Einleitung

Justus Lipsius' De Bibliothecis Syntagma - Einleitung
von Thomas Stäcker

1. Vorwort
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Auf den ersten Blick scheint eine Neuedition von Justus Lipsius' Syntagma de Bibliothecis wenig sinnvoll. Es liegen gut überlieferte ältere Ausgaben vor und in den verschiedensten Bibliotheken und auch online finden sich zahlreiche Exemplare, so dass der Text leicht verfügbar ist. Dennoch fehlt bis heute eine moderne Edition und, was angesichts der Bedeutung des Werkes für die Bibliotheksgeschichtsschreibung vielleicht noch mehr überrascht, es liegt keine deutsche Übersetzung vor. Der Grund mag darin zu suchen sein, dass man früher in Deutschland dank guter Lateinkenntnisse nicht die Not empfand, es zu übersetzen, entscheidender dürfte aber der Umstand sein, dass man anders als den zentralen Werke Lipsius' wie den politicorum libri oder de constantia dem Syntagma, das in eine Reihe historischer Arbeiten zur Antike gehört, wie de cruce,de amphitheatro, de gladiatoribus oder de militia Romana, außerhalb von Bibliothekskreisen kaum Beachtung schenkte. Erst in jüngster Zeit rückte das Werk im Zuge der Behandlung von Fragen der Funktion frühneuzeitlicher Bibliotheken wieder in den Fokus der Aufmerksamkeit und wurde auch in größeren thematischen Zusammenhängen gewürdigt.1

Ohne behaupten zu wollen, dass es sich um einen Schlüsseltext im Schaffen Lipsius' handelt, hat er doch Wirkung entfaltet. Nicht nur übte er auf die europäische Bibliotheksgeschichtsschreibung beträchtlichen Einfluß aus, er erlaubt auch einen konzisen Blick auf Lipsius' Arbeitsweise und Denken und vermag das Bild, das wir uns von Lipsius als Gelehrten machen, konturierter vor Augen treten zu lassen.

Die Edition sollte von Anfang an in digitaler Form erscheinen, nicht zuletzt, um die sich bietenden neuen editorischen Möglichkeiten einer webgestützten Edition auszuloten. Als man 2005 den Entschluss fasste, gab es zwar theoretische Vorüberlegungen zum Potential von XML basierten Editionen, doch nur wenig ernsthafte Bemühungen, es auch wirklich zu tun. Die Lage hat sich mittlerweile geändert, doch immer noch begleitet die digitale Edition trotz bahnbrechender theoretischer Studien2 eine Aura des Mißtrauens. Das mag an dem Risiko liegen, das ein Editor eingeht, der sich auf ein völlig neues Terrain begeben und auf ein Publikationsmodell einlassen muss, dessen Tragweite er kaum abzuschätzen weiss. Unbeantwortete Fragen der Stabilität, der angemessenen Repräsentation oder auch der Langzeitverfügbarkeit schüren Ängste. Gerade bei größeren Editionen lässt die Furcht um die Fürchte jahrelanger Arbeit Editoren eher traditionell denken und den sichereren Weg der gedruckten Edition einschlagen. Dass dieser Weg angesichts einer sich zusehens digital ausrichtenden Geistes- und Kulturwissenschaften seinerseits mit Risiken behaftet ist, wird dabei leicht übersehen. Es mag durchaus der Fall eintreten, dass schon in wenigen Jahren gedruckten Editionen dasselbe Schicksal widerfährt wie seinerzeit den gedruckten Universalkatalogen und -bibliographien, die heute so gut wie vergessen sind und nur noch in elektronischer Form genutzt werden. Dabei geht es weniger um wissenschaftliche Qualität oder editorische Zuverlässigkeit - diese bleibt auch in der digitalen Form eine unverzichtbare Forderung3 - als um neue mediale Funktionen, die als Anforderung an eine Edition herangetragen werden, allen voran elektronische Suchbarkeit und Vernetzungsmöglichkeiten, aber auch die durch die Bibliothek gewährte freie Zugangsmöglichkeit oder Nachnutzbarkeit des Textes in anderen technischen und funktionalen Zusammenhängen.4

Der Herausgeber hofft mit dieser Edition den unterschiedlichen Anforderungen Genüge tun zu können, indem sie einerseits einen zuverlässigen Text mit Sachkommentar, Stellenverzeichnis sowie eine deutsche Übersetzung bietet - denn Übersetzungen, wie schon Lipsius bemerkt, sind eine nützliche Sache5 - , andererseits indem sie nach Möglichkeit die neuen Medienbedingungen in die Gestaltung der Edition einbeziehen. So wurden Teile der Edition im Sinne eines work in progress bereits früh online gestellt (seit 2006) und laufend weiter entwickelt, so die Transkription, gefolgt von der Übersetzung, nun der Einleitung und dem Kommentar. Sie eröffnete seinerzeit eine neue Reihe der Herzog August Bibliothek, die Editiones Electronicae Guelferbytanae. Darin, dass diese Reihe mit Lipsius' Syntagma de Bibliothecis eröffnet wird, erweist nicht nur die Bibliothek ihre Reverenz an den Altvater der Bibliotheksgeschichtsschreibung, sondern es soll damit auch zum Ausdruck kommen, dass man sich hier und in den folgenden Editionen dem philologische Genie Lipsius' verpflichtet fühlt.

Abschließend bleibt noch Dank abzustatten an alle, die zum Gelingen dieser Edition beigetragen haben. Zu großem Dank verpflichtet bin ich Jeanine de Landtsheer, Herausgeberin der Briefe Lipsius', die mir zahlreiche Hinweise gegeben hat und mich auch Einblick nehmen liess in noch nicht veröffentlichte Briefe. Namentlich erwähnt sei auch Karin Hartbecke, die in einem Praktikum an der Herzog August Bibliothek zahlreiche der von Lipsius genutzen oder möglicherweise genutzten Quellen bibliographisch ermittelt und mit dem Katalog der Bibliothek verlinkt hat. Last but not least auch Christian Heitzmann, mit dem zusammen die Übersetzung des Textes in vielen lucubrationes entstanden ist und dessen Rat in allen Dingen unverzichtbar war.

2. Ausgaben
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Sigle: s 1602
title page
Ivsti LipsiI De Bibliothecis Sytagma. Antverpiæ, Ex Officina Plantiniana, Apud Ioannem Moretum. ↀ. ⅼↃ ⅭⅡ. Cum Priuilegiis Cæſareo & Regio.
. Antwerpen: Johannes Moretus, 1602. - 34 S., [1] Bl. : Druckerm. (Kupferst.). ; 4°
[ ↗opac]; BL I, 59; BB 900, L 144; Imhof L 13
Herzog August Bibliothek, Wolfenbüttel
  • Sign. M: QuN 59.9 (1)

    Handschriftliche Notiz, die das Exemplar als Geschenk des Autors ausweist: Dono auctoris CL[arissimi]V[iri]I[usti]LipsI[i] [] . Der Band enthält ferner ein Exlibris des Fürsten Ludwig Rudolf (1671-1735) sowie des Collegium Carolinum in Braunschweig (gegründet 1748) [] . Nach 1890 kam der größte Teil der alten Collegiumsbibliothek nach Wolfenbüttel. Wem Lipsius diesen Band in der Zeit von der Enstehung, also nach 1602, bis zu seinem Tode 1606 geschenkt hat, ist zwar nicht sicher zu bestimmen, es dürfte aber Aubertus Miraeus gewesen sein,6 denn der Sammelband enthält 5 Werke, darunter die zeitnah erschienen Dispunctio (2) und De Vesta (3). Auf dem Titelblatt von De Vesta findet sich folgender Widmungseintrag an Aubertus Miraeus :Rev[eren]do et doct[issi]mo viro D[octori]Auberto Miraeus canonico J[ustus] Lipsius d[ono]d[edit]. [] 7

  • Museum Plantin-Moretus, Antwerpen
  • A 347 Exemplar zusammengebunden mit der Dispunctio notarum Mirandulani codicis ad Cor. Tacitum (1602) und den Clariss. viri Iusti Lipsii musae errantes (1610). 1879 durch das Museum bei Kockx (Antwerpen) erworben.8
  • Sigle: s 1607
    title page
    Ivsti LipsiI De Bibliothecis Sytagma. Editio ſecunda, & ab vltimâ Auctoris manu. Antverpiæ, Ex Officina Plantiniana, Apud Ioannem Moretum. ↀ. ⅼↃⅭ. VⅡ. Cum Priuilegiis Cæſareo & duorum Regum.
    . Antwerpen: Johannes Moretus, 1607. - 35 S., [1] Bl. : Druckerm. (Kupferst.). ; 4°
    [ ↗opac]; BL I, 61; BB 900-901, L 145; Imhof L 14
    Bayerische Staatsbibliothek, München
  • Sign. 897444 4 V.ss. 392#Beibd.9
  • Sigle: o 1613
    title page
    Iusti LipsI. De Bibliothecis Syntagma. Editio secunda & ab ultima Auctoris manu.
    . In: Ivsti Lipsi[i] Opera : Quæ velut ante sparsa, nunc in certas classes digesta; in novum corpus redacta et II tomis comprehensa ... Tomus II.. Lyon: Cardon, Horace, 1613, S. 889-899. - [6] Bl., 899 S ; 2°
    [ ↗opac]; BL II, 215-224; BB 1018-1020, L 405
    Universitäts- und Forschungsbibliothek, Gotha
  • Phil 2° 00115/03 (01)
  • Herzog August Bibliothek, Wolfenbüttel
  • A: 19 Quod. 2°
  • Sigle: s 1614
    title page
    Ivsti LipsI De Bibliothecis Syntagma. Anno ↀ. ⅼↃ cXIV
    . [Helmstedt]: [Lucius, Jacob <der Jüngere>], 1614. - [1] Bl., 32 S., [3] Bl. ; 8°
    [ ↗opac]; BL I, 63; BB 901, L 146
    Herzog August Bibliothek, Wolfenbüttel
  • Sign. H: QuH 142 (3)
  • Sigle: o 1614
    De Bibliothecis. In:
    title page
    Opera omnia, septem tomis distinctat. Bd.3
    . Antverpen: Plantin, 1614, S. 2 [6.]
    [ ↗opac]; BL II, 225-239; BB 1020-1024, L 406
    Herzog August Bibliothek, Wolfenbüttel
  • M: Li 4° 234
  • Sigle: f 1617
    De Bibliothecis.. In:
    title page
    Facis Historicae Compendium : Ex Iusti Lipsii Operibus Cum Summa Diligentia Et Studio compositum ; Opusculum omnibus, praesertim Historicos, Politicos, & vereres scriptores legentibus, necessarium & utile
    . Straßburg: Lazarus Zetzner Erben, Scher, Konrad, 1617. - [3] Bl., 377 [i.e. 387] S. ; 12°
    [ ↗opac] [ ↗vd17]; BL I, 499-500; BB 969, L 294
    Universität- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt, Halle
  • Na 1040
  • Herzog August Bibliothek, Wolfenbüttel
  • A: 572.1.1 Quod. (1)
  • Sigle: s 1619
    title page
    Ivsti LipsI De Bibliothecis Syntagma. Editio tertia, & ab vltimâ Auctoris manu. Antverpiæ, Ex Officina Plantiniana, Apud Balthaſarem Moretum, & Viduam Ioannis Moreti, & Io. Meurſium, ↀ. ⅼↃ XIX. Cum priuilegiis Cæſareo & duorum Regum & Principum Belgarum.
    . Antwerpen: Moretus, Balthasar, Moretus, Maria, Meursius, Johannes, 1619. - 35 S., [2] Bl. : Druckerm. ; 4°
    [ ↗opac]; BL I, 65-66; BB 901-902, L 147
    Herzog August Bibliothek, Wolfenbüttel
  • Sign. Wt 498
  • Sigle: s 1620
    title page
    Ivsti LipsI De Bibliothecis Syntagma. Et Fvlvii Vrsini, eadem de re Commendatio, Cum nonnullis Iſidori de eodem argumento. Plutarchus de educat. liberorum. Ωργανον τῆς παιδεὶας ἡ χρῆσις τὼν βιβλὶων ἐστί. HelmaestadI, Typis heredum Iacobi LvcI. Anno M. DC. XX.
    . Helmstedt: Jakob Lucius II. Erben, 1620
    [ ↗opac]; BL I, 67; BB 902, L 148
    Herzog August Bibliothek, Wolfenbüttel
  • Sign. M: Ba 474
  • Sigle: s 1627
    Ivsti LipsI De Bibliothecis Syntagma. Anno ↀ. ⅼↃ cXXVII.. [Helmstedt]: [Jakob Lucius II. Erben], 1627
    [ ↗gbv] [ ↗vd17]; BL I, 69; BB 902, L 149
    Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz, Berlin
  • Libri impr. cum notis mss. oct. 428
  • Dombibliothek, Hildesheim
  • 4 Cf 0040 [3 an
  • Sigle: f 1628
    title page
    De Bibliothecis.
    . In: Facis historicae Compendium ... / Ex Iusti Lipsii operibus summo studio concinnatum ... Olim in Germaniâ impressum per Anastasium a Valle Quietis. Nunc verò meliori ordini restit., em., maximâ parte auctum, et primum in Italia ed., a Constantio a Monte Laboris. Padua: Thuille, 1628, S. 725-742
    [ ↗opac]; BL I, 501-505; BB 969-970, L 295
    Herzog August Bibliothek, Wolfenbüttel
  • M: Li 5036.1
  • Sigle: f 1629
    De Bibliothecis. In: Facis Historicae Compendium : Ex Iusti Lipsii Operibus Summo studio concinnatum ; Opusculum ad Historicorum, Politicorum, & veterum Scriptorum intellectum mira brevitate & dexteritate conducens. Olim in Germania impressum Authore Anastasio a Valle Quietis. Postea a Constantino a Monte Laboris, Meliori ordini restitutum, emendatum, maxima parte auctum, in Italia: nunc vero secundum in Germania editum. Straßburg: Lazarus Zetzner Erben, 1629
    [ ↗opac]; BL I, 507; BB 970, L 296
    Herzog August Bibliothek, Wolfenbüttel
  • M: Li 5036.2
  • A: 620.12 Hist.
  • Sigle: o 1637
    title page
    Justi LipsI de Bibliothecis Syntagma
    . In: Ivsti Lipsi[i] V.C. Opera Omnia, Postremvm Ab Ipso Aucta Et Recensita : Nvnc Primvm Copioso Rervm Indice Illvstrata. Bd. 3. Antverpen: Moretus, Baltasar, 1637, S. 627-636
    [ ↗opac]; BL II, 241-253; BB 1024-1028, L 407
    Herzog August Bibliothek, Wolfenbüttel
  • M: Li 2° 97
  • H: P 593-594.2° Helmst.
  • Bayerische Staatsbibliothek, München
  • Res/2 Opp. 50-3
  • Sigle: r 1645
    De Bibliothecis. In: Roma illustrata, sive Antiquitatum Romanarum breviarium. Opusculum ad instar Commentarii in Romanarum rerum Scriptores. Leiden: Moiradus, 1645. - [6] Bl., 393 S. : Ill. (Kupfert.)
    [ ↗gbv]; BL II, 499-500; BB 1066, L 495
    Universitätsbibliothek Rostock
  • Sc-3026
  • Sigle: r 1650
    title page
    De Bibliothecis
    . In: Roma Illustrata, sive Antiqvitatum Romanarum Breviarivm. Accessit Georgii Fabricii Chemnicensis Veteris Romæ cum nova collatio. Ex nova Recensione Antoni Thysii JC. Leiden: Wyngaerde, Adrian, 1650, S. 394-402. - [4] Bl., 546 S., [11] Bl. : Kupfert., Ill. (Holzschn.). ; 12°
    [ ↗opac]; BL II, 501-502; BB 1066-1067, L 496
    Herzog August Bibliothek, Wolfenbüttel
  • A: 597.11 Hist.
  • Sigle: v 1651
    title page
    Justi Lipsii de Bibliotheics Syntagma
    . In: Gerardi Io. Vossy et aliorum Dissertationes de Studiis Bene Instituendis. Traiecti ad Rhenvm Typis Theod. Ackersdyk et Gisb. Zylii. Utrecht: van Ackersdijck, Dirck, van Zyll, Gisbertus A., 1651, S. 220-254. - 5 preliminary leaves, 5-544 pages, 1 leaf 14 cm
    Universitätsbibliothek, Princeton
  • Goertz 220
  • D 9103 RES (unvollständig) [↗Record Nr.]
  • Sigle: r 1657
    title page
    De Bibliothecis Syntagma
    . In: Roma Illustrata, sive Antiqvitatum Romanarum Breviarivm. Accessit Georgii Fabricii Chemnicensis Veteris Romæ cum nova collatio. Ex nova Recensione Antoni Thysii JC. Amsterdam: Elzevir, 1657, S. 374-382
    [ ↗opac]; BL II, 503-504; BB 1067, L 497
    Bayerische Staatsbibliothek, München
  • 1877924 Res/Ant. 344 1877924 Res/Ant. 344
  • M: Gg 142
  • Sigle: v 1658
    title page
    Justi Lipsii De Bibliothecis syntagma
    . In: Gerardi Io. Vossy et aliorum Dissertationes de Studiis Bene Instituendis. Traiecti ad Rhenvm Typis Theod. Ackersdyk et Gisb. Zylii. Utrecht: Ackersdijck, Dirck, van Zyll, Gisbertus A., 1658, S. 231-265. - [4] Bl., 720 S. : Kupfert. ; 12°
    [ ↗opac]
    Herzog August Bibliothek, Wolfenbüttel
  • A: 588.4 Quod. (2)
  • M: Pc 27
  • Biblioteca Nazionale Centrale Rom
  • BVEE046057
  • Sigle: m 1666
    title page
    Justi Lipsii De Bibliothecis Syntagma Ad Illustrissimum & Excellentissimum Pricipem CAROLUM Ducem Croiium & Aſcotanum
    . In: De bibliothecis atque archivis virorum clarissimorum, quos aversa monstrat pagina, libelli et commentationes : Cum praefatione de scriptis et bibliothecis antediluvianis. Helmestadii: Müller, Hennig, 1666
    [ ↗opac]
    Herzog August Bibliothek, Wolfenbüttel
  • A: 185.1 Quod.
  • Sigle: f 1671
    title page
    De Bibliothecis Syntagma
    . In: Fax historica, seu Lucidissimum operum Justi Lipsii compendium, ad historicorum, politicorum et veterum scriptorum intellectum, mira brevitate concinnatum, et nunc recens in Gallia editum, opera unius presbyteri congreg. Oratorii Dñi Jesu. Marseille: Claude Garcin, 1671
    BL I, 509; BB 970-971, L 297
    Bibliothèque municipale, Lyon
  • 345840
  • Inst.Catholique, Toulouse
  • PAT 17P 793
  • Sigle: o 1675
    title page
    Justi LipsI de Bibliothecis Syntagma
    . In: Justi Lipsi[i] V. C. Opera Omnia : Postremum Ab Ipso Aucta Et Recensita: Nunc Primum Copioso Rerum Indice Illustrata. Bd. 3. Wesel: Andries van Hoogenhuysen, 1675, S. 1117-1140
    [ ↗opac]; BL II, 257-261; BB 1028-1029, L 408
    Herzog August Bibliothek, Wolfenbüttel
  • Xb 9122:3
  • Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek, Göttingen
  • 8 SVA V, 5595:3
  • Sigle: r 1689
    De Bibliothecis. In: Roma illustrata, sive Antiquitatum Romanarum breviarium. Amsterdam: Wolters, 1689, S. 362-370. - 504 S. ; 8°
    [ ↗opac]; BL II, 505; BB 1067, L 498
    Herzog August Bibliothek, Wolfenbüttel
  • M: Gg 143
  • Sigle: r 1692
    De Bibliothecis. In: Justi Lipsii Roma Illustrata, Sive Antiquitatum Romanarum Breviarium. Et [!] Georgii Fabricii Chemnicensis Veteris Romæ Cum Nova Collatio : Ex nova Recensione Antonii Thysii, J.C. ; Cui Accesserunt in hac Editione Justi Lipsii Tractatus Peculiares, Viz. De Veterum Latinorum Scriptura, De Re Pecuniaria, De Nominibus Romanorum, De Ritu Conviviorum, De Censura & Censu, De Anno deque ejus diversitate, item ratione intercalcandi ; Cum Figuris Æneis ... . London: Swalle & Childe, 1692. - [3] Bl., 362 S., [8] Bl., [1] gef. Bl. : Kupfert., Ill. (Kupferst.). ; 8°
    [ ↗gbv]; BL II, 507-509; BB 1068, L 499
    Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz, Berlin
  • Rn 318
  • Sigle: r 1698
    title page
    De Bibliothecis
    . In: Roma illustrata, sive Antiquitatum Romanarum breviarium. Cui acc. in hâc ed. Justi Lipsii Tractatus peculiares, viz. De veterum Latinorum scriptura. De re pecuniaria. De nominibus Romanorum. De ritu conviviorum. De censura et censu. De anno deque ejus diversitate: item ratione intercalandi. ... . London: Whitwood, 1698, S. 242-246. - 362 S. ; 8°
    [ ↗opac]; BL II, 511; BB 1068, L 500
    Herzog August Bibliothek, Wolfenbüttel
  • M: Gg 144
  • Sigle: m 1702
    title page
    Justi Lipsii De Bibliothecis Syntagma Ad Illustrissimum & Excellentissimum Pricipem CAROLUM Ducem Croiium & Aſcotanum
    . In: De bibliothecis atque archivis virorum clarissimorum, quos aversa monstrat pagina, libelli et commentationes : Cum praefatione de scriptis et bibliothecis antediluvianis. Helmstedt: Hamm, Georg Wolfgang, 1702
    [ ↗opac]
    Herzog August Bibliothek, Wolfenbüttel
  • M: Ba 490 (1)
  • Sigle: f 1741
    title page
    De Bibliothecis Syntagma
    . In: Facis Historicae compendium ex Justi Lipsii operibus summo studio concinnatum per Joannem Thuilium Mariæmontanum Tirolensem humaniorum litterarum olim gymnasio Patauino professorem. Venedig: Simone Occhi, 1741
    Biblioteca Nazionale Centrale, Rom
  • 6. 3.H.43
  • 2.1. Überlieferung
    [arrow up]

