|| [A 2r:] Gleichwie der ewige Son Gottes, vnser Herr Iesus
Christus, vor sei-
nem letzten todskampff nach einsetzung seines heiligen Abendtmahls seinen
Himlischen Vater ernstlich fuͤr seine Juͤnger bittet: „Heilige sie in deiner
Warheit. Dein Wort ist die Warheit. Heiliger Vater, erhalt sie in deinem
(5)Namen, die du mir gegeben hast, das sie eins sein, gleich wie wir.“1 Also
seindt alle Gottselige Menschen, in sonderheit aber die Lehrer in der Kirchen
Gottes schuͤldig, die Gttliche Warheit vnd Christlichen friede ernstlich zu
suchen vnd von grund ihres hertzen zu bitten, das der Ewige vnd Almechtige
Gott, Vater vnsers Herrn vnd Heilandts Iesu Christi, vmb seines geliebten
(10)Sons vorbit willen diese zwey hchste Cleynodt, reine vnd vnuorfelschte
warheit des Euangelij vnd Christliche eintrechtigkeit in seiner Kirchen,
|| [A 2v:] fuͤr vnd fuͤr gnedig verleihen vnd geben wlle. Vnd ist zwar fuͤr eine
sonderliche vnaussprechliche wolthat Gottes billich zu rhuͤmen, das in so
manchfeldigen zerruͤttungen vnd Ergernuͤssen, so vor dem ende der Welt je
(15)mehr vnd grsser werden, dennoch Gott der Herre beydes, die ware vnd
gegruͤndte Lehre vnser Christlichen Religion vnd einhelligen Consens vnd
eintrechtigkeit vnter den Lehrern in dieser Lande Kirchen vnd Schulen bis
anhero gnediglich verliehen vnd erhalten hat.
Nachdem aber von wegen der gefehrlichen streit, so in diese Lande von an-
(20)dern eingefuͤhret, vrsach gegeben worden, das von den allerhchsten Ar-
tickeln, als nemlich von der Person vnd Menschwerdung Christi vnd von sei-
ner Maiestet, Himelfart vnd sitzen zur rechten Gottes, notwendige Erklerung
gescheen muͤssen Vnd daruͤber auch vor die Knaben in den Lateinischen
Schulen ein Catechismus von dem Collegio der Theologi- || [A 3r:] schen Fa-
(25)cultet zu Wittenberg aus Christlicher wolmeinung in Druck verordenet,2 wel-
cher von vielen in verdacht gezogen, als solte darinnen newerung gesuchet
vnd die Lehre von der Himelfarth vnd dem heiligen Nachtmahl des Herrn
Christi anderer gestalt, als zuuor in diesen Landen gebreuchlich, erkleret vnd
fuͤrgegeben worden sein, welches sich doch im grunde Gottlob nicht befin-
(30)det, auch mit warheit nicht wirdt dargethan werden. Alsoa haben wir auff
gnedigsten befehl des Churfuͤrsten zu Sachssen etc., vnsers gnedigsten Her-
ren, vnserer Kirchen bekentnis von denen in streit gezogenen Artickeln vnd
der richtigen Lehr von der warhafften gegenwarth des Leibs vnd Bluts Chris-
ti im Abendmahl zu widerlegung alles misuerstands vnd verdachts auffs
(35)kuͤrtzste vnd einfeltigste widerholen sollen. Welchs wir dann eben auff diese
Form vnd weise gethan, wie es zuuor auch in den || [A 3v:] Schrifften, so in
dieser Landen Kirchen im Lehrampt gebraucht worden,3 gefasset. Damit
desto mehr zu bezeugen, das die Form zu lehren jederzeit bey vns auff einer-
ley weise gefuͤhret werde, wie wir dieselbe von vnsern lieben Vetern vnd
Praeceptorn, durch welche Gott der Allmechtige das Liecht seines Euangelij
(5)in diesen Landen erstlich angezuͤndet, empfangen vnd bis anhero stets also
geleret vnd erkleret haben, jndeme wir vns dann auch auff das lebendige
zeugnis vnserer Zuhrer beruffen vnd bey solcher Lehre mit Gottes huͤlff
bestendiglich zu bleiben vnd zu verharren gedencken.
