Dominus que pars
Lauri Marjamäki. TEI-Kodierung durch Jenny Malinen

Inhaltsverzeichnis

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  1. Überlieferung
    1. Standort der beschriebenen Ausgabe
    2. Weitere digitalisierte Dominus que pars-Texte
  2. Verfasser
  3. Inhalt
  4. Kontext und Klassifizierung
  5. Rezeption
  6. Bibliographische Nachweise und Forschungsliteratur

1. Überlieferung[arrow up]

Das Incipit Dominus que pars benennt eine umfassende Familie von grammatikalischen Kompilationen mit unterschiedlicher Länge und variierendem Inhalt. Gemeinsam haben die Texte, dass sie von einem bestimmten Beispielwort zu jeder Wortart ausgehen (‚parsing grammar‛ oder ‚Ianua‛-Grammatik) und dabei grammatikalisches Grundwissen aus Donatus, Priscianus und späteren Grammatiken abfragen und wiederholen. Die Überlieferung der hier zuzuordnenden und oft einem ‚Remigius‛ zugeschriebenen Handschriften setzt in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts ein und mündet in einer großen Zahl von Inkunabeln ab den 80er Jahren des 15. Jahrhunderts. (Black 2001: 46) Das Eingangswort ist meistens ‚Dominus‛, es kann aber auch variieren: ‚Remigius, Hieronymus, Iohannes‛; darüber hinaus tragen manche Texte den Titel Regulae Remigii. Mehr oder weniger zur selben Textsorte gehören auch die norditalienischen Ianua-Elementargrammatiken, die nach dem einleitenden Gedicht Ianua sum rudis mit dem Beispielwort ‚Poeta‛ ansetzen. Hier wird ein Dominus que pars-Traktat näher beschrieben, das aus verschiedenen scholastischen Quellen bereichert worden ist.

1.1. Standort der beschriebenen Ausgabe[arrow up]

1.2. Weitere digitalisierte Dominus que pars-Texte [arrow up]

2. Verfasser[arrow up]

Der Verfasser des ‚ursprünglichen‛ Dominus que pars ist unbekannt, da der Name ‚Remigius‛ mit keiner historischen Persönlichkeit eindeutig in Verbindung gebracht werden kann. Man hat zwar Remigius von Auxerre (9./10. Jh.) und Remigius von Mettlach (9./10. Jh.) vorgeschlagen, jedoch keine überzeugenden Beweise vorbringen können (Töns 2008: 339-340, Flesch 1991: 63); nicht auszuschließen ist, dass der Name ‚Remigius‛ in den Handschriften oder Bibliotheken als eine reine Grammatikerbezeichnung verwendet wurde, nachdem er sich durch den Donatus-Kommentar von Remigius von Auxerre etabliert hatte. Die vorliegende Version ist von Konrad Kachelofen gedruckt, der für das klare und saubere Äußere zuständig gewesen sein dürfte; der inhaltliche Bearbeiter ist unbekannt.

3. Inhalt[arrow up]

Die Behandlung der Wortarten erfolgt jeweils als eine Antwort auf die Frage, welcher Wortart ein Beispielwort zugehört. Den simplen und einprägsamen Beispielwörtern (‚Dominus – Ego – Amo – Hodie – Legens – Et – Ad – Heu‛) folgen die Wortartdefinitionen sowie die morphologischen und semantischen Kategorien, Akzidentien. Der Text verfährt fast durchgehend katechetisch, abfragend. Die Abfolge der Redeteile oder Wortarten ist aus dem Donat übernommen, während die Ianua in dieser Hinsicht dem Priscianus folgt. (Schmitt 1969: 69).

Allerdings stammt gleich nach der Aufzählung der Wortarten die Definition des Nomens von Priscianus, ‚nomen est pars orationis quae unicuique subiectorum corporum seu rerum propriam vel communem distribuit qualitatem‛, – das Nomen ist die Wortart, die Körpern und Sachen eine eigene oder allgemeine Qualität zuteilt. Noch vor der eigentlichen Abhandlung der Wortarten wird die ‚locutio‛, die Aussage, in ‚suppositum‛ (Subjekt) und ‚appositum‛ (Prädikat) eingeteilt.

