Einführung

Jacob Leupold: Theatrum Machinarum Hydraulicarum
Nikola Roßbach

1. Titel
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Bd. 1.: Theatri Machinarum Hydraulicarum. Tomus I. Oder: Schau-Platz der Wasser-Künste, Erster Theil. Bestehend In einer vollkommenen Beschreibung und Unterricht meist aller erfundenen Machinen die Wasser dadurch in die Höhe zu treiben, oder aus der Tieffe zu erheben; Worbey nicht nur die bisherigen Fehler vor Augen gestellet werden, und Anweisung gethan wird, wie solche zu verbessern, sondern auch wie nach mechanischen und physicalischen Fundamenten nach jedes Orths Beschaffenheit, gegebener Krafft, oder nach Nothdurfft, neue Machinen anzugeben und in erwünschten Stand aufzurichten sind. Ein Werck, so nicht nur Künstlern, Kunstmeistern, Berg-Leuthen und Kunst-Steigern, ja allen die selbst Hand anlegen, sondern auch Architectis, Ingenieurs, Commissarien, Beamten, überhaupt allen Hauswirthen und Kunst-liebenden nützlich und nöthig; Ausgefertiget und mit vielen Figuren versehen von Jacob Leupold, Mathematico und Mechanico, Königl. Preußischen Commercien-Rath, der Königl. Preuß- und Sächß. wie auch Forlischen Societät der Wissenschafften Mit-Glied. Zu finden bey dem Autore und Joh. Friedr. Gleditschens seel. Sohn. Leipzig, druckts Christoph Zunkel. 1724. Bd. 2: Theatri Machinarvm Hydraulicarum Tomus II. Oder: Schau-Platz der Wasser-Künste, Anderer Theil. bestehend In fernerer Fortsetzung der Künste und Machinen, womit die Wasser aus der Tieffe zu erheben oder in die Höhe zu treiben; Darbey so wohl falsche und unbrauchbare, die Fehler und Ursachen daraus zu erkennen, als auch viele nützliche und brauchbare zu finden, absonderlich aber eine deutliche Anweisung zu denen Machinen da das Wasser vermittelst des Feuers gehoben wird, darunter auch die allerneueste und ohnfehlbar allerleichteste Arth anzutreffen; Deme beygefüget: Ein Discurs oder Anweisung zu denen Wasser-Künsten, was eigentlich bey selbigen zu beobachten, und wie das Theatrum Machinarum hierbey zu gebrauchen. Ein Werck, so nicht nur Künstlern, Kunstmeistern, Bergleuthen und Kunst-Steigern, ja allen, die selbst Hand anlegen, sondern auch Architectis, Ingenieurs, Commissarien, Beamten; überhaupt allen Hauswirthen und Kunst-liebenden, absonderlich aber der Jugend, solcher ein Erkäntnis und Fundament gar leichte beyzubringen sehr nützlich und nöthig. Ausgefertiget und mit vielen Figuren versehen von Jacob Leupold, Mathematico und Mechanico, Königl. Preußisch. Commercien-Rath, der Königl. Preuß. und Sächß. wie auch Forlischen Societäten der Wissenschafften Mitglied. Zu finden bey dem Autore und Joh. Friedr. Gleditschens seel. Sohn. Leipzig, druckts Christoph Zunckel, 1725. Leipzig: Zunkel, 1724/25. - Bd. 1: Titelblatt (Kupfertafel), 172 pag. S., 53 Ill., 2°. - Bd. 2: Titelblatt (Kupfertafel), 165 pag. S., 54 Ill., 2°.

2. ↗Verfasser und Verleger
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3. Publikation
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3.1. Erstdruck
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Erschienen in zwei Teilbänden 1724 und 1725 im Selbstverlag und bei Johann Gottlieb Gleditsch in Leipzig, gedruckt von Christoph Zunkel.


