Es tu scholaris
Aino Kärnä

Inhaltsverzeichnis

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  1. Überlieferung
    1. Standorte der frühen Ausgaben (Auswahl)
  2. Verfasser
  3. Inhalt
  4. Kontext und Klassifizierung
  5. Rezeption
  6. Bibliographische Nachweise und Forschungsliteratur

1. Überlieferung[arrow up]

Der Erstdruck dieser Inkunabel ist nicht mit Sicherheit auszumachen, da in den frühen Ausgaben das Druckjahr nicht angegeben ist. Mit großer Wahrscheinlichkeit kann aber die Erstausgabe in die zweite Hälfte bzw. an das Ende des 15. Jahrhunderts angesetzt werden.

Das Werk ist in Reutlingen bei Michael Greyff um 1493/96 mit dem vollständigen Namen Perutilis ac compendiosa materia pro iuuenum et puerorum informatione atque eruditione satis magistraliter compilata. Cui nomine Es tu scholaris herausgekommen. Ein solches frühes Exemplar befindet sich in den Beständen der HAB in einem Konvolut zusammen mit Franciscus Nigers Modus epistolandi. , Jacob Wimphelings Elegantiarum medulla. , einer Interlinearversion von Rudolph Agricolas Praecepta Isocratis. und weiteren Werken. (Signatur: H: P 624.4° Helmst. (4)) 1 Unter dem Titel Es tu sc[h]olaris wurden entsprechende Schriften an vielen Orten (u.a. Reutlingen, Heidelberg, Nürnberg, Augsburg, Köln, Freising, Memmingen, Leipzig, Ulm, Basel) herausgegeben. Die Ausgaben, mitunter auch anders betitelt, sind inhaltlich leicht unterschiedlich, und zwar nicht nur zwischen den im GW angegebenen zwei Fassungen, sondern der Textinhalt oder die Anordnung insgesamt variieren, doch das Gesamtkonzept bleibt gleich: Die Fibel bietet in Form von Fragen und Antworten eine Anleitung zur lateinischen Sprache und ihrem Gebrauch und außerdem ethische und moralische Lehren. Sie wurde bis ins 16. Jahrhundert gedruckt.

Da diese Schrift eine relativ weite Verbreitung fand, ist sie auch in vielen mitteleuropäischen Bibliotheken vorzufinden. Der Gesamtkatalog der Wiegendrucke (GW) führt 32 Ausgaben aus der Zeit zwischen 1493 und 1505 auf, und das Verzeichnis der Drucke des 16. Jahrhunderts (VD16) weitere 8 Drucke aus dem deutschsprachigen Raum. In anderen europäischen Ländern gedruckte Ausgaben sind nicht belegt, aber Sheffler (2008:99, Anm. 53) weist auf ähnliche Texte in England hin, ohne sie genauer zu identifizieren.

1.1. Standorte der frühen Ausgaben (Auswahl)[arrow up]

2. Verfasser[arrow up]

Der anonyme Verfasser ist nicht ermittelt worden. Neben dem ursprünglichen Autor haben andere anonyme Bearbeiter den Text editiert, ihn gekürzt oder erweitert oder den Stoff anders geordnet.

3. Inhalt[arrow up]

Bei diesem Büchlein handelt es sich nicht um eine Grammatik im üblichen Sinne, wie wir sie aus dem grammatischen Kanon kennen. Es ist ein Sprachführer, ein Lehrermanual, das bei der Beantwortung von Fragen der Schüler behilflich sein soll. Das Ziel ist, bei der Erweiterung des Wortschatzes zu helfen und Muster für nützliche Wendungen zu geben. Grammatisches Wissen wird nur am Rande gegeben.

Es ist ein vielfältiges Lateinlehrwerk, das den sprachlichen Stoff mit Hilfe von Fragen und Antworten über Einzelwörter und lateinische Wendungen einführt und daneben Ethik und Moral anhand von Beispieldialogen unterrichtet.

Auf dem Titelblatt findet sich in dieser Reutlinger Ausgabe der vollständige Titel und darunter ein Holzschnitt mit einer Schulszene: Magister am Pult mit seinen Schülern.

