Einführung

Marcus Zverius Boxhorn: Theatrum Hollandiae
Sina Rauschenbach

1. Titel
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Theatrum Sive Hollandiae Comitatus Et Vrbium Nova Descriptio. Qua omnium Civitatum, praecipuorumq[ue] locorum Icones, Origines, Incrementa, Res domi forisq[ue], gestae, Iura, Privilegia, Immunitates, ipsis Principum tabulis expreßa, et Viri illustri exhibentur. Amstelodami. Sumptibus Henrici Hondii. Cum Privilegio Amsterdam: Hendrick Hondius, 1632. - Titelblatt (Kupfertafel), 384 pag. S., zahlr. Ill. (Karten), quer-4°. [opac ↗0601776534]

2. Verfasser und Verleger
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Marcus Zverius Boxhorn (3.10.1612-28.8.1653; in der älteren Literatur wird bisweilen 1602 als das Geburtsjahr Boxhorns angegeben). Boxhorn wurde 1612 in Bergen op Zoom als Sohn des Predikanten Jan Zverius geboren. Nach dem Tod des Vaters zog er mit der Mutter nach Breda, wo er die Belagerung der Stadt durch die Spanier erlebte. 1625 folgte er dem Großvater, dessen Namen Boxhorn er annahm, nach Leiden, studierte an der dortigen Universität und wurde 1633 daselbst außerplanmäßiger Professor für Rhetorik. 1637 wurde Boxhorn zum Direktor des Collegium Oratorium an der Leidener Universität ernannt, seit 1640 war er ordentlicher Professor zuerst für Rhetorik, dann für Geschichte. Neben seinem Theatrum Hollandiae und seinen Reden, die ihn berühmt machten, verfasste Boxhorn zahlreiche Abhandlungen zu historischen, politischen und landeskundlichen Themen. Weniger Ruhm erlangte er offensichtlich als Dichter. Von besonderer Bedeutung sind Boxhorns Historia obsidioniae Bredanae et rerum anno 1637 in Belgio aut alibi gestarum (Geschichte der Belagerung Bredas und anderer Ereignisse in Belgien und anderswo im Jahr 1637, Leiden 1640) sowie seine Emblemata Politica et Orationes (Politische Embleme und Reden, Amsterdam 1635). Für biographische Informationen siehe z.B. van der Aa, Heitsma Mulier/van der Lem.

3. Publikation
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3.1. Erstdruck
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Erschienen 1632 bei Hendrik Hondius in Amsterdam.


Standorte des Erstdrucks

3.2. Weitere Ausgaben
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3.2.1. Niederländische Erstausgabe
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Toneel ofte Beschryvinge der Steden van Hollandt Waer in haer Beginselen, Voortganck, Privilegien, Historie ende Gelegentheyt vervat worden/int Latyn beschreven by Marcus Zverius Boxshornius Int Nederlandts overgeset uyt de Copye, by den Autheur verbetert, ende mercklycken vermeerdert, door Geeraerdt Baerdeloos. Amsterdam: Jacob Keijns 1634.

3.2.2. Neuedition der Ausgabe von 1632
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Weesp: Robas 1995 (Fotomechanischer Nachdruck).

3.2.3. Digitale Ausgabe
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4. Inhalt
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Das Buch beginnt mit einem Widmungsschreiben an die Stände von Holland und Westfriesland, einem Anschreiben an den Leser und mehreren Lobgedichten, etwa von Daniel Heinsius (1580-1655), Johann Isaac Pontanus (1571-1639) und Pieter Schrijver (Petrus Scriberius; 1576-1660). Danach folgt eine allgemeine Beschreibung Hollands in acht Kapiteln, von denen sich das erste unter anderem mit der Herkunft des Namens und der frühen Geschichte der Region beschäftigt („Caput I. Hollandia unde dicta“, S. 3), das zweite mit ihrer Ausdehnung und Strukturen wie Flüssen, Städten usw. („Caput II. Hollandiae descriptio“, S. 11), das dritte mit der Unterscheidung zwischen Nordholland und Südholland („Caput III. Divisio Hollandiae“, S. 17), das vierte mit den natürlichen Ressourcen und Vorzügen der Gegend („Caput IV. Soli Hollandici ingenium“, S. 38), das fünfte mit den Auszeichnungen und Begabungen ihrer Menschen („Caput V. Hollandica ingenia“, S. 11), das sechste mit Fragen der Rüstung und Repräsentation („Caput VI. Hollandiae insignia“, S. 51), das siebte mit dem Adel („Caput VII. De nobilitate Hollandica“, S. 55) und das achte mit der politischen Geschichte der Provinz („Caput VIII. Comitatus Hollandiae quando et a quo institutum“, S. 76). Schließlich werden 33 holländische und 8 westfriesische Städte im Einzelnen beschrieben, wobei insbesondere die jüngere Geschichte der Städte im Krieg gegen die Spanier und ihre bedeutenden Persönlichkeiten in den Blick genommen werden (für die genauen Inhalte der Kapitel und die Liste der Städte siehe die Verzeichnisse am Ende der Darstellung [unpag.]). Zu den Beschreibungen und insbesondere zu allen Städten sind zahlreiche Karten aus dem Haus des Druckers Hendrik Hondius ergänzt. Gleichzeitig sind tabellarische Übersichten, Zitate aus früheren Chroniken und Chorographien sowie die Epitaphe derjenigen Personen, von denen Boxhorn handelt, in die Texte übernommen. Im Appendix werden zu einzelnen Kapiteln und Abschnitten ergänzende Hinweise nachgetragen.