    Es existiert keine handschriftliche Überlieferung des Syntagma. Auch das Exemplar seiner Bibliothek mit Korrekturen, das der nach seinem Tod erstellte handschriftliche Katalog seiner Bibliothek erwähnt, ist nicht erhalten.10 Jedoch ist aus Briefen bekannt, dass „les Moretus respectaient scrupuleusment le texte de l'auteur. En outre, nous avons des preuves de ce que non seulment l'Officine, mais également Lipse même corrigeaient attentivment les épreuves“.11 Die Ausgaben von 1602 und 1607 dürften daher weitgehend den Vorstellungen von Lipsius entsprochen haben.

    Die Druckgeschichte des Syntagma stellte erstmals Thomas D. Walker 12 vollständig dar. Es erfreute sich im 17. und 18. Jahrhundert außerordentlich großer Beliebtheit. Nach Walker erschienen allein von der lateinischen Ausgabe 25 Ausgaben, übersetzt wurde es in 4 Sprachen, in Französisch, Englisch, Niederländisch und Spanisch. Die Druckgeschichte des Syntagma ist vor allem mit dem Haus Platin-Moretus verbunden, bei dem Lipsius zeit seines Lebens publizierte. Platin wirkte seit 1583 in Leiden und kehrte 1585 nach Antwerpen zurück. Sein Schwiegersohn Frans van Ravelingen (Franciscus Raphelengius) führte sein Geschäft in Leiden fort, von 1613 an dort jedoch nur noch als Buchladen, der 1617 schloss.13 Bei Platin-Moretus erschien neben den erwähnten Ausgaben von 1602 und 1607 1619 noch eine dritte gegenüber der zweiten unveränderte Ausgabe.

    Eine zweite Überlieferungslinie bildet überraschenderweise eine Reihe von Helmstedter Drucken, ausgehend vom Universitätsdrucker Lucius, der 1614 offenbar einen Raubdruck veranstaltete. Die Helmstedter Universitätsdrucker haben mit Sicherheit auf einen direkten Bedarf der Universität Helmstedt reagiert, der mit Blick auf die Lipsiusrezeption an der Universität Helmstedt näher untersucht werden müsste.

    Als dritte Überlieferungsline könnte man die in Lyon 1613 erschiene Ausgabe in den Opera Omnia nennen. Allerdings findet diese keine sichtbare Fortsetzung, bildet aber die Grundlage für die spanische Übersetzung

    Das Syntagma erscheint als Separatdruck (Antwerpen 1602, 1607, Helmstedt 1614, 1620, 1627), in Sammelbänden wie der von Mader/Schmidt (Helmstedt 1666, 1702) oder von Ackersdijck/Zyll (Utrecht 1651, 1658) und in den Opera Omnia Ausgaben (Lyon 1613, Antwerpen 1614, 1637, Wesel 1675). Darüber hinaus entstehen, vermutlich für den Schulgebrauch, auch Bearbeitungen, enthalten in den Anthologien Facis historiae compendium (Straßburg 1617, 1629, Padua 1628, Marseille 1671, Venedig 1741) und Roma illustrata (Leiden 1645, 1650, Amsterdam 1657, 1689, London 1692, 1698).

    Eine Übersicht über die Editionen und ihre Abhängigkeitsverhältnisse bietet das von Walker14 erstellte Stemma der Ausgaben. Die niederländischen und französischen Ausgaben basieren auf der Ausgabe von 1607, die deutschen bzw. Helmstedter auf der Ausgabe von 1602.

    2.1.1. Antwerpener Ausgaben
    [arrow up]

    Die Erstausgabe erschien 1602 bei Moretus in Antwerpen in 1050 Exemplaren.15 Eine in der älteren Literatur gelegentlich erwähnte, angeblich Antwerpen 1595 erschienene Ausgabe ist nicht nachweisbar16 Die Erstausgabe erscheint zusammen mit der dispunctio,17 die Lipsius beide Charles de Croy widmet.18 Als Dank erhält er vom Herzog eine goldene Kette mit dessen Portrait und einen goldenen Becher.19

    Schon 1603 kündigt Moretus Lipsius an, eine Neuauflage veranstalten zu wollen, woraufhin ihm dieser Korrekturen schickt.20 Doch Moretus hielt, anders als zugesagt, dieses Exemplar zurück, bis die erste Auflage verkauft war. Die zweite verbesserte Auflage letzter Hand erscheint bei Moretus erst 1607,21 kurz nach Lipsius' Tod. Eine dritte unveränderte Ausgabe aus dem Hause Moretus folgte 1619.

    Lipsius hat anlässlich der zweiten Auflage einge Passagen korrigiert. Es ist nicht untypisch für Lipsius Arbeitsstil, dass frühere Ausgaben in späteren korrigiert werden.22 So findet sich in der ersten Auflage noch die Bemerkung „Denn dass es [sc. das Büchlein] sie Tempel nennt, hat nichts zu sagen, sondern es meint damit nur Orte, die einem öffentlichen Zweck dienen. Selbst wenn andere Indizien darauf hinweisen, dass sie sich oft in Tempeln oder nahe bei Tempeln befanden, habe ich hier solches nicht gelesen“. In der zweiten dann die neue Erkenntnis: „ Tempel sagt es jedoch, weil sich, was Plinus erwähnt, in diesem Portikus der Tempel der Juno und Statuten von berühmten Männern befanden“ [↗Link]

    Auch sachliche Korrekturen werden vorgenommen: „Auf welche Weise mit Elfenbein?“ [↗Link] Hier lässt er in der Ausgabe von 1607 den Gedanken fallen, dass Boethius die Seitenwände der Bücherschränke gemeint habe.

    Zu den Ergänzungen und Abweichungen der Ausgabe 1607 gegenüber der Ausgabe 1602 s. nachstehende Tabelle. Berücksichtigt sind hier nur signifikante Abweichungen, keine Satz- oder Rechtschreibvarianten.

    1602 1607
    (S. 15) Imò plures ibi Bibliothecae posteà: & Hardianus Imp. Jovis Panellenij aedem Athenis struxit, & in eâ Bibliothecam Pausaniae scriptum. (S. 15)
    eaipsa (S. 17) ea ipsa (S. 17)
    Nam quòd Templa appellat, nihil est: & Loca intellegit tantum, publico usui consecrata. Etsi in templis, aut iuxta, saepè fuisse, alia ostendunt: sed hîc tale non legi. (S. 21) Templa autem dicit, quia in hac Porticu Iunonis aedes fuit, & nobiles in eâ statutae: quod Plinius dicet. (S. 21)
    Tybure (S. 25) Tibure (S. 25)
    (S. 25) Sicut Tyrannio Grammaticus, Sullae temporibus : qui tria millia librorum possedit.(S. 25)
    (S. 25) item(S. 25)
    Quomodo ebore? nempe ut ipsa Armaria sive Loculi, fuerint eburna. Luxus an elegantia veterum ita habuit: et in Legum libris hodieque legimus: Bibliotheca aliâs Locum significat, aliâs Armarium. sicut cùm dicimus, Eboream Bibliothecam emit. Armaria igitur ex ebore: sed Vitrum cui rei? Opinor, ipsa Armaria antrorsus & in fronte clausa vitro fuisse : ut & à sordibus libri immunes praestarentur, & tamen nobiles ac conspicui per vitrum adventoribus essent. Nos etiam in Armariis quibusdam, ubi sacra aut eorum reliquiae, usurpamus. (S. 27) Quid, parietes laterales? non ergo Armaria aut Plutei ad parietes (neque enim conspicuus sic ille ornatus fuisset) sed in medio disposita, ut hodie quoque publicae ferè Bibliothecae usurpant. Sanè Vitra olim in quadras, orbes, ova, aut rhombos distincta parietes ornabant, non aliter quàm marmoreae crustae: saepiùs tamen cameras, & lacunar. Ita enim Plinius, libro XXXVI. Pulsa ex humo pavimenta in cameras transiere, è vitro : novitium & hoc inventum . Novitium ita, ut tamen esset Neronis & Senecae aevo. Nam ut de re vulgatâ Seneca, epist. LXXXVI. de Balneis: Nisi vitro absconditur camera : atque ibi me vide. Tamen in parietibus etiam fuisse, praeter Boëtium, Vopiscus ostendit, in Firmo: Nam & vitreis quadraturis, bitumine aliisque, medicamentis insertis, domum induxisse perhibetur . Bitumen autem hic ad committendum nectendumque parieti accipio insertum, non ad ipsas quadras iungendas: quas decorè magis ebur (ut in Boëtio) distinxit. Atque id etiam in Armariis ipsis fuit: unde Eborea Bibliotheca in Pandectis legum : & in Senecâ, Armaria cedro atque ebore aptantur .(S. 27)
    (S. 31) Certerùm minores illae imagines sive statutae pluteis plerumque impositae videntur, ante suos quaeque libros. Iuvenalis: Et iubet archetypos Pluteum servare Cleanthas Veteris distici ea mens, quod Imagini tali Virgilianae subscriptum fuit: (S. 31)
    (S. 31) Lucis damna nihil tanto nocuêre poëtae(S. 31)
    (S. 31) Quem praesentat honos carminis & Plutei. (S. 31)
    (S. 31) Significat, videri vivere, qui in libris & imagine vivit. Inde & Sigilla Plutealia apud Ciceronem, ad Atticum. Nam iamtunc Bibliothecas exornabant deorum, si non auctorum sigillis. (S. 31)

    Die folgenden Antwerpener Ausgaben basieren alle auf der Ausgabe von 1607.

