Einführung

Jacques Besson: Theatrvm Instrvmentorvm Et Machinarum
Nikola Roßbach

1. Titel
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Theatrvm Instrvmentorum Et Machinarum Iacobi Bessoni Delphinatis, Mathematici ingeniosissimi. Cum Franc. Beroaldi Figurarum declaratione demonstratiua. LVGDVNI, Apud Barth. Vincentium Cum Priuilegio Regis. M. D. LXXVIII. Paris: Barthelemy Vincent, 1578. - Titelseite (Kupfertafel), 24 unpag. S., 60 Ill., 2°. [opac ↗613718453] [vd16 ↗VD16+B+2281]

2. Verfasser
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Jacques Besson (Jacopo Bessoni, Jacobus Bessonus) (?-1573), gebürtig aus Colombières bei Briancon. Angaben zum Geburtsjahr variieren zwischen 1510-1540; Besson selbst erklärt, seine Erfindungen ab 1544 gesammelt zu haben (Vérin). Besson war ein französischer Mathematiker und Ingenieur und wirkte als Lehrer, Schriftsteller und Maschinenbauer in Paris, Lausanne, Genf und Orléans. Seit 1569 stand er in den Diensten des französischen Königs Charles IX., der seine Erfindungen und Schriften förderte. Wahrscheinlich starb Besson an seinem letzten Wohnort Montargis. Von seinen Werken – De absoluta ratione extrahendi olea et aquas e medicamentis simplicibus [...] (1559), Le Cosmolabe [...] (1567), L’art et science de trouver les eaux et fontaines, cachées soubs terre (1569) – ist das Theatrum Instrumentorum Et Machinarum das berühmteste: In diesem Werk, das das Genre der Theatra machinarum eröffnet, stellt er seine eigenen Erfindungen der Öffentlichkeit vor. Die Stiche ließ Besson von dem Kupferstecher, Zeichner und Architekten Jacques Androuet du Cerceau dem Älteren (1510/20-1585/86) anfertigen; vier der sämtlich unsignierten Kupferstiche (Nr. 17, 35, 39, 51) stammen von René Boyvin (Vérin; dagegen erklärt Brashear, jene seien erst in der Ausgabe von 1578 eingesetzt worden). Der postume Erstdruck des Theatrum Instrumentorum Et Machinarum wurde um Bildkommentare von François Béroalde de Verville (1556-1612) vermehrt.

3. Publikation
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3.1. Erstdruck
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Erschienen postum 1578 in Lyon bei Barthelemy Vincent. Neu im Vergleich zur Vorlage sind die detaillierten Bildkommentare von François Béroalde de Verville sowie dessen Vorrede.

Wiederauflage: 1582.

Neuedition: Rom: Edizioni dell’Elefante 2001.


Standorte des Erstdrucks

3.2. Vorlage
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Besson präsentierte König Charles IX. bereits 1569 in Orléans Skizzen zu seinem späteren Maschinenbuch (zum erhaltenen Manuskript Keller 1976). 1571 oder 1572 vollendete und publizierte er es erstmals ohne Angabe von Ort und Jahr unter dem Titel: Instrumentorum et machinarum/ quas Jacobus Bessonus Delphinas mathematicus et a machinis praeter alia excogitavit, multisque vigiliis et laboribus excoluit, ad rerum multarum intellectu dificillimarum explicationem/ et totius rei publicae utilitatem. Liber primus [Paris: Fleury Prevost 1571/1572?] [Link] .

3.3. Weitere Ausgaben
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3.3.1. Französische Ausgaben
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- Französische Erstausgabe

Theatre des instrumens mathematiques et mechaniques de Iaques Besson [...] avec l’interpretation des figures d’iceluy par François Beroald. Plus en ceste derniere edition ont esté adjoustees additions à chacune figure. Lyon: Barthelemy Vincent 1578. Wiederauflage 1579.

- Weitere französische Ausgaben

Theatre des instrumens mathematiques et mechaniques [...]. Lyon, Genf: Jacques Chouet, Jean de Laon 1594. Wiederauflage: Lyon: Jacques Chouet 1596.

3.3.2. Weitere Erstausgaben
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- Italienische Erstausgabe

Il Theatro De Gl’Instrvmenti et Machine di M. Iacopo Bessoni, Mathematico de’ nostri tempi eccellentissimo, Con vna brieue necessaria dichiaration dimostratiua di M. Francesco Beroaldo. Sù tutte le Figure, che vi son comprese, nuouamente di Latino in volgare Italiano tradotto et di moltisime Additioni per tutto aummentato et illustrato pel Signor Givlio Paschali Messinese. Lyon: Barthelemy Vincent 1582.

