Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung
    1. Ziel der Edition
    2. Historischer Kontext
    3. Inhalt der Edition
  2. Übersicht über bisherige Editionen
  3. Textüberlieferung und physikalische Beschreibung der Handschriften
  4. Editorische Praxis
  5. Codierung
  6. Bibliografie

1. Einleitung

1.1. Ziel der Edition

Gegenstand der Edition sind meist handschriftlich überlieferte Dokumente, die die Diskussion über die Methode, Organisation und Arbeitstechnik der Magdeburger Zenturien abbilden. Ihr Ziel ist es, die wichtigsten Texte zusammenzufassen sowie mit Kommentar und Regest zu versehen. Ein großer Teil dieser Materialien wurde bereits publiziert, jedoch weit verstreut in unterschiedlichen Editionen, die zudem von heterogener Qualität sind. Die Edition umfasst 154 Dokumente aus der Zeit zwischen 1552 und 1568.

Neben dem Herausgeber arbeiteten Inga Hanna Ralle und Carsten Nahrendorf an der Transkription und Redaktion der Texte sowie deren Codierung mit. Hilfen bei der Codierung, der Materialsammlung für die Kommentare und Biographien der in den Dokumenten erwähnten historischen Gestalten sowie bei der Erarbeitung der Bibliographie leisteten Kathrin Söhler, Natalie Meves und Mark Homann. Bei den oftmals komplizierten Recherchen nach Handschriften, die in den Dokumenten Erwähnung fanden oder die ausgetauscht wurden, konnte das Projekt in vielfacher Weise von den Arbeiten Bertram Lessers profitieren, der die Handschriften der Helmstedter Bestände an der Herzog August Bibliothek neu katalogisiert.

Seit der Erstveröffentlichung im Dezember 2012 sind an einigen Editionseinheiten Revisionen vorgenommen worden, die durchgehend dokumentiert sind. Die Bibliographie wurde erweitert, die Personenregister sukzessive mit bibliographischen Angaben ergänzt.

1.2. Historischer Kontext

Die Magdeburger Zenturien sind die erste, universal angelegte lutherische Kirchengeschichte. Sie reichen von der Zeit der Apostel bis ins 13. Jahrhundert und wurden zwischen 1559 und 1574 in der Werkstatt des Johannes Oporinus in Basel gedruckt. Die Motivation für die kirchenhistorischen Forschungen einer Gruppe lutherischer Theologen um Matthias Flacius Illyricus (1520-1575) und Johannes Wigand (1523-1587) ist in kontroverstheologischen Auseinandersetzungen mit der altgläubigen Kirche, aber auch in binnenlutherischen Kämpfen zu suchen. Nach der Niederlage der lutherischen Partei im Schmalkaldischen Krieg 1546/47 führte der Augsburger Reichstag das sogenannte Interim ein, das katholische Liturgie und Zeremonien wieder einsetzte und den Protestanten nur noch Priesterehe und Laienkelch zugestand. Melanchthon (1497-1560) und die Wittenberger Theologen erklärten die wesentlichen lutherischen Glaubensinhalte wie Abendmahls- und Gnadenlehre für unantastbar, stellten aber administrative und liturgische Fragen hintan, indem sie diese als menschliche Satzungen und Adiaphora, d.h. als nachrangig, definierten. Eine Gruppe von Theologen im kaiserlich nicht besetzten Magdeburg, die sich im eigenen Selbstverständnis als "Cantzley unseres Herrgotts" bezeichnete, stellte sich dagegen. Zu ihnen gehörten neben dem alten Luthergefährten Nikolaus von Amsdorf (1483-1563) sowohl Matthias Flacius als auch Nikolaus Gallus (1516-1570). Beide wurden später zu zentralen Figuren in der Arbeit an den Zenturien. Im Kampf gegen ein konfessionelles Rollback durch die Hintertür der Liturgien deklarierten sie die Identität von lutherischer Lehre und Ritus mit Doktrin und Gestalt der Urkirche. Zugleich suchten sie in den Jahrhunderten seit der Zeit der Apostel nach Wahrheitszeugen bzw. Spuren der wahren Lehre Christi.

Schon bald nach dem Augsburger Reichstag 1548 begann die Arbeit, die Flacius zuerst allein, dann in einer Gruppe von Mitarbeitern durchführte. Sie durchkämmten die gesamte kirchenhistorische Tradition und entwickelten für die Auswertung Instrumente und Methoden, die eine historische Lektüre im Horizont der eigenen Doktrin sinnvoll erscheinen ließ. Auf dieser Grundlage bildeten sich Kriterien zur Überprüfung der Echtheit von Dokumenten und Überlieferungen sowie der Wahrheit tradierter Aussagen. Richtschnur waren die "analogia fidei" und der "consensus patrum", letzthin die Übereinstimmung mit dem apostolischen und Augsburger Glaubensbekenntnis.

Die binnenlutherische theologische Diskussion in den 1550er Jahren war geprägt von Auseinandersetzungen um die rechte Lehre und einer gegenseitigen Abrechnung mit den Positionen der Interimszeit. "Melanchthonianer" und "Flacianer" standen sich unversöhnlich gegenüber. Der Schwerpunkt der Zenturien verlagerte sich zunehmend von einer Untersuchung des Ritus auf die Darstellung der rechten Lehre. Nach den Kämpfen von Flacius und Wigand gegen die Einrichtung eines Konsistoriums in Weimar und nach ihrer Entlassung aus dem Universitätsdienst in Jena 1561 bestimmten wieder apokalyptisch akzentuierte Muster die Beschreibung und Deutung der Kirchengeschichte der Zenturien. Der Feind wurde nun aber weniger in der römischen Kirche gesehen als in der Hydra eines vermeintlichen politischen Papsttums in Form lutherischer Herrschaft, die über das Konsistorium die Kontrolle über geistliche Belange zu gewinnen suchte. Für die Zenturiatoren zerstörte dies die göttliche Ordnung, die eine Aufteilung in weltliches und geistliches Amt forderte und rief nach Widerstand.

