Unter Verwendung der Vorarbeiten von Martin Keßler und Christian Speer bearbeitet von Stefania Salvadori, eingeleitet von Thomas Kaufmann, Stefania Salvadori und Ulrich Bubenheimer.
1. Überlieferung↑
Frühdruck:
Pꝛo Diuinae graciae ‖ defenſione. ‖ SANCTISSIMI ‖ AVGVSTINI ‖ DE ‖ SPIRITV .ET .LITERA ‖ LIBER ‖ Magne Theologo commoditati. ‖ CVM ‖ Explicationibus ſiue leuris. D : Andreæ ‖ Boden : Carolſtatini Theologiæ ‖ dooris & Archidiaconi ‖ Vuittenburge.
Wittenberg: Johannes Rhau-Grunenberg, 1518–1519.
4°, 68 Bl., A6–C6 (Kustoden: A vi, B iv und B vi); Cc6, Ccc6, D6 (Kustoden: Cc ii, Cc iii, Cc iv, Cc vi, Ccc ii, Cc iv, Cc vi, D 2, D 4); D4–F4 (Kustoden: F ii, F iv); G4–L4 (Kustoden: G iv, H iv, Iiv, K iv).
Editionsvorlage:
[ASu:] California State Library, Sutro Library, San Francisco, O93.A92v.Sutro, Nr. 9.Weitere Exemplare: [ACl:] Universitätsbibliothek Clausthal, Calvörsche Bibliothek, 5 an A 211. — [ADe:] Anhaltische Landesbücherei Dessau, Georg. 1049a (4) (unvollständiges Exemplar: Bogengruppen Cc6, Ccc6, D6 [18 Bl.] fehlen). — [AEd:] National Library of Scotland Edinburgh, Bibliotheca Lindesiana, Crawford R.38. — [AHd:] Universitätsbibliothek Heidelberg, Sal 78,2. — [AK1, AK2, AK3:] Det Kongelige Bibliotek København, 21,-245,-4° (3 Exemplare unter einer Signatur, unterschieden durch den Zusatz. ex. 1 / ex. 2 / ex. 3). — [AM:] Bayerische Staatsbibliothek München, Rar. 4568.
Bibliographische Nachweise:
- VD 16 A 4237.
- Freys/Barge, Verzeichnis, Nr. 12.
- Zorzin, Flugschriftenautor, Nr. 6A/B.
Edition:
- Kähler, Karlstadt, 1–122.
Kähler benutzte für seine Edition das unvollständige Dessauer Exemplar ergänzt um Kopien der fehlenden Seiten aus dem Exemplar des Earl of Crawford (NLS Edinburgh). Vgl. Kähler, Karlstadt, Vorwort sowie 47* Anm. 6.
Literatur:
- Barge, Karlstadt 1, 90–109.
- Gummelt, Karlstadt.
- Kähler, Karlstadt, 1*–62*.
- Lohse, Augustinismus.
1.1. Überlieferung↑
Der insgesamt 68 Quartblätter umfassende Druck besteht aus sechs Sexternen (Bogen A6–C6, Cc6, Ccc6 und D6) und aus acht Quaternen (Bogen D4–F4 und G4–L4) und ist in vier Einzellieferungen zwischen 1518 und 1519 in Wittenberg bei Johann Grunenberg erschienen. Terminus ante quem für die erste Lieferung (fol. A1–C6) mit den Einleitungstexten und den Scholien zu den ersten vier Kapiteln des Werkes Augustins ist Mitte Januar 1518. Kurz danach folgten die zweite (fol. D1–F4) und die dritte Lieferung (fol. Cc1–D6), die am 5. Februar vorlagen,1 und die Scholien zu den Kapiteln 9–10 bzw. 5–8 boten.2 Die vierte Lieferung (fol. G1–L4) mit den Scholien zu den Kapiteln 11–12 erschien dagegen erst zwischen Ende Januar und Anfang Februar 1519.3
Die Bögen unterscheiden sich nicht nur in der Verwendung von Kustoden, sondern auch in den Kolumnentiteln und in den Zeilenzahlen des Satzspiegels.4 Wie andere aus der Offizin Rhau-Grunenbergs stammende Drucke weist der Augustinkommentar Karlstadts einen reichhaltigen Gebrauch von Abkürzungen und Abbreviaturen und eine unregelmäßige Orthographie auf; darüber hinaus wurde in die Interpunktion eingegriffen, insofern ab dem Bogen G das Komma den Schrägstrich (Virgel) als Satzzeichen ablöst.
Die Kollation der neun bisher bekannten Exemplare hat gezeigt, dass es sogar innerhalb der einzelnen Lieferungen zwischen den Exemplaren Differenzen im Textbestand gibt. Kein Exemplar vereint alle vorkommenden Textkorrekturen in sich, sondern jedes Exemplar enthält Bögen, die sowohl fehlerhafte als auch verbesserte Lesarten bieten. Das läßt sich dadurch erklären, dass der Augustinkommentar nicht als Gesamtwerk in einem Durchgang gedruckt wurde, sondern in mehreren Lieferungen erschien, die erst später zusammengeführt wurden. Ob die Abweichungen innerhalb der einzelnen Lieferungen auf einen eingeschobenen Korrekturgang oder auf einen Nachdruck zurückgeführt werden können, kann man nur aufgrund eines Textvergleiches der einzelnen, auffälligeren Stellen entscheiden.5
Zwei Abweichungen fallen in der ersten Lieferung auf, einmal in ADe und AK2, die einen zusätzlichen Durchschuss in einer Randbemerkung (fol. B6v)6 setzen, und einmal in AM, wo ein
Kontraktionsstrich in n
aufgelöst, aber dafür am Wortende ein Schrägstrich getilgt wurde
(fol. C6v)7. Diese beiden Verbesserungen geschahen
jedoch ohne Veränderung des Satzspiegels bezüglich der Seite oder der betroffenen Zeile. Zwei weitere
Abweichungen finden sich in der zweiten Lieferung, auf fol. D4v und auf fol. E2r. Im ersten Fall lässt sich folgende Korrektur am Satz vermuten: In AEd ist eine Randbemerkung offensichtlich falsch platziert, sie wird deshalb in AK1 und AK3 ca. vier Zeilen nach unten gesetzt, so dass im Drucksatz eine
Verschiebung des jeweils zweiten Teils der ursprünglich unmittelbar nahestehenden Marginalien zu beobachten
ist; diese Verschiebung scheint in den übrigen Exemplaren korrigiert worden zu sein.8 Auf fol. E2r ist die Stelle
vivit Non proprio et transitorio
sogar in fünf Varianten ermittelt (in AEd, dann in AK2, dann in ADe und ACl,
dann in AM, und schließlich in ASu), in denen der Setzer
offensichtlich mehrmals die Spatien hin und her rückt, bevor er in AK1 und AK3 eine befriedigendere Version drucken kann.9
Ähnlich in der dritten Lieferung, wo die Korrekturen auf fol. Cc6v und Ccc2v durch Versetzung einzelner Typen (so wurde Lex
aut'em'a subintr|vit
in ACl und AK2 bei den anderen Exemplaren in Lex aut'em'
subintra|vit
10 korrigiert) oder von Typen und Spatien (so wurde die nach der
Vulgata richtige Lesart operor
in ACl, AHd, AK1, AK3 und AM aus
operior
in anderen Exemplaren durch Entfernung der i
-Type und
Einfügung eines Spatiums in der Zeile korrigiert11)
während des Druckprozesses zu erklären sind. Innerhalb der vierten Lieferung lassen sich mehrere Varianten
erkennen. Auf fol. L1v ist das t
am Zeilen- bzw. Wortanfang von
testaremur
wahrscheinlich während des Druckprozesses immer weiter nach unten gerutscht; auf
fol. L3v wurden die Zeilen 13 bis 15 mehrmals komplett neu gesetzt: Die vermutlich
erste Variante (in ACl, ADe, AHd, AK1, AK3 und AM) wurde zunächst in AEd und AK2 durch Ergänzung der fehlenden Wörter und Schaffung des nötigen
Platzes in den Zeilen – ohne Veränderung des Satzspiegels – mittels Abkürzungen korrigiert, aber erst in
ASu (nach einem zweiten Versuch) durch eine dritte Fassung ersetzt.12 Zahlreiche Abweichungen
tauchen auch auf dem letzten Blatt auf: Eine erste Variante bieten ACl, ADe, AHd, AK1, AK3 und AM. Durch Ergänzung von Typen, Gebrauch weiterer Abkürzungen oder Ersetzung einzelner Wörter in den
betreffenden Zeilen haben ACl, AHd, AK1, AK3 die fehlerhaften Stellen im oberen Teil des Blattes korrigiert. Schließlich verbessert
ASu auch die übrigen Passagen und bietet damit als einziges Exemplar alle
Korrekturen.13 Auch in
diesem Fall kann man Korrekturen während des Druckprozesses annehmen. Anders wäre es schwer zu erklären, wie
sich Typen, die in allen Exemplaren zeilenverrutscht sind, in Wörtern, die keiner Änderung unterlagen,
innerhalb einer mehrmals korrigierten Zeile erhalten konnten.14
Alle Abweichungen können deshalb als Korrekturen am stehenden Satz gelten. Nähme man einen Nachdruck an, so bliebe dagegen zu erklären, warum offensichtliche und leicht zu erkennende Fehler, sogar auf dem Kopf stehende Typen, in einer Neuauflage ebenfalls wieder erscheinen.