Am Anfang steht die Frage „Es tu scolaris“ (‚Bist du ein Schüler?‘), darauf die bejahende Antwort ‚sum‛ und die Donatsche Begründung dazu: „Sum que pars. Est verbum. Quare? que est pars orationis cum tempore et persona sine casu agere aliquot aut pati aut neutrum significans.“ (‚Was für ein Redeteil ist ‚sum‛? – Ein Verb. – Warum? – Weil es eine Wortart mit Tempus und Person ist, ohne Kasus (und) ein Tun oder Leiden oder keins von beiden (neutrum) bedeutet.‘). Die drei anderen anomalen Verben ‚volo, edo, fero‛ werden angeführt und nach einer ausführlichen Behandlung des Verbums ‚sum2 und seinen grammatischen Eigenschaften folgt der Rat, es sei günstiger eine Frage mit dem Verb ‚sum‛ zu bejahen, statt ein Adverb (‚ita‛) zu gebrauchen, da ein Verb ein deklinierbares Wort sei und diese würdiger seien als die undeklinierbaren. 3 ([a2v]))

Dann werden weitere Fragen gestellt, in denen das Wort ‚sc[h]olaris‛ mit anderen Berufs- und Tätigkeitsbezeichnungen ausgewechselt ist. Einige Fragen sind humoristisch bzw. verfänglich; es wird nämlich u.a. erkundigt, ob der Junge ein Tellerwäscher, ein eheliches Kind, ein Umlaufer, Leitersteiger, ein Dieb, ein Mörder u.dgl.m. sei. Und ferner, ob er ‚felix‛ (‚fromm‘), ‚infelix‛ (‚unselig‘) oder ‚follus‛ (‚ein Dummkopf‘) sei (a3r). Die Frage wird entweder bejaht oder verneint, und die Antwort erfährt mitunter auch eine Begründung: „Quare est tu scolaris? Quia frequenter vado ad scolas et disco litteras.“ (a2v).

Vereinzelt sind (frühneuhoch)deutsche Entsprechungen zu einzelnen Vokabeln oder auch ganze Sätze eingebaut. Der volkssprachliche Anteil und seine Stellung im Text variieren: in der vorliegenden Ausgabe finden sich die deutschen Interpretamente vorwiegend am Anfang bei den Berufsbezeichnungen, in späteren Ausgaben (z. B. in der Augsburger Ausgabe, 1503) kann bisweilen ein muttersprachlicher Satz zuerst und die lateinische Form danach stehen. (vgl. 1503: b4r -b5r) Die volkssprachlichen Interpretamente widerspiegeln die Mundart des Druckortes und sind in den verschiedenen Ausgaben entsprechend unterschiedlich.

Auch einige grammatische Grundbegriffe werden erörtert. Zur Erläuterung des Begriffes ‚Grammatik‘ heißt es, sie sei eine Wissenschaft über richtiges Sprechen und Schreiben und der Ursprung und das Fundament aller freien Künste (‚artium liberalium origo et fundamentum‛), eine Definition, die bereits auf Isidor von Sevilla (6./7. Jh.) zurückgeht. Ihre Etymologie wird aus dem Griechischen hergeleitet, und ihr Umfang wird als Orthographie, Syntax, ‚Etymologie‛ (d.h. die Formenlehre) und Prosodie bestimmt. Der Begriff ‚littera‛ wird recht ausführlich erörtert, indem auch andere Alphabete, etwa das hebräische, syrische, ägyptische und griechische genannt werden. Das lateinische Alphabet, das laut unserem Lehrbuch von Carmenta 4 eingeführt sei, wird in Vokale und Konsonanten (einschließlich ‚mutae‛ und ‚semivocales‛) eingeteilt, und beide werden ausführlich besprochen. Dieser Abschnitt geht weit über das Grundwissen über die Buchstaben hinaus. Die Erklärungen zu den Begriffen ‚sillabe, dictio‛ und ‚oratio‛ folgen. (a4v – a6r) Diese Definitionen stammen aus Priscians Institutiones bzw. aus einem Kommentar dazu.

Der Lehrstoff für die verschiedenen Lernstufen von den ‚tabulistis‛ und ‚cathonistis‛ über die ‚donatistis‛ bis zu den Fortgeschrittenen ‚alexandristis‛ wird kurz präsentiert. Diese Stufen widerspiegeln die Abfolge der damaligen Unterrichtsmaterialien: am Anfang wurde die „Tabula5 , d.h. das Alphabet, das Vaterunser und das Credo gelernt. Als ihr Inhalt wird der katholische Glauben ‚fide catholica et orationibus dei sanctorum et sanctarum‛ festgelegt. (a6r) Über den Lehrstoff für ‚cathonistis‛ heißt es hier, es handle sich um ein Buch in Versform über Ethik und Moral. 6 Die Inhaltsangabe umfasst auch die Erläuterung des Begriffes ‚virtus‛ (‚Tugend‘).