Standorte des Erstdrucks


Bd. 1


Bd. 2

3.2. Weitere Ausgaben
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Teilband 2 erschien 1774 bei Bernhard Christoph Breitkopf in Leipzig, 1790 Wiederauflage beider Teilbände bei Breitkopf.

3.2.1. Neuedition
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Hannover: Edition „Libri Rari“ Schäfer 1982.

3.2.2. Mikroform-Ausgabe
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Leiden: IDC 2002.

3.2.3. Digitale Ausgaben
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4. Inhalt
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Das bibliographisch als dritter Band der Leupold’schenTheatrum Machinarum-Enzyklopädie gezählte Theatrum Machinarum Hydraulicarum behandelt die „Wasserkünste“ bzw. „Machinen die Wasser dadurch in die Höhe zu treiben, oder aus der Tieffe zu erheben“. In der Widmung an den deutsch-römischen Kaiser Karl VI. rühmt Leupold die Einzigartigkeit seines Werks, „dergleichen bisher vergeblich, so wohl in Deutscher als anderen Sprachen gesuchet worden“ (Widmung, unpag. [S. 2]). Bemerkenswert ist die radikal-pragmatische Nützlichkeitsorientierung seiner Hydraulik, die im scharfen Kontrast zur teilweise utopisch-visionär ausgerichteten Technikliteratur des Barock steht. Georg Andreas Böckler hatte 1664 seinem Theatrum Machinarum Novum (1661) ein zweites Maschinenbuch folgen lassen, welches ausschließlich die in barocken Gärten zum Einsatz kommende Unterhaltungstechnik, speziell die Wasserkünste, behandelte: Architectura Curiosa Nova, Das ist: Neue/ Ergötzliche/ Sinn- und Kunstreiche/ auch nützliche Bau- und Wasser-Kunst/ Vorstellend 1. Das Fundament und die Eigenschaft des Wassers/ wie dasselbe durch den Luft hochsteigend zu machen. 2. Mancherley lustige Wasserspiel/ wie auch schöne Auffsätze. 3. Allerley zierliche Bronnen/ Fonteynen und Wasserkünste/ so hin und wieder in Italien/ Franckreich/ Engel- und Teutschland/ etc. mit grossem Unkosten/ erbauet/ und zu sehen sind. 4. Vielerley kostbare Grotten/ Lusthäuser/ Gärten/ Fürstl. Paläst und Residenzen/ vornehme Clöster und Schlösser in Europa befindlichen. 5. Neben beygefügten schönen Abtheilungen der Gartenländer/ von Zugwercken/ auch zu Decken/ oben in den Gemächern/ zu gebrauchen/ samt schönen Irrgärten. Für Jacob Leupold nun bedeutet ‚Wasser-Kunst‘ etwas vollkommen Anderes als höfische Lustbarkeit. Hydraulik dient nicht repräsentativer Gartenkunst, sondern gehört in den Kontext des frühindustriellen Montanwesens – Hiersemann (1982, S. 82) betont demgemäß die praktische Bedeutung gerade dieses Theatrum-Bandes; Troitzsch (1982) hebt Leupolds Bedeutung für den sächsischen Bergbau hervor. Diese wird nicht nur durch das Theatrum Machinarum Hydraulicarum beglaubigt, sondern auch durch Leupolds Plan eines Theatrum Metallo-Mechanicum sowie eines Gymnasium Metallo-Mechanicum. Der Tod des am 20.1.1723 zum Königlichen Rat, Bergwerkskommissar und Inspektor ernannten Leupold verhinderte die Realisierung dieser Projekte.