1.3. Inhalt der Edition

Die Editionstexte dokumentieren die Debatten über Aufbau, Systematik, Methode und Ziel einer Kirchengeschichte, die Sammlung der relevanten Quellen, die Planung der Arbeitsschritte, die Organisation eines gelehrt-theologischen Netzwerkes und die Distribution der Bücher. Diese Schriften treten in unterschiedlichen Gattungsformen auf. Bislang gibt es keine Ausgabe, die die gesamte Diskussion über Arbeitstechnik und Organisation kritisch zusammenfasst (siehe Übersicht über die bisherigen Editionen). Zu diesen Texten gehören Ratschläge und Gutachten (consultationes und iudicia), Instruktionen und Vorschriften in Form von regulae und articuli sowie ihre Revisionen, schließlich die sogenannten Methodus. Sie ordnen das Material nach topischen Gesichtspunkten und folgten auf diese Weise der wichtigsten zeitgenössischen schulischen und universitären Instruktionsmethode. In den Quellen finden sich zudem Urkunden über die Ausleihe von Büchern und Konzessionen zur Durchsuchung von Bibliotheken. Zum Umfeld der gesamten Diskussion gehören aber auch Briefe, in denen die Arbeitsprozesse abgestimmt und die Materialsuche koordiniert werden. Diese Textsorte nimmt die größte Zahl unter den edierten Dokumenten ein. Einigen sind Bücherlisten beigelegt, die Auskunft über gesuchte, exzerpierte bzw. zurückgesandte Bücher geben.

Die Magdeburger Zenturien entstanden als kollektives Produkt einer Gruppe von Autoren, Organisatoren, Sammlern, Exzerptoren und Kopisten. Koordinator der Arbeitsprozesse war der kroatische Theologe Matthias Flacius Illyricus, der allerdings nicht als Textautor wirkte. Im Selbstverständnis der Gruppe gab es verschiedene Ämter und Funktionen, die einen reibungslosen Arbeitsablauf garantieren sollten. Die "gubernatores" bzw. "rectores" leiteten das Unternehmen inhaltlich und organisatorisch, die "inspectores" waren allein für die inhaltlichen Prozesse zuständig, "architecti" bzw. "scriptores" lieferten Textbausteine aus den Exzerpten, die die "collectores" aus den Quellen zusammengestellt hatten. Die wichtigsten Autoren waren Johannes Wigand (1523-1587) und Matthaeus Judex (1528-1564), die neben ihrer Funktion als "inspectores" auch zu den "gubernatores" gehörten. Sie überarbeiteten vorliegende Textversionen, redigierten sie und stellten sie zur Druckfassung zusammen. Beide waren orthodox-lutherische Theologen in Magdeburg, später an der Universität Jena und nach der Demission wegen Lehrstreitigkeiten 1561 in Wismar tätig. Zur Gruppe der "gubernatores" gehörten zudem der Magdeburger Rat Ebeling Alemann (1515-1573) und der ebenda ansässige Mediziner Martin Copius (Köppe), die als städtische Bürgen für den reibungslosen Ablauf der Buchleihgeschäfte einstanden.

Erster in der Funktion des "architectus" bzw. "scriptor", dem Verfasser der Textversionen, war der Magdeburger Gymnasialrektor Gottschalk Prätorius (1524-1573), der allerdings wegen inhaltlicher, theologischer und arbeitsorganisatorischer Differenzen schon vor 1557 aus seinem Amt schied. Bereits vor Prätorius Weggang an die Universität von Frankfurt a.O. war Basilius Faber (1520-1576) zu seiner Unterstützung in das Amt eingerückt, im Sommer 1557 trat Andreas Pancratius Veltpeck aus Wunsiedel an dessen Seite. Noch vor Prätorius war kurzzeitig Hermann Hamelmann (1526-1595) für diese Arbeit vorgesehen, der jedoch das Amt nicht antrat. Es ließen sich noch eine Reihe weiterer Mitarbeiter anführen. Unter ihnen befand sich Theoderich Arthopoeus aus Zwolle, der sich nach seiner Entlassung aus dem Kollegium 1556 von einem Unterstützer zu einem ausgesprochenen Gegner der Magdeburger entwickelte, Flacius als Bücherdieb denunzierte und die Zenturien in Wittenberg als eine Widerlegung von Melanchthons "Loci theologici" darstellte.1

Eine überaus hoch anzusiedelnde Funktion im Arbeitsgefüge nahm in den ersten fünf Jahren des Unternehmens Caspar von Nidbruck (1525-1557) ein. Als Hofrat Kaiser Ferdinands I. und Hofbibliothekar König Maximilians von Böhmen, des späteren Kaisers Maximilian II., hatte er nicht nur Zutritt zu den reichen Wiener Sammlungen, sondern verfügte als Emissär Habsburgs auf diplomatischen Reisen auch über den Zugang zu wichtigen Klosterbibliotheken. Aufgrund seiner Ämter erfolgte die Kommunikation mit Flacius oftmals anonym oder pseudonym. Ohne Nidbruck und Flacius hätte das Unternehmen Magdeburger Zenturien nicht stattfinden können. Ohen Zweifel entwickelte Flacius die Projektidee und führte die theologische und historisch-methodische Diskussion an, zeitweise entscheidend von Nidbruck begleitet. Er nutzte Kontakte, um Theologen als Fachleute für die Arbeit zu gewinnen, aber auch, um die Belieferung mit Quellen zu sichern. Doch ist gerade in dieser Hinsicht der Anteil Nidbrucks sehr hoch einzuschätzen. Er stützte sich auf ein weit geknüpftes humanistisches und politisches Netzwerk, mit dessen Hilfe er Quellenmaterial für das Projekt bereitstellte. Vieler dieser Handschriften und Drucke gingen in Flacius' Besitz über. Martina Hartmann hat in einer detailreichen Rekonstruktionsarbeit die Manuskripte dieser Büchersammlung, die sich heute zu großen Teilen in der Herzog August Bibliothek befinden, ausfindig gemacht.2 Nidbruck konnte zudem einige der wichtigsten Geschichtsforscher der Epoche an die Zenturien heranführen, auch wenn es aus verschiedenen Gründen meist nicht zu einer dauerhaften und engen Zusammenarbeit kam. Zu dieser Personengruppe gehörten sogar altgläubige Reformtheologen wie Georg Cassander (1513-1566) und Cornelius Wouters (Valerius/ Gualterus, 1512-1578), der flämische Humanist und Agent Hubert Languet (1518-1581), der sich schließlich mit Melanchthon verband und zum Gegner der Zenturiatoren wurde sowie der französische humanistische Legist François Baudouin (1520-1573). Er setzte sich ernsthaft mit den methodischen Vorstellungen der Zenturien auseinander und übte Einfluss auf ihre Quellen- und Echtheitskritik aus. Die Erkenntnis, dass die pseudo-isidorischen Dekretalen ein gefälschtes Briefkorpus sind und wesentliche historisch-kritische Arbeitsvorgänge sind ohne Baudouins Anstöße in den Zenturien undenkbar. Gleichwohl schwebten beiden Seiten derartig unterschiedliche Konzepte vor, dass sich eine längere und intensivere Zusammenarbeit zerschlug.