Das Lehrpensum für ‚donatistis‛ wird wie folgt beschrieben: „Quid est donatus? Est liber prosaice a donato editus tractans de octo partibus orationis et accidentibus earundem. […] Quot sunt partes orationis declinabiles? quattuor. que? Nomen, pronomen, verbum et participium. […] Quot sunt partes orationis indeclinabiles. Etiam quattuor. que? Adverbium, coniunctio, prepositio & interiectio.“ (‚Was ist donatus? – Es ist ein Buch in Prosa von Donatus, welches die acht Wortarten und ihre Akzidentien behandelt. – Wie viele Deklinierbare gibt es? – Vier. – Welche? – Nomen, Pronomen, Verbum und Partizip. – Wie viele Indeklinierbare gibt es? – Ebenfalls vier. – Welche? – Adverb, Konjunktion, Präposition und Interjektion.‘) (a6r-v)

Nach der Ars minor wird das Doctrinale puerorum von Alexander de Villa Dei (1160/70-1240/50) vorgestellt, indem der Inhalt jedes Kapitels ganz kurz referiert wird. 7 Das Doctrinale wird als ein Werk mit drei Teilen beschrieben, wovon der erste sieben, der zweite zwei und der dritte drei Kapitel betrage. Anschließend folgt eine tabellarische Übersicht über die Anfangs- und Endworte jedes Kapitels des Doctrinale. (a6v-a8r)

Nach diesen Kurzreferaten der üblichen Lehrwerke folgt die Frage: „Sunt ne alie proprietatis scolarium? Sunt. Que? Deum rogare et in omnibus invocare.“ (‚Gibt es noch andere Eigenschaften der Schüler? – Doch. – Welche? – Zu Gott zu beten und ihn in allem anzurufen.‘) Dem reiht sich eine Liste von Tugenden an: Fleiß, körperliche Leistungsfähigkeit, Gehorsamkeit; vor Gier und Hochmut wird gewarnt. Ein Scholar soll anderen sein Wissen großzügig vermitteln, weil man dadurch auch selbst lerne. Latein soll stets gesprochen werden, da der Gebrauch das Lernen beschleunige. Er müsse gute Bücher lesen: ein Studium ohne ein Buch gleiche dem Wasserschöpfen mit einem Sieb. Unmittelbar nach dem Essen solle man nicht studieren; Frauen und Jungfrauen solle man scheuen. Auch mit Laien solle man keinen Umgang haben, da diese oft den Klerikern feindlich gesinnt seien. Es wird geraten, Wein nur mäßig zu genießen, denn der mäßige Gebrauch schärfe zwar den Witz, aber vor Trunkenheit solle man sich schützen, denn diese habe nur schlechte Folgen. Einfache Kleidung sei ratsam, und der Scholar müsse sich am besten nur mit einem Kommilitonen aufhalten. Zum Studium erhält er noch den Ratschlag, nicht zu viel (mit)zuschreiben, sondern sich im Unterricht zu konzentrieren. (a8v – b1r).

Diesen Ratschlägen folgt ein phraseologischer Teil, in dem eine Reihe Gruß- und Antwortformeln für unterschiedliche Situationen gegeben werden. Sie sollen den Schülern helfen, sich jederzeit angemessen auszudrücken: gleichwie, ob es sich um Einwilligung, Begrüßung, Empfang, Erkundigung, Einladung, Danksagung oder Ähnliches mehr handle. Dem folgen Mustergespräche zwischen ‚magister‛ und ‚discipulus‛, die erläutern, wie man sich beim Schulmeister etwa wegen Abwesenheit oder anderer Versäumnisse entschuldigt. 8

Am Ende wird noch ein plastischer fiktiver Dialog angeführt, der einen Einblick in den schulischen Alltag des Spätmittelalters erlaubt: „Hast du die Namen derjenigen aufgeschrieben, die gestört haben und aus der Schule/ aus dem Amt/ vom Vesper/ aus der Kirche gerannt sind? - Ja. – Hast du mich aufgeschrieben? – Ja, denn Johannes hat dich rennen sehen und hat mir deinen Namen zum Vermerken gegeben. – Ach mein Kustos, willst du nicht korrigieren und meinen Namen ausradieren? Ich frage meine Mutter, ob sie dir nicht ein großes Brot gibt. – Sei still, ich streiche dich (d.h. deinen Namen) weg. – Gott sei Dank, lieber Freund!“ Und mit diesem Lob Gottes „Laus deo carissime socie. Qui est benedictus in secula seculorum“ endet diese Inkunabel. Darunter die Druckerangabe „Impressum in Rüttlingñ p[er] Michaelem greyff“.