Zur Überlieferung des Augustinkommentars als Vorlesung gehören auch die umfangreichen handschriftlichen Eintragungen in den neun Druckexemplaren15, die von Hörern Karlstadts in Verbindung mit der Vorlesung verwendet wurden. Die in den Handschriften überlieferten Nachschriften aus Karlstadts Vorlesung werden hier zwar nicht ediert. Da sie jedoch häufig Korrekturen des gedruckten Textes bieten, mussten sie für die Textkritik herangezogen werden, zumal angenommen werden kann, dass diese Textkorrekturen zumindest größtenteils auf Karlstadt zurückgehen. Die Handschriften in den Drucken werden im Folgenden hinsichtlich ihres Umfangs, ihrer formalen Gestaltung und der individuellen Besonderheiten der einzelnen Schreiber beschrieben.16 Damit sollen auch Informationen für die noch ausstehende Erforschung der Inhalte dieser Nachschriften geliefert werden.
1.2. Überlieferung↑
In diesem Exemplar wurde Karlstadts Vorlesung über den längsten Zeitraum hinweg nachgeschrieben, wenngleich mit einzelnen Lücken. Es enthält Nachschriften ab der Auslegung von Staupitz’ Wahlspruch17 bis c. 10, secunda pars18, und dann wieder Interlinearglossen zum Augustintext c. 12.19 Die Nachschriften wurden von einem späteren Buchbinder an den Rändern beschnitten. In Karlstadts Vorlesung haben zwei unbekannte Schreiber (A und B) nachgeschrieben20. A hat den größeren Anteil geschrieben und wurde offenbar von B vertreten, wenn er nicht in der Vorlesung war21. Manchmal hat A die Nachschrift von B nachgearbeitet und Ergänzungen hinzugefügt. Die unbedruckten Flächen auf dem Titelblatt hat A genutzt, um einige Glossen Karlstadts aus der Vorlesung, die er an den Rändern des Kommentars nicht unterbringen konnte, hier zu sammeln.22 Am Rand der Widmungsvorrede Karlstadts an Staupitz hat er eigene Notizen angebracht23. Ferner hat A in seiner Nachschrift ihm wichtige Aussagen Karlstadts mit größerer Schrift herausgehoben, was ebenfalls auf seine Nachbearbeitung der Vorlesung hindeutet.
1.3. Überlieferung↑
Nachschriften finden sich von der Auslegung von Staupitz’ Wahlspruch bis fast zum Ende von c. 824, wenn auch mit Lücken vor allem in c. 6 bis 8. Dieses Exemplar gehörte dem Augustinereremitenkloster in Zerbst und wurde von diesem dem Konventsangehörigen Matthäus Schliebener25 zur Nutzung überlassen26. Viermal hat statt Schliebener ein Anonymus Teile der Vorlesung mitgeschrieben27. Notizen Schliebeners in den Teilen, in denen der Anonymus mitgeschrieben hat, belegen die Nacharbeit Schliebeners. Er hat auch den Teil des Augustinkommentars ab Kapitel 8, in dem er keine Nachschriften aus der Vorlesung aufgezeichnet hat, nach Ausweis seiner Anstreichungen und Notizen durchgearbeitet. Auf dem Titelblatt hat Schliebener die Inhaltsverzeichnisse der Bände 1 bis 4 der Basler Augustinausgabe von 1505/06 abgeschrieben, um die von Karlstadt zitierten Schriften leichter zu finden. Vermutlich hatte Schliebener auf einem zusätzlichen Blatt die Inhaltsverzeichnisse der Bände 5 bis 11 dieser Ausgabe notiert. Diese Inhaltsverzeichnisse sind zugleich ein Hinweis, dass Karlstadt in seiner Vorlesung nach jener Ausgabe zitierte. Schliebener konnte im Wittenberger Augustinerkloster das Exemplar verwenden, das auch Luther benutzt hat. Schliebener schrieb mit sehr kleiner Schrift in seine Exemplare. Er konnte daher im zweiten Kapitel zwei längere grundsätzliche Scholien auf den Rändern unterbringen28, die in den anderen Exemplaren fehlen, da sie von den dortigen Schreibern vermutlich auf zusätzliche Blätter geschrieben worden waren, die nicht erhalten sind.
Das heute in der Königlichen Bibliothek in Kopenhagen befindliche
Exemplar Schliebeners stammt aus einem aufgelösten
Sammelband, in dem vorliegender Druck auf dem Titelblatt mit a 1
gezählt war. Aus demselben
Band stammt ein weiterer, auf dem Titelblatt mit a 16
gezählter Wittenberger Druck, Heinrich
Stackmanns Ausgabe von 10 Hieronymusbriefen29, die Stackmann nach dem 24. März 1517 in einer Vorlesung
kommentierte30.
Schliebener hat auch in dieser Vorlesung
mitgeschrieben. Seine besondere Augustinverehrung drückt der Augustinereremit hier mit der Hinzufügung von
divus pater noster
zum Namen Augustins aus31. Die
Vorlesung Stackmanns ist die eines gebildeten Humanisten.
Er zeigt ein besonderes Interesse an Textkritik, verweist auf das, was er in seinen – nicht erhaltenen –
Anmerkungen zum 1516 erschienenen griechischen Neuen Testament des Erasmus ausgeführt habe32 und diktiert griechische Worte, die Schliebener mitschreiben konnte33. Der
Stackmann und Karlstadt gemeinsame humanistische
Hintergrund spiegelt die Formel noster Erasmus
wieder, die Stackmann in seiner Hieronymusvorlesung wie Karlstadt in seinem
Augustinkommentar wiederholt gebraucht.
1.4. Überlieferung↑
Nachschriften und Notizen finden sich ab der Auslegung von Staupitz’ Wahlspruch bis c. 634, von unbekanntem Schreiber, der auch Griechisch schreiben konnte. Dem Druck ist ein unbedrucktes Zusatzblatt beigefügt35, das auf Vorder- und Rückseite mit Notizen von derselben Hand beschrieben ist. Auf der Vorderseite finden sich zunächst vier Notizen aus einer anderen Vorlesung, in denen drei Stichworte glossiert sind36, die aus der Epitome bellorum omnium annorum DCC des Lucius Annaeus Florus (Anfang 2. Jhdt. n. Chr.) stammen37. Dieser Text war 1518 als Vorlesungsdruck in Leipzig erschienen38. In einem durchgehend handschriftlich glossierten Exemplar dieses Druckes, das sich in der Staatsbibliothek in Berlin findet39, findet sich auch der Wortlaut der Glossen, die der Schreiber jenes Zusatzblattes notiert hat. Daraus kann geschlossen werden, dass ein nicht identifizierter Wittenberger Dozent den Florus-Text in Wittenberg kommentierte, und dass der Schreiber jenes Notizzettels im Exemplar K3 von Karlstadts Augustinkommentar den Zettel sowohl in der Florus-Vorlesung als auch in Karlstadts Vorlesung benutzte. Der Florus-Kommentator hatte schon den Anfang seines Textes absolviert, als Karlstadt über das Kapitel 4 des Augustintextes las. Denn auf der Rückseite des vorliegenden Notizblattes beginnen Glossen, die aus Karlstadts Augustinvorlesung stammen und die auf der Vorderseite unterhalb der Glossen zu Florus fortgesetzt werden. Dieser Notizzettel gibt uns einen seltenen Einblick in die Art und Weise, wie ein Hörer Karlstadts Vorlesung festgehalten hat. Eine längere Glosse über die Bedeutung des Begriffes sensus litteralis hat er zunächst auf dem Notizzettel mitgeschrieben40 und diese später reinschriftlich an die zugehörige Stelle seines Druckexemplars am Anfang von Kapitel 441 übertragen, in dem Augustin mit Ausführungen über die littera occidens beginnt42. Weitere Glossen, die sich auf dem Notizblatt befinden, hat der Schreiber nicht in den Druck übertragen, da auf der betreffenden Seite des Druckes wegen der Länge von Karlstadts Ausführungen kein Platz mehr war. Das Notizblatt gibt uns zudem einen Hinweis auf den terminus post quem, zu dem die Notizen auf den Zettel geschrieben wurden. Denn in der ersten Notiz wird die 29. These der Apologeticae Conclusiones Karlstadts erwähnt43, die Karlstadt nach der 380. These am 9. Mai 1518 datiert hatte.
Das Zusammentreffen von Nachschriften aus einer philologisch-historisch und einer theologisch orientierten
Vorlesung auf einem Notizzettel scheint auf den ersten Blick zufällig zu sein. Es macht jedoch darauf
aufmerksam, dass Studenten in Wittenberg zugleich
Vorlesungen in der theologischen als auch in der artistischen Fakultät besuchen konnten und eine gemeinsame
Klammer solcher Aktivitäten in jener Zeit die Stärkung der humanistischen Ausrichtung der Lehre im Rahmen
einer Studienreform war, die in Karlstadts Vorrede Ad Studiosos zum Ausdruck
kommt44. Der
Dozent, der über die römische Geschichte des Lucius Annaeus
Florus las, schöpfte auch Augustin als historische Quelle
aus, und einem langen einführenden Scholion Quid sit Historia45 fügte der Schreiber im Berliner Exemplar am Ende die
Bemerkung hinzu Augustinus dubitat de pena et loco inferiori et tamen maximus Theologorum
und
zeigt damit, wie er an den damaligen Wittenberger Debatten sowohl
über Augustin als auch über Fegefeuer und Ablass Anteil nahm.
