geheiligten Tempeln / Ambte / und anderen Begebenheiten / bald Lucina, Bellona, Venus, Argiva, Samia, Lacinia, Bunaea, Februa, Acrea, Cynthia, Calendaris, Domiduca, Fluonia, Hypercheria, Unxia, Moneta, und anders dergleichen mehr. Die Poeten machen viel Wesens von ihr / und geben vor / wie sie einsmahls Hercules in die rechte Brust mit einem Pfeile verwundet: Von dem Oceano erzeuget / von den Stunden erzogen: Für eine Göttin des Reichthums geachtet: Von den Pfauen auf einem Wagen geführet: Vom Jupiter mit einem güldenen Bande in die Lufft geknüpffet / und den Vulcanum, Heben, Martem, Argem, Ilythiam und andere Kinder mehr gezeuget. Die Jenigen Oerter / woselbst man Ihr Göttliche Ehre erwiese / war die Stadt Carthago, Prosymna, Argos, Mycen, die Insul Samus, und die Völcker Pholisci / [83] (Comes Natilis in Mythologia l. 10. p. mihi 1033.) und Tatij. Was aber Physicè von ihr zu verstehen / So ist dieselbe / wie gedacht / des Saturni Tochter gewesen / alldieweil erstlich der Himmel von Gott / als dem Werckmeister erschaffen / hernach ist aus desselbigen Lauffe die Zeit / und aus dieser die stetswährende Lufft / folgends aber die Elementa gemacht worden / unter welchen dann die Lufft / nämlich die Juno, als eine Unterhalterin des gantzen menschlichen Lebens / zunechst dem Jupiter / das vornehmste Element / vermittelst dessen es regnet / und hagelt. Durch die erwärmte Lufft werden Thiere und allerhand Erd-Gewächse gezeitiget / durch Sie verjünget sich alles / und durch Hülffe ihrer schöpffet man zum öfftern Athem: Alldieweil aber die Lufft vornehmlich aus dem Wasser entspringet / so nimmt man dahero Gelegenheit / und saget: Wie Juno von der Thetide einer Wasser-Göttin / und dem grossen Meere Oceano gebohren worden wäre; Wenn die Juno ihre Handthierung in Herfürbringung allerhand lebendiger Thiere in der Lufft hat / so sagt man / Sie wäre des Jupiters Gemahl. Wenn sie sich zu dem Feuer näherte / so gebähre sie den Vulcanum: wen̅ sie mit ihrer angenehmen Lufft denen kreissenden Weibern zu statten käme / so sey sie eine Beherrscherin un̅ Beförderin derselbigen zur Geburt / also / daß durch ihr die Alten alle die jenigen Kräffte und Handlungen verstanden / welche entweder an Macht lebhafftig / oder sonst zur Vollkommenheit gebracht werden.
(15. Sphaerus A. M. 2335. Cassiodorus, Metastehnes. Eusebius.) Nach dem Mancaleo bekam sein Sohn Sphaerus das Reich. Dieser stunde demselben beydes zu Kriegs als Friedens-Zeiten sehr wohl vor / so gar / daß er auch das Glücke mit der Tugend / und diese mit Jenem verwechselte. Denn wo diese / und die Weißheit beysammen / da wird die Welt wohl regieret. Zwey Dinge machen böse Regenten / nehmlich ein arger Rath / und grosser Herren Gesetzlose Freyheit. Wenn ein Potentate (Das Mittel / worzu ein Regente greiffen soll.) sich nur allein der Alten zu seinem Dienste gebraucht / so wird wegen ihres unvermögenden Alters seine Regierung und Verwaltung / hintenangesetzet; Vertrauet er sich zu viel den Jungen / so wird er zugleich darbey verwegen / und die Reue kömmt Ihm sodann zu spat in die Hände. Nimmt er selbst alles nach seinem Kopfe vor / so wird er vermessen / wenn er aber sein Land mit Zuziehung der klugen Alten / und der kühnen Jugend regieret / so hat seine Regierung einen Bestand. Eines Regenten Schuldigkeit ist / daß er des Volckes Beschwerung soll abschaffen / und das allgemeine Anliegen erledigen / will er anders ein warhafftiges Lob nicht eben bey seinen Schmeichlern und Fuchsschwänzern / sondern bey des Volckes gemeiner Rede erlangen. König Jacob Allmansor in Spanien lies um seinen Thron folgende Sprüche schreiben: Die Gerechtigkeit soll über die Könige herrschen / und die Liebe über die Reichen: Die Gerechtigkeit soll über die Könige herrschen / und die Liebe über die Reichen: Die Macht soll die Eitelkeit betrachten / die Keuschheit die Jugend zieren / die Gedult sich gegen die Armen erweisen / und die Furcht des Himmels über Könige seyn. Als Chrysippus gefragt wurde / warum er sich in Regiments-Sachen nicht mit einliesse / gab er zur Antwort: Es siehen mir dißfalls zwey Dinge im Wege. Denn gehe ich mit den Bürgern unrecht umb / so erzürne ich die Götter: nehme ich aber das / was bey den Göttern zu verantworten stehet / und recht ist / vor / so verstosse ich den Bürgern / und mache mir sie darüber zu Feinden. Darum ist es besser / ich bleibe darvon.
König Philipp in Spanien / vergliche sich / und seine Regierung einem Weber-Stuhle / bey welchem man / wenn das Gewircke von statten gehen sollte / mit Händen und Füssen arbeiten / und dafern ein Faden abrisse / wohl zusehen müste / wie derselbe ohn Verwirrung wieder anzuknü [84] pfen wäre / gleicher Gestalt müste er auch auf seine Reiche in Spanien / Indien und Welschland sehen / damit / wenn etwas daselbsten mangelte / er es wieder ergäntzen / und nicht das gantze Werck seiner Regierung dadurch verderbet werden möchte. Als König Heinrich zum Könige in Pohlen von den Ständen beruffen ward / und er auf der Hinreise begriffen / übergab ihm Herzog Ludowig Gonzoga zu Nevers einen schrifftlichen Unterricht / wie er solches Reich mit Bestande regieren möchte. Der König nahm solchen zu sich / und nachdem er denselben gelesen / zerreiß er die Schrifft und sagte: Alle Königreiche müssen nach ihren Grund-Gesetzen / und nach der Unterthanen Lands-Art / und Natur / und nicht nach anderen Sitten regieret werden. Denn wer alle Völker nach einerley Rechte zu beherrschen begehret / der ist gleich einem Schneider / welcher einem Boklichten ein gleiches Wamst / wie Einem / der einen geraden Leib hat / verfertigen will. Jener Verständige sagte / die Regenten sollten sich bemühen / gerecht un̅ gelinde zu seyn: Denn bey der Gerechtigkeit würden sie sich bey den Frommen / und bey der Gelindigkeit bey den Bösen beliebt machen. Mit einem Worte / ein vernünfftiger Potentat ist in allen seinem Thun gedultig und beständig / Er weiß / wie alles auf einem klugen Rathe bestehe / da hingegen ein unvernünfftiger alles lässet hingehen / verdammet seine Anschläge / und hält vergeblichen Nachrath. Dieser Sphaerus lebte also / daß er wuste / wie er das Sterbliche anlegen / sein Reichthum geniessen / seine Hoheit erhalten / und alles Irrdische / als entlehnte Kleinodien / widerum verlassen sollte.
(AEthiopier fallen in Aegypten. A. M. 2336. Philost. in vitâ Apollonii. AEthiopia.) Bis anhero hatten sich die AEthiopier bey dem Flusse Indus aufgehalten / anietzo aber begaben sie sich mit gesammter Macht in Aegyyten. Es ist sonst AEthiopia ein Theil Landes von Africa unter der Zona torrida zwischen Arabien und Aegypten gelegen / welche den Nahmen von AEthiops des Vulcani Sohn herführet / und wird inzwey Theile / nämlich in das Orientalische und Occidentalische getheilet. Alles was daselbsten fruchtbar / ist unter dem Polo meridiano, gegen Niedergang ist es bergicht / und in der Mitten gegen Orient sandigt und gantz wüste. Von Mittag wird es von dem Oceano, und von Mitternacht von dem Flusse Nilo umschlossen / Es hat daselbsten unterschiedene Arten Völcker / welche von Angesichte schwartz / grausam / un̅ gleichsam wider die Natur anzusehen seyn / gestalt es denn allda auch viel grausame Thiere / und unter andern Rhinoceros, Parder / Basilisken / grosse Drachen und Schlangen / insonderheit (Das Thier Chamaelon. Plinius. lib. 28. c. 8.) aber das Thier Chamaeleon giebet. Dieses ist von Farben sprenglicht / gleich einem Parder / und was für Farben es vor sich beköm̅et / ausser die rothe und weisse / darein soll es auch die Seinige verkehren. Es ist von Gestalt und Grösse gleich einer grossen Heidere / ohne daß es gerade und erhobene Beine / einen Schnabel gleich einem Schweins-Rüssel / Augen / welche mit dem Leibe übereinkom̅en / und dieselben niemahls aufthut / und einen zugespitzten Schwanz / und krumme Klauen hat / auch sich an Bewegung einer Schild-Kröte / und an der harten Haut einem Trocodile vergleichet / und sich nicht / wie andere Thiere / von der Speise und Tranck / noch einem andern Dinge / sondern allein von der Lufft ernehret / und sich des Winters über für der Kälte / wie die Heydexe / verbirget.
(16. Mamelus. A. M. 2357.) Als Sphaerus 22. Jahr den Königlichen Thron besessen / folgete Ihm in der Ordnung Mamelus, der gleichfalls in solcher Königlichen Hoheit 30. Jahr lebete. Was er aber in währender solcher Zeit fürgenommen / wird nichts gewisses davon geschrieben / ohne Zweiffel wird er die stille Ruhe für den Krieg / den Frieden für das Blut der Feinde / und [85] das Recht / und die Freyheit für den ungewissen Ausgang des Glückes / und die Wohlfarth / und Besitzung des Reichs der Begierde mehr Länder (Wer vergnügt / der ist der reicheste.) zu beherrschen fürgezogen haben. Denn ein ruhiges Leben / und ein hoher Verstand bleibet unbewegt / und der Jenige / welcher einen mit Gewalt auf den Fuß tritt / oder seiner Revier zu nahe rücket / der kommet gemeiniglich mit Schmach und Gefahr zurücke. Wer es nicht besser weiß / dem schmecket alles wohl: Qui contentus est suis, non invidet alterius Fortunis. Einem Hungerigen ist kein Brod zu schwartz. Denjenigen hält man nicht für unweise / der sich in seinen eigenen Stand wohl schicket / und nicht nach solchen Dingen trachtet / welche ihm sein / Leben schwerer / sein Regiment verdrüßlicher / und seine Untergebene in Gefahr setzet / Dergleichen Beschaffenheit hat es auch mit den Königreichen dieser Welt / da bald eines empor steiget / das ander baufällig / und das Dritte gar über den Hauffen geworffen wird. Betrachtet man eigentlich des Glückes Zustand / so ist man niemahls damit zufrieden / will man aber zwischen der Vergnügsam- und Unvergnügsamkeit einen Unterscheid sehen / wie hell die kleinen Flüsse / und hingegen die grossen Ströhme so trübe dahin streichen. Dahero so ist auch ein vergnügter Stand viel ruhiger / als ein grosser und unbeständiger: Der Jenige / wer sich vergnüget / derselbe hat / was er an sich selbst nicht hat; Wer sich aber nicht vergnüget / den erfreuet auch nicht das / was er würcklich besitzet.
(Die Stadt Epidaurus erbauet. A. M. 2357. Plinius l. 4. c. 5. AEsculapii Tempel.) Bey angehender Regierung dieses Assyrischen Monarchens / wurde die Stadt Epidaurus in Peloponnes / und der Griechischen Provintz Achaja gelegen / erbauet / woselbst hernacher des AEsculapii berühmter Tempel anzutreffen gewesen. Es war aber dieser AEsculapius ein sehr geschickter Artzt / dessen Söhne auch / Nahmens Podalirius und Machaon in dergleichen Wissenschafften nicht unerfahren / und eine zeitlang zu Troja sich aufgehalten; Dahero man Ihn auch / weiln er für des Apollinis Sohn geachtet wurde / unter die Zahl der Götter rechnete. Die Alten eigneten ihm eine Schlange zu / alldieweiln man von dergleichen Thiere viel gute Artzneyen zu machen pfleget. Und als einsmahls sich bey den Römern (Der Römer Aberglaube.) eine hefftige Pestilentz entsponnen / und das Oraculum auf Befragen / ihnen den Rath gegeben / daß sie dißfalls den AEsculapium nur nach Rom holen sollten / rüsteten sie gen Epidaurum eine Gallee mit drey Rudern aus / und schickten darauf ihre Gesandten dahin. Nachdem aber die Epidaurier ihren vermeinten Artzney-Gott ungerne von sich lassen wollten / stelleten sie ihnen eine grosse Schlange mit sich gen Rom zu nehmen zu / und weil dieselbe an dem Hintertheile des Schiffes in einen Ring zusammen wandt / meineten dieselben nicht anders / es wäre der AEsculapius, und führten sie mit grosser Ehrerbietung gen Rom. Woraus man siehet / wie eine Abgötterey öffters der andern die Hand beuth. Der Aberglaube ist ein Affe / welcher der wahren Gottesfurcht alles nachthut; Es fragte einsmahls Einer den weisen Catonem, was das bedeute / daß ihm die Mäuse seine Hosen zerbissen? Worauf derselbe den Kopff schüttelte / und sagte: Du hast dich über dasselbe nicht zu verwundern; Wenn aber deine Hosen die Mäuse gebissen / und gefressen / das hätte alsdenn was grosses auf sich.
(Thessaliens Uhrsprung. A. M. 2371. Eusebius.) Alle Königreiche haben einen gewissen Anfang. Zu dieses Zeiten richtete Thessalus, des Pelasgi, oder / wie etliche wollen / des AEmons, Jasons, und Medeae Sohn / das Thessalische Reich auf / von welchen es nachge [86] hends den Nahmen Thessalien behalten. Dieses ist eine Landschafft in Griechenland / welche vor Alters unter Attica mit begriffen / und auf der einen Seiten Boeotien, auf der andern Seite aber Macedonien liegen hat. Sie soll vordessen Pyrthemia nach der Pyrrha des Deucalions Weibe geheissen haben / allwo zu derselben Zeiten sich eine grosse Diluvium, oder Wasserfluth eräugnet / und die meisten Völcker daselbsten / auser etlicher wenigen / darunter auch Deucalion, und sein Weib Pyrrha gewesen / die ihre Flucht auf den Berg Parnassum genommen haben / ersäuffet. Diese erstreckte sich von dem Meere / und dem Berge Thermopylis bis zum Ausbruche des Flusses Penei. Man nennete auch dieselbe hiebevorn Pharsalia, Macedonia, Emathia, und Campi Philippici: Der Berge daselbsten zehlet man 24. worunter Pindus, Othrys, Pierus, als eine Wohnung / und Vaterland der Musen / Pelion und Ossa, die zu Zeiten des Riesen-Krieges sehr beruffen gewesen / für die edelsten / und die Flüsse alda / als Apidanus, Enipeus, Melas, Phoenix, Onochanus, und Pamisus für die grösten zu achten.
(Aarons und Mosis Geburth. A. M. 2369. Exod. 2.) Damahls ward Aarons des Amrams und der Jochebedae Sohn / der seiner Beredsamkeit halber der Mund Mosis genannt / und von den Israeliten mit dem Hohenpriester-Ambt versehen wurde / gebohren / und drey Jahr darauf Moses / welcher / nachdem zur selbigen Zeit das Königliche Geboth wegen Tödtung der Israelitischen Knäblein in Egypten erfolgte / auf das Wasser gesetzt / von / der Tochter Pharaons gefunden / an Kindes Stadt auferzogen / und in allerhand Egyptischer Weißheit unterrichtet ward. Man hat sich leicht einzubilden / wie damahls / als ein solch scharffer Befehl ergienge / denen schwangern Weibern muß zu Muthe gewesen seyn / denn gleichwie bey den andern die Hoffnung zur Genesung die Geburths-Schmertzen etlicher Massen linderte: Also wurde bey der Jochebed hingegen / und daß sie einen Sohn gebahr / die Furcht verdoppelt. Es ist nicht böse / wenn man zuweilen etwas wegen grosser Gefahr waget. Sobald / da dieselbe ihren Sohn den Mosen an das Liecht brachte / versteckte sie ihn für den blutgierigen Egyptiern; Wie aber dieses den Stich nicht hielte / bereitete sie ein Kästlein von Rohr / legte ihn darein / und vertrauete denselben den Wellen: Ihrer Tochter Augen vertraten die Stelle eines Wächters: Moses schwamm dahin / kein Freund / und seine Mutter durffte sich seiner annehmen / GOTT aber war sein eigner Schutz / und durch Veranlassung Pharaonis Tochter sein Aufenthalt: Sie erblickte das Kästlein / that es auf / und fand darinne / was sie nicht vermeinet: Die schöne Gestalt / und die Thränen des Mosis wirckten in ihr Barmhertzigkeit / und indem ihr Hertze voller Mitleiden / und Sorge / tratt des Mosis Schwester herzu / erboth sich Kinde eine Amme zu verschaffen / und hohlete des Mosis leibliche Mutter. Durch diesen Wechsel erhielte die Jochebeda zugleich ihren Sohn / und darbey einen reichlichen Unterhalt. Wie derohalben Moses erwachsen / sahe Er nicht auf die Pracht / und Ehre / so er in Egyten hatte / sondern er bekümmerte sich vielmehr um die unerträgliche Last Israels. Und als er einsten gewahr ward / wie ein Egyptier unverschuldet einen Ebreer schlug / that ihm dieses Unrecht so weh / daß er denselben aus gerechter Rache tödtete / und in den Sand scharrete: Es trug sich aber zu / daß sich zweene Ebreer miteinander zancketen / und weiln Moses sie auseinander setzen wollte / warff der Ungerechte ihm seinen begangenen Todtschlag für / wor [87] über er sich aus Furcht für dem Pharao darvon machte. Also kan zuweilen der ärgste Feind des andern höchster Beförderer seyn: Denn hätte dieser Ebreer die That eher offenbahret / wäre Moses ergriffen worden / nun er aber gewahr wurde / daß er verrathen / stellete er seine Flucht desto behender an.
(17. Sparetus. A. M. 2387. Sleidanus, Berosus.) Bey seinem des Mameli Reichs-Nachfolger / dem Spareto hieß es: Der Mensch kan nicht eher der Ruhe geniessen / es sey denn daß sein Nachbar wolle. Denn als die Syrer und Phoenicier einen Ausstand wider ihn erregken / ergrieff er wider dieselben die Waffen / und brachte sie mit Zwang und Gewalt dahin / daß sie sich wieder unter seinen Gehorsam ergeben musten. Es ist eine allgemeine Welt-Art / daß man mehr auf dasjenige / was man nicht hat / als das / was man allbereit besitzet / erpicht sey / sintemahl man mehr nach der Neuerung / und zwar mit einer weit grössern Lust / als sonsten etwas andern strebet. Dahero man auch die Beyschläfferinnen mehr als die Eheweiber sucht: Zur Zeit seiner Regierung trug sich dreyerley Denckwürdiges zu. Das Erste war ein erschreckliches Erdbeben / welches die Babylonier hefftig erschreckte: Das Andere ware das Thessalische Diluvium oder die Uberschwemmung desselbigen Königreichs / von welcher und dem Könige Deucalion, weil (in Mecem.) derselbe um die Gegend des Parnassi regierete / und viel der Seinigen auf solchem Berge beym Leben erhalten wurden / Ovidius viel Wesens gemacht / und sie mit der Sündfluth des Noce verwirret hat: Das Dritte (Xenophon de AEquivoc.) war die grosse Feuersbrunst / so sich im Mohrenlande / und Italien an dreyen Orten durch die allzu grosse Sonnen-Hitze entsponnen / und dahero an Menschen / Vieh und andern kostbaren Gebäuden / einen fast unbeschreiblichen Schaden verursachte.
(Josua gebohren. A. M. 2408.) Bey des Königes Spareti Regierung wurde der Held Josua der Sohn Nun / des grossen Propheten Mosis Diener und Schüler / hernacher durch Göttlichen Antrieb desselben Nachfolger / gebohren. Als nun / wie gesagt / Moses von des Pharaons Königlichen Hose sich hinweg begabe / und in Midian flohe / vergaß er gar gerne die höchste Gnade an des Pharaons Hofe / setzete die Begierde des Ehrgeitzes beyseite / und fand in der Wüsten Midian (Mofis Beruff. Exod. 3.) mehr Lust / als andere in den herrlichen Pallästen. Das merckwürdigste von dem Verlauff seines Lebens aber wird in drey Theil getheilet. Denn er wurde 40. Jahr an dem Königlichen Hofe in aller Egyptischen Weißheit auferzogen / war ein Hofmann / befand sich daselbst als einer von einem hohen Geiste und guter Gelehrsamkeit / 40. Jahr hielt er sich in Midian auf / nahm daselbst die Zipora des Priesters Jethro Tochter zur Ehe / zeugete Kinder / und beflisse sich des Schäffer-Lebens: Denn wie uns GOTT in unserm Beruffe findet / so treffen wir ihn auch in seiner Gnade an: Kein Müssiggänger ist iemahls mit eintziger Erscheinung gewürdiget worden: 40. Jahr aber regierete er über die Stämme Israel / gestalt er in dem 80sten Jahre seines Alters von dem Allerhöchsten beruffen / undzusamt seinem Bruder dem Aaron an des Königes Pharaons Hoff / daselbst er durch Zeichen und Wunder ein grosser Mann wurde / gesendet ward. Denn als er seines Schwehers Jethro des Priesters in Midian bey dem Berge Horeb der Schafe hütete / erschien ihm der Engel des HERRN / oder vielmehr der Sohn GOTTES in einer Feuerflamme aus dem Busche / und befahl das Volck Israel aus der Aegyptischen Dienstbarkeit zu führen: Tritt herzu / sagte GOTT / und komm nicht zu nahe. Daß [88] ein Busch brennet / ist kein Wunder / daß er aber nicht verbrennet / das hat was auf sich. Denn GOTTES Macht ist an den kleinesten Dingen am grössesten. Aaron brachte das Wort bey dem Könige Pharao an: Pharao wollte lange nicht / bis er durch Göttlichen Zwang muste. GOTT hätte zwar den Pharao bald können aus dem Wege räumen / allein Er wolte ihm zuvor seine Unbilligkeit darthun / ehe er denselben bestraffte: Der Teufel ist GOTTES Affe / dessen Werck keinen Bestand hat: So bald im Nahmen des HERRR Moses den Stab aufhub / muste alles verstummen / und alle Creaturen wollten für GOTT zusammen treten. Es sind aber diese vorhergehende Wunderwercke in folgende Verse begriffen:
Prima rubens unda: Ranarum plaga secunda:
Inde Culex tristis, post Musca nocentior istis:
Quinta pecus stravit: Anthraces sexta creavit:
pòst sequitur grando: pòst Bruchus dente nefando,
nona tegit Solem: primam necat ultima prolem. das ist:
Zu erst wird Wasser Blut: der Frösche grosse Plage
erfüllt das gantze Land: Es wächst von Tag zu Tage
die Straff in Nilus Reich: Kaum sind die Läuse fort /
so stellt sich das Geschmeiß der Fliegen an den Ort /
das noch mehr schädlich war: Aegyptens Vieh muß sterben:
An Blattern schwartzer Art manch Menschen Kind verderben:
Was hiervon übrig bleibt / das nimmt der Hagel hin /
Und weil verhärtet ist des Königs Hertz und Sinn:
So folgt das grosse Heer der schrecklichen Heuschrecken /
Es muß die Finsternüs auch Lufft und Himmel decken.
Die Erst-Geburth / erschlägt zuletzt des Engels Hand /
So hefftig war ob dir / Aegypten / GOtt entbrannt.
(Er führet die Kinder Israel aus Egypten. A. M. 2453. Exod. 12. c. Das denckwürdigste hierbey.) Hierauf zogen die Kinder Israel in die 600000. Mannschafft / ohne die Kinder aus Egypten / Pharao / der Ihnen nachjagete / ersoff in dem rothen Meere / mit seinem gantzen Krieges-Volcke / und ist dieses das merckwürdigste / daß GOTT (1) die Israeliter nicht geraden Weges auf der Philister Strasse nach dem versprochenen Lande / welche Reise innerhalb 10. Tagen hätte können vollbracht werden / soudern zur Seiten auf die Wüsten zwischen den Bergen nach dem rothen Meer führete / welches sich auf Ausreckung Mosis Stab zertheilete / da dann der HERR des Nachts in einer Feuer-Seule / und des Tages in einer Wolcken / die sie für der Sonnen-Hitze bedeckte / für denselben her zoge; denn weil das grössere Liecht das kleinere verlöscht / so wies der HERR ihnen nicht das Feuer / sondern die Wolcke / darnach sie sich richteten / (2) daß sie GOTT mit dem Himmel-Brod 40. Jahr speisete / damit ihr Tisch alle Morgen bereitet / und seine Macht dadurch an diesem Manna / welches bey Aufgang der Sonnen schmeltzet / und gleichwohl dadurch viel tausend Menschen erhalten wurden / verspühret werden möchte. Denn weil die Erde ihnen das Brodt versagte / muste der Himmel die Handreichung thun / die Winde die Wachteln herzu wehen / und aus Felsen Wasser wunderbahr hervor springen: Ihr Lager bestunde in dreyerley Ordnung: Das erste was GOTTES in der Stiffts-Hütte / worinnen der Allerhöchste in einer Wolcken über den Cherubim der Herrligkeit in dem Allerheiligsten erschiene: Das andere die Hütte Mosis / die Hütte Aarons / [89] und der Leviten / die wiederum dreyfach eingetheilet / als in die Merathiter / Kahathiter / und Gersoniter / und das Dritte der Zwölff Stämme / der Stamm Juda hatte den Vorzug / dann folgte Isaschar / Sebulon / Ruben / Simeon / Gad / Ephraim / Manasse / Benjamin / Dan / Asser und Naphthali.
Diese brachen auf / wenn die Wolcken-Säule sich erhub / ihre Ordnung aber geschahe auf die Weise / wie die Trompete ihren Schall gab / nach dem Wort des HERRR / lagerten sie sich / und nach dem Wort des HErrn zogen sie. Woraus alle Hohen der Welt zu lernen / wie sie auch ihre Läger und Reichs-Ordnungen anzustellen haben / damit GOTT ihren Thron bestätige / unter ihnen wohne / und ihre Stände bey gutem Segen erhalte.
Merckwürdig war auch dieses / nehmlich die Aufrichtung des Königlichen Priesterthums unter diesem Volcke / die Gesetze des wahren GOTTES-Diensts / als da waren die Bund-Gesetze / die Zehen Gebothe / die Kirchen-Gesetze / und Ordnungen von der Priester Speise / Kleidung / Besprengung / Opfer / und Fest-Tagen / und damit ihnen GOtt alles desto besser für Augen stellete / und sie Seiner nicht vergessen sollten / so hatten sie auch die Beschneidung / die Säume an den Kleidern / den Unterscheid der Speisen / die Gebothe über ihre Thür-Pfosten / den Erstgebohrnen / welcher GOtt muste geheiliget werden. Die Erste Geburth an Viehe / den Zehenden von Aeckern und Weinbergen / die Zeit des Sabbaths / den neu Monden / die Fest-Tage / das Erlaß- und Jubel-Jahr. Das vornehmste aber / daß GOTT seine Wohnung unter ihnen hatte / und diese war anfangs die Hütte des Stiffts / welche in der Wüsten innerhalb sieben Monaten verfertiget wurde / dieselbe knnte man nachdem das Volck sich gelagert / oder aufgebrochen / bald zerlegen / bald wiederum aufrichten. Worauf denn zur Zeit Salomonis auch in sieben Jahren der herrliche Tempel zu Jerusalem erbauet wurde.
Ihre weltliche Rechte aber / ohne welche eine Stadt / oder Commun nicht bestehen kan / und mit denen die Gerechtigkeit am meisten grünet / waren die rechten Grundseulen eines Reichs / und des gemeinen Besens / durch welche / wann die recht gehalten werden / auch ein jedes Reich bestehen kan / wiewohl etliche deroselben also beschaffen / daß die Israeliten angehen / als de Divortio, & suscitando fratri semine, &c.
(18. Ascades A. M. 2429. Incendium Phaëthontis.) Ascades oder Ascatades gab seinem Vater an Tapfferkeit nichts nach / vermehrete die Monarchie / und unterwarff sich ihm gantz Syrien. In diesem Jahre hat sich in AEthiopiâ und Italien von der allzu grossen Hitze der Sonnen eine grosse Feuersbrunst eräuget / welche Phaëthon, als ein berühmter Astronomus / und des Himmels-Lauffs Erfahrener zuvor (Ovid. l. ???. c. 1.) geweissaget hatte. Die Poeten dichten / daß Phaëthon der Sonnen oder des Phoebi und der Clymene Sohn gewesen / und als ihm einsmahls von dem Aegyptischen Könige Epapho aufgerückt / als wäre er zwar des Phoebi Sohn / iedoch aus einer unrechtmässigen Ehe erzeuget / hätte er sich nebenst seiner Mutter zu dem Phoebo begeben / und von ihme begehret / daß wenn er sein rechter Sohn / Er ihm einer Bitte gewähren sollte / und als Phoebus in sein Begehren gewilliget / und er ihn um den Sonnen-Wagen auf einen Tag darauf an dem Himmel herum zu fahren angesprochen / und er solches nach langem Bitten erhalten / hätte Phaëthon sich hiernächst auf den Wagen gesetzet / wäre aber weil ihm die himmlische Strasse nicht bekannt gewesen / dem Sieben-Gestirne zu nahe gefahren / die Erde / und das Meer an [90] gezündet / und darüber von Jupiter aus Zorn mit seinen feurigen Strahlen erschossen worden. Die Erklärung aber dieser Fabel ist diese: Es hat sich / wie gedacht / dazumahl eine überaus grosse Dürre / Truckenheit und Hitze eräugnet / welche den gantzen Sommer über bis mitten im Herbst gewähret / auf welche ein hefftiges Donner-Wetter mit vielen Blitzen erfolget / daß dahero die Fabel entstanden / als hätte Phaëthon der Sonnen Wagen nicht recht zu führen gewust / und hätte ihn um des willen Jupiter mit Donner erschlagen / gestalt man dann auch dieses andeuten wollen / daß man offtermahls über wichtige Dinge und Verrichtungen unerfahrne Leute setzete / wodurch nicht allein dieselben sich in das gröste Unglücke stürtzeten / sondern es auch denen Jenigen selbsten / so sie darzu befördert / zum grösten Nachtheile gereichte. Die Reue ist zu spat / wenn das Unglück vor der Thüre: Es ist besser / eine vorsichtige Furchtsamkeit / als eine tollkühne Vermessenheit. Ein verwegener Jüngling ließ sich auf seinen Dolch dieses etzen: Ich steche ohne Unterscheid. Es trug sich aber zu / daß ihm der Dolch eines Tages entfiel / und er dadurch sich in den Fuß verletzte. Die Unbedachtsamkeit ist des Menschen eigenwilliges Unglück. Wo die Vorsichtigkeit mangelt / da spielet gemeiniglich dieses den Meister. Dort mahlte man einen krehenden Hahn auf einen Baum mit dieser Uberschrifft: Et ardet, & audet. Wer ohne vorherbedachten Rath bald anfangs mit dem Kopfe oben hinaus will / der thut gemeiniglich mehr Schaden / als er ausrichtet.
(Bacchus ein Erfinder des Weins. A. M, 2438.) Damahls soll auch Dionysius Bacchus den Weinbau erfunden haben. Denn nachdem Ihn König Oeneus des Meleagri Vater in AEtolia an seinem Königlichen Hofe gar freundlich aufgenommen / und der Hirte Staphylus dem Könige eine schöne Weintraube überreichete / hat er dem Oeneo gezeiget / auf was Masse und Weise man wieder anlegen sollte; Es sind aber derselben / die dergleichen Nahmen geführet / ihrer etliche gewesen / und unter andern auch der / so von dem Jove, und der Semele gebohren / dieser hat hernacher viel Länder durchreiset / viel Völcker bezwungen / Indien bekrieget / und den allerersten Triumph auf einem Indianischen Elephanten gehalten. Von Ihm sind die Bacchae, oder Mulieres Bacchantes, die tollen und vollen Weibes bilder hergekommen / und nach seinem Nahmen genennet worden. Von Ihm schreibet man dieses:
Bacchus & afflictis Requiem mortalibus affert,
Crura licet durâ compede pulsa sonent:
Uber dieses dichtet man von des Jovis und der Semele Sohne dem Baccho, daß er zweymahl gebohren / seine Priester und Priesterinnen wären die Bacchae, Maenades, Thyades, Triaterides, Euchyades, Mimallonides, Eleides, AEdomides, und Bassarides, und hätte eine stetswährende Jugend auf sich behalten. Die Feste so man ihnen zu Ehren hielte / hieß man Liberalia, Bacchanalia, Dionysia, und Orgia, welche aber nicht zu einer Zeit geschehen. Seine Söhne waren dem Vorgeben nach / Hymenes, Thoas, und Thyoneus. Man verehrete Ihn / als einen Gott zu Theben, welcher deswegen auch Dircaeus genennet wurde.
Vel Baccho Thebas, vel Apolline Delphos insignes.
(Virgilius Plinius. Herodotus.) Das jenige / was man Jhm zu Ehren opferte / war ein Ziegenbock / Esel / und Saue. Es ist aber was die Alten von dem Baccho gedichtet / daß er nehmlich von den Nymphen ernehret / und auferzogen worden sey / nicht ungereumet / indem die Nymphen in allen natürlichen Dingen die Materia sind / woraus hernach die Gestalt genommen wird. Unter Ihme verstunde [91] man auch die Art und Eigenschafft der Trunckenbolden / die uns den Wein mässig zu trincken lehren / und was für Schande und Schmach aus solcher Trunckenheit entstünde / vor Augen stellen sollten. Daß aber den Bacchum viel Teufels-Gespenste und wilde Thiere begleiteten / bedeutete / wie aus der Füllerey viel Laster / und Bubenstücken / nehmlich Verwegenheit / Unschamhafftigkeit / Trägheit / Wollust / Verschwendung der Güter / Haß / Neid / Feindschafft / und ein gantz bestialisches Leben erfolgete.
(Apollinis Tempel. A. M. 2450. Cedrenus. Macrobius.) Zwölff Jahr darnach hat in der Insel Delos Erysichthon des Königes Cecrops zu Athen Sohn / den Tempel Apollinis erbauet / den man nachmahls für einen Gott / oder die Sonne selbsten hielte / und ihme unterschiedene Gewalt beymaß. Denn / wie man sagt / so ist er der Reime Urheber / das Haupt der Warsager-Kunst / ein Erfinder der Bogen und Pfeile / der Artzney / und der Harffe / gewesen. Dahero von Ihme das Sprichwort gekommen: Was hat Apollo gutes gesungen? Des Apollinis Dreyfuß soll ein güldenes Geschirr / so auf drey Füssen gestanden / gewesen seyn / welches von dem Vulcano gemacht / und dem Pelopi, als er sich verheyrathet / verehred worden. Cicero giebt vor / es wären viererley Apollines, nehmlich einer zu Athen / der andere des Corybantis Sohn in Cretâ, der dritte des Jupiters und der Latonae, und der vierdte der in Arcadien, deswegen ihn auch die Arcadier Nomion, weil er ihnen gewisse Gesetze gegeben / genennet / und hernacher wegen seiner Tyranney / und Grausamkeit aus dem Reiche verstossen / welcher zum Könige Admeto in Thessalien geflohen / und bey dem Flusse Amphryso sein Vieh gehütet hätte. Es ist aber Apollo, und Sol ein Künstler aller Sachen / welcher von dem Glantze / und Scheine den Nahmen Phaebus bekommen / indem Er wegen seines umschweiffenden Lauffs unter dem Thier-Creyse beydes das Gewächse / und alles was einen Athem hat / zeitiget / theils durch seine gleichförmige Wärme die Gesundheit zuwege bringet / theils auch wegen der übermässigen Hitze / ein und das andere schädliches Gifft / und Pestilentz erreget.
(die Stadt Lacedaemon erbauet. A. M. 2464.) Hiernechst ward die Stadt Lacedaemon von dem Lacedaemone des Jupiters / und der Atlantidis, oder Taygeres Sohne arbauet. Diese war eine von denen vornehmsten Städten in Peloponnes / welche nachmahls Lycurgus mit guten Gesetzen versahe. Man nennete sie auch Sparta, so Königes Menelai Königlicher Sitz. Dieser Lycurgus war des Königes Eunomi zu Lacedaemon Bruder / welcher sich nach dessen Absterben / unwissende / daß des Eunomi Gemahlin schwanger / des Reichs unterwand / nachdem er aber dessen inne ward massete er sich nur desselben als ein Vormund an / und stellete hernach dem jungen König / Nahmens Charilao, als er erwachsen / das Reich wieder zu. Als er aber warnahm / daß die Stadt in allerhand Laster / und Wollust gerieth / versahe er sie / wie gedacht / mit heilsamen Gesetzen / und nachdem er ihnen solche / welche er auf seinen vielfältigen Reisen erlernet / vorgeschrieben / und dafür hielte / daß sie dem gemeinen Wesen sehr zuträglich und nützlich begab er sich zu dem Oraculo gen Delphis, fragte dasselbe allda um Rath / und bekam hinwieder zur Antwort / daß solche Gesetze nicht allein billich / sondern auch mehr von Göttern als Menschen erfunden / worden wären. Als er derowegen sahe / daß die Einwohner gemachsam sich an dieselben gewöhneten / und er sie gerne auf ewig bey ihnen eingeführet wissen wollte / erdachte er diesen Ranck. Er stellete sich / als hätte er noch etwas das Oraculum zu Delphis / dem gemeinen Wesen zum besten / um Rath zu fragen / und weil er solche Reise seinem Vorgeben nach / auf keinerley Weise verschieben könte / nahm er von der [92] gantzen Stadt und dem Könige einen Eydschwur / daß sie und ihre Nachkommen so lange die von ihme eingeführten Gesetze behalten / und denenselben in allen Dingen nach kommen wollten / bis er wieder zurücke gen Lacedaemon gekehret sey / welches sie auch unwissende / seines Vorhabens / treulichen zu thun versprachen. Derohalben reisete er wieder gen Delphis / fragte das Oraculum fernerweit in dieser Sache um Rath / und ersuhre von demselben so viel / daß die Lacedaemonier nichts von solchen Gesetzen entbinden möchte; Worauf er seine Reise-Gefehrten nach freundlicher Umbsahung gesegnet und von sich nach Hause gelassen / Er aber ist / damit die Lacedaemonier sich ihres Eydschwurs nicht wieder entbrächen / niemals wieder in sein Vaterland gekehret / sondern hat sich gen Cirtha gewendet / allwo er sich selbsten bald darauf umgebracht.
(19. Amyntas A. M. 2467. Calvis. Chron.) Nach des Ascades Tode verwaltete Amyntas das Reich 45. Jahr / und findet man nirgends / daß er sich mit schweren Kriegen beleget / noch anderen Lastern befället. Denn die Erfahrenheit bezeuget / daß die allergröste Ehre / und Hoheit öffters die allergrösseste Unruhe / Mühe und Arbeit zuwege bringet. Ein Mensch kan sich wegen all zugrosser Mühe nicht eben so sehre beklagen / dafern ihn aber die Begierde zu grossen Ländern / zu vielen Reichthümern und andern vergänglichen Sachen anstrenget / hat ers niemand (Des Volcks Israel Beginnen. Aarons und Mosis Tod. A. M. 2492. Devter. 10. 34. c.) anders als seiner Unruhe beyzumessen; Zu des Amyntae Zeiten starb Aaron in der Wüsten: Moses schlug ans dem Felsen Wasser: Das Volck Israel verachtete das Manna / und wird mit feurigen Schlangen bestrafft: Israel schlug den König zu Hesbon / Sihon der Amoriter König / und den König zu Basan Og: Der Moabiter König Balak befahl dem Bileam, dem Volcke zu fluchen / welches sein Esel verhinderte: Ein Jahr zuvor starb die Prophetin Miriam des Mosis Schwester / und ward in der Wüsten Sinai in dem 126sten Jahre ihres Alters begraben / desgleichen auch Aaron in dem 123. Jahre / den man auf dem Gebirge Hor begrube: Endlich als Moses / ein Mann von grosser Geduld / in seinem Ambte der allergeplagteste / und GOtt der allerangenehmste / auf Göttlichen Befehl auf den Berg Nebo / auf die Spitze des Gebürges Pißga gestiegen / wird er / indem er sich mit dem Priester Eleazar / und dem Fürsten Josua der Regierung halber unterredet / unversehens mit einer Wolcken umgeben / und nachdem er verschieden / von dem HErrn in dem Thale der Moabiter (Der Held Josua führet die Kinder Israel in Canaan / und erobert Jericho. Num. 27. v. 18. A. M. 2493.) gegen dem abgöttischen Tempel über des Peors begraben / da er sein Alter auf 120. Jahr gebracht. Sein Nachfolger aber Josua der füh rete den 19. Aprilis selbigen Jahres die Kinder Israel durch den Jordan. Die erste feindliche Grentz-Stadt / welche für den Israeliten Thür und Thor zusperrete / war Jericho. Ihre Mauern sielen durch GOTTES wunderbahre Schickung durch der Trompeten Schall auf den Sabbath unverhofft darnieder: Alle Einwohner / ausgenommen Rahab mit dero Freundschafft / wurden getödtet / und dadurch denen übrigen Cananitern eine Furcht eingejaget. Es versündigten sich aber die Israeliten bey dieser Eroberung der Stadt dermassen / daß sie darüber in einen schweren Bann fielen / denn als Josua durch das Heer öffentlich ausruffen liesse / daß alles in der Stadt dem HERRN / weil Israel an diese Eroberung keine Hand angelegt / verbannet seyn sollte / so ließ sich Achan aus dem Stamm Juda einen Babylonischen Mantel 200. S???ckel Silbers / und eine güldene Zunge oder Spange 50. Seckel schwer gelüsten / und vergrub es in seine Hütte / Dannenhero sich GOTT darüber erzürnete / daß Israel für der Stadt Ai in die Flucht gejaget / und 36. Mann erschlagen wurden: Dem Helden Jo [93] sua entfiel der Muth: GOtt sagte ihm die Ursache / worauf man inquiriret; Man loset durch die 12. Stämme: Der Stamm Juda ward getroffen / in Juda Serah / in Serah das Geschlechte Sabdi / und in dem Geschlechte das Haus Achan / also daß Achan / weiln er sich an dem Geheiligten vergriffen / muste gesteiniget / und hernach verbrannt werden. Und dieses war ein eintziger Griff in das geistliche Gut / gleichwohl aber kunte Israel für seinen Feinden nicht bestehen / bis der Bann wieder von Ihm hinweggenommen: Hierauf geschahe das erste Treffen der Israeliter mit den fünff Königen / darunter Adoni - Beseck der König zu Jerusalem der Vornehmste war / bey währendem Streite rieff Josua zum HERRR / daß die Sonne stehen bliebe / die fünf Könige wurden gefangen / ihre Hälse zertretten / und biß auf den Abend an die Bäume gehencket: Und dieses that Josua nicht aus Hochmuth / noch Tyrannischer Grausamkeit / sondern weil GOTT sie und ihre Unterthanen verbannet und verfluchet hatte. (Joseph. lib 5. c. 8.) Die andere Schlacht geschahe an dem Wasser Meron / da die übrigen Könige der Cananiter ein Heer wie Sand am Meer / nehmlich dreyhundert tausend zu Fuße / zehen tausend zu Pferde / und zwantzig tausend Wägen auf den Beinen hatten / welche Josua auf GOttes Geheiß schluge / daß keiner entrunne / alle ihre Städte dergestalt einnahme / daß er diese / so auf dem flachen Felde lagen / einäscherte / damit sich die Cananiter nicht wieder einschleiffeten / die anderen aber auf den Bergen / so die Natur befestiget / (stirbt.) ausgenommen die Königliche Residentz-Stadt Asor mit wenigen besetzet: Nachdem er nun das Land Canaan mit Ruhe und Friede besasse / und das Ende seines Lebens vermerckte / thate er an das Volck Israel eine ansehnliche und bewegliche Rede / starb in dem 25. Jahre seines auf sich gehabten Ambts / und in dem 110. seines Alters / im Jahre der Welt 2518. Von seinem bis auf den Tod Athniels zehlet die Schrifft 40. Jahr / der Jüdische Geschicht-Schreiber Josephus aber hält dafür / daß es ein Interregnum gewesen / daß nehmlich die Vornehmsten dem gemeinen Wesen mit allgemeinem Rathe vorgestanden / bis Athinel zum Richtergesetzet / welches im Jahre der Welt 2536. geschehen.
(Die erste J. sraelitische Dienst barkeit. A. M. 2539.) Nach dem Tode Josuoe / und der Aeltesten / die alle des HERRR Wunder gesehen hatten / begunten die Nachkommen auf den Irrweg zu treten / indem sie sich die übrigen verbanneten Völcker zinßbar macheten / sie um das Geld duldeten / und also ihnen zum Häupten wachsen liessen / sich wider des Höchsten Verboth daß sie den heiligen Saamen nicht gemein machen sollten / mit selbigen Völckern verehelichten / den falschen Göttern Astaroth / Baalim / und anderen mehr dieneten / worüber sich auch des HERRR Zorn ergrimmete / daß er sie unter die hand Cusan Risathaim dem Könige in Syrien / und Mesopotamien verkauffte / und acht Jahr dienstbahr machte / biß sie zum HErrn schrien / und Er ihnen den Helden Athniel / welchen der Geist des HERRR anzog / daß er ihn überwand / und Israel frey machte / erweckt hatte.
(20. Belochus II. A. M. 2503. Calvisius.) König Belochus der Andere verwaltete diese Monarchie 25. Jahr / und heisset allhier / die allerbeste Regierung ist die / wenn man sich milde in Wercken / und karch in Worten bezieget: Plus faire, que dire: Jener mahlete / eine Crone / welche auf der Erden lag / und schrieb dieses: Wer dich kennet / der lässet dich liegen: Viel Länder und Königreiche liegen offtermahls an einerley tödtlichen Kranckheit darnieder / die eintzige Artzney aber ist / die ihnen wieder aufhilfft / daß man sie mit allerhand Anlagen und [94] Beschwerungen nicht übertreibet / sondern gemachsam wieder zu Kräfften (Es ist ein Grosses / sein Geschlechte durch die Nachkom̅en bey einem Regimente mit Ruhm und Ehren erhalten.) kommen lässet. Nicht ein geringes ist / wenn man erkennet / ehe man den Schaden empfähet / was gut / oder böse ist. Ein unbefugter Krieg hat viel Gefahr auf sich / da gegentheils ein geruhiges Leben / ein ehrliches Gemüthe / und ein guter Verstand zugleich auch ein gutes Gedächtnüs erhält / und bey denen Nachkommen sein Geschlechte erweitert. Wo in einem Regimente eine Gleichheit gehalten wird / da giebt es eine langsame Veränderung. Keine Gleichheit noch Billigkeit richtet Unruhe an / da hingegen bey dem Königreiche woselbst es ungleich / Tyrannisch und leichtfertig zugehet / sich alle Unruhe / Ausstand / und Unbeständigkeit findet. Alle Veränderungen in Regiments-Sachen ziehen unfehlbar eine Unordnung in Policey-Sachen nach sich / und wo man die Gesetze ändert / da erfolget nichts als Untergang.
Dahero ist es unmöglich / daß das Königreich / bey welchem man die Unterthanen mit Gewalt und Grausamkeit drücket / und nicht vielmehr mit Freundlichkeit / Gutthaten / Mildigkeit / und Sanfftmuth ansiehet / in die Ferneb estehen kan. Ein Regente soll einig und allein dahin trachten / wie er dem gemeinen Wesen mit Nutzen wol dienen möge. Daß Einer von einem Königlichen Stamme gebohren / das geschiehet durch das Glücke / und hänget dergleichen Regiment öffters nur an einem subtilen Faden / aber ein solcher König zu seyn / der die Wohlfahrt / und die Glück seeligkeit seiner Unterthanen für den eintzigen Zweck seines Aufnehmens hält / das rühret von Ihme / und seiner selbst eigenen Tugend her. Virtute decet non sanguine niti: Man soll nicht so wohl auf sein hohes Geschlecht als seine eigene Tugend sehen.
(Claudianus de IV. Cons. Honor. v. 127.) Non tibi quid liceat, sed quid fecisse decebit,
Occurrat, mentemq; domet respectus honesti.
Soll ein Regiment wohl beschaffen seyn / so muß der / so darüber herrschet / nicht eine durchgehende Dienstbarkeit / viel weniger eine völlige Freyheit einführen. Er muß vor allen Dingen zusehen / daß er sich weder verhasst / noch verächtlich mache: Den Haß kan er von sich lehnen / wenn er seiner Unterthanen erworbenen Schweiß und Blut nicht aufsucht: Für der Verachtung aber kan er sich hüten / wenn er nehmlich Männiglichen zu verstehen giebet / wie er sich dißfalls weder verführen / noch betrügen / sondern vielmehr in Rathschlägen verständig / und in Vollziehung wichtiger Sachen beständig sey. Bey den vier Elementen / sagt man / bestehe alles / und (Antonius Perez.) vergleichten sich nicht ungeschickt / dem weltlichen Regiment. Die Erde wäre der Pöbel / welche alle Last ertrüge / und alles unterhielte: Das Wasser der geistliche Stand / der uns von Lastern zu reinigen pflegte; Die Lufft das Gerichte / und der Richter / welche alle Boßheit vertriebe / die Erde von aller Büberey reinigte / und durch Tugend erfrischte: Das Feuer aber ein Regente / welcher seine Nahrung von denen andern allen haben und suchen müste.
(Europa wird entführet. A. M. 2506. Eusebius.) Damahls / wie man schreibet / soll Jupiter sich mit der Europa der Phoenice Tochter vermischet / und dieselbe hernach den Könige Astero in Cretâ zum Gemahl bekommen und mit ihme / den Rhadamantum, Minöen, und Sarpedonem gezeuget haben. Es ist aber Europa, wie bekannt / das Dritte Theil der Welt / welches innerhalb dem hohen Meere / und dem Meere / so auf das Mittel-Erdreich sich einher um gantz Italien / und Griechenland ziehet / begriffen / so den Nahmen von der ietztgedachten Europa des Phoeni cischen Königes Agenoris Tochter / welche Jupiter, wie die Poe [95] ten dichten / in einen Stier verwandelt / und mit sich durch das Meer in Cretâ geführet / bekommen hat. Der berührte Rhadamantus wurde hernach / wie man saget / König in Lycien / alldieweil er aber seinen Unterthanen gantz zu strenge fiel / und das Recht und die Gerechtigkeit durch Zwang herfürsuchte / so dichten die Poeten / daß er nach seinem Absterben in der Hölle eines jeden in der Welt / begangene Thaten durchsuchte / desgleichen war auch Minos, König zu Creta / und schriebe denen Einwohnern daselbsten gewisse Gesetze vor. Dahero man auch nach seinem Tode auf die Gedancken kam / daß er wegen seiner auf dem Erdboden verübten Gerechtigkeit nunmehro in der Hölle zum Richter der Seelen verordnet. Sarpedon soll gleicher Gestalt König in Lycien / und ein geübter Mann in Waffen gewesen seyn / welcher den Trojanern wider die Griechen beygestanden / und viel (Die Stadt Thasus erbauet. A. M. 25522. Euripides. Herodorus lib. 2.) andere herrliche Siege mehr verübet haben / bis er endlich von dem Patroclo umgebracht. Damahls ward auch die Stadt Thasus von dem Thaso erbauet / welcher des Cadmi Reise-Gefehrte / als er seine Schwester die Europam suchte / gewesen ist.
Nach des Vatern Tode herrschete Bellopares 30. Jahr / und letzlich mit Ihme seine Tochter die Actosa an Zunahmen Semiramis sieben Jahr. (21. Bellopares. A. M. 2528. Euseb. Calvis. Alles ist vergänglich.) Gleichwie aber eine Sache / wenn sie zum höchsten gestiegen / gemeiniglich wieder herunter fällt: Also seynd auch damahls viel herrliche Thaten / viel unvergleichliche Siege / und allerhand ersinnliche Pracht / welche alle durch die Ferne der Zeit in den Staub der Vergessenheit geschrieben / begangen worden. Die hell-strahlende Sonne kreucht hinter den Bergen herfür / und steiget so hoch / als sie kan / wenn sie sich aber nach dem Untergange neiget / so spühret man nichts mehr von ihrem Lauffe. Also gehet es auch mit allen Geschöpffen der Erden / die Vier Winde der Welt vergleichen sich nicht uneben mit der Welt Eitelkeit / welche gehling dahin streichen / und keine Spuhr nach sich lassen: Alles was in der Welt ist / führet den Nahmen Nichts in sich. Denn alle Freude / Wollust / Pracht / Herrlichkeit / Siege / und Triumphe bestehen in einer Kürtze / und diese alle sind endlich Nichts:
Splendor Orbis est Coronatum nihil.
Aller Welt Stand Pracht und Freud /
ist nur eine Flüchtigkeit.
Jener mahlete ein Kind mit einem herumbtreibenden Reiffen / und schrieb darunter:
Omnia Vanitas.
Alles ist eitel. Die Zeit fliehet / und deroselben Flucht muß man sich bey Zeiten zu Nutze machen. Sie ist kurtz / wenn sie recht gebraucht / und lang gnug / wenn sie recht gemisbrauchet wird. Die Welt ist nichts anders als eine falsche Müntze / damit Einer den andern betreuget / und ein Gefässe voller sündlichen Eitelkeiten / wodurch man in den Schlaff des ewigen Todes geräth. Und gleichwie keinem grossen Herrn wahl anstehet / wenn er sich an dem Poppen-Spielen erlustiget / und darbey das / was des gemeinen Landes-Wohlfarth anbetrifft / hintenansetzet: Also soll auch ein solcher seine Vergnügung nicht zu sehre in der weltlichen Lust suchen. Denn wenn Jedweder Mensch betrachtet / daß die Ewigkeit an einem Augenblicke dieses Lebens hanget / so wird er gewißlichen sich von der Eitelkeit der Welt nicht blenden lassen.
(Idaei Dactyli. A. M. 2532.) Zur Zeit seiner Regierung waren die also genannten Idaei Dactyli beruffen. Denn nachdem einsmahls der Berg Ida sich vermittelst des Feuer. [96] so gar entzündet / daß auch das Eisen davon weich worden und geschmoltzen / so haben dahero dieselben Einwohner allda die Art Eisen zu schmeltzen gelernet. Diese hielte man auch für die Corybanten, von welchen man saget / daß sie Jupiter erzogen / und ihnen gnugsamen Unterhalt geschafft / und damit ihre Kinder nicht müssig giengen / erdachten sie eine Art vom Spiele / nehmlich diese: Man legte ihnen kleine eherne Schilde an / daß sie Schritt für Schritt aufeinander gehen / und gleichsam nach dem Dactylo, weswegen auch sie Dactyli genennet worden / streiten und kämpffen / welches (Alle Laster entstehen aus dem Müssiggange.) einen ziemlichen Klang und Gethöse von sich gab. Woraus man siehet / daß auch die Alten den Müssiggang gehasset / und bey Zeiten ihre Kinder davon abhalten wollen. Wer nichts thut / der thut jederzeit böses. Denn man soll so wohl wegen des Müssiggangs / als der Geschäffte Rede und Antwort geben / gestalt denn Einer / der diese unterlässt / so straffbar / als der andere / welcher böses thut / und nach nichts rechtschaffen strebet. Es ist besser sich unter der Arbeit beugen / als bey dem Müssiggange aufrichten / alldieweil jenes gute / dieser aber böse Gedancken verursachet. Und gleichwie ein Uhrwerck / wenn es nicht aufgezogen / verdirbet / also auch ein Mensch der nichts thut / noch vor die Hand nimmet / und ob gleich einer / der der Faulheit nachhänget / dem Andern das Seinige mit Gewalt nicht entziehet / so hinter gehet er doch das allgemeine Vaterland in diesem Stücke / daß er an Statt der Dienste / welche er demselben leisten sollte / ihme einen trägen und verdrossenen Leib darstellet; Dahero bleibet es darbey / wer die Seinigen nicht von Jugend auf zu etwas Guten hält / und sie nicht bey Zeiten von dem Müssiggange abziehet / der lernet sie entweder stehlen / oder verursachet / daß sie sonst endlich eines armseligen / verächtlichen und unnatürlichen Todes sterben müssen.
(Cad nen und Sida erdanet. A. M. 2544. Eusebius. Plutarchus. Athniel nim̅t die Stadt Debir ein. A. M. 2587. Josua c, 15.) Dasselbige mahl fieng man das Thebanische Schloß Cadmen, und Paphylia die Stadt Sida, von der Side des Danai Tochter / welche den Orion geheyrathet / zu bauen an.
Als Athniel der Sohn Kenas des Bruders Caleb die Stadt Debiram, oder wie man sie vor Alters Kiriath-Sepher geheissen / welche zeithero des Enacks Söhne die Riesen Enack / Sesoi / Ahinam / und Thalmai besessen / erobert / bekam er nicht allein von Caleb / versprochener Massen / seine Tochter die Achsa zur Ehe / sondern empfieng auch von Ihme eine ansehnliche Mitgifft beydes an Gebirgen und Gefilden. Von dieser Zeit an rechnet man 80. Jahr / bis auf den Tod des Richters Ehud.
(22. Lamprides. A. M. 2558. Cadmus, wer er gewesen. Ovid. in Metamorphos. de Cadmo. Die Poeten bringen ihre Sachen verblühmt vor.) Lamprides regierete 32. Jahr / und sind seine Thaten gleich falls mit Ihm verstorben. Damahls kahm Cadmus des Königes in Phoenicien Sohn / so hiebevorn zu Sidon regierte / Griechenland / bauete die gewaltige Stadt Thebe, und wiese den Griechen / wie sie lesen / und schreiben sollten. Als er aber von dem Zetho, und Amphione des Reichs verstossen / und Er in Illyrien flohe / sollen Ihn und sein Weib die Götter aus Erbarmnüs in Schlangen verwandelt haben. Die Poeten dichten dieses von ihme / nachdem Jupiter sich in des Königes Agenoris Tochter / und des Cadmi Schwester die Europa verliebet / und sie unter der Gestalt eines Ochsens entführet / habe gedachter Agenor dem Cadmo befohlen / nicht wieder heimzukommen / er habe denn seine Schwester gefunden. Phoebus giebt ihm den Rath die Stadt Theben zu bauen / und da er mit solchem Bau begriffen / wischet ein grosser Drache herfür / und erwürget alle seine Gesellen / biß Cadmus darzu kömmt / und denselben erlegt / hiernechst rathet ihm die Göttin Pallas, daß er des Drachens Zähne säen sollte / da solches geschehen / wuchsen aus [97] solchem lauter gewapnete Männer / welche sich untereinander mit ihren Waffen selbst aufrieben. Von dieser / der Europa, wird nichts anders verstanden / als die Welt in ihrer Eitelkeit: Die Pallas als eine Göttin der Weißheit und des Krieges ist eine Anzeigung / daß man auch im Kriege gelehrte und erfahrne Leute nöthig: Die Zäne des Drachens lehren die unmenschlichen Thaten der Soldaten / wie man sich gleich rasenden Hunden aufreibet / da dann weder Erbarmen noch Mittleiden / da gilt es gleich / ob das Armuth geschunden / oder gefressen / ob der Krieg recht oder unrecht / ob es durch List / oder mit Gewalt geschehe / wenn man nur beuten / rauben / stehlen und dem armen Mann alles vom Leibe hinwegreissen kan.
(Die 2. Israelitische Dienstbarkeit. A M. 2573. Judic. 3.) Die Israelitische andere Dienstbarkeit geschahe unter dem Moabitischen Könige Eglon, dem sie 18. Jahr unterthänig seyn musten / bis Ehud der Sohn Gera dem Könige / im Nahmen der Israeliter / Geschencke brachte / ihn hinterlistig erstach / und hierauf der Moabiter an die zehentausend Mann erlegete.
(23. Sosares A. M. 2590. Calvis. Jud. 3. c.) Nach des Lamprides Tode ward Assyrischer und Babylonischer König Sosares, welcher 20. Jahr dem Reiche vorstund. Bey Lebzeiten seiner erschlug Samgar mit einem Ochsenstecken 600. Philister / erledigte dadurch die Israeliten von ihren Feinden / und Debora und Barak hegten damals das Gerichte in Israel 40. Jahr. Diese beyde zogen wider ihren Feind den Sisseram des Königes der Moabiter Feldhauptmann aus / trieben ihn zur Flucht / und schlug demselben die Jaël, Hebers des Keniters Weib / einen Nagel durch das Haupt.
(Ludi Isthmici. A. M. 2509. Eusebius.) Zur selbigen Zeit stellete Glaucus, ein Sohn des Sisyphi, und Vatter des Bellerophontis, in dem ersten Jahre des Argivischen Königes Protei, zu Ehren des Melicertes, der Ino und des Athamantis zu Theben Sohne die Ludos Isthmicos an. Dieses ist eben derselbe Glaucus, welcher / nachdem er seine Pferde mit nichts anders / als Menschenfleisch speisete / nachmahls selbst von ihne̅ solle seyn gefressen worden. Dahero das Sprichwort (Plutarchus.) entstunde: Glaucus alter ab Eqvis devoratus est. Diese Isthmia wurden unter die vier heiligen Kämpfe gerechnet / welche in dem fünfften Jahre in Griechenland / zu Ehren des Neptuni, von dem Theseo für die Hand genommen wurden / und waren solche vier Kämpfe folgenden Personen zum Gedächtnüsse angeordnet:
Quatuor in Graecis Certamina, quatuor illa
Sacra: Duo Superis, sunt duo Sacra Viris.
Suntq; Jovis, Phaebiq;, Palaemonis, Archemoriq;
Praemia sunt Olea, Pinea, Mala, Apium.
(Sisyphus.) Von des Glauci Zatter dem Sisypho giebet man aus / als ob er des AEoli Sohn / ein Strassen-Räuber auff der Insel Isthmo gewesen / welcher mit seinen Gästen / wenn sie zu Ihm gekommen / sehr unbarmherzig umgegangen / etliche derselben gesteiniget / Etliche aber rückling in die See gestossen. Weßwegen er nachmahls von dem Theseo soll getödtet / und Ihm von den höllischen Göttern dieses zur Straffe / daß er nämlichen einen grossen Stein daselbsten ohne Unterlaß Berg-an weltzen / und im wieder herabfallen von neuen hinauf schleppen müssen / auferlegt worden seyn. (Ovid. lib. 3. Metam.) Dahero der Poet dises von Ihm schreibet:
Aut petis, aut urges rediturum Sisyphe Saxum.
(Bellerophon.) Bellerophon war / wie gedacht / des Glauci, Königes in Ephyra Sohn / welcher sich aller Keuschheit und Tugend beflisse. Und als diesem eines Tages die Schenubaea des Proethidis, Königes zu Archiv, Gemahlin Un [98] zucht / und Ehebruch zumuthete / und er ihr solches aus Furcht der Götter Straffe abschlug / erbitterte sie sich dermassen über Ihn / daß sie ihn bey ihrem Gemahl anklagte / als ob er demselben nach dem Leben stünde. Proethides fertigte ihn mit Brieffen an seinen Schwäher den Jobatem in Lycien ab / Jobates aber / nachdem er die Brieffe / und das / was man ihn beschuldigt / gelesen / schickte ihn wider die Solymer, so Völcker in Asien / und der Lycier feindliche Nachtbaren waren / damit er unter dem Vorwand einer denckwürdigen Schlacht daselbsten aufgerieben würde. Es überwand aber Bellerophon nicht allein dieselben mit leichter Mühe / sondern er kam auch bey allen anderen gefährlichen Kriegen iederzeit als ein Sieger und Uberwinder wieder zurücke. Und als man Ihm letztlich das Wunderthier (Das Wunder-Thier Chimaera.) Chimaera, so am Kopfe als ein Löwe / am Leibe als ein Bock / und am Schwantze / als eine Schlange / oder Drache aussahe / zu tödten auftrug / überwand er dasselbe mit Hülffe des Neptuni, und des geflügelten Pferdes Pegasi. Dahero man von beyden dieses schreibet:
Bellerophon, ut fortis Eques superare Chimaeram, & Lycii potuit sternere monstra soli, Sic tu Pegaseis vectus petis aethera pennis, Consilio??? Animi Monstra superba domas.
Daß nämlich durch weisen Raht / und Tugend man diese Chimaera, das ist / alle hoffärtigen Monstra, Laster / und andere Untugenden zu tilgen / und auszurotten pflege. Uber diese Tugend nun des Bellerophontis verwunderte sich König Jobates nicht wenig / und weil Er an Ihm verspührete / daß man Ihn zur Ungebühr beschuldiget / gab er demselben seine andere Tochter mit einem guten Theil Landes zur Ehe / mit welcher er dann hernacher den Isandrum, Hippolochum, und die Laodamam gebohren / da aber dieses die Schenubaea vernahm / brachte sie sich selbsten um das Leben.
(Die Landschafft Achaja wird bewohnet / und die Stadt Sicyon erbauet. A. M. 2601.) Zehen Jahr darauf fieng Achaeus des Xuthi Sohn denselben Theil oder Landschafft in Peloponnes zu bewohnen an / welchen man folgends Achaja genennet. Ebener Gestalt ward auch damals Sicyon von der Sicyoner Könige / dem neunzehenden in der Ordnung / welcher dasselbe Königreich 40. Jahr regierete / erbauet / und die Einwohner deßwegen Sicyoni geheissen. Achaja ist eben dieselbe Griechische Landschafft / oder Insel / welche das Aegaeische und Jonische Meer umbfasset / und heutiges Tages man Morea, darinnen die Hauptstadt Corinth gelegen ist / nennet. Von den Achivern ist das Sprichwort entstanden:
(Horatius.) Quicquid delirant Reges, plectuntur Achivi.
Wenn Könige und Potentaten mit einander rauffen / das ist / gegen einander Krieg führen / da müssen die Unterthanen die Haare darzu hergeben. Die itztgedachte Stadt Sicyon in Achaja, hatte zu seiner Zeit die berühmtesten Werckmeister / welche mit allerhand Arbeit von Metallen / und anderen künstlichen Sachen umzugehen wusten.
(24. Lampares. A. M. 2610.) Auf ihn kam Lampares, oder Lamprides, so 30. Jahr regierete. Niemahls wird man finden / daß die Bestien untereinander eine über sie zu herrschen verstatten / wen̅ es nicht die anderen an Stärke un̅ Gewalt übertrifft / wir Menschen aber erdulden offtermahls einen ungeschickten Regenten / und lassen geschehen / daß er herrsche / wie es sein Verstand mit sich bringet (Bonfini??? in rebus Hungar. Decad. 3. lib. 2.) / wohin denn auch der Ungarische Palatinus Nicolaus Gara zielete / wenn er unter andern von eines Königes Eigenschafften sagete: Wie man nämlich einen gekröneten König / wenn er auch gleich denen Bestien zu ver [99] gleichen wäre / an Ihm Hand zu legen / noch zu verletzen nicht besugt. Wenn ein Regente oder grosser Herr sein Ansehen auf gewisse Art und (Eines Regenten Beschaffenheit.) Weise erhält / der wird desto mehr gefürchtet / und geehret. Denn es stehet demselben wohl an / wenn er beredt ist / von guter Aussprache / im Vorbringen nicht weitläufftig / hoffärtig noch aufgeblasen: Den Ernst mit der Gelindigkeit vermische: Jederman gerne höre / in Widerwärtigkeit nicht verzage / die Furcht beyseite setze / in allen Fällen tapfer sich erweise / die Menschlichen Fehler und Gebrechen weißlich verhöhle / den Dienern ihr Ansehen einschräncke / die Unterthanen nicht zu sehr beschwehre / die Auflagen / so viel möglich / einziehe / und sich also verhalte / daß Männiglich auf Ihn ein Aufsehen. Keiner von denen Israelitischen Königen hatte eine so grosse Authorität / als König David / und sein Sohn Salomon: Der Eine erlangte Sie durch die Erfahrenheit des Krieges / der Andere aber durch die Kunst des Friedens. (Aristoteles.) Jener Weise sagte: Daß nur die in hohen Ehren gehalten werden / welche wegen ihrer Tugend für anderen sich herfür thun. Woraus (Boterus.) zu schliessen / daß die Reputation eines grossen Herrn nirgend anders herrühre / als von solcher Tugend / die hoch- und vortrefflich / von Andern abgesondert / und weit höher und besser / als des Pöbels ihre ist. Weßwegen Jener sagt:
--- Tentanda via est, qvâ me qvo??? possim tollere humo, victor???ue virum volitare per Ora.
Durch nichts kan sich der Mensch mehr / als durch sich selbst / durch die Schärffe seines Verstandes / und durch die Tapserkeit seines Herzens empor heben / Die Materia / wodurch sich ein grosser Herr bey dem Volcke ansehnlich macht / ist / wenn Er seine eigene Einkünffte vermehret / und die Unterthanen auch davon ihren Nutzen und Gewinn zu gewarten haben / Zu solchem hilfft uns der Friede / und der Krieg: Durch den Friede werden die Unterthanen bey guter Ruhe erhalten / durch den Krieg aber die Feinde untergedruckt / deßwegen ward auch Orpheus, Minos, Rhadamanthus, Amphion, und ein und der ander zu ihren Zeiten so hoch geschätzet / daß sie nach ihrem Tode von ihren Unterthanen für Götter geachtet wurden:
Sylvestres Homines, Sacer Interpres???ue Deorum Coedibus, & victu foedo deterruit Orpheus, Dictus ob hoc lenire tigres, rapidosq; Leones, Dictus & Amphion Thebanae Conditor Arcis. &c.
(Virgilius.) Der Poet bildet die Vorsichtigkeit eines Potentaten unter der Gestalt eines Römers mit diesem ab:
Tu regere Imperio Populos, Romane, memento (hae tibi erunt Artes) Pacis??? imponere Morem: Parcere Subjectis, & debellare Superbos.
Gleichwie aber Land und Leute entweder durch die Thorheit / Tyranney / Unbarmherzigkeit / Trägheit / oder anderen ungeziehmenden Lüsten eines Königes / oder Fürsten gemeiniglich zu Grunde gehet: Also werden hingegen dieselben durch dessen Weißheit / Gerechtigkeit / Mässigkeit / Mannheit / und Tapferkeit bey ihrem Aufnehmen erhalten / beschützet und gehandhabet. Denn beydes die Weißheit / und Vorsichtigkeit / die Gerechtigkeit und Mässigkeit / gehören zum Friede / und dann auch zum Kriege / die Tapferkeit aber wird mehr zu diesem / als Jenem erfordert:
Zu dieser Zeit / als Ehud der Benjamite über das Volck Israel re [100] gierte / (Benjamitische Krieg. A. M. 2610. Judic. 20.) / und Richter war / entstund der Benjamiter Krieg / in welchem anfangs der Israeliter 22000. erschlagen / un̅ weil dieselben den Allerhöchsten nicht allerdings um den Sieg anfleheten / fielen der noch achtzehen tausend durch das Schwerd / bis letztlich sich das Blat wendete / und der Benjamiter an die fünff und zwanzig tausend auf einmahl erleget / und der ganze Stamm Benjamin fast gar ausgerottet wurde.
(Janus der erste Italiänische König. A. M. 2625. Diodorus.) In dem Jahre soll Janus der Erste König in Italien den Anfang seines Reichs gemacht / und sechzehen Jahr regieret haben. Die Alten mahlten ihn mit zweyen Angesichtern / wodurch sie seine Weißheit und Geschicklichkeit zu erkennen gaben / alldieweil er sowohl das Gegenwärtige beobachtet / als das Künfftige überleget. Dieser hat / wie man davor hält / den Saturnum, welcher von seinem Sohne dem Jupiter aus der Insel Cretâ verjagt worden / und mit etlichen der Seinigen zur See in Italien kommen / gar freundlich aufgenommen / Ihm einen Theil des Reichs / weil Er selbigenden Feld-Bau gelehret / abgetretten / und also beyde miteinander einträchtig regieret / auch die umbligenden Oerther mit gesammter Hand erbauet haben. Nach seinem Tode (Macrobius lib. 1. c. 7.) richtete Numa Pompilius Ihm zu Ehren einen Tempel auf / welcher der Erste in Italien gewesen seyn soll / hernach so lange als die Römer Krieg führeten / offen stund / bey Friedens-Zeiten aber hinwieder zugemachet wurde. Man hält dafür / es wären derselben Tempel dreye gewesen / als der erste zur Zeit des itztbesagten Numae Pompilii, der Andere nach dem Punischen Kriege / und der Dritte / nach dem Achischen Kriege / welchen Keyser Augustus erbauen lassen.
(Ruth kömmet in Judaea. A. M. 2629. Ruth. cap 1. & 4.) Vier Jahr hernach / kehrete die Moabitin Ruth / mit ihrer Schwiegerin der Naemi in Judaea / als der edle Boas / der Sohn Salma hundert und zwanzig Jahr alt war / und in solchem Alter die Ruth zum Weibe erkiesete / mit der er nachmahls den Obedum des Davids Großvatter erzeuget. Es war aber diese die Dritte ausländische Weibes-Persohn / welche unter die Genealogi, oder Geschlechts-Register des HERRN CHRISTI gerechnet wurden. Der Ruth Armuth war ihr Aufnehmen: Denen Dürfftigen hilffet auch ein Weniges: Des Boas Acker / muste ihr eine Handvoll Aehren / die Scheune eine Schoß voll Korn / und der Gesinde Tranck ihr Labsal seyn / bis sie gar zur Regentin seines Hauses gesetzt seyn muste. Die den grösten Seegen von GOTT geniessen / sollen auch danckbar seyn. Boas war reich / und darbey aber Gottsfürchtig / fromm / wohlthätig und freygebig. Der grosse Hauß-HERR dieser Welt zeiget und dadurch / wie seln Auge in allen Winckeln die Schätze seiner Gnaden austheile. Die Ruth lehret uns mit ihrer Tugend / daß die Tugend eine edle Gabe sey / und wo Sie in einem reinen Hertzen wohne / viel höher / als alles das / was mitten in dem Bauche der Erden verborgen liege / zu schätzen sey. Denn alle Reichthümer dieser Welt / sind so werth nicht / als ein tugendsames / und verständiges Weib / worüber sich auch Boas / nachdem Er die Ruth zum Weibe nahm / also erfreuet / als wann er erst anfieng reich zu werden.
(Ludi Olympici. A. M. 2634. Eusebius.) Pelops deß Tantali Sohn / stellete hier zu Ehren des Jovis Olympii das also genannte Olympische Schertz- und Freuden-Spiel an / welches hernacher Atreus des Pelops / und Hippodamiae Sohn / (Perseus. A. M. 2637.) zugleich mit dem Hercule verneuerte. Nachdem Perseus des Köni [101] ges Acrisii zu Argiv Enkel unversehens seinen Großvatter getödtet / und also das Argivische Reich / welches von dem Inacho anzurechnen / an die fünff hundert vier und vierzig Jahr gestanden / solcher Gestalt durch denselben aufgehöret / hat gedachter Perseus das Mycenische Reich aufgerichtet / und daselbst mit seinem Sohne / als er ihn zum Könige erklähret / acht Jahr regieret.
(25. Pannias. A. M. 2640.) Dieser Pannias oder Pangas, beherrschte gleicher Gestalt das Reich fünff und dreissig Jahr / ohne daß man weiß / was Einer und der Ander von diesen Monarchen ritterliches oder ruhmwürdiges begangen / also / daß es mit jenem Könige wohl recht heisset: O wie eitel sind doch die Gedancken der Menschen? welche nach der Hoheit dieser Welt streben / (Das Ende weiset uns / wie wir hätten leben sollen.) die nichts begehren als Reichthum / Pracht / und hohen Stand? O wie glückselig ist der Stand der Armen / und wie sicher ist das Leben der jenigen / welche ihr Brod von ihrer Arbeit essen. Was hilfft ihnen nun ihr Reich? was ihre Unterthanen / und was der Dienst so vieler Menschen / Was haben Sie vor Nutzen darvon gehabt? vielerley Gefahr / vielerley Ungemach / und vielerley vergebliche Sorgen / also / daß es zuweilen besser / man hätte sich einer Sense / als eines Scepters bedienet. Denn / wenn wir auf dem Todt-Bette liegen / so werden wir erst gewahr / wie vergänglich / wie irdisch / und wie geringschätzig wir Menschen / wenn wir gleich noch so von hohen Stamme sind / von der Welt gehalten werden. Denn unser Leben ist voller Unruhe / Furcht / Hoffnung / und endlich beschleust der Tod / sowohl bey dem der in Purpur bekleidet / als dem jenigen / welcher der allergeringste auf Erden ist. Optimus (Cicero.) ergò est Portus Poenitenti, Mutatio Consilij, Darumb ist das beste bey Zeiten das Unvergängliche zu suchen.
(Israelitisch Oritte Dienstbarkeit. A. M. 2648.) Nachdem die Israeliter hundert und funffzig Jahr in dem Lande Canaan gewohnet / und unter dem Richter Ehud eines erwündschten Friedens genossen / vergassen sie ein wachendes Auge auf die Cananiter zu haben / Dannenhero trieb Sie der Cananiter König Jabin dermassen ein / (Judie. 6.) daß Sie zwanzig Jahr unter dem Cananitischen Joche leben müssen / biß sie GOTT wieder errettete / und deß Königs Feld-Hauptmann Sissera, (Josephus.) den der König wider die Israeliter mit dreyhundert tausend zu Fuß / und zehentausend zu Roß ausschickete / biß auf das Haupt erlegte. Bey welchem Kriege dann zweyer tapferen Weibes-Bilder gedacht wird / nehmlich der Debora, so eine Prophetin und Richterin in Israel war / welche Persönlich wider die Feinde zu Felde zog / nnd der edlen Jael, so aus des Mosis Nachkommen / welche / als der Sissera von seinem Wagen sprunge / und flüchtig wurde / ihm aus ihrer Hütten verstellter Weise freundlich zuruffte / denselben im Hause verbarg / und da er verdeckt saß / ihm einen Nagel durch den Schlaff schluge / also daß diese beyde den Preis des Sieges davon trugen.
(26. Sosarmus. A. M. 2675.) Sosarmus der sechs und zwanzigste Monarche hatte die Gewalt über das Babylonische Reich acht und dreissig Jahr. Hier möchte man nun sagen / daß diese Monarchen alle die Glück seligsten in der Welt gewesen / indem sie nicht allein so viel Königreiche und Länder beherrschet / so viel Gewalt gehabt / so viel Reichthum besessen / so viel herrliche Kriege geführet / so viel Triumphe und Sieges-Zeichen aufgesteckt / und so viel Ergetzlichkeit in der Welt empfunden / sondern auch viel Jahr lang dasselbe alles mit höchster Vergnügsamkeit genossen: Allein der weise Heyde Seneca weiset uns das Gegenspiel / und daß die Glückseligkeit ei [102] (Des Menschen Glückseligkeit / worinnen sie bestehe.) nes Menschen in der Welt nicht in grossen Reichthume / Pracht / Ehre und Hoheit / sondern in dem / daß er nichts begehre / und mit dem / was er hat / zu frieden lebe / bestehe / denn er saget: Nicht der jenige / den man dafür hält / dessen Kasten nämlich voll Gold und Silber seynd / sondern der Jenige / welcher alle seine Güter in dem Gemüthe hat / der standhafftig und aufrichtig ist / der alle Hoheiten / und Verwunderungen dieser Welt verachtet / der / welcher niemand siehet / mit dem er seinen Zustand verwechseln wollte / der keinen in Ehren hat / als nach dem besten Theile seiner selbst / den niemand meistert / als die Natur / nach deren Gesetzen er sich richtet / deme weder durch Macht / noch Gewalt seine Güter entführet werden mögen / Der sein Unglück im Glücke kan verwechseln / und der es für einerley achtet / es gehe ihm böse / oder übel: Nam qvi cadit, stat erectus, ast erectus, ille mox cadit. Denn es ist der Welt Lauff / wer da fället / der richtet sich wiederum auf / und wer da meinet / er stehe feste / der fället unverhofft.
(Israelitische 4te Dienstbarkeit. A. M. 2687. Judic. 7.) Als damahls die Midianiter mit 130000. Mann der Israeliter Land überfielen / und Israel sieben Jahre unter ihre Dierstbarkeit hatten / befahl GOTT dem Helden Gideon mit 300. Mann die Midianiter zu schlagen / und da seine Kriegs-Leute die Posaune bliesen / die Krüge zerbrachen / und die Lampen oder Fackeln in die Höhe reckten / wurde der Feind darüber so hefftig erschrocken / daß sie einander selbst verwundeten / und derselben bey hundert und zwanzig tausend auf der Wahlstatt blieben: Gideon verfolgte den Sieg / erschlug jenseit des Jordans noch 15000. / und wurden die gefangenen Könige geschlachtet / nach erhaltenen Siege aber / bewieß Gideon ein Stücke seiner Klugheit. Denn als die Hochtrabenden Ephraiter es ihme / warum er sie nicht zum Streit beruffen / im Zorn verwiesen / stillete er sie durch seine sanfftmüthige Rede / und gab dadurch allen hohen Häuptern zu erkennen / daß man an der Sanfftmuth die Weißheit / und an dem Zorne die Thorheit des Menschen abnehmen solle /
(27. Mitraeus. A. M. 2713.) Mitraeus herrschete 27. Jahr. Und gleichwie die anderen Orientalischen Könige im Kriege und anderen Dingen sich viel zu schaffen machten: Also wird auch dieser sonder Zweiffel nicht stille gesessen haben / Und obwohl der Mensch gleich alles besitzet / so hat er doch in seinem Begehren keine Masse / und kan ihm nichts / auch die ganze Welt nicht genug seyn. Denn weil die Natur einmahl aus dem Schrancken der Vollkommenheit geschritten / so giebt es keine Vollkommenheit mehr / sondern die Menschlichen Affecten suchen stets das gesetzte Ziel zu überschreiten. Gleichwie es aber weit besser / wenn Einer bey gesunden Tagen auf einem engen Bette schläfft / als der Jenige / welcher bey eräugneter Kranckheit auf einem gemachsamen und erhobenen liegt: Also ist der fröliche Arme viel glücklicher / als der bekümmerte Reiche.
(28. Tautanes. A. M. 2740.) Tautanes, oder Tautamus sein Nachfolger führete dieselbe königliche Gewalt 29. Jahr. Die Feindschafft / sagt Aristoteles, bleibt gegen Dieselben / welche sich nicht weiter regen / stille stehen. Denn es kan ein Mensch gegen dem andern gar leichtlich in einen Unwillen fallen / Wenn aber der / welchemes gelten soll / keine Ursache darzu giebet / und weder Oel / noch Holtz / darzu trägt / so verleschet das Feuer von sich selbst: Also kan es auch allhier seyn / da Niemand sich wider diesen Monarchen entböhren / noch er auch hierzu Anleitung geben wollen.
(Trojanischer Krieg A. M. 2755. Pausan.) Nebenst andern merck würdigen Begebenheiten eräugnete sich auch zur Zeit dieses Monarchens Regierung der Trojanische Krieg in Phrygien einer Provinz in Griechenland. Denn als Telamon König zu Sala [103] mis dem Könige Priamo zu Troja seine Schwester entführet / und sie an Statt seiner Concubin gebrauchte / fertigte Priamus Gesandten zu dem Telamon ab / mit dem Begehren / Sie entweder zu heyrathen / oder ihm wieder zu überliefern / nachdem aber die Gesandten eine abschlägige un̅ spöttische Antwort zurücke brachten / und sich Priamus in eine gute Kriegsverfassung stellete / schickete er damit seinen Sohn den Alexander Paris, die Griechen entweder mit Gewalt oder hinterwerts zu überfallen / in Griechenland / worauf derselbe listiger Weise deß Königes Menelai zu Sparta Gemahlin die Helena entführte / und sie zur Gemahlin nahm. Dannenhero die Griechischen Fürsten sich in dem folgenden Jahre zusammen betagten / wegen des Trojanischen Krieges berathschlagten und deß andern Jahres darauf denselben zu Wercke setzten. Da dann nach zehenjähriger Belägerung / durch des Fürsten Antenors und AEneae Verrätherey und Betrug die Stadt Troja erobert / Die Helena dem Menelao wieder zugestellet / und wie man schreibert / und wer es glauben will / an die funffzehen hundert tausend Menschen auf beyden Seiten geblieben seyn sollen / Die vornehmsten Griechischen Fürsten waren König Agamemnon zu Mycen, als Feldherr / Menelaus König zu Sparta / Nestor König zu Achaja, Fürst Palamedes, Ulysses, Diomedes, Ajax, Telamonius, Ajax Locrenus, Achilles und Patrocluc, Der Trojaner aber König Priamus, seine Söhne Prinz Hector, Paris und Deiphobus, Memnon, Telephus, Helenus, und andere mehr: Also siehet man / wie aus einem kleinen Füncklein eine grosse Feuers-Brunst / und aus einer geringen Sachen ein grosses Unheil entstehen kan / Der Krieg ist ein Auszug alles Ubels / allwo man die herrlichsten Städte und Flecken verwüstet / die Länder verheeret / und das unschuldige dahinreisset / ja es hat sich in demselben niemand / wann er den Harnisch angeleget / etwas besonderen zu rühmen / es sey denn / daß er solchen wieder abgeleget / und die gantze Haut darvon bracht. Wer einen Appetit dergleichen Geschichte zu lesen begehret / dem wird Ovidius, Virgilius, Homerus, Dictis Cretensis, Dares Phrygius, Comtus Smyrnaeus, und Laurentius Rhodomannus hiervon theils glaubwürdige / theils lügenhaffte Händel weitläufftiger beybringen.
(Israelitische 5te Dienstbarkeit A. M. 2761.) Wer der guten Tage zu viel hat / der dencket selten an die Bösen. Es hatten nunmehro die Kinder Israel eine geraume Zeit für ihren Feinden Ruhe / alldieweiln sie aber dieselben nicht erkenneten / von der wahren Religion abfielen / und ihrer Vorfahren Sünden mit neuen Lastern häusseten / (Judic. 10.) so gab sie GOTT in der Ammoniter Hände / von welchen Sie 18. Jahr grausamer Weise gaplaget wurden. Denn der König der Ammoniter überwältigte das Erbtheil der Israeliter jenseit des Jordans / welches die Rubeniter / Gadditer / und der halbe Stamm Manasse besassen / und vermeinete / daß die Israeliter vorzeiten / als sie in das Land Canaan gezogen / solches als sein Land zu sich gerissen: Jephta der Israelitische Feld-Hauptmann ließ ihn anfangs durch seine Abgesandten gütlichen davon abmahnen / und legte demselben nochmahls / ehe er zu den Waffen grieff / drey Puncta für / nähmlich / daß (1) die Israeliter das jenige Land / so sie besässen / nicht den Ammonitern noch Moabitern / sondern dem Könige Sihon der Amoriter, der mit Heeres-Krafft / da Sie einen Durchzug begehret / auf sie gezogen / abgewonnen / und dasselbe anietzo durch das Recht der Waffen inne hätten. Zu dem / so hätte (2) der Gott Israel ihnen das Land gegeben / daferne nun der Ammoniter König mei [104] nete / das Land / welches er regierete / hätte sein Abgott Chamos ihm zugetheilet / so wollten auch die Israeliter das Land behalten / welches denenselben ihr GOtt zugeleget. Denn GOTT theilte die Länder aus / wem / wie / und wo er wollte. Allermassen denn (3) schon eine verjährte Zeite / indem die Israeliter nunmehro 300. Jahr zu Hesbon gewohnet / und habe (Jephta erlöset Israel / kömmt aber darüber zu kurtz. Judic. 11.) der Moabiter Balak niemahls die Waffen wider sie entblösset. Diese Entschuldigungen aber halffen wenig / von Worten kam es zu Schlägen / der Geist deß HERRN rüstete den Jephta aus / daß Er mit den Ammonitern schluge / Ihnen 20. Städte abnahm / und Israel wieder zur Freyheit brachte. Den großmüthigen Jeptha aber traff das Unglücke am meiste̅. Denn es hatte derselbe aus heiligen Eifer ein Gelübde gethan / daß / wo der HERR die Ammoniter glücklichen in seine Hände geben würde / wollte er / wenn er wieder zurücke kehrete / alles das jenige / das zu seiner Hausthüre ihm entgegen käme / dem HERRN zum Brand Opfer aufopfern / und es sollte demselben verbannet seyn; Da er nun wieder siegreich nach Hause kömmt / siehe / da tritt seine einzige Tochter mit Paucken und Reihen herfür: Der Vatter / als er ihrer ansichtig wird / zerreisst hierüber seinen Streit Rock / und saget: Ach / meine Tochter wie beugstu mich / wie hastu mich darnieder geschlagen / und wie unbesonnen habe ich meinen Mund gegenden HERRN aufgethan / welches ich nicht vermag zu wiederruffen / Die Tochter aber sagte zu dem Vatter / mein Vatter / habt ihr den Mund zu dem HErrn aufgethan / un̅ Ihme was gelobet: so haltet es auch demselben / nachdem er euch an euren Feinden gerochen hat. In Warheit / dieses ist eine wunderwürdige Geschicht. Ein selzamer Ritus und Gebrauch / den doch der HERR nicht zum Mißbrauche verordnet / und hier heisst es wol recht / Gelübde thun ist zuweilen gefährlich / und halten beschwerlich:
Verba ligant homines, taurorum Cornua funes:
Wie man den Ochsen ein Seil über die Hörner wirfft: Also verwickeln wir uns offters in unsere eigene Worte / Das Edle Bild muste unschuldig in den Tod gehen / nicht eben / wie das Schlacht-Vieh / weil Menschen-Blut nicht zum Altar gehörete / sondern auf eine andere Weise / wie eben die Schrifft ausdrücklich nicht meldet.
(29. Teuteus. A. M. 2769.) Teuteus succedirte dem Teutanes oder Teutamo, welcher 24. Jahr / oder wie etliche wollen 40. Jahr regierte. Was er denckwürdiges gethan / weiß man so eigentlich nicht / ohne daß er König Priamo, wie Diodorus Siculus vorgiebet / wider seine Feinde Hülffe geschicket. Allhier ist zu mercken / daß die Chronologi in Ausrechnung der Assyrischen Königenicht miteinander übereinstimmen. Denn es haben Josephus, Eusebius, Scaliger, und Calvisius, die vier Monarchen / nämlich Arabel so Anno Mundi 2793. Chalaos der A. M. 2827. Anabas so An. M. 2851. und Babias, welcher An. M. 2872. zur Regierung gekommen wären / mit unter diese gerechnet / welche doch von denen anderen Historicis ausgelassen werden.
(A. M. 2779. Jephta wird Fürst in Gilead. Judic. 11.) Zu dieses Zeiten wurde Jephta / weil er ein Huren-Kind / von seinen Brüdern aus dem väterlichen Hause verstossen / und verächtlich gehalten. Alldieweil er aber in dem Lande Tob sich zum Kriege tapfer und geschickt gemacht / erwehleten ihn die Gileaditer wider die Ammoniter zu ihrem Fürsten / und Heer-Führer / welche er nicht allein überwand / und von Ihnen 20. Städte unter seine Gewalt und Bothmässigkeit brachte / sondern auch nachgehends die Ephraemiten, welche sich was bessers / als die zu (Judic. 12.) Gilead bedüncketen / demüthigte / und über sie sechs Jahr herrschete / bis [105] (A. M. 2787. Pyrrhus getödtet.) daß er starb / und an seine Statt Ebzan von Bethlehem verordnet ward. Damahls ward Pyrrhus des Priami Sohn zu Troja / welcher aus der Trojanischen Schlacht entkommen war / in deß Apollinis Tempel / worein er flohe / von dem Oreste, vermittelst deß Priesters Macarii Verrätherey getödtet. Deßgleichen erbeuete Ascanius des AEneae Sohn / so (Die Stadt Alba longa erbauet. A. M. 2799.) er mit der Creusa Königes Priami zu Troja Tochter erzeuget / die Stadt Alba longa in Latien / und richtete daselbst seinen königlichen Sitz auf. Ebener Gestalt begab sich Holesus Königs Agamemnonis Sohn welchen er aus der Briseide geboren / mit etlichen Freywilligen in Italien / woselbst (A. M. 2802.) er eine Stadt / die er nach seinem Nahmen Haliscum nennete / aufrichtete. (Theurung in Lydien. A. M. 2807. Velleij.) Dasselbige mahl fiel auch in Lydien eine grosse Theurung ein / und weil solcher Mißwachs der Früchte täglich Uberhand nahm / so loseten zweene Brüder und Könige daselbsten / Nahmens Lydus und Tyrrhenus miteinander / daß / welchen das Loß treffen würde / derselbe sollte mit einem Theile der Unterthanen sich aus dem Lande begeben / und eine neue Wohnung suchen. Das Loß fiel auf den Tyrrhenum, welcher hierauf in Italien reisete / und daselbst / welches 40. Jahr nach der Zerstörung der Stadt Troja geschahe / die jenigen Oerter / worvon das Land / die Stadt und und das Meer noch bis auf den heutigen Tag den Nahmen behalten hat / erbauet.
(Israelitische 6te Dienstbarkeit A. M. 2805. Judic. 12.) Wie man GOTT ehret und gehorsam leistet / so gebahret er auch mit den Menschen: Und weil Israel nach erlangter Ruhe und Frieden wieder in Sünde fiel / übergab er sie in der Philister Hände 40. Jahr / iedoch erbarmete er sich nachmahls ihres Zustandes / und erweckte aus dem Stamm Dan den mit mehr als Riesen-Stärcke angekleideten Simson / welcher mit Leuen wie mit Böcken spielete / mit einem Esels-Kienbacken tausend Mann erschlug / in der Vestung Gaza die Thore aushub / und sie fünff Meil Weges auf einen Berg bey Hebron trug. Nachdem aber die Philister durch Hülffe seines verrätherischen Weibes der Delilae sich seiner bemächtigten / ihm die Haare abschnitten / die Augen ausstachen und denselben Sclavische Dienste thun liessen / immittelst aber ihm seine Haare wieder lang wuchsen / und er von den Philistern in ihrem Pallast kurtzweil zu treiben geholet ward / warff er die beyden Seulen des Hauses / darauf der Pallast ruhete / über den Hauffen / daß Er und Sie alle erdruckt wurden. Diese des Simsons Thaten haben auch die Heiden entlehnet. Den̅ gleichwie derselbe mit einem Esels Kinnbacken den Feind geschlagen / und den Leuen getödtet: Also hat auch Hercules mit keinem Schwerdte / sondern mit einer Keule gekämpfet / den Leuen umgebracht / und sich mit der Haut bekleidet: Hercules verrichtete bey seiner Buhlin der Omphale weibische und Sclavische Dienste. dergleichen wiederfuhr auch dem Simson in Gasa von einer Hure / und der Delila, die ihn um seine Freyheit und in bittere Dienstbarkeit brachte: Hercules beförderte freywillig seinen Tod: Simson that in diesem Stücke dergleichen / als daß die Alten des Herculis Mühe / Arbeit und Stärke des Simsons seiner verglichen. (Der Held Simson. A. M. 2830.) Als derohalben durch des Simsons Stärcke der Philister Pallast / worinne 30000. oder wie Philo gedencket / 40000. Menschen / und zwar der Vornehmsten / umgekommen / über den Hauffen gegangen / so erschracken die übrigen dermassen / daß sie Israel eine geraume Zeit unangefochten liessen. Nachdem nun solcher Gestalt Simson erdruckt / fiel die Israelitische Regierung wieder an die Aeltesten im Volcke: Und weil damahls alle schwere und wichtige Sachen an den Hohen-Priester gelangen musten / zur selbi [106] gen Zeit aber Eli Hoher-Priester war / so wurde das Richter-Ambt nicht auf Maas und Weise / daß es das Volck von seinen Feinden hätte wie Simson (Die Israelitische 7te Dienstbarkeit. A. M. 2851.) und nachgehends Samuel in Freyheit gesetzet / geführet. Denn als Eli seinen Söhnen zuviel übersahe / und sie nicht wegen ihrer verübten Buben-Stücke / und öffentlichen Aergernüsse abstraffte / gab sie abermahls der Höchste in der Philister Gewalt / bis Samuel in das Ambt tratt. Woraus zu sehen / wenn die Gabe GOttes durch die Natur könte fortgepflantzet werden / so würde es heiligen Leuten mit ihren Kindern offters so unglücklich nicht ergehen. Welcher frommer Mann würde ihm nicht lieber wündschen / daß seine Lenden vertrucknet / als daß sie von Boßheit fruchtbar seyn sollten. Nachdem aber in uns nicht die Gottseligkeit / sondern die Sünde fortgepflantzet werden kan / so ist es sich nicht zu verwundern / daß fromme Eltern böse Kinder haben: Die Gütigkeit ihrer Vorfahren / die heiligen Gebote und die Auferziehung ihrer Eltern hätte sie für denen äusersten und gröbsten Sünden erhalten sollen / aber da kunte weder die Freundschafft / noch die Geburt / noch das hohe und wichtige Priesterthum die Söhne Eli bewahren / daß / so heilig ihr Vatter war / sie nicht Kinder des Teufels wurden.