- Deutsche Erstausgabe

Theatrvm oder Schawbuch/ Allerley Werckzeug vnd Rüstungen/ des Hochverstendigen Sinnreichen Mathematici, Iacobi Bessoni, auß dem Delphinat: Mit einer augenscheinlichen Erklerung Francisci Beroaldi, auff alle vnd jede Figuren: Desgleichen mit nottwendigen vnd nutzlichen/ vnd biß auff diese zeit niemals in truck außgangnen/ Vermehrungen/ gebessert vnd jllustrirt: Durch Iulium Paschalem, einen Messanischen vom Adel. Vnd nun letztlich auß der Latinischen vnnd Frantzösischen Sprach in die Hochteutsche Sprach verdolmetschet. Mümbelgart: Jakob Foillet 1595.

- Spanische Erstausgabe

Teatro de los instrvmentos y figvras matematicas y mecanicas. Libro muy vtil y necessario para todos estados de personas. Compuesto par Diego Besson, con las interpretaciones de cada figura, echas por Francisco Beroaldo. Nvevamente impresso. Lyon: Horacio Cardon 1602.

3.3.3. Mikroform-Ausgaben
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- Mikroform-Ausgaben der lateinischen Fassung von 1578

Göttingen: Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek. Vorlage: Exemplar der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen, Sign. 2 BIBL UFF 66

Woodbridge, Conn.: Research Publications [1981] (= Goldsmiths’-Kress library of economic literature, 222.1-2 suppl.) Vorlage: Exemplar der New York Public Library.

- Mikroform-Ausgaben der französischen Fassung von 1578

Urbana, Ill.: The Cicognara Program, Undergraduate Library, University of Illinois [1998] (= The Cicognara Library 884).

- Mikroform-Ausgaben der lateinischen Fassung von 1594

Washington, D.C.: Library of Congress, Photoduplication Service 1963.

- Mikroform-Ausgaben der deutschsprachigen Fassung von 1595

Urbana, Ill.: The Cicognara Program, Undergraduate Library, University of Illinois [1998] (= The Cicognara Library 883).

Washington, D.C.: Library of Congress, Photoduplication Service 1963.

- Mikroform-Ausgaben der spanische Fassung von 1602

Washington, D.C.: Library of Congress, Photoduplication Service 1963.

3.3.4. Digitale Ausgaben
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- Digitale Ausgaben der lateinischen Ausgabe von 1578

Thomson Gale, Farmington Hills, Mich. 2006.

- Digitale Ausgaben der lateinischen Ausgabe von 1582

Thomson Gale, Farmington Hills, Mich. 2006.

- Digitale Ausgabe der französischen Ausgabe von 1579

Thomson Gale, Farmington Hills, Mich. 2006.

- Digitale Ausgabe der französischen Ausgabe von 1594

Thomson Gale, Farmington Hills, Mich. 2006.

- Digitale Ausgabe der französischen Ausgabe von 1596

- Digitale Ausgabe der italienischen Ausgabe von 1582

Thomson Gale, Farmington Hills, Mich. 2006.

- Digitale Ausgaben der deutsprachigen Ausgabe von 1595

4. Inhalt
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Besson präsentiert in seinem Theatrum Instrumentorum Et Machinarum Maschinen, die er erfunden und an denen er durch seinen königlichen Gönner die Rechte erhalten hatte – „But of course, many machines have antecedents in earlier machine books“ (Moon, S. 151). Generell kommt die Kompetenz eines frühneuzeitlichen Ingenieurs weniger in der Erfindung und Verbesserung neuer Maschinen und Geräte als in der Erfindung und Verbesserung neuer Verfahren und Fertigungsweisen zum Ausdruck (Lefèvre, S. 49). In Feldhaus’ Lexikon der Erfindungen und Entdeckungen (1904) gibt es zu Besson einen bescheidenen Eintrag: „Jak. Besson macht Vorschläge zur Anwendung der Dampfkraft.“ (Feldhaus, S. 26)

Dem monumentalen Titelkupfer des Theatrum Instrumentorum Et Machinarum folgt nach dem französischsprachigen Privileg des Königs eine einseitige, anonyme Vorrede: „Ad Lectorem Præfatio“. Sie stellt – in der dritten Person – das folgende Werk als originale Leistung des verstorbenen Besson dar, dessen Arbeit hier in seinem Sinne fortgeführt werde. Eine weitere ebenso knappe Vorrede ist überschrieben mit „Franciscvs Beroaldvs Lectori“ (in der deutschsprachigen 1595er-Ausgabe werden beide Vorreden zusammengefasst und François Béroalde de Verville zugeschrieben). Sie erhebt den Anspruch, nicht nur die Maschinenpraxis zu erläutern, sondern auch in die theoretische Mathematik einzuführen, und zwar sowohl für Anfänger mit Vorkenntnissen als auch zum Nutzen der Gelehrten: „non vulgariter, sed deo fauente, hoc modo vt non solum ij qui non omnino videntur incapaces harum artium possint breui aliquid percipere, sed etiam vt docti delectentur“.

Den Hauptteil des Bandes machen Kommentarteil „(Machinarvm Hvivs Theatri demonstratiua declaratio)“ und Bildteil aus. Jede Erläuterung besteht aus zwei Teilen: An erster Stelle steht die ein bis zwei Zeilen umfassende, durch Kursivschrift abgesetzte Propositio zur Art und Funktion der abgebildeten Maschine. Zum Teil wird bereits hier mit deren Neuheit – „Artificium Nondvm Vvlgatvm Collocatvm In Sentina Navis“ (Kupferstich Nr. 57) – und Nutzen für königliche Interessenten geworben, wie etwa bei einem maschinell stabilisierten und angetriebenen Schiff (Kupferstich Nr. 60). Jene kurze Propositio, in der deutschsprachigen Fassung ausdrücklich als Bessons Leistung indiziert, wird als bildintegrierte Legende jeweils im zugehörigen Kupferstich erneut abgedruckt. An zweiter Stelle im Kommentar steht die von Béroalde stammende „Declaratio“, sie ist wesentlich umfangreicher und detaillierter als Bessons Propositio und rühmt wiederholt den arbeitskraftsparenden Nutzen der Maschinen und ihre Innovativität. In der italienischen und der von ihr beeinflussten deutschsprachigen Übersetzung folgen weitere kommentierende Zusätze von Giulio Pascale.

Der Bildteil wird mit sechs Abbildungen von Mess- und Zeicheninstrumenten (Zirkel, Winkelmaß) eröffnet. Erst auf dem siebten Kupferstich wird die Maschine – eine Drehbank – in einen Raum gestellt und mit Bedienpersonal ausgestattet. Manche Stiche positionieren die Maschine ganz deutlich im Mittelpunkt, indem sie den Kontext – Außen- oder Innenraum, mit oder ohne Menschen – marginalisieren oder dessen Wirklichkeitsillusionismus durch die Implementierung einer disproportionalen Detailstudie zerstören. Auf anderen, opulent ausgestalteten, gemäldeartigen Stichen mutet die Maschine hingegen wie ein Element eines räumlich-allegorischen Landschaftsarrangements unter vielen an (Kupferstich Nr. 41).

Die Vielfalt der oft komplizierten und raffinierten Maschinen, die dem Leser in 60 wertvollen Kupferstichen präsentiert wird, ist eindrucksvoll; Göricke spricht Besson und anderen frühneuzeitlichen Instrumentenbuchautoren das Bestreben zu, die Vielfalt mathematischer Instrumente systematisch und vollständig zu erfassen (Göricke, S. 258). Der Anspruch enzyklopädischer Totalität, der mit theatermetaphorisch bezeichneter Wissensliteratur häufig verbunden ist, ist damit zumindest angedeutet. Bessons Maschinenpark umfasst Drehbänke, Schubkarren, Last- und Hebekräne ebenso wie Stampf-, Mahl- und Wassermühlen, Fässer, Rauchschlote, Wasserpumpen und Feuerspritzen. Überwiegend handelt es sich um nützliche Arbeits- und Kraftmaschinen für den Einsatz in Landwirtschaft, Wasser- und Bergbau. Doch auch ergötzliche Maschinen, die zur Unterhaltungstechnik (Popplow, S. 126) gehören, haben ihren Ort in diesem ersten Maschinentheater, beispielsweise eine königliche Kutsche oder ein mit Wasser- und Windkraft Musik erzeugender äolischer Brunnen (Kupferstich Nr. 51).

5. Kontext und Klassifizierung
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Bessons technisches Schaubuch ist das erste, modellbildende Theatrum Machinarum. Es setzt technische, wissenschaftliche und ästhetische Maßstäbe für die entstehende frühneuzeitliche Technikliteratur. Die Theatrum Machinarum-Literatur, die das Theatrum instrumentorum et machinarum in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts inauguriert, umfasst Titel wie Agostino Ramellis Le diverse et artificiose Machine (1588, dt. 1620), Heinrich Zeisings/Hieronymus Megisers Theatrum machinarum (1607-1636), Vittorio Zoncas Novo Teatro di Machine et Edificii (1607), Fausto Veranzios Machinae Novae (1615), Salomon de Caus’ Von Gewaltsamen bewegungen (1615), Jacopo Stradas Kunstliche Abriß/ allerhand Wasser- Wind- Roß- und Handt Mühlen (1617/1618), Giovanni Brancas Le Machine (1629) und Georg Andreas Böcklers Theatrum Machinarum Novum (1661). Im 18. Jahrhundert werden weitere Maschinentheater gedruckt: Neben drei mit Theatrum Machinarum Universale überschriebenen niederländischen Werken (Jan van Zyl 1734; Tileman van der Horst/Jacob Polley 1736/37; Tileman van der Horst 1739) erscheint als Höhe- und Endpunkt der Gattung Jacob Leupolds voluminöse Technikenzyklopädie Theatrum machinarum.

Die Theatra Machinarum werden von der Forschung als Werkgruppe wahrgenommen – nicht nur aufgrund der charakteristischen Titelmetaphorik, sondern auch aufgrund ihrer engen Vernetztheit. Vielfältige Übereinstimmungen insbesondere des Bildmaterials lassen sich feststellen. Besson greift auf Villard de Honnecourts Skizzenbuch aus dem 13. Jahrhundert zurück; Besson, Zonca, Zeising, Strada und Böckler schreiben Francesco di Giorgios um 1482 zusammengestellten, nach 1495 ergänzten Trattato di Architettura aus (Lindgren, S. 559; Reti); Böckler übernimmt sämtliche Kupferstiche Stradas; Zeising kopiert nicht nur Zonca und Ramelli. Fehlende Quellenverweise erscheinen indessen nur dem modernen Rezipienten plagiatsverdächtig. Angemessener ist es, die ähnlichen bzw. identischen Abbildungen als „part of a universal topological language of kinematic mechanisms“ (Moon, S. 146) zu begreifen – Moon bezeichnet frühneuzeitliche Maschinenmodelle gar als „icons“, die zu einer bestimmten Zeit in das „lexicon of machine designers“ (S. 152) einträten. Noch im 19. und 20. Jahrhundert wird die Theatrum Machinarum-Literatur, speziell durch Übernahme des durch sie tradierten Bildmaterials, in der Fachliteratur verbreitet, etwa bei J. M. Lanz/Augustin Betancourt, Robert Willis und Franz Reuleaux (Moon).

Die Theatrum Machinarum-Literatur steht im Kontext der frühneuzeitlichen Aufwertung der artes mechanicae bzw. der Mechanik als Wissenschaft. Einflussreiche theoretische Orientierung boten Vitruvs De Architectura (1. Jh. v.Chr.) und die pseudoaristotelischen Quaestiones Mechanicae (4. Jh. v.Chr.). Während im Mittelalter unter machina eine stabile Holzkonstruktion verstanden wurde, ist das definitorische Kernmerkmal der frühneuzeitlichen Maschine die Ausführung einer künstlich erzeugten Bewegung. Der entsprechende Maschinenbegriff – als Sammelbegriff für Mühlwerke und Wasserkünste – bildete sich „im Rahmen der publikumswirksamen Darstellung der Ingenieurstechnik vor einem illustren Lesepublikum“ (Popplow, S. 97) heraus.

Anwendungsbereiche der frühneuzeitlichen mechanica sind außer Militär- und Festungstechnik speziell Wasser-, Berg- und Mühlenbau. Die ein- oder mehrbändigen Maschinenbücher geben einen deskriptiven Überblick über den zeitgenössischen Stand der Technik und weisen zugleich utopisch-visionär über ihn hinaus. Sie sind belehrend-informative Fachtexte ebenso wie unterhaltsame, phantasieanregende Literatur. Maschinenabbildungen werden stets mit technischen Erläuterungen verbunden – in innovativer Abgrenzung zu mittelalterlichen Technikschriften, die keine argumentativen und deskriptiven Textteile enthalten (Popplow, S. 95). Die Texte beschreiben die Maschinen detailliert, ohne Fachsprache und ohne systematische Klassifizierung: „Sämtliche vorgestellten Maschinen werden ohne jegliche Typisierung als singuläre Originale mit fast individuellen Zügen beschrieben.“ (Jakob, S. 126). Die Kommentare suggerieren darüber hinaus „eine Anleitung zur Konstruktion, welche dem expliziten Nützlichkeitsanspruch der Maschinenentwürfe entspricht“ (Lazardzig, S. 64), verhalten sich allerdings oft redundant zum Bild. Nachbauen lassen sich die Maschinen meist nicht – auch nicht unter Anleitung Heinrich Zeisings, dessen weniger aufwändig gemachtes Maschinentheater doch vordergründig auch für „Handwercksleute/ furnemlich die Steinmetzen/ Meurer/ Tischer/ Zimmerleute vnd dergleichen“ (Bd. 1, Vorrede, unpag. [S. 4]) nützlich sein soll. Barocke Maschinenbücher geben keine Informationen zu Maßen oder Proportionen. Die Forschung hat als primär intendierte Leser gebildete Laien identifiziert, vor allem potenzielle fürstliche und adlige Auftraggeber oder reiche Potentaten, die die Werke als symbolisches Kapital erwarben. „Primär für diese Käuferschicht, der es mehr um den Besitz und um die Betrachtung bildlich anschaulich gemachter Texte als um deren mögliche Gebrauchsanweisung ging, waren vorwiegend die Maschinenbücher gedacht.“ (Paulinyi/Troitzsch, S. 257)

Die Theatra Machinarum erfüllen weniger praktische als gesellschaftliche und ästhetische Funktion (Bacher: Theatrum machinarum, S. 510; Finsterbusch/Thiele, S. 125). Die Technikgeschichte bewertet die in ihnen inszenierten Maschinen überwiegend als „kinematische Spielereien“: „Ein näherer Blick zeigt rasch, daß viele der Maschinen wegen ihrer gigantischen Abmessungen oder vielgliedrigen Übersetzungsgetriebe und Flaschenzüge mit zahlreichen Umlenkrollen allenfalls als Modelle funktioniert hätten, ohne daß Reibung und Materialbeanspruchung berücksichtigt worden wären.“ (Paulinyi/Troitzsch, S. 257) Den fehlenden Praxisbezug der Konkurrenz zu kritisieren, gehört bereits zur Vorredentopik der Maschinentheater selbst. So bemängelt Salomon de Caus: „Vnd haben zwar Jacobus Bessonius, vnnd Augustinus Ramellius beneben ettlichen andern etwas geschrieben von vnderschiedtlichen Machinis, so sie erfunden/ aber nur auff dem Papier/ darauff sie dieselbige gerissen: können aber derselben wenig ins Werck gerichtet werden [...].“ (Von Gewaltsamen bewegungen, 1615, unpag. [S. 2]).

6. Rezeption
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Innerhalb der frühneuzeitlichen Technikliteratur bleibt Besson für alle folgenden Maschinentheater Modell, Maßstab und Referenz. Wurde er auch außerhalb von Gelehrtenkreisen rezipiert? Jacques Besson lebte und wirkte im höfisch-absolutistischen Bannkreis des französischen Regenten; zweifellos ist hier die – eingeschränkte – Leserschaft seines Werks zu finden. Allerdings spricht die bemerkenswerte Anzahl von Neuausgaben und Übersetzungen in mehrere Sprachen durchaus dafür, dass Besson im letzten Drittel des 16. Jahrhunderts weithin bekannt wurde. Popplow geht davon aus, „daß zumindest die späteren Auflagen von Bessons Maschinentheater [...] breitere Leserschichten erreichten“ (Popplow, S. 73). In der chinesischen Enzyklopädie westlicher Maschinentechnik, die von den Übersetzern und Herausgebern Johann Schreck und Whang Zeng 1627 unter dem Titel Yanxi Qiqi Tushuo Luzui („Gesammelte Zeichnungen und Erklärungen der wunderbaren Maschinen des fernen Westens“) publiziert wurde, werden vor allem Maschinen von Ramelli, Zonca und Besson abgebildet und beschrieben.

7. Bibliographische Nachweise und Forschungsliteratur
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