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Radtschlag oder Bedencken wie man eyne Kirchen Historien schreiben solte

Unbestimmt, Frühjahr 1554.

Bayerische Staatsbibliothek München, Cgm 4110b, Bl. 131r-149r.

Schreiber unbekannt.

Papier, Format 4°.

[131r] Ein Radtschlag oder Bedencken wie man eyne sehr nutzliche Kirchen Historien schreiben solte.

Nachdem aus grosser vnaussprechlicher gnade vnd Barmherzigkeit gott der Almechtige, die ware Religionn welche mit menschensatzungen vnd andern vntzelichen befleckung, grewlich verstellet vnd verdeubet war, widder ernewet vnd gereiniget ist, dafür wir in Ewigkeit nicht gnugsam gott danck sagen konnen vnd numer gott sei lob, eine gewisse form der Lehre vnd Coeremonien in vnsern Kirchen auffgerichtet vnd begriffen ist, seindt wir noch tzweier stücke in mangell, welche nicht gering vnd daran der gantzenn Christlichena Kirchen viel vnd gros wil gelegen sein.

Als fürs Erste mangelt vns noch eine versten[131v]dige, wolgeschickte, vndb bequeme glose oder eine kurze, runde, vnd leichte auslegung des Textes vber die gantze Bibel Alt vnd New Testament von welchem stücke vieleicht ein andermal sol gesagt werdenn.

Fürs Ander eine gelerte vnd mitt sondern hohen fleis vnd geschicklichkeit tzwsamen gebrachte Historien oder Chronica der Kirchen von Christo anzuheben, bis vff unsere tzeithen, von welchem stücke ich vff dismal mitt gottis hülff einen kurtzen Bericht vnd antzeigung thun wil, wie dieselbige solte beschrieben werden, was für nutz daraus tzw hoffen Vnd wie man tzw solchem Christlichen vnd hochnotigen wercke kommen mochte.

Vnd fürs erste die sachen, hendel vnd Geschichte welche sich in der Kirchen tzwgetragen, weren also tzw ertzelen, Das man nach der ordnung vnd aufftzeichnung der tzeit von der aufferstehung vnsers hern Jhesus Christi an bis vff vns nacheinander deudtlich vnd klar, vnd am allermeisten antzeiget, was tzw einer iedenn[132r]tzeit allenthalben in Christlichen Kirchen fur eine form vnd weise der Lere, Coeremonien oder Kirchen gebreuche, policei oder regiment, vnd in summa der gantzen Religion gewesen were, Wenn gleich wie die ware vnd heilsame Lehre Gottis das wercktzeug oder mittel ist, dadurch er vns tzwm ewigen leben widergebieret vnd darinnen vnser gantzes Geistlich vnd New Lebenn Vnd wesen steht, vnd ohne welche Lehre wir im tode vnd alten verdampten leben bleiben müssen, Also ist sie auch vnter allen sachen vnd hendeln der Kirchen das aller schwerste vnd hochwichtigste stücke, vnd wirdt von dem teuffel vnd seinen schurkenc denn gotlosen beide Lerern vnd Tyrannen am geschwindesten vnd meisten ohne auffhoren angefochtenn.

Derwegenn man auff die Lehre in der Chronica oder Kirchen Historien fürnemlich sehen, vnd schier allein darauff die hochste arbeit legen müste, damit man sie aufwickeln vnd also herrlich herausstreichen kondt, das jederman sie gleich als für seinen augen sehen, oder auch so tzwreden mitt[132v]henden greiffen kondte, wie sie tzw ieder tzeit an allen orten vnd in allen Kirchen gewesen sey.

Für allen Dingen aber würde alda die notturft erfodern antzutzeigen vnd fur tzulegen, welch eine simpel, einfeltige, reine, klare, vnd gesunde form der lere, coeremonien, vnd der gantzen Religion von Christo vnd seinen liebenn Aposteln selbst dem volcke gottis erst angerichtet, vnd was sie für eine policei der Kirchen eingesetzt vnd hinter sich gelassen haben.

Dannach auch wie beide falsche Aposteln aus vorkereten hertzen vnd bosem sin der waren Religionn vnd gotseligkeit mitt eerfelschung grossen schaden gethan vnd auch der Apostelnn discipel vnd schüler sampt andern nachkomlingen mehr ie lenger ie mehr vnd weiter von der alten reingikeit vnd einfeltigkeit der lere d seindt abgewichen vnd solches tzumtheil aus Vnverstandt, das sie die Lere vnd ware gotseligkeit nicht gründtlich wie die aposteln verstunden, tzumtheil auch aus vbermessiger lust [133r] vnd vleis tzw den Coeremonien, disciplin, vnd guten wercken, dartzu hatt auch die nerrische andachte vnd Jüdische ia auch heidnischer aberglauben des gemeinen volckes tzw vielenn bosen unrichtigen dingen vrsach gebenn.

Zuem Dritten wil gott gleichwol sehr offt entweder durch eintzele Lerer mitt mundtlichem tzeugnis, predigten vnd schrifften, oder auch durch Concilien vnd grosse versammlungenn, mancherleien vnd greulichen Jrthumen, Ketzereien, aberglauben vnd misbreuchen widderstanden, vnd die gotliche warheit von vielenn schantflecken vnd beschmeissungen gereiniget vnd errettet habe, doch ist dasselbige fast stetz also tzwgangen das etzliche stucke gleich als eine sach von den vorigen Jrthumen, welche tzwar auch nicht gering gewesen, davon vbrig blieben vnd behafftet seindt, dieselbigen haben sich in kurtzer tzeit, hernach wider gereget vnd seindt weiter ausgebrochen, Vnd ob sich gleich etzliche guthertzige Leuthe dawider gelecht, Jst doch solchs endlich fast vergebens gewesen. Als dem ehe[133v]losen wesen der priester haben erstlich viel widdersprochen, vnd vnter andern Micoenaf Sanguensis vnd Sechste Siquadus, sie haben auch ein tzeitlang denselbigen schentlichen jrthum geweret vnd verhindert, aber nichts destoweiniger, hatt er hernacher endtlich vberhand genohmen, tzuuoraus in den Kirchen gegen den Nidergang gelegen, vnd sonderlich in der Romischenn.

Dergleichen konte man auch sagen von der ehre gegen die verstorbene Heiligen, jhrem Heiligthum oder gepeine, den Bildern oder getzen, Jtem von des Bapstis primat vnd hoheit, vnd etzlichen andern stücken mehr.

Darneben wurde auch das müssen angetzeigt werden auff das allerdeudtligste wie tzw einer jeden tzeit ein Lerer verstendiger vnd reiner, den der ander, eine Kirche auch mitt lauterer Lere vnd coeremonien den die andere, ist begabet vnd versehen gewesen, Jtem das auch etzliche ortter der Christenheit inn etzlichen stücken der Religion sindt etwas reiner, in etzlichen auch befleckter gewesen, [134r] den die andere, wie den die Grichische Kirche (welche ia so weit sich vnd noch weiter sich erstrecket, als die Lateinische) noch auff den heutigen tag nicht ztulest des Bapstis primat oder Tyrannei, vber alle andere Kirchen in der gantzen welt, viel weiniger sein Weltlich schwert oder geistlich ehelos Leben das erdichtte Fegfeur, Ablas, so grausame abgotterei mitt den bildern, Mess für die todten oder sonst in anderen noten, die eine gestalt des Sacraments vnd dergleichen wie die Lateinische thutt, dargegen aber irret sie in dem Artickel von dem ausgehen des Heiligen geistes.

Es wurde auch tzw sagen sein von einem jedelichen Lerer insonderheit, vnd seinen schrifften, in welchen stucken oder artickeln der Lehre sie recht vnd wol geleret oder nicht, was auch für gespenst oder Sophisterei sie geblendet, was sie in etzlichen Jrthumen geblieben vnnd andere mit sich darein getzogen, vnd verfurt haben, oder auch auff wasserlei weise sie sich [134v] heraus gearbeitet, vnd andere auch daruon entledigtt habenn.

Zuem Vierdten muste man auch antzeigen, vnd daneben mitt etzlichen warhafftigen tzeugnissen der warheit beweisen, das gemeiniglich tzw allen tzeithen vnd stetz etzliche Siebentausent der gleubigen oder gottesfurchtigen seindt gewesenwelche einen hohenn vnd reinen verstandt von der Religion gehabt, den sonst der gemein hauff gewesen, vnd eine tzeit freier vnd mutiger der gotlichen warheit mitt offentlichem erkentnus haben tzeugnis geben denn die ander.

Disse vnd dergleichen stettige, mannichfeltige vnd schwere streite der warheit mitt den Jrthumen oder Lügen, des Liechtes mitt der finsternus in allen Heuptstucken Christlicher Lehr, in allen Lendern von der geburt Christi an bis auff die gegenwertige tzeit, mußen in der Kirchen Historien oder Chronica durch alle vmbstende ausgestrichen, vnd nach der tzeitt ordentlich vnd mitt grossem vleisse ausgefüret werdenn.

Die Andere mühe vnd arbeitt, welche etzlicher massen geringer den die vorige, wiere tzw haben[135r]in deme das man die personen oder ihre gabenn vnd tugende in tzimlicher massen beschriebe vnd lobete, Jtem das man der Kirchen verfolgung vnd gottis sonderliche hülffe vnd errettung sampt den wunderwercken ertzelete, den wiewol auch nutzlich ist solches tzw wissen, jedoch konte man disses beide mitt kurtzen worttenn antzeigen, Vnd wierd nicht so hoch notig als das vorige von der form der Lehre Coeremonienn vnd policei der Kirchenn.

Da vberg die Ecclesiasticae Historiae oder die bücher vonn den geschichten der Kirchen geschrieben, welche itzt noch fürhanden seindt, haben am allermeisten tzw thun vnd werden tzuebracht mitt ubriger beschreibung vnd leben der personen, den sie nach der leng ertzelen, was disser oder ihener fur ein man, wie heilig vnd andechtig ehr gewesen, welch ein wunderlich vnd abentheurlich Leben ehr gefüret, wie viel ehr gefastet vnd gebetet, was ehr für wunderwerck bei Leben in oder nach seinem absterben gethan hab.

Daranach gehen sie auch weitleufftiger mitt den verfolgungen vnd wie gott die Christen wider[135v]erloset hab, vmb den es nach die notturft erfodert, der Lere aber welche billich das fürnemste stücke solte gewesen sein, haben sie sich am weinigsten angenohmen.

Sie kemen wol bisweilen gleich als tzofellig darauff, das sie etzliche streite von der Lere in der Religion beschrieben, Aber danach mangelts das sie die form beide der warheit vnd verfelschung nicht also grundtlich vnd klar darthun, wie es sich gebürete vnd vonnoten wiere, vnd ist sehr offt so kindisch, dunckel vnd verworren ding, das man schwerlich nachtrachten kan, was etzliche Ketzer für eine meinung gehabt vnd verteidingt, oder was für Jrthume die veter in etzlichen Concilien für unecht erkant vnd verdampt habenn.