nem letzten todskampff nach einsetzung seines heiligen Abendtmahls seinen
Himlischen Vater ernstlich fuͤr seine Juͤnger bittet: „Heilige sie in deiner
Warheit. Dein Wort ist die Warheit. Heiliger Vater, erhalt sie in deinem
(5)Namen, die du mir gegeben hast, das sie eins sein, gleich wie wir.“1 Also
seindt alle Gottselige Menschen, in sonderheit aber die Lehrer in der Kirchen
Gottes schuͤldig, die Gttliche Warheit vnd Christlichen friede ernstlich zu
suchen vnd von grund ihres hertzen zu bitten, das der Ewige vnd Almechtige
Gott, Vater vnsers Herrn vnd Heilandts Iesu Christi, vmb seines geliebten
(10)Sons vorbit willen diese zwey hchste Cleynodt, reine vnd vnuorfelschte
warheit des Euangelij vnd Christliche eintrechtigkeit in seiner Kirchen,
|| [A 2v:] fuͤr vnd fuͤr gnedig verleihen vnd geben wlle. Vnd ist zwar fuͤr eine
sonderliche vnaussprechliche wolthat Gottes billich zu rhuͤmen, das in so
manchfeldigen zerruͤttungen vnd Ergernuͤssen, so vor dem ende der Welt je
(15)mehr vnd grsser werden, dennoch Gott der Herre beydes, die ware vnd
gegruͤndte Lehre vnser Christlichen Religion vnd einhelligen Consens vnd
eintrechtigkeit vnter den Lehrern in dieser Lande Kirchen vnd Schulen bis
anhero gnediglich verliehen vnd erhalten hat.
Nachdem aber von wegen der gefehrlichen streit, so in diese Lande von an-
(20)dern eingefuͤhret, vrsach gegeben worden, das von den allerhchsten Ar-
tickeln, als nemlich von der Person vnd Menschwerdung Christi vnd von sei-
ner Maiestet, Himelfart vnd sitzen zur rechten Gottes, notwendige Erklerung
gescheen muͤssen Vnd daruͤber auch vor die Knaben in den Lateinischen
Schulen ein Catechismus von dem Collegio der Theologi- || [A 3r:] schen Fa-
(25)cultet zu Wittenberg aus Christlicher wolmeinung in Druck verordenet,2 wel-
cher von vielen in verdacht gezogen, als solte darinnen newerung gesuchet
vnd die Lehre von der Himelfarth vnd dem heiligen Nachtmahl des Herrn
Christi anderer gestalt, als zuuor in diesen Landen gebreuchlich, erkleret vnd
fuͤrgegeben worden sein, welches sich doch im grunde Gottlob nicht befin-
(30)det, auch mit warheit nicht wirdt dargethan werden. Alsoa haben wir auff
gnedigsten befehl des Churfuͤrsten zu Sachssen etc., vnsers gnedigsten Her-
ren, vnserer Kirchen bekentnis von denen in streit gezogenen Artickeln vnd
der richtigen Lehr von der warhafften gegenwarth des Leibs vnd Bluts Chris-
ti im Abendmahl zu widerlegung alles misuerstands vnd verdachts auffs
(35)kuͤrtzste vnd einfeltigste widerholen sollen. Welchs wir dann eben auff diese
Form vnd weise gethan, wie es zuuor auch in den || [A 3v:] Schrifften, so in
dieser Landen Kirchen im Lehrampt gebraucht worden,3 gefasset. Damit
desto mehr zu bezeugen, das die Form zu lehren jederzeit bey vns auff einer-
ley weise gefuͤhret werde, wie wir dieselbe von vnsern lieben Vetern vnd
Praeceptorn, durch welche Gott der Allmechtige das Liecht seines Euangelij
(5)in diesen Landen erstlich angezuͤndet, empfangen vnd bis anhero stets also
geleret vnd erkleret haben, jndeme wir vns dann auch auff das lebendige
zeugnis vnserer Zuhrer beruffen vnd bey solcher Lehre mit Gottes huͤlff
bestendiglich zu bleiben vnd zu verharren gedencken.