    2.1.2. Helmstedter Ausgaben
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    Bereits 1614 druckte der Helmstedter Universitätsdrucker Jakob Lucius - er selbst nennt sich auf dem Titelblatt nicht - auf der Grundlage der Ausgabe von 1602 die Schrift nach.23 Die Ausgabe von 1607 war in dieser Zeit in Deutschland anscheinend unbekannt, denn noch Reimann hielt die Ausgabe von 1614 für die zweite nach der Ausgabe von 1602.24 Sie enthält ein neues Vorwort. Die Widmungsepistel an Charles de Croy und das Vorwort Lipsius' an den Leser wird anders als in den Antwerpener Ausgaben dem Text nachgestellt (C2). In einem Vorwort an die Leser nennt er dafür satztechnische Gründe: „Wir wollten Dir hier keine leeren Seiten bieten und befanden es daher für gut, das, was im Büchlein des Lipsius am Anfang zu lesen war, hierher zu verschieben. “(C2) . Die Marginalien der Ausgabe 1602 werden in den Text gesetzt. Eine weitere Ausgabe erschien 1620.25 Diese folgt dem Muster von 1614, stellt also Widmungsschreiben an den Herzog und Lipsius' Vorrede an den Leser nach, übernimmt auch das Vorwort des Druckers, lässt allerdings die Erläuterung, warum Widmung und Vorrede nachgeheftet sind, weg. Das Syntagma erscheint hier erstmalig in Verbindung mit einem Auszug aus Isidors Etymologien und Ursinus' Bibliothekstraktat.26 Das Widmungsschreiben wird nachgestellt (so auch in den Mader/Schmidtschen Ausgaben von 1666 und 1702, in der Reihenfolge Isidor-Lipsius-Ursinus; es entfällt das Widmungsschreiben der Ausgaben von 1614 und 1620. Das Vorwort der Ausgabe von 1614 wird jedoch wieder abgedruckt.27

    Während die Ergänzung des Ursinus wegen der inneren Verbindung zu Lipsius plausibel ist, ist der Isidor wohl nur ein Füssel. Vgl. die Marginalie, die beide Mader/Schmidt Ausgaben dem Isidor beigeben: „ Damit diese Seite nicht leer bleibe, gefiel es uns, dies Exzerpt aus Isidor voranzuschicken.“28 Beide Ausgaben erscheinen ohne Vorwort und Widmung, aber die Widmung Ad Illustrissimum et Excellentiissimum Principem Carolum Ducem Croiium et Arscotanum wird neu im Titel aufgenommen. Die Widmung der Ausgaben 1614 und 1620 entfällt.

    3. Justus Lipsius
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    Über die allgemeine Bedeutung von Justus Lipsius für die frühneuzeitliche Geistesgeschichte und seine Rezeption seit der Aufklärung kann an dieser Stelle nicht gehandelt werden. Verwiesen sei stellvertretend auf die bündige Darstellung von Waszink in seiner Einleitung zu den politicorum libri, insb. S.6-14 mit weiterer Literatur. Ausgezeichnete Forschungsberichte liefern für die ältere Literatur Gerlo für die Jahre bis 1987 und De Smet ab 1987 bis 1997.

    Die herausragende Bedeutung, die Lipsius für die Philologie u.a. durch seine bahnbrechende Tacitus- und Sencaedition zukommt, kann kaum überschätzt werden. Nicht minder gilt dies für sein politisches und philosophisches Werk, vor allem für die korrespondierenden de constantia und politicorum libri, die ihm den Ruf des Begründers des Neostoizismus eintrugen und auf die Entwicklung der zeitgenössischen Staatswissenschaften enormen Einfluss hatten. Seine im engeren Sinn historischen Werke treten demgegenüber etwas zurück, auch wenn Lipsius im Laufe seines Lebens immer wieder als Professor für Geschichte tätig war, so in Jena, Leiden und Löwen.

    Gleichermaßen kann hier nicht umfassend auf seine Vita eingegangen werden. Stellvertretend für die zahlreichen Quellen sei auf die online verfügbaren Einträge in der ADB/NDB, und die Standford Encyclopedia of Philosophy verwiesen.

    Dennoch soll die Zeit der Abfassung des Syntagma um 1600 kurz in den Blick genommen werden, um die Entstehung des Werkes im biographischen Kontext besser verorten zu können.29 Justus Lipsius (eigentlich Joest Lips; * 18. Oktober 1547 in Overijse (Flämisch-Brabant); † 23. März 1606 in Löwen) befand sich zur Zeit der Abfassung der Schrift in Löwen. Er hatte sich 1591 von Leiden unter dem Vorwand, sich zur Stärkung seiner schwachen Gesundheit einer Kur im Reich unterziehen zu wollen, abgesetzt und reiste zunächst auf dem Seeweg über Amsterdam nach Hamburg, Lüneburg Braunschweig, Seesen, Northeim, an Gießen vorbei über Kassel nach Frankfurt und Mainz, wo er seine jesuitischen Freunde traf und sich mit dem katholischen Glauben versöhnte. Weiter ging es nach Koblenz, von wo aus er einen Abstecher nach Köln machte. Er gelangte schließlich über Trier und Luxemburg zum Kurort Spa. Von dort reichte er Anfang Juni sein Gesuch um Entlassung aus dem Dienst in Leiden ein. Danach führte ihn sein Weg nach Lüttich, wo er trotz attraktiver Angebote aus dem Ausland den Ruf seiner Heimatstadt Löwen zur Übernahme des Lehrstuhls für Geschichte annahm.30 Am 12.9.1592 hielt er in Löwen seine Antrittsvorlesung. Am 24.11. kam ein Lehrstuhl für das Fach Latein hinzu, der vom berühmten Collegium Trilingue finanziert wurde. Mit der Annahme des Rufes kehrte er nicht nur an seine frühere Wirkungsstätte, sondern zugleich auch offiziell in den Schoß der katholischen Kirche zurück, eine Konversion, die ihm schon zu Lebzeiten den Ruf eintrug, in religiösen Dingen gleichgültig oder sogar wankelmütig zu sein. Welche Motivation hinter diesem erneuten Konfessionswechsel stand - in Jena war er bereits zum Protestantismus konvertiert - , ist aus heutiger Sicht schwer zu beurteilen. Sicher war in diesem Fall nicht das Geld ausschlaggebend, denn seine Bezüge in Löwen fielen mit 800 Florien um 200 Florinen geringer aus als in Leiden,31 wo er von 1578 bis 1591 gelehrt hatte. Schaut man in seine Schriften, so ist der Gesinnungswechsel durchaus greifbar und lässt sich nicht mit einem, heute vielleicht plausiblen pragmatischen Agnostizismus oder, weniger freundlich: Opportunismus32 begründen. Dazu sind seine Aussagen etwa im Vorwort an den Leser der Admiranda sive De Magnitudine Romana, 33 in dem er dem Papst in Analogie zum römischen Kaiser die Rolle des dictator zumisst, zu deutlich, als dass man sie lediglich als Opportunismus abtun könnte 34 und selbst, wenn man nach heutigen Maßstäben nur Unverständnis empfinden kann, dass sich der große Gelehrte mit wundertätigen Marienbildern35 befasst,36 so gehört es doch zur Biographie Lipsius'. Entsprechend deutlich fiel die zeitgenössische protestantische Kritik aus.37 Insofern sollte man Vorsicht walten lassen und nicht zu schnell aus moderner Sicht unerwünschte Äußerungen als nebensächlich beiseite schieben. Dass daher die Konfession tatsächlich nur ein Etikett war, wie Nordman 38 behauptet, oder dass Lipsius auch nach dem Konfessionswechsel seiner irenischen und konsiliatorischen Grundhaltung treu blieb und sich gegenüber Religionsdingen und christlicher Exegese gleichgültig zeigte, wie Martin Gosselin an Hand von Lipsius' erster in Löwen veröffentlichter Schrift, de cruce zu belegen sucht,39 lässt sich bei aller Wünschbarkeit aus den vorliegenden Quellen nicht belegen. Sicher ist jedoch, dass er in Dingen der Theologie aus, wie er selbst versicherte, Gründen der fachlichen Kompentenz Zurückhaltung übte und auch Wünsche abwehrte, sich stärker in diesem Feld zu betätigen.40 Am meisten Plausibilität gewinnt vor diesem Hintergrund die Vermutung De Smets, der sich vor allem auf Funde von Landtsheer stützt, dass Lipsius in Leiden unter dem Eindruck der Auseinandersetzung mit Cornhert und den sich verschlechternden politischen und religiösen Rahmenbedingungen41 dem Einfluss seiner jesuitischen Freunde, zu denen das Band nie abgerissen war, nachgegeben und einen sicheren Hort für sich gesucht hat. Dass durch seine Entscheidung nahezu alle Kontakte zu seinen früheren gelehrten Freunden abrissen, verdeutlicht zugleich, dass Lipsius als Stoiker, dem die Freundschaft als hohes Gut gelten musste, es sich nicht leicht gemacht hat. Seine Entscheidung bedeutete den fast vollständigen Bruch mit seinem früheren Leben und war unumkehrbar.42 In dieser für ihn schwierigen Phase des Umbruchs begann er noch in Leiden die Arbeiten an der Fax, der in der Folge auch das de bibliothecis syntagma zugerechnet werden kann (s. unten).

    In Löwen setzte er bis zu seinem Tod 1606 seine philologisch-historischen, aber auch philosophischen Arbeiten fort. In die Zeit fallen die Herausgabe seiner beiden Werke über den Stoizismus, die manuductio ad Stoicam philosophiam und physiologia Stoicorum (beide 1604) und vor allem des Seneca (1605). Jenseits dieser großen Werke erscheinen in der Löwener Zeit auch mehrere Opuscula, die eine intensive Beschäftigung mit der römischen Geschichte bezeugen. Dazu zählen das bereits erwähnte de cruce, (1593-1594), de militia Romana (1595-1596), poliorceticωn sive de machinis, tormentis, telis (1596) und admiranda sive de magnitudine Romana (1598) . Es folgen das de bibliothecis syntagma (1602) und de vesta et vestalibus syntagma (1603).

    4.1. De Bibliothecis als Werk der römischen Sittengeschichte
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    Lipisius antiquarische Werke hingen unzweifelhaft mit seiner Lehrtätigkeit als Professor für Geschichte an den Universitäten Jena, Leiden und Löwen zusammen, waren zugleich aber auch Bestandteile eines umfangreicheren Plans zu einer römischen Kultur- und Sittengeschichte. In der Vorrede zu de militia Romana kündigt er ein Kompendium über die Sitten der Römer mit dem Titel Fax Historica an („id est, ut mores Romanos publicos privatosque proferam“). Der Plan zu dieser Fax geht noch auf die Leidener Zeit zurück.43 In seiner Einführung an den Leser im Seneca nennt er die Fax Historica bzw. „tam & ritualium“ ein Unternehmen, für das er schon seit 25 Jahren Material gesammelt habe. Allerdings fehlte ihm Zeit und Gesundheit, es zusammenzuführen und zu ordnen. Als Begründung führt er an, dass er wie ein Lexikon für Wörter er ein Nachschlagewerk für Sachen bzw. Riten und Gebräuche herstellen möchte: „Sicut Lexika quaedam verborum utiliter habemus: sic haec rerum volebam esse“.44 So spare man sich bei einem Autor zu erwähnen, was doch bei fast allen gilt. Die Gegenstände sind „de sacerdotibus, de magistratibus, de ludis, de militia, de nuptiis, de funeribus et qui tales“. Die Sittengeschichte ist so auch ein philologisches Hilfsmittel für das Verständnis der wichtigen Autoren der Antike.

    Die Ausführung dieses Planes einer umfassenden gleichsam hilfswissenschaftlichen Sittengeschichte wie auch dem zu einer universellen Geschichte blieben ihm durch seinen Tod versagt.45 Den ersten Teil der Fax bilden de militia, den zweiten das poliorceticon, den dritten de triumphis.46 Weitere Werke der Fackel sollten folgen, „si auctor ille vitae nostrae dabit vitam, sed et vires“.47

    Dieser Plan konnte sich auf Kenntnisse aus erster Hand stützen, die sich Lipsius bereits früh in den Jahren 1567 bis 1569 als Sektretär des Kardinals Antoine Perrenot de Granvelle in Rom erwarb (vgl. unten). Diese hatten schon den Stoff zu früheren Arbeiten geliefert, wie die Saturnalium libri duo oder de amphitheatro liber, die ebenfalls von den mores der Römer handeln. Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang auch der aus der Leidender Zeit stammende tractatus ad historiam Romanam cognoscendam apprime utiles48 oder die Anmerkungen zur Geschichte des Livius, die wohl in eine Edition ausmünden sollten.49

    Es scheint daher naheliegend die admiranda sive de magnitudine Romana wie auch die beiden letzten historischen Werke Lipsius', die Syntagmata de bibliothecis und de vesta et vestalibus , als Teile dieses Unternehmens zu werten; und auch die Zeitgenossen Lipsius' empfanden es so, wie z.B. die nach Lipsius Tod erschiene Kompilation von Johann Joachim von Rusdorf Facis historicae compendium ex Justi Lipsii operibus summo studio concinnatum belegt, die die antiquarischen und historischen Schriften Lipsius' unter dem Titel Fax zusammenfasst.50 Die Einordung von de bibliothecis in diese Reihe ist deswegen nicht ohne Bedeutung, als die Überlieferung, wie noch zu zeigen sein wird, diesen Charakter des Werkes als Abhandlung über die römischen Sitten partiell verdrängte und daraus eine von diesem Zusammenhang unabhängige Abhandlung über antike Bibliotheken gemacht hat.

    Die Beschäftigung mit römischen Sitten und Bräuchen ist nicht neu, jedoch in dieser Dichte und Stringenz eine Besonderheit des Historikers Lipsius, der sich mehr und anders als seine Vorgänger und Zeitgenossen für Kuturgeschichte interessierte, was Nordman dazu brachte, ihn „ einen der ersten Kulturhistoriker der Neuzeit“51 zu nennen. In der Darstellung folgte er einer von Flavio Biondo eingeführten Einteilung in antiquitates sacrae, publicae, militares und privatae.52 Anders als in anderen historischen Werke der Zeit haben bis auf die Saturnalia keines seiner Werke einen Index.53 Das muss verblüffen, wenn anders es nach Lipsius eigener Auskunft um "Nachschlagewerke" gehen sollte. Der eigentlich humanistische oder stoisch-moralische Anspruch, den er neben den philologischen Interessen mit diesen Werken verband, blieb in der früheren Literatur meist unberücksichtigt.54

    Lipsius selbst hat freilich dazu beigetragen, dass der humanistische Anspruch seiner historischen Werke wenig zur Geltung kam. Z.B. bringt er in einem Brief an den Präsident des geheimen Rates, Jean Richardot,55 die Entstehung der vesta mit seiner Krankheit in Verbindung.56 Er sei krank gewesen und habe sich nicht mit Wichtigerem befassen können, er habe es zu seinem Vergnügen und um den Leser zu instruieren geschrieben, ja, sie habe ihn von Wichtigerem abgehalten. In einem Brief an Scaliger nennt er de Vesta ein „tenue et in languore opusculum“.57 Das scheint mehr zu sein als ein rhetorischer Bescheidensheitsgestus und darauf hinzudeuten, dass Lipsius selbst in diesen kleinen antiquarischen Schriften lediglich Hilfsmitel sah.

