Bearbeitet von Alejandro Zorzin
1. Überlieferung↑
Editionen:
- Olearius, Scrinium (1671), 29–31 [Digitalisat].
- Olearius, Scrinium (1698), 29–31.
- Gerdes, Scrinium, 310–311 [Digitalisat].
- Löscher, Reformations-Acta 2, 64f. [Digitalisat]
- Eck, Briefwechsel, Nr. 60 [Digitalisat].
Literatur:
- Barge, Karlstadt 1, 125.
- Kruse, Universitätstheologie, 169.
- Fabisch/Iserloh, Dokumente 1, 381f.
2. Inhalt und Entstehung↑
2.1. Inhalt und Entstehung↑
Eck hat erfahren, dass Karlstadt und die Wittenberger über ihn
erbost sind, weil er seinem Bischof [Gabriel von Eyb1]
privat Einiges gegen Luthers Lehre aufschrieb. Hätte er gewusst,
dass jene Kritteleien an andere Personen gelangen würden, wären sie nicht spontan und eilfertig verfasst
worden, wie es in Privatschreiben üblich ist. Daher wundert er sich, dass Karlstadt auf ihn zornig ist. Eck habe ihm seine Verehrung nicht vorgetäuscht; das sei nicht
seine Art. Es heißt, Karlstadt bereite sich auf einen Zweikampf
mit Eck vor. Das könne er nicht glauben. Wieso bereite er sich nicht gegen die
benachbarten Frankfurter vor, die in gedruckten Zetteln
Luther hundertfach Fehler vorwerfen. Eck will in freundschaftlicher Gesinnung darüber nachdenken; Karlstadt solle
fallen lassen, was er gegen den unschuldigen Eck
vorhabe. Es war nicht Ecks Absicht, Luther zu schaden. Wenn Karlstadt etwas gegen ihn unternehme, wäre es
freundschaftliche Pflicht gewesen, ihn einzuweihen. Wo Eck bei
sich Fehler erkennt, will er sie eingestehen. Sollte er aber feststellen, dass Karlstadt zu scharf gegen ihn
schreibt, will er sich mit Unterstützung von Lehrern und Freunden in berühmteren Universitäten der
christlichen Welt
verteidigen. Aber er ziehe vor, es nicht tun zu müssen. Karlstadt solle
überlegen, was zu tun sei, und erst dann die Sache angehen.
2.2. Inhalt und Entstehung↑
Es lässt sich nicht bestätigen, ob Johannes Eck2 und Karlstadt im Anschluss an Christoph Scheurls Bemühungen, Anfang April 1517 zwischen beiden eine
Freundschaft anzubahnen3, direkten Kontakt aufgenommen hatten.4 Spätestens ab dem Zeitpunkt, als Karlstadt von Ecks
Obelisken gegen seinen Wittenberger Kollegen Luther erfuhr (vielleicht schon Anfang März 1518), wird er keinen Kontakt mehr
zu Eck gesucht haben. Dass Eck weiterhin in Verbindung zu dem Wittenberger Dozenten und Karlstadts Stiftskollegen Johann Dölsch stand, bestätigt Karlstadt im Brief vom 21. Mai
1518 an Spalatin.5 Am 14. Mai 1518 war anlässlich der Promotion des Nikasius Claji zum Baccalaureus biblicus in Wittenberg über die erste Thesenreihe (Th. 1–101) von Karlstadts Apologeticae Conclusiones disputiert worden; sie enthielt aber keine explizit gegen
Eck gerichtete Thesen.6
Luther hatte Eck am
19. Mai 1518 geschrieben und ihm über Wenzeslaus Linck7
handschriftlich ausgefertigte Asterisken gegen dessen Obelisken zugeschickt.8 Dabei
erwähnte er seinen Kollegen Karlstadt nicht.9
Eck hatte von Karlstadts Zweikampf
gegen ihn
erfahren, aber zum Zeitpunkt des vorliegenden Briefes von Karlstadts Apologeticae
Conclusiones noch kein Exemplar gesehen. Sein Appell an Karlstadt, doch besser gegen die
Frankfurter vorzugehen, die (anders als Eck) Luther öffentlich angegriffen hätten, beweist, dass Eck die Thesenreihen nicht kennt, in denen Karlstadt das bereits getan hatte. Eck scheint aber davon auszugehen, dass Karlstadt etwas gegen ihn
verfasst hat bzw. im Begriff ist, etwas zu veröffentlichen. Denn es ist bezeichnend, dass er im Brief
äußert, sich im Fall eines zu hitzigen
oder bissigen
Angriffs von Karlstadt
gegen ihn in berühmteren Universitäten der christlichen Welt
dagegen verteidigen zu
wollen.
Gleichwohl werde ich, wenn unsere neulich begonnene Freundschaft weiterbestehen soll, in freundschaftlicher Gesinnung über das Geschehene nachdenken […]., lässt die Deutung zu, dass Karlstadt um die Jahreswende 1517/18 Scheurls Bitte nachgekommen war und Eck geschrieben hatte.