5. Kontext und Klassifizierung
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Boxhorns Theatrum Hollandiae ist im Rahmen einer Reihe von chorographischen und topographischen Projekten zu verorten, die in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts in den Nördlichen Niederlanden entstanden. Diese Projekte zielten zum Einen darauf, Kaufleute und Regenten mit einem möglichst umfassenden und aktuellen Wissen über die Welt ihrer Zeit aufzuklären, und umfassten Buchserien wie den Atlas des Amsterdamer Verlegers Blaeu oder die so genannten Republiken der Leidener Verleger Elzevier, in denen im Taschenbuchformat alle europäischen, fast alle außereuropäischen und die drei antiken Staaten Israel, Griechenland und Rom beschrieben wurden. Zum anderen dienten die Projekte dazu, den Niederländern im Krieg gegen die Spanier zur Herausbildung einer neuen Erinnerungskultur und Identität zu verhelfen. Beschreibungen der Nördlichen Niederlande wie eben diejenige von Boxhorn umfassten entsprechend immer auch Abgrenzungen von der Herrschaft der Spanier und Zäsuren nach wichtigen Kriegsereignissen. Wichtiges Vorbild für Boxhorns Beschreibung Amsterdams, der im Theatrum Hollandiae eine zentrale Stellung zukommt, war Johann Isaac Pontanus’ Historische Beschrijvinghsche der seer wijt beroemde coop-stad Amsterdam (Historische Beschreibung der vielerorts berühmten Kaufmannsstadt Amsterdam, 1614). Mit den Elzevierschen Herausgebern, die ihrerseits 1629 eine von Johannes de Laet verfasste Beschreibung der Nördlichen Niederlande vorlegten, kooperierte Boxhorn insofern, als er die Russlandbeschreibung für die Reihe der Republiken verfasste.

6. Rezeption
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Als Reaktion auf Boxhorn verfasste Antonius Sanderus seine dreibändige Flandria illustrata sive Descriptio comitatus istius per totum terraru[m] orbem celeberrimi (Illustriertes Flandern oder Beschreibung dieser auf der ganzen Welt höchstberühmten Grafschaft, 1641-1644) und stellt in ihr nach ähnlichem Schema die Südlichen Niederlande dar. Teile von Boxhorns Theatrum Hollandiae wurden später in Kompendien mit Themenschwerpunkten nachgedruckt. Z.B. situierte Johann Christian Wolf in seinen Monumenta typographica quae artis hujus praestantissime originem, laudem et abusum posteris produnt (Marksteine der Typographie, die den Ursprung, das Lob und den Missbrauch dieser Kunst aufs beste präsentieren, 1740) mit Boxhorn den Beginn der Buchdruckkunst nicht in Mainz, sondern in Haarlem und übernahm hierfür (stark gekürzt und mit einem veränderten Schriftbild) auf den Seiten 537-546 des ersten Teils lange Passagen von den Seiten 134-142 des Theatrum Hollandiae.

7. Bibliographische Nachweise und Forschungsliteratur
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Ausführliche Literatur zu Boxhorn oder zum Theatrum Hollandiae liegt bisher nicht vor. Es sind jedoch von Raingard Esser (Bristol) eine vergleichende Studie zur Chorographie in den Nördlichen und Südlichen Niederlanden und von Jaap Nieuwstraten (Rotterdam) eine Monographie zu Marcus Zverius Boxhorn in Vorbereitung (Stand 1.2.2010).

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