Vnd ist man tzwar nicht fast wunder das solches denselben scribenten widerfarenn, den sie selber Christum nicht, recht lauter vnd grundtlich verstanden noch den weitzen von den sprewen menschlicher satzungen mitt sonderlichem vleis abgesindert haben,, vber das seindt sie seinn sicher gewesen vnd dahin geschlummert, sich von den verfelschungen der Religion nicht ser [136r] besorget oder drumb angenomen, ohn alleinn das sie etzlichen Jrthumen welche die person Christi anlangen, tzimlich widerstanden haben, solchs habe ich aber von den alten Ecclesiasticis Historiijs geredt, den Krantz vnd dergleichen beschreiben nicht Kirchen, sondern Weltliche hendel, hohmut vnd pracht der Bischoffe vnd Bepste.

Vervolgen müßten wir, wie gesagt, eine andere weise, daran in alle wege viel mehr gelegen in dem geschichtbuch der Kirchen furnehmenn, den die alten gefüret haben. Wir könten auch jtziger tzeit von den gnaden gottes, viel dings richtiger, besser vnd gründtlicher handeln den sie, den ob wir gleich viel bücher, den sie etwan gebraucht, nicht haben konnen, doch weil die erkentnis Christi viel heller bey vns an tag komen ist vnd scheinet den bey Jhnen, tzwdem viele hochwichtige vnd schwere streiten in Religionssachen tzw vnsern tzeithn eingefallen seindt, konten vns solche beide stück grosse vrsach vnd anleitung geben mancherleien sachen beide nachtzufor[136v]schen vnd auch Liecht vnd verstandt dieselbigen tzw orttern selbst mittbringen vnd gleich als inn die hende geben.

Weiter wurde dieses hochnotige werck oder geschichtbuch der Kirchen vntzelichen vnd uberschwencklichen fromen der kirchen gottis vnd aller gleubigen bringen, vnd wil ietzunt der nur etzliche mit kurtzen worten aufziechen vnd tzw bedencken gebenn.

Die erste allerwichtigste heuptsache ist, das man in vnd aus solchem buche auff das aller klareste vnd vnwidersprechlich beweisen könte, gleich als aus den rechten natürlichen fusstapfen der sachen sellbst vnd Vhralten tzeugnissen, das auch anfenglich in der Kirchen die papistische antichristische, sondern dieser Lehre Christi vnd Religion im brauch gewesen, vnd wiewol baldt nach der Apostel tzeit etzliche Jrthumb sich ereuget vnd herfür gelassen, welche itziger tzeit vnter dem Bapsthumb mitt voller gewalt regieren, das doch viel grosser anse[137r]hnlicher vnd berumpter Leuthe ja auch gantze Synodi vnd grosse versamlungen der gelerten sich ihnen widersetzet vnd ein tzeitlang sie nidergedruckt haben, aber das doch endtlich beide denselbigen Jrthumen haben vberhandt genohmen, vnd seindt mer ie lenger ie mehr grossere vnd scheuslichere stücke, tzwmtheil aus nachlessigkeit vnd vnverstandt der Lerer, tzwmtheil aus nerrischer andacht oder aberglauben des gemeinen pöbels, etzlich auch tzwmtheil aus vnersettigem geitze der betrieger vnd verfürer heuffig vnd mitt voller macht eingerissen, Jtem das doch gleichwol indes tzw allen tzeiten viel nicht allein vnter dem gemeinen man, sondern auch vnter den Lerern gewesen, welche solche Jrhtum vnd verfürung beide gemerckt vnd offt auch mitt rechtem ernst vnd einanderh verdampt haben. Doch etzliche furchtsamer den die andern, das also Christus tzw allen tzeiten seine sieben Tausentt auserwelten menschen gehabt, welche dem Antichrist vnd seinen gottislesterungen die Knie nicht gebogenn habenn.

[137v] Auf diese weise konte man das Argument der Papisten, das sie schier allein haben, darauff sie so pochen vnd trotzen, mitt der that selber widerlegen vnd gantz vnd gar tzw schanden machenn, das sie ohne unterlas schreien, die warhafftige Kirche vnd Lere sey ewig, wehre für vnd für vnuerwüstlich, vnsere Lere vnd Kirche aber sei new jhre sei alt vnd habe stetz anhero gewehret. Derwegen seint sie die ware Kirche gottis, vnd haben die rechte Religion vnd nicht wir.

Lieber sagt mir, wo mitt haben die hohen Priester vnd Phariseer, beide tzw des Herrn Christi vnd auch vnsern tzeiten der warheit mehr tzwgesetzt vnd schaden gethan, den das sie ihre Jrthume mitt dem Titel der vhralten ankunfft geschmucket vnd dargegen die warheit mitt der newligkeit beschweret vnd hessig gemacht haben, derhalben fahren die Papisten noch heutiges tages mitt grosser halsstarrigkeit fortt vnd nennen ihri die rechtschaffene alte vhrsprüngliche Religion, vnsere aber die newe. So offt man nhun mitt den Papisten tzwthun hette von allen stücken, in welchen wir mitt ihnen im streitt hangen, konte man aus einem [138r] solchen geschichtbuche der Kirchen von stundt ann reichlich vnd vberflussig der vhraltisten Kirchen vnd vieler gotfürchtigen leuthe klare vnd helle tzeugnis in bereitschafft haben, herfür bringen vnd den widersachern für die nasen stossen ihr rhumen schreien vnd trotzen desto gewaltiger danider legenn.

Denn ob wir gleich vnsere Lehr aus gottis wortt mitt klaren vnd vnwidersprechlichen tzeugnissen vnd Argumenten beweren vnd bestettigenn, doch würde die gotliche warheit noch reichlicher befestiget vnd vorgewisset, vnd alle gotisfurchtigen würden einen herlichen vnd hohen trost daraus schepffen, wen in einer solchen historien angezeigt vnd beweiset würde, das vnsere lere die wir itzt hetten auch vor tzeiten vnd von anfang also in der waren Kirchen gottis gebreuchlich gewesen, vnd das alle gotfurchtige vnd verstendige Leuthe ihr beifal gegeben, vnd dem gegenteil einmutiglich widersprochen hetten.

Das ist gewis, es ist vnmuglich, das die einfeltigen vnd vnerfaren so lange als sie in dem wahn stehen, das die Religion, welche vnter dem Bapstthumb geübt wurde, von der Apostel tzeit her[138v]gewehnet habe, kennen aller ding von der flaschen lere entledigt werden, es sei denn sache, das man ihn die alte form der Kirchen vnd den vhrsprung der newen Jrthume für die augen stelle, vnd des vbertzeuge, den sie stehen stetz in dissen gedancken die eltere Religion mus warer sein. Jtem habe den vnsere veter alle geirret, seindt sie den alle verdammet? Das kann ich nicht gleuben.

Der Ander nutz vnd fromen, So offt eine newe tzweitracht enstehet von einem Artickel, als von den widerteufferischen schwermereyen vnd dergleichen, So wolten wir baldt gerne wissen, was doch der alten meinung dauon gewesen wiere, ob solches auch ie fur tzeiten an den tag komen wiere, solchs konte man aus einem solchen historischenn buche von stundt an erkundigen vnd erfaren. Den allewege fast einerlei jrthume widerkomen vnd fürfallenn, oder seindt ia einander nicht fast vnehnlich, ob ihn gleich einn weinig einander mentelchen angehenckt oder ein ander ferblein angestrichen wurdt, vnnd solten in einer solchen historien alle streitige[139r]Religionssachen vnd Ketzereien die sich inder Kirchen jemahls tzugetragen hetten, es wiere tzw welcher tzeit es wolle, so viel als imer muglich sein konte, angetzeigt vnd nach notturfft gehandelt werdenn.

Der Dritte, es kan jederman leichtlich gedencken das allen Christen, tzuuoraus aber denen so andere leute lehnen oder sonst im regiment seinn sollen, hoch von noten vnd sehr nutzlich seinn wil, das sie auch von den alten geschichten der Kirchen einen tzimlichen vnterricht habenn, den wo sie den nicht haben, werden sie in vielen sachen stutzen vnd tzweiffeln müssen, das kan nicht feilen, darumb sagt Cicero sehr fein, da ehr die historien lobet, So nicht wissen was für die geschehen ist, ist stetz ein kint seinn, Dargegen aber leret vns das vergangene das tzwkünfftige, Præteriti ratio scire futura facit. Nun ist ia das am tage, das man bisher keine volkomliche Kirchen historia gehabt, die da nur tziemlich beschrieben wiere gewesen, was für mangel im Eusebio vnd anderen seindt habe ich droben geruret, So kan auch nicht ein ieder alle bucher keuffen, daraus man konte[139v]gnugsam die alten historien erlernen, haben auch nicht der weile, das sie die konten alle durchlesen, vielen mangelts auch am vrtheil vnd verstande, derhalben wiere es sehr nutzlich, das man aus allen alten buchern die man nur haben konte, ein solche buch von den geschichten der Kirchen tzusammen brachte, auff dass alle Christen solchs bei der handt haben vnd leichtlich daraus die gantze form der lere von Christo an bis auff vnsere tzeiten nehmen konten, auch sonst darinnen, wie in einem Jnuentaria, was sie in denen sachen nur haben wolten reichlich finden kontenn.

Der letzte nutz wiere disser, was man nur in Religions oder der Kirchen sachen wolte haben vnd wissen, es wiere in welchem stück es wolte, so konte man sich desselbigen aus einer solchen einer solchen historien erholen vnd gnugsamen bericht empfahen, den es wiere gleich als ein Copiæ cornu vnd reicher schatz oder viel mehr eine gewisse fundtgrube aller materien, sachen vnd hendel der Kirchen, mitt hochsten vleisse vnd geschickligkeit tzusammen bracht. Demnach hette ein solch buch [140r] vnzeliche nutzungej vnd gebreuche, welche alle Christen daraus nehmen konten tzw allen tzeiten iegenwertigen vnd künfftigen.

Wie wil man stercker vnd herlicher des Bapstis primat oder hoheit, das Fegfeur, oder die grundtfeste der Bepstlichen abgotterei die Messe widerlegen vnd tzw nichte machen, den wen man aus einer gewissen vnd vleissigen historienj nach tzeit vnd sachen fein ordentlich augenschinlich vnd vnwidersprechlich beweisete vnd darthete, das weder Petrus iemahls sei gehn Rom kommen noch die schenckung Constantini des Keisers noch die Brieue Clementis von dem tode Petri, welche Sieben gantzer jahr ehe den Petrus gestorben, geschrieben, glaubwürdig seinn konten, noch das das Fegfeur oder Messen der aller ersten vrsprünglichen Kirchen sein bekant gewesen, sondern das solchs alles ia auch der Canon selbst, welcher der kern der Messe ist mitt allen andern satzungen, newe vnd newlich vnd allein von menschen erdacht vnd aufgebracht sey.