Die Sache aber mit den Israelitern hielte sich also: Israel wollte wider die Philister ihrer Freyheit wegen streiten / und wurden darüber in die 4000. Mann geschlagen. Die Aeltesten meineten / die Ursach wäre / (1. Sam. 4.) weil sie nicht die Lade des Bundes / wie Josua / bey sich im Felde gehabt / und liessen dieselbe von Silo in das Lager holen / Den Philistern / als sie dieses höreten gieng der Grau an / fürchteten den Verlust ihrer Freyheit / und wusten nicht was Raths / iedoch ermahneten Sie sich / wagten das Spiel / und wurden der Israeliter 30000. erschlagen / die Lade des Bundes gewonnen die beyden Söhne Eli getödtet / und er selbst brach / als er rücklings aus dem Sessel fiel / in dem 98. Jahre seines Alters und 40. jährigen Ambte / den Hals entzwey. Wer war frölicher als die Philister / sie jubilirten / trugen die Lade ihrem Abgott Dagon vor / und meinten / daß mit derselben auch der wahre und unsterbliche Gott aufgeflogen / aber ehe sie sichs versahen / wurde sie mit Blattern an den Hintern geschlagen / ihr Land mit Ungeziefer von Mäusen belegt / und endlich froh / daß sie der Lade des HERRN / welche Sie wiederumb auf die Grentze Israels setzten / loß worden. Worauf man den Propheten Samuel zum Israelitischen Richter erklärete / welcher dermassen seinem Ambte wohl vorstunde / daß man ihm weder einziges Unrechts noch Vorthels zu beschuldigen vermochte. (Saul der erste König in Israel. A. M. 2875. lib. Sam. 1.) Nachdem aber derselbe begunte alt zu werden / setzte Er seine beyde Söhne Joël und Abia zu Richtern über das Volck / sie traten aber nicht in die Fußstapfen ihres Vatters / nahmen Geschencke / und beugten das Recht / worüber die Aeltesten im Volck unwillig wurden / hielten zu Ramath eine Versammlung / und begehrten von Samuel einen König: Samuel verweiset ihnen solches / stellet denenselben den Göttlichen Befehl für / und meldet ausdrücklichen / wie ein Esel-Treibersie mit neuen Auflagen beschweren / und was ihr künfftiger König thun werde. Als aber das Volck auf einen König drang / wurde Saul / des Kis Sohn / welcher seines Vatters Esel einen suchte / darzu erwehlet / und gesalbet: An Statt / daß Samuel seinen Mitbuhler am Regiment hätte mit scheelen Augen ansehen sollen / so liebkosete er Ihm / saget demselben aufrichtig die neue Zeitung wegen seines künfftigen Königreichs / und weiser dadurch / daß heilige Leute / wenn sie GOTT einer Bürde benehmen will / nicht unwillig werden / noch [107] Andern die Ehre / wormit der Höchste sie zu erheben gedencket / mißgönnen sollen / Denn die jenigen machen die weltliche Ehre zu einem Abgott / welche / wenn sie darzu befördert werden / auf dieselbe zu viel halten. Die Demuth blickte damahls dem Saul allenthalben aus den Augen / er hielte gegen Samuel sein Geschlechte für das geringste und kleineste in Israel / und da der Handel nach des Propheten Anstellung zur Wahl geriethe / verkroch er sich unter die Fasse / nachdem Er aber in dem Königreiche sich stärkete / etliche Kriegs-Sachen ihm glücklich ablieffen / und er seinen Thron befestigte / ward Er hochmüthig / mißgünstig / blutdürstig und gottlos. Den̅ es kunte für ihm weder Samuel, der ihn doch zum Könige gesalbet / noch David / welcher durch seine Helden-Thaten das Königreich in Ruhe erhielte / noch der Hohe-Priester und dessen Söhnebleiben / sondern er trachtete ihnen nach dem Leben. Dannenhero nicht allemahl der Anfang eine gewisse Probe eines guten Fortganges und Endes ist: Denn es hat sich offt eine demüthige Kindheit in eine unverschämte Jugend / eine strenge Aufferziehung in eine ruchlose Männlichkeit / und eine frühe Gottseligkeit in eine endliche Ruchlosigkeit verändert. Alles Volck jauchzete für Freuden / da sie vermeineten / sie hätten / was sie begehrten / und freueten sich über ihre Glückseligkeit / und ihres Königes Ehre / aber wie leichte kan man sich doch selbst in seinem Zustande verwirren / und über das erfreuen / worüber man vielmehr Ursache sich zu demüthigen / und zu betrüben hat: Was ist man seines Seegens gebessert / wenn man nicht weiß / wie man denselbigen gebrauchen solle. Der sicherste Weeg zur Freude ist die Vorbehaltung / bis man der Sachen Würdigkeit / der Probe Gewißheit / und deroselben Tüchtigkeit hat. Wie übel aber diese unzeitige Freude denen Israeliten bekommen / weiset des Sauls Mittel (David sein Nachfolger wird zum künfftigen Könige gesalbet. A. M. 2880.) und Ende. Die Hand Samuel trug nun nicht mehr den Scepter in Israel / sondern das Horn den jenigen zu salben / welcher da regieren sollte / Saul ward zu Samuel gesendet / da Er sollte gesalbet werden / nunmehro aber wird Samuel gesendet / den David zu salben / vormahls suchte Israel einen König vor sich selbsten / anitzo aber suchet GOTT einen König vor Israel / also siehet man / daß Könige von GOTT kommen. Denn wo Frömmigkeit mit der Regierung vereiniget ist / da wird beyderseits Recht und Gnade verdoppelt. Der Prophet Samuel selbst / hielte Anfangs den David für seinen Augen König zu seyn gar zu klein von Person / sein Vatter Isai aber lebete in denen Gedancken / daß er nur geschickt der Schafe zu hüten / und seine Brüder über Menschen zu herrschen tüchtig wären / Allein David als der jüngste wurde von der Heerde geholet / und durch die Wahl GOttes zum Königlichen Thron bestimmet; also macht GOtt seine Weißheit in der grösten Verachtung groß. Die Tapferkeit wird durch nichts bessers / als durch eine Probe dargethan: Es (2881.) war nicht genug / daß David Bären und Leuen tödtete / sondern er rieb sich auch an den ungeheuren Goliath / und wurde um dieser herrlichen That willen / zu des Sauls Eydam begehret; Gleichwie aber die Mißgunst in (2882.) allen Dingen blind / ausser in anderer Menschen Glückseligkeit nicht. Also füllet auch dieselbe des Sauls Brust dermassen an / daß er gegen David böses mit gutem vergolte / und ihn zweymahl spiessen wollte / dahero er auch (2883.) von der Michal zum Fenster herunter gelassen wurde / zum Könige in Aegypten (2884.) flohe / und allda eine zeitlang verbliebe: Nichts destoweniger verfolgte (2886.) Saul David / biß in die Wüsten Naon, welcher demselben zum Zeugen seiner Unschuld den Zipfel vom Rocke schnitte. Saul fuhr in sei [108] (2888.) ner Raserey fort / setzte dem David bis in die Wüsten Siph nach / und da sein Heer schlieff / ging David in geheim in sein Lager / und nahm beym Haupte seinen Spieß und Becher hinweg: Als aber letzlich Saul in einer Schlacht (2890.) von den Philistern überwunden / legete er / damit er sich nicht denen Feinden zum Triumph dargebe / selbst Hand an sich / und wurde demselben / als man Ihn unter den Todten gefunden / un̅ der Waffen entblösset / das Haupt abgeschlagen / Also pflegt gemeiniglich der Heuchler / und mißgünstigen Menschen (2893.) ihr Ende erschrecklich zu fallen. Worauf David von dem ganzen Israel zum Könige auf und angenommen wurde / und eroberte vier Jahr hernach / als er sieben Jahr und 6. Monate zu Hebron gewohnet / die Stadt Jerusalem / und legte seinen Königlichen Sitz dahin.
(30. Thinaeus A. M. 2899. Calvis.) Damit wir aber wieder auf unsere Monarchen kommen / so hat Thinaeus, oder Thimaeus nach etlicher Meinung 30. nach etlicher aber vierzig Jahr die Verwaltung gehabt. Seine Thaten sind dahin / und kan man mit Bestande sagen / daß grosse Gewalt zwar den Menschen hochmühtig / iedoch sonder Nachdruck mache / und nicht eben in dem grossen Umschweisse / und Begriffe vieler Länder / Güter und Herrlichkeiten / sondern allein in den wahren Tugenden bestehe. Denn gleichwie man in einem leichten Kleide / welches einem gerecht ist / viel leichter daher gehet / Also kan der Mensch auch in seiner übermässigen Besitzung keine gewisse Ruhe finden / bis er sich selbsten kennen lernet. In der Welt begegnen einander Böses und Gutes: Das Böse findet täglich seine Beystände / das Gute aber wird allenthalbe̅ gehasset: Wegen des Ersten ist es kein Wunder / indem wir alle böse / und dahero uns / un̅ das Unserige vertreten / daß wir aber das Gute / welches wir selbst nicht zu Ende setzen / an andern tadeln / un̅ verwerffen / sind angeborne (Davids Ehebruch. A. M. 2906. Calvis.) Laster. Das Wasser / so am heissesten / gefreuert am ersten: Allhier begehet der Heiligste unter dem Volke Gottes die grösseste Thorheit. Den̅ nachdem der sonst fromme / und nach dem Herzen Gottes aufrichtige David / seinen Feld-Herrn den Joab die Ammoniter mit Strumpff und Stiele auszurotten / und ihre Städte zu erobern ausgeschicket / da bricht er inzwischen zu Hause mit der Bathseba des Uriae Weibe / die Ehe / und befahl hierauf / darmit die That nicht für ihrem Mann kom̅en möchte / denselben für die Feinde zu schicken / aufdaß er daselbsten umkäme / welches auch geschahe / also / daß David auf einmahl vor Gott für einen Ehebrecher / un̅ Todtschläger geachtet ward. Die grösten Regenten der Welt irren zuweilen am gröbesten: Die Bathseba war niemals unreiner / als nachdem sie gebadet: Die Eheliche Treue / das böse Gewissen / und das Verboth des Ehebruchs hätte ihr an Statt der Entschuldigung dienen können / alleine / ihre geschwinde Einwilligung beförderte auch ihre geschwinde Sünde: Die böse Begierde ist Anfangs nicht grösser / als das Gewebe einer Spinne / am Ende aber dicker als ein Ancker-Seil. Bathseba gieng nach begangenem Ehebruche so wol im Leibe als im Gemühte schwanger mit tausenderley Sorgen: Alle Wollust läufft gemeiniglich auf ein Schrecken hinaus; David ließ zwar den Uria aus dem Kriege hohlen / und vermeinte ihn unter einem anderen Vorwande zu seinem Weibe zu brigen / und also dieses / was er gethan / auf ihn zu legen / alldieweil aber dieses nicht angehen wollte / so muste das Schwerd den Uria um eines andern Sünde willen aufopfern. Joab war nunmehro ein offen barer Verrähter seines Freundes / des hingerichteten Uriae, und David gedachte fernerweit sein böses Gewissen mit Fortsetzung seiner angefangenen Wollüste zu verwechseln. Gott aber hatte ein anders über beyde beschlossen. Der Prophet Nathan trat auf / gab dem David ein [109] (Des Propheten Nathans Vorhaltung.) Gleichnüs von einem unbarmbertzigen Reichen / der seinem Nachbar sein eintziges Schaff mit Gewalt entwendet / und nachdem er sahe / daß derselbe über solche That eyferte / so fuhr er mit einer nachdrückenden Schärffe herfür / und sprach: Du bist der Mann / der solches Ubel für den Augen GOttes gethan: Du hast des Hethiters Weib zu dir genommen / und ihn mit dem Schwerte der Kinder Ammon erwürget: Darumb so spricht der HERR des Himmels: Ich will dir aus deinem eigenen Hause Unglück erwecken / deine Weiber für deinen Augen nehmen / und sie deinem Nechsten geben / daß er bey ihnen an der lichten Sonnen schlaffen solle. Wo keine Reue / da ist auch keine Busse; ein freywilliges Bekänntnüs aber ist eine Anzeigung einer gewissen Reue. Ich habe gesündiget / sprach David / wider den Herrn. Je hefftiger einem Kranckheit anstösset / ie geschwinder soll er nach der Artzney eilen. Das Stücke äuserer Besserung ist die Erkäntnüß der Sünde. Ihrer viel wollen lieber die abscheuliche Gestalt ihres bösen Gewissens in dem Busen behalten / als dasselbige an den Tag bringen / da sie doch / weil sie sich zu sündigen nicht gescheuet / hinwiederum ihre Sünde zu bekennen sich nicht schämen sollten. GOTT siehet auf das Hertze / und nicht auf die Weitläuffigkeit der Worte. Sobald als David bekennete / und seine Sünde bereuete / sobald sagte GOTT durch den Propheten: Dir sind deine Sünde weggenommen / und du sollt nicht sterben / (Ammon der Sohn Davids beschlafft seine Schwester die Thamar. A. M. 2911. 2. Reg. c. 13.) iedoch soll das Schwert von deinem Hause nicht weichen. Kaum war die Vergebung erfolget / daß sich nicht bald darauf eines von den gedroheten Ubeln in dem Hause Davids einstellete. Amnon der Sohn Davids war hiernechst mit unkeuscher Liebe gegen seine Schwester die Thamar entzündet / entdeckte seine Liebe dem Jonadab / nothzüchtigte sie / und stieß sie hernach mit Schimpf aus seinem Hause. David wurde nunmehro durch seines Sohnes Sünde nicht wenig gezüchtiget: An Schönheit reibet sich ein Jeder gerne / sie schadet aber zuweilen mehr / als daß sie nutz schaffet: Des Amnons Vermessenheit / und der Thamar Schönheit waren beyde ihr Fall. Fuchsschwäntzer / und Heuchler sind an grosser Herren Höfen nicht seltzam. Jonadabs Rath waren dem Amnon aufgeblasene Kohlen / die ihn in seiner Meinung stärcketen. Der gute David beredete sich selbsten / daß seines Sohnes Genesung / an der Tochter Gerichte hienge / und beförderte um so viel desto mehr den Handel. Amnon aber truge seinen Appetit nicht so wohl auf die Speise / als zu der geilen Lust. Der Thamar Entschuldigung verdoppelte seinen Vorsatz / und was Amnon nicht durch Bitten erhielte das brachte er mit Gewalt zuwege. Sobald aber die Viehischen Begierden gestillet / so war auch die Liebe hinweg. Thamar wurde gehasset / und endlich mit Gewalt aus dem Hause gestossen. Unzüchtige Begierden bleiben gemeiniglich nicht in den Schrancken der Vernunfft? Amnon liebte in einer Stunde so viel / als er hernacher die Zeit seines Lebens hassete. Die jenige / welche ihn zuvor umb Liebe willen zur Kranckheit gebracht / die mußte nun um deswillen nicht allein gehasset / sondern auch ihrer Jungferschafft verlustiget werden. Was that Thamar? Sie zureiß ihre Kleider / streuete Asche auf ihr Haubt / und betauerte ihren Fall / bis ihr Bruder Absolon sie tröstete / und in sein Haus nahm. Das Ubersehen eines Hausvaters ist zuweile̅ so schädlich als die allzugrosse Strenge: David mochte sich zwar hierüber nicht wenig muthpressen / man findet (Absolons Schaf-Scheere A. M. 2913. Calvisius.) aber nicht / daß er auf Rache oder Straffe gedacht. Zwey Jahr strichen vorbey / daß Absolon / Davids Sohn / sich gegen seinen Bruder den Amnon um seiner Schwester willen nichts Böses mercken liesse: Die Rache vergleichet sich nicht unbillich einer Gluth / so unter der Asche verborgen lie [110] get. Simuliren ist eines der ältesten Laster: Absalon ersuchte seinen Vater den David zusamt seinen Brüdern auf ein Gastmahl / zu seiner bevorstehenden Schaf-Scheere gen Baalsazor. Der sorgfältige Vater wollte seinem Sohne wegen der daraufgehenden Speesen nicht Ungelegenheit machen / und wuste nicht / daß es auf ein Trauer- und Blut-Mahl hinaus lauffen würde. Amnon meinte / seine Sünde wäre vergessen / und der auf sich geladete Haß erloschen / dahero er sich nichts Böses besorgete. In Summa die Kinder Davids genossen nunmehro bey ihrem Bruder dem Absolon das Mahl mit Freuden. Aber wie wunderlich seynd doch die Fälle / und Einbildungen der Menschen. Jene gedachten nichts / als auf Freude / dieser aber auf Mord und Rache. Denn was vermochte erschrecklicher zu seyn / als wenn Absolon in geheim zu seinen Dienern sagte: Wenn Amnon frölich von Weine seyn wird / und ich euch ein Zeichen gebe / so schlaget (Amnons Todt und Absolons Flucht. A. M. 2913.) ihn todt / und fürchtet euch nicht / alldieweil ich euch solches befohlen. Auf die Worte erfolgte die That. Die Kinder des Königes flohen aus Furcht darvon / und Absolon verbarg sich hierauf drey Jahr lang / an seines Gros-Vaters des heidnischen Königes Gesurs Hofe / David aber trug über seinen Sohn Leid.
Die Zeit / sagt man / verdauet alles. Nachdem also Absolon drey Jahr aussen / schlug David in sich / und vermeinete / daß des einen Sohnes unwiederbringlicher Schade / durch des Andern Verlust nicht ersetzet werden könnte. Joab fiederte damahls die Poltzen / und das kluge Weib von Thekoa verschoß sie beym David. Es ist ein leichtes / etwas von Einem erhalten / wenn derselbige darzu selbst geneigt ist. Gehe hin / sagte David / und bringe den Knaben Absolon wieder / laß ihn aber in sein Haus gehen / und nicht für mein Gesichte kommen. Hier sollte des Davids Gnade zwar den jungen Absolon stärcken / nicht aber Ihn in seiner Boßheit verhärten. Das Hertze Davids war besänfftiget / bis auf die äuserliche Gestalt / welche unbeweglich zu seyn schiene / man kan aber auch das leidliche öffters nicht wohl vertragen. Absolon hatte nun in 2. Jahren zu Jerusalem des Königes Angesichte nicht gesehen; Darum schickte er nach seinem Vorsprecher dem Joab / nachdem aber dieser nicht zu ihm kommen wollte / ließ er selbigem ein Stücke Feld anzünden. Mit einem Desperaten, oder Verzweiselten hat man nicht viel Umstände zu machen; Absolon war nicht weniger seines Lebens / als des so langen Verzugs überdrüssig. Dahero fuhr er gegen den Joab heraus / und sagte: Warum hat man mich nicht zu Gesur gelassen? Gehe hin / und verschaffe / daß ich meines Vatern Angesicht sehe / oder da eine Missethat an mir / so tödte mich. Eltern pflegen aus Liebe gegen ihre Kinder am wenigsten Zorn uz halten. Joab erhielte bald / daß David in Absolons Begnadigung einwilligte / und ihm sein Verbrechen verziehe; Es ruhete (Absolons Meuterey und Aufstand. A. M. 2916.) aber das Schwerdt über Davids Hause noch nicht: Hoffart / sagt man / kömmt für dem Fall. Absolon war nun bey Hofe so hoch am Brete / als zuvor iemahls: Ein ieder hatte ein Auge auf ihn / und weil seine Schönheit insonderheit auch demselben bey dem gemeinen Pöfel ein Ansehen machte / so vergnügte er sich nicht an seinem Stande / sondern er fieng nach Verlauffung zweyer Jahre wider seinen Vater den David einen verdammlichen Ausstand an / und trachtete ihm nach Cron und Scepter. Der Ehrgeitz hat gemeiniglich diese Eigenschafft an sich / daß er durch seine unzeitige Begierde mehr Mißgebur [111] then / als was Vollkommenes herfürbringet. Hätte Absolon sich in den Schrancken der Bescheidenheit aufgehalten / so wäre er der Cron-Printz nach des Vatern Tode gewesen. Scheinheiligkeit sparet keinen Fleiß: Absolon war so mühsam als annehmlich Einem jeden zu willfahren / deswegen wündschte auch männiglich ihn künfftig auf dem Thron zu sehen. Eitele Menschen haben eitele Gedancken. Absolons Schönheit / verstellte Demuth / angemasste Beredtsamkeit / vorgewandte Liebe zur Gerechtigkeit / und scheinheilige Sorge für das gemeine Wesen stahl dem Volcke das Hertze ab / daß sie ihm endlich durch verbothene Wege für einen Gesalbeten aufworffen. Dieser Auffruhr ward eher nicht zu Wercke gerichtet / bis man den Schein der Gottesfurcht zur Hand nahme. Hebron muste die heilige Gelübde / oder vielmehr die Zusammenkunfft der geschwohrnen Rebellen seyn. Das scheinheilige Opfer verrichtete des Davids Rath Ahitophel / und schlug sich auf Absolons Seite. Man grieff zum Bunde. Die Stämme Israels kahmen herbey / und David kunte zu nichts anders / als zur Flucht greiffen: Wie schmertzlich muß es doch denen Eltern fallen / wenn ihre übel geartete Kinder ihnen nach Guth und Blut trachten. Absolon kam mit gewaffneter Hand gen Jerusalem / beschlieff auf Einrathen des Ahitophels Davids hinterlassene zehen Kebsweiber / hielte Kriegs-Rath / und weil es dem Ahitophel nicht nach Wundsch gienge / erhenckete er sich in seinem Hause. Woraus erhellet / daß weltliche Weißheit / wenn man sich darinne erhebet / und ihrer mißbrauchet / selten den Stich hält: Der eitelen Hertzen ihre Rathschläge giengen vielmahls besser von Statten / wenn nicht die Göttliche Allmacht sie an ihrer Boßheit verhinderte; Hier aber muste gleichsam des Absolons Wollust / und des Ahitophels Rath den göttlichen Ausspruch erfüllen / daß Davids Weiber an der lichten Sonnen beschlaffen und geschändet wurden. David vermochte nichts anders zu thun / als daß er Gewalt mit Gewalt vertriebe; Er theilete das Volck in drey Hauffen / und schickte sie gegen die aufrührischen Israeliten. Fromme Eltern haben auch mit der grösten Boßheit ihrer Kinder ein Mitleiden. Verfahret säuberlich / sagte er / mit dem Knaben Absolon umb meinetwillen. Der Streit hub sich an / das Schwerd verschlang daselbsten von den Israelitern 20000. Mann / die übrigen alle aber wurden gewahr / was die verrätherischen Waffen für einen schnöden Ausgang gewinnen. Kein Rebelle darff sich einbilden / daß es ihm wohlgehe: Was das Schwert nicht hinwegnahm / das zernichteten die wilden Thiere in den Hecken und Gebüschen. Endlich beköm̅t ein jeglicher Aufwiegler auch seinen Lohn; Eine leblose Eiche muste des Absolons Hencker / und zugleich auch sein Galgen seyn. Eine eintzige Schmach schiene für ihm zu wenig zu seyn. Die Haare / so ihm vormahls zum Schmucke dieneten / die waren anietzo seine Schande / ja es war nicht gnug / daß Er an einer Eiche hienge / sondern er muste auch dreymahl durchstochen / geschlagen / gesteiniget / und gar (Des Seba Aufruhr. A. M. 2920.) in die Grube hinunter geworffen werden. David gedachte / nunmehro nach vollbrachter Klage aller Unruhe entübriget zu seyn / GOTT aber wollte / daß das Schwerd von seinem Hause nicht eher weichen sollte / bis das Blut Urioe gerächet. Kaum war Absolons Aufstand getilget / da erhub sich ein anderer / indem der heillose Seba / der Sohn Bichri gleichfalls auch wider den David die Waffen ergrieff. David sollte nicht eben gestrafft / sondern nur gezüchtiget werden: Die Boß [112] heit ist nichts anders / als der Aussatz / welcher sich durch das Geblüthe fortpflantzet. Seba war aus dem Hause Sauls / und dieselbe Feindschafft swischen diesem und Davids Geschlechte war noch nicht erloschen. Seba ließ die Posaunen wider ihn ausblasen / und durffte zu dem versammleten Israel ungescheuet sagen: Wir haben keinen Theil an David dem Sohn Isai: Alle Verräther haben ihren besonderen Decke-Mantel. David rüstete sich wider diesen Empörer / ließ ihm durch Joab / biß in die Stadt Abel nachjagen / und ward daselbst dem Seba an Statt der aufrührischen Belohnung von seinem eigenen Volcke der Kopf abgeschlagen / und dem Joab über die Mauer herunter geworffen. Woraus zu lernen / daß zwar in einem Königreiche oder Lande gar leichtlich eine Empörung anzurichten / nicht aber so bald ohne GOttes Schickung und kluger Vorsorge zu stillen sey.
(31. Dercilus. A. M. 2923. Calvis.) Nach dem Thinaeo führte die Regierung Dercilus, 22. Jahr. Ob sie löblich oder böse gewesen / ist zu wissen einerley / weil das Wesen dieser Welt sich vergleichet mit denen / die heute viel Güter / Reichthümer und Vermögen haben / des andern Tages aber nichts mehr als die Asche vor sich liegen sehen / indem des Menschen Thun und Wesen / ohne diß in nichts mehr als Unvergnügsamkeit / Wohlleben / und Unruhe bestehet. Denn solange die Seele in dem Cörper rastet / so lieget der Mensch in stetem Streite / wenn sie aber ausgefahren / alsdenn empfähet sie in dem andern Leben entweder die Belohnung des Guten / oder die Straffe (Der Gibeoniter Rach. A. M. 2924. 2. Sam. c. 21.) des Bösen. Damahls rächeten sich die Gibeoniter an des Sauls Geschlechte / hencketen desselbigen zwey hinterlassene Söhne / und fünff seiner Enckel auf. David aber verschonete des Mephiboseth des Sohns Jonathans um der Freundschafft willen / die er vor diesem mit ihme gepflogen. Drey dürre und magere Jahre giengen vorbey / ehe David sich bey dem HERRN Raths erholete: GOTT zeigte ihm nicht eben selbst die Ursache an / sondern er muste das Urim / oder das Liecht fragen. Er forschte nach der Sünde / und bekam zur Antwort / daß es um Sauls / und um seines Bluthauses willen / weil er die Eibeoniter getödtet hatte / geschähe. GOTT ist langsam in Straffen / Er züchtiget aber hernacher desto schärffer: Wenn wir unsere Sünde vorlängst vergessen / so ziehet uns GOTT erst zur Züchtigung herfür. Die Sünde der Vorfahren musten anietzo die Nachkommen bezahlen: Es war eine Wieder-Vergeltung / das Maß wormit wir andern messen / wird uns selbsten wieder zugemessen / woraus man siehet / daß / wo die Gerechtigkeit herrschet / daselbst das Gerichte nicht grausam zu nennen ist. Wie der (David lässt das Volck zehlen. A. M. 2926. 2. Sam. c. 24) Gehorsam: Also ist auch die Versorgung. GOTT schlug die Kinder Israel durch das Schwert / hernach durch Hunger / anitzo aber ist er auf der Fahrt / sie mit Pestilentz zu bestraffen. Der Regenten ihre Sünden sind Straffen eines gottlosen Volcks. Wenn GOTT auf ein Lanb erzürnet / so übergiebet er erstlich die Obrigkeit zum Bösen / und straffet hernach das Volck zugleich mit derselben: Davids Sünde war / daß er nothwendig das Volck in Israel / und Juda gezehlet wissen wollte.
Daß Volck zehlen an sich selbst ist nicht böse / sonst müste es zu andern Zeite̅ auch nicht recht gewesen seyn / sondern die böse Meinung / und der Vorsatz geschahe aus Hochmuth / Mißtrauen und Vorwitz. Moses verdiente dort Danck darmit / David aber Zorn: Denn niemahls urtheilet GOTT die [113] Sünde nach ihrem äuserlichen Ansehen / sondern nach der Menschen Ihren falschen Hertzen. Und ob zwar Joab nach der Ursache wegen Zehlung des Volckes fragte / so beharrete doch David auf seinem Vorsatze. Israel und Juda ward gezehlet / und befunden sich von dem Ersten achthundertmahl tausend / und von dem Andern fünffhundertmahl tausend starck ohne die Königlichen Guardien, so man auf 24000. Mann schätzte. Zehen Monat beharrete er in solchen seinen Sünden / bisihm das Gewissen aufwachte / er seine Sünde erkennete / und aus dreyen Plagen die Pestilentz / welche innerhalb dreyen Tagen / 70000. Israeliten auffraß / erwehlete.
(32. Eupales. A. M. 2945.) Eupales folgte in dem Babylonischen Reiche dem Dercilo, welcher 30. Jabr daselbst regierte. Damahls fiengen die Tyrer / welche zur See mächtig waren / in dem äusersten Bezirck des Königreichs Spanien / die Insel Sades oder Calix / welches heutiges Tages das Königreich Granat genennet (Jerobeam beköm̅t die Berheissung zum Königreich Israel. A. M. 2967. 1. Reg. c. 12.) / und von dem Oceano umbschlossen wird / zu bauen an. Desgleichen weissagete der Prophete Abias dem Jerobeam / daß er noch König in Israel werden würde. Da dieses ruchtbar / stellete ihm König Salomon nach dem Leben / er aber flohe in Aegypten zu dem Könige Sisac / und bliebe daselbst eine zeitlang. Nach des Salomons Tode / ward sein Sohn Rehabeam König in Juda / alldieweil er aber nicht der Alten / und Weisen / sondern der Jungen Räthe Rath folgete / und dem Volcke ihre Beschwerung nicht abhelffen wollte / fielen zehen Stämme von ihm ab / und erwehleten Jerobeam zu Ihrem König. Jerobeam aber richtete zwey güldene Kälber zu Dan und Bethel auf / und machte Höhen / Priester / Fest-Tage und Altare nach seinem Gefallen. Salomon hatte von 700. Weibern und 300. Kebsweibern nicht mehr als einen Sohn / und zwar von einer Ammonit in den Rehabeam erzeuget. Die Fruchtbarkeit Kinder zu haben / lieget nicht allezeit an der Gelegenheit / sondern an dem Urheber menschliches Geschlechts. Und gleichwie in der Könige und Potentaten Gewalt nicht stehet / daß sie ihnen nach Gefallen Kinder verschaffen: Also vermag auch ein Weiser nicht allemahl seinen Kindern Weißheit zu geben. Salomon war weise und verständig / gleichwohl aber kunte sein Witz und Verstanb nicht durch den Rehabeam fortgepflanzt werden.
Nichts ist übeler zurechte zu bringen / als ein rasender Pöbel. Sobald als Rehabeam sich bedrohlicher Worte vernehmen liesse / sobald geschahe auch der Ausstand. Auf den Bürgerlichen / folgte der Geistliche Abfall. Nichts lag dem Jerobeam mehr im Sinn / als daß / wen̅ sein Volck gen Jerusalem zum Opfer gienge / es dadurch nicht möchte verführet / und abspänstig gemachet werden. Dahero richtete er zur vermeineten Grund-Seule seines Reichs die ietztgedachten zwey Kälber auf / und sprach zu dem Volcke: Es ist euch zuviel / wenn ihr sollet hinauf gen Jerusalem gehen. Siehe / da sind deine Götter Israel / die dich aus Egypten geführet haben. Gottlose Menschen tragen keinen Scheu / gegen GOTT verwegen zu seyn / wenn sie nur damit ihren Nutz schaffen können. Auch der Gesündeste kan von einer bösen Lufft angestecket werden. Gobald als Jerobeam die Kälber aufgerichtet / sobald lagen die Israeliten auf den Knien: Diese neue Religion war auf unterschiedene Weise vermäntelt. Er als ein neuer König muste einen neuen Gott / einen neuen Gottesdienst / neue Altäre / neue Priester / neue Opffer / und neue Fest-Täge haben: Er stund für seinem neuen Altare / hielt in der einen Hand einen Scep [114] ter / und in der andern ein Rauchsaß / aber Oder Gedult und Barmhertzigkeit GOttes! GOTT wolte denselben nicht eher schlagen / biß er ihn zuvor gewarnet: Der Prophet desselbigen muste ihm die Bottschafft bringen / wie der Altar zum Beweis dieses falschen Gottesdienstes sollte in Stücken zerrissen / und die Asche davon verschüttet werden. Die Hand / welche Jerobeam aus Zorn wider den Propheten ausstreckte / und nicht wieder zurücke zu ziehen vermochte / war der Beweis seines gethanen Unrechts: Die allertrotzigsten Gemüther werden durch unglückliche Fälle zaghafftig: Jerobeams Hochmuth vermandelte sich nun in eine Demuth: Bitte den HErrn / sagte er zu dem Propheten / daß meine Hand wieder zu mir komme. Bey eräugneter Widerwärtigkeit scheuen sich auch die Grösten nicht / bey denen Geringsten / und unansehnlichsten / ihre Zuflucht zu nehmen: An statt daß ihm der fromme Prophete seine Blut-dürstige Gedancken verwiese / so betete er für ihn zu GOTT / und ob gleich seine Hand wieder zurechte gebracht / so blieb er doch alle Wege abgöttisch / und starb / als wenn ihm GOTT in seinem Leben niemahls keinen Weg zur Busse / und Besserung hätte zeigen lassen.
(33. Laosthenes. A. M. 2975.) Auf den Eupalem kam Laosthenes, welcher 18. Jahr die Königliche Regierung betreten. Bey seiner Zeit setzten die Thracier / Mysier und Geten in Asien / suchten daselbst für die Ihrigen neue Länder / und nahmen daselbst fast gantz Bythynien in klein Asien ein: Nechst diesem starb Rehabeam (Rehabeam stirbet / und sein Sohn Ubia wird König. A. M. 2985. 1. Reg. c. 14.) der König in Juda / als er 17. Jahr fast regieret hatte / und kam an seine Statt Abia sein Sohn / welcher zwar weiser und tapferer als der Vater / alldieweil er den Jerobeam in einer Schlacht überwand / Er war aber nichts desto weniger gottlos / verwegen / und nicht länger als drey Jahr König. Dieser Abia gerieth eben mit dem gesammten Juda auf seines abgöttischen Vaters Fußstapffen. Und ob zwar noch etliche recht-Gläubige in beyden Königreichen Juda und Israel waren / so durfften sie sich doch dessen nicht mercken lassen. Was für eine Veränderung muß es wohl damahls gewesen seyn: Unter Juda und Israel sollte die sichtbare Kirche seyn / welche aber mehr einer Finsternis als einem Liechte gleich zu seyn schiene. GOTT stellet sich öffters in kleinen Dingen am wunderbarsten. Der gantze Cörper des Königreichs war fast von der Abgötterey verdorret / ja Abia selbst muste seinem Sohn dem Assa durch den Todt Platz machen / damit das Liecht (Assa Abiae Sohn.) der Wahrheit wieder möchte herfürbrechen / und die traurigen Gemüther erquicket werden. Aus einem bösen Saamen kan keine Frucht entstehen / gleichwohl aber war der Saame Assa tüchtiger als seines Vatern und Groß- vatern. Wenn nicht fromme Kinder zuweilen böse Altern / und fromme Eltern gottlose Kinder hätten / würde die Tugend für natürlich / und nicht so hoch als sonsten geachtet werden. Assa gereichte es zu einem unsterblichen Ruhme / daß er unter der abgöttischen Grossemutter Maëcha auferzogen / und nichts desto weniger sich die wahre Gottseeligkeit erwehlete. Er verjagte die Hurer / schaffte seines Vatern Götzen ab / stieß die Großmutter von ihrem Götzen-Ambte / und verbrannte den Abgott Miplezeth / oder wie etliche wollen / den Priapum / und ließ ihn in den Bach Kidron werffen. Rehabeam verwandelte bey seiner Regierung das Gold in Ertz / sein Enckel Assa aber suchte das Gold wieder hervor / und bezahlte damit seine / und seines Vatern des Abioe gemachte Schulden. Assoe Hertze / stehet (1. Reg. c. 15.) dorten / war rechtschaffen für dem HERRN sein lebelang. Alle seine Thaten / nehmlich die Ausrottung der Sodomie, die Abschaffung der Götzen / und die Beschenckung des Tempels waren Tugenden / die billich der [115] Nach-Welt zum Spiegel hinterblieben / wenn nicht ein kleiner Fehler bey dem frommen Assa mit untergelauffen wäre. Die Höhen wurden nicht abgethan / sagt die Schrifft / iedoch war das Hertz Assa rechtschaffen. Menschliche Schwachheiten lauffen gemeiniglich bey Göttlichen Dingen mit unter. Und weil letzlich Assa in seinem Alter an seinen Füssen kranck / so muste er nachgehends auch gleich anderen Gewaltigen zu Grabe getragen werden / also / daß es heisset / was ist kürtzer und eitler / als das menschliche Leben / welches nichts als ein verschlossener Athem / der / so bald er hinweg / auch der Mensch dahin fället.
(34. Pyrithidias. A. M. 2993. Calvis.) Pyrithidias, oder Puritiades kam an des Laosthenis Statt / regierete 14. Jahr / und findet man nichts sonderliches von ihme geschrieben. Zur selbigen Zeit war Agesilaus König zu Sparta / Bocchis König zu Corinth / welcher 35. Jahr die Königliche Verwaltung führete / und Astarinus, oder (A. M. 3003.) Asermus drey Jahr darauf König zu Tyro. Der Prophete Asaria wündschte damahls dem König Assa / als er aus dem Aethiopischen Kriege zurück kam / Glücke / und ermahnete ihn / daß er die Religion handhaben / und zu derselben aus den dreyen Stämmen Ephraim / Manasse / und Simeon / welche er wollte / (A. M. 3004.) darzu erkiesen möchte. Baesa der König in Israel zog hierauff in dem 36sten Jahre des Königreichs Assa wider Juda / besestigte die Stadt Rama / damit Er des Assoe Unterthanen Hin- und wieder-Reisen gen Jerusalem (2. Chron. 16.) verwehrete. Assa wurde hiernechst mit dem Benhadad König in Sirien einen Bund zu machen / und ihm deswegen viel Gold und Silber zuzuschicken genöthiget / zerstörete hinwieder die Stadt Rama / und bauete seine eigene Stadt von demselben Holtze und Steinen. Eben dasselbe mahl kam der Prophet Hanani / zu dem Könige Assa / und verwiese ihm erstlich / daß er sich mit dem Syrischen Könige Benhadad in ein Bundnüs eingelassen / und die menschliche der Göttlichen Hülffe vorgesetzet / der König aber entrüstete sich über ihn / daß er denselben zur gefänglichen Hafft bringen ließ. Wodurch uns zu verstehen gegeben wird / daß böse und gottlose Menschen auch ihre Verfolgungen wider die Gottesfürchtigen vor die Hand zu nehmen sich nicht scheuen.
Es ist der Tyrannen Art / daß sie offtermahls nicht eben so viel Schaden / als Bosheit verüben. Wider GOTT sich lehnen / ist eine Sache / die mehr verzweiffelelt als gethan zu seyn scheinet. Eigene Gewaltthätigkeite̅ sind nicht allemahl Merckmahle seiner gerechten Sache. GOTT sahe zu / daß der Prophet eingestecket wurde; Er hatte aber auch seine Zeit / diesen zu befreyen / und jenen zu bestraffen. GOTTES Wege sind nicht irrdische. Niemand soll seine Enade nach dem äusserlichen Ansehen ermessen / Er thut das / wohin wir nicht gedencken / und was wir meinen / das lässet er unterwegen. Und dieses geschiehet uns armen Menschen gemeiniglich zum besten. Denn die Hand GOTTES gereicht allen denen zum Guten / so Ihn suchen / und seine Macht / und Zorn / denen zur Straffe / die Ihn verlassen.
(35. Ophrataeus. A. M. 3007.) Auf den Pyrithidiam folgete Ophrataeus, und herrschte 21. Jahr. Von ihme ist nichts zu lesen / ohne daß kein Leben / gleichwie auch das Seinige nicht / in der Welt anzutreffen / das nicht der Kürtze der Zeit unterworffen / und unversehens wieder hinweg gerücket wird. Kein Stand (Die menschliche Ungewißheit.) ist ohne Veränderung / kein Reichthum ohne Mühe / keine Ehre ohne Gefahr / kein Glück ohne Ende / und keine Freude ohne Trübsal. Alle Dinge in der Welt gehen sobald dahin / als her: Das Glücke hält weder bey grossen Reichthume / noch der zeitlichen Ehre und Hoheit den Stich. Alles beste [116] het auf einem waltzenden Rade / vermittelst dessen man mit vollen Freuden empor / und mit Jammer und Weheklagen wieder hinab steiget. Niemand kan ohne die Tugend glückselig seyn / auch das schienbareste Glücke bestehet (Augustinus) nicht ohne dieselbige. Virtus enimin hac vitâ non est, nisi diligere, quod diligendum est; id diligere Prudentia est; nullis indè averti Molestiis, Fortitudo est; nullis illecebris, Temperantia; nullâ, Superbiâ, Justitia est. Der weise Pythagoras sagte: Wenn der Mensch wüste / was er wissen sollte / würde er in allen Dingen glückselig seyn / das ist / Er würde allem Unglücke entgehen / und alleine nur dem guten Glücke begegnen / alleine die weise Vorsehung GOTTES hat solches also für den Augen der Menschen verborgen / damit er der Klugheit nachleben / und sich (Der König Baësa in Israel stirbt / Ella kommt an seine Statt. A. M. 3013. 1. Reg. 16.) in die Enade seines Schöpffers befehlen möge. In dem sechsten Jahre des Ophrataei Regierung starb Baësa der König in Israel / und ward an seine Stelle König daselbst sein Sohn Ella. Und weil derselbe ein ungeschickter gottloser Mensch und Trunckenbold / so wurde er bald bey solchem seinem Wohlleben / und Trunckenheit wenig Monate darauf von seinem Stallmeister dem Simri getödtet. Simri masste sich hernach des Königreichs Israel an / und tilgete das gantze Haus oder Geschlechte des Baesoe aus; Nachdem aber das Volck Israel / so damahls für Eibethon lag / und die (Ella und Simri Tod.) Philister belägerte / vernahm / daß Simri sich des Königlichen Standes angemasset / einen Bund gemachet / und seinen natürlichen König den Ella erschlagen / warff es seinen Feld-Haupt-Mann den Amri zum Könige auf. Dieser verließ alsobald Eibethon / zog für die Königliche Statt Thirtza / und beschloß den Simri darinne. Da dieses Simri sahe / daß die Stadt bald möchte eingenommen werden / gieng er in seinen Königlichen Palast / und verbrannte sich mit seinem gantzen Hause. So unbeständig ist der Weg der Aufwieglerung. Und ob zwar auf allem Abfall / Empörung / und Ausstand / das gröste Erlend und Unglück erfolget / so wird doch derselbe durch die Boßheit der Menschen bis auf diese Zeit geheget. Niemahls kan ein Ausstand des gemeinen Volckes ohne Blut-vergiessen gestillet werden / und weil derselbe für nicht als ein gemeiner Todtschlag / und offenbahrer Raub / da weder das Alter / die Jugend / noch eintziges Geschlechte verschonet wird / zu achten / so wird er auch desto hefftiger von GOTT gestrafft.
(36. Ophraganeus. A. M. 3028. Calvis.) Ophraganeus, von welchem so wenig / als von denen vorgehenden Monarchen etwas Ruhmwürdiges zu melden / trug die Babylonische Crone 22. Jahr. Bey welchem Stande man siehet / daß nicht gewaltige Herrschafften / nicht der Uberfluß des Reichthums / nicht die Stärcke des Leibes / nicht die Menge der besten Speisen / nicht die kostbarste Tracht / (Wer der glückseligste in der Welt.) noch andere weltliche Dinge / sondern allein die Tugend und Aufrichtigkeit des Gewissens ein geruhsames Gemüthe machen. Generalis est humano Generi Miseria triplex, si diligenter advertimus. Nam & faciles sumus ad seducendum, & debiles ad operandum; & fragiles ad resistendum. Si discernere volumus inter bonum & malum, decipimur: Si tentamus facere bonum, deficimus: Si conamur resistere malo, dejicimur. & superamur.
(Josaphat König in Juda. A. M. 3030.) Nach des vorgedachten Assa Tode / ward sein Sohn Josaphat König in Juda an seine Statt / welcher von neuen Propheten / und Leviten / durch alle Städte verordnete / die die wahre Religion unverfälscht lehren musten / kam bey ausländischen Potentaten in groß Ansehen / daß sie ihm / insonderheit die Philister und Araber / Geschencke brachten / schaffte dem Lande gnug [117] samen Proviant / und machte unter den Haubtleuten eine gute Verfassung. (Der Prophet Elias.) In dem 14. Jahre des Königes Ahabs geschahe zu Zeiten des Propheten Elioe eine vierrehalb jährige theure Zeit / worinnen Elias selbsten von den Raben / die ihm Brodt und Fleisch brachten / und hernach von der Wittben zu Sarepta gespeiset wurde. Wen GOTT mit seinen Diensten begnadigen will / an dem ist nichts gelegen / ob man seine Geburth weiß / oder nicht. Aller Propheten Eltern werden hin und wieder gedacht / ohne allein dieses Elioe nicht / ausser der Orth seiner Geburth. Dieser Prophet ward von dem HERRN zu dem Könige Ahab in Israel gesendet / die Erste Worte / so er zu dem Könige redete / war ein Eyd und eine Bedrohung gegen dem Ahab / und dem Volck Israel. So wahr der HERR der GOTT Israel lebet / sprach er / es soll dieses Jahr weder Thau noch Regen kommen. Dieses waren nicht seine / sondern des Höchsten Worte. Der Mensch vermag allein das / was GOtt haben will / mit seinem Munde auszurichten / wenn nun ein solcher seine Schuldigkeit erweiset / warumb wäre dann / möchte man sagen / der Prophet von einer so wischen Verfolgung geflohen / und hätte sich nachmahls für dem Ahab an dem Bach Crith verstecket? Man soll aber wissen / daß GOTTES Weißheit unergründlich / und unsere eigene Bemühung auch offters unsere Erhaltung sey. Dem Elias mangelte es weder an Muthe noch Hertzhafftigkeit / und gleichwohl begab er sich in keine Vorsätzliche Gefahr: Der den Eliam nicht wollte durch die Engel versorgen lassen / den musten die Raben abspeisen: Diese Vorsorge dienet auch uns schwachen und verzagten Menschen / daß er auf uns müsse jederzeit / wenn wir gegen Ihm ein kindliches Vertrauen setzen / ein genaues Auge haben. Alles Korn und Getreyde war nun hinweggerafft / auch der Bach Crith vertrocknet / da sich der Prophete nach einer anderen Speisemeisterin / die doch so viel und fast weniger als er zu verzehren hatte / umbsehen muste. Die Sareptanin sollte ihn speisen / und sie ward vielmehr durch ihn wegen des Hungers beym Leben erhalten. Armuth war dieser von Geburth Heidnischen / jedoch frommen Frauen näher als Reichthum / jedoch hienge Gottes Wahl nicht an der Vernunfft des Menschen / sondern an seinem heiligen und unerforschlichen Willen. Elias der Prophet folgte dem Beruff GOttes. Er begegnete der armen Wittben / und Sie ihm unter dem Thore zu Sarepta mit ungleichen Gedancken: Sie / weil sie ein wenig Holtz aufgelesen / und ihr und ihrem Sohne noch vor ihrem Ende / ehe sie aus Hunger stürben / ein Gebackenes zu machen gesonnen / Er / der von ihr nicht allein einen Trunck Wassers / sondern auch einen Bissen Brod begehrete. Bey beyden schiene es / als ob sie der Schuch drückte. GOttes Vorsorge aber war hierinne mit in dem Spiele. Die schwach-Gläubige gieng hin / und theilte / unter der Hoffnung ein mehrers zu erlangen / einem Frembden das mit / so sie selbst nicht überflüssig hatte / sie speisete einen Unbekandten mit ihrem Vorrathe / und war erst gewärtig / was ihr und ihrem Sohne davon übrig bleiben möchte. Aber / wen GOTT regieret / der setzet auch in einen Propheten kein Mißtrauen: Das Meel im Cad ward nicht verzehret / und dem Oel-Kruge mangelte nichts. Nachdem nun also der Hunger gestillet / und die Witbe ihren Sohn von der Hungers-Noth befreyet sahe / satzte die Mutter alle ihre Hoffnung auf ihren eintzigen Sohn / er wurde aber unverhofft kranck / also / daß sie meinete / der Tod käme von [118] dem Elia her. Denn was hab ich / sprach sie / mit dir zu schaffen du Mann GOTTES? Du bist herein kommen / daß meine Missethat gedacht / und mein Sohn getödtet würde / gleich als wenn ihr Sohn nicht Hungers wegen sterben können / ob gleich Elias nicht bey ihr eingekehret. Ein unzeitiges Urthel bringet offters den grösten Verlust / hier aber ward der Prophete wegen solcher Bezüchtigung viel eyferiger zu GOTT / er betete für dastodte Kind / und erhielte durch den Glauben so viel / daß GOtt seine Stimme erhörete / und er der Mutter das jenige / was zuvor schon todt war / wieder lebendig zustellen kunte.
(37. Ascrazapes. A. M. 3050.) Und letzlich Ascrazapes oder Anatyndaraxes, der ebenfalls 22. Jahr dem Babylonischen Reich vorstunde. An diesen Königen siehet man / wie niemahls in der Welt kein Mensch gewesen / an deme man nicht eintzigen Tadel gefunden / auch ist es unmöglich / daß einer entweder allen gefallen / oder / allen mißgefallen / alldieweil etliche die Laster allzusehre geliebet / Etliche aber die Tugend derselben vorgezogen / Der Unterscheid aber ist dieser / daß / gleichwie sich die Warheit für keinem Liechte scheuet / und ihre Waaren aus dem finstern Gewölbe öffentlich an Tag bringet: Also ist die Falschheit / Untugend / die Tyranney / Abgötterey / und was derselben mehr anhängig / ein Werck der Finsternüs / welche sich am liebsten in die Winckel zu verkriechen pfleget. Worbey man es warnimmet / daß die allergröste Ehre und Hoheit die gröste Unruhe und Mühe bringet. Wer kan die Sorge und Angst dieses Lebens ermessen? Daß wir vergänglich und sterblich / bedarff keines Beweises / die Erfahrung giebt es täglich / eine Thorheit aber ist es an uns Menschen / wenn wir unsere Lebens-Hoffnung weit hinaus strecken / und bald (Cicere.) darauf die Welt mit aller ihrer Pacht verlassen müssen. In vitâ enim nihil est, nisi propagatio miserrimi temporis. Endlich denn der Tod lohnet theils den Tugendhafftigen / theils den Ruchlosen / nur daß es jenen zur Freude / diesen aber zur Straffe und Schrecken gereichet.
Und ob zwar nach dem jetztgedachten Ascrazapes Sardanapalus welche alle aus des Beli Geschlechte herstammeten / die Königliche Gewalt auf sich bracht: So hat man doch denselben / wegen seines bekannten / trägen / weibischen / und allerschändlichsten Gemüths und Lebens willen / nicht zu diesem des Nimrods Aufzug bringen wollen Allhier soll niemand meinen / er könne seinem Fleisch / seinen Wollüsten / und andern Begierden ein Genügen thun / und deroselben niemahls verlustiget werden: Dieser vermeinete es auch / allein er verlohr darüber sein Königreich / seine Schätze / seine schönsten Weiber / und sein üppiges Leben. Als in dem 18. oder / wie etliche wollen / in dem 33. Jahre des Königes Ascrazapes Regierung die (Der Prophet Jonas wird gen Ninive geschickt.) Stadt Ninive ein sehr gottloses und lüfternes Leben führte / schickte GOTT den Propheten Jonam dahin / daß Er ihren Untergang / wo sie nicht Busse thäten / verkündigen sollte: Jonas schlug um Furcht willen den Beruff aus / und setzte sich fünff Meilweges von Jerusalem in der Stadt Japho zu (A. M. 3072.) Schiffe / es entstund aber auf dem Meere ein grosses / und ungewöhnliches Sturm-Wetter / Die Schiff-Leute weckten den schlaffenden Jonam / und loseten / zu erfors???en / wer hieran Ursach / da denn dasselbe den Jonam betraff. Owas fü???e Liebe Gottes ist doch dieses / daß der / den wir mit Ungehorsam und Sünden hassen / gleichwohl desto emsiger die Ruhe und das Heyl unserer Seelen suchet. Als derohalden man denselben auf sein eigenes Gutachten in das Meer warff / wurde er von einem Wall [119] fische verschlungen / welcher ihn innerhalb drey Tagen mit sich auf 250. (Joseph. lib. 9. Antiq. Jud.) Meilweges herum führete. Denn er ward in dem Bauche des Fisches von Japho hinter klein Asien durch das Algeyrsche Meer / ferner durch den Hellespont in das Euxinische Meer gebracht / und daselbst wieder an (Der Stadt Ninive bedroheter Untergang. Bünding in Iriner) den Port geworffen. Nachdem sich nun Jonas hierauf an die 200. Meilweges gen Ninive gemacht / und den Göttlichen Besehl verkündigte / bekehrte sich die Stadt zu dem HERRN / und der König selbsten legte seinen Purpur und die Königliche Crone ab / hüllete einen Sack umb sich / setzte sich in die Asche / und befahl / daß weder Thier noch Menschen keine Speise geniessen sollen / so lange biß sie Busse thäten / und den Allerhöchsten umb Abwendung der bedroheten Straffe ersuchet hätten / welches auch geschahe. Letzlich starb dieser Monarche in dem 41. Jahre seines Reichs. Also beschliessen wir Menschen unser Leben / ehe wir einmahl daran gedencken / wohl aber denen / die sich selbst zu regieren wissen / die sich nicht überheben / wenn es ihnen wohl gehet / und die da leben / wie sie leben sollen.
(Der letzte Blick in diese Monarchi / worinnen man gleichsam die Grundfeste̅ desselbigen zu sehen.) Dieses alles / was man voritzo von denen Babylionischen Monarchen und darbey mit sich ereigneten Begebenheiten erzehlet / ist gleichsam ein Bild oder Gemählde / daran uns die Zeit nichts mehr / als deren Nahmen / und gar ein Weniges davon überlassen / solte man aber sehen / wie sie an die 1716. Jahr in ihrer Blüthe / und Vollkommenheit gestanden / was für gute Regiments-Formen / was für weise Gesetze / deren sich die Könige sebsten bedienten / und was für herrzliche Lehren / würden wir nicht daselbsten aufzumercken haben? Man würde finden die Tugenden der Königlichen Bedienten / die Beständigkeit der Könige im Glück / und Unglücke / die unverfälschte Treue / die Beobachtung der Bündnüsse / die Register der Königlichen Intraden, die Erleichterung der Unterthanen Beschwerden nach erlangtem Friede / die Königlichen Exercitien, die Vorsichtigkeit in ihrer Regierung / die genaue Wissenschafft ihres gantzen Staats / die herrlichen Berahtschlagungen bey einheimischer und ausländischer Krieges-Gefahr / die weise Erwehlung ihrer Generals-Persohnen / und anderer vornehmsten Bedienten / die Vorsorge ihrer Macht / die wachsame Kriegs-Disciplin, die Sorgfalt zu Erhaltung ihrer Länder / die erheblichen motiven, den Feind zuweilen in Person anzugreiffen / oder dasselbe durch die Seinigen verrichten zu lassen / was für einen starcken Staat und Hoff sie geführet / mit was für Pracht und Herrlichkeit sie aufgezogen / was für köstliche Palläste / Ländereyen und Gärthen sie erbauet / und was für kostbare Panquete / Aufzüge / Schau-Spiele / und andere zum Schertz und Ernst gehörige Dinge sie angestellet / so würden Sie uns alle zu einem Wunder / zur Lehre / zur Anmahnung der Tugend / und Abhaltung der Laster dienen: Denn zu geschweigen der anderen Sachen / was für Kosten / Mühe / und Arbeit muß doch die Stadt Babylon / welche in der Schrifft öffters die schönste unter den Königreichen / die Pracht der Chaldoeer / der Hammer der Welt / und die lüsterne Königin (Babylons Grösse. Diodorus Siculus Herodotus.) genennet wird / alleine in Erbauung derselben bedurst haben. Jhr Umkreiß war 365. Stadia. Sie hatte 100. Pforten / an den Mauern / worauf 6. Wägen nebeneinander fahren kunten / sollen dreymahl hundert tausend Menschen gearbeitet / und dieselbe in Jahr und Tag zu Ende gebracht haben. Und dieses ist / was man auch unter die sieben Wunderwercke der Welt mit gerechnet. Gleichwie aber diese herrliche Stadt nicht allein mit denen vortrefflichsten Gebäuden / welche zwey / drey und viermahl übereinander gewelbet [120] gewesen / versehen. Also vermehrte auch ihr Ansehen der gewaltige Fluß Euphrat / welcher mitten durch die Stadt floß / und von beyden Seiten mit hohen Mauern eingefasset war. Uber dem Euphrat waren auf den geschlossenen Bögen und Gewölben die allerlustigsten Gärthen / fruchtbarsten Bäume / und Menge der besten Früchte zu finden / wie auch der Tempel Jovis Beli, welcher mitten in der Stadt gebauet: Uber diesem war ein ausgefüllter Thurm eines Stadii dicke und hoch / auf dem noch sieben andere Thürme in gleicher Höhe / iedoch gespitzt / stunden: Der Gang und die Stiege hierzu waren von aussen: Oben kahm man zu einer Capelle / darinnen drey Statuen, nehmlich des Jovis, der Junonis, und Opis Bildnüs 40. Schuch hoch von klarem Golde gesetzet: für der Opis stund ein güldener Stuhl / und Tisch von 40. Schuhen lang / und 12. breit / darauf zwey Königliche Trinck-Geschirr / zwey Rauchfässer / und drey Becher / alles vom klaren Golde / zun Füssen aber lagen zweene Löwen / und zwo grosse Schlangen / welcher Schmuck und Götzen-Zierrath / zugeschweigen der andern / wie man saget / in die zwölff tausend Tonnen Goldes bestanden / der denn nachmahls dem Persischen Könige Cyro, als er Babylon erobert / und die se Monarchi an die Perser gebracht / ein glücklicher Fund gewesen. Dannenhero bleibet es darbey: Sich selbsten erkennen / ist eines von den schweresten Dingen / das ist / wir sollen so leben / daß auch unser Wandel / Thun / und Vornehmen der Nach-Welt nicht thöricht / verächtlich / und lächerlich falle. Denn kein Mensch ist unruhiger / als der / welcher nach anderer Leute Haab und Gut trachtet / und wenn er solches erpresset / oder zusammen gebracht / henacher wederachtet / noch andern Menschen darmit dienet.
C. Von Riesen und dero Eigenschafften.
VOn den Poeten wird gedichtet / daß / als einsmahls die Riesen den (Ovid. in Metam. lib. 5.) Himmel stürmen / und Berg auf Berg tragen wollten / die Götter ihre Arbeit zerstöret / sie hin und wieder mit Bergen bedeckt / und den Typhoeum mit Hagel erschlagen / so gar / daß auch der höllische Pluto vermeinet / als ob die Welt auf einmahl in den Abgrund der Höllen gestürtzet werden sollte. Denn es wäre besagter Typhoeus so grosses Leibes gewesen / daß ihm der Berg Pelorus die lincke / das Gebürge Pachynus die rechte Hand / der Berg AEtna das Haubt / und Lilybaeum die Schienbeine bedeckt hätten: Wodurch angezeiget / daß das Laster der Vermessenheit / und die Lästerung nichts als Straffe nach sich ziehen. Man nennet die Riesen Kinder der Erden / und wegen ihrer Stärcke Söhne des Himmels / welche alle fast aus einer unreinen Ehe / und von der Grausamkeit des Saturni erzeuget. Was aber kan Gutes aus dem Ehebruche und unrechtmässigen Beyschlaffe erfolgen? Die jenigen welche von grober Art und Sitten / pflegen sich selten zu den Tugendhafften zu halten: Diese thun was billig und recht: Jene aber jagen dem Zorn und denen Wollüsten nach / fragen nichts nach der Vernunfft / und seynd zu den Künsten so wenig geschickt / als der Esel zur Leyer. Etliche hielten sie für des Neptuni, und der Iphimediae Söhne / indem sie von grausamern / und wilden Eigenschafften / und dero überflüssige Feuchtigkeit in ihren Leibern die Sonne zu etwas Guten nicht wohl zubereitet. Die Iphymedia aber ist nichts anders als eine hartnäckigte / und in den Gemüthern eingeflochtene Begierde / welche die Vernunfft und allen guten Rath [121] verwirfft. Die Gewaltigen sollen sonsten ein Meer-Kasten der Armen seyn / so sind sie begierige Wölffe / die alles verschlucken: Jhr Auffgang beschwehret die Welt / und weil sie sich den Erdboden zu verschlingen bemühen / so muß Pluto als der gewaltige höllische Riese und Tyranne herfür / und sich ihrer bey dem höllischen Saale versichern. Nun schreibt man zwar von Menschen ungewöhnlicher Grösse / und die man vor Wunder-Geburthen gehalten / als da war König Og zu Basan / der ein Bette (Deuter. 3. v. 11.) hatte von neun Ellen lang / und vier Ellen breit: Goliaths Länge bestunde in sechs Ellen und einer Hand lang / sein Panzer wug fünffhundert Seckel Ertzt / und das Eisen an seinem Spiesse sechshundert Seckel / welches zweyhundert drey und zwanzig Pfund ohne der Rest seiner Waffen (Baptista Pius.) austrug. Des Helden Ajacis Kniescheibe vergliche sich der Grösse nach einem Teller: Zu Utica fand man am Ufer des Meers einen Menschen-Zahn / wer es glauben will / der deren Unsrigen hundert übertraff / gestalt (Cyrill. lib. 3. in Genes.) dann auch im Jahre CHRISTI 1342. die Sicilianischen Hirten in dem Berge Drepano einen grossen Mann sitzende gefunden / welcher sich mit seiner lincken Hand an einen Stock / der so groß als ein ast-Baum / gelehnet / als aber die Ery einer mit bewehrter Hand hineingedrungen / ist der Cörper als Staub und Asche zerfallen. Aus diesen allen aber folget nicht / daß gantze Länder mit dergleichen Leuten müssen (Gen. 6. v. 4.) angefüllt gewesen seyn: Die Gottlosen Nachkömmlinge deß Cains zeugeten Tyrannen, oder wie es in der Grund-Sprache lautet Nephilim, Riesen / oder Giganten, abtrünnige Mammelucken / welche von der wahren Kirche GOTTES und ihrer frommen Vätter Glauben abfielen / denen bösen und verderbten Lüsten nachhiengen / und in öffentlichen Schanden und Sünden wider GOTT lebeten. Denn gleichwie die unzüchtigen Weibes-Bilder ihre Männer von der Gottseeligkeit abhielten / und ihnen zur Unzucht Anleitung gaben: Also verderbten Sie auch ihre Kinder in Gottloser Unzucht dergestalt / daß Sie letzlich weder Glauben noch Gottesdienst mehr hatten. Die Grösse wird offters für die Grausamkeit derselben gebraucht. Goliath war zwar groß genug / allein man sahe in dem gantzen Lager der Philister keinen mehr / der Ihm gleichte. Der Riese Enack und seines gleichen waren starcke und grosse Leute / nicht aber durch gantz Canaan. Denn es werden uns / wie gedacht / durch dieselben nichts anders als der Tyrannen Vermessenheit / (Natalis Comes.) Nacht / und Gewalt vorgestellet / die Sich auf ihre Grösse / Stärke / und Vermögen verlassen / und entweder der Götter Ehre / den Gottes-Dienst oder die Götter selbst geringschätzig halten. Dannenhero auch solche hinwiederumb umb ihrer Verwegenheit / Grausamkeit / Tyranney / und andern Laster Willen / die Göttliche Rache über sich ziehen. Und weil sie als ruchlose Leute / die sich wider GOTT setzen / ihre Füsse wie Drachen-Schwäntze in einander schrencken / und die Zeit ihres Lebens nichts gutes stifften / So werden sie auch als Cyclopen, Centauri, und Giganten von dem Jupiter mit Donnner und Blitz erschlagen. Vier Riesen / meldet der Nimrodische auffzug / giengen nebenst desselben Wagen her. Die Poeten sagen nicht unrecht / daß die stoltzen und ungeheuren Riesen wären in Affen verwandelt worden / weiln die jenigen / so ein viehisches Leben führen / nichts anders sind / als ein tummes Vieh / und nur den blossen Nahmen eines Menschen haben. Dahero man auch diese unter einer Sclaverey und Dienstbarkeit mit aufgeführet. Denn gleichwie man denen Nachkommen durch eine besondere Spitzfündigkeit [122] eingepräget / daß die / so ein unordentliches und ruchloses Leben gehabt / wären in Wölffe / die Tyrannen in Raub-Vögel / die Fuchs-Schwänzer und Ehren-Schänder in Raben und Krahen / die hoffärtigen in Kraniche und Störche / die Wollüstigen in Schweine / und so fort verwandelt worden: Also hat man auch die jenigen / so sich mit den Gewaltsamsten Lastern bemackeln / unter die Riesen / Unbarmherzigen / und Tyrannen gerechnet / massen denn ein unruhiges Gemüthe nichts anders als den wilden Dornen zu vergleichen / welche / ob sie wohl Rosen tragen / dennoch ihre stachliche Spitzen mehr / als die angenehmen Blüten herfür blicken lassen. Woraus erhellet / daß man vor andern der Demüthigen / und denen Tugend Ergebenen schonen / die mit Laster / Hoffarth / und Tyranney angefüllten aber wegen ihrer Widerspenstigkeit im Zaum halten solle / darmit sie ihren vergifften Saamen nicht weiter ausstreuen / und denen Provinzien / Ländern und Köigreichen eine verderbliche Erndte ihres Untergangs verursachen mögen.
D. Von Musen und dero Bedeutungen.
DIe Musen, welche die Poeten für ihre Patroninnen halten / sollen von dem Jove und der Mnemosyne, das ist / von dem Gedächtnüsse erzeuget worden seyn / Wieviel derer gewesen / findet man unterschiedene Meinungen: Etliche wollen nur zwey: Etliche drey: Etliche aber neune haben / und zwar dieser Ursache halber:
(Hesiodus in Theogonia.) Es hatte die Stadt Sicyon dreyen Künstlern der drey Musen ihre Bildnüsse dergestalt zu machen verdinget / daß / welcher dieselben am besten (Gyraldus in Syntagm. de Musis.) verfertigte / sie solche in des Apollinis Tempel setzen wollten. Als nun Ein ieder seinen möglichsten Fleis beygebracht / waren Sie alle dreye beliebet / wohl bezahlet / und in den Tempel gebracht worden. (Varro.) Die jenigen / welche ihrer zwey behaupten / richten vielleicht ihr Absehen auf die Theoriam und Praxin, indem sie durch die Eine die Speculativ-Wissenschafften / und durch die Andere die Künste / welche etwas in das Werck zu richten vermögen / verstehen. Unter drey Musen rechnet man / wie Etliche wollen / Philosophiam, Rhetoricam, und Mathematicam, (Cicero lib. 3. de Natura Deorum. Mythol. Mus. e. 1.) zu welchen die Alten alle ihre Wissenschafften gezogen. Die / so ihrer viere / oder fünffe beniehmen / ziehlen nach des Linoceri Meinung / auf der Alten ihre Musicalische Instrumenta, alldieweiln sie nicht mehr als vier Thone / gestalt dann auch durch sieben / die sieben freyen Künste vorgestellet würden. Etliche aber sind der Gedancken / die Musen wären Seelen der Sphaeren, oder himmlischen Cörper / nämlich: Urania des gestirnten Himmels / Polymnia des Saturni, Terpsichore des Jupiters, Clio des Martis, Melpomene der Sonnen / Erato der Veneris, Euterpe des Mercurii, Thalia des Mondens / und mit diesen allen stimmete Calliope (Callimachi Epigr. Natalis Comes lib. VII. c. 15. p. 764.) als eine angenehme Musa überein: Jhnen werden in solgenden Versen diese Nahmen und Eigenschafften zugeleget:
CAlliope reperit sapientes provida Cantus
Heroum: Clio Citharam clarissima: vocem
Mimorum: Euterpe tragicis laetata querelis:
Melpomene dulcem Mortalibus attulit ipsa
Barbiton. At suavis tibi tradita tibia fertur
Terpsichore: Divûm???; Erato mox protulit Hymnos,
Harmoniam cunctis???; Polymnia Cantibus addit.
|| [123]
Uranie Coeli motus, atq???ue Astra notavit:
Comica vita tibi est, moresq??? Thalia reperti.
Das ist:
CAlliope erfindt die grossen Helden-Lieder:
Draus in ihr Harffen-Spiel erreget ihre Glieder:
Der Clio Mund ist hold / indem sie selbst drein singt /
Euterpe Trauer-Chon die Herzen kräfftig zwingt:
Melpomene bringt auf die wunderbare Leyer /
so mehr als lieblich ist: Hingegen ist was freyer
Terpsichoren ihr Mund / ihr Himmel-gleicher Thon
beschmeichelt Ohr und Hertz / und trägt den Preiß davon:
Wie in Olympus-Reich die grossen Götter singen /
das hat uns Erato vermocht herab zu bringen.
Die rechte Melodey der Lieder setzet auf
Polymnia mit Fleiß / und schaffet sie zu Hauff:
Dem schönen Himmels-Kind Uranien beliebet
der kluge Himmels-Lauff / der den Verstand uns giebet:
Thalia wartet ab dem Schau-Platz und dem Spiel /
so nutz und lehrreich ist / und giebt dem Wercke Ziel.
Wodurch die Poeten nichts anders / als die Wissenschafften / Tugenden / Erbarkeit / und den ehrlichen Nahmen / welche alle durch das Gedächtnüß erhalten / von Zeiten zu Zeiten fortgesetzet / und erlernet werden / verstehen. Wie nun die viehische Freude in Fressen und Sauffen / in Müssiggange und Wollüsten / in Schlaffen / und Buhlen / wodurch des Menschen Seele ersticket wird / beruhet / und nichts als Schmertzen / Verlust / und endlich das ewige Verderben nach sich ziehet: Also bildet uns die (Calliope.) Calliope durch ihre Poësi und beredten Mund der Tugend Lob in Wercken ab. Sie erfindet die schönsten Gesänge / und mit denenselben erfrischt Sie unser Gehirne / und bringet dadurch Götter / un Menschen zur Vergnügsamkeit. Wir würden nicht Menschen sonder Götter seyn / wann Gedächtnüß so viel als das ihrige zu behalten vermöchte: Sie treibet uns zu herrlichen Thaten / und muntert uns stets zu was guten auff. Wer bey ihr Raht suchet / dem begegnet sie mit Verstande: Wer mit Ihr umbgehet / der rühmet Ihre Sanfftmüthigkeit: (Clio.) Sie ist milde von Gaben / mässigen Lebens / aufrichtigen Wandels / gewissen Versprechens / und standhafftigen Schlusses. Ihr folget Clio, welche die Ehre für die gröste Glück-Seligkeit schätzet / so da in Erkäntnüß der Wissenschafften bestehet: Denn sie pfleget sich dergleichen keiner zu ergeben / darvon sie nicht Ehre und Ruhm zu erjagen verhoffet. Sie hält als eine kluge Musa das für Menschlichen Augen Hochgeachtete für Hinfallend / das Grosse für kleinschätzig / und das Beständigste für unbeständig / ohne allein die Erkäntnüß besagter Wissenschafften. Die Poeten geben vor / als ob Sie zweene Söhne / nämlich den Jalemum und Hymenaeum gehabt / deren Erster sich stets der traurigen Lieder / und der Ander der Lustigen beflissen / wodurch das corrupte Sprichwort: Es laufft alles auf ein Lami hinaus / entstanden und dabey angezeiget: daß denen jenigen / welche nach Ehre / Ruhm uud Wissenschafften streben / nicht allein die Frölichkeit / sondern zuweilen auch die Traurigkeit / das ist / mancher sanrer Wind der Widerwärtigkeit / unter die (Eurerpe.) Augen zu treten pflege. Der Euterpe leget man die Betrachtung geschehener Dinge und Erwegung natürlicher Eigenschafften / insonderheit die Ma [124] thesin (Plutarchus l. 9. Symp.) bey. Nichts ist Ehre / und Reichthum ohne die Weißheit / welche gantz ungewisse Güter sind. Denn diese ist das rechte Saltz / mit welchem alle Dinge / wo sie nicht anders zerfallen sollen / müssen gewürtzt werden: Sie wird nicht verspüret in Betrachtung des Bösen / sondern in löblichen (Coelius Rhodigin???9 lib, 4. ansiq. Lect.) Wercken. Viel geben vor / man könne zu keiner vollkommenen Philosophi oder Erkäntnüß der rechten und höchsten Warheit ohne Beysprung der Mathematica kommen / alldieweiln dieselbe nach verborgener Kunst mit subtilen / und hohen Dingen umbgienge / und dadurch / wer Ihr fleissig obliege / an Verstand und Sinnen geschärfft würde: Ihre Species oder Arten sey Arithmetica, Geometria, Musica, und Astrologia: Ihr Verstand würcke / daß man geistliche Sachen begreiffe / himmliche Contemplationes an sich nehme / und solche Dinge / die man mit Vernunfft fassete / gleich dem Schatten abbildete. Wie nun Clio die erste / so nach Ehren strebet; Also folget die Lust aus deme / daß man (Melpomene.) solche zu erwerben suchet. Die Welt ist nichts anders als eine Tragoedia, darinnen man böses und gutes repraesentiret: Melpomene tichtet Verse / führet die Welt durch Gesänge in einer Mummerey auf / und weiset daselbst auff verkehrter Art / wie der Unvergnügsamste der Reicheste / der Unersättlichste der Gelehrteste / der Unerträglichste der Hochmüthigste und der Einbildsamste der Geadelte sey / ja daß man den Schalck für den Verschlagensten / den Bund-Brüchtigen für den Klügsten / den Boßhafftigsten für den Tapfersten / den Tyrannen für den sträfflichsten / den Schmeichler für den Angenehmsten / und den Verschwender für den Freygebensten / halte. Der Beschluß aber hierinne ist dieser / daß ein Jeder seiner Seele wohl warnehme / das Betrügliche bey Zeiten verlasse / und den Kern der rechten Tugend suche. Kein Mensch ist sonst (Terpsichore.) mit seinem Stande zu Frieden und wirfft dahero auf den andern ein scheeles Auge / ohne allein die Terpsichore, welche sich an deme / was sie erlernet hat / vergnüget / und behält das / so sie durch Aufrichtigkeit überkommen / als ein Kleinod vor sich. Sie achtet mit denen klügsten das jenige sehr hoch / was sie viel Mühe gekostet / da hingegen die Unachtsamen das Ihrige / so sie mühsam und schwerlich erworben / schändlich verlieren. Ihr Thun und Wesen bestehet in der Music, und dem Tantze / nicht zwar / wie die Unsinnigen / sondern durch höffliche Geberden und Schritte nach dem Klange des Saitenspiels. Und gleichwie zu einem Tantze die Music gehöret: Also vollbrachten auch damals die Griechen in Delos kein Fest noch Opfer ohne Tantz: Die Brachmanni verehreten die auf- und nidergehende Sonne gleichfalls mit tantzen / und die AEgyptier, Thracier und Mohren bedienten sich desselben als heilige Ceremonien bey ihren Opfern / wodurch (Erato.) man zu verstehen gegeben / daß die Music Göttern und Menschen nicht unannehmlich falle. Erato stellet uns nicht zwar die Venus-Liebe / sondern eine solche vor / welche vielmehr mit dem Verstande als lieblichem Angesichte / als da ist Kunst und Wissenschafft könne verehret werden. Jene ist gleich einem Diebe / welche dieMenschen heimlich hinterschleicht / diese aber ein standhafftes Erbgut / und zwar ein solches / das sich weder für Ungewitter / Sturm / Wasser - Fluthen / noch Menschlicher Gewalt zu befahren. Denn in der Welt ist nichts böhers / und nichts grössers / noch würdigers als ein weiser Mann / der gleichsam über den Himmel / und das Gestirne herrschet. Mit hundert Pfund unnützen Gedancken / kan man nicht eine Unze bezahlen / Also gehet es auch mit der ungleichen Welt- [125] Liebe / die nichts als verdammliches nach sich ziehet: Und ob man gleich in den thörichten Lüsten bis an den Hals badet / so weichet doch solche schändliche Begierde / wenn man sich ihrer einmahl ergiebet / nicht ehe hinweg / bis die That beliebet / das Gewissen durchnaget / und die Seele geplaget: Da gegentheils das Gute / ob schon die darüber ausgestandene Arbeit endlich verschwindet / reichlich belohnet / nnd mit einem unsterblichen (Polymnia.) Nahmen beseeliget wird. Dahero ist auch an der Polymnia alles lobwürdiges / weil sie durch ihr Gedächtnüß alle Dinge begreifft / denen Sinnen das Gegenwärtige einprägt / und der Nachwelt das Vergangene durch kluge Erzehlung hinterlässet: Sie suchet nichts als Lob / was aber ist löblicher / als wenn der Mensch in seinem Leben auf einem beständigen Fusse bleibet / und sich aus dem Schranken seines Vorhabens nicht setzet. Denn was ein verständiger von Jugend auf gelernet / das soll er also anwenden / damit er sein Leben mit Ehren zubringe / und letzlich dem Tod mit gutem Gewissen entgegen gehe.
(Urania.) Es ist nicht vergeblich / daß man der Uraniae die Wissenchafften des Gestirns / und des Himmels - Lauffs zugeschrieben / Sie aber uns die Augen unseres Hertzens auff was Höheres richte / und mit sich gen Himmel nehme: Ein Mensch kan ohne Arbeit nicht seyn / so wenig ein Vogel ohen Flügel / gleichwohl aber hat man wenig Nutzen / wenn man viel hohe Dinge weiß / und deme entfliehet / was man in diesem Leben werckstellig zu machen nöthig: Nimmermehr soll man geschäfftiger seyn / als wenn man ungeschäfftig ist / und niemahls weniger alleine / als wenn man alleine ist / das ist / unsere Gedancken sollen weniger ruhen / als der Leib / die Seele soll das Ewige / der Leib aber seiner also wahrnehmen / damit sie beyde in Zukunfft unzertrennt leben. Gleichwie nun ein gutes Lob für (Thalia.) andern herfürwächset / und grünet: Also hat man auch der Thalia einen unsterblichen Nahmenzugesellet / wodurch die jenigen / so ihr anhangen / gleichsam der Sterblichkeit entzogen / und verewiget werden / das ist / der Mensch hat von GOTT die Gaben / daß er nicht als ein unvernünfftiges Thier einherlauffe / sondern seine Sinnen zusammen fasse / und von den vergangenen Dingen auf das Künfftige also einen vernünfftigen Schluß mache / wie er nicht allein von Natur hohe Gaben verlange / sondern auch dieselbe zu seines Schöpffers Ehre gebrauche.
(Krafft der Music.) Was aber die Musica an sich selbsten betrifft / so ist sie eine von den edlesten und ältesten Künsten / der Ihrer etliche einen Göttlichen Ursprung zuschreiben / und dafür achten / als ob die Welt nach ihr erschaffen / (Horatius Flaccus. Bero ildus, Cicero.) und durch eine so schöne und Musicalische Harmoni beweget werde. Nichts hat die Natur zu allen Sachen tauglicher als die Harmonische Kunst gemacht / die alles in sich begreifft. Etliche der Scribenten sind (Joseph. Antiq. lib. 7. c. 10.) der Gedancken / daß Pan die Schalmeyen / Marsyas die Pfeiffen / Archytas die Klapper / Amphion und Orpheus die Citter / und Pythagoras aus dem Schlage und daraus erschallendem Klange der Schmiede - Hämmer auf dem Amboß / deßgleichen aus ungleicher Auffziehung der Saiten / und veränderten Länge deß Rohrs oder Holtzes (Pfelilus in Synops. Music. Plinius. Polybius. Giraldus.) die Music soll erfunden haben. Etliche messen diese Kunst dem Dionysio einem Griechen: Etliche dem Diodoro einem Arcadier, und Etliche dem Mercurio bey: Etliche aber geben vor / als ob Ihr Gesang von dem Gesange der Vogel genommen: Dem sey aber / wie ihm wolle / so findet man in der Schrifft / daß Jubal der Erste gewesen / welcher auf (Genes. 4. V. 214.) den Instrumenten gespielet / und von dem die Sänger / Pfeiffer und Sai [126] ten-Spieler hergekommen wären. Gleichwie nun keine Erfindung niemahls ihr Werck in rechter Vollkommenheit fürgestellet: Also hat sonder Zweiffel auch die Music ohne sonderbare Anmuhtigkeit lange verborgen gelegen / bis sie / wie man siehet / auf den höchsten Gipfel der Vollkommenheit gestiegen. Solche aber noch desto leichter zu machen / erfand (An. Christi 1030. Cranzius.) ein Münch Nahmens Guido die Scalam Musicam, vermittelst welcher er den Thon an den Fingern zu unterscheiden lehrete / und gebrauchte sich hierzu der Syllben aus einem Gesange / darinnen Sanct Johannes angeruffen wurde:
Ut qveant laxis
REsonare fibris
MIra gestorum
FAmuli tuorum,
SOlve polluti
LAbii reatum,
Sancte Johannes.
(Kircher. Musurgia. lib. 2. c. 5.) Dergleichen Thon / so ebenfalls auf- und absteiget / soll von einem Thiere in Americâ, welches man wegen seiner Faulheit Haut nennet / und an der Grösse wie eine Katze / auch gehöret werden / indem dasselbe die Scalam ut, re, mi, vollkömmlich auf- und absteigen / also / daß es zwischen iedem Thone ein wenig an sich anhalten solle. Nebenst diesem finden sich bey (Idem lib. 5. c. 5.) der Music vier Stimmen / welche mit den vier Elementen ziemlich überein kommen: Der Discant vergleichet sich dem Feuer / welches stets die Höhe suchet / und sich an das Niedrige nicht binden lässet: Der Alt der Lufft / die aus Feuchte und Wärme bestehet: Der Tenor dem Wasser: Der Bass der Erde. Vorzeiten ward die Music in solchem Werth gehalten / daß es auch deme / der sie nicht verstund / für die gröste Schande gehalten wurde / immassen man sich derselben bey allen Zusammenkunfften bedienete. Denn (Isidorus Orig. lib. 2. c. 15.) wie man bey dem Gottes-Dienste sonderliche Gesänge hatte / welche man Hymnos nennete: Also gebrauchte man sich auch bey Hochzeiten der ((Hymenaei, Threni, Lamenta)) Hymenaeorum, bey denen Leichen-Bestattungen der Threnorum, und Lamentorum. Die Alten / absonderlich die Griechen / wenn sie dem Apollini opferten / pflegten auf Musicalische Weise zu singen / der Helden (Homerus.) ihre tapfere Thaten hinauszustreichen / und zu sagen: Es hätten die Ungelehrten keines Wegs mit der Music etwas zu schaffen / denn dieselbe wäre so anmuthig / daß sie alles mit ihrer Lieblichkeit zur Bewegung brächte. (Philostrat???9.) Sie benehme den Traurigen ihre Traurigkeit / machte die Liebhabenden verschlagen / ermunterte die Betrübten / erweckte Göttliche Andacht / schickte sich in alle Gemüther / und wäre ein beständiger Schatz. (Isidorus.) Ohne ihr wäre keine Disciplin vollkommen / und die Götter könten nicht eher / (Quintilianus lib. I. institur. Aulus Gellius.) als durch sie versöhnet werden. Die alten Römer bedienten sich bey ihren Gast-Gebothen des Saiten-Spiels / und die Griechen der Instrumental-Music, die Lacedaemonier aber führeten an Statt der Trommeln und Trompeten mit sich ihre Leyern und Cythern / die Lydier ihre Pfeiffen / die Amazones ihre Schalmeyen / und wenn die Städte in (Martianus.) Griechenland Gesetze ordneten / liessen sie Solche mit einer Leyer publiciren: Clinias Pythagoricus, wenn er am hefftigsten erzürnt / nahm seine (Horatius.) Citharra zur Hand und schluge darauf / wann man Ihn aber fragte / was er mache / gab er zur Antwort: er kühle sich abe: Man lieset / daß Amphion (Beroaldus.) die wilden Menschen zur Freundlichkeit / und Pythagoras einen rasenden Menschen durch den Gesang zur Vernunfft / die Elephanten mit
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Trommeln herzugelockt / denen Wassersüchtigen mit Orgeln geholffen / und die Tauben durch den Trompeten-Schall wieder zu recht gebracht habe. Weil derohalben die Heyden ihre Götter mit ihrer Music zu versöhnen vermeinten / wie viel weniger ist es uns die Music zu treiben / gute Gesänge zu verfertigen / den Gottes-Dienst dadurch herrlicher zu machen / und die Gemüther zur Andacht zu reitzen verbotten. Bey den Begräbnüssen (An. Christi 388. Sozomenus l. 7. c. 23.) fingen die ersten Christen an zu singen: In dem Concilio zu Laodicaea verordnete man gewisse Capell- oder Sing-Meister: Die Antiochier wusten des Keysers Theodosii Zorn auff keine andere Weise zu stillen / als (Augustinus l 9. c 7. Confess.) mit geistlichen Liedern / und erlangten dadurch Gnade. Die Gewonheit zu singen / verwirfft keines weges die Christliche Kirche / und zwar darum / damit durch Belustigung der Ohren das schwache Gemüthe zu mehrerer Begierde der Gottesfurcht angestrenget werde. Wie nun der Alten ihre Music die Gemüther zu Betrachtung hoher Sachen nicht wenig aufgemuntert / die bösen und gute̅ Affecten gestillet / und die Gemühts-Verwirrung (Michael Pabst.) niedergeschlagen. Also thut und wircket auch die heutige Music das Ihrige / indem durch sie die Delphine gefangen / die Crocodile verjagt / die Camele erqvicket / die Uneinigkeit gemässiget / die Melancholey vertrieben / der Tarantulae Gifft benommen / der Zorn vermieden / die Arbeit versüsset / der Traurige frölich / und der Sorgfältige befriediget wird.
E. Von der Sonnen.
WAs man täglich nutzet und siehet / das hält man offters in den Augen der Menschen für geringschätzig. Durchgienge das güldene Licht der Sonnen nicht täglich das grosse Wels Gebäude so würde die Erde dem Menschen wenig Ungerhalt reichen. Denn sie ist das allerdurchleuchtende Liecht / und König aller Planeten / nach welcher sich dieselben in ihrem Lauffe richten müssen: Sie erwärmet diß Rund / in ihr wächset was da Athem hat / sie zeitiget oder wirckt / und bringet alle Dinge überflüssig / ihre feurige Strahlen durchdringen in einem Augenblicke alles / und sie führet eine solche Hitze in sich / daß sie allen Creaturen eine lebendige Krafft mittheilet. Dahero die Poeten von ihr dichten / daß sie auf ihrem Waagen mit feurigen Rossen / als da ist / der Eous, Pyrois, Aethon, (Ovid. l. 2. c. 4.) und Phlegon, ohn Unterlaß herumfahre. Und als einsmahls ihr Sohn Phaëton ersucht / daß sie Ihme solchen Wagen zusammt den Pferden gleichfalls umb den Himmel zu fahren erlauben möchte / sey er dem Gestirn so nahe kommen / daß er fast wegen der Hitze herunter gefallen / die Erde entzündet / die Lufft vergifftet / das Meer vertrocknet / Neptunus erzörnt / und der höllische Pluto selbsten darüber erwachet / bis endlich Jupiter ihn mit (Macrob. Saturnal lib. 1. c. 18.) einem Donner-Strahle vom Wagen geschossen / Man schreibet / daß die Sonne nur den Nahmen so lange führe / bis sie in dem obern Hemisphaerio, oder den Tag über seinen Lauff vollende: Wie denn etliche unter dem Nachmen Titan die Sonne verstehen / dessen Gemahl die Erde seyn solle / und zwar darumb / weil von beyden alle Dinge sichtbarlicher Weise gezeuget (Vossius l. 2. c. 24. ex Plutarcho.) würden. Bey den Aegytiern nennete man dieselbe Osiris und Typhona, da man denn unter dem ersten Nahmen die Wolthäterin aller lebhafften Dinge / indem sie durch ihre Hitze alles erwärmete / verstunde / unter der andern aber ihre hitzige Eigenschafften / wodurch gleichsam alles ausgedorret / und in ein vergifftetes Wesen verwandelt würde: Plures adorant Solem orientem, quàm occidentem: Es hatten nicht allein die Heiden / sondern auch nachgehends die Christen im Gebrauch / daß sie ihr [128] (Mercurius Trismep. in Asclepio p. 169.) Gebeth gegen Aufgang der Sonnen verrichteten: Und zwar so verehreten die Heyden / wie gedacht / dieselbe als eine Göttin / und wendeten sich im Gebeth mit ihrem Gesichte nach ihrem Lauffe: Etliche von Ihnen / (Selden. de Synedr. l. 3. c. 16. n. 5.) insonderheit die Aegyptier und Griechen / beteten nicht allein die Son̅e / sondern auch das auffgehende Gestirn an / und schrieben Ihm eine besondere Krafft / Wirckung / und gütige Zuneigung zu / gestalt sie dann auch denen Ober-irrdischen Göttern gegen Morgens / und denen Unterirrdischen gegen Abends / als welcher der Finsternus Anfang wäre / Göttliche Ehe erwiesen / die Christen aber geriethen auf dergleichen Schlag / und als es anfänglich einem ieden solches zu thun / oder zu lassen frey stunde / wurde hernach ein Geboth und Schuldigkeit daraus: Denn es ist in der Missa AEthiopum (Hildebrandus. Ritual. or. p. 15.) enthalten: Aspice ad Ortum: Wende dich gegen Auffgang der Sonnen. Dahero Etliche der Meinung / daß man solchen Gebrauch von Adam bis auf Abraham im Brauch gehabt welche / damit sie sich von den (Vossius Idol. l. 2. c. 3.) Heiden desto besser absondern möchten / gegen Abend gebetet. Etliche sind der Gedancken / weil GOTT das Paradeis gegen Morgen geleget / so geschehe es / sich dessen zu erinnern: Andere aber / daß der / so damahls den gecreutzigten Christum sehen wollen / sich gegen Morgen wenden muste / oder (Gerhard. LL. Tom. 9. c. 7.) vielmehr darum / weil Christus vom Morgen zum Gerichte dermahleins kommen würde. Am füglichsten aber scheinet zu seyn / daß die Jenigen / so ihr Gesichte und Gebeth gegen Morgen wenden / und verrichten / sich darbey danck barlich erinnern / wie dem Menschlichen Geschlechte zum besten das hellgläntzende Liecht des Evangelii gleichsam aus dem duncklen Schatten des alten Testaments am hellen Morgen durch die Predigt des Evangelii herfür gebrochen / woher auch kommen / daß der Ehristen Tempel meistentheils gegen Morgen erbauet / also / daß der / welcher gegen dem Altare stehet / sich zugleich gegen dem Morgen kehret. Etliche Politici machen hieraus ein Axioma, und sagen: Man solle mehr die auf-als niedergehende Sonne verehren / das ist: Es sey nöthig / daß man sich mehr um der Jungen-als ältern Herrschafft Gnade und Gunst bewerbe / weil diese letzten schon allbereit den Abend ihres Lebens erreicht / dero Strahlen an Macht und Gewalt abzunehmen begünnten / und sich zum Untergange zu schicken. Gleichwie aber der jenige / welcher leer Stroh drischet / den Speck bey den Mäusen verwahret / das Wasser im Garne fängt / und das Jagen abbläset / ehe er was angefangen / sich offters leere Sorgen über den Hals ziehet: Also hat es auch mit einem solchen ein Bewandnüs / der sein gantzes Absehen auf einen Grund ohne Grund setzet / dahero derselbe wohl zuzusehen / daß / wenn er seines dadurch gesuchten Interesse halber sich der anbrechenden Sonne allzufrüh zu nähern gedencket / er nicht auf den Mittag von ihrer Hitze gestochen / oder von der untergehenden geblendet werde. Denn aller Welt Händel seynd Circul-rund / und nichts ist in allen Creaturen standhafftig. Quod nunc placet homini, paulò post displicet: Was man will / das will man nicht / und was man nicht will / das will man. Ferner auf unsere Sonne wieder zu kommen / so nennen die Heidnischen Philosophi die Sonne / den Monden / die Sterne und den Himmel aus der Natur und ihren Eigenschafften Götter / die Sonne aber insgemein das Liecht aller lebendigen Creaturen / eine Uhrheberin beydes der Kranck- und Gesundheiten / eine Dienerin der Natur / und der Welt Sinne: Die vier Pferde bedeuten die Wirckung Ihrer selbst / als Eous die Morgen-röthe / Pyrois die Flamme / Aethon die Hitze / und Phlegon den Brand / die man nichts anders / als für feurige Sternen gehalten. Durch [129] des Phaëthon verwegenes Begehren / deutet than nichts anders / als daß offters durch der Eltern unzeitiges Ubersehen ein ganzes Königreich und Land gestraffet wird / deßgleichen wie sich Ein ieder nicht in seinem Stande erheben / sondern der Alten gute Vermahnungen angelegen seyn lassen solte. (Hesiodus in Theogonia.) Etliche geben vor / es wäre Hyperion, und Thia der Sonnen und des Mondens Vatter und Mutter gewesen: Und zwar darumb / weiln die (Homerus.) Thia etwas Göttliches bedeute / und man durch den Hyperion alle Himmlische Cörper / welche ihre tägliche Bewegungen hätten / verstehe. Die Heiden haben nach dem Schöpffer die Sonne für den Vatter / und Anfänger der Geburt gehalten / indem sie vermeinet / als ob diese der anderen Götter Krafft und Wirckung alleine vollständig an sich führete / und mit ihrem Liechte alles durchstrahlete. Ihr hat man unter andern auch einen (Natalis Comes.) Hauß-Hahn geheiliget / welcher täglich ihre Ankunfft vermeldete. Weiter wird gemeldet / daß / als dieselbige sich wider die Titanes zu des Jupiters Parthey geschlagen / wäre sie zur Danck barkeit von Ihme mit einer Crohne / Wagen / und anderen Ehren-Zeichen begabet worden / dahero diese Lehre entstanden: Daß der / welcher nur ein Füncklein Göttlichen Verstandes in sich / mehr der Warheit und Gerechtigkeit als denen Lastern / Betrug und Tyranney beygethan seyn solle. Gleichwie aber das Silber der Lunae, das Eisen dem Marti, das Bley dem Saturno, das Silber- und Gold-Ertz dem Jovi, das Ziehn dem Mercurio, und das Kupfer der Veneri zugeeignet wird. Also auch dieser das Gold. Die Alten sagen / Sie pflege auf einem Wagen zu fahren / weil Sie das jenige / was ihnen entfernet / nicht recht begriffen / ohn allein das / was sie durch die Vernunfft gefasset / allermassen sie denen himmlischen Sphaeris eigene Seelen zutheileten / die gleichsam dieselben herumb walzeten. Andere aber meineten / es wäre eine zu allen Sphaeris genug: Andere / der Him̅el stünde stille / und die Erde lieffe in ihrem Circul herum: Daß man aber behaupten wolle / die herniedergehende Sonne fiele in die Tieffe des Meeres / und die Herauffsteigende komme aus dem Wasser / deßgleichen sobald sie an dem Ufer des Orients aufgewacht / so würde Ihr von denen Stunden / welche der Zeiten Schliesserin und Diener wären / der Wagen fürgeführet / solches hat man gethan / daß der gemeine Pöfel hiedurch der Gelehrten ihr Absehen nicht so leichte verstehe. Alldieweiln aber diese der Sonnen ihre Göttliche Eigenschafften nichts als Heidnische Phantasmata, oder nichtige Einbildungen / die zwar in gewissen Dingen auch ihren Nutzen haben / in sich begreiffen / so stellet man sie dahin / Jedoch lässet man billich dieses edle Liecht / so man für die Fackel des Allerhöchsten / und das Auge der Welt hält / im seinem Werth / und gleichsam ihr eigen Lob vor sich selbst reden:
(Doctissim???9 David Schirmer???9.) Ich sehe durch das finstre Land /
und blicke nach den duncklen Höhen /
das Morgen-Gold beut meiner Hand
die Strahlen durch die Welt zu gehen:
Ein Mensch / wie hoch er sich aufricht /
hat kein so helles Auge nicht.
Der Himmel geht und waltzt sich fort /
die Erde bleibet unten sitzen /
Ich nur allein muß ihren Ort /
mit einer linden Brunst erhitzen /
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Daß sie in schönem Schmucke blüht /
und stets durch meine Flamme sieht.
Was leben soll / das sieht durch mich;
Die Crone meiner Diamanten
erhellet allzeit innerlich
den Spiegel meiner Anverwandten /
ich breche durch / und mach allein
daß / was da ist / muß sichtbar seyn.
Die Sternen saugen meine Gluth /
ich muß den blassen Mond erhellen:
Was das Gesichte kan und thut /
das laß ich in die Ordnung stellen /
ich bin das Liecht der düstren Zeit /
Wodurch mein Gold wird ausgestreut.
F. Von Nymphen.
(Virgilius. Osidorus. l. 8.) DIe Alten nenneten die Nymphen des Oceani und Tethyos Töchter / und meldeten / sie wären Mütter der Flüssen / auch gleich den Musen / Seelen der Sphaeren: Die Irrdischen / als die Dryades, sagten sie / stünden den Wäldern für: Die Oreades den Bergen: Die Hamadryades den Bäumen: Die Napeen den Blumen und Feldern: Die Najaden den Flüssen: Die Limniades den Seen: Die Ephydriades den Brunnen / und die Nereides dem Meere. Sie hatten unterschiedene Nahmen / unter welchen die Mentha des Plutonis Kebsweib von der Proserpina in ein Kraut / die andere aber Syrinx, welche der Wald-Gott (Ovidius lib. 1. cap. 25.) Pan nothzüchtigen wollte / in ein Rohr soll verwandelt worden seyn: Man opferte ihnen Milch / und das / was man fienge / auch hielt man sie für der Dianae Gespielinnen / welche ihr Köcher und Pfeile nachtrugen / und sie auf der Jagt begleiteten. Durth sie verstehet man nichts anders / als die jenigen Kräffte der Feuchte / vermittelst derer alles / was da in der Welt lebet und schwebet / erhalten werden mus. Man eignet Ihnen ein gewisses Alter zu / darinnen sie entweder gebohren / oder stürben / auch dichtet man nicht ohne Ursache / daß die Göttin Juno sie unter ihrer Gewalt habe. Den̅ weil man durch die Juno die Lufft verstehet / von welcher die Wolcken herrührten / so würde die Lufft in eine Wolcke / und die Wolcke in das Wasser verwandelt / welches nichts anders als die Wasser-Nymphen bedeuteten. Dergleichen Wirckung rührte auch aus der Lufft her / als der Regen-Bogen / der Thau / Schnee / Eiß / Hagel / Regen / Donner / Blitz / Reiff / Wolken / Nebel / Wärme und Feuchte. Gleichwie man nun die Nymphen für nichts / als fruchtbare Vorsteherinnen der Gewässer / Wälder und Felder gehalten / die beydes denen Menschen und Viehe an ihrer Nahrung vorträglichen fielen: Also hat man durch dieselben nichts anders als die eigentliche Materia aller natürlichen Sachen andeuten / und zu verstehen geben wollen.