Die Akzidentien des Nomensdominus‛ werden in der Reihenfolge ‚qualitas, comparatio, motio, species, genus, numerus, figura, casus‛ behandelt. Unter ‚motio‛ wird die Bildung der femininen Form ‚domina‛ als eigenes Akzidens behandelt; die übrigen Akzidentien stammen von Donatus und Priscianus. Das Beispielwort ‚dominus‛ trägt demnach folgende Charakteristika: Appellativum, nicht-steigerungsfähig, movierbar zur femininen Form ‚domina‛, unabgeleitet (‚primitivum‛), derivierbar zu ‚dominator‛ usw. Diese Informationen führen zur weiteren Erklärung der Akzidentien, etwa zu den Bildungsregeln der Steigerungsformen, zu Beispielen von zusammengesetzten Wörtern (‚infelix‛) und zu der Aufzählung der Deklinationen. Die Regeln zur Bildung der Steigerungsformen sind recht gründlich mit Hilfe von Zitaten aus dem Doctrinale. des Alexander de Villa Dei erörtert, wohingegen der Abschnitt über die Deklination sehr kurz ist. Im Allgemeinen bietet das Traktat eine Wiederholung über die elementare Mechanik der Formenlehre, z.B. „Si positivus fuerit secunde vel tercie declinationis et terminatur in er. tunc superlatiuus formatur a n[omina]tiuo singulari vt pauper addendo rimus fit pauperrimus“, setzt aber ihre Kenntnis voraus, da nur sehr wenige Beispiele vorkommen.

Dementgegen wird auf die Terminologie und ihre schematische Erläuterung mehr Wert gelegt. Dabei wird zum einen die inhaltlich-logische Bedeutung definiert, zum anderen die Herkunft des Begriffes dargelegt. Zum Beispiel ist der Positiv als eine Steigerungsform definiert, die ihr ‚significatum‛ absolut und ‚sine excessu‛, also ohne über etwas hinauszugehen, bedeutet; das Wort ‚positivus‛ stammt vom Verb ‚pono‛ (legen) ab und hat seine terminologische Bedeutung daher, dass der Positiv das „Fundament“ für die übrigen Formen legt. Wegen des etwas starren Schematismus sind die Erklärungen zum Teil trivial: „Unde dicitur comparatio. a comparando quia per eam comparamus“.

Die Akzidentien des Pronomens werden zwar nicht aufgezählt, jedoch folgt ihre Erörterung ungefähr derselben Reihenfolge wie beim Nomen: ‚qualitas, species, genus, persona, declinatio‛. Das Traktat zählt ausschließlich die Personal- und Demonstrativpronomina zu den Pronomina und folgt darin Priscianus, seinen mittelalterlichen Kommentatoren sowie dem Doctrinale. Dennoch wird die Kategorie der infiniten Pronomina [Relativ- und Indefinitpronomina] erwähnt, zu der die ‚‚Pronomina außerhalb des Satzes‘‛ (‚extra oratione posita‛) gehören.

Die Pronomina werden wie bei Priscianus in vier Deklinationen eingeteilt. Die erste Deklination zeichnet sich durch den Genitiv auf -i bzw. -is aus. (Diese zweite Form ‚mis, tis‛ pro ‚meus, tuus‛ (dt. mein, dein) ist zwar schon im klassischen Latein abhanden gekommen, breitete sich aber über die grammatische Tradierung erneut in der mittelalterlichen Dichtung aus. (Stotz 1998: 123-124)) Dem scholastischen Duktus gemäß wird angegeben, dass die Pronomina aus zwei Gründen ‚‚erfunden sind‘‛ (‚sunt inventa‛): aus Notwendigkeit (‚causa necessitatis‛), weil die gewöhnlichen Nomina dritter Person sind und somit die erste und zweite Person eigener Ausdrücke bedürfen, und aus Bequemlichkeit (‚causa comoditatis‛), um die Wiederholung ein und desselben Wortes durch Pronomina der dritten Person zu vermeiden. Diese Zweiteilung findet sich auch in einigen Priscianus-Kommentaren ab dem 12. Jahrhundert: Petrus Helias’ Summa (Reilly [Hrsg.] 1993: 204) sowie den Priscianus-Kommentaren von Wilhelm von Conches und Wilhelm von Champeaux 1 .

Die Akzidentien des Verbs entsprechen Donatus: ‚qualitas, coniugatio, genus, numerus, figura, tempus, persona‛. Bei der donatschen Definition der ‚qualitas‛ finden wir eine ähnliche Problematik wie bei der ‚qualitas‛ des Pronomens, denn dieses Akzidens vereint gänzlich unterschiedliche Kategorien unter einem Begriff. Der Verfasser findet jedoch zu der spitzfindigen Lösung, dass ‚qualitas‛ bei den Verben nicht vorkomme, sondern zweigeteilt sei: in Modus und Form (=Ableitung). Außerdem soll es noch die Gemütsbewegung (‚affectus animi‛) bedeuten, also die verschiedenen Gebrauchsweisen der Modi (z.B. der Indikativ in affirmativer oder anzweifelnder Bedeutung), von denen Priscian einige im Syntaxteil (GL 3: 156, 235ff.) erwähnt. Vor allem dem Imperativ ist eine besondere, den Bedeutungen des Adverbs oder der Interjektion ähnelnde, Einteilung in acht verschiedene Anwendungen hinzugefügt. Möglicherweise sind sie einer Versgrammatik entnommen, da in der Straßburger (1486: 7v) sowie Kachelofener (1495: 9r) Version folgendes Zitat steht: „Imperat hortatur promittit consulit orat Temptat et applaudit indignaturque secundus.“ Die Beispiele sind biblisch: der „temptative“ Imperativ sei z.B. in ‚ymola filium tuum quem diligis ysaac‛ zu betrachten.

Auch hier kommen zahlreiche herkömmliche Etymologien der Begriffe vor: z.B. ‚verbum‛ von ‚verberare‛ und ‚persona‛ von ‚personare‛. Im Übrigen ist der Abschnitt über das Verb recht kurzgefasst: die Konjugationen werden lediglich aufgezählt und nach Vokalklassen eingeteilt.

Dem Adverb fallen wie üblich drei Akzidentien zu: ‚significatio, comparatio‛ und ‚figura‛. Der Text betont die syntaktische Abhängigkeit des Adverbs vom Verb: die Bedeutungen der Adverbien dienen dazu, Zeit, Ort, Menge (‚numerus‛) oder Negation des Verbs zu determinieren. Bei der Steigerung und Zusammensetzung (‚figura‛) des Adverbs wird lediglich auf die entsprechenden Stellen des Nomens hingewiesen.

Beim Partizip entsprechen die Akzidentien von ‚legens‛ weitestgehend der Darstellung in der Ars Minor. von Donatus; Priscianus entstammt die Information, dass die Partizipien entweder einfach oder aus bereits zusammengesetzten Wörtern gebildet, jedoch nicht zusammengesetzt sein können.

Ins Auge fallen die modistischen Definitionen der Präposition, Konjunktion und Interjektion. ‚Et‛ sei eine Konjunktion, weil es andere Redeteile im Satz (‚in oratione‛) miteinander verbindet, modistisch ausgedrückt ‚significans per modum coniungentis alias partes in oratione‛. Die Einteilung in beiordnende Konjunktionen (‚per vim‛) und unterordnende Subjunktionen (‚per ordinem‛), stammt über eine spätere vermittelnde Quelle aus Priscianus (GL 3: 93), während die drei Akzidentien ‚potestas, ordo‛ und ‚figura‛ wieder von Donatus übernommen sind. Die Bedeutungen oder ‚‚Gewalten‘ ‛(‚potestates‛; kopulativ, disjunktiv, expletiv, kausal, usw.) werden dann aufgezählt und den Kon- bzw. Subjunktionen eingeordnet. Recht verwirrend mutet die Beschreibung der Wortfolge an, da das Beispielwort ‚et‛ zuerst als ‚commune‛ (sowohl vor- als auch nachgeordnet) bestimmt wird, zwischendurch aber auch die Enklitika erwähnt und danach zwei neue Terminologien mit „(un-)vermischter“ Wortfolge oder „nach Art der Präposition/Subjunktion“ eingeführt werden. Offenbar liegt hier auf engem Raum eine Kompilation aus verschiedenen Quellen vor.