Derhalben sehen wir das alle dieienigen, welche tzw disser tzeit etwas fleissiger wider den An[140v]tichrist vnd andere schwirm vnd rotten geister geschrieben haben, mitt hochstem vleis den eltisten tzeugnissen der warheit nach gangen seindt, die herfürbracht vnd geweiset, ja auch von hertzen alletzeit gewünscht, das einer solche mühe vnd arbeit auff sich einmahl nehmen mochte vnd aus allen alten büchernn die rechtschaffene historische warheit auff das aller emsigste vnd vleissigste vnd genaweste erforschte vnd darnach der gantzen Kirchen solchen schatz mittheilete, das iederman die rechte gruntk warheit sehen vnd erkennen möchte.

Fur tzweien jaren hatt einer genant Carolus Molinæus ein Parisischer Jurist lassen einen buch ausgehen vber das Edict des Königes in Franckreich,1 darinnen ehr auff das kürtzest viel gutes vnd nutzliches dinges widder die gewaltsame vnd vnrechtmessige Tyrannei des Bapstis aus der alten bücher herfür bringt, wer dasselbige buch mitt einem verstande lieset, der mus sagen, das solche stücke sehr nützlich seindt, vnd wen man mit vleisse dergleichen alte stücke tzusammen suchte, würde die Kirche [141r] gottis noch viel grossen nutz daraus habenn können. Jch wil auch nicht tzweiffeln wenn mein Cathalogus2 der ienigen die wider denn Bapst oder seine jrthume geschrieben habenn, wirdt ausgehen, werde daraus tzw sehen sein, das man etwas tapfferes vnd furtrefflicheres könne tzuwegen bringen, wen man aus allen alten büchern solche tzeugnus der warheit tzwsammen brechte, aus solchen erscheint das man nicht alleine mitt vrsachen vnd nachdencken sondern auch mitt der erfarung beweisen kan, solche historien ein nützlich vnd fruchtbarlich werck sein würde.

Biss hieher ist gesaget wurden, wie eine Kirchenhistorien solte geschrieben werden, vnd was man für nutz dauon haben konte. Nun wollenn wir auch mit gottis hülff antzeigen, wie man tzw einem solchen Christlichen vnd hochnotigen Wercke komen konte oder mochte, derhalben solchs allernutzligste vnd schwerste werck tzw volfürenn, wieren tzwei ding fürnehmlich nötigk, Eines ein grosser hauffe bücher, welche tzw erzelenn auff dismahl tzw langk wolte sein, doch weil ich in gemein dieselben uberlauffen, daraus[141v]man desto leichtlicher verstehen müge, was es für bücher sein müsten, als: Erstlich müste man alle Theologischen schribenten tzw forderst die eltisten, die beide bisher wieren gedruckt worden vnd ungedruckte, so viel man nur derselbigen mitt vleiss erforschen könte tzusammen lesen vnd tzuwegen bringen.

Daranach alle historien schreiber, was nach Christi geburt gethan oder gehandelt wiere, sie wieren im druck ausgangen oder nitt, sie wieren weltlich oder geistlich.

Zwm dritten (das ich auch etwas mehr in specie sage) alle alte Agenden, sonderlich die so fur Gregorij Magni tzeiten im brauch seindt gewesen.

Zwm Vierdten alle inquisition vnd proces wie man gotfürchtigen leuthen nachgestellet vnd wie man mitt ihnen gefaren vnd umbgangen sey fur disser tzeit.

Zwm Fünfften alle schrifft die von gotfürchtigen leuthen wider den Antichrist oder seine grewel geschrieben sindt, der man noch viel hin vnd wider in alten Bibliothecen findt.

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Zwm Siebendenn, die geschriebene bücher der papisten wider dieienigen so recht gegleubett oder geleret haben vnd seindt gleichwohl für Ketzer verbannet worden, den aus denselbigen konte man auch etwas nehmen welchs tzw erklerung der historien dienlich wiere.

Zwm Achten müste man sonderlich vnd fur allen dingen die schrifften der Waldenser tzusammen suchen, den sie fast alleine diese 400 jhar anhero die reine Religion haben gehabt vnd verteidingt, den sie seindt (wie ich des gewisse tzeugnus aus alten geschrieben büchern habe) die 400 jar her mitt tzimlicher antzal gewesen in Franckreich, Welschlandt,n Deudtschlandt, Behmen vnd Polen, vnd haben disse nachfolgende Artickel gegleubet vnd geleret, Das man allein der heiligenn schrifft in Religionssache sol gleuben, Das der Bapst nicht hoher ist den ein ander Bis[142v]choff, Das man nach der menschen satzungen gahr nichtes sol fragen noch etwas darauff geben, Das kein Fegfeur sei, Das die Messe ein abgotterei sei, Das man die heiligen nicht soll anruffen, Das die priester ihre eheweiber haben sollen, Das man unter beider gestalt sol communiciren, Das nur tzwei Sacrament in der KIrchen seindt, Jtem das die ablas breiffe nichts gelten, vnd dergleichen mehr. Vnd sehr viel, welches alles mitt vnser Religion ja mitt der warheit selbst vberein stimmet.

Letztlich müste man sich bei den eltisten leuten erfragen, ob sie auch irgendt gehört hettenn, das fur alten tzeiten etzliche gewesen wieren, die da recht gegleubet oder geleret hetten, entweder in der gantzen Religion oder in etzlichen stücken, den man höret fast allenthalben von etzlichen fromen lerern, welche tzum weinigsten in etzlichen stücken recht haben gelerett.