4. Kontext und Klassifizierung[arrow up]

Die Grammatik, die im 15. Jahrhundert auf der Elementarstufe der Lateinschulen am häufigsten eingesetzt wurde, war die Ars minor 9 von Donatus, die die Definitionen der ‚partes orationis‛ der Reihe nach abfragt und ihre Akzidentien erläutert. Daneben konnten die sog. Ianua-Texte bzw. Dominus que pars-Texte (meist einem ‚Remigius‛ zugeschrieben), die vom Beispielwort ausgehend die dazugehörigen grammatischen Regeln abfragen, 10 sowie die Regulae, die den syntaktischen Fragen nachgehen, eingesetzt werden. Auch Kompendien, die morphologische und syntaktische Traktate verbanden, wie z.B. das Compendium octo partium orationis, waren im Umlauf. Den fortgeschrittenen Schülern wurde eine Darstellung grammatischer Regeln in Hexametern, das Doctrinale puerorum, die Ars maior des Donat oder Texte von Priscianus vorgelegt.

Die italienischen Grammatiker jener Zeit, etwa Guarino Veronensis (ca. 1414/1418), sowie Nicolaus Perottus (1473) und Aldus Manutius (1493), folgten in ihrer Grundlage den (spät)antiken Vorgängern, denn auch sie behandelten in erster Linie grammatische Formen und Regeln, nicht den mündlichen Sprachgebrauch. Noch weiter entfernt von der gesprochenen Sprache waren die scholastisch anmutenden Grammatiken etwa von Magnus Hundt (1487) oder Bartholomäus Arnoldi de Usingen (1505), die eher der Einübung von Argumentieren als dem aktiven Sprachgebrauch dienten.

Neben den Grammatiken wurden Texte zur Bildung der Persönlichkeit und der Moral häufig eingesetzt. Das meistgebrauchte Lehrbuch dieses Inhalts war die Sammlung Disticha Catonis (vgl. Anm. 4).

Die hier vorliegende Fibel unterscheidet sich grundsätzlich von dem Kanon der üblichen grammatischen Texte, indem sie den Sprachgebrauch und die Sprechsituationen in den Vordergrund rückt. Sie bietet Modelle für lateinische Gespräche in einer zugänglichen Form und zugleich den Einstieg in die Anfangsgründe der Formenlehre. Ihr sprachliches Niveau entspricht allerdings nicht dem sprachlichen Ideal des klassischen Lateins, der ‚Latinitas‛.

Der Umstand, dass das vorliegende Lehrwerk in erster Linie wohl als ein Manual für den Lehrer konzipiert ist, würde die Diskrepanz zwischen dem geringen Umfang des strikt morphologischen Wissens und der anspruchsvollen Erläuterung mancher Begriffe erklären. Wegen seiner Praxisnähe war es eine Zeit lang sehr beliebt – trotz der vielen Unzulänglichkeiten, die nicht nur in den abwegigen etymologischen Erläuterungen zu finden sind, sondern auch die Sprachrichtigkeit betreffen.

5. Rezeption[arrow up]

Da andere gebräuchliche Sprachlehren sich ausschließlich mit den grammatischen Grundbegriffen und Regeln, nicht mit der praktischen Sprachverwendung befassten, von den Schülern jedoch recht früh aktive Verwendung der lateinischen Sprache verlangt wurde – die Verwendung der Muttersprache war in vielen Schulen sogar ausdrücklich untersagt 11 – hat dieses Büchlein als Arbeitsmittel im Anfängerunterricht große Popularität genossen. Einen weiteren Vorteil sah man in seiner ethischen Unterweisung und den Verhaltensregeln. Die Blütezeit der Es tu scholaris-Texte war die Jahrhundertwende vom 15. zum 16. Jahrhundert, aber noch zu Beginn des 16. Jahrhunderts wurden sie besonders in Süddeutschland häufig gedruckt. In Ulm war diese Schrift noch um 1500 im Lehrplan vorgeschrieben (Müller 1885:126). Bald danach geriet sie in die Kritik der Humanisten: u.a. Jakob Heinrichmann hat sich im Vorwort seiner Grammatik (1512, unpag.) sehr kritisch dazu geäußert, 12 und nach 1513 ist diese Gesprächsanleitung offenbar nicht mehr aufgelegt worden.