Fest in den Organisationsstab eingebunden waren Nikolaus Gallus in Regensburg und Hartmann Beyer (1516-1577) in Frankfurt a.M. Beide waren als Superintendenten in ihren Städten tätig. Gallus arbeitete für die Zenturien, indem er die Lieferungen Nidbrucks aus Wien bzw. Süddeutschland nach Magdeburg über die Donau weiterleitete. Zudem öffnete er seine Superintendentur als Schreibstube für den Zenturienkopisten Marcus (Marx) Wagner (1527-1597), der auf dem dort stattfindenden Reichstag 1556-1557 die von Nidbruck hierhin verbrachten Materialien exzerpierte. Beyer wirkte als Vermittler auf der Frankfurter Buchmesse, besorgte neueste Texteditionen und hielt Kontakt zu verschiedenen Verlegern, u.a. dem in Basel tätigen Johannes Oporinus (1507-1568).

Es gab noch eine ganze Reihe von Personen, die die Arbeit an den Zenturien unterstützten.3Johannes Oporinus ließ nicht nur ihre Werke drucken und verlegen, sondern organisierte ein System zur Distribution der Zenturien und versorgte die Mitarbeiter mit kirchenhistorisch relevanten Neudrucken. Der in Basel aufbewahrte Briefverkehr zwischen ihm und dem Zenturienkollegium gibt Einblicke in den Alltag der Buchproduktion im 16. Jahrhundert aus Sicht von Autoren und Verlegern. Immer wieder offenbaren sich Konflikte über die Anzahl der Freiexemplare und die Höhe der Geldzuwendungen. Die Zenturiatoren hatten sich eine hohe Beteiligung vertraglich ausbedungen. Von den in einem Band erschienenen ersten drei Zenturien erhielten sie als Arbeitsentschädigung 100 Exemplare, von den späteren Ausgaben jeweils 50 Stück zuzüglich einer Summe von 100 Talern.

Der Nürnberger Prediger Wolfgang Waldner (1530-1591) unterstützte die Arbeit, indem er die Kloster- und Schulbibliotheken der Stadt nach Quellenmaterial durchsuchte. In Augsburg war es der Stadtrat Johann Baptist Haintzel, der die Zenturien mit Informationen und Material versorgte und ihnen den Zugang zur wichtigen Fuggerbibliothek öffnete.4 Zu den Mäzenen, die die Arbeit finanziell unterstützten, gehörten König Christian III. von Dänemark und sein Sohn Friedrich II., Pfalzgraf Ottheinrich, die Herren von Alvensleben und die Stadt Lindau.5 In einem kurzen Zeitfenster, 1559-60, als die protestantischen Fürsten mittels Heiratsplänen die Allianz mit Königin Elisabeth von England suchten, meinten auch die Zenturiatoren in der jungen Herrscherin eine Mäzenin gefunden zu haben, doch zerschlug sich diese Sehnsucht nach der Bewidmung der vierten Zenturie an sie und nach wenigen Briefen sehr schnell. Die Schreiben der späten 1550er und frühen 1560er Jahre beweisen, wie eng die Kirchengeschichtsschreibung mit den aktuellen konfessionspolitischen Debatten verbunden war und als Spiegelung der eigenen Konflikte um das rechte Bekenntnis, die Wiedereinrichtung des altgläubigen Domkapitels in Magdeburg und die Einrichtung eines Konsistoriums in Weimar diente. Aufgrund ihrer gegenüber den weltlichen Obrigkeiten kompromisslosen Haltung scheiterten die Zenturiatoren an ihren gesellschaftlichen Ansprüchen.

2. Übersicht über bisherige Editionen

Die vollständigste Auflistung der handschriftlichen Überlieferung der Briefe des Matthias Flacius liefert immer noch die umfangreiche Biografie von Mijo Mirkovič, die in serbokroatischer Sprache mit längerer deutscher Zusammenfassung vorliegt.6 Es gibt aber noch eine Reihe über den Briefverkehr des Flacius hinausgehende Schreiben, die für die Arbeit an den Zenturien relevant sind. Für ihre Ermittlung waren die Korrespondenzen der Kollegen Wigand, Judex, Prätorius und Nidbruck zu ermitteln. Viele von ihnen sind in Kristellers voluminöser Aufstellung von Humanistenbriefen verzeichnet.7

Erstmals im Druck erschienen Briefe aus dem Umfeld der Zenturien bereits im 16. Jahrhundert. Es war Marcus Wagner, Mitarbeiter des Zenturienkollegiums selbst, der einige in seinem Besitz befindliche Briefe 1593 herausgab.8 Wagner war für die Zenturien als Quellensammler, Exzerptor und Kopist in Schottland, Dänemark und im Baltikum unterwegs, aber auch, wie oben erwähnt, auf dem Reichstag in Regensburg.9 Die von ihm edierten Briefe stehen im Arbeitskontext der Materialbeschaffung und Arbeitsorganisation. Sie wurden noch einmal ediert und für eine Darstellung der Entstehungsgeschichte der Zenturien zurate gezogen.10

Der Helmstedter und Jenaer Geschichtsprofessor Caspar Sagittarius (1643-1694) hatte sich in seiner Kirchengeschichte mit den Reisen Wagners, der Organisation der Quellenbeschaffung für die Zenturien und dem gesamten Arbeitskollegium beschäftigt, ohne jedoch die betreffenden Dokumente vollständig zu edieren.11 Dagegen gab der Frankfurter Pfarrer Balthasar Ritter (1674-1743) vier Briefe des Matthias Flacius an Hartmann Beyer mitsamt seinem ersten Plan für eine Kirchengeschichte heraus, die inhaltlich alle in den Zusammenhang dieser Edition gehören.12

Wilhelm Preger, der mit einer zweibändigen Flacius-Biografie der Wiederentdeckung und Erforschung des Werks des kroatischen Theologen bedeutende Impulse lieferte, hatte für diese Zwecke Quellen in Regensburg, Wolfenbüttel und München ausgewertet.13 Besonders die großen Regensburger Bestände, die den umfangreichen Briefwechsel von Flacius mit dem Regensburger Superintendenten Nikolaus Gallus enthalten, waren nahezu vergessen und schlossen wichtige Lücken in der Forschung. Allerdings zitiert Preger nur in seltenen Ausnahmefällen wörtlich, sondern paraphrasierte die Quellen bzw. lieferte allenfalls Auszüge.