Die Definition der Präposition gleicht dem Wortlaut nach Martinus de Dacia (spätes 13. Jh.), ‚parsorationis significans per modum retorquentis casuale ad actum‛ etc.: ‚‚die Präposition dient dazu, eine Kasusform zur Handlung zurechtzubiegen‘‛. Was es damit auf sich hat, wird hier nicht erklärt. Dem modistischen Grammatiker Martinus zufolge ermöglichen die Präpositionen die weitere Bestimmung intransitiver Verben und machen dadurch die Kasusformen mit ihnen kompatibel. (Roos [Hg.] 1961: 17-18) Die Präpositionen werden ferner wie in der Ars minor in trennbare und nicht-trennbare (= Präfixe) eingeteilt.

Nach der donatschen Definition der Interjektion (‚significat mentis affectum voce incognita‛) leiten weitere modistische Definitionen zu philosophischen Fragen über das Verhältnis von Sprache und Gefühl über: ‚parsorationis significans per modum affectionis mentem. vel (…) per modum affectum animi repraesentans sub dolore gaudio tristitia timore etc.‛‚‚Die Interjektion ist ein Zeichen für das Gemüt (‚mens‛) mittels des Modus der Empfindung oder aber eine Wortart, die mittels des[selben?] Modus die seelische Empfindung bei Leid, Glück, Trauer, Angst usw. vorträgt‘‛. Interessant ist darüber hinaus die Etymologie von ‚‚Interjektion‘‛ von ‚‚zwischen‘‛ (‚inter‛) und ‚‚werfen‘‛ (‚iacere‛), denn seltenerweise leuchtet hier in den ansonsten theoretisch-trockenen Text ein wenig gelebte Wirklichkeit hinein: ‚ut cum ego cogito de bella domina quam video tunc inter cogitationem et hoc quod volo loqui pono interiectionem in medio ut sic. Ach quam pulchram mulierem ego video.‛ (‚‚Wenn ich an eine schöne Frau denke, die ich gerade sehe, dann setze ich zwischen den Gedanken und die Aussage die Interjektion, wie z.B. Ach, wie schön ist die Frau, die ich sehe‘‛.)

4. Kontext und Klassifizierung[arrow up]

Die Remigius-Traktate haben alle dasselbe Ziel: die Übung der abstrakten grammatikalischen Terminologie. Wie Pinborg (1982: 66) zur 1486 in Schleswig erschienenen Grammatik bemerkt, stellen die späten ‚Remigius‛-Schriften eine ziemlich erwartungsmäßige Kompilation der mittelalterlichen Doktrin dar, zusammengefasst aus antiken Grammatiken und daneben vor allem dem Doctrinale. Die Funktion dieser Traktate ist es, das Grundwissen zu wiederholen und argumentative Muster einzustudieren, wenn auch der genaue Ort im schulischen Curriculum variieren mag. Auf jeden Fall hat ein Großteil der Schriften des 15. Jahrhunderts dazu gedient, die Schüler durch eine gründliche Wiederholung des Grundwissens über die Grammatik zum Studium der Metrik, Stilistik und Philosophie, also zum universitären Studium weiterzuleiten (Töns 2008: 335; vgl. Bodemann 1997). Der Druckort und die modistische Ausrichtung des vorliegenden Traktates deuten insbesondere auf das Umfeld der Leipziger Scholastik.

Allerdings kommen auch in den Druckschriften sehr kurze und einfache Fassungen vor, z.B. gibt es zwei englische Versionen (London, 1496 und 1500), in denen die Grammatik nur einen zweiseitigen Anhang zu Donatus’ Ars Minor darstellt.

Es ist schwierig zu ermitteln, welche der Dominus que pars-Versionen zusammengehören, da die Verfasser ihre Auswahl der zu berücksichtigenden Stellen in den Referenzgrammatiken (oder im eigenen Gedächtnis) immer individuell getroffen haben und stets etwas Neues zu ihrer Vorlage hinzugefügt haben. Der vorliegenden Version sehr ähnlich ist u.a. die Kachelofener Ausgabe von 1495, die als Teil des größeren Sammelwerks Compilatio grammaticae et logicae erschien. Auch die Straßburger Ausgaben von 1486 und 1501 sind ihr recht ähnlich. Diese drei anderen Versionen weisen nur kleinere Unterschiede auf: z.B. werden die Verfasser der zitierten Versgrammatiken nicht erwähnt und andere Beispiele herangezogen. Auch wenn die Definitionen nicht deckungsgleich sind, haben diese Texte doch gemeinsam, dass sie noch mehr Gewicht auf die Einübung der universitär einzustufenden scholastischen Theorie legen als die meisten Exemplare und eine besonders große Fülle an Versen aufweisen. Begriffe der Satzlehre, wie ‚suppositum‛ und ‚appositum‛ oder der Gebrauch der Modi sind außerdem in die Wortartenlehre eingegliedert. Im Verhältnis zu diesen Grammatiken ist z.B. das Fundamentum scholarium (Hagenau 1494, Köln 1505), Compendium octo partium (Basel 1485) oder der einzeln in Lübeck 1521 gedruckte Remigius sive Dominus que pars sowie die Regula Remigii (Straßburg 1512) klarer von der Struktur, ein wenig einfacher vom Niveau und in der Terminologie weniger scholastisch.

Das Zitieren aus Versgrammatiken ist schließlich für viele Remigius-Drucke eigentümlich. Seltenerweise werden in unserem Text die Verfasser der Zitate oft, wenn auch nicht immer, erwähnt: zitiert wird vor allem aus dem Doctrinale von Alexander de Villa Dei (ca. 1200); daneben dem Petrus Helias fälschlicherweise zugeschriebenen ‚versifizierten‛ Priscianus (13. Jh.) 2 sowie den Flores Grammatice (13. Jh.) von Ludolf von Luchow. Wahrscheinlich sollten die Verse den Text leichter zum Auswendiglernen machen sowie an Stellen erinnern, die in den Werken selbst bereits einstudiert worden waren. An frühere Kenntnisse erinnert unter anderem ein nur zum Teil abgeschriebenes Doctrinale-Zitat (vgl. Reichling [Hrsg.] 1893: 10), das eigentlich alle Nomina mit Pronominalflexion aufzählt (‚Unus et ullus, uter etc‛) aber hier mitten im Vers abbricht.

Man findet die Grammatik bisweilen allein für sich gedruckt, bisweilen aber auch als Teil eines größeren Lehrwerkes. Viele von den Handschriften sind mit Donatus’ Ars Minor, mit dem Doctrinale des Alexander de Villa Dei oder anderen Versgrammatiken zusammengebunden. (Bursill-Hall 1981) Besonders oft sind dem Dominus que pars Abhandlungen zur Syntax angehängt, die Regimina, Regulae congruitatum und/oder Regulae minores. Größere gedruckte Sammelwerke aus dem ausgehenden 15. Jahrhundert, in denen der Text begegnet, sind Johannes Kerckmeisters Fundamentum scolarium, das Compendium octo partium orationis von William Zenders de Wert sowie die Compilatio grammaticae et logicae.

