Einführung

Jacob Leupold: Theatrum Machinarvm Generale
Christiane Geuecke, Anja Müller
Studentisches Projekt unter Betreuung von Nikola Roßbach

1. Titel
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Theatrum Machinarvm Generale. Schau-Platz Des Grundes Mechanischer Wissenschafften, Das ist: Deutliche Anleitung Zur Mechanic oder Bewegungs-Kunst, Darinnen nicht nur Die Fünff einfachen Rüst-Zeuge und die dabey nöthigen Lehr-Sätze deutlich erklähret, alle vorfallende Begebenheiten umständlich bemercket, und deren Application an besondern Machinen erwiesen, sondern auch die so genannten äusserlichen Kräffte, Als der Menschen, Thiere, Lufft, Feuer, Wasser, Gewichte und Federn, nebst ihren hierzu dienlichen Eigenschafften und behörigen Machinen beschrieben werden; Alles mit viel nützlichen Anmerckungen und besonderen neuen Inventionibus und Machinen vermehret, und mit vielen Figuren deutlich vor Augen gestellet von Jacob Leupold, Planizia Misnico, Mathematico und Mechanico, Königl. Preuss. Commercien-Rath, der Königl. Preuss. und Sächß. Societät der Wissenschafften, ingleichen della Accademica dell’onore Letterario Mitglied. Zufinden bey dem Autore und Joh. Friedr. Gleditschens seel. Sohn. Leipzig, druckts Christoph Zunkel. 1724. Leipzig: Zunkel, 1724. - Titelblatt (Kupfertafel), 240 pag. S., 71 Ill., 4°. [vd18 ↗11039795-007] [opac ↗0512740151]

2. Verfasser und Verleger
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Über den Verfasser Jacob Leupold, geboren am 22.07.1674 in Planitz bei Leipzig, ist verhältnismäßig viel bekannt. Als Sohn eines Tischlers, Drechslers und Uhrmachers erhielt er bereits früh eine handwerkliche Ausbildung. Neben der Ausbildung beim Vater schickte dieser ihn noch auf eine Lateinschule in Leipzig. Leupold begann 1693 ein Studium an der Universität in Jena, brach dieses aber ab, da er nicht in der Lage war die Einschreibegebühr zu zahlen. 1696 wurde er in Leipzig vermutlich kostenlos immatrikuliert. Nebenher gab er Schülern und Studenten Nachhilfe, belehrte aber auch Maurer und Zimmerleute. Er erstellte zu Unterrichtszwecken „Globen, Quadranten, Sonnenuhren sowie Meß- und Zeicheninstrumente“ (Troitzsch 1985, S. 377). Mit diesen Nebentätigkeiten war er so erfolgreich, dass er sein Studium abbrach und eine eigene Fabrik aufbaute. Nach einer Lehre bei einem Leipziger Instrumentenmacher trat Leupold 1702 eine Stelle als Hausvater und Ökonom im Leipziger St. Georgs-Lazarett an. Durch diese Tätigkeit war sein Lebensunterhalt gesichert und er hatte nebenher noch Zeit, sich dem Instrumentenbau zu widmen. Diese Hausvaterstelle gab er aber 1715 auf und errichtete eine größere eine größere, so genannte „Mechanische Fabrique“ (Hiersemann, S. 23). Hier beschäftigte er Schlosser, Rotgießer und Zirkelschmiede.

Besonders mit dem Bau von Luftpumpen gelangte Leupold zu Ruhm und Ansehen. Daneben stellte er aber auch Feuerspritzen, Waagen und unterschiedliche Messinstrumente her. Dabei handelte es sich sowohl um eigene Ideen als auch um Weiterentwicklungen bereits vorhandener Maschinen und Instrumente. Bekannt für die gute Qualität seiner Produkte und für seine Veröffentlichungen, kam er in Kontakt mit führenden Wissenschaftlern, Philosophen und Mathematikern. So wurde er 1715 zum Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften gewählt. Nach Studienreisen im In- und Ausland und der Sammlung zahlreicher mechanischer Werke veröffentlichte Leupold 1724 den ersten Band seiner lang geplanten Technikenzyklopädie Theatrum machinarum. Mit diesem Werk „verfaßte er eine ausführliche Beschreibung fast aller zu seiner Zeit bekannten Maschinenarten“ (Wußing, S. 354). Es erschienen zwischen 1724 und 1727 sieben Bände, 20 weitere sollten folgen. Leupolds früher Tod am 12. Januar 1727 verhinderte allerdings die Fertigstellung des Projektes und die Veröffentlichung des Großteils der Bände.