Ende des 19. Jahrhunderts veröffentlichte Victor Bibl aus dem Nachlass des Hofbibliothekars Capsar von Nidbruck, der in der Österreichischen Nationalbibliothek aufbewahrt wird, 40 Stücke seiner Korrespondenz mit Flacius.14 Bibl gibt zumeist genaue Signaturen und Seitenangaben an, verweist auf den Ausfertigungszustand der Schreiben und legt einen knappen Kommentar bei. Einige Schriftwechsel mit Hubert Languet und dem Wiener Gräzisten Georg Tanner (1515/ 1520-1580/ 1581), die beide als Zenturienmitarbeiter angedacht waren, erschienen in einer gesonderten Edition.15 Es fehlen jedoch sämtliche Briefe, die über diese Korrespondenz hinausgehen, sich gleichwohl aber im Kontext der Entstehung der Zenturien befinden. Zur gleichen Zeit erschien der große Programmaufsatz von Ernst Schaumkell zur Entstehungsgeschichte der Zenturien, der jedoch keine Edition der Dokumente liefert, sondern mehr oder weniger ausführliche Zitate aus dem Briefwechsel zwischen Nidbruck und Flacius.16 Er verweist auf einen sonst kaum erwähnten Brief der Magdeburger Gubernatoren an die altgläubigen Reformtheologen und Humanisten Georg Cassander und Cornelius Wouters (Gualterus).17

Karl Schottenloher stieß auf ein Gutachten zur Kirchengeschichtsschreibung aus Flacius’ Feder, welches an Pfalzgraf Ottheinrich gerichtet war und in dessen Hofbibliothek Eingang fand, um nach ihrer Auflösung im Dreißigjährigen Krieg mit einem großen Teil der Bestände in die Vatikana einzugehen.18 Es beruht auf demselben Text wie die in Wolfenbüttel aufbewahrte "Consultatio de conscribenda historia ecclesiastica", bei der es sich aber um eine Abschrift für die Gruppendiskussion handelt, während die römische Ausfertigung einige Erweiterungen und ihrer Form nach als Werbeschrift. Schottenloher veröffentlichte ebenfalls eine Urkunde des Regensburger Rates und die Abschrift seiner Kammer für Caspar von Nidbruck, die die Leihgeschäfte mit dem Kollegium in Magdeburg absichert und verbürgt,19 sowie eine Bürgschaft des Nikolaus Gallus für die Ausleihe von Büchern durch Flacius aus dem Kloster Reichenbach, ausgestellt für dessen Abt sowie den sich darum entspinnenden kurzen Briefverkehr.20 Heinz Scheible wertete in seiner Dissertation die methodischen Texte aus Wolfenbüttel aus und kontextualisierte die Entstehungsprozesse mit Dokumenten aus Wien, ohne Editionen dieser Schriften zu liefern.21 Später lieferte er eine Neuausgabe einiger gedruckt vorliegender Vorreden und Widmungsepisteln, die die methodische Diskussion abbilden.22 Die Briefe, die der Legist und Humanist Baudouin an die Zenturiatoren sandte, wurden textgetreu von Michael Erbe ediert.23

Die beste und eine mehr als verdienstvolle Zusammenstellung eines immensen Textkorpus – es umfasst 80 Texte – legte Ronald R. Diener als Anhang seiner Dissertation vor.24 Davon sind 43 Dokumente in diese Edition eingegangen. Die Arbeit enthält wichtige Aussagen zur textkritischen Beschreibung der Handschriften, weniges allerdings zu ihrer physischen Natur. Diener bedient sich nicht eines in klassischer Philologie üblichen kritischen Apparates, sondern trug - quasi den Modus elektronischer Editionen vorwegnehmend - die textkritischen Phänomene der Hinzufügung, der Streichung, des Ausradierens etc. in den Textkörper direkt ein. Dies verlangte nach einer Reihe selbst festgelegter Textauszeichnungen, die, um den Leser nicht ratlos zurückzulassen, einer zusätzlichen Beschreibung bedurften. Einige wichtige Schriften, die bereits an anderer Stelle ediert worden waren, ließ Diener aus. Aus Wien nahm er nur weniges auf, Regensburger Briefe meist nur in Teilen in den Text seiner Darstellung, vermeintlich unwichtige Dokumente aus Wolfenbüttel wie die Bewerbung von Gottschalk Prätorius, die für die Konstituierung des Kollegiums entscheidend war, fielen ganz heraus, ebenso der gesamte, in Frankfurt a. M. aufbewahrte Briefwechsel zwischen Matthias Flacius Illyricus und Hartmann Beyer, der aber, so der Autor, transkribiert zur Edition bereitliege. Dieners Arbeit ist überaus verdienstvoll, enthält aber eine Reihe von Tippfehlern, Lesefehlern, Auslassungen, Dittografien und Verschlimmbesserungen, was angesichts der Menge und Qualität des Materials - viele der Briefe sind schnelle hingeworfene Konzepte - nicht verwundern darf.25 Der Sammelband "Catalogus und Centurien" wiederholt die Ausgabe der wichtigsten in Wolfenbüttel vorliegenden Schriften nach Dieners Vorlage, versehen mit ausführlichen deutschen Inhaltsangaben im Rekurs auf die Erstedition.26

3. Textüberlieferung und physikalische Beschreibung der Handschriften

Eine ausführliche Beschreibung aller Handschriftenbände, die Dokumente enthalten, die zu dieser Edition zusammengestellt wurden, hätten den vorgegebenen Rahmen gesprengt. Daher kann nur eine kursorische Übersicht über die wichtigsten Manuskripte, die einen wesentlicheren Anteil an Editionsdokumenten umfassen, gegeben werden.

Der zentrale Band methodischer Texte in der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel ist Cod. Guelf. 11.20 Aug. 2°. Es handelt sich um ein von Johann Wigand zusammengestelltes Textkorpus zur Kirchengeschichte, 470 Blätter umfassend, dem auch die Diskussionen um die Methodik der Zenturien beigefügt ist. Die Sammlung entstammt der Bibliothek Wigands, die von Herzog August d. J. 1655/56 aufgekauft wurde.27 Der in Schweinsleder gebundene Folioband enthält Originalschreiben von Flacius, Wigand, François Baudouin und Gottschalk Prätorius sowie im Kollegium angefertigte Sekretärskopien, einige wenige Dokumente haben das Quartformat. Unter den Handschriften können Autografen in Ausfertigung oder Konzept, Sekretärskopien und Abschriften unterschieden werden. 19 Dokumente aus diesem Band wurden in die Edition aufgenommen. Die Bindung des Bandes ist teilweise sehr eng, sodass einige Digitalisate trotz Aufnahme per Spiegel nicht in die Bindung hineinreichen.

Cod. Guelf. 79 Helmst. ist ein Folioband in Pappeinband in teils schlechterem Erhaltungszustand. Er stammt aus der Bibliothek des Flacius und gelangte mit ihrem Aufkauf durch Herzog Heinrich Julius von Braunschweig-Lüneburg 1597 in die Bestände der Wolfenbütteler Bibliothek. Cod. Guelf. 361 Novi ist eine Sammlung einzelner, meist autografer Briefe in Folio, ein Schwerpunkt liegt auf Briefen von Nikolaus Gallus an Flacius. Die Herkunft dieses ungebundenen Konvoluts loser Blätter ist ungeklärt, doch es ist zu vermuten, dass es der Flaciusbibliothek entstammt, dann aber, wie einige andere Stücke aus dem Bestand der Helmstedter Handschriften, herausgelöst wurde. Später konnte es dann nicht mehr genau zugeordnet werden und erhielt eine Novi-Signatur.28

Der Nachlass des Basler Druckers und Verlegers Johannes Oporinus in der Öffentlichen und Universitätsbibliothek Basel befindet sich in einem guten Erhaltungszustand. 16 Briefe des Zenturiatorenkollegiums an ihn zwischen 1558 und 1567 fanden Eingang in die Edition,29 alle besitzen das Format Folio, enthalten eine Adressseite und befinden sich in gutem Zustand. Die ersten drei Schreiben sind als Sekretärsausfertigungen vorhanden, alle weiteren sind Autografen von Wigands Hand. Viele Briefe tragen Randbemerkungen und Unterstreichungen vom Famulus des Druckers; ob die Hand Johannes Basilius Herolds darunter ist, bleibt ungewiss. Leider fanden sich keine Fassungen von Druckmanuskripten in diesem Nachlass.

Die Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg Frankfurt a.M. bewahrt den Nachlass des Superintendenten Hartmann Beyer auf. Darunter befinden sich vierzig Briefe von Flacius sowie 28 Schreiben Wigands an Beyer.30 Ausgewählt für die Edition wurden 17 Briefe zwischen 1553 und 1567, die die Entwicklung der Methodik der Zenturien und die praktische Arbeit der Bücherbeschaffung und Netzwerkbildung dokumentieren. Die Flaciusbriefe sind zusammengeheftet und an den Rändern sehr angegriffen, ihr alter Papiereinband eingerissen. Bis auf einige Ausnahmen sind sie im Format Folio verfasst.31 Fünf Briefe schrieb Marcus Wagner als Flacius’ Famulus, einer entstammt einer unbekannten Sekretärshand.32 Die Adressen der Briefe sind in den meisten Fällen erhalten, neun allerdings deutsch und von anderer Hand.33 Die 28 Wigandbriefe sind eigenhändig und mit Unterschrift verfasst, in einem Fall fügte Matthaeus Judex seine Unterschrift hinzu.34 Sie sind durchgängig im Format Folio angelegt, die Qualität des Papiers ist sehr unterschiedlich, einige sehr nachgedunkelt. Ihr Erhaltungszustand ist deutlich besser als der der Flaciusbriefe, doch weisen auch sie Ein- und Ausrisse auf. Fast auf jedem Schreiben finden sich Siegelspuren.

Der in der Österreichischen Nationalbibliothek Wien aufbewahrte Nachlass des Caspar von Nidbruck besitzt einen immensen Umfang. Für die Edition relevant sind drei Bände mit Briefen, Briefkonzepten, Instruktionen, Leihscheinen und Bücherlisten,35 zudem die handschriftliche Frühfassung des "Catalogus testium veritatis",36 abgefasst von Marcus Wagner und Bücherlisten.37 Die Briefbände sind von Pappeinbänden zusammengehalten und besitzen das Format Folio, wobei viele Stücke nur Quartformat erreichen. Ihre Einbindung ist teilweise sehr eng. Viele Briefe sind Autografen in verschiedenen Ausfertigungsständen, einige der Schreiben von Flacius sind von Wagner oder einem anderen Zenturiensekretär, einige der Konzepte Nidbrucks von dessen Adjutus niedergeschrieben.38 In den Bänden befinden sich aber auch viele Abschriften von dem Sekretär des Hofbibliothekars Hugo Blotius (1533-1608). Einige der Briefe besitzen handschriftliche Anmerkungen von alter Hand, vermutlich von Blotius’ Nachfolger Sebastian Tengnagel (1573-1633) bzw. seinem Helfer. Die Edition nimmt neben den schon von Victor Bibl herausgegeben Briefen ausgewählte und relevante Stücke des Briefwechsels mit Nikolaus Gallus, Johann Baptist Haintzel (1524-1581), Conrad Gesner (1516-1565) und Cornelius Wouters (1512-1578) auf sowie Instruktionen für Quellensammler und Leihscheine.

Im Stadtarchiv Regensburg befindet sich unter dem Bestand "Ecclesiastica" der Nachlass des Superintendenten Nikolaus Gallus mit einer großen Anzahl von Briefen, die Flacius, Wigand, Wagner, aber auch andere wie Nidbruck an ihn gerichtet hatten. Die meisten Briefe sind im Format Folio und in Besitz der Adresse, aber einige der Flacius-Schreiben sind auf den Rückseiten alter Briefe verfasst, andere umfassen oft nur das Format von Papierschnipseln. Offensichtlich benutzte Flacius jegliches ihm vorliegende Papier, um Mitteilungen zu machen und Informationen weiterzugeben. Unter diesen Dokumenten sind 14 für die Edition relevante Schriftstücke aus der Zeit von 1557 bis 1568. Ihr Erhaltungszustand ist sehr verschieden, oftmals sind sie nicht von guter Beschaffenheit. Wilhelm Preger hatte sie Mitte des 19. Jahrhunderts wiederentdeckt: "Nachdem sie [scil. die Korrespondenz] lange Zeit auf dem dortigen Rathausboden aufgelöst und zerstreut dem Verderben ausgesetzt war, ist sie erst vor wenigen Jahren mit einer Anzahl von Originalbriefen anderer Theologen jener Zeit in das städtische Archiv gerettet worden."39

Unter den reformationsgeschichtlichen Handschriften in der Forschungsbibliothek Gotha sind sechs für diese Edition relevante Schreiben zu finden: vier Briefe von Flacius an den Nürnberger Prediger Wolfgang Waldner, vermutlich aus dem Jahr 1554, zwei Schreiben Wigands an den Jenaer Drucker Thomas Rebart (?-1570) von 1559.40 Die beiden Letztgenannten sind von sehr schlechter Qualität durch Ausriss und Papierfraß, die Briefe an Waldner wiederum von guter Beschaffenheit.

Schließlich wurden diverse Einzelstücke unterschiedlichster Povenienz und Qualität in die Edition aufgenommen. Die Ausfertigung der Consultatio gelangte über die Palatina aus Heidelberg nach Rom (BAV, Cod. Pal. Lat, 1567, Bl. 37-45). Flacius hatte sie zusammen mit einem Verzeichnis (BAV, Cod. Pal. Lat. 1879, Bl. 163r-168r) von Autoren und Titel, nach denen in in der Bibliothek Pfalzgraf Ottheinrichs gesucht werden sollte, verschickt. Beide sind in gutem Zustand, sowohl was die Erhaltung als auch die Ausfertigung, nahezu in Kanzleischrift, betrifft. Der Arbeitsstelle lagen Kopien aus der Vaticana vor, doch konnten aus publikationsrechtlichen Gründen leider keine Faksimile in die Edition aufgenommen werden. Die offiziellen Schreiben des Zenturienkollegiums an Würdenträger wie Königin Elisabeth von England, König Friedrich II. von Dänemark, Herzog Johann Friedrich II. d.M. von Sachsen und den Erzbischof von Canterbury Matthew Parker sowie dessen Antwort sind durchwegs im Format Folio und in einer kalligrafischen Sekretärsausfertigung verfasst.41 Sie befinden sich meist in gutem Zustand, allein der Brief an den dänischen König im Rigsarkivet Kopenhagen trägt Spuren von Papierfraß. In der British Library befindet sich das in Quartformat gehaltene Kopialbuch des englischen Humanisten und Reformators John Bale, dem drei Briefe für die Edition entnommen wurden.42 Schließlich sind zwei weniger beachtete Briefe von Flacius und dem Zenturienkollegium an die altgläubigen Ireniker Cassander und Gualterus in der Sammlung Papenbroek in der Universiteitsbibliotheek Leiden aufbewahrt. Sie liegen in der Sammlung von Johann Papenbroeck in Folio und gutem Erhaltungszustand vor.43 Die nur im Druck überlieferten Texte aus dem Fundus des Marcus Wagner sind im Abschnitt "Übersicht über bisherige Editionen" beschrieben.

4. Editorische Praxis

Diese Ausgabe der methodischen und organisatorischen Schriften der Magdeburger Zenturien umfasst die digitalen Faksimiles und eine kritische Edition der Handschriften samt Textapparat, Kommentar und einem deutschen Regest. Zur chronologischen Einordnung der Dokumente wurden Titelnummern eingeführt, die sich dem Abfassungsdatum des Dokuments ergeben, gegliedert in Jahreszahl (mindere Zahl), Monat und Tag. Ein am 10. November 1552 abgefasstes Dokument ist demnach unter der Titelnummer 521110 zu finden. Undatierte Dokumente wurden mittels inhaltlicher Kriterien datiert, ihre Titelnummer endet im Falle der Unbestimmbarkeit des Tagesdatums mit den Ziffern "00".

Die Edition stellt eine endgültige Textversion her, überliefert aber im Apparat die Textvarianten nach von den Autoren vorgenommenen Korrekturen. Emendationen offensichtlicher Verschreibungen erfolgen durch den Editor und werden im Apparat dokumentiert, ebenso die Verwendung falscher Kasus etc. Der unteren Vereinheitlichungen eingedenk, handelt sich nicht um eine rein diplomatisch getreue Edition, sondern um eine pragmatisch erstellte Textfassung. Allerdings folgt die Transkription von Texten, die nur in Druckfassungen vorliegen, der Vorgabe dokumentarisch. Es wurde nach den Richtlinien der Wolfenbüttler Digitalen Bibliothek für digitale Editionen vorgegangen.