Für den bergbautechnischen Anwendungszweck möchte Leupold auch den Widmungsträger des Theatrum Machinarum Hydraulicarum ausdrücklich interessieren: „Es ist die Erkäntnis und Wissenschafft von Wasser-Künsten ein sehr nöthiges und unentbehrliches Stück im menschlichen Leben, und vernehmlich beruhet fast gäntzlich die Aufnahme des edlen Bergwercks darauf/ so daß ohne solche Künste die besten Schätze in der Tieffe verbleiben, und die reichsten Zechen aufläßig werden müssen.“ (Widmung, unpag. [S. 3])

In der „Vor-Rede. Nach Standes Gebühr geehrtester Leser!“ bemüht sich der Verfasser um eine Abgrenzung des vorliegenden Werks zum vorausgegangenen themennahen Band 2 seines Theatrum Machinarum. Das Theatrum Machinarum Hydrotechnicarum thematisierte die Wassererschließung, -gewinnung, -führung und -leitung durch Brunnen, Graben, Kanal, Damm und Schleuse. „Nachdem im Theatro der Hydrotechnic oder Wasser-Bau-Kunst, meist alles von dem Ursprung, natürlichen Lauff und Fall des Wassers und was bey selbigen in Ansehung des darbey vorfallenden Baues, auch unentbehrlichen Machinen-Wesens, abgehandelt worden. So folget nunmehr versprochener maßen das Theatrum der Hydraulic, oder Schau-Platz der Wasser-Künste, nemlich, wie das Wasser durch Künste oder Machinen, vermittelst einer äusserlichen Krafft, oder auch durch das Wasser selbst in die Höhe zu bringen, oder zu erheben.“ (Vorrede, unpag. [S. 1]) Hinter der recht vagen und umständlichen Formulierung verbirgt sich die von Leupold offenbar erstmals durchgeführte, begriffsgeschichtlich bedeutende Trennung von Hydraulik (Wasserkunst) und Hydrotechnik (Wasserbau); Seibicke erkennt in Leupolds 1724 erschienenem Theatrum Hydrotechnicarum gar den „terminus a quo für die Einführung des Fremdwortes Technik (-technic)“ (Seibicke, S. 69-75).

Leupolds didaktisch motiviertes Ziel ist, „eine Anweisung und Erkäntnis so wohl nütz- als unnützlicher Machinen zu thun“ (Vorrede, unpag. [S. 1]). Aus der Vorführung von Fehlern soll der Leser lernen, wie man es nicht bzw. besser macht. In der Vorrede des zweiten Teilbandes erklärt der Autor dementsprechend zu den vorgestellten Maschinen: „Alleine es scheinen schon die meisten, die wir angeführet, vergeblich und unnütz, die aber doch zu dem Ende beygesetzet worden, damit man dero Beschaffenheit und ihre Fehler möge erkennen lernen, und einen Unterscheid zwischen nützlichgen und ächten und zwischen unrichtigen und falschen machen lerne.“ (Vorrede, unpag. [S. 1]) Leupold kämpft gegen einen unkritischen Umgang mit alter, fehlerhafter Maschinenliteratur, die – wie er in der Vorrede des ersten Teilbandes beklagt – einfach ohne Verständnis und Nachvollzug kopiert werde. Kritisiert werden demnach sowohl die barocken Vorgänger der Theatrum Machinarum-Literatur als auch deren zeitgenössische ebenso unverständige wie unredliche Imitatoren: „Denn weil die Wasser-Künste heut zu Tage am allermeisten gesuchet und getrieben werden, auch täglich sich neue Künstler hervor thun, die gewaltig große Dinge vorgeben, und unbeschreiblichen Nutzen versprechen, aber wenn es darzu kommt, öffters nur aus denen alten Theatris, nemlich des Ramelli, Zeisings, Bessonii und anderer, eine alte verlegene und unbrauchbare bishero unbekandte Invention, die sie selbst nicht einmahl gnugsam verstehen, erschnappet haben, die im geringsten nichts nutzet, und also nicht nur andre, sondern auch sich selbst am meisten dadurch betrügen und schaden; so ist es desto nöthiger daß man, wo es möglich, alle solche Inventiones darstellte, und die Fehler darinnen deutlich vor Augen legte [...].“ (Vorrede, unpag. [S. 2]) Der Forschung erscheint Leupold als Modellfigur für das „Streben nach einer gegenüber dem 17. Jahrhundert stärkeren rationalen Durchdringung des technischen Schaffens“; sein „sachlich-rationaler Geist“, so Klemm wertend, wende sich „gegen die bloß papierene Projektemacherei, wie sie vielen Maschinenbüchern des 17. Jahrhunderts mit ihren oft komplizierten, aber letztlich unbrauchbaren Mechanismen eigen war“ (Klemm, S. 233).

Im ersten Teilband des Theatrum Machinarum Hydraulicarum behandelt Leupold die „Fassung des Wassers“ in „Mulden, Kästen, Eymer, Stiefel, Capsel, und dergl.“ (Vorrede, unpag. [S. 3]), im zweiten Teilband zum einen das „Zwischen-Geschirr“, bestehend aus „Heb-Zeugen“ wie Kette, Seil, Drucker, Schwengel, Zapfen, Rad etc., zum anderen die Antriebskraft (Mensch, Tier, Wasser, Feuer, Wind). Er geht dabei von primitiven Arten des Wasserhebens zu komplexen Kraftmaschinen über, speziell der Newcomen’schen Dampfmaschine, die zu Leupolds Zeit vielfach im Bergbau eingesetzt wurde.

Leupold wehrt sich gegen die Kritik, es gebe zu wenig „neue und besondere Machinen“ in seinen Büchern: Mit einem Plädoyer für Wertschätzung des Alten und für einen darauf aufbauenden soliden Fortschritt polemisiert er gegen das allgemeine Übel, „daß die Welt täglich nur was neues suchet und haben will, nicht nur neue Moden in Kleidern, Tranck, Speisen, u. dgl. sondern auch Machinen, ja wenn nur was neues, frembdes und seltsames hervor kom[m]t, muß es hundert mahl den Vorzug vor dem Alten haben, und auch behalten, ungeachtet es öfters nicht die Helffte von der Güte und Nutzen des Alten besitzet. Nun solte es mir auch nicht schwehr fallen gantze Bücher von neu- und unbekandten Inventionen und Machinen, so theils andere schon inventiret, theils die ich selber ausdencken könte, darzustellen; Allein, weil es weder was besseres oder nützlichers seyn würde, als bisher gewesen, wozu solls nutzen?“ (Vorrede, unpag. [S. 4f.]) Leupold ist ein unbestechlicher Pragmatiker und Realist. Er verweist auf die Notwendigkeit nicht nur von Wissen und Erfahrung, sondern auch von Zeit, Gelegenheit, Geld und Möglichkeiten der experimentellen Überprüfung, um soliden, redlichen Maschinenbau betreiben zu können.

An die Vorrede des ersten Teilbandes schließt ein Inhaltsverzeichnis an. Es bietet einen summarischen Überblick über 16 Kapitel, unterteilt in fortlaufend gezählte 301 Paragraphen und versehen mit Verweisen auf die in die Beschreibung an passenden Stellen eingebundenen Maschinenabbildungen. Auf den Hauptteil folgt ein alphabetisches Stichwortregister. Die gleiche Systematik bestimmt den zweiten Teilband, der aus 10 Kapiteln und 326 Paragraphen besteht.

Wissenschaftliche Redlichkeit und Solidität sind zentrale, beharrlich wiederholte Anliegen Leupolds, die seine technischen Ausführungen regelrecht einrahmen: Am Schluss des ersten Teilbandes kommt er auf sie zurück. Eindringlich warnt er vor Selbst- und Fremdbetrug beim wissenschaftlichen Arbeiten und plädiert für das kollegiale Fachgespräch: Jeder Künstler und Erfinder solle danach trachten, „mit einem erfahrnen und geschickten Mann zu conferiren, und einiges zu communiciren“.

Der zweite Teilband spart nicht an einer weiteren, mehrere Seiten langen Widmungsvorrede an den Kaiser und einer weiteren „Vor-Rede. Nach Standes-Gebühr geehrtester und geneigter Leser!“ (Vorrede, unpag. [S. 1]). Mittels eines historischen Rückblicks auf den gepriesenen Ahnherrn Kaiser Karl I. und den weiteren Fortschritt der deutschen Wissenschaften und Künste wird der jetzige Regent geschickt in die Pflicht genommen (Widmung, unpag. [S. 5]).

Bemerkenswert ist ein in das Schlusskapitel 10 integrierter allgemein-theoretischer, mit konkreten Rechenbeispielen angereicherter „Discours vom Machinen-Wesen“ (Bd. 2, S. 128), der die zeitgenössische Debatte über das Perpetuum Mobile berührt. Die Binnenabhandlung, der lediglich einige Berechnungstabellen und das Stichwortregister folgen, endet mit einem programmatischen Plädoyer für Einfachheit: „Hiermit will vor dißmahl diesen Discurs und Anweisung beschliessen [...]. Inzwischen verhoffe, daß der geneigte Leser vieles, nur in diesen wenigen Bogen, wird beysammen gefunden haben, so er sonst zerstreut suchen müste, oder vielleicht gar nicht finden wird. Absonderlich kan er nochmahls darinnen bestärcket werden: Wie es nemlich unmöglich sey, eine Machine zu machen, welche so viel præstiren kan als die Berechnung nach der Theorie beträgt, und vornehmlich, daß die simpelsten Machinen und die am wenigsten belästiget sind, die allerbesten, und daß daher diejenigen, so ein anderes vorgeben, sich mit andern betrügen und verführen. Davor ich aber zu warnen mich verbunden geachtet.“ (Bd. 2, S. 162).

5. ↗Kontext und Klassifizierung
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Khaled deutet die „mit Jacob Leupold endende Tradition der Maschinentheater“ als „Versuch einer ersten Systematisierung des Maschinenwesens, ein Unternehmen, das 1794 an der Pariser École Polytechnique zum Programm erhoben wurde“ (S. 64; dort weiter zu Gaspard Monge u.a.). Sie hebt die Bedeutung der Graphiken hervor: „Nach der Tradition italienischer Manuskripte und Skizzenbücher bedient sich das Theatrum Machinarum der Schnittzeichnung, der Verdoppelung und der Herauszeichnung von verborgenen Mechanismen.“ Eine „regelgeleitete Isolierung von einzelnen Mechanismen“ finde sich allerdings erst bei Leupold, später Monge und Hachette (Khaled, S. 68). Khaled vollzieht den Übergang vom Maschinenbuch als Theatrum zu den neuen, frühindustriellen ‚Schauplätzen‘ der Maschinen nach – Werkstatt, Manufaktur und Fabrik – und stellt die wissenschaftsgeschichtliche Besonderheit dieses Prozesses heraus: „Es kann nicht genug betont werden, dass Systematisierungen von Maschinen Büchern entstammen, die andere Bücher zitieren, und nicht etwa der unmittelbaren Anschauung oder dem praktischen Umgang mit technischen Vorrichtungen entspringen. Gegenüber zünftigen Handwerkern, die ihr im eigenen Betrieb oder auf der Wanderschaft erworbenes Wissen auf der Traditionskette vom Vater auf den Sohn, vom Meister auf den Gesellen mündlich überliefern und als Erfahrung speicherten, benötigten die den Gelehrtenstatus anstrebenden Kunsttechnologien ortlos neutrale Medien. Damit arrivierte das Maschinenbuch zum Schauplatz von übermittelbarer Systematik.“ (Khaled, S. 70)

6. Rezeption
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Die Forschung betont Leupolds „europaweite Bedeutung“ als „geistreicher Mechanicus und Autor kompendiöser Werke zur Ingenieurskunst“ (Naumann, S. 75), gar als Begründer der deskriptiven Maschinenkunde (Buchheim/Sonnemann, S. 123). Er repräsentiert modellhaft das ebenso wissenschaftlich fundierte wie praktisch-ökonomisch orientierte Denken der frühen Aufklärung.