Bei dem Verleger handelt es sich um Johann Gottlieb Gleditsch (die Titelformel „Zufinden bey dem Autore und Joh. Friedr. Gleditschens seel. Sohn“ verweist auf eine Kommissionsvereinbarung von Autor und Verlag). Johann Gottlieb Gleditsch führte seit dem Tod seines Vaters Johann Friedrich Gleditsch 1716, den renommierten Leipziger Verlag: Unter Johann Gottlieb Gleditsch „erreichte die Sortimentsbuchhandlung […] in Leipzig ihre größte Ausdehnung und war die vielleicht größte Europas“ (Bräuer 1964, S.441).

Bei den zahlreichen Kupferstichen handelt es sich wohl oft um Beispiele aus früheren Quellen. So bemerkt Ferguson (S. 65f.), dass allein 40 Stiche des gesamten Theatrum Machinarum aus einem Werk Agostino Ramellis (Le diverse et artificiose Machine) aus dem Jahr 1588 stammen. Aber Leupold hat diese nicht kommentarlos in sein Werk eingefügt, sondern meist noch durch Risse, Detailzeichnungen und Beschreibungen ergänzt. Troitzsch (1975, S. 274) bezeichnet gerade diese zusätzlichen Kupferstiche Leupolds als einen der wichtigsten Gründe für die starke Verbreitung des Werkes. Denn im Gegensatz zu den Stichen in den barocken Maschinentheatern des 17. Jahrhunderts zeichnen diese sich durch eine willkommene Nüchternheit und Sachlichkeit aus und verzichten auf phantasievolle Darstellungen.

3. Publikation
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3.1. Erstdruck
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Erschienen 1724 im Selbstverlag und bei Johann Gottlieb Gleditsch in Leipzig. Der Erstausgabe im Quartformat (240 S.) folgte im gleichen Jahr eine zweite im Folioformat (188 S.).


Standorte des Erstdrucks

3.2. Weitere Ausgaben
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Leipzig: Bernhard Christoph Breitkopf 1774.

3.2.1. Neueditionen
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- Neuedition der Quartausgabe

Hannover: Edition „Libri Rari“ Schäfer 1982.

- Neuedition der Folioausgabe

Düsseldorf: VDJ-Verlag 1982.

3.2.2. Mikroform-Ausgabe der Quartausgabe
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Vorlage: Exemplar der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen, Sign. 2 BIBL UFF 251.

3.2.3. Digitale Ausgaben
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4. Inhalt
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Leupold beginnt sein Werk, wie zu dieser Zeit üblich, mit einer Widmung an den damaligen Kurfürsten von Sachsen sowie König von Polen, Friedrich August I. Diese leitet er mit einem schmeichelnden Verweis ein, indem er die Widmung mit der Situation vergleicht, in der Vitruv dem römischen Kaiser Augusto seine Bücher überreichte. Der Autor lobt den Verstand des Herrschers, der mit einer „tieffen Einsicht, hoher Erfahrung und Erkäntniß der Künste und Wissenschafften reichlich ausgezieret“ (Widmung unpag. [S. 2]) sei. Er bedankt sich für die bereits gewährte und auch zukünftig erhoffte finanzielle Unterstützung. Bereits in der Widmung betont Leupold, dass alle Darstellungen letztendlich ausschließlich dem Wohl des Landes dienen sollen. Der Widmung schließt sich die Vorrede an den „Nach Standes-Gebühr Hoch-geneigte[n] Leser“ (Vorrede, unpag. [S. 1]) an.

Ganz zu Beginn dieser zehnseitigen Vorrede erläutert Leupold seine Titelwahl. Zum einen bezeichne er sein Werk als ‚Theatrum‘, weil die Darstellung der Inhalte des Buches wie auf einem öffentlichen Theater erfolge, und zum anderen, weil unter ähnlichen Titeln schon mehrere Werke dieser Art erschienen seien: „theils weil in demselben, als in einem öffentlichen Schau-Platz, nicht nur die Fundamenta und Grund-Sätze der Mechanic durch Linien und Figuren, sondern auch durch Verzeichniß und fundamentale Erklährungen vieler Machinen und Instrumenten, iedermann dieselben nach Belieben, als auf einem öffentlichen Theatro zu betrachten, vor Augen gestellet werden; und theils hat man dieses Wort Theatrum darum beliebet, weil unter diesem Titul schon unterschiedliche Bücher, die ebenfalls von Maschinen handeln, fast iedermann bekandt sind“ (Vorrede, unpag. [S. 1]). Den Zusatz ‚Generale‘ habe er im Titel gewählt, da er grundlegende Dinge erklären und darstellen werde, die vielen Mechanikern seiner Meinung nach noch unbekannt seien. Er kritisiert heftig die Maschinenbücher früherer Autoren. In denen seien viele wunderbare Ideen aufgeschrieben worden, die aber in der Realität, mangels Grundwissen der Autoren, nicht umsetzbar seien: „alles dieses närrische Zeug und Windmacherey entstehet blos daher: weil solche Leuthe kein Fundament haben, und Krafft, Last und Zeit nicht zu berechnen wissen.“ (Vorrede, unpag. [S. 1])