Gängige Ligaturen und Abkürzungen („per“, „prae“, „pro“, „ex.“ für exempla etc.) werden ebenso wie Suspensionen (T. für "Tuus", D. für "Dominus", S.P.D. für "Salutem plurimam dicit") und Omissionen (Geminations- und Nasaldiakritika, e-caudata) stillschweigend aufgelöst. Ungewöhnlichere Kürzungen erhalten allerdings eine gesonderte Codierung. Anfänge von Sätzen, Paragrafen und Kapiteln sowie von Verzeichnissen werden vereinheitlicht groß geschrieben, ebenso Eigen- und Ortsnamen sowie Buchtitel, Sakralbezeichnungen (nomina sacra) dagegen nur, wenn eine Großschreibung auch vom Schreiber vorgenommen wurde. Es wurden folgende orthografische Normalisierungen eingeführt: u ersetzt vokalisches u/v, v das halbvolkalische u/v, i ersetzt alle j, æ wird in ae aufgelöst, œ in oe. Diese orthografischen Normalisierungen gelten nicht für volkssprachliche Texte, Texteinschübe und Wörter. Offensichtliche orthografische Abweichungen von der klassischen Norm wurden in der Edition beibehalten und in ungewöhnlichen Fällen kritisch angemerkt. Tychografische Tironische Noten wie "&" und "&c" wurden beibehalten und grafisch wiedergegeben, q; jedoch in "-que" aufgelöst, "y" bzw. "ÿ", wenn sie für "ij" stehen, als "ii" wiedergegeben. Ein "ſ" (langes s) wurde grundsätzlich als "s" dargestellt, "ß" als "ss", da beides keine distinktive Funktion besitzt. Übernommen wurden in den Quellen verwendete diakritische Zeichen: Gravis für Indeklinabilia; die Tonsilben markierender Akut, die durch bestimmte Endungssilben gegen die Paenultimaregeln verstoßen (-que, -ve, -ne). Das Zirkumflex sollte Mehrdeutigkeiten ausschließen und den Unterschied zwischen der Konjunktion quôd und dem Neutrum des Pronomens quod, dem Adverb aliâs und dem Akkusativ Plural des Pronomens alia, dem Adverb hîc und dem Demonstrativpronomen hic etc. markieren. Zirkumflex ist aber auch das Signal für Synkopierungen kontrahierter Formen des Indikativ Aktiv Perfekt wie invitârunt oder des Perfekt Konjunktiv Aktiv wie invitârit.

Die Interpunktion soll dem modernen Leser das Textverständnis erleichtern und die Gliederung des Textes verdeutlichen. Die Zeichensetzung frühneuzeitlicher Texte entspricht nicht den Gewohnheiten moderner Leser. Gemäß der consecutio temporum kann ein Brief nahezu in einem Satz geschrieben werden, wobei verschiedene Satzzeichen die Unterordnungsverhältnisse andeuten. Diese Form ist bei einigen Briefen Caspar von Nidbrucks zu finden. Die Funktion der Satzzeichen war noch nicht wie in der modernen Syntax festgelegt, vor allem Semikolon und Doppelpunkt besaßen nach Schreibern divergierende hypotaktische Ordnungsfunktionen. Da aber auch für das klassische Latein keine strengen Interpunktionsregeln aufgestellt worden sind, übernimmt die Edition einige vom Herausgebergremium des Corpus Christianorum angeregte Empfehlungen, nach denen kein Komma gesetzt wird:

Die Makrostruktur der Texte (Überschriften, Absätze, Angabe der Seitenwechsel) bleibt erhalten. Da die Handschrift dem Leser als Faksimile vorliegt, werden Reklamanten und Zeilenfall nicht vermerkt, Worttrennungen nur im Fall des Seitenwechsels. Aus demselben Grund wurde auf eine getreue Wiedergabe der Makrografik (unterschiedlicher Abstand zwischen Zeilen und Worten) und der Mikrografik (unterschiedliche Buchstabenformen, Einschaltzeichen etc.) verzichtet, allzu auffällige Besonderheiten allerdings im Apparat vermerkt. Ungegliederten Texten wurden Absätzen eingefügt. Die Quellentexte sind recte gesetzt, ebenso im kritischen Apparat, wo die editorischen Bemerkungen kursiv ausgegeben sind. Zeitgenössische Kommentare, Verbesserungen, Streichungen, editorische Eingriffe, Lücken, unleserliche Textstellen bzw. Unleserbarkeit aufgrund der Einbindung wurden gesondert codiert und sind im kritischen Apparat festgehalten. Auf gesonderte Apparate für Bibelstellen und klassische Quellen wurde verzichtet. Beide sind in den Kommentarapparat eingebunden, können aber über bibliografische Funktionen separat ausgelesen werden.

5. Codierung

Das gesamte Material wurde nach den Regeln der Text Encoding Initiative (TEI) nach der aktuellen Version P5 bearbeitet. Die Codierung folgt der an der HAB etablierten Praxis.

6. Bibliografie

Im Rahmen der Edition genutzte Literatur finden sie in der Bibliografie. Weiterführende, jeweils aktuelle Literatur wird über den OPAC der Bibliothek nachgewiesen.


Anmerkungen

1 Vgl. Preger: Flacius 2, 430f. Justus Menius nahm vermutlich diese Vorwürfe auf und kleidete sie in einer gegen Flacius gerichteten Ankageschrift aus. Vgl. Verantworttung Justi Menij Auff Matth. Flacij Jllyrici gifftige vnd vnwarhafftige verleumbdung vnd lesterung, [Wittenberg: Rhau,] 1557, Bl. Fiv r-v [opac] und Scholasticorum Academiae Witebergensis Ad Omnes Pios Cives Ecclesiarum †† Epistolae tertia et quarta, Witebergae: Rhau, 1558, Bij r-v, F r-v. [opac] Eine Apologie des Flacius bei Olson: Bücherdieb Flacius.

2 Hartmann: Humanismus, passim; vgl. auch jüngst Härtel u.a.: Katalog der mittelalterlichen Helmstedter Handschriften, XXf. Im Laufe dieser Arbeiten wurden der Flaciusbibliothek ermittelt, die über Hartmanns Katalog hinausreichen. Durch den Zusammenhang von flacianischen Besitzeintragungen, Sendevermerken Nidbrucks und regelmäßig auftauchenden Nummerierungen konnten Cod. Guelf. 456 Helmst. ("No. 5"), Cod. Guelf. 473 Helmst. ("No. 4"), Cod. Guelf. 1239 Helmst. ("No. 150") und vermutlich auch Cod. Guelf. 190 Helmst. ("No. 3") der Flaciusbibliothek zugewiesen werden.

3 Diener: Centuries, 68-70 listet das "bibliophilic network" auf; zu dem Mitarbeitern vgl. auch Scheible: Plan, 55f.

4 Vgl. Lehmann: Fuggerbibliotheken, 145-149.

5 500 Gulden erhielten die Zenturien aus Kopenhagen, vgl. 590419.

6 Mirkovič: Vlačić Ilirik, 396-425. Doch selbst ihm sind Briefe in London und Leiden entgangen.

7 Kristeller: Iter Italicum.

8 Thüringen Königreichs/ Das es für und nach Christi geburth in Pagos getheilet gewesen/ warhafftiger/ kurtzer gegründter Auszug aus Antiquitatibus, vnd warumb die Städte anfenglich [...] erbawet, Jhena: Steinmann, 1593. [opac].