Vber disse bücher hab ich auch ein tzimlich register3, darinne fast mit namen die nötigsten bücher ertzelet seindt worden, welche man auch müste mitt vleissiger nachfors[143r]chung tzuwegen bringen. Aber die tzw ertzelen würde alhie tzu weittläufftig sein, solche vnd dergleichen Authores oder schribenten solte man in der gantzen Christenheit tzusammen suchenn, Aber wen das ia nicht gahr gescheen kann, möchte man alleine die allenthalbenn verschaffen, welche man haben vnd finden kann, den wiewol aus mehr schribenten mehr könte getzogen vnd genohmen werden, doch wen nicht alle notige schribenten konten fur die handt gebracht werden, konten gleichwol die so man fundt, gnugsam vnd herliche materien einem vleissigen vnd gelerten schribenten gebenn.

Vber dissen vorrath von allerlei büchern müste man auch nach einem gelerten vnd gotfürchtigen mann trachten, der sich solches wercke vnterfinge vnd es tzusammen fassete, vnd vielleicht wiere nicht einer sondern derer viel vonnöten, den es würde schier eine vnmesliche arbeit seinn, soviel bücher mitt vleiss durchlesen, vnd daraus die nützlichste materien mitt einem rechten verstande vnd vnterschiet auftziehen vnd letzliche auch das alles in eine bequeme schrifft fassen. Es ist auch nicht alleine eine schwere arbeidt der vrsachen halben, das der bücher vnd der materien, so müsten beschrieben werdenn [143v] so viel mancherlei vnd weitleufftig seindt, sondern auch das diese sachen an sich selber naturlich etwas dunckel vnd finster seindt.

Denn die weltliche historien weil sie gemeinigleich nur mancherlei kreige vnd andere hendel vnd sachen so darneben eingefallen, vnd fast stetz gleich seindt beschreiben, welche an sich selber leicht vnd sehr augenscheinlich gnugsam, bedürffen keines sonderlichen subtilen odder scharffsinnigen verstandts oder vrteils. Aber eine gute Kirchen historia, die am aller meisten müste tzueschaffen haben mitt der Lere, Coeremonien, Kirchen policei vnd der gantzen Religion, wie die tzu einer ieden tzeitt von den Lerern mitt warhafftigen oder vnrechten jrrigen meinungen verfelschet oder verteidigt, verdunckelt oder erkleret vnd ans liecht bracht wiere, aus was vrsachen, grundt vnd argumenten beiderlei theil, welche recht oder vnrecht gesinnet, gestanden, wo sie geirret, gestrauchelt aus der bahne geschritten haben, das das schwerfellig vrteil machet, vnd erfordert vieler leuthe rath, bedencken vnd vrteil, welche eines guten wolgeübten verstandes seindt, solche[144r]vnd andere schwere stücke mehr, welche das werck, wen mans in die hende nehme selbst mitt sich bringen vnd erinnern würde, tzeigt an, das notwendig viel gelerte vnd gotfürchtige leuthe tzw bestellen vnd gleich als ein Collegium antzurichten wierenn.

Vnd das ich aucho hieuon mein meinung tzw erkennen gebe, achte ich, es müssen vier gesellen sein, Einer, der da gleich als der anderen regente wiere, eines reinen vnd guten verstandes, recht wol geleret, im schreiben schleunig vnd erfarenn. Die andern tzweene dürfften nicht sogahr eine fürtreffliche artt tzw schreiben haben, aber doch müsten sie tzimlich gelert sein vnd die sachen wol verstehen vnd urteilen können. Der vierde der nur eine gute handt tzw einer leidlichen vnd leserlichen schrifft hette.

Disse wolte ich könten an einem orte beieinander sein vnd wohnen, vnd gleich als die Bienleinn arbeit vnd policei nachfolgen, also das tzwene aus ihnen die notigsten bücher vnd schribenten mitt vleiss durchlesen, die nützligste materienn heraus tzogen vnd gleich als den allerbestenn safft aus allerlei kreutthern vnd blumlein[144v]auff einen hauffen tzusammen trugen, der Dritte von welchen gesagt, das er einen tzimlichen stylimp oder artt tzw schreiben haben müste, der müste seine handt im wercke stez haben vnd dasienige, welchs die andern ihme tzusammen brechten, in die schrifft verfassen, wiewol er auch selbst, wen er müssig wiere vnd die tzeitt haben meuchte, die besten bücher durchlesen vnd der materien nachsuchen könte oder aber alleine die besten vrsprünge aus welchen die tzwene ihr ding ausgetzogen hetten mitt vleiss vbersehen.

Der Vierde der hette alleine tzuthun, das er das ienige, so man ihm fürgeben würde, ausschriebe, jn gesampt aber müsten sie sich offt miteinander unterreden vnd berathschlagen beide von deme das bereit auffs papier bracht vnd geschrieben, vnd das noch hinterstellig vnd jetzundt fürtzunehmen wiere. Vnd solchs nicht allein vnter sich selbst,q sondern müsten auch offt andere gelertenn vnd gotfürchtigen leuten vrteil vnd meinung von den tzweiffelhafftigen dingen [145r] so furfielen vnd wie man den gantzen handel auff das allerbeste, fassen vnd volnfürenn könte, erfragen, beide in gegenwertigkeit personlich, vnd welche etwas tzw weit mitt brieuen ersuchen.

Disse viere, halte ich, solten jnnerhalb fünff jaren dis werck mit hülffe gottis des Almechtigenn tzum ende bringen, wen sie dem alleine obliegen solten. Weil auch ihnen wolte eine vnterhaltung vonnöten sein, wie leicht tzw erachten, dauon sie leben könten, wil ich dauon meine meinung sagenn.