Nur wenige Bücher bezeichnet er als gelungen, diese seien aber aus den unterschiedlichsten Gründen für den normalen Handwerker nicht zu lesen. Zeisings Theatrum Machinarum hebt er als eines der wenigen lobend hervor, bemängelt aber auch hier den fehlenden Bezug zwischen Praxis und Theorie: „Zeising hat solchen seinen ersten Theil des Theatri Machinarum vorgesetzt, darinnen sind viele Regeln und Grund-Sätze, so meist die Verhältniß des Hebels und die Bewegung der Körper erklähren; aber demjenigen, der gerne Theorie und Praxis zugleich erlernen will, wenig dienlich.“ (Vorrede, unpag. [S. 2]) Mit seinem Großprojekt will er den Mangel an guten Büchern auch für eine weniger gelehrte Zielgruppe beheben.

Anstelle einer noch ausführlicheren Vorrede macht Leupold nur noch einige Anmerkungen, was der Leser von diesem Buch zu erwarten habe. Seinen Adressatenkreis macht er sehr deutlich. Er wende sich nicht an Gelehrte, sondern an „Künstler, Handwercker und dergleichen Leuthe“, da diese „würklich solcher Maschinen sich bedienen, ja dieselben bauen und brauchen müssen“ (Vorrede, unpag. [S. 4]). Gelehrte besäßen dieses Grundwissen schon durch ihre Studien und den Zugang zu entsprechenden (auch fremdsprachigen) Büchern. Aus diesem Grund verzichte er auf eine zu wissenschaftliche Sprache, damit auch die Nichtgelehrten unter seinen Lesern seinen Ausführungen problemlos folgen könnten. Karl Werner (S. 56) bezeichnet Leupolds Absicht, Handwerkern „eine vertiefte Bildung zu ermöglichen“, als besonders fortschrittlich für die damalige Zeit.

Wiederholungen verwende er, so erklärt Leupold, mit der pädagogischen Absicht, dass sich der Leser grundlegende Sachverhalte besser merken könne. Fehlende Maßstäbe seien beabsichtigt, denn es sollen in der Regel nur Beispiele und keine direkten Bauanleitungen gegeben werden. Der Verfasser ermutigt seine Leser, sich bei entdeckten Fehlern oder Kritik bei ihm zu melden. Er fordert also einen kritischen Umgang mit seinem Werk.

Trotz des Anspruchs, für jedermann verständlich zu schreiben, verwendet Leupold lateinische Begriffe. Dies begründet er damit, dass diese sich schon sehr eingebürgert hätten und die Leser nur konfus gemacht würden, wenn man die Begriffe plötzlich ins Deutsche übersetze. „Man hat aber um besserer Deutlichkeit willen meist allezeit das teutsche Wort oder Erklährung mit beygesetzet [...].“ (Vorrede, unpag. [S. 7])

Am Ende der Vorrede macht er noch einmal das Ziel seines Theatrum Machinarum deutlich: „nemlich, es ist die Haupt-Absicht auf die Wohlfahrt und Aufnahme des Landes gerichtet.“ (Vorrede, unpag. [S. 7]) „Mit dieser Auffassung rückt er gedanklich bereits in die Nähe der Kameralisten und mit der Forderung nach einer technischen Ausbildung staatlicher Beamten bereitet er der Technologie als einer Teildisziplin der Kameralwissenschaften den Weg.“ (Troitzsch 1975, S. 267)

Leupold schließt die Vorrede mit einem Aufruf nach einer besseren mechanischen und mathematischen Grundbildung der Jugend ab. Bis es aber entsprechende Anstalten gebe, der Jugend dieses Wissen zu vermitteln, könne sein Theatrum Machinarum als Zwischenlösung dienen. Leupold verfasste das Theatrum Machinarum aber auch zu eigenen Werbezwecken, denn er gab an, dass jede der aufgeführten Maschinen auf Wunsch von ihm und seiner Fabrik nachgebaut werden könne.

Nach der Vorrede steigt Jacob Leupold direkt in die Materie ein. In Kapitel 1 beginnt er mit einer Unterscheidung zwischen der Mechanik und einem Mechaniker. Die Mechanik definiert er sowohl als Wissenschaft, die durch die Kraft oder Zeit dem Menschen einen Vorteil verschafft, wie auch als Kunst, die man beherrschen muss, um zu diesem Vorteil zu gelangen. Ein Mechaniker muss nicht nur die Kunst der Mechanik beherrschen und kennen, sondern auch mit den Fächern Geometrie und Arithmetik vertraut sein. Diese Voraussetzungen hält Leupold für unumgänglich, da man nur mit diesem theoretischen Wissen neue praktische Erfindungen hervorbringen und alte Maschinen verbessern könne.

Zu Anfang definiert Leupold, was er überhaupt unter Maschinen versteht: „Eine Machine oder Rüstzeug ist ein künstliches Werck, dadurch man zu einer vortheilhafften Bewegung gelangen, und entweder mit Erspahrung der Zeit oder Krafft etwas bewegen kan, so sonst nicht möglich wäre.“ (S. 2) Anschließend benennt Leupold Fachtermini, die ein Mechaniker wissen muss, um seine Arbeit ausführen zu können. Dazu gehört die Verwendung von „einfachen Maschinen“ (S. 2) wie Hebel, Seil, Haspel, Keil und Schraube und von „zusammengesetzten Maschinen“ (S. 3) wie Mühlen, Wasserrädern usw. Dabei ist wichtig zu beachten, dass zusammengesetzte Maschinen aus einfachen bestehen. In den folgenden Kapiteln beschreibt er den Hebel und seine Benutzung bei Waagen, die Rolle bei Flaschenzügen, Haspeln, Rädern und Getrieben sowie Schrauben (speziell die „Schraube ohne Ende“ (S. 64), Seil und Keil. In den nächsten Kapiteln geht er speziell auf Radmaschinen ein und deren Verwendungen. In Kapitel 14 fasst Leupold noch einmal die vorher erklärten Begriffe zusammen und beweist sie auf ihre Richtigkeit mit Hilfe von seinen detaillierten Zeichnungen.

Desweiteren geht Leupold auf mögliche Kräfte ein, durch die eine Maschine angetrieben werden kann: durch Muskelkraft eines Menschen oder Tieres (vgl. Kapitel 17), durch Wind und Luft (Kapitel 18), Feuer (Kapitel 19) und Wasser (Kapitel 20). Er bezieht sich bei seinen Beispielen immer auf Erfahrungswerte oder auf Beobachtungen. Er geht bei der Bestimmung der Kraft für den Antrieb meistens von Radmaschinen aus, so zum Beispiel in Kapitel 18 von Windrädern und in Kapitel 20 von Wasserrädern. Er erläutert aber auch die physikalischen Eigenschaften dieser Kräfte. So geht er in Kapitel 20 sehr genau auf die physikalische Beschaffenheit des Wassers ein. Leupold beschreibt das Wasser als „die allerbeste und herrlichste Krafft unter allen Kräfften […], Machinen mit grosser Gewalt, Beständigkeit und Gleichheit zu betreiben“ (S. 162). Da der heutige dynamisch technische Antrieb für Leupold noch unerforscht war, ist diese Feststellung kein Wunder, denn zu Leupolds Zeit galt die Wasserkraft als wichtigste Energiequelle.

Am Schluss des ersten Bandes von Jacob Leupolds Theatrum Machinarum stehen „Etliche Regeln zur Mechanic“ (S. 238ff.), die man bei der Benutzung und Erfindung von Maschinen beachten soll. Am Ende (S. 240) kündigt Jacob Leupold den zweiten Band, das Theatrum Machinarum Hydrotechnicarum, an.