G. Von der Diana / oder Luna.
WIe die Poeten allezeit auf das / was sie erfinden / ihr gewisses Absehen: Also geben sie auch vor / daß Apollo und Diana zwey Geschwister / und des Jupiters und der Latonae Kinder gewesen / welche
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zu Epheso an dem Cenchrius, und in der Insul Orthygia bey den Oel-Pflantzen auf einmahl gebohren. Dannenhero man auch denselbenWald durch Angebung der Götter geweihet / und sey hernacher Apollo, da er die Cyclopen, oder Riesen hingerichtet / daselbst hingeflohen / und sich für des Jupiters Zorn aufgehalten. Es wird aber Diana für eine Göttin der Keuschheit gehalten / und in dreyerley Gestalt und Nahmen / als in die Luna, Diana und Proserpina abgebildet / und bedeutet nichts anders als den Mond / so den Nahmen von diesen beyden Wörtern Diva Jana, oder (Macrob. Saturnal. l. I. c. 9.) Dea Jana soll bekommen haben. Denn wie man die Sonne Janus, also ward der Mond Jana genannt. Die Poëten schreiben nicht unbillig / daß sie mit ihrem Bruder dem Apolline, wie gesagt / von der Latona, durch welche die Finsternüß verstanden wird / gebohren worden. Wie nun bey denen Poeten alles vergöttert, So hat man der Dianae in sonderheit die Jagten zugeeignet / indem ihr nächtlicher Schein denen Jägern am bequemsten zu fallen pflege: Sie wird iederzeit für eine Jungfrau gehalteu / und zwar darum / weil bey dem Jagen so vielerley Lust und Ergötzlichkeit mit unterläufft / daß man darüber seine eigene Liebe / oder andere Lust vergässe / wie Horatius singet:
Manet sub Jove frigido
Venator tenerae Conjugis immemor.
Der tapfe Jäger streicht durch Wald und dicke Hecken /
und wenn er gleich sich muß mit kalten Wolcken decken /
auch Die zurücke sehn / so einzig ihn ergötzt /
So läßt er doch nicht nach / bis er sich satt gehetzt.
Es ist aber nebenst dem Jagen auch der Dianae der Ackerbau / wie dem Apollini zugeeignet worden. Dahero man sie mit vielen Brüsten (Hieronymus in Epist. ad Ephes.) gebildet. Erat enim Ephesi Templum Dianae, & ejusdem in ipso multarum Mammarum Effigies, qvâ Cultores ejus decepti putabant eam omnium viventium Matrem: Denn es stund zu Epheso in der Dianae Tempel deroselben Bildnuß mit vielen Brüsten / wodurch die jenigen die ihr dieneten / in dem falschen Wahne geriethen / als ob sie aller lebendigen (Antiq. lib. 5. c. 15.) Creaturen Ernehrerin wäre. Diodorus meldet / daß Dictynna, welche auch sonst Brito Martis genannt / der Jäger Netzen erfunden / und darvon den Nahmen bekommen. Und weil sie mit der Diana stets umbgegangen / hätte man vermeinet / es sey die Diana eben die Dictynna: Callima chus hingegen hält dafür / daß Dictynna nicht so wohl von Erfindung der Jäger-Garn den Nahmen gehabt / als daß sie sich / als sie einsmahls von dem Könige in Creta Minos aus unzüchtiger Liebe verfolgt / unter die Fischer-Netze verstecket / und dadurch ihre Ehre gerettet hätte. Diodorus aber verwirfft diese Meinung / und saget: Wie Minos ein so frommer und gerechter (lib. 4. od. 7.) Mann gewesen / daß er / nach des Horatii Meinung / auch über die Verstorbenen Gericht halte:
Cum se mel occideris, & de te splendida Minos
fecerit Arbitria: das ist:
Wenn du einmahl hier abedrück est /
und deinen Geist zum Tode schickest /
wird man dich für Gerichte stellen /
und Minos dir das Urthel fällen.
(Valerius Flaccus lib. 5.) Die jenigen Oerther / welche man der Dianae geheiliget / waren der Fluß Parthenius in Paphlagonien, der Berg Cynthus, die Stadt Bauron in Griechenland / der Berg Aventinus, und Algidus, die Insel Delus, [132] der Berg Taurus in Scythien, und die Stadt Ephesus in Lydien, in der (Deroselben Tempel. Plinius lib. 26.) man ihr zu Ehren einen solchen Tempel bauete / welcher zugleich mit unter die sieben Wunderwercke der Welt gerechnet wurde. Denn es hatte gantz Asien zweyhundert und zwantzig Jahr darmit zugebracht / und den Grund an einen Morastigen Orth gelegt / damit Ihm daselbst durch die gewöhnlichen Erdbeben kein Schaden zugezogen werden möchte: Seine Länge erstreckte sich auf zweyhundert und zwanzig Geometrische Schuh / und die Breite auf zweyhundert und zwanzig. Das Sparrenwerck bestunde in lauter Cedernen Balcken / und die Thüre in Cypressen-Holze / inwendig aber war er mit hundert sieben und zwanzig künstlichen Pfeilern / welche so viel Könige dahin verehret hatten / ausgeputzt / biß Ihn endlich Einer mit Nahmen Herostratus, der seines Nahmens Gedächtnus mit einer so schändlichen That beflecket wissen wollte / mit Feuer verbrannt / weßwegen auch die Epheser dieses Gesetze gemacht / daß keiner bey Leib- und Lebens-Straffe dieses Mord-Brenners Nahmen nimmermehr gedencken sollte / damit Er das Jenige / was er dadurch gesucht / keines Weges erlangen möchte. Der Dianae pflegte man eine gejagte Hindin zu opfern / und sagte / daß Sie sich ohn unterlaß des Jagens befliesse / wodurch angedeutet / daß ein Jeder in diesem Leben sich deß Müssigganges entschlagen solle. Nam
Otia si tollas, periêre Cupidinis Arcus.
Wer müssig gehet / geräht in böse Gedancken. Denn es ist keine Pestilentz so schädlich als diese / und die Wollust / welche das Liecht der Seele ausleschet. Und obwohl durch diese der Nahrung grosser Abbruch geschiehet: So ist doch der gröste Schade in dem / daran man das Ewige einbüsset. Wer nichts thut / saget man / der thut / was sich nicht gebühret / und wer ruhig leben will / der soll den Müssiggang meiden / indem derselbe letzlich das Armuth zum Geferten bekömmet. Des Menschen Natur ist iederzeit dahin geneigt / daß er was vornehme / wenn aber derselbe keine Geschäffte vor sich hat / und zur Arbeit nicht angestrenget wird / so folget er seiner verderbten Natur / welche stets mehr zum bösen / als auf das gute (Ihr Opfer. Porphyri???9. lib. de Sacrif. Pausan. in Rebus Achaicis.) zielet / und unterstehet sich böses zuthun. Nechst diesem / so war bey den Patrensern / einem Griechischen Volcke / der Gebrauch / daß sie / wenn dieselben der Dianae opfern wollten / vorhero von grünem Holtze in der Stadt gegen der Göttin Altare zu / eine Vermachung aufrichteten / sie inwendig mit allerhand dürren Sachen belegten / und von aussen mit Koth und Leime beschmierten; Und als man alles / was zu seinem Opffer nöthig / herbeygeschafft / verrichtete das Priesterliche Ambt eine Mannbare Jungfer / welche für die allerschönste und weiseste gehalten wurde / welche dann mit grossem Gepränge von zweyen Hirschen durch die Stadt / und folgenden Tages in der Göttin Tempel geführet ward. Worauf man den vermeinten Gottesdienst in Beyseyn so vieler Auswärtigen / als Einheimischen Völcker mit grosser Andacht anfieng / und in die gemeldte Vermachung / viel lebendige Thiere / als Reheböcke / Schweine / Wölffe / Beeren / und allerhand erwachsenes und gerupfftes Feder-Vieh warff. Zu diesem legten sie auch allerhand Saamen von den fruchtbarsten Bäumen / welche die Flamme desto hefftiger vermehrete. Und wenn ohngefehr von den Thieren eines entsprunge / lieffen die Herumbstehenden hinzu / fiengen es / und warffen es in das angezündete Behältnus. Weit grausamere Opfer aber bringen die Scythen. Denn sobald sie einen frembden ertappeten / opferten sie solchen der Dianae, dessen
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sterin die Iphigenia des Agamemnonis, und der Clytemnestrae Tochter (Virgil. l. 6.) war. So gar ist ie und allewege die Abgötterey / und der falsche Wahn seinem Vater dem Teufel gehorsam gewesen. Man findet hin (Cleon.) und wieder / daß diejenigen Opffer / welche man denen unterirdischen Göttern brachte / musten des Nachts / und zwar am schwartzen Viehe geschehen / dasselbe Opfer aber / so denen obersten Göttern geschlachtet / wurde über sich gestochen / gleichwie die / sö denen untersten Göttern opferten solches unterwerts abstachen / in eine Grube warffen / Wein darauf (in Necyomantia. l. 6. v. 620.) gossen / und ihr Gebet dabey verrichteten. Lucanus ist der Meinung / man habe nicht alles Blut in die Grube gegossen / sondern nur etwas darvon. Wenn man aber dem höllischen Pluto opfern wolte / so verbrannte man dasselbe: Denn die Heyden hielten dafür / daß sie denen gütigen / und gutthätigen Göttern müsten weisse Schlacht-Opfer / und denen bösen / damit sie ihnen nicht schädlich wären / schwartze und grausame bringen / und hat man hierüber ein solch Gesetz gemacht / daß die Männer den Göttern / und die Weibesbilder denen Göttinnen beym Opfer dienen sollten. Wie man nun obgedachter Massen noch dafür gehalten / als ob die Diana, und Phoebus des Jupiters und der Latonae Kinder gewesen: Also hat man durch diese Fabel nichts anders als der Welt Uhrsprung gedichtet. Denn nachdem Anfangs die Materia der Welt unförmlich ehe sie in einen solchen schweren Cörper gebracht und gleichsam vorhero verborgen / und dunckel lage / so hat man um deswillen dieselbe Finsternüs Latona genennet. Es hat aber Jupiter den Phoebum, und die Lunam, das ist / der Geist des Herrn die Sonne und den Mond am Himmel gesetzt / und gesagt: Es werde Liecht / also / daß von derselben Zeit des Liechts an / die Erschaffung der Welt sich angefangen. Ein mehrers soll von der Diana an seinem Orte gesaget werden.
H. Von dem Marte.
MAn hat bey diesem Schau-Spiele den Martem nicht vergeblich auf den Triumph-Wagen gesetzet. Denn weil man ihn jederzeit bey den Heyden für einen Gott des Krieges und der Waffen hielte / so gesellte man ihme die Zwitracht / den Zorn / und die Unsinnigkeit bey / und gab seine Schwester die Bellona für seinen Fuhrmann / die Furcht / und das Erschrecken aber für seine Pferde aus / wodurch man dann die verderbliche Macht des Krieges / und daß Anfangs in demselben das Vornehmen gar scheinbar / das Mittel schwer / und der Ausgang ungewiß sey / zu verste hengeben wollen. Er soll von der Junone ohne Vater / und zwar darum gebohren seyn / alldieweiln sie eine Beherrscherin aller Reichthümer genennet wird / worüber der meiste Krieg zu entstehen pflege / auch wäre (Vossius in Idol. l. 2. c. 34.) Thero seine Säug-Amme gewesen / dadurch man nichts anders als die grausame und wilde Art andeute / wie solches an den Barbarischen Völckern / welche wegen ihres groben Geblüths mehr Stärcke / als klugen Verstand (Martis Söhne. Ravisii Textoris Officin. p. 65.) in sich führen / wahr zu nehmen. Und nachdem Er auch kein eheliches Weib gehabt / so wären Ihm von unterschiedenen Beyschläfferinnen die Söhne Enomanus, Tereus, Ascalaphus, Cupido, Jasmenus, Zesius, Erannes, Parthaon, Phlegyas, Hiperius, Etholus, Remus, Romulus, Oxylus, Parthenopaeus, Strymon, Pangaeus, Molus, Thestius, Thespius, Sithon, und die Töchter Britona und Sinope gezeuget worden. Ihm wurde der Fluß Thermodon in Scythien, und der Berg Rhodope in Thracien, weil Er daselbst gebohren / geheiliget / desgleichen verehrte [134] man denselben durch gantz Thracien, und bey den Geten, dahero er auch (seine Priester.) Odrysius, und Geticus genennet. Desselben Priester waren die Salii, welche zu Ehren seiner von dem Römischen Könige Numa Pompilio an der (Servius apud Virgil. 8. AEn.) Angzahl zwölffe verordnet worden / mit Tartschen und Schleudern / auch gemachten Ober-Röcken und ehernen Bruststücken einher giengen / und unter den Tantzen durch die Stadt etliche Lieder sungen / welche sie selbst nicht verstunden: Man nennete sie deswegen Salios, weil sie bey währendem (Ovid. l. 4. c. 4.) ihrem Ofer um die Altäre sprungen und tantzeten. Von dem Marte schreiben die Poeten / daß / als er einsmahls bey des Vulcani Weibe der Venus geschlaffen / gedachter Vulcanus sie beyde verstricket / und für allen Göttern zu schanden gemacht / worüber etliche die Deutung machen: Es wäre die Uneinigkeit eine Mutter der Einigkeit / dannenhero die Harmonia aus dieser beyden Ehebruche entsprungen: Etliche / es wäre der Welt-Tyrannen ihr Gebrauch / daß sie sich durch öffentliche Laster unterweilen einen Ruhm und Ehre zu erjagen gedächten. Er soll / wie gesagt / der Juno Sohn seyn / unter dieser aber meinet man metaphoricè nichts anders / als die Unsinnigkeit / aus welcher nichts als Mord / Todtschlag / Furcht / Gewalt und Unbilligkeit zu entstehen pfleget / gestalt er dann dieses gleichsam selbst von sich redet:
Ich bin derselbe Mars / den alles fürcht und ehret /
durch mich wird Land und Strand / und alles Meerverzehret:
Wie bald der Feind nur sich in seinem Lager rührt /
So wird der Donner-Knall von mir ins Feld geführt.
Mein schwartzes Blut das fleusst in meinen starcken Armen /
mein ernster Vorsatz ist / mich keines zu erbarmen /
und wenn ich mich genug im Blute wohl erhitzt /
so spührt mein Widerpart / wie scharff mein Degen blitzt.
Die Stücken löse ich / wenn Mann auf Mann anrennet /
und durch die Rosse hat die Ordnung fast zertrennet /
Wenn Pulver / und der Dampff nun der erlangten Schlacht
durch Eisen / Hagel / Bley gegeben gute Nacht /
So geht des andern Tags erst an das rechte Trauren /
in einem Augenblick zerwerff ich Wall und Mauren /
ich stürm ergrimmet darauf / und wehret man sich noch /
so bring ich meinen Feind doch letzlich unters Joch.
(Diodorus Rer. antiq. l. 5. c. 15.) Etliche halten denselben für den Nimrod / weil er für einen gewaltigen Jäger an Menschen und Viehe gehalten wird: Etliche den König Belum, allwo das Wort Bellum hergekom̅en wäre. Nechst diesem so bekam er auch von denenjenigen Oerthern / an welchen man ihme Tempel aufgerichtet / unterschiedene Zunahmen / als Candaeus, Rhacius, Mamertus, und Equestris, durch welche alle man nichts anders als den Krieg an sich selbsten verstehet. (Der Alten Wehr und Waffen-Herodot. l. 4. Plin. l. 7.) Vorzeiten hatte man keine andere Waffen / worauf man sich verliesse / stritte / und kriegte / als die Fäuste / Knittel und Schleudern / bis man bey zunehmender Boßheit auch boßhafftige und schädliche Waffen erfunden. Den̅ es gebrauchten sich nachgehends die Mohren wider die Aegyptier der mit eiserne̅ Spitzen beschlagenen Stangen / Priegel / un̅ Steine: die Lacedaemonier der Sturm-Hüte und Schwerter: Die Aegyptier der Spiesse und Tartschen: Die Aetolier der Lantzen oder Wurff-Spiesse: die Scythen der Pfeile und Bogen: die Amazones der Streithäm̅er und Aexte: die Römer der Steinbüchsen / [135] Schilder und Schwerter: Die Innwohner der Balearischen Inseln der Schleudern: Andere der Pantzer / Sturmhauben / Köcher / Pfeile / und Bruststücken: Dolche / Degen / breite und lange Messer / Streitkolben / Spiesse / und so fort. Ihre Kriegs-Instrumenta aber waren Cochleae oder solche Machinen auf denen man gleichsam als auf einer Treppe zu der Feinde Mauern steigen kunte: Exostrae gethürmte Brücken von denen man zu denen Belägerten kahm: Falces und Harpagae Mauerbrecher: Malleoli mit Schwefel und Pech zugerichtetes Stroh: Musculi Sturm-Decken: Phalaricae gedrehete böltzerne Pfeile mit spitzigen Eisen / woran man Schwefel / Pech / Hartz / und Werg band / sie ins Oel tauchte / anzündete / und in der Feinde Städte schoß: Plutei Sturmdächer / welche man aus Wieden flochte / und mit Ziegenfellen auch andern Leder überzoge / und (Des Kriegs Nutzen. Pausanias. Xenophon, in lib. Occonom.) was dergleichen mehr. Wie nun die Heyden den Martem iederzeit für ihren Kriegs-Gott hielten / und verehreten / auch biz Lacedaemonier, oder die zu Sparta zu dem Ende desselben Bildnüs Fuß-Eisen anlegten / damit er stets bey Ihnen verbliebe / für sie streiten / sie schützen und niemahls verlassen möchte. Also ist der durch ihn ereignete Krieg in gewissen Dingen und Fällen theils nützlich theils schädlich. Denn / wer würde auf dem Erdboden zu leben / daselbst seine Nahrung zu suchen / und das Seinige zu erhalten sicher seyn / wenn man nicht wider Gewalt und Unrecht geschützet würde. Der Krieg ist ein Zwang der Ungehorsamen / Er eröffnet die Enge und Weite des Meers / Er entbecket Provintzien / Er vertritt die Friedfertigen / und verjaget die Boßhafftigen: Durch ihn werden die Helden unsterblich / die Sieger gekrönet / die Tapferen ermuntert / die Könige erhaben / die Städte verwahret / die Länder befestiget / und der Tugend der Weg durch die Welt gebahnet. Er ist der Besem Gottes / der das Boßhafftige von dem Guten seget / und auf den Erdboden um keinerley Weise / als um der verrückten Natur willen gekommen. Denn hätten die ersten Eltern in ihrem Gehorsame und Gerechtigkeit verharret / so wären auch dergleichen Plagen und Verfolgungen nicht über die Nachkommen gerathen. Der Krieg an sich selbst ist nicht unrecht / wenn er mit Recht geführet wird: Moses schrieb dorten denen Israeliten gewisse Kriegs-Gesetze (Devt. 10. Genes. 14.) vor: Abraham schlug sünff Könige in die Flucht und errettete dadurch seinen Bruder den Loth / und trug den Raub davon: GOTT selbst befahl dem Mosi / Josua und Samuel wider die Ammoniter und Philister zu streiten: Wer zu einer zugefügten Gewalt stille schweiget / der verliehret sein Recht / und muß der seyn / der er nicht zu werden gedachte / GOTT aber schlägt sich ins Mittel / stürtzet durch Zwang die Gewaltigsten / daß sie einander um ihrer Hoffarh und Ehrgeitzes willen wiederum müssen aufreiben.
(Jud. ???. v. c. 6. v. 34.) Das Ambt einer Obrigkeit ist / daß er die Seinen schütze / und wider die Empörer das Schwert ergreiffe: Athniel führte auf Antrieb des Geistes GOTTES die Waffen wider den Syrischen König Cusa Risathaim: Josua wider den König Ai: Simson wider die Philister: Saul wider den König Nahas: David und andere wider ihre Feinde / also / daß der Krieg für die Ehre GOTTES / für das Vaterland / für die Gerechtigkeit / für die Beschützung seiner und der Seinigen / für bedrängte Freunde / für die Religion / für Gewalt / für verweigerte justiz, für Aufstand der Unterthanen / für Schmach / für Verachtung / und für andere Gewaltthätigkeiten höchstnöthig. Denn was recht und billich / das soll man auch durch rechtmässige Mittel und Wege voll [136] ziehen. Die gantze Wohlfarth eines Potentaten bestehet in dem Schwerte. Anfangswohnte man unter den Hütten und Gezelten / hernach bauete man Häuser / Plätze / und feste Städte / und umfassete sie mit Mauern und Bollwercken / es kunte aber niemahls die gemeine Ruhe ohne die bewaffnete Sorge in Fried und Sicherheit leben ohne die Waffen / welche für sie wachen / und ein helles Auge auf die Abgünstigen haben muste. Ein wehrloses Land locket selbsten die Feinde zu sich: Wer zur Zeit des Friedens die Waffens-Ubungen nicht zur Hand nimmt / bey deme sind sie zu spat / wenn die Gefahr vor der Thüre: Kein grösseres Nachtheil wiederfähret einem Lande / als wenn es lange im Müssiggange lebet: Die Natur bringet allenthalben Helden herfür / welche auch mit andern durch die Kriegs-Ubung / theils den Frieden zu erhalten / theils den Krieg auszuführen tüchtig und geschickt genug sind. Niemand vermag sich einen sichern Frieden zu wündschen / wenn er nicht vorhero durch den Krieg erlanget wird. Unterschiedene fallen auf den Wahn / als daß man sich mit reinem Gewissen nicht könne in den Krieg begeben. Hier ist das Gegenspiel. Denn wer in Schrancken bleibet / die gerechte Sache handhabet / die Freyheit heget / die Unterthanen schützet / das Schwert zur Rache ausziehet / und das Böse verfolgen hilfft / der kan auch mitten unter der Kriegs-Gluth gewissenhafftig leben. Die Rechte erlauben einem jeden / sich selbst zu vertretten / ist das denen Unteren / warumb nicht den Oberen zugelassen? Sich in den Waffen üben / der Tapferkeit fähig machen / und einen Kriegs-Mann abgeben / ist nicht zu tadeln / sich aber des Raubens / Plünderns / Stehlens / Sengens und Mordens befleissigen / dem Nechsten das Seinige zu entwenden / alles Hertzeleid zuzufügen / und fremdes Vermögen an sich zu bringen / ist verdammlich. (Desselbigen Fehler.) Wie derohalben in allen Welthändeln nichts löblichers / nichts gerechters / nichts tugendhafftigers / und nichts billichers / da nicht was ungerechtes / was lasterhafftiges / und Böses mit unterläufft: Also eräugnen sich auch bey dem Kriege viel Fehler. Denn was für Thorheiten begehet man nicht daselbst. Bald krieget man mit fremder Hülffe / und zündet sich dadurch sein Haus über dem Halse an: Bald entblösset man seine eigene Mittel / und ergreifft an statt einer eigebildeten Macht eine verzweiffelte Hoffnung: Bald ist man bey angehendem Kriege so hitzig / daß man hernach keinen Platz zu fliehen findet: Bald so unbesonnen / daß die Unterthanen an statt ihres geraubten Viehes selbst den Pflug in der Hand nehmen müssen.
Die Aegyptier mahlten den Plutonem als einen Verwalter des Reichthums in Gestalt eines schönen Jünglings / welchen sie mit Rosen / und Lorbeern kröneten / und dadurch die Glückseligkeit andeuteten. Allhier gehet es viel anderst zu. Man schätzet die unbillichen Waffen für die glückseligsten: Man bieget und verstecket die Gesetze: Man machet Freunde zu Feinden: Man drücket die Armen: Man leget Städte und Flecken in die Asche / und verwüstet Land und Leute: Die Väter begraben ihre Kinder / und die Kinder die Eltern: Die Unschuldigen leiden mit den Schuldigen: Die Gewaltigen werden mächtiger: Der Adel fleucht: Der Bürger seufftzet / und der Land-Mann wündschet sich lieber bey denen grausamsten Bestien / als unter solchen ungeheuren Menschen zu wohnen. Die meisten Kriege entstehen entweder aus Rache / oder ex Amore possidendi aus Begierde viel Land und Leute zu haben: Grosse Herren sind empfindlich / hengen offt dem Kriege eine Larve für / und geben zum Zeugnüs ihrer vermeinten gerechten Sache dem Pöfel ein Manifest, [137] daß sie das / was sie mit Hinterlist / Betrug und Gewalt gewonnen / mit Rechte erkriegt hätten. Wie die Alten sich mit ihren Feinden schlugen: Also schlagen und balgen sich diese des Martis Zugethane hingegen mit ihren Wolthätern. Keine Jugend ist ihnen zu ihren Mißhandlungen und schandbaren Thaten zu jung / und kein Alter zur Beleidigung / zur Boßheit und Leichtfertigkeit zu alt: Jhre Schalckheiten reichen biß an den Himmel / und die Arglistigkeiten biß in die äusserste Hölle / und weil sie GOTT und dene̅ Menschen zu nahe treten / so verflucht sie die Sonne / und der Mond trägt über ihre verdammliche Sünde einen Abscheu. Viel derselben setzen ihr Leben zu dem Ende in Gefahr / damit sie dadurch einen herrlichen und berühmten Nahmen / die meisten aber Gold und Gut überkommen mögen / was kan aber bey solcher gesuchten Ehre / und Geld-Begierde grausamer und erschrecklicher zu sehen seyn / als wenn man die Friedens-Begierigen betrübet / die Städte zerschleifft / die Länder zerstöret / die Oerther zernichtet / die Felder zertritt / die Armen beraubet / die Erharkeit schändet / die Billigkeit hasset / die Unschuldigen plündert / und die Schuldigen befreyhet. Wenn / sage ich / die Söhne die Eltern / die Knechte die Herren / die Priester die Kirchen / die Bauern die Felder / die Bürger die Städte verlassen müssen / und man den Gehorsam gegen GOtt / gegen der Kirche / gegen die Religion / gegen die Eltern / gegen das Vaterland / gegen das Recht / und die Gerechtigkeit / und gegen alles / was einem Christen zu thun oblieget / in den Wind schläget. Wenn man sein eigen Weib verlässt; wenn man seinem redlichen Nahmen einen Schandfleckt aufbürdet; wenn man zu einem Mörder des Vaterlandes wird. Wenn man thut was man nicht sollte. Wenn man stiehlet / huhret und bubet. Wenn man einen Tumult nach dem andern anfähet / und wenn man sich in Unwidersetzlichkeit erweiset wie ein Löwe / und in angehenden Streichen als ein Feldflüchtiger Haase. Alles ist bey diesem Zustande unsinnig: Die Priester der Mutter Cybeles, Vulcani und Martis verlassen ihre Tempel: Etliche von ihnen brechen ihre Gelübde / und werffen den priesterlichen Zierath von sich: Etliche abereilen nach dem Kriege / und sind ärger als andere: Man heisset die Beschwerung eine Nothwendigkeit / die Verschwendung eine Freygebigkeit / die Frey-Beuter Patroni: in der Warheit aber sind sie Mörder und Hencker der Frommen: Man liebet keine Treu noch Aufrichtigkeit / kein Freundschafft noch Tugend: die Gebehrden seynd weibisch / die Hände zart / die Kleider geschmückt / die Haare gepufft / und der gantze Leib steckt voller Betrug: Da gilt keine Gerechtigkeit / welche sie abstraffe / keine Gewalt / welche sie zwinge / keine Furcht / welche sie zähme / keine Straffe die sie züchtige / keine Gesetze die sie bändigen / und kein Tod der sie hinrichte. Es ist zwar ein gemein Sprichwort / daß dem Soldaten nur einmahl zu übersehen wäre / aber wo bekommen die Hingerichteten ihr Leben wieder? Wo die verlohrne Jungferschafft das Jhrige? wo die Väter ihre Kinder? wo die Kinder ihre Eltern? wo die Ausgeplünderten ihr Vermögen? wo die halb-todt-gemarterten ihre Gesundheit? und wo die Ausgeschöpften ihre Kräffte? Alles sind unzeitige Früchte / die nicht zu loben / und wodurch billich der Vernunfft Einhalt zu thun.
(Die durch den Krieg erlangte Hoheit und Ehre.) Die Ehre des Krieges bestehet in der Tugend / wer nun dieselbe rechte Tugend hat / der ist weit edler als der Edelgebohrne. Denn wer tugendhafftig / und tapfer / der ist geadelt genug / undgleichwie der edel ist / welcher adeliche Geberden an sich / also hilfft deme sein adeliches Geblüte wenig / wen̅ er mit groben und bäuerischen Sitten angefüllet: Etliche wissen nichts rühmliches noch adeliches an sich / als daß sie die Todte̅ rühmen / von dene̅ sie hergestam̅et/ [138] was aber ist dieses für ein adeliches Ansehen / wenn sie ihren Nachkommen selbsten nicht in denen adelichen Fußstapffen nachtreten. Keiner kan die wahre Tugend besitzen / er habe sich dann durch seine ritterliche Faust / oder durch andere der Tugend zugehörige Eigenschafften ein gutes Lob erworben. Dannenhero brachte es jener gelehrte Poet Cyrteus durch seine Tugend und Tapferkeit so weit / daß er der Lace daemonier General wurde: Antipater war in des Apollinis Tempel ein Kirchner / hernach ein tapferer Soldat / und kam bey dem Keyser Augusto so hoch an das Bret / daß sein Sohn Herodes das Königreich Juda bekam: König Agathocles Vater war ein Töpfer / er aber dienete Anfangs für einen gemeinen Soldaten / und ward durch seine ritterliche Thaten hernach zum Obristen und König erwehlet: Licinus eines Ackermanns, Aurelianus eines Bauern / Galerius eines Hirten / Demosthenes eines Schmids / Phocion eines Löffelmachers / Valentinianus eines Seylers / Bonosus eines Schulmeisters / Probus eines Gärtners / und Aurelius eines Landman̅s Sohn / von welchen die meisten die Keyserliche Hoheit und Feldherren-Stelle im Kriege auf sich gehabt / gestalt denn auch Einer mit (Ravisius.) Nahmen Viriatus aus einem Hirten ein Jäger / aus einem Jäger ein Strassen-Räuber / und letzlich aus einem Strassen-Räuber zu einem Hertzog in Lusitanien. Telephanes aus einem Wagner zum König in Lydien, Ptolomaeus aus einem gemeinen Soldaten zum König in Aegypten Mandro aus einem Schiffmann zum Feldherren / Mauritius aus einem Trabanten / und Justinus aus einem Schweinhirten zum Keyser / Primislaus aber aus einem (Kriegs Wissenschafften.) Vieh-Hirten zum König in Böhmen gemacht. Man lernet aber die Kriegs-Künste und Wissenschafften nicht in der Noth / sondern zur Zeit des Friedens. Die Regimenter theilet man beydes zu Roß und Fuß in Fahnen / Compagnien / un̅ Squadronen / welche man in der Schlacht-Ordnung theils in die Spitze / theils in die Flügel / in die Mitten und in den Hinterhalt stellet. Diese haben über sich ihre Generals / Obristen / Obriste Lieutenante / Obriste Wachtmeister / Rittmeister / Haubt-Leute / Capitain Lieutenante / Lieutenante / Cornete / Fehndrich / Fahn-Juncker / Führer / Wachtmeister / Fourirer / Feldwebel / Corporales / Rottmeister und so fort. Man theilet das Lager in besondere Quartiere / deren jedes seine Wachten: Die Waffen sind Piquen / Kurtz-Wehren / Spiesse / Helm / Ober- und Unter-Gewehr / allerhand grosse und kleine Sorten von Geschütz / Stücken / Feuermörsel / Feuerkugeln / Bomben / Granaten / allerhand künstliche Feuerwercke / und andere Munitions-Sachen. In offenem Felde versiehet man das Lager mit Gräben / Schantzen / und Brustwehren: In beschlossenen Oerthern mit Pasteyen / Lauff-Gräben / Zwingern / Schießzange̅ / Contrascarpen / Casamatten Ravelinen / Katzen-Thürmen / Thoren / Pforten / und heimlichen Ausfällen. Denen vornehmsten Officirern lieget ob die Wachten wider den Feind auszustellen / die Soldaten zum Sturm und zur Schlacht anzuführen / auch die Spitzen / Flügel / und Hinterhalt mit Votheil also bedecken / damit ihnen der Feind keinen Abbruch (Herodotus lib. 9. Calliop.) thue. Vor angehender Schlacht ist Acht zu haben / wo man dem Feinde am besten beykomme / wo man ihn klüglich heraus locke / mit Vortheil (Ranzov. Comment. bell. 3, 4. Vegetius de Reb. militar. 3, 14.) angreiffe / den Paß verhaue / zur Flucht bringe / und endlich aus dem Felde schlage. Es meinen die Kriegs-Verständigen / daß bey einer Schlacht die Armee in gewisse Squadronen abgetheilet werden / und man nicht mit vollem Hauffen auf den Feind los gehen müsse: Und wie bey dem gantzen Kriegswesen alles auf einer guten Anstellung beruhete: Also sollte auch bey einem [139] Treffen die Ordnung auf das genaueste beobachtet werden: Dafern man nun den Feind an vielen Orthen angrieffe / könte man denselben viel eher als mit einem geschlossenen Corpo in Unordnung bringen / die Nothleiden den entsetzen / und ihnen ohne zertrennte Battaglie zu Hülffe kommen. Zu dem würde auch ein solches Heer so indergleichen Trouppen und Squadronen getheilet / nicht so leichtlich von Andern umzogen / geschlagen / und auf einmahl hingerichtet. Denn ob gleich ein Flügel in Gefahr / so hätte doch der ander / weil der Feind mit jenem in voller Action begriffen / Zeit sich entweder wieder zu erholen / oder wenn man es für rathsamer erachtete / mit guter Gelegenheit zurücke zu ziehen / allermassen der Feind demselbigen / weils mit guter Ordnung geschehe / nicht so leicht nachsetzen dürffte / wofern er es aber thäte / müste solches mit völligem Corpo geschehen / und den einen Theil welchen er fast überwunden / hinwieder verlassen / der dann unterdessen sich recolligiren / und dem Feinde im Rücken gehen könte / wenn aber die Armee erstlich eingetheilet werden sollte / würde es sonder Verwirrung nicht zugehen / und hätte der Feind in solchem Fall sich zu retiriren / und der Gefahr zu entgehen (Was beym Kriege zu bedencken?) Gelegenheit genug. Ehe und bevor nun ein Potentate nach dem blutigen Kriege greifft / so hat er bey sich zuförderst zu erwegen / daß der sich in nichts mische / was Jhn nicht angehe: Daß Er ohne Macht und geführte Rathschläge nichts anfange: den Krieg mit tapfferer Resolution ausführe: Die Geschwindigkeit beobachte: Niemand zuviel traue: Alles wie es an sich selbsten ist / urtheile: Den Zorn mässige: Mit wachsamen Augen traue: Die gefärbte Scheinheiligkeit fliehe: Die Geld-Mittel überschlage: Die Kräffte ermässe: In Glück und Unglück eines Muths sey: Die Seiten seines Landes in eine Harmony spanne: Die Räthe für seine Augen halte: Sich im Siege nicht erhebe: Was er beschliessen will bedencke / und nimmermehr (Officirer Beschaffenheit.) keinen Krieg anfahe / Er thue es denn umb des Friedens willen: Die Verwaltung aber eines verständigen Feldherrns / Generals / und Obristen / bestehet unter andern auch in deme / daß er sich auf seine eigene Tapferkeit / oder Vermessenheit nicht verlasse / sich mit klugen und Kriegs-Erfahrnen Leuten berathe / unter dem Heere gute Ordnung halte / zur Zeit der Gefahr denen Seinigen einen Muth zuspreche / ihren Sold reiche / die Tapferen belohne / die Faulen straffe / das Ubel verwehre / die Unterthanen beschütze / die Plünderungen verhüte / die Geheimnüsse verschweige / der Vernunfft / solge / die Geschwindigkeit ergreiffe / die Feinde betrachte / und die Vortheil durchsuche.
Ein Kriegs-Heer hat man nicht nach der Menge noch Vielheit / sondern nach eines Feldherrn Qualitäten und Tugenden zu urtheilen. Und wie der Anfang des Kriegs / also ist auch desselben Ausgang. Niemahls muß der Krieg zur Hand genommen werden / als zur Zeit des Friedens. Denn wann die Kriegs-Kunst und Wissenschafften man nicht zuvor begreifft / so lässet sich hernach schwerlich dieselbe zuwege bringen.
Ein zur Zeit des Friedens geübter Soldat / ist durch langen Gebrauch versichert / daß er das / was er gelernet / behalte / und dadurch weder Tod noch Gefahr scheue. Nam nemo facere metuit, quod se didicisse confidit. (Des Kriegs und Friedens Unterscheid.) Wie nun ein Potentate sich stets in guter Kriegs-Bereitschafft zu halten pfleget / wenn Er und die Seinigen im Friede leben will: Also ist hingegen Dieser edler als Jener. Wer seine Gesundheit nicht in acht nimmt / der erkrancket: Wer sein Reichthum in den Wind schläget / wird arm: Wer mit der Ehre spielet / der verschertzet sie: Gleiche Bewandnüs hat es auch mit dem Kriege / und dem Friede. Man saget ins Gemein / Friede bringet Reichthum / Reichthum Ubermuth / Ubermuth Krieg / Krieg Armuth / Ar [140] muth Demuth Demuth / und Demuth hinwiederumb den Frieden. Der Krieg machet einen leeren Beutel / durchäschert Städte / Schlösser und Dörffer / verursachet unträgliche Beschwerungen / harte Auflagen / verdrießliche Gefängnüsse / unzehliche Geld-Spilterungen / unerhörete Theurungen / Sperrungen der Commercien, Verachtung der Justiz, Verwüstung der Güter und Früchte / übermässige Brandschatzungen / Streiffen / Morden / Stehlen / Ranzioniren / und andere unzehlbare Gewaltthätigkeiten mehr. Man dienet um ein Pappier voll Ehre / und setzet seine Seligkeit dadurch in Gefahr. Man duldet um das / was nicht sein ist / Frost / Hitze / Kummer / Noth / Todt / Kranckheit / und alle andere Plagen: Man hilfft bewahren und gewinnen / und der Gewinst bringet Einem selbst den grössesten Verlust. Man ziehet in den Krieg die Tugend zu holen / und bringet die Laster mit sich. Man vergisst daselbst die Frömmigkeit / und erlernet an stattderselben die allerschändlichste Boßheit. In welchem Lande oder Stadt der Friedens-Tempel zugeschlossen / daselbst ist man täglich dem Untergange unterworffen / und des Todes gewärtig. Hingegen aber weit glückseliger / wo man sich Blasen am Pfluge reibet. Kein Herr weiß nicht recht im Friede und Ruhe zu sitzen / wenn er zuvor nicht wisse was Krieg sey. Niemand wird das für das Beste halten / wenn er sein Schweiß-Tuch zerreist und damit das Blut auf dem Kopfe auftrucknet. Nichts ist nöthigers als die Ruhe. Durch Krieg und Uneinigkeit werden die ansehnlichsten Länder zerstöret / durch Einigkeit aber erhalten: Der Friede ist eine Tochter des Höchsten / eine Mutter der stillen Ruhe / eine Schwester der Liebe / und Erhalterin der Künste: Durch Jhn wird der Himmel erhalten / und die Erde regieret: Alle Planeten und Elemente sind mit dem Bande des Friedens verknüpfft: Durch ihn fallen dahin alle unreine Gedancken / das Gewissen wird gereiniget / und die verletzte Seele erhalten / da gegentheils die Uneinigkeit alles Elend erbauet / Glück / Leben und Ehre auf die Spitze setzet / und der Boßheit allen Muthwillen verstattet. Derohalben was kan doch auf dem Erdboden wohl edler / als der edle Friede gefunden werden? Denn er ist / mit einem Worte zu sagen / ein Beschützer der Frommen / ein Schrecken der Tyrannen / eine Klarheit der Seele / ein Galgen der Diebe / ein Vertilger der Zwietracht / ein Verfolger des Krieges / ein Port der Freyheit / eine Ruhe des Gemüths / ein Band der Liebe / ein Zaum des Zorns / und von deme nicht löblichers kan gehöret / nichts nützlichers gewünschet / und nichts bessers besessen werden. Denn wer denselben hat / der behält ihn / daß er solchen nicht verliehre / wer ihn verlohren der suchet ihn / biß er ihn gefunden / und wer ihn gefunden / der brauchet und behält ihn / damit er ihn nicht wieder verliehre. Wie nun durch die Gewalt der Waffen alles erbärmlich zerschleifft / die Länder verödet / die Billigkeit zernichtet / die Scepter zerschlagen / die Cronen zerbrochen / und die höchsten Häupter von ihrer Herrlichkeit gestürtzet werden: Also ist der Friede die beste Freyheit / welche die Tugend vertheidiget / die Laster vertilget / die Frommen umgiebet / und die Furchtsamen wieder in den Stand setzet / darinnen sie sicher bleiben / und leben können.
I. Vom Mercurio.
ES ist nichts in der Welt / das nicht seinen Wechsel suche. Die Arbeit bricht der Ruhe / und diese der Arbeit ab. Ein hoher Geist verschnaubet unter der Last / und Jupiter selbsten lässet sich zuweilen von dem Atlante den Himmel stützen: Der unverdrossene Mercurius weiset uns gleicher Gestalt durch seinen Fleiß / und ruhige Leyer den Unterscheid. Und
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(Hesiodus in Theogoniâ.) weil er sich jederzeit / als ein Erfinder der Künste / ein Beschützer der Hirten / ein Helffer der Schiffenden / ein Stiffter des Friedens / und ein Unterhändler des Krieges unverdrossen bezeiget / so geneusst er auch beydes der Götter und Menschen Freundschafft: Ein jeder sucht seine Gunst / und einjeder (Virgilius. Didymus. Pausanias.) wündschet sich von ihme das zu haben / was er zu besitzen verlanget. Er soll des Jovis und der Majae Sohn gewesen / in Arcadiâ anf dem Berge Cyllene, oder wie etliche dafür halten / in Boeotien auf dem Berge Corycio, oder nicht weit von dem Flusse Alpheo in Arcadien in der Stadt Acacesio gebohren / und von der Junone, unwissend wer er sey / gesäuget worden / auch hernacher / weil er aus seinem Munde etwas von der Junonis Milch habe fallen lassen / dasjenige Gestirn / welches man Via lactea, oder die Milch-Strasse nenne / den Nahmen bekommen haben / wiewohl man solches auch dem (Callistratus.) Herculi beymisset. Man pflegte ihm den Tag zu heiligen / und nebenst (Homerus.) der Milch die Zungen von dem geschlachteten Viehe aufzuopfern / und dieselben in das Feuer zu werffen / wodurch angezeigt / daß man vor allen Dingen / (Guevara.) die Zunge der Vernunfft unterwerffen müsse. Das mächtigste / so ein Mensch an sich hat / ist das Hertz / das zärteste das Blut / das schönste die Augen / das schwereste das Fleisch / das unruhigste der Puls / das weicheste der Miltz / daß subtileste das Gehör / das allergefährlichste aber die Zunge. Denn wer dieselbe wohl an sich zu halten weiß / der entgehet vielem Unglücke: Alle Glieder haben ihre Verrichtungen: das Hertz dencket auf allerhand: der Wille ist damit zufrieden: Die Augen sehen: Die Ohren hören: Die Füsse gehen: Die Hände pflegen des Leibes / und der Leib wartet seines Thuns ab / ohn allein die Zunge führet entweder das Leben oder den Tod in sich. Sie ist nichts anders als eine Tafel / darinnen der Kluge das Beste und der Narre das Thörichte entwirfft. Unter andern legte man dem Mercurio auch unterschiedene Nahmen bey / und nennete ihn bald einen Herolden / bald einen Bothen der Götter / bald einen Gott der Beredtsamkeit / und des Erdreichs / einen Vorsteher der Träume / und der Sterbenden / einen Erfinder der Leyer und (Cicero l. 3. de Nat. Deorum.) Ringe-Kunst / einen Diene???s Krieges / und Stiffter des des Friedens. Es werden dieses Nahmens ihrer Etliche gerechnet; Denn der erste wäre ein Sohn des Himmels / und des Tages / der Ander / welcher nur unter der Erden zu wohnen pflegte / des Valentis, und der Pheronidis, der Dritte des Jovis und der Majae, und der Vierdte des Flusses Nili Sohn gewesen / der Fünffte aber hätte die Aegyptier in dem Gottesdienst / und andern natürlichen Sachen unterwiesen. Es sey nunaber wie ihm wolle / so wird doch alles dasjenige / was denckwürdiges von dem Mercurio gesagt / von des Jovis und der Majae Sohne verstanden. Man meldet sonst in gemein / man soll keinen unterweisen / wer nicht unterwiesen seyn will: Keinen lehren / der nicht zu lernen gedencket: Keinen straffen / der sich nicht straffen lasse / und kein Schwert an einem Felsen zerschlagen / der sich mit Bickel nicht zerspalten lässet: Von Jhme aber werden wegen seiner Beredtsamkeit die Menschen mit güldenen Kettlein gezogen / und geleitet wohin es ihme alleine gelüstet. Jhme dichtet man etliche Aemter an / als daß er nehmlich der Götter Speise-Saal / und Raths-Stube aufputze: des Jovis Befehliche verrichte: ihme an statt des entführten Ganymedis den Nectar-Tranck darreiche: der verstorbenen Seelen des Nachts in die Hölle führe: Sich stets bey denen Ring- und Kämpf-Plätzen / auch öffentlichen Zusam̅enkunfften befinde: Die Heroldschafft in Kriegs-Verrichtungen und Abschickungen über sich habe: Die Bündnüsse und der Waffen Stillstand beobachte / und denen Kauffleuten Maaß / Ziel / und Gewichte (Natalis Gemes.) vorschreibe. Gleichwie aber in der Welt nichts Vollkommenes / das [142] nicht seine Mängel / und nichts gutes / das nicht getadelt: Also wird derselbe auch von vielen für einen Gauckler / listigen Dieb / und einen Betrieger in Handel und Wandel gehalten / welcher in Jugend dem Vulcano seinen Werckzeug / der Veneri den Gürtel / dem Apollini sein Vieh / und dem Jovi den Scepter und letzlich gar die Donnerkeule / wenn sie ihm nicht zu heiß gewesen (Ovid. l. 11. c. 8.) wäre / gestohlen / die Penelopen in gestalt eines schönen Bocks geschwängert / des Daedalionis Tochter die Chione geschändet / und den hundertäugigen (Lactantius l, 1. de fals. Relig.) Argum getödtet / also daß man von ihm saget: Fur ac Nebulo Mercurius quid ad Famam sui reliquit, nisi Memoriam fraudum suarum? Coelo scilicet dignus, qui Palaestram docui & Lyram. Nichts könne ihm mehr zu seinem Nach-Ruhme gereichen / als das Gedächtnis seiner Betrügerey / und wäre man solchem / weil er die Ringe- und Fecht-Kunst / benebenst der Leyer erfunden / den Himmel zu zueignen nicht schuldig. Die Aegyptier bildeten ihn bald mit einem hellen / bald klaren / bald tunckeln / bald schwartzen Angesichte / dieweil er sich bald beyden obersten / bald bey den untersten Göttern befünde / und fügten ihm einen Stab bey / welchen zwey Schlangen umwunden / und dadurch die Sicherheit und Eintracht lehreten. (Adrianus Junius in Emblematibus.) Etliche aber mahleten denselben zugleich als einen Jüngling und alten Man̅ ab / und zeigten damit an / daß derjenige / welcher über andere herrschen wollte / nicht nur starck und behertzt / sondern auch weise / klug / und verständig seyn müsse: Prudentia enim cum Robore conjuncta: Wo keine Weißheit ist / da ist auch keine rechte Stärcke.
Viribus Cyllenius integris stat
junctus cum Senio gravi: Robur invictum est, Sapientiâ si
Firmes, qua sine concidet.
das ist:
Es stund derselbe da in seiner Jugend-Blüthe /
und wiese durch sich auch des Alters seine Güte /
Wofern die Stärcke wird mit Weißheit wohl versehn /
da kan dieselbe nie zernichtet untergehn.
Denn es hat sich ein tapfer und weiser Mann in seinen Thaten und Wercken also zu erweisen / daß er das / was er unterweilen durch Thorheit übersiehet / (Lib. de falsâ Relig.) mit seiner Weißheit bald wieder verbessern könne. Es ist aber / wenn man nach des Lactantii Meinung / vernünfftig davon reden / und der Poeten ihre Fabel-Reden beyseite setzen will / Mercurius ein Mann von hohem Verstande / und sonderbarer Weißheit und Geschicklichkeit gewesen / welcher nicht allein viel Wissenschafften erfunden / sondern auch sie / wie man solche zu des Menschen Nutzen wenden könne / gelehret. Dahero man Jhn auch für des Jovis, und der Majae, das ist / für den Sohn derhim̅lischen Gütigkeit gehalten. Denn gleichwie die menschliche Natur jederzeit an etwas einen Mangel hat: Also hat die Göttliche Natur alles überflüssig / und kömmt diese jener zu Hülffe: Es ist menschlich etwas von den Göttern bitten / göttlich aber dasselbe zu geben. Und gleichwie die menschliche Schwachheit für sich unmächtig etwas Hohes zu begehren: also pflegt die Göttliche Allmacht sie mit Wolthaten zu unterstützen: Jhrer viel sind für des Jovis Söhne / für göttliche Menschen / und in die Zahl der Götter aufgenom̅en worden / welchen man zu Ehren / Tempel / Altar / Ceremonien und Priester verordnet. Was aber ist dieses anders / als daß uns die Alten dadurch zu Erlernung der Weißheit und der Künste aufmuntern / den Mercurium, als ob er die Sterblichen an göldenen Ketten [143] mit sich nach Gefallen herumführen / aufstellen / und was für Macht / und Gewalt die Beredsamkeit habe / dahero zu erkennen geben wollen. Daß man Jhn aber / oder vielmehr seinen Planeten für einen Gott der Diebe / und Betrüger achte / rühret zweifels ohne daher / daß offtermahls herrliche Ingenia in ihrer Jugend zu allerhand Lastern / und Schalckheit geneigt / welche / wenn Jhnen bey Zeiten nicht gewehret / letzlich bey ihrem guten Verstande versauern / und zu lauter Lotterbuben werden. Denn weil des Mercurii Eigenschafften trucken und warm / so macht er geschwinde / beredte / und zu allerhand Listigkeit verschlagene Menschen. Und weiln auch des Mercurii Planeta mehr Veränderungen in der Bewegung / und Umschweiffe als fast die anderen Planeten alle haben / indem er bald über sich / bald unter sich steiget / und bald vor sich / bald zurücke läufft / bald aber gar stehende zu seyn scheinet / so hat man Jhm um beßwillen fertige Flügel auf das Haubt / und an die Füsse geeignet / welche ihn an statt der Winde darvon trügen / welches alles nichts anders als auf einen klugen und scharffen Redner / auch fähigen Verstand / gute Weißheit / auch Beredtsamkeit kan gezogen werden / dahero von diesen beyden letzteren folgendes:
Man liebt der Weißheit ihre Künste /
durch sie reißt man sich hoch emport
Für sie ist alles lauter Dünste /
Die niemahls kommen so hervor /
Wenn diese beyde sich erregen /
so muß sich alles Eitel legen /
Das in sich selbsten bald erstirbt /
und keinen Nach-Ruhm nie erwirbt.
Die Feder hebt die leichte Lantze /
dieselbe schärfft die Feder so /
Daß / weil sie beyd in einem Crantze /
der Tod derselben nicht wird froh /
Es mag sich Donner / Hagel brüsten /
so fliehen sie aus allen Lüsten
hin / wo die Sterbligkeit erblafft /
und nur die wahre Ruhe rast.
Wer diesem folgt der kan stets bleiben entfernet weit von aller List:
Er kan ihm ein Gedächtnüs schreiben
daß man was kluges von ihm liest:
Die Weißheit wohnt in dem Gehirne /
ihr Hauß das ist die muntre Stirne /
das wird nur diesem aufgethan /
der den Verstand recht brauchen kan.
K. Von den sieben freyen Lünsten / als von der Grammatica.
DEr Mensch wird nicht vergebens die kleine Welt genennet. Den̅ nachdem er ein Besitzer aller freyen Künste und Wissenschafften: so ist hieraus die Anzeigung seines hohe̅ Verstandes / un̅ die Wirckung seines heroischen Gemüths zu verspühren. Es hat der Allerhöchste zu dem Ende dem [144] Menschen die Seele einverleibet / daß er gleichsam in dieselbe durch fleissige Ubung alle Wissenchafften einzeichne / und dadurch zur Menschlichen Vollkom̅enheit kom̅e / sein Verstand ist zu allen Dingen fähig / und vergleich sich einem Acker / der / wenn er wol gebauet / die besten Früchte bringet: Nichts ist / was dem göttlichen Wesen näher tritt / als die Wissenschafften: zur Zeit Königs Philippi in Macedonien entstund eine Frage / welches das gröste in der Welt wäre? Einer sagte der Riese Atlas, weil sein Grab kaum ein hoher Berg bedecken könte. Ein ander / es sey der Poet Homerus, weil er theils in seinem Leben gerühmet / und nach dem Tode ohne Unterlaß geliebet würde. Der Dritte / es sey der Berg Olympus, dessen Spitze bis an den Himmel reichte. Der Vierte aber / es sey ein gelehrter Mann / welcher gleichsam über Himmel und Erden ragte. Denn es ist kein Stand in der Welt / der nicht durch die Wissenschafft der Künste Lob und Ehre zu erjagen vermag. Es sind solche / die man lernet / mit dem Sinne fasset und offters versuchet / und letzlich im Gemüthe behält. Denn sie sind eben diese / welche man weder raubet noch stiehlet / die / so die allerbesten Waffen des Alters / die / so man nicht verzehret / und die / durch welche man zu den grösten Ehren gelangen kan. Als Plato gelehrten / gab er zur Antwort: Wie zwischen einem Artzte / und einem Krancken. Thales Milesius hielte den für den Glückseligsten / welcher mit Kunst und Geschicklichkeit begabet. Diogenes sagte / es trüge / und ernehrte die Erde nichts unliebers / als einen ungeschickten. Keyser Severus ward von Jugend auf in Regierungs- und Kriegs-Sachen so emsig erzogen / daß er hernacher nicht einen Tag wohl verabsäumete / an dem er nicht entweder denen freyen Künsten / oder dem Kriegswesen oblage. Das menschliche Leben ist ohne die Geschicklichkeit ein lebendiges Grab / hingegen aber sind die guten Künste die / welche die Jugend erhalten / das Alter belustigen / das Glücke befördern / die Traurigen trösten / die Verzagten ermuntern / die Reisenden begleiten / und die Verfolgten beschützen. Als bey geführtem Kriege Etliche der Mitylener Lands-Leute von ihrem Vaterlande abfielen / legten ihnen hernachmahls die andern dieses zur Straffe auf / daß dero Kindern weder Lesen noch Schreiben / noch die freyen Künste zu lernen verstattetseyn sollte. Gleichwie nun der Mensch durch die gefasste Kunst und Wissenschafft sich ein unsterbliches Lob erjaget: Also wollen wir auch der also genannten sieben freyen Künste eigentliche Beschaffenheiten mit wenigen berühren.
Es ist aber die Erste / als die Grammatica, oder Sprach-Kunst nichts anders / als eine solche Wissenschafft / welche mit den Buchstaben / woraus sie die Wörter zusammen setzet / umbgehet / und dieselben recht auszureden / zu schreiben / zusammen zu fügen / und zu unterscheiden lehret. Es wird aber dieselbe in vier Theile eingetheilet: Als nehmlichen in die Orthographie: daß man recht schreiben lernet / in die Prosodie: daß man einen Accent, Wort oder Sache wohl ausspreche: in die Etymologie: daß man die Wörterrecht erkläre: und in den Syntax: daß man die Wörter recht zu setzen / und zu verknüpfen weiß: Dieses scheinet zwar ein geringes zu seyn / indem man mit den Buchstaben / und dero Forme / mit den Syllaben / mit den Wörtern / und mit den Puncten muß umgehen / alleine sie ist ein solch beständiges Fundament, darauf alle Künste pflegen gegründet / und durch sie alle Wissenschafften eröffnet zu werden: Pro [145] metheus erfand zum ersten bey den Griechen diese Wissenschafft / und Dionytius Licinius zu Rom die Lateinischen Buchstaben / und Syllaben / deßwegenman Ihm zu Ehren in dem Capitolio daselbst / wie auch dem Verrio Flacco, umb seiner guten Unterweisung willen / sein Bildnüß aufsetzete. Die Grammatici, oder die / so diese Kunst lehren / hatten vor Alters die gröste Arbeit / und dann auch wegen ihres angewandten Fleisses das gröste Lob: Die Römer machten ihnen öffentliche Besoldung / und verstatteten denenselben / daß sie auf offener Strasse lehren mochten: Sie sind eben die / welche / wie gedacht / den ersten Stein und Grund zum Baue legen die da lehren die Gedancken deß Hertzens mit deutlichen Worten an den Tag zu geben / wie man verständig schreiben / wie man zierliche Brieffe stellen / wie man nachdenckliche Verse erfinden / Geschichte entwerffen / und (Angelus Politianus in Miscellan???is c. 43.) allen Dingen mit gewisser Masse einen Zusatz geben solle. Ein rechter Gra̅maticus ist der / welcher aller Scribenten / Poeten / Geschicht-Schreibern / Rechtsgelehrten / Weltweisen / und anderer ihre Schrifften durchzugehen und zu erklären weiß. Den̅ vordessen hatten die Grammatici ein solch Ansehen / daß denenselben auch die Censur, und das Urtheil über alle Schrifften anbefohlen wurde. Uber dieses / so ist auch die Nutzbarkeit der Grammatica nicht die Geringste / sondern eine der Vornehmsten. Denn Sie unterscheidet das Gute und Böse: Sie ist eine Nothwendigkeit der Jugend: Eine Annehmlichkeit des Alters: Eine Gefertin der Geheimnüsse: Eine Gesellin der Poësie: Eine Freundin der Geschichte: Eine Beförderin der Astrologie: Eine Beschreibung deß Auf- und Nieder-Ganges / und eine Uhrheberin aller Wissenschafften / wie von Ihr dieses lautet:
(Philipp. in Praefat. in Syntaxin.) Frustra Doctores sine me coluêre Sorores.
Es ist umsonst / wenn man nach Wissenschafften stehet / und nicht zuvor bey mir zur Unterweisung gehet.
Jener Gelehrte schrieb auf eine ledige Tafel / worauf die Mahler zu (Die aufgelassenen Jugend. Savedra in Emblematibus.) zeichnen pflegen / dieses: Ad omnia: Was hat man von der Jugend / die gleichsam noch Zügelloß ist / anders zu sagen: Wofern nun ihre kindische Geberden dem Alter am Verstande gleicheten / bedürffte es keines so schweren Aufmerkens / nachdem aber ihr Alter ein solches mit sich bringet / so heist es: Wer geschickt ist von denen Seinigen / etwas zu lernen / der lasse sie lernen / wer aber ungeschickt / der wende seine Hand zu einem erbahren Handwerke / damit er / sich zu ernehren geschickt mache: Arbeit vertreibt die Laster / und führet in sich eine süsse Frucht. Wer sich nicht bücket / der pflüget nichts gutes / und wer sich der Mühe scheuet / der bauet nichts beständiges: GOTT ist niemand zu ernehren schuldig / weil er demselben die Mittel zu Arbeiten an die Hand giebet: Wir Grossen aber sind schuldig / die Kleinen zu verbessern: Die Boßheit kömmt von der Gewonheit her: Ein harter Sinn erfordert einen harten Knüttel: Wann dahero die Jugend durch den Verstand wohl zugeritten werden solle / so ist nöthig / daß man derselben beyzeiten die Weißheit in das Gemühte / das Stillschweigen in die Zunge / und die Schamhafftigkeit in das Gesichte lege. Ihrer viel haben sich eine Geissel über den Rücken gezogen / wenn Sie ihre Kinder in der Jugend nicht genugsam gezüchtiget. Es ist nicht weniger an einer klugen Unterweisung als Auferziehung gelegen. Ein Thier ist so wild nicht / daß man es nicht besänfftige / und kein Mensch so grob / den man nicht bald Anfangs zu etwas guten bringen könne: Ein junger Baum bieget sich eher / als ein Alter. Wie derowegen das / was man rechtschaffen gelernet / des Menschen Aufenthalt: Also schafft auch alle [146] Kunst dem Alter einen sicheren Nutzen. König Amasis in Aegypten befahl / daß ein Jeder in seinem Königreiche arbeiten / und eine ehrliche Kunst und Handwerck erlernen / oder in Entstehung dessen mit Ruthen gestrichen / un̅ deß Königreichs verwiesen werden sollte. Die Boßheit der Jugend rühret offters von der Eltern Ubersehen her. Man siehet bald in der Kindheit / wie es mit dem Menschen bewandt: Man beklaget die Mühseligkeit des Lebens / Man wündschet mit den Gedancken von der Welt: Man suchet Ruhe in dem / da keine zu finden: Man preiset Andere / wegen ihrer wohlgezogenen Kinder glückseliger / und wenn man alles Klagen beym Liechte besiehet; so hat man die Schuld sich selbst beyzumessen. Denn die Kindheit lässet man mit liebkosenden Worten vorbeystreichen / und bey der angehenden Jugend macht man ein Auge zu / wenn aber dieselbe ihre Mannbarkeit erreichet / so sind bey derselben nichts als lauter Laster / lauter Untugenden / lauter Boßheit / und lauter Leichtfertigkeit mit aufgewachsen / und muß hernach / weil fie sich als Tempel GOTtes nicht wohl erziehen lassen / zum Werck-Zeuge deß Teuffels gebraucht werden. Kein Feind kan Einem an Haab und Guth / an Leib und Leben so schädlich fallen / als die Laster der Kinder. Die Römer warneten anfänglich in ihrem Gesetz / so Sie Legem falcidiam nenneten / die Kinder wegen ihres Verbrechens zur Tugend und Arbeit / hernach wenn Sie in ihrer Boßheit fortfuhren / strafften Sie solche / wenn Sie aber davon keines Weges abstunden / liessen Sie dieselben aufhenken. Es ist eine grosse Thorheit / wenn die Eltern aus Liebe den Kindern alle Uppigkeit verstatten. Denn sobald ihnen der Zügel zur Freyheit gelassen / so nisteln daselbst die allerschändlichsten Laster ein. Eine noch viel grössere Thorheit ist diese / wenn sie dieselben dem Glücke befehlen / und inzwischen sie zu etwas guten zu halten verabsäumen. Der Gesetz-Geber Lycurgus befahl alle Knaben bis in das zwey und zwanzigste Jahr auf dem Lande zu erziehen / damit ihre Leiber zu allerley Arbeit gewehnet / und von denen verhinderlichen Wollüsten abgehalten werden möchten: Der Jenige / welcher bey der Wollust wollüstig ist / und niemals etwas gutes anzufahen gedencket / dessen Ende kan weder erfreulich noch ersprießlich fallen. In den Balearischen Insuln reichte̅ die Mütter den Kindern nicht das Brod selbst / sondern sie legten dasselbe auf einen erhabenen Ort / damit wenn solches die Kinder ersahen / und davon zu essen begehrten / es zu erlangen Mittel und Wege suchen musten: Der Frey-Beuter Viriatus hatte zu feiner Zeit hundert seines gleichen bey sich / welcher des Tages über in ihren Schuhen Bley legten / damit sie desto hurtiger auf den Beinen seyn kunten: Die alten Britannier pflegten ihre Kinder theils mit dem Eise zu waschen / theils auch / wenn sie erwachsen / darauf zu führen / und dadurch behutsam gehen / und arbeiten zu lernen: Dieses / ob es gleich eine schlechte Ubung / so war es doch ein Anfang / daß der Müssiggang / und aus diesem die Laster / dieselben nicht in ihrem Alter zu Sclaven machen möchten. Was für schlechten Ernst braucht man doch offters bey Erziehung der Kinder. Bald sind Sie zu was gutem anzuführen / zu klein: Bald zu zart: Bald zu unvermögend: Bald zu kräncklich: Wenn Sie aber erwachsen / und der Ast nicht mehr zu beugen / so schlägt man die Hände über den Kopff / und wündschet / daß man ihr Begräbnüs bey ihrer Geburts-Stunde gesehen hätte. Man hat iederzeit die Disciplin und Zucht dahin eingerichtet / daß man zwischen einem fähigen / und langsamen Ingenio einen Unterscheid machen könne: Etliche hat man [147] zu ehrlichen Wissenschafften / Etliche aber zu andern Künsten und Erlernung (Begreiffung der Sprachen.) der Sprachen angehalten: Denn zu geschweigen der Ersten / so sind die Letzteren solche herrliche Gaben / die beydes denen Grossen und Kleinen höchstnützlich / wohlanständig / und zuträglich. Jener Poet rühmete (Ennius.) sich / er hätte drey Hertzen / wodurch er die erlerneten Drey Sprachen verstünde: Den Erichtonium mahlete man / wegen Erfahrenheit der Griechischen und Aegyptischen Sprache / halb als einen Menschen / und halb als einen Drachen ab: Der Herzog von Boullion stillete offters durch der Sprachen Wissenschafften die Zwistigkeiten seines von allerhand Völckern vermengten Krieges-Heeres: Matthias Corvinus König in Ungern war nebenst der Griechischen un̅ Türckischen auch anderer Sprachen erfahren: Kaiser Carl der Grosse wuste nebenst der Lateinischen und Griechischen auch andere: Kaiser Friedrich der andere redete sechs / Mithridates König in Ponto zwey und zwanzig: Keyser Carl der Vierte fünff / Keyser Maximilianus vier / und die Aegyptische Königin Cleopatra die Arabische / Hebraeische / Syrische / Medische / und andere Sprachen. (Plutarchus in vitâ Dionysii.) Sobald als der weise Plato in Sicilien kam / schickte ihm der sonst hochmüthige Tyrann Dionysius ein Schiff entgegen / und empfing ihn an dem Ufer deß Meeres mit seiner Carrete von vier weissen Pferden gezogen: Keyser Augustus verschonete die Einwohner der Stadt Alexandria umb dreyerley: nämlich umb das Gedächtnüs deß Alexandri Magni, umb der Stadt Schönheit / und umb des Weltweisen Mannes Arrii willen: Robertus König in Sicilien hielte die Gelehrten in höchsten Werth: Als Keyser Theodosius gefragt wurde: wie ein Potentate zur Regierung geschickt seyn müsse: Antwortete er: wenn Er / so offt er Taffel hielte / verreisete / und sich zur Ruhe begeben / oder die übrige Zeit vertreiben wollte / iedesmahl gelehrte Leute umb sich hätte. Keiser Aurelius pflegte niemahls aufzustehen / noch des Abends schlaffen zu gehen / es sey dann / daß er Gelehrte und Erfahrne umb sich gehabt. (Des Reisens Nutzen.) Wie nun der Geschmack der Weißheit / und der Rath der Weisen ein herrliches Gerüchte. Also begreiffen auch die daher rührende Reisen ein grosses in sich / Der gelehrte Democritus schiffte in Aegypten / und in Persien bis an das rothe Meer / damit er der Chaldaeer Weißheit hörete: Der Pythagoras reisete zu Erlernung der Philosophie in Persien / und begrieff (Lactantius l. 4. Divin. instit. c. 33. p. 239.) daselbst den Lauff des Himmels: Nicht umsonst sagte jener Gelehrter: Prius disce, qui doces, & anteqvam Mores aliorum corrigas, tuos corrige: Lerne zuvor das / was du andere lehren willt / und durchgehe erstlich dein Leben / und Wandel / ehe du an Andern was straffen willt. Der jenige / welcher viel Länder durchziehet / und mit vielen umbgegangen / der ist in viel Sättel gerecht. Das Reisen ist ein Stücke der zeitlichen Weißheit / und Glückseligkeit. Denn wenn man nicht nur Städte und Länder / sondern auswärtige Sitten / Ordnungen / und Gebräuche siehet / sich in der Frembde mit Gelehrten bekannt machet / und ihrer Conversation geneust / so macht man sich in allen Thun und Wesen geschickt. Und ob zwar vor diesem / viel Nationes, und unter denenselben die Lacedaemonier, Sineser und Moscovviter das Reisen für unnützlich und verächtlich gehalten / und niemand von denen Frembden ihre Länder betretten lassen wollten / so treibet uns doch hierzu beydes die Göttliche Allmacht selbst / und dann die natürliche Klugheit. Denn die Natur hat nicht allen Leuten alles gegeben: Eines muß sich von dem Andern erhohlen / und ihrer viel müssen sich in ihren Ländern aus Andern ernehren: Die mensch [148] liche Vernunfft erstrecket sich weit / und die Wohlfarth deß gemeinen Wesens erfordert eine solche Beschaffenheit: Wir lernen das / was wir zuvor nicht wusten / bespiegeln uns an dem / was uns in diesem Leben zuträglich / und erlernen zugleich / was der Unterscheid der Tugenden und Laster sey. Und ob schon das Reisen viel Mühe / Kosten / Ungelegenheit / ja zuweilen auch den Menschlichen Untergang / Schaden / und Unheil gar nach sich ziehet / so wird doch die Tugend / Kunst / und Erfahrenheit immer höher geachtet / welche sich auf dem Schau-Platze dieser Welt zubereiten lassen. Und gleichwie aller Ambra / und Biesem / wenn man ihn wohl zerreibet / weit besser reucht: Also ist es auch mit diesem. Denn durch ihn wird das Gemüht belustiget: Viel Sachen erfahren: Viel denckwürdiges gehöret: Viel wunderliches gesehen: Viel seltzames gemercket: Viel frembdes beschauet: Viel Sitten gelernet: Viel Freundschafft gestifftet: Viel Gemüther erforschet: Und an sich selbst viel geschickter gemacht. Es sind aber diese die tauglichsten und geschicktesten zur Reise / welche viel Geld haben: Die Gelehrten und Weisen / welche durch ihre Zunge die Gemüther der Menschen bewegen / und Jedermänniglich dardurch an sich ziehen: Die / welche von ansehnlichen / und guten qualitäten / auch sonderbarer Tapferkeit / und die / so ein Hand-werck gelernet. Denn der Jenige / welcher durch seine Kunst / Geschicklichkeit des Leibes / oder Stärcke sein Brod in der Frembde zu suchen gedencket / der darff daselbst nie den Bettel-Stab ergreiffen.
Von der Arithmetica.
DIe Arithmetica ist nichts anders / als eine Wissen schafft der Numeren, allwo man bald dieselben zusammenzehlet / bald abziehet / vermehret / zertheilet / und solches alles entweder mit Ziffern / der Rechen-Taffel / oder Rechen-Pfennigen werckstellig machet. Unter den Mathematischen Künsten ist Sie die Vornehmste / alldieweil Jene keine Andern / als diese bedürffen / allermassen auch ihrer die Musica, Geometria und Astronomia, wegen Ausrechnung / Eintheilung / und Anführung der Zahlen / nicht zu entbehren vermag. (Georg. Purbachi???. Isidor. l. 3. Etymol.) Sie soll von den Sidoniern / und Arabern / oder nach anderer Meinung / von dem Pythagorâ erfunden / von dem Nicomacho, und nachgehends von dem Apulejo und Boëtio weiter fortgepflantzet worden seyn. Sie ist aber die jenige / welche andere Mathematische Wissenschafften oder Scientien übertrifft. Denn Sie ist gewisser / als die Geometri: Sie ist eine Ernehrerin der Commercien: Eine Anweiserin der Geschwindigkeit: Eine Erheberin der Künste / und eine Anführerin der Music. Und gleichwie Sie in ihrer eigenen qualität bestehet. Also pflegen hingegen von Ihr alle übrige Wissenschafften gleichsam den Ursprung zu haben. Arithmetici, qui Naturâ sunt, ad omnes disciplinas acutisunt. Denn die Jenigen / welche von Natur zur Arithmetica geneigt / und dieselbe begriffen / werden in andern Künsten viel vortrefflicher (Plato in Epimenide.) als Andere: Jener Weise nennete sie principalem, & summè divinam: Eine von denen vornehmsten / und fast göttlichen Wissenschafften / die in der Speculier-Kunst bestünden / und als man fragte / weßwegen man den Menschen für das weiseste / klügeste / und vernünfftigste Thier hielte? gab er zur Antwort: Weil er zehlen könte; Denn alle Dinge in der ganzen Welt bestehen in einer gewissen Zahl. Etliche der Weisen geben vor / [149] die Natur der Zahlen menge sich in alle Dinge / und sey deroselben Erkäntnüß die rechte und warhafftige Weißheit / welche mit der selbstständigen / unvergänglichen / und göttlichen umb gienge: GOTT wäre eine unaussprechliche Zahl: Bey den Alten nennete man Eins Zera, welches Sie dem Jovi, und das Zwey Hera, der Junoni zueigneten / alldieweiln Jupiter die Materia, und Juno die Forma wäre: Die Zahl Dreye hielte man für wunderwürdig / weil GOTT Dreyfaltig in Personen / und Eins im Wesen: Durch Dreye Himmel und Erde erschaffen / und dieselben zu seiner Vollkommenheit / als durch die Zusammen-setzung / Unterscheidung / und Austheilung gebracht hätte. Die Persischen Magi setzten zu Richtern über die Welt / GOTT / die Vernunfft und die Seele: Alle Dinge würden indrey Theile abgetheilet / der Anfang / das Mittel / und das Ende. (Architas Tarentinus in Lib. Sapient.) Die Viere sey eine Zahl / so zur Seele gehörete: Der erste Terminus wäre die Göttliche Weißheit / durch welche der Mensch zur Betrachtung der ersten Ideae erhoben würde / und des Menschen Verstand gleiche sich wie die Sonne in der Welt / das Auge in dem Leibe / und das Leben in der Seele: Der Ander / die Zuneigung zu solcher himmlischen Weißheit: Der dritte / die Erfassung derselben / daß er zwischen der Göttlichen nnd Menschlichen Weißheit einen Unterscheid machen könne: Der Vierdte aber / wenn die Seele wieder zu ihrem Anfange / als zu GOTT gebracht würde. Die Fünffe bedeute alles gutes / und würde dem Vulcano zugeeignet. Die Sechse deute an die Vollkommenheit / weil GOTT der Allerhöchste an dem Sechsten Tage das Geschöpfe geendiget. Die Sieben vergleiche sich mit einer unendlichen Zahl: Die Achte der Glückseligkeit: Die Neune einer Englischen Zahl: Die Zehne einem Bilde aller Vollkommenheit. Aus welchen allen nichts anders zu verstehen / als was die Zahlen für Wirkungen / Krafft und Bedeutung in sich haben / inmassen man auch der Meinung / daß keiner ohne deroselben Wissenschafft die Philosophie recht zu begreiffen verwöge. Gleichwie nun Pythagoras, Theophrastus Eresius, des Aristoteles Schüler / Xenocrates, Diophantes Archimedes, und Andere / von dieser herrlichen Wissenschafft geschrieben / und den Nutzen ihrer Vortrefflichkeit gezeiget. Also fand man auch vor Alters (Alexand. lib. 2. c. 25.) ihrer viel / die in dergleichen unerfahren: Denn die alten Römer wusten nicht über hundert tausend zu zehlen: Die Caspier nicht über hundert / und die Thracier nicht über viere: Hingegen liessen die Aegyptier unter andern Künsten auch ihren Kinden die Arithmeticam, Geometriam, und Artem Magicam lernen: Der Rechen-Kunst Anfang sind die fünff Species, denen folget die Regula Detri ohn-un̅ mit den Brüchen / die Handels-Wechsel-Gold-Silber-Factorey- und andere Rechnungen mehr / auch Resolvirungen der Müntzen / Maaß / und Gewichte. Es ist aber diese Kunst nicht allein / wie bekannt / in der Kauffmannschafft das allernöthigste / sondern sie dienet auch darzu / daß man durch sie die Zeiten unterscheide / die Jahre ausrechne / und hinwiederumb in gewisse Zeiten austheile: Die Aegyptier / Perser / und Hebräer / hatten keinen gewissen Ursprung der Zeit. Die Griechen und Lateiner waren dißfalls klüger: Jene rechneten ihre Zeiten auf die Olympiades, und diese von Erbauung der Stadt Rom an: Wir Christen aber fahen die Unsrige an entweder von Erschaffung der Welt: oder von der Geburt unsers Heylandes JESU CHRISTI.
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Von der Dialectica.
(Isidor. l. 2. Etymol. Thomas Aqvinas.) DIese ist nichts anders / als eine Disputier-Kunst: Eine Disciplina ad discernendas rerum Causas inventa, & scientia rationalis Actuum Rationis directiva, qvae â Phantasiis, qvae videntur, & non sunt, liberat. Welche durch ein vernünfftiges Uberlegen / freundliches Gespräche / und Gegen-Gespräche / die Wahrheit von der Unwarheit zu unterscheiden weiset / das Verborgene erklähret / und das Dunkele hinweg nimmet. Eine Wissenschafft / nach welcher alle Actus, oder Wirkungen deß Verstandes müssen gerichtet werden. Sie lehret die Rede vernünfftig vorzubringen / Ein iedes nach seiner Art und Eigenschafft zu beschreiben / in sein Wesen zu zertheilen / und von allen einen vernünfftigen Schluß zu machen: Sie erforschet alle Dinge / und erweiset ihren Nutzen in allen Wissenschafften. Und gleichwie sich ein Werckmeister in Verfertigung der Arbeit nach Winck elhacken / und Bley-Gewichte richtet: Also geschiehet es auch allhier / denn durch Sie wird der äuserliche Fehler ersetzet / der Verstand erleuchtet / und der Zwerck zur Warheit getroffen. (Cicero l. 2. de finibus, & in orat. de Bruto.) Der Philosophus Zeno verglieche Sie einer zugemachten Faust / weil sie mit wenig Worten viel Wercke verrichtete / und man ihre Krafft / Tugend und Wirckung allenthalben verspührete. Uber dieses weiset sie / wie man alles Wesen in gewisse Capita fassen / solches ihren zehen Praedicamenten (Quintilianus l. 2. c. 21.) einverleiben / und die Genera, Species, Differentias, Propria und Accidentia, welche man auch Praedicabilia zu nennen pfleget / absondern / alsdenn sich dieselben in das Hertz fassen / deutlich ausprechen / auf unterschiedene Weise probiren / und in den Elenchis die verborgenen Sophistischen Griffe fassen und begreiffen solle. Der Erfinder dieser Kunst soll Prometheus gewesen seyn / welcher auch den Assyrern zu erst die Astrologie gelehret / und hätten solche die Götter Ihm durch ein helles Feuer vom Himmel geworffen: Es seynd aber vor andern Zeno, Democritus, Socrates, Euclides, Antisthenes, Chrysippus, Plato, Xenocrates, Carneades, Aristoteles, Theophrastus Philosophus, Strato, hierinne beruffen gewesen.
(in Bruto.) Wie nöthig sie nun denen Rednern / bezeuget Cicero, indem Er den Servium Sulpitium wegen dieser Kunst alleine dem Quinto Scaevolae vorziehet. Dahero als einsmahls auch Polyxenus, welcher Dialecticam lehrete / mit dem Tyrannen Dionysio discurrirete / und zu Ihm sagte: Siehe / ich habe dich nunmehro mit Worten überwunden! Antwortete dieser ihm spitzfündig: Und ich dich in der That. Denn als ich noch in deiner Information war / muste ich dir nachgeben / anietzo aber must du mir gehorchen / und thun / was ich dir befehle.
Von der Rhetorica.
ES ist kein Zweifel / daß diese edle Rede-Kunst nicht eine von denen ältesten sey. Cicero meldet / daß Sie müsse damahls / als man Städte gebaute / und gewisse Gesetze und Statuta zu geben verordnet / ihren Anfang genommen haben. Etliche schreiben die Erfindung der Rhetorica der Natur zu / als welche den Menschen lehrete / wie man recht reden / die Gedancken des Hertzens offenbahren / den Abriß der Rede mit rednerischen Farben / schönen Arten / klugen Sprüchen / und vernünfftigen Gleichnüssen abbilden / und bey der Dichter-Kunst das Ungebundene in (Aristoteles.) gebundene Reden bringen solle: Etliche der Polyhymniae, dem Mercu [151] rio, Dem Empedocli, Cadmo, und Cephalo. Etliche aber sagen / daß zu (Quintilianus.) erst dieselbe von zweyen Syracusanern / als dem Coriax, und Cresias in Sicilen gebracht / und die Vorrede / den Beschluß / und den Innhalt erdacht / hernacher durch Georgiam Leontinum zu Athen / und von dem AEschine zu Rhodis gelehret worden. Sie ist aber nichts anders / als eine Kunst und Wissenschafft von einer Sache / die man sich vorsetzet / zierlich zu reden / nicht daß man dadurch der Zuhörer Ohren mit lustigen Gethöne / sondern mit weisen Sprüchen / durchdringenden Worten / und zur Sache dienlichen Reden erfülle.
Hiernechst wird die Rhetorica in zwey Stücke getheilet / als in die Elocution oder Zierlichkeit der Rede / und in die Pronunciation oder Aussprechung derselben: Die Zierlichkeit der Rede bestehet in zierlichen Tropis, und schönen Figuren: Ein Tropus ist nichts anders / als eine künstliche Veränderung der Wörter und Reden: Der Tropen Arten aber sind diese / nämlich die Metonymia, Ironia, Metaphora, und Synecdoche, der Bey-Arten oder Geschlechter die Antonomasia, Onomatopoeia, Cathachresis, Metalepsis, Allegoria, Paraphrasis, Hyperbaton- und Hyperbole: Die Metonymia behält die Wörter in ihrem eigenen Verstande: Die Ironia redet von dem / wodurch man das Gegenspiel verstehet: Die Metaphora nimmt ein Wort von seiner eigenen Bedeutung / und setzet solches wegen der Gleichheit zu einem Anderen: Die Synecdoche verstehet ein Theil an Statt der gantzen Sache: Die Antonomasia nennet zwar nicht den Nahmen einer Persohn / gibt aber durch ihre Rede zu vernehmen / wer es sey: Die Onomatopoeia hat nichts anders / als einen erdichteten Nahmen von dem Klange: Die Catachresis bedienet sich harter Worte wider die eigentliche Bedeutung: Die Metalepsis führet eine solche Art zu reden bey sich / da man aus dem Vorhergehenden das Nachfolgende / oder das Vorhergehende aus dem Nachfolgenden vernimmet: Die Allegoria hat die Gewonheit / daß sie ein anders redet / und ein anders verstehet: Die Paraphrasis erkläret ihre Sachen mit reichen Worten: Die Hyperbaton vermischet ihre Worte durcheinander / und die Hyperbole macht entweder eine Sache zu groß oder zu klein. Wie nun die itzterzehlten und übrigen Tropi in einzelen Worten bestehen: Also geschehen auch die Figuren in vollständigen Reden: Dieser seynd zweyerley Arten entweder in Sprechen / oder in Sprüchen: Die Figuren im Sprechen erscheinen beydes an denen Eigenschafften / und dem Wesen der Rede: An den Eigenschafften / wenn entweder was mangelt / oder reichlich verhanden: An dem Wesen / wenn man unterschiedene Dinge erzehlet. Mit einem Worte / es stecken hinter dieser Rede-Kunst nichts als zierliche Compositiones, allerhand Causae, und qvaestiones, die man in genere deliberativo, demonstrativo, und judiciali vorbringet / und aus welchen generibus oder Geschlechten man die Species, und Partes zu einer Oration nimmt: Sie weiset dem Redner / wie er die Materien erfinden / die Eintheilung und Ordnung machen / sich der Elocut on, der Ausrede / des Gedächtnüsses / und der Aussprache bedienen: Wie man die Rede nach der Frage zu richten: Wie die Frage einzutheilen: Wie aus dieser die Ursachen entstehen: Wieviel Gestalt derselben: Wie sie zu unterscheiden: Wie man den Anfang einer Oration stellen: Wie man eine Sache nach ihrer Art zierlich erzehlen: Wie man sie mit allerhand Gründen bestättigen: Wie man die Einrede des Gegentheils widerlegen / und endlich alles das Jenige / was man gesagt / mit einer kurtzen Wiederho [152] lung beschliessen solle. Aus diesen und dergleichen Tropis und Figuren entstehet dahero deroselben Kunst und Tugend / dadurch sie die Gemüther beweget / die Hertzen erweichet / die Traurigen tröstet / die Aufrührischen bändiget / die Zornigen stillet / die Begierigen hemmet / und die Gedanken der Menschen zur Billigkeit bringet. Gleichwie aber diese Kunst ohne eines tapfferen Redners Zuthuung gleichsam verschlossen lieget: Also sind Ihrer unterschiedene gewesen / die entweder Dieselbe gelehret / oder von Ihr geschrieben / als: Socrates, Isocrates, Aristoteles, Thrasimachus, Theodectus, Amphicrates, Lucius Plotius, Epidius, Apollodorus, Marcus Portius, Qvintilianus, Aristocles, Polemon, Hermogenes, Aristides, und andere. Als eines Tags Diogenes Cynicus über eine wichtige Sache eine Oration hielte / und niemand sonderliches sich hierzu einstellete / fieng er überlaut an einen lustigen Gesang zu singen. Wie nun Ihrer viel herzulieffen / bestraffte er dieselben mit diesen Worten / und sagte: Sie sollten nunmehro bey sich erwegen / was für eine närrische und thörichte Sache doch dieses wäre / daß man sich nach solchen nichtswürdigen Dingen so dränge / und hingegen das Gute / was zu dem menschlichen Wohlstande / Ehre und Aufnehmen gereichte / unterliesse? Von dem Deucalion dichtet man / daß er aus Steinen Menschen gemacht / welches nicht anders erkläret (Valerius lib. 8.) werden kan / als daß er durch seine geschickte Rede die ersten Menschen zu einem erbahren Leben und Wandel geleitet und angeführet: Pisistratus brachte es durch seine Beredtsamkeit so weit / daß Ihm die Athenienser (Plutarchus in ejus vitâ.) auch die Regierung auftrugen. Der berühmte Pericles warff durch solche denen zu Athen das Joch der Dienstbarkeit an den Hals / und der tapfere Epaminondas richtete damit mehr / als mit den Waffen aus. Denn nachdem (Valerius Max. l. 8. c. 9.) Er auf einem Concilio den Griechen viel von der Lacedaemonier Ungerechtigkeit / Tyranney / und Gewaltsamkeit erzehlet / nahm Er deroselben Gemüther dermassen ein / daß sie balb darauf von den Lacedaemoniern abfielen / ihnen bey der Stadt Leuctra in Boeotien eine Schlacht (Petrarcha.) lieferten / und dieselben zur Flucht brachten. Als die Athenienser ihren Feld-Herrn den Thucydidem in das Exilium vertrieben / schrieb er daselbst eine solche künstliche Tragoedie / daß / sobald man sie gelesen / Er mit allgemeiner Bewilligung des Volcks wieder in sein Vaterland beruffen wurde. (Plutarehus in Demosth.) Des Demosthenis Beredsamkeit war so groß / daß er die Griechen bald zum Kriege / bald zum Friede / bald zum Bündnüssen / bald wieder zum Kriege beredete. Gorgias Leontinus ward wegen dieser so hoch geachtet / daß man Ihm nicht allein zu Delphis gleich Andern eine vergüldete / sondern auch gantz güldene Statuam vergönnete / gestalt dann auch die Athenienser umb des willen dem Demostheni, als er in Calauriâ starb / ein ehernes Bildnüs aufrichteten.
Keyser Tiberius hielte den Redner Palaemonem Mitylenaeum so werth / daß er unter andern auch / als er wieder in sein Vatterland kehrete / diese Worte in seinen Paß setzen liesse: Der Jenige / welcher sich an dem Palaemon vergreiffen würde / solte so viel begangen haben / als wenn Er dem Keyser den Krieg selbsten angekündiget hätte. Keyser Trajanus ließ den Redner Titum Castritium offters auf seiner Carrete herumbführen. Da man den Demosthenem fragte / was die Rhetorica zu thun vermöchte / gab er zur Antwort: Sie könte verwegene Menschen wieder zurechte bringen. Es ist ein grosses / wenn der Mensch reden kan / ein noch (Birond??? de Roura Tirumph.) viel grösseres aber / wenn er wohl beredt ist. Der Römische Senat schickte zu dem Könige Pyrrho anderer gestalt keine Gesandten / als daß Pyrrhus [153] mit denenselben durch die Dritte Person reden muste. Denn weil Pyrrhus ein kühner Held / und zugleich ein zierlicher Redner / so nahm er die Gesandten demassen ein / daß wenn die Römer vermeineten / es hätten die Ihrigen was fruchtbarliches verrichtet / so redeten sie an Statt dessen dem Pyrrho sein Wort. Es ist nicht ein geringes / wann Potentaten sich dieser befleissigen: Denn Ihr viel haben die Crone / und den Scepter nicht durch blutige Schlachten / noch durch ihr Adeliches Herkommen / und altes Geschlechte / sondern durch die Weißheit und Beredsamkeit ihrer eigenen Person überkommen. Julius Caesar hielte in dem sechs-zehenden Jahre seiner verstorbenen Baase der Corneliae zu Ehren eine solche zierliche Leichen-Rede / daß männiglich daraus urtheilete / wie er wegen seiner fertigen Zunge bald für Andern herfürgezogen werden würde. Marcus Aurelius war vom schlechten Herkommen / seine erlernten Künste und Beredsamkeit aber / brachte ihn dahin / daß ihm Keyser Antoninus Pius seine Tochter / die Faustina, zur Gemahlin gab / und Er mit derselben das Keyserthumb erlangete. Es ist eine eitele Sache / wenn man sich im Fechten / und Ringen / in Reiten / und Thurnieren keck und kühne erweiset / und dabey / das zu seiner und des gemeinen Wesens Nutzen / auch was Einem zu reden gehörig / hinten ansetzet. Keyser Caligula war wegen seines bösen Lebens so ungeschickt / und übelberedt / daß iederzeit einer in dem Römischen Senat für Ihm reden muste / als er aber hingerichtet / schrieb man dieses auf sein Grab: Hier liegt Caligula, welcher umb deß willen umbgebracht / weil er von Jugend auf nichts kluges verübet / und voller Laster gestecket. Man siehet täglich / wie die / so von schlechter Geburt / wegen ihrer Wissenschafften erhöhet / und hingegen die / welche der Eltern rühmlichen Nahmen ererbet / aus Mangel derselbigen erniedriget werden. Die Jenigen / so man heutiges Tages Oratores oder Redner heisset / nennete (Plinius.) man vor Alters Actores Causarum, welche solche Leute / die nicht allein in der Philosophie, sondern auch in anderen Sachen geschickt und (Putilius Polybius.) erfahren seyn musten. Als einsmahls die drey Redner Carneades, Diogenes, und Critolanus von Athen gen Rom geschickt worden / hat sich der Rath / und die Bürgerschafft über eines ieden Art zu reden verwundert: Denn Carneades führte eine hefftige / Critolanus eine ansehnliche / und (Cicero Lucius Crassus de Oratore.) Diogenes eine glimpfliche und sittsame Art zu reden. Die Beschaffenheiten eines Redners sind unter andern auch diese: daß er aufrichtig gelehrt / erfahren / und in Reden wohl geübt: daß er wisse die Billigkeit der Unbilligkeit / die Erbarkeit der Unerbarkeit / die Barmherzigkeit der Unbarmherzigkeit / die Gedult der Ungedult / die Aufrichtigkeit der Boßheit / die Großmüthigkeit der Furcht / un̅ die Mässigkeit der Uppigkeit mit Exempeln / Gleichnüssen / Lehren / und sinnreichen Sprüchen vorzuziehen / und also einem ieden das Jenige / was ihm nicht wohl anständig / verblühmter (Cornelius Tacitus. Homerus.) Weise beyzubringen. Die Beredsamkeit aber ist eine solche Gewalt / durch die man alles erhält / und ein Schild und Schwerd / das alle Schläge des Gegeners abtreibet. Durch Sie empfieng Amphion die Cyther von dem Mercurio: Durch Sie wurde Orpheus des Apollinis Sohn genannt / und durch sie ward Gallus von den Musen auf den Berg Parnassum geführet: Sie ist die / so die Jugend erhält / das Alter erfreuet / die Wohlfarth befördert / und alle Hindernüsse aus dem Wege räumet: Wie nun die Vernunfft / und die Rede mit einander in der grösten Vewandschafft stehen: Aso ist auch billich / daß weder die Vernunfft / noch die Rede zu schädlichen noch zu unnützen Dingen angewendet werde: Der [154] Natur ihre Weißheit pfleget schwehr zu seyn / viel schwehrer ist die Wohlredenheit. Denn zu ihr gehöret ein fähiger Verstand / fertiges Gedächtnüs / kluge Erfindung / zierliche Ordnung / geschickte Austheilung / und liebliche Aussprechung.
Die Wohlredenheit ist eine von den schönsten Gaben GOttes: Sie ist die / so in der Schönheit der Tugend / in der Tapferkeit der Helden / uud in der Majestät der Könige einhergehet: Sie ist die / so die subtilsten Erfindungen / die prächtigsten Reden / und die klügesten Sprüche herfürbringet: Sie erweiset sich in geringen Sachen geringe / und in leichten mittelmässig; Wer Ihrer wahrnimmet / der glaubet / was Er zuvor nicht gedacht / und liebet / was er zuvor geschaffet: Die Erfahrenheit bezeuget es / daß die vornehmsten Leute mehr mit den Lippen / als dem Schwerdte ausgerichtet / ja sie ist so weit gerathen / daß sie zu denen ansehnlichsten Bottschafften / zu denen wichtigsten Berathschlagungen / und zu denen schärffsten Gerichten gebrauchet wird. Es seynd zwey Mittel / wodurch man sich herfürzubringen vermag: Eines ist die Anmuthigkeit der Zunge / und das Andere die Strenge der Waffen / wenn sie aber beyde vereinbahret / so siehet man mit Verwunderung / wie durch sie alles ermuntert und aufgeweckt / die Aufrührischen erschrecket / die Erschrockenen erfreuet / und die Betrübten getröstet werden.
Sobald als dort Demosthenes zum Kriege riethe / so erklungen die Waffen / sobald er aber zum Frieden inclinirte / da wurde der Eyd bestättiget / die Versicherungen bekräfftiget / und die Bündnüsse bey den Altaren beschwohren. Weil derohalben diese Kunst iederzeit die freudigsten Völcker beherrschet / die Rathschläge regieret / die Kriege geführet / die Bottschafften bestellet / die Gesetze verschaffet / die Gerichte besessen / das Böse gestraffet / und das Gute belohnet: So ist nöthig / daß sie von Grossen und Kleinen erlernet / und als ein edles Kleinod besessen werden möge.
Von der Musica.
ES wird die Musica nicht unbillig etlichen anderen Künsten vorgezogen. (Erasmus l. 3. Apophtheg.) Denn wie die Bewegung dem Leibe ersprießlich: Also ergötzet auch diese das Gemüthe. Dahero als Socrates sich mitten unter den Knaben auf dem Saiten-Spiel übete / und Ihn etliche deßhalben bestrafften / sagte er: Es ist keine Schande das jenige zu lernen / was man zuvor nicht gewust. Keyser Nero war ein Liebhaber dieser Kunst / und als Er von seinen Mathematicis verstunde / daß er noch der Regierung entsetzet werden würde / fuhr er mit diesen Worten heraus: Artem qvaevis Terra alit: Wer was gelernet / der kömmt allenthalben fort. Denn wie der Magnet das Eisen an sich ziehet; Also auch die Music: Sie bestehet von gewissen Instrumenten, versetzt Melodien in Noten / legt den Text vor / uud stimmet entweder mit Einer / oder viel Stimmen zusammen. Ihre Instrumenta, oder Werckzeuge / seynd solche Spiele / welche klingen / wenn sie berühret / geschlagen / oder geblasen werden / als die Heer-Paucken / Cymbeln / Harffen / Clavicordia, Citharen / Lauten / Violen / Pfeiffen / Flöthen / Schalmeyen / Zincken / Trompeten / Posaunen und Orgeln. Ihre Erfinder seynd / wie obgedacht / unterschiedene. Apollo und Mercurius gebrauchte sich zu erst der Cithara: Pan der Flöthen: Ibycus Rhegius der Sambuca, oder eines Instruments von drey unglei [155] chen Saiten: Marsyas der Pfeiffen: Cybele der Cymbeln: Archytas der Klapper: und Epigeneus eines von vierzig Saiten: Der Pfeiffen hatten man unterschiedliche: Etliche / als der Thebaner, waren aus Hirschläufften: Etliche / als der Scythen / ans Adlers- und Geyers-Beinen: Etliche / als der Aegyptier / aus Rohr: Etliche aber aus Schilff / Flachs / und Wachs gemacht. Der Trompeten / Hörner und Paucken / gebrauchte man Sich / gleichwie wir / im Kriege: Die jenigen Instrumenta Musica aber / welche man zum Schlagen gemacht / waren die Lyra, Cithara, Psalterium, Barbiton, Clepsiambus, Spadix, Phoenix, Lyrophoenicium, Scindapsus, Hypospadius, Epigoneum, und andere / und wurden die jenigen / so in dergleichen erfahren / Fidicines, Panduri Tibicines, Fistulicines, Cicuticines, Psalmicines, Citharoedi, Citharistae, Lyristae, Choraulae, und Tympanistae geheissen.
Ihren Nutzen findet man nicht allein in kurtzweiligen / sondern auch ernsthafften Dingen / also / daß die Gemüther durch deroselben Harmonie und Zusammenstimmung wunderbarlich erhalten und belustiget werden. Dannenhero Plato gäntzlich dafür hielte / daß auch die Menschliche Seele von dem himmlischen Werck-Meister harmonicè erschaffen. Unter andern nennete man sie eine Vocal-Music: Diese zu lernen befohlen die (AElianus l. 2. de var. Histor.) Cretenser fleissig ihren Kindern / damit daraus eine Ergetzlichkeit empfinden / und ihr Gedächtnüs dadurch zu andern Künsten desto geschickter machen möchten. Wenn die Athenienser ihre Feinde angreiffen wollten / (Alexander ab Alex. l. 4. c. 7.) sungen sie vorhero dem Jupiter zu Ehren etliche Lob-Gesänge: Deßgleichen thaten auch die Griechen bey angehenden Treffen dem Marti, und nach vollendetem Kriege dem Apollini: Terpander stillete durch die Lieblichkeit (Plutarchus de Musica.) der Music der Lacedaemonier Aufstand / und der Kunst-reiche Timotheus brachte an deß Alexandri Magni Tafel mit seinem Gesange / und Melodey so viel zu wege / daß der König hierüber gleichsam rasende nach den Waffen grieffe / sobald aber der Gesang aus / so hörete auch des Königes Zorn auf: Der Perser König Cyrus ließ / damit der Feinde wildes Geschrey die Soldaten nicht erschreckte / und durch solche Furcht unversehens in deroselben Hände fielen / dem Castor und Pollux zu Ehren Gesänge singen: Sobald als die (Olaus l. 15. c. 29.) Lydier in Krieg zogen / griffen sie nach ihren Schallmeyen und Pfeiffen: Von dem Orpheo dichtet man / daß durch seinen Gesang er die dickesten Wälder / die härtesten Felsen / und grausamsten Thiere / das ist / die gröbsten / und unvernünfftigsten Menschen an sich gezogen / und zu einem erbahren Leben / und Wandel angewiesen: Als die Tyrrhenischen Schiff-Leute den Bacchum über das Meer führeten / und Jhn wegen der verhofften Beute zu ersäuffen beschlossen / Er aber solches merckete / befahl er denen Seinigen / alsbald die Music vor die Hand zu nehmen / woran sich die Tyrrhener dermassen belustigten / daß sie zu tanzen anfiengen / für Wollust sich in das Meer warffen / und darüber des mördlichen Vorsatzes vergassen. Die meisten Barbaren verrichteten ihre Gesandschafften / wenn sie vom Friede handelten / mit Pfeiffen und Citharen / (lib. 8. Polit.) wodurch sie der Feinde Gemüther zu erweichen vermeineten. Der Weltweise Aristoteles befahl / daß man in der Jugend die Music lernen / sollte / damit man im Alter beides davon urtheilen / und auch sich davon ergetzen kön̅te. Wie nun alles was in der Welt lebet / seine Verfolger und Neider: Also finden sich ihrer Etliche / so Diese verkleinern. Der Weise Cato wollte Sie gäntzlich verwiesen wissen: Die AEgyptier hielten Sie für ihre Jugend zu zärtlich / und der Athenienser Feldherr Alcibiades achtete sie so [156] unwerth: daß auch kein Freygelassener dieselbe begreiffen durffte. Und nachdem man auch in Gegenwart des erfahrnen Antisthenis einen zierlichen Flöten-Spieler umb des willen lobete / schüttelte derselbe den Kopff / und sagte: Es mus gewiß dieser ein liederlicher Tropff seyn / weiln er sonst nichts ehrlichers gelernet. Dieses alles aber ist nichts anders / als eine grobe Unwissenheit. Denn ein anders ist / wenn man Krieg / die häußliche Sorge / und andere gute Wissenschafften mit Verlust des gemeinen Wesens Vorsorge / der Ehre / Hoheit / und der Nahrung an den Nagel henget / und derselben ohne seiner Profession stets oblieget.
Das Feuer hält in sich den grösten Nutzen / wenn man aber dasselbe wegen seiner Klarheit küssen wollte / würde man sich darüber das Maul verbrennen. Eine Linie ist eine von den geradesten / wornach aller Grund geleget werden muß / wofern man sie aber nicht gerade ziehet / so wird Sie krumm: Also ergehet es auch denen / die daraus eine Wollust machen / und dabey ihre Geschäffte hinten ansetzen: Die Music an sich selbst ist nicht verächtlich: Und weil sie die Gemüther der Menschen zu viel wichtigen Dingen capabler und geschickt machet: So ist sie löblich / ihr Mißbrauch verwerfflich / und das dadurch gegebene Aergernüs verdammlich.
Von der Geometriâ.
DIe Geometria oder Feldmesse-Kunst / gehet mit nichts als Messen umb: Sie betrachtet die Linien / und Lineamenta, die Formas, die Spatia, des Corporis Grösse / das Gewichte / und die Maaß: Sie misset ab die Höhe eines Thurms / die distanz und Weite der Oerther mit dem quadrat, oder Meß-Stabe. Sie zeichnet mit Linien, Winckeln / Creyß und Rund-Zügen nach dem Linial, Winckel-Masse und Circuln gewisse Dinge ab / und bestehet in stracken und unstracken Linien: Man theilet sie zweyerley Species, in eine gerade / krumme / oder beugende Linie: zur geraden Lineâ gehöret die perpendicularis, die Parallelen, der Angulus rectus, acutus, und obtusus, der Winckel / oder die Ecke / die Superficies, die Fläche und Breite mit allen ihren Arten / deßgleichen die Figur mit dem gleichen und ungleichen Circul / mit dem Centro, mit dem Umbkreisse des Circuls / und mit dem halben Circul. Nebenst der Figur ist auch ihr Terminus das jenige / was äusserlich ist / und gehöret gleicher Gestalt die Pyramis, der Triangel, der Gevierte / der Gefünffte und der Gesechste darzu. Zur andern Specie der Geometriae kömmt der Meß-Staab / der Quadrant, die Bleywage / das Richt-Scheid / die Richt-Schnure / das Winckel-Eisen / der Jacobs-Stab / und die Meß-Ruthe. Durch die Altimetriâ misset man die Höhe / durch die Planimetriâ die Länge und Breite / und durch die Stereometriâ die Breite / Länge und Tieffe aus. Man hält dafür / daß die Land-Messung erstlich die Aegyptier erfunden. (Caelius Rhod. l. 18. c. 34.) Denn nachdem bey Jhnen sich der Fluß Nilus dermassen ergossen / daß er fast iedesmahl der Einwohner Grentz-Zeichen mit hinweggerissen / hätte man zu Verhütung der Unterthanen Zwistigkeit das Land ausmessen / Einem Jeden sein Theil zutheilen / und aus Noth diese herrliche Kunst erfinden müssen. Wie sie nun nach des gelehrten Philonis-Meinung eine Mutter vieler Wissenschafften / ohne welche die Mathematica blind / die Architectur ein Kind / und die Cosmographia für Todt zu schätzen: Also hat man sie bald Anfangs in der Welt aufgesuchet / mit grosser Begierde angenommen / und sie gleichfalls bis an den Himmel erhoben. Plato ließ wegen Jhrer folgende Worte über sein Auditorium [157] schreiben: Nullus Ignarus Geometriae ingrediatur. Ich begehre keinen in der Geometriâ Unerfahrnen in meinem Auditorio zu sehen. Der berühmte Archimedes war dieser Kunst also ergeben / daß / als Er einsmahls badete / Er aus Begierde zur selben sich mit Oel bestriche / und den (Plinius l. 2. c. 67.) Leib mit Figuren bezeichnete. Dicearchus ein Sicilianer unterstund sich die höchsten Berge abzumessen / und befand durch die Bleywage / daß der Berg Pelion in Thessalien 1250. Schritte hoch. Scylax, so aus der Stadt Cariandra bürtig / maaß den Begrieff des Meeres ausserhalb (Svidas apud Volaterran.) des Herculis Seulen aus. Von den Egyptiern wurde keiner zu den Priesterlichen Ambte benennet / noch von den Lacedaemoniern zur Regierung erkieset / viel weniger zu einem Könige in Persien erwehlet / wofern er nicht die Arithmeticam und Geometriam verstunde.
Nun dann dieselbe eine solche Wissenschafft / wodurch der Verstand zur Philosophie zubereitet / die Schlacht-Ordnung gestellet / die Läger geschlagen / die Hauffen zertheilet / die Grenzen durchmessen / die Hügel umwogen / die Eintracht erhalten / und gleichsam alle die jenigen Dinge / wegen ihrer Grösse nicht wohl zu betrachten / aus der Höhe herunter gezogen werden. So haben sich tapfere Ingenia Jhrer theilhafftig zu machen genugsahme Ursache.
Von der Astronomia.
DIe Astronomia, oder die Wissenschafft des Himmels-Lauffes / ist (Diodoru??? Siculus) nichts anders / als eine Betrachtung des Gestirns. Jhrer viel sind ungleicher Meinung / wer dieselbe erfunden. Etliche wollen behaupten / daß ihre Erfinder die Babylonier und Chaldae er / Etliche die alten Aegyptier: Etliche König Belus: Etliche die Phoenicier, und Etliche (Isidorus l. 2. Etymol. Plinius l. 6. c. 26.) die Mohren gewesen: Es hat aber solche durch das Liecht / durch die Bewegung / und durch die Influenz in denen Dingen / welche unter ihr sind / ihre Wirckung. Alles / was da lebet / und eine Empfindlichkeit hat / ist (Galenus.) gleichsam an die Planeten und himmlische Zeichen gebunden / und ihrer influenz unterworffen / gestalt denn auch alle Kranckheiten und (Isidorus.) Gebrechen aus der Bewegung / und Veränderung des Gestirns entstehen. Es ist aber zwischen der Astronomiâ und Astrologiâ ein Unterscheid. Die Astronomia ist die Theoria, so sich durch den gantzen Himmel erstrecket / und redet von ihren Sphaeris, oder Circulis, von der Gelegenheit / und Bewegung derselben / wie eine höher / als die andere stehe / als auff die erste Sphaera, oder Himmel des Mondens / folget die andere Sphaera des Mercurii, auf des Mercurii die dritte Sphaera der Veneri???, auff der Veneris die vierdte Sphaera der Sonnen / auf der Sonnen die fünffte Sphaera deß Martis, auf des Martis die sechste Sphaera des Jovis, auf des Jovis, die siebende Sphaera des Saturni, auf des Saturni die achte Sphaera des gestirneten Himmels / oder des Firmaments / auf des Firmaments die neunte Sphaera des Crystallinen Himmels / auf deß Crystallinen Himmels die zehende / als die äuserste Bewegung / so alle Sphaeren mit sich herumbwirfft / und denn der Himmel aller Heiligen GOTTES. Und ob zwar niemand dahin gestiegen / so haben doch von Anfang der Welt die Ertz-Väter / und nach diesen die Orientalischen Magi, oder Welt-Weisen / und auch andere Gelehrten dieses genau beobachtet / daß der Himmel / und auch andere Gelehrten dieses genau beobachtet / daß der Himmel unterschiedene Bewegungen haben / und in etliche Theile eingetheilet seyn müsse.
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Das Primum Mobile, oder die äusserste Bewegung des Himmels erstrecket sich von Aufgang gegen Niedergang / laufft innerhald 24. Stunden Circul-rund umb die Welt / und treibet zugleich nicht allein die anderen Himmel / so unter Jhr sind / sondern auch ein gutes Theil der Elementarischen Region mit sich / herumb / also daß vermittelst dieses umblauffenden Himmels die Sonne / der Mond / und die Sternen auf- und niedergehen / und beydes Tag und Nacht machen. Der neunte Himmel fasset seine natürliche Bewegung / oder Lauff vom Untergange gegen Aufgang / tritt dem Lauff des zehenden Himmels qver-über entgegen hat seine eigene Polos, oder Axen, und ist von den Alten / welche nur neum Sphaeren zu nennen gewust / wegen seiner langsamen Bewegung nicht wahrgenommen worden. Des achten / oder des gestirnten Himmels Bewegung erstrecket sich vom Mitternacht gegen Mittag / und von Mittag bis wieder gegen Mitternacht: Man nennet Jhn Accessum, & Recessum Motuum, der seinen Lauff innerhalb 7000. Jahren vollenden solle. Der siebende Himmel nimmet seinen Lauff mit den andern Planeten von Abend gegen Morgen unter dem Zodiaco der achten Sphaerae: Die Stellae Fixae, oder Fix-Sternen / so an dem achten Himmel stehen / siehet man augenscheinlich: Sie haben ihren gewissen Gang in ihren Circeln / und sollen alle Minuten 33000. Meilweges in ihrer Ordnung fortstreichen. Und weil diese unzehlbar / so haben die Astronomi hiervon 1022. Sternen ausgelesen / rechnen dieselben in acht und vierzig Imagines, oder Asterismos, und setzen ihrer zwölffe / als den Widder / den Stier / die Zwillinge / den Krebs / den Löwen / die Jungfrau / die Wage / den Scorpion / den Schützen / den Steinbock / den Wassermann / und die Fische / in den Zodiacum, oder Thier-Creyß.
Diese zwölff himmlische Zeichen begreiffen drey hundert sechs und vierzig Sternen in sich / darvon ihrer fünffe primae Magnitudinis, neune secundae / sechs und vierzig tertiae, hundert drey und dreyssig quartae, hundert und fünff qvintae, sieben und zwanzig sextae, und drey nebulosae sind. Nechst diesen setzen sie 21. Imagines nach Mitternacht / als den kleinen Beer / den grossen Beer / den Drachen / die Leyer / die Henne / die Cassiopaeam, den Perseum Heniochum, Opiochum, des Opiochi Schlange / den Pfeil / den Adler / den Delphin, Eqvisectio, Pegasum, Andromedam, und Triangulum, welche 360. Sternen in sich halten / als da sind drey primae Magnitudinis, achtzehen secundae, ein und achtzich tertiae, 177. quartae, acht und funffzig quintae, dreyzehen sextae, neun obscurae und eilff nebulosae.
Ferner so setzen sie auch funffzehen Asterismos gegen Mittagswerts / welche man nennet den Wallfisch / den Orion, den Eridanum, den Hasen / den grossen Hund / den kleinen Hund / das Schiff / die Wasser-Schlange / den Becher / den Raben / den Centaurum, den Wolff / das Altar die Coronam austrinam und Piscem austrinum. Diese Imagines umbfassen 315. Sternen / als 7. Primae Magnitudinis, 18. secundae, 64. tertiae, 164. qvartae, 54. qvintae, 9. sextae, und 11. nebulosae, also / daß die 48. Imagines zusammen 1022. Sternen austragen. Die Sternen des achten Himmels nun werden in sechs Classes, oder Ordnungen Sternen / so 107 11/46 mahl / in die andere 46. Sterne / so 90 7/8 mahl / in die Dritte 208. Sternen / so 70 7/8 mahl / in die Vierte 474. Sternen / so 54. mahl / in die fünffte [159] zweyhundert und siebenzehn Sternen / so 35. mahl / und in die sechste 49. Sterne / so achzehn mahl grösser / als der Erddoden seyn sollen. Diese Sternen sind nichts anders / als edle Creaturen / dicke und Kugel-rund / von der Materia seiner Sphae hellglänzend / klar / und durchscheinend zusammengehefftet. Die Alten theilten den Zodiacum, in welchem die Planeten ihren Lauff haben / in zwölff gleiche Theile / nenneten ein iedes nach desselben Natur und Eigenschafft / als den Wieder / Löwen / und Schützen / das feurige: Den Stier / die Jungfrau / und den Steinbock / das irrdische: Die Zwillinge / die Wage / und den Wassermann das lufftige: Den Krebs / Scorpion / und die Fische aber das wässerichte Zeichen / und hielten dafür / daß / wenn der vornehmsten Planeten einer sich in solche Zeichen begäbe / welches seiner Natur gemäß wäre / sich alsdann auch das Gewitter darnach zu achten pflege. Wer weiter wissen will / wie der Zodiacus in 28. Mansiones oder Theile abgesondert / was bewegliche Zeichen / was von den Judiciis, Exaltationibus, Accidentalibus, Dignitatibus, Debilitatibus, Configurationibus, und natürlichen Wirckungen der Planeten zu halten sey / der hat solches bey den Astronomis nacht stirne aber ist gleichsam der Astronomie Schwester / und ihre Praxis: Sie zeiget die Bewegung des Himmels / und der Sterne / auch ihre Wirckung in Veränderung der Zeit und urtheilet zuweilen der Natur nach zukünfftige (l. 2. de Substantiâ Orbis.) Dinge. Averroës lobet diese Wissenschafft gar hoch / und sagt / daß die himmlischen Cörper die Hitze und Truckenheit / Etliche derselben die Kälte und Feuchte verursachten / und die Sternen nicht allein ihre Wirkung (Plato in Timaeo.) vor sich / sondern auch in einer irrdischen Sache hätten. Nichts geschiehet in der untern Welt / das nicht von oben seinen Anfang / und durch (Boëtius.) die him̅lischen Ursachen veranlasset wird. Gott / als der dieses schöne Welt-Gebäude mit solcher Vortrefflichkeit ausgeputzet / und so herrlichen erweitert / herschet zwar über alles allein / damit aber das / was da geschehen solle / in das Werck gerichtet werde / so lässt er von dem Obersten das Unterste verwalten / das ist / der höchste Schöpfer des Himmels regieret durch die obersten Creaturen die Untersten / und alles was aus dem Erdboden lebt / das muß seine Krafft und Wirckung von dem Him̅el empfangen: Jhre Cörper sind eine Ursache aller Enderungen / und die Sternen haben nicht allein ihre Wirkung in den Elementen, sondern auch in denen jenigen Dingen / welche leben und einen Verstand in sich haben. Jhr Nutzen ist sichtbar / den̅ er weiset / wen̅ es Zeit zu erndten / zu säen / zu pfropfen / und zu pflanzen / wenn sich Seuchen und Kranckheiten ereignen / und wenn Frost / Hitze / Kälte / Regen / Wind / Schnee und Ungewitter entstehen will. Was anbelanget die Astrologiam judiciariam, so gründet dieselbe ihre Weissagung auf die zwölf Himmlischen Zeichen oder Häuser / welche man in Vier Eigenschafften / als in die lufftige / wässerichte / irrdische / und feurige theilet / und nimmt an den Planeten die Häuser worinne sie sich befinden / ihre Erhöhung / ihre Natur / ihre Eigenschafft / und ihre Aspecten in acht. Und gleichwie die Astronomia an sich selbst mit der Betrachtung der Sternen / und ihrem Lauffe / mit der Grösse / der Höhe / den Aspecten, und dahero erfolgenden Eigenschafften umbgehet: Also sondert sich hingegen die Astrologia von Jener abe / durchsuchet die Wirckungen in unterirrdischen Dingen / urtheilet von der Menschen Sitten / und Zuneigungen / leget die Bedeutung der Conjunctionum, und der Planeten Aspecten aus / erklähret die Disposition der Fixsternen / die Figuren [160] der Nativitäten / die Schwachheit der Planeten in den 12. himmlischen Zeichen des Zodiaci, die Directiones der Häuser / und deroselben Tafeln / und belustiget also mit ihrer Subtilität die guten Ingenia. Es ist aber nicht ohne / daß die Zeichen eine Zueignung über die Menschlichen Händel erwecken; Alleine / wenn man Sich vom Glücke / und Unglücke / von seltzamen Fällen / von künfftigen Begebenheiten / von Geburts-Stunden der Menschen / von dessen Affecten, und dergleichen unfehlbar zu schreiben unterstehet / dieser Kunst zu viel beymisset / und nicht bey dem Ziele bleibet; so fällt man durch solche Unterfangung in allerhand Thorheit / und heist alsdann: Solus Sapiens dominabitur Astris; Stultorum autem infinitus est Numerus: Der jenige / welcher hiervon bescheidentlich / und mit Vernunfft zu reden weiß / der herrschet alleine über das Gestirne / und Ein anderer / der Sich hierinne noch so (Gellius lib. 14.) klug seyn düncket / wird darüber zum Narren. Denn es weissaget die Astrologia Einem etwas gutes oder böses: Ist es was gutes / und erfolget nicht in der That / so wird man durch vergebliche Hoffnung betrogen / und ungedultig: Ist es was böses / so währet die Furcht bis der Ausgang ein anders beweiset; Trifft es aber / gesetzt / alles beydes ein / und Sie deutet vorhero etwas böses / so ist man theils wegen der vorhergehenden Furcht / theils wegen des darauf erfolgenden Schadens doppelt unglücklich / deutet Sie aber etwas Gutes / und erfolgt auch letzlich / so ist die Freude wegen der bißhero gehabten Hoffnung bey weitem nicht so annehmlich / als die / welche unverhofft geschicht.
L. Vom Jove.
(Plutarch???.) MAn findet hin und wieder / daß auch Menschen von unvernünfftigen Thieren und Bestien sind ernehret worden Denn von dem weisen Platone schreibet man / daß / als Er noch in der Wiege gelegen / uud geschlaffen / ihm die Bienen Honig in seinen Mund getragen / von welchem die Weissager diese Deutung gemacht / daß er mit der Zeit einen herrlichen und berühmten Redner abgeben werde / deßgleichen lieset man auch / daß sich in deß Heil. Ambrosii Kindheit die Bienen offtermahls auf seinen Mund gesetzet / und demselben nicht den geringsten Schaden zugefüget; Gestalt denn auch in der Jugend auf des berühmten Poetens (Plin. l. 10. c. 29. Cic. lib. 1. de divinatione.) Stesichori Munde eine Nachtigal gesungen haben solle. Da eines Tages König Midas, als ein Knabe / lag und schlieff / trugen Ihm die Ameissen Weitzen in den Mund / welches die Wahrsager also auslegten / daß er der Reichste in der Welt werden würde.
(Sidonius.) Nachdem der Perser König Cyrus auf Befehl seines Groß-Vattern des Astyagis, und Remus und Romulus auff ihres Groß-Vatters des Amulii Geheiß hinweggeleget wurden / ernehrete den ersten eine Hindin / und die anderen zweene eine Wölffin. Die Penelope ward von ihren Eltern dem Icaro, und der Mutter Periboea in das Meer geworffen / und von den Vögeln / welche man Penelopes nennet / ernehret / und dahero den Nahmen Arnea bekommen. Gleichwie aber nebenst diesen auch von den Poeten vorgegeben / es sollte Paris des Trojanischen Königes Priami Sohn von einer Bährin / der Riese Cyclops von einer Wölffin / der Held Telephus des Herculis Sohn von einer Hindin / und Camilla der Volscer Königin von einer Stutte gesäuget
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worden sey. Also sagt man auch daß Jupiter von einer Ziege / oder / wie Pontanus vorgiebet / von der Amalthea, und Melissa in der Kindheit (lib. 3. AEneid.) durch der Ziegen ihre Milch erzogen worden seye. Virgilius gedencket / daß Er in der Insul Creta / welche hundert wichtige Städte in sich / gebohren: Man heiligte Ihm unter andern Oerthern den Pyreischen Port in der Landschafft Atticâ, den Berg Homole in Thessalien / und verehrete denselben zugleich auch auf dem Berge Idâ in Lybien / allwo sein Oraculum anzutreffen / und in der Stadt Elide, allda man Ihm zu Ehren alle fünff Jahre die Olympischen Schau-Spiele mit grosser Solennität und Pracht anstellete.
Die Olympischen Schau-Spiele aber waren nichts anders als (Olympische Spiele. Pausanias.) Certamina, oder Kämpfe / welche man von Zeiten zu Zeiten entweder veränderte / oder etwas hinzusetzte. Denn ausser denen grossen Menschen ließ man auch die Knaben beydes zu Wagen und Pferde zu / und erwehlete zu einem ieden Kampffe gewisse Richter / nach deren Gutachten man die Belohnung austheilete. Hernach verordnete man grössere Waffen / darmit man sich derselben auch im Fall der Noth im Kriege bedienen könte / in welchem Streite oder Kampfe der Demarathus Heraeensis den besten Sieg eines Tages darvon trug; Daß man aber gewaffnet einher gienge / erhellet aus denen darbey mit vorgehenden Gesängen: Es waren etliche Arten der Spiele / als das Wett-Lauffen / Kämpffen / und (lib. 8.) das Ziel / wornach man entweder schoß oder warff. Herodotus sagt: Daß diese Olympische Kämpfe auch zu Pferde gehalten worden wären. Von diesen nun haben die Zeiten / oder Jahres-Rechnungen von den Griechen den Nahmen bekommen / daß man Sie Olympiades genennet. Und ob man wohl eine solche Zeit auf fünff Jahr rechnete / so geschahe es doch darumb / weil nach dem vierten Jahre sich mit dem fünfften eine Olympias anfienge. Es kam aber gantz Griechenland zum Eingange des berührten fünfften Jahres bey der Stadt Olympia, oder Morea, und in der kleinen Landschafft Elide zusammen / rathschageten nicht allein von des gemeinen Wesens Wohlfahrt / sondern hielten auch daselbst ihre Spiele / und rechneten von solcher ihrer Zusammenkunfft die Zeit / in welcher eines und das andere geschehen / und sind solche Spiele zum ersten nach Erschaffung der Welt 3174. vor Christi Geburth aber 774. gehalten worden.
Man pflegte dem Jovi einen Widder / zahme Sau / und Schaaf zu opfern. In Latio opferte man auch zu des Lactantii Zeiten demselben Menschen-Blut. Ihm theilet man unterschiedene Kinder zu / als: Solem, Mercurium, Tritopatreum, Herculem, Dionysium, Minervam, Dianam, Proserpinam, Apollinem, Bacchum, Amphionem, Tityrum, Tantalum, Pasytheam, Castorem, Pollucem, Acheum, Xanthum, Luciferum, Palistum, Oriontem, Menam, Perseum, Rhadamantum, Clytemnestram, Helenam, Vulcanum, Venerem, die neun (Macrobius l. 5. Saturn.) Musen und andere mehr. Dreyerley hielte man vor Alters für das schwereste und unmöglichste / als daß man nämlich dem Jupiter nicht seinen Blitz / dem Herculi nicht seine Keule / und dem Homero nicht seine Verse entwenden könte. Und gesetzt / daß es auch geschähe / so vermöchte doch keiner / ausser Jupiter, mit dem Donner zu blitzen / keiner mit des Herculis Keule zu kämpffen / und keiner solche Verse zu schreiben / als wie Homerus gethan hätte.
Es hat Varro 300. Joves aufgemercket. Denn nachdem dieser Ju [162] piter sich gegen die Menschen / und insonderheit gegen die Athenienser sehr wohlthätig erwiesen / den Völckern gewisse Gesetze vorgeschrieben / die Art zu heyrathen eingesetzet / die barbarischen Menschen in dem Gottes-Dienste unterwiesen / ihnen Altäre / Ceremonien, und Priester aufgerichtet / und zugleich dargethan / daß alles von der Göttlichen Providenz herrühre / so hat man andere Könige / welche Land und Leuthen wohl vorgestanden / (Ovidius in Metamorph.) auch Joves geheissen. Die Poeten messen Ihm unterschiedenes bey / als daß er sich vielerley Liebe bedienet / die Danaën in einem Gold-Regen / die Ledam in Gestalt eines Schwanes / die Isidem in Gestalt eines dicken Nebels / und die Europam in Gestalt eines schönen Ochsens beschlaffen / und entführet hätte / hinter welchen verblühmten Reden doch nichts / als lauter sinnreichen / Politische und Moralische Lehren stecken.
Es hat aber Jupiter, wie sie vorgeben / gen Saturnum zum Vatter gehabt. Dieser Saturnus war des Königes Coeli, und der Vestae Sohn / auch des Tyrannens Titans Bruder. Diesen beredete die Vesta, daß Er seinem Bruder dem Saturno mit der Bedingung das Reich überliesse / daß er alle seine männliche Erben / wofern er derer bekommen möchte / umbringen lassen wollte / damit nach des Saturni Absterben / Titan, und seine Kinder hinwieder zu der Regierung gelangeten. Sobald als Titan hierein willigte / gebahr dem Saturno seine Gemahlin die Opis einen Sohn / welchen er / vermöge getroffenen Vergleichs / umbrachte. Die Opis brachte ihm hier auf zwey Kinder auf einmahl / von denen man den Sohn Lidamas, oder Jupiter, die Tochter aber Juno nennete. Die Tochter zeigete man dem Saturno, den Sohn aber ließ man heimlich iu dem Gebirge bey den Corybanten, einem streitbarem Volcke / auferziehen. Eine Zeit darnach gebahr die Opis wieder einen Sohn / dem man wegen seines fertigen Schwimmens den Nahmen Neptunum gabe. Denn ferner zwey Kinder / den Plutonem, und die Glaucam, wie aber die Tochter Glauca starb / zeigete sie solche dem Saturno, und verbarg hingegen den Plutonem, den die Poeten hernach für den Gott der Höllen ausgaben.
Als derohalben Titan vermerckte / daß Er von seinem Bruder dem Saturno hintergangen / griff er mit seinen Söhnen zum Waffen / überfiel denselben unverhofft / und brachte ihn mit den Seinen zur gefänglichen Hafft. Als dieses Jupiter erfuhr / machte er sich mit den streitbaren Corybanten herfür / hielte mit dem Titan ein Treffen / brachte ihn zur Flucht / und stellete seinen Vatter und die Seinigen wieder auf freyen Fuß / also daß die Fabel von den Riesen allhier seinen Ursprung bekommen.
Nachdem aber nachgehends Saturnus von den Wahrsagern vernommen / wie sein eigner Sohn Jupiter Ihn noch würde von dem Königlichen Throne stürtzen / bemühete er sich denselben aus dem Wege zu räumen. Da dieses der Sohn merckte / brachte Er in geheim Volck auf die Beine / und verjagte den Vatter selbst von Land und Leuten. Saturnus flohe in Italien / und weil Er dem rohen Volcke / welches nichts als Obst / Castanien und andere Früchte asse / daselbsten das Land zu besäen / zu pflantzen und zu bauen lehret / hielten sie Ihn nachmahls für einen Gott. Jupiter aber regierte sein Königreich vor sich / nahm seine Schwester die Juno zum Weibe / und brachte durch seine Tugend viel Länder unter sich. Denn er lehrete die Menschen viel Geheimnüsse der Natur / unterwiese sie in allerhand Wissenschafften / und richtete viel Politische Ordnungen auf / also daß Er durch dieses Mittel nicht allein mächtig / sondern auch für einen Gott gehalten wurde. Hiernechst vergliche Er sich mit seinen Brüdern / [163] und räumte dem Plutoni die Länder gegen Nieder-dem Neptuno die gegen das Meer zu ein / also daß Neptunus ein Gott deß Wassers / und Pluto ein Gott der Höllen genennet wurde. Und nachdem Jupiter nach erfolgter Theilung sich gemeiniglich in Thessalien auf dem Berg Olympo, welchen die Griechen für den Himmel hielten / zu befinden pflegte / so sagten die Poeten / Er hätte den Himel überkommen. Gleichwie Er aber von Natur unkeusch / und siene fleischliche Lust zu büssen allerhand Räncke erdachte: Also dichtete man / Er hätte sich in allerhand Gestalt verwandelt / als in eine güldene Seule / in den Amphytryonem, in einen Ochsen / in ein Feuer / und in einen Schwahn / welches nichts anders / als daß er auf solche Buhlschafften viel Geld gewendet / und damit Einen und den Andern bestochen. Aus dieser des Jupiters Verwandelung ist die Thorheit derer / so Jhn für einen Gott angebetet / zu sehen; Gestalt dann noch heutiges Tages sein Begräbnuß in der Insul Candiâ anzutreffen. Viel weniger sind die / welche meistentheils von Jhme hergekommen / und für siene Kinder ausgegeben / als Phoebus, so ein Gott der Künste / Mars ein Gott des Krieges / Bacchus ein Gott des Weins / Venus eine Göttin der Liebe / Neptunus ein Gott des Wassers / Mercurius ein Gott der Wohlredeheit / Vulcanus ein Gott des Feuers / Diana eine Göttin der Keuschheit / und Ceres ein Göttin der Erndte / dafür zu achten. Denn damahls vermeinten die Menschen / wie es einem einzigen Menschen die Welt zu regieren unmöglich fallen könte. Sonsten aber von dem Jove zu reden / so wurde (Natalis Comes in Mythologia.) Er bald vor die Lufft / bald für die Sonne / bald für die Göttliche Schikkung / bald für den Himinel / und bald für die Seele der Welt gehalten. Denn wenn diese Letztere ihre Wirckung in den überirdischen Cörpern hatte / hiesse Sie Jupiter Olympius, hatte sie dieselbe in den Unterirdischen / hiesse sie Jupiter Stygius, hatte sie aber solche in dem Meere nennete man sie Neptunus. Des Jupiters Eltern / saget man / wären die Elementa, aus denen Eines aus dem Andern erzeuget / und gleichwohl nicht zerstümmelt noch zerstücket würden.
Des Jupiters Söhne wären nichts anders / al seine Bewegung des Himmels / welche in einer lieblichen Harmoni bestünde / die Elementa weder weibliches noch männliches Geschlechts / und hätten doch beyderley Wirckung / es würde aber die Gewaltthätlichkeit der Zeit deßwegen aus dem Reiche Jupiters verstossen / alldieweiln nach der Zeit / da die natürlichen Cörper von Gott erschaffen / Saturnus oder die Zeit wider die Elementa gewütet und getobet hätte / was aber Ethic è hiervon zu verstehen / das deutet man dahin / wie alles Reichthumb und grosses Vermögen / nichts als lauter Haß / Feindschafft / und Widerwillen nach sich ziehe / und man demselben durch allerhand List und Weise nachstelle. Denn weiln das Verlangen / oder Begierde nach Reichthume alle Billigkeit / Leutseligkeit / und Gottesfurcht aus den Augen setze / so würde dasselbe umb so viel desto mehr gehasset / und hingegen die Ruhe des Gemüthes / die Zufriedenheit / und die angemaßte Frömmigkeit in desto grösseren Ehren gehalten. Nachdiesem weiset man auch hierdurch / wie die Weißheit eines Potentaten / und dessen Ausrichtigkeit ein Uberfluß der wahren Glück seligkeit sey: Der Geitz ware ein Grund aller Boßheit / für deme sich ein ehrlicher Mann für nichts grössern als für denselben / weil Er alles aufzuschliessen pflegte / zu befürchten. Letzlich so wird auch allhier bey dieser Verwandelung gezeiget / daß der Jenige / welcher sich den Wollüsten ergiebet / aller Thiere Art / und Eige̅schafft an sich nimmet / und gleichsam darein verwan [164] delt wird. Aus welchen erhellet / daß der allein ein rechtschaffener Mann sey / welcher sich der übermäßigen Begierden zu vielen Güthern / und Reichthümern entschläget / sich derselben weißlich gebrauchet / der Weißheit / als dem Grund der wahren Glückseligkeit / nachstrebet / und alle schandbahre Thaten fliehet und meidet. Wohin denn auch der Poet zielet / wenn er den Jupiter als einen klugen und verständigen Regenten aufführet:
Ich habe selbst in meiner Jugend /
Was redlich war / voraus geliebt /
Da führte mich die edle Tugend
zu dem / was lauter Hoheit gibt.
Ich ließ der Erden eitle Sachen /
und schwunge mich nach dem empor /
Das mich zum Gotte kunte machen /
der ganzen Welt zu stehen vor.
Nun herrsch Ich über alle Dinge /
man ehrt mich in der gantzen Welt /
mein Ansehn das ist nicht geringe /
ich regne durch das weite Feld /
Der Donner meiner Feuer-Blitze
strahlt durch deß Tages dunckle Nacht /
Da werd Ich in dem Wolcken-Sitze /
von allen Menschen hoch geacht.
Ich schaffe die Glückseligkeiten /
die umb die hohen Häupter stehn /
Mein Adler pfleger sie zu leiten /
daß sie sobald nicht untergehn:
Wer an mir will ein Beyspiel werden /
der greiffe nach der güldnen Zeit /
und sehne sich nach mir auf Erden /
so trotzet er die Ewigkeit.
M. Von den vier Theilen der Welt.
(Aristoreles. Xenophanres.) ES haben unterschiedene von den alten Philosophis ihre Gedancken über die Welt gahabt / und behaupten wollen / als würde dieselbe (Cicero. Averrhoes.) nimmermehr vergehen. Denn weil sie sich ohnunterlaß bewegte / und weder Anfang noch Ende hätte: So ware sie auch ewig. Andere aber geben vor / daß / weil in ihr alle Dinge vergänglich und hinfällig / (Pythagoras Democritus.) auch sie vergänglich seyn müsse: Der Weltweise Thales sagte / es sey nur eine Welt / hingegen aber der weise Anaxagoras, Demetrius und Epicurus gaben vor / es wären ihrer viel / wodurch sie vielleicht die unterschiedene Theile / die unbekannte Insuln und entfernten Länder verstanden haben. Die Welt / welche vom Himmel und Erden / und denen irrdischen und himmlischen Naturen bestehet / ist das wunderbarlichste / und schönste Gebäude deß Himmels und der Erden / welches von dem Allerhöchsten in den ersten Sechs Tagen erschaffen / und dem Menschen zu einer Wohnung und Aufenthalt seines Geschlechts eingethan worden. Sie [165] Wird [Greek words], oder eine ordentliche runde Zusammenfügung deß Himmels und der Erden genennet. Daß Sie rund / das giebt der Augenschein. Denn wenn die Sternen ihren Auff- und Niedergang vollbracht / so befindet man / daß Sie in demselben stets von dem Mittel-Puncte der Erden in gleicher Weite stehen / und an einem Orthe in gleicher Grösse erscheinen.
Es wird die Welt in drey unterschiedene Himmel eingetheilet / als unter den ersten gehöret der Himmel der elementischen Welt / die Lufft mit dem Erd-Creisse / das Wasser zusammt deme / was darinnen ist / unter den andern das Gestirne mit dem gantzen Firmamente, und unter dem dritten der Himmel über alle Himmel. Die Geographi sind die / welche die Welt / und alle ihre Theile nach ihrer Disposition, Maß / und Gelegen-heit beschreiben. Zur vollständigen Geographie aber werden gezogen der Globus terrestris, Ambitus, Diameter, Area seu Planities, Superficies, Soliditas seu Crassities: Circuli geographici, ut AEqvator, Meridianus, Horizon, Zodiacus, Paralleli duo Tropici, duo polares, Zona frigida, torrida & temperata: Clima, & Anticlima, Plaga, Mappa, Tabula Geographica, Compassus, Habitatores Terrae: Mare Oceanum: Mare mediterraneum, cujus Propagines Propontis, Euxinus Pontus, Moeotis palus, & Hellespontus: Mare hyrcanum, Caspium: Sinus, ut Mare Balearicum, Ligusticum, & Tyrrhenum: Fretum, ut Herculeum seu Cimmerium & Thracium. Lacus, ut Lacus Lemannus. Gleichwie man nun den Jupiter für den höchsten Gott hielte / welcher über die gantze Welt herrschte: Also hat man Jhm auch allhier die vier Theile der Welt unterworffen / daß sie gleichsam nebenst seinen Triumph-Wagen einher gehen müssen. Diese vier Theile aber werden also genannt / als Europa, Asia, Africa, und America.
(Europa.) Europa soll den Nahmen von der Europa des Königes Agenoris in Phoenicien Tochter / welche Jupiter der König in Candiâ zur Gemahlin gehabt / bekommen haben / ist Eines von den kleinesten Theilen der Welt / welches sich in der Länge auf 2750. Meilweges / und in der Breite etwas weniger erstrecket / und hat in sich nachfolgende Königreiche / Provinzein / und Länder / als gegen Morgen:
(Alsted. in Encyciopaedia. lib. 5. c. 27.)
- Thracien /
- Macedonien /
- Thessalien /
- Epirum
- AEtolien
- Acarnantiam
- Achajam
- Atticam
- Phocin
- Pelopones
- Laconien
- Messenien
- Arcadien
- Boeotien
- Mysien
- Dacien
- Polen
- Ungern
- Illyrien
- Dalmatien, und Scalavonien.
- Gegen Mittag.
- Italien
- Sicilien.
- Gegen Abend.
- Hispanien
- Portugal
- Arragonien
- Franckreich /
- Aqvitanien
- Galliam Narbonensem
- Niederland.
- Burgund.
- Engeland.
- Schottland.
- Irrland.
- Gegen Mitternacht.
- Dennemarck /
- Schweden /
- Tartarey /
- Moscau
- Gegen Mittagwerts zu.
- Teutschland /
- Graupinten /
- Schweitz /
- Schwaben /
- Beyern /
- Kärnthen /
- Steyer /
- Tyrol /
- Oesterreich /
- Böhmen /
- Mehren /
- Schlesien /
- Meissen /
- Sachsen /
- Marck /
- Pommern /
- Mechelburg /
- Lüneburg /
- Frießland /
- Geldern /
- Cölln /
- Westphalen /
- Hessen /
- Thüringen /
- Francken / und Rheinländer.
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- Iberien
- Colchis
- Albanien
- Armenien
- Syrien
- Phoenicien
- Palaestina
- Judaea
- Arabien
- Mesopotamien
- Babylonien
- Medien
- Assyrien
- Persien
- Parthia
- Carmanien
- Hircanien
- Margiana
- Bactrien
- Sogdiana
- Scythen /
- Serica
- Sacae
- Seres
- India
- Sina.
(Asia.) Asia eines von den grösten Theilender Welt / wird eine Tochter Oceani, und Thetidis, so des Japhets Weib gewesen seyn solle / genennet / und hat diese Länder in sich:
- Bithynien
- Phrygien
- Lycien
- Galatien
- Pamphilien
- Cappadocia
- Lydien
- Jonien und Cilicien.
In klein Asien aber.
- Libyen
- Mauritanien
- Numidien
- Cyrenen
- Pentapolis
- Marmarica.
- AEgypten
- AEthiopien.
(Africa.) Africa, oder Lybia wird heutiges Tages ingemein die Barbarey, und die Innwohner Mohren genennet / und sind ihre Länderdiese:
- Nicaragua
- Guatimala
- Mexicum
- Themistitan
- Floridan.
- Xaliscum
- Novam Galliciam
- Novam Franciam
- Baccalacu
- Canadam
- Civolam
- Quiviram
- Insulam Hispaniolam
- und Cubam.
N. Von der Venere.
SO offt man zu Athen der Göttin Pallas opferte / so offt erwiese ma̅ auch dem in selbigem Tempel stehenden Bildnüsse ??? Liebe göttliche Ehre: Die Lacedaemonier zogen nicht eher in Krieg / sie hätten denn vohero auch der Liebe geopfert / indem sie beständig vorgaben / als rührete der (Catullus.) Sieg und die Wohlfarth des gemeinen Wesens einzig und allein von Jhr her / in sonderheit richteten ihr die Innwohner zu Colchis, die Pariani,
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Thespienser / in Hellespont / und die Achaeer besondere Tempel auf / und (in Phaedro) verehreten sie nebenst der Fortuna auf das höchste. Plato rühmete dieselbe / und sagte: Sie sey ein solcher Gott / welcher bey Göttern und Menschen / theils wegen seiner wunderbahren Eigenschafften / und theils wegen (in Theogoniâ.) seines Ursprunges hochgeachtet werde. Hesiodus sagt / das Aller Erste wäre ein Chaos, ein Klumpen / und hernach die Erde / auf welcher alsbald die Liebe erfolget: Man verstehet aber durch diese nicht die Venus selbst / oder ihren Cupidinem, sondern eine solche göttliche / geistliche und natürliche Liebe / die gleichsam alles miteinander vermischet / das Oberste mit dem Untersten vereinbahret / und eine durchgehende Vereinigung zu wege bringet. Gleichwie aber zwischen der Göttlichen und der fleischlichen ein grosser Unterscheid: Also hat man auch über diese letztere die Venus zur Göttin gesetzt / und von den Poeten ausgegeben / daß Sie von des Saturni ausgeschnittenen / und in das Meer geworffenen Gemächte / auch darvon auf das Wasser gefallenem Schaum ohne Mutter gebohren. Etliche aber derselben sagen / sie wäre aus einer Meer-Muschel erzeuget / worauf Sie hernacher in Cypern gefahren / oder vielmehr (Homerus.) von dem Zephyro in die Insel Typern gewehet / von den Horis aufgenommen / und allda erzogen / auch nachmahls / als solche wohl ausgeputzet / und im Himmel gebracht / ihr alle Götter daselbst die Hände gereichet / und Sie ein ieder wegen ihrer Schönheit zur Ehe begehret. Sie wurde auf einem Wagen von zweyen Schwähnen oder Tauben gezogen / welches die Reinlichkeit / und Zierde des Leibes bedeuten sollte. Für ihren Waffen-Träger hielt man den Bacchum, und ihre geheiligten Oerther waren die Inseln / Amathus, Cypern, Papho, Gnydo, Eryx, und die Stadt Hypaega. Uberdiß sagte man von Jhr / daß Sie eine Vorsteherin des Heyrathens / eine Freundin der Frölichkeit / eine Meisterin der Weissagung / und eine Spötterin der Bündnüsse oder der Verträge gewesen seyn solle.
Durch diese Venus verstehet man nun nichts anders als die Begierde / so die Natur dene̅ lebhafften Creaturen eingepflantzet / oder man hält dieselbe für eine solche Lust / wodurch man im Gemüthe das jenige empfindet / was man durch Zugesellung seines gleichen zu geniessen gedencket. Und weiln sie die Menschen vereiniget / so nennet man sie eine Göttin / und ihren Sohn Cupidinem die Liebe / oder das Verlangen zu einer solchen fleischlichen Lust. Als einsmals die drey Göttinnen Pallas, Venus, und Juno sich mit einander wegen deß Vorzugs ihrer Schönheit zanckten / wurde ihr von dem Paride, als welchen Sie zum Schieds-Mann erwehlet / der Preiß zugesprochen. Dieses ist nichts anders / als daß man sich in dieser Welt mehr nach den fleischlichen Begierden und Wollüsten des Leibes / als nach den Gaben des Gemüths umbsiehet. Denn weil der Leib grösser als die Seele / so ist der Leib Meister mit sammt seinen Begierden. Gleichwie aber die jenigen Mücken und Fliegen an dem vergiffteten Zucker den Tod fressen: Also ziehet auch die eitele Welt-Lust nichts als Schmertzen und Unlust nach sich.
(De falsâ Religione. l. I. c. 17.) Lactantius gibt vor / es wäre die Venus die erste Kupplerin in Eypern gewesen / und hätte dem Weiblichen Geschlechte daselbst / damit Sie nicht für die Unzüchtigste alleine gehalten würde / den Huren-Gewinst gelehret. (Macrobius. in Saturnalibus l. 3. c. 8. Voss. Idol. l. c. c. 31.) Die Art und Gewonheit sie zu verehren war auch unter andern diese / daß die Manns Personen / wenn sie ihr opferten / weibliche Kleidung anlegten: die / so Jhr hierinne nachhengen / sind nichts als Zärt [168] linge / wofür billich tapfere Gemüther einen Abscheu tragen. Es musten auch der Venus ihre Diener anderer Gestalt nicht / als mit Weiblicher Stimme reden / die Haare nach Art der Weiber ausputzen / und in dem Tempel thun / und verrichten alles / was sonst denen Weibs-Bildern zukömmt. Lieber / was ist wohl elender / närrischer und phantastischer / als wenn man das männliche Geschlechte mit dem Weiblichen Geschlechte verwechselt.
(Ovidius.) Es ist bekannt / daß der streitbare Hercules, welcher doch soviele Ungeheure bezwungen / sich zu dem Ende / damit er der Omphale, der Lyder Königin / ihrer Liebe desto freyer geniessen möchte / in ein Weibesbild (Tranqvillus in Julio. Gellius c. 10. l. 6.) verkleidet. P. Clodius fand sich eines Tages / als man den Göttern opferte / in mitten solcher Ceremonien im Weiblichen Habit zu der Pompeja des Q. Pompeji Tochter. Euclides Megaricus, da er gerne des Socratis Lehre gehöret / und sich gleichwohl gen Athen / woselbst Socrates lehrete / nicht wagen durffte / weiln die Athenienser / und hingegen die Megarenser, wegen ihrer beyderseits Städte / Haß und Feindschafft / wiederumb ein Gesetze gemacht / daß keiner bey Leib- und Lebens Straffe aus ihren Einwohnern zu dem Andern kommen sollte / zohe Er Weibliche Kleider an / gieng des Nachts dahin / hörete den Socratem, und kehrete bey anbrechender Morgenröthe wieder nach Hause / welches Vornehmen (Berosus.) / weil es aus Begierde etwas zu lernen geschahe / weit rühmlicher / als des unter allen seinen Vorfahren trägen / und in aller Leichtfertigkeit ersoffenen Assyrischen Königes Sardanapali, welcher sich so weibisch erwiese / daß er auch die Majestät / wodurch er doch für andern erhoben / verächtlich hinten ansetzete / sich als ein verbuhltes Weibes-Bild ankleidete / und mit dem Frauenzimmer nach gepflogenen Wollüsten / weibliche Handthierung triebe. Wohero denn erfolget / daß / nachdem sein Feldt-Herr Arbactus desselben Trägheit verstanden / nebenst Andern des Reichs abgefallen / und Ihn belägert / er sich auf seiner Burg / weil Er keine Rettung sahe / mit allen seinen Weichlingen zu Asche verbrennet.
Es ist aber die Venus unter den Planeten der fünffte / und wird bey denen Chymicis der Kupfer-Stern genannt / welcher zuweilen über die Sonne / zuweilen auch unter den Mercurium heruntersteigt: Nach der Sonne / und nach dem Monden führet er das gröste Liecht / so gar / daß er auch einen Schatten von sich giebet. Er läufft für der Sonnen her / und heisst zur selbigen Zeit der Morgen-auf den Abend aber der Abend-Stern / und nimmt / nach des Hevelii Meinung / wie der Mond am Liechte ab - und zu: Er ist den Eigenschafften nach feuchte / und mässiger Wärme / und hat in sich keine See / darinnen man sich täuffen (Kircherus in Itiner. Eccles.) lassen konte / wie Jener Gelehrter behaubten will. Und weiln Er von gütiger Wirckung / so sollen dahero die Jenigen / bey deren Geburth er sich eräugnet / schöner Gestalt / hohes Gemüths / und zarten Leibes (Pausanias. Plato.) seyn. Etliche schreiben / es wären drey / Etliche zwey Veneres gewesen: Wenn man aber die jenigen Veneres zehlen wollte / welche man heutiges Tages findet / so würden ihrer gantze Länder / Städte / und Schiffe voll aufgebracht werden können: Der Magen und die Venus sind Zwillinge eines Leibes / wenn das Eine gesättiget / so stehet das Andere wieder auf.
Die Lacedaemonier verwahreten der Veneris Bildnüs mit Fuß-Eisen / damit sie sich von Ihnen nicht hinweg begeben möchte: Bey uns bedarff es keines Haltens: Der Römer Sulpitius stieß sein Weib / weiln [169] sie sich mit entblösstem Haubte auf der Gassen sehen ließ / von sich / und Egnatius Metellus, schlug seine Frau / da sie Wein tranck / mit einer Kolbe zu tode: Wenn dieses vorietzo noch üblich / würde es endlich an Scheide-Briefen und Kolben gebrechen.
Die Augen haben zwar im Gesichte den Vorzug / so gar / daß sie auch in dem untersten Hertzen die Liebe erwecken; Man soll aber wohl zusehen / daß dieselbe nicht Zähne und Klauen bekömmt / das ist / daß man sich dadurch nicht in Schand und Spott / noch in Laster setze / sondern vielmehr die Zeit / das gute Lob / und die Tugend / auch die unwiederbringliche Ehre dagegen stelle. Dann was ist wohl abscheulicher / als das jenige Weibesbild / welche ihre Ehre und Zucht in den Wind schläget / und ihre Gedancken ohn Unterlaß dahin einrichtet / wie sie jedem gefalle / wie sie durch ihre Unkeuschheit die Buhler an sich locke / wie sie Einem und dem Andern das Narren-Seil an den Hals werffe / wie sie Einheimischen und Frembden den Beutel ausfege / und endlich durch ihr verstelltes Liebkosen sich nebenst ihren Buhlern dem Teuffel zu einem Opfer überbringet.
In der Stadt Gaza stund mitten auf dem Scheidewege der Venus steinernes Bildnüs gantz nackend / mit entblößter Scham / welches die Bürger / und Weibespersohnen daselbst täglich verehreten / ihr Wachs-Kertzen ansteckten / und mit Weyrauch beräucherten: Hier heißt es: Vince Animum. Bezwinge die Affecten / und besudele deine Seele nicht mit Wollüsten. Voluptatis Usura Mors. Der Lust ihr Gewinnst ist deroselben Todt. Es ist keine Seuche welche des Menschen Witz mehr verkehret / als die Viehische Begierde / quae delectat & angit: welche zugleich belustiget und verletzet.
Jhr Angesicht ist vorwarts schön / und hinterwarts stachlicht. Es ist in der Welt nichts gemeiners / als daß man in Freuden dahergehet / des Leibes Lust suchet / sich der Buhlschafft befleissiget / und ein wildes und wüstes Leben führet / gleich als wenn die Wohllüste des Leibes die beständige Glückseligkeit des Menschen wäre. Die Wohllust ist ein Affe / und eine Mutter alles Bösen / welche die Menschen in die zeitliche und ewige Straffe stürtzet. Ist sie nun eine solche liebliche Sirene, welche gleich dieser / die Schiffenden durch ihren süssen Gesang in die gefährlichsten Oerter verführet / und hernach wenn das Schiff zerschmettert / die Menschen auffrißt / welche / sage ich / die Vernunfft zur Unvernunfft / die Gesundheit zum Krüpel / den Reichen zum Bettler / das Gewissen zur Wunde / und die Boßheitzur ewigen Traurigkeit macht: So kan dahero sie keine wahre und sichere Freude seyn. Eine traurige Stunde verdirbet einen frölichen Tag: Es ist keine Welt-Freude so groß / da nicht etwas Ubels darzwischen läufft: was man in der Jugend säet / das muß man im Alter schneiden: hat man sich in der Jugend mit dergleichen Lastern täglich geschleppet / so muß gewißlichen (Ovidius. Samocratius. Nigidus.) das Alter dafür büssen. Jhrer Etliche haben unterschiedene Mittel wider die unziemliche und verbotene Liebe auf die Bahne geführet / und sind darüber wegen ihres Buhlens selbsten in das Exilium verjaget worden. Das beste Mittel ist / daß man die Gemeinschafft (Augustinus) meide / und die Gelegenheit fliehe. Quoties enim foeminam adis, existimes te Inferni Januam ingredi, Satanae???; sagittâ penetrari, Foemina siquidem fuit ab Initio peccati Aucupatrix, erit???; semper inexhaustus Malorum fomes. Denn so offt man böser Begierden halber sich zu einem Weibesbilde zu machen gedencket / so soll man sich einbilden / als gienge man zur Hölle / und würde daselbst von des Teufels Pfeilen [170] verwundet; Das Weib ist von Anbeginn der Welt der Sünde Zunder gewesen / und wird auch jederzeit ein unersättlicher Hunger alles Bösen verbleiben: Wenn die berühmten Helden Mithridates, Hercules, Alcibiades, Pyrrhus, Menelaus, und Marcus Antonius annoch am Leben / würden sie alle gar willig gestehen / daß der Weiber Buhlschafft ihr Untergang gewesen wäre: Ein müssiges Gemüthe / welches mit unkeuschen Gedancken umgehet / wircket selten was Gutes: Der Weinstock träget dreyerley Trauben / die erste ist die Wollust / die andere die Trunckenheit / und die Dritte die Unreinigkeit / das ist / die Erste leschet den Durst / die andere erwecket die Frölichkeit / und die Dritte gebiehret die Unsinnigkeit / das allerärgste aber / so aus unseren unersättlichen Begierden alleine entstehet / ist die verderbte Natur / das unzeitige Alter / der blöde Magen / das schwache Gehirne / und die verdunckelten Augen. Denn die Unzucht ziehet nichts / als geschwächte Nerven / geschwächte Kräffte / und geschwächte Stärcke nach sich / und von der man ohne Verletzung des Gewissens / ohne Gefahr des Leibes / ohne Nachklang eines bösen Nahmens / und ohne Verdamnüs der Seelen / nicht wohl zu kommen vermag. Man findet Mühlen von solcher subtiler Art / daß sie mit wenig Wasser mahlen: Etliche der Weibesbilder sind in ihren Begierden so zart / so lüstern und vergifftet / daß sie nicht alleine wie ein Glaß zerspringen / sondern auch wohl ehermahls die vortrefflichsten Gemüther in einem Augenblicke / in einer Stunde / und in einem Tage um ihren Stand / Ehre und Hoheit bringen / und dadurch in die gröste Verachtung setzen.
Ovidius sagt / die Liebe ist etwas / und man weiß nicht / was: Sie wird gezeuget / und man weiß nicht / wo: Sie erfreuet sich / und man weiß nicht / wie: Sie tödtet / und man weiß nicht / warum; wenn man sie aber genauer betrachtet / so ist ihr Eingeweide eine Gluth / ihre Blüthe ein Gifft / und ihre Frucht eine Schmach. Wie derohalben alle Dinge vergänglich und flüchtig: Also ist auch diese Freude / die fleischliche Liebe / und die Venus nicht allein hinfällig / sondern auch schädlich / nachtheilig / ungewiß und flüchtig; Denn wer sich ihren süssen Stricken nicht bald entziehet / der verwundet sich beydes an dem Leibe / und an der Seele. Dahero Sie auch der Poete gleichsam mit lebendigen Farben folgender massen entwirfft:
Ich fühle Feuer / Brand / und Flammen /
Der Schönheit Zeichen hilfft mich nicht /
Der Zunder meiner Liebes-Ammen
erhitzet mir das Angesicht /
Die Brüste regen sich /
ich ächtze nach der Lufft /
mein Hertze fühlet manchen Stich /
der mich zur Liebe rufft.
Ich herrsche zwar von Ost bis Norden /
Der Sud und West gehorchen mir /
Doch bin ich selbst verliebet worden /
in einer Schönheit seltner Zier /
Die bringt durch Marck und Bein
sie lässet ihren Brand
auch heiß in meinen Adern seyn
durch ihre starcke Hand.
|| [171]
O. Von den Amoureten.
Man stellete hiebevorn auf dem Sächsischen Schau-Platze die Amoureten in einem Ballette für / und belustigte sich an denenselben / als kleinen Liebes-Göttern / anitzo aber siehet man / wie dieselben der Venus aufwarten / und als kleine Sclaven nebenst ihrem Wagen einhergehen. Man mahlet die Liebe stets in Kindes Gestalt / alldieweiln ihr Thun und Wesen auf kindischen Sachen bestehet. Gleichwie aber das Feuer / wenn es seine Kräffte noch nicht erreichet / leichtlich zu dämpffen / wenn es aber in seiner Gluth / schwerlich zu leschen ist; Also kan man auch die Brunst der thörichten Begierde mit der Vernunfft anhalten / und ihr den Ziegel zu faulen und geilen Lüsten nicht verstatten.
Diese kleine Liebes-Götter machen zwischen der schnöden und ungefärbten Liebe einen Unterscheid. Denn gleichwie diese erste durch das Mißtrauen / und den Eifer versauert / niemahls ohne Argwohn / und Furcht einhergehet / und sich selten durch die Vernunfft regieren lässet: Also ist die andere eine Stärcke desjenigen / so sie besitzet / eine Aufmunterung der Trägheit / und ein Auge mit welchem sie die Keuschen / und Unkeuschen voneinander sondert. Ihrer viel stehen in den Gedancken / als ob die Liebe in schönen Kleidern / geschmierten Reden / geflickten Sitten / und verzuckerten Worten bestünde / und vergessen darüber Ihren Verstand / ihre Eingezogenheit / ihre Scham / ihre Zucht / ihre Erbarkeit / und welches das Vornehmste die wahre GOTTES-Furcht; Die flüchtigen Liebhaberreden nur mit der Zunge / die wahren aber mit dem Hertzen: Die unkeusche Liebe bricht als eine gehlinge Fluht herfür / die keusche aber thut (Epictetus.) nichts ohne die Bedachtsamkeit und überleget alles zuvor mit ihrer Vernunfft: Dahingegen die geile nichts anders ist / als eine Beschwerde eines trägen Gemüths / eine Brunst an den Jünglingen / eine Unsinnigkeit an den Weibsbildern / eine Thorheit an den Alten / und eine Boßheit / wodurch viel Laster entstehen. Man mahlet sie mit einem Drachenschwantze / und Löwen-Haubt???b / wodurch man ihren Gifft und ihre Stärcke / welche alle schandbare Thaten mit Gewalt nach sich ziehet / zu erkennen giebet. Viel reiner sind diejenigen Gemüther / welche gleichsam / wie diese Amoureten in nackender Gestalt / das ist / unfleischlichen Begierden einhergehen / nichts als keusche Flammen hegen / und nur dahin trachten / wie sie den Lauff ihres Lebens in den Schrancken der Unsträfflichkeit / Reinlichkeit und Keuschheit fortsetzen mögen.
Was Einer liebt / in demselben / pflegt man zu sagen / lebet er: Wie die Liebe beschaffen / Also auch das Leben: Führet man eine ungeziehmende Liebe / so ist auch das Leben ruchbar: Liebet man übel / so lebt man übel. Legt man seine Liebe mit Gefahr an / so leidet man Schiffbruch: Das Leben bestehet nicht in den Augen / mit welchen siehet / sondern in dem Hertzen / wodurch man lebet: Ist nun dasselbe verfälscht / so wird auch der gantze Cörper anbrüchig. Ein erzürnter Mensch stösst öffters viel Worte von sich / und weiß vielmahl selbsten nicht / was er gedrohet oder gethan; Also auch ein eitles Hertze: Ein grosser Unterscheid ist es zwischen diesem und jenem: Dieses suchet seine Ruhe in der Seuche der Wollust / achtet weder Gesetze / noch Verboth / und schläget die Ehre mit Willen aus den Augen. Jenes aber vergleichet sich einer der schönsten Blumen / welche mit ihrem lieblichen Geruche auch die Entfernesten gleichsam an sich ziehet: Es durchsuchet mit seinem keuschen Geblüthe al [172] les das / was ehrlich / und wo es sich befindet / da siehet der Himmel gleichsam dasselbige mit Verwunderung an. Wie nun die Veuus eine Göttin der Nacht / und ihre Dienerinnen die nächtlichen Lüste genennet werden: Also verursachet sie auch denen / welche ihr unabsetzlich nachhangen schwartzes Trauren / schwartzes Betrübnüß und schwartzes Ach und Weh: Sie ist wie ein Schatten / der in einem Augenblicke vergehet / und was ist doch närrischer / als wenn sich ein Kluger von ihr bethören / ein Junger von ihr bestricken / und ein Alter / der das eine Bein schon in der Grube / von ihr (Plutarchus.) berücken lässet. Die Römerin Medulla, wurde in dem Finstern von ihren leiblichen Vater geschwächet / damit sie aber hinter den Thäter kommen möchte / zog sie ihm einen Ring vom Finger / und nachdem sie dadurch innen ward / daß es ihr Vater gewesen / erstach sie ihn beym Altare: Als der beredte Symmachus sich in des Epichali Tochter verliebte / begab er sich zur See / und vergaß darüber die unkeuschen Gedancken: Die Griechin Atalanta eine heidnische Jungfrau befliesse sich eines solchen keuschen Gemüths / daß / als sie dem Weyd-Wercke nachhienge / und ihr Hylaeus, und Thetus nach ihrer Ehre stunde / sie beyde mit ihrem Bogen und Pfeile hinrichtete.
Nachdem zur Zeit des Römischen Bürgermeisters Manlii die Chiomarra eines Teutschen Obristen Weib gefangen / und von einem Römischen Haubt-Manne genothzüchtiget wurde schmertzte es sie dermassen / daß sie an denselben bey erlegter ihrer Ranzion heimlich Hand anlegen / und ihm den Kopf hinweg reissen liesse / hernach aber für ihres Mannes Füsse warff / und sagte: Siehe da / ich habe nunmehro diejenige Schmach / welche mir von diesem meinem Feinde angethan worden / hinwiederum ausgeleschet / und meine Ehre gerettet / wofern anders diese Schändung / wodurch der Leib übermannet / das Gemüthe aber mit nichten darein gewilliget / für eine solche zu achten ist. Als den Hippolytum des Thesei Sohn seine Stief-Mutter die Phoedra über die Gebühr liebete / vermochte sie ihn keines weges dahin zu bringen / daß er sich mit ihr fleischlich vermischte. Daß der Mensch den Andern in der Natur liebet / das ist natürlich; Daß er aber in seiner fleischlichen Unart Andere seines gleichen liebet / ist sündlich: Das Fleisch träget man zwar mit sich / man soll aber nicht dem Antrieb desselben im Wandel folgen. Wie derohalben die sündlichen Begierden nur Anfangs süsse und anmuthig zu seyn scheinen / hernacher aber die grössesten Widerwärtigkeiten und Schmertzen erwecken / und einen befleckten Nach-Klang überkommen: Also ist gegentheils ein reines Hertz bey Allen das Liebste und angenehmste / denn so lange die Seele von solchen unflätigen Begierden unverletzt bleibet / da ist auch der Leib unbemackelt / wenn aber die Seele mit bösen Gedancken / umschlossen / da wird auch der Leib dadurch besudelt / und die Seele leidet endlich darüber Schiffbruch.
P. Von dem Land- und Bauer-Leben.
ES sind zwar in diesem gantzen Begriffe alle Welt-Händel voll von Mühe / voll von Verdruß / voll von Jammer / und voll von Verachtung / iedoch bedüncket mich daß in diesem Stücke der Land-Stand etwas geruhiger / als dererjenigen sey / welche ihre Zeit an Höfen / und Städten mit voller Verdrießlichkeit zubringen. Denn was man nach vollbrachter Arbeit dort an der Zeit erspahret / das [173] kan man zu einem stillen und ruhigen Wandel anwenden / da man hingegen bey diesem wegen der überhäufften Geschäffte und vielerley Handthierungen offtermahls seiner nicht selbsten mächtig ist. Denn es kan der Mensch in der Welt keinen herrlicheren Schatz finden / als wenn er sich selbsten findet / und keinen grösseren Verlust empfinden / als wenn er sich selbst verliehret. Daferne er nun die beste Zeit lässet dahin streichen / so wird er dadurch von seinem eigenen Leben betrogen / von Sorgen gequälet / von allerhand Haß / Feindschafft / und Widerwillen verfolget / und von seiner Unruhe / Geitz / Ehrsucht / und fleischlichen Affecten bis in das Grab begleitet.
(Doct. Heinricus Müllerus.) Es sagt jener Gelehrte sehr weißlich / wie drey Dinge uns / drey Dinge in uns / und drey Dinge neben uns wären: Uber uns die heilige Dreyfaltigkeit: In uns: das Haubt / Hertze Füsse / und neben und der Wehr-Lehr- und Nehr-Stand. Daß GOTT über uns / dasselbe haben auch die Heyden aus der Natur erkannt / wir aber wissen / daß GOTT / als Schöpffer / alles ernehret / der Sohn erlöset / und der heilige Geist / als der Finger GOTTES / lehret. Dieses Bild findet man in dem Spiegel seines Leibes / nehmlichen: in dem Hertzen das Predig-Ambt / in dem Haubte das Regiment / und in den Füssen das Hauß-Wesen: Das Hertze sitzet in der Mitten / und verbindet das Ober-mit dem Untertheile: Das Predig-Ambt verknüpfet die Regenten mit den Unterthanen / und machet zwischen den Obern und Untern eine genaue Verbindung: Die Vernunfft / als ein Regente / herrschet aus dem Haubte / als von ihrem Throne / alle Gedancken / Worte / und Wercke des Menschen. Soll dahero die gemeine und menschliche Wohlfarth nich zerstöret werden / so muß eine Obrigkeit mit Vernunfft regieren: Im Haubte lauffen die Sorgen und Gedancken durcheinander: Dergleichen Sorgen kommen auch Regenten zu / sie sind Bäume / unter welchen ein ieder Schirm und Schatten sucht: Das Haubt hat nur zwey Ohren / zwey Augen / und einen Mund: Große Herren sollen Eines zu GOTT / und das andere zum Unterthanen / und Eines zum Kläger / das andere aber zu dem Beklagten halten: Sie sollen haben zwey Augen / Eines zu den Unterthanen / und das andere gegen die Feinde: Einen Mund / aus welchem gleiches Recht gehet. Gleichwie aber für nichts als einen leeren Thon zu achten / wenn sie theils an der Göttlichen Wissenschafft und Erkäntnis derselben / theils auch an den Unterthanen Mangel leiden: Also kan auch der Geist- und Weltliche Stand ohne Obrigkeit nicht bestehen. Diese führet jene beyde gleichsam auf die Weyde / Jene aber / und zwar der eine weiset sie hingegen zu dem rechten Wege GOTTES / der Ander aber erwirbet und giebet ihr so viel / daß sie dadurch ihr Auskommen haben / sie für auswertiger Gewalt vertreten / und gleichsam miteinander als Glieder eines Leibes leben können.
Es sind ihrer viel / die das Land und Bauer-Leben mit einem verächtlichen Auge ansehen / wenn man aber dasselbe mit gesunder Vernunfft betrachtet / so kann dasselbe weder die Kunst bestehen / der Regente herrschen / noch das Volck in den Städten ihren Aufenthalt haben. Denn was andere Leute nicht thun und verrichten wollen / das nimmt der Land-Mann auf sich / seine Sorge ist der andern Nahrung / und sein Fleiß deroselben Nutzen. Sobald als der erste Mensch mit seinem Weibe den Sünden-Fall begieng / hub er an das Land zu bauen / zu säen / zu pflantzen / und sich darvon zu ernehren / nicht allein Er / sondern auch [174] seine Nachfolger Cain / Noa / Esau / Abraham / und alle Patriarchen. Abel war ein Schaaf-Hirte / Jacob und seine Kinder Schäfer / Moses der gleichen / Amos / und Saul ein Kühhirte / und der Prophet Elisa gieng eine zeitlang hinter dem Pfluge her. Ist es nun diesen zum Nach-Ruhme / zur Ehre / und zu ihrer und der Ihrigen Aufnehmen gereichet / warum nicht auch andern? Wann niemand die Erde bauete / wer wollte darauf (Lib. 2) leben? Justinianus meldet / es wäre Triptolemus der Erste gewesen / so in Asien Getreyde gebracht / und dasselbe mit Nutzen zu gebrauchen gelehret: (Cicero l. 1. Offic.) Nichts ist unter allen bessers / fruchtbarers / und denen Menschen mehr anständigers als der Feld-Bau. König Sergius ließ bey seiner angehenden Regierung nicht sonder Ursache auf die Müntze Schafe und Ochsen pregen: Der Römer Quintus Cincinnatus, wurde von dem Pfluge zum Römischen Dictator gen Rom beruffen / und nahm / da die Zeit seines Regiments vorbey / so dann den Pflug wieder zu Hand. Als Marcus Valerius Corvinus zu sechs unterschiedenen mahlen das Römisch Bürgermeister-Ambt auf sich gehabt / trat er solches wieder ab / und begab sich auf sein Forwerg zur Ruhe: Die edlen Römer Cajus Marius, Portius Cato, Curius Dentatus, Fabricius, und Andere mehr legten ihre zu Rom auf sich habende Aembter wohlbedächtig ab / und suchten ihr Leben auf dem Lande mit Ruhe zuzubringen. Xenophon sagt / man hätte vor Alters einen geschickten Land-Mann umb des dahero entstandenen Nutzens willen weit höher / als einen erfahrnen Kriegs-Mann gehalten. Der weise Cato nennet die Landes-Einkünffte pium quaestum minimèq??? invidiosum, aut malè cogitantem: Einen ehrlichen Gewinn / welchen man sonder Haß / und Betrug besitze / indem er niemahls nichts seinem Herren nehme / es sey dann / daß er Ihm solches hinwiederum reichlich vergelte: Non ex Cive, sed ex Cive & Agricolâ constat Civitas: Das gemeine Wesen beruhet nicht auf dem Bürger alleine / sondern zugleich auch auf dem Land-Mann. Denn (Xenophon.) gleichwie kein Kind ohne Milch kan erzogen werden: Also muß auch uns die Erde ihre Nahrung reichen. Und über uns hat man sich auch mehr zu verwundern / als wenn man sichtlich siehet / wie der höchste Schöpffer das unterste Geschöpffe in so vielerley Farben kleidet / in so vielerley Arten verwandelt / und in so vielerley Eigenschafften verkehret. Wie ER aus einem harten Korn so einen herrlichen Stengel / aus einer geringen Knospe die schönste Blüthe / und aus derselben die wohlgeschmäckste Frucht wachsen lässet. Es wissen die Poeten gar klüglich das Feld-Leben zu beschreiben / und bald desselbigen Lob durch ein nachdenckliches Hirten-Gespräch / bald durch eine sinnreiche Schäferey / bald aber / wie aus folgenden wahrzunehmen / durch gebundene Reden abzubilden:
Der frohe Frühling kömmt: Die Blumen sind verhanden: Die güldne Sonne färbt: der Vogel schwinget sich: Das Graß bricht häuffig aus: Der Zeiten Wüterich /
Der grimme Winter eilt nach andern rauhen Landen.
Der Land-Mann läßt sein Joch von den verwahrten Banden / und stürtzet seinen Pflug: was uns / und dich / und mich in einer schönen Fluhr ergetzet inniglich
Das läßt der freye Muth in seiner Lust nicht stranden.
Wie nun kein Stand ohne diesem: Also erfordert er auch eine gute Aufsicht und Ordnung: König David hatte dort über seine Schätze / über seine Ländereyen / über die Weinberge / über die Früchte / über die Kinder / [175] über die Camele / über die Esel / und über die Schaafe besondere Aufseher. Nicht einen geringen Vortheil hat der so auf dem Lande wohnet für andern: Jene / welche bey Hofe oder in den Städten wohnen / setzen sich durch ihre Vermessenheit auf die Höhe der Hoffarth / entzünden öffters dadurch ihr Hertz mit dem Neide / und streben nach der Begierde des Bösen: Ihre Unruhe gehet dahin / daß sie das / was sie besitzen / für wenig achten / und was andere haben / vor viel halten: Ihr Reichthum ist Mühe / und wenn sie das erlanget / so ist vielmahls der Verlust der Seelen grösser / als der angewandte Fleiß: Ihr Hertz streitet mit der Tugend / die sie täglich zu einem frömmern Leben vermahnet / und zugleich auch mit den Begierden / welche sie zur Eitelkeit locket / woraus / wenn sie diesen nachhänget / nichts anders erfolget / als daß ihr Verstand irrig gemacht / das Hertz bekümmert / und sie dadurch selbsten betrogen werden. Hingegen geneusst ein solcher nicht anderer Leute Schweiß und Blut / ist der Verachtung entfernet / und der heimlichen Nachstellung befreyet: Er lebet nicht nach seinem Sinne / sondern nach der Billichkeit / Er thut was sich gebühret / und behält dadurch ein reines Gewissen: Seine Demuth steckt in der Ehre / seine Ruhe in Betrachtung Göttlicher Sachen / sein Verstand in häußlicher Verrichtung / und seine Mässigkeit in deme / daß er sich an allem vergnügen lässet. Ihrer viel sind von Jenen / die sich verliehren / und Ihrer wenig / die wieder herfür kommen; Die Aembter bey ihnen werden verkehret / das Unrecht geheget / die Armen gedrückt / die Keuschen verführet / und die herrlichen Köpfe verleitet. Niemand ist mit seinem Stande zufrieden / ein jeder sucht täglich die Veränderung seines Glückes / und alles muß von zärtlichen Dingen / von zärtlichen Kleidern von zärtlicher Ruhe / von zärtlichen Wohlleben / und von zärtlichen Ehrerbietung / das Hertze sey gleich wo es wolle / bestehen. Es ist bey Hofe ein alter Gebrauch / daß man dasjenige offtermahls erlanget / worüber man sich keine Rechnung gemacht / und dasselbe hinwiederum verliehret / welches man zu verliehren nicht gedacht: Die Welt ist so verschmitzt zu betriegen / daß sie auch Einem eine Hoffnung zu etwas Guten machet / da doch im geringsten nichts zu hoffen / vermercket sie aber / daß einer hochmüthig / und verwegen / so bringet sie ihn zu hohen Ehren; Ist er verliebt / so schleyert sie ihm einen Affen; Ist er zu allerhand Schande und Laster geneigt / so verstärcket sie ihn in seinem Willen; Ist er ein Trunckenbold / so thut sie ihm behülfflichen Vorschub; Ist er aber geitzig und wucherhafftig so wird das Vermögen / es sey recht oder unrecht / gehäuffet / und zwar alles aus denen Ursachen / damit sie ihm hernacher desto eher das Netze seines Untergangs über den Hals werffen könne. Weit klüger und vernünfftiger überlegte der Römische Censorius diese weltliche Hinterlist / indem er in dem 68. Jahre seines Alters die Stadt Rom verließ / und sich auf das Land wendete / also / daß man hernacher an seiner Thür diese Worte geschrieben funde: O felix Cato, tu solus scis vivere. O glückseliger Cato, du alleine weist / wie man glücklich leben soll.
Es ist ein viel grösserer Ruhm / die Ehre und Reichthümer dieser Welt (Plutarchus.) verachten / als denenselben nachgehen. Der tapfere Pericles regierte über die Stadt Athen 36. Jahr / nachdem er aber der Mühseligkeit des Stadt-Wesens satt / zohe er auf sein Land-Gut / beflisse sich des Tages der Feld-Arbeit / des Abends des Studierens / und fand man über der Thüre seiner Wohnung gleicher gestalt dieses geschrieben: Inveni Portum, spes & Fortuna valete! Ich habe nunmehro den sicheren Port gefunden / gehabt euch wohl ihr mein Glück und Hoffnung. Als einsmahls nach des [176] Keysers Diocletiani abgetretenen Keyserthum der Römische Senat eine ansehnliche Gesandschafft zu Ihm schickten / und ersuchen liessen / daß er die Keyserliche Hoheit wieder antretten möchte / funden sie denselben daß er Salate lase / und die Weinstöcke beschnitte. Nachdem aber Diocletianus ihre Meinung verstanden / gab er ihnen dieses zur Antwort: Ihr meine Lieben / was meinet ihr wohl / ob dieses nicht besser sey / daß derjenige welcher diesen Salat gesäet / und diesen Weinstock gepflantzet / nicht beydes hinwieder geniessen / als daß er sich von neuen nach Rom in die Unruhe begebe. Und weil mir nicht unbekannt / was theils die Sorge der Regierung / theils auch der Ackerbau für Mühe auf sich habe / so lasset mich ungehindert bey diesem letzteren in Ruhe verbleiben. Denn ich begehre lieber auf diesem meinem Hofe dasjenige zu essen / was ich mit meinen Händen gewinne / als das Römische Reich nach eines jedweden Gutachten zu regieren. Aus diesen und dergleichen erhellet / daß grosse und ansehnliche Leute öffters gantze Länder / alle Hoheit und Herrligkeit verlassen / und anstatt derselben ein eingezogenes Leben erkieset.
Die wahre Ruhe bestehet nicht eben in vielem Besitzen / sondern in der Vergnügung: Alle Pracht und Hoheit verursachen mehr Pein als Freude: Und ob man schon anfangs hierüber eine Lust empfindet / so ziehen sie doch offtermahls einen Schmertzen nach sich; Ein Mensch wenn er lange genug in der Welt gelebet / hat nach nichts grössern zu trachten / als wie er sich aus der Unruhe in die Ruhe setzen möge. Die Nayrung suchen ist billich / wann man aber demjenigen / was man bereit gefunden / nach erlangter Ruhe emsiger nachstrebet / und sich wieder aus der Ruhe zu weltlichen Händeln begiebet / dem mangelt entweder der Verstand / oder das Glücke. Wer ist freyer / als der sich in der Freyheit befindet / und gleichwohl siehet man / daß dieselbe öffters viel nachtheiliges mit sich bringet. Den̅ gleichwie diejenigenso mit grosser Freyheit versehen / sich dero am wenigsten gebrauchen: also ist auch der nicht frey / so in solcher lebet / sondern dieser / der in derselben stirbet: Alle Aembter und Dienste haben Mühe / nur aber der ist unbesonnen / der sich aus seiner Ruhe / und aus seinem Friede in eine unruhige Unlust begiebet: Grosse Würde / grosse Sünde: Ein hoher Stand ist gleich den hohen Bäumen / welche zum Fallen geschickter als die niedrigsten: Nichts hat mehr Mühe und Gefahr auf sich als derselbe: Wir bauen vielfältig grosse Wohnungen / nnd unser Grund ist doch nur auf die Eitelkeit gestützet. Die Seele wohnet in einer kleinen Hütten / und bedarff dahero keine grössere / als sie selbst ist.
Man klagt vielfältig über Armuth / wer aber ist hieran anders schuld / als ihre Tochter der Müssiggang. Vorwitz ist der Weg zum Verderben; Lebete man nicht üppig / in steten Fressen und Sauffen / in schnöder Pracht und edler Hoffarth / in Verschwendung vielen Vermögens / und in Mißbrauch der zeitlichen Güter / so dürffte die verschmälerte Nahrung nicht mit der Thorheit zum Fenster hinaus sehen. Keiner hat solche Bürde anders / als sich selbsten zuzuschreiben; Wenn GOTT aus Zorn und Rache die Menschen durch Brand und Krieg von ihren Gütern stößt / so muß man zufrieden seyn: Wenn aber der Mensch dasjenige / was er von dem Himmel gleichsam pachtweise hat / ungebührlich hindurch jaget / so muß es ein Zufall oder Verhängnis heissen. Derohalben
Si sapis, affectes mediocria; Summa periclis Obvia: Contemtum sordida vita parit.
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Wofern du weise bist / so trachte so zu leben / Damit der mittler Stand dir Nutzen könne geben.
Grosse Gaben des Glückes / machen grosse Sorgen / und was herrlich ist / das stehet in Gefahr. Wie derohalben an allen denen jenigen Oerthern / in welchen nichts als Pracht / Hochmuth / Hoffarth und Uberfluß geführet wird / eine vergängliche Unruhe / ein Platz worinne das Leben beschwerlich / und das Sterben gefährlich / eine Herberge der Boßheit / ein Gebrechen der Unbeständigkeit / eine falsche Vermessenheit / und ein betrüglicher Vortheil / welcher lauter Unruhe / lauter Seufftzen / und lauter Schand / und Laster gebiehret / anzutreffen: Also ist hingegen der Stand / darinnen man geruhsamer lebet / und anderer Leuten Gut und Geld für nüchtig hält / viel vergnügter / viel glückseliger / und billich für eine Gabe GOTTES zu nennen. Denn desjenigen Menschens sein Leben / welches sich also vergnügsam erweiset / ist gleichsam ein kurtzer / und lustiger Weg den man in dieser Welt sonder grosse Beschwerde zu gehen vermag.
Q. Von den vier Haupt-Winden.
ISt iemahls was seltzames / und wunderbahres so uns die Lufft vorstellet / so sind es die Winde und deroselben Macht und Gewalt. (Cardanus de varietatc Rerum l. 1. c. 9.) Denn es gedencket Ammianus Marcellinus, daß einsmahls in Assyrien in der Stadt Anatha bey dem Euphrat dieselben alle Häuser aufgedecket die Soldaten darniedergeworffen / und Etliche von Ihnen gar mit sich hinweg geführet / welches in einem solchen ebenen Lande / wo keine Gebürge / was ungewöhnliches. Die Poeten fingiren / als ob die Aurora von dem Astraeo die Winde gebohren / Denn nachdem sie sich mit demselben vermischt / hätte sie den Argestem Zephyrum, und Boream gebohren. Die vornemhmsten vier Haubt-Winde / welche man sonst Cardinales nennet / sind Aquilo seu Boreas, der Nord-Wind / Subsolanus seu Eurus der Ost-Wind / Favonius seu Zephyrus der West-Wind / und Auster seu Notus der Sud-Wind. Dasjenige / was man Ihnen an statt der Opfer reichete / waren lauter wohlriechende Sachen. Uber diese / dichtet man / hätte AEolus als ein König zu gebiethen. (Hieronymus Megiserus in Descript. Venet. c. 24.) Man schreibet / daß zwischen Padua und Vicenz, auf einem Adelichen Land-Guthe eine Höhle von 4000. Schuhe lang / und 3000. breit zu finden sey / worinnen man entweder die Winde versperren / oder sie daraus in alle Zimmer desselbigen Hauses lassen könne / mit dieser Uberschrifft:
AEolus hic clauso ventorum Carcere regnat.
Allhier an diesem Ort ist AEolus zu finden / Der / wenn er will / geheuth den eingeschloßnen Winden.
(Winde Uhrsprung und Eigenschafften.) Es entstehen aber die Winde / gleichwie fast der Donner und Blitz aus den warmen und truckenen Dünsten / welche durch Krafft der Sonnen von der Erden zu dem mittelsten Theile der Lufft häuffig hinauf gezogen / und hinwiederum von der Kälte eben wie der Donner mit Gewalt zurücke getrieben werden. Denn wenn diese hitzige und truckene Dünste also wieder herniederwerts gejaget werden / so begegnen ihnen andere / welche die Sonne täglich an sich ziehet / und verursachen dadurch in der Lufft einefolche Bewegung / die man den Wind nennet.
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Es fahren aber solche leichte / warme und truckene Dünste / die von der Kälte herunter getrieben / nicht eben gerade unter sich / sondern seitwerts / dahero man auch nicht siehet / oder fühlet / daß die Winde stracks unter sich / sondern seitwerts zu streichen pflegen / gestalt man denn solches an den Wind-Gefässen wahrzunehmen / welche inwendig hohl / und von aussen ein Löchlein haben. Denn wenn diese sich erwärmen / so ziehen sie die Feuchtigkeit an sich / wenn man sie aber gegen das Feuer stellet / so verwandelt sich die von der Hitze herrührende Feuchtigkeit in einen Dampff / und bläset aus solchem kleinen Loche gleich einer Blase blad wider das Feuer heraus. Es ist aber der Winde gemeine Art und Natur / daß sie ziweilen ie länger ie stärcker zu wehen pflegen / und dieses kömmt daher: Wenn sich der Wind um den Horizon oder Erden-Creyß erhebet / so ist er noch sehr schwach / wenn er aber besser herunter fället / so vermehren sich die Dünste von oben herab / und unten herauswerts / also / daß es hier zugehet / wie mit dem Wasser / welches im Anfange / da es entspringt / fast kleine / und hernacher aus andern hierzulauffenden Bächen und Quellen ein grosser Strohm daraus wird. Die Physici nennen die gelinde und liebliche Lufft Auram, weiln sie aus einer geringen und subtilen Dunst / so die Lufft allgemach beweget / entstehet.
(Ihr Nutzen.) Der Winde Nutzen sind / daß sie die Lufft reinigen / das Dürre und Truckene feuchte / und hingegen / was feuchte / wiederum trucken machen: Ihr Lauff bestehet durch das gantze Jahr / sie haben ihre gewisse Theile / und Umschweiffe um den Erdboden / und ihre gewisse Cardines, oder Thür-Angel / (Wirbel-Wind.) von denen sie von dem Horizon zu uns herab wehen: Den Turbinem nennen die Physici einen Wirbel-Wind / und rechnen derselben zweyerley: Den ersten nennen sie Typhonem, oder einen Sturm-Wind / der aus einer solchen Materia / daraus Donner und Blitz / ohne allein / daß sie nicht zündet / entspringet. Wenn nun ein solcher Wind in eine enge Wolcke getrieben wird / so bricht sie mit Gewalt in einem runden Circkel herfür / fähret mit gantzer Macht unter sich / und zerbricht Bäume / Häuser / Schiffe und alles was sie in solcher Weil ertappen kan. Der ander Wirbel-Wind entspinnet sich wenn nehmlich derselbe an einen engen Ort getrieben wird / oder es treffen zwey Winde querüber zusammen / und überwerffen sich miteinander / so giebet es einen solchen Wirbel / welcher aber nicht so gefährlich als der erste.
(Der Winde Wirckung und ihre Nahmen.) Die Ordnung der Winde auf der Welt-Kugel sind Septentrio, so kalt und trucken / Boreas, so kalt und frostig: Caecias oder Altitonans, so Wärme und Donner bringet: Eurus, so warm und feuchte / und Regen erwecket: Vulturnus, so gegen dem Africo, gesetzet wird / welcher kalt / und feuchte / und mit dem Winde Trascia Schnee erwecket: Euro Auster oder Euronotus, so warm und feuchte / auch Regen und Gewölcke causiret: Auster, der warm und feuchte / ingleichen Regen / Nebel / trübe Lufft / und Pestilentialische Seuche nach sich ziehet: Libonotus, oder Africus, so kalt und feuchte / und ein Verkündiger des Ungewitters: Favonius, oder Zephyrus, der warm und feuchte / welcher von den Poeten ein Vater der Blumen / und der Geburth genennet wird / das ist / welcher die Feuchtigkeit und Wärme mässiget / die Kälte vertreibet / den Frost mildert / Laub und Graß herfürbringet / und durch sein freundliches Anhauchen gleichsam allen Creaturen eine lebendige Seele einbläset: Corus oder Caurus, der kalt und feuchte / und Trascias, welcher kalt mit Feuchte / und Truckenheit / erwecket
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erwecket gemeiniglich Schlossen und Schnee. Derjenigen Winde aber / welche man zur See rechnet / sind 32. als:
1. Fünffe von Morgen: 1. Ost-Nord-Ost. 2. Ost zu Norden. 3. Osten-Wind. 4. Ost-Suden. 5. Ost-Sud-Ost.
2. Fünffe von Mittage: 1. Sud-Ost. 2. Suden zu Osten. 3. Sud-Wind. 4. Suden zu Westen. 5. Sud-Sud-West.
3. Fünffe vom Abend: 1. West-Sud-West. 2. Westen zu Suden. 3. West-Wind. 4. Westen zu Norden. 5. West-Nord-West.
4. Fünffe von Mitternacht: 1. Nord-Nord-West. 2. Norden zu Westen. 3. Nord-Wind. 4. Norden zu Osten. 5. Nord Nord-Ost.
5. Hernacher 12. Mittel-Winde / als zwischen Morgen und Mittag. 1. Sud zu Osten. 2. Sud-Ost. 3. Sud-Ost zu Suden.
Drey zwischen dem Mittage und Niedergang. 1. Sud-West zu Suden. 2. Sud-West. 3. Sud-West zu Westen.
Drey zwischen dem Niedergang und Mitternacht. 1. Nord-West zu Westen. 2. Nord-West. 3. Nord-West zu Norden.
Drey zwischen Mitternacht und Aufgang: 1. Nord-Ost zu Norden. 2. Nord-Ost. 3. Nord-Ost zu Osten.
R. Von dem Saturno.
DEn Saturnum wollen Etliche / daß er von dem Himmel / Etliche von (Natalis Comes.) dem Meere / Etliche von der Erde entsprungen: Andere aber / daß er von dem Himmel / und der Vesta, durch welche sie nichts anders als (ad Lib. 1. Georg. Virg.) die Erde meinen / gebohren worden sey. Servius stehet in denen Gedancken / daß man vor Alters die jenigen / welche von grossen Tugenden gewesen / und sie eigentlich nicht gekennet / Kinder des Himmels genennet / damit bey denen Nachkommen / oder in ihrem Geschlechte / solche Ehre von Zeiten zu Zeiten fortgestammet werden möchte / gestalt man denn weiß / daß man gewisse Berge / Flüsse und Seen dem Männlichen Geschlechte an Nahmen beygeleget. Dem sey aber / wie ihm wolle / so wird durch den Saturnum ein sehr kluger und verständiger Mann vorgestellet / welcher nach etlicher Meinung in Aegypten / oder in Lybien regieret. Nachdem er aber / wie allbereit oben angeführet / von seinem Sohne dem Jupiter des Landes vertrieben / sich in Welschland begeben / und mit dem Jano daselbst des Regiments angemasset / so haben die Poeten die damahlige Zeit die güldene genennet / von welcher Tibullus also saget:
Quàm benè Saturno vivebant Rege, prius, quàm
Tellus in longas est patefacta vias.
Nondum coeruleas pinus contempseratundas,
effusum ventis praebuert???; Sinum.
Nec vagus ignotis repetens Compendia terris,
presserat externâ navita Merce Ratem:
Illo non validus subiit juga Tempore Taurus;
non domito froenos ore momordit Equus:
Non domus ulla fores habuit, non fixus in agris,
qui regeret certis Finibus arva, Lapis.
Ipsae mella dabant quercus, ultro???; ferebant
obvia securis Ubera lactis oves.
|| [180]
Non Acies, non Ira fuit, non Bella, nec Enses
immiti saevus presserat Arte Faber,
Wie / als Saturnus noch dasselbe wohl regieret /
gieng es doch glücklich her? das Land war unbekannt.
Es hatte nie kein Schiff die See also berühret /
das frembde Wahren trug von ferne nach dem Strand.
Zu der Zeit durffte nicht der Stier am Joche gehen;
Es war dem kühnen Hengst kein Ziegel angelegt:
Man sahe sonder Thor die Häuser offen stehen /
und keinen Stein gesetzt / der Rhein und Gräntze hegt.
Der süsse Honig floß von Bäumen unberühret:
Es both das milde Schaaf die Milch gar willig dar.
Kein Zorn ward da vermerckt / noch strenger Krieg geführet /
Dahero niemand auch bekannt war die Gefahr.
Des Saturni Kinder sollen Pluto, Chiron, Ficus, Neptunus, Jupiter (Saturnalia.) tertius, Cromis, Vesta, Ceres, und Glauca gewesen seyn. Ihm hielt man zu Rom zu Ehren entweder fünff oder sieben Tage lang gewisse (Macrobius l. 1. Saturnal. c. 10.) Fest-Tage / welche man Saturnalia nennete / und von den Römern mit grossen Freuden begangen wurden / und hub sich der erste Tag solcher Saturnalium den 17. Decembris an. Solche Saturnalia sollten nichts anders / als die Zeit bedeuten / indem Saturnus von den Griechen Chronos oder die Zeit selbst genennet wurde. Das Gröste / was an Ihme gerühmet / ist / daß er das rohe / unbändige und wilde Volck gebändiget / und zu einem erbahren Leben angeführet / welches man auch durch diejenigen Kertzern / so man an seinem Fest: Tage verschenckte / zu erkennen gegeben / und daß man zur Zeit seiner Regierung gleichsam aus der Finsternüs in das Liecht gesühret worden wäre. Wohin auch der Poete zielet / wenn er von einem weisen Fürsten also schreibet:
Da wohnt der Weißheit Chron / wo weisses Fürsten-Haar
bey wildem Volcke blüht: Es stehet wohl im Lande:
Das Schiff ist in den Port: Das Guth liegt auf dem Strande /
und hat die Furcht ersäufft / die vor verhanden war.
Und findet sich auch gleich noch offters mehr Gefahr /
die bald ein Wetter dräut mit einem rothen Brande /
so bringet kluger Kath / und Tugend / es zum Stande /
Daß einst der Scepter gläntzt / und machet alles klar.
Glückselig ist das Volck: Wenn dieß ein Printz erlangt /
Daß in der Blühte Erden Silber-Schnee läßt scheinen /
und um und neben sich aufwachsen sieht die Seinen /
So hat er das / wormit er hier und dorte prangt.
Unter andern soll er insonderheit gelehret haben / wie man Bäume pflantzen / psropsen und aufziehen solle / weswegen man Ihm auch als einem Erfinder des Ackerbaues die Sense zugeeignet / und Er mit selbiger vorgebildet worden. Die Poeten haben hiervon die Gelegenheit dieses von Ihm zu dichten bekommen / daß / als er seinen Vater entmannet / [181] (Zvving. Theat. tit. Agricult. Magistri. Saturnal. 1. c. 10.) habe er die Sense auf die Erde geworffen / welche in Sicilien an den Orth gefallen / so nach dem Griechischen Worte [Greek words] eine Sichel oder Sense heisse. Macrobius will ein anders / und saget / daß die Poeten die sonderbare Fruchtbarkeit des Landes Sicilien darzu veranlasset. Die wahrhafftige Meinungscheinet wohl diese zu seyn / daß die Insel wegen Ihrer Gestalt / als eine Sichel oder Sense / dahero den Nahmen bekommen. Nebenst diesem soll er auch die Latiner den Wein zu bauen gelehret haben / (Alex. ab Alex. genial. dier. lib. 2. c. 22. Macrob. Saturn. l. 1. c. 7.) wie Dionysius die Aegyptier / welchen sie unter dem Nahmen Osiris verehret. Deßgleichen wird er für einen Erfinder deß Honigs gehalten. Die Poeten verstehen auch durch Ihn die Zeit / dahero gekommen / daß die Mahlerdenselben in Gestalt eines alten Mannes gemahlet. In der Hand hat er eine Sense / nebenst einer Schlange / so ihren Schwantz in sich sasset / welches nichts anders bedeut / als die Ewigkeit / und Gewalt der Zeit / nach welcher sich gleichsam alles abmeyet. In dem Rachen hat Er eines von den Kindern stecken / welches Er verschlungen / und wieder ausspiehe / weil nehmlich die Zeit alles darvon führet / gleichsam tödtet / (Apud Tholosan. Comment. in Artem mirab. l. 4. c. 5.) und wieder neugebohren herfürbringet. Welches vielleicht den Justinianum dahin gebracht / daß Er durch den Saturnum die Natur verstehet. Wiewohl Macrobius durch Ihn auf die Sonne ziehlet / weilbey demselben die Elementa mit vorgestellet / Gestalt man auch dem Saturno zweene Knaben und zwey Mägdlein zugesellet / welche die Elementa (Natal. Comes.) gewiesen.
Die meisten aber gehen auf die Zeit. Und gleichwie die Aegyptier / und Phoenicier alle ihre Götter mit Flügeln abbildeten: Also theileten Sie auch dem Saturno viere derselben zu / von welchen ihrer zwey herab hingen / die andern zwey aber sich empor schwungen: Zu dem so hatte Er vier Augen / welche denn sonder Zweiffel denen Nienschender Zeit ihre unvermeidete Flucht vor Augen stellen sollten / als welche unter dem Schlaffe zu wachen / und unter dem Wachen zu schlaffen gewohnt wäre.
(in ???ololat. l. 1. c. 18.) Der gelehrte Vossius ist der Meinung / daß unter diesem allem / was von dem Saturno zu lesen / nichts anders / als Adam der erste Mensch zuverstehen sey. Dieser / als er von dem Himmel / das ist / von GOTT / und der Erden / das ist / aus einem Erden-Klosse an das Liecht dieser Welt gebracht / habe zuerst den Ackerbau gewiesen / und zu der rechten güldenen Zeit gelebet; Letzlich / so haben auch die Astronomi Ihn als einen Stern wegen sienes langsamen Lauffs benennet / indem Er nach der meisten Meinung fast in dreyssing Jahren / oder in zehentausend neunhundert fünff und funffzig Tagen / und 12. Stunden seinen Creyß / und Lauff erst vollendete. Sie haben Ihm gleicher Gestalt eine Sense zugetheilet / wodurch Sie dieses Sterns schädliche Wirckung bey der untern Welt angedeutet haben wollen / als welcher / nach ihrer Meinung / wo Er anders bey der Geburth eines Kindes nicht wegen seines widrigen Enflusses von einem gütigern Planeten gemindert würde / demselbigen den Todt dreuete.
(Der Streit zwischen der Natur un̅ Kunst) Bey dieser des Saturni Vorstellung hat man auch der Natur ihre Art / Gewonheit / Eigenschafft / und Streit mit der Kunst zu beobachten. Die Natur ist / die uns nackend lässet gebehren / und nackend sterben / und in der man isset und trincket / wächset und schläffet / hungert und durstet / redet und schweiget / dahero die Frage / ob die Natur / oder die Erfahrenheit der Künste mehr zu leisten vermöge. Die Natur wiese dem Saturno, wie er sich und die Seinigen / nachdem er verjaget / in der Fremb [182] de ernehren / das Land bauen / und derselben in allen nachleben sollte. Beyderseits sind zu rühmen: Künste vermögen alles / und niemand hasset dieselbigen / als der sie nicht kan. Sie sind Zehr-Pfennige / an denen man nicht schwehr träget / und die man weder rauben noch stehlen kan: Ihre Geschicklichkeit ist dem Golde vorzuziehen: Denn durch Sie wird die gantze Welt erleuchtet: Sie sind Zierathen im Glücke / und Beschützerinnen (Plato.) im Unglücke: Das Jenige Regiment bestehet wohl / wenn entweder Potentaten in Künsten erfahren / oder geschickte Leute umb sich haben: Das Lebender Menschen ohne Kunst und Geschicklichkeit ist nichts anders als ein Todt / und lebendiges Begräbnüs / da hingegen diese die Jugend erhalten / die Alten belustigen / die Traurigen erfreuen / und niemals keinen keine Hinderung in den Weg streuen.
Als sich eines Tages der Cardinal Julianus in den Büchern erlustigte / sagte ein ander zu Ihm: Was liegstu unter denen / die längst verstorben / worauf Ihm Jener zur Antwort gabe: Hi Famâ vivunt, tu verò ne???que Nomine, ne???que Re vivis: Diese leben annoch wegen ihres guten Gerüchts / du aber hast weder einen guten Nahmen / noch gutes Lob an dir. Gleichwie aber nicht ohne / daß der Krieg und die Veränderung des Glücks alles verzehret / ausser die Kunst nicht. Also ist doch gewiß / daß diese ohne die Natur blind / stumm und taub. Denn was diese thut / das muß der Mensch thun / er thue es gleich willig oder unwillig: Auf ihr wächst weder Schimmel noch Rost: Sie verkehret und ändert alle Dinge in der Welt. Das Gestirne an dem Himmel gehet auf und nieder: Der Tag folget der Nacht: Das Meer brüstet sich auf und leget sich wieder: Die Sonne Scheinet / und der Himmel donnert. Der Mensch lachet und weinet.
Wie der wese Anaxagoras hörete / daß sein Sohn todt / sagte Er / was ist das neues / mein Sohn ist sterblich / darumb hat Er auch sterben müssen: Die Natur hat allen lebhafften Dingen ein gewisses Ziel bestimmet / und zum sterben eine gewisse Zeit gestecket. Was Sie dem Menschen eingiebet / das bedarff nicht viel Kopffbrechens: Sie giebet einem Jedem Thiere zu verstehen / was gut oder böse ist / dahero dasselbe das jenige wahrnimmet / und meidet / wormit man es verletzen / hauen / stechen / schlagen oder tödten kan. Sie ist die / was Sie dem Menschen an einem Gliede benimmet / das ersetzet Sie Ihm an einem andern. Denn weil sie sich in allen Dingen eines ungesparten Fleisses bedienet / und nichts vergebliches verordnet: So ist auch ihr Ruhm in Fortpflantzung des Menschlichen Geschlechts / in Empfängnüs in Mutterleibe / in Bildung / in der Geburth / und Nahrung desto höher. Gleichwie aber die Kunst ohne Sie nichts: Also hält Sie auch eines übernatürlichen Dinges innerliche Krafft verborgen / und lässet die Menschen so lange darnach grübeln / bis Sie solche durch fleissiges Nachfinnen erforschen.
Es scheinet zwar / als wenn die Kunst mehr wichtigere Dinge / als die Natur selbsten herfür brächte. Denn worzu nützet ein unpolierter Diamant? Worzu das ungeschmeltzte Gold? Worzu das rohe Silber? Worzu das gifftige Metall? Worzu die Wolle des Viehes? Worzu das Kraut und Gewächse? Worzu die Wälder / und worzu das zahme und wilde Vieh? Wenn der Diamant nicht geschliffen / das Gold zur künstlichen Arbeit verwendet / das Silber geschmeltzet / das Kupfer getrieben / das Eisen gehärtet / die Wolle gesponnen / das Graß genutzet / das Holtz verarbeitet / und das Vieh gezähmet würde. Wann [183] man aber beyde ansiehet / so muß billich die Kunst der Natur weichen / weil Jene ohne diese nichts künstliches herfür zu bringen vermag. Denn weil die Kunst von dem Menschen / und der Natur Geschöpffe herrühret / so muß vorhero solche durch Fleiß und Mühe erlernet / hernacher der Natur beygesellet / und vermittelst deroselben Werck-Zeuge besser ausgearbeitet werden.
(Je mebr Kegenten an Jahren zunehmen / je mebr sie der Laster sollen müssig geben.) Hier weiset uns auch Saturnus, wie sich Potentaten sollen in der Jugend / und denn im Alter verhalten: Es ist bey dem JOVE gedacht / daß Er sich in seiner Jugend mit gewisser Bedingung des Reichs verziehen / und solches seinem Bruder aus Unbedachtsamkeit überlassen / auch hernach seinem Sohne dem JOVI selbst nach dem Leben gestanden / und darüber des Landes verlustiget / auch hernach zu einem klügeren Leben gebracht worden: Wann die Jugend / sagt man / so verständig wäre / als das Alter / so würde viel Thorheit unterbleiben: Seltenruhet dieselbe / und die Weißheit unter einem Dache. Denn wenn die Kinder-Schue zerrissen / so legt man erst die Stiefeln an: Nur allein die jenigen Anschläge sind heilsam / welche von dem Alter der Weißheit unterbauet werden: Böse Gesellschafften verderben auch die edelsten Gemüther. Die jenigen thun wohl / wenn sie dieselben mit der Schärffe erhalten / damit sie das jenige / womit sie sich die Zeit ihres Lebens ernehren sollen / desto eher begreiffen. Gleichwie aber Zucht und Tugend / Kunst und Geschicklichkeit dieselbe zieret: Also pfleget auch das Alter dahin seine Zuflucht zu nehmen. Was kan aber verkehrter gefunden werden / als wenn man aus dem Alter umkehret / sich gleichsam wieder in die Jugend wirfft / und mit derselben allerhand Laster anmasset. Keiner wird das widersprechen / daß beyde Alte und Junge ein reines und tugend hafftes Leben zu führen verpflichtet; Es wird aber in diesem Stücke Einem die Schuld mehr / als dem andern beygemessen. Denn obgleich die Jungen einen Excess begehen / so geschiehet doch solches aus Unwissenheit / der Alte aber thut es aus Bsoheit. Wer will alt seyn / der muß sich so halten / wie einem Alten gebühret: Mässig im Leben: Erbar in Kleidung: Behutsam in Reden: Verständig im Rathen: Löblich im Regimente: Gedultig im Widerwärtigkeit und rein von Lastern. Die Jugend weiß offters nicht / was sie wissen sollte / dahero kein Wunder / daß sie der Welt folget / weil es aber die Alten besser verstehen / so haben sie die Laster desto eher zu meiden. Kein grösserer Betrug ist / als wenn der Mensch sich selbst betreugt. Die Welt ist viel schlimmer als wir: So offt als wir von den Lastern / von unsern Begierden / und von unserem Fleische hintergangen werden: So offt gehen wir wieder daran / die Welt aber ist so schlimm / daß sie uns ohn Unterlaß berücket / und wenn sie uns unterwürffig gemacht / so nöthiget sie uns / daß wir thun müssen / was wir nicht gerne wollen.
Als Saturnus seine Jugend-Mängel erkannte / kehrete er um / und begab sich zu einem weisen Leben: Ebener Gestalt soll ein Weiser und Verständiger bedencken / was er thue / rede / anfahe / und wem er sich vertraue: Unsere angeerbte böse Natur ist nichts anders / als eine Zerstörerin unsers Verstandes / unser Verstand ein Richter / unsere Begierde ein Hencker der Jungend / die Jugend eine Verführerin des Alters / und das Alter ein Verkündiger des Todes: Der Mensch veral [184] tet an allen seinen Gliedern / nur am Hertzen und der Zunge nicht. Denn das Hertze dencket allezeit auf was böses / und die Zunge / wie sie allerhand Boßheit verüben möge. Der Tyrann Phalaris schrieb einsmahls seinem guten Freunde also: Ich verwundere mich / daß du von Jahren so alt / und von Lastern so jung bist / da du doch bey dir erwegen solltest / daß man vorzeiten mehr zu einem Alten umb seines Privileg???i willen / als zu einem Altare geflohen ist. Die Zeit ist kurtz / sie ist aber schädlich / wo Sie übel angelegt: Der Ruhm ist der letzte Geist aller Thaten / welches sich bey einem lasterhafftigen Alter niemahls befindet: Soll derohalben das Alter wohl angelegt seyn / so muß es sich mit der Jugend nicht vergleichen: Das Contrafait eines lasterhafftigen Potentatens ist eine Vorstellung seiner Laster / wenn es aber mit der Tugend gezieret gewesen / so weiset man / was daran gelegen.
Wie nun die Menschliche Gestalt baufällig; Also sind auch die Bilder vergänglich / wann sie nicht mit der Tugend untergestützt. Unter allen Römern war der Welt-Weise Cato der einzige / welcher nicht verstatten wollte / daß in dem Capitolio zu Rom seine Statua aufgerichtet werden möchte. Und weil sich viel Leute darüber verwunderten sagte Er: Es ist besser / daß man das jenige / was ich in meinem Leben gutes verrichtet / aufsuche / und darnach lebe / als daß man mir zu Ehren eine Statua setze / die umb einer geringen Ursache willen hinwiederumb eingerissen / und weggeworffen werden kan. Bleibet dahero darbey / ein aufrichtiges Gemüthe / eine warhafftige Rede / und ein beständiger Mund ist nach dem Tode eine der besten Kundschafften. Darum wer nach einer höheren Freude trachtet / der lerne in irrdischen Unfällen großmüthig überwinden / verachte das Zeitliche / und lerne durch Weißheit das Ewige suchen.
Wirckung der sämmtlichen sieben Planeten.
WIr wollen aber die unter dem vorhergegangenen Aufzuge hin und wieder zertheilten Planeten kürtzlich zusammen ziehen / und annoch deroselben himmlische Wirckungen / auch die dadurch vielen Völckern betrügerischer Weise an die Hand gegebene Abgötterey / und eingebildeten Aberglauben mit wenigen beschauen.
(Eintheilang der Himmel. Confer Alstedii Encyclopaed. Tychode Brach.) Was sonst Astronomicè von Wirckung der Sieben Planeten / und deroselben Häusern zu halten / so ist nicht ohne / daß nur ein Himmel / welchen man das Firmament, oder die Feste des Himmels nennet / zu finden sey / gleichwohl aber theilet man denselben in zehn unterschiedene Sphaeras, oder Himmel / von welchen Einer immer höher als der Andere stehet / nehmlichen die unterste Sphaera ist Luna, die nechste Mercurius, Venus, Sol, Mars, Jupiter und Saturnus, welchen der Neunte Himmel / oder Coelum Crystallinum, der allein aus seinem Lauffe erkannt wird / folget / und dann der Zehende / oder das primum Mobile, der alle Sphaeras vom Aufgange bis zum Niedergange mit Sich herumbführet. Dieser erste Motus, primum mobile, oder Zehende Himmel läufft innerhalb vier und zwanzig Stunden Circulrund umb die Welt / und bringet durch solchen ihren Lauff zu wege / daß die Sonne / der Mond und das Gestirne auff- und niedergehet / und [185] zwischen Tag und Nacht eine Gleichheit hält. Der neunte Himmel nimmt seinen natürlichen Lauff von Untergang gegen Auffgang dem Lauff des zehenden Himmels entgegen / hat seine eigene Polos, und Axem, und durchschneidet Axem Mundi in dem Mittel creutzweise. Sein Motus ist dermassen langsam / daß ihn auch die Alten nicht beobachtet / und dahero nur neun Sphaeren gesetzet: Der achte oder gestirnte Himmel hat vor sich seine eigene und natürliche Bewegung / welche sich von Mitternacht gegen Mittag / und von dannen gegen Mitternacht erstrecket.
(??? Saturnus.) Auf diesen folgen nun die sieben Himmel / oder Planeten / welche alle ihren natürlichen / wiewohl ungleichen Lauff von Abend gegen Morgen unter dem Zodiaco der achten Sphaerae haben / daß sie aber dem zehenden Himmel mit gleichem Lauffe nicht alle entgegen kommen / ist / daß dieser die / so ihme am nechsten / viel geschwinder mit sich herumbreisset / als die Andern / welche zu tieff von Ihm gesetzt sind / zudem / so hat ein Planete immer einen kleineren Umbkreis / als der Andere. Und weiln Saturnus der Höchste / der die Andern Planeten in seinem Umbkreisse beschleusst / so vollbringet er seinen Lauff gegen den Zehenden Himmel desto langsamer / nehmlich in dreyssig Jahren / da hingegen der Mond / als der kleineste unter den Planeten / den Seinigen binnen vier Wochen vollziehet.
Es ist aber Saturnus, wie gesagt / der Oberste und Höchste Planete / den man wegen seiner Höhe selten siehet / und des Tages nur zwey Minuten / in einem Jahre aber zwölff Gradus, zwölff Minuten / und sechs und vierzig secunden läufft. Dahero ihn auch die Astronomi für melancholischer und irrdischer Art achten / als welcher in seiner Wirckung schwer / und langsam / und in allen seinen Aspectibus schädlich fiele / regiere nnr über reiche / geitzige / sorgfältige / neidische / listige und verschmitzte Leute / insonderheit aber über Bley / Ertz / und dergleichen / und verursache mit dem Monden allerhand böse Kranckheiten / Zorn / Haß / Aussatz / Gicht / und schwere Noth. Seine Häuser sind der Steinbock und Wassermann.
(??? Jupiter) Nach Ihm ist Jupiter der andere Planet / welcher in Jahr und Tag dreyssig Grad, neunzehen Minuten / und ein und vierzig Secunden, und in zwölff Jahren den Zodiacum durchläufft. Man nennet Ihn unter allen Planeten den Gütigsten / ist warmer und feuchter Complexion, hat eine anmuthige Influenz, wodurch man zu allerhand Ehre / Hoheit / und (Comes Natal.) Menschlicher Glückselichkeit fähig / und geschickt wird. Von Ihme meldet man / daß Er seinen Vatter aus dem Reiche verjaget / wordurch man nichts anders verstehet / als daß Er mit seinem guten Temperament des Saturni Boßheit / das ist / seine Kälte vertriebe / und dieselbe umb ein gutes Theil vergeringere. Er giebet einen solchen Schein von sich / daß man fast seinen Schatten verspühret / und ist ein Freund der Menschlichen Natur / gestalt man dann unter Ihn alle Geistliche hohe Standes-Personen / ingleichen Reichthumb / Ruhm / Ehre / Weißheit / und Aufrichtigkeit rechnet. Seine Häuser sind der Schütze / und die Fische.
(??? Mars.) Mars, dessen Häuser der Widder und Scorpion / ist seiner Art nach Cholerisch / heiß / trucken / läufft durch die zwölff Himmlische Zeichen in zwey Jahren / und gleichet sich am Scheine der VENUS: Sein Einfluß ist widerwärtig / dem JOVI entgegen / und [186] was dieser gutes würcket / das unterstehet sich Jener zu hintertreiben. Was unter ihm gebohren wird / ist meistentheils jachzornig / frech / kühne und streitbar. Ihme sind alle die Jenigen / welche mit Krieg / Kriegerischen Gedancken / Wehr und Waffen / Eisen und Feuer umgehen / wie auch alle unverschämte Menschen unterworffen / deßgleichen rühren auch von Ihm alle gifftige Drüsen / Geschwäre / und andere hitzige Kranckheiten her / in Summa / alles / was man in der Stunde Martis anfahe / das soll unglücklich seyn / und alle Traurigkeit / Schrecken und Furcht zu wege bringen.
(??? Sol.) Sol, so der König aller Planeten / nach welchem sich die Andern alle mit ihrem Lauffe richten / und der den Löwen zum Hause hat / ist warm und trucken / läufft den Tag über vor sich / da hingegen andere Planeten hinter sich lauffen / Sie streicht täglich 29. Minuten / und 8. Secunden fort / und vollbringet ihr gesetztes Ziel in Jahr und Tag / so Annus solaris (Jacobus Milichius.) genennet wird. Man hat ausgerechnet / daß dieselbe in einer Minute 4500. Teutsche Meilweges lauffe / woraus erscheinet / daß Sie / weil iede Stunde 60. Minuten hat / alle Stunden 270000. Meilen lauffe. Daß Sie uns in unserem Gesichte klein zu seyn bedüncket / das macht ihre Weite / und überaus grosse Höhe von der Erden. Sie ist eine solche feurige Kugel / die sich selbsten nicht verzehret / und gleichwol allen Creaturen eine solche lebendige Krafft mittheilet / daß sie nicht allein alles auf dem Erdboden erwärmet / sondern auch durch ihre Hitze allerley Gewürme zeitiget und lebendig machet. Die Poeten / wie an seinem Orthe soll gesagt werden / haben durch die Veränderung der Sonnen-Wärme in der Fabel von ihrem Wege / welchen Phaëthon ohn Unterlaß mit vier Pferden herumbführe / gar artlich die Veränderung der Natur zuverstehen gegeben / indem Eous, oder Bosphorus die erste feurige Klarheit / Pyrois die scharffe Hitze / Aethon die brennende / und Phlegon die nachlassende Hitze bedeute. Man nennet sie auch das Auge / und die Seele der Welt / indem Sie allen natürlichen Dingen Krafft und Leben giebet. Sie theilet vom Aufgang bis zum Niedergang allen Sternen ihr Liecht mit / scheinet durch den ganzen Zodia cum, und vollstrecket / wie gesagt / ihren Lauff in 365. Tagen. Sie herrschet über alle Keyser / Könige / Potentaten und Obrigkeiten / auch über alle stoltze / kluge / und ehrgeitzige Leuthe / welche in grossen Ansehen seyn wollen / und hat am Menschlichen Leibe das Gehirne / die Augen / und das Hertz inne.
(??? Venus.) Der Veneris Eigenschafft ist / daß sie von Natur kalt / und feuchte / und gleiche Verwandtnüs mit dem Jove, auch den Stier / und die Wage zu Häusern hat. Was nun Jupiter dem Menschen an Tugend / Geschicklichkeit und Kunst einflösset / darzu giebet die Venus ihre besondere Anmuthigkeit / und zierliche Gestalt. Sie läufft mit dem Mercurio täglich so weit als die Sonne / wird theils eine gewisse Zeit Lucifer, oder Morgen- und dann Hesperus der Abend-Stern genennt. Man hat ihr wegen ihrer schönen Gestalt / und weil sie / dem Ansehen nach / ausser der Sonne und den Mond der allergröste Stern am Himmel zu seyn scheinet / den Nahmen der holdseeligsten Venus gegeben. Sie geht der Sonnen vor / strahlet / wie Mercurius, wider die Welt / verrichtet ihren Lauff durch den Zodiacum in 365. Tagen / und siehet dem Marti am Scheine allerdings gleich. Sie herrschet über die fröliche und lustige Jugend / und über alles das / was Freude und Wollust erwecket / insonderheit aber bey dem Menschen über die Nieren / Lenden / und andere Geburts-Glieder.
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Mercurius nimmt eines ieden Planeten / mit dem er sich gesellet / (??? Mercurius.) Natur und Eigenschafften an sich / und hat zu seinen Häusern die Zwillinge und die Jungfrau. Von den Metallen eignet man Ihm das Quecksilber / und unter den Steinen den Magnet zu. Sein Stern ist klein und liechte / hell und weiß / der der Sonne am nechsten stehet. Er verrichtet seinen Lauff / wie die Venus und die Sonne / und wird für den zwey- und zwanzigsten Theil des Erd-Creysses geschätzet. Seiner Beschaffenheit nach ist er ein unbeständiger Planete mit gutem gut / und mit bösem böse / auch feuchte und truckenes Wesens. Er ist ein Herr über alle hurtige / und sinnreiche Künstler / freye Wissenschafften / Handlungen / und Erfinder aller neuen Dinge / auch beherrschet er das Gedächtnüs / die Zunge und das Gehirne.
Der Lunae Haus ist der Krebs / hat über uns / weil er der nechste (??? Luna.) Planete nach der Erde ist / mehr zu wircken / als die anderen alle / vollbringet seinen Lauff in dem Zodiaco fast in 28. Tagen / und durchläufft denselben des Jahrs 12. mahl. Er scheinet menschlichen Augen so groß / als die Sonne / weil er dem Erdboden viel näher / als dieselbe / nimmt seinen Schein von der Sonne / und hat seinen Ab- und Zugang. Denn wenn der Mond bey der Sonne stehet / so scheinet dieselbe von oben herabwerts auf den Mond / da denn die Strahlen wieder zurücke hinauf springen / und der Mond das finstere Theil seiner Kugel zu uns wendet / so man den neuen Mond nennet. Wenn aber der Mond von der Sonnen gemachsam fortgehet / so beginnet er auf seiner runden Kugel oder Scheibe einen blancken / und hörnichten / hernach einen halben und vollen Schein zu bekommen. Dafern nun der Mond / gegen dem Morgen zu / der Sonnen hinwieder entgegen läufft / so drehet sich sein Glantz gemachsam wieder in die Höhe / und nimmt also der Mond wieder ab / biß er halb und hörnicht scheinet / und letzlich / dem Bedüncken nach / gantz vergehet.
Es ist sich aber billig über diesen der Planeten Gang zu verwundern. Denn die Sonne ist gleichsam unter ihnen ihr König: Venus hält so wohl Abends als Morgens die Wache: Mercurius gehet als ihr Cantzler bey ihr her: Luna verrichtet das Ambt eines fertigen Postiglion: Mars, Saturnus und Jupiter aber steigen / sobald sie sich zu ihnen genahet / in das höchste Theil ihrer Circul / und gehen ihr gleichsam als die Vornehmsten vor: Wenn sie sich aber von Ihnen wegbegiebet / so folgen sie ihr langsam nach / und stehen nachmahls gleich als wenn sie sich von ihr absegnen wollten / von ferne stille / kehren hierauf zurücke / biß die Sonne gegen Ihnen recht überstehet / und lassen sich alsdann in ihren Circuln auf das niedrigste herab / woraus klärlich zu sehen / wie die Göttliche Weißheit uns Menschen durch die Ordnung der Sterne an dem grossen Himmels-Gebäude auch das Weltliche Regiment vorgestellet und abgebildet.
(Der Planeten Höhe und Grösse.) Von der Grösse und Höhe der Planeten aber / wie hoch Jeder von dem Mittel-Puncte der Erde stehe / rechnet man also:
Von der Erden stehen:
(Erasmus Schrekenfuchs. Co̅ment. in Sphaer. Joh. de S. Busto. pag. 47.) Luna. - - 28359 Teutsche Meilen. 0. Minuten
Mercurius. 55141. - - - - - 37.
Venus. - 142652. - - - -0.
Sol. - - 927238. - - -38.
Mars. - - 1010615. - - - - -0.
Jupiter. - 7074306. - - -0.
Saturnus-15091338. - - - -2.
|| [188]
Aus diesen suchet man die Dicke eines ieden Planeten / als die Stärcke
Lunae ist - 26782. Teutsche Meilen / 37. Minuten.
Mercurii - 87510. - - -23.
Veneris - 784586. - -38.
Solis - - 83376. - -22.
Martis - - 6063691. - - -0.
Jovis, und - 4244412. - - -22.
Saturni - - 4772619. - - 40.
Solchem Gemässe ist der Umb-Creiß
Lunae - - 346605. teutsche Meilen / 27. Minuten.
Mercurii - - 899813. - - 0.
Veneris - - 5828359. - - 50.
Solis - - 6354437. - -1.
Martis - - 44467066. - - 0.
Jovis, und - 71146228. - - - 0.
Saturni. - 94859839. - - 0.
Ist demnach / wie die Astronomi rechnen / grösser als die Erde /
Saturnus - - 91. mahl.
Jupiter - - 95½.
Mars - - - 1 1/3
Sol. - - - 166. oder / wie andere wollen / 162. mahl.
Hingegen sind kleiner als die Erde /
Venus - 37. mahl.
Mercurius - 3143. und
Luna - - 39.
Diese vollbringen ihren Lauff umb den Erd-Creyß.
Saturnus ohngefehr in 30. Jahren.
Jupiter. - - - 12.
Mars. - - - - 2.
Sol. - - - - - 365. Tagen.
Venus. - - - 265. Tagen.
Mercurius, - - 1. Jahr.
Luna. - - - - 27. Tagen.
(Urspru̅g der erste̅ Abgötterey. Hospinianus in Relig. Ethnic.) Hierbey hat man sich auch der entstandenen Abgötterey / und wie sie ihren Anfang gewonnen / gleichmässig zu erinnern. Es ist aber Abgötterey und der Aberglaube nichts anders / als eine Tochter / und Sohn der Aufgeblasenen Hoffarth / und der falschen Einbildung. Dieser Irrthum ist bey den Heiden gemachsam eingerissen / und hat nachmahls / nachdem sie den wahren Dreyeinigen und unsterblichen GOTT / der durch seine eigene Weißheit aus nichts alles erschaffen / aus den Augen gesetzet / so gar / überhand genommen / daß sie sich zu den stummen und tauben Götzen / die doch nur von Holtze / und Steinen / oder anderer sterblichen Menschen Händen gewesen / gesellet / und für Götter aufgeworffen / So viel aber die Weissagungen / welche von ihen herrühreten / belanget / so geschahen dieselben nicht durch sie / sondern durch Andere / die sich in ihre Bilder verkrochen / oder durch die unreinen Geister selbsten / welche die Leute da [189] durch hinter das Liecht sühreten / und in ihrem Irrthume verstärcketen. Wie nun dahero alle Abgötterey ihren Anfang gemachsam zugenommen / und der Teuffel mit der ungewissen Weissagung seine Gauckeley gehabt / also wollen wir solche mit wenigen melden.
Es haben die Juden von Ankunfft und Ursprung der Abgötterey ihre sonderbahre Meinung gehabt / und vorgegeben / daß Ißmael der Erste / welcher aus Leime ein Bild gemacht / und den Leuten dasselbe anzubeten fürgestellet: Hingegen sind die Heyden der Meinung / daß Prometheus der erste Bildschnitzer gewesen / und von Ihme die Andern ihre Kunst-Bilder / und Seulen aufzurichten gelernet: Der rechte Anfänger aber alles dieses Bösen ware / nach Anweisung der wahrhafftigen Historien und Geschichten / König Ninus in Assyrien / welcher seinem Vatter dem Belo, der etwas zeitlich mit Tode abgangen / ein herrliches Begräbnüs anstellete / und Ihm zum ewigen Gedächtnüs ein Bild / das seinem Vatter in allen gleichte / aus purem Golde aufrichten liesse / damit / so offt er es sahe / Er sich dessen erinnern könte. Endlich befahl Er gar / ihn für einen Gott zu verehren / und anzubeten / immassen er dann seinen Unterthanen den Assyrern einbildete / als ob sein Vatter in Himmel gefahren / und daselbst zu einem Gott gemacht worden wäre. Dannenhero es auch mit der Zeit dahin gerieth / daß der böse Geist sich in solch Bild verbarg / und denen / so Bericht von Ihm begehrten / Bescheid gab. Etliche machten aus dem Belo hernach Beel / Baal / Baalpheor und Baalsebub.
Diesem Exempel folgten nachgehends auch andere Heyden / machten aus denen verstorbenen Menschen / die bey ihren Lebezeiten etwas sonderliches verrichtet unterschiedene Götter / und verehreten / dieselben auf Göttliche Art und Weise. Ihr erster Gott war Saturnus, der bey seinem Leben ein König in Creta / und nachdem er verstorben / vermeineten seine Unterthanen / er wäre gen Himmel entzuckt / und zum Planeten worden. Welcher bis auf den heutigen Tag den Nahmen von Ihm hat / weßwegen sie hernacher denselben anbeteten / und Ihm göttliche Ehre erzeigten. Andere schreiben / und dichten von Ihm / daß er ein weiser / verständiger und gelehrter Mann gewesen / und habe aus der Sternen-Kunst so viel erkundiget / daß sein Weib schwanger / ihm einen Sohn gebähren / von dem Er aus dem Reiche verstossen / und in das Elend verjagt werden würde: Darumb Er auch seinem Weibe befohlen / daß / wenn sie das Kind gebohren / es ihm alsbald sollte zu fressen geben. Nachdem aber die Mutter einen Sohn zur Welt gebracht / habe sie das Kind verborgen gehalten / und dem Vatter an statt desselben einen Stein / den Er auch verschlungen / gezeiget. Es soll ihm aber dieses sein Weib drey Söhne / nehmlichen / den Jovem, Neptunum, und Plutonem, und eine Tochter die Junonem, welche allzumahl von den Heiden für Götter geehret worden / gebohren haben. Dem Jovi eignete man auch einen besonderen Planeten zu / nennete ihn Jupiter, und erhub ihn hernach über andere Götter.
Nach diesem warffen sie den Martem für einen Gott des Krieges auf / erwiesen der Sonne / welche auch Apollo genennt / in der Insul Delos göttliche Ehre deßgleichen der Veneri, wie auch dem Mercurio, den Sie für des Jovis Sohn hielten / und endlich dem Mond / den man sonst Diana nennete / und für deß / ???pollinis Schwester ausgab. Gleichwie man nun an diesem sich nicht vergnüget achtete / Also brachte man auch in unterschiedenen Ländern und Oerthern andere und neue Götter herfür / daß [190] dahero ein Jegliches Land und Volk seinen eigenen und sonderlichen Gott hatte. Denn in Aegypten war es Isis, in Cretâ Jupiter, bey den Mohren Juba, bey den Latinern Faunus, bey den Römern Quirinus, zu Athen Minerva, in Cypern zu Paphos die Venus, zu Delos, und Delphis Apollo, und andere mehr / also daß Ihm ein Jeder / seiner Andacht und Meinung nach / einen besonderen Gott erkiesete.
Die Christen aber wissen aus Göttlicher Schrifft ein bessers / und daß allein ein GOTT im Himmel / der alle Dinge erschaffen / und daß nebenst anderen Geschöpfen das Erste und Herrlichste die Engel seyn / welche doch alle in der Warheit nicht bestanden / sondern etliche unter Ihnen / und zwar die Vornehmsten aus Hoffarth und Vermessenheit / wieder von GOTT abgefallen / in die Hölle gestürtzet / und zu Feinden GOttes und aller Menschen worden. Weßwegen dann dieselben aus Neid und Haß wider das menschliche Geschlechte sich an unsern ersten Eltern / und zuförderst an die Evam / als einen schwachen Werckzeug gemacht / aus der Schlange mit ihr geredet / sie verführet / und betrogen / und dadurch auch alle Menschen in die äuserste Noth gebracht / wodurch also die Erkänntnüs GOttes bey den Menschen gemachsam erloschen / daß sie aus Unverstand der Natur nicht gewust / wie der rechte GOTT zu erkennen / zu verehren / und zu lieben sey.
(Ob der Teufel Wunder thun könne.) Es ist kein Zweiffel / daß der Teuffel aus Göttlichem Verhängnüsse und zur Straffe der Welt Wunder thun könne / Denn bey dem Mose lieset man / daß durch Mitwirckung des Teuffels die Zauberer den Göttlichen (Exod. c. 7. 8.) Wercken durch Lügen-Zeichen sehr nachgeahmet / und GOTT verbeuth selbsten / daß man den falschen Propheten nicht Glauben zustellen solle. (Deut. 13.) Unterstehet sich nun der Teuffel nebenst GOttes Wercken auch sein Affen-Spiel zu haben / wie vielmehr bey denen abergläubischen Menschen / die insonderheit ihr Heil und Vertrauen auf einen verstorbenen Menschen / (Herodotus l. 2.) oder todtes Bild setzen. Da König Amasis in Egypten wegen nicht Leistung der Ehelichen Pflicht einen Argwohn auf seine Gemahlin warff / und Sie dahero zu tödten bedrohete / ruffte sie aus abergläubischer Einbildung die Venerem umb Beystand an / verhieß Ihr zur Danckbarkeit ein gantz gülden Bild in dem Tempel zu Cyren auffzurichten / und erlangte dadurch / ihrem Vorgeben nach / daß ihr Gemahl Sie erkannte. Wie (Valerius M. l. 1. c. 8.) der Römische Feld-Herr Furius Camillus die Vejer in Hetrurien bezwungen / befahl er der Juno Bildnus des Jupiters Schwester von dannen nach Rom zu führen / nachdem aber einer zu solchem Bilde schertzweise sagte: Willstu mit nach Rom? habe dasselbe geantwortet: Ja. Wornach man nicht allein solches mit Verwunderung dahin gebracht / sondern auch der Junoni zu Ehren / als welche vom Himmel gekommen / und sich in dieses Bild gesetzet hätte / auf dem Berge Aventino einen Tempel erbauet. (Val Max. l. 1. c. 8.) Die Brutier und Lucaner trugen gegen der Stadt Thurium eine verbitterte Feindschafft / und vermeinten dieselbe zu vertilgen / es nahmen sich aber die Römer ihrer an; indem sie nun in Sorgen stunden / ob sie die Feinde angreiffen sollten oder nicht / trat ein unbekannter Jüngling herfür / und ermahnete Sie zum Streit; wie Sie aber nicht wohl dran wollten / nahm derselbe eine Sturm-Leiter / stieg darmit auf der Feinde Bollwerk / und rieff überlaut: Sehet / das ist der Anfang eures Sieges. Da dan̅ hierauf die Römer von den Feinden 25000. Mann nebenst ihrem Generale dem Statio Statilio erschlugen / und 23. Fähnel gefangen bekahmen. Des andern Tages ließ man durch das gantze Lager nach dem Jünglinge fra [191] gen / da Sich aber Niemand angab / gerieth man auf die Gedancken / daß es Ihr Gott Mars, zumahln da man sein Helmlein mit den zwey Spitzen gefunden / müsse gewesen seyn. Dahero dann Fabricius befahl / daß man Ihm zu Ehren ein grosses Fest halten / alles Kriegs-Volck auf den Häuptern Ehren-Cräntze tragen / und solchem wegen des geleisteten Beystandes öffentlich dancken sollten.
(Fulgosus.) Dem Abgott Vulcano hatte man nicht weit von Agrigent einen Tempel und Altar erbauet / auf dem man Ihn anbetete / und grün Holz legete; wenn man nun / wie man vorgabe / mit Andacht sein Gebeth verrichtete / so zündete sich das grüne Holtz selbsten an / geschahe aber das Gebeth kaltsinnig / so blieb das Holz auch ohne Feuer.
(Sabellicus l. 2. c. 5.) Als die Sabiner die Römer in die Flucht schlugen / und Sie König Romulus nicht zurücke zu halten vermochte / that Er dem Jupiter ein Gelübde / daß / wo sein Volck sich wieder erhohlete / Er Ihm in Rom einen herrlichen Tempel aufrichten lassen wollte / welches nach erlangtem Siege auch geschahe.
(Pausanias in Corinthiacis.) Die Sicyonier stiffteten dem Apollini zu Ehren / weil er ihre Schafe für den Wölffen befreyet / einen schönen Tempel auf dem Marckte / deßgleichen thaten auch die Athenienser wegen der Pest / daß Sie derselben vermittelst des Apollinis entübriget zu seyn vermeineten.
Des Saturni Saturnalia, des Martis Quirinalia, des Mercurii Mercurialia, und der Sonnen Mitriaca sind bekannt / welche alle solche Heydnische Feste waren / an welchen man Ihnen zu Ehren / als vermeinten Göttern / auf unterschiedene Arten Opffer anstellete.
(Lactantius.) Nachdem die Carthaginenser von dem Agathocle geschlagen / meineten Sie / es wäre Saturnus über Sie erzörnet / und opferten ihm deßwegen zweyhundert der edlesten Jünglinge / allermassen denn bey Ihnen (Plutarchus in lib. de Superstit.) ohne diß der Gebrauch / daß der Jenige / welcher keine Kinder hatte etliche von ihren Eltern erkauffte / und Sie in beyseyn deroselben dem Saturno opferte. Damit man aber deroselben Winseln und Wehklagen nicht hörete / schlug und bließ man die Paucken und Pfeiffen bey währendem Opfer.
(Comes Natal.) Dem Jovi wurde nichts als Menschen-Blut / dem Marti ein wilder Stier / der Sonnen ein Pferd / der Venus eine Taube und weisse Ziege / dem Mercurio Milch und Honig / wie auch die Zunge von dem geschlachteten Vieh / und der Lunae eine Saue / oder Farre geopffert / so gar hat der Teuffel / theils durch diese blinde Zeichen / theils auch durch solche teuffelische Opffer die Menschen zur Abgötterey geführet / daß (Abgötterey / was sie heisse.) dadurch viel tausend Seelen in ihrer Blindheit dahin gefahren. Unter andern ist auch die Abgötterey das / was man für GOTT dichtet / oder Sich etwas ohne GOTTES Wort zum GOttes-Dienste erwehlet / worinne weder Krafft noch Trost zu befinden / gestalt dann die Heiden (Varro. Augustin.) unter Sich dreyssig tausend Götzen / und die Perser und Chaldaeer das Feuer für ihren Gott hielten / indem Sie gehöret / daß der Alt-Väter gethanes Opffer durch das Feuer vom Himmel verzehret worden: Etliche zogen die Göttliche Verheissung von des Weibes Samen auf den Abgott Priapum, Etliche des Messiae Opffer auf den Abgott Moloch / welchem Sie ihre Kinder verbrenneten / und demselben opferten.
(Genes. ???.) In der Schrifft findet man / daß der falsche Gottes-Dienst von Cain und seinem Geschlechte angefangen / und nach der Sündfluth von [192] (Genes. 11. Num. 23.) Chams seinen Nachkommen fortgepflantzet worden. Denn die Babylonier verehreten / wie gesagt / den Bel, die Sydonier, Phoenicier und (2. Reg. 1.) Moabiter den Baal / die zu Ekron den Beelzebub / welchen der König Ahasia in seiner Kranckheit vergebens umb Rath fragen ließ: Die (1. Sam. 12. 1. Reg. 11.) Philister und die Abtrünnigen Israeliter den Dagon un̅ Astharoth: Die Kinder Ammon Moloch / und Milcom: Die Moabiter den Chamos: Die Römer die Vestam, Cybelen, und Junonem: Die Sicilianer den Apollinem: Die Megarenser die Dianam: Die Griechen die Minervam und Isidem: Die Aegyptier den Vulcanum, und andere mehr.
(Deut. 5. 6.) Wider diese hat von Anbeginn die Göttliche Majestät / insonderheit aber bey seinem Volcke vielfältig geeifert / und gesagt / sagt es auch noch bis auf den heutigen Tag: Ich bin der HERR dein GOTT / du sollt neben mir keine Götter haben: Du sollt dir kein Bildnus / noch (c. 34.) irgend ein Gleichnus weder von oben im Himmel / noch unter der Erden (Deut. 27.) zurichten. Verflucht sey der / welcher dergleichen als ein Greuel des HERRN / ein Werck der Werckmeister Hände aufrichtet / und setzet (Psalm. 96. Esaiae 42.) es in das Verborgene. Alle Götter der Völcker sind Götzen / der HERR aber hat den Himmel gemacht / und dessen Tempel bleibet ewiglich.
(Alle Völker haben ihre Religion.) Es ist kein Volck unter der Sonnen / das nicht seine eigene Religion habe. Wie nun das Gesetze der Natur Einem ieden einpräget / daß ein unsterblicher GOTT ist: Also gebeuth auch dasselbige / wie man Ihn dienen / ehren / und fürchten solle. Wie aber solches geschehen müsse / das hat GOTT durch sein Wort offenbahret: Der Glaube ist der Grund der Religion, so mit der eifrigen Gottesfurcht verbunden ist. Wer nun den HERRN nach seinem Gesetze in rechter Demuth (1. Sam. 2.) dienet / den will Er wieder ehren / und ihn seiner ewigen Herrlichkeit mit theilhafftig machen. Was aber GOTT sey / das kan man nicht besser als aus seinem Worte wissen: Wer nun Ihm / und seinen Worten glaubet / der gehet auf keinem Irrweeg. sc.
(Der Weltlichen Ehre Nichtigkeit) Aus diesen / und dergleichen erzehlten Sachen allen / siehet man nun endlich alles Fleisches / und der weltlichen Ehre / Hoheit / und Standes Flüchtigkeit. Denn aller Stand ist vergänglich: Alle Hoheit fleucht dahin: Alles Reichthumb ist nichtig / und alle Ehre flüchtig. Wann das Glücke Einen gehling erhebet / so schmeisset es Ihn auch gemeiniglich zu Boden: Wir Menschen sind insgemein schwach: Schwach werden wir gebohren: Schwach erzogen / und in Schwachheit fallen wir wieder dahin; Jedoch sind wir nicht so schwach / daß wir / wenn wir wollen / nicht denen Lastern entgehen können. Wo das Leben am süssesten / so klopset der Tod am Ersten an:
Crux priùs, & Lacrymae, simul & Tentatio mordent quemlibet in mundo: Confert Solamnia CHRISTUS per verbum, sequitur Requies, demùm itur ad Astra.
Durch Creutz und Noth wird man bewährt eh' man sich recht zu GOtt bekehrt / dann folgt der Trost aus GOttes Wort / der Glaub ergreiffet Christi Hort:
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Der Tod verschafft die Ruh zur Hand / worauf erfolgt das Vaterland / wodurch man kommt zur Herrlichkeit / Da Ehr und Wonne ist bereit.
Wann wir der Welt-Freude am besten verhoffen / so stürtzet sie uns am meisten in des Teuffels Netze. König Philippus des Alexandri Magni Vater / als er auf einen Tag drey ansehnliche Schlachten erhielte / hub seine Hände gen Himmel und sagte: Oihr barmhertzigen Götter / Euch bitte ich / daß ihr mir diesen Sieg und diese Ehre nicht wollet in eine Strasse verwandeln. Der grosse Pompejus pflegte offters zu sagen / daß er das Römische Reich ohne Hoffnung überkommen / und da er es erlanget / hinwieder verlohren / ehe er sich dessen am wenigsten versehen. Niemahls ist der menschliche Stand so sicher / daß er nicht täglich der Gefahr unterworffen. Keyser Constantinus ließ dem Hortensio umb einer übel-geschnittenen Feder willen den Kopf vor die Füsse legen. Keyser Commodus dem Cleander, um daß er geharnischt in das Keyserliche Zimmer getreten / tödten. Keyser Alcamenes den Pannonium über dem Ballschlagen enthaupten. Alexander Magnus den Craterum, Diocletianus den Patricium, Domitianus den Rufinum, und Pyrrhus den Fabatum hinrichten.
Der Poet und Welt-weise Euripides gab dem Könige Demetrio, als er von der menschlichen Schwachheit und Kürtze des Lebens gefraget wurde / dieses zur Antwort: Es ist in diesem gantzen Leben nichts sicheres / nichts Beständiges / noch Vollkommenes / alldieweiln alle Dinge der Veränderung unterworffen. Niemand soll sich veracht halten / als der zuvorn berühmt gewesen / und niemand unglückselig / als der / welcher zuvor in grossen Ehren geschwebet: Keiner ist kräncker / als der stets gesund ist: Keiner steckt in grösserer Gefahr / als der sich niemahls darinne befunden: Keiner ist ärmer / als deme niemahls nichts gemangelt. Denn wenn er vermeinet / er ist am sichersten / so geräth er am ersten in Unglück. In diesem Leben ist nichts gewissers / als daß alles ungewiß: Viel Leute findet man an Fürstlichen Höfen / die in ihren Lastern eher veralten / als daß sie dieselben sollten ablegen.
Es ist auf dem gantzen Erdboden kein Alter / keine Zeit / kein Stand / kein Königreich / kein Volck und kein Mensch / der nicht erfahre / was Widerwille oder Unglücke sey. Denn erweget man bey sich den Verlust der Seinigen / die Beraubung seiner Güter / die Undanckbarkeit des Nechsten / die Aufsätzligkeit seiner Feinde / das Absterben der Freunde / und andere vorlauffende Widerwärtigkeiten / so wird man das armselige Leben mehr betauren / als desselbigen sich lange wündschen. Alle Dinge unter dem Himmel sind wandelbar. Und ob schon die Gerechtigkeit und GOTTES-Furcht zwey Grund-Seulen / worauf sich das Gebäude der Politica lehnet: So ist doch nichts desto weniger dasselbige zu erhalten / eine übernatürliche That. Eine Zerrüttung zeiget der andern den Weg. Ein Königreich kömmt auf / das Andere fällt dahin: Einer herrschet / der Andere stirbet: Einer wächset / der Andere grauet.
Also gehet alles dahin / woher es seinen Anfang genommen. Keiner wird glauben / daß der niedrige Stand dem jenigen um deßwegen seine Ehre und Tugend bemackele / weil ihn die Natur [194] nicht höher erhoben. Eine grosse Narrheit ist es / wann Einer sich einbildet / er sey aus einer bessern Materia gemacht / als ein Anderer: Eine noch grössere Thorheit aber / wenn ein Reicher vermeinet / er sey um seines Reichthums willen besser als der Andere. Wir Menschen spielen mit den irdischen Gefässen / als wie die kleinen Kinder mit Tiegeln und Töpfen / welche in einem Augenblicke zerbrechen: Wir machen unsere Rechnung auf viel Jahre / theilen unser Vermögen ein / und suchen wie wir uns täglich empor heben mögen / und sind doch dessen nicht eines Schrittes weit versichert. Die Grentzen sind uns gesetzt / ob wir schon das Ziel nicht wissen: Wie ein Glaß zerbricht: Also sind auch unsere Fälle: Wir führen ohn Unterlaß an uns / was in uns täglich zerbricht. Wir sterben / und alle Tage fähret ein Theil unsers Lebens hinweg. In der Kindheit handeln wir / wie die Kinder / in Mitten des Alters leben wir der Welt zu gefallen / im Alter aber / wollten wir gerne das ersetzen / was uns zu thun unmöglich. Die Sonne hält ihren richtigen Lauff / wo sie sich endiget / da fänget sie wiederum an: Des Menschlichen Lebens Anfang ist auch sein Ende: Das Ende der Zeit ist der Anfang zu der Ewigkeit. Hat man nun wohl gelebet / so ist der Tod des Lebens Anfang / ist aber das Leben böse gewesen / so folget das Ende seinen Wercken. Wohl derowegen dem / der seine Zeit also vollbringet / daß er nach dem Tode auch die unverwelckte Ruhe geniessen möge.
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Die vormahls an dem gestirneten Himmel Hellgläntzende / anietzo aber auf denen irrdischen Befilden Jagt-beflissene DIANA, benebenst Ihrem Lehr und Beschicht-reichen Jäger-Walde.
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Uber die Diana.
WEr hat Lust mit hinaus ins Feld? Diana hat zur Jagt geblasen;
Sie hat den Wald schon umbgestellt / die Stäuber stehen auf den Rasen /
Und sehn begierig nach dem Wilde: den Knechten geben Sie zu thun /
Sie zu erhalten im Gefilde; Sie mögen für den Raub nicht ruhn.
Und wenn Ihr nun der gantze Tag / der überschönen Himmels-Dirne /
Zur Jagt nicht mehr zulangen mag; So stellt Sie sich an das Gestirne;
Sie jaget durch die Sternen-Häuser / bis auch die Reise wird vollbracht;
Giebt einen treuen Wege-Weiser dem Wanders-Mann bey tunckler Nacht:
Hat Sie was übrig noch von Zeit; So fährt Sie nach der Burg der Höllen /
Ins Hauß der trüben Ewigkeit / dem düstren Schatten sich zu stellen.
Sie ist ein Muster mancher Tugend; drum hat das alte Heydenthum
Sie dargestelt zum Bild der Jugend / um zu erlangen Ehr und Ruhm /
Und gläubest du nicht meinem Wort; so lies die Zeilen / die nachgehen /
Du wirst gewiß an deinem Orth mir Beyfall geben / und gestehen
|| [198]
Daß hier kein Blat umsonst geschrieben / das nicht nach eitel Tugend schmeckt:
Wer sich im Guten nur will üben / dem wird ein Ziel hier aufgesteckt /
Es stellen sich zu Lehrern auf auch selbst die grausamwilden Thiere /
Als Tugend- und der Laster-Hauf; die Wölffe / Büffel / Farren / Stiere /
Die Hirsche / Luchsen / Bären / Hunde / die Haasen / Füchse / wilde Schwein /
Und was führt scharffe Zähn im Munde; theils treue / theils auch schädlich seyn:
Der weise Schöpffer hat sie ja Uns zum Exempel lassen werden /
Deßwegen sind Sie alle da / Uns / die wir wallen auf der Erden /
Zu weisen / daß derselben Leben / so zwar ist mehrentheils was frey /
Zur Richtschnur / von Ihm aufgegeben / daß unser Wandel erbar sey.
Die Faulheit / Zorn und Grausamkeit sambt andern Lastern an sich tragen /
Die setzen billich wir beyseit / allein dem Guten nachzujagen /
Ich schliesse / Leser / sage wieder / wenn du es durchgeblättert hast /
Wieviel du / und mit dir einjeder von Gutem habet aufgefasst?
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|| [ID00226]
|| [199]
Wie das Jagen ein Vorbild des Krieges / also ist auch (Des Jagens Unterscheid.) die stille Einsamkeit eine Abbildung des Friedens: Alle Leibes-Ubungen / so nicht wider GOTT und die Natur / sind unverbothen / worunter auch das Jagen nicht eines von denen Geringsten. Die Alten theileten das Jagen auf dreyerley Weise ein / als da war das Jagen der Menschen / die man von einem Orte zu dem andern triebe / sie unterdrückte / und zur Dienstbarkeit nöthigte / wie bey der ersten Babylonischen Monarchi geschahe: Das Andere nennete man das Kampff - Jagen / woselbst man / wie hiebevorn gedacht / die zum Tode verurtheileten auf dem aufgerichteten Schau-Platz mit den Löwen Bähren / Panther - Thieren / und andern grausamen Thieren so lange auf den Tod kämpffen liesse / bis entweder die begierigen Zuschauer sich an dem Menschen - Blute genugsam gesättiget / oder zum Mitleiden / und Barmhertzigkeit bewegt wurden. Und ob schon dieses sehr Unmenschlich schiene; so funden sich doch ihrer Etliche / die sich nicht allein um der Ehre / und des Gewinstes willen / darzu willig gebrauchen liessen / sondern auch solche / welche viel Unkosten darauf wendeten / inmassen bekannt / daß Keyser Nero 600. der tapffersten Römer hierzu verordnete / und ins gemein zu solchem Kampffe die stärckste junge Mannschafft gebrauchte. Keyser Caligula nöthigte zu solchem Schauspiele auch armselige / und schwache Leute / desgleichen Keyser Domitianus etliche Weibespersohnen / und Keyser Titus viel gefangene Juden. Das dritte Jagen aber so noch heutiges Tages bey uns üblich / war das Wild entweder im Holtze / oder freyen Felde zu hetzen / und zu fällen / und ist dasselbe der hohen Obrigkeit / oder denen / die es Macht / auf ihres / oder eines andern Grund und Boden zu thun erlaubet / und zwar um soviel desto befugter / wenn solches ohne Verhinderung des GOTTES-Dienstes / ohne Nachtheil des Nechsten / und ohne Schaden des Land-Mannes geschiehet.
(dessen Befügnis) Bey den Alten wurden die Jäger / so wohl männliches als weibliches Geschlechtes für heilige Leute gehalten / sie jagten ohne anderer Leute Schaden / und ehe sie sich mit ihren Hunden auf die Spuhr nach dem Gehöltze zogen / rufften sie zuvor den Apollo, und die vermeinte Jäger-Göttin Diana an / erbothen sich von dem gefangenen Wildprete ihnen zu opfern / und (Joh. Oisalius in Numismatib.) wurden die Jagten gleichsam mit öffentlicher Andacht beschlossen. Auf etlichen Römischen Müntzen findet man die Diana in Gestalt einer anmuthigen Jungfrau / dero Haubt wohl ausgeputzet / mit Bogen / Köcher / und (p. 3000.) Pfeilen gepreget.
Diana altè succincta Venatrix, dextrâ hastile
Sinistrâ Arcum tenes, ante pedes Hinnulus saliens.
Man mahlete auch die Diana in Gestalt einer hurtigen Jägerin / welche in der rechten Hand einen Wurff-Spieß / in der licken einen Bogen führte / und für welcher ein Rehbock einhersprunge. Von diesem ihrem Habite meldet der Poete dieses:
(Ovid. lib. 3. Amor.) Talia pinguntur succinctae Crura Dianae, cùm sequitur fortes, fortior ipsa, Feras.
Die Alten hielten darfür / daß das Jagen der Kriegs - Ubung nicht ungleich sey: Denn diejenigen / sich dergleichen befliessen / erlangten da [200] durch eine ziemliche Stärcke / wurden frisch und munter / achteten / wann sie sich solten mit ihrem Jäger - Zeuge zu Felde begeben / weder des bösen Weges / der rauhen Lufft / noch des hungers. Waren bey Ausspührung des Wildes auf der Erde zu schlaffen gewohnet / und was man befahl zu thun bereit: Stellete man sie im Kriege an die Spitze so gedachten sie nicht an die Flucht / sondern griffen vielmehr den Feind behertzt an: Riesse der Feind aus / so folgten sie demselben / weil alle Winckel und Wege wusten / auf dem Fusse nach: Lieffe die Schlacht übel ab / so schlugen sie sich in das Gebirge / und (Xenophon. lib. 8. de Paedia Cyri.) Wildnüsse / und erhielten dadurch das Leben. Der Persische König Eyrus stund jederzeit für Tage auf / erdultete Hitze / und Kälte / übete sich mit Ringen und Lauffen / und lernete nicht allein das Wild mit Pfeilen / und Schäfflinen zu fällen / sondern auch die allergrausambsten Thiere zu bestehen. Als der Römische Feld-Herr Appius Claudius sahe / daß die Römer bey einbrechenden Winter von den belägerten Vejetiern ablassen / und sich nach Hause begeben wollten / nahm Er ein Gleichnüs von der Jägerey / und sagte: Lieben Spieß-Gesellen ihr sehet wie diejenigen / so sich der Jagt befleissigen / weder Schnee noch Reiff / weder Frost / noch Kälte / weder Berg noch Thal scheuen / biß sie ihren Zweck erreichen / wieviel weniger aber sollte euch dieses zu entgegen seyn / wenn ihr durch ein wenig Geduld / Frost / und Kälte mit der Feinde Belägerung anhieltet. Von dem Jagen kommen (Olaus Magnus lib. 18. c. 41.) offtermahls die hurtigsten Kriegs-Leute her / und sind demselben iederzeit Potentaten wohl beygethan gewesen / indem sie dadurch den Müssiggang beyseite geschaffet / ihre Kinder desto härter gewehnet / und zu andern Leibes-Ubungen besser geschickt gemacht. Dahero denn der Alten ihre Jagten (Julius Caelar lib. 6.) also eingerichtet / daß sie wusten / wie sie nicht allein die Thiere fällen / und ihre Nahrung darvon suchen / sondern auch ihr Leib und Leben für das gemeine Wesen und denen Ihrigen zum besten in Gefahr setzen sollten. Nam.
Commune His Studium, venari, equitare, vagari, atq??? suum varias victum quaesisse per Artes.
Es gieng der Teutschen Muth und Sinn nur auf das / was da war gemein /
Einjeder suchte sein Gewinn / was Ihm bedünckte gut zu seyn /
Das Jagen / Reiten und der spieß / und was Ihm sonst zur Nahrung brachte /
Das machte / daß Er sich befließ / und nichts als auf die Ubung dachte.
(Lycosthenes in Apophtegmatib.) Als Keyser Heinrich der Andere sahe / daß viel Fürsten und Herren in den Wollüsten ersoffen / und nichts als Fressen / Sauffen / Spielen / und Tantzen vornahmen / so sagte Er zum öfftern: Es ist das Jagen nur eine männliche / das Tantzen aber eine weibliche Ubung. Nachdem auf eine Zeit dem Tyrannen Dionysio in Sicilien zu Sparta ein Lungen-Muß zu essen fürgesetzt wurde / sagte Er: Es schmeckte ihm nicht; worauf ihm der Koch zur Antwort gab: Es wäre kein Wunder / weil es an der besten Würtze mangelte / und da Jener weiter fragte / welches dann die rechte Würtze sey? sagte Dieser / die Ubung entweder im Gehen / Lauffen / Jagen / oder Reiten. Alle Kurtzweile / und Ergetzung aber haben ihr Maaß und Ziel / weswegen auch Agapetus zu dem Keyser Justiniano nicht unbillig sagte: [201] Wann du deinen Begierden wirst Einhalt thun / die Lüste bändigen / und über dieselben herrschen / so bist du erst mit der Crone der Mässigkeit gezieret / und mit dem Purpur der Gerechtigkeit bekleidet: Denn alle Gewalt / sie mag so groß seyn / als sie wolle / wird durch den Tod weggerafft / die Herrschafft (Xenophon lib. 1.) aber über die böse Lüste und Begierden tauret ewig. Wann die Alten auf die Jagtzogen / nahmen sie ihr gewöhnliches Morgen-Brod zu sich / verzoge sich die Jagt / so war es ihre Mittags- oder Abend-Mahlzeit / jagten sie aber bis den andern Tag gegen Abend / so muste ein wilder Salat / und ein frischer Trunck Wassers ihr bestes Tractament seyn.
(Sein Absehen.) Der erste Zweck des Jagens ist nicht die Wohllust / sondern daß man aus Noth Löwen / Bähren / und andere grausame schädliche Thiere aus dem Wege räume / und die Seinigen darfür bewahre / also siehet man / wie Meleager dasselbe grosse Schwein / welches den Bürgern zu Calydon in Feldern grossen Schaden zufügte / gefället / sie darvon befreyet / und Hippolytus die Wölffe in Peloponnes vertrieben / dahin auch der Alten ihre Reime ziehlen.
Man fange weg das grimme Wild / und achte nicht / was es gleich gilt;
Wer jagt nach Lust mit armen Leuten / mit dem wird der Teuffel beuten.
Der ander Zweck ist / daß man seinen Staat / Stand und Haußhaltung dadurch mit versehe. Der weise Plato rühmet solches und saget: daß die Vertilgung der überflüssigen wilden Thiere eine sehr nothwendige Sache / und hingegen / wo dasselbe allzu viel geheget / ein Verderb des Landes / und eine Unterdrückung der armen Leute sey. Denn es erfordere die Billigkeit / daß / wann die Unterthanen ihre Renthen / Zinsen / Dienste / und Frohnen geben und thäten / sie auch nicht unbillich für solchen Bestien bey ihrer Nahrung geschützet werden / und nicht mit gleichsam gebundenen Händen / ihre Felder / und Früchte zertreten / gefressen / und vernichtet sehen müsten. Da der weise Socrates gefragt ward / wodurch man reich würde / antwortete arm ist. Von dem Hippolyto des Thesei Sohne / und dem Melanione lieset man / daß sie sich wegen Vermeidung des Müssigganges des steten Jagens beflissen / ebener Gestalt dichten die Heiden / wie die keusche Diana ohne Unterlaß in den Wäldern gelegen / und daselbst gejagt hätte; Wodurch sie anzeigen wollen / daß diejenigen / welche sich aller Wollüste entschlagen / und eintzig und allein der Keuschheit nachstreben wollen / alle müssige Laster fliehen und meiden müssen.
(Der Dianae Eigenschafft.) Es ist allbereit bey des Nimrods Auszuge gedacht / wie die Göttin Diana / und Apollo des Jovis und der Latonae Kinder gewesen; durch welche Fabel man den Uhrsprung der Welt andeutete. Denn als zuvor die Materia als gleichsam eine Last / unförmlich / dunckel / und verborgen / so nennete man nachgehends dieselbe Finsternis / woraus Jupiter den Phoebum / und Lunam / oder die Dianam gezeuget / mit der Latona / also / daß Phoebus / und die Diana Uhrheber des Liechts / und wodurch die Erschaffung der Welt ihren Anfang genommen hätte.
(Ovid. in Metamorph. l. 3. c. 7.) Nechst diesem / so legte man ihr zu / daß sie jederzeit mit ihren Nymphen sich in den Wäldern bey den klaren Wasser-Quellen aufgehlten / und allen geilen Lüsten entschlagen. Und als sich der Jäger Actoeon mit seinen Hun [202] den / und Jägers-Genossen auf die Jagt begeben / und sie unversehens an einem Brunnen da sie badete angetroffen / und er aus Begierde dieselbe nackend zu sehen / sich allzunahe hinzu gefüget / hätte sie demselben / weil sie ihren Bogen und Pfeile nicht bey der Hand / mit Wasser bespritzet / daß Er darüber in einen Hirsch verwandelt / und von seinen eigenen Hunden zerrissen worden wäre. Ferner wird von ihr erwehnet / wie sie sich eines Tages bey grosser Hitze gebadet / und weil damahls eine von ihren Nymphen Nahmens Calisto / so sich von dem Jupiter schwängern lassen / sich nicht für sie / aus Beysorge / es möchte offenbahr werden / entblössen wollte / so hätte sie ihren Gespielinnen dieselbe zu entkleiden anbefohlen / und nachmahls da sie schwanger befunden / aus ihrer Gesellschafft verstossen: Es wäre aber folgends darauf die Calisto eines jungen Sohnes mit Nahmen Arcas genesen / und weil die Göttin Juno gegen sie aus Haß wegen ihres Gemahls des Jupiters erbittert / und dahero sie in einen wilden Bähr verwandelt / so hätten hernacher sie die Götter aus Barmhertzigkeit / damit sie von ihrem leiblichen Sohne nicht in der Wildnis erschossen werden möchte / an das Firmament gezucket und zum Sieben-Gestirn gemacht.
(Ihre vermeinte Rache.) Und nachdem auch hiebevorn die Sidonier allen Göttern / ausser dem Phoebo, und der Dianae, jährlich an Wein / Korn / Oel / und Früchten zu opfern gewohnet; So wäre es dieser dermassen verdrießlichen gefallen / daß sie daher ihnen in ihrer Landschafft zur Straffe ein ungeheures Schwein geschicket / welches alle dergleichen Früchte hefftig verderbet / bis endlich der tapfere / und mit Bogen und Pfeilen wohl geübte Jüngling Meleager dasselbe gefället / woraus aber nichts als Tod / Verbitterung / und Mord entstanden. Denn als Meleager / wie man sagt / solches Haubt seiner Buhlerin der Atalante zum Geschencke verehrete / verdroß es seiner Mutter Brüdern dem Plexippo / und Toxeo / schützeten ihr daranhabendes Jäger-Recht vor / und rieß ihr Plexippus den Kopff mit Gewalt aus den Händen; Meleager erzürnete sich darüber / und erschoß nicht allein den ersten / sondern auch aus Sorge der Rache / den Toxeum todt. Da dieses die Mutter Meleagri die Althoea / nebenst des Plexippi / und Toxei Schwester erfuhr / suchten sie gleichsam rasende sich zu rächen / nnd nachdem die Mutter alle kindliche Liebe beyseite gesetzet / nahm sie aus Zorn denjenigen Stab / welchen sie zur Zeit seiner Geburth von den drey Göttinnen mit dem Bedinge empfangen / daß so lange derselbe wohl in acht genommen / es auch dem Meleager glücklich ergehen würde / und warff ihn in das Feuer / wormit also Meleager gleicher Gestalt mit Schmertzen sein Leben endigte; Als aber dieses denen darbeystehenden zwey Schwestern sehr zu Hertzen gienge / wurden sie vor Leid / und Traurigkeit / und zwar die Eine in eine Linde / und die andere in eine Eiche verwandelt / die Mutter aber erstach sich aus Bekümmernüs selbst mit einem Messer.
(Lehrë sind Spiegel der Tugenden un̅ Laster.) Dieses alles sind sinnreiche Lehren / wodurch uns Ovidius die in menschlichem Leben / sich mit eräugneten Tugenden / Laster / Unkeuschheit / Rache / Erbarmnis / Mord / Todtschläge und jämmerliche Verfolgungen gleichsam in einem Gemählde zeigen wollen.
Der Dianae Einsamkeit prüfete ihre / und ihrer Nymphen Tugenden: Denn weil sie ihr in stets-währender Keuschheit zu leben vorgesetzt / so vermeinte sie / wann sie von allen Mannspersohnen in wilden und wüsten Wäldern abgesondert wäre / desto eher ihre weibliche Begierden zu dämpfen / und unterzudrücken. Die Keuschheit wird auch in der Schrifft für eine der vornehmsten Tugenden gezehlet: Hippolytus Königes Thesei / zu [203] Athen Sohn / wurde von seiner Stieff-Mutter täglich mit unzüchtigen Geberden angesehen / und weil er der Blut-Schande nicht anders als durch die Entziehung sich entbrechen kunte / vertriebe er seine Zeit mit Jagen / und kahm ihr niemals wieder zu Gesichte. Auch den Heyden fiel durch Eingebung der Natur / und der Vernunfft die Unzucht verdächtig / dahero sie dafür hielten / daß weder die Götter / noch ein ehrlicher Mann von denen die unrein / und voller Unzucht stäcken / eintzige Gaben / noch Geschencke annähmen / indem das beste Opfer selbsten ein reines Hertze / und ein von allen bösen (Basilius Magnus.) Begierden befreyetes Gemüthe seyn müste. So lange die Seele unverletzt bleibet / so ist auch der Leib unbefleckt / wann aber die Seele mit bösen Gedancken umgehet / und es das äuserliche Ansehen hat / als sey der Leib unversehrt / so bleibet doch die Seele einen Weg wie den andern besudelt. Alle diejenigen begehen Sünde / welche sich einbilden / wie sie eine und die andere Wohllust geniessen wollen / und obwohl der Leib noch nicht beflecket / so ist doch das / was das Hertze bemackelt / für keine rechte Keuschheit zu achten.
Wie König Ptolomoeus Philadelphus in Egypten die heilige Schrifft aus der Hebräischen in die Griechische Sprache übersetzen liesse / und die 72. Ubersetzer alle Morgen sich bey demselben einstelleten / und gewöhnlicher Massen begrüsseten / wuschen sie hernach ihre Hände aus dem Meere / verrichteten ihr Gebet / und giengen an ihre Arbeit / nachdem man sie aber fragte / warum sie vorhero die Hände wüschen / antworteten sie / daß es zum Zeugnisse ihres Beweises geschehe / indem Ihnen nichts böses / so sie den vorhergehenden Tag begangen / wissend wäre. Ein unkeusches Hertz und böses Gewissen ist offtermahls selbst unser Zeuge / unser Richter / unser Peiniger / und unser Gefängnis / das uns selbsten anklaget / das Urthel fället / und verdammet. Denn wie der Leib sündiget / also sündiget auch die Seele / und sind ihre Laster Zorn / Haß / Neid / Feindschafft / Hurerey / Ehbruch / Geitz / böse Lust / und Begierde.
(Die beflissene Keuschheit.) Züchtige Weibespersohnen begnügen sich offters an ihrem Stande / und Natur: Als die keusche Juditha zur wieder-Verheuratung angestrenget ward / hielte sie ihr hährnes Kleid viel höher / zoge die Mässigkeit der Begierde / die Wachtsamkeit dem Schlaffe / und die Arbeit dem Müssiggange (Sabelli???. Plutarchus.) vor. Wie die Syracusanische Jungfrau Cyane von ihrem trunckenen Vater sich der Jungferschafft beraubet sahe / ergrieff sie Ihn eines Tages bey den Haaren / zog damit solchen zum Altare / und tödtete allda denselben / an statt des Opffers / damit dadurch / dem Vorgeben nach / die dahero entstandene Schande hinwiederum aufhören möchte. Da die Griechin Hippo zu Schiffe gefangen / und vermerckte / daß die Schiffleute ihr heimlich (Saxo lib. 7.) nach ihrer Ehre / und Keuschheit stünden / stürtzte sie sich des Nachts in das Meer / und wollte lieber keusch sterben als geschändet leben: Des Königs Sinaldi in Dännemarck Tochter die Syritha war so keusch / daß sie sich auch von denenjenigen / die sie wegen ihrer Schönheit zur Gemahlin begehreten / nicht einmahl sehen lassen wollte. Tugend / sagt man / giebt Reichthum / und ein sittsames Gemüthe ist mehr zu lieben und zu ehren / als ein Lasterhafftiges. Die Penelope des Icari Tochter / wollte sich weder durch Verheissung / noch liebkosende Worte bereden lassen / daß sie ihre Keuschheit an den (Eusebius) Nagel hienge. Da die edele Römerin Sophronia des geilen Fürsten Decii gewaltsame Schändung nicht entgehen kunte / ergrieff sie mit Genehmhaltung ihres Eheherrens das Schwerd / und durchstach ihn und sich darmit. (Sabelli???.) Die Thebanische Timoclia / nachdem sie von einem Barbarischen [204] Fürsten in Thracia mit Gewalt geschändet / rechnete sie sich an demselben also: Sie verbarg endlich den Haß / stellete sich / als wisse sie einen Ort / wo viel Gold verborgen lege / und führete ihn zu einem tieffen Brunnen / welcher in dem äussersten Theile des Hauses anzutreffen war. Wie nun derselbe sich hinein legte / und nach dem Schatze sehen wollte / stieß sie ihn geschwinde rücklings hinunter / und bedeckte dessen Cörper mit lauter Steinen. Damit man dort die keusche Euphrosyna nicht ferner zum Heyrathen nöthigen möchte / verkleidete sie sich in Manns-Gestalt / und verließ heimlich ihres Vaters Hauß; Dergleichen that auch die Eugenia / des Philippi Vice Bürgermeisters zu Alexandria Tochter: Denn nachdem sie sich befahrete / daß sie von Keyser Commodo möchte geschändet werden / zog sie eine Mönchs-Cappe an / und blieb darinne unbekannt. Also haben fromme Hertzen an bösen und unzüchtigen Thaten niemahls keinen Gefallen / sondern erstarren gleichsam darüber / wann sie dieselben nur erzehlen hören. Alle diejenigen / so nach Tugend streben / kämpfen wider verbotene Laster. Einem guten Gerüchte soll man von Jugend auf bis in den Tod nachhängen. Denn was ist doch aller Menschen Thun / Wesen / Wohlleben / und Fleisches-Lust anders (Camerar. in horis succis. cent. 3. c. 38.) / als Koth und Unflath / der wie Staub vergänglich. Dahero man auf eines Königes in Franckreich Grab-Schrifft / die gleichsam das menschliche Leben abbildet / dieses Denckwürdige lieset. Ich lachte / und nun weine ich: Ich war / und bin ietzo nichts: Ich lebte in Mühe / und Sorgen / ietzo ruhe: Ich spielte / und nun höre ich auf: Ich sang / ietzo schweige: Ich speisete meinen Leib / und nun bin ich der Würme Speise: Ich wachte / nun schlaffe ich: Ich grüsste die Menschen / und nunmehro sage ich zu ihnen: gehabet Euch wohl: Ich zoge viel Güter an mich und nun bin ich selbst ein Raub. Ich überwand / und bin überwunden: Ich führte Krieg / und nun habe ich Ruhe: Ich kam in die Welt / und starb derselben wieder ab; Ich widersetzte mich nicht dem / für dem ich mich zu setzen nicht vermochte; Ich war Erde / und bin nun wieder Erde. Und weil ich nichts als Staub und (Die Ruhe des Gemüths.) Asche bin: So lebe / Welt / wie du willst / ich ruhe und schlaffe wohl. Wer sich umb anderer Leute Thun und Wesen wenig bekümmert / sondern nur dahin trachtet / wie Er ein unsträffliches Leben führen möge / der empfähet in seinem Gemüthe eine sichere Vergnügung / und in seinem Hertzen eine angenehme Ruhe. Als Einer einen Rabbi fragte / wie man ein ruhiges Leben führen könnte / gab dieser zur Antwort: dafern du dich nicht über die Besitzung der zeitlichen Güter allzusehr erfreuest / und über den Verlust derselbigen zu hefftig betrübest / so hast du dasselbe.
Der Dianä selbst-erkieseter Auffenthalt in den Wäldern lehret uns / wie man unzeitige Begierden fahren lassen / und in seinem Standen / und Beruffe verbleiben solle.
Nichts hilfft Einem etwas / der sich nicht mit deme / was er hat vergnüget. Wenn das Wasser den Durstigen nicht für dem Durst bewahret / so ist der Durst unersättlich; Ein Verständiger bleibet bey seiner Weißheit / ein Thörichter aber verändert sich / wie der Mond. In einem Gemählde findet man ein lauffendes Pferd / um welches eine Wespe flieget / mit dieser Uberschrifft: Frustrà curris, dein Lauff ist vergebens.
Nicht derjenige / der viel vermag / ist für glückselig zu preisen / sondern der welcher dasselbige wohl gebraucht / und anwendet. Alle diejenigen / so man von aussen / und nicht inwendig anschauet / und für gesegnete Leute hält / sind für Vermummte / und Angestrichene zu achten. Nur der ist recht glückseelig / welcher alles in der Welt mit gesunder Vernunfft ansichet / und [205] dasselbige als vergänglich betrachtet. Denn worfür sich andere Leute fürchten / das soll man verachten / was Andere begehren / soll man meiden / und was von aussen gleisset / als äuserlich / hindansetzen / und auf nichts als auf die Gaben des Gemüths sehen. Durch die äusserlichen Güter werden die innerlichen am besten betrachtet; Wie geschwinde ein grünes Reis verdorret / so geschwinde fället auch ein Mensch dahin. Aller Anfang ist an das Ende geknüpfet. Die Stunde / welche uns das Leben giebt / die nimmet auch dasselbe wieder hinweg.
So viel Kranckheiten der Mensch am Leibe hat / so vielerley Anfechtungen und Widerwärtigkeiten ist er auch unterworffen: Die Ruhe des Gemüths fället in einem stillen und einsamen Stande weit besser / als die so bey vielen Geschäfften vorläufft / Sie pfleget von dem Blecken der Hunde / das ist / von den Neidern und Mißgönnern / von dem Munde der Verläumder / von der Hand der Boßhafftigen / und von der Feder der Aufmercksamen befreyet zu seyn. An denen Oertern / da die Menge vieler Menschen anzutreffen / finden sich unter andern zweyerley / nehmlich / die Hoffnung etwas zu erlangen / oder zum Tode. Viererley Menschen haben sich auch für viererley zu fürchten / als da ist der Räuber für dem Hencker / der Soldat für dem Rumormeister / der Dieb für der Wache / und ein Geiler für der Brunst. Eine böse Gesellschafft verderbet wohl eher eine gantze Gemeine. Und weil die Ruhe und Einsamkeit gegen der eitelen Sorge und Mühsamkeit der menschlichen Handlungen für eine Glückseligkeit zu achten / so schätzte auch die Diana alles dieses für nichts / sondern hielte durch solche Entfernung auch ihr Wald- und Land-Leben viel höher / als die allerbesten Pallaste / und daß es demjenigen / welcher sich einmahl zur Tugend / Frömmigkeit und Keuschheit gewöhne / nachzuhängen nicht schwer falle. Der weise Pythagoras riethe seinen guten Freunden / daß sie sich das beste Geschlechte des Lebens erwehlen sollten / und ob es schon das mühsamste / so würde es doch durch die Gewonheit das lustigste. Als der weise Diogenes eilf Jahr an des Königs Dionysii Hofe gewesen war / und sich wieder auf das Land begab / kahm ein anderer weiser Mann dahin / fand ihn grün Kraut waschen / und sagte zu demselben: Wärest du an des Königes Dionysii Hofe geblieben / so dürffte dich nicht anietzo die Noth Kraut zu essen drücken. Diogenes aber gab zur Antwort: Wann du dich / wie ich an solchem vergnügen liessest / würdest du des Dionysii Hof nimmermehr begehren. Denn es ist besser / sich in dem Seinigen behelffen / als zu Hofe beschämt leben. Die junge Welt getrauet ihr selbst offt alles besser zu treffen / als ein erfahrner Alter; Ein Alter und Weiser aber / ärgert sich nicht so bald an ihren Spott-Reden. Und gleichwie die Thörichten alles das / was sie gerne hören / zum willigsten glauben; Also gebrauchet gegentheils ein Kluger seinen Verstand / und bedencket durch reiffliches Nachsinnen den Ausgang aller Dinge. Es ist an grosser Herren Höfen offters / als wie ein Unerfahrner / der auf dem Eise gehet; dafern derselbe nicht zwey Steltzen im Fall der Roth übrig / so muß er vielmahls darüber untergehen. Vor Alters sagte man: Es gienge Diana auf dreyerley Weise einher / als in Gestalt des Mondens an dem Himmel / in Gestalt einer Jägerin auf dem Erdboden / und in Gestalt der Proserpina in der Hölle / und hätte Jupiter zwischen ihrer Mutter / und dem höllischen Pluto / der sie aus Liebe mit Gewalt entführet / diesen Vergleich getroffen / daß sie sich die Helffte des Monats an dem Himmel / und die andere Helffte bey dem Pluto in der Hölle befinden sollte / welches alles auf die Abwechselung des Mondens / und seiner Eigenschafft zielet: Die [206] Ceres ward bey den Heyden für eine Göttin der Früchte geachtet / wodurch alle Königreiche / Länder und Provintzien erhalten würden. Die Proserpina / oder also genannte Diana ihre Tochter bedeutete die Fruchtbarkeit / und ist ein Allegorie / daß der / welcher seinen Neben-Menschen auf den Noth fall mit Früchten beystehet / hinwiederum Gutes zu gewarten haben solle. Pluto ist ein Gott der Höllen / und wird offters auch für den Gott des Reichthums genommen / daß er aber der Cereri ihre Tochter die Proserpina entführet / darunter verstehet man Tyrannen und solche Potentaten / die den armen Unterthanen das Gesetze brechen / sie in ihren Röthen Hülff-loß lassen / und das Ihrige mit Gewalt entziehen / sie mögen gleich in solchen ihren Nöthen schreyen / weheklagen und seufftzen / wie sie wollen.
(Die unersättliche Begierde.) Man hielte die Diana für eine Göttin der Keuschheit oder Jungferschafft. Züchtige Frauen und Jungfrauen meiden gerne den Verdacht und bösen Schein. Wer zur Wohllust geneigt ist / dem reichet es gemeiniglich zur Traurigkeit / hingegen aber wer eines unbefleckten Gemüths seyn will / der muß die Zeit / den Ort und die Gelegenheit wohl in acht nehmen: Die Zeit / darinnen man Böses und Gutes entscheidet: den Orth / wo man sein gut Gerüchte unversehrt behält: die Gelegenheit / dadurch man seine Ehre und guten Nahmen nicht verschertzet. Gleich wie man aber von tugendhafften Personen das Beste hoffet: Also siehet man gegenfalls / wieviel träge und geile Gemüther in den Lastern der Unkeuschheit ersoffen / und sich aus der vergänglichen Lust in die ewige Reue stürtzen. Niemahls belustiget die Wohllust ohne Traurigkeit und Nachtheil des Gewissens / und niemahls begiebet sie sich wieder von dem Menschen ohne Hinterlassung der Reue. Denn was mag wohl ärger und boßhafftiger genennet werden / als wen̅ man sich über das / was man ohne (Valerius Maximus. Propert.) Sünde nicht erlangen kan / erfreuet. Xerxes, König in Persien war so geil / daß er diejenigen / welche eine und die andere Art zur Wohllust erfanden reichlich beschenckte. Von der Pasiphae der Sonnen Tochter / und des Königs Minos in Creta Gemahlin meldet man / daß sie heimlich mit einem Stier zugehalten hätte / wodurch die Poeten nichts anders / als dieser Königin unersättliche (Plinius lib. 29. c. 62.) Begierde andeuten wollen. Keysers Claudii Gemahlin die Messalina erwehlte ihr zu dergleichen Venus-Streite eine Weibespersohn / die ohne dies von dem Huhren-Solde lebete / und übertraff dieselbe Tag und Nacht 25. mahl an Beyschlaffe. Die Lais zu Corintho war wegen ihrer Schönheit und Unzucht dermassen beruffen / daß ihr fast gantz Griechenland zu gefallen nachzoge; Schöne Weibesbilder sind verführische Irrwische / und vergleichen sich einer unrichtigen Uhr. GOtt giebt Schönheit als eine gute Gabe; die bösen Menschen aber bedienen sich ihrer zum Mißbrauche. Die Thais lockte zu Athen meistentheils die Jugend durch ihre verbuhlerische Gebehrden und Liebe (Gellius lib. 6. c. 7.) an sich. Die Römische Flora trieb dieses Handwerck so viel und öffentlich / daß sie nachmahls die Römer wegen ihres hiedurch erlangten grossen Reichthums zu Erben einsetzte / und diese ihr zu Ehren die Floralia (Sacra Florae) aufrichteten: Die Rhodope in Egypten erwarb durch ihre Hurerey so viel Geld und Guth / daß sie darvon eine sehr herrliche und prächtige Pyramiden oder Begräbnis-Seule allda erbauen liesse. Was aber ist zu sagen von der vor Alters zu Thespis beschriehenen Glyeerium; der verhurten Sinope; der von ihrem Vater Erisichthon aus Armuth zur Unzucht genöthigte̅ Metra der liebkosenden Aspasia / der verführischen Timandra / der geilen Cyrene / welche ihre Liebes-Wercke auf zwölferley Arten zu verrichte̅ wusten; der freywilligen Alces / der wohllüstigen Antiopa / Hermia / Mannulia / Faucula / Lamia / Geathera / Capra / Leaena / Pyrrhine / Sicyone / Aphias / Baryne / Niceta / Lycisca / und [207] der unersättlichen Afra in Creta / und Eutropia ihren Leib um des Geldes willen männiglichen darboth? Sie alle hatten die schätzbarsten Leiber / und den vortrefflichsten Verstand / gleichwohl aber kunten sie ihre Begierden in denen viehischen Wohllüsten nicht zähmen. Was aber ist es anders / als daß man solche / die ihre Zeit mit dergleiche̅ schnöden Lastern zubringen / dene̅ Verurtheileten / die man auf einer anmuthigen Wiese von der Justiz zum Tode führet / vergleichet? Bey aller solcher Welt-Freude ist der Anfang dem Ansehen nach / das beste / das Mittel die sündliche Beharrung / und das Ende so dann das bitterste / woran sich gemeiniglich die Menschen / wenn sie bey Zeiten nicht darvon abstehen / als an einem vergiffteten Zucker den Tod zu fressen pflegen.
(Der Dianae geheiligte Oerter.) Der Dianä heiligte man zu Ehren unterschiedene Oerther: schlachtete Opfer / und hielte gewisse Gebräuche.
Ihre geheiligten Oerther waren der Fluß Parthenius in Paphlagonien / (Valerius Flaccus lib. 5. Argon.) der in der Insul Delos herfürragende Berg Cynthus / in welcher Insel sie mit dem Apollo gebohren; die Stadt Ephesus in Jonien / oder Lydien / in welcher man ihr zu Ehren einen Tempel erbauet / und den man hernach unter die sieben Wunderwercke der Welt gerechnet. Mit diesem bracht Asien 220. Jahre zu / und setzte denselben / damit ihm in Zukunfft kein Erdbeben schaden möchte / an einen pfüligten oder morastigen Orth: Seine Länge war 425. Schritte / und die Breite 220. der Seulen 127. so unterschiedliche Könige verfertiget / von denen ihrer 36. in die Höhe erhoben / und künstlich ausgehauen gewesen. Uber dieses verehrete man sie in der Stadt Baveon in Attica / auf dem Berge Aventino / und Algide / in Italien / und auf dem Scythischen Gebürge Tauro. Alle Abgötterey hat einen gewissen Anstrich. Es ist mit dem gemeinen Pösel meistentheils also beschaffen / daß es dasjenige / was er nicht verstehet / für heilsam achtet. Denn wann bey diesen der Schein der Religion darzu kömmt / so ist ihre Abgötterey und Aberglaube gleich einer Fluht / die alles überschwemmet / und mit der Gewalt nicht aufzuhalten ist. Die Heyden vergnügten sich nicht an dem Jove, Apolline, Saturno, Plutone, Sole, Baccho, Mercurio, Marte, Hercule, Neptuno, Vulcano, und an der Göttin Cybele, Venere, Junone, Cerere, Themide, Minerva, Diana, Proserpina und Vesta, sondern sie geriethen auch in diese Thorheit / daß sie nebenst solchen die allervergifftigsten Thiere / Schlangen und Drachen für Götter verehreten.
(Ihre schlacht-Opfer.) Der Dianä pflegte man eine Hindin oder Rehe zu opfern / weswegen der Poete saget:
(Ovid. lib. I. Fastorum.) Quae semel est triplici pro virgine caesa Dianae, nunc quoq; pro nullâ virgine Cerva cadit.
Manhat Dianen sonst ein munters Reh geschlachtet /
Weil sie für andern ward dreymahl so hoch geachtet /
Jetzt aber will ein Reh man opffern auch der Jenen /
Die sich zum Jungfer-Stand nicht länger will bequemen.
(Virgilius lib. 3. AEneid.) Es ist bekannt / daß des Königs Agamemnons / und der Clytemnestra Sohn / wegen seiner Mutter so er umgebracht / rasend / und hernach bey der Diana Altare in Taurica wieder ausgesöhnt worden sey / wie ferner hiervon der Poete meldet.
Et Scelerum Furiis agitatus Orestes:
Woraus man der Heyden vermeinte Andacht / und zugleich auch verübte Danckbarkeit siehet: Es hat die abergläubische Andacht ein Gleichnis mit den [208] schönsten Gemählden / welche man nach Gefallen ausputzet / und bald wieder hinweg nim̅et. Die Heyden vermeinten / daß sie ihre Laster bey den Göttern eher / als für den Menschen verbergen / und zudecken könten: die unzeitigen Rathschläge ersticken in der Geburth / und auf solche böse Wercke und Vornehmen (Deut. 32.) zielet auch Moses / wen̅ er saget: O daß sie weise wären / und verstünden / was ihnen hernachmahls begegnen würde. Den̅ es ist ein Volck / da kein Recht / und in ihnen kein Verstand zu finden ist. Unter diese Anzahl der Abergläubigen gehören auch alle Gottlosen / welche vor und nach der Sündfluth gelebet. Denn sie setzten nicht allein aus unzeitiger Halsstarrigkeit / und besonderer Einbildung alle heilsame Lehren und Vermahnungen Gottes aus den Augen / sondern sie hielten auch der Propheten ihre Weissagungen für nichts / lebeten nach ihrem Bedüncken / und erwehlten Götter / wie sie ihnen zu Sinne kamen. Und weil sie bey ihrer Alten und vom Teufel herrührenden Gewonheit blieben / und alles was von dem wahren GOTTE und Heylande der Welt gemeldet wurde / für Spott und lauter Unwarheit heilten / so war auch die Rache Gottes desto hefftiger. Es wird von denen Welt-weisen eine Frage aufgestellet / was bey so vielen unzehlbaren menschlichen Verrichtungen am schweresten zu schätzen sey / und am meisten Klugheit und Verstand erfordere? Etliche sagen die Verwaltung eines Königreichs / oder Landes: Etliche die Geschicklichkeit eines Feldherrns / wan̅ er eine Armee von soviel tausend Mensche̅ wohl anführe / sie bey Gehorsam behalte / und so bald nicht zu grunde richten lasse: Etliche aber das Gebeth / wenn man dasselbe ohne irdische Gedancken zu dem (Paulusad Rom. 8. v. 26.) Allerhöchsten abschicke. Dahin auch der Apostel Paulus zielet: wir wissen nicht was wir bitten sollen / und wie es sich gebühret; die angenom̅ene Art und Weise zerschmeltzet wie der Schnee. Alles Menschen-Thun und Wesen ist erdicht / betrüglich und für nichts als Larven-Werck zu achten. Tota Hominum vita est simulatio, Fictio, Deceptio, & Larva Histrionis. Sobald sich der Teufel in einen Scheinheiligen verstellet / da gehet der Betrug und die Verführung an: Es gehen nicht alle Betens halben in die Kirche / und wenn es ja deswegen geschiehet / so redet vielmahls der Mund dieses / das Hertze aber dencket inzwischen auf was anders. Der Teufel ist bey solcher menschlichen Gleißnerey wie ein Kirschner / und Beutler / welcher Etlichen das Rauche heraus kehret / Etlichen aber die garstige und heßliche Gestalt / das ist / ihrer vielen erzeiget er sich als ein sanfftmüthiger Gott / wann sie aber den Betrug wahrnehmen / weiset er ihnen seine unflätige Klauen. Jederman will für den gehalten seyn / der doch derselbe nicht ist. Wo die Frömmigkeit blühet / darein wirfft offt der Teufel eine Raupe / welche die Frucht zernichtet. Dafern die Menschen sowohl auf den wahren unsterblichen GOtt gesehen / und ihr Gebeth mit gleichmässiger Andacht / als bey der Dianae Opfer geschehen / zu ihrem eigenen Heyle eingerichtet hätten / so wäre ihre Gottesfurcht der beständigste Grund aller Tugenden gewesen / also daß die Boßheit dadurch der Frömmigkeit Platz machen müssen. Wer für Wohlthaten danckbar ist / der hat vielmahls mehr zu gewarten / als Er vermeinet.
Nicht allein GOTT / sondern auch die Menschen tragen an der Danckbarkeit ein vergnügtes Gefallen. Es vermeinten die Heyden / daß der / so die Wohlthaten zu vergelten begierig / auch für dankbar zu achte̅ sey / in Warheit / wann dieser Leute Absehen nicht abergläubisch gewesen wäre / so hätten sie ihnen auch den Himmel unter andern mit ihrer Danckbarkeit zu wege gebracht. Denn das ist ein Gesetze der Natur / so offt der Mensche Athem [209] schöpfet / soll er dem Allerhöchsten für die Ihm verliehene Wolthaten dancken. Der Mensch ist das Edleste unter allen Geschöpffen / und der Hund eines von den unedlesten / gleichwohl aber erweiset sich dieses Thier offters viel danckbarer als der Mensch / wirfft man ihm ein Stücke Brod vor / so kennet Er einen lange Zeit / und giebet im vorbey gehen ein mercksames Zeichen für das / was er genossen / wofern man aber einem Undanckbaren die Zeit seines Lebens Gutes thut / und wirfft ihn einmahl aus der Wiege / so währet die Feindschafft ewig. Gleichwie aber Einer ohne Feder ein Schreiber genennet werden kan / also auch Einer ein Undanckbarer / ob er sich gleich nur mit Worten / und nicht an dem guten Willen danckbar erzeiget. Ein solcher soll einem guten Acker gleich seyn / welcher nicht allein den Saamen / sondern auch die Früchte vielfältig wieder giebt.
GOttes Güte begnadiget uns mit vielen Wohlthaten. Darum sind wir Ihme auch hinwiederum alles was was wir haben und besitzen herzugeben schuldig. Und gleichwie von einem / der danckbar / alles Gutes herköm̅et / also (Plautus.) schüttet man auch bey einem Undanckbaren Wasser in den Sand. Improbus Homo est, qui Beneficium scit sumere, & reddere nescit. Wer Gutes mit Bösen vergilt / ist ein schlim̅er Gesell. Undanck ist der heutigen Mensche̅ bester Lohn: Auch die Bestien kan man durch Gutes thun zahm machen; da hingegen wir unbesonnene Menschen weder durch Wohlthaten noch andere leibliche Gaben zu GOTT zu bringen sind / viel weniger seine Geschencke / als da ist Verstand / die Gesundheit / Ehre / Reichthum / Hoheit / und dergleichen / mit gehührender Schuldigkeit beobachten / wir sind gegen GOTT / wie das tumme Vieh / sobald als dasselbe sich satt gefressen / oder gesoffen / so tritt es das übrige Futter mit Füssen / und fehret dem Wasser den Rücken zu. Der Danckhab so heutiges Tages bey uns gewöhnlich / ist Hohn / für Lohn / und Gestanck für Danck. Die Welt ist nichts als ein Haus voller undanckbarer Aussätzigen / welche alle Gutthaten für eine Schuldigkeit erachten. Uber alle Laster hat man gewisse Gesetze verordnet; wofern man aber den Undanck nachdrücklich abstraffen sollte / müsten alle Häuser zu lauter Gefängnissen / alles Eisenwerck zu Fesseln / und meiste Menschen zu eigenen Henckern gebraucht werden. Wer derowegen GOTTES / und nicht enines Abgottes / Güte mit danckbarem Hertzen erkennet / dieselbe rühmet / und sich desselbigen Gnade und Barmhertzigkeit in schuldigem Gehorsam unterwirfft / der vollbringet ein GOTT angenehmes Opfer.
(Ihre Versöhnung.) Die Diana versöhnte man mit Menschen-Opfer: Und nicht allein diese / sondern es geschahen auch dergleichen Unmenschliche Thaten dem Diomedi in der Insel Salamine / dem Dionysio in der Insel Chios / und der Palladi in Laodicea zu Ehren / und war solche Grausamkeit auch bey den Carthaginensern / Lacedaemoniern / Phoeniciern / Griechen / Arabern / Atheniensern / Scythen / Thessaloniern / un̅ viel andern Völckern gar gemein / ja man wendete auch in Erwehlung der Opfer gegen die falschen Götter einen solchen Fleiß (Ovid. lib. 1. Fastor.) an / also daß man erlichen ihren so genan̅ten from̅en Göttern weisses Vieh / denen bösen aber schwartzes / ingleichen was män̅liches Geschlechtes män̅liches / un̅ was weibliches / weibliches Geschlechte schlachtete un̅ aufopferte / als dem Erboden eine trächtige Kuh; der Proserpina das / was unfruchtbar war; dem (Homerus.) Baccho einen Bock; der Cereri die Erstlinge der Früchte / der Son̅en wege̅ ihres (Ovidius.) schnellen Lauffes ein muthiges Roß; dem Jupiter eine̅ Widder; dem Apollo / und der Juno eine Kalbe; dem Fauno eine Ziege; dem Aesculapio des Phoebi (Macrobius.) Sohne einen Ha???n; dem Herculi eine̅ Farren; der Isidi des Inachi Tochter eine Gaus; der Majae eine trächtige Saue; der Minervä eine Ziege; der Nacht einen [210] Hauß-Hahn; und dem Priapo einen Esel. Denn als dieser vermeinte Gott eine schlaffende Nympha heimlich nothzüchtigen wollte / und von dem garstigen Geschrey eines Esels an seinem Vorhaben verhindert / die Nympha (Ovidius l. 1. Fastorum.) auch darüber aufgewecket / und sich von ihme loßgerissen / ist er von allen denen / die darzu gekommen / ausgelacht worden / dahero der Poete dieses von ihme schreibet:
Caeditur & rigido Custodi ruris Aselius, causa pudenda quidem, sed tamen apta Deo.
Priapus der verbuhlte Mann / so sonsten hütet Feld und Auen / pflegt einen Esel / den man ihm zu einem Opfer dargebracht /
Op schon es ein verächtlich Ding / dennoch mit Willen anzuschauen / und scheint / als wann dergleichen Gab' Er gleichsam wohl vergnügt anlacht.
Saurer Wein giebt sauern Essig: die abgöttischen Welt-Kinder sind in Fortpflantzung ihrer Boßheit viel emsiger als offters die / welche in ihrem Christenthume besser gegründet zu seyn vermeinen. Alles Unglück / so auf dem Erdboden geschiehet / daran ist allein der Unglaube schuld: Bey den Werckheiligen ist der Teufel am allersubtilesten / der auch die Klügesten / und Verständigsten mit dem Giffte der Abgötterey bezaubert. Es ist nicht genug / daß man sich selbsten einen Abgott erwehlet / sondern was der Dreyeinige GOTT befohlen / deme soll man in Furcht und Demuth nachkommen; Der Mensch hat sich nicht allein für den groben Lüsten / das ist / selbst-ertichteten Abgötterey / sondern auch / daß er die Einigkeit des Glaubens nicht zerreisse / und allerley wider die Vernunfft lauffende Dinge einführe / fürzusehen. Unter allen Gefährlichkeiten ist keine gefährlicher / als wenn Einer der Göttlichen Majestät durch seine Vernunfft einen Eingriff zu thun sich unterstehet. Alle Gaben / so wir Menschen haben / sie mögen gleich geistlich oder weltlich seyn / sind auser dem Glauben nichts anders / als Wercke des Teuffels. Unser eigner Wille ist das grösste Ubel / so wir an unserem eigenen Leibe und Seele begehen. Alle Heydnische Lehren sind vergifftet / der Götter gesuchte Ehre verflucht / und ihre erzwungene Frömmigkeit wegen der öffentlichen bekannten Sünde für GOTT verbannet. Denn GOTT ist also gesinnet / daß Er ferne von den Welt-klüglingen / und nahe bey den Unweisen / und die vor der Welt unrecht haben müssen / zugegen sey. Der ohne Glauben lebet / ist gottloß genug / ob er schon äuserlich ein erbares und scheinheiliges Leben führet. Und gleichwie ein Werck-Gesinnter nimmermehr gewahr wird / was er thut; Also fasset hingegen ein Rechtgläubiger den rechten Kern / was GOTT in seinem Worte gegründet; wer allein in geistlichen Sachen von der Vernunfft urtheilet / der ist in der Vernunfft todt / der Geist aber ist dißfalls der einige Richter. Es gebühret sich nicht mit dem Munde GOTT loben / und im Hertzen sagen / ich weiß von keinem GOTT sondern das ist die grösste Kunst / den wahren und sich selbst geoffen bahrten GOTT erkennen / und denselben ohne andere erdichtete Götter verehren. Lieber / was ist doch die Welt anders / als ein Meer voller Boßheit und Schalckheit / welche mit nichts als falschen Farben / und Scheine ausgeputzet? Wer dahero in diesem Leben sicher zu leben gedencket / der sene durch den wahren Gottesdienst zu / daß Er heute stehe / und morgen nicht liege / heute recht gläube / und morgen nicht in Irrthum falle / heute hoffe / und morgen nicht verzweifele; Den̅ der Teufel ist scheinheilig / und siehet uns nicht [211] mit groben Sünden / sondern mit dem Unglauben an / so bald er nun den Glauben umgestossen / so hat er alsdann erst gewonnen Spiel / und erlanget / was er zu haben begehret.
(Ihre Jägerey und übrige Verrichtungen.) Letzlich so dichten auch die Poeten / daß die Diana sich eintzig der Jägerey befleissige. Wodurch man lehrete / daß insonderheit die / welche ein keusch und reines Hertz führen / und ihre Ehre wohl bewahren wollten / sich für der Trägheit fürsehen sollten. Denn wie Seneca saget:
Amor juventae gignitur Luxu; atiô
nutritur inter laeta fortunae bona.
Von Ihr sagt man / daß die Jungfrau Arethusa deroselben im Jagen stets mit ihren Pfeilen Gesellschafft geleistet / und daß ihr Jupiter 60. Meer-Jungfrauen / und 20. Andere zugesellet / welche ihr Bogen und Pfeile / Kleider und Schuh zugetragen / sie gewartet / und ihre Hunde gefüttert. Sie ward zu einer Regentin der Jägerey verordnet / und zugleich über Felder und Wälder / über Fluren und Seen gesetzet. Warum sie aber für eine Vorsteherin (Confer. Natal. Com.) der Jägerey gehalten / erzehlet man von ihr dieses: Es hätte sich einesmahls die Nympha Britomartis / oder Britimartys unter dem Jagen in ein Netze verwickelt / und weil sie darüber wegen der wilden Thiere in Leib und Lebens-Gefahr gerathen / der Dianae ein Gelübde gethan / daß wann sie dieselbe von solcher Gefahr errettete / sie ihr zu Ehren einen Tempel erbauen wollte / welches sie auch hernacher werckstellig gemacht hätte. Andere wollen / daß weil sich die Diana in dem Jagen stets belustiget / so sey sie dahero eine Vorsteherin der Jägerey genennet worden / und habe in ihrem Schilde (Callimachus.) und Wapen einen Bogen geführet. Etliche aber geben vor / daß nachdem die Diana das Meer verlassen / und gesehen / was ihre Mutter bey ihrem Hebammen-Ambte ausstehen müste / sie ihren Vater den Jupiter um folgendes angeflehet:
Da mihi, perpetuò ut sim virgo, da, Pater alme!
Liebster Vater / daß ich worden
eine Jungfrau / danck ich dir /
Daß ich auch in solchem Orden
möge leben für und für /
So erhalt durch deine Krafft
mich bey meiner Jungferschafft.
Der Dianae Geschäffte und Verrichtungen waren / wie man vorgiebt / auch diese / daß sie mit den Jungfrauen / welche nunmehro ihrer Jungfrauen ihrer Göttinnen / unter deren Schutz sie bishero gelebet / dadurch verursachten Zorn entgehen möchten / brachten sie ihre Opffer der Göttin in dem Tempel in Körben / und begehrten dißfalls zu heyrathen Erlaubnis / es wurde aber keiner Jungfrau dergleichen Opfer dahin zu tragen erlaubet / es sey dann / daß sie ihre männliche Jahre erlanget / von welcher Gewonheit unter andern auch Theocritus in Pharmaceutriâ also schreibet: Wann eine Jungfrau geschwängert / und nunmehro ihren gewöhnlichen Gürtel / den sie damahls truge / nicht welches bey den Atheniensern so viel heisse / als Zonam solvere, den Gürtel ablegen / und die begangene Schmach öffentlich bekennen. Der Dianae ward auch die Herrschafft über die Fischerey zugeeignet / [212] und gedencket Pausanias / daß ihr zu Eleus ein Bild aufgerichtet / welches in der rechten Hand einen Leoparden / und an der lincken einen Löwen hielte / wohin auch der Poete zielet.
Mein Blut das ist in mir nicht feige /
Ich fürchte keinen grimmen Behr /
Der Leue / wann ich mich ihm zeige /
legt mir den Mähn zun Füssen her /
Das Eisen fängt nach meinem Willen /
ich siege / wann es mir beliebt /
Der grüne Forst und seine Stillen /
die machen meinen Leib geübt /
Daß ich als eine Königinne
stets eine neue Schlacht gewinne.
(Euripides.) Man nennete sie auch der Sonnen Wage / oder Morgenstern / und eignete ihr die Macht und Gewalt zu / daß sie nach Gefallen Einen jeden abzustrafen vermöge.
(Callimachus.) O miseri, quibus ipsa gravem tu concipis Iram, Nam morbus depascit Oves, segetemq; pruinae, orbanturq???; senes natis, & Foeminae obortum mox pariunt.
Wohl dem / da dein Liecht stets glimmet /
Weh dem / da dein Zorn ergrimmet?
Denn durch deinen Grimm erstirbet
alles Schaaf-Vieh: Es verdirbet
auch die Saat: Es muß drauf gehen
manches Kind / das noch das Liecht
in der Welt nicht kann besehen /
auser was sonst mehr geschicht.
(Plutarchus in Vita Arati.) Man erzehlet / daß vor Zeiten bey den Pellenensern der Dianoe Wunderns-würdige Bildnüs sey gesehen worden / welches zwar zu andern Zeiten nichts gethan / oder vorgenommen / wohin es aber der Priester getragen / da hätte es niemand angesehen / sondern vielmehr das Anschauen aller Dinge vermieden. Denn es wäre desselbigen sein Angesichte nicht allein denen Menschen sehr furchtsam / und grausam vorgekommen / sondern es hätte auch die Bäume unfruchtbar gemacht / und die Früchte von den Bäumen / (Strabo lib. 12.) wenn es wäre dahin gelegt worden / herab geworffen. Ferner so gedencket man / daß in einem Städtlein in Sicilien ein Tempel der Dianoe Persicae gewesen / woselbst die heiligen Weiber mit unverletzten Füssen auf glüenden Kohlen herumgegangen: Hinter dem Teufel und der Welt steckt offt einerley Betrug. Wieviel Welt-Kinder lassen es sich offters blut-sauer werden / nur daß sie mit ihrer Abgötterey / und deren falscher Erdichtung zum Teufel fahren. Denn wie der Frommen GOttes Wohnung; also besitzt auch dieser Jene leiblich / und geistlich. Herodotus in Meipomene giebet vor / daß man hiebevor in Asien / wo der Dianae Tempel gewesen / alle diejenigen Griechen / so durch Schiffbruch daselbst hingekommen / der Dianae aufgeopfert / oder / wie Andere wollen / allda von einem erhabenen Orthe wären [213] herabgestürtzet worden. Diesem nach opferte man ihr auch ein weises Reh / einen Ochsen und alle Erstlinge / so die Erde herfür brachte / wie aus dem Euripide dieses zu ersehen.
Ego quod Annus optimum produxerit vovi immolare Luciferae certè Deae.
Welche Frucht ich werde heben
dieses Jahr / die soll allein
Dir / Diana / seyn ergeben /
die du uns giebst Liecht und Schein /
Dir will ich das Beste wehlen /
und zu deinen Opfer zehlen.
Der Teuffel bleibet einen Weg wie den andern Gottes Affe / der des Höchsten Ambt / und vormahls anbefohlene Opfer zum ärgesten verkehret: Er ist ein Betrüger / und Lügner von Anfang gewesen / und hat noch bis auf den heutigen Tag die Gewonheit ansich / daß er demjenigen / welcher für ihn fliehet / nachjaget / und den / so er in seinen Klauen zu haben vermeinet / in Sünden verstärcket. Wie dahero die Rechtgläubigen den wahren GOTT aus seinem geoffenbahrten Worte erkennen; Also ehren die Unglaubigen einen unbekandten Gott nach ihrem eigenen Bedüncken / bleiben jederzeit in den Fußstapffen der Finsternis stecken / und gehen ihm / als einem blinden Wegweiser nach. Es ist eine allgemeine Regel / daß die Menschen von Natur mehr zum Bösen / als Guten / und mehr zum Aberglauben / als dem wahren Gottestesdienste geneiget sind; wer seinem Verstand zu viel trauet / der folget leicht einem Blinden. Keine handeln thörichter / als die Gottes Werck nach ihrer Vernunfft messen. Da die heydnischen Einwohner zu Lystra sahen / daß der Apostel Paulus einen Lahmen aus ihren Mitteln gesund machte / gaben sie vor die Götter hätten sich unter die Menschen gemischet / und wären ihnen gleich worden / nenneten Barnabam den Jovem / und Paulum den Mercurium / weil er den Vortrag thate / und das Wort führete / des Jupiters Priester aber brachte Opfer und Cräntze herbey / und wollte ihnen opfern / welchen aber diese beyde widersprachen / und sie an den wahren GOTT / der Himmel und Erden erschaffen / nach seinem Worte und Evangelio zu dienen verwiesen. GOttes Güte ist langmüthig / daß Er auch die Heyden in ihrer Finsternis mit reichem Segen / zeitlichen Gütern / und Wohlthaten begabet. Es ist nicht ein ungemeines / wenn man sich an anderer Leute Lob oder Unehre spiegelt: Wo zuweilen die Gewalt zu schwach / da soll man sich der zulässigen List / und des geschwinden Raths gebrauchen.
(Actaeons Verwandelung.) Der Dianä Ehre schiene mit ihren Nymphen auch in der Einsamkeit gefährlich zu seyn. Actaeon des Königes in Arcadien Sohn / ein Jüngling von schöner Gestalt und grosser Liebhaber des Jagens / sahe dieselbe baden / und eilete begierig dieselbe näher zu beschauen. Die Tugend hat offters viel Freyner / kaum unterstand sich Actaeon seine lüsternde Augen aufzusperren / da wurde ihm der Lohn gereichet / in einen Hirsch verwandelt / und seinen eigenen Hunden zu Theile. Wer zuviel begehret / der muß offters eines mit dem Andern entbehren. Die alten Heyden und Römer glaubeten daß das Kind Cupido ein Gott der Liebe und Begierde sey / und zwar darum / alldieweil auch erwachsene und alte Leute / ob sie gleich die Kinder-Schuh zerrissen / und selbst bedencken sollten / was Ihnen schädlich oder nützlich / vielmahls in der [214] Kinder-Haut bis in den Tod stecken. Der seine Begierden nicht zähmen kan / deme ist nicht zu rathen. Viel der Sterblichen trachten in der Jugend nach nichts als lauter Wohllüsten / in dem mittlern Alter nach Hoheit und Ehre / und in dem Alter nach Reichthum / welches alles uns aber / wen̅ man es beym Liechten besiehet / vielmehr verunruhiget / als in einen ruhigen Stand setzet / also daß wir nicht wissen was wir verlangen / und wie sehr wir von Jugend auf von den bösen Begierden geplagt werden. Hunde halten an grosser Herren Höfe ist nichts ungewöhnliches / alldieweil man sich ihrer theils zum Nutzen / theils zur Verwahrsamkeit gebrauchet / hier aber müssen diese wider ihren eigenen Herren wüten / und ihn in Stücken zerreissen; Der seines Muths ein Herr ist / der ist stärcker / als der / welcher Städte gewinnet. Derjenige / welcher sich nicht selbst zu regieren weiß / der gleicht einem Blinden / welcher ein Liecht trägt / und sich selbsten damit nicht leuchten kan.
Alle Wohllüste führen mehr Gall als Honig in sich. Wann das Feuer einmahl angeblasen / so ist es so bald nicht zu leschen: Es weiß offters Einer / der sich verliebet / zwar wohl / was er verlanget / nicht aber / was für ein unersetzlicher Schade daraus erfolget. Es ist ein gemein Sprichwort: Buhler und Jäger trachten jederzeit nach deme / was sich nicht wohl fangen lässet.
Visus & Eloquium, Tactus, post oscula factum;
Ni fugias Tactum, vix evitabitur Actus.
Niemahls pfleget auf ein freundliches Anschauen und verliebtes Anreden etwas Gutes zu erfolgen / dahero dann öffters erfolget / daß auch die Creaturen selbsten zu Vollstreckung der göttlichen Rache gebraucht werden.
Fingitur Actaeon nova Cornua sumere Cervi,
dum videt, & Comites, & sine veste Deam:
Scilicet Ingenio consvescunt esse feroci,
Quos nimium sylvae, praedaq; capta juvant.
So bald Actäon sieht die keusche Göttin baden /
Da wird zu seinem Fall mit Hörnern er beladen /
Wer von dem Guten wird zum Bösen abgeleit
Und thut nicht was er soll / den frisset auch die Zeit.
Alle Wohllüste verzehren sich selbst. Der junge Actoeon hielte mehr auf das Jagen und seine Hunde / als die Erhaltung der Unterthanen / das Frohnen gieng fort / die Imposten blieben nicht zurücke / und der Arme mochte sich schmiegen und biegen wie er wollte / so muste man der Gewalt ihren Willen lassen. Und weil derselbe / wie gedacht / alle seine Sinne und Gedancken auf das Weydewerck legte / so hielte man ihn auch für den / womit er umgieng. Denn wie Dionysius saget / so ist die Liebe eine Krafft / welche einen jeden Liebhaber in das / was er liebet / verwandelt;
(Ovidius.) Si venerem tollas, rustica sylva tua est:
Es gehet auf dem Jagen so genau nicht her / man springet zuweilen über die Klinge.
(Der Dianae schätzbarkeit.) Die Heyden heilten die Diana als eine Göttin in den grösten Ehren / und die Griechen nennten sie [Greek words], uberibus suis omnia alentem: Eine die mit ihren Brüsten alles ernehrete. Von dem Griechischen Feldherrn Agamemon wird gedichtet / daß als er einesmahls unwissend der Dianae Hirsch erschossen / sie dermassen auf ihn erbittert worden / daß sie auch den Winden [215] Einhalt gethan / damit er seine vorhabende Reise zu Schiffe nicht fortsetzen können. Nachdem aber derselbe das Oraculum fragen lassen / wie er die Göttin wieder versöhnen möchte? habe er zur Antwort bekommen: durch sein Geblüthe; worauf er den Ulyssen zu seiner Gemahlin abgefertiget / seine Tochter die Iphigeniam von ihr abzuholen / sie schlachten / und der Dianae aufopfern zu lassen; Es hätte sich aber die Diana über sie erbarmet / und verschaffet / daß an ihrer Statt ein Hirsch aufgeopfert / und die Tochter von ihr in die Landschafft Taurica wäre gebracht / und also dardurch beym Leben erhalten worden. Es soll aber der Dianae Hirsch / welchen Agamemnon wider seinen Willen erschossen / dieser gewesen seyn / den Hercules gefangen mit einem güldenen (Aller Verdacht ist zu meiden) Halsbande und verguldeten Hörnern gezieret / und welchen die Diana von der Taygeta des Atlantis Tochter geschencket bekommen hätte. Niemand soll sich leichtlich eine böse Nachrede aufbürden lassen / sondern dieselbe meiden / so viel möglich. Sobald wie gedacht / Diana erfahren / daß Calisto schwanger / so bald kam sie solchem bösen Nachtlange zuvor. Diese Königliche Prinzessin Calistowar / wie die Poeten melden / des Königes Lycaons Tochter / welcher zuvor wegen seiner Grausamkeit in einen Wolff war verwandelt worden / und weil sie mehr in dem Weyde-Wercke / als weiblicher Zucht und Arbeit ihre Lust und Ergötzlichkeit suchte / beschlieff sie Jupiter / und machte sich darvon: Nichts leichter ist der Veränderung unterworffen / als die Jungferschafft / wenn diese / als das beste Kleinod hinweg / so achtet niemand den übrigen Theil / als der / welcher es nicht weiß. Selten entstehet aus unkeuschem Geblüte was Gutes: Die geschwängerte Calisto gebahr einen wilden Schützen / der ihr selbst beyzugestossenem Unglücke nach dem Leben stunde; Die Göttin Juno wird um des begangenen Ehbruchs willen ihr abgesagter Feind / so gar / daß sie auch dieselbe (Solinus.) aus Haß in einen Bär verwandelte. Von den Bären sagt man / daß sie sich nicht / wie die andern vierfüssigen Thiere / begatteten / sondern wie die Menschen sich zu vermehren pflegen / weswegen man die Calisto einer Bärin verglichen / die nichts menschliches als Fürwitz / Laster / böse Begierde / und Unkeuschheit an sich gehabt. Ihr Sohn Arcas trug mitlerzeit an statt eines Königlichen Titels nichts als einen wilden Nahmen darvon / gerieth endlich in der Wildnis an seine leibliche Mutter / und vermeinte sie / als eine Bärin / zu fällen. Jupiter aber verwandelte sie beyde in Sterne / welche man Arctos, Bootes, Arctophylax, den Bär / den Heer-Wagen / oder das Sieden-Gestirn nennet. Der Nutzen aber dieser Fabel ist nichts anders / als daß man daraus siehet / wie die verbotene Liebe schwärtze / unser Fleisch durch ihre verführische Lust in Bestien verwandele / und wie man zuweilen seine Huren-Kinder viel höher als die natürlichen herfürzubringen trachte / auch die unrechte Ehe wider alle Billigkeit / Zucht / und wider die Natur selbsten lauffe / dahero auch die Poeten tichten / daß die Göttin des Meers alle Sternen auf und annehme / und sie bis wieder aus ihrem Gebiete begleite / ohne allein des Jupiters Kebs-Weib den Bär oder das Sieben-Gestirn nicht.
(Die Keuschheit des Hertzens.) Die Fabel von der Calisto giebet uns Anleitung zu Widerstrebung aller fleischlichen Wohllüste; Scipio Africanus wollte bey Eroberung der Stadt Carthago dasjenige schöne Weibesbild / so ihme als eine Gefangene zugeführet wurde / nicht ansehen; Kein Feind ist uns aufsätziger / als unsere eigene Begierde: derjenige Krieg / den man mit seinem Feinde führet / ist gefährlich / noch gefährlicher / der zwischen Mann und Weib / am allergefährlichsten aber / den man mit seinem eigenen Leibe / Fleisch und Blut führet.
(Plutarchus.) Die Römer hielten diese Weibes-Persohnen / so ihre Jungserschafft [216] bewahreten / dergestalt in Ehren / daß sie ihnen auch Ehrensäulen anfrichteten / indem sie vorgaben / daß der / so im Fleische lebete / und doch keine fleischliche Wercke begienge / mehr göttliches als menschliches Geschlechts (in Vitis Patr.) seyn müsse. Als dem frommen Abt Efrem ein unkeusches Weib Unzucht zumuthete / sprach er / ja komm mit mir / wie sie aber an einen Orth gelangeten / da viel Volcks zugegen war / sprach er: nun hast du Lust / so mache dich fertig? Sie aber gab ihm zur Antwort: Es kan nicht seyn / denn wir allebeyde würden für dem Volck zu schanden. Wohlan / wiederholete er: schämest du dich anietzo für denen Menschen / wievielmehr soltest du dich gegen GOTT scheuen / als welcher in das Verborgene siehet / und das Verbrechen öffentlich zu straffen pfleget. Ein junger Geselle sagte zu einem Alten / der wäre glückselig / wenn er das / was er liebete / bekäme / darwider dieser sagte: das sey viel ehrlicher / wenn man dasjenige nicht begehrte / was sich nicht geziemete.
(Sabellicus lib. 4. c. 8.) Die schöne Lucia stach ihr zu Erhaltung ihrer Ehre die Augen aus / und die keusche Brasilla wollte sich lieber tödten / als schänden lassen; Da (Valerius Maxim. lib. 6. c. 2.) Cajus Marius wider die Teutschen siegete / und darunter etliche Teutsche Weiber gefangen bekahm / baten ihn dieselben / daß er sie der Göttin Vestae zur Keuschheit überlassen möchte / in dem sie daselbst eben so keusch / als ihre Nonnen leben wollten / wie Er ihnen aber dasselbe abschlug / erhencketen sie (Sabell: lib. 5. c. 6.) sich die folgende Nacht. Nachdem von den Hunnen die Stadt Aquileja erobert / und daselbst Einer von denenselben ein schönes Weibesbild gefangen bekam / nahm er ihm vor dieselbe zu schwächen. Die Weibesperson bat er möchte sie doch an einen heimlichen Ort führen. Wie sie nun voran in das Zimmer hinauf gieng / ersahe sie ihr einen Ort aus / worbey ein Wasser floß / kehrete sich zu dem Hun̅en / und sagte: so du meiner geniessen wist / so folge mir nach / stürtzte sich hierauf in den Fluß / und erhielt dadurch ihre Keuschheit. Bey einem Spanier hat man vordessen über seiner Wohnung dieses zu lesen gefunden: En la Guera, qve posseo, siendo miser contrasi: Pies yo mismo me Guerreo defienda me Diosdemi! In dem Kriege / welchen ich führe / ist nichts / das wider mich streitet / als mein eigener Wille / derowegen vertritt du mich (Die späte Reue.) O Höchster / wider mich selbst. Jemehr man sich aber unterstehet / die sem Laster nachzuhangen / je grösser Gefahr läbet man sich auf den Hals: Allen Ungebührnissen kan man entgeben / ohne allein durch unser eigen Fleisch und Blut werden wir an meisten gefangen: Der Geitz regieret allein bey den Reichen: Die Hoffart bey den Gewaltigen: Der Zorn bey den Ungedultigen / und der Neid bey denen / die es Andern an Geschicklichkeit nicht nachthun können; die Wohllust / und die Sünde des Fleisches aber lässet sich gemeiniglich bey Allen finden. Vorwitz macht die Jungfern theuer: Calisto war Königlichen Geblüths / grossen Vermögens / schöner Gestalt / noch vermochte sie ihrem Willen nicht zu widerstehen. Viel Könige verliehren darüber ihre Königreiche. Viel ihre eheliche Pflicht / und viel Geistliche ihre Gelübden. Es lebet zwar ohne Straucheln Niemand / iedoch ist die Reue öffters die (2. Sam. c. 12. v. 13.) Stütze / daran man sich wieder lehnet: König Davids Busse war das eintzige das ihn nach beschehenen Ehebruche erhielte. Absolon verschertzte durch seine (2. Sam. c. 18. v. 14.) Schönheit das Lehen: Samson durch die Conversation eines Weibes seine Stärcke: Marcus Antonius durch die Cleopatra in Egypten: Hannibal / Pyrrhus / Ptolomoeus und andere ihre Länder. Als die Lydischen Gesandten (Judic. 16. v. 19.) einesmahls in des Herculis Camer kamen / funden sie ihn in seiner Liebhaberin Schoß liegen / welcher ihre Haube auf seinem Kopffe / sie aber seine Crone auf ihrem Haubte hatte. Wie die Lust / so ist auch die späte [217] (Genes. c. 34. v. 2.) Reue: Jacobs Tochter die Dina gieng die Töchter deß Landes und Sichem zu sehen / und kehrete mit vernützter Ehre wieder zurücke: Je hefftiger die angehende Liebe / je grösser die Feindschafft: König Davids Tochter / die (2. Sam. c. 13.) Thamar / ward von ihrem eigenen Bruder geschändet / und aus Haß gegen sie verstossen. Der streitbare Held Hercules ward bezauberet / und vergifftet / daß er sich selbsten auf einen Holtz-Hauffen setzte / und verbrennete. Die Liebe ist blind und thöricht: Ihrer viel haben ihr Vermögen nicht zu Hofe / nicht in Städten / nicht bey den Spielen / nicht durch zartes Wohlleben / sondern allein durch die unersättliche Buhlschafft durch die Gurgel gejaget; die Reue aber ist hernacher zu späte / wann das grösste Reichthum hinweg / und der Verschwänder an den Bettelstab gerathen. Es ist ein gefährlich Werck um die Jungferschafft: Die unerbare Liebe entzündet sich bald / sie beklaget aber hernacher das / wornach sie so sehre verlanget. Eine frische Rose bricht sich leichtlich ab / man hüte sich aber für ihren Dornen. Die Liebe vergleichet sich mit ihr. Denn wenn dieselbe zur Uppigkeit wird angewendet / so wachsen aus ihr stachlichte Dornen / von welchen entweder gelähmte Glieder / trieffende Augen / stinckender Athem / wurmichtige Wangen / und Aschen-farbige Angesichter / oder ein leerer Beutel / leeres Gedächtnus / schnöde Verachtung / und eine späte Bereuung zu folgen pfleget. Wie nun letzlich Diana jederzeit eine Jungfrau verblieben; also siehet man / was die Keuschheit für Verstand und Weisheit nach sich ziehe. Nicht unbillig wird die Keuschheit der Unzucht entgegen gesetzt. Die Poeten geben vor / daß Pallas / oder Minerva eine Göttin der Weisheit / deß Streits / und auch der Keuschheit sey / wordurch sie andeuten wollen / daß die Weißheit eine göttliche Gabe / vermittelst derer man den Streit wider seine Feinde / und sein eigen Fleisch und Blut erhalten könne. Dafern dem Leibe sein Wille gelassen wird / so verfinstert er die Sinne / deßwegen man auch den Liebes-Gott bey den Heyden blind gemahlet / indem die jenigen / so sich solchen unzüchtigen Begierden ergeben / für stockblind zu achten sind. Weiber und Wein bethören die Weisen: Salomon war der Weiseste / und begieng bey seiner Weisheit die grösste Thorheit. Vernunfft und Vorsichtigkeit gehöret zum Kriege / und wo die Gewalt ohne Vernunfft ist / da wird sie dem Riesen Polyphemo verglichen: Es ist kein grösserer Krieg als der / welchen wir mit unserem eigenen Fleische und Blute führen. Bedienen wir uns nun hierinnen nicht der gesunden Vernunfft / so setzen wir unsere eigene Ehre / und guten Namen auf die Spitze der Gefahr / und vergifften uns gleichsam selgst / wie hiervon Claudianus saget:
Membra???ue Circéis effoeminat acriùs Herbis.
(Wie man die Diana verehret.) Damit wir aber wieder auf unsere Diana / als eine vermeinte Göttin der Jägerey / kommen / so verwahreten / ehreten / und beteten die Lacedämonier nicht allein deroselben ihre Bildnus / welches Iphigenia / und Orestes aus der Landschafft Taurica dahin gebracht / in einen geflochtenen (Camerar. in hor. succis. 2. p. c. 10. pag. 54.) Korbe an / sondern man zeigte auch theils der Dianae Bildnus in Arcadien / und ihren Tempel / theils auch der Minervae mit einem verbundenen Schienbeine: Wodurch sie vorgaben / daß sie von dem Aro / oder Fürsten dem Theuto wären verwundet worden / indem sie nicht länger in Griechenland hätten verbleiben wollen. Unter andern Oertern / so man der Dianae geheiliget / (Valerius Flacc. lib. 5.) war / wie gedacht / der Fluß Parthenius in Paphlagonien / der hohe Berg Eynthius / und Taurus. Denn weil sie eine Göttin der Jägerey [218] (Deß Jagens Ursprung / und was ihm anhängig. Eusebius lib. 1.) bedeuten sollte / so muste ihr nothwendig Berg und Thal / Holtz und Wasser zugeeignet werden.
Man hält dafür / es hätten die Phönicier / oder / wie etliche wollen / die Thebaner das Jagen erfunden / von welchen es hernach auf die Phrygier gebracht worden wäre; Allein wenn man die heilige Schrifft ansiehet / so sind Cain / Lamech / Esau / Ismael / und Nimrod die Uhrheber desselben gewesen. In der Schrifft wird das Wort Stricke / Netze / Garn / und Jagen (Psal. 91. Mich. 7.) auf unterschiedene ungleiche Weise gebraucht / als wie dort stehet: Der HErr errettet mich von dem Stricke deß Jägers: Ein jeglicher jaget den andern / daß er ihn verderbe; denn durch das Jagen und Hetzen wird fürgebildet die Verfolgung / so die Frommen von den Gottlosen ausstehen müssen. (Varro lib. 4. p. 25) Das Wort Jagen / oder Venatio rechnet man / wie etliche vorgeben / à vento, von dem Winde / da gleichsam der Jäger mit seinen Hunden ein wildes Thier in die Flucht jaget / oder von den venis Terrae, Erdgängen / oder Wild-Bahne / welche der Jäger mit seinen Hunden durchsucht / oder man verstehet dadurch öffters eine solche Jagt / die man mit Hunden verrichtet / oder da eine tyrannische Obrigkeit die armen Unterthanen wegen der grossen Auflagen von Haus und Hof verjaget. Wann die Egyptier einen Betrug / oder eintzige Schmeicheley andeuten wollten / mahleten sie einen Hirsch / den einer mit einer Pfeiffe zu sich lockte. Nahm man eine vergebliche Arbeit vor / so hiesse es / es ist nicht alle Tage gut jagen / oder Wildpret fangen. Und gleichwie man die Undanckbarkeit mit einem alten Hunde abbildete; also verglich man auch einen ruchlosen / und unzüchtigen Menschen demjenigen / der stets dem Jagen nachgienge.
Was aber unsere löbliche und zuläßliche Jagens-Lust anbelanget / so ist dieselbe nirgends in der Schrifft verbothen; die Heyden hielten darfür / die Jägerey wäre von den Göttern erfunden / und hätte man denenselben zu Ehren vielmals Hirschhörner / und wilde Schweins-Zähne an die Thüren / oder Thoren gehefftet. Man giebt vor / daß das Jagen nach den Kriegs-Exercitien / (Belisarius??? de venat. c. 1.) nach Erläuterung der freyen Künste und Sprachen / nach Ertheilung Bürgerlicher Rechte / und gepflogenen heilsamen Rathschlägen das angenehmste sey / so die Menschen am meisten belustigte / und wieder erquickte. Und gleichwie die tapffersten Gemüther es nur mit denen / bey welchen gleichfalls eine Stärcke verspühret würde / annehmen / sich mit Behertzten im Rennen und Lauffen einliessen / denen Stärckern im Ringen nichts nachgäben / und denen Listigen und Verschlagenen mit gleicher List und Klugheit begegneten: Also machten es auch die / so mit dem Jagen umgiengen; Wiewohl bey diesem nicht wenige Ungelegenheit mit unterlieffe / indem man so wohl Tages / als Nachts / im Schnee und Regen / durch Berg und Thal viel dulden / und ausstehen müste / offt in höchste Leib- und Lebens-Gefahr geriethe / und wenn man die beschlossene Thiere fangen wollte / vielmals selbsten von ihnen gefangen / und umgebracht würde. Die so genannte Wild-Bahne an sich selbst ist nichts anders / als ein solches Recht / über welches man in Jagt-Sachen allerhand Ordnungen / Gebot und Verbot zu machen pfleget. Die Bestellung der Jägerey-Bedienten / und was für Hunde / und Jagtzeug man bey einer Jagt vonnöthen / ist heutiges Tages bekannter / als daß man davon sagen soll. Die Forst-Gerechtigkeit ist die / welche man an einem gewissen beschriebenen Umkreiß von unterschiedenen Bergen / Thälern / Gehöltzen / Tieffen und dergleichen inne hat / mit dem Holtze seinen Nutzen schaffet / und dasselbe entweder vor sich gebrauchet / oder an andere Leute verkauffet / und verflösset. Und obschon die hiebevor natürliche Freyheit allen Menschen über die Thiere in Wäldern und Feldern / über Fische und Vögel zu herrschen / sich
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dero zu bemächtigen / und zu seiner Nahrung / und Unterhalt zu gebrauchen verstattet: So ist sie doch von Zeiten zu Zeiten allein der hohen Obrigkeit / Städten / Ländern / und denen jenigen / welchen es erlaubet / anheim gefallen. Es bestehet aber das Weyde-Werck / oder die Jägerey / in allerhand Wilden / vierfüssigen / und geflügelten Thieren / und macht man zwischen denenselben / was zur hohen / Mittel- und Nieder-Jagt gehöret / einen Unterscheid. Der Jägerey Eigenschafft ist / daß man verstehe / wie nach seiner Art das Wildpret aus zuspühren / zu suchen / zu besteigen / und zu fällen / oder zu fangen sey. Und weil man heutiges Tages sich der Pirsch-Büchsen / deß Zeuges / unde anderer Vortheil bedienet / so weiß man / wie man das Wildpret mit Hunden aufsuchen / mit Tüchern und Netzen umstelle̅ / die Schweine mit dem Eisen fange̅ / die Haasen hetze̅ / dem Flügelwercke mit der Büchse / Vogelheerden / Schlingen / Garn und dergleichen nachstellen / mit den Falcken aber die Raub- und andere Vögel beitzen solle. Angelus Politianus beschreibet eine Jagt also:
Sparge si tutta la bella Campagna
Altri hà le Reti, Altri hà la via stretta:
Chi serva in Copia i Can', chigli scampagna.
Chi già il suo amette, chil richiama ed alletta.
Es ward das freye Feld mit Netzen gantz umstellet.
Die Hunde führte man zusammen paar und paar:
Der hetzte munter drauf: Dort ward das Wild gefället:
Ein jeder that darbey / was seines Amtes war.
Die Römer hatten vor Zeiten ihre eigene Thier-Gärten / Hälter / Teiche und Vögelhäuser / worinne sie nach Lust und Gefallen allerhand Wildpret / Fische und Vögel hielten.
(Allerhand Art zu jagen. Jul. Caes. l. 6.) Wann die alten Teutschen nicht mit Kriege begriffen / so lagen sie dem Jagen stets ob: In Indien erhielten sich die Lyrcae einzig und allein davon. Denn ein jeder hatte einen Hund und ein Pferd bey sich / und weil es daselbst viel hohe Bäume gab / stiegen sie darauf / und gaben acht / wo das Wildpret herkam / (Joh. Bohemus l. 2. c. 9. de Moribus Gentium.) im̅ittelst aber war das Pferd gewöhnet auf dem Bauche zu leigen. So bald nun derselbe ein Wildpret erblickte / schoß er dasselbe mit seinem Pfeil / sprange vom Baume geschwinde auf das Pferd / und jagte ihm mit dem Hunde nach. In Engelland pflegt man auf eine besondere Weise bey dem Monden-Scheine Caninichen zu fangen: Man hat Hündgen / welche man Tomuler nennet / von diesem Eines führet man an den Ort / da Caninichen zu seyn (Wilh. Neymaeger in Itin. Joh Ernesti Ducis Saxoniae de A. 1613. pag. 208.) pflegen: der Hund machet sich unter sie / spielet mit ihnen / in einem Hui aber nimt er eines / und läufft darmit zu seinem Herrn / legt es nieder / läufft so dan̅ wieder unter sie / macht es auf vorige Art / und bringet also eines nach dem andern herzu geschleppet. Man hat auch die Gewonheit / das Wildpret in Gruben / Fallen / Schleiffen / und mit anderer dergleichen Behendigkeit mehr zu fangen. Die Alten meinen / das Jagen begriffe vielerley Vortheil in sich / als da wäre die Ausrottung der schädlichen Thiere; die Verstärckung seiner Haushaltung; die Lust und die Gesundheit. Denn es hatte bald anfangs die Noth denen ersten gelernet / wie sie sich nicht allein der grausamen Thiere / als Löwen / Panther / Parther / Tieger / Bäre / Luxe / und Wölffe erwehren / sondern auch der andern / nemlich Hirsche / Schweine / Hasen / und allerhand Geflügelwercke zu ihrem Unterhalte bemächtigen könten. Hernach hat man auch / zur Erleichterung der Sorgen und allerhand Verdießlichkeiten / allerley Thiere zu hetzen / zu beitzen und zu jagen angefangen. Denn weil nach dem Fall deß Menschen alle Thiere sich für demselben gescheuet und geflohen / so hat er auch / damit er seine Meisterschafft erhielte / allerley Gewalt / Lust / Behändigkeit / und Räncke / theils in der Lufft / theils im Wasser und Lande erdencken [220] (A. C. 1671.) müssen. Vor wenig Jahren suchte König Ludowig der 14. in Franckr. seine Ergötzlichkeit zu Chantylly in einer Hirsch-Jagt / welche deß Nachts angestellet war: Printz Conde tractirte ihn nicht weit davon auf das beste: Die Bäume waren allenthalben mit Laternen und brennenden Lichtern behänget / welches nebenst dem angezündeten Feuerwercke wohl anzusehen / wiewol es (Liebhaber der Jägerey.) ohne Mord nicht abgienge. Das Jagen ist keines Weges zu verwerffen / wenn es mit Nutzen geschiehet. Es schmecket auch / sagt man / kein Hase besser / als der / welchen man gefange̅. Xenophon führet in seinem Jagt-Buch unterschiedene berühmte Jäger an / und gedencket dabey / daß sie beydes die Eigenschafften der Thiere und Vögel wol gewust / und dann auch einen hohen Verstand / und Erkäntnus der Kräuter / und andern Creature gehabt hätten. König Alexander Magn??? / König Darius in Persien / Fürst Epaminondas / Printz Jason in Thessalien / Selonus deß Herculis Sohn / Pelopidas / Ferdinand / König in Arragonien / und viel Andere mehr / ware̅ nit allein wege̅ deß Jagens Wissenschafften / sondern auch ihrer Tugend halben / die jene weit übertreffen / (Virgilius. Ovidius.) berühmt. Keys. Marcus Antoninus / und Alexander Severus belustigten sich vielfältig mit derselben. Hippolytus / deß Thesei Sohn / Adonis / Endymion / Helymus / und Panopes / ingleichen die Calisto / Arethusa / Procrina / Hippon deß Chirons / und Annimon deß Danai Tochter hat man alle für geübte Jäger (Xenoph. lib. 1. Paediae.) und Jägerinnen gehalten. Die Könige in Persien schätzten alle das Jagen sehr hoch / indem sie vermeinten / daß dasselbe ein Bild deß Kriegs wäre. Denn ehe man das Wild fienge / müste man solches umstellen / ihm einen und den andern Vortheil ablauffen / hernach / wenn es gehetzt / selbigen mit Gewalt begegnen / und hierauf / wen̅ es alles erleget / gleichsam als in einem Triumphe mit (Hedion. Chron.) heulenden Hunden / und blasenden Hörnern abziehen. Keys. Heinrich der Erste war darin̅en so geübet / daß er zuweile̅ / auch bey der geringsten Jagt / 40. wilde Thiere aufbrachte. Keys. Albrecht pflegte zu sagen: Die Jagt wäre eine män̅liche (Cuspinianus.) / das Tanßen aber eine weibliche Ubung. Keys. Maximilianus der Erste legte sich auf dieselbe gar sehr / daß er zuweilen die Gemse auf den höchsten Bergen (AEneas Sylvius.) verfolgete / und darüber in Leibs- und Lebens-Gefahr gerieth. Vordessen ward der Hertzog von Cärnthen / deß Reichs Jägermeister genannt / für welchem alle Streitigkeiten in Jägerey-Sachen musten erörtert und entschieden werden / und wann er für das Keyserl. Gericht erfordert ward / er nicht anders als in Schlavonischer Sprache zu reden / und darin̅e Antwort zu geben schuldig war. Kürtzlich / es waren vordessen die Troglodyten / Melossini / Lucaner / Thyssageten / Seythen / Herodes Magnus / Quintus Sertorius / Keyser Adrianus / Keyser Conrad / Ferdinand und Alphonsus / beyde Könige zu Neapolis / (Deß Jagens Zuläßlichkeit.) Boleslaus / Uladislaus die Könige in Pohlen / Bogoris der Fürst in der Bulgarey / nnd viel Ander mehr dem Jagen auf das euserste beygethan.
Man sagt zwar / wer das Wild zu sehrer liebet / wird darüber zum Wilde. Es bestehet aber in allen Dingen eine gewisse Masse. Dort lieset man: (Gen. 1. 28) Herrschet über die Fische im Meere / über die Vögel unter dem Him̅el / und über (Levit. 17. v. 13. Gen. 27. v. 3. 4. 1. Reg. 4. v. 23.) alle Thiere so auf Erden kriechen. Eine mässige Ubung im Jagen ist besser / als eine verfaulte Wollust: GOtt selbst schreibet denen Menschen besondere Jagt-Gesetze vor. Der alte Isaac befahl seinem Sohn Esau / daß er seinen Zeug / Köcher und Bogen nehmen / auf das Feld gehen / ein Wildpret fahen / und ihm darvon eine Speise zurichten sollte. König Salomon muste täglich 100. gemästete Rinder / 20. Weyde-Rinder / 100. Schaffe / ohne die Hirsche / Rehe und Gemse / und das andere gemästete Vieh haben. Alexander Magnus brachte offtermals nach gehaltener Mittags-Mahlzeit den übrigen Tag mit Jagen zu; und Keys. Marcus Antoninus Philosophus erhohlete / wie gedacht / sie Gemüte / welches er durch die vielfältigen Reichs- Geschäff [221] te geschwächet hatte / hinwiederum dadurch. Es wird aber dasselbe sündlich / wenn man das / was GOtt einem anvertrauet / hinden ansetzet / hingegen sich demselben stets ergiebet / und den Beruff seines Werckes darüber versäumet. Die Zeit / das Amt seiner Verrichtung / und die Lust kan zugleich und auf einmal nicht beysammen stehen. Alles beruhet auf einer Abwechslung. Keysers Trajani grösseste Sorge war / daß er mit viel geschickten Männern weislich regierte / bey vorfallendem Kriege mit behertzten Soldaten stritte / und bey ereigneter Ruhe und Ergötzlichkeit bescheidene Leute um sich hatte / damit seinen Unterthanen dadurch keine Uberlast / Zwang / noch andere Beschwerung zugezogen werden möchte. Denn der Wohlstand eines Fürsten bestehet nicht in listigen und nachtheiligen Vorschlägen / sondern auf redlichen / verständigen und wohlgeübten Leuten.
(Dessen Nutzbarkeit.) Gleich wie aber das Lesen ohne Verstand zu nichts dien lich; also ist auch das Jagen ohne die Erfahrung nichts. Dahero man auch solches in vielen Stücken mit dem Kreigeverglichen. Den̅ man gewohnet in demselbe̅ gemachsam der Arbeit / deß Hungers und Durstes / und der Kälte / deß Reisens und Laufens / denen Bestien mit unerschrockenem Muthe entgege̅ zu gehen / und sie mit Vortheil und Vorsichtigkeit zu fällen; ja was das allernöthigste / so lernet ein grosser Herr dadurch sein Land und Leute ken̅en / erfähret / ob dasselbe Berg und Thal in sich / und was darinne für Flüsse und Gehöltze zu befinde̅ / welches alles er sich auf bedürffenden Fall und fürfallenden Kriegsläufften zu Nutze zu machen / (Ranzov. de conserv. Valetud. c. 9. Jul. Pollux lib. 5. Onomastic.) und sein Heer mit Vortheil auszuführen / und gegen den Feind zu lägern hat. Es trägt aber das Jagen 3. sonderbare Nutzbarkeiten / nemlich die Stärcke deß Leibes / die Ubung zur Gesundheit / und den Vortheil zur Nahrung an sich. Dem Keyser Com̅odo rieth man / daß er sich in dem Jagen / als in einem adelichen und heroischen Exercitio, welches dem Leibe nützlich / dem Gemüthe zuträglich / und der Tapferkeit anständig / wohlüben sollte. Der Poet Homerus rathet denen jungen Leuten / daß sie sich derselben befleissigten / damit sie darüber andere Wollüste vergessen / und dadurch vorsichtig / starck und zur (Lammerm. in Idea Principis c. 19.) Arbeit munter und keck gemacht werden möchten. Keyser Ferdinand der Ander eignete der Jagt nicht mehr als die Woche über / und zwar zu gewissen Zeiten / einen Tag zu / damit er durch solche Leibes-Ubung desto besser seine Gesundheit erhalten / sich etlicher Massen erfrischen / und hernacher wieder denen Reichs-Geschäfften obliegen möchte; Worbey er aber dieses im Gebrauche / daß er den Tag zuvor / ehe er auf die Tagt ritte / oder fuhre / alles zu unterschreiben pflegte / welches er sonst den andern Tag hätte thun sollen. Man hat aber von dem Jagen / wie an dem Exempel Salomonis zu sehen / (Xepoph. lib. 1. de Cyri Paedia.) noch einen mehrern Nutzen zu gewarten. Denn dadurch werden grosser Herren Tafeln mit allerhand Speisen von Wildprete besetzt. Dahero sich auch von der Tagt die Alten / das ist / von Bogen und Pfeilen allein fast ernehrt. Bey dieser / wie gedacht / entschläget man sich nicht nur allerley Sorgen / sondern man macht auch dadurch den Leib desto frischer und stärcker / und bringet sich eine gute Gesundheit zu wege / also daß auch die jenigen / so sich dergleichen / (Cuspinianus.) und sonsten befleissigen / mehr sehen und hören als Andere. Weßwegen der löblichste Keyser Carl der Grosse auch sie in seinem Alter für eine nöthige / gesunde und heilsame Sache hielte / und scheuete dißfalls weder Schnee noch Regen / Hitze noch Frost / Berg noch Thal. Der Poet lobet dasselbe an dem Ascanio / und streichet ihn als einen Jäger in folgendem Verse heraus:
Optat Aprum, & fulvum descendere Monte Leonem.
Er wündschte / daß Er sich am Hauer möge reiben /
Und aus der schwartzen Grufft den braunen Leuen treiben.
Die Exempel geben / wie vielfältig grosse Herren sich an dem Jagen be [222] lustiget / (Kellerus lib. 2. c. 19 de offic. judic. Polit.) indem sich nicht allein in demselben eine heroische Tapferkeit spüren / und sehen lasse / sondern es hat auch solches mit unterschiedlichen Krieges-Verrichtungen eine ziemliche Verwandschafft; zudem so ist das Jagen auch öffters eine Ursache und Gelegenheit / worbey man hochwichtigen Sachen / und denen Gedancken desto freyer und ungehinderter nachsinnen könne.
(Miß brauch.) Die jenigen / welche den rechten Gebrauch eines Dinges durch Mißbrauch verderben / sind gleich denen / die Einem die Zunge um deß willen / weil sie ein böses Wort fahren lassen / aus dem Halse reissen wollen Et utile laedit. Auch das / was nützlich / fällt zuweilen am schädlichsten. Est ist kein Zweifel / daß bey den Jagten nicht unterschiedene Mißbräuche mit unterlauffen / als wenn man Aecker / Wiesen und Felder durchrennet / die Zäune zerbricht / die Früchte zertritt / das Getreydigt zerschleifft / und der Unterthanen Saat und Aecker verwüstet / wenn man Wälder und Fluhren / die doch ein Stücke der Unterthanen Nahrung sind / zur Unzeit verbeut. Wenn man zu weit um sich greiffet / und die armen Leute über die Gebühr beschweret: Wenn man dabey GOttes Wort nicht allein vor sich hinten ansetzet / sondern auch Andere / die bey dem Jagen aufwarten müssen / von solchem (AEneas Sylvius c. 13.) Gottesdienste abhält. Von dem letzten König Suatacop in Mähren meldet man / daß er sich an einem Festtage auf die Jagt begeben / immittelst aber befohlen / daß man so lange mit dem Gottesdienste warten sollte / bis Er wiederkäme. Nachdem es sich aber bis gegen dem Mittag verzogen / und der Geistliche seinem Amte nach gelebet / hat es Ihn dermassen verdrossen / daß Er auch mit einem Wald-Geschreye / blasenden Hörnern / und gleichsam jagenden Hunden bis vor das Altar gekommen / den Geistlichen daselbst mit Worten übel angelassen / und nicht viel gefehlet / daß Er sich nicht gar an ihm (Johann Stumpfi??? l. 5. c. 37.) vergriffen. GOtt aber hat bey solcher Unbilligkeit gemeiniglich auch die Hand darbey. Als Bischoff Hugo zu Costnitz auf eine Zeit mit seinen Hof-Bedienten Lust- und Jagens halber denen Unterthanen zu Klettgau durch das Getreyde ritte / erhub sich unversehens ein hefftiges Donnerwetter / schlug alsbald (S. Ambr. in serm. 33.) ein Roß zu tode / und ihrer achte zu Boden. Der heilige und fromme Ambrosius urtheilet hiervon gar vernünffig / nnd saget: Was hilfft Einem ein leibliches Beten und Fasten / wenn man aus Wollust jaget / das Gesinde oder die Unterthanen zu ungelegener Zeit auf die Jagt zwinget / die Garn und Netze stellet / die Hunde aus führet / Wälder und Höltzer durchziehet / die Seinigen von dem Gottesdienste abhält / seine eigene mit anderer Leuten Sünde häuffet / und nicht achtet / ob er dadurch die Seinigen in Grund verderbet / lieget den gantzen Tag auf der Jagt / ruffet und schreyet / fähet er etwas / so ist die Freude häuffig / gehet es ihme aber nicht nach (Ob Geistlichen das Jagen zugelassen) Wundsch / so sind die Flüche desto gemeiner.
Es ist unter andern auf dem gehaltenen Concilio zu Orleans in Franckreich denen Geistlichen das Jagen gäntzlich verbothen / und auch in dem Geistlichen Rechte versehen / daß wann ein Jäger allbereit ein Priester wäre / so sollte er um seines Jagens willen hinwiederum deß Amts entsetzet werden. Den Geistlichen kömmt / armen / breßhafftigen / und unvermögenden Leuten Gutes zu thun / und GOtt für aller Stände Wohlfahrt emsig zu bitten / und nicht nach vielfältigen Jagen / und Krigen zu trachten / zu. (Sabellic??? lib. 8. c. 7.) Man gedenckt eines Bischoffs / der aus Begierde zum Jagen eine grosse Menge Hunde gehalten / welche man gleich denen Heerden Vieh eingetheilet / (Volater. lib. 3.) und ihrer besser als die Menschen gewartet habe. Nichts destoweniger ist denenselben durch ihre Jagt-Bedienten auf ihren Gebiethe entweder jagen zu lassen / oder zuweilen zu Erfrischung ihres Gemüths denen Jagten selbsten beyzuwohnen erlaubet / wann anders kein Excess mit unterläufft. [223] Hertzog Withold in Littauen ließ die zum Tode Verurtheileten in eine Bären-Haut nehen / und sic mit Hunden hetzen; dergleichen that auch der Thessalische König Alexander Pherenius / welcher hernach zur Belohnung für die verübte Tyranney im Bette erstochen ward. Viel anders machte es Pabst Felix der Fünffte. Denn nachdem er von etlichen ausländischen Legaten gefraget / ob Er auch viel auf ansehnliche Hunde hielte? Ja / sagte er / zeigete denenselben deß andern Tages darauf eine Menge armer Leute / und sprach: Sehet diß sind meine Hunde / welche ich täglich ernähre / und durch die ich das Himmelreich zu erjagen verhoffe. Das Wildpreth will gepfeffert seyn. Aus der Lust soll man keine Unlust machen: König Mithridates in Ponto lage dem Weydwercke stets ob / so gar / daß er gantzer 7. Jahr unter kein Dach kam. Jener Klügling sagte / es wäre sein Beruff / die Gaben Gottes zu erwürgen. (Paulus Oderbornius.) Von dem grausamen Tyrannen Johann Basilide Groß-Fürsten in Moßkau erzehlet man / daß er zu seinen Jagten niemals weder Jäger / Schützen / noch Pferde / sondern zu den Bären und anderer grausamen wilden Thier-Jagten seine Gefangene gebraucht / welche sich nun gegen die Bestien männlich gewehret / und etliche deroselben umgebracht / die beschenckte er / die Andern aber büsseten darüber ihr Leben ein. Hier heisst es nicht unrecht / der Teufel blaset bey solchen Jagen den Rüden ab. Viel sanfftmüthiger erzeigte sich hierinnen Hertzog Alphonsus von Ferrara. Denn ob er gleich das Wildschiessen bey Leib- und Lebens-Straffe verboth / so straffte Er doch keinen / sondern wann Einer dadurch das Leben verwircket / ließ er ihm für seine Wohnung Hirschhörner aufhencken / damit Er denen Andern ein Schrecken einjagte. Als Keyser Domitius noch die Provintz Sicilien verwaltete / ließ er um einer gefällten Saue willen einen Hirten kreutzigen / ob er gleich dieselbe nicht genossen. Keyser Adrianus fiel in diesem Stücke seinen Unterthanen zum höchsten beschwerlich.
(Besold. in thes. practico. Cambdenus.) Das Jagen ist zwar / sagen die Politici / eine Königliche Lust / die allen Stands-Personen wol anständig / man soll aber die Unkosten / den Verlust / und den Schaden seiner Unterthanen wohl überlegen / und erwegen. Der Türckische Keyser Amurath der Erste hatte nicht allein eine grosse Anzahl Falcken / sondern auch viertzig tausend Hunde. Keyser Bajazeth der Dritte hielte stets sieben tausend Männer / so ihm seine Habichte warteten / und bestellte seine Jagten mit sechstausend Jagt-Hunden. Als Churfürst Johannsen zu Sachsen von Etlichen gerathen worden / daß er seine Söhne nicht zu viel in der Schulfüchserey erziehen / sondern sie bey Seite stellen / und vielmehr zum Jagen / Reuten / und andern ritterlichen Tugenden abrichten lassen sollte / gab er zur Antwort: Dieses / wie man sich der wilden Thiere erwehren / ein Pferd wohl tummeln / und andere adeliche Exercitia vor die Hand nehmen solle / das weiset die Ubung; Wie man aber löblich leben / Christlich regieren / und seinem Land und Leuten wohl vorstehen könne / darzu werden gelehrte Leute / gute Bücher / und eine geraume Zeit erfordert. (Cambdenus in descript. Britanniae.) Niemand soll die Thiere hegen / und die Unterthanen beleidigen. Vom Könige Guilielmo Normanno in Engeland wird gemeldet / daß er zu Erweiterung seines Geheges in der Provintz Hantshiere an die dreyssig Meilweges in Umkreise gantze Städte / Kirchen und Dörffer ausrotten / und die Unterthanen davon aus Begierde zum Jagen vetreiben / und auf die / welche einem Wilde nachgestellet / eine harte Geld- und andere Straffe setzen lassen; Es hieß aber / wie gesündiget / so gestrafft: Denn sein Sohn Richard ward nachgehends in eben demselben Walde unversehens mit einem Pfeile durchschossen / (A. C. 1676.) der ander Sohn aber Guilielmus Rufus bekam die Pest / daß er starb. Mahomet der Vierte Türckische Keyser soll einesmals auf der Jagt [224] nicht mehr als 16. Haasen / und 2. Hirsche gefangen / darüber aber wegen der eingefallenen grossen Kälte / und deß tieffen Schnees an die 500. Personen eingebüsset haben. Gleicher Gestalt miesset man König Carln dem Neunten in Franckreich bey / daß er durch das stete Jagen und Blut der wilden (Wolf. T. 2. lect. memorab. f. 920) Thiere nachgehends auch nach dem Blute der Menschen sehr begierig worden sey. Der Ertz-Bischoff zu Saltzburg / Namens Michael / ließ einen Unterthanen / welcher einen Hirsch / so ihm zu Schaden gegangen / niedergemacht hatte / in die Hirschhaut stecken / auf den Marck tragen / und (Doct Timotheus Kirchnerus in Oratione) von Hunden zerreissen. Churfürst Ludowig am Rhein / schonete sein Wildpreth / und vergaß darüber seiner Unterthanen Schaden. Es unterstund sich aber Einer von seinen Hof-Leuten / und redete den Churfürsten also an: Es ist / gnädiger Herr! wegen deß gehegten Wildprets bey dero Unterthanen ein grosses Weheklagen / Heulen und Winseln / und dafern sie solchen Ubel nicht abhelffen / so werden sie nicht mehr für Sie zu GOtt bitten / sondern vielmehr seufftzen. Dieses rührte dem frommen Churfürsten dermassen sein Hertze / daß er alsobald zur Antwort gab: Wie / soll ich meiner Unterthanen Gebet meissen / daß sey ferne? Ich will lieber deroselben Nutzen suchen / (Und Gefährlichkeit.) als auf solche Weise meiner Jagt-Lust nach folgen.
Gleichwie aber die Jenigen / so sich in Gefahr setzen / gemeiniglich darinnen umkommen: Also geschiehet es auch öffters hierinnen. Fulco König (Robert??? Abbas in Chronic.) zu Jerusalem jagte einem Haasen nach / stürtzte aber unversehens mit dem Pferde / und brach darüber den Hals. Der Longobarder König Astulfus ward auf der Jagt von einem wilden Schwein umgebracht. König Woldemar (A. C. 1251.) in Dennemarck aber von den Seinigen mit einem Pfeil erschossen. Keyser Adrianus that einen Fall / daß er die Zeit seines Lebens hinckete. Wie (Sigebert. Semblacensis.) Keyser Johannes Maurus zu Constantinopel einen wilden Eber fällen wollte / verletzte er ihm selbst die Hand / daß er in wenig Tagen starb. Auf König Diedwehrten in Teutschlande strich auf der Jagt ein wilder Stier / als sich aber der König hinter einen Baum beschirmen / und seinen Bogen (Herodotus lib. 1.) und Pfeil auf den Stier richten wollte / lieff derselbe mit solcher Ungestümmigkeit an den Baum / daß er umfiel / und den König erdrückte. König Crösi in Lydien Sohn Atys wurde aus Unvorsichtigkeit von dem Adraste getödtet. (Aventin. lib. 4. Annal. Bojor.) Denn als dieser mit dem Pfeile ein wildes Schwein tödten wollte / erschoß Er Ihn. Da Carolomannus in Franckreich auf der Jagt von einem hauenden Schwein überwältiget / und ihm sein Leib-Knecht mit dem Eisen zu Hülffe kommen wollte / ist er von demselben tödtlich verwundet worden / damit aber der Unschuldige nicht wieder möchte getödtet werden / sprengte man aus / als ob ihn das Schwein erhauen. Hertzog Bogislaus den Zehenden in (A. C. 1231.) Pommern verletzte ein Hirsch mit dem Geweihe / daß er an Lung und Leber verwundet. König Woldemars in Dennemarck Sohn Woldemar / der sonst nach deß Vatern Tode in die Königl. Regierung getreten / ward gleicher Gestalt (Ritterschus. Exeg. g. p. 5. p. 6.) auf der Jagt von Einem seiner Hof-Bedienten mit einem Pfeile in den Schenckel geschossen / daß er daran starb. Keyser Maximiliani deß Ersten Gemahlin / Hertzog Carls in Burgund einzige Tochter / fiel auf der Jagt / da sie (Fabrici??? de Origin. Saxon. l. 2. p. 142.) zum fünfften mahle schwanger gieng / von Pferde / daß sie nebenst der Frucht blieb; dergleichen wiederfuhr auch seiner andern Gemahlin der Blanca Maria von Meyland. Keyser Otto der Erst stürtzte / als er einem Wilde nacheilete / (A. C. 1532.) mit dem Pferde / und verwundete sich tödlich. Keyser Carl der Fünffte brach auf der Jagt in der Pfaltz ein Bein. Landgraf Wilhelm der Jüngere (Xenoph. l. 1. de Paedia Cyri.) in Hessen fiel sich vom Pferde zu tode. Amadeus der Zehende Hertzog in Saphoien aber brach auf der Jagt den Hals. Da König Astyages in Meden vermerckte / daß sein Enckel / der junge Cyrus / grosse Lust zum Jagen [225] (Xenoph. lib. I. de Paedia Cyri.) hatte / gab er ihm seiner Mutter Bruder / und andere wohlberittene Leute zu / die auf selbigen acht haben sollten. Eyrus fragte unterwegens seine Begleiter / an welches Wild man sich am sichersten machen könne? dem sie zur Antwort gaben / daß sich zwar ihrer viel an Parder / Bäre / und wilde Schweine gemacht / es hätten aber ihrer Etliche darüber die Erden keuen müssen. Darum so wäre das Hirsch-Gemsen-Reh- und Wald-Esel-Jagen von diesen das leidlichste. Kaum hatte man dieses ausgeredet / da sahe Cyrus eine schöne Hindin daherspringen; eilete ihr dahero nach / und hatte wenig (Johannes Justinianus.) gefehlet / daß er nicht Ferdinandi Sohn / begab sich einsmals in dem Königreich Granata auf die Jagt / eilete einem Hirsche nach / und kam darüber in der Wildnus von seinen Leuten. Nachdem er aber biß gegen die Nacht in der Irre herum ritte / traff er letzlich ein Hirtenhaus an / und ersuchte den Hirten / daß er ihn beherbrigen möchte. Der Hirte war in seinem Hause selbst sechse / nemlich sein Weib / sein Sohn / seine Tochter / seines Sohnes Weib / und ein starcker Schäferknecht. Der Hirte muthmassete aus der Kleidung / daß dieses ein reicher und wohlhabender Herr seyn müste / rathschlagte deßhalben mit denen Seinigen / wie sie ihn in geheim ermorden möchten. Da Maximilianus gessen / zeigte man ihm ein Bette in einer engen Cammer / woran eine alte zerbrochene Thüre hinge / und weil sich der Hirte inzwischen geschäfftig erwiese / verfügte sich deß Sohns Verehlichte aus Mitleide̅ zu dem König / offenbahrte ihm den mörderlichen Vorsatz / und bath / daß er sich theils wohl in acht nehmen / theils auch sie nicht melden wolle. Maximilianus danckte ihr für die gegebene Nachricht / verfügte sich in die Cam̅er / und schobe daselbst einen grossen Kasten für die Thür / machte sien Pirsch-Rohr fertig / und erwartete der Mörder unerschrocken. Indem nun der Hirte vermeinte / daß sein Gast wegen Müdigkeit schlieffe / verfügte er sich heimlich an die Cammerthüre / und versuchte sie aufzumachen / da er sie aber verriegelt befand / begehrte er / daß man ihm die Thüre eröffnen / indem er was Nothwendiges aus dem Kasten langen wollte; Maximilianus aber wiese ihn mit Worten ab / worüber der Hirte sehr ungedultig wurde / und weil er sahe / daß sein Vorhaben nicht wollte von statten gehen / unterstund er sich die Cam̅er zu eröffnen / rieff die Andern herzu / und legten also ins gesamt Hand an. Maximilianus richtete hierauf sein Rohr nach der Thüre / schoß durch dieselbe / und traff den Hirten / daß er tod dahin fiel / rückte nachmals den Kasten wieder hinweg / sprang mit blosser Wehre hinaus / erlegte deß Hirten Sohn / und jagte den Schäferknecht / hinweg. Mittler Zeit fieng das Weib an zu schreyen / und verursachte / daß die umherwohnende Hirten mit ihrem Gewehre herzukamen / das Haus umringeten / und mit Gewalt den Thäter haben wollten. Maximilianus wehrete sich so lange / bis der Tag anbrach / und er ihnen sagen kunte / wer Er Wäre. Und obschon dieser Pöfel Ihm keine̅ Glauben beymessen wollte / so schoneten sie doch seines Lebens / nahmen Ihn gefangen / und führeten denselben gebunden zu dem im nächsten Flecken wohnenden Hauptmann. So bald nun seine Diener auch dahin kamen / uud gewar wurden / wie man mit ihrem Herrn umgienge / wollten sie alsbald die wütenden Hirten anfallen; Maximilianus aber verboth es ihnen / erzehlete hernach den Hendel / und vermeldete / wer an dieser bösen That schuldig. Wornach der Schäferknecht gerichtet / und deß Sohns Verehligte wegen ihrer bewiesenen Treue reichlich begabet ward. Woraus man siehet / daß es viel sicherer / sich an Anderer Gefahr bespiegeln / als sich selbst muthwillig darein stürtzen.
(Apulejus lib. 8.) Viel Laster suchen bey dem Jagen auch wohl ehemals ihren Deck-Mantel: Einer / mit Namen Trasyllus / liebete deß Leopolemi Weib / und [226] damit er ihrer desto eher theilhafftig werden möchte / lude er ihn auf eine Jagt ein. Leopolemus ließ sich hierzu bereden / so bald aber die Hunde ein wildes Schwein gewahr wurden / und zu belle̅ anfiengen / eilete dasselbe anfangs gegen die Hunde / schlug einen hie den andern dort zu Boden / zerrisse Netz und Garn / und wandte sich hierauf gegen den Leopolemum / welchen albereit Trasyllus unter dem Schein / als wenn er das Schwein fällen wollte / über den Hauffen geren̅et / und hieb demselbe̅ die Kleider vom Leibe / nachdem aber Leopolemus den Trasyllum um Hülffe anschrie / ritte dieser zwar hinzu / allein er stieß ihm das Eisen in das Eingeweyde / daß er erbärmlich auf dem Platze tod blieb. Der Griechische Keyser Basilius hatte an seinem Hofe einen Mönch / Namens Santabarenus Theodorus: Diesem wer deß Keysers Sohn Leonius seiner Fuchsschwäntzerey willen hefftig feind / daß er ihm auch dasselbe öffters vorwarff. Dem Mönch verdroß solches / gedachte auf Rache / und rede te einsmals den Keyserl. Printzen also an: Es stehet eurer Durchl. sehr übel an / daß sie sich mit dero Herrn Vater ohne Gewehr auf die Jagt begeben: Denn wie bald kan Ihr ein Wild / oder ein anderer Zufall aufstossen / da sie dessen höchst bedürfftig. Derowegen wäre mein Rath / Sie bedienten sich dessen ehestes. Der junge Herr ließ sich hierdurch bereden / nahm wider das Herkommen einen Dolch zu sich / und verbarg solchen im Stiefel. Der treulose Verräther machte sich hierauf zu dem Keyser / und sagte: Eurer Maj. hale ich eine Sache zu offenbaren nöthig; Es ist dero leiblicher Sohn / welcher Ihr nach dem Leben trachtet / und zum Beweiß dessen / so führet er auf der Jagt einen Dolch in geheim bey sich. Der Keyser erschrack darüber / stellete anderweit eine Jagt an / ließ de̅ Printzen dazu erfordern / und da er sich eingestellet / als bald besuchen / und den Dolch herfürbringen. Und obgleich der Printz sich zum besten entschuldigte / so half doch alles nichts / sondern der Keyser wollte schlechter Dings haben / daß man ihm die Augen ausstechen sollte / und wäre auch geschehen / dafern nicht der Patriarche / und der Rath zu Constantinopel vor ihm eine Vorbitte eingeleget. Daraus siehet man / was man öffters mit Gewalt nit zu thun vermag / das kan ein Heuchler und Fuchsschwäntzer zu wege bringe̅.
Die Gefahr deß Jagens ist eine von den grössten: Deß Atlantis / und der Anthere Sohn ward auf der Jagt von einem Leuen / und Adonis von einem wilden Schweine umgebracht: Der berühmte Jäger Nycias fiel über dem Jagen in eine Kohl-Grube: Keyser Basilius Macedo blieb an dem Geweyhe eines Hirsches hängen / und hätte darüber sein Leben einbüssen müssen / dafern Ihm nicht sein Diener Einer den Gürtel abgehauen / und hinwieder gerettet. König Robert in Schottland ward von einem wilden Stiere tod gestossen. (Johann Gastius lib. 3. convival. Sermon.) König Gottfrieden zu Jerusalem stieß einesmals auf der Jagt ein ungeheuerer Bär auf / welcher bald anfangs sein Pferd erwürgte / Ihn selbst in den rechten Schenckel biß / und hiernächst sich aufwarts gegen den König setzete: Der König ergrieff den Bär im Nacken bey den dicken Haaren / hielte ihn so fest und harte / bis er mit der rechten Hand sein Schwert auszoge / und denselben durchstach / Er behielte aber den Bären-Biß / so lange Er lebete. König Ludowich der Neunte in Franckreich verboth allen Frantzösischen Herren das Jagen / es sey dann daß er Einen und den Andern darmit bebgnadigte. Es entstunde aber nachgehends daraus ein solcher Aufstand / daß die Vornehmsten um deß willen von Ihme abfielen / sich wider Ihn verbanden / und Mord und Todschlag erfolgte.
Es wird in deß Poggii-Fabeln erdacht / wie unter andern zu Meyland ein Medicus gewesen / der sich durch folgende Cur die Thörichten und Wahnsinnigen wieder zu rechte zu bringen unterstanden. Er hätte eine stinckende Pfütze in seinem Hofe gehabt / darein er solche Aberwitzige theils bis [227] an die Knie / Nabel / und Hals gesetzet / sich darinne baden / und hungern lassen bis sie wieder gesund worden. Nun wäre auch einer gewesen / den er auch zu rechte gebracht / und als derselbe eines Tages vor der Thüre gestanden / da gleich einer mit zweyen herbey lauffenden Hunden / und einem Habichte auf der Hand vorbey geritten / hätte er denselben / weil ihm sein Gedächtnus wegen der gehabten Kranckheit abgelegt / gefragt / wie das heisse / worauf er sitze? und da ihm der Reuter geantwortet: Es sey ein Pferd / habe er weiter gefragt / was dan̅ das wäre / so er auf der Hand führete / und das / was bey ihm herlieffe / da habe er ihm abermals zur Antwort gegeben / es sey ein Habicht / womit er Vögel fange / un̅ seine Hunde / mit welche̅ er allerhand Wildpret jage? Worauf derselbe anderwerts gefraget: Lieber / was sind wol die Vögel werth / die du das Jahr über fängest / und so viel Mühe daran wendest / und da dieser vorgab / zum wenigsten 6. fl. fragte er ferner / was kostet wol das Pferd / der Habicht und die Hunde? Zum wenigsten / sprach der Jäger / 50. fl. O so mache dich / wiederhohlete der annoch halbwahnsinnige / nur bald aus dem Staube. Denn wann dich der Medicus allhier ergrieffe / so setzte er dich als den grössten Thoren in die Pfütze bis über die Ohren / und liesse dich nicht eher aus dem stinckenden Pful / bis er dich zur gesunden Vernunfft gebracht. Was derowegen das Jagen für Mühe / Sorge und Gefahr auf sich / darvon nimt auch der Apostel Paulus eine Ursache / wiewol in ungleichen Verstande / die Gläubigen zu vermahnen / daß sie nicht weniger / gleichwie diese / Fleiß und Arbeit anwenden sollten / damit sie die Tugend ergriffen / und der Gerechtigkeit / der Gottseligkeit / dem Glauben / der Liebe / der Gedult / und der Sanfftmut nachjagen (S. Augustin. in Matthaeum.) möchten. In gleichem Verstande vermahnet auch der H. Augustinus zur Brüderlichen Liebe / und saget: Gleich wie ein Jäger von Frost / Hitze / Kälte / Hunger / Durst / viel Gefahr ausstehen / und viel Wesens haben muß / ehe er ein Wild bekommet: Also auch die Liebe alles leichte / wenn man Lust darzu hat.
(Fischerey was sie auf sich.) Die Alten haben nicht allein auf die Fischereyen grosse Mühe / Arbeit / und Kosten gewendet / sondern / auch die schönsten Teiche / Fischweyher und dergleichen in ihren Vorwegen und Gärten angerichtet / und solche alle mit (Veit Ludowig vo̅ Seckendorffs Teutscher Fürsten-Staat 3. p. pag. 219.) denen seltzamsten und köstlichsten Fischen angefüllet. Und ob wol vordessen / und nach Anleitung der Natur die Fischerey in Strömen / und gemeinen Wasser einem jeden freygestanden / und hernacher sich die Obrigkeit jedes Orts dessen allein angemasset / inmassen man auch die Einkünsfte von den Fischereyen unter die Regalia in Keyser Friedrichs Constitution mit zeblet / und dahero von den gemeinen Strömen deß Landes / vermöge derselben zum wenigsten ein Gewisses darvon der hohen Obrigkeit gebühret / auch die Erfahrung bezeuget / daß gantze Königreiche und Länder wegen der Fischerey uf dem Meere / so einem und dem Andern am bequemsten lieget / gegen einander Krieg zu führen / in Gewohnheit. So ist es doch nunmehro durch die Einführung dahin gekom̅en / daß die Fisch-Nutzungen so wohl in stehenden und zwischen gewissen Thäm̅en beschlossenen Teichen / als auch in offenen freyen Wassern / Seen / Strömen / und Bächen / nicht allein dem Lands-Herrn / und denen Er es anderweit zu Lehen reichet / sondern auch Privat-Personen / oder gantzen Gemeinen in Städten und Dörffern / da die Wasser und Bäche durch / oder vorbey fliessen / zuständig. Und weil die Fischereyen unter die köstlichste Nahrung deß Menschen mitgerechnet werden: So habe̅ die Alten nit umsonst die Stadt Capernaum / Magdaluni / Tiberias / Julias / Bethsaida / un̅ Anderer mehr / theils um dieser / theils auch anderer Bequemligkeit willen / an das Galil. Meer gebauet. Und gleichwie der Mensch ohne Ackerbau und Viehzucht nicht lebe̅ kan; Also wirfft auch nebenst dem Jagen die Fischerey eine̅ grossen Nutzen [228] ab / und wem ist nicht bekannt / wie bald anfangs sich die Menschen an die Seen / Teiche / und Wasser-Ströme gehalten / daselbst ihre Nahrung gesucht / und dabey Städte / Flecken / und Dörffer erbauet. Der Fischerey Anfang ist (Ps. 104. v. 25.) sonder Zweifel von Anbeginn der Welt gewesen; denn es stehet dort: In dem Meer wim̅elt es ohne Zahl / beyde groß und kleine Thiere. Sind nun von Anfangs Fische gewesen / so müssen sich nothwendig die Menschen dahin beflissen haben / wie sie dieselben mit aller Geschicklichkeit / List Betrug gefangen / un herfür gebracht / auch hernacher zum Vorrathe fernerweit versetzet haben.
(Jüdische Fabel.) Von dem Sebulon deß Jacobs Sohne träumet man in einem Jüdischen Büchlein von den Testamenten der Kinder Jacobs / als der erste Schiffer und Fischer gewesen seyn solle. Denn nachdem er in Canaan auf das Meer gekommen / hätte er seinen Vater mit Fischen versehen / und ob ihrer gleich viel ertruncken / so sey er doch jederzeit übrig geblieben. Uber dieses wäre er der erste gewesen / welcher ein Schiff erbauet / das Segel daran ausgebreitet / und also auf solchem das Meer durchwandert / und gefischet / bis er mit denen Seinigen in Egypten gekommen; fünff Jahr hätte er gefischet / und einem jeden hiervon mitgetheilet / auch hiedurch seines Vatern Haus zur Gnüge versorget: Im Herbste wäre seine Fischerey / im Winter aber seine Viehweyde mit seinen Brüdern angegangen. Allein dieses alles hält nicht den Stich / weil (Genes. 9. v. 2.) ihm Noah mit seiner Arche / und seinen Söhnen im Wege stehet. Den̅ nachdem Gott nach der Sündfluth seinen Segen wiederholete / so bestätigte er auch denenselben allerseits von neuen die Herrschafft über alle Thiere / und sagte: Euer Furcht und Schrecken sey über alle Thiere auf Erden / über alle Vögel unter dem Himmel / und über alles / was auf Erden kreucht / und alle Fische im Meere seynd in eurere Hände gegeben? Wohin auch der Poete zielet / wenn er in Folgenden einen Fischer aufführet:
Die Erde bereitet mir mancherley Tische /
bald wehl ich den Rasen / bald such ich das Mooß /
das Wasser vergönnt mir die platschernde Fische /
die Trachten sind köstlich / die Gänge sind groß /
die rieselnde Quellen vertreiben mein Dürften /
dardurch übertreff ich die herrlichsten Fürsten.
Es gehet aber mit dem Fischen und Fischereyen zu / wie in allen andern weltlichen Dingen / da man Maaß und Weise zurücke setzet / und das Ziel überschreitet. (Ravisius in officina.) Der Römer Vedius Pollio ließ zuweilen einen von seinen leib-eigenen Knechten schlachten / und das Fleisch seiner Murene / die Er in einem besonderen Fischweiher hatte / vorwerffen: Keyser Nero fischte mit einem güldenen Netze / an welchem die Leinen von Purpur-farbener Seide gemachet waren. Der Römer Hortensius hegete in seinem Weiher eine Murene / die er also liebete / daß / als sie gestorben / er um dieselbe etliche Tage trauerte; Noch eiteler war die Römische Antonia / welche gar ihrer Murene die Perlen / so sie an Ohren trug / an den Hals hienge. Woraus wir lernen / daß nichts unerwogen vorzunehmen / und daß eines Weisen Vorsatz allezeit dahin eingerichtet seyn solle / wie er die Vernunfft zur Beherrscherin über die Begierden bestelle. Denn aus den Affecten kennet man gar leicht / was an dem Manne zu thun sey.
(Die weise Vorsehung Gottes.) Gott ist wunderbarlich in seinen Wercken: Aus etwas eine gewisse Sache verfertigen / ist zwar menschlich; Aus nichts aber etwas machen / das gehöret allein der göttl. Weisheit zu. Gott schuff das Licht ohne Licht / setzte eine [229] Feste zwischen den Wassern / nämlich die Gränzen der Lufft besamete den Erdboden / und schloß den Cörper der Sonnen wunderbar zusam̅en. Ehe un̅ bevor Er Ihm aber den Menschen zum Bilde machte / musten die Wasser mit Fischen / die Lufft mit Vogeln / und die Erde mit Viehe / Thieren und Gewürmen erfüllet / und des Menschen Haußhaltung richtig bestellet seyn. Den̅ nachdem der Schauplatz dieses herrlichen Gebäudes fertig / führete Gott den Mensche̅ drauf / damit Er daselbst weder müssig noch unvergnügt leben möchte. Arbeit un̅ Ruhe sind zwey Mittel / wodurch derselbe sich erhält; Man saget ins gemein / Gott giebet zwar die Nüsse / Er beisset sie aber nicht auf / das ist / Gott giebet dem Menschen zu seinem Unterhalte Mittel / derselbe aber soll sie durch Arbeit suche̅. Der Fleiß und der Verstand sind zweene Flügel / mit welchen wir unser Leben empor schwingen; die Ruhe abe ist unsere Stütze. Den̅ wer nicht zuweilen ruhet / der kan die Arbeit in die Länge nicht ausstehen; Wer aber stets ruhet / der ist aller Arbeit unfähig. Alles Geschöpfe stehet zu des Menschen Dienste: Wer angelt / der fänget Fische: Der Vogler muß auf bequeme Mittel denken / wen̅ er den Zug vergrössern will; Also auch / Wer jaget / der jage auf solche Weise / daß er nicht eher abblase / er habe den̅ was gefangen. Hier bedarff es nicht: die Erfahre̅heit scheinet gleichsam hierinne der Natur vorzugreiffen. Den̅ was sonsten die Alten mit grosser Mühe in den Wäldern und Wildnüssen gejaget / gehetzet und gefället / dessen Lust kan man sich auch anietzo sonder Mühe und Verdruß in den Städten / Schlössern und offenen Plätzen bedienen / gestalt denn solches an denen vorhergehenden Jagten zu sehen. Nachdem aber vom Jagen allbereit geredet / So hat man darbey der jenigen Thiere / welche bey solchen angestellten Jagten sind gehetzet worden / Arten / Natur / und Eigenschafften auch mit wenigen zu erwegen.
(Eigenschafft des Hirsches. Gasparis Schotti Physica curiosa. p. 846. Joh. Jonstoni Thaumatographia naturalis Class. VII. cap. X. p. 302. Plinius. Aristoteles lib. 2. Hist. Animal. c. 15.) So viel nun den Hirsch an sich selbst belanget / so ist derselbe an Klauen ein zerspaltenes Thier / von Haaren weich / und ob schon die meiste Art von Farben bräunlicht / so findet man doch auch weisse / worvon des Römischen Soldatens Sartorii Hindin gewesen seyn solle / welche er bey den Spaniern für eine Weissagerin ausgegeben. Unter allen Thieren hat dieser die grösten Hörner: Wenn er zwey Jahr alt / beköm̅t er erstlich gerade Stangen / hernacher aber nach den Jahren ie mehr und mehr Enden: Wann Er krank / soll er mit seinem Athem die Schlange herfür ziehen / sie mit den Läuften zertreten / un̅ dieselbe fressen / auch bald darauf / damit er nicht zerschwelle / nach dem Wasser eilen / und selbiges in sich schlucken: Er pflegt alle Jahr sich im Frülinge zu hären / und gleichsam eine neue Gestalt des Leibes anzunehmen / er soll aber um dieselbe Zeit / wen̅ er seine Hörner abwirfft / sich so lange verkriechen / und des Tages nicht viel auf der Saat sehen lassen / bis sie ihm wieder gewachsen. Man sagt / er habe an der Leber keine Galle / sondern / an dem äusersten Eingeweide / weswegen die Hunde wegen solcher (Jonston.) Bitterkeit nicht gerne darvon fressen / es trüge den̅ der grosse Hunger darzu. (Gesner???9.) Die Jäger nennen desselben Geblüte Schweiß: Den hintern Theil des Rückens den Zimmobel: Die Gleichen Kröpfe: Die Seiten Wände: Das Herzbein ein Creutze: Die Beine / Läuffte: Die Füsse Klauen: Die Hüffte (Seine Brunst.) Schlegel / und die Schultern Buche. Er hat zur Zeit der Brunst viel Hindin̅en bey sich / bey welchen er Tag und Nacht bleibet / und lässet keinen seines gleichen zu ihnen; Will sich aber einer mit Gewalt zu ihm gesellen / so kämpfet er mit demselben so lange / bis einer todt bleibet / oder das Feld räumen muß / ausser derselben aber ist er furchtsam / entsetzet sich für der (Plinius l. 18. c. 23.) Stim̅e eines Hundes / oder Fuchses / stehet offters unter dem Lauffen stille / und wan̅ sich ein Roß / oder ander Thier zu ihm nahet / siehet er dasselbe stete [230] an. Mit dem Haselhuhne hat er eine verborgene Verwandschafft / und führet mit dem Adler / Geyer / Schlangen / Tieger / Widder und Fuchse eine besondere Antipathi. Wan̅ er scharf hören will / recket er seine Ohren empor / so er aber dieselben fallen lässet / soll er fast taub seyn. Sobald die Saat herfür köm̅t / wirfft er seine Hörner ab / und verkreucht sich so lange / bis sie ihm wieder gewachsen. Plinius will / daß er das rechte Horn / weil daraus die beste Arzeney würde / verberge / und wan̅ er geschnitten / falle ihm kein Horn ab / würde er aber geschnitten / wann er noch keines hätte / wüchse ihm auch keines. Wan̅ die Hindin acht Monat trächtig / so setzte sie nicht eben in de̅ dikesten Wäldern / sondern an solche Oerter / da sie vermeinte für den andern wilden Thieren sicher zu seyn: So das Kalb ein Jahr / wachsen ihm an der Stirne 2. kleine Beulen / un̅ hernacher 2. einfache Hörner mit Haut un̅ Haren überzogen / in 3. Jahren beköm̅t es ein Geweide mit 3. Enden / un̅ so fort.
(Alter. Plinius.) Der Hirsch soll sein Alter auf viel Jahr lang bringen / gestalt man erfahren / das Einer dasselbe auf 85. Jahr gebracht. Denn nachdem Alexander Magnus etliche junge Hirsch Kälber auf fangen / ihnen güldene Halsbänder anlegen / und sie hierauf mit dieser Uberschrifft wieder lauffen lassen: Lieber Jäger / laß mich leben / Alexander hat mich frey gegeben; So (Columella.) hat man bey ihnen die Zeit und das Alter am Halse gefunden. König Agathocles soll gleicher Gestalt einen Hirsch bekom̅en haben / dessen Leib er in dem Tempel Jovis aufgeopfert / das Hals Band aber der Göttin Dianae (Nicolaus Perottus in Cornu Copiae. AElianus. Plinius.) zugeeignet. Der Hirsch soll auch vornemlich eine besondere Lust an der Pfeiffe / und Stim̅e des Menschen haben / und wird dahero ein Vorbild der Heuchler und Schmeichler genan̅t: Den̅ gleich wie er von der Music und Lieblichkeit der Stim̅e betrogen wird. Also ergehet es auch grossen Herren von ihren Fuchsschwänzern / die sie bey Hofe auferziehen / un̅ von ihnen sich zu weit (Wie er un̅ seines gleichen über das Wasser schwimmen. Plinius.) verleiten lassen. Ein Stücke der sonderbaren Einigkeit merket man dahero an diesem Geschlechte / indem / wann dieselbe über eine See schwim̅en wollen / sie einen voran schicken / auf dessen Rücken der ander seinen Kopf aufleget / sie fahren aber nicht geraden Weges dem Gestade zu / sondern dem Geruche nach: Die Läuffte dienen ihnen an statt der Ruder / und ihre Hörner an statt des Segels / ehe sie sich aber in das Wasser begeben / nehmen sie den Wind / und die Ungestümigkeit des Meeres wohl in acht. Denn sie werden sich niemahls / wie die Erfahrung bezeuget / zu schwimmen unterstehen (Gesnerus) / wann nicht das Meer ruhig und stille. Vom Könige Mithridate in Ponto erzehlet man / daß wan̅ er sich zur Ruhe gelegt / er sich nicht allein von seiner Guardie / sondern auch von einem Stiere / Rosse und Hirsche bewachen lassen / also daß wan̅ sich iemand herbeygenahet / der Stier gebrum̅et / (unterschiedene Arten.) das Roß gewiehert / und der Hirsch zu brüllen angefangen. Es sind aber der Hirsche unterschiedene Arten / so man Brocardos oder Spieß-Hirsche / Tragolaphos, Brand- oder Bock-Hirsche / weil sie um dem Hals etwas zotig / Cervos palmatos, Palmen-Hirsche / Damas, Dam-Hirsche / und Hipolachos (Gesnerus) o??? Pferde-Hirsche / nen̅et. Die Spieß-Hirsche führen dahero den (Aldrovandus.) Namen / weil ihr Geweide niemahls keine Enden bekom̅en. Der Brand-Hirsch wird deßwegen Tragolaph??? genen̅et / alldieweil er einem Hirsch und Bock auf gewisse Mase gleichet: Des Palmen-Hirsches sein Geweide ist nicht allein oben / sondern auch unten in viel Spitzen zertheilet / und vergleichet sich einer Hand mit ausgespan̅ten Fingern. Der Dam-Hirsch ist ??? Natur und Eigenschafft seines Fleisches mit dem Gemse nicht ungleich: Die Griechen nennen ihn Platyceros; In den Fürstl. Thier-Gärten findet man derer / und zwar insonderheit der weissen eine grosse Menge: Die Pferde-Hirsche / so ein fremdes Wild / und mit dem Kopfe einem Pferde gleiche̅ / soll [231] man im Königreich Norwegen / und zwar in einer gewissen Landschafft daselbst finden. Es hat / sagt Gesnerus, lange / rahne und geschlancke Beine / ??? Kopf und das Maul vergleichet sich mit einem Maul-Thiere / sein Obermaul henget ihm über das untere / wie dem Elend / mit dem Halse siehet es einem Pferde gleich / von dem Kopfe an und über den Rücken bis auf den Schwanz hat es länglichte aufgereckte Haare / unten am Rachen einen Bart / über die Schultern lange über sich stehende Haare / und einen kurzen Hals / deßwegen wenn es fressen / oder aus einen Geschirre sauffen will / es sich auf die fördern Füsse niederlassen muß. Sein Fleisch ist schwarz / und grob / wie Rindfleisch / iedoch wenn es wohl zubereitet / hat es einen besseren Geschmack als das Hirsch-Wildpret.
(Seine Nutzbarkeit. Becherus) Des Hirsches Nutzbarkeit hat man in folgenden Versen beschrieben: Wer von gebrannten Horn des Hirsches nimmet ein / dem stärcket es das Hertz / und machts von Giffte rein; das Hertz-Bein man zerstösst / daß es ein Pulver sey / von diesen wird das Hertz von aller Kranck heit frey / wer so ermüdet ist / daß er kein Glied mehr rührt / dem hilfft es / wenn er sich mit Hirschen-Unschlit schmiert / die Thränen von dem Hirsch / so man sie recht antrifft / mit Mithridat vermischt / die helffen widern Gifft / das Hirsch-Marck ist sehr gut / es heilt und ziehet an / Man weiß auch was das Blut gedörrt verrichten kan / die Glieder der Geburth / wenn sie gepulvert seyn / die machen / daß der Mensch am Saamen werde rein / Der Stein von einem Hirsch / so man ihn pülvern thut / schafft / daß das gantze Blut im Menschen werde gut.
König Franciscus in Frankreich soll ein Pferd gehabt haben / welches forne eine Pferd / und hinten ein Hirsch gewesen / so von einer Hindin erzeuget. In (Apollonius Schotti Physica curiosa.) Indien giebt es weisse Hirsche / darvon man die Hindin so zahm und kürre mache / daß man sie einspannen und darmit fahren könne; Wie auch in Seythien / und etlichen andern Ländern in Asien gebräuchlich. Anno Christi 1545. verehreten die Grafen von Stolberg Erz-Herzog Maximiliano in Oesterreich auf dem Reichstage zu Augspurg einen Hirsch / welcher nicht allein sich zähmen / und ein Gebiß ins Maul legen / sondern auch wie ein ander Pferd reiten ließ. Wie nun Keyser Carl der Fünffte eines Tages einen Wett-Lauf mit den Rossen anstellete / rennte derselbe mit seinem Reuter auch mit / und übertraff an Geschwindigkeit auch die Spanischen Rosse / worüber sich der Keyser und die Herumstehenden zum höchsten verwunderten. Denen Hindinnen wachsen / wie bekant / keine Geweihe / wiewohl etliche der Meinung / daß sie gehörnte Hindinnen gesehen: Diese aber haben an ihren Euter vier Striche wie die Kühe.
(Der Fabeln Nutzen.) Fabeln sind nichts anders / als der Menschen Sitten / Lehren / Laster / und Tugenden mit den unvernünfftigen Thieren durch Einbildung eines Wesens zu vergleichen. In dem Buch der Richter findet man / daß die Bäume einen König begehret / und deßwegen mit dem Oel- und Feigen-Baume / Wein-Reben und Brombeer-Stauden geredet; Wodurch nichts anders / als die Sitten und Gemüther der Menschen verstanden werden / und daß man durch erdichtete Dinge näher zu der Warheit tretten / und entweder die Menschlichen Laster oder Tugenden dadurch desto besser abbilden möge. Denn gleichwie von dem Wolffe erdichtet wird / daß er anderer Gestalt mit dem Hirten nicht eher Friede machen wollte / er hätte denn seinen Hund abgeschaffet: Also haben die Weisen dadurch an den Tag [232] geben wollen / daß wann Regenten / oder die Vornehmsten in einem gemeinen Wesen / die sonst vor den Riß stehen müssen / hinweg / so wäre es auch leichte umb die Heerde / oder übrige Gemeine geschehen. Auf dergleichen Schlag begehrte auch dort König Philippus in Griechenland von den Atheniensern / da Er dieselbe Stadt belägerte / daß wen̅ man ihme Zähne der weissesten Leute aus Athen zuschicken würde / Er alsdann von der Stadt abziehen wollte. Von dem Hirsche wird gedichtet / daß da er einesmals aus einem kleinen Brunnen getrunken / und beydes seine schöne Geweihe und unflätige Füsse gesehen / habe er die ersten gelobet / und die andern verachtet / indem er sich aber also betrachtet / höret er des Jägers Stim̅e / fliehet dahero vermittelst seiner behenden Füsse darvon / köm̅t in einen engen Wald / und bleibet daselbst mit denen breiten Gehörne stecken / bis ihn die Hunde ereilen / und fangen. Woraus zu sehen / daß man offters das / welches doch den grösten Nutzen bringet / vernichtet / uud gegentheils das jenige lobet / was Einem höchst nachtheilich / und endlich den Untergang verursachet. Es ist nicht eine geringe Thorheit / wenn wir uns selbst liebkosen / und verlassen uns auf das / was uns Schaden bringet. An Andern finden wir bald etwas zu tadeln; In unseren eigenen Lastern aber sind wir blind. Ebener massen erzehlet man von einem Hirsche / daß derselbe von eine̅ Schafe in Gegenwart eines Wolffes / der dessen Zeuge seyn sollte / ein Maas Korn gefordert / und weil das Schaf für dem Wolffe erschrocken / bekennet es die Schuld / und begehrt zu dessen Abstattung eine gewisse Frist / nachdem aber dieselbe vorbey / fordert der Hirsch das / was ihm versprochen / das Schaf aber weigerte sich dessen / und sprach: Daß ich mich zu solcher Schuld verstanden / das machte die Furcht / nachdem aber der Wolff hinweg / so gestehe ich dir nichts / weil du mich betrogen; hiermit anzeigende / daß gezwungener Eyd weder binde / noch die ab gedrungene Zusage zuhalten schuldig sey.
(Reheböcke.) Die Reheböcke fähet man mit Hunden / oder Netzen wie die Hasen: Ihr Gesicht ist scharff / und ihre Stim̅e durchdringend / dahero locken sie die Jäger mit grünen Blättern / pfeiffen darmit / und schiessen oder fangen sie hernach wie sie wollen. Wege̅ ihres schnellen Lauffes verlieret ihr Fleisch die übrige Feuchtigkeit / damit es um so viel desto zärter / und niedlicher zu essen / wie dann ein Rehebraten nicht schlim̅ ist; Aristoteles meinet / wenn sie von Einem mit einem Pfeile getroffen werden / so ässen sie Poley / dadurch (Von Hunden insgemein.) schwäre ihnen der Pfeil wieder aus dem Leibe.
Wo man jaget / da müssen Hunde seyn: Die Alten hatten vor Zeiten / gleich wie wir noch heutiges Tages / allerhand Arten von Hunden / insonderheit aber wurden die Caspischen Hunde für sehr grausam gehalten: die (Valerius Flaccus.) Indianer bande̅ ihre Hunde des Nachts über / in die Wälder an / dz sie theils die Tieger zerrisse̅ / oder sich unterweilen mit ihnen belieffen. Es sind unterschiedene (Joh. Jonstoni Thaumarographia naturalis. pag. 303.) Dinge / welche bey den Hunden merkwürdig / als da ist dessen Geburt / Geschwindigkeit / Gebiß / Gelehrsamkeit / Treue un̅ anders mehr. Die Hündin bringt ihre Hunde blind herfür / welche / ie länger sie saugen / ie langsamer sie sehen / ins gemein aber bleiben sie sieben Tage blind: Der / welcher am ersten siehet / oder welchen die Hündin zuförderst in das Lager trägt / soll (Columella. Plinius.) der beste seyn. Sie haben unter der Zunge eine Spann-Ader / welche man für einen runden Wurm ansiehet / wann diese ihnen benommen / so werden (Solinus Polyhistor. c. 23.) sie nicht rasend / können niemand tödtlich beissen / noch / wie zuvor / so hefftig bellen. Von dem Alexandro Magno lieset man / daß ihm der Albanische König einen Hund verehret. Nachdem er ihn nun an die Bäre und wilden Schweine hetzen lassen / und er solche Thiere als gleich [233] (Plinius l. 8. Natural. Historiar. c. 40.) sam verächtliche / nicht anfallen wollte / befahl Er solchen zu tödten. Da dieses der König in Albanien erfuhr / überschickte Er dem Alexandro einen andern / und ließ ihm darbey vermelden / wie seine Hunde nur starcke Thiere anzugreiffen gewohnet: Alexander ließ hierauff den Hund zu einen Löwen / welchen er bald darnieder rieß / hernacher aber zu einem Elephanten / den er anfangs grausam anbellete / hernacher aber mit solcher (Dero Treue.) Geschwindigkeit anfiel / und so lange ängstigte / bis er zu Boden fiel. Kein Thier / sagt man / ist dem Menschen getreuer / als ein Pferd / und Hund. Als zu Rom Einer mit Namen Titius Sabinus in das Gefängnüs geworffen (Plinius lilb. 8. c. 40.) ward / und darinnen umkam / ließ dessen Hund nicht von Ihm / sondern blieb für dem Gefängnusse / heulete / und wollte nichts fressen / sondern / wann ihme die Leute aus Erbarmnüß ein Stücke Brod vorwarffen / nahmer solches / und legte es seinem todten Herrn für den Mund. Nachdem man aber den Titium gar in die Tieber warff / sprang er demselben (Confer Schotti Phis. curios. pag. 830.) nach / ersoffe darinne / und blieb ihm also bis in den Tod getreu. Da der tapfere Jason umkam bekümmerte sich sein Hund über dessen Tod / daß er sich selbst erhungerte: Von dem Vertriebenen Garamanten Könige lieset man / daß ihn seine bey sich habende Hunde wieder in sein Königreich gesetzt; Also weisen auch die Geschichte / daß wenn etliche Herren der Hunde gestorben (Plinius 19. ibi.) / sie sich auf ihr Grab geleget / und auf demselben erhungert. König Lysimachus hatte einen Hund / welcher / Ihme beydes uf der Jagt / und in den Schlachten folgete. Dieser / da er sahe / wie man seinen verstorbenen Herrn auf einen Holtzhauffen legte / und denselben anzündete / sprang er mit heulen und winseln in das Feuer / und verbrannte sich selbst. Man sagt / daß die Hunde Freunde und Feinde kennen. Denn nachdem die Stadt Thessalonich von den Sicilianern erobert / hätten die Hunde keinen todte̅ Cörper der Römer angegriffen / hingegen aber der Sicilianer ihre zerrissen / und sie gar (Plutarchus.) aus den Gräbern gescharret. König Pyrrhus in Epyro traff unterwegens einen Hund bey einem todten Cörper an / und da Er erfahren / daß der Hund etliche Tage bey demselben ungegessen liegen geblieben / befahl er den Cörper zu begraben / un̅ den Hund mit sich zu führen. Etliche Tage darnach musterte der König sein Kriegsvolk: Sobald der Hund / so bishero bey dem Könige stille gesessen / die Mörder seines Herrn erblickte / sprang er mit Ungestümmigkeit herfür / bellete sie an / und sahe allewege gegen dem Könige / also daß man bald auf dieselben einen Verdacht warff; Nachdem man sie aber einzoge / und über diese Mordthat befragte / bekenneten sie endlich (Andreae Brunneri Chronic. Bavar. A. C. 1126.) den Todschlag / und wurden wiederum hingerichtet. Vordessen ward Graf Otto von Dachau zwischen den Wassern Amper un̅ Wurm ermordet. Sein Hund / welcher alleine bey Ihme gewesen / nahm des Grafens abgehauene Hand in das Maul / bracht sie nach Hause / und legte solche mit grossen winseln zu den Füssen dessen Mutter. Die Gräfin erkannte an einem Ringe bald ihres Sohnes Hand / schickte mit dem Hunde etliche Diener an den Ort / da die That geschehen / fand den Leichnam daselbst auch / und ließ hernacher zum Gedächtnüsse eine Capelle dahin bauen. Was man sonst den Hund heisst / das thut er willig: Schlägt man ihn / so gehet es demselben zu Herzen: Liebkoset man ihm / ist er desto freundlicher. Lobet man solchen / wenn er sich wohl gehalten / gefällt es ihm wol: Gehet man zu Schiffe / so folget oder schwim̅et er mit. Kälte und Hitze ist ihm einerley: Wo man hinwandert / da bleibet er nicht zurücke. Niemals verlässet er seinen Herrn / auch mitten unter den Feinden: Wer ihm feindselich begegnet / dem widersetzet er sich: Wenn man jagt / und hetzt / thut er sein Bestes: [234] Was er fället / das lässet er liegen / oder bringet es seinem Herrn. Lässet man ihn ledig / ist er zu frieden / legt man ihn an / leistet er Gehorsam / und bewachet beydes das Vieh und das Haus. Er zerstöret der Diebe Anschläge / begnüget sich an Wasser und Brodt / und ist mit allem deme / was sein Herr will / zu frieden. Dahero die Frage entstanden / ob die Hunde etwas (Ob Hunde vernünfftig?) von Vernunfft haben? Plutarchus will solches mit etlichen Gründen darthun / und zwar durch das Wüten eines tollen Hundes. Denn gleichwie ein Rasender keine vollkommene Vernunfft / noch Gedächtnus; Also verliehre auch ein wütender Hund seinen Verstand und Vernunfft / so viel er nach seiner Art an sich hätte / durch diesen Zufall so gar / daß er auch seinen Herrn / und seine beste Freunde / die er ehmals geliebet / bisse und angriffe. Daß aber ein ziemlicher Verstand in denselben seyn müsse / ersiehet man daraus / wie sie mit den Augen mercklich zu verstehen geben / was sie wollen / hernach mit ihren Geberden und Bellen / und dann dadurch / daß Sie / wann sie satt / das Ubrige verscharren / darbey aber sich wol fürsehen / daß niemand darüber komme.
Die Alten haben den Regenten die Wachsamkeit und Beschützung der Unterthanen durch die Hunde vorgebildet / daß sie für ihre Unterthanen wachen und sie wider ihre Feinde beschützen sollen / wie solches Plato weitläufftig ausführet / dannenhero auch die Egyptier ihren Mercurium Trismegistum / so ihr Fürst gewesen / mit einem Hunde-Kopfe abgemahlet / weil Potentaten sich vornemlich in ihrer Regierung der Weißheit / Stärcke und Klugheit gebrauchen sollen.
(Wer andern mißgünstig ist / der kan ihm selbst nicht viel gutes gönnen.) Der Neid wird offters einem Hunde verglichen / welcher dem hungerigen Ochsen sein Futter nicht gönnet / und kan nicht leiden / daß ein anderer sein Liecht bey dem Seinigen anzündet. Er machet / daß wir unseren Nechsten auch das nicht gönnen / was wir nicht bedürffen: Seine Blüth und Blätter ragen zwar groß herfür / sie tragen aber nichts als unnütze Früchte. Und ob man schon denselben durch fleissige Arbeit etlicher massen übergehet / so ruhet er doch nicht lange / man kan sich aber desselbigen nicht besser entschlagen / alswenn man allen Hochmuth meidet / Stuffen-Weise zu Ehren kömmet / und sich beydes der Ehre und des Reichthumbs mit Masse bedienet. Als sich zu Zeiten König Carls des neunten in Frankreich / etliche vornehme Herren umb das Schwerdt zancketen / welches dem Könige sollte vorgetragen werden / sprach Er: Ich bin starck genug / mein Schwerdt kan ich wohl selbst tragen. Viel Menschen leben in der Welt / die denen Anderen auch das nicht gönnen / was ihnen selbsten nicht zu gute kommen kan: Alte Leute / und alte Hunde / geniessen in der Welt / wenig Danck. Denn an statt / daß man ihre Thaten und Wercke in der Jugend gelobet / hält man sie im Alter verächtlich; Es ist aber eine gemeine Regel: Wer begehret alt zu werden / der ehre das Alter / damit Er auch im Alter geehret werde / und obgleich ein Alter nicht löbliche Thaten mehr wircket / so soll man doch die guten Wercke seiner Jugend betrachten. Ein Dieb both bey nächtlicher Zeit einem Hunde ein Stücke Brodt daß er schwiege; Der Hund sprach zu dem Diebe: Giebest du mir das Brod aus Freygebigkeit / oder begehrest du / daß ich dadurch meines Herren Haus bestehlen lassen solle? Aus Mildigkeit kan es nicht seyn: Denn du hättest dadurch des Tages mehr Gelegenheit / als des Nachts hierzu. Darumb mache dich fort / oder ich fange an zu bellen. Was ist boshafftiger / als ein Betrüger / und unverschämter als ein Schmeichler? Gleichwohl aber ist ihre Menge unzehlbar. Alle Heuchler sind der Art / daß sie [235] einen Lohn suchen / den sie doch durch ihre Lügen nicht verdienet. Wie der Hund offters einem Wolff gleichet: Also ähnlichet auch ein Schmarutzer und Schmeichler einem guten Freunde. Ein Hund verfolgte einesmahls einen Hasen / ertapte ihn im Lauffe / und biß ihn wund / als er nun das Blut an dem Hasen sahe / leckte er denselben / der Hase aber sprach: Zuvor verfolgtestu mich / als wenn ich dein Feind / antetzo aber leckestu mich / als wenn ich dein Freund wäre; Also gehen offters gute Worte aus falschen Herzen. König Alphonsus in Arragonien hatte in seinem Gemache einen Bienstock mit dieser Uberschrifft gemahlet: Wehe dem jenigen Königreiche / in welchem die Wespen verzehren / was die Bienen eintragen. Der Mund des Heuchlers heget Rosen / und sein Hertze spitzige Dorner; Er ist wie ein Lahmer / dessen Gebrechen man am Tische nicht siehet; wenn er aber aufstehet / so erkennet man erst seinen krummen Gang: Er vergleichet sich einer Sonnen - Rose / die sich in allen nach der Sonnen Lauff richtet. Der Hund ist eines von denen schmeichelichsten Thieren; Wer ihm was giebet / dem liebkoset er; wer ihm aber nichts giebet / den bellet er an. Dergleichen Art sind auch die Schmeichler / welche zwar ihren Herren am meisten mit deme / was sie insonderheit / gerne hören / liebkosen / sie aber hiterwerts am ersten wieder verleumbden. Es ist kein Regente / der nicht offters von den glatten Worten dergleichen Leute betrogen werde. Dahero sagt man / daß gleichwie die Raben denen / die auf dem Rade lägen / oder am Galgen hiengen / zum ersten die Augen ausfrässen; Also blendeten auch diese denen Potentaten die Augen ihres Verstandes. Da der Weltweise Bion gefraget wurde / welches auf dem Erdboden das allerschädlichste Thier wäre? sagte Er: Unter denen Menschen ist das grimmeste ein Tyranne / und das gelindeste ein Fuchsschwäntzer / der auf beyden Achseln träget; Wölfe / Hunde / und Heuchler scheinen offters einander ähnlich zu seyn / ihr Wille / und Vorhaben aber macht zwischen ihnen einen Unterscheid.
Als Phocion von dem Antipatro ersuchet ward / daß er ihm aus alter Freundschafft das jenige / was sonst mit der Gerechtigkeit nicht übereinstimmet / wollte zu wege bringen helffen / sagte Er: Es ist unwöglich / daß ich zugleich eines Freundes und Heuchlers Stelle vertretten kan. Wenn ein verzagter Soldate die Noth und Gefahr für Augen siehet / so greiffet Er bey Zeiten nach der Flucht. So lange nun dergleichen Heuchler / Schmeichler nnd Betrieger das Gute geniessen / halten sie Stand; Wenn aber dasselbe vorbey / so greiffen sie nach dem Hasen-Paniere / und lauffet ihr gantzes Thun und Wesen / auf nichts anders als Verleumbden hinaus.
(Des Luchses Natur.) Es ist kein Thier / wie die Natur-Kündiger dafür halten / das ein schärfferes Gesicht / als ein Luchs / habe. Denn wo anders dem Poeten zu glauben / so soll er mit seinen Augen auch solche Dinge durchdringen / die sonst nicht durchsichtig seynd: Er lebet vom Jagen: Die kleinen Luchse setzen den Hasen nach / und die grossen den Hirschen / auch andern Wildprete: Sie sollen ihnen das Blut ohne Schaden des Fleisches aus dem Leibe saugen / Etliche sind der Gedancken / es versteckten sich dieselben / als sehr listige Thiere / in- und auf die dicken Bäume / sprängen auf das Wild / so vorüber gienge / frässen demselben das Gehirne aus dem Kopfe / und thäten dem übrigen Leibe keinen Schaden / das andere kleine Wildpret aber verzehreten sie gantz und gar. Wenn er harnet / soll er solches verscharren / daraus der Edel gestein Lyncurius wüchse. Es stehet aber Einem [236] ieden solches zu glauben frey: Sonst ist er Katzen Art. Der bekannte Busbequius schreibet / es habe ein zahmer Luchs seinen Diener Einen so lieb gehabt / daß Er fast stets umb denselben seyn wollen; Dann wenn er zugegen / hätte er sich gar freundlich gestellet / demselben umb den Hals gefallen / und gleichsam geschlichtet / wenn er aber von ihme weggegangen / hätte er ihn mit den Klauen bey den Hosen gefasset / wohin er gegangen / nachgesehen / und sich so lange traurig gestellet / bis er wieder gekommen.
(Der Hasen Unterscheid.) Die Hasen sind den Ländern nach / unterschiedlich. Etliche kleiner / Etliche grösser / Etliche schwartz / Etliche weiß / Etliche braunlicht / Etliche aber / so sich auf den Bergen aufhalten / sollen des Winters weiß / und (Gesnerus. Pausanias̅.) des Sommers braun seyn / allermassen man auch aus Lybien in Arcadien gantz weisse Hasen bringet. Die Landschafft Ithaca trägt keine derselben / sondern sobald sie dahin gebracht werden / sterben sie; in den Balearischen Inseln aber hat man vor Alters eine solche Menge gefunden / daß man sich auch ihrer mit gewaffneter Hand erwehren müssen. Bey dem Bocharto findet sich ein Arabischer Text / daß unterweilen das Weiblein / das Männlein besteige / indem nemlich die Mutter aus Geilheit aufschwelle / und ein Jahr ein Männlein / das andere aber ein Weiblein sey. Etliche der alten Scribenten geben vor / daß in dem Hasen-Geschlechte eines sey das Männlein alleine / und das andere auch das Weiblein alleine / gleichwie sonst die Natur alle andere Thiere erschaffen. Etliche aber führen (Jonstoni Thaumatograph. naturalis pag. 317.) das Gegenspiel und sagen: Es habe ein ieder Hase beyderley Geschlechts seine natürliche Glieder an Ihm: Etliche schreiben hingegen solches dem Männlein alleine zu. Denn es würden Hasen gefangen / welche Junge trügen / an denen doch in geringsten nicht kein männliches Glied zu finden / woraus sie schliessen / daß unter den Hasen keiner männliches Geschlechts alleine / sondern mit beyderley Gliedern versehen wäre. Albertus aber wiederleget solches / und saget: Man hätte Hasen gefangen / welche Junge im Leibe / nicht aber ein Männliches Glied gehabt. Diesen Streit können allein die / so täglich mit solchen Thieren umgehen / am besten erörtern.
(Seine Natur.) Die Naturkündiger melden / daß der Hase ein gut Gehör und Gesichte habe / und obwohl dieses Letztere nicht so gar scharff / so werde er doch von dem steten Umbschauen nicht müde / allermassen er auch mit gleichsam verschlossenen (Xenophon.) Augen-Brauen sehe / und mit offenen Augen schlaffe. Wenn die Egyptier ein scharffes Gehör abbilden wollten / mahleten sie einen Hasen: Ihre Lager-Statt ist gemeiniglich in engen Büschen / dicken gesträuche / oder wo sich der Boden von einander reisst. Des Tages über ruhen sie / des Nachts aber streichen sie auf die Weyde. Ihre Jungen zerstreuen sie an viel Orthen / damit sie von dem Jäger und Füchsen sicher seyn; Das glaubwürdigste aber ist vielmehr / daß sie die Natur bald anfangs selbst darzu gewehnen. Sie gebähren / wie man sagt / und ernehren / und werden wieder tragend: Denn wann sie ihre Junge ernehren / und aufferziehen / so haben sie andere im Leibe / welche bereit mit Haaren umbwachsen / hernacher Andere / so noch gantz nack end und bloß / und über diese noch mehr / (Christoph. Wirsung p. I. c. 12. fol. 123.) die erst zu wachsen anfangen. Der Hafensprung / insonderheit der aus dem lincken Fuße / soll gepulvert gut wider das Gifft seyn. Inauspicatum iter obvius facit Lepus: Von dem Hasen giebet man aus / daß wenn (Joh. Petri Chro̅. Holsat. p. 2. fol. 63. A. C. 1289.) derselbe denen Reisenden oder andern übern Weg lieffe / es ein unglück seeliges Zeichen wäre / und führet man dahero Graf Heinrichs und Johannis von Hollstein unglückseligen Zug in Ditmarschen zum Exempel an. Denn [237] als sie mit ihrem Volcke gegen die Feinde zogen / lieff ein Hase für Ihnen über den Weeg / die fördersten rufften / da läufft ein Hase. Da dieses die Hintersten höreten / meineten sie / man r. effe / daß man lauffen sollte. Derohalben begaben sie sich auf die Flucht / die Mittelsten folgeten Ihnen / und die Födersten wurden gleichfalls / da sie sich zu schwach befanden / zum fliehen genöthiget.
(Hasen-Streit. Petrus Justian. in Chronic. Venetor. lib. 4.) Cardinal Johannes / Herzog Cosmi zu Florentz Sohn / begab sich mit seinen beyden Brüdern dem Ferdinando und Gratio auf die Jagt. Als Ihnen nun ein Hase aufstieß / und ihre Hunde denselben erhaschten / wollte ein ieder / sein Hund hätte das Beste gethan / bis letzlich der Cardinal dem Gratio eine Maulschelle gab. Deser aber wollte den Schimpf nicht verschmertzen / zog von Leder / und hieb den Cardinal in den Ober-Schenkel / daß er in wenig Stunden darauf starb. Wie König Arnolphus dem Beringerio wider die Stadt Rom zu Hülffe kam / und dieselbe belägerte / (vermittelst eines Hasens gehr Rom über. Sigebert. Gemblacensis.) wurde ein Hase von dem Geschrey der Soldaten aufgetrieben / und lieff gegen der Stadt zu. Diesen verfolgeten die Soldaten mit Hauffen. Wie nun solches die Römer auf den Mauren sahen / meineten sie nicht anders / es wollten dieselbe die Stadt stürmen / und weil sie sich / ihrem Bedüncken nach / zu schwach befanden / verliessen sie insgesammt die Mauren / da dieses die von aussen wahrnahmen / trugen sie ihre Sättel und reisige Sachen an die Mauren / bestiegen dieselben / und eroberten die Stadt ohne sonderbaren Widerstand.
(Ein Furchtsamer vertreibet de̅ andern.) Bey dem weisen Esopo lieset man / wie eines Tages sich die Hasen zusammen betagt / und einander ihren mühsamen Zustand / und wie sie denen Vogeln zum Raube und der Beute dienen müsten / geklaget / und dahero für rathsam erachtet / daß sie lieber auf einmahl behertzt sterben / als länger in solcher Furcht leben wollten / und damit sie desto eher von ihrem Unglücke kommen möchten / würde das beste Mittel seyn / sich alsobald in dem nechsten Wasser zu erträncken. Diesen Vorschlag liessen sich die andern alle gefallen / und nachdem sie eilends mit einander nach dem Teiche zulieffen / sprungen die in dem Grase sitzende Frösche häuffig in das Wasser / worüber die Hasen stutzeten / und der Aeltere also zu ruffen anfieng: Stehet stille / lieben Brüder / und ersäuffet euch nicht muth willig / unser Zustand ist noch so elende und böse nicht / als wie ihr euch wohl einbildet. Denn es sind noch andere Thiere / die sich für uns fürchten. Der Mensch gleichet sich in vielen Stücken diesen Hasen / indem Er offtermahls umb nichtiger Ursache willen in steter Furcht lebet / sich mit vergeblicher Einbildung schlägt / und an seinen Zustande nicht vergnügen lässet. Es ist zwar die Furcht allen Menschen und Thieren angebohren; Wer aber alle Gefahr überwegen will / der bleibet gemeiniglich hinter dem Ofen sitzen: Ein Furchtsamer stirbet wie der Hering vom Blitze. Nichts ist schmertzlicher / als in steter Furcht seyn / alle Dinge werden von ihr übel ausgeleget / und wer selbst die Flucht ergreifft / der ist leicht zu jagen: Des Menschen Zustand gleichet sich einem Uhrwercke / das niemahls ruhet: Niemahls ist der Mensch unruhiger / als in sich selbst: Bald hat er zu viel / bald aber nicht genug: Bald sorget er / da er ohne Sorge leben möchte. Bald schätzet er sich vor unglückselig / da er doch der Glückseligste seyn könte. Als (Plutarchus.) König Agiges das Oraculum Apollinis befragte / wer der glückseligste Mensch auf Erden? gab es zur Antwort: Aglaus? Wie nun der König durch gantz Griechenland nach solchem fragen liessen / befand sich / daß derselbein Arcadien ein armer Gärtner war / welcher sich alleine von seinen [238] Früchten ernehrete / und daran vergnügte. Viel glück seliger sind die / welche offters einen höhern Stand verachten / als daß sie darnach streb en. Im vielen Besitzen und Haben / bestehet keine Ruhe / und kein Unglück ist hefftiger / (Glücke was es sey.) als wenn mann täglich seinen Stand zu verändern suchet. Von dem Glücke dichtet man / es sey eine Göttin / welche mit denen Menschen und ihren Wercken umzugehen Macht hätte / darbey aber wäre es blind / unbeständig / und ein unversehener Ausgang eines ieden Dinges. Und dieses sind der rohen und sicheren Welt-Kinder ihre Gedancken; Die Klügeren aber halten es für eine Versehung und wunderbahre Schickung Gottes / welche der Menschen Vorhaben und Anschläge anders richtete / als er sich dessen einbildete. Weil nun der erste Theil der Menschen in dem Wahne lebet / daß / wann er nicht reich / noch vermögend / er auch dahero nicht glückselig wäre / und hingegen der / so mit Gütern erfüllet / für selig zu schätzen; So folget hier aus / daß Jener gleichsam in steter Verzweifelung / dieser aber in täglichen Hochmuth schwebet / sich auf das Glücke verlässt / und dadurch Andere neben sich verachtet: Ihrer viel haben sich aus Thorheit um ihres grossen Glückes willen für selig gepriesen / und sind doch hierüber in das gröste Unglück gefallen. Wie derohalben das Glücke nimmermehr keine beständige Vollkommenheit mit sich bringet; Also ist auch bey demselben niemahls in der Welt ein vollkom̅ener und glücklicher Stand zu finden / sondern es behält sich der Himmel einzig und allein diese Vollkommenheit bevor. Man findet hin und wieder Gleichnussen von den Thieren / die auf eine böse / gottlose / tyrannische / zaghafftige und furchtsame Art ausgelegt / und erkläret werden / als wann nicht allein der Teufel / sondern auch die erste Monarchie einem Leuen verglichen wird. Also waren auch gemeiniglich die Monarchen daselbst sehr blutgierig und muthig. Die Schrifft nennet die Hohenpriester Ochsen / und die Phariseer Hunde. Wie der Leue brüllet / und ein Bär hungerig: Also ist auch ein gottloser Fürst gegen seine Unterthanen gesinnet. Die Tyrannen nennet man Leuen / und die furchtsamen gelehrte Hasen / dahero die Fabel entstanden / daß die Hasen denen Leuen zwar predigen / iedoch täglich in Furchten stünden / damit sie nicht von ihren zerrissen werden möchten / welches auf Fürstliche Räthe / und Hose-Prediger zu ziehen / die denen Regenten nicht einreden / was gut oder böse / oder öffentlich straffen dürffen; Es wendet sich aber zuweilen das Blat / daß die Hasen / das ist die Unterthanen / wenn sie zu sehr mitgenommen / oder sonsten übermüthig werden / sich in Leuen und Tieger verwandeln / und mit Gewalt der Bothmässigkeit entbrechen. Es erhub sich zwischen denen Hasen ein Streit. Die Hasen rufften die Füchse umb Hülffe. Diese aber entschuldigten sich / und sagten: Wann wir euch nicht kenneten / und derer wider Euch streitenden Gewalt wüsten / so wollten wir euch solches nicht abschlagen. Ihrerviel haben ein Leuen-Maul / und wenn es dazu kömmet / führen Sie ein Hasen-Hertze in dem Busen. Es ist der Natur eingepräget / daß ein Geringerer sich wider den Mächtigern nicht auflehne. Wer die Gewalt in Händen / wider den pflegt sich auch zuweilen das Recht nicht zu legen. Ein Krebs stirbet vom Donner / und ein Furchtsamer von der eingebildeten Gefahr. Wer den Rauch fürchtet / der bekömmet niemahls das Feuer zu Gesichte. König Heinrich in Castilien sagte: Er fürchte seiner Unterthanen Fluch mehr / als das gröste Heer seiner Feinde. Wir Menschen lieben insgemein mehr einen bösen oder zweiffelhafftigen Zustand. Wer nun in der Welt sich mit nichts als furchtsamen Gedanken schläget / der wird niemahls kei [239] ne tapsere That begehen. Hitzige und gehlinge Rathschläge lauffen selten wohl ab. Alles zeitliche Wesen soll man mit Gedult ertragen; Die Weisen haltendarfür / daß man Einem / der mächtiger als ein anderer sey / durch Glimpff nachgeben solle. Denn wann dessebigen Arm gleich von Silber / und der Bogen von lauter Stahl wäre / so würde seine Hand doch wenig wider Ihn ausrichten / wenn aber die Zeit käme / daß das Blat sich mit solchen wendete / so sey es ein leichtes ihn zu binden. Die Vermessenheit ist ein unbedachtsames und hitziges Vornehmen / da die Unvorsichtigkeit wider die Vernunfft mit unterläufft Einem Unbedachtsamen geht es / wie deme / der auf einem ungezäumeten Pferde sitzet / welches denselben über Stock und Stein mit sich davon führet. König Jacobus der Vierte in Schottland brachte sich und die Seinigen durch allzu unzeitigen Rath in die äuserster Gefahr. Consilium prae cox Autori pessima res est. Allen denen jenigen / so grosse und wichtige Sachen wollen vornehmen / lieget ob / das jenige / was sie im Sinne haben / reifflich zu überlegen. Nichts ist in Rathschlägen gefährlicher / als wenn man eilet; und nichts thörichter / (Alle Dinge in der Welt ändern sich.) als wenn man sich an seinem Stande nicht vergnüget. Alles menschliche Thun und Wesen ist mühsam / und unbeständig. Als der weise Simonides den Lacedämonischen König Pausanias erinnerte / daß er sich / weil Er ein Mensch wäre / nicht allzusehr erheben sollte / und er solches in den Wind schlung / ward Er etliche Zeit darnach in der Göttin Minervae Tempel versperret und eingeschlossen. Und da Er vermerckte / daß Er numehro Hungers sterben müsse / rieff Er überlaut: O Simonides, Simonides, deine Warnung begreifft anietzo viel in sich / die ich damahls aus Stoltz und Hochmuth nicht achtete. Niemahls kan sich ein Mensch besser erkennen lernen / es sey dann / daß er bedencke / wie er sterben müsse. So viel Krankheiten der Mensch im Leibe hat / so vielerley Anfechtungen / Unglücke / und Widerwillen ist er auch innerlich unterworffen. Die Natur eräuget sich gegen uns als eine Stieff-Mutter. Die Gesunden haben so wohl ihre gewisse Anstösse als die Krancken: Die Krancken wegen ihres Leibes / die Gesunden aber wegen ihres Standes Unvergnügsamkeit / wegen der Ehrsucht / wegen des Geitzes / wegen Hasses und Neides / wegen vielerley Wollüsten / und anderer Laster. Der Mensch / sagt der Prediger Salomon / weiß seine Zeit nicht / sondern wie die Fische gefangen werden mit schädlichen Hamen / und die Vogel mit den Stricken; Also auch die Menschen. Wer begehret lange zu leben / der begehret nichts gutes / weil man sich nur in solchem Leben in dem Zeitlichen vertieffet / und nicht einmahl an das Ewige gedencket. Dannenhero so ist in der Welt alles flüchtig / und hat ein ieder Mensch was / worüber er sich zu beschwehren und zu klagen. Als König Johannes der Andere in Arragonien numehro sterben wollte / sprach Er zu denen Herumstehenden: O wie nichtig und flüchtig sind doch aller Menschen Gedancken / und wie eitel sind doch die Menschen / welche nach nichts so sehre / als nach einer eitelen Ehre / eitelen Herrschafft / und eitelen Reichthume so hefftig streben / und wie glückselig sind doch hingegen die Armen / welche ihre Nahrung in sauern Schweiß und Mühe suchen / und lassen sich darmit begnügen. Was haben mir elenden Menschen so viel Land und Leute anders für Nutzen gebracht / als einzig und allein Sorge / Gefahr / Kümmernus und Arbeit? Wehe mir Unbedachtsamen / daß ich der Welt Betrug nicht eher / als anietzo / da ich sterben muß / wahrgenommen! Omnia Vanitas: Es ist alles Eitel: Eitel in der Ehre: Eitel in der Hoheit: Eitel in der Pracht / und Hoffart: Eitel in Reichthum: [240] Eitel in Schönheit: Eitel im Ruhme: Eitel in Wissenschafften: Eitel in Freundschafft: Eitel in Kräfften: Eitel in Macht und Gewalt: Eitel in Wohlleben: Eitel in Feindschafft / Neid und Haß: Eitel in Rache-Eitel in Widerwärtigkeit: Eitel in Ungedult: Eitel in guten Tagen: Eitel in Verschwendung grosser Güter: Eitel in Lust: Eitel in betrügerischer Hoffnung / und endlich Eitel alles was sich reget / und einen Athem hat.
(Bieber / Gesnerus.) Der Bieber / Fiber, oder Castor ist ein Thier / welches Theils in dem Wasser und auf dem Lande lebet: Seine Haare gleichen sich einem gelinden / und dick gleissenden Sammete. der Schwantz ist eine gute qvere Hand breit / und dreymahl so lang mit schuppichter Haut überzogen: Er hat kleine Ohren / und ein scharffes Gebiß: Die fördersten Füsse / so niedrig / sind den Hunde-Füssen / und die Hintern den Gänse-Füssen fast (Matthiol???.) gleich / wormit er zum lauffen und schwimmen geschickt. Das Weiblein soll nur einen Ausgang haben / wodurch es gebähre / und zugleich auch seine Nothdurfft verrichte.
(Wo er anzutreffen.) Der Bierber wohnet insonderheit gerne in den Flüssen / Teichen und Wassern / wo es Fische und Krebse giebet: Wenn er sein Nest an dem Ufer des Wassers machet / gräbet er von der Höhe herab gegen den Wasser zu / nimmt die abgehauene Reiser / bauet zwey / dreye und mehr Fache übereinander / daß das niedrigste fast hab in das Wasser reichet / die anderen aber im truckenen stehen / Wann nun das Wasser über sich schwillet / begiebet er sich gleich einer Stiege von einem Neste in das andere / nimmt aber das (Dessen Art und Rahru̅g.) Wasser ab / so steigt er hinwieder nach der Tieffe. Seine Nahrung ist Fische / Krebse / und dann die Weydene / Erlene / und Aspene grüne Rinde. Wann er seine Zähne an einen Baum setzet / lässet er nicht nach / bis er ihn umgehauen / und so er meinet / daß er bald umfalle / führet er seine Streiche (Wie er gefangen.) über sich / damit der Baum nicht über ihn falle. So der Bieber von dem Bieberfänger ausgespähet / gräbet er von oben gegen dem Loche zu / und wo er den Gang findet / lässet er ein Hündlein hinein / und spannet sein Netze gegen dem Wasser zu auf. Wann nun der Bieber zu seinen untersten Ausgange heraus läufft / und in das Netze fällt / schlägt er ihn entweder zu tode / oder fänget solchen / wenn aber der Hund den Bieber in dem untersten Neste im Wasser antrifft / beisst er sich mit demselben so lange herum / bis er weichen / und die Flucht geben muß. Und weil er nicht lange der Lufft und des Athems halber unter den Wasser bleiben kan / wird er leichtlich erschossen / oder mit langen Stadeln erstochen.
(Sein Nutzen.) Der gantze Bieber ist zu vielen Dingen nütze. Denn in den Bieber-Balck kleidet man sich / und macht Stiefeln wider das Podagra daraus:(Plinius.) Das Fleisch hält man für gesund: Den Schwantz kochet oder bratet man (Avicenna.) mit den hintern Füssen: Sein Harn widerstehet dem Giffte: Seine Galle dienet in der Artzney / und seine Gummi stillet die fallende Seuche: Die Medici halten das Biber-Geil sehr hoch / allermassen dann auch der ganze Bieber in folgenden Versen beschrieben wird.
(Becher???.) Der Bieber ist ein Erd- und auch auch ein Wasser-Thier /
Drey Stücke giebet es zur Arzeney herfür:
Das Fett / die Bieber-Geil / und auch die Bieber-Haut / sind / die man mit Gewinst von diesen Thiere schaut.
Das rechte Bieber-Fett dient für den Schlag und Fluß / und machet / daß vom Glied die Lähmung weichen muß.
|| [241]
Des Bieber Geils Geruch ist unannehmlich zwar /
Doch stillt er Mutter-Weh / hilfft vielen aus Gefahr /
Und wann in Bieber-Fell der Mensche sich bekleid / so kan das Glieder-Weh ihm niemahls bringen Leid.
Den Testicul des Biebers nennet man Bieber-gell / ist nach des Galeni Meinung eine edle Auzney / dereh Gebrauch übern obigen noch zu viele Sachen gut. Ihre Art und Eigenschafft ist an sich selbst trucken / und einer erwärmenden Krafft; Un weil dieselbe für andern Arzneyen subtil / so ist sie auch denen andern als heißtruckende̅ vorzuziehe̅. Wer ausführliche̅ Bericht vo̅ dem Bierbergeile / un̅ dessen Nutzen zu wissen begehret / der lese den Gesneru̅ redivivu̅. Wann letzlich die Egyptier einen Menschen / welcher ihm selbsten schädlich wäre / anzeigen wollten / mahleten sie einen Bieber / der sich das Gemächte abbisse: Ein Mensch / der das Seinige unbedächtig vor die Hand nim̅t / der erwecket ihm selbst die gröste Reue: der Jenige / welcher weder sich noch Andern nützet / ist besser todt als lebendig / dahin auch der welweise Demonar zlelete / als er ihrer zweene disputiren hörete / deren Einer ganz albere Dinge vorbrachte / der Ander aber sie ganz ungeschickt beantwortete / indem er mit diesen Worten heraus fuhr / und sagte: Ich sehe wol der Eine milket den Bock / und der Ander will die Milch mit dem Siebe auf fassen.
(Fisch-Otter.) Der Fisch Otter / so Lutra genennet / ist aus des Biebers Geschlechte. Hat seine Nahrung in dem Wasser / und kan gleichwohl ohne Lufft nicht leben. Seine Jungen gebieret er in einem Loche ausserhalb des Wassers: Er macht seine Wohnung von Aesten / un̅ Rinden damit er darauf truck en sitzen kan: Er jagt den Fischen nach / und ob er wohl unter dem Wasser nicht lange tauret / so ist er doch demselben sehr schädlich. In Fangung der Fische ist er geschwind / und füllet sein Loch dermassen an / daß es zu Zeiten daselbst (Petrus de Crescent.) sehr stinket: Er ist listig / und boßhafftig: Die gröste Nutzbarkeit / so man von ihm hat / ist der Balck: Das Fleisch wird selten zur Speise gebraucht: Wenn er in das Wasser kreucht / scheusst er geschwinde nach dem Grunde / ertappet und frisset / was er bekömmet / fähret alsdann eilends wieder in die Höhe / stecket das Maul aus dem Wasser / und hohlet mit einem Brausen Athem. Er befindet sich gemeiniglich des Nachts in den Gewässern / und leget sich des Tages / wenn er satt in die Wiesen / Ufer / oder an fruchtbare Oerter / da Erlen anzutreffen. Des Winters hält er sich am meisten bey den schnellen Flüssen und Bächen auf / die in der mitten nicht zugefrieren / des Som̅ers aber kreucht er den grossen Seen oder Teichen nach / und (Aristoteles.) wird offters unterwegens ertappet und erschlagen. Man beschreibet noch eine andere Art / so sich mit dem Fisch-Otter gleichet / und zugleich in den Wassern und auf der Erde lebet / als da sind die Thiere Sathyrium, Satherium, und Latax. Dieses letztere soll sehr harte / und etwas breitere Haare als der Otter / auch starke Zähne haben / wormit es des Nachts die nechsten Zweige / welche es fassen kan / abnaget.
(Art und Eigenschafft der wilden Schweine Gesner???.) Unter allen vierfüssigen Thieren ist keines / welches / was die innerlichen Glieder anbelanget / dem Menschen gleichförmiger als ein Schwein. Es wird selten ein Thier anzutreffen seyn / das um und bey dem Menschen sich aufhält / davon nicht auch eine wilde Art gefunden werde. Die wilden Schweine sind in Europa / vielmehr aber in Teutschland / als von einer (AElianus) Provinz derselben / und in den Gehegen nicht unbekannt. Man hält dafür / daß die jenigen wilden Schweine / welche in Macedonien anzutreffen / kein Geschrey machen / sondern gleichsam stumm seyn sollen.
|| [242]
(Olaus Magnus. Marcus Poluslib. 3. c. 35.) In Schonland sollen wilde Schweine von zwölff Schuh lang / in Asien aber so groß / als ein Ochse / und ihre Back-Zähne von zwölff Pfunden gefunden werden. Wann iede Lügen diesem Autori einen Zahn ausstösse / würde er die meisten verlohren haben. Es soll sonsten am Gehöre der Eber die meisten Thiere übertreffen. Seine Natur ist hitzig / und feurig: liegt gerne auf hohen Bergen / Wäldern / Pfützen / Moraste / und an kleinen Seen: Er ist stark / kühn / verwegen und zornig / und gleichsam ihme angebohren / daß er keine andre Art als die Seinige um sich leide. Wann das Schwein sich begehet / ist es am grim̅esten / und wan̅ die Bache färkelt / am bessigsten. Sobald die unter sich beissenden Sauen eine̅ Wolff / o??? Hund erblicken / der auf sie loß gehet / werden sie wieder eins / und fallen denselben ins gesamt an. Ihre Zähne sollen sie an den Bäumen oder Steinen schärffen / welches man auch von dem Elephanten / und Rhinocerote saget: Fünfferley Thiere sind; die uns an unsern fünff Sinnen übertreffen / nemlich: Aper Auditu, Aranea Tactu, Vultur Odoratu, Lynx Visu, Simia Gustu: Der Eber am Gehöre / die Spinne am Fühlen / der Geyer am Geruche / der Luchs am Gesichte / und der Affe am Geschmacke. Wie Grimmig und verwegen dieses Thier sey / das wissen die / welche es mit dem Eisen fangen. Denn sobald sie sich demselben zeigen / da widerstehet es ihnen mit voller Gewalt / also daß man zweiffelt / wer von beyden die Oberhand behalten werde / und daher heisset:
Frisch gewagt und nicht gescheut /
giebt die allerbeste Beut /
wohl / so sey es dann gewagt /
wer weiß / wer den Andern jagt?
(Närrische Gelübde.) Es hat ein Wild-Schütze in Italien der Göttin Dianae ein Gelübde / daß er von allen dem jenigen Wilde / so er fangen würde / ihr das Haubt / und die Füsse zueignen / und iedesmal zusammen hengen wollte. Nachdem (Diodor??? Siculus lib. 4. c. 3.) er nun eines Tages ein über aus grosses Schwein fällete / überschritte er die Gelübde. behielt die Füsse / un̅ hieng den Kopff allein an den Baum. Aldieweil er aber müde / legete er sich darunter schlaffen / im̅ittelst risse das Band / daß der Kopf herunter fiel / und ihn todt schlug. Also belohnet der Teuffel seine Anbeter / und also wird der / wo man hiervon Christliche Gedanken haben sollte / welcher nicht Treue un̅ Glauben hält / auch hinwiederum mit Untreue (Ovidius in Methamorphos. lib. 30. c. 12.) belohnet. Von dem Adonide / der Myrrhae unächtigen Sohne / erzehlen die Poeten / daß sich die Venus in denselben verliebet / und nicht allein miteinander im Jagen / sondern auch in der schnöden Liebeslust ergötzet. Es verhält sich aber die Poetische Erzehlung also: Ein berühmter Bildhauer Pygmalion hatte aus einem Helfenbeine eine schöne Weibes Person verfertiget / un̅ weil er sich ie länger iemehr in dieselbe verlibet / hat ihm solche die Venus lebendig gemacht / aus der er auch einen Sohn mit Namen Cinyras geboren. Dieser / als er zu seinen männlichen Jahren gekommen / und sich auch verheyrathet / hat gleich falls mit seinem Weibe eine Tochter Namens Myrrha gezeuget. Und nachdem de???se auch nach ihrer Mutter Tode erwachsen / verliebete sie sich / wie man sagt / in ihren eigenen Vater / un̅ bekam eine Lust bey Ihm zu schlaffen / welches auch / vermittelst einer alten Kupplerin / zu wege gebracht ward. Wie aber die Myrra sich an dem Beschlaffe nicht erfättigte / war Cinyras dieselbe begierig zu sehen / ließ ein Liecht ausschlagen / und erkennete / daß es seine Tochter war. Alldieweil Er nun dieselbe aus Eyfer durchaus hinzurichten begehrete / ergrieff Sie die Flucht in die Wildnüs / erwegte daselbst ihr Unrecht / und ward nach ge [243] haltener Reue von den Göttern in einen Myrrhen-Baum verwandelt / da Sie denn erst den Sohn Adonidem gebahr: Diese Lehre gehet nach deß Chrysostomi Meinung dahin / quod mulier sit necessarium Malum, naturalis Tentatio, Domesticum Periculum, & delectabile detrimentum: Daß ein Weib ein nöthiges Ubel / eine natürliche Anfechtung / eine einheimische Gefahr / und belustigte Schädlichkeit sey. Nachdem nun Adonis erwachsen / und die Venus mit ihme vielfältige Liebe gepflogen / hinterließ sie ihm endlich bey ihrem Abschiede diese Warnung / daß er sich für Löwen / Bären / und wilden Schweinen wohl vorsehen sollte. Adonis schlug dieses in den Wind / traff auf der Tagt ein hauendes Schwein an / und wollte dasselbe erlegen; Das Schwein aber warff ihn unter sich / und brachte denselben also umb sein Leben. Die Mutter des Adonidis kunte eher nicht gebähren Sie war dann in einen Baum verwandelt / das ist / ehe und bevor sie Reue und Leid über ihre Sünde trug / und ihr kein Mensch mehr ihre Thorheit vorwerffen kunte. Die Venus verließ umb des Adonidis willen ihren Himmel / und begaß sich auf den Erdboden: Ihrer viel verscherzen umb der schnöden Wohllust willen das Ewige / und kleben an dem Irrdischen. Der Mißbrauch des Weydewercks gehöret zur Wohllust. Alle die jenigen / weiche sich mit der Veneris Buhlen in Welt-Lüsten zu sehr vertieffen / die fallen endlich in die Stricke des Untergangs: Mit der schönen Atalanta läufft die Welt dem Bedünck en nach eines klugen und geraden Weeges / wenn man aber den Lauff eines ehrlichen und frommen Wandels vor sich nehmen solle / da ist man zum gehen lahm / zum sehen blind / und zur Nachfolge hokkericht und bocklicht.
Bey dem Dritten Jagen hat man oben gesehen / wie unter andern auch Wölffe / Füchse und Dachse gehetzet worden.
(Des Wolffs Eigenschafft. Aristoteles. Plinius. Barth lib. 18. cap. 69.) Der Wolff ist eines von denen rauberischen / schädlichsten und freßhafftigsten Thieren / schlucket das Fleisch fast mit Haut und Beinen in sich / daß er offters solche Stücken wieder von sich geben muß: Wenn er einmahl satt / kan er etliche Tage Hunger leiden: Er hat sehr scharffe / und feurige Augen / ein scharffes Gebiß / siehet scheel über Ecke / und seine Stärcke bestehet in dem fordersten Theile des Leibes / in den Schultern / Brust / Beinen / Hals und Haupte. Er beläufft sich auf Art der Hunde des Jahrs über einmahl und zwar nach Weihenachten. Er ist kühne / listig und räuberisch: Wann ihn hungert / würget er alles / was er antrifft / wenn er aber satt / thut er leichtlich keinen Schaden. Wenn er umschlossen / so ist er gantz furchtsam und verzagt. Denn es wird ergehlt / wie (Historia von ihm. Justin??? Goblerus) ein altes Weib unversehens in eine Wolffs-Grube gefallen / und darinnen einen Wolff und Fuchs vor sich gefunden; Alle dreye wären aus Furcht an ihren Oertern sitzen blieben / nachdem aber des Morgens der Haus-Herr die Grube besichtiget / hätte er den wunderlichen Fang erblikket / hierauf der Frauer zugeruffen / und weil er gesehen / daß sie noch gelebet / an einer Leiter hinunter gestiegen / den Wolff und Fuchs erschlagen / und der halb-verstorbenen Frauen wieder herauf geholffen. Die Thiere / so Hörner haben / greifft er von hinten zu an / und damit auch die Wölffe / wenn sie über einen Fluß schwimmen / nicht von den Wellen zerstreuet werden / so soll einer den andern mit seinem Gebisse bey dem Schwanze fassen / und also nach der Ordnung hinüber schwimmen. Alle Thiere / wie bekan̅t / haben ihre Feinde / für denen sie sich gleichsam von Natur fürchten / oder zwischen denen eine natürliche Widerwärtigkeit zuseyn [244] seyn scheinet: Als da ist die Krähe mit der Katze / der Wolff mit dem Igel / das Pferd mit dem Wolffe / der Hirsch mit der Schlange / die Schildkröte mit dem Salamander / der Leue mit dem Hahne / der Elephanten mit der Spitzmaus / der Delphin mit dem Wallfische / un̅ der Rabe mit dem Weyhen. Wann die Römer vor Alters eine Wolff in ihrer Stadt lauffen sahen / hielten sie es für ein unglückseliges Zeichen / und weihete dahero (Gesnerus) die Stadt von neuen. Die Alten hielten es hingegen für ein gutes Zeichen / wenn Einer auf der Reise einen Wolff über den Weg lauffen fahe / und bey einem Hasen für ein böses. Denn weil ein Jeder lieber siehet / daß der Wolff für Ihn lauffe / und der Hase stille stehe / so ist hernachmahls aus diesem Sprichworte bey vielen ein Aberglaube worden.(Strabo.) Von Einem / der gerne für andere Leute Bürge wurde / erzehlet man / daß / als derselbe einesmahls zu den Jägern gekommen / welche einen Wolff umstricket hatten / sie ihn gefragt / ob er für den Wolff der künftigen Gefahr halber auch Bürge wollte werden / habe er solches mit ja beantwortet: Und nachdem er losgelassen / solle er ihm hierauf zur vermeinten Danckbarkeit eine ganze Heerde Mutter-Pferde in den Stall getrieben / und denenselbigen kein Leides zugefüget haben. Dahero der Bürge zum Gedächtnüs die Stutten alle zeichnen / und einen Wolff daraus brennen lassen.
(Falsche Gemüther stellen sich offt freundlich.) Von dem Wolffe erzehlet man lehrweise / daß als derselbe einesmals von dem Jäger ausgespüret / und gejaget worden / er sich zu einem Hirten begeben / und denselben gebeten / damit er ihn möchte verbergen. Der Hirte sagte zu den Wolffe / du darffst dich nichts böses befürchten / ich will ihn schon abweisen. Nachdem aber der Jäger auch hinzu kam / und von dem Hirten zu wissen begehrte / wohin der Wolff gelauffen wäre / zeigte er mit der linken Hand auf den Weg / mit den Augen aber winckte er ihm nach der Höhle / worinnen der Wolff verborgen lag. Wie nun der Jäger es nicht verstunde / und vorbey / sagte der Hirte zu dem Wolffe: Wie meinestu / habe ich nicht gnugsamen Dank verdienet? Der Wolff aber sprach / deiner Zunge sage ich zwar grossen Danck / alleine deinen falschen Augen wündsche ich / daß sie verblinden müsten. Wenn das Herze voll / zo geht der Mund über: Süsse Worte und süsser Wein sind selten rein zu befinden. Ein gepfeffertes Herze / und eine verzuckerte Zunge verderbet das Geblüte / un̅ erwecket Galle. Keyser Albrecht der Erste pflegte zu sagen / Er hielte dreyerley Menschen lieb und werth / als züchtige Weiber / fromme Geistliche und tapfere Kriegs-Leute / hasse aber hingegen nichts hefftigers / als falsche Zungen / und heimliche Verleumbder. Die Zunge ist des Hertzens falscher Zeuge / und wer gutes redet und böses gedenket / der begehet nichts menschliches. Als Einer sich beklagte / wie er von denen / die sich am allerfreundlichsten gegen ihm stelleten / verachtet würde / sagte ein sich am aller freundlichsten gegen ihm stelleten / verachtet würde / sagte ein anderer zu ihm: Dieses sind eben die ärgsten Feinde / welche Einen mit der einen Hand umfahen / un̅ mit der andern Dich in das Verderben zu stürzen suchen. Was der Mensch am Schilde führet / das erkennet man durch die äuserlichen Geberden: Ein Heuchler führet zwo Larven / und zwey Herzen mit sich. Die Kleidung ist ein Schaafes-Fell / und seine Galle / die Galle eines Wolffes; Seine Gewohnheit ist / die jenigen verachten / welche eher empor kommen / als Er. Seine Reden verwandeln sich gerne in ein stinkendes Lob / und wann seine Zunge lachet / so weint sein Herze / lacht aber sein Herze / so stellen sich die Augen / als wenn sie sich über ihren Nechsten betrübeten.
(Schönheit ist) Der Wolff fand unverhofft auf dem Felde ein wol-geschnitztes Bild / dar [245] (vielmahl??? ein stummer Betrug.) über er sich verwunderte / daß dasselbe weder Verstand / noch Vernunfft hätte / und sagte: Ist das nicht ein schönes Bild / und hat doch gleichwohl kein Gehirne? Ein berühmter Mahler mahlete eine Korn-Aehren / Stengel / und Lerche darauf so natürlich / daß man solches auch für ein berühmtes Meister-Stücke hielte. Es trug sich aber zu / daß ein Bauer dasselbige Gemählde ansichtig ward / und solches nebenst Anderen lobete / ohne allein dieses / daß der Halm zu einen solchen Vogel zu schwach wäre: Worauf der Mahler sagte: Nun erkenne ich / daß zwischen der Kunst / und dem Verstande ein grosser Unterscheid sey. Viel Menschen leben in der Welt / die zwar ein äuserliches / und wolgestaltes Ansehen / darnebenst aber weder Kunst / Witz / Weißheit noch Verstand an sich haben. Es sind viel kluge Leute / welche fürgeben / das Herze könne mehr Widerwärkigkeit ausstehen / als das Auge bey einer eingebildeten Schönheit. Als bey einer Verliebten die schöne Gestalt vorbey / und sie gleichwol von ihrem Buhlen geliebet / un̅ bedienet seyn wollte / derselbe aber ihr die Veränderung ihres Gesichts entgegen setzte / sagte sie: Ich weiß nicht / was meinem Gesichte schadet / ohne allein / daß dasselbe einen gefaltenen Traur-Schleyer / die verlohrne Schönheit dadurch zu beklagen / angezogen. Worauf Jener zur Antwort gab: Eure Rose ist numehro abgefallen / und der Dorn / von welchem sie gewachschen / annoch übrig; der Schatz ist hinweg / und die Schlange annoch vorha̅ben. Bey der Schönheit ist stets was böses zu vermuthen. Und gleichwie die Gewinste zur See unschätzbar / wann die Gefahr nichtwäre. Also er äugnete sich auch dergleichen bey dieser. Die Rosen sind wohl lieblich / ihre Dornen aber stechen desto hefftiger. Es ist die Schönheit des Leibes nicht allemal ein Zeichen der Schönheit des Gemüths: Ein verbuhltes Gemüthe gleicher sich einem Erden-Klos / ein keusches aber mit der äuserlichen Schönheit der Erden / da die allerheilsamsten Kräuter / Blumen / un̅ Früchte wachsen. Schönheit ist ein vollkommenes Wachsthum / und fällt wieder hinweg / wenn sie ihre höchste Vollkommenheit erlanget. Soll dieselbe nicht ein Schiff / sondern Steuer-Mann seyn / so muß sie die Keuschheit und Freundlichkeit zur Gefertin haben. Wie das Meer gesalzen / und im Grunde auch süsse: Also verhält es sich auch mit Jhr. Das Auge und das Ohr sind bey denen Menschen die Einnehmer; Die Zunge und Hände aber vollbringen die Werke / sie mögen gleich gut oder böse seyn. Ein Ungeschickter ist gleich einem unpolierken Spiegel / der ohne Mühe und Arbeit nicht kan helle gemacht werden; un̅ gleichwie der / so nichts gelernet / für ein todes Bild zu achten; Also ist hingegen die Geschicklichkeit eine Crone der Ehre / eine Zierath der Alten / und ein Aufenthalt der Jungen.
(Von Füchsen. Sextus Platon.) Wann der Fuchs die Gänse lehret / so geht der Kragen verlohren: Der Fuchs / Vulpes, quasi Volupes ist ein betriegliches / verschlagenes und tückisches Thier. Denn den Hasen betreugt er durch sein Scherzen / un̅ wann ihn hungert / so leget er sich an den Ort / wo die Vogel meinen / daß er da (Joh. Jonstoni Thaumatographia na turalis fol. 336.) als ein Aas liege; wenn sie sich nun zu ihme machen / und am sichersten seyn wollen / frisset er sie auf: Wofern er dem Hund nicht zu entkom̅en vermag / beseicht er seinen Schwanz / und besprenget denselben damit / daß er ihn wegen seines garstigen Gestankes desto eher verlassen muß. In Spanien giebet es weisse / in Armenien schwarze / in Moscau und Schweden aber schwarze und weisse Füchse. Die gröste Feind schafft soll er mit dem Dachse wegen des Lagers haben: Er ernehret sich von Zahmen und wilben Viehe / frisst junge Hase̅ / Caniniche̅ / Hüner / Mäuse / Gänse / Vogel un̅ Fische. Man̅ er dem Igel nicht beykom̅en kan / beseichet er ihn / daß er darüber stirbe. Er [246] foll auch ein scharffes Gehöre haben: Dann wann er zu Winters-Zeit über das Wasser seiner Nahrung nachgehen will / soll er vorhero hören / ob das Wasser tieff unter dem Eise lauffe / und wann es nicht (Ein Thier vertreibt das andere.) dikke genung / zurücke bleibe. Und gleichwie ein Thier dem andern aufsätzig zu seyn pfleget; Also wird auch der Fuchs von dem Habichte verfolget / und von dem Wolffe gejaget / der Fuchs aber vertreibet hingegen den Igel / der Igel den Otter / der Otter die Steinfletzschen / der Sperling die Heuschrecke / die Heuschrecke die Wespe / die Wespe die Biene / die (Der Füchse Verwandschafft. Thucydides.) Biene die Mücke / und die Mücke die Schnecke. Mit den Füchsen werden nicht unbillig verglichen alle listige / verschlagene und furchtsame Leute. Dahero man saget / daß List und Betrug / keinem Menschen wohl anstehe. Und wie ein iedes Thier seines Balges wartet: Also nim̅t auch ein Fuchsschwänzer alles / was zu seinen Nutzen dienet / wahr. Des Alexandri Magni Diener Medius brachte es durch seine Heuchelcy dahin / daß er den König beredete / und in den Argwohn brachte / als stünde man ihme nach dem Leben / darüber die gantze Königliche Regierung / welche doch mit denen allergelehrtesten / und geschicktesten Männern versehen war / in Unordnung gerieth / und deßwege̅ die tapfersten und ansehnlichsten Kriegs-Obristen / als Callisthenes / Philotas / Parmenio / und Andere die (Psal. 64.) Erde kauen musten. Jhre Zunge / sagt David / schärffen sie wie ein Schwerd: Mit ihren gifftigen Worten schiessen sie die Frommen ohne Scheu: Sie sind kühne mit ihren bösen Anschlägen: Erdichten Schalckheit / halten es heimlich / sind verschlagen / und haben geschwinde Räncke. Der Fuchs ist eines von denen schmeichelhafftigsten Thieren / wenn er unter der Gewalt (Rheink. in Axiomat. lib. 2. Axiom. 71.) ist. Die Schmeichler sind gleicher Gattung. Herzog Johann Albrecht zu Mecklenburgk / befahl seinen Sönen im Testamente / daß sie sich vornehmlich aller Ohrenbläser / Winkelstörer / und Verleumbder / wie auch derer / welche mit weitläufftigen neuen Anschlägen umgiengen / gäntzlich entschlagen sollten. Da der Philosophus Epictetus sahe / daß Einer die Heuchler und Schmeichler gerne hörete / sprach er zu Jhme: Die Raben hacken den Todten die Augen aus; Dieser aber / den du ehrest / blendet auch die jenigen an ihrem guten Gesichte / daß sie das / was recht und wahr ist / nicht erkennen. Und gleichwie ein Fuchs iederzeit hincket / so sehr er es auch verbirget; Also machet es auch ein Heuchler / welcher zugleich seinen Herrn anlachet / und auch mit List und Betrug hintergehet.
(Betrung und List haben keinen beständigen Grund.) Ein Fuchs und Listiger gehören in einen Karrn / un̅ wird offters List mit List vertrieben. Ein hungeriger Fuchs kam zu einem mit seiner Henne auf dem Baum sitzenden Hahn / grüssete denselben freundlich / und sprach zu ihm / warumb sitzestu so hoch auf dem Baume / weistu nicht / daß ein ewiger Friede unter allen Thieren ist gemacht worden / also / daß keines das andere weder durch List / noch Betrug zu beschädigen / sondern Ein iedes in Sicherheit zu wandeln befugt seyn solle? Der Hahn merckte bald des Fuchses List / und gab ihm zur Antwort: Du bringest wir und meinem Geschlechte eine fröliche Zeitung / reckte den Hals hierauf empor / und fieng an zu krähen. Der Fuchs fragte / was dieses bedeutete? Ich sehe / sagte der Hahn / zwey Hunde dort hergelauffen kommen / die uns vielleicht auch dergleichen Friede verkündigen wollen. Nein / sprach der Fuchs / es wird besser seyn / daß ich die Flucht ergreiffe / als ihrer erwarte; Einem ieden trauen ist eine Thorheit; Niemand aber vertrauen ist tyrannisch. Wer zuviel glaubet / der stürtzet sich in die Gefahr. Niemand soll sich einen beständigen Freund erwehlen / er habe dann dessen Treue bey eräugneter [247] Noht erfahren. Der Betrug ist zweyerley / gut und böse: Böse bey denen / die andere Leute heimlich oder öffentlich hinter das Liecht führen: gut / wenn man dem schädlichen Betrug durch Vorsichtigkeit zuvorkömmet / oder es dem / so man betreugt / zum besten gereicht / als wie die Eltern die Kinder / die Lehrer die Jugend / und die Aertzte die Krancken. Wenn der Fuchs / und der Storch einander zu Gaste laden / so betreugt unfehlbar Einer den Andern. Wenn man die Menschen sobald aus den Worten erkennete / als den Raben an seinem Geschrey / so würde Mancher nicht betrogen werden. Denn der Andere nicht betreugt / der mercket auch selten den Betrug am Andern. Man sucht keinen / sagt man hinter der Thüre / er habe dann selbst zuvor darhinter gestecket. Der Fuchs wurde von dem Wolffe Diebstahls beschuldiget. Der Fuchs leugnete: Beyde erwehleten darüber den Affen zum Richter / und beschuldigte nach angestellter Verhör Einer den Andern seiner begangenen Untreue / Bubenstücke / und Schalckheit. Da das der Affe hörete / gab er diesen Bescheid. In Sachen beschuldigten Diebstahls glaube ich / daß du Wolff hierunter nichts verlohren / du aber Fuchs / ob dirgleich der Diebstahl anietzo nicht beygebracht werden kan / so ist dir doch das Stehlen und Mausen angebohren; darum so bleibet Freunde wie zuvor / es ist euch beyden wenig zu glauben. Wie die Katze das Mausen nicht lässet: Also pfleget auch ein Dieb so lange dem Stehlen nachzugehen / bis Er ertappet wird. Jener Dieb rühmete sich / daß / so offte er sich hinweg begeben / die Leute darüber geweinet / die Ursache aber war diese / daß er nirgend ohne Stehlen darvon gieng. In Holland machten zweene Diebe auf einen Geitzigen einen Anschlag / und verkleidete sich der Eine als ein Engel / der ander aber als ein Teufel aus. Diese beyde stiegen an einer Leiter zu bem Reichen in die Cammer / und so sehr der Eine ihn quälete / ie tröstlicher erschien ihm der Ander zu seyn / biß er endlich anfieng um Hülffe zu ruffen / da dann die Nachbaren herzukamen / die Diebe auf fingen / und man sie nachmahls an Galgen hieng.
(Wie die Wercke / so ist das Lob.) Niemand hat sich in denen Dingen herfürzubrechen / die er weder verstehet / noch zu vollbringen vermag: Der Frosch rühmete sich einsmals der Arzeney völligen Wissenschafft / und wie er damit grössere Thaten / als der beruffene Paeon / der doch die Götter selbsten unsterblich gemacht / ausrichten könne. Die einfältigen Thiere glaubeten solches / als aber der Fuchs darzu kahm / spottete er ihrer aller / und sprach: O ihr Narren / wie möget ihr doch daran gedencken / daß dieser Frosch die geringste Kranckheit heilen könne / Jhr sehet ja selbst / wie er mit der gelben Sucht beladen / dafern er nun an sich selbst mit der Arzeney den Anfang machte / wollte ich es glauben / alldieweil es aber nicht geschicht / so lasset euren Wahn fahren. Denn dadurch wird sein eigenes Lob in seinem Maul um so viel desto stinkender werden: Wer sich selbsten lobet / der besudelt sich vielmehr: Wer eine Sau grauet / die legt sich darüber in Koth / und wann der Fuchs den Raben heuchelt / so kömmet er umb seinen Käse. Bey einem guten Weine bedarff man kein Zeichen. Jhrer viel sind also beschaffen / daß ihnen durch das zugelegte Lob / oder durch ihre eigene Einbildung darüber Esels-Ohren wachsen. Jener lobete die an dem Altare gemahlte vier Evangelisten un̅ sagte / daß an de̅ Luca nichts mehr mangelte / als daß er nicht rede̅ könte. Ein Ameyse kroch auf ein Ochsen-Horn / und da man sie fragte / was sie allda mache / sprach sie: Ich treibe den Ochsen zum Pfluge. Nichts neues ist es / daß sich unbesonnene Leute selbst rühmen / und Närrische selbst schelten. Unfruchtbare Bäume machen iederzeit mit ihren grossen Aesten und Blät [248] tern ein grösser Geräusche / als die Fruchtbaren. Als Laosthenes die Athenienser wider die andern Griechen aufhetzete / und seine eigene Person darbey mit ausstriche / sagte zu Jhm Phocion: Deine ruhmsüchtige Reden kommen mir vor / wie die Cypressen. Denn ob sie schon groß / und hoch / so geben sie doch keine Früchte von sich. Da König Ludowig der Dreyzehende in Franckreich von etlichen Bearnensern / bey denen doch nichts als Hochmuth / und Trägheit zu befinden / ihren Adel rühmen hörete / sagte Er: Es ist ein einziges Schwerd für zehen dergleichen Edelleute genug / und diese wollen so viel Wessens und pralens von ihrem Abel machen? Einer rühmte sich / wie er so wacker sauffen könte / und würde gleichwohl darbey nicht voll / zu dem sprach der weise Aristippus: Mein Freund / rühme dich was besseres / denn solches kan auch ein Esel und Ochse thun. Wie Marcus Livius dem Römischen General Marco Fabio die Stadt Tarentum übergab / wollte Jener darfür eine Vergeltung haben / worüber die Herumstehenden lachten / Fabius aber sagte zu Jhm: Es ist nicht ohne / daß ich die Stadt durch dich bekommen; Allein wann du dir dieselbe besser angelegen hättest seyn lassen / und sie männlicher beschützet / so wäre sie auch nimmermehr von mir erobert worden. Wie derowegen ein Ruhmräthiger einem Pfauen gleichet / der seiner Schönheit halber stoltz und aufgeblasen / wenn er aber die Füsse ansiehet / selbst nichts mehr von sich hält: Also achtet sich auch Jener / so lange Er mit der Decke der Einbildung verblendet / für was besonderes / wenn aber dieselbe hinweg / so siehet er keinen elendern und untüchtigern Menschen als sich selbst.
(Vom Dachse.) Taxus, Meles, oder ein Dachs hat kurtze Füsse / ein hartes Gebiß / und einen kurtzen zotigten und gestreiffelten Schwantz: Er empfänget und träget die Jungen wie die Füchse / und gebieret nach dreyen Monaten im Herbste. Und weil ihre Füsse klein / und unvermögend geschwinde zu lauffen / so halten sie sich nicht weit von ihrer Höhle auf. Im zunehmenden (Plinius lib. 18. c. 19.) Monden sollen sie zu- und im abnehmenden abnehmen. Wie die Dachse gefangen werden und ihre Nahrung suchen / das wissen die Jägerey-Verständigen am besten / zu Zeiten sind ihre Gebisse gifftig / sehr (Arnold???.) schädlich und unheilsam. Denn weil sie allerhand Roß-Käser / Hornissen / und andere auf Erden kriechende Thiere fressen / werden dadurch ihre Zähne (Morale.) vergifftet. Von denen / die eines dicken und fetten Leibes / verschlagen / zanksichtig / oder eingezogen sind / sagt man / sie wären so fett als ein Dachs: Schlieffen / bissen / und hielten sich wie ein Dachs eingezogen / und kämen nicht unter die Leute.
(Des Dachses Nutzen. Becherus) Deroselben Nutzen zur Artzeney beschreibet man also:
Man pflegt den ganzen Dachs zur Asche zu bereiten.
Er dient zur Lungensucht / und bey dergleichen Leuten.
Das Dachs-Schmaltz giebet auch dem Schweinen-Schmaltz nichts nach /
Es lindert / stillet bald der Nieren Ungemach;
Das Blut nach Kunst gemacht bewahret für die Pest /
Es giebet zugericht dem Aussatz seinen Kest.
(Von wilden Katzen. Gesnerus) Die Wilden Katzen haben ihre Wohnungen in den Wäldern auf den Bäumen: Man jagt sie mit Hunden / oder scheusst sie mit Büchsen: Jhr Fleisch ist gleich den Hasen: Etliche meinen / es sey anmuthig zu essen. Etliche tragen einen Abscheu wegender Mäuse darfür. Das Fett davon lindert / wärmet / und vertreibet die Schmerzen / und das Reissen in den [249] Gliedern / und Gelencken: Man fänget sie aber unter andern auch in einer Lade / wore in man entweder ein todtes Huhn / Eyer / oder was anders leget. Denn man macht qver über die Lade ein länglicht Holtz / gleich einem Mäuse-Kasten. Wann nun die Katze hineinspringet / und das quer-Holz (Pietro della Valle.) anrühret / so fänget sie sich selbst. In Persien hat es eine sonderbare Art derselben / welche sehr subtil / zart / glänzende / und weich / wie Seyde / von Haaren sind. Das schönste an ihnen ist der Schwantz / welcher gemeiniglich lang / und viel Haare hat. Diesen legen sie wie die Eichhörner (Christophori Füreri Itiner.) über den Rücken / und strecken sich in die Höhe. Man findet zu Alexandria / und Cairo, auch an anderen Orthen gewisse Secten / welche man Santoni nennet / so fast gantz nackend einher gehen / und man für heilige Leute hält. Diese bauen ihnen gewisse Tempel und Capellen / darein sie Katzen (Bandier en l histoire de la Cour du Roy dela Chine.) setzen / und solche täglich unterhalten / da hingegen dieses bey den Chinesern eines von der grösten Schmach und Schande / wenn man Einen ein Katzen-Auge heisset. Von der Katze erzehlet man eine Fabel / daß sie den Hahn beschuldiget / als ob er so wohl Tags als Nachts die Menschen beunruhigte / und mit seiner Mutter / Schwester und Angehörigen Unzucht triebe / als aber der Hahn versetzte / wie er durch seine Wachsamkeit die Menschen zur Arbeit aufweckte / und durch die menge seiner Weiber dem Hauß-Herrn viel Eyer zu wege brächte / ergrieff sie ihn bey den Halse und sagte: So bin ich doch nicht gewohnet / daß ich lange faste! Man bricht offt eine Ursache von Zaune / damit man kan seines Nechsten Haab und Güter überkommen; Wen̅ man Einem übel will / so findet man gar leichte einen Stiel zur Axt. Wie der Gröste will / so muß es gehen / und sollte gleich alles über den Hauffen fallen; Die Welt ist ein Nahme aller Boßheit / welche mit schönen Farben ausgeschmücket / und wer in ihr von Natur böses / tükkisches / und leichfertiges Gemüthes ist / der lässet von seiner Boßheit nicht ab / sondern erfindet iederzeit etwas / wormit er dieselbe beschöne.
Vom Elthier. Gesnerus Das Elthier / Iltis oder Ildnüs ist ein abgesagter Feind der Hühner / und thut nicht weniger auch den Bienen-Stöcken Schaden. Es soll aber dasselbe übel hören / und gegentheils sehr scharff sehen: Sein Balk stinket / und ist eines der gemeinen Peltz-Werke. Es wohnet in grossen Gebäuden / Ställen / hohlen Bäumen / Wäldern / woselbst es alles / was es kan / und ihm zu seiner Nahrung dienlich / zusammen trägt.
Bey dem obigen Vierten Lust- und Kampf-Tagen / hat man folgender Thiere Eingenschafften mit zu erwegen:
(Des Bärs Eigenschafft und Natur. Aristoreles. Pliniu???. Plutarchus. AElianus. Galenu???. Isidorus. Albertu???.) Es schreiben die Natur-Kündiger viel von des Bären Art und Eigenschafft / und wollen / daß er wegen seiner flüssigen / kalten / schleimichten / und frostigen Natur / wann er sich mit dem Weiblein vermische / einen solchen Saamen von sich lasse / welcher in der Behr-Mutter nicht formirt werde / wann es nicht des Frühlings geschehe. Das Weiblein / oder die Bährin gebähre zur Zeit / da es inne läge / und schlieffe / und zwar / seiner grösse nach / die kleinesten Thiere / welche Anfangs blind. An den Füssen / und Gliedern sehen sie so unförmlich / als ob sie ihre vollständige Glieder nicht hätten / weshalben die Alten sie lecken / und stets im Schoß behielten / damit sie ihnen mit ihrer natürlichen Wärme zu Hülffe kämen; Etliche aber haben gar dafür gehalten / die Bärin gebähre anfangs nur ein Stücke rohes Fleisch / dasselbe wärme und brüte sie an ihrer Brust aus / und lecke es (Matthiol???. Scaliger. Camerarius. Vossius.) so lange / biß es die Gestalt eines jungen Bäres bekäme. Viel besser erklären es andere / und sagen / daß die jungen Bäre zwar aussehen / wie ein Stücke Fleisch / es rührete aber solches daher / daß iederzeit die Bärin in einer [250] starcken Nach-Geburt läge / welches sie hernacher durch lecken und beissen von den jungen Bähren hinwegbrächte / und sie also ihre rechte Gestalt bekämen. Der Bär / insonderheit aber die Bährin / ist an sich selbst ein geiles und unkeusches Thier / dahero man von denen / die in den Wollüsten ersoffen / das Sprichwort gemacht / daß sie geiler als die Bären wären. Sie tragen zu ihren Jungen grosse Liebe / suchen ihren Schutz auf das beste / und werden gleichsam rasend / so ihnen eines von denenselben (Oseas.) entführet wird. Dahero der Prophet Oseas von ihnen das Gleichnüs genommen / und im Nahmen des HERRN zu den Israeliten gesagt: Ich will sie anfallen wie eine Bährin / derer ihre Junge geraubet. Deß Bärs Feinde sind der Lötte / Auer-Ochse / Stier / Esel / Pferd / und das Meer-Kalb / welches er am meisten fürchtet. Nachdem die Länder / und Wildnüsse / nachdem findet man auch grosse und kleine Bäre. Aus Littauen hat man einesmahls Keyser Maximiliano einen Bähren zugeschicket / welcher 22 1/2 Schuh lang / und so breit gewesen seyn solle. In den Mitternächtischen Ländern finden sich weisse Bäre / welche das Eis aufbrechen / und die Fische herfür suchen / ingleichen in Moscau / und andern Oertern mehr / so grossen Schaden in dem wilden Honige thun. Insonderheit aber frisst der Bär nebenst dem Honige auch Obst / Hierse / Kraut / und allerhand Saat von dem Getreyde / auch bey grossen Hunger / das neue ausgeschlagene Laub / und junge Schößlein von den Bäumen. Er säufft nicht / wie ein ander Thier / sondern beisset in das Wasser / wie in die Speise. Wenn er sich überfüllet / soll ser einen Ameyß-Hauffen suchen / seine geifrige Zunge darein stecken / und so sie voller Ameyssen / zurükke in den Rachen ziehen. Er ist von Natur tückisch / und ob man schon ihrer viel findet / die den Ansehen nach zahm gemacht / so lassen sie gleichwohl / ehe man sich dessen versiehet / ihre Tücke zuweilen blicken; So es gegen dem Winter gehet / macht er sich eine Hütte / oder Lager von Reissige / schläfft darinne ganzer 14. Tage / und wird darüber gantz fett und feiste / setzet sich hernacher auf die Hinter-Füsse / und sauget die Klauten oder Tatzen: Beyde das Weiblein und Männlein sollen ihr besonderes Lager haben. Wie sie gefangen werden / das wissen die in diesen Chur-Sächsischen Landender Tägerey zugethane am besten. In Churland macht man / gleich wie an andern Orten auch gewisse Bähren-Gruben. Denn man füget etliche Balken zusammen / hänget einen grossen mit Steinen beschwehrten Block daran / und bindet an denselben ein Aas. Sobald nun der Bär darvon fressen will / und das jenige Zünglein / so den Block hält / berühret / fällt er zu / und tödtet entweder den Bär / oder schlägt ihm ein Bein oder Tatze hinweg. Von dem Bäre führet man etliche Sprichwörter: Wann nemlich Einer Widersinnig / oder mit sich selbsten redet / so sagt man: Er brumme wie ein Bär: Desgleichen wenn man sich eines Dinges rühmet / und vermag dasselbe nicht auszuführen / so spricht man: Er verkaufft die Bären-Haut / und hat den Bär nicht gestochen: Die Egyptier / wann sie ein unförmliches Kind sahen / so hernacher schöner ward / und dasselbe abbilden wollten / mahlten sie eine trächtige Bärin / wodurch sie anzeigen wollten / daß dieses Thier unzeitige Jungen gebähre / welche sie durch das Lecken formieren / und gleichsam von neuen zeitigen müste. Von einem Bauer in Moscau will man erzehlen / daß / als er auf einen Baum gestiegen / und darinne Honig gesucht / sey er in denselben biß über die Brust gefallen. Wie er nun an die zwey Tage lang daselbst gesteckt / und sich aller Hülffe verziehen / wäre ein Bär auf den Baum gestiegen kommen / und habe allda [251] auch den Honig kosten wollen: Der Bauer hätte den Bär erwischt / sich an demselben feste gehalten / und angefangen überlaut zu schreyen / daß er darüber erschrocken / sich zurücke begeben / und also den Bauer wieder herausgezogen. (Der Dianae unbedachtsames Opfer.) Die Athenienser hatten unter andern ein Gesetze / daß wan̅ Einer seine Tochter verheyrathen wollte / sie vorhero der Göttin Dianae das im Januario angestellte Opfer abstatten muste. Wann nun eine solche Weibes-Person opfern wollte / muste sie in einem gelben Schäublein erscheinen / es trug sich aber zu / daß Eine von dergleichen Jungfern mit einem zahmen Bäre / welche der vermeinten Göttin Dianae zugeeignet war / in etwas zu viel schertzte / worüber derselbe sich erzürnete / und sie beschädigte. Da solches der Jungfrau Bruder ersahe / verdroß es ihn / und schoß den Bär todt. Es fiel aber nachgehends ein Theurung ein. Dahero die Götzen-Pfaffen weissageten / als ob die Göttin wegen des ertödteten Bäres erzürnt / die Theurung erweckt / und könte anderer Gestalt nicht versöhnt werden / als mit einer Jungfer / die man ihr opfern sollte. Nun stack des Teufels Betrug in einem Griechischen Worte / welches zugleich eine Bärin / und auch eine Jungfer bedeutete. Es fand sich aber nachmahls Einer mit (Plutarchus.) Nahmen Emborus / der versprach / daß / wofern man ihm / denen Seinigen / und seinen Nachkom̅en das Pfaffen-Ambt eigenthümlichen verleihen würde / er alsdenn seine eigene Tochter aufopfern lassen wollte / welches man demselben auch verheissen / er soll aber nachgehends einer Ziege seiner Tochter Kleider angezogen / und sie an statt derselben geopfert haben. (Bäre lieben die Weibs-Bilder.) In dem Saphoischen Gebürge soll ein Bär eine schöne Jungfrau entführet / sie darinne fleischlich erkannt / und ihr täglich zu ihrer Nahrung Holtz-Aepfel zugetragen haben. So offt er aber aus der Höhle gegangen (P. Caspar Schottus in Physica curiosa lib. 8. c. 76. p. mihi 929.) / habe er dieselbe mit einem grossen Steine verwahret / damit sie ihm nicht wieder entgehen möchte / Und nachdem also solcher Gestalt die Jungfer etliche Tage lang eingesperret gehalten / hätten die Eltern sie letzlich in der Höhle verwahret gefunden / und sie mit grosser Gesahr erlöset.
Das Maulthier / oder Maul-Esel ist einem Esel gleicher als einem (Maul-Thiere Erfindung.) Pferde / wie an den langen Ohren / Creutze zwischen den Schultern / rahnen Beinen / Schenkeln / Füssen / und dünnen magern Leibe zu sehen; In der Schrifft findet man / daß des Esaues sein Schwager Ana / da derselbe seines (Genes. c. 36. v. 24.) Vatters des Zibeon Esel in der Wüsten hütete / die Art / den Esel mit den Pferden springen zu lassen / aufgebracht. Der weise Democritus sagt: Es wäre der Maul-Esel kein Werck der Natur / sondern eine Menschliche Erfindung / welches man ihr durch Nachsinnen abgestohlen. Denn nachdem eines Tags in Medien eine Pferde-Stutte mit Gewalt besprungen / und dieselbe darvon geladen / hätte man nachgehends diese beye Thiere zusammen gelassen / und von Zeiten zu Zeiten die Maul-Esel in der Welt gesehen / welcher von seiner Art entsprungen wäre / dahero man dieses von ihme schreibet:
(Camerarius)
Dem Vater gleich ich nicht /
Wohin ich mich auch richt:
Der Mutter auch nicht recht /
Ich habe kein Geschlecht /
Ich komme zwar von zwey /
Doch fragt man / was ich sey?
Ich bin ein selzam Thier /
Es kömmt Niemand von mir.
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Varro sagt / daß als auf eine Zeit ein Wolff unter einem Hauffen Maul-Esel gerahten / sie ihn zu tode geschlagen. Zur Arbeit / zum Last tragem / und Reiten sind sie sehr dienlich und starck. Und wie der Maul-Esel zum Saumen und tragen am tauglichsten: Also ist die Maul-Esel in zum (AElian??? Plutarchus.) Reiten desto geschickter. Man giebt vor / als ob das Maul-Thier etwas Merck samkeit an sich habe. Denn da einesmahls dasselbe mit Salze beladen in das Wasser gefallen / und das Salz darvon etlicher massen zergangen / und geleichtert / hatte es solches beobachtet / und so offte es mit solcher Wahre dahin gekommen / sich iedesmahls untergetaucht / nachdem man aber den Possen wahr genommen / hätte man an statt des Salzes in das Trag-Gewonheit nach / sich wieder in das Wasser geleget / hätte es bald verspühret / daß die Bürde schwehrer / als die vorige / dahero wäre solches folgends so zahm und bedachtsam durch das Wasser gegangen / daß es seiner (Plinius lib. 8. cap. 44.) gleichsam selbsten geschonet. Zu Athen hatte man ein Maulthier / das 80. Jahr alt / dieses aber aller Arbeit frey und überhaben; Es trug sich aber zu / daß Pericles in dem Schlosse der Gött in Minervae einen (Aristoteles.) Tempel zu Ehren erbauete / dahero so gieng besagtes Maul-Thier iederzeit mit denen Andern / so Bau-Materialien zutrugen / auf und nieder / und wiese sie gleichsam mit seiner Begleitung zur Arbeit an / und ab / welches dann den Atheniensern so wohl gefiel / daß sie ihm einen freyen Unterhalt / so lange es lebete / verschafften.
(Keine Maul-Eselin gebieret.) Wann die Alten eine Sache für unmöglich hielten / so sagten sie: Es würde geschehen / wenn die Maul-Eselin ein Füllen würffe. König Crösus in Lydien schickte einesmahls zu dem Abgott Apollini gen Delphis / und ließ ihn fragen / wie lange sein Reich bestehen würde? worauf Er zur Antwort bekam:
(Herodotus lib. 1.)
Wann sich ein Maul Thier wird in Medien eindringen /
Und dieses grosse Keich mit leichter Macht bezwingen /
So flieh dann Medien / wenn du es ja wilst wissen /
Mit allem was du hast / nach Hermus schnellen Flüssen.
Hierauf ward Crösus sehr hochmüthig / und meinete / daß sein Geschlechte die Zeit seines Lebens über Lydien herrschen würde / indem es ihm unmöglich bedünckte / daß ein Maulthier an statt eines Menschen König seyn könnte. Die Wahrsagung aber gieng nicht auf das Maul-Thier / sondern auf den Cyrum / welcher von zweyerley Geschlechte / nehmlich von seiner Mutter der Mandane als ein Meder / und von seinem Vatter dem Cambyse / als ein Perser herstammete. Der Ausgang aber wiese ein anders / denn nachdem er mit dem Cyro Krieg führete / und von demselben (Anno Mundi 3425. Vor Christi Geburt. 546.) überwunden / und endlich zum Scheiter-Hauffen gebracht wurde / erkennete er seinen Fehler / rieff deßwegen überlaut: O Solon, Solon, Solon! Und als er über diese Worte zu Rede gesetzt / gestand Er / daß sich nach des weisen Solonis Auspruche kein Mensch für seinem Ende glückselig zu achten hätte / indem ihme vor dem Tode gar leichte ein / und das andere Unglück begegnen könnte.
(Das beste Leben ist ein vergnügter Stand.) Eine Lehre hiervon giebet uns auch der Esel. Derselbe / wie man dichtet / suchte einen Herrn nach dem Andern. Bey dem Gärtner beklagte er sich über das schlechte Futter: Bey dem Töpfer über das Tragen: Bey dem Müller über die starke Arbeit / und bey dem Lohe-Gärber über die stinkende Häute. Derowegen wündschte er letzlich bey allen solchem seinen Diensten / daß er wider an den ersten Ort un̅ Stelle gelangen möchte; Nach [253] dem aber Alters halber nicht mehr tragen kunte / zogman Jhm die Haut über die Ohren. Einjeder soll sich viel lieber an seinem Stande begnügen / als des Reichen Uberfluß verlangen / so durch Unrecht gewonnen. Es ist un streitig / daß denen / die viel begehren / auch viel mangelt. Wen das Glücke einmahl zum-Esel macht / der bleibet dabey. Das Leben worinne man sich an denen Seinigen begnüget / ist gleich einem lustigen Wege / der Einem nicht sauer zu gehen wird.
Wer viel Handwercke kan / oder vielerley Handthierung vor sich nehmen will / der ist gewiß dem Bettelstabe am nechsten / das ist / wer nichts rechtschaffenes gelernet / der hat auch keinen beständigen Grund. Wer nach allen Dingen zu greiffen sich unterstehet / der ist nicht wohl klug / also auch ein solcher / der sich um unnöthige Dinge bekümmert. Dieses kan auch auf den Ehrgeitz und auf die / welche nach grosser Ehre und Hoheit trachten / und die doch letzlich die Hoffnung betreugt / gezogen werden. Es ist nichts gemeiners / denn daß / wormit Einer umgehet / er desselbigen überdrüssig / und nach fremden Dingen trachtet. Wer arm ist / der verlanget Reichthum. Werreich ist / hat nicht genug: Wer keine Kinder / der will dieselben haben: Wer ihrer hat / der wäre sie gerne loß; Der Verehlichte verlanget Ehe-loß; Der Unverehelichte aber verehelichet zu seyn: Eine Privat-Person schämet sich seines Standes / und der in einem Stande ist / will höher hinaus. Ein Soldate klaget über Hitze / Hunger / und Frost / und wünschet daß er zu Hause bey den Seinigen sey; Die aber noch in dem häußlichen Köfigt stecken / deren Verlangen stehet heraus: Die Obrigkeit beschweret sich über die vorlauffenden mühsamen Händel; Der Unterthane aber / daß er unter eines andern Gewalt seyn muß: Ein Mühsamer empfindet seinen Verdruß / und ein Müssiggänger sein einsames Leben. Ein Kauffmann hält den Bauer für glückselig / weiler nicht reiset / sondern bey denen Seinigen sicher lebet: ein Bauer aber einen Kauffmann / weil er mit Gütern überfüllet; und nachdem also kein Stand sich an deme / was er hat begnüget / so findet sich auch Jederman über das / was er besitzet / beschweret.
(Der Vernunfft un̅ der Geitzigen Gleichnisse und Eigenschafften mit dem Esel.) Als GOTT allerhand Thiere zu opfern befahl / verschonete er des Esels / und muste an statt seiner ein Lamm geopfert werden. Der Esel bedeutet den Menschen / und alle seine Wercke sind Opfer / die für GOTT nicht gelten: Darumb so muß auch das unschuldige Lamm für ihn sein Blut hergeben. Die Vernunfft gleichet dem Esel / welche offters nicht thut was sie soll / und begehrt was sie nicht soll: Darnach Einer ein Gehirne hat / so wird er auch geachtet. Eine glüende Kohle fasset man mit der Zange und nicht mit den Fingern: Also verrichtet auch der Glaube das / was die Vernunfft nicht zu erreichen vermag. Dort wollte Abraham / da er auf GOTTES Befehl seinen Sohn den Isaac opfern sollte / den Esei nicht mit sich auf den Berg Moria steigen lassen / sondern er muste zurücke bleiben. Grobe und Unvernünfftige können ohne den Glauben durch die Vernunfft nicht zu der Göttlichen Erkäntnis kommen. Wie ein Schütze der Scheibe fehlet: also auch der / welcher seiner Vernunfft zuviel einräumet; GOTTES Ordnung mit der Vernunfft ergründen / ist / als wenn man die Sonne mit einer Laterne wollte erleuchten. Das Kraut Cicuta / Schürling / oder Wüntzscherling macht / wenn man dessen viel geneust / nicht allein die Thiere gantz starrend / sondern auch dermassen schlaffende / daß sie fast keine Empfindligkeit mehr haben. In Hetruria hatte sich ein Esel mit diesem Kraute also angefüllet / daß man ihn auch mit dem stärckesten Prü [254] gel nicht aufzuwecken vermachte. Sein Bauer wuste von dieser starcken Wirckung nichts / sondern meinte / der Esel wäre durch einen Zufall gestorben / fieng dahero an dem Esel das Fell über die Ohren zu ziehen. Der Esel / so nunmehro das Kraut verdauet / und dieses seltzamen Grauens ungewohnet / erwachet darüber / sprang für Schmertzen auf / und lieff mit halb gestreiffter Haut darvon: Der Bauer wuste für Schrecken nicht / was er thun sollte / gieng seinem Esel nach / und fand ihn nach dreyen Tagen in einer Höhle todt. Unterthanen gehet es vielmahls nicht anders: Man schläffert sie durch allerhand Vorwendungen ein / bindet ihnen die Hände / und milcket sie / wie der Wolff das Schaff.
Bey der heutigen Policey läufft gemeiniglich Boßheit und Betrug mit unter / und achtet man weder GOTT / weder Gerechtigkeit / noch die allgemeine Pflicht: Sie vermeinet / daß ihr alles / das zu dero Erhaltung / und Aufnehmen dienet / zugelassen / und weil sie allgemein / so müssen dergleichen Griffe nothwendig unter sich selbst streiten / und einander mit grossem Verluste der Unterthanen zu nichte machen; Weit besser aber ist es / wenn man von der Natur lernet / wie man eine jede Sache nicht zu hoch / und auch nicht zu gelinde treiben solle. Und gleichwie sich ein Hirte seiner Heerde Milch und Wolle also gebrauchet / daß er solche nicht gantz und gar biß auf das Blut aussauget: Also soll auch eine Obrigkeit das gemeine Wesen / als das Seinige dergestalt verwahren / damit solches im Fall der Noth für das Seine zu achten sey. Ein Land-Mann lässet sein bedürffendes Holtz nicht bis auf die Wurtzel umhauen / sondern die Aeste also behauen / daß sie wieder ausschlagen / und frischen Wachs bringen können. Die jenige Obrigkeit ist keine / welche sich nur selbst weidet / und nicht zugleich mit sür die Seinen sorget; sorget sie aber darfür / so erweget sie die Gleichheit der Ursachen / die Zeit / die Beschaffenheit der Auflagen / und gehet nicht mit denenselben um als mit einem Leibe / der mit Jhr sterben / sondern in den Nachkommen ewig bleiben soll / und weil sie von denenselben jährliche Früchte zu hoffen hat / so bewahret sie solche auf das beste / als eine Schaß-Cammer ihres Vermögens.
König Alphonsus in Arragonien sagte: Ich schätze die für meine getreueste Unterthanen / welche sich / wenn es mir übel gehet / mehr fürchten / als wenn es ihnen durch mich übel ergehen möchte. Die Harmoni aller Regimenter in der Welt bestehet im Guten und Bösen / in Tugenden und Lastern / und muß in gleichem Klange erhalten werden. Eine freundliche Regierung / und ein lieblicher Sonnen-Schein macht alles lebhafftig: Jene dienet zu Aufnehmung und Beförderung des Menschen Wohlergehens / und dieser zu desselbigen Unterhalt / und Nahrung. Von einem Geitzigen / sagt man / er sey Salomons Esel / weil ein Geitziger nicht unbillich demselben verglichen wird. Der Esel ist grob / frisst was er bekömmet / nehret sich mit Stroh und Disteln / trägt auf dem Rücken eine schwere Last / und verrichtet die Arbeit worzu man ihn antreibet; Wenn er todt / ziehet man ihm die Haut über die Ohren / spannet sie zur Paucke auf / und macht sich also Einjeder / wenn sein Fell gerühret wird / entweder zum Schertze / oder Ernste fertig. Ein Geitziger / ob er schon bey der Vernunfft / so blendet ihn doch die Geldsucht so sehre / daß er / wie ein Esel mehr auf das irdische / als ein besseres Leben siehet / er suchet seinen Himmel im Kothe; was er hat / das braucht er nicht / und was er nicht hat / darnach trachtet er. Alle Laster nehmen bey dem Menschen ab / ohne allein die Begierde zu Gelde und Gütern nicht. Man sorget für das / was man nicht hat / und was [255] man besitzet / leget man hin. Und gleichwie ein mit Geld beladener Esel gleichwohl Kraut und Disteln frisset / also thut auch ein solcher unersättlicher Mensch weder seinem Leibe / noch der Seele Gutes: Er ist wie ein Dieb / der Andern das Geld aus der Küste stielet / und sich darneben das Marck aus den Beinen verzehret. Die Poeten dichten / daß der höllische Pluto auch ein Gott des Reichthums / darbenebenst aber ein Gott der Blindheit sey: Die Blindheit des Geitzigen ist allen Menschen verhasst / und gereicht ihm selbst zum Tode. Ein solcher ist / wie ein Esel niemahls frölich / er schläget sich Tag und Nacht mit der Bauch-Sorge / er fürchtet / wessen er sich nicht zu befürchten / und scharret zusammen / daran sich Andere sättigen könnten; Kein Schlaff kömmet in seine Augen / und keine Ruhe in sein Hertz / und wann Ihme also die Kräffte entgangen / so ist zwischen Ihm und dem Esel nach seinem Tode nur der Unterscheid / daß er die Haut annoch mit in das Grab nimmet. Die Menschen haben in diesem Leben zwey Haubt-Feinde nehmlich den Geld- und Ehr-Geitz / was Einer sammlet / das zerstreuet der andere. Wie nun dergleichen Leute keine Uhr bedürffen / weil ihre unzeitige Sorgen ihr Stunden-Zeiger sind; Also machen sie sich auch in diesem Leben eine gutwillige Hölle / behalten sich wie zur ewigen bevor.
(Von Büffel. Gesnerus.) Der Büffel / oder Büffel-Ochse ist schwartz-grau / von dünnen Haaren / und zwey starcken breiten Hörnern / hänget den Kopff unter sich: der Halß und die andern Glieder sind den Ochsen gleich / ohne daß sie grösser / jedoch nicht so feiste und dicke / sein Schwantz aber ist lang / fast ohne Haare / und hinten etwas niedriger / als forne. Wann er noch jung / so ist er zahm / und schertzhaftig / so bald er aber erwachsen / wird er tückisch / und böse. Denn sobald man ihn erzürnet / so brüllet / scharret und stampset er mit den Füssen. Und ob er schon nicht scharff läuffet / rennet er doch zuweilen im Zorne durch Feuer / Waffen und Schwert / und beschädiget den / welcher ihm in Weg kömmet. Die rothe Farbe ist sein Feind / worüber er grimmig wird. Wann er ermüdet / sucht er Wasser / Pfützen und Bäche / und lässet sich auch mit keiner Gewalt darvon abhalten / biß so lange er abgekühlet. Die Kuh säugt kein ander Kalb als das ihrige / und so man ihr ein anders beybringet / stösset sie es von sich / es sey dann / daß man dasselbe mit Büffels-Kothe beschmiere. Von dem Büffel hat man ein gemeines Sprichwort; wenn man nemlich einen ungeschickten / tollkühnen / und unverschämten Menschen nennen will / so heißt man ihn einen groben / bösen / und ungeschickten Büffel / oder wenn man sich in seinem Vorhaben abwendig machen / und zu unbilligen und nachtheiligen Dingen bereden lassen / da sagt man: Diesen oder Jenen führt man / wie einen Büffel bey der Nasen herum.
(Von Farren.) Zwischen den Farren und einen andern Ochsen ist dieses der Unterscheid / daß dieser geschnitten / Jener aber ungeschnitten / und ins gemein ein Stier / Bull-Ochse / Farre oder Bremmer genennet wird / welchen man zur Zucht gebraucht. Er ist aber an Gestalt viel heßlicher / grimmiger und zorniger / siehet auch viel kecker / und munterer als ein Verschnittener aus / hat kurtze Hörner / und forder-Hüffte / also daß er auch an demselbigen Orte die gröste Last seines gantzen Leibes hat. Er ist von Natur frech / stoltz und zornig: trägt seinen Kopf empor: hat seine Stärcke im Halse und in den Hörnern / und läßt seinen Zorn mit den fördersten Füssen mercken. Wann er gar zu wild / so schneidet man ihn / alsdann wird er feige / träge / demüthig / und lässet sich in den Pflug spannen. In Indien soll es roth-gelbe [256] (Plinius lib. 8. cap. 22.) wilde Ochsen geben / welche auf den Füssen viel schneller und behender / eine viel härtere Haut / wodurch man schiessen könne / als andere Ochsen haben. Es vermögen aber die Jäger solches Thier auf keinerley Weise (Isiodorus lib. 12. auch) zu fangen / als in den Gruben / worinne man Wölffe und Füchse fänget / und wann es hinein fället / soll es für Zorn offtermahls sterben.
(Niemand soll seinen Feind verächtlich halten.) Alle Macht und Gewalt hat seine umschränckte Masse. Von dem Stiere wird gedichtet / daß / als er in dem Stalle in seiner Ruhe gelegen / da sey eine Mauß aus ihrem Loche gekommen / und habe denselben von hinten her so lange genaget / und gebissen / bis er zum Zorn beweget / und ihr hefftig gedrohet / wornach die Mauß zu ihm gesagt: Ob du wohl von starcken Leibeskräfften / so hast du doch nicht so viel Macht / daß du dieselbe an mir vollstrecken kanst. Ein Rauch steigt hoch empor / als wann er die Sonne bedecken wollte / und wird doch von einem kleinen Winde zertheilet. Ihrer viel sind an Macht und Gewalt den grossen Riesen / und am Verstande und Klugheit den Zwergen gleich: Was man durch Zwang treibet / das wird leichte wurmstichig.
Ie grösser die Last / ie ehe schläget sie darnieder. Der Hase / und Fuchs läufft offters für einem Hunde / und kommen weiter / als wenn sie sich ihme unbesonnener Weise widersetzten. Und gleichwie ein Schiff mit Vernunfft und Gewalt regieret werden muß; Also kömmet auch denen zu / die sich einer Botmässigkeit und Herrschafft anmassen wollen. Es ist keiner so keck und kühne / er findet seines gleichen / wo nicht an Macht und Gewalt / doch an List und Verschlagenheit. Die Stärcke behält sonst gemeiniglich die Oberhand. Nachdem zwischen denen Archwern und Lacedaemoniern in Grentz-Sachen eintzige Strittigkeit vorfiel / zog Lysander sein Schwert aus der Scheide / und sagte: Welcher mächtiger ist / als dieses Schwert / der urtheile nun von unseren Landes-Grentzen? Hingegen rühmeten sich die Thebaner / daß sie gewaltiger / als die Lacedoemonier waren / denen verwies es höfflichen Einer mit Nahmen Cotys / und sagte: Ich habe zum öfftern die geringsten Bäche höher / als die grösten Wasser empor steigen sehen / alleine es hat ihre Gewalt nicht lange gewähret. Da man den weisen Diogenes fragte / was gestalt man unter Einem / der höher und grösser wäre / leben könte / sprach er: daß / gleichwie / wenn man sich zum Feuer allzusehre nahet / man sich verbrennet / also gebühret es sich auch mit einem solchen Menschen umzugehen / davon man keinen Schaden / noch Untergang zu gewarten hat.
Niemand frolocke über den / welcher kleiner und geringer ist / als Er / denn es schadet offters ein kleiner Feind mehr / als ein grosser. Die Fabel vom Ochsen / und der Mauß lehret uns / wie wir unsere Kräffte selbst erwegen und nicht allemahl auf die Stärcke bauen sollen. Dann wo es zum äusersten kömmet / da eräugnet sich offters eine kleine Macht viel mehr / als man vermeinet. Ein Krieges-Heer ist nicht nach der Vielheit / sondern (Genes. 4. v. 14.) nach den Eigenschafften und Tugenden zu erkennen. Als der Ertz-Vater Abraham hörete / daß vier Heydnische Könige seinen Vetter den Loth gefangen hinweg geführet / nahm er 318. der Seinigen zu sich / schlug die Feinde / so mächtiger waren / als Er / verfolgte sie bis gen Dan / und nahm ihnen den Raub wieder ab.
(2. Par. 14. v. 9. &c, Jud. 7. v. 16.) Assa der Dritte König in Juda / ward von dem Mohrenländischen König Serah mit zehenmahl hundert tausend Mann bekrieget / nichts desto weniger aber schlug und zerstreuete Er dieselben mit gar wenigen Volcke. Der Israelitische Fürst Gideon nahm 300. der Seinigen zu sich / [257] gab einem jeglichen eine Posaune / ledige Krüge und Fackeln in die Hand / gieng damit wider seine Feinde die Midianiter / schlug sie / und fieng zweene ihrer Fürsten den Oreb und Seb. Daraus erscheinet / daß dem Allerhöchsten einerley / ob Er mit wenigen oder vielen / den Bedrängten zu Hülse komme.
(Man hat sich im Kriege nicht allemahl auf seine Macht zu verlassen. Justinus.) König Xerxes in Persien führete aus demselben Königreiche ein grosses Krieges-Heer in Griechenland / Er ward aber von 300. Lacedoemoniern bey dem Gebürge Thermopyle zurücke getrieben / hernach von dem Themistocle in der Schlacht bey Salamin überwunden / und endlich von dem Pausania gäntzlich geschlagen / und erleget: Alexander Magnus bezwang / so zu sagen / fast die Welt mit einem kleinen Krieges-Heer. Denn als er Orient bekriegte / so hatte er nicht mehr als 40000. bewehrte Mannschafft / und gleichwohl war er darbey so glücklich / daß er in dreyen Schlachten / als in der Einen bey dem Flusse Granico / bey Isso und Arbela gantz Orient eroberte / da doch der Feinde so viel waren / daß König Darius in Persien allein wider Ihn zehenmahl hundert tausend Mannschafft auf den Beinen hatte / also daß sich auch derselbe rühmte und sagte: wie er ihrer zehene gegen (Plutarchus. Dresserus in Millenario quarto. Eutropius. Dio.) des Alexandri Einen und drüber zu rechnen hätte. Der Römische Schultheisse Lucullus hatte kaum gegen dem Könige Tigranen in groß Armenien den zwantzigsten Theil / und nichts desto weniger richtete er der Feinde hundert tausend zu Rosse hin / da der Römer kaum hundert verwundet / und fünffe getödtet worden. Pompejus der grosse überfiel des Nachts den König Mithridatem in klein Armenien im Lager / und erlegte derselben viertzig tausend / da der doch nicht stärcker als zwantzig tausend Mann war. Keyser Carl der Fünffte verließ unter andern seinem Sohne / König Philippsen dem Andern / auch dieses zur Lehre: daß Ex eine Armee von einer gewissen Anzahl / die nicht zu groß / noch zu klein wäre / jederzeit auf den Beinen halten sollte.
(Anton. Sab. lib. 6. c. 7.) Der Athenienser Feld-Herr Miltiades erschlug in dem mit den Persern geführten Kriege deroselben hundert tausend zu Fusse / und zehen tausend zu Rosse. Der Römische General Fabius Aemilianus war kaum dreyssig tausend Mann starck / und erlegte gleichwohl bey dem Flusse Rhodano zweymahl hundert tausend derjenigen Völcker / welches heutiges Tages Franckreich genennet wird. Streiche geben wieder Streiche / und ist offtmahls die Reihe kurtz: Von dem Eyro lieset man / daß ihn die Scythische Königin Tomyris endlich mit allen seinen Völckern dergestalt erleget / daß nicht Einer wäre übrig geblieben / der denen Seinigen solche Niederlage verkündiget hätte. Denn der Angriff wäre an einem solchen Orte geschehen / da keiner darvon (Plutarchus in Lacon.) kommen können. Non oportet percontari, quot sint hostes, sed qui sint: Man soll / sagte der Lacedämonische König Agis / nicht nachforschen wie viel der Feinde / sondern was für Leute / Hertzen / und Gemüther sind.
(Panor. lib. 3. de Rebus gestis Alphonsi.) Als dem Könige Alphonso in Arragonien von Einem seiner Räthe zugemuthet wurde / daß / wann er 2000. fl. darauf wagte / wollte er verschaffen / daß der Venetianer ihr Schiffzeug zusamt ihren Schiffen / verbrenet werden sollte / sagte er: Betrug und List hättenzwar grosse Krafft / Er wollte aber lieber / die Venetianer mit Mannheit ehrlich bekriegen / oder es gar bleiben lassen. Es endigen sich nicht alle Kriege glücklich / allwo man eine grosse Menge Volckes bey der Hand / sondern diejenigen verrichten es / welche tapfer und mannlich sind: Der Thebanische Fürst Epaminondas (Font. lib. 4. c. 2.) überwand mit vier tausend Mann / darunter nur vierhundert Reuter / [258] das Lacedaemonische Krieges-Heer / welches doch am Fuß-Volcke vier und zwantzig tausend Mann / und sechzehen hundert Reisige starck ware.
(Des Menschen Krieg mit sich selbst.) Wie nun der Mensch äusserlich seine Feinde / und nebenst solchen bald über die unfruchtbare Erde / bald über die Gefährlichkeit des Meeres / bald über die strenge Lufft / bald über die dürre Hitze / bald über die falschen Freunde / bald über das unbeständige Glücke / und bald über die flüchtige Zeit klaget: Also pfleget er auch mit sich selbst einen innerlichen Krieg zu führen / und wann derselbe gegen Jenen auf die Wag-Schale gelegt wird / so hat dieser letztere den allergefährlichsten Anfang / und ist eins von denen schwehresten / dadurch den Sieg zu erlangen. Denn wer in demselben sieget / der lieget unten / und welcher unten lieget / der sieget ob. Dieser Krieg wächst in dem Hertzen / und wann er daselbst ein Ende nimmet / so dienen die Thränen an statt der Büchsen / die Seufftzer an statt des Geschützes / und das Weinen an statt des Kampffes. Hier streitet die Liebe gegen die Furcht / die Mässigkeit gegen die Wohllust / die Verschwiegenheit gegen die Verläumdungen / die Freygebigkeit gegen den Neid / die Sanfftmuth gegen den Zorn / die Barmhertzigkeit gegen die Tyranney / die Frömmigkeit gegen die Boßheit / die Tugend gegen die Laster / die Gedult gegen die Rache / und der Fleiß wider die Faulheit.