(10)Der Erste Artickel.
Soviel nun erstlich die kurtze widerholung des hohen Artickels von der Per-(10)Der Erste Artickel.
son des Herrn Christi vnd von Personlicher vereinigung zweier Naturen in
Christo anlanget, ist dieses vnser gruͤndtlich bekendtnis, den Schrifften der
Propheten vnd Aposteln vnd den Zeugnissen aller rechtgleubigen Lehrer, so
(15)jemals in der Kirchen Gottes gelebet, gemes, das der Herr Christus sey die
andere Person der heiligen Dreyfaltigkeit, nemlich der ewige Sohn Gottes,
von dem Vater von ewigkeit geborn aus seiner Substantz vnd wesen, sein
wesentlich Ebenbildt, durch welchen alle Creaturen in Himel vnd Erden
geschaffen seindt, der auch nach dem Fall Adae zu widerbringung des
(20)Menschlichen geschlechts sich selbst verpflichtet, men- || [A 4v:] schliche Na-
tur anzunehmen; vnd ist entlich zu bestimpter zeit in dem Leibe der reinen
Jungfrawen Mariae durch den heiligen Geist empfangen vnd warhafftiger
volkommener Mensch worden also, das er die gantze menschliche Natur,
Leib vnd Seel volkomlich jhme nicht allein vnzertrenlicherweise, sondern
(25)auch persnlichen vereiniget, nicht das er in derselben allein seine herberge
vnd wonung habe, wie sonst Gott wohnet in seinen Auserwehlten vnd jhnen
trost vnd leben gibt, sondern das er die Menschliche Natur also tregt vnd
erhelt, das dieselbe auch nichts were, wo sie nicht also angenomen, getragen
vnd erhalten wuͤrde. Welchs dann die alte Kirche vnionem hypostaticam
(30)oder Persnliche vereinigung genennet hat, welche eine einige Person
machet, gleichwie Leib vnd Seel im Menschen eine Person ist.
Vnd sind in dieser Personlichen vereinigung beide Naturen vnd derselben
eigenschafft, willen vnd wirckung dennoch vnterschieden, sintemahl die
Gottheit mit der Menschlichen Natur oder die Menschliche Natur mit der
Gottheit nicht vermenget, noch eine in die || [B 1r:] andere gegossen oder ver-
wandelt ist, sondern das der Sohn Gottes von ewigkeit war, als nemlich Wa-
rer, Ewiger Gott, allmechtig, vnentlich in seinem wesen, Weisheit, Gewaldt,
das ist er blieben; vnd das er nicht war, als nemlich Warer Mensch, das ist er
(5)worden nach seinem Gttlichem Wesen, aller ding Gott dem Vater gleich
nach seiner Menschlichen Natur, aller ding vns armen Menschen gleich aus-
serhalb der Suͤnde. Diese vereinigung beider Naturen hat sich alsbaldt in der
Empfengnuͤs in dem Leibe der Junckfrawen angefangen, vnd hat der Son
Gottes Jn vnd nach der Geburt beide Naturen vnterschiedlich an sich behal-
(10)ten vnd wirdt sie also an sich behalten in alle ewigkeit, dann was er einmahl
an sich genomen hat, das lest er nimmermehr widerumb von sich.
Gleichwie aber die Naturen ohne vermischung oder verwandelung vnzer-
trenlich vnd vnzerstrlich vereiniget sind, also behelt auch ein jedere Natur
jhre wesentliche warhafftige eigenschafft an sich fuͤr vnd fuͤr, die || [B 1v:]
(15)Gttliche jhre ewigkeit, vnendtligkeit, vnermesliche Weisheit, Allmacht,
vnsichtbarkeit, vnbegreifligkeit etc., die Menschliche Natur aber alle die
wesentlichen eigenschafften, die im menschen sind vnd bleiben, one suͤnde.
Vnd obwol die wirckung sowol als auch die eygenschafften in der einigen
Person Christi nicht knnen noch sollen voneinander abgesondert noch ge-
(20)trennet werden, jedoch sind dieselben auch nicht vntereinander zu mengen,
denn die Gttliche hat jhre wirckung mit dem Vater vnd heiligen Geist Als
warer vnendtlicher Gott, die Menschliche Natur thut vnd leidet, was
Menschliche Natur mit sich bringet.
