Einführung

Jan van Zyl: Theatrum Machinarum Universale; Of Groot Algemeen Moolen-Boek
Nikola Roßbach

1. Titel1
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Theatrum Machinarum Universale; Of Groot Algemeen Moolen-Boek, Behelzende de Beschryving en Afbeeldingen van allerhande soorten van Moolens, der zelver Opstallen, en Gronden; Waar onder veele, die eerst onlangs zyn gebouwt, staande zo buiten de Stad Amsterdam, als in de omleggende Plaatsen; nevens eene naauwkeurige Verbeelding in verscheide Platen van de Amsterdamsche Modder-Moolens; ook eene nette Verdeeling van de Staven en Kammen, en meer andere zeer fraaie Werken ten nutte der Bouw- en Teken-Konst; nooit zo volkomen in ’t licht gebragt. Voor ’t grootste gedeelte getekent te Amsterdam Door Johannis Van Zyl, Moolenmaker van Lexmondt; En in ’t Koper gebragt door Jan Schenk. I. Deel. Te Amsterdam, By Petrus Schenk, Konst- en Kaartverkoper voraan in de Warmoesstraat, over de Vischsteeg, in N. Visschers Atlas. MDCCXXXIV. Amsterdam: Schenk, 1734. - Titelseite (Kupfertafel), 18 pag. S., 56 Ill., gr. 2°.

2. Verfasser und Verleger
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Jan (Johannes, Johannis) van Zyl auf dem Titelkupfer als Mühlenbauer aus Lexmond bei Utrecht bezeichnet, hat die Zeichnungen angefertigt und die Begleittexte verfasst; weitere Informationen über Leben und Werk sind nicht bekannt. Die Kupferstiche verfertigte Jan Schenk (1698?-1752). Gedruckt wurde das Werk bei Pieter (Peter, Petrus) Schenk dem Jüngeren (1698-1775), einem Verleger, Kupferstecher und Kartographen.

3. Publikation
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3.1. Erstdruck
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Erschienen 1734 in Amsterdam bei Pieter Schenk als ‚I. Deel‘; Widmung datiert auf den 12.4.1734. Ein zweiter Band erschien nicht, obwohl er 1739 in einer anderen Verlagspublikation Schenks, in Tileman van der Horsts Theatrum Machinarum Universale; Of Nieuwe Algemeene Bouw-Kunde, erneut angekündigt wurde: Ein der Vorrede vorgeschalteter Werbetext vermeldete, der „Tweede Deel van Moolens“, „waar van in’t kort meerder volgen zullen“.

Zweiter Abdruck; abweichend durch die Reihenfolge der ersten Seiten und einen zusätzlichen Vorbericht, datiert auf den 15.12.1734.


Standorte

3.2. Weitere Ausgaben
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Wiederauflage 1761 bei Pieter Schenk in Amsterdam.

Neuausgabe o.J. [1780?] bei W. Holtrop und N. T. Gravius in Amsterdam. Auf dem Titelblatt bezeichnet als „Laatste en beste druk“.

3.3. Deutsche Erstausgabe
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Theatrum Machinarum Universale Oder Groß-allgemein Mühlen-Buch, In welchem die Beschreibung und Vorstellung allerhand Arten von Mühlen nebst derselben Grund- und Aufrissen enthalten; Worunter viel, so ohnlängst gebauet worden, und so wohl in Amsterdam, als denen umliegenden Orten befindlich sind; Hierzu kommet eine genaue und in verschiedenen Platten abgefaste Abbildung der so genannten Amsterdammer Moder-Mühlen. Auch sind überall genaue Abtheilungen der Stäbe und Kämme, und andere zum Bau und Zeichnung dienliche Anmerckungen beygefüget, und noch niemahls so vollkommen herausgegeben. Meistens zu Amsterdam gezeichnet durch Johann van Zyl, Mühlen-Baumeister von Lexmondt, und in Kupffer gebracht durch Johann Schenck. Erster Theil. Zu haben bey Peter Schenck, in den Homannischen Hofe auf der Peter-Strasse in Leipzig.

Die Kupferstichbeschreibungen Nr. 51-56 sind nicht übersetzt.

Ein weiterer Abdruck aus dem gleichen Jahr gibt im Titel den Architekten und Architekturtheoretiker Johann Rudolph Fäsch als Übersetzer an, der auch Pieter Schenks Theatrum Machinarum Universale zur Wasserbaukunst ins Deutsche und Französische übersetzte.

3.4. Mikroform-Ausgabe der Wiederauflage von 1761
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London: British Library 1992. Vorlage: Exemplare der British Library, Sign. L.40/35; 62.i.16; 459.g.23.

3.5. Neuedition der Wiederauflage von 1761
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Franeker: Wever; Amsterdam: Buijten & Schipperheijn 1979.

4. Inhalt
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Jan van Zyls Mühlenbuch ist vom Praktiker für Praktiker geschrieben – zugleich stellt es ein außergewöhnlich hochwertiges Stichwerk zur niederländischen Mühlentechnik dar. Es teilt sich auf in einen schmalen, in holländischer Sprache verfassten Textteil und einen umfangreichen Abbildungsteil. Ziel ist laut Titel, „allerhande soorten van Moolens“, darunter auch reale Bauwerke aus der Amsterdamer Region, vorzustellen und in Grund- und Aufrissen zu beschreiben. Diese einschränkende Inhaltsspezifizierung stellt den übergeordneten Titel in Frage: Als ‚Theatrum Machinarum Universale‘ bezeichnet nicht einmal Jacob Leupold, dessen Maschinentheater van Zyl und Pieter Schenk sicherlich kannten, seine monumentale Technikenzyklopädie. Womöglich sollte das Amsterdamer Editionsprojekt Leupold gar in den Schatten stellen? Die Großspurigkeit des modischen Theatrum-Titels wird keinesfalls durch das Werk legitimiert; daran ändern auch zwei Folgebände zu Wasserbau und Treppenbau nichts. Eine von Pieter Schenk signierte Widmung an den Reichsgrafen Christiaan Henrik van Watzdorff bekräftigt die den Universalanspruch konterkarierende Restriktion: Gehandelt werde „alleen van Moolens, die in Hollandt gemaakt en in gebruik zyn“ (Widmung, unpag. [S. 1]).

Zwei Preisgedichte führen ins Buch ein; ein prachtvoll verzierter, von A. V. der Laan gezeichneter und durch Jan Schenk ausgeführter Stich ist überschrieben mit „Lauwre-Crans voor Cornelis Cornelissz van Vyt-geest. Erste Vinder van de Hout-Zaghery-Moolens.“ (unpag.). Eine programmatisch-theoretische Einführung entfällt; der Widmung folgen unmittelbar die Bildkommentare en bloc: „Beschryving Van De Gronden En Opstallen Der Volgende Moolens.“ (S. 1) Auf 18 Seiten werden 56 nummerierte, unsignierte Kupferstiche instruktiv erläutert. Ebenso akkurat und detailreich sind die Stiche selbst, knapp beschriftete architektonische Zeichnungen in ein- oder doppelseitigem Großfolioformat, denen jeweils ein abgebildetes Lineal zum genauen Nachmessen beigefügt ist. Im zweiten Abdruck des Stichwerks rechtfertigt ein zusätzlicher „Voorbericht Van Den Uytgever Deses Werks.“ die außergewöhnliche Größe der Stiche damit, dass man sie so besser verstehen, unterscheiden und vor allem nachmessen könne: „en alles na de Voet-maat te konnen nameeten“ („Voorbericht“, unpag. [S. 1]). Unmissverständlich wird didaktische Praxisorientierung zum zentralen Ziel des Werks erklärt: „En dewyle het weesendtlyke Oogmerk van dit Werk, niet in een enkele speculatie bestaat, maar daar op doelt, om de Weetgierige, dewelke van het Moolen-maaken kennisse trachten te krygen, op de klaarste en duydelykste wyse te onderrechten [...].“ („Voorbericht“, unpag. [S. 1]) Gezeigt werden Papiermühlen, Ölmühlen, Tabaksmühlen, Walkmühlen, Wassermühlen, Schneidemühlen, Sägemühlen, Modermühlen (zur Entschlammung von Gräben und Teichen); im Fokus stehen dabei vor allem ihre Konstruktionselemente – Pfeiler, Kreuzbalken, Fußböden, Siebe, Stampfwerke, Räderwerke, Handgriffe – und weitere bauliche Ergänzungen: Eine Bauanleitung für einen schnöden Schuppen zum Papiertrocknen (Kupferstich Nr. 7) findet sich bei van Zyl ebenso wie ein Lastkran, der das Mühlengebäude aufrichten soll (Kupferstich Nr. 15). Totalansichten auf ganze Mühlen fehlen, ebenso landschaftliche Rahmungen, wie sie in den ersten frühneuzeitlichen Technikschaubüchern üblich waren. Ausdrückliche Funktion des Mühlenbuchs ist die Anleitung zu Zeichnung und Bau – ten nutte der Bouw- en Teken-Konst (Titel): Die Distanz zu den ersten Theatra Machinarum, barocken Repräsentationswerken mit vorwiegend gesellschaftlicher und ästhetischer Funktion, ist unübersehbar.