1.5. Überlieferung↑
Nachschriften eines unbekannten Schreibers finden sich von der Auslegung des Wahlspruches von Staupitz bis c. 6, prima pars47 mit Lücken48. Danach finden sich noch wenige eigene Notizen des Schreibers. Längere Scholien über den Schriftsinn hat der Anonymus auf dem Titelblatt zusammengestellt.
1.6. Überlieferung↑
In dem unvollständigen Exemplar finden sich Nachschriften mit Lücken ab der Auslegung von Staupitz’ Wahlspruch bis zum Anfang der Auslegung von c. 2, pars secunda50. Die Nachschriften stammen von Sigismund Reichenbach aus Löbnitz, der am 23. Februar 1514 in Wittenberg immatrikuliert51, am 12. Oktober 1516 Baccalaureus artium wurde52 und noch bis mindestens 1519 in Wittenberg studierte53. Das Exemplar gehört zu einem Sammelband, in dem sich vier Wittenberger Vorlesungsdrucke mit Nachschriften Reichenbachs befinden54. Er benutzte für seine Nachschriften neben den Drucken nachweislich zusätzliche Blätter für die längeren Glossen55. Manchmal notierte er im Druck nur das Incipit einer Glosse, deren vollen Wortlaut er auf zusätzliches Papier geschrieben haben dürfte56.
Reichenbach hatte 1515/16 die Römerbriefvorlesung Luthers besucht und hörte im Wintersemester 1517/18 Karlstadts Augustinvorlesung, allerdings letztere nicht regelmäßig und nur die ersten zwei Kapitel. Im selben Semester besuchte Reichenbach das Kolleg des neu nach Wittenberg berufenen Humanisten Johannes Rhagius Aesticampianus über ausgewählte Hieronymusbriefe57. Ferner sind von Reichenbach Nachschriften aus Luthers Hebräerbriefvorlesung erhalten58. In der Begrüßungsadresse Ad Studiosos, die Karlstadt dem ersten Kapitel seines Kommentars vorangestellt hat, ist Luthers Vorlesung ebenso wie diejenige Ästicampians als Teil des neuen Wittenberger biblisch-patristischen Lehrprogramms ankündigt.
1.7. Überlieferung↑
Nachschriften finden sich nur ab der Auslegung von Staupitz’ Wahlspruch bis c. 2, pars secunda59, und auch hier lückenhaft. Danach finden sich noch vereinzelte eigene Notizen
des unbekannten Schreibers60. Dieser hat
Interlinearglossen Karlstadts zum Augustintext eingetragen und von den kommentierenden Glossen nur eine
Auswahl säuberlich in sein Exemplar eingetragen. Letztere Glossen sind möglicherweise aus einem in der
Vorlesung gefertigten Konzept in den Druck übertragen worden. Das Exemplar wurde 1841 vom Antiquar D. Nutt
in London zum Verkauf angeboten, und zwar mit folgender Beschreibung: At the end is a neatly written
contemporary MS. consisting of Extracts from the Works of St. Augustine, with remarks, – the work itself
has also Notes in a similar hand.
61 Der hier erwähnte handschriftliche Beiband des Druckexemplars, der heute verschollen
ist und Auszüge aus Augustinschriften mit Anmerkungen enthielt, war anscheinend von derselben Hand
geschrieben, die die Glossen im Druckexemplar notiert hat. Bei der Handschrift handelte es sich
möglicherweise um in der Vorlesung als Schreibpapier benutzte Notizblätter.
Am Anfang der Auslegung von Staupitz’ Wahlspruch findet
sich eine Notiz von Georg Spalatins Hand: Difficile est
homini relinquere sua: Difficillimum autem relinquere seipsum
62. Damit fasst Spalatin die Ausführungen Karlstadts in eigenen Worten zusammen. Er hat damit
den von Karlstadt ab 1519 in Bild und Text (Himmel- und Höllenwagen) literarisch
breiter entfalteten Aspekt der Gelassenheit herausgehoben. Karlstadts Rezeption von Texten der deutschen
Mystik ist im Augustinkommentar insbesondere in den an Staupitz gerichteten Vorreden spürbar63.
1.8. Überlieferung↑
Glossen aus der Vorlesung finden sich von der Auslegung von Staupitz’ Wahlspruch bis c. 1064, allerdings mit größeren Lücken. Der
anonyme Schreiber legte besonderen Wert auf ästhetische Gestaltung seines Buches. An zwei Stellen hat er am
Kapitelanfang den vom Drucker für eine Zierinitiale vorgesehen Platz mit einer federgezeichneten Initiale
gefüllt. Er schreibt mit einer gut leserlichen humanistischen Kursive, weshalb sich das vorliegende Exemplar
als Einstieg in die Entzifferung der Nachschriften am besten eignet. Der Schreiber dieses Exemplars hat
allerdings die Glossen erkennbar nicht in der Vorlesung direkt in den Druck geschrieben, sondern von einer
anzunehmenden Konzeptnachschrift in Schönschrift in seinen Druck übertragen. Dabei hat er ausgewählt und nur
einen Teil von Karlstadts Glossen in den Druck geschrieben. Er bietet relativ wenige Interlinearglossen.
Dagegen war er besonders an den längeren systematischen Scholien interessiert. So überliefert er am
ausführlichsten den längsten handschriftlichen Scholientext aus Karlstadts Vorlesung überhaupt, und zwar zum
Stichwort lex
65, und bietet damit einen Schlüssel zu Karlstadts Gesetzesverständnis zur Zeit seiner
reformatorischen Anfänge.
1.9. Überlieferung↑
Nachschriften und Notizen finden sich von c. 1 bis c. 6, pars secunda66, danach wenige Notizen
in c. 967. Die
Nachschriften weisen Lücken in c. 1 bis c. 4 auf. Der unbekannte Schreiber notierte auch ein Wort in
hebräischer Schrift68. Die
Eigenarbeit des Schreibers außerhalb der Vorlesung beginnt mit der Rubrizierung der c. 3 bis 6. Seine
humanistische Bildung wird erkennbar in seinen textkritischen Bemerkungen zum Augustintext, die keine
Parallelen in den anderen Nachschriften haben. Dabei beruft er sich einmal auf Lorenzo Valla69,
einmal auf das Novum Instrumentum des Erasmus70.
Auf die eigene Nacharbeit der Vorlesung gehen auch die Einfügung von Gliederungselementen sowie
kalligraphische Gestaltungen wie aufwendig gezeichnete weisende Hände, Verzierung von Kernsätzen u. a.
zurück. Einer Reihe von Merksätzen, die dem Schreiber wichtig waren, hat er musikalische Noten hinzugefügt.
Hier werden sehr frühe Ansätze der Entwicklung von Gesangsgut sichtbar, das Inhalte der neuen Theologie
enthielt. Dazu könnte auch beigetragen haben, dass Karlstadt in jener Zeit auch das liturgische Gut der
Kirche als Autorität heranzuziehen pflegte. So hat er zum Beispiel in der Vorlesung bei c. 5 aus der
Pfingstsequenz Veni Sancte Spiritus zitiert: Sine tuo numine nichil est in
homine/ Nichil est innoxium
71, wie auch im gedruckten Kommentar zu c.
11.72
1.10. Überlieferung↑
Nachschriften ab c. 1, pars tertia bis c. 4, pars prima73. Ferner ist das Titelblatt mit mehreren längeren Glossen über sensus litteralis, sensus spiritualis und die Interpretation von biblischen Allegorien beschrieben. Diese Glossen gehören nach Ausweis der anderen Nachschriften zum Anfang von c. 474. Im Anschluss an die Nachschriften hat deren Schreiber noch wenige kurze eigene Notizen angebracht75. Zu c. 1 des Augustintextes findet sich eine Notiz von der Hand Johann Agricolas76.
Die Nachschriften stammen von einem Studenten, der auf dem Titelblatt seinen Namen mit den Initialen
MKW
abkürzte77. Er hat in den Folgejahren eine Reihe von Wittenberger Karlstadt- und Lutherdrucken erworben und glossiert78. Das dritte Kapitel unseres Augustintextes hat MKW mit der Bemerkung
Ein schon Capitel
ausgezeichnet. In demselben Kapitel hat er zu Augustins Aussage, dass die
Liebe zu Gott durch den Heiligen Geist in die Herzen eingegossen werde, auf Thauler'us' sermo'ne' 23 verwiesen. Karlstadt hat zwar zu dieser
Augustinstelle den Gedanken der Eingießung des Heiligen Geistes nicht im spezifisch Taulerischen Sinn
ausgeführt. Die Assoziation MKWs war dennoch in Karlstadts Sinn, wie dessen Notizen zu der Taulerpredigt in
seinem Exemplar der Sermones
Taulers zeigen79.
1.11. Überlieferung↑
Betrachtet man den Umfang der neun Nachschriften, dann fällt auf, dass keiner der Hörer die Vorlesung vollständig verfolgt hat. Zwei Besitzer von Druckexemplaren schieden schon im Verlauf der Vorlesung über das 2. Kapitel aus (De/Reichenbach, Ed), einer im 4. Kapitel (K2), drei im 6. Kapitel (K3, Hd, Cl), einer im 8. Kapitel (K1/Schliebener). Nur zwei hielten, wenn auch mit Unterbrechungen, länger durch, der Schreiber von M bis zum 10. Kapitel, der Besitzer von S bis zum Anfang des 12. Kapitels. Dieser Befund spricht dafür, dass Karlstadt seine Vorlesung über De spiritu et littera bis zum Kapitel 12 einschließlich durchführte. Sein zeitweiliger Plan, die Vorlesung über die verbliebenen Kapitel von De spiritu et littera fortzuführen, wurde nicht realisiert.