Nach meinem verstande hilte ichs dafür, dem obersten, welcher den gantzen handel regieren vnd einen tzimlichen stylum haben müste, das er die sachen beschreiben könte, möchten 150 gulden genug sein oder auffs höchste 200 gulden. Die andern tzwene welche tzusammen tragen solten, möchten sich ein ieder mitt 100 fl genügen lassen. Letztlich dem vierdten, welcher tzwm abschreiben verordnet wurde, könten 50 fl gegeben werden. Demnach lieffe die gantze summa kaumptr auff 500 fl jherlich.

[145v] Disse summa könte man ohne jemamdts schaden oder beschwerung aus den Kirchengütern verordnen tzw reichen, wen vnser lieber gott ein mahl wolte irgendt einen rechten gottsfürchtigen Fürsten oder hern erweckenn, welcher sich der sachen mitt ernste annheme, vnd der Kirchen gottis vnd dem armen bettelenden Christo auch doch nur ein weinig wolte behülfflich sein vnd eine partecke geben wo nicht von seinem eigen gut, doch allein von dem einkomen der Kirchenn.

Wen man aber ia nicht von ersten balde tzw der summa konte kommen, das man doch so viel erlangen vnd haben mochte, dauon der schreiber mitt einem gesellen nach tzimlicher notturfft konte vnterhalten werden, das würde irgendt tzweihundert gulden betreffen, oder wen auch solchs nicht erheblich, das man nur allein des schreibers besoldung tzum anheben hette. Damit aber auch gotfürchtige leute ein weinig ein wissen haben, wan sich für gelegenheitt gott lob, tzu solcher sachen jetziger tzeit tzugetragen, wil ich auch dauon einen kurtzen bericht thun.

[146r] Erstlich so habe ich mich wol längst tzuuor besorget wir würden nicht balde einen solche schreiber der Kirchenhistorien können antreffen oder tzuwegen bringen welcher beide eine gute artt tzw schreiben oder einen tuglichen stylum tzw solchem fürhaben, vnd auch tzugleich ein grundtlich vnd reines erkentnus der Euangelischen warheit hette, Jtem der mitt verstandt die sachen richten vnd viel arbeit tragen könte, tzw dem habe ich auch bedacht, das es an dissem sich stossen würde, wen man gleich einen solchen man haben könte, würde ehr doch, solte man ihn tzw dem wercke anders vermögenn, so ein grosses fodern, das der arme Christus in der grausamen vnbarmhertzigen vnd eigennützigen welt nichts könte ausrichten. Aber solcher sorgen, die mir im wege gelegen vnnd nicht ein weinig bekümmert haben, bin ich nun gantz entnohmen, den es hatt vns gott einen solchen man bereit gegeben, welcher die notigsten gaben, so tzw dem wercke gehören, hatt, vnd mitt einer leidtlichen besoldung sich kan begnügen lassen.4

Denn ich halte es dafür, ehr würde das erste [146v] jhar sich lassen benugen mitt hundert thaler oder auffs höchste mitt hundert vnd tzwentzigk, das wiere ia eine geringe summa, wen mann sie gegen der grossen notwendigkeit, nutz vnd fromen solcher Kirchenhistorien halten wolte.

Darnach hatt der Hochgeborne Fürst Otho Heinrich tzugesagt, er wolle eine grosse antzal bücher, welche dartzw nötig seindt verschaffen, den er hatt bereitt eine grosse liberei und hat gnedige vertrostung gethan, er wolle auch andere zu diser schrifft gehörig keuffen lassen, welche ehr bisher nicht gehabt.5 Es hatt sich auch noch ein ander grosser gewaltiger her6 s der auch sehr gelert ist tzw dissem wercke erbothen, welcher auch viel alter bücher sonderlich wider den Bapst geschrieben tzwm theil bereitt an hatt, tzwm theil wiest ehr woher noch andere mehr tzw bekommen seindt, vnd hatt auch nicht geringe gelegenheit dartzw.

Derwegen so wiere nichts das solch werck lenger auffhielte vnd könte baldt angefangenn werden, wen man nur tzum anfange die geringen verlegung haben könte, für den, so[147r]schreiben solte, wen gott gnade gebe das mann ein mahl nur anfinge an solch nötig vnd nützlich werck handt tzw legen, wolte ich nicht tzweiffeln, es würden darnach sich teglig mehr finden, welche tzw dem fürhaben mitt büchern vnd vnkosten helffen würdenn. Damit aber nicht iemandt gedenckt ich wolle mir schetze dauon samlen, vnd erdichtet nun solche fündtlein, damit ich gotfürchtige vnnd grosse leuthe also fein behende mit einem schein berücke, derwegen sol man meine meinung recht verstehenn. Das ich für mich gahr nichts daruon begere, dencke auch, das ich nicht wol einer aus denen, so an dem wercke arbeiten werden, sein könne, aus der vrsachen, das ich mich erkenne tzw der schrifft und auch tzw dem nachsuchen solcher materien etwas vnbequem, den ich kann schwacheit halber nicht viel arbeit ertragenn, vnd habe ohne das vberlang zwthun mit den newen verfürern vnd schwermgeisternn, den Adiaphoristen, Osiandristen, Schwenckfeldisten, vnd andern. Den weil ihn niemandt, [147v] wie es wol billig wiere, widerstehen will, u mus ich dasselbig thun, dieweil mich vnser hergot einmahl vnter das gereisse geführt hatt. Jjedoch wil ich derhalben nicht aller dinge meine hülf, so viel mir müglich sein wirdt, abgeschlagenn haben, sondern bisweilen solch werck gerne mitthelfen ansehen, vnd meine meinung dartzw sagen, wil auch gerne, was ich kann, helffen forderung thun, damit man bücher vnd andere nötigen ding haben könne. Jch habe auch bereit tzusammen getragen einen langen Cathalogum derienige, so wider den Babst geschrieben oder geleret, habe auch dartzw die tzeit vnd etzliche furneme artickel gesetzet, welche schrifft an sich selber nutz wirdt sein vnd tzw der Kirchenhistorien auch dienenn.