Darumb recht geleret wirdt, das alles, was Christus erlitten hat in seinem
(25)gantzem Leyden vnd Sterben, das habe er erlitten an der Menschlichen
Natur vnd nicht an der Gottheit, die da nicht leiden oder sterben kan,
welche doch auch im Tode die einmahl angenmene Menschheit nicht
verlassen, sondern fest vnd vnzertrennlich an derselbigen gehalten vnd sie
widerumb am dritten tage aus dem || [B 2r:] tode heraus gerissen vnd zum
(30)Ewigen Leben erwecket hat. Recht ist auch geleret, das in dem Werck der
Erlsung vnd in vielen sichtbaren Wunderwercken des Herrn Christi
wircke eine Natur mit der ander, doch also, das eine jede, was jr eigenet,
ausrichte. Vnd trennet dieser vnterschied der Naturen, eigenschafften vnd
wirckungen nicht die einigkeit der Person, gleichwie die vereinigung der
(35)beiden vngleichen Naturen vnd die einigkeit der Person hinwiederumb
auch die Naturen vnd derselbigen eigenschafften vnd wirckungen nicht
durcheinander vermenget.
Wiewol aber die Menschliche Natur nach der Aufferstehung vnd Himmelfart
verkleret vnd alle Schwachheiten, denen sie zuuor vnterworffen gewesen,
(40)abgeleget vnd mit hhern Gaben als alle Engel vnd Menschen gezieret wor-
den, so ist sie dennoch warhaffte Menschliche Natur geblieben vnd hat die
wesentlichen eigenschafften derselben an sich behalten vnd ist vor sich
weder vorgttert4 || [B 2v:] noch der Gttlichen Natur an ewigkeit oder vnent-
ligkeit des wesens oder andern Gttlichen eygenschafften gleich worden,
sondern ist gewißlich vnd warhafftig noch ein Fleisch von vnserm Fleisch
vnd ein bein von vnserm bein.5 Denn der Ewige Sohn Gottes vnsere
(5)Menschliche Natur in alle ewigkeit an sich behelt zum gewissen Pfandt vnd
zeugnuͤs seiner vnaussprechlichen Liebe gegen dem Menschlichen Ge-
schlecht, darmit sich alle gleubigen nicht allein in diesem leben in aller noth
vnd widerwertigkeit zu trsten, sondern auch nach diesem leben ewiglichen
dessen zu frewen haben.
(10)Dieweil aber die alte rechtgleubige Kirche zu erklerung vnd bestetigung der
beyden vnterschiedenen Naturen in der einigen Person Christi mit vleis die
reden vnd spruͤche der Heiligen Schrifft von Christo erwogen vnd die nuͤtze
vnd nothwendige Lehre von der Communicatione Idyomatum6 wider vielfel-
dige Ketzerey mit grossem ernst vnd eiffer erstritten vnd auff die Nachkom-
(15)men gebracht hat, bekennen wir auch, das wir dieselbige Lehr, || [B 3r:] wie
sie von den alten Lehrern eygentlich fuͤrgeschrieben, vor recht halten, vnd
knnen den vnterscheid zwischen der vnione personali vnd Communicatione
Idyomatum vnd diese notwendige Regeln niemand zu gefallen verleugnen,
das etliche Spruͤche der Schrifft von Christi Person nach vnterschied der Na-
(20)turen, etliche aber von seinem Ampt vnd beruff zu verstehen sein, vnd das
ein anders sey, von den eygenschafften vnd wirckungen der Naturen in
Christo zu reden, ein anders aber, von dem gemeinen Werck der Erlsung
vnd Seligmachung des Menschlichen Geschlechts, darzu eine jedere Natur
das jhrige thut ohne wesentliche ausgiessung der Gttlichen Eygenschafften
(25)vnd wirckungen in die Menschliche Natur, vnd das man stets in der Schrifft
vnterscheiden muͤsse die Spruͤche von dem Standt der Ernidrigung vnd der
Erhhung Christi, in die er durch sein Leiden vnd Aufferstehen eingangen
ist, wie dann hieuon anderswo ausfuͤhrlicher vnd ferner bericht geschehen,7
dahin wir vns hiemit referiren vnd ziehen, weil es diese schrifft nicht leidet,
(30)weitleufftiger alhier alles zu widerholen.