5. Kontext und Klassifizierung
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Jacob Leupolds Theatrum Machinarum bildet den Höhepunkt einer Flut von Maschinenbüchern und technischen Schaubüchern zwischen dem 15. und 18. Jahrhundert. Leupold, als ein Vertreter der Frühaufklärung, grenzt sich insofern von den barocken Maschinenbuch-Autoren ab, als es ihm ausschließlich darauf ankommt, den aktuellen Stand der Technik darzustellen. Ihm geht es nicht darum, utopisch-phantastische Maschinen zu beschreiben, sondern das vorhandene Wissen wissenschaftlich zu fundieren, zu systematisieren und zu vermitteln. So beschreibt er zunächst die Grundelemente der Maschinen einzeln und stellt sie anschließend in ihrem funktionalen Zusammenhang dar. „The constant emphasis upon general principles is the particular feature that distinguishes this work from earlier machine books by Besson, Ramelli, Böckler and others […].“ (Ferguson, S. 64) Auch in den Kupferstichen verzichtet Leupold im Gegensatz zu seinen Vorgängern weitgehend auf das spektakuläre Element. Lazardzig konstatiert dazu: „Während bei Besson, Ramelli, Böckler u.a. die visuelle Einbettung der Maschine, d.h. der Mechanik, vornehmlich in die sie umgebende Natur auf der Annahme des ‚Als-ob‘ beruhte, hat sich die Grundannahme der Maschine als imitatio naturae bei Leupold gewandelt.“ (Lazardzig, S. 80)

Nach Mauersberger vertritt Leupolds „deskriptive Maschinenkunde eine neue Qualität des beschreibenden Wissens über Maschinen und praktische Mechanik […]. In ihr deutet sich die komplexe Struktur der Technikwissenschaft an“ (Mauersberger, S. 89). Er sieht in Leupolds Theatrum Machinarum ein neues Zeitalter, das den Umbruch zur Moderne darstellt. Mauersberger ist außerdem der Meinung, dass Leupold „auf dem Höhepunkt des Wandels“ (Mauersberger, S. 89) von einem alten, naiven Umgang mit Technik zu einem neuen Verständnis von der Mechanik steht. Leupold gehe über die naiven Ansichten seiner Vorgänger hinaus, indem er „grundlegende Beziehungen zwischen morphologischen und funktionalen Zusammenhängen herstellt“ (Mauersberger, S. 89).

Lothar Hiersemann bezeichnet das Theatrum Machinarum als das „erste umfassende Handbuch der Technik in deutscher Sprache, dem allerdings der Drang zur Universalität der Renaissance noch deutlich anhaftet“; das Werk stehe „am Anfang technologischer Aufklärungsschriften“, die „durch rationale Betrachtung [die] technischen Verfahren zu fördern suchten“ (Hiersemann, S. 5). Weiter betont er, dass, abgesehen von Leonardo da Vinci (1452-1519) und Gerolamo Cardano (1501-1576), Leupold der erste war, „der sich darum bemühte, die einzelnen Bau- und Funktionsstile losgelöst vom Gesamtmechanismus darzustellen, um dadurch zu immer wiederkehrenden allen Maschinen gemeinsamen Grundelementen vorzudringen“ (ebd.). Dies ist auch eines der auffälligsten Merkmale, dass ihn von barocken Maschinenbuch-Autoren wie Böckler oder Zeising unterscheidet.

Sigrid Weigel sieht das Theatrum Machinarum und vergleichbare Drucke als „voluminöse, oft mehrbändige Publikationen an, in denen den Betrachtern das Wissen der Zeit, systematisch geordnet und in seinen Grundsätzen erklärt, vor Augen gestellt wurde“ (Weigel, S. 9). Mit dieser Aussage bestätigt sie den Anspruch, den Jacob Leupold selbst an sein Theatrum Machinarum stellte, nämlich ein umfassendes Werk zu schaffen. Gerhardt sieht im Theatrum Machinarum ein „maschinentechnisches Sammelwerk“ (Gerhardt, S. 215), das Aufschluss darüber gibt, welche Fähigkeiten ein Mechaniker haben muss, um seine Tätigkeit ausüben zu können.

6. Rezeption
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Das Theatrum Machinarvm Generale, der programmatische erste Band von Leupolds wirkungsmächtigem und international rezipierten Theatrum Machinarum, der berühmtesten Technik-Enzyklopädie der Aufklärung, erschien 1724 und ist auch heute noch in sehr vielen Bibliotheken als Erstdruck einzusehen.

Leupold hatte den Anspruch, dass sein Werk sich nicht ausschließlich nur an Gelehrte richtet, sondern an alle, die mit der Mechanik beruflich wie privat zu tun haben. Christian Wolff, ein Zeitgenosse und Freund Leupolds, urteilt, dass dem Verfasser die so sehr gewünschte Verbindung von Theorie und Praxis nur bedingt gelinge: „So ließ ihm die Zeit nicht zu sich in der Theorie zu vertieffen, und auf deren Application in der Kunst zu gedencken.“ (zit. nach Troitzsch 1975, S. 268)

7. Bibliographische Nachweise und Forschungsliteratur
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