2. Inhalt und Entstehung↑
Augustins Schrift De spiritu et littera,
entstanden im Jahre 41280 im Zusammenhang der Diskussionen um die durch den
aus Britannien stammenden Mönchstheologen Pelagius aufgeworfenen Fragen nach dem Verhältnis von menschlichem
Tun und göttlicher Gnade, spielte in der Wittenberger Reformation eine Schlüsselrolle. In dem prominentesten
Rückblick auf seine reformatorischen Anfänge in der Vorrede zum ersten Band seiner
lateinischen Werke (1545) erinnerte sich Luther daran,
dass er das ihm zur Pforte ins Paradies gewordene Verständnis der Gerechtigkeit Gottes
in Röm 1,17 als Geschenk, durch das der Glaubende lebt, in Augustins Schrift De spiritu et littera
bestätigt gefunden habe81. Seit 1533
sahen die Statuten der Wittenberger Theologischen Fakultät
regelmäßige Vorlesungen zu dieser Schrift Augustins vor82 und initiierten damit eine entsprechende Lehrtradition
an protestantischen Universitäten83. Inwiefern es bereits frühere Ansätze gegeben hatte, Augustins Schrift in einem Wittenberger Vorlesungsdruck
herauszugeben, ist ungewiss84. Ein erster Wittenberger Druck der
so wichtigen Augustinschrift scheint erst 1545 erschienen zu sein85. Karlstadts
akademische Kommentierung von De spiritu et littera ist in der älteren Wittenberger Universitätstradition ohne Vorbild und steht
am Anfang der vielfältigen Rezeptionsgeschichte dieser Augustinschrift im reformatorischen Lehrbetrieb.
Mit 68 Blatt ist der Augustinkommentar die umfänglichste Schrift aus Karlstadts Frühzeit. Sie entstand über
einen Zeitraum von ca. 15 Monaten (November 1517 bis Februar 1519). Die wichtigsten Hinweise zu ihrer
Entstehungsgeschichte sind der auf den 18. 11. 1517 datierten Widmungsvorrede an den Karlstadt seit langem
(dudum)86, d. h. wohl seit dem
Beginn seiner Wittenberger Zeit (1505) als Lehrer
und Patron
87, auch als Fakultätskollegen (1511/12) vertrauten
Generalvikar der Augustinereremiten Johann von Staupitz zu
entnehmen. Ihm hielt er für viele, nicht näher bekannte Wohltaten (beneficia) zu danken für nötig. Vereinzelte
Hinweise zur Entstehungsgeschichte sind auch in einigen Briefen Karlstadts und Luthers enthalten88.
Folgende Fakten können als gesichert gelten: Im Zusammenhang der Promotionsdisputation zum baccalaureus sententiarius, die der erste und eigentliche Schüler Luthers89 Bartholomäus Bernhardi von Feldkirch über die Frage, ob der Mensch die Gebote Gottes mit natürlichen Kräften erfüllen könne, am 25. 9. 151690 abhielt, kam es nach einer von Luther gegenüber seinem Ordensbruder Johannes Lang in Erfurt gebotenen Darstellung zu offenen Konflikten zwischen ihm und einigen Vertretern der Wittenberger Theologischen Fakultät, unter ihnen Karlstadt. Die Vertreter der Scholastik in Wittenberg, so Luther, hätten sich über die von Bernhardi aufgestellten Thesen gewundert; Bernhardi habe die Disputation auch deshalb initiiert, weil in Wittenberg Anbeller ein Geschwätz über Luthers Vorlesungen, wohl vor allem die über den Römerbrief91, angestiftet hätten92. Bernhardi hätte demnach im Rahmen einer Graduierungsdisputation eine fakultätsöffentliche Auseinandersetzung um Luthers Theologie gesucht; bei der Disputation habe Luther extra ordinem, d. h. ohne Dekan zu sein – dieses Amt hatte zum damaligen Zeitpunkt Karlstadt inne93 –, präsidiert. Als Ziel dieser Disputation gab Luther Lang gegenüber an, die Mäuler der Schwätzer stopfen oder das Urteil der anderen hören zu wollen94. Luther rechnete also mit grundsätzlich zwei Haltungen: einer definitiv ablehnenden, der entgegenzutreten war, und einer konstruktiv-offenen, mit der eine weiterführende Auseinandersetzung fruchtbar sein konnte. Alle gleichermaßen verärgerte der Augustinereremit aber seiner eigenen Erinnerung zufolge dadurch, dass er die unter der Autorität Augustins verbreitete Schrift De vera et falsa poenitentia dem wichtigsten lateinischen Kirchenvater absprach95. Unter den Verärgerten, unter denen sich auch Karlstadt befand, spielte eine besondere Rolle, dass der entsprechende ps. augustinische Traktat von den maßgeblichen Autoritäten des Kirchenrechts und der scholatischen Theologie, Gratian und Petrus Lombardus, häufig zitiert wurde96. Ihr Einwand betraf also im Kern die Autoritätsproblematik; Luthers Kritiker, besonders Karlstadt, ärgerte, dass der Mönch in Kenntnis der normativen Bedeutung, die der Augustin zugeschriebenen Schrift in Theologie und Kirchenrecht zugewachsen war, argumentierte, scheinbar ohne sich um die Folgen der Aushöhlung ihrer Geltung zu bekümmern. Dass eine Konzentration auf das radikale Gnadenverständnis des antipelagianischen Augustin das Normengefüge von Kirche und Theologie nicht unberührt lassen würde, war den Mitgliedern der Theologischen Fakultät in Wittenberg offenbar seit Herbst 1516 bewusst.
Wohl im Kontext dieser Disputation hatte Luther Karlstadt dazu aufgefordert, Augustin zu lesen97, worauf dieser beschloss, Werke der Kirchenväter kaufen zu wollen. Karlstadt sollte nach Luthers von diesem akzeptierten Appell98 aufgrund der Augustinlektüre überprüfen, ob die Scholastiker, als deren Anwalt sich der Archidiakon am Allerheiligenstift verstand, Augustin sachgerecht wiedergegeben hätten oder nicht.
Während ein anderes Mitglied der Wittenberger Fakultät, Nikolaus von Amsdorf, der die Thesen vom 25. 9. 1516 an Johannes Lang geschickt hatte, sich bald nach der Disputation Luthers Position angenähert zu haben scheint99, zog sich Karlstadts Klärungsprozess noch einige Zeit hin. Den Entschluss, Kirchenvätertexte zu erwerben, deren keiner sich bisher in seiner Bibliothek befand100, begann Karlstadt am 13. Januar 1517 in Leipzig101 in die Tat umzusetzen, indem er die elfbändige Amerbachsche Ausgustin-Ausgabe (1505/06)102 erwarb103. Der Umstand, dass er dieses Datum exakt erinnerte und öffentlich mitteilte, unterstreicht, dass er ihm eine Authentifizierungsfunktion hinsichtlich jenes Umbruchs zuerkannte, dessen Schilderung den eigentlichen Inhalt des Widmungsbriefes an Staupitz bildete.
In dem auf einen bekehrungsartigen Umbruch zurückblickenden Dokument104 stellte Karlstadt sich selbst als engagierten Vertreter der
scholastischen Theologie dar; ein aufrichtiger Freund habe ihn einen Sophisten genannt, da er vor allem als Ausleger der scholastischen Lehrer Johannes Capreolus und Duns Scotus aufgetreten sei105. Er sei ein Produkt des scholastischen Theologiebetriebs gewesen und habe an dessen
Plausibilitäten geglaubt. Doch dieser Zustand habe von Gott her ein Ende gefunden: Fest in das System der
zeitgenössischen Theologie verstrickt und mit eigenen Kräften ein rechtschaffenes Leben zu führen bemüht, habe
Gott ihn besser gekannt und seine bisherige Lebensbahn durchkreuzt.106
Es erhob sich mit Gottes Hilfe einer von uns: der verehrte Vater Martin Luther
[…].
107
Für Karlstadt bedeutete die Erhebung
Luthers, dass er in dessen Person gleichsam von Gott her damit
konfrontiert wurde, dass die scholastischen Lehren108 nicht mit der in der Heiligen Schrift kodifizierten Lehre
Christi und der Position Augustins übereinstimmten. Seine primäre
Reaktion hatte darin bestanden, dass er darauf insistierte, dass auch die Scholastik auf die Bibel und die
Väter gegründet sei; mit dieser Haltung war er dann nach dem 13. 1. 1517 an die Lektüre der Werke Augustins herangegangen. Das Ziel war gewesen, einen zumindest
teilweisen Triumph über Luther zu erzielen109. Doch ähnlich wie der Kirchenvater einstmals
selbst durch ein Wort der Schrift bekehrt worden war110, wurde
Karlstadt durch einen freilich nicht eigens ausgewiesenen Satz (sententia) Augustins der Brüchigkeit des gesamten scholastischen Lehrgebäudes inne.111 Die hohe emotionale Erregungszustände insinuierenden
Verben, die Karlstadt hier gebraucht – er sei erstarrt, verstummt, aufgewühlt worden (obstupui,
obmutui, succensui
)112
– sollten den verzweifelten Kampf des niedergerungenen Scholastikers unterstreichen, dem die Verstrickung in
seine bisherige Weltsicht zur zweiten Natur geworden war – ähnlich einem Esel, der einen um den Hals hängenden
Mühlstein als solchen nicht mehr wahrnahm.