    Schlüsseltexte für die Bewertung und Einordnung seiner geschichtlichen bzw. antiquarischen Werke sind vor allem drei Briefe, auf die bereits Nordmann hingewiesen hat.58 Der erste stammt aus dem Jahr 1596 und ist an den Humanisten Guillaume d'Assonleville gerichtet,59 der zweite aus dem Jahre 1600 richtet sich an einen gewissen Nicolas de Hacqueville, einen Schüler Lipsius',60 der letzte aus dem Jahre 1605 an Nicolas Oudaert .61

    Der wichtigste ist sicherlich der zweite Brief, die epistula de historiarum lectione, die nach dem Tode des Verfassers mehrfach veröffentlicht wurde (1615, 1641, und 1659) und ein vielfältiges Echo gefunden hat.62 Interessant daran ist nicht nur die ungewöhnliche, ja moderne Gliederung des Stoffes, die möglicherweise von Jean Bodin beeinflust war,63 sondern dass Lipsius es offenbar nicht für nötig befand, diesen aus heutiger Sicht bedeutenden Stoff mit einem eigenen Werk zu bedenken, sondern ihn in verschiedenen Briefen gleichsam versteckte. Das deutet darauf hin, dass es Lipsius tatsächlich weniger um eine theoretische Darstellung der Geschichtswissenschaft als solcher, als um, wie es der Kontext seiner Darstellung ja nahelegt, eine ratio studiorum, eine Studienanleitung, ging. Aus diesem Blickwinkel scheint es nach dem Lipsius' eigenem Selbstverständnis ratsamer, die kleineren kulturhistorischen bzw. antiquarischen Schriften eher als Beiträge zur universitären Lehre und gewissertmaßen Hilfsmittel (s. oben seine Bemerkungen zur Fax im Seneca) denn als kulturhistorische Werke von eigenem theoretisch-philosophschem Rang zu lesen. Dass es Verschränkungen mit den großen Werken gibt und dass Lipsius auf Grundgedanken seiner stoischen Philosophie zurückgreift, versteht sich dabei von selbst.

    Was dem Lehrer der Geschiche, vor allem der antiquitates, dabei jedoch auch vor Augen stand, findet sich im letzten Brief an seinen Freund Nicolas Oudaert, nämlich dass die Geschichte als „civilis et moralis Philosophiae speculum et exemplum“64 diene. Das ist einerseits ein Ciceronianischer Gemeinplatz der Geschichte als magistra vitae, andererseits aber auch ein Programm, dem Lipsius in seiner Beschäftigung mit den Sitten und Bräuchen der Römer explizit folgt. Mit Hilfe der Geschichte, genauer der historia narrativa, hält er der Gesellschaft im allgemeinen und den weltlichen und geistlichen Herrschern im besonderen einen Sittenspiegel vor, der sie zu vortrefflichem und tugendhaften Handeln ermuntern und anregen soll; sie ist keine Wissenschaft um der Wissenschaft willen, sondern ethisch motiviert65: „Auditis Principes? Imitamini. Haec cognitio ad gloriam honestumque excitat; haec parandi vias ostendit. Antiquitatis cognitio etiam ipsis Principibus utilis et gloriosa“66 Inofern ist die Geschichtsschreibung Lipsius' über die Mitte des Aufweises der historischen Wahrheit (die fax historica) bzw. die similitudo temporum maßgeblich immer auch Paränese, wie es sich auch am Beispiel des de bibliothecis syntagma zeigen lässt. Es ist Ausdruck seiner Grundüberzeugung, dass alle antiquarischen Studien eine praktische Relevanz für die eigene Zeit haben.67

    4.2. Antike Bibliotheksgeschichte als Paränese
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    Üblicherweise bezeichnet das griechische Lehnwort Syntagma in dieser Zeit nicht mehr als Abhandlung. Lipsius verwendet den Begriff im Titel neben dem de bibliothecis syntagma auch im de Vesta syntagma . Andere Werken wie den llber de amphitheatro charakterisiert er als Syntagma.68 In de Vesta benutzt er auch den den Deminutiv Syntagmation. 69 In de Vesta erläutert er seine Absicht, dass er das, was andere nur oberflächlich bearbeitet haben („sparsim ... libarunt“), nach der Ordnung methodisch („ordine et methodo“) darlegen will. Eine ähnliche Diktion findet sich in de bibliothecis, wenn er im Vorwort an den Leser formuliert: „utiliter saepe (ita confido) eruimus, digerimus, illustramus“- Beide Syntagmata, de bibliothecis und de Vesta, haben die einleitende Wendung „breve hoc“. Lipsius versteht also unter einem Syntagma eine bündige bzw. kurze, klar gegliederte, methodische Abhandlung. Ob, wie Schmock behauptet, die Charakterisierung als „critisch onderzocht“ angemessen ist,70 hängt davon ab, was man darunter versteht. Lipsius selbst gibt an verschiedenen Stellen seines Werkes - etwa die Vorrede an den Leser in de amphitheatro, die abschätzige Charakterisierung im Brief an Richardot (s.o.), der Deminutiv Syntagmation in de Vesta oder die Charakterisierung „n'est pas si serieux“ im Brief an Moretus - zu erkennen, dass er diese Art Abhandlung eher als gelehrte Fingerübung, oft in Eile oder in einer Zwischenzeit verfasst (er begann die Ausarbeitung der Fax in der kritischen Phase zwischen Leiden und Löwen), denn als vollumfängliche wissenschaftliche Arbeit begreift.

    Die Einordnung des de bibliothecis syntagma in die antiquarischen Schriften Lipsius', die als Teil der fax historica über die Schilderung römischer Sitten und Gebräuche die caligines71 aufhellen sollte, stimmt nicht mit dem überein, als was man das Sytagma über lange Zeit hinweg betrachtete, nämlich als Anfang der Bibliotheksgeschichtsschreibung.72 Dass spätere Gelehrte die Abhandlung lediglich als bibliothekshistorische Facharbeit eines herausragenden Humanisten verstanden, vermochte über lange Zeit die Frage zu verstellen, welchem Zweck die Schrift eigentlich diente, hat aber im Gegenzug eine eigene - durchaus sehr produktive - Rezeptionsgeschichte herbvorgebracht. Als Beleg für den Perspektivwechsel kann man die erste französische Übersetzung von Peignot heranziehen, der bezeichnenderweise die als sachfremd empfundene Dedikationsepistel und die das Thema störenden apostrophischen Textunterbrechungen wegläßt (s. Rezeption und Übersetzungen). Henry W. Kent argumentiert in seiner Einleitung zur englischen Übersetzung von Dana ähnlich, indem er die Bedeutung Lipsius' in philologischen und theologischen Dingen relativiert, ihm aber Relevanz für die Bibliotheksgeschichte einräumt: „To Lipsius bibliophiles owe their thanks because he published the first history of libraries, in the modern sense of the word,—a history which is as fresh and useful to-day as it was when it was written.“73

    Erst Untersuchungen der jüngeren Zeit haben wieder, wenn auch nicht explizit, die sich aus dem antiquarischen Geschichtsverständnis Lipsius ergebende paränetische Grundintention des Werkes hervorgehoben. Es ist vor allem Schmook zu danken, dass dieser Zusammenhang von historia narrativa und sittlich-moralischer Forderung an den Leser wieder deutlicher hervortrat, indem ihm in der Einleitung zu der von Sobry besorgten niederländischen Übersetzung des Werkes der Nachweis gelang, dass die Entstehung des de bibliothecis syntagma in einem konkretisierbaren historischen Zusammenhang zu stellen ist und damit auch eine praktische Implikation enthält. So gewinnt seine Darstellung eine Doppelfunktion. Sie ist einerseits eine historische Abhandlung mit nützlichen Informationen zum Verständnis der antiken Welt, genauer zum Verständnis ihrer Literatur. Sie hat andereseits aber auch einen moralischen Anspruch im Sinne der historia als magistra vitae, der sich zudem auf einen konkreten Anlass in einer bestimmten zeitlichen Konstellation beziehen lässt. Der Widmungsempfänger, der Herzog Charles de Croy sollte allem Anschein nach aufgefordert werden, seine durchaus beachtliche Bibliothek von Beaumont nach Heverlee zu bringen und der Löwener Akademie zu stiften.74 Im bereits erwähnten Brief an Jean Moretus75 schreibt er, er wolle das Büchlein dem Herzog von Arschot widmen, damit es die Widmung der dispunctio begleite. Denn der Herzog plane die Einrichtung einer Bibliothek und man müsse ihn darin bestärken.76 Sieht man das Werk in diesem Licht, werden nicht nur bestimmte Passagen in der Einleitung, sondern auch die von Peignot weggelassenen Stellen im Werk, die eine direkte Anrede an den Herzog enthalten, verständlich.77

    Man sollte sich nach dem oben Gesagten jedoch hüten, diesen konkreten Anlass überzubewerten, denn er ist durchaus in eine umfassendere Argumentationsstruktur eingebettet, die allerdings, anders als es die Bibliothekstraktatistik des 18. bis 19.Jh sah, immer einen paränetischen philsophischen Grundzug behält. Am Anfang von Buch IX benennt Lipsius diese Absicht, indem er zusammenfasst: „haec satis ad stimulum et exemplum - Doch möge dies als Anreiz und Beispiel genügen.“. Das hat auch der Zensor deutlich empfunden, als er formulierte: „Libellus iste utiliter admodum in lucem proferetur, quòd praeter Bibliothecarum originem ac fructum, ea contineat, quae ad stimulum conferant & exemplum [↗Link] “. Es geht nur bedingt oder vielleicht nicht einmal in erster Linie um die Bibliotheksgeschichte, sondern darum, die zentralen Punkte herauszuarbeiten, aus denen der Herzog seine Lehren ziehen kann.

    Worum aber geht es Lipsius genau? Seine Intentionen werden deutlicher, wenn man das gleichfalls Charles de Croy gewidmete und etwa in der gleichen Zeit entstandene Lovanium (1605) heranzieht, in dem Lispius ausdrücklich auf de bibliothecis Bezug nimmt: „Fuit & Alexandriae Museum, sed viris doctis institutum: pulcherimo invento, & quod dilaudavi ac proposui in libello De bibliothecis. At cui bono? pauci legunt , pauciores attendunt: & mihi credite, pigere incipit salutarium monitorum, quae suggerimus, quo, nisi conscientiae, fructu? Neglectus optimarum rerum est, imo contemptus: & brevi de bonis honestisque licebit dicere, Vixerunt.“78 Lipsius stellt in Lovanium in einem Gespräch mit einem Zuhörer einen Vergleich zwischen den alten und neuen Wissenschaften an, er legt dar, dass man früher Rhetorik und Philosophie, heute Theologie, Recht und Medizin, früher anders als heute keine Gelehrtenämter außer durch Verdienst besaß und dass in der Regel früher die Studenten nicht wie heute in Collegien versorgt wurden.79 Dann kommt er, wie zitiert, auf das Museion zu sprechen, das er als pulcherimum inventum der alten Zeit hervorhebt. Um dieses Museion, so deutet der Passus an, scheint es sich vor allem in de bibliothecis zu drehen: dilaudavi ac proposui. Bemerkenswert ist die Klage, die Lipisius anstimmt. Wenige, so Lipsius, lesen das Buch, noch weniger nehmen es sich zu Herzen, so dass er die dort vorgebrachten salutaria monita zu bereuen beginne. Indirekt könnte man das an die Adresse von Charles de Croy gerichtet lesen, den Lipsius in de bibliothecis verschiedentlich ermahnt hatte. Doch hat dies kaum eine Grundlage in einer wirklichen Entfremdung von Lipsius und Charles de Croy, auch wenn aus der Zeit nach 1605, dem Jahr des Todes der ersten Frau von de Croy, keine Briefe mehr überliefert sind.80

    Charles III. de Croÿ (1560 -1612) war für seinen Kunstsinn und Sammeleifer bekannt. Seine Bibliothek zählte mit rund 3000 Drucken zu den größten Bibliotheken seiner Zeit81 und Lipsius stand mit ihm von 1597 bis 1605 in einem regelmäßigen, ja vertrauten Briefwechsel.82 Sie verband eine gemeinsame akademische Ausbildung. Beide hatten das collegium trilingue in Löwen besucht und denselben Lehrmeister, den Latinisten Cornelius Valerius, gehabt. Lipsius widmete Charles de Croy drei kleinere Werke. Neben de bibliothecis, die dispunctio notarum Mirandulani codicis ad Cornleium Tacitum (Antwerpen 1602) und das zu etwa der gleichen Zeit wie de bibliothecis entstandene Lovanium (Antwerpen 1605). Der an de Croy herangetragene Wunsch auf Einrichtung oder Stiftung einer Bibliothek ist kein ungewöhnliches Anliegen, auch andere Gelehrte haben Besitzer fürstlicher Sammlungen aufgefordert, ihre Bibliothek ad usum publicum zur Verfügung zu stellen.83 Doch Lipsius' Vorstellungen scheinen, wie die Hervorhebung des Museions im Kontext von Heverlee, das zu dem Besitztum von Charles de Croy gehörte, noch weiter zu gehen. Lipsius schlägt in Lovanium wie so oft mutatis mutandis (neque hac item facie aut formâ, 101) den Bogen von der Antike zur Gegenwart und insinuiert damit eine Tradition von akademischen Einrichtungen, die ihren Ausgang vor allem von Alexandria nehmen (ergo loca fuêre, ubi docerentur (sc. disciplinae). Inter quae Alexandria postmodum eminuit, & à conditore illo coepit, 102). Es folgt eine längere Beschreibung des Museions und Brucheions mit dem Hinweis auf die internationale Strahlkraft (totius orbis hominibus olim frequentatae, 103) so dass implizit eine Traditionsline der Löwener Akademie mit der berühmten Bibliothek von Alexandria entwickelt wird, wobei es nicht nur um die Bibliothek geht, sondern auch um ein antikes Vorbild für eine staatliche Akademie.

    Lipsius bleibt darin seiner Devise moribus antiquis treu, dass er die Geschichte als magistra vitae auftreten lässt und aus ihr nützliches Wissen für Politik und Verwaltung ableitet.84 Wie oben bereits gezeigt, geht er auch hier über die üblichen humanistischen Gemeinplätze hinaus, indem er aus einer similitudo temporum85 heraus den Vergleich mit dem Alten nutzt , um konkrete Handlungsanweisungen abzuleiten: „Wie schmieden sie heute neue Lehren und verachten dabei die althergebrachten und wahren. Ihnen könnte man mit Recht zurufen: Obwohl der Weg da ist, suchst du den Pfad . Sie werden schon sehen! Wir halten uns an das Altbewährte“.86 Lipsius legt mit dem nos prisca adhaeremus dem Herzog die Gründung einer Gelehrtenakademie nach dem Vorbild des Museion inmitten des von Lipsius so innig geliebten Gartens in Herverlee ans Herz,87 zu der die Brabanter Sammlungen des Herzogs den Grundstock bilden.

    Das neue Alexandria, das hier entstehen sollte,88 brachte den Stoiker und Senecaverehrer Lipsius allerdings vor eine Schwierigkeit, die mit Senecas Kritik an der Gründung von Bibliotheken aus Prunksucht zusammenhängt.89 Alexandria als Ort der Bücher war schon im Altertum Gegenstand der Bewunderung, aber auch der Kritik.90 In de bibliothecis sucht er denn auch Senecas Vorwurf91 zu entkräften: „Das ist schlecht! Ich gebe es zu. Gleichwohl, ich wünschte, dass auch unsere Reichen dieserart schwelgten! Wenn schon nicht zu ihrem eigenen, dann wenigstens zum Nutzen und Vorteil eines anderen “92

    4.2.1. Zitate
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    Der intensive Gebrauch klassischer Zitate verdient eine Bemerkung. Lipsius bediente sich, wie viele Gelehrte in seiner Zeit, eines Florilegiums bzw. einer loci communesSammlung. In der Universitätsbibliothek in Leiden befinden sich vier loci communes Handschriften von seiner Hand93 Anders als in den politicorum libri, in denen diese Zitate zu einem kunstvollen cento94 geflochten wurden, ist hier die Absicht zwar auch, Autoriäten als Belege anzuführen, allerdings werden die Zitate nicht dissimulativ verwendet. Waszink hat in seiner Einleitung zu der Edition der politicorum libri überzeugend dargelegt, wie dort das Flechten der Zitate als Stilmittel gebraucht wurde, um für die Zeit hochbrisante Ideen im Gewand des klassischen Zitat zu verschleiern.95 Im Syntagma werden Zitate jedoch stärker in modernem Sinne als historische Belege verwendet, was sich z.B. in der kritischen Diskussion von der Glaubwürdigkeit einiger Äußerungen zeigt. Folglich weicht auch das Druckbild sichtbar von dem der politicorum libri ab. Marginalien werden fast ausschließlich für Zitatnachweise, nicht aber für Schlag- oder Stichworte zum Text verwendet.