Leupolds Theatrum Machinarum ist ein Meilenstein in der Geschichte der Technikliteratur. Es handelt sich um das „erste umfassende Handbuch der Technik in deutscher Sprache und steht am Anfang technologischer Aufklärungsschriften“ (Hiersemann 1989, S. 42); sein Technikbegriff hat sich vom Modell der auf Repräsentation, Utopie und Spiel ausgerichteten barocken Maschinentheater weit entfernt. Zwar erwog die Preußische Akademie der Wissenschaften, die das Lebenswerk ihres renommierten Mitglieds vorfinanzierte, einen zweisprachigen Druck in Latein und Französisch, „um es im Ausland besser absetzen zu können“ (Hiersemann 1982, S. 48) – doch Leupolds Theatrum Machinarum wurde, sicherlich nicht zuletzt aufgrund seines enormen Umfangs, nie übersetzt, so dass, wie kaum ein Leupold-Forscher unerwähnt lässt, ein berühmter Engländer Deutsch lernen musste: James Watt (1736-1819), der den Nutzen von Dampfexpansion entdeckte und den Wirkungsgrad der frühen Dampfmaschinen 1769 entscheidend verbessern konnte, rezipierte zuvor Leupolds Schriften und soll allein zu diesem Zweck Deutsch gelernt haben (Troitzsch 1982, unpag. [S. 4]; Klemm, S. 236).

Haben also lediglich Leupolds Kollegen – Gelehrte, Entdecker, Erfinder – ihn gelesen? Leupold schrieb zweifellos vor allem „zum Nutzen derjenigen in den Gewerben, Manufakturen und Bergwerken“ (Hiersemann 1989, S. 43). Bereits im Titel des Theatrum Machinarum Hydraulicarum bezeichnet er sein Werk als nicht nur Künstlern, Kunstmeistern, Berg-Leuthen und Kunst-Steigern, ja allen die selbst Hand anlegen, sondern auch Architectis, Ingenieurs, Commissarien, Beamten, überhaupt allen Hauswirthen und Kunst-liebenden nützlich und nöthig, absonderlich aber der Jugend, solcher ein Erkäntnis und Fundament gar leichte beyzubringen sehr nützlich und nöthig. Er grenzt seine Leser sogar klar von der gelehrten Welt ab. Das in verständlichem Deutsch verfasste, ohne wissenschaftliche Vorbildung rezipierbare Lehrwerk sei „nicht vor Gelehrte, sondern vor Künstler, Haußwirthe, Cavallier und dergleichen Personen geschrieben“ (Bd. 2, Vorrede, unpag. [S. 2f.]). Interessanterweise setzt Leupold für die zwei genannten Leserkreise unterschiedliche Lektüremodelle voraus und passt sein Schreiben den von ihm anvisierten Adressaten an: Da diese nicht wie die Gelehrten ‚in der Connexion‘ läsen und verstünden, sondern selektiv und konsultatorisch, habe er viele Redundanzen und wiederholende Beschreibungen eingefügt.

Umfang und Kostspieligkeit lassen allerdings daran zweifeln, dass die Praktiker, an die Leupold seine Beschreibungen richtet, sich den Erwerb der vielbändigen Theatrum Machinarum-Enzyklopädie leisten konnten. Denkbar ist ein mehrschrittiges Rezeptionsmodell – vom buchbesitzenden Auftraggeber oder Bauherrn, ggf. über Baumeister und Werkmeister, zum Handwerker (dazu Roßbach ). Zur Rezeption Leupolds am Ende des 18. Jahrhunderts siehe Carl Sebastian Heinrich Kunzes Schauplatz der gemeinnützigsten Maschinen.

7. Bibliographische Nachweise und Forschungsliteratur
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