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Brief 267

Nonnen im Kloster Lüne an ihre Mutter

vor dem ersten Adventssontag, unbekanntes Jahr

Ankündigung der bevorstehenden Profess — Notice about the upcoming clothing

Kloster Lüne, Hs. 15, Lage 19, fol. 15r

Niederdeutsch

Schlotheuber, Klostereintritt (2004), S. 156-174; Brief 263; Brief 278; Brief 281.

Die Absenderinnen, wohl zwei Schwestern, bedankten sich bei ihrer Mutter für alle ihnen von Kindesbeinen an erwiesenen Wohltaten, vor allem aber dafür, dass sie als Kinder in das Kloster gegeben hat, wo sie wie in einem Rosengarten und irdischen Paradies leben. Die Profess soll am ersten Advent erfolgen. Sie bitten um Fürbitte und um Vergebung für alle kindlichen Vergehen. Dank für die Auszeichnung, die ihnen zuteil geworden ist; durch die Aufnahme ins Kloster entkommen sie dem Jammertal der Welt. Hoffnung und Gebet, dass Christus als Bräutigam ihnen die Freude des ewigen Reichs zur Belohnung gibt.

The writer thanks a female relative for all her good deeds, above all for her entry into the convent where she lives in a rose garden and earthly paradise. She informs her that her clothing will take place on the first Sunday in Advent. She asks for forgiveness for all her childhood faults. She thanks again that she has been accepted into the convent and can escape the world, this vale of tears. She ends with a prayer for the reward in the joy of the eternal kingdom.

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[Lage 19, fol. 15r]


1 [J]esuma Christum den vorsten der engele de dar is en sote honnich sem in
2 dem munde. eyn wolludende seydenspel in den oren. eyn frolick scal=
3 linghe in dem herten1 Dessen leuen begherliken soten Jesum vsen vter
4 weleden brudegham sende we juw vor enen vroliken fruntliken
5 grod to voren Alder leueste N juwer leue late ik ghans fruntli
6 ken danken vor alle ghud dat gy us van user kyntheit wente
7 an dessen dach lefliken vnde gudliken dan hebbet. vnde us besorget
8 h. myd alle deme dat usem lyue behof wesen heft. des we juwer
9 leue vnde truwe so hochliken nicht danken kond alze we juk plich
10 tich synt Sunderken danke we juk myd vrolicheit vnses herten
11 dat gy us offert vnde geuen h. in dyt closter2 dar we ane wesen moget
12 lustighen vnde rouwsam liker wys alze in enen rosen gharden. vnde
13 an enen erdesken paradyse. an deme we moghen denenb syn dene=
14 rinnen des ewighen almechtighen Godes des hemmelschen koninghes.
15 deme suluen we beghert to denende myd allen salighen in der ho=
16 ghen stad eddelen sconen borch Jerusalem. Alderleueste N we juwen
17 leuen dochtere doth juwer leue vnde truwe fruntliken to wetende
18 dat me us des ersten sondaghes des hilgen aduentes ifft God wil=

[Lage 19, fol. 15v]
19 claren schal3 dar ane we vnse geystlike cled vullen komen entfanget
20 vnde us gansliken vnde vullenkomelken vnder den hilgen horsam
21 geuet Alzo syn we des hoge van juw begherende dat gy den
22 barmhertighen leuen God vliteghen vor bidden dat we vnse
23 ammacht4 so entfanghen vnde holden moten. dat we dat ewighe
24 lon dar vor entfanghen moghen. so late we juw ok bidden dorch
25 de leue vnde barmherticheyt Godes dat gy us willen vor geuen
26 wor we juwe leue gy mochten mede vor tornet hebben in vn=
27 ser kyntheyt myd wenende myd worden effte myd werken.
28 vnde dencken so we juk plichtich synt de wile we leuet dat juk
29 alle gud vor gelde dat gy us ghe dan h. van vnsen kyntliken
30 jaren wente an dessen dach. bouen alle dat gy us to desser groten
31 werdicheyt brocht h. dat we moghen heten vnde wesen brude
32 des alweldighen Godes des ouersten koninghes. des hemmel vnde erde
33 syn is. des eddelicheyt vnde schoneyt neyn ghelike h.. des ere
34 vnde vroude neyn tunghen vth spreken kan. Alder leueste dessem
35 alderhogesten eddelsten woldigesten rikesten brudegamme h.
36 gy us vor truwet vnde geuen dar vmme so is he juwe swagher
37 Konde vnde mochte beyde us vnde juk ok wol bet wesen wan we
38 dit ouer trachtet vnde denckent. we kont juw des nicht to vullen
39 scriuen wo leue dat us is. dat we de drouighen jammerken werlt
40 ouer geuen h. dar gy us Got hebbe lof ouer holpen vnde af ghelozet
41 h. vnde is us dit nu sus leff wo wele leuer wel us dat werden
42 na dessem leuende wan Christus Jesus vse vterkoren brudegam vnse herte
43 sote lefken vor de vorsmadinghe desser werlt welc to lone
44 gift de ere vnde vroude synes ewighen rikes to brukende vnde
45 to besittende myd eme vnde myd alle synen vterweleden to ewighen
[Lage 19, fol. 16r]
46 tyden Dat us dat allen samen mote wedder varen dat geue he
47 us dor syne mylden gnade vnde barmherticheyt de groter
48 is wen alle der werlde bosheit
d dare he hemmelrike vnde erthrike ouervlodighen mede vor vulletf Amen.


Kritischer Apparat

a Textergänzung in mg. durch Nolte mit Bleistift J

b hier gestrichen denen

c hier gestrichen wel

d hier gestrichen us dor syne mylden gnade vnde barmherticheyt de groter | is wen alle der werlde bosheit

e supra lin. mit Verweiszeichen

f Korrektur in mg. am unteren Seitenrand. Verweiszeichen an dar


Sachapparat

1  Zum Bernhard-Zitat vgl. Anm. zu Brief 263 Bernardus Claraevallensis, Sermones super Cantica canticorum, in: Bernhard von Clairvaux, Opera, hg. von Leclercq u.a. (1957–1977), Bd. 1.86.17-19: Jesus mel in ore, in aure melos, in corde iubilus; vgl. Carruthers, The Experience (2013), S. 91; Brief 263; Brief 278 und Brief 281.

2 Dieser Begriff bezeichnet eigentlich die Oblation. Diese, gänzlich durch die Eltern bestimmte, Form des Klostereintritts gab es allerdings nach der Einführung der Reform nicht mehr.

3  Ein Lehnwort von lat. clarere. Das mnd. Verb claren (erleuchten; reinigen; erheben) bezieht sich auf die Reinigung in der Profess, vgl. Brief 264 und Brief 266.

4 Im Niederdeutschen eine Bezeichnung für Amt, Zunft oder Stand.

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