Man kämpffet nicht wider einen Hauffen der Feinde / sondern wider sich alleine / nicht öffentlich sondern heimlich / nicht auf offenem Felde / sondern in den Häusern / nicht mit blancken Schwertern / sondern mit den Gedancken / nicht mit deme / was man siehet / sondern was man empfindet / und welches das allerschwerlichste / so muß man sich lassen überwinden / wofern man sich anders des Sieges rühmen will. Und in diesem Kriege sind gewesen und umkommen alle fromme und tugendhaffte Menschen. Nichts kan in der Welt für grösser gehalten werden / als ein Hertze / welches alles Weltliche verachtet: Wenn wir bedencken / was wir sind / so ist unser Anfang die Vergessenheit / das Mittel die Mühe / und das Ende ein Schmertzen.
Unser Leben ist nichts anders als ein Irrweg zum Gehen / eine Grube zum Fallen / ein Strick zum Berücken / und eine Falle darinnen man ermordet wird / also daß die Wenigsten zu dem gelangen / wohin sie begehren. Viel wissen ihre Feinde herzurechnen / und vergessen sich darbey selbst: Ein Narr ist in diesem Fall klüger / als der sonst Allerklügeste / alldieweil er sich an seinem Zustande begnügt / und gilt ihm gleich ob Er Armuth leide oder nicht; Wie der Philosophus Neotides gefragt ward / welches der beste Rath sey / antwortete er: Es kan dem Menschen nichts heilsamers wiederfahren / als wann er Andere um Rath fraget / und sich selbst nicht zu viel begrüsset. Dann ein Mensch kan keinen grössern Schatz finden / als wann er sich selbsten findet / und keinen grössern Verlust leiden / als wenn er sich selbsten verlieret / Er wird von seinem Leben betrogen / von den Wohllüsten überfallen / von Freunden verlassen / von Sorgen geängstiget / von mancherley Widerwärtigkeit angefochten / und endlich vom Ehr-Geitze begraben.
Niemand empfähet von Einem mehr Leides / als Einer von sich selbst. Denn die vermessene Thorheit setzet uns uf die Höhe der Hoffart / der Neid und Ehr-Geitz vergifftet unsere Hertzen / der Zorn bläset [259] in dem Eingeweide das Feuer der Rache auf / die Wohllüste verführen uns zu denen allerverderblichsten Sünden / die Begierde zum Reichthume hält uns den Armen Gutes zu thun ab / und unser eigen Hertz lässet dem Fleische selbst zu / daß es sich wider die heiligen Gedancken auflehne. Wenn man die unkeusche Helena / die verliebte Cleopatra / die wohllüstige Camilla / und die freundliche Polyxene fragen sollte / über wen sie sich am meisten zu beklagen / so würden sie ihren Unfall / oder Unglückliches Ende / nicht so wohl ihren Buhlern / als ihren Begierden selbsten / denen sie zu viel gefolget / die Schuld beymessen. Die streitbaren Helden Pyrrhus / Hannibal / Marius Sylla / Marcus Antonius / Pompejus und Julius Cäsar wären viel glückseliger gewesen / wann sie sich selbsten nicht zu viel getrauet.
Als König Demetrius den Welt-weisen Alchimium fragte / worinne des Lebens Mühe bestünde / sprach Er: In nichts / als in einer Unruhe. Einjeder trägt nach einem Könige / Fürsten / Bischoffe / Prälaten / Herrn / Edlen und Reichen ein Verlangen / und wann es möglich / daß er alle Stände durchgienge / so würde er doch in keinem kein rechtschaffenes Vergnügen empfinden. Der Philosophus Plautus lieff in seiner Jugend in den Krieg / ward ein Becker und Schneider / trieb Kauffmanschafft / und legte sich hernach wieder auf die Philosophi; da man ihn aber letzlich fragte / was demselben von diesem allen am besten bedünckte? sagte Er: Es ist kein Stand / der nicht verkehret / keine Hoheit ohne Gefahr / kein Reichthum ohne Mühe / keine Ehre ohne Sorge / kein Wohlleben ohne Bitterkeit / und da ich ja eintzige Ruhe gefunden / so ist es geschehen / da ich mich der weltlichen Händel / und Geschäffte entzogen / und zu den Büchern gewendet habe. So lange wir in der Welt sind / so tragen wir nach allen eine Lust und Begierde / wenn wir aber alles versucht / so ermüden wir uns darüber / und werden desselbigen alles überdrüssig.
Wir suchen eine Sache zu erlangen / und bemühen uns hernach / wie wir dasselbe wieder loß werden mögen. Einem frommen Menschen ist kein Ambt böse / und einem Bösen kein Ambt gut: Saul war böse / und David fromm / und hatten doch beyde einerley Königreich. Der Priester Mathatias und Alcimus; die Räthe Achitophel und Cusi; der Apostel Petrus und Judas bedienten einerley Aemter / und befanden sich unter ihnen Böse und Gute.
Da dem frommen Job Hauß und Hof einfiel / das Seinige verbrennte / und er um seine Söhne kahm / klagte er über nichts als über sich selbst. Der heilige Augustinus redet von solchem innerlichen Kriege also: O wie offt bin ich nicht mit Eisernen Ketten / sondern mit meinen eigenen Begierden gebunden worden? Wie offt habe ich nicht über meine leibliche Feinde / sondern über mich selbst / geschryen und geweinet / alldieweil ich dem Teufel meinen Willen gelassen. Wo soll ich hinfliehen / weil ich mir selbst zuwider bin? Der heilige Bernhardus redet hiervon dieses: Ich bin mir selbst eine Last / der Hunger machet mich unkräfftig / die Kälte verschrumpfet mich / die Wärme erhitzet mich / die Einöde betrübet mich / die Gesellschafft verdreußt mich / und welches das ärgste / so bin ich mit mir niemahls zu frieden.
|| [260]
Der Mensch ist sich selbst eine Last / wenn er sich so wohl Tages als Nachts mit Gedancken schläget / in der Hoffnung verzweifelt / in Haß und Zorn fortfähret / in Faulheit versauert; in Hoffart vertieffet / in Wohllüsten verharret / in Unzucht veraltet / in Guten verziehet / und nicht eher zu sündigen anfhöret / bis die Zeit vorbey / das Alter vor der Thüre / und das Leben für dem Tode erzittert. Aus welchem zu schliessen / daß der Mensch keinen grössern Feind als sich / und Niemands weniger / als sich selbst zu trauen hat. sc.
|| [ID00291]
Das Hiebevor in der Churfürstlichen Sächsischen Residenz
Von denen damahls anwesenden
Durchlauchtigsten Chur- und Hoch-Fürstlichen Personen
repraesentirte,
Nunmehro aber mit den Palmen des Eriedens / und Lorbeer der Gerechtigkeit / Weißheit / Hoheit und Ehre / umschränckte / und mit allerhand annehmlichen Lehren / nützlichen Exempeln / und politischen Gleichnüssen abgebildete
Königreich.
|| [ID00292]
|| [263]
Uber das Königreich.
REich / Scepter / Cron / un̅ Thron ist zwar gar bald gesagt Ein Königs-Huth scheint auch gar leichte seyn zu tragë / doch wer es recht bedenckt / wird es so leicht nicht wage̅ / Er habe denn zuvor sich wohl darum befragt.
Die Cronen gleichen sich dem schönen Rosen-Blut / das mit dem Dornen-Strauch ist um und um umgeben:
Ein rechter König seyn / heist auch recht elend leben /
Indem er keinem recht und nach Gefallen thut.
Alphonsus sagte dort von seiner Königs-Cron:
Ach! wenn dir nur bekannt / was hinter Ihr recht stecket /
Und legt' ich sie in Roth besudelt und beflecket /
Du hübest Sie nicht auf / und giengest bald davon.
Doch müßen Häubter seyn bey dieser großen Welt /
Die Königreiche sind von GOTT erst zugelaßen /
Es mag sie wer da will / aus Eigen-Sinn gleich haßen /
Es muß auch uns gut seyn / was einmahl GOTT gefällt.
Der setzet Cronen auf / und nimmt sie wieder ab /
wird jetzt der Königs-Thron auch noch so hoch erhöhet /
So ist es um ein Nun / daß er nicht mehr bestehet /
Es ist gleich Andern Ihm bereitet auch das Grab.
Hat ein Monarche sich auf seinen Stuhl gesetzt /
So wird von ihm verlangt untadelhafft zu leben:
Es wird Ihm Buch und Schwerd in seine Hand gegeben /
dadurch das Gute lebt und Böse wird verletzt.
Denn dieses muß Ihm ja seyn allerdings bekannt /
Daß alle Reiche sind aus Gottes Händen kommen /
Und daß sie auch von ihm bald werden weggenommen.
Wohl / wer nur recht gebraucht der gleichen hohen Stand.
Ist der Regente gut / so folgt ihm Hoff und Reich /
Er ist der Sonnen gleich / hoch über all' erhoben /
Scheint er mit Tugend vor / so ist er hoch zu loben /
Und kömmt in aller Welt an Ruhm ihm Niemand gleich.
Durch eines Herren Hoff wird auch das Haubt erkannt /
Wann GOTTES-Furcht und Zucht in solchen Gärten blühet / die Falschheit / Heucheley bey Zeit aus selben ziehet /
Was ist glückseliger als solch ein Herr und Land?
Und wie ein Potentat / wie groß auch seine Macht /
nicht allenthalben kan / was es zwar will / bestreiten /
Er muß auch seinen Fuß von andern lassen leiten /
Sonst stößt er vielmahl an / und tappet in der Nacht:
|| [264]
So muß Ihm Hülffe thun ein treugesinnter Rath;
Denn Räthe kan umsonst man Augen nicht vergleichen /
wodurch ein Fürste sieht; Soll anders nicht einschleichen was Land und Leute stürtzt / und man besorget hat.
Ein kluger Schiffer ist zu suchen stets gefaßt
gescheides Bootes-Volck; Ein Fürst muß Räthe wehlen
die Zeit und Noth geprüfft; die Häupter die hier fehlen /
verliehren bey dem Sturm Schiff / Ancker / Ruder / Mast.
Wenn nun der Friede blüht dem Lande lunge Zeit /
daß Cammern / Keller / Feld / von Vorrath übergehen;
So wird es einem Herrn so übel nicht anstehen /
wenn einen reichen Schatz zu sammlen Er gebeut.
Damit wenn Noth hergeht / und Krieg und Unglück tobt /
Man Lan und Städten Hilfft / doch nicht von Schweiß und Blute
der Armen ausgepreßt / denn das kömmt nicht zugute /
der Seelen eines Herrn / und wird auch nicht gelobt.
Was für Gefährlichkeit stößt einem König für / zu mehren Reich und Land durch gantz verbothne Kriege /
Gesetzt auch / es erfolgt erwündschtes Glück und Siege /
So steht das Unrecht doch Ihm stetig für der Thür.
Drum wird ein Potentat belieben keinen Krieg /
Er sey auch wie er sey / vielmehr wohl überlegen /
ja mehr denn tausendmahl; als laßen sich bewegen.
Denn nichts mehr zweifelhafft in Kriegen als der Sieg.
Und weil es anders nicht will seyn zu dieser Zeit /
Als sich bald hier und da in Bündnüs einzulaßen /
So wird durch treuen Rath man wißen sich zu faßen /
Damit in Untergang nicht falle Land und Leut.
Dahero stehet wohl zu keisen einen Mann /
der das Gesandschaffts-Recht wieß treulich aus zuführen /
Daß also Herr und Reich ja möge nichts verlieren /
So steh Er für den Riß / so vieler immer kan.
Zuletzt / so ist der Fürst beglückt / und Segens-voll /
Wenn Fried und Einigkeit sich stets im Reich ausbreiten /
Und gar zu keiner Zeit man hört von Krieg und Streiten /
So wiß' Er wie Er GOTT nicht sattsam dancken soll.
Die Feder ist zuschlecht ein gantzes Königreich
zu faßen in ein Blat; drumb / wird dir / Leser / geben
die nachgesetzte Schrifft / was sey des Königs Leben.
Doch wer schreibt allen recht? Wir sind nicht alle gleich.
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Alle Lönigreiche haben / gleich andern weltlichen Dingen / ihr bestimmtes Ziel.
MAs einen Anfang / dasselbe hat auch ein Ende. Und dieses siehet man beydes an denen leb- und unlebhafften Creaturen und Gewächsen. Der Mensch wird gebohren / er gehet auch wieder zu Grunde. Die Blume wächst (Seneca in Epist. 91.) und verdirbt hinwieder. Alles was von sterblichen Menschen herrühret / das ist vergänglich / unbeständig und hinfällig. Der Mensch bringet öffters in vielen Jahren die grösste Arbeit vor sich / und / wenn man vermeinet / daß sie am langsten stehen sollte / so wird sie in einem eintzigen Tage vertilget. Was war herrlicher als Troja / was prächtiger als Carthago / was besser als Corinth / und was Majestätischer als das alte Rom? Wo aber findet man dieser letzteren ihre kostbarsten Amphitheatra? wo ihre ungewöhnliche Bäder? wo ihre so überflüssige aufgeführte Wassergänge? wo ihre stattliche Triumph-Bögen? und / wo ihre andere ansehnliche Gebäude? Die Erfahrung bezeuget es / daß sich die vormals grössten und gewaltigsten Königreiche heutiges Tages wegen ihres Unterganges kaum einem Fürstenthume oder geringen Herrschafft vergleichen. Denn gleichwie der Mensch in seiner blühenden Jugend / in seinem männlichen Alter / und erlebten Jahren zuweilen ein Gedächtnus nach sich verlässet / vielmals auch gar ohne Ruhm dahin stirbet: Also ist es auch mit allen Königreichen / Fürstenthümern / und Herrschafften beschaffen / welche ihren gewissen Anfang / Mittel und Ende haben / also daß derselben anjetzo / wo nicht gar / doch wenig mehr gedacht wird. Keyser Ferdinand der Andere hatte öffters in Gewohnheit zu sagen: Es hätten alle weltliche Dinge ihr gestecktes Ziel / und wäre nichts Neues / wenn auch das Keyserthum bey dem Hause Oesterreich aufhörete. Niemand wird leugnen / daß alle Königreich / Herrschafften und Republiqven natürlicher Weise wieder untergehen. GOtt setzet durch seine unerforschliche Weisheit einem jeden Königreiche seine Zeit / und bestimmet sie wie lange solches währen solle. Er machet Könige / und setzet sie auch wieder ab. Alle Gewaltige sind für Jhm nichts. Er bringet den Nierdrigen zum (2. Chron. 13. V. 11. 13.) Konigreiche / und stösset die / welche darinnen gebohren / davon. Der Jüdische König Manasse ward von dem Könige in Assyrien mit Fesseln gen (Judic. 6. V. 11.) Babel geführet. Der Held Gideon wurde aus einem Drescher ein Richter und Fürst in Israel: Saul aus einem Eseltreiber / und David aus einem Schaff-Hirten ein König und Gesalbter. Die alten Römischen Könige Servius Tullius / Servius Hostilius und Tarquinius Priscus waren alle geringen Standes. Keyser Probus / Aurelianus und Justinianus Bauern- und Hirten-Söhne. Keyser Vespasianus ein Gefreyeter: Keyser Macrinus ein Leibeigener: Keyser Basilius ein reisiger Knecht: Keyser Leo Isauricus eines Handwercks-Manns: Keyser Mauritius eines Advocaten / und Maximinus Papienus eines Messerschmids Sohn. Die Könige zu Og / Basan und Al waren alle aus Königlichem Geblüte / und wurden nichts desto weniger verstossen. Der König zu Babel Nebucadnezar war gewaltig und mächtig / seine Gewalt und Hochmuth aber erstreckte sich nicht so wiet / daß er selbst sein Reich erhalten kunte. Den Macedonischen König [266] Perseum führete P. Aemilius zu Rom in einem Triumphe auf; nachdem ab er derselbe zu Rom in dem Gefängnusse Hungers starb / wurde sein Sohn Alexander von dem Römischen Senatu zur Schule gehalten / und endlich ein Schreiber des Raths; der Andere aber lernete das Schneider-Handwerck. König Dionysium in Sicilien verjagte man wegen seiner Grausamkeit / und weil er Nichts zu leben lehrete er / gleich einem andern Schulmeister / zu Corintho die Knaben. Keyser Valerianus ward ein Gefangener des Königes in Persien / und in dem 70sten Jahre lebendig geschunden. Keyser Carl der dikke erlohr die Crone / und starb in einem Closter armseelig. Keyser Heinrichen Tacitus. den IV aber bekriegte und überwand sein eigener Sohn. Allers Weltwesen ist gleichsam ein Circul / welches ein Ring herum läufft. Ein Geschlechte gehet auf / das andere unter. Ein Königreich kömmt herfür / das andere gehet zu Grunde. Eine Stadt und Land nim̅t zu / ehe sie aber ihre Vollkommenheit erreichet / spinnet sie wieder ab. Ein Geschlechte geräth bald in den höchsten Stand / bald aber in die gröste Verachtung. Fatum, ut animantibus, ita etiam Regnis Civitatibusque inevitabile. Wie Alles / was ein Leben hat / auch dasselbe zu seiner Zeit wieder lassen mus: Also sind auch die Königreiche / Länder und Städte der Veränderung unterworffen. Es ist ein Gesetze der Natur / daß das / was jetzo im Schwange / bald wieder mit seinem Wesen vergehe. Nicht nur der Mensch / sondern auch alle Creaturen endigen sich. Ist es denen bestimmet / wie vielmehr denen Königriechen und Herrschafften dieser Welt / welche so vergänglich als die jenigen sind / so sie entweder mit Gewalt aufgerichtet / oder auf andere Weise an sich gebracht haben. Die Politici geben vor / es wären bey allen Königreichen viererley Fatal-Stücke / das ist göttliche Verordnungen / die weder der Mensch / noch dessen Rath und Stärcke zu hintertreiben vermöchte. Als 1. die Bestättigung desselben; die 2. die Satzungen / Erhaltung und Erweiterung dessen Grentze; die 3. Zeit und Jahr; und 4. die geführte böse Regierung der Jenigen / denen GOtt über andere zu herrschen gestattet. Die Chronologisten und Geschichtschreiber sind der Gedancken / daß die vornehmsten Königreiche nur an 500. Jahr / ohne etwas drüber / getauret / hernacher aber allgemach abgenommen / oder wohl gar untergangen sind; Etliche aber um ihrer Boßheit und (Sirach. 10. v. 4.) Sicherheit willen kaum die Helffte erreichet. Dahero auch der weise Mann saget: Wie in den Händen GOttes das Regiment stehe / damit der Mensch erkenne / wie GOtt über der Menschen Königreiche Gewalt habe / giebet solche / (Daniel. 4. v. 14.) wem Er will / und erhöhet die Niedrigen zu denenselbigen. Ist nun die Zeit der gehabten Herrschafft vorbey / und der König lebet mit seinen Unterthanen gotttlos / so begin̅et auch der Könige Ansehen zu wancken. Es ereignen sich Feinde: Es entstehet Aufruhr: Es stirbet das Königl. Geblüte hinweg: Das Land wird zertheilet / und eine jede Veränderung des Reichs beut der (Plutarch. in vita Alexand. Magni.) andern die Hand. Der Griechische König Alexander Magnus war nicht allem vor sich weise / sondern er hatte auch zur Zeit seiner Regierung die weisesten und verständigsten Leute um sich / deßwegen es auch nicht anders seyn kunte als daß Jhm Alles nach Glück und Wunsch gehen muste. Dafern aber Potentaten ihrem Königreiche nicht gnugsam vorstehen / sich von ihren verständigen Räthen nicht einreden lassen / den Lüsten ergeben sind / der Rache und dem Geitze nachhängen / die Jhrigen mit unnöthigen Steuern und Satzungen bedrengen / bey ihrer einmahl gefassten üblen Meinung verbleiben / und hitziger Leute Rathschlägen folgen / so entstehet daraus nichts als Boßheit / Schand und Laster / man führet verkehrte Consilia, die Gemüther der Unterthanen werden verbittert / es entspringen daraus [267] heimliche Verbündnüsse / allerhand Zwiespalt / Aufruhr / Eyfer / Ungerechtigkeit / und endlich der Untergang und Ruin aller Königreiche und Fürstenthümer. (Was bey einer Königl. Regierung nöthig.) Der Römische Scipio wollte dem gemeinen Gebrauch nach / in seinem Gebete nicht diese Worte Dii! augete Rempublicam, sondern dasselbe hinzusetzen: Conservater Rempublicam: O ihr unsterblichen Götter! euch bitter Ich / erhaltet das Römische Reich bey deme / was es jetzo besitzet. Da Julius Caesar in der Pharsalischen Schlacht den grossen Pompejum überwunden / hat man Jhm hernach sein Bildnus auf eine Welt-Kugel / in der Rechten ein Schwert / und in der Lincken ein Buch mit dieser Uberschrifft gemahlet: Ex utroque Caesar. Wodurch man andeuten wollen / daß man nicht allein durch Wehr und Waffen / sondern auch durch die freyen Künste und heilsame Rathschläge regiere. Sobald an statt des Fleisses und der Arbeit die Nachlässigkeit und Trägheit / an statt der Gerechtigkeit die Unbilligkeit / an statt der Vorsichtigkeit die Unbesonnenheit / an statt der Demuth / Pracht und Hoffarth / und an statt der Pietät die Ruchlosigkeit getrieben wird / da wendet sich das Blat eines Königreichs. Wie man den Lacedämonischen König Agesilaum Magnum fragete / ob die Tapferkeit oder Gerechtigkeit einem Königreiche am besten anstehe? Gab Er zur Antwort: Wofern nicht die Gerechtigkeit darbey / so ist die Tapferkeit wenig nütze. Wie man ein Königreich an sich bringet / auf solche Weise muß es auch erhalten werden. Die Hertzen der Unterthanen hat man also zu lencken / daß sie entweder gerne / oder wider ihren Willen / beym Gehorsam verbleiben. Eines geschiehet durch die Sanfftmuth und Gelindigkeit / das andere aber durch Zwang und Schärffe. Gebrauchet nun ein König hierunter sein Ansehen / so werden sie beyde gleichsam zusammengefesselt / und mit einander verbunden. (Sirach 10.) Der weise Mann saget: Ein Königreich wird wegen seiner Gerechtigkeit von einem Volcke auf das andere gebracht.
(Warum Königreichs verderben.) Alle Länder gehen zu Grunde / welche von den Unerfahrnen regieret werden. Salomons Sohn verlohr auf einmahl / wegen der unverständigen Räthe Rathgeben / zehen Königreiche. Der weise Solon sagte: Es ist keine Kunst ein Herr über ein Königreich zu seyn / wohl regieren aber rühret von den Göttern. Die Uneinigkeit im Regimente brachte die Römer zur Dienstbarkeit. Ein Reich / das viel Herren hat / dauret nicht lange. Wenn GOTT ein lasterhafftes Königreich straffen will / so beraubet Er den Obern die Vernunfft / macht die Unterthanen / daß sie gleichsam rasend werden / und verkehret sie in ihrem Sinne und bösen Anschlägen. Wenn Könige wohl regieren / so ist es eine Gabe GOttes; mißhandeln sie aber / und deß Volckes Verbrechen kömmet darzu / so hängen beyderseits Sünde aneinander. Wie sich die Unterthanen verhalten: also verändern sich auch Potentaten. Ist ein Volck böse und ruchlos / so mißlinget auch die Obrigkeit / und die / welche sich zuvor wohl angelassen / werden zu bösen Regenten. Hält der Mächtige das gemeine Volck übel / so begehret der Pöbel die Gewaltigen zu überfallen: Will der Gewaltige sie drücken / so suchen diese sich zu rächen. Sind nun das Haupt und die Glieder uneins / so folget auf Eines und das Andere der Länder Untergang. Zwey Dinge sind in disem Leben / welche dem Menschen sehr nüßlich. Das Eine ist das gute Glücke / das Andere ein weiser Rath. Wo diese beysammen / da stehet ein Königreich feste. Wenn man aber sein eigenes Wesen nicht wohl versorget / vielweniger kan man Land und Leuten wohl vorstehen. Als hiebevor der Tartar Cham die Schlacht wider den Groß-Fürsten in Moscau erhalten / [268] hat er aus desselben Hirnschale ein Trinck-Geschirre machen / und diese Worte hinzu schreiben lassen: Aliena appetendo propria amisit: Indeme dieser anderer Leute Länder begehrete / hat er darüber seine eigene verlohren. (Strabo.) Es ist schwerer eine Provintz erhalten / als eines Andern Land darzu machen; Und wie man mit Macht und Gewalt ein Königreich gewinnet: also kan man es anderer Gestalt nicht als mit Recht und Billigkeit erhalten. Soll aber ein Regiment wohl bestellet / und beständiger als Andere seyn / so erfordert es hierzu eine grosse Klugheit und Vorsichtigkeit. Man muß hierinnen Personen haben / die von guter Experienz und Erfahrung sind / welche die Dinge wohl abfassen / und zugleich auch solche wollziehen können. Und / wie ein unbändiges Pferd sich nicht alsobald nach deß Bereiters willen zähmen und satteln lässt: Also gehöret auch zum Zwang und Gehorsam der Unterthanen Schärffe und Gelindigkeit. Greiffet man zum Kriege / so erfordert derselbe eine militarische Wissenschafft / und wie man solchen offensivè und defensivè führen solle. Will sich ein Regent bey dem Volcke beliebt machen / so muß Er wohl reden. Die Sprachen und erlerneten freyen Künste schärffen nicht allein desselben Verstand / sondern sie ziehen auch in denen Regiments-Sachen den grösten Nutzen nach sich. Hat ein Herr über viel entlegene Länder zu gebieten / so soll Er dererselben natur / Sitten und Gewohnheit wissen / damit Er sie in schuldigem Gehorsam behalte. Fallen zweifelhafftige Dinge vor / so soll man auf solche Mittel dencken / wie denenselben am besten möge geholffen werden. Niemals soll man sich in fremde Händel mischen / es geschehe denn / daß man darbey interessiret. Allezeit mit dem Kopfe hindurch ist gefährlich / sondern man soll dißfalls nachgeben / und sich als ein verständiger Schiffmann bey ereignetem Ungewitter erzeigen. Alle Neuerungen sind schädlich / und einer mercklichen Gefahr unterworffen. Darum ist es sicherer Etwas gemachsam vornehmen / als damit zu geschwinde verfahren. Nichts hat man ohne Berathschlagung zu thun / noch bey antretendem Königr. sich zu etwas bereden zu lassen / ehe man sich in der Regierung feste gesetzet / und dieselbe beständig unter sich gebracht. Will man von Einem so wohl als dem Andern geliebet und geehret seyn / so bezeuge man sich gegen einem jeden geneigt und gewogen. Denn welchen man einmal aus der Wiege geworffen und beleidiget / dem traue man nicht zu viel. Ereignet sich zwischen Ihme und dem Lande ein Mißverstand und Unwillen / so setze man sich nicht gerade darwider / sondern man verziehe so lange / bis sich hierzu eine bessere Gelegenheit ereignet / damit man mit desto weniger Gefahr und geneigterm Willen der Unterthanen zu dem abgezielten Zwecke kommen könne. Und daferne auch wichtige Sachen / daran dem Lande viel gelegen / unter der Hand / soll man sie reiflich überlegen / und keine Zeit / solche werckstellig zu machen / (Vellejus Paterculus lib. 2.) vorbey lassen / wo nicht / so ergehet es wie den Römern. Den̅ nachdem Scipio Africanus den Hannibal geschlagen / und die Stadt Carthago unter der Römer Bottmässigkeit gebracht / eröffnete Er zwar den Römern den Weg zu der grösten Macht und Hoheit / allein der andere Scipio machte Ihnen Thür und Thor zu allerhand Wollüsten / Pracht und Uppigkeit angelweit auf / und weil sie vermeinten / sie wären nunmehro Herren der Welt / so wiechen sie allgemach von den Tugenden ihrer Vorfahren ab / stürtzten sich gleichsam lebendig in die allerschändlichsten Laster / verliessen Zucht und Tugend / geriethen von der Wachsamkeit in den Schlaff / von den Waffen zur Wollust / und von ihrem tugendhafften Wandel in denschnödesten Müssiggang.
(Der Königreiche Ursprung.) Damit wir aber sehen / wie alle Königreiche ihren Ursprung und Veränderung haben / auch von GOtt gekom̅en sind / so wollen Wir dasselbe nicht [269] allein gleich in einem kleinen Gemählde abbilden / sondern auch / wie Könige wohl regieren / und hingegen wir uns gegen sie verhalten sollen / (Guevara in Epist. c. 2.) auf das kürtzeste vorstellen. Vor Zeiten nenneten die Alten / und zwar die Aegyptier / ihre Könige Pharaones / die Bithynier Ptolomeos / die Parther Arsacitas / die Lateiner Muranos / die Albanenser Sylvios / die Siculi Tyrannen / und die Achiver Reges. Der Königliche Stand war vorzeiten keine Dignität / sondern ein Amt / da man Einen zu einem Stadthalter erwählete. Anfangs nennete man die Jenigen / welche man über (Plutarch. de Republie.) ein Land oder Stadt gesetzet / Tyrannen; nachdem man aber sahe / daß diese die Regierung mit Gewalt auf die Ihrigen brachten / und mit den Unterthanen ihres Gefallens lebeten / bekamen die bösen Regenten den Nahmen Tyrannen / und die Frommen den Nahmen der Könige. Dahero auch Isocrates saget: Ein König soll allezeit dahin trachten / daß Er frömmer (Dionysi??? Halicarnasseus.) erfunden werde als die Jenigen / denen Er zu gebieten hätte / und weil dieses ein natürliches Gesetze / daß die Frömmsten über die Andern herrschen sollten / so müsten auch diese den Andern vorgehen / diese aber sich an Jener Leben / Wandel und rühmlichen Thaten bespiegeln. Die Achiver meineten der erste König wäre Pharoneus / die Greichen einer mit Nahmen Dador Laomon gewesen. Cedrenus hält dafür / daß um das Jahr der Welt 1800. zur Zeit der Väter Regu und Seru die Leute hätten angefangen über einander mit Gewalt zu herrschen / und wer den Andern am meisten zu unterdrucken vermocht / der wäre König genennet worden. (Nimrod wird für den ersten König und Monarchen gebalten.) Siehet man aber die Schrifft / die Zeit und Geschichte an / so ist das Regiment sehr alt / und hat sich bald nach der Sündfluth mit dem Nimrod zu Babel und seinen Nachkommen angefangen / auch nachgehends die Nahmen der Könige in den Ländern dermassen vermehret / daß sie bis auf den heutigen Tagverblieben. Dieser Nimrod / so deß Chus Sohn / fieng an / sagt die Schrifft / ein gewaltiger Herr auf Erden / und ein gewaltiger Jäger (Gen. 10. v. 9. 10.) für dem HERRN zu seyn / und der Anfang seines Reichs war Babel / Erech / Arad und Chalne im Lande Sinear. Etliche geben vor / daß derselbe nicht ohne Ursach zu solcher Herrschafft gelanget. Denn nachdem Er gesehen / daß ein Jeder gethan was Er gewollt / weder Friede noch Einigkeit geliebet / sondern allerhand Zwiespalt / Feindschafft / Todschlag / Hader / Zanck und Empörung angerichtet / so habe Er nothwendig darein greiffen / und sich einer solchen Bottmässigkeit / Zwang und Gehorsam anmassen müssen. Andere aber behaupten das Gegenspiel / und sagen: Daß Nimrod aus einem besondern Frevel / Ehrgeltz und Hoffart über Andere zu herrschen sich unterstanden / einen Anhang gemacht / und durch solche seine Gewalt sich der Menschen bemächtiget / die unter sein Joch gebracht / und zu dem Ende Städte / Schlösser und Festungen gebauet / damit / wenn sich etliche Völcker wider Ihn auflehneten / Er und die Seinigen darinnen sicher seyn / sich allda beschützen und Sie daraus bekreigen / und Er Ihme / wie die Schrifft meldet / mit Erbauung solcher gewaltigen Städte / insonderheit deß Thurns zu Babel / einen unsterblichen Nahmen machen / und also männiglichen dadurch eine Furcht einjagen möchte Und darum nennet Ihn auch die Schrifft einen gewaltigen Jäger für dem HERRN / alldieweil Er an seinem Erbe und Eigenthum nicht begnüget gewesen / sondern weit um sich gegriffen / die Menschen und Länder an sich gezogen / Sie von den Ihrigen verjagt und vertrieben / mit gewissen Satzungen und Auflagen beschweret / Dienste und Fröhnen auf den Hals gebürdet / und also für und wider den Herren ein gewaltiger Jäger alle die Jenigen / [270] so sich nicht unter sein Joch bücken wollen / zu jagen und zu plagen gepfleget. (Josephus l. 1. Antiq. Judaic. c. 9.) Er ist nicht allein ein freudiger / kühner / frecher / starcker / und ansehnlicher Held / sondern auch ein verständiger / spitzfindiger / verschlagener / auch in der Philosophi / Astronomi / und Magia erfahrner Mann gewesen / der sich durch solche seine Kunst etwas bedüncken lassen / und dahero (Methodius??? in lib. Revelat.) für seine Person sicher / verwegen / hoffärtig und gottlos / wie nicht weniger Andere darzu angereitzet / die von dem wahren GOTT verführet / neue Gottesdienste angerichtet / und die Leute genöthiget / das Feuer anzubeten.
(Der I. Monarchie Anfang und andere darinnen entstandene Königreiche A M. 1718.) Dieses ersten Königreiches Urheber war nun / wie gedacht / dieser Nimrod. Es wird aber von diesem Königreiche nicht verstanden / als wäre damals das gantze menschliche Geschlecht allein von Ihme regieret worden / sondern weil dasselbe viel Land und Leute in sich begriffen / und die andern Könige in Zaum halten können / so hat man es höher als die andern geachtet / und sind immittelst neben dem beruffenen und streitbaren Aegyptischen / (A. M. 1861.) das Sicyonische / so sich 104. Jahr nach der Sprachen Verwirrung (A. M. 2093.) zu Peloponnes anfieng / der Argiver in der Landschafft Pelopon̅es / dessen erster (A. M. 2124.) König Inachus war: Das Teutsche unterm König Hermann / einem Sohn Ingevons / deß Manni Enckel / und deß Ascanis Uhr-Enckel: Das (A. M. 2371.) Thessalische von dem Thessalo deß Pelasgi Sohn: Das Atheniensische / (A. M. 2488.) Dardanische oder Trojanische / Phrygische / Syrische / Lateinische / Corinthische / Cretensische / Lydische / Albanische / Spartanische / Moabitische / Hethitische / Israelitische / Tyrische / Zidonische / Macedonische und andere Königreiche mehr aufgekommen. Bey diesen Aegyptischen und Assyrischen beyden Königreichen hat die Kirche GOttes nicht wenig Drangsal erdultet / indeme unter dieser Monarchie die Abgötterey dermassen über Hand genommen / daß auch GOtt den Ertz-Vater Abraham aus Chaldaea berieff / und Ihn um solcher Abgötterey willen zu seinen Vorfahren / den Sem / und andern Ertz-Vätern brachte. So lange das Königreich Israel die Abgötterey hassete / da bliebe es für dem Chaldäischen und Assyrischen Reiche mit Krieg unangefochten: Nachdem aber dieselbe auch bey Ihme einrieß / und seine Könige unter sich selbst einen Mord und Aufstand nach (2. Reg. 18.) dem andern anrichteten / da straffte GOtt solches / daß durch den Assyrischen König Salmanassar das gantze Königr. Israel oder Samarien eingenommen / (2. Reg. 24. Jerem. 19. v. 25.) und die zehen Stäm̅e Israels in Assyrien hinweg geführet worden. Und nachdem auch das Königr. Juda durch ihre Könige einen und den andern falschen Gottesdienst anstellete / die Abgötterey hegete / und hingegen die reine Lehre GOttes hindan setzete / erzörnete sich GOtt gleicher Gestalt über dasselbige / ließ die Stadt Jerusalem durch den König von Babel einnehmen / und das beste Volck gefangen gen Babel hinweg führen / welches 133. Jahr nach der Zerstörung deß Königreichs Israel auch erfolgete. Gleichwie aber der Allerhöchste bey seinem grösten Zorn die gröste Barmhertzigkeit sehen lässet: Also ließ Er auch / um deß verheissenen Messiä willen / durch den Propheten Jeremiam / Zephoniam / Habacuc und Ezechiel denen gefangenen Jüden diese Vertröstung geben / daß sie nach 70. Jahren wieder aus der Babylonischen Gefängnus sollten erlöset / der Tempel gebauet / und das Jüdische Regiment wieder aufgerichtet werden. Welches auch nachgehends durch den König Nebucadnezar / und desselbigen Sohne Evilmerodach / als Werckzeuge seiner Wunder geschahe. Nachdem aber König Belsazar / deß Evilmerodachs Sohn den wahren GOtt auf einem Panquete lästerte / die jenigen heiligen Gefässe / welche sein Großvater Nebucadnezar [271] von Jerusalem hinweg geführet / verunehrete / und sie zu einer Füllerey (Xenoph. lib. 7. de Paedia.) mißbrauchete / ward er deß Nachts bey seinem Fressen und Sauffen überfallen / und von ihrer zweyen / Gobrya und Godata erstochen / also daß hierdurch nachgehends dieses Königreich / nachdem es bald die Chaldoe??? er / bald die Assyrer / bald wieder die Chaldoe??? er oder Babylonier besessen / von den Medern auf die Perser gebracht worden ist. Von dem Könige Belsazar aber lieset man folgende Verse:
Splendida dum celebrat positis convivia mensis
Belsazar, imperii regia Sceptra tenens.
Dum mentem exhilarat magnâ Babylonis in aulâ,
Evacuans largo pocula plena mero,
Invitatque??? suas Baccho Uxores???que, Lupas???que,
Foedè conspurcans vasa sacrata Dei.
En! Cyrus, vasti siccato fluminis alveo,
Sese infert intra moenia victor ovans.
Belsazar ipse luit dignas pro crimine poenas,
Et manus Evantum Marte peremta cadit.
Sic nox Chaldaico regno tulit unica finem,
Aurati Capitis quod priùs instar erat.
Ipse???que (fata Deo sic disponente) Darius,
Cum Cyro ad Persas transtulit Imperium.
Da Belsazar sein Reich und Krone wenig achte /
und seinen Fürsten gab ein Königlichen Schmauß;
Da Er sich auf der Burgk zu Babel lustig machte /
und leerte die mit Wein gefüllten Schaalen aus:
Da Er sich eben mit den Huren vollgesoffen
aus dem / was sonsten GOtt zuvor geheilget war;
hat Cyrus einen Furt durchs Wasser angetroffen /
und bald darauf die Stadt erstiegen ohn Gefahr.
Hier sollte Belsazar für seine Bosheit leiden:
Hier wurde seines Heers im Streite Er beraubt /
und must' in einer Nacht von seinem Reiche scheiden;
So gieng auf einmal weg das vormals güldne Haupt!
Bald wurde Scepter / Cron von Babylon geführet;
Darius / Cyrus nahm die Länder vollends ein /
und weil man GOttes Hand hierinnen klar gespühret /
so muste dieses Reich der Perser eigen seyn.
(Der II. Monarchie Anfang A. M. 3412.) Regenten sind GOttes Wercke. Er setzet Könige ein und ab / um der Gewalt / Unrecht / und deß Geitzes willen kömmt ein Königreich von einem Volcke auf das andere. Darum sollen sich Potentaten hieran spiegeln / daß sie lernen fromm / gottsfürchtig und mässig seyn. GOtt selbsten begabet Regenten mit Weisheit und Tugend. Er rüstet sie / dem menschlichen Geschlechte zum besten / mit Wohlstand / Recht und Gerechtigkeit aus / [272] und verschaffet / daß das jenige / was für menschlichen Augen unmöglich zu seyn scheinet / zu Wercke gesetzet werde / wie solches alles an dem ersten Persischen Monarchen dem Cyro zu sehen. Denn nachdem dieser nach vielen harten Kriegen die Jonier und Lydier unter sich gebracht / so hat er auch folgends das Chald???ische oder Assyrische Reich erobert / und ein Regiment daraus gemacht. Dem Ursprung nach war Er eines Persischen Fürstens Sohn / seine Mutter deß Königes Astyagis / in Meden Tochter / und hatte zu seinem Rathe den Propheten Daniel. Sobald er sich dessen Königreichs bemächtigte / verstattete er dem gefangenen Jüdischen Volcke wieder in ihr Vaterland zu ziehen / die Stadt Jerusalem und den Tempel zu bauen / und verordnete Ihnen hierzu gewisses Einkommen; also / daß hierdurch deß Propheten Propheceyung der 70. Jahre vollendet worden. Nachdem aber Cyrus eilff Jahr darauf die Scythische Königin die Tomyris bekriegte / und in der Schlacht umkam / hintertrieb sein Sohn Cambyses / als ein gottloser und boshaffter König / den Bau zu Jerusalem / bis König Artaxerxes Longimanus Cyri Edict wieder herfür suchen / die Gebäude in der Stadt und den Tempel-Bau verstattete / nud sieben Jahr darnach viel Geschencke dahin senden ließ. Dieses Königr. bestunde in 10. aufeinander folgenden Königen / als den Cyrum / Cambysem / Darium / Hystaspen / Xerxem / Artaxerxem Longimanum / Darium Nothum / Artaxerxem Mnemonem / Artaxerxem (Thucydides.) Ochum / Arsamem / und Darium Codomannum. Cyrus herrschete nach Darii Königes in Meden Tode über Assyrien / Meden / Persen bis an das Jonische Meer / bezwang die Jonier und Lydier / und brachte sein Alter auf 70. Jahr / als er 30. Jahr regieret hatte. Sein Sohn Cambyses bekriegte das Königreich Aegypten / war ein berühmter Kriegesmann / darbey sehr lasterhafftig / und hatte bey weitem deß Vaters Tugenden nicht an sich; ließ seinen Bruder und Schwester um Verdachts willen hinrichten: Dem Richter Sisamnes die Haut über die Ohren ziehen / sie über den Richter-Stuhl spannen / und seinen Sohn zum Richter drauf setzen. Darius Hystaspis erlangete durch seines Stallmeisters List die Regierung / croberte durch Treue deß Zopyri die Stadt Babylon / bekriegte die Athenienser / welche Ihm aber bey Marathon in die zehen tausend erschlugen. Sein Sohn Xerxes überzog Griechenland mit zehenmahl hundert tausend Mann / die Athenienser aber schlugen Ihn bey der Insul Salamin. Er ließ aus Hochmuth das Meer peitschen / weil sich dasselbe sehr ungestüm̅ erwiese / und vermeinete es mit Fußeisen zu bändigen / und nachdem er auch bey Platea von dem Pausania und Aristide zu Lande war geschlagen / kehrete er mit schändlicher Flucht zurücke / und soll sich aus Kummer selbst vergeben haben. Artaxerxes Longimanus machte hernach mit den Griechen Friede. Darius Nothus aber ist der / welcher sich seiner Buhlschafft der Parysatis Tod so hefftig zu Gemüte gezogen / daß er sich auch nicht wohl wollte trösten lassen. Nachdem aber der Philosophus Democritus sich gegen Ihm heraus ließ / daß er Ihm / wenn er dreyerley benöthigte Mitte hierzu verschaffte / die Verstorbene wollte wieder zu wege bringen / ward Er / der König / hierüber froh / und befahl / er sollte begehren was er wollte / es sollte Ihme damit gewillfahret werden. Democritus begehrte dreyerley Namen der Menschen / welche die Zeit ihres Lebens ohne Weinen / Trauren und Unglück gelebet hätten / damit Er dieselben auf der Verstorbenen Grab legen möchte. Als aber der König solches nicht werckstellig zu machen vermochte / sprach Democritus: So handele er thöricht / wenn er das / was der Natur zuständig / und dieselbe wieder zu sich zöge / wollte wiedet??? [273] sordern. Artaxerxes Mnemon brachte seinen Bruder Cyrum den Jüngern unter sich. Denn nachdem er in klein Asien und Lydien herrschete / und sich mit seinem Antheil nicht vergnügete / führete er wider den König die Waffen / und wurde auch / wie gedacht / darbey überwunden und ermordet. Seine Armee bestund damahls in zwölffmal hundert tausend Mann / und 200. Sichelwägen. Nachdem Mnemon besaß Ochus / so aus dreyen der jüngste war / das Reich / welcher unter andern grausamen Thaten auch seine zwey Brüder ermordete / die Stadt Sidon durch Verrätherey eroberte / und sie nicht allein / als Ihm die Unterthanen einen Fußfall thaten / und Gnade begehreten / anzündete / sondern auch darinnen viertzig tausend Menschen verbrennen liesse / bis Er von Einem seiner Unterthanen und Fürsten / Bagoas genannt / umgebracht / und Darius Codomannus das Reich bekam.
(Sleidan9. Plutarch. in Alex. Justin. Matthiae Theatr. Histor.) Dieser Darius geriethe mit dem Macedonischen König Alexandro Magno in einen Krieg / und zwar so geschahe der erste Angriff / oder die Schlacht / durch seine Generals-Personen / bey dem Flusse Granico in klein Myseien; die andere bey der Stadt Isso in Cilicien / nicht weit von dem Berg Amano; und die dritte bey Gangamela. Ehe die erste Schlacht angieng / hielte Darius hierüber mit seinen Fürsten Kriegs-Rath. Einer mit Nahmen Memnon Rhodius riethe / daß man den Feind nicht in deß Reichs Grentzen kommen lassen / sondern vielmehr mit gesamter Hand den Feind selbst in seinem Lande suchen sollte; es wollte aber dieser Rath nichts verfangen / indem König Darius hochmüthiger Weise sich auf seine Macht / welche damahls hundert tausend Fuß-Völcker / und tausend Reiter / des Alexandri aber nicht mehr als 32000. zu Fusse / und fast 5000. zu Pferde bestunde / verliesse / sich einen König alle Könige / einen Bluts-Verwandten der Götter / und den Alexandrum seinen Diener und Knecht nennete / auch darbey seinen Generalen befahl / daß Sie dem unbesonnenen Jüngling dieses sein kindisches Vornehmen ernstlich verweisen / und Ihn / wenn Sie denselben geschlagen und überwunden / in einem Purpur-Kleide überantworten sollten. Der Ausgang aber war dieser: So bald als Memnon und andere Persische Fürsten bey dem Flusse Granico ihr Läger aufschlugen / und Alexander mit grosser Tapferkeit hinüber kam / fielen Sie denselben an. Alexander hielte sich männlich / triebe deß Darii Eydam / den Mithridatem / und dessen Bruder den Rosacem / und andere berühmte Persische Herren / wiewohl nicht mit geringer Gefahr / zu rücke / bis daß die Perser die Flucht nahmen / (Plutarch. Diodor9 Siculus.) so gar / daß derselben zwantzig tausend zu Fusse / zwey tausend fünff hundert zu Rosse erleget / und an die zwantzig tausend gefangen worden / auf Seiten deß Alexandri Magni aber gar wenig geblieben. Die andere (Praeliun. ad Issum.) Schlacht geschahe / wie gedacht / bey Isso: Denn / nachdem Darius und die Seinigen geschlagen / beschloß Er persönlich wider den Alexandrum zu (Diodor9 Siculus.) ziehen; Dannenhero Er vierhundert tausend zu Fusse / und hundert tausend zu Rosse verschriebe / welche ihren Muster-Platz um Babylon hielten. Als aber Alexander Magnus eine so überaus grosse Menge Volcks in dem engen Gebürge einherführen sahe / bedünckt es Ihm / wenn er den Feind daselbst angrieffe / am bequemsten zu seyn. Derhalben brach er dem Feind zur Seiten ein / und brachte Ihn / nachdem man zu beyden Theilen tapfer (AElianus.) gestritten / zur Flucht. Wie deß Darii Armee getrennet / flohe Er gleichfalls auf einem Mutterpferde / welches um ihres hinterlassenen Füllens willen desto hefftiger forteilete / davon. In welcher Schlacht denn die tapffersten Persischen Fürsten / nebenst hundert und dreyssig tausend erleget / [274] da man gegentheils von des Alexandri Magni Kriegesheere nicht mehr als 33. zu Fusse / 150. zu Rosse vermisset / und 504. verwundet worden. Es wurden auch in den Gezelten des Darii Mutter die Sisygambis / dessen Gemahlin die Statira / ihr sechsjähriger Sohn Ochus / und 2. mannbare (Plutarch.) Töchter / samt dem Königlichen Hause / gefangen; und schreibet man / daß König Alexander in das Königliche Gezelt kommen / und die grosse Pracht und Herrlichkeit daselbst gesehen / Er zu denen Seinigen gesagt: Quid? Num hoc est regnare? Und obwohl Darius hierauf dem Alexander grosse Vorschläge that / und Ihme die Helffte sienes Königreiches zuentbieten ließ / so wollte doch dieser solches nicht annehmen / sondern gabe vor / daß gleichwie die Welt nicht zwey Sonnen / also könte auch ein Reich nit zwey (Dritte Schlacht) Herren haben. Wie nun Darius durch dieses Mittel den Frieden nicht erlangen mochte / verneuerte Er den Dritten Krieg / brachte ein starckes Heer auf die Beine / und ward / als er abermahls geflohen / in der Flucht von Besso seiner Kriegs-Obersten Einem erstochen. Da denn mit diesem Könige zugleich auch das Persische Reich / welches über 206. Jahr gestanden hatte / untergangen.
(Der III. Monarchie Anfang.) Auf diese gehlinge Veränderung erfolgete die dritte / nemlich die Griechische Monarchie / welche der jetzt-besagte Macedonische König Alexander Magnus aufrichtete. Dahero man siehet / daß Alles / was unter dem him̅el ist / auch seine Zeit hat. GOtt setzet ab und ein. Er erwecket Helden / die die Regimenter auf dem Erdboden erhalten / und die Hoffarth der Menschen abstraffen. Er zerstreuet die gewaltigen Monarchen / und wirfft ihre Städte und Königreiche über den Haufen / damit sie gedemüthiget / ihre Schwachheit erkennen / und Recht und Gerechtigkeit wieder aufgerichtet werde. Alexander stillete bald anfangs die Illyrier / Geten und Triballen / vertilgete die Stadt Theben / zerstörete die Stadt Tyrus / nahm das mächtige Königreich Aegypten ein / und bekriegete / nach andern erlangten Königreichen / auch Indien. Gleichwie aber auf zeitliche Hoheit / Ehre und grosse Glückseeligkeit gemeiniglich Stoltz / Hochmuth und Verachtung Anderer nebenst sich zu folgen pfleget / wie hiervon der Poet saget:
Luxuriant animi rebus plerunque secundis.
Wo das Glücke eingezogen /
wird das Hertz zur Lust bewogen.
Also befliesse sich auch Alexander hernacher aller Wollüste / legete sich auf das tägliche Panquetiren / ließ etliche seiner vornehmsten Kriegs-Räthe erwürgen / und wollte auch letzlich gar für einen Gott geehret seyn. Und als Er viel Ungewöhnliches und Hochmüthiges vornahme / ist Er / nachdem Er gen Babylon gekommen / von einem Fieber / oder / wie Etliche wollen / vom Giffte / in dem 33sten Jahre seines Alters / und 12ten seiner Regierung aufgerieben worden. Nach seinem Tode aber theileten sich die vornehmsten Kriegs-Häupter in diese Monarchie / also / daß Seleucus das Königreich Syrien / Ptolomeus Aegypten / Antigonus den vördern Theil Asiens / und Cassander Macedonien und Griechenland überkam. Worbey dieses zu mercken / daß alles menschliche Wesen und Vornehmen nichts als unbeständig und wandelbar. Alle menschliche Dinge fallen (Alles verändert sich.) dahin / und zerfliessen wie Wasser. Kein Regiment wird also standhafftig verwahret / daß es für der Unbeständigkeit sicher / sondern es hat GOtt und die Natur ein Jedes also geordnet / daß es sich zum Untergange weider schicken muß. Glück und Ehre haben den Neid zu Gefärten. Nicht nur die Könige vergnügten sich damahls nicht mit ihren König [275] reichen / sondern es warffen auch nunmehro die gewaltigen Städte Rom und Carthago ihre Augen auf die Königreiche / und weil sich eine jede von Ihnen bedünckte / daß sie der Andern zu Erlangung mehr Provinzien im Wege stünde / so bekriegete eine die andere / bis endlich Carthago / nachdem sie an die 700. Jahr gestanden / nach sechstäglicher Bestürmung erobert / (Orosius.) ausgeplündert / und in die Asche geleget wurde. Und obwohl nach gehends die Stadt Rom durch ihr grosses Glücke die tapfersten Thaten verübete / und durch ihre Gerechtigkeit und wahre Tugenden auf den höchsten Gipfel der weltlichen Hoheit stieg / viel Königreiche / Länder und Städte unter ihre Gewalt brachte / und so mächtig wurde / daß sich die gewaltsamsten Könige für sie entsetzeten / so ward sie doch durch ihre in sich selbst zur Zeit deß Marii und Sylloe / Pompeji und Julii Coesaris ereignete Empörungen nicht wenig verderbet / also / daß man hieraus siehet / was Gestalt es mit denen grossen Königreichen / Ländern und Städten nicht anders hergehet / als mit den Menschen / welche alle dem Tode unterworffen / und mit der Zeit untergehen müssen. Wie solches alles der Augenschein an denen gewesenen Assyrern / Medern / Persern / Griechen und Römern gnugsam an den Tag giebet.
(Der IV. Monarchie Anfang A. M. 3902.) Nachdem nun bey den Römern ein und der andere innerliche Krieg / insonderheit deß Pompeji mit dem Julio Coesare gestillet / und die Römer weit und breit die Länder bezwungen / hat man die vierte Monarchie auf die ermeldten Römer gebracht / und ist dieser Julius Coesar derselbe erste Monarche gewesen. Wie aber diese Monarchie bald zu- und ab-genommen / bald gestiegen und wieder gefallen / bald bekrieget / bald obgesieget / bald verkleinert / und bald vermehret worden / würde weitläufftig zu erzehlen seyn. Gleichwohl aber soll man wissen / daß obwohl der Anfang derselben (Daniel. 7.) von dem Propheten Daniel grausam abgebildet / daß sie nemlich die Welt härter denn die andere drücken / auch vielerley Anstosses haben werde / so soll sie doch nicht gäntzlich umgestossen / sondern bis an das Ende der Welt behalten werden. Erschrecklich nennet sie der Prophet / indem sie in der Zeit grosse und erschreckliche kriege geführet / viel Königreiche bezwungen / und offt wider die Lehre GOttes zum hefftigsten gewütet hat / und saget darbey / daß unter ihr die Kirche GOttes die gröste Verfolgung leiden / und die Monarchen selbst mit Ihr tyrannisch umgehen / sie ängstigen und drücken würden. Es werde der Engel / bezeuget derselbe / zehen Hörner / das ist / zehen Königreiche / nemlich / wie Etliche wollen / das Königreich Syrien / Aegypten / Asien / Africa / Griechenland / Spanien / Franckreich / Italien / Teutschland / und Engeland in sich begreiffen. Das kleine Horn sollte drey Hörner von den fördersten zehen Hörnern abstossen; das ist / der Türcke sollte Aegypten / Asien und Griechenland einnehmen / und sie von dem Römischen Reiche mit Gewalt hinweg reissen. Das kleine Horn würde Augen und ein Maul haben / grosse Dinge fordern / und wider die Heiligen streiten. Wodurch man nichts anders als das Saracenische oder Türckische Reich zu verstehen pfleget / welches öffentliche Lästerungen wider den Sohn Gottes ausstreuet / verwirfft die Schrifft / zwinget die Völcker mit Gewalt unter sich / und führet wider die Christen / als dessen abgesagte Feinde / ohne Unterlaß Krieg. Und daß dieses wahr / so setzet Daniel die Zeit / nemlich wenn das Römische Reich in das Abnehmen / wie A. Christi 623. geschehen / gerathen werde. Und dann seine Lehre. Es habe / saget Er / dasselbe Horn ein Maul / und lästere wider den Allerhöchsten. Der Alcoran thut solches wider den Sohn GOttes. Ferner / so meldet Er seine Gewalt / wie [276] es mächtig gestiegen / und den Ort / wo es sich angefangen / die Römischen Provinzien eingenommen / und nach und nach weiter um sich gegriffen / bis es (Ezechiel. cap. 38.) im Jahr Christi 963. auch in Europam kommen. Es zeuget auch der Prophet Ezechiel und der H. Johannes / daß in der letzten Zeit Gog und Magog / so man die Türcken nennet / kom̅en / die Kirche GOttes verwüsten / und auf den Bergen Israelis erliegen werde. Das ist / sie werden die Christliche Kirche verfolgen / darnebenst aber dieselbe und das Römische Reich nicht unterdrücken / sondern ihre Macht wird am Ende der Welt aufhören und vergehen. Bey welcher des Daniels Prophezeyung denn GOtt denen Menschen zum besten die Zukunfft seines Sohns in das Fleisch: Den Anfang und das Ziel der vornemsten Königreiche auf dem Erdboden / das Ende der Welt / den jüngsten Tag oder das Gerichte des HErrn / die Auferstehung der Todten / die ewige Straffe / oder Pein der Gottlosen / und die unaussprechliche Herrlichkeit aller Frommen und Gläubigen geoffenbahret. GOtt stösset die Gewaltigen vom Stuhl / und erhebet die Niedrigen. Er zerstreuet die hohen Bäume / daß sie nicht gros wachsen. Die Geschichten weisen es vom Anfang der Welt / daß der Allerhöchste mit den Königen und Regenten / wenn sie frech / stoltz und aufgeblasen sind / tyrannisch nach Gefallen umgehet. Das Amt eines Königs geschicht nicht eben durch den Glücks-Fall / sondern auch durch die göttliche Versehung / da der Höchste es also verordnet / daß die (Esaiae 44. v. 45.) Jenigen / so Er erheben will / Könige werden. Gestalt Er denn nicht allein den Persischen König Cyrum schon 210. Jahr zuvor / ehe derselbe gebohren / durch (Cap. 8. v. II.) den Propheten zum Könige benennet / sondern auch durch den Propheten Daniel den Griechischen Monarchen Alexandrum Magnum 200. Jahr vorhero eigentlich verkündigen und beschreiben lassen. Alle Obrigkeit ist von GOtt. Der Natur nach gilt kein Mensch mehr für GOtt / denn der Andere. Und gleichwie ein Rechenpfenning dem Wesen nach nicht besser ist / denn der Andere; nichts desto weniger aber / wenn Er auf dem Rechentuche gebrauchet wird / immer Einer höher als der Andere geschätzet wird: Also verhält es sich (D. Keysersberger.) auch mit den Menschen. Wir sind einerley Wesens / und einerley Natur. Wie hoch uns nun GOtt leget / so viel desto mehr gelten wir gegen Andern. Diese vier grösten Königreiche der Welt stellen uns die Unbeständigkeit aller zeitlichen Ehre und Herrlichkeit für Augen. Denn / siehet man sich in dererselben Begebenheiten um / so wird man gewahr / daß nicht allein die höchsten Personen und Regenten / sondern auch offt gantze Rönigreiche und Länder plötzlich zu- und abgenommen haben. Die Geschichte deß mächtigsten Königes Nebucadnezars lehret Könige und grosse Potentaten / daß sie einen gewaltigern Richter über sich haben / der sie / wenn sie stoltz / ihres Beruffs vergessen / und die Unterthanen drücken / bald züchtigen / und dieselben / wenn sie vermeinen am höchsten zu sitzen / bald wieder herabstürtzen kan. Ihrer viel erhebet das Glück zu dem Ende / daß sie desto höher fallen. Wer stoltz und hoffärtig bey seiner Regierung ist / der gehet gemeiniglich zu Grunde. Keyser Valerianus wütete aus Hochmuth wider die kleinen Kinder der Christen / ließ sie auf allerhand Art und Weise tödten / und meinete / es würde dadurch sein Reich desto länger bestehen: Indem aber der Christen Blut in seinen Händen gleichsam noch naß / kam Ihm ein anderer Tyrann / nemlich der Persische König Sapor / über den Hals / entzohe dem Römischen Reich eine und die andere Provinz / bis er Ihn gefangen bekrm / und mit Ketten gebunden in Persien führete. Ein Reich zu regieren bedarff die gröste Mühseeligkeit. Je ärmer der Mensch / je weniger Sorge. Je reicher an Ländern / je mehr Bekümmernus in Erhaltung [277] dererselben. Einer stellet dem Andern nach dem Lande; ein Anderer nach den Leuten / dieser nach dem Leben / und für diesen allen muß man stetige Vorsorge tragen; wer nun bey dergleichen Regierungs-Last nicht GOTT zum Freunde hat / der kan nicht fügliche solcher Gewalt widerstehen. Daferne der Mensch nicht den Sünden-Fall begangen / so wäre der Regenten-Stand nicht nöthig gewesen; nachdem aber derselbe geschahe / so brach die Tyranney / Ungerechtigkeit / Gewalt und Boßheit häuffig herfür / also daß GOtt nothwendig die Obrigkeit verordnen muste / damit sie das Gute belohnete / und das Böse abstraffete. Die weltliche Regierung / sagt man / ist eine herrliche und vortreffliche Gabe Gottes. Es erhalte einem jeden seinen Leib für dem Mord und Todschlag: Sein Weib und Kind / daß es nicht geschändet / dem Mord und Todschlag: Sein Weib und Kind / daß es nicht geschändet / sein Hauß und Hof / daß man darinnen nicht frevele / und seine Aecker und Vieh / daß dieselben nicht beraubet noch gestohlen werden. Damahls als kein König / Regente noch Obrigkeit in Israel / da that einjeder das / was ihm bedünckete / alle Laster / als da waren die Abgötterey / Hurerey / Raub / Gewalt / und Unrecht giengen im Schwange / und es war Niemand weder seines Leibes noch Lebens / viel weniger seines Vermögens versichert. Daferne GOtt einem Lande oder Königreiche wohl will / so ertheilet Er ihnen auch vernünstige Regenten. So lange Moses / Josua / Assa und Josia das Volck wohl regiereten / (I. Maccab. 14.) da erhielten sie wider ihre Feinde Sieg und Glück / und gieng ihnen alles wohl von statten. Gleichwie aber der Maccabaeer Simon durch seine Vorsichtigkeit das Land Juda in Fried und Ruhe erhielte: also setzet auch GOTT / wenn das Sünden-Maß des Volckes voll / böse und gottlose Könige zu Regenten. (Levit. c. 26. 17.) GOTT / stehet dorte / gab ihnen einen König im Zorne. Er lässet über ein Land einen Heuchler regieren / damit er das Volck um ihrer Boßheit wille̅ (Hof. I, II Hiob. 34. 30.) züchtige / und giebet Ihnen Fürsten / die kindisch über sie herrschen müssen. So bald als die zehen Stämme von dem Hause David abfielen / geriethen sie an einen abgöttischen König / der sie zu gleicher Sünde verführete. König Achabs Abgötterey aber brachte den Israeliten so viel zuwege / daß Sie mit Dürre und Hungers Noth geplaget wurden.
(Die gefährliche Regierung.) Diejenigen / so sich offters um ein Königreich oder Land wohl verdienen / tragen vielmahls den grösten Undanck darvon. Viel Regenten sind stecken blieben / wenn ihnen die Zeit und die Gelegenheit nicht darvon geholffen. Menschen regieren / ist eines der schweresten Dinge. Der weise Demosthenes zu Athen pflegte zu sagen / wenn man wüste / was für grosse Gefahr / nemlich Neid / Haß / Feindschafft / Verfolgung und heimliche Nachstellung die Regierung nach sich zöge / und es stünden einem zweene Wege offen / also / daß Einer zu der weltlichen Regierung / der andere aber zu einem und dem andern Unglück gienge / so würde man sich lieber diesen Letztern als den Ersten erkiesen. Da der Philosophus Chrysippus gefraget wurde / warum er sich nicht zur Regierung gebrauchen liesse? sagte er: Regierete ich übel / so mißfiele es den Göttern; regierete Ich aber wohl / so gefiele es den Bürgern nicht. Diejenigen / welche die Art und Natur des Meers nicht wissen / sind / wenn sie zu Schiffe gehen frölich / so bald sie aber abgestossen / und sich der geringste Sturm-Wind ereignet / so werden sie kranck / erbrechen sich / und wündschen nicht mehr / als daß sie sich der Schiffarth bald entbrechen möchten. Nicht viel anders gehet es auch denen die sich in dem Regier-Stande befinden. Denn wenn sie sich darinnen vertieffen / und die Bürde der Regierung anfänget zu drücken / so sehen sie erst / was für Ungemach bey derselben anzutreffen. Je höher der Mensch / je mehr Last und Beschwerung Er [278] auf sich leidet. Aller Herrschafften Thun und Wesen ist voller Mühe. Man regieret mit Sorgen: Träget die schweresten Sachen des Landes / und wenn man es beym Lichten besiehet / so ist die Crone mühsam / der Scepter beschwerlich / und das Schwerd gefährlich. Wann Pabst Adrianus der Fünffte seinen Feinden etwas Böses wünschete / sagte Er: Utinam Papa essent! Wolte GOtt / sie wären Päbste zu Rom! Keyser Tiberius meinete / es wäre die Beherrschung eines Reiches keine übermässige Gewalt / sondern eine hellgläntzende Dienstbarkeit. Alle die / welche regieren / sind Ziele oder Scheiben / wornach Andere ihre Pfeile richten. Die Welt hält es für die gröste Glückseeligkeit / wenn Einer (Diogenes de Alexandro.) zu Königlichen Ehren erhoben wird / damit aber die Perser solchen Leuten dergleichen Thorheit benehmen möchten / so stelleten sie jährlich ein Fest an / liessen an demselbigen einen Gefangenen / der auf Leib und Leben saß / loß / setzten Ihn mit Königlichen Kleidern auf einen Königlichen Thron / liessen Ihn solche Zeit über herrschen / und bey allem Wohlleben seinen Willen / so bald aber das Fest zu Ende / zogen sie ihn aus / striechen denselben mit Ruthen / und henckten ihn endlich an den Galgen: Wordurch sie nichts anders zu verstehen gaben / als daß zum öfftern närrische und böse Menschen eine solche Gewalt und Nahmen erlangen / eine Zeitlang darinnen übermüthig leben / und hernach in solcher schnell und unverhofft untergehen. Der eitele Ruhm stirbet offters für dem Tode dahin. Kein Mensch kan (Euripides in Hercule furioso.) hadern mit dem / was Ihm zu mächtig ist. Als Lycus den Thebanischen König Amphytrion seines Reichs beraubete / und derselbe nunmehro sollte zur Schlachtbanck geführet werden / sprach er zu denen Zuschauern: Aspicite me, qui eram conspicuus mortalibus praeclara peragens; nunc dejecit fortuna veluti plumam ad aethera unâ die: Sehet allhier den an / der zuvor bey allen Menschen berühmt / und die tapfersten Thaten begangen / Denselben hat nunmehro / an einem eintzigen Tage / das Glücke wieder herab gestürtzet / und / gleich einer Feder in der Lufft / darvon geführet. Dionysius der Jüngere / war der beruffenste König in Sicilien / und muste gleichwohl / als er gefangen / letzlich einen Schmarutzer abgeben.
Gemeiniglich tragen diejenigen Regenten / welche doch die gröste Gefahr ausstehen / und offt vielfältig ihr Haab und Gut / Ehr und Blut in die Schantze schlagen / den grösten Undanck darvon. Der kluge Themistocles brachte durch seine weise Anschläge so viel zu wege / daß sich der mächtigste König Xerxes mit seiner grossen Armee wieder aus Griechenland begab. Nachdem Er aber die ausgebrandte Stadt Athen durch seinen Fleiß wieder aufbauete / und dem gemeinen Wesen viel gute Dienste erwiese / so ward er nichts desto minder wegen vieler beschuldigten Dinge / (Plutarchus. Seneca.) in das Elend vertrieben / daß Er letzlich aus Armuth sich mit dem Ochsen-Blute ernehren muste. Obschon der tapfere Miltiades sich um die Stadt Athen wohl verdient machte / des Persischen Königes Darii Armeen von hundert tausend zu Fusse / und zehen tausend zu Rosse in die Flucht triebe / und denen Atheniensern hernach ein und die andere Insul und Stadt abnahm / so ward er doch letzlich in das Gefängnis geleget / und darinnen bis an sein Ende behalten. Da man den berühmten Hauptmann Phocyon zu Athen gantz unschuldiger Weise zum Tode führete / und Ihm Einer seiner guten Freunde mit Namen Emphiletus begegnete / und zu Ihm weinend sagte: Ach! wie so gar unschuldig und [279] unverdienet stirbst du doch! Sprach Phocyon: Ich sterbe aber nicht unversehens; Denn gemeiniglich tragen ehrliche Leute einen solchen Lohn darvon. Viel sind dieser Meinung / insonderheit der gemeine Mann / daß es um einen König / Regenten / Potentaten ein herrlicher Stand sey. Einjeder wündschet sich dergleichen Ehre zu haben / in gleichem Glück zu leben / und mit solchem Purpur umgeben zu seyn: Siehet man aber um sich / und lieset die Königlichen Geschichte / so befindet man / daß man öffters nach der grösten Verräherey / nach dem stärcksten Gifft / nach dem grausamsten Mord / und nach der allerschädlichsten Unruhe greiffet. Wie Niemand weiß wo Einen der Schuch drücket; Also weiß auch keiner was die Last der Regierung mit sich bringet ohne allein der / welcher sie träget.
Keyser Saturninus, sagte zu den Seinigen: Ihr meine Freunde wisset nicht was es für eine beschwerliche Sache um die Regierung sey. Denn man ist auch vielmahls nicht sicher für denen / die einen bewachen sollen. Spieß und Schwerd liegt einem solchen Regenten täglich auf dem Halse. Man vermag weder mit Appetit zu essen noch zu schlaffen: Alle Kriege fallen Ihm beschwerlich: und wenn die Waffen ruhen / so ruhen bey Ihme am wenigsten die Sorgen: Ist er alt / so wird er für untüchtig gehalten: Ist er aber jung / so verlacht man sein unbesonnenes Vornehmen: Nimmet er sich nicht in Acht / so trachtet man Ihme mit Giffte nach dem Leben / und mit einem Worte / ob er täglich viel Trabanten um sich / so ist er doch für der Gewalt nicht sicher. Wie mit mehrern aus folgenden Versen zu sehen:
Semper habet varias immensa potentia curas, Et refici placido membra Sopore vetat.
Non prodit Princeps, nisi milite cinctus & armis, Infelix aliquo semper ab hoste timet.
Vescendum est quoties, aliquis praegustet oportet, Praebibat atq; prius, quàm bibat ille merum.
Esse parum tutum declarant talia Regem, Quàm grave sustineat magna tyrannis onus.
Nempe satellitium metuendos judicat hostes, Toxica praegustans ille cavenda monet.
Ergo metu quisnam vacat hic locus? Illa timorem Quae pellunt, eadem plena timore vides.
Wo grosse Macht sich findt / da giebt es viel zu schaffen / Und wo ein hohes Ambt / da läßt es sich nicht ruhn:
Der Fürste kömmt nicht aus / als unter Volck und Waffen / gleich hätt Er jederzeit mit Feinden nur zu thun:
So offt Er speiset / muß vorhero man es kosten: Eh Er den Trunck ansetzt / credentzt man Ihm den Wein /
Zu zeigen / daß ein Fürst nicht steh auf sichren Posten / und was Regieren muß für eine Last doch seyn?
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Die Guarden zeigen Ihm / wie Er sich stets zu hüten: Der Gifft / daß Er bey sich zu trincken stehe an.
Was für ein Ort kan nun die Furcht doch Ihn entschütten / Weil das auch voller Furcht / was Furcht vertreiben kan.
Es ist aber dieienige Königliche Regierung für glückselig zu achten / darinnen man sich nicht erhebet die Gewalt zur Ehre GOttes anwendet / GOTT als den grösten König und Monarchen ehret / leichtlich verzeihet / und denen bösen Affecten dermassen Einhalt thut / damit daraus nichts ungeziemendes entstehe.
(Die tüchtigste Regierung. Plato.) Je mächtiger ein Königreich / desto löblicher / weiser und verständiger soll desselbigen König seyn. Ein strenger Regente macht strenge Unterthanen. Man duldet zwar seine Laster; wenn er aber denselben ihre Nahrung abstricket / so verleuert Er alle Gunst. Diejenigen Königreiche aber bestehen am besten / darinnen weise Leute regieren / und deren (Roterod. de Institut. Princip.) Regenten nach Kunst und Weißheit trachten. Denn gleichwie bey einer angestellten Schiffarth nicht demjenigen das Schiff / welcher am Geblüte und vornehmen Geschlechte / an grossem Reichthum und gewaltigen Gütern an Schönheit und Gestalt Andere übertrifft / sondern dem / der gute Wissenschafft um die Schiffarth hat / und dessen Bedachtsamkeit / Treue / Fleiß und Aufrichtigkeit bekannt / anvertrauet: Also soll man auch demjenigen / der andern am Verstande / Weißheit / Gerechtigkeit / Freundlichkeit / Bescheidenheit und Vorsichtigkeit vorgehet / das Regiment befehlen. Es ist nicht genug / daß einer ein Regente / sondern Er muß wissen / wie Er in seinem Lande gute Ordnung und Policey halte / das Rechte und Unrechte unterscheide / das Gute erhalte / das Böse abstraffe / GOTT als den Schöpfer aller Dinge fürchte / sein heilig Wort lerne / sich darnach richte / es rein und unverfälscht in seinem Lande fortpflantze / und falsche Lehre / Abgötterey und Gotteslästerung ausrotte.
König Alphonsus in Spanien / ließ einen Pelican mit etlichen Jungen mahlen / der mit dem Schnabel sich in die Brust hackete / damit dieselben an dem heraus fliessenden Blute ihre Nahrung haben möchten / und dieses hinzu schreiben: Pro Lege & pro Grege. Für das Gesetze und das Volck. Wodurch Er anzeigete / daß ein König oder Potentat um der Religion und um der Unterthanen willen auch sein Blut aussetzen sollte. Soll eine Regierung desto tieffer wurtzeln / so muß des Regenten Zunge und Feder einerley Krafft haben. Der weise Isocrates sagete: Es soll ein Fürst dasjenige was er mit blossen Worten zusaget und verspricht / so treulich und feste halten / als wenn Er Brief und Siegel darüber gegeben hätte. Je gelahrter und erfahrner ein Regent in freyen Künsten ist / ie höher und vortrefflicher wird er gehalten. Alexander Magnus pflegte zu sagen / er wollte lieber von guten Künsten als an Land und Leuten reich und vermögend seyn.
Wie die Obrigkeit: also richten sich auch die Unterthannen darnach. Stellet ein Potentate seine Regierung gerecht / löblich / klug und weise an / so muß dieses alles sich auch nothwendig auf die Unterthanen erstrecken. Begehet er einen und den andern groben Fehler / und weichet von dem rechten Regierungs-Wege ab / so folget gemeiniglich der Unterthanen Verderben / Schade und Nachtheil daraus. Sicut enim per Principem, cum benefecit, plurimorum vitae, & Saluti consulitur; Ita & error Principis ad multorum perniciem pertinet. Und ist [281] dieses an einem grossen Herrn das allergröste Regiment wenn Er sich selbst wohl regieren und mässigen kan. Insonderheit aber hat er wohl darauf Acht zu geben / damit Er sich in solchen Stücken übe / welche zu Erhaltung der menschlichen Gesellschafft / des allgemeinen Wesens Nutzen / Aufnehmung des Friedens und der Gerechtigkeit erträglich sind. Lässet sich aber derselbe durch andere regieren / da dringen sich offters solche Leute mit ein / die mehr ihre / als die gemeine Wohlfarth sich offters solche Leute mit ein / die mehr ihre / als die gemeine Wohlfarth beobachten / woraus denn denen Unterthanen nichts denn Schade zuwächset. Der Jenige / welcher seine Unterthanen in Gerechtigkeit / Friede und Ruhe erhalten will / ist vieler Gefahr unterworffen. Seine Arbeit ist der Unterthanen Ruhe / seine Gefahr ihre Sicherheit / seine Wachsamkeit ihr Schlaff / und endlich hanget an einer unbeschrenckten Freyheit der Unterthanen die gantze Wohlfarth eines Reichs.
Je weniger Boßheit / und böse Zuneigung bey den Alten: Je weniger Straffe und Zwanck hatte man damahls; Nachdem aber die Boßheit zunahm / so muste man auch auf gewisse Zwangs-Mittel dencken / also / daß dahero gewisse Herrschafften entstunden. Anfangs herrschete einjeder in seinem Geschlechte: Hernach machten ihnen die Menschen selbst gewisse Häubter / welche andere an Tugend und Aufrichtigkeit übertraffen / biß daß die Regierung bald an ihrer vielen / bald an einen kam / den man mit Scepter / Crone und Schwerdte zierete / zum Zeichen / daß Er solte aufrichtig / gerecht / männlich / und tapfer seyn / und einem jeden Recht und Gerechtigkeit wiederfahren lassen. Ein König ist das Hertz und die Seele einer Gemeinde. Denn gleichwie die Seele in des Menschen Hertzen bestehet / und durch solche der Leib lebet: Also auch die Gerechtigkeit in dem Könige / so das Leben / und die Erhaltung des Volcks ist. Die Gesetze entschuldigen alle scharffe Verordnungen: Sie sind gemacht / damit vermittelst ihrer der Künheit Einhalt gethan / die Unschuld von der Boßheit unter scheiden / der Regente bey seiner Hoheit und Würde erhalten / und ein Unterscheid zwischen Ihm und den Unterthanen gemacht werden möge.
Potentaten sind der Unterthanen Mauren und ihre Augen richtige Zeiger der Einigkeit. Wenn man aber denen Gesetzen das Maul stopfet / die alten Freyheiten zernichtet / die guten Gebräuche abschaffet / so eröffnet man der Boßheit und allen Lastern Thür und Angel. Soll nun ein Königreich wohl regieret werden / so muß der König zu Friedens-Zeiten mit Recht und Gerechtigkeit / zu Krieges-Zeiten aber mit einer besondern Hertzhafftigkeit und Helden-Muthe angethan / mit Gelehrten versehen / und (Augustinus in Psalm. 118.) mit Kriegs-erfahrnen Leuten umgeben seyn. Es werden nicht unbillich fromme Potentaten nach der Schrifft Könige genennet / alldieweil sie über die Bewegung ihres Fleisches zu herrschen / und bald die Begierde der Völlerey zu zäumen / bald die Hitze des Geitzes zu mässigen / bald die Ruhmsichtigkeit der Ehren zu beugen / bald den herfürragenden Neyd zu dämpfen / und bald das Feuer des Zorns zu leschen wissen. Ein wohl bestellt Regiment muß durch Sorge regieret / und durch Mühe und Kümmernis erhalten werden. Denn gleichwie der Leib nicht gesund / wo nicht die andern Glieder auch wohl auf sind: Also geschicht es auch bey den Königreichen.
GOtt hat in der Welt unter andern auch zwey Dinge mit eingeführet / nemlich die Regierung und den Neyd. Wer diesen zu sehr fürchtet / der ist nicht geschickt zu regieren. Es ist nichts gefährlichers als der Ungehorsam: selten [282] dauert man in gutem Wohlstande. Regenten und Unterthanen haben allhier dieses zu mercken: daß sie nicht alleine weise / verständig und gütig seyn / die Unterthanen aber hingegen Ihnen Gehorsam und allen schuldigen Respect / Liebe und Treue erweisen sollen.
Gute Regenten vergleichen sich guten Hauß-Vätern / deren Ambt ist / daß sie die Ihrigen in Gehorsam behalten. Einem jeden gebieten / was er thun solle. Die Frommen mit Wohlthaten belohnen / und die Bösen andern zum Exempel abstraffen. Diejenigen / so über viel Dinge Macht und Gewalt haben / sollen für allen Dingen ihr eigenes Gewissen reine halten / damit sie / wenn sie anderer Leute Mängel und Gebrechen abstraffen wollen / selbst darinnen nicht betreten werden / indem es ein grosser Fehler über andere regieren / und sich selbst lasterhafft befinden. Wenn ein Glied aus der Kette gerissen wird / ist es nichts nütze. Nicht eben erbet ein Königreich das andere / sondern die Uneinigkeit macht / daß / was man in tausend Jahren gebauet / man in weniger Zeit wieder zerstöret.
Alle Länder und Herrschafften haben ihre Fälle. Die Chaldaeer verfolgeten die Palaestiner; die Idumaeer die Chalaeder; die Assyrier die Idumaeer; Die Perser die Assyrier; Die Argiver die Perser; Die Athenienser die Argiver; Die Lacedaemonier die Athenienser; Die Sidonier die Lacedaemonier; Die Rhodiser die Sidonier; Die Scythen die Rhodiser; Die Hunnen die Scythen; Die Alaner die Hunnen; Die Wenden die Alaner; Die Balearen die Wenden; Die Sardinier die Balearen; Die Africaner die Sardinier; Die Römer die Africaner; Die Dacier die Römer; Die Gothen die Dacier / und also biß auf diesen Tag / immer ein Königreich / Land und Provintz die Andere. Wie die angenehme Ruhe der Unterthanen den Regenten zur grossen Ehre gereichet / und durch die Einigkeit kleine Sachen zunehmen: Also nehmen gegentheils durch Zanck und Uneinigkeit die grösten und ansehnlichsten Dinge ab. Eine Stadt ist eine Vereinigung der Bürgerschafft und Einwohner / deren Wandel aufrich tig seyn solle. Leben sie untereinander erbar / ehrlich und aufrichtig / so müssen sie auch einig seyn / alldieweil die Einigkeit die Stütze ihrer Wohlfahrt ist. Nichts wird unter ihnen nachtheiliger gefunden / als wann sie unter sich selbst uneinig.
Die gewaltige Stadt Babel ward anderer Gestalt nicht / als durch der Bürger Uneinigkeit gewonnen / Carthago eingeäschert / das Königreich Juda gestöret / und die Lacedcemonier geschwächt. So lange als Rom in Einigkeit lebete / da blühete es; So bald die Griechen unter sich uneins / da geriethen sie unter des Königes Philippi in Macedonien Joch. Als die Stadt Numantia von den Römern eingeäschert / fragte Scipio der Jüngere den Fürsten Tiresia / wodurch die Stadt sich so lange hätte halten können? Worauf dieser Ihme zur Antwort gab / durch die Einigkeit / so bald aber dieselbe zutrennet / so hätten sie sich den Römern nicht widersetzen können. Gleichwie nun Einigkeit / Fried und Ruhe die vornehmsten Seulen eines Regiments sind: Also ist einem gemeinen Wesen / Lande oder Provintz kein schädlicher Gifft als die Uneinigkeit / dadurch alle gute Ordnungen zerrüttet / die Gerichte aufgehoben / die Gesetze verspottet / die Obrigkeit verachtet / Furcht / Ehre / Liebe / Treue und Glauben auf die Seiten gesetzet / und dadurch ein wüstes und wildes Leben eingeführet wird.
(Der Monarchen Stand.) Es werden aber dreyerley Arten auch zu einer Regierung gebrauchet / als da ist die Monarchi / Aristocrati und Democrati. Daß vor Al [283] ters und annoch eine Monarchi / worinnen nehmlich Fürsten / Könige und (Justinus lib. 1. Salustius in Catil.) Keyser regieret / dasselbe ist bekannt. Denn es war bey Vermehrung der Völcker und angehenden Landschafften bey den Königen ein Reich / und dieser Reichs-Nahme ist fast bey allen Völckern iederzeit für gut / und im üblichen Gebrauch gehalten worden. Gestalt denn bey der ersten Monarchi oder Reiche der Assyrier / Babylonier und Meder neun und viertzig Könige: Bey der andern und Persischen zehne / als Cyrus / Cambyses / Darius Hystaspis / Xerxes / Longimanus / Darius Nothus / Artaxerxes Mnemon / Artaxerxes Ochus / Arsames und Darius Codomannus: Bey der Dritten und Griechischen Alexander Magnus / und als dieser verstorben / und die Monarchi zertheilet / in Macedonien Aridäus des Alexandri Magni Bruder / Cassander / Philippus / Antipater / Demetrius Poliorcetes / Pyrrhus / Lysimachus / Ptolomoeus Ceraunus / Meleager / Antipater / Sosthenes / Antigonus Gonatas / Demetrius der Andere und Perseus: In klein Asien Antigonus und Demetrius: In Syrien Seleucus Nicanor / Antiochus der Erste / Antiochus des Andere / Seleucus Callinicus / Seleucus Ceraunus / Antiochus Magnus / Seleucus Philopator / Antiochus Epiphanes / Antiochus Eupator / Demetrius / Alexander Bala / Demetrius Nicanor / Antiochus Entheus / Tryphon / Antiochus Sidetes / Demetrius Nicanor / Alexander Zebenna / Antiochus Grypus / Antiochus Cyzicenus / und Tigranes. In Egypten Ptolomaeus Lagi / Ptolomaeus Philadelphus / Ptolomaeus Evergetes / Ptolomaeus Philopator Ptolomaeus Epiphanes / Ptolomaeus Philometor / Ptolomaeus Physcon / Ptolomaeus Lathurus / Ptolomaeus Alexander / Ptolomaeus Lathurus / Ptolomaeus Auletes / Ptolomaeus Dionysius / und Cleopatra des Ptolomaei Auletae Tochter. Bey der Vierdten und Römischen aber / bis auf den jetzigen unüberwindlichsten Römischen Keyser Leopoldum 126. Keyser gewesen / zugeschweigen derer unter diesen vier Monarchien aufgekommenen andern vielfältigen Königreichen / worunter das Cappadocische / Aeolische / Amazonische / Abyssinische / Bulgarische / Apulische / Dacische / Cumanische / Aethiopische / Cochinische / Ost- und West-Gothische / Scythische und Tartarische mit begriffen; und die Frantzosen von dem Könige Pharamundo; Die Athenienser von dem Cecrope / biß auf Codrum / die Lacedaemonier von dem Lelege bis auf den Cleomenem; die Ungarn von dem Attila; die Spanier von dem Athalarico: England von dem Brittone: Pohlen von dem Lecho: Böhmen von dem Zecho: Dännemarck von Dano / Schweden von Mogosa; Schottland von Fregusio, und andere von andern sind beherschet worden / welches dann auch mit dem Lauffe der Natur übereinkömmet. Denn dieses siehet man nicht alleine bey den Menschen / sondern auch an denen unvernünfftigen Thieren. Die Bienen haben ihren König: Die Heerden ihren Führer / und das Vieh ihren Regierer. Unter den Kranichen ist der ein Führer oder ein Fürste / der durch die Einwilligung der andern erwehlet wird. Und gleichwie die Theile der Menschen in einem Hertzen wachsen: also auch die Theile einer Stadt / unter einem König.
Als König Croesus über die Lydier herrschete / und seinen Bruder zum Mit-Regenten annahm / sagte ein alter Lydier zu ihm: Gleichwie / O König! den Erdboden eine eintzige Sonne erleuchtet / also können auch die Lydier nur einen König / nicht aber ihrer zweene leiben. König Alexander warff solches denen Persischen Gesandten des Darii mit solchen Worten für: Mundum â duobus solibus non posse regi: und sagte: daß die [284] Welt von zweyen Sonnen nicht könnte regieret werden. Es gereichet (Tacitus.) auch dieser Stand zu einem ersprießlichen Friede / wenn alle Macht und Gewalt auf einer Person beruhet. Ja es ist niemahls kein besser Mittel bey einem unruhigen und streitenden Vaterlande als dieses gewesen / wie wir dessen ein Exempel an dem Cajo Octavio / als bey der grösten Verwirrung die höchste Gewalt und Herrschafft an Ihn gefallen / zu sehen haben / indem Er durch seine Weißheit und Fleiß bald den erschrockenen und verwirreten Leib des Reichs wieder zu rechte brachte / welcher sonsten ausser diesem nimmermehr vereiniget und vertragen hätte werden können / wann Er nicht von einem eintzigen Gemüthe regieret worden wäre. Uber dieses so ist auch diese Form / Art und Weise zu regieren / nicht allein geruhig / sondern auch beständig / und wie die andren der Veränderung nicht so geschwinde unterworffen. Einer allein wird selten mit ihm uneins / ihrer viel aber gar leichtlich. Und ob wohl ihrer viel die Kunst zu regieren besser als Einer verstehen / so fallen sie doch einander gemeiniglich wegen der Begierde alleine zu herrschen / hinderlich.
Das Regiment gehöret von Natur denen Vortrefflichsten und Weisesten / die Tyranney aber denen unvernünfftigen Wüterichen. Wenn die Könige witzig / weise und verständig sind / da ist dieselbe Regierung für glückselig zu schätzen. Ein guter König und Regente muß die Stärcke mit der Sanfftmuth und Gütigkeit haben / damit man Ihn um seiner Mildigkeit halber um so viel desto eher verehre. Er soll bedencken / daß er ein Mensch / von GOTT aber die Gewalt zu regieren überkommen habe / Gött- und weltliche Rechte ausübe / und sich gegen seine Unterthanen freundlich erzeige: Wie nun ein Göttliches Haubt die Häubter der Erden aufgerichtet; Also ist auch das Monarchische Haubt unter allen das beste.
(Die gewönhliche Aristocratia.) Die andere Art ist die Aristocratia, allwo in einem Regimente die Höchsten regieren. Mit gewisser Bedingung pfleget offters einem und dem andern Staat eine andere Verfassung in dem Policey-Wesen zuträglicher zu seyn / und zwar wo entweder die Höchsten oder das gantze Volck Herren vor sich sind. Die höchste Regierung in einem gemeinen Wesen ist um so viel desto mehr herrlicher / um wie viel dererselben Nutz edler ist. Denn es ist sowohl bey Regierung eines Eintzigen / als bey Herrschung aller ins gemein vonnöthen / daß man die geheimden Dinge und vornehmsten Sachen entweder denen klügesten Räthen oder Verständigsten anvertraue / indem von denen Besten und Klügesten im Reiche auch die heilsamsten und besten Rathschläge herkommen. Dahero auch viel Völcker bewogen / daß sie diese Art zu regieren in ihre Städte eingeführet. Die Römer trugen denen Vornehmsten im Volcke / als die Könige bey ihnen aufhöreten / dergleichen (Schönb. in Politic.) Regierung auf / wie auch die Spartaner und heutiges Tages noch die Venetianer / und andere Republiquen mehr.
Man hat aber bey dieser Art zu regieren etliche Staats-Stücken in Acht zu nehmen. Deren Eines ist / wenn die Patritien und vornehmsten Geschlechter ihre Ehre / Würde und Hoheit unverletzt erhalten / und sich mit denen gemeinen nicht in Ehestand einlassen / alldieweil solche Verbündnisse nichts als einen befleckten Nahmen und schädliche Verwirrung der Geschlechter nach sich ziehen / also daß dadurch nichts reines verbleibet / sondern aller Unterschied aufgehoben / und keines der andern Geschlechte mehr känntbar gemacht wird. Zudem so haben auch solche vermischte Ehe-Verbindnüsse keinen andern Effect oder Gewalt / als daß dadurch die fast [285] viehische Art des Volckes und der Väter oder Vornehmsten Beyschlaff gemein gemacht werde / und der so daraus gebohren nicht weiß wes Geblütes / und ob Er aus einem gantzen oder halben Geschlechte entsprungen sey. (Livius.) Alle Zusammenkunfft des Volckes soll man vors 2. und zwar bey nächtlicher Zeit verbiethen / damit es nicht irgend einen schädlichen Aufstand wider die Vornehmsten erwecke / und solcher Gestalt hielte der Rath zu Rom den gemeinen Pöfel im Zaum. Gehen 3. etliche Geschlechte unter / so soll man an statt derselben neue aufbringen / welche in dero Würde und Fußstapfen treten / nach dem Exempel des Claudii / welcher einen jeden von altem Stamme oder Herkommen in die Zahl der Patritien aufnahm. Hiernächst soll man 4. denen Patritien einen und den andern Ort zu befestigen nicht verstatten. Zu Rom durste kein Patricius auf dem Schloße oder Capitolio wohnen. Als Valerius an dem hohen Ort Velia einen Bau aufführete / brachte er sich nicht wenig in Verdacht / als stünde er nach der Regierung. Reichthum hat in vielen Dingen den Vorzug und die Oberhand / indem man offters an dem Meere die herrlichsten Gebäude / auf den Bergen die erhabnesten Schlösser / und in den Städten aus zweyen / oder mehr Häusern Eins aufrichtet / und die grösten Unkosten darauf wendet / allein diese Bausucht thut dermassen dem gemeinen Manne / und denen Armen Nothleidenden welche / daß sie um des und anderer Dinge willen mehr zum Aufruhr / und den Waffen greiffen. Es sollen auch 5. die Vornehmsten / wenn der Pöfel einen Aufstand erwecket / die Stadt oder den Staat nicht verlassen. Denn als das Römische Volck in der Vejer Stadt und Landschafft (Cicero lib. 8. ad Attic. Ep. I.) wegziehen wollte / legten sich die Vornehmsten darwider / und wollten ihren uhralten Sitz auch in der äusersten Gefahr nicht fallen lassen. Solche Regiments-Forme aber schlägt öffters aus der Art / in eine andere Gestalt / da ihrer wenig nur regieren / dessen Schaden Catilina gar hoch aufzumutzen weiß / und saget Cicero / daß gleichwie die Monarchi in eine Tyranney (Salust. in Offic.) verwandelt wird: Also werden auch solche dahin bewogen / daß / wenn sie in dergleichen Regiersucht und Ehrgeitz gerathen / sie darüber endlich die Gerechtigkeit vergäsen. Hierunter aber sind ehrliche und aufrichtige Männer / welche in Vollziehung des gemeinen Wesens Geschäffte ihr Absehen auf einerley / nemlich auf der Stadt Bestes und Glückseligkeit richten / nicht zu verstehen.
(und die gefährliche Democratia.) Die britte Art ist die Democratia, in welcher alle Stände mit zu gebieten und zu bewilligen haben. Wie vor Alters zu Rom da zugleich der Rath / die Ritterschafft und die Gemeine regierten / alldieweil man dafür hielte / daß es der Billigkeit gemäß / daß diejenigen / welche alles zur Wohlfarth des Vaterlandes beytrügen / auch solche Aembter besässen / zumahl da auf solche Art durchgehends die Gesetze eingeführet / und dadurch die Freyheit der gantzen Bürgerschafft auf festen Grund gesetzet würde. Unter andern Gesetzen war auch dieses / daß man keinen Römischen Bürger tödten durffte. Dahero man denn auch den Römischen Bürgermeister Ciceronem / als Er die Feinde des Vaterlandes am Leben straffete / in das Exilium vertriebe. Thut man aber die Augen recht auf / so herrschen gemeiniglich bey einem solchen Regimente aufwieglerische und unruhige Köpfe / die auf ihre Beredtsamkeit sich verlassen / das gemeine Volck aufwiegeln / und wider die Höhern verhetzen. Wie solches an dem Demosthene zu Athen / Demade / Pericle / Alcibiade / und denen Zunfft-Meistern zu Rom [286] zu sehen / welche / nachdem sie der Vornehmsten ihre Authorität geschmählert / und sie derselbigen entzogen / hernach solche gerichtlich angeklaget / (Valerius Maximus lib. 8. c. 9.) und entweder sie verjagen / oder zum Tode verdammen lassen. Uber dieses ist dieser Staat gemeiniglich zur Neuerung Aufruhr und Zwitracht geneiget. Welches aus dem dreyfachen Wegzuge des Römischen Volcks deren Einer auf den Montem Sacrum, der Andere auf den Berg Aventinum, und der Dritte in die Stadt Janiculum geschahe / erhellet. Dannenhero auch dasselbe nicht wieder zurücke kehren wollen / biß man durch das Hortensische Gesetz beschloß / daß in Zukunft des Volckes Gutachten die Krafft eines Gesetzes haben sollte. Letzlich so werden auch des Pöfels Gemüther durch die Begierde zu herrschen nicht wenig angefrischet / also daß hierdurch nichts schädlichers oder nachtheiligers zu finden ist.
(Georgius Lauterbeck. in Speculo Princip.) Bey den Gelehrten fallen unterschiedene Meinungen vor / welche unter diesen Regierungen die beste. Etliche billigen die Democrati; Etliche aber schliessen dahin / daß des Pöfels Regiment so wohl als die Tyranney zu verwerffen / indem man sich bey demselben selten etwas Gutes zu getrösten / und so wenig als es möglich / daß alle in einem Hause zugleich regieren könnten / so wenig wäre es auch möglich / daß alle ins gesammt in einem Lande oder Stadt das Regiment zu haben vermöchten. Etliche halten die Aristocrati / darinnen man etlichen weisen und verständigen Leuten die Regierung befiehlet / für die beste: alldieweil nach des Aristotelis Meinung ihrer Zweene oder Etliche / mehr sehen und verrichten können als Einer alleine. Dahero sich auch Agamemnon gewündschet / daß Er zehen solcher Räthe / die dem Nestor an Weißheit gleich wären / haben möchte. Etliche aber die Monarchi. Denn gleichwie die Bienen nicht mehr als einen König / Regenten und Heerführer / desgleichen der Himmel nicht mehr denn eine Sonne hätte / also sollte auch nicht mehr denn ein Regente seyn. Wohin dann auch Homerus zielet / wenn er saget:
Nec multos regnare bonum, rex unicus esto,
Unicus Imperium cui Jupiter aurea magnus
Sceptra dedit, jussit??? suis dare jura tuendis.
Viel Köche versaltzen gemeiniglich die Speise. Wo viel Herren das Regiment führen / da ist nichts als Zanck / und Uneinigkeit / und ein jeder beruhet auf seinem Kopfe. Also daß Einer dieses ein Anderer aber was anders befiehlet. Lebet man aber unter einem eintzigen Regiments-Haubte / und dasselbe liebet in Reichs-Geschäfften / und andern wichtigen Regierungs-Sachen / die Weisen / Gelehrten / und Erfahnen / So lebet man darunter sicherer als bey denen andern. Gleichwie nun aber das Gemüthe eines Regenten bey einem Königreiche oder Lande ein grosser Zierath: Also wollen wir auch eines Königes Potentaten und grossen Herrns Qualitäten / Eigenschafften und gebührendes Amt mit wenigen besehen.
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