Zum andern: Von der Maiestet des Herren Christi ist dis vnser Glaube vnd
Bekentnuͤs, das wir jn nach seiner Gttlichen Natur dem Vater in allem am
wesen vnd Gttlichen Eygenschafften gleich vnd einer Glori, Maiestet,
(35)Ehren vnd Herrligkeit erkennen vnd halten, nach der Menschlichen Natur
aber eine Creatur sein vnd bleiben lassen, die weder am wesen noch eigen-
schafften noch wirckung noch an der Maiestet vnd Herrligkeit jemals Gott
gleich worden sey, obwol diese Menschliche Natur sonsten (neben jmmerdar
bleibenden jhren wesentlichen eigenschafften) jhre besondere, wunderbare,
(5)hohe vnd grosse Herrligkeiten hat fuͤr allen vernuͤnfftigen Creaturen, beides
vor vnd nach der Verklerung. Dann das der Ewige vnd Eingeborne Son Got-
tes diese angenommene Menschliche Natur ihm selbest zueignet vnd die mit
|| [B 4r:] seiner Gttlichen Natur in eine Person vnzertrennlich vnd vnzerstr-
lich vereiniget, solche Herrligkeit ist keinem Engel widerfahren noch vnter
(10)dem Menschlichen Geschlecht keinem Heiligen, wird auch keinem Engel
noch Heiligen in ewigkeit widerfahren. Vnd eben darumb wird von diesem
Son Mariae recht geredt, das der Mensch Christus sey Ewiger, Allmechtiger
Gottes Son, vnd das diese Person, welche der Son Gottes vnd Mariae Son ist,
von allen vernuͤnfftigen Creaturen, Engeln vnd Menschen, angebetet vnd
(15)angeruffen werde vna et eadem adoratione.8
Auch hat der Son Gottes in dieser seiner angenommenen Menschlichen
Natur das gantze Werck der Erlsung des Menschlichen Geschlechts ausge-
richtet vnd dieselbe also teylhafftig gemacht alles seines Siegs, Victorien
vnd Triumphs. Dann der todt vnd das Leyden Christi, so er in Menschlicher
(20)Natur vber sich genomen, ist allein das einige Versnopffer, || [B 4v:] genug-
same bezalung vnd Lsegeld fuͤr die suͤnde der gantzen Welt, vnd sein
Fleisch ist ein Lebendigmachend Fleisch, welches der Welt das leben brin-
get, so ist Christus in dieser Natur von Todten erwecket vnd in derselben zur
Rechten seines Himlischen Vatters gesetzt Vnd also zum stetwerenden
(25)Kniglichem vnd Priesterlichem Ampt erhhet vnd zum Heupt seiner
Kirchen verordnet, welches alles in allem wircket. Vber diese Maiestet vnd
Ehre, welche zur Hoheit der Person vnd Ampt Christi gehret, hat auch die
Menschliche Natur Christi in vnd vor sich selber jhre hohe vnd herrliche vor-
zuͤge vor andern Menschen, als das alle andere Menschen, von Adam vnd
(30)Eua an, natuͤrlicherweis geborn werden aus beywohnung Mannes vnd Wei-
bes vnd werden in Suͤnden gezeuget, vnd weil sie hie auff Erden leben, muͤs-
sen sie die suͤndliche natur an sich tragen. Aber der Mensch Christus ist einer
Jungkfrawen Kindt, one Mannes Sahmen durch den heiligen Geist empfan-
gen vnd geboren, vnd ist allein heilig vnd one Suͤnde von Mutterleibe an.
(35) || [C 1r:] Er hat auch nach dieser Menschlichen Natur die fuͤlle aller gaben des
Heiligen Geistes, so doch andere Heiligen nur etliche vnd dieselbe mit geor-
denter mas haben. Sonderlich aber ist diese Menschliche Natur Christi nach
der Aufferstehung vnd Himelfarth gantz herrlich verkleret vnd mit vnsterb-
ligkeit, hohem Liecht vnd weisheit, mit vnaussprechlicher, vnbegreiflicher
macht, stercke, gerechtigkeit, frewde, leben vnd was mehr von hohen fuͤr-
-
trefflichen gaben kan genennet werden, weit hher als alle Creaturen
gezieret.
