Augsburg, 5. Oktober 1556.
ÖNB Wien, Cod. Vind. 9737k, Bl. 136r-v.
Autograph.
Papier, Format 2°.
Transkription: Schulte: Beiträge, Nr. 1, 110.
Adresse: [9737k.136v] Dem edlen vnd hochgelartten herren, Casparn von Nidpruck, der Rechten doctor, vnd Königlichen Mayestat auch Königliche würden zu Behem, Hofrath, meinem günstigem herrn, vnd freundt. Regensburg. In seinem abwesen, herrn Endris Wolffen zu überanttworten.
[9737k.136r] S[alutem] P[lurimam]. Vir charissime, amice observande. Ex epistolio tuo per ordinarium nostrum nuncium mihi heri reddito intellexi,a teb cistam et vas recte accepisse. Hesterno die per quendam aurigam etiam ad te scripsi, cui pannum et alia, quae hic comparari tibi voluisti, tradidi. Indicem etiam librorum recenter emptorum meis literis inclusi. Fasciculum a Burtenbachio mihi traditum et ab Henrico Petri missum oblitus fui panno adjungere: sed curabo ut eum una cum duobus ensibusc meae supellectili addam quam intra quatriduum hinc Ratisbonam mittere decrevi.1 Hac septimana aut ad summam ad initium sequentis hinc nobis discedendum erit: faxit Deus, ut te incolumem Ratisbonae reperiam.2 Binas tuas litteras ad D[ominum] Truchsessium spectantes hospiti ejus Eckenbergio tradidi: nam is hincd discessit nescio an aut quando reversurus.3 Literas Regis praefectis nostris ocius tradidi: puto eas de Joanne Richio, qui in carceribus hic detinetur, scriptas esse.4 Reliqua praesenti sermoni reservabo. Resalutant te omnes mei amanter. Augustae VI Octobris anno salutis 1556. T[uae] H[onestati] studiosissimus. Joannes B[aptist] Heintzelius.
a Folgt gestrichen tibi
b Textergänzung über der Zeile te
c Textergänzung am linken Rand una bis ensibus
d Textergänzung über der Zeile hinc
1 Welcher Burtenbach hier gemeint ist, bleibt unklar. Wohl kaum Sebastian Schertlin von Burtenbach (1496-1577), ksl. General und Stadthauptmann von Augsburg mit einer Bestallung über 1000 Gulden, der auch repräsentative Funktionen besaß und u.a. am 31. Dezember 1558 gemeinsam mit den beiden Stadtpflegern Heinrich Rehlinger und Christoph Peutinger sowie zwei Bürgermeistern Kaiser Karl V. empfing (Pölnitz: Fugger 3, 207). Da Burtenbach zusammen mit Heinrich Petri (1508-1579) erwähnt wird, dem bedeutenden Baseler Drucker und Händler (Benzing: Buchdrucker, 35), könnte Haintzel ein Mitglied der gleichnamigen Augsburger Kaufmanns- und Händlerfamilie ansprechen. Allerdings war Leonhard Burtenbach 1554 gestorben, sein Sohn Hans wurde erst 1569 in die Kaufmannsstube aufgenommen, vgl. Reinhard: Augsburger Eliten, 85 und Häberlein: Brüder, 92 Anm. 289.
2 Haintzel wird als Ratsherr die Stadt Regensburg auf dem Reichstag in Regensburg vertreten, auf dem auch Nidbruck als kaiserlicher Hofrat anwesend sein wird. Der Reichstag hatte bereits im Juli begonnen und wurde bis zum März 1557 fortgeführt. Vgl. 561218.
3 Kardinal Otto Truchsess von Waldburg, Bischof von Augsburg, der eine dezidiert romtreue Linie in den Religionsverhandlungen fuhr und seine Unterschrift unter den Augsburger Friedenvertrag von 1555 nur mit Vorbehalt setzte. Vgl. Pölnitz: Fugger 3, 38. Hans Jakob Fugger stand in enger Verbindung zu ihm, ebd., 148f. Die Hauptresidenz des Augsburger Bischofs lag seit der Austreibung "papistischer Abgötterei" aus Augsburg 1537 in Dillingen. Wüst: Geistlicher Staat 1, 111; 502. Mit seinem Gastgeber ist höchstwahrscheinlich der aus Österreich stammende Balthasar Eggenberger (1503-1569) gemeint, der, nach Aufnahme in das Augsburger Stadtpatriziat 1538, zwischen 1548 und 1564 Mitglied des Großen Rates war. Er scheint häufiger Gastgeber hoher Herren gewesen zu sein, am 18. Dezember 1558 nachm Kurfürst August von Sachsen in seinem Haus Quartier, „einem stattlichen Eckhaus, von dem man bis zum Rathaus sehen konnte“. Vgl. Pölnitz: Fugger 3, 207. Otto Truchsess von Waldburg wird sich auf dem Weg zum Reichstag in Regensburg befunden haben, wo er im Oktober eintraf, vgl. Zöpfl: Waldburg 229f. Dass aber der Bischof von Augsburg gar nicht mehr in seiner Stadtresidenz übernachtete, überrascht doch.
4 Johannes Richius hatte bis 1546 den Lehrstuhl für Poesie in Marburg inne und in dieser Zeit verschiedene Gedichte verfasst (u.a. ein Trostgedicht zum Tod von Lucas Cranachs Frau und ein Epithalamium auf die Hochzeit des Landgrafen Johann Ernst von Thüringen). Laut einem für ihn von Friedrich Dedekind verfassten Propemptikon verließ Richius 1547 Marburg und ging nach Hannover. 1556 kehrte er aus Italien zurück, dekoriert mit dem juristischen Doktorat. Vgl. Gisela Möncke: Marburger Drucker der Jahre 1527-1566. Ergänzungen zur Bibliographie Arrey von Donners, in: Archiv für die Geschichte des Buchwesens 65 (2010), 88-157, hier 93. Über seine Inhaftierung in Augsburg ist weiter nichts bekannt.