Black zufolge geht die große Vielfalt des 15. Jahrhunderts auf einen recht einfachen Text zurück, der im Grunde nur die Ars Minor wiederholt. Diesen Typus finden wir z.B. in dem von Pinborg gedruckten Text des Pariser Manuskripts (12. Jh.) (Black 2001: 46, Pinborg 1982: 65, 80-83); wir finden ihn aber auch in den oben erwähnten englischen Drucken wieder. An sich ist die Textsorte noch viel älter und geht auf frühmittelalterliche und spätantike Grammatiken mit Wortartenanalysen von einzelnen Wörtern eines Textes (engl. ‚parsing grammar‛) zurück. Peter von Pisas Grammatik aus dem 8. Jahrhundert enthält eine solche Passage, die das Nomen ‚poeta‛ analysiert und ihm die Akzidentien des Nomens zuweist; von Paulus Diaconus ist außerdem eine ähnliche Analyse zum Wort ‚doctus‛ überliefert (Luhtala und Reinikka 2019: XXIX, XXXV-XXXVI). Inspiriert wurden diese frühmittelalterlichen Grammatiker wiederum von Priscianus’ Partitiones, welche die zwölf ersten Strophen der Äneis Wort für Wort in metrische und grammatikalische Kategorien zerlegt und ihrerseits auf griechische Vorlagen zurückgreift. (Glück 1967: 43).

5. Rezeption[arrow up]

Dieser Typ von grammatischen Lehrtraktaten war im Schulunterricht äußerst beliebt – sie wurden vorerst als Manuskripte verbreitet und noch im 16. Jh. vielerorts in unterschiedlichen Versionen gedruckt. Von der Popularität zeugt die Anzahl von erhaltenen Handschriften (Bursill-Hall: 39) und Inkunabeln (über 100 Exemplare 3 ). Die Schrift diente erfolgreich als Übungsmaterial und es war leicht, ihr unterschiedliche Inhalte hinzuzufügen, je nach Geschmack und Ausrichtung. Der in vielen Versionen der Jahrhundertwende spürbare Einfluss der modistischen Grammatik nimmt in den späteren Drucken (1512 und 1521) wieder ab, was diese auch in den Kontext der neuen grammatischen Lehrbüchern des 16. Jahrhunderts rückt. (vgl. Pinborg 1982: 74)

‚Remigius‛ wird noch um 1500 von Arnoldi als grammatikalische Autorität neben Donatus, Priscianus, Diomedes, Valla und anderen erwähnt. In seiner Grammatik Interpretatio Donati (1509: C2r) stellt Arnoldi u. a. fest, dass Donatus’ Einteilung in finite und infinite Pronomina mit ‚Remigius’‛ Lehren nicht einhergeht: „Si arguitur Remigius dicit pronomen significare substantiam sine qualitate ergo qualitas non accidit pronomini“. (‚‚Da ‚Remigius‛ zufolge die Pronomina keine Qualitas haben, sei die Aufteilung in infinite und finite Pronomina inkonsequent.‛)

Zu Beginn des 16. Jahrhunderts war ‚Remigius’‛ Stern jedoch bereits im Sinken, weil Grammatiken neuen Formats – allen voran Melanchthons Grammatica Latina – bald den Markt erobern würden. Wegen des modistischen Sprachgebrauchs dürfte die vorliegende Version ziemlich bald aus dem Gebrauch geraten sein. Die letzten Dominus que pars -Traktate wurden in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts gedruckt.

6. Bibliographische Nachweise und Forschungsliteratur[arrow up]


1 Priscianus Caesariensis, Brugnolus Benedictus (Hrsg.) 1488: [con 6v].

2 [Pseudo-]‚Pe[trus] Helias‛ wird im Text zweimal beim Namen genannt und zitiert (‚Remigius‛ 1497: [A4v]; vgl. Ps.-Helias 1499: 187r) Der versifizierte Priscianus wurde 1499 in Straßburg gedruckt, laut Percival (1999: 80) zum ersten und einzigen Mal. Zur Datierung der Schriften, siehe Law (1999: 65).

3 GW 10988-11008 (Teil von Compendium octo partium oder Compilatio grammaticae et logicae), 11010-11013 ( Adalbertus quae pars etc.), 11121-11204 ( Regula Dominus que pars). Darüber hinaus findet sich der Text in als Donatus (z.B. GW 08909) oder Doctrinale (z.B. GW 00966) betitelten Werken, so dass die Gesamtanzahl wahrscheinlich noch beträchtlich höher ist.

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