    Im Großen und Ganzen sind die klassischen Quellen, die Lipsius benutzt, bereits soweit kanonisiert, dass sie nicht wesentlich von heutigen Ausgaben abweichen. Sinnentstellende Fälle kommen nicht vor. Hilfreich sind Textvarianten zur Festellung, welche Ausgabe Lipsius benutzt haben könnte, z.B. Gell. 19,5,4, wo sich im Text „quae tunc in Herculis templo satis commode erat“, in heutigen Ausgaben „quae tunc in Herculis templo satis commode instructa libris erat“ findet.

    Auffällig ist das gänzliche Fehlen von Stellennachweisen bei den Ergänzungen zur Ausgabe von 1607. Man gewinnt den Eindruck, dass Lipsius diese Passagen aus dem Kopf zitiert hat. Möglicherweise erklärt es auch, warum das Zitat „Fundo legato libros que & Bibliothecas, quae in eodem fundo sunt, legato contineri.“, das auf den Rechtsgelehrten Paulus (Digesten) zurückgehen soll, nicht identifizierbar war. Ermitteln ließ sich nur eine ähnliche Passage aus den Digesten, die jedoch nicht auf Paulus zurückgeht und das Gegenteil behauptet, nämlich dass die Bücher nicht im Legat enthalten seien (D. 32,52,3).

    5. Inhalt und Bedeutung des Syntagma
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    Kap. 1 und 2 des Syntagma behandeln ägyptische Bibliotheken, wobei Lipsius unter ägyptisch die Region, nicht die Kultur versteht, denn die in Kapitel 2 behandelte Bibliothek von Alexandria ist eine hellenistische Gründung. Der erste, von dem eine Bibliothek bekannt ist, sei, wie von Diodorus (1,49,3) überliefert, Osymandes (Rames II; ca. 1300-1213 v.Chr.) gewesen. Dies, wie auch der Umstand, dass Bibliotheken sich vor allem in Tempeln unter der Aufsicht von Priestern entwickelten, findet sich auch in der neueren Literatur.96

    An Hand der abwegigen Geschichte des Homer, der seine Werke in Ägypten gestohlen habe, zeigt sich die historische Methode Lipsius. Der Gedanke soll nicht nur durch umfangreiche Belege aus den unmittelbaren Quellen, sondern auch aus der allgemeineren Literatur belegt werden, um Sachverhalte mit literarischen oder erfundenen Geschichten zumindest als denkbar und den Zeitumständen entsprechend zu plausibilisieren. Eine eingehendere Geschichte der ägyptische Bibliotheken bietet er nicht, weil er, wie er in Kapitel 3 schreibt, nicht mehr Material gefunden habe. Er ist aber davon überzeugt, dass das Beispiel dieser ältesten Bibliothek „Bestand hatte, und es seither in Ägypten immer Bibliotheken gab, vor allem in Tempeln und unter der Aufsicht von Priestern [↗Link] “. Die Analogie liegt auf der Hand. Die Tat des Herrschers Rames II in Verbindung mit dem Klerus sorgt für die literarische Überlieferung und sichert dem Herscher den Ruhm und der Nachwelt das literarische Erbe. Dass Lipsius in einer antiquarischen Schrift im Umkreis der Fax überhaupt die ägyptischen Bibliotheken thematisiert, hat seinen Grund vermutlich am zentralen Interesse an der alexandrinischen Bibliothek. Um deren geistigen Ahnherrn geht es hier.

    Mit Kap. 2 thematisiert Lipsius die Bibliothek, die für seine Abhandlung den Leitfaden bildet, die Bibliothek von Alexandria und deren Gründer. Die Geschichte der Entstehung der Bibliothek von Alexandria, ihr Umfang und Art ihres Untergangs sind umstritten und wohl nicht mit letzter Gewissheit aufzuklären. Als sicher gilt, wie auch Lipsius darstellt, dass unter den Ptolemäern, Soter I und Philadelphus II, die Bibliothek ihren Aufschwung nahm. Insbesondere Philadelphus schickte Emissäre in alle Welt, um Bücher zu kaufen oder Kopien anfertigen zu lassen. Berühmtheit erlangte er durch seine Übersetzungsinitativen, denen wir auch die Herstellung der Septuaginta zu verdanken haben.97 Für Lipsius erfüllt Alexandria in vielerlei Hinsicht eine Vorbildfunktion, nicht nur als Gegenstand fürstlicher Großzügigkeit. So versäumt er nicht, aus Alexandria eine Programmatik abzuleiten, dass „meines Erachtens die Sorge um die Übersetzung fremdsprachiger Bücher, der ihr Fürsten euch auch heute noch annehmen solltet, nützlich ist [↗Link] “.

    Alexandria ist als Symbol der Fürstenpanegyrik und Paränese allerdings belastet bzw. ambivalent. Gaius Julius Caesar war nach dem Verständnis der Zeit verantwortlich für ihre Zerstörung, da er ihm Hafen einen Brand auslöste, der auf die Bibliothek übergriff und weite Teile zerstörte. So hatte die Bibliothek nicht nur einen Herrscher, der sie errichtete, sondern auch einen, der sie zerstörte. Die Motive und Konsequenzen dieser Zerstörung mussten daher für Lipsius' Argument eine zentrale Rolle spielen.

    Die Diskussion um den Brand von Alexandria hält bis heute an. Canfora hat 98 gegen Wendel99 und andere versucht glaubhaft zu machen, dass es nicht der von Caesar in den Wirren des Bürgerkrieges verursachte Brand gewesen sei, dem die Bibliothek im Museion zum Opfer fiel. Barnes macht geltend, dass es nur die in Lagerhäusern zwischenzeitlich untergebrachten Bücher betroffen habe.100 Mit diesem Argument spricht auch Orru Caesar von Schuld frei.101 Neuere Studien legen aber nahe, dass der Brand doch în irgendeiner Form die Bibliothek betroffen habe.102

    Lipsius folgt zwar der aus Gellius, Plutarch und Marcellinus konjizierten Tradition, die von einem Brand der Bibliothek spricht, nähert sich aber der modernen Erkenntnis an, indem er geltend macht, dass es mit deren Behauptungen Probleme gibt, u.a. daraus, dass zu späterer Zeit dort weiter eine Bibliothek nachweisbar ist. So nimmt er an, dass sie erneuert wurde, allerdings nicht am selben Platz, sondern im Serapeum. Ihre Verluste seien durch die pergamenische Bibliothek teilweise wettgemacht worden, die Antonius Cleopatra geschenkt habe. Lipsius verweist in diesem Zusammenhang auf Plut. Antonius 58,3. Canfora103 hat jedoch zurecht darauf hingewiesen, dass Plutarch der Geschichte wenig Glauben schenkte, und es ist kaum anzunehmen, dass Lipsius sich dessen nicht bewusst war. Er stützt daher seine Theorie mit Tertullian (Apol. 18) und hebt dieses Zitat auch eigens hervor:„Heute werden beim Serapeum die Bibliotheken des Ptolemäus zusammen mit den hebräischen Schriften gezeigt. Man beachte - wie man von Strabo und anderen erfahren kann -, dass sie sich wieder beim Serapeum, d.h. in dessen Säulenhallen und in der Nähe des Hafens und Dockanlagen, befand. Man beachte auch, dass es wieder die Bibliotheken des Ptolemaeus heißt [↗Link] “. Canfora bespricht interessanterweise dieses Tertulianzitat nicht. Entscheidend für Lipsius ist, dass die Bibliothek, auch wenn sie Schaden genommen hat, es dennoch vermochte dank fürstlicher Zuwendungen zu altem Glanz zurückzufinden und damit den Gedanken ihres Gründers lebendig zu halten. Bis zur Zerstörung durch die Christen in der Zeit des Theodosius - Lipsius verschweigt diesen Umstand nicht - wirkte sie als Garant des Wissens im Altertum.

    In unserem Zusammenhang ist die Apologie Caesars bemerkenswert. Anders als in de constantia, wo er die Art seines Todes als Beispiel göttlicher Strafen für „aperte scelesti et aliorum oppressores“ anführt104 oder ihn mit „o pestem perniciemque generis humani“ apostrophiert,105 folgt Lipsius hier in der de Croy dedizierten Schrift der römischen Tradition, die den Vorfall als Versehen entschuldigt und dafür Hilfstruppen verantwortlich macht. Ebenso fehlt nicht ein Hinweis auf Caesars Verbundheit mit den Wissenschaften. Lipsius' schwankende Haltung gegenüber Caesar mag in der Person und dem Selbstverständnis des Fürsten von Arschot begründet sein, der sich im Sinne einer imitatio Caesaris dem antiken Feldherrn und Herrscher verbunden fühlte, auch wenn sie unter den Herrschenden seiner Zeit nicht sehr ausgeprägt war.106 Sicher belegen lässt es sich nicht.

    Kapitel 3 widmet sich den griechischen Bibliotheken und vor allem der des Peisistratos und des Aristoteles. Lipsius konzenriert sich auf Peisistratos vor allem deswegen, weil er in Athen „als erster Bücher der freien Fächer öffentlich zum Lesen bereitgestellt [↗Link] “ hat. Er habe dafür gesorgt, dass der Homer korrigiert und in die rechte Ordnung gebracht wurde, was Lipsius zu dem Ausruf veranlasst, dass „einst die Sorge um den rechten Text in den Händen von Fürsten, ja sogar Königen [↗Link] “ lag. Hier wird der paränetische Grundzug der Abhandlung deutlich sichtbar. Der bedeutenden Bibliothek des Aristoteles gilt verständlicherweise Lipsius besondere Aufmerksamkeit. Doch schenkt er der von Strabo berichteten abenteuerlichen Geschichte wenig Glauben, sondern nimmt mit Athenaeus an, dass sie nach Alexandria gelangt sei - Bestätigung seiner Auffassung, dass Alexandria das Sammelbecken aller großen Literatur des Zeitalters gewesen ist. Am Rande findet wegen ihrer großen Zahl die Bibliothek in Byzanz Erwähnung. Er rechnet diese aber Thrakien und nicht Griechenland zu.

    Kapitel 4 behandelt die zweite große namhafte Bibliothek des Alterums, die pergamenische. Sie geht auf Eumenes, den Sohn des König Attalos zurück. Er berichtet von dem Wettstreit, der zwischen der pergamenischen und alexandrinischen Bibliothek ausbrach, in dessen Verlauf angeblich das Pergament erfunden wurde, weil Alexandria die Zufuhr von Papyrus stoppte. Lipsius problematisiert die nicht passenden zeitlichen Aussagen in der Literatur und verteidigt die alexandrinische Bibliothek als die ältere, wobei es ihm offenbar darum geht, das Argument des Vitruv zu entkräften, Ptolemaios habe, von „maßlosem Ehrgeiz und heftigem Verlangen angestachelt [↗Link] “, versucht Pergamon zu übertrumpfen. Hier schwingt wieder das Bemühen Lipsius' mit, das Verdikt des Senca zu entkräften, dass Fürsten Bibliotheken bloss aus Prunksucht und Ehrliebe errichtet hätten. Auch die pergamenische Bibliothek verband sich schließlich mit der alexandrinischen. Sie wurde von Antonius der Kleopatra zum Geschenk gemacht, wie Lipsius nach Plutarch berichtet.

    Das 5. Kapitel wendet sich den römischen Bibliotheken zu. Genannt werden zunächst Aemilius Paulus, Lucullus und Sulla. Alle diese Feldherren haben Bücher aus Kriegszügen mitgebracht. Lipsius bemerkt, sie hätten ihre Bücher zwar nicht vollständig der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt, doch rühmt er mit einem Plutarchzitat die Freizügigkeit, mit der Lucullus seine Bibliothek öffnete und sich in geistige Gespräche mischte. Dies kommt nicht von ungefähr, denn Lipsius hatte Charles de Croy als Belgischen Lucullus bezeichnet. Er unterbricht an dieser Stelle seine Darstellung zu einer Apostrophe, mit der er sein Anliegen explizit macht: „Daran siehst du, Durchlauchtigster Fürst, wie diese Bibliotheken öffentlich zugänglich waren, und wie er, obwohl er sich das Eigentumsrecht vorbehielt, den Gelehrten dennoch die Benutzung gestattete, was auch ihr gnädig zu tun pflegt“. Auf die gelehrten Interessen des Herzogs spielt er an, indem er darauf hinweist, dass sich Lucullus immer auch unter die Gelehrten mischte, sich nicht nur in der Rolle des Gönners und Mäzenaten gefiel, sondern auch Interesse an der Sache nahm. Gleichwohl schwingt leise Kritik mit, wenn er schreibt, dass Lucullus die Bibliohek „der Öffentlichkeit nicht vollständig zugänglich [↗Link] “ machte. Der erste, der den Gedanken zu einer öffentlichen Bibliothek fasste, war Caesar, auch wenn es ihm nicht vergönnt war, sie ins Werk zu setzen. Der Fingerzeig, sich mit Caesar bzw. den Caesaren zu vergleichen und es den römischen Kaisern gleichzutun, ist unüberhörbar. Fast möchte man glauben, dass Lipsius sich hier in der Rolle des Varro sieht, den Caesar beauftragt hatte, diese Bibliothek zu planen, oder des Asinius Polio, der gleiches später für Augustus tat, wie Lipsius ausführt. Auch bei der von Pollio im Auftrag des Augustus erichteten oder auch erneuerten Bibliothek auf dem Aventin liegt das vornehmliche Interesse Lipsius' in dem Umstand, dass sie öffentlich zugänglich war.

    Kap. 6 behandelt zwei weitere Bibliotheksgründungen des Augustus, die Octavia und die Palatina. Er geht hier auch auf bauliche Details und die Bibliothekare bzw. Kustoden ein. Als Bibliothekar der Palatina wird der Grammatiker Gaius Julius Hygin genannt. Ein interessantes Detail ist, dass Lipsius darauf hinweist, dass Hygin ungeachtet seines Amtes auch gelehrt hätte, was wieder mit dem Akademiegedanken zusammenstimmt, den Lipsius gegenüber dem Herzog hervorhebt. Die Bibliothek solle entweder als Ort des gelehrten Gesprächs wie in der Lucullischen Bibliothek oder als Ort des Unterrichts wie in der Paltina nicht nur Stätte der Lektüre, sondern auch Ort der geübten wissenschaftlichen Praxis und der Musen sein, worauf auch die Erwähnung der Statue des Apoll hindeutet, dem Gott der Musen und zugleich dem Gott, den die Bildungspolitik des Augustus sich in programmatischer Weise zu eigen machte. Bemerkenswert ist der Hinweis auf die Verbrennung von heidnischen prophetischen Schriften aus dieser Bibliothek durch Gregor den Großen. Immer wieder weist Lipsius in seiner kleinen Schrift auf die Vernichtung heidnischer Schriften durch das Christentum hin, hält sich aber verständlicherweise mit einem Urteil zurück und lässt offen, was daraus für die Gegenwart zu lernen sei.