Es muͤssen aber alle zeit diese gaben vnd herrligkeiten der Menschlichen Na-
tur in Christo, die sie in vnd fuͤr sich selber empfangen hat, von dem Ewigen,
(5)vnentlichen, wesentlichen eigenschafften der Gttlichen Natur vnterschieden
werden, auff das die ewige vnentliche Gottheit Christi von seiner Menscheit
vnterschiedlichen erkandt vnd das wesen vnd eigenschafft der Creaturen vnd
des Schpffers nicht vntereinandergemenget werde, wie wir auch hieruon
auff die notwendigen weitern Erklerungen, so an- || [C 1v:] derswo albereit
(10)geschehen,9 vns hiemit referiret vnd gezogen haben wollen.
Von der Himelfart vnd Sitzen zur Rechten Gottes.
Zum dritten: Von den Artickeln der Himmelfarth Christi vnd seinem Sitzen zur Rechten Gottes ist dieses der heiligen Schrifft vnd der gantzen rechtgleu-
bigen Kirchen Lehre, darbey wir einfeldig bleiben vnd beharren, das diese
(15)Artickel nicht vntereinander zu mengen sein, weil die Himelfart einmahl
geschehen vnd das sitzen zur Rechten fuͤr vnd fuͤr wehret. Vnd verstehen wir
die Beschreibung vnd Historien der Auffart Christi gen Himmel nach dem
Buchstaben schlecht10 wie die Wort der Euangelisten lauten. Halten
demnach, das die Auffart nicht ein blosser schein vnd nur ein sichtbar
(20)Spectackel gewesen sey, || [C 2r:] sondern das vnser Herr Iesus Christus mit
seinem warhafften leibe von der Erden sich in die hhe erhaben vnd die
sichtbaren Himel durchdrungen vnd die Himlische Wonung eingenomen
habe, do er in der Glori vnd Herrligkeit das wesen, eigenschafft, form vnd
gestalt seines Waren Leibes behelt vnd von dannen am Juͤngsten tage zum
(25)Gericht in grosser Herrligkeit sichtbarlich wird widerkommen Vnd nach der
Allgemeinen aufferweckung der todten vnsere nichtige leibe wird ehnlich
machen seinem Herrlichen Verklerten Leibe vnd vns zu sich nehmen, do wir
auch bey ihm sein werden allezeit.
Das aber die Schrifft saget, Christus sitze oder stehe oder sey zur rechten
(30)Gottes, verstehen wir, das hiermit geweiset werde ein vnterscheid zwischen
Christo, der gen Himel gefahren ist, vnd zwischen Elia vnd andern Heiligen
vnd Auserweleten Engeln, die auch im Himel seindt, erkleren es auch fuͤr-
nemlich von der Erhhung nach beiden Naturen zum Kniglichen vnd Pries-
terlichem Ampt, welchs doch den vnterscheid beider || [C 2v:] Naturen nicht
(35)auffhebet, dann allein Christus also im Himmel ist, das er fuͤr vnd fuͤr in des
Vaters allergeheimsten Rath vnd Schos vnd also warhafftig in das allerhei-
ligste ein- vnd ausgehet, siehet vnd erkennet den Willen des Vaters, samlet
ihm eine Kirchen aus Menschlichem geschlecht, erhelt das Predigampt, bittet
fuͤr vns, bedecket vnd vberschattet vns mit seines Leidens, sterbens, thewren
Blutuergiessens vnd gantzen gehorsams verdienst, vergibt die Suͤnde,
schencket den heiligen Geist, wircket leben, trost vnd frewde in Gott,
beschuͤtzet, stercket, bewaret vnd errettet seine Kirche wider aller Hellen
(5)Pforten vnd wider der Tyrannen vnd Ketzer gewaldt, grim, zorn vnd wuͤten,
wirdt auch entