541022
Matthias Flacius Illyricus an Wolfgang Waldner

Unbekannt, 22. Oktober 1554.

Universitäts- und Forschungsbibliothek Erfurt/ Gotha Gotha, Chart. A 127, Bl. 1r-v.

Autograph Flacius. Vermerk auf Bl. 1v von anderer, vielleicht Waldners Hand.

Papier, Format 4°.

Parallelüberlieferung: BU Wrocław: R 2199, 64f. Nr. 63.

Transkription: Keine.

[1r] Accepi heri pecuniam quandam nostrati civia Lipsiae a Naumeier datam, sed cum nullae literae adiunctae fuerint, nec mercator quicquam aliud dicere possit, nisi se iussum esse mihi numerare, nondum mitto chirographa, quorum sum pollicitus, tametsi nihilominus mittere cogitem, cum non valde dubitem vestros 100 florenos esse.1 Chirographum de acceptis libris brevi mittam. Iam in aliam domum migravi, omnia sunt confusa et confutata, ut libros, nisi omnibus recte distributis, invenire nequiquam.2 Fasces duos librorum vos accepisse non dubito.3 In Prussia res paullo in meliorem statum inclinant, certe publico impressoque mandato princeps iussit, ut porro doceatur, Remissionem peccatorum nostram iustitiam esse.4 Salute Hieronymum. Brevi plura. Vale. 22 octobris. Quaeso inclusas literas recte, quo inscriptae sunt mitte.5

Tuus Illyricus.

[1v] b 100 fl Illyrico dati6


Kritischer Apparat

a Handschrift in Wrocław: nostratium

b Handwechsel zu unbekannter Hand


Sachapparat

1 Flacius hatte in dem Brief 540906 vom 6. September 1554 um Übersendung von 100 Gulden gebeten. Die Auszahlung sollte gegen Unterschrift der für die Zenturien als Bürgen eingesetzten Johannes Wigand als Rektor und Martin Copius erfolgen, doch scheinbar hatte er die Unterschriften nicht aufgetrieben. Die Summe hatte der Leipziger Händler Christoph Neumeier einem Magdeburger Bürger ausgezahlt, der aber wegen der fehlenden bürgenden Unterschriften und Begleitbriefe die Auszahlung bislang verweigerte. Zu Neumeier vgl. 550609, 550900, 581228.

2 Zum Umzug des Flacius in Magdeburg ist nichts bekannt.

3 Vgl. 540906.

4 Flacius bezieht sich auf die Königsberger Synode vom 2.-24. September 1554, die von Herzog Albrecht von Preußen und seinem Hofprediger Johannes Funck als ein Forum des Ausgleichs zwischen den bis dato im Herzogtum bestimmenden Osiandristen und den mehrheitslutherisch orientierten Pfarrern des Landes angestrebt war. Tatsächlich artete die Synode zu einer Abrechnung mit dem Osiandrismus aus, einen Ausgleich mit den nach ihrer Lehre falschen Doktrinen der Osianderanhänger konnte es nicht geben. Statt dessen behaupteten die Prediger gegen den Herzog das Souveränitätsrecht der geistlichen Jurisdiktion, was ganz Flacius' Vorstellungen entsprochen haben dürfte. Hubatsch: Albrecht, 178f. Flacius hatte zwei Tage vor diesem ein Schreiben an Herzog Albrecht aufgesetzt, in dem er ihm zur Rückkehr zur wahren Religion und zum Bekenntnis, dass allein die Vergebung der Sünden zur Rechtfertigung führe, gratulierte. Berlin GSTA HBA, A4, K. 231 (alt III 43.229). Diesem Schreiben hatte Flacius - wie 540813 an Waldner - mit Bitte um Unterstützung für das Zenturienprojekt das Gutachten zur Kirchengeschichtsschreibung beigelegt: "Miseram dudum istuc M. Christophorum consultationem quandam de conscribenda accuratiore Ecclesiae Dei historia ac petieram, ut Tuae eam clementiae ostenderet, ipsamque oraret, ut & illa eiusmodi publicam utilitatem adiuvare ac promovere dignaretur. Si T. C. ea deliberatio ostensa est, cupio eius sententiam audire." Ob der erste Adressat der "Consultatio", der "Magister Christophorus", mit Christoph von Kreythen (1512-1578), der zur obersten Hofverwaltung und zur zentralen Landesregierung gehörte, identisch war, ist angesichts der fehlenden Titulatur zumindest unsicher. Zu Kreythen vgl. Stupperich: Osiander, 41. Flacius sollte sich in der Einschätzung des Herzogs täuschen, denn Albrecht entließ 1556 erneut Pfarrer, die nicht den osiandrischen Grundsätzen folgten, und lehnte 1557 Flacius' etwas schroff formulierten Beweis des rechten Glaubens ab. Hubatsch: Albrecht, 179f.

5 Darunter befand sich ein Brief an Caspar von Nidbruck 541101 sowie evtl. einer an Nicolaus Gallus, den Joachim Heller weiterleiten sollte, falls 541115 tatsächlich das chronologisch folgende Schreiben ist.

6 Bestätigung über die Auszahlung von 100 Gulden an Flacius, vermutlich von Waldners Hand.

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