Dieser über den 13. 1. 1517 hinaus fortbestehende Bewusstseinszustand sei kurze Zeit später (non multo post
tempore)113, so Karlstadt
weiter, durch ein aufmunterndes Briefchen
(hortatorium […] epistolium), eine bislang nicht
identifizierte114 schriftliche Äußerung Staupitzens115, die Karlstadt mit dem in der Bibel begegnenden Christus konfrontierte, dramatisch
gesteigert worden und habe ihn davon überzeugt, dass eine Änderung seiner theologischen Denkungsart
erforderlich sei. Er fasste deshalb den Entschluss, dieselbe Aufmerksamkeit, die er bisher den Scholastikern
gewidmet habe, fortan auf das Studium der Kirchenväter zu verwenden und dabei ganz auf Gottes Hilfe zu
vertrauen116.
Karlstadts Konversion bestand also in einer grundlegenden Veränderung seiner theologischen
Denkungsart, d. h. in einem Wechsel hinsichtlich der Priorisierung der normativen Instanzen der Theologie.
Statt der Autoren der scholastischen Theologie sollten nun die Kirchenväter und die Bibel im Zentrum der
Aufmerksamkeit stehen. Für einen Theologen, der etwa ein Jahrzehnt lang anders orientiert gewesen war, stellte
dies in der Tat einen erheblichen Wandel dar.
In einer Episode schilderte Karlstadt nun weiter, wie er auf Augustins Schrift De spiritu et littera aufmerksam geworden sei: Eine
ungenannte Person (aliquis)117,
die davon wusste, dass Karlstadt der Eigentümer einer Augustinausgabe war, bat ihn darum, den Band ausleihen
zu dürfen, der die Schrift De spiritu et littera enthält118. Denn
er habe diese Schrift bei Thomas von Aquin zitiert gefunden119. Beim Vergleich von De spiritu et littera mit Thomas fand er
das von Thomas gebotene Zitat bei Augustin weder wörtlich noch dem Sinne nach, und gewann über der Lektüre von De spiritu et littera den Eindruck, sich immer weiter von Thomas zu entfernen. Deshalb drängte er Karlstadt, seinerseits die Lektüre von
De spiritu et littera vorzuziehen, damit wir nicht in einer Disputation widerlegt
würden
120. Bei der Lektüre von De spiritu et littera kam Karlstadt zu der Auffassung, diese Augustinschrift bilde das
Eingangstor in die gesamte Theologie, weshalb er sich zu einer Vorlesung über diese Schrift entschloss121. Sowohl der Generalvikar der
Augustinereremiten Johann von Staupitz als auch dessen Patron,
der heiligste Kirchenvater des Westens, Augustin selbst, hatten
Karlstadt am Ende also davon überzeugt, dass sich der Augustinerpater Luther in seinem radikalen Gnadenverständnis zurecht auf den Bischof von Hippo berief. Karlstadts
151 Conclusiones vom April 1517 dokumentierten diese theologische Überzeugung erstmals
öffentlich122. Die Widmungsvorrede zu seinem Augustinkommentar legte von dieser
Wende zu einem Zeitpunkt Zeugnis ab, als Luthers Name außerhalb
Wittenbergs bekannt zu werden begann123.
Indem sich Karlstadt unter die väterlichen Fittiche124 des führenden Ordensmannes Staupitz begab, legitimierte er diese Entscheidung. Karlstadts an die
eigentliche Vorrede angeschlossene Auslegung des Staupitzschen
Wahlspruchs Der Deine bin ich, mach mich heil
(Ps
118(119),94)125 sollte
wohl unterstreichen, dass sich Karlstadt Augustinische ebenso wie Staupitzsche Gedanken im Modus der Auslegung eines biblischen Verses – der frühesten, die wir von ihm
kennen – anzueignen willens und fähig war. Im Verhältnis zu Staupitz, dem Lehrer und Beschützer aller aufrichtigen Theologie126, signalisierte Karlstadt
zugleich: Der Deine bin ich.
Die eigentliche literarische Entstehungsgeschichte des Augustinkommentars setzte im Frühjahr 1517 ein: Karlstadt hielt, im Lehren lernend, im Sommersemester 1517, nach Ostern beginnend, eine Vorlesung über De spiritu et littera127. Der Beginn der Arbeit am Augustinkommentar fällt mutmaßlich mit der Abfassung der 151 Conclusiones zusammen. Die von Karlstadt gelegentlich erwähnten Erläuterungen (explicationes) zu den 151 Conclusiones, die verschollen sind128, dürften zeitlich parallel zum Augustinkommentar entstanden sein.
Karlstadt annotierte den Text in der üblichen Weise; als er wohl zum Semesterende im neunten Kapitel angekommen war, drängten ihn seine Hörer, im kommenden Semester nach einer kurzen Wiederholung der ersten acht Kapitel die Vorlesung fortzusetzen und in den Druck zu geben129. Dem Wunsch entsprach er. Allerdings gab er nicht das gesamte Manuskript in den Druck; vielmehr erschien der Augustinkommentar Karlstadts – möglicherweise wegen der eingeschränkten Kapazitäten der Grunenbergschen Offizin130 und weil man eine gewisse Parallelität zwischen dem Fortgang der Vorlesung und der Publikation anstrebte – in Einzellieferungen131. Bereits die speziellen Kustoden und die unterschiedlichen Bogenformate (drei Sexternen A–C; drei Sexternen Cc, Ccc, Di; acht Quaternen D–L) deuten auf mindestens drei Produktionsphasen hin. Eine erste Lieferung umfasste die Bogen A6–C6 und enthielt außer dem Widmungsbrief an Staupitz, Karlstadts Auslegung von dessen Wahlspruch und einer werbenden Einladung an die Studierenden, das im Einzelnen genannte Lehrangebot der Theologischen Fakultät für das Wintersemester 1517/18 zu nutzen, den ersten Teil seiner Interpretation des Augustintextes und einen Abdruck desselben bis etwa zur Mitte des vierten Kapitels.
Nach der knappen Rekapitulation der Kapitel 1–8, mit der Karlstadt seine Vorlesung über De spiritu et littera im Wintersemester 1517/8 begonnen hatte, scheint er die Vorlesung mit einer ausführlichen Kommentierung des Kapitels 9 fortgesetzt zu haben. Dass nun mit dem Druck des entsprechenden Kommentarteils zu Kapitel 9 und 10 (Bogen D4–F4, Quaternen) angeschlossen132, d. h. vor der Fortsetzung von Kapitel 4 bis 8 [Cc6–D6] gedruckt wurde, dürfte sich daraus ergeben haben, dass er die Abfassung seiner Kommentierung dieses Teils vorgezogen hatte, um den Studenten den jeweiligen Text, den er aktuell traktierte, vorlegen zu können133. Anhand handschriftlicher Einträge in den erhaltenen Exemplaren lässt sich wahrscheinlich machen, dass Karlstadt seinen Zuhörern auch Druckfehlerkorrekturen diktierte.134 Die entsprechenden Lesarten sind deshalb bei der Konstitution des Textes in unserer Edition berücksichtigt worden.
Offenbar ging Karlstadt mit Grund davon aus, dass eine Teilnahme an der Vorlesung ohne den Besitz eines gedruckten Exemplars seines Kommentars nutzlos sei. Im Mai 1518 klagte er gegenüber Spalatin, dass mehr als 130 Hörer in seiner Vorlesung säßen und keine Exemplare des Druckes mehr erhältlich seien. Zwar besäße der Drucker Grunenberg noch 15 Stück, wolle diese aber nicht verkaufen135. Hinsichtlich der Auflage wird man wohl von 150 bis 200 Exemplaren ausgehen können.136
Zwischen der Datierung des Widmungsbriefes (18. 11. 1517) und dem Datum der Fertigstellung der ersten Bögen gegen Mitte Januar 1518137 lagen etwa zwei Monate. Am Tag zuvor hatte der wohl mit Korrekturarbeiten überlastete Karlstadt gegenüber Spalatin die Anfrage nach einem Ansatzpunkt für das Verständnis der Bibel vorläufig unter Hinweis auf das allergelehrteste Buch De spiritu et littera beantwortet (KGK 66). In einem Brief an Spalatin vom 5. 2. 1518 (KGK 69) verwies Karlstadt dann auf Stellen aus dem Augustinkommentar, die die Bögen E, Cc und A betrafen138; sollte man voraussetzen können, dass Spalatin eine Zugriffsmöglichkeit auf den entsprechenden Text besaß139, hätte er wohl zum entsprechenden Zeitpunkt gedruckt vorgelegen140. Aus einem Brief Luthers an Lang vom 21. 3. 1518 geht hervor, dass nun neun Bögen gedruckt waren, und zwar die Tranchen A, B, C+Cc, Ccc, D(1–6)+D(i–iv), E, F141. Daraus ergibt sich zugleich, dass die Herstellung im Frühjahr 1518 auf insgesamt mindestens drei Produktionsschritte verteilt war. Die dann eintretende Unterbrechung des Drucks war wohl einer längeren Erkrankung Karlstadts geschuldet.142
Seit Frühjahr 1518 war Karlstadts literarische Tätigkeit stark von der Auseinandersetzung mit Johannes Eck geprägt (KGK 85, [dat. Protestatio nach These 380, 9. 5. 1518]; vgl. KGK 86, KGK 88, und KGK 90); die Weiterarbeit am Augustinkommentar lief dieser weitgehend parallel. Wiederholt klagte Karlstadt darüber, dass zu wenige Exemplare seines Augustinkommentars zur Verfügung stünden und dass er den Druck durch hohe Zuschüsse hatte subventionieren müssen143. Im Herbst 1518 wird er die Arbeit an De spiritu et littera mit der Behandlung des 12. Kapitels vorerst abgeschlossen bzw. eingestellt haben144. Der Druck der letzten sechs Bögen (G4–L4) wird wohl im Januar 1519 fertig gewesen sein145.
Allerdings war Karlstadts Absicht durchaus, auch die bisher unkommentiert gelassenen beiden Teile bzw. weiteren 24 Kapitel der Augustinschrift, wohl in schlankerer Kommentierung146 fortzuführen. Aus seiner späteren Korrespondenz aus dem Frühsommer 1519147 geht hervor, dass er damals weitere Teile oder gar das Gesamtwerk abgeschlossen hatte. Über deren Verbleib ist allerdings nichts bekannt.
Ein hinter das Kolophon des Druckers Grunenberg148 gesetzter Brief Karlstadts an seinen Kollegen, den Stiftskanoniker Georg Elner149, war sicher dadurch ermöglicht, dass das letzte Blatt des Schlussbogens L (L4r/v) noch unbedruckt war. Er enthält im Wesentlichen die Bitte, Elner mögen ihm beim Korrekturlesen helfen und die kleinen Wunden, die die mangelnde Sorgfalt des Druckers dem Text antue, heilen; bei fremden Texten sei man nämlich aufmerksamer als bei eigenen. Da dem Leser diese Bitte am Ende des Druckes präsentiert wurde, könnte sie vielleicht auch als eine Art ironischer Stellungnahme zu den begrenzten typographischen Leistungen Grunenbergs zu verstehen sein.
Karlstadt kommentierte De spiritu et littera in einer zeitgenössischen gelehrten
Usancen entsprechenden Form. Zunächst wurden vollständige Kapitel oder längere Abschnitte derselben
abgedruckt; dem eigentlichen Abdruck des Textes war eine kurze thetische Zusammenfassung des wesentlichen
Inhaltes des jeweiligen Kapitels und eine in der Regel in zwei Grundaussagen unterschiedene Rekapitulation des
Argumentationsganges und der Testimonien vorangestellt. Die dann folgende Kommentierung lieferte ausführliche
Interpretationen, sogenannte Scholien, zu einzelnen Sätzen oder Aspekten des jeweils behandelten Abschnittes.
In der Regel mit der Formel In textu
und einem Zitat des im Folgenden paraphrasierten und
ausgelegten Textstückes eingeleitet, setzte eine inhaltliche Erörterung ein, die häufig weitere
Augustinstellen, aber auch andere Kirchenväter und die Bibel (Vulgata und Novum Instrumentum des Erasmus)
heranzog. Insgesamt 27 verschiedene Einzelschriften aus der Amerbachschen Augustin-Ausgabe waren es, die Karlstadt anführte; nach diesem war es vor allem Ambrosius, aus dessen 1516 in Basel
erschienenen Opera Karlstadt häufiger zitierte. Wahrscheinlich wird er neben der
Augustinausgabe auch einen Basler Ambrosiusdruck150 besessen
haben. Autoren wie Ps. Beda, Bernhard von Clairvaux, Cyprian,
Gregor d. Gr. oder (Ps.)
Hieronymus sind hingegen nur mit jeweils einem oder zwei Zitaten nachweisbar. Die von Karlstadt häufig
exakt (d. h. unter Angabe der Folia, Columnae etc.) zitierten Quellen bzw. die benutzten Ausgaben sind im
Apparat nachgewiesen.
Gemäß der Überzeugung, De spiritu et littera biete eine Handhabe für und sei eine Schwelle zur ganzen Theologie151, versuchte Karlstadt im Modus der Auslegung des Augustintextes Grundsachverhalte des christlichen Glaubens – das Verhältnis von Gesetz und Gnade, das Verständnis des Glaubens und des Geistes, die Bedeutung der Prädestination etc. – anzusprechen. Individuelle Interessensschwerpunkte Karlstadts werden am Ehesten dort erkennbar, wo er bestimmte Textpassagen besonders ausführlich behandelte. Das Verhältnis seines Kommentars zum Augustintext selbst, auch die Stellung seiner Augustininterpretation innerhalb des spätmittelalterlichen und des zeitgenössischen Augustinismus152 harrt der Erforschung153.
In seinem Aufbau folgt das Werk dem Duktus der ersten zwölf Kapitel von De spiritu et
littera. Der Adressat der Schrift, Marcellinus, ein Beamter
in Karthago, wandte sich an Augustin, weil dieser in seiner Schrift
De peccatorum meritis eine doppelte Behauptung aufgestellt hatte, nämlich dass
sich der Mensch mit Hilfe der Gnade Gottes jeder Sünde enthalten könne, dieser Zustand aber von niemandem
erreicht werde. Kapitel 1 setzt damit ein, dass es absurd sei, etwas für möglich zu halten, wofür
es kein Beispiel gebe. Augustin betont, dass Christus, der
mediator
zwischen Gott und Mensch, sündlos sei. Marcellinus aber glaubt nicht, dass der Mensch ohne Sünde leben könne, da es bisher kein Beispiel
dafür gebe. An andere Wunder, etwa dass ein Kamel durch ein Nadelöhr gehe, glaube er, weil Christus es gelehrt
habe. Augustin – und ihm folgend Karlstadt – vertreten die
Auffassung, dass es auch Wunder geben könne, für die bisher keine Beispiele existierten, sodass ein Mensch
ohne Sünde möglich sei. Kapitel 2 handelt davon, dass die guten Werke eine Folge der Gnade
Gottes, Gottes Gabe sind. Marcellinus insistiert darauf, dass
angesichts der Frage, ob der Mensch sündlos leben könne, allein die menschlichen Kräfte und der menschliche
Wille in Betracht zu ziehen seien. Augustin – und ihm folgend
Karlstadt – bestehen im Gegenzug darauf, dass ein sündloses Leben, auch wenn es eine menschliche Aufgabe
darstelle, stets eine göttliche Gabe sei. Das adiutorium dei
der Gnade sei zur Erlangung des
Heils unverzichtbar. In Kapitel 3 wird erörtert, was das adiutorium dei
zur
Erlangung der Gerechtigkeit sei. Menschlicher Wille und rechte Lehre reichten nicht aus; allein der Heilige
Geist befähige den Menschen, Gott zu lieben. Ohne Gnade führe der freie Wille des Menschen in die Sünde. In
Kapitel 4 legt Augustin dar, dass das ohne Geist
befolgte Gesetz bzw. der Buchstabe töte. Karlstadt sieht in 2. Kor
3,6 ein immer gültiges Prinzip formuliert und erörtert dessen hermeneutische Konsequenzen für das
Verständnis der gesamten Bibel. Auch wenn das Gesetz heilig und recht ist, tötet es, sofern es ohne Geist
bleibt. Kapitel 5 entfaltet die These, dass, auch wenn es keine Gerechtigkeit ohne die Mitwirkung
des menschlichen Willens gebe, diese allein von Gott komme. Anknüpfend an das zweite Kapitel vertieft
Karlstadt die Überlegung, dass ein gerechtes Leben Gabe Gottes sei. Der ungerecht lebende Mensch entspricht
seiner eigenen Natur, der Gerechte lebt allein aus Gott. Das Gute unterliege dem Vorherwissen (praescientia)
und der Vorherbestimmung (praedestinatio) Gottes, das Böse nur Ersterem. Auch wenn der menschliche Wille, der
eine Werkstatt (officina) Gottes sei, in den Vollzug guter Werke involviert sei, komme die Gerechtigkeit
allein aus Gottes Gnade. In Kapitel 6 wird ausgeführt, dass der tötende Buchstabe des Gesetzes
dem Menschen seine Sünden vor Augen führe; Hilfe und Erneuerung aber stamme allein aus Christus, der die
Rechtfertigung schenkt. Der alte Mensch stirbt mit Christus, der neue Mensch ersteht mit ihm auf. Nach
Kapitel 7 ist Christus allein unser Erlöser, der befreit und heilt. Die Überzeugung, ohne
Gottes Hilfe gerecht leben zu können, ist unchristlicher Hochmut. Niemand tut gute Werke, um Gottes Gnade zu
erlangen; nur weil Gott seine Gnade schenkt, kann der Mensch gute Werke tun. Kapitel 8 stellt
dar, dass der Hochmut, aus sich heraus vor Gott gute Werke tun zu wollen, zur Strafe Gottes führe. Entgegen
jüdischem Selbstverständnis zeige der Apostel Paulus, dass niemand
imstande sei, vermöge menschlicher Kräfte das Gesetz zu erfüllen. Sofern man ohne Gnade gute Werke zu tun
versuche, bleibe man im Banne der Sünde. Das Gesetz diene der Erkenntnis, nicht aber der Heilung der Sünde. In
Fortführung dieses Gedankengangs legt Kapitel 9 dar, dass die Gerechtigkeit Gottes, die den
Sünder rechtfertigt, ohne Gesetz offenbar wird und allein durch die Gnade bzw. den Glauben wirksam sei. Die
guten Werke des gerechtfertigten Menschen sind Werke Gottes in ihm. Nach Kapitel 10 führt das
Gesetz den Menschen nach dem Sündenfall zur Gnade, rechtfertigt ihn aber nicht. Das Gesetz lehrt, hilft aber
nicht zum Heil. Sofern unsere guten Werke und unser Wille ohne Gnade bestehen, sind sie nutzlos, ja sündig. In
Kapitel 11 nimmt Karlstadt Augustins Argumentation
gegen den heidnischen Götter- und Heroenkult auf und formuliert daraus die Folgerung, dass der zeitgenössische
Heiligendienst zu reinigen und Kreaturvergötterung zu verwerfen sei. Das nurmehr sehr knapp behandelte
Kapitel 12 formuliert deutliche Kritik an denen, die Gott gegenüber den Anspruch erheben,
selbst etwas zu sein. Gottes Hilfe bestehe nicht im Gesetz, sondern darin, durch die Eingebung des Geistes
Gottes Gnade, die in Christus wohnt, zu vergegenwärtigen.
