Bearbeitet von Ulrich Bubenheimer und Bearbeitet von Martin Keßler

1. Überlieferung

Handschrift:

ThHSA Weimar, EGA, Reg. O 359, fol. 48r–49v (gestempelte Zählung). (Kanzleikonzept)

Das Stück besteht aus zwei jeweils auf der rechten Seitenhälfte von einem unbekannten Kanzleischreiber beschriebenen Blättern. Auf der linken Hälfte der Seiten befinden sich wenige Korrekturen und Ergänzungen von derselben Schreiberhand. Da das Stück längere Zeit gefaltet aufbewahrt worden war, finden sich an den einstigen Faltkanten einige Löcher im Papier. An den betreffenden Stellen ist rekonstruierbarer Textverlust im Umfang von wenigen Buchstaben eingetreten.

Literatur:

2. Inhalt und Entstehung

In Beantwortung von Karlstadts Brief vom 5. März (s. KGK 49) teilt der Kurfürst mit, er habe nach Eingang der Nachricht vom Tod des Pfarrers zu Uhlstädt die Vertreter des Wittenberger [Stifts-]Kapitels, die jüngst in Torgau waren, beauftragt, in Erfahrung zu bringen, ob die Pfarrei Uhlstädt bereits verliehen sei. Daraufhin habe Karlstadt in seinem Brief bestätigt, dass er jene [der Pfarrei Orlamünde inkorporierte] Pfarrei verliehen habe. Gegenüber diesem Vorgehen Karlstadts zeigt sich der Kurfürst befremdet. Von der dem Wittenberger Allerheiligenstift inkorporierten Pfarrei zu Orlamünde stünden Karlstadt nicht mehr [Rechte] als der Bezug einer bestimmten Pension zu. Zwar habe in früheren Zeiten der Pfarrer zu Orlamünde das Recht zur Verleihung der Pfarrei Uhlstädt wahrgenommen, doch sei Karlstadt nicht Pfarrer von Orlamünde. Die Pfarrei sei mit einem perpetuus vicarius versorgt und insofern stehe diesem billiger die Verleihung der Pfarrei zu Uhlstädt zu als Karlstadt. Insbesondere jedoch habe Karlstadt den Willen des Kurfürsten [in Sachen Präsentationen] bei der Verhandlung über die Statuten, an der Karlstadt als [einer der] Vertreter des Kapitels [in Torgau] teilgenommen hatte, kennengelernt und deshalb die Verleihung [der Pfarrei Uhlstädt] unterlassen müssen. Die von Karlstadt angeführte [Gefahr einer Verleihung der Pfarrei an] Kurtisanen (Pfründenjäger) sei geringer, wenn die Präsentation nicht von Karlstadt, sondern durch ihn, den Kurfürsten erfolge. Der Kurfürst fordert Karlstadt auf, gemäß der Regelung in den bereits schriftlich vorliegenden Statuten eine Nomination auf jene Pfarrei durch das Stiftskapitel zu dulden. Daraufhin werde der Kurfürst eine gebührliche Präsentation vornehmen. Sollte Karlstadt dieses Begehren übergehen, werde der Kurfürst seinerseits jemanden auf die Pfarrei Uhlstädt präsentieren und diesem, falls er keine Investitur erlangen könne, seine Einkünfte entsprechend dem Ertrag der Pfarrei Uhlstädt aus Karlstadts Orlamünder Pension zukommen lassen.

Das Antwortschreiben des Kurfürsten an Karlstadt ist auf den 8. März 1517 datiert. Gleichzeitig mit diesem Schreiben übersandte der Kurfürst einen Brief an das Kapitel vom selben Tag1, dem er wiederum eine Kopie des Schreibens an Karlstadt beilegte. Gegenüber dem Kapitel bemerkte der Kurfürst: Weil uns auch doctor Karlstat von wegn der pfarr zu Ulstat geschribn/ dem geben wir hirbey/ auf dasselb sein schreibn widerumb antwurt […]. Zunächst folgte sodann die Erwartung: darnach er sich wol wirdet zurichten wissen/. Diese Bemerkung wurde gestrichen und durch den seinerseits mehrfach redigierten Passus ersetzt: ⟨wi⟩e ir auß inligender copienn vernehmen werdt und wellen unß versehenn/ wo er von seinem furnemen nit absteen wolt/ ir werd im dahyn weisen/ daß er dem selbigen/ wie billich folg thue2. Das Kapitel wurde somit in die Pflicht gegenüber Karlstadt genommen. Die Stiftsherren werden in dem Brief daran erinnert, dass in der Verhandlung der kurfürstlichen Räte mit den Vertretern des Stiftskapitels eine abrede aufgezeichnet worden sei, wonach an der vom Kurfürsten vorgelegten Fassung der Statuten keine Änderung mehr vorgenommen werden dürfe – abgesehen von einer vom Kurfürsten auf Wunsch des Kapitels mit vorliegendem Schreiben bewilligten Änderung hinsichtlich der Jurisdiktion im Stift. Daher erwarte der Kurfürst, dass die Stiftsherren dy statuta zum furderlichsten/ aufrichten/ damit sie ir wirckliche Crafft erraichen […]3. Angesichts der hier formulierten Erwartung des Kurfürsten ist es erklärlich, dass er darüber ungehalten war, dass Karlstadt nach der Abrede entgegen der kurfürstlichen Fassung der Statuten weiterhin das Präsentationsrecht für die Pfarrei Uhlstädt ausgeübt hatte. Es ist auch erkennbar, dass Karlstadt in dieser Sache so schnell gehandelt hatte, um der möglichen Inkraftsetzung der Statuten zuvorzukommen.


1 THSA Weimar, EGA, Reg. O 209, fol. 46r–47r (gestempelte Zählung).
2 Ebd., fol. 46v.
3 Ebd.
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