5. Kontext und Klassifizierung
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Das Groot Algemeen Moolen-Boek gehört zum Genre der Mühlenbücher, wie sie Ende des 17. Jahrhunderts entstanden. In den Niederlanden fand zu dieser Zeit erstmals eine Verbreitung technischer Kenntnisse durch volkssprachliche Technikliteratur statt – prägnantestes Beispiel sind die Mühlenbücher (C. Davids, S. 76). Der Holland bereisende Schwede Pieter Lindberg verfasste das erste Mühlenbuch Architectura Mechanica Moole boek (1686; Neuausgabe 1727); der deutsche Architekt und Architekturtheoretiker Leonhard Christoph Sturm behandelt in seiner Vollständigen Mühlen Baukunst (1718) detailliert und praxisnah in Text und Bild verschiedene Mühlentypen. Den Höhepunkt der frühneuzeitlichen Mühlenliteratur bilden drei fast zeitgleich erschienene Werke: erstens van Zyls Theatrum Machinarum Universale; Of Groot Algemeen Moolen-Boek (1734), zweitens das ebenfalls in Amsterdam erschienene doppelbändige Groot Volkomen Moolenboek (1734/36) von Natrus van Leendert, Jacob Polley und Cornelis van Vuuren und drittens das Theatrum machinarum Molarium, Oder Schau-Platz der Mühlen-Bau-Kunst: Im Jahr 1735 lässt Johann Matthias Beyer Leupolds achtbändigem Theatrum Machinarum einen neunten Band zur Mühlenbaukunst folgen – ganz der Intention seines verstorbenen Vorgängers gemäß. Die zwei von Beyer verantworteten Teilbände Theatrum Machinarum Molarium, Oder Schau-Platz der Mühlen-Bau-Kunst und Der Andere Theil zum Schau-Platz der Mühlen-Bau-Kunst, Oder Kern des Mühlen-Rechts ergänzt Johann Karl Weinhold dann viel später um den dritten Teilband Johann Matthias Beyers Theatrum Machinarum Molarium, oder Schau-Platz der Mühlen-Bau-Kunst, fortgesetzt und erweitert, als desselben Dritter Theil (1788).

6. Rezeption
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Die aufwändige Ausstattung und das Format des seltenen Kupferwerks, dessen technikhistorischer Wert unbestreitbar ist, lassen daran zweifeln, dass das Theatrum Machinarum Universale; Of Groot Algemeen Moolen-Boek tatsächlich in der Mühlenbaupraxis als Lehrbuch eingesetzt wurde. Rezeptionszeugnisse sind bisher nicht ermittelt.

7. Bibliographische Nachweise und Forschungsliteratur
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1Aus konservatorischen und buchtechnischen Gründen ist eine Digitalisierung der Exemplare der angefragten Bibliotheken (Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, Herzogin Anna Amalia Bibliothek) nicht möglich.
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