    Das 7. Kapitel nennt die Bibliotheken des Tiberius, des Trajan, des Vespasian und die kapitolinische Bibliothek. Lipsius erkennt in parenätischer Absicht in der Gründung der Bibliotheken einen Wettstreit unter den Herrschern. Er belegt deren Existenz und Geschichte jeweils kurz aus der Literatur. Bei der kapitolinischen, von der er vermutet, dass Domitian sie gegründet habe, verweilt er etwas länger, indem er schildert, dass der Kaiser es sich besonders angelegen sein ließ, die durch ein Feuer zerstörte Bibliothek wiederherzustellen. Ein besondere Rolle spielten dabei Abschriften aus der Bibliothek von Alexandria „als die Stammmutter der anderen [↗Link] “. Wenn diese Schaden gelitten hatten, konnten „sie aus dieser wieder hergestellt und ausgestattet wurden“, eine Art Nationabibliothek avant la lettre.

    Der Tiburinischen Bibliothek und den Privatbibliotheken widmet sich das 8. Kapitel. Die Bibliothek von Tibur lag ausserhalb der Stadt. Tibur war Rückzugsort des Kaisers Hardrian und man kann darin eine Analogie zur Idylle Heverlees erkennen.

    Nach den öffentlichen Bibliotheken erwähnt Lipsius auch eine Reihe von Privatbibliotheken, die vermögende Männer um des „Nutzens und Ruhms [↗Link] “ willen aufgebaut haben. Hier kommt es vor allem auf die Qualität an, denn es ist „nicht so sehr die Masse als die Qualität mit Geschmack zu suchen [↗Link] “. Auch Privatbibliotheken konnten eine beachtliche Größe erreichen. Die des Sammonicus Serenus umfasste 62.000 Bände. Er vermachte sie Gordianus d.J., der dadurch zu hohen Ehren gelangte. Dies wiederum ist Lipsius Anlass, sich mit einer Apostrophe an den Herzog zu wenden: „Siehe, durchlauchtigster Fürst, wie die Sorge um die Bibliothek Dank und Ruhm zeugt, den ihr Großen euch unentwegt angelegen lassen sein müsst. [↗Link] “. Im Folgenden geht Lipsius auf den luxuria-Vorwurf Senecas ein. Denn das Wort gerade des von Lipsius hochgeschätzten Stoikers musste Gewicht haben. Die Widersprüchlichkeit wird (s. oben) auch nicht wirklich aufgelöst und bleibt für Lipsius ein Problem, selbst wenn er behauptet: „Gleichwohl, ich wünschte, dass auch unsere Reichen dieserart schwelgten! Wenn schon nicht zu ihrem eigenen, dann wenigstens zum Nutzen und Vorteil eines anderen. [↗Link] “

    Mit der Thematisierung der Bibliotheksdekoration im 9. und der Bibliotheksportraits im 10. Kapitel verlässt Lipsius die historischen Entwicklung der Bibliotheken - „Doch möge dies als Anreiz und Beispiel genügen [↗Link] “ - und wendet sich deren Interieur zu. Diese beiden Kapitel stehen deutlich im Zusammenhang mit Lipsius geplanter römischer Sittengeschichte und versucht dem Leser das Bild der tatsächlichen Gegebenheit und Ausstattungsdetails vor Augen zu führen. Er erläutert die Verwendung der Materialien Elfenbein und Glas und das vorhandene Mobiliar: Schränke, Regale, Pulte und Sitzbänke. Dabei legt er den Akzent eher auf funktionale Aspekte, wie der Hinweis verdeutlicht, dass grüner Mamor gut für die Augen sei und Bücherschränke mit Glas die Verschmutzung verhindern. Auch hier schwingt wieder das Bedürfnis mit, den luxuria-Vorwurf Senecas zu entkräften. Auffällg ist die sehr ins Detail gehende Behandlung der Mosaikendecke. Es handelt sich dabei um Korrekturen zur Erstausgabe.

    In Kapitel 11 kommt Lipsius schließlich auf die Bibliothek von Alexandria zurück, die, wie eingangs erwähnt, auch den Kulminationspunkt seines Bibliothekstraktates darstellt. Alexandria ist unter dem Gesichtspunkt der Fürstenparänese und -panegyrik weit mehr als die bedeutenste Büchersammlung der Antike, die Glanz auf ihre Gründer wirft. Sie ist für Lipsius Vorbild für ein akademisches Leben. So lenkt Lipsius den Blick auf den Nutzen der Bibliothek, für den ihre Gründer gesorgt haben: „Und zusammen mit ihnen errichteten sie das Museum ..., in dem es möglich sein sollte, den Musen zu dienen, frei von allen anderen Beschwernissen, ja sogar frei von der Sorge um den Lebensunterhalt [↗Link] “. Alexandria bietet den Gelehrten Unterhalt und schafft einen sorgenfreien Raum für die Wissenschaft. Lipsius würdigt auch das Bestreben der Herrscher, sich selbst an den gelehrten Gesprächen zu beteiligen. Alexandria ist jedoch kein Ort der Ausbildung. Hier finden sich nur verdiente Gelehrte. Heute würde man sagen: Spitzenforschung. Wieder unterbricht sich Lipsius mit dem Einwurf: „ Wo seid ihr Fürsten, in denen das ehrenvolle Feuer brennt und euch anstachelt, darin mit ihnen zu wetteifern? [↗Link] “ Damit und mit dem resümierenden Aufruf des letzten Absatzes lässt Lipsius die Darstellung der antiken Bibliotheksgeschichte erneut als Paränese erkennen, als Maßstab und exemplum107 gegenwärtigen Handelns: „Durchlauchtigster Herzog, ich rufe auch dich, der du von bedeutender Abkunft und zu Bedeutendem bestimmt bist, auf, diesen Weg wahren Ruhmes weiter zu beschreiten und Deinen Namen durch die Verbreitung von Büchern und der Wissenschaft unsterblich zu machen.“ Das Syntagma ist somit Aufforderung, die Antike als Vorbild zu nehmen (imitatio) und mit ihr zu wetteifern (aemulatio).108 Er bedient zugleich den Topos des gelehrten Fürsten, der Bibliotheken einrichten möge, auch wenn diese Auffassung in der Zeit der Abfassung des Syntegma schon zunehmend von der durch Seneca vermittelten negativen Konnotation überlagert wird, dass Fürsten aus luxuria sammeln.109

    5.1. Übersicht über die behandelten Bibliotheken
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    Lipsius behandelt in seinem Traktat griechische und römische Bibliotheken. Auch wenn er mit Alexandria und Pergamon Bibliotheken nennt, die im damaligen Ägypten bzw. Orient liegen, werden sie doch als zur griechisch-römischen Welt zugehörig wahrgenommen und mit der antiquitas, der alten römischen Geschichte,110 verbunden. Gleiches gilt für die byzanthinischen Bibliotheken. Die Bibliotheken werden nach dem Regionalprinzip (Asien [Ägyten, Pergamon], Griechenland [mit einem Hinweis auf die Byzanthinische Bibliothek, die aber „eher Thrakien und nicht Griechenland“ angehört] , Rom und Umgebung) behandelt oder zumindest erwähnt. Im Einzelnen sind dies nach der Reihenfolge ihres erstmaligen Auftretens im Text die Bibliothek des Ramses II, die Bibliothek von Alexandria, des Aristoteles, Polykrates, des Peisistratos, Euklids, Nikokrates, Euripides, Hadrians (in Athen), die Byzanthinsche Bibliothek, die Bibliothek von Pergamon, des Paulus, Lucullus, Sulla, Caesar, die Bibliotheca Asinii Pollonis111, die im Atrium Libertatis ,112 die Bibliotheca Porticus Octaviae,113 die Bibliotheca Apollinis Palatini,114 die Bibliotheca Domus Tiberianae,115 die Bibliotheca Templi Pacis des Vespasian,116 die Bibliotheca Capitolina,117 des Hadrian in Tibur, der Grammatiker Tyrannius, Epaphroditus Chaeronéus und Serenus Sammonicus, der sie Gordianus d.J. vermacht.

    Auch wenn man bei der Lektüre den Eindruck gewinnen mag, dass Lipsius zu referieren scheint, was auf der Grundlage des damaligen Wissens über Bibliotheken bekannt sein konnte: „dies habe ich über die Bibliotheken Ägyptens gefunden“, oder: „und ich entsinne mich nicht etwas anderes Erwähnenswertes über Griechenlands Bibliotheken gelesen zu haben“, wählt er nach Maßgabe seines Oberthemas aus. Es geht ihm nicht darum, eine vollständige Darstellung aller antiken Bibliotheken zu verfassen, sondern diejenigen Sammlerpersönlichkeiten oder diejenigen staatlichen Einrichtungen hervortreten zu lassen, die den Geist des Lucullus atmen, als welchen er Charles de Croy eingangs tituliert hat, und die als Vorbild für die Schaffung und Zugänglichmachung von Bibliotheken für die gelehrte Welt dienen können.118 Wenn er daher Peisitratos Bibliothek erwähnt, so deswegen, weil dieser angeblich der erste war, der sie öffentlich zugänglich gemacht hat. Andere Bibliotheken, wie die des Polykrates, Euripides, Euklid oder Nikotrates erwähnt er zwar, behandelt sie aber nicht weiter. Folglich bleibt vieles unerwähnt, obwohl man davon ausgehen kann, dass er es hätte wissen können, so z.B. Hinweise auf die Schulbibliotheken der Ärzteschulen in Knidos oder Kos - der Bestand der letzteren bildete den Grundbestand des Corpus Hermeticum119 - oder auf weitere griechische Haus- bzw. Privatbibliotheken, wie die des Euthydemos, Eukleides, Alexis und anderen.120 Gleiches gilt für die Athener Philosophenschulen. Zwar wird die Bibliothek der Stoa implizit thematisiert (Aristoteles, Theophrast, Demetrios von Phaleron), doch nicht die der Akademie.121 Bei den Privatbibliotheken nennt er die des Tyrannion und Epaphroditos, nicht jedoch die des Favorin oder auch Galen.122 Gerade die privaten Bibliotheken werden, wenn sie nicht öffentlich zugänglich waren, übergangen. So wird zwar Serenus Sammonicus wohl wegen der Übernahme seiner Bibliothek durch den Kaiser Gordianus erwähnt, nicht aber Persius, Martial oder Silius Italicus.123Auch wenn das damalige Wissen beschränkt war und archäologische Befunde, wie wir sie heute kennen, etwa die berühmte Bibliothek des Celsus in Ephesus,124 Lipsius nicht oder in nur sehr begrenztem Maße zur Verfügung standen, müssen diese Lücken unmittelbar überraschen und erklären sich, wie gesagt, nur daraus , dass er in der Darstellung nicht historische Vollständigkeit anstrebte, sondern es ihm darum ging, sein Argument zu belegen, indem er aufzeigte, welche Bibliotheken öffentlich nutzbar waren, genauer, wo herausragende Persönlichkeiten Bibliotheken zum öffentlichen Gebrauch und zur Förderung der Wissenschaft gegründet und zugänglich gemacht haben. Umgekehrt ist erstaunlich, in welchem Umfang Lipsius das seinerzeit verfügbare Wissen über eben diese öffentlichen Bibliotheken aggregiert. So hat er von den heute 9 bekannten öffentlichen antiken Bibliotheken in Rom125 immerhin 7 identifiziert. Die Bibliothek des Kaisers Alexander Severus konnte er nicht kennen, da sie nur über ein Papyrusfragment bekannt ist.126

    6. Quellen des Syntagma
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    Tatsächlich kann Lipsius als einer der ersten gelten, der antike Bibliotheken systematisch untersucht hat.127 Das heisst nicht, dass er sich nicht auf Vorarbeiten stützte. Erwähnt werden im Syntagma ägyptische, griechische und römische Bibliotheken, die als einzelne auch in anderen Werken seiner Zeit oder in der früheren Literatur behandelt wurden. Werle vermutet daher, er habe Anregungen aus Contzens128 oder Gregorius'129 Bibliothekskapiteln erhalten.130 Neben dem Werk von Fulvio Orsini (s. unten) lieferte ihm vermutlich auch Michael Neanders (1525-1595) Graecae linguae erotemata131 und Florian Treflers (1482-1565) Methodus132 Material und Anregungen für seine Schrift.133 Dessen ungeachtet ist es vor allem Lipsius' stupende Belesenheit und umfassende Kenntnis der antiken Literatur, die ihm das Material liefert. Hinzu treten Kenntnisse aus erster Hand, die er sich in seiner römischen Zeit als Sekretär des Kardinal Antoine Perrenot de Granvelle (1567-1569) angeeignet hat.134 In Rom schloss er Bekanntschaft mit zahlreichen Humanisten, mit denen er sich über griechische und römische Altertümer austauschte. Besonders eng war die Beziehung zu Fulvio Orsini (1529-1600),135 dessen Abhandlung A bibliothecis136 das de bibliothecis syntagma direkt beeinflusst hat,137 sichtbar nicht nur in der Zitation zweier Inschriften aus den Imagines des Orsini, sondern auch in der Zuweisung der Errichtung der Bibliotheca Capitolina an Tiberius im 7. Kap.138

    Die Helmstedter Drucküberlieferung trägt dem Rechnung, indem sie Lipsius' Syntagma zusammen mit Orsinis Abhandlung abdruckt. Die Beigabe des Isidor scheint dagegen eher dem horror vacui geschuldet.139 Ob die enzyklopädische Zusammenfassung Isidors auf Lipsius Darstellung Einfluss gehabt hat oder ob es eher die dahinter liegenden antiken Quellen waren, ist nicht mit Sicherheit zu entscheiden.

    7. Rezeption
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    „M'etant apperçu que beaucoup d'auteurs modernes, qui ont parlé des bibliothèques anciennes, avaient disséqué le SYNTAGMA DE BIBLIOTHECIS de Juste Lipse, sans le citer, je me suis decidé à restituer à ce savant critique ce qui lui est dú, en traduisant en entier cet opuscule, et en le plaçant en tête de mon ouvrage“. So charktersiert Peignot das Syntagma im Vorwort seines Manuel Bibliographique (1800), dem er eine französische Übersetzung des Syntagma beigibt. Er hebt damit nicht nur die Schlüsselrolle von Lipsius' Traktat für die Bibliotheksgeschichtsschreibung hervor,140 mit der Eingliederung in seine Bibliographie bzw. Bibliologie141 wird zugleich sichtbar, dass das Syntagma um 1800 herum der Tradtion der Gelehrtengeschichte bzw. historia litterara zugeordnet wird bzw. allgemeiner formuliert, dass die Kenntnis von Bibliotheken einen festen Platz in der historia litteraria innehatte, eine Verbindung, die vermutlich auf Gabriel Naude zurückgeht.142 Entsprechend empfiehlt Peignot in der Einleitung zu seinem Manuel: „il doit connaître les principales bibliotheèques qui ont existé avant et au commencement de l'ère vulgaire ...“. Damit hat das Syntagma eine neue Stellung eingenommen und steht in einem anderen Interpretationszusammenhang, als es noch bei Lipsius humanistischen Zeitgenossen Miraeus, Puteanus, Scaliger oder Valerius Andreas gewesen ist. Die Zuordnung zur historia literaria scheint auch andere Rezeptionskomplexe überlagert zu haben, die Lipsius Bibliothekslehre etwa aus christlicher Perspektive adaptiert haben.143

    Auch wenn sich Lipsius Einfluss besonders deutlich im deutschen Polyhistorismus des spätern 17. und 18. Jh. zeigt,144 tritt er in Vorformen bereits im Kontext des beginnenden Interesses an der historia literaria Anfang des 17. Jahrhundert in Erscheinung145 Im Vorwort der Helmstedter Ausgabe von 1614 stellt der Drucker fest: das Syntagma bzw. Lipsius „non parum etiam rem literariam iuuvit146“. Die Motivation für den Nachdruck, so der Drucker, läge darin, dass das Werk in der Gegend - gemeint ist das Einzugsgebiet der Universität Helmstedt - bisher nur in wenigen Exemplaren verfügbar sei. Interessant daran ist, dass offenbar in dieser Zeit ein besonders ausgeprägtes Interesse an den Schriften Lipsius in Helmstedt bestand. So gibt z.B. Christoph Heidmann, seit 1612 Prof. für Eloquenz an der Universität Helmstedt, die Epistolica Institutio des Lipsius' heraus147 und würdigt in seiner 1622 veröffentlichten Rede zur Überführung der Julischen Bibliothek nach Helmstedt ausdrücklich Lipsius als seine maßgebliche Quelle: „Justus Lipsius, einer der herausragensten Männer unserer Zeit und wie nur wenige zu bewundern, schreibt in seiner gelehrten Abhandlung Über die Bibliotheken, deren ich mich bei Abfassung dieser Rede vielfach bedient zu haben freimütig gestehe ...“.148 Man kann daher vermuten, dass der Drucker sein Ziel erreicht hat und diese Ausgabe bzw. die ihr zugrunde liegende Erstausgabe von 1602 die maßgebliche Quelle für die Verbreitung des Syntagma im Norden Deutschlands wurde. Noch die bekannte Sammlung bibliotheksgeschichtlicher Traktate von Mader, die man auch als eine Übersicht über die wichtigsten Quellen der Helmstedter Historia Literaria-Studien zur Bibliotheksgeschichte lesen kann, nimmt diese Ausgabe zur Grundlage und bezeugt in der nachgehefteten Vorede an den Leser die große Nachfrage, die nach ihr bestand, denn, wie Mader dort ausführt, sei es das ursprüngliche Ziel der Publikation gewesen, auf Bitten des Druckers eine Neuauflage von Lipsius Syntagma herzustellen, da es selbst in der Helmstedter Offizin bereits vergriffen gewesen sei. In diesem Zusammenhang weist Mader auch auf die bereits erschienen Ausgaben hin.149

    Auch in anderen Ausgaben der Zeit finden sich Belege für diese Adaption des Syntagma. Im Vorwort der gegenüber der Ausgabe von Utrecht 1658, die Texte von Vossius und Lipsius versammelt, bemerkt der Drucker: „Damus tbi hìc varia opuscula de studiorum Ratione, deque iis bene Instituendis ...“.150 Damit weist er den Text, wie Morhof et alii auch, als Bestandteil einer Studienanleitung aus, wie sie in der historia literaria-Tradition geläufig waren.151 Geradus Vossius selbst beschäftigt sich intensiv mit der historia literaria, s. insb. sein Werk de philologia, wo er im 14. Kap. (Para. 8) die historia litteraria beschreibt. Bei zahlreichen Autoren dieser Tradition finden sich Hinweise auf Lipsius' kleine Schrift, darunter Conrings Epistula ad Boineburg. 152 Hottinger,153 Daniel Georg Morhof,154 Jacob Friedrich Reimmann155 oder Erhardus Reuschius.156 Die späteren Ausgaben der Introductio, die unter dem Namen Burckhard Struves erschienen, erwähnen Lipsius am Anfang der Bibliotheksgeschichtsschreibung.157 Allerdings wird auch Mitte des 18. Jh., wohl mit Bezug auf Morhoff, noch der Unterschied gesehen: „In seinem Syntagma behandelt er die antiken Sitten und Gebräuche im Umkreis des Bibliothekswesen und wird deswegen wohl zutreffender den Alterums-, als den Bibliothekshistorikern zugerechnet.“.158 Das hinderte nicht, dass er zunehmend dem Kanon der Bibliothekshistoriker - und damit -theoretiker zugerechnet wurde, wie auch schon Reimann in seiner Idea (vgl. Appendix 2) betont. Spätestens im 19. Jahrundert hat sich diese Auffassung durchgesetzt, wie seine Nennung in einschlägigen Handbüchern oder bibliothekswissenschaftlichen Beiträgen belegt. (Vgl. Peignot, der die Übersetzung des Syntagma an de Spitze seines Manuel Bibliographique (1800) stellt, Arnim Graessel, der ihn im Handbuch der Bibliothekslehre. (2. Aufl. 1902), S. 3, unter der Überschrift „Begriff der Bibliothekswissenschaft. Literatur“ zitiert (vgl. a. S.10), oder der Stammvater der Bibliothekswissenschaft, Karl Dziatzko, der ihn in der RE s.v. Bibliotheken (1897) aufführt)

    Aus dieser Perspektive steht Lipsius am Anfang einer Tradition der Behandlung der Bibliothek als Gegenstand der historia literaria, die wiederum in der öffentlich zugänglichen Bibliothek ihren natürlichen Ort sah.159 In der Folge wurde der Traktat Bestandteil eines Kanons zur Bibliotheksgeschichtsschreibung innerhalb der Bibliothekswissenschaft. Die ursprüngliche Intention, einen paränetischen Beitrag zur römischen Sittengeschichte zu schreiben, ist weitgehend aus dem Blick geraten.

    Eine vollständige, alle europäischen Länder einschließende Rezeptionsgeschichte dieses einflussreichen Werkes kann an dieser Stelle naturgemäß nicht geleistet werden, dennoch scheinen zumindest für die deutsche Rezeption die Grundlinien deutlich.

    8. Editorische Anmerkungen
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    Maßgeblich für die Überlieferung sind die Ausgaben von 1602 und 1607, die beide wiedergegeben werden. Aus Sicht des Autors, Justus Lipsius, stellt die Ausgabe von 1607 die maßgebliche Fassung dar. Die Transkription folgt aus genetischer Perspektive der Erstausgabe von 1602 und notiert die textlichen Abweichungen der Ausgabe von 1607. Dabei werden im Stil von Greg/Bowers160 nur substantielle, nicht aber akzidentielle Abweichungen wie Druck-, Trennungsfehler oder Layout- oder Schreibvarianten, insbesondere Abbreviaturen, notiert. So findet sich z.B. anders als in der Ausgabe 1602 in der Ausgabe von 1607 reliquẹ statt reliquae oder secūdus statt secundus. Die Texgestaltung folgt modernen Gepflogenheiten (vgl. a. Waszink 2006, 217 und ILE, Bd. I, 1979 17). Abbreviaturen wurden stillschweigend, Ligaturen, wie z.B. æ zu ae, aufgelöst. Die Schreibung von u/v und i/j wurde nach moderner Schreibung normalisiert, bedeutungstragende Akzente übernommen, Zeilenumbrüche nur in den Titelangaben und Versen wiedergegeben. Die Angaben zur Position der Marginalien (nur in der XML Quelle) beziehen sich ausschließlich auf die Ausgabe von 1602, exemplarspezifische Angaben, wie zu Unterstreichungen oder Anmerkungen, auf die jeweiligen Exemplare der Herzog August Bibliothek.

    Besonderes Gewicht wurde auf die Erfassung und Normalisierung von Personen- , Ortsnamen, Werken und Zitaten gelegt. Ein Ziel der Edition ist es, durch Verlinkungen möglichst viele Anknüpfungspunkte zu schaffen, die es erlauben, über eindeutige Identifer, z.B. die GND und TGN Nummer, in einer Internetumgebung bzw. einem semantischen Netz weiterführende Informationen zu einer Person oder einem Ort zu gewinnen oder aber durch Auflösung der normalisierten Zitate, anderweitig vorhandene Volltexteditionen einzubinden. Bei klassischen Zitaten wurde bevorzugt die Perseus Digital Library genutzt, da sie ihre Daten über einen Webservice auch in XML anbietet und so eine optimale Integration in die Editon ermöglicht, ohne dass Texte kopiert werden müssten. Gelegentlich musste auf The Latin Library oder andere Quellen zurückgegriffen werden, die zwar keine XML Ausgabe, aber immerhin die Durchsuchbarkeit des Textes ermöglichen. Bedauerlicherweise sind diese Internetausgaben nicht immer fehlerfrei (z.B. findet sich in H.A. Gord. 18,2„ qui censebantur as sexaginta“ statt „qui censebantur ad sexaginta“). Es mag daher von Fall zu Fall sinnvoll sein, auf die gedruckten Ausgaben zurückzugreifen.

    Sofern keine elektronische Edition verfügbar war, wurde hilfsweise auf Digitalisate verlinkt. Zugleich wurde der Versuch unternommen, die Ausgaben die Lipsius benutzt haben könnte, zu identifizieren und zu verlinken. Bevorzugt wurden Ausgaben mit Persistent Identifier. Bei der Verlinkung von digitalisierten Quellen wurden auch bei griechischen Originalen (z.B. Galen) lateinische Versionen verlinkt, da nicht unwahrscheinlich ist, dass Lipsius lateinische Übersetzungen benutzt hat. Bei dieserart Verlinkung ist zu berücksichtigen, dass in den meisten Fällen eine eindeutige Identifizierung der benutzten Ausgabe auf der Grundlage der schmalen bibliographischen Angaben bei Lipsius nicht möglich ist. An dieser Stelle ist vor allem Karin Hartbecke zu danken, die in einem längeren Praktikum an der Herzog August Bibliothek in mühevoller Kleinarbeit viele dieser Ausgaben im Bestand der HAB sowie Personen- und Ortsidentifier an Hand der Personennormdatei und des Getty Ortsthesaurus ermittelt und nach chronologischer Wahrscheinlichkeit den von Lipsius genannten Ausgaben zugeordnet hat.

    9. Kodierungspraxis
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    Die Edition besteht aus verschiedenen XML, XSLT, XSD und CSS Dateien, die ihre Regel- und Textstruktur beschreiben und vermittels eines Parsers (getestet wurden libxml, saxon, xalan) für die Anzeige verschiedener Sichten sorgen. Eine Übersicht der vorhandenen Dateien kann der Datei mets.xml entnommen werden.

    Alle Dateien können im Sinne des open source Gedankens heruntergeladen und unter einer Creative Commons BY-SA Lizenz frei genutzt werden. Sofern Images nicht von der Herzog August Bibliothek stammen, gelten für sie unter Umständen abweichende Rechte.

    Die Ausgabe folgt den Kodierungsvorschriften der Wolfenbütteler Digitalen Bibliothek (Stand: 1.12.2016). Kodiert wurden in der Transkription u.a

    10. Liste der verwendeten XML Dateien
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    Folgende XML Dateien liegen der Edition zugrunde:

    11. Die Übersetzungen
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    Justus Lipsius Sytagma de bibliothecis lag bisher nicht in deutscher Übersetzung vor. Dies war einer der Hauptbeweggründe für diese Edition. Es sollte einer der Schlüsseltexte der frühneuzeitlichen Bibliothekstraktatistik in einer gut lesbaren Form auch dem deutschsprachigen Publikum zugänglich gemacht werden. Die Übersetzung basiert auf den Ausgaben von 1602 und 1607 und verfolgt einen mittleren Weg zwischen Texttreue und Lesbarkeit. Sie entstand über einen längeren Zeitraum in gemeinsamen lucubrationes von Christian Heitzmann und Thomas Stäcker. Um einen möglichst unverstellten Zugriff auf den Text zu gewinnen, wurden zunächst die anderen moderneren Übersetzungen nicht zu Rate gezogen und erst im Nachgang problematische oder unklare Stellen mit ihnen verglichen.

    Die Übersetzer bemühten sich um weitgehende Worttreue. Soweit möglich wurde versucht, den Ton von Lipsius' Sprache zu treffen. Dabei teilen die Übersetzer die Behauptung des englischen Übersetzers, John Cotton Dana, nicht, Lispius schreibe ein rather crabbed Latin.161 Übersetzungen von Zitaten stammen, wenn nicht anders vermerkt, von den Übersetzern und richten sich, anderes als etwa die niederländische Übersetzung von Sobrey, der den Text moderner Ausgaben zugrunde legte (vgl. z.B. A. Gellius 19,5), grundsätzlich nach der Vorlage, weil eines um das andere Mal deutlich wurde, dass die von Lipsius verwendeten Textfassungen nicht mit modernen Editionen bzw. den mittlerweilen kanonischen Textformen übereinstimmten (z.B. Kürzung bei Strabos in 13,1,54, timore statt tenore bei Ovid Tr. 3.1, „ in Herculis templo instructa satis commodè erat“ statt wie in modernen Ausgaben „in Herculis templo satis commode instructa libris“ bei A. Gellius 19,5 oder instrumentum statt ornamentum in Sen.Tranq. 9,7.

    Bei griechischen Zitaten, die von Lipsius regelmäßig ins Lateinische übersetzt werden, wurde die Lateinische Fassung übersetzt.162

    Folgende Übersetzungen des Sytagma sind bis heute erschienen:

    Nach einem kursorischen Vergleich scheint die niederländische Übersetzung in puncto Vollständigkeit und Genauigkeit die beste zu sein, auch wenn sie einige kleinere Schnitzer enthält. Z.B. übersetzt Sobry im 8. Kap. „Capitolino traditum“ mit „'t wordt op den Capitolinischen tempel vermeld“. Die engl. Übersetzung von Dana ist hier genauer und übersetzt korrekt „The gift is reported by Capitolinus“ (gemeint ist Iulius Capitolinus, der fiktive Autor aus der Historia Augusta). Umgekehrt finden sich auch in ihr Ungenauigkeiten bzw. eine Reihe übersetzerischer Freiheiten, wie „ Er war ein großer Mann - befreie ihn nur von diesem verhaßten Beinamen - und wir verdanken ihm den Homer, zumal in rechte Ordnung gebracht und korrigiert“, das zu „he was called the Tyrant, but the word did not convey at that time the odium it does to-day“ (50) reduziert wird; manche Sachverhalte werden nur obenhin übersetzt, z.B. werden die goldenen Gewölbedecken (aurea lacunaria; Anf, Cap. IX) aus dem Isidorzitat nur mit gilded ceilings wiedergegeben, was nicht falsch, aber eben auch nicht genau ist, denn Lipsius nutzt camera und lacunar. Misslich ist an der englischen Übersetzung auch, dass die für das Verständnis des Werkes wichtige Widmung nicht mitübersetzt wurde und die Übersetzung den Adressaten verschleiert, z.B. übersetzt Dana im IX. Buch die Anrede Illustrissime in der Apostrophe mit „most Illoustrious Friend“, gemeint ist seine Durchlaucht. Offenbar hat er sich eng an Peignot angelehnt. Schon die Einleitung von Kent nimmt ausführlich Bezug auf Peignot (15) und Dana nennt die Übersetzung hilfreich (23). Die französische Übersetzung ist unvollständig und tilgt einige aus Sicht von Peignot unwichtige Passagen, ist aber als erste Übersetzung einflussreich gewesen. Die spanische Übersetzung wurde nicht genauer untersucht. Sie basiert nur mittelbar auf der massgeblichen Ausgabe von 1607.

    12. Bibliographie
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    12.1. Quellen
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    12.2. Übersetzungen des Syntagma
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    12.3. Editionen
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    12.4. Forschungsliteratur
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    1Vgl. z.B. Werle 2007
    2Sahle 2013
    3Eggert 2009, 67: „... consensus on what texts are and how they function has not changed with technology“
    4Stäcker 2011
    5Syntagma, cap. II
    6Serrai 1993, 197
    7Zum Verhältnis von Lipsius und Miraeus s. Landtsheer 2006, 371-378.
    8Vgl. Lipsius en het Plantijnse Haus 1997, 185 (Nr.45)
    9VH bezieht sich auf Gustave van Havres Marques typoyraphiques des Imprimeurs et libraires anversois. 2 Bde. Antwerpen [u.a.] 1883-184, und dessen Les marques typographiques de l'imprimerie plantinienne. Antwerpen 1911
    10Landtsheer 2008, 90, Anm. 25
    11Vanhaecke 2006, 39, Anm. 84
    12Walker 1991 ; zur Druckgeschichte des Syntagma s.a. BB 900-902
    13Waszink 2006, 165f, Anm. 7
    14Walker 1991, 55; vgl. a. Schmoock 1941, 35
    15Justus Lipsius en het Pantijnse Huis 1997,157; Imhof 2014, L 13
    16BB L 144; Walker 1991 , 5, Anm. 20.
    17dispunctio 1602; Imhof 2014, L 13
    18s. Appendix 3
    19ILE 02 08 11 M; Tournoy 1997, Nr. 31
    20ILE 03-03-17, s. Appendix 4; und die Antwort in ILE 03-03-21 ( noch nicht erschienen), nach Landtsheer 2008, Anm. 16: „De Biblioth[ecis] correctum accepi, in proximas autumnales nobis recudendum“
    21Imhof 2014, L 14
    22Vgl. zur Vesta 2006, 25, Anm. 33, Brief an Chiocci (ILE 03 09 16 C.): „ La bibliothèque universitaire de Lede (cf. salle Dousa, catalogue n° 765, livre 18) conserve un exemplaire de l'édition de 1603 dans lequel Lipse a fait de sa propre main des annotations en vue de la deuxième edition...“
    23Serrai 1993, 198
    24Vgl. Reimann 1718, 347: „Memini non neminem qui A.C. 1614 secundam huius opusculi editionem procuravit, & prima vice in Germania sub prelum ire iussit“. Vgl. Appendix 2
    25Lipsius selbst hatte ausdrücklich nur dem Johannes Moretus die Druckerlaubnis für das Syntagma erteilt, vgl. dispunctio 1602, E6
    26Ursinus 1570
    27s. 1614 und 1620
    28p. 35 (in margine)
    29Vgl. für das Folgende insb. Landtsheer 2006, 221-225
    30Zum Itinerar s. Landtheer 1994; Landtsheer, 2000; Landsheer [u.a.] 2006, S. 221ff. (Darstellung im Geo-Browser [Datenset als CSV])
    31Leuven University 1990, 45
    32Gerlo 1988, 21: „Il est - plus qu'Erasme - opportuniste par conviction“
    33Admiranda Romana 1605, 11. []
    34Ob die Aussage hier in einem Hobbesischen Sinne vornehmlich politisch und nicht religiös zu verstehen ist, muss dahingestellt bleiben. Zum Rombild der Zeit und dessen Instrumentalisierung s. Papy 2004, Anm. 2; Laureys, 2001, 130
    35Diva virgo Hallensis (Antwerpen 1604) und Diva Virgo Sichemensis (Antwerpen 1605)
    36Saunders 1955
    37Vgl. z.B. Sagittarius 1614; Epitaphium. Manes, Sybolum 1606; dazu auch Nordmann 1932, 31; s..a. Gerlot 1988, 10-13
    38Norman 1932 , 31
    39Gosselin 2007, 201: "the crucifixion of Christ is no more than a tangential subject in De cruce."
    40Vanhaecke 2006, 35 mit Verweis auf ILE 94 03 15 U; s.a. Smet/Vanhaecke 2003, 367
    41Landsheer 2006, 221
    42De Smet 1998, 25
    43Zur Genese der Fax s. Landtsheer 2001, 104f. mit Hinweis auf die Briefe ILE 91 01 13 O und M, in denen Lipsius seine Absicht bekundet, sich intensiv der Fax widmen zu wollen
    44A2
    45 Vgl. Nordman, 41ff.; vgl. a. Papy 2004; Papy 2012;
    46Das Fragment zu diesem nicht erschienen Teil de triumphis befindet sich in der Universitätsbibliothek Leiden (ms. Lips. 10, f.53-6, nach Landtsheer 2001, 106); Nordman 1932, 41, Anm. 1
    47de militia , 9
    48Nach Nordman 1932,37, mit Bezug auf Haeghen eine Vorlesungsmitschrift
    49Vgl. Nordman 1932, 38. Zu den in Wolfenbüttel befindlichen Anmerkungen s. Livius, Historiarum ab urbe condita decadis tertiae, quae est de secundo bello punico, liber primus. Lugduni Batavorum: Raphelengius, 1588 [opac] . Siehe dazu auch Kreyssigius.
    50Facis historicae compendium 1617, 369; vgl. Papy 2004, 102. Enthalten sind Kurzfassungen von de militia Romana, de machinis tormentis, admiranda, de gladiatoribus, de amphitheatro, de cruce, de vesta et vestalibus und eben auch de bibliothecis. Weitere Werke, die im diesem Zusammenhang erschienen sind, listet Papy 2012, 84
    51Nordman 1932, 70
    52Laurys 2001, 136, mit weiterer Literatur in Anm. 44
    53Smet/Vanhaecke 2003, 371ff.
    54Papy 2004, 99: „Although Lipsius's antiquarian treatises remained classical sourcebooks for more than two centuries, they have not been understood from the perspective of Lipsius's own humanistic, pedagogical intentions.“; zum stoischen Grundzug der historischen Arbeiten siehe auch Steenbeek 2011, Einführung, die jedoch in ihrer Argumentation gelegentlich auf Abwege gerät, wenn sie etwa behauptet, Lipsius habe sich mit dem grausamen Thema des Gladiators deswegen befasst, „weil es ihm angenehm war, bei Themen wie Mord und Tod zu verweilen, dass er den Gedanken an Menschen, die unter Zwang auf Leben und Tod miteinander kämpfen sollten, genoss“(28). Die Einleitung von Steenbeek wimmelt bedauerlicherweise von sprachlichlichen und grammatikalischen Fehlern und auch die Übersetzung ist nicht frei von sprachlichen Schnitzern
    55ILE 03 07 29 (noch nicht erschienen)
    56 Vanhaecke 2006, 21
    57ILE 03 07 25 (noch nicht erschienen), zitiert nach Vanhaecke
    58Nordman 1932, 44
    59Burman 1727 II, 3-4
    60ILE 00 12 03 H
    61Burman 1727, I 301
    62Vgl. dazu z.B. Walker 1991, 50-52
    63Nordman 1932, 60ff.
    64Burman 1727, I 301, vgl. Nordmann 1932, 59
    65Oestreich 1989, 194: „Die römische Wissenschaft von Lipsius dient aber dem Leben, nicht der Historie“
    66Zitiert nach Papy 2012, 89. (=C. Cornelii Tacitii Opera quae exstant: Iustus Lipsius ... Antwerpen: J.Moretus 1607, 65 s.v. utilitas cognoscendae antiqutatis):
    67Laurey 2001, 135.
    68De Amphitheatro, 4; nicht jedoch im Titel, wie Schmock 1941, 3, fälschlicherweise behauptet: „syntagma de amphitheatris“.
    69Lipsius, Vesta, Ad Lectorem.
    70Schmock 1941, 3
    71Lipsius, Opera Omnia. Bd.3., Antwerpen 1637, , Vorwort, 9: „hanc caliginem nostra face ... imus depulsum“
    72Zbikowska-Migoń 1994, 248
    73A brief outline of the history of libraries 1907,13-14
    74Schmock 1941, insb. 26 u. 31; Lipsius en het Plantijnse Haus 1997, 185 (Nr.45), Papy 2000, 19 ; Tournoy 1997, Nr. 29
    75GV 131, 3ff.
    76„Car luij il faict estat de dresser une belle librairie, et le fault inciter.“
    77Vgl. Passagen mit Apostrophe
    78Lipsius, Lovanium 1605, 112 Vgl. den Antwerpener Drucker der 1654er Ausgabe von de Croys Münzsammlung, der im Vorwort an den Leser mit Bezug auf Lipsius Syntagma rühmt: „ Quin & eundem LVCVLVM BELGICVM indigitare non veretur [sc. Lipsius], ob Louaniensis Academiae suburbanum magnificis operibus, Praetoriis, Hortis, Fontibus & Viridariis ab illo excultum, tesquis, locisque confragosis excisis penitus & aequatis. “Croy, Numismata, 1654, Typographus Lectori
    79Vgl. Peeters 1999
    80Lipsius en het Plantijnse Haus, 1997, 185 (Nr.45)
    81Papy, 2000, 19, van Even 1852
    82Vgl. Burmann und ILE
    83Vgl. z.B. Heidmanns Dankesrede zur Übergabe der Julischen Bibliothek an die Universität Helmstedt. Heidmann nimmt dort bezeichnenderweise in seinem Eingangszitat auf Lipsius Bezug: „Hos tales in bonis altisque consiliis confirmare, aut et inflammare, optimo publico censeo equidem fieri. Quam pauci magnaum se eo dant! Quam ad pristinas sordes et tenebras omnia videntur ire “ [↗Link] ; vgl. auch das Geleitwort des Druckers an den Leser zu de Croy Münzsammlung, er habe seine Münzsammlung und Bibliothek ad publicum usum bereitgestellt. Vgl.a. Bepler 2007, 709
    84Grafton 1991, 26, 39-40; Werle 2007, 307
    85Papy 2012, 88
    86De bibliothecis, An den Leser
    87Schmook, insb. 25-27
    88Vgl. Nelles 1996, 227
    89Vgl. Sen. Tranq. 9,7
    90Vgl.Athenaeus
    91Vgl. Nelles 1996, 226; Thiem 1982
    92Kap. 8
    93Waszink, 2006, 54f.
    94Dazu Waszink 2006, 56f.
    95„On a general level, we are dealing here with a fundamental diffenernce between the Renaissance and modern way of quoting in non-literary texts: the Renaissnace reception and re-use of other (e.g. ancient) texts allows for the possibility that citations receive a completly new meaning or significance without however losing the authority of the original source“Waszink 2006, 69
    96Reallexikon für Antike und Religion. Bd. 2. Stuttgart 1954, S. 232f.. Nach heutigen Kenntnissen ist die Bibliothek des Ramses nicht die älteste gewesen und Bibliotheken fanden sich nicht nur in Tempeln, sondern auch in so geannten Lebenshäusern. Zum aktuellen Forschungsstand vgl. Burkhard, Günter: Bibliotheken im alten Ägypten (1980). Im Erscheinen begriffen: Zinn, Katharina: Bibliotheken, Archive und Erinnerungskultur im Alten Ägypten : eine kulturhistorische Rekonstruktion. Diss: Leipzig 2013
    97Vgl. den so genanten Aristeasbrief 2008
    98Canfora 2002
    99Wendel 1943
    100Barnes 2001, 71 , diskutiert Canfora in 74ff.
    101Orru 2002, 37
    102Hatzimichali 2013, 182, s.a. 170f.: „The fire of 48 BC, even though it did not bring an end to Alexandria's wealth in books, caused material damage“
    103139
    104De constantia 1998, 271-273
    105De constantia 1998, 321
    106Christ 1994, 133
    107Werle 2007, 312
    108Werle 2007, 308
    109Thiem 1982
    110Vgl. Eigler 2003, 92
    111Zu den öffentlichen römischen Bibliotheken vgl. Lexicon Topographicum Urbis Romae( LTUR)
    112LTUR, I 134, 196
    113LTUR, IV 141f.
    114LTUR, I 55
    115LTUR, I 196
    116LTUR, IV 69
    117Lipsius ordnet sie dem Domitian zu. Das ist aber nur eine Vermutung, wie er selbst einräumt. Vgl. Balensiefen 2011, 131, Anm. 39; LTUR, I 196
    1182002, 20
    119Müller 2011, 114
    120Wilker 2002, 23, Wendel 1954, 171
    121Wendel 1954, 238; Hoepfner 2002;Müller 2011, 117f
    122Wendel 1954, 243
    123Wendel 1954, 243
    124Callmer 1944, 169-171
    125Balensiefen 2011, 130-132; Boyd 1915, 3, nennt noch die sonst unbekannte Bibliothek im Tempel des Aesculap.
    126Balensiefen 2011, 126
    127Nelles 1996, 227; Geal 1998, 241f.: „Le De Bibliothecis ... constitua la première véritable enquête consarcrée aux bibliothèques de l'Antiquité et alimenta égalment une réflexion théroretique qui eut des prolongements considérables au cours des XVIIe et XVIIIe siècles“
    128Contzen 1621
    129Gregorius 1609
    130Werle 2007, 307
    131Neander 1586
    132Trefler 1560
    133Werle 2007, 307-308
    134Papy 2004, 103ff; Landsheer 2008, 85
    135Bracke 1998
    136Publiziert als Appendix zu Imagines et elogia virorum illustrium et eruditorum ex antiquis lapidibus et numismatibus expressa.Venedig 1570, 102-104. Vgl. Editon von Hecht 2016
    137Nelles 1996, 227; Bracke 1998, 86; Papy 2004, 107; Landtsheer 2008, 85, Anm. 10; Geal 1998, 243ff.
    138Bracke 1998, 86f.
    139 S. die Bemerkung des Druckers zur Helmstedter Ausgabe
    140Vgl. a. Serrai 1993, 197
    141Blum 1969, 2337
    142Nelles2000, 41
    143Geal 1998, s.a. die Bearbeitung von Arze
    144Nelles 1996, 238: „C'est sur les polyhistoriens alemands que Lipse exerça l'influence la plus importante, durant la période 1660-1720.“; Werle 2007, 313: „Das Syntagma de bibliothecis avanciert zu einem der einflussreichsten Bibliothekstraktate des 17. Jahrhunderts“
    145Syndikus 2007
    146Einleitung, Helmstedt 1614; Vgl. Appendix 6
    147Vgl. Heidmann 2013
    148Heidmann 1622, 253
    149Mader 1666, 244; vgl.a. Appendix 7
    150„Wir bieten Dir (sc. dem Leser) hier verschiedene kleinere Studienanleitungen und deren rechte Anwendung.... “. Das Vorwort des Druckers fehlt in der Ausgabe 1651
    151Vgl. Werle 2007, 213
    152Conring 1651, 20, 49, 57, 95
    153Bibliothecarius Qudripartitus 1664, 6, 9
    154Polyhistor 1688, S. 191; s.a. Appendix 1
    155Idea Systematis Antiquitatis 1718, 343-348; s.a. Appendix 2
    156Dissertatio Inavgvralis De Bibliothecis Romanorvm 1734
    157Introductio In Notitiam Rei Litterariae, I 1754, Cap. 2,1
    158In Syntagmate hoc eius de ritibus variis & antiquitatibus circa rem bibliothecariam agit, adeoque rectius inter scriptores antiquitates, quam bibliothecarios refertur. (152 Anm. L[ilienthal])
    159Nelles 1996, 239; Lipsius en leuven, Nr. 29, S.119: „trendsetter voor dergelijke bibliotheekwetenschappeliijke literatur“
    160vgl. Greg 1950, 21
    161A brief outline of the history of libraries 1907, 23
    162Vgl. Waszink 2006, 218
    163Walker 1991; Biblioteca National Mss. Bb 222 , S. 63 Anm. 30
    164Geal 1998, 241;Meseguer 1972, 15; Vgl. auch den Katalog der Biblioteca National (MS 9525 und MS 17568; die in der Literatur zu findende Angabe Mss Bb 222 scheint nicht (mehr) korrekt)
    165Walker 1991
    166Geal 1998, 242
    167Diego 1888, 199
    168Diego zitiert Seneca Tranq. 9,7 „Iam enim inter balnearia, et thermas Bibliotheca quoque ut necessarium domus ornamentum expolitur“ (Diego 1888, 292 und 321), nach den Handschriften, denen auch moderne Ausgaben folgen. Die Lipsiusaussgaben 1602 und 1607 geben diese Stelle mit „necessarium domus instrumentum expolitur“ wieder
    169Gemeint ist die Opera Omnia Ausgabe, Lyon 1613
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