9 Zu seiner Reise nach Dänemark und Schottland vgl. Baxter: Copiale, passim;Schulte: Beiträge, 102f.;Hartmann: Humanismus, 110f.

10 Schulte: Beiträge, 110-122. Zu Wagners Reisen im Auftrag des Zenturienkollegiums vgl. auch Schneider: Bibliotheksreisen.

11 Sagittarius: Introductio, 240-282.

12 Ritter: Flacius, 62-70. Der erste Brief an Beyer mit dem Plan zur Kirchengeschichte erneut bei Schulte: Beiträge, 64-66.

13 Preger: Flacius.

14 Bibl: Briefwechsel.

15 Bibl: Nidbruck und Tanner.

16 Schaumkell: Beitrag, 25, 27f., 30-34 zitiert in den Anmerkungen aus den Briefen 550404, 531128, 540823 und 561218. Vgl. Schulte: Beiträge, 60-63, 68f., 73-79, 81f., 88f.

17 Brief vom 2.8.1557, Schaumkell: Beitrag, 34f. Anm. 1, zitiert nach: lllustrium & clarorum virorum epistolae selectiores, superiori saculo scriptae vel Belgis ad Belgas, Ludgunum Batavorum 1617, 9, ep. IV. [opac].

18 Schottenloher: Ottheinrich, 147-157.

19 Schottenloher: Handschriftenschätze, 67-69. Beide Dokumente befinden sich heute im Hauptstaatsarchiv München, Reichsstadt Regensburg Urkunden 1555 III 8 (1-2).

20 Schottenloher: Handschriftenschätze, 73f.

21 Scheible: Plan, passim.

22 Scheible: Anfänge, 48-84 mit Auszügen aus dem "Catalogus testium veritatis" sowie der ersten, zweiten, vierten, siebten und 13. Zenturie.

23 Erbe: Bauduin, 262-276, der erste Brief bereits bei Schmidt: Sagittariana, 137-151.

24 Diener: Centuries, 396-571.

25 Eine größere Zahl an Fehlern weist die Lesung von 530307 in Diener: Centuries, 402f. auf, die das Verständnis des Briefes beeinträchtigten: "astutusque" statt "astutisque", "benevolentium" statt "benevolentiam", "doctori" statt "doctiori", "euro" statt "vero", "comcomstrare" statt "commonstrare", "philosophiis" statt "philosophus", "pueis" statt "puteis", "dummoque" statt "summoque", "unquam" statt "cuiquam". Gravierend auch, dass Diener: Centuries, 426 in 580208 "ad quam de re aget imo" statt "ad "quadragesimam" liest.

26 Diener: Methodik, 158-173.

27 Der Eingang der Handschriften aus der Wigandbibliothek in die Sammlung des Herzogs August ist durch dessen Akzessionskatalog auf 1655/56 zu datieren, vgl. Wolfgang Milde: Die Erwerbungsjahre der Augusteischen Handschriften der Herzog August Bibliothek. Supplement zum Katalog von Otto von Heinemann "Die Augusteischen Handschriften" Bd. 1-5, Wolfenbüttel 1890-1903, in: Wolfenbütteler Beiträge 14 (2006), 73-144, hier 95. [opac].

28 Otto Heinemann konnte bei seiner Revision zum Amtsantritt als Bibliotheksdirektor in Wolfenbüttel einige Handschriften nicht klar zuordnen. Vgl. HAB, BA, III, 379. So war aus einstmals Cod. Guelf. 67a Helmst. inzwischen 344 Novi geworden. Allerdings befand sich 361 Novi nicht in seiner Liste. Hinweise hierauf verdanke ich Dr. Bertram Lesser.

29 Frey-Gryn. II 9, 261-279.

30 Ms. Ff. H. Beyer A, Nr. 160-204, Bl. 190-241 Briefe zwischen 1552-1574, darunter Nr. 171-173 von Matthias Flacius junior aus Rostock. Darüber hinaus wurde in die Edition ein relevanter Brief von Wigand an Conrad Agrius aufgenommen, Ms. Ff. H. Beyer C, Nr. 8, Bl. 12r-v.

31 Im Quartformat sind Nr. 176, 177, 181, 184-186, 189a, 191, 203.

32 Nr. 178, 180, 200a, 201, 203 sind von Wagners Hand, Nr. 179 schrieb eine andere Sekretärshand.

33 Nr. 175-177, 181, 185-188, 202.

34 Ms. Ff. H. Beyer A, Nr. 298-326, Bl. 361-389. Nr. 304 ist von Judex mitunterschrieben.

35 Cod. Pal. Vind. 9737b, i und k umfassen 32, 445 bzw. 336 Blatt. Cod. Pal. Vind. 10364 enthält Abschriften ausgewählter Stücke von Hand des Bibliothekssekretärs auf 155 Blatt und ist eingefasst in einen schweinsledernen Einband.

36 Cod. Pal. Vind. 11591.

37 Cod. Pal. Vind. 5580 Bl. 29r-33v.

38 Diener: Centuries, 416 unterscheidet für die von Nidbruck verfassten Schreiben folgende Stufen: "calligraphic, fair copy, rough draft, and outline".

39 Preger: Flacius, 2, V.

40 Chart. A 127, Bl. 1r-4v, Chart. A 380, Bl. 41r-42v. Die Waldnerbriefe datiert der Bibliothekskatalog auf 1557, dagegen sprechen diverse inhaltliche Erwägungen.

41 THSTA Weimar, EGA, O 641 (an Herzog Johann Friedrich d.M. in der Überlieferung des herzoglich-ernestinischen Archivs), SUB Hamburg, Sup. ep. 1, 322r-323v (Brief von Parker), RA Kopenhagen, TKUA, 3-056 letters from universities abroad and learned men, Alman 1559 19/4 (an König Friedrich II.), Lambeth Palace London (an Königin Elisabeth), Ms. 2010, Parker Library, Ms. 119, 127-131 (Nachlass Matthew Parkers).

42 BL, Cotton Titus D X, Bl. 179v-181r.

43 Cod. Pap. 2, Matthias Flacius aan Georg Cassander en Cornelius Valerius, 1557, Cod. Pap. 3, Gubernatores et inspectores instituti historiae ecclesiasticae Magdeburgensis ad Georgium Cassandrum et Cornelium Gualterum, 1557.

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