In der modernen Zeit ist Es tu scolaris hin und wieder ins Blickfeld der Forschung geraten. Johannes Müller hat Auszüge davon publiziert (Müller 1882: 232f.), Johann J. Baebler hat eine Ausgabe ausführlich unter den ‚Elementaren Einleitungen‛ referiert (Baebler 1885:189ff.), Nicolaus Henkel beschreibt die Fibel kurz in seinem Buch (Henkel 1988: 242), Ulrich Schindel schreibt über die 1512er Auflage in seinem Beitrag (Schindel 1983: 440-442) und Alfred W. Pollard widmet ihr ein ganzes Kapitel in seinem Buch über Buchdekoration, das zwar in erster Linie Holzschnitte in Frühdrucken behandelt (Pollard 1970:99ff), und David Sheffler bespricht summarisch die 1505er Ausgabe (Sheffler 2008: 99 ff.).

6. Bibliographische Nachweise und Forschungsliteratur[arrow up]


1 Dieser Druck dient als Grundlage für die vorliegende Beschreibung.

2 Die angegebene Etymologie ist allerdings kurios: das Verb ‚sum‛ wird aus dem Griechischen ‚hemi‛ abgeleitet, in dem das ‚h‛ in ‚s‛ und das ‚e‛ in ‚u‛ umgewandelt und das ‚i‛ getilgt worden sei. Außerdem wird das ‚m‛ am Ende damit begründet, dass damit die Dreieinigkeit gemeint sei, da dieser Buchstabe drei Punkte aufzeige. Die Herleitung der anderen Verben ‚volo, fero‛ und ‚edo‛ aus dem Griechischen ist ebenso abenteuerlich.

3 Die Baseler Ausgabe (um 1495) hat hier die gleiche Frage als Ausgangspunkt, aber die bejahende Antwort beinhaltet bereits hier die Begründung ‚quia vado ad scolas et disco litteras‛. Diese Antwort ergibt dann eine andere Kette von Fragen und Antworten: in dieser Fassung steht die Darstellung der Buchstaben anfangs, und die Definitionen der Begriffe ‚syllaba, vox‛ und ‚dictio‛ gehen der Behandlung von ‚sum‛ voraus.

4 Carmenta (urspr. Nicostrata) war in der römischen Mythologie die Göttin der Geburt und Weissagung, die den Menschen das Alphabet schenkte.

5 Der Begriff ‚Tabula‛ stammt von den Wachstäfelchen auf denen die Buchstaben eingeritzt waren. Am Ende des Mittelalters wurden sie mit dem Aufkommen von Papier verdrängt, aber in der frühen Neuzeit kam die Schiefertafel im Schulbetrieb wieder in Gebrauch.

6 Gemeint sind die Disticha oder Dicta Catonis, kurz Cato, eine Sammlung von ethischen Sprüchen in Hexametern, die Cato d.Ä. (234–149 v.u.Z.) zugeschrieben ist.

7 Die Inhaltsangabe des Doctrinale ist in späteren Ausgaben (z.B. die 1503er Ausgabe) ausführlicher.

8 Spätere Editionen, z.B. die Augsburger (ca. 1498) und die aus dem 16. Jh., weisen in diesem Abschnitt einen größeren volkssprachlichen Anteil auf. Die Abfolge Muttersprache und Latein kann auch umgekehrt sein: erst der deutsche, dann der lateinische Satz.

9 Ars minor von Donatus, bereits aus dem 4. Jahrhundert, wurde durch das ganze Mittelalter hindurch im Lateinunterricht eingesetzt, doch im Spätmittelalter erfuhr sie Änderungen, da die ursprüngliche Fassung sich nicht optimal für Nicht-Muttersprachler eignete.

10 Das Einüben grammatischer Begriffe und Regeln in dieser Art war auch in der Spätantike eine bewährte Lehrmethode. Sie ist bereits in Priscianus‘ Partitiones (6. Jh.) vorgegeben.

11 Diese Vorschrift hat Müller in zahlreichen Schulordnungen vorgefunden (Müller 1885: passim), Grubmüller (1983: 383), Henkel (1988: 94-102).

12 Vgl auch Müller (1882:234).

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