Karlstadts Augustinkommentar ist während eines Zeitraumes von ca. 15 bis 20 Monaten, zwischen April oder Mai 1517 und Oktober oder November 1518, in einer biographisch und religionspolitisch außerordentlich bewegten Phase, niedergeschrieben worden. Darüber hinaus setzte sich seine intensive Auseinandersetzung mit diesem Augustintext in der Vorlesung, dokumentiert in den studentischen Aufzeichnungen, bis ins Frühjahr 1519 fort. In diesen Gesamtzeitraum fielen Luthers öffentlicher Bruch mit der scholastischen Theologie, der Anfang des Streites um den Ablass, der Beginn der Kontroverse der Wittenberger mit Eck, eine längere Erkrankung Karlstadts, ein erster Anstieg der Studentenzahlen in Wittenberg und die Herausbildung einer intensiveren Zusammenarbeit und eines Gruppenbewusstseins unter den Wittenberger Theologen. Dass diese Entwicklungen Karlstadt, der im Zuge seiner literarischen Begegnung mit dem antipelagianischen Augustin sein eigenes theologisches Denken neu zu organisieren begann, zutiefst berührten, den Stil seiner Argumentation veränderten und sich auch auf seine fortlaufende literarische Arbeit am Augustinkommentar auswirkten, dürfte naheliegend sein. Die Veränderung seiner Theologie, sofern sie sich in der Entstehungsgeschichte dieses ersten reformatorischen Kommentars zu einem Kirchenvätertext im Einzelnen vollzog, herauszuarbeiten, bleibt eine Aufgabe der weiteren Forschung.
Gratia per gratiam ‖ ‖ queriturgegenüber der sonst vorgezogen Lesart
Gratia per gratiam ‖ queritur.
infra videtestatt
i'n'fra/ videte.
pecca'torum' meri'tis' li: 2. c. xxxiiii. Nec obstat Iam ego non operior; die Stelle wurde durch Streichung des Buchstabens
iin
operorverbessert; damit blieb aber ein Spatium übrig, das der Setzer unmittelbar nach der Kapitelangabe von De peccatorum meritis und vor dem Schlusspunkt ergänzte:
pecca'torum' meri'tis' li: 2. c. xxxiiii . Nec obstat Iam ego non operor.
constituuntin der 24. Zeile auf fol. L4r (Textstelle) zweimal neu gesetzt, dennoch sind einzelne Buchstaben in den folgenden Wörtern
situ obtorpueruntin allen Exemplaren bis auf den Millimeter gleichermaßen verrutscht.
Tuus sum ego, salvum me fac. Ps 118(119),94.
Dieses Exemplar enthält zudem eine Fülle von handschriftlichen Bemerkungen, die von späterer Hand stammen und zumeist als Lesespuren zu werten sind.Beide Schreiber haben jeweils Teile von Karlstadts Vorlesung unmittelbar nachgeschrieben. Aus späterer Zeit stammt allenfalls ein unentziffertes Wort links neben dem Titel.
Liber conventus Czerbestensis Ad usum fratris Mathei Slevener Augus'tiniani':. Weitere Provenienzvermerke auf dem Titelblatt: 1)
C I S. – 2)
C G K Schilon.[?] 1698.Eine weitere Notiz ist überklebt.
[…] in annotationibus nostris in novum testamentum Erasmi Roter'odami'. , fol. B1r.
In tex[tu] Prima etas | Magna discordia inter sciptores est de tempore imperii Romanorum […]. Neben dem Stichwort
Prima etassind noch die Stichworte
Movit lacertosund
Lucusglossiert.
Sensus literalis dicitur a litera: litera autem apud nonnullos quasi legittera hoc est que legitur dicitur Unde sensus literalis dicitur qui legitur in ipsis verbis […].
Gerson loquitur de literali sensu sed male In concl[usione] 28.Nach der Zählung im Erstdruck handelt es sich nicht um die 28., sondern um die 29. These:
xxix Et isti [scil. Ulpianus, Accursius, Ioannes Crottus] melius et Augustino conformius docuerunt/ quam Gers'on':. Diese These bezieht sich zurück auf die 25. These:
xxv Contra Gers'onem' negamus esse sensum literalem qui ex intentione et circunstantiis scribentis colligitur[.] Gers'on' eodem tract'atu' consi'deratione' vi:(vgl. KGK 85, und KGK 85). Karlstadt verwies im gedruckten Text des Augustinkommentars erst ab c. 11 auf die Apologeticae Conclusiones (s. u. FN 1), davor nur auf die 151 Conclusiones vom 26. April 1517.
Jo. Vogt. 1760. Rubriziert bis fol. C ir.
Sigismundus Reichennbach.
Noli declinare ad dexteram), wie der Vergleich mit anderen Nachschriften zeigt, in denen sich diese Glosse vollständig findet.
[A]bsurdum est aliquid fieri posse. Cuius deest Exemplum. Damit fasste Agricola eine Aussage Augustins zusammen.
MKWkonnten in der SUB Göttingen (Nachweis von Martin Keßler), der Kongelike Bibliotek København und der Universitetsbiblioteket Oslo nachgewiesen werden.
De hoc vide Taulerum Ser'mone' 54: Vgl. dazu Karlstadts Bearbeitung dieser Predigt in Tauler, Sermones (1508), fol. 160r–162v.
Iam quanto odio vocabulum(WA 54, 186,14–18). Eine Zusammenstellung der einschlägigen Bezugnahmen Luthers auf De spiritu et littera bietet Delius, Augustin, 171–174; zu Luthers früher Augustinrezeption vgl. nur Lohse, Bedeutung Augustins; s. auch: Staats, Augustin; eine Kenntnis von De spiritu et littera in der Erfurter Studienzeit hat als sehr unwahrscheinlich zu gelten, vgl. Matsuura, Luther, C IIIf.iustitia Deioderam ante, tanto amore dulcissimum mihi vocabulum extollebam, ita mihi iste locus Pauli fuit vere porta paradisi. Postea legebam Augustinum de spiritu et litera, ubi praeter spem offendi, quod et ipse iustitiam Dei similiter interpretatur: qua nos deus induit, dum nos iustificat.
[…] unus ex professoribus [sc. der Theologischen Fakultät Wittenberg] enarret librum Augustini de spiritu et litera, ut videant studiosi ecclesiarum nostrarum doctrinam etiam habere eruditiorum patrum testimonia.Verfasser der Fakultätsstatuten von 1533 war Melanchthon.
1533 oder später(WA.B, 386) datiert worden. Ein Manuskript Luthers ist nicht überliefert, Aurifaber aber lag es vor. Als wesentliches Argument für die Spätdatierung (vgl. die WA.B 12, 386f. Anm. 2 angeführte Lit.; Kähler, Karlstadt, 49* Anm. 2) wird die Eingangswendung angesprochen, die auf die seit 1533 statutarisch verbürgte Vorlesung über Augustins Schrift (s. o. FN 82) anzuspielen scheint:
Non sine causa statutum est, ut hic Libellus de spiritu et litera in hac schola publice legeretur […].(WA.B 12, 387,1f.). Allerdings muss diese Wendung nicht zwingend auf die statutarischen Regeln bezogen werden; sie kann ja auch nur soviel wie: es ist beschlossen, dass bedeuten. Angesichts der großen Vorlesung, die Karlstadt zwischen 1517 und 1519 über diese Augustinschrift hielt (vgl. WA.B 1, 154,5), kann die statutarische Formulierung nicht einfach als Neuerung gelten. Das einzige gewichtige Argument gegen eine Datierung auf 1518 ist darin zu sehen, dass sich Luther bereits in einer Weise eindeutig von den
Papistae(ebd. 12, 387,3) distanziert, die zu diesem frühen Zeitpunkt in seinen öffentlichen Äußerungen kaum vorstellbar ist, was angesichts dessen, dass der Text ja zu seinen Lebzeiten nicht gedruckt wurde, aber wiederum wenig besagt. Der Skopus der Vorrede besteht darin, den Nachweis zu führen, dass die Wittenberger keine neue Lehre vertreten, sondern den wichtigsten Kirchenvater des Abendlandes auf ihrer Seite haben. Dass diese Argumentation besser an das Ende des zweiten oder ins dritte Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts passt, ist evident, ebenso, dass Aurifaber seine Gründe für die Datierung gehabt haben dürfte. Wäre es denkbar, dass Luther eine Ausgabe dieser für ihn so wichtigen Schrift um 1518 geplant hatte, die dann durch Karlstadts von ihm geschätzten Kommentar gleichsam in den Hintergrund geraten wäre?
De positione mea, imo Bartholomei Feldkirchen, nihil est quod mirentur tui Gabrielistae [sc. die an Gabriel Biel orientierten Erfurter Scholastiker], cum et mei [sc. in Wittenberg] vehementer hucusque mirentur. Et quidem positio ipsa ex me non est facta, sed M. Bartholomaeus eam sic conflavit, scilicet motus oblatratorum lectionum mearum garritu.(WA.B 1, 65,18–21).