Biss daher hab ich meine meinung vnd gedancken von der nützlichen vnd hochnötigen historien ertzelet, Jch wil auch nicht vnterlassen alle gotfürchtige vnd gelerte leuthe vnd die so eines tzimlichen vermügens seindt, so[148r]viel an mir ist, tzw ersuchen, das sie tzw dem fürgenomen wercke wollen fürderlich vnd behülfflich sein, kan ich den gahr nichts erhalten, wolan so habe ich doch das meine gethan, vnd mein gewissen errettet. Daranch mügen andere tzusehen, wie sie gott an ienem tage rechenschafft geben, das sie so karck vnd vnbehülflich gewesen, vnd die Kirchengüter so vbel an andere örter angelegt habenn.

Vor tzeiten da die Kirche kaumetv im erstenn anfang gewesen, dartzu in grosse, armut vnd verfolgung, hat man mitt grossen vnkosten sehr viel eigene schreiber gehaltenn, welche allenthalben der merterer geschichte vnd kempffe haben sollen in bücher verfassen. Jtzundt aber, da man Kirchengüter gnugsam hatt, vnd die Christen nicht so gantz arm vnd bedrengt seindt, wie datzumahl, kan man nicht geringe vnkosten haben tzw wichtigen vnd nützlichen sachen, so gahr vnschlagtigw vnd tzw gotlichen sachen kelter, werden wir von tag tzw tag ie lenger ie erger.

[148v] Es ist auch tzumahl eine lesterliche schande von vns Lutherischen vnd den Hussiten, nicht alleine vor der welt, sondern auch für got dem Almechtigen selbst, das die papisten vnd vnter andern auch der Cochleus sollen das leben, die hendel vnd streit in Religionssachen des Hussen vnd D. Luthers mit sehr langen büchern beschreiben mit grossem schaden vnd nachtheil der warheit, vnd keiner sol vnter vns gefunden werden, die wir die warheit erkannt haben, vnd disse menner als sonderliche hohe lerer, durch welche got der welt die reine warheit an tag bracht vnd von jrthumen errettet hatt, hoch achten, der tzw erredtnus vnd ehren der warheit, solche historien warhafftig vnd gründtlich wie es sich gebürete in ein buch tzusammen brechte. Daher kompts das der meiste hauffe vnter vns, nicht allein vom gemeinen manne, sondern auch von den lerern selbst mit grosser schandt vnd schaden gahr nichts wissen, wie die lere des Euangeliums sei an tag[149r]komen, was es gekostet, was man für angst, mühe vnd arbeit darüber bis auff dissen tag ausgestanden, wie, wen vnd was man darinne gehandelt, gethan oder gelassen habe.


Kritischer Apparat

a Folgt gestrichen gemeint

b Folgt gestrichen beque

c unsichere Lesart schurken

d Folgt gestrichen sind

e Folgt gestrichen tzw

f unsichere Lesart Micoena

g unsichere Lesart vber

h unsichere Lesart einander

i sc. sich

j unsichere Lesart nutzunge

k unsichere Lesart grunt

l Folgt gestrichen Zwm Sechsten die geschrieben bücher der papisten wider dieienigen so recht gegleubett oder geleret haben vnd seindt gleichwohl für Ketzer verbannet worden, den aus denselbigen konte man auch etwas nehmen, welchs tzw erklerung der historien dienstlich wiere.

m Anmerkung am linken Rand Ist zweymal geschrieben

n Folgt gestrichen Deut

o Folgt gestrichen etwas

p Folgt gestrichen tzw solchen

q Folgt gestrichen son

r unsichere Lesart kaumpt

s Folgt gestrichen tzw dis

t sc. weiss

u Folgt gestrichen mus ich dasselbige thun

v unsichere Lesart kaumet

w unsichere Lesart vnschlagtig


Sachapparat

1 Carolus Molinaeus: Commentarius ad edictum Henrici secundi regis galliarum [...]. Basel: Jakob Kündig, 1552. VD 16: F 2361, [Online].

2 Matthias Flacius: Catalogus testium Veritatis, Qui ante nostram ætatem reclamarunt Papæ. [...] Basel: Johann Oporinus, 1556. VD 16: F 1293 [Online].

3 Offenbar hat der Übersetzer den "catalogus", von dem Flacius an dieser Stelle in der lateinischen "Consultatio" spricht, nicht mit dessen oben erwähntem Werk "Catalogus testium veritatis" zusammengebracht.

4 Der Magdeburger Schulrektor Gottschalk Prätorius, den Flacius zuerst Caspar von Nidbruck am 28.11.1553 als Schreiber der Zenturien vorschlug. Im darauffolgenden Frühjahr sprach er von einer jährlichen Entlohnung in Höhe von 100 Gulden. 531128 und 540300.

5 Flacius war von Caspar von Nidbruck über die Bestände der Bibliothek Kf. Ottheinrich unterrichtet worden. Am 4.4.1555 wird er Nidbruck bitten, den Kurfürsten um eine Besuchserlaubnis zu ersuchen. Vgl. Görlitz: Piscator, 181ff., 388-392. 1557 wird Flacius Ottheinrich für den Zugang zur Bibliothek danken, aus deren Beständen er eine alte Messe publiziert: Missa latina, Argentinae: Christian Mylius, 1557, Bl. A2r. [Online].

6 Vermutlich Caspar von Nidbruck, der Bibliothekar des späteren Kaisers Maximilian II. in Wien.

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