Itaque fecit [sc. Bernhardi], ut etiam (praeter ordinem me praesidente) publice haec discuterentur ad obstruendum ora garrientium, vel ad audiendum iudicium aliorum.(WA.B 1, 65,22–24).
Ego sane gravius offendi omnes, quod negavi librum de vera et falsa poentitentia esse B. Augustini. Est enim insulsissimus et ineptissimus, et nihil ab Augustini eruditione et sensus remotius.(WA.B 1, 65,24–26). Die Schrift ist ed. in PL 40, 1113–1130; vgl. CICan 1, 1211f. Die Authentizität der Verfasserschaft war durch Johannes Trithemius, Liber de scriptoribus ecclesiaticis, Basel [Johann Amerbach] 1494; , fol. 24r, mit der Begründung in Frage gestellt worden:
quoniam in .xvij. cap[itu]lo circa finem ipse Augustinus allegatur.Zur historischen Einordnung und theologischen und kanonistischen Rezeption des wohl im 11. Jahrhundert entstandenen ps. augustinischen Traktats seit dem 12. Jahrhundert vgl. Hödl, Schlüsselgewalt, 158ff. Luther soll die Ps. Augustinschrift aus der Straßburger Ausgabe Martin Flachs von 1498 (WA 9, 4; vgl. WA.B 1, 68 Anm. 9; Matsuura, Luther, XC) gekannt haben. Karlstadt hielt an der Zuschreibung dieser Schrift an Augustin auch nach seiner Hinwendung zu dessen antipelagianischer Gnadenkonzeption fest, s. u. Textstelle.
Quod enim Gratianus et Magister Sententiarum plurima ex illo ceperint, et conscientiarum non medicinam, sed carnificinam conflaverint, sciebam. At illos implacabiliter offendit, praecipue Doctorem Carlstadium, quod haec sciens negare audeam.(WA.B 1, 65,26–66,30).
Haec sunt portenta [sc. exegetische Überlegungen zum Wesen der Liebe in der dritten These, WA 1, 149,20–31], quae movebant M. Bartholomaeum, quod ex me talia audierat. Magister Ambsdorf confitetur se mississe istam positionem ad vos [sc. Lang bzw. die Erfurter] praecisis titulis, et miratur ipse quoque, sed nunc non ita.(WA.B 1, 66,55–58). Diese Aussage setzt wohl voraus, dass Luther inzwischen bereits Erfurter Einwände gegen diese Disputation bekannt geworden waren. Ob tatsächlich allein aus dieser Versendung Amsdorfs (so WA 1, 142) auf die Existenz eines verschollenen Wittenberger Druckes geschlossen werden kann, scheint auch deshalb unsicher, weil es sich bei der Disputation des 25. 9. 1516 wohl nicht eindeutig um eine reguläre, statutenkonforme Disputation gehandelt hat. Was die abgeschnittenen Titel bedeuten, ist so klar auch nicht; Clemen (WA.B 1, 68 Anm. 19) denkt an die
Überschrift, um mögliche Gegner in Erfurt über die Herkunft im Unklaren zu lassen.
Bodensteins Bekehrungsbericht).
M[artinus] L[uther]eigens hervorgehoben; erst seit dem 31. 10. 1517 verwendete Luther diese Schreibweise seines Namens. Karlstadts Widmungsbrief vom 18. November datierte ca. eine Woche nach der Fertigstellung des Leipziger Nachdrucks der 95 Thesen (s. Kaufmann, Reformation in Deutschland, 789f. Anm. 50). Mit der feierlichen und prononcierten Bezugnahme auf den außerhalb Wittenbergs eben erst bekannt werdenden Luther machte sich Karlstadt demonstrativ zu dessen Parteigänger.
[…] hortatorium tuum lectitavi epistolium […]. Die von Karlstadt verwendete Begrifflichkeit spricht dafür, dass es sich um einen – heute verschollenen – Brief von Staupitz an Karlstadt handelte (vgl. KGK 48). Die epistola hortatoria ist eine Species der Epistolographie jener Zeit. Vgl. die 1510 bis 1512 in Wittenberg für Unterrichtszwecke verfasste Einführung des Hieronymus Gürtler: Gürtler, De componendis Epistolis (1513), fol. A 3r:
[…] varie sunt species secundum diversitatem negotiorum que per epistolas scribuntur. quia quandoque/ precipimus/ petimus/ hortamur aliquid narramus/ damus/ vel rem petitam concedimus.Obschon Kähler von der Begrifflichkeit her
keine unmittelbare Beziehung auf den Libellus [Staupitz’ De executione eterne predestinationis libellus] anklingen(Kähler, Karlstadt, 7*) sieht, hält er es doch für wahrscheinlich, dass Karlstadt hier auf diese am 6. 2. 1517 (Staupitz, Libellus) in Nürnberg erschienene Schrift anspielt. Zu den theologischen Inhalten der Schrift vgl. Wolf, Staupitz, 36–122; Oberman, Werden, 98–114. Vgl. auch die Erwägungen zum Inhalt von Staupitz’ Text bei Matthias, Anfänge, 95–101.
aliquis– im Unterschied zur Hypothese Bubenheimers, KGK 58, – mit Johannes Henrici alias Mensing, einem Dominikaner, der seit Wintersemester 1515/6 in Wittenberg immatrikuliert war, zu identifizieren, vgl. über ihn: Höhle, Universität, 149f. Laut Dekanatsbuch der Theologischen Fakultät (Liber Decanorum, 20) wurde er am 23. 3. 1517 unter Karlstadts Dekanat zum Lizentiaten promoviert; möglicherweise fand die eigentliche Lizentiatendisputation Henricis am 6. 3. 1517 statt, s. KGK 50. Luther war Karlstadts Konversion zum antipelagianischen Augustin am 28. 3. 1517, vielleicht infolge der Henrici-Disputation, bekannt, vgl. WA.B 18, 139–145, bes. 141 Nr. 4341 (=35a), Fragment 28. 3. 1517.
Sunt [sc. die 151 Thesen] (nisi fallor) haec iam non Ciceronis Paradoxa, sed Carolstadii nostri, imo Sancti Augustini, Ciceronianis tanto mirabiliora et digniora, quanto Augustinus, imo Christus, Cicerone dignior est.(WA.B 1, 94,17–19).
das erste Lieferungswerk(Kähler, Karlstadt, 47*) in der Geschichte des Buchdrucks.
Sed scitis calcographum nostro consilio iussuque caput nonum excutere cepisse […].Textstelle.
Manuskript zu Kapitel IV bis VIII […] bei der Abfassung noch nicht fertig(Kähler, Karlstadt, 49*) war, gibt es das Indiz, dass er in der Kommentierung zu Kap. 5 selbst auf den vorgezogenen Druck von Kap. 9 verweist, dieser Manuskriptteil zu Kap. 5 also noch in der Bearbeitung war, während der textlich spätere schon gedruckt wurde. Obschon Karlstadt die entsprechenden Kapitel im Sommersemester 1517 bereits kommentiert hatte, scheint er sie dann im Wintersemester noch einmal gründlich überarbeitet bzw. umfassender schriftlich ausgearbeitet zu haben.
Die Auflage hat also mindestens aus 150 Exemplaren bestanden, wird diese Zahl aber kaum wesentlich überschritten haben.(Kähler, Karlstadt, 53*).
quem iam Noster Carlstadius, Homo studii incomparabilis, explicavit miris Explicationibus & edidit.(WA.B 1, 134,48f.). Man wird das
edidit– mit Kähler, Karlstadt, 49* Anm. 4 – wohl so zu verstehen haben, dass die ersten Bogen bereits gedruckt vorlagen und Luther voraussetzte, dass Spalatin sie bereits kannte. Dass Luther das
bis dahin Erschienene(so Kähler, Karlstadt, 48* Anm. 4) mitschickte, ist dem Brief nicht zu entnehmen.
Miseram [sc. Luther] ad te [sc. Lang] […] aliquot sexterniones explicationum Carlstadinarum super librum de Spiritu et litera, sicut et nonnullis aliis, at memoria confusus ignoro, quot, quibus, exhibuerim. Si ergo omnes percepisti, novem debes habere, scilicet A,B,C,Cc,Ccc,Di,D,E,F, si quo minus, rescribe et supplebo. Hucusque enim impressa habemus.(WA.B 1, 154,4–9).
Nam decubuit [sc. Karlstadt] atque etiam nunc decumbit Doctor Carlstad. febribus; ita intercidit atque iacet negotium.(WA.B 1, 154,9f.). Vgl. KGK 71.
Mitto libellum Carolostadii de iustificatione impii [vgl. KGK II]; reliqua de spiritu et litera complevit, quae et mitto, sperans te habere principia eiusdem.(WA.B 1, 314,41–43).
Theologiedes Augustinkommentars geleistet hat (Kähler, Karlstadt, bes. 37*–45*), zielt vor allem darauf ab, den Motiven der späteren Devianz Karlstadts von Luther nachzuspüren. Mit einer angeblich bereits im Augustinkommentar greifbar werdenden Lösung des Geistes vom Wort sei
die Bahn für seinen [sc. Karlstadts] im Spiritualismus begründeten Rationalismus frei, wie er namentlich in der Abendmahlsfrage hervortritt(Kähler, Karlstadt, 45*). Die eigentliche methodische Schwierigkeit bei der Interpretation des Augustinkommentars dürfte darin bestehen, Karlstadts eigenes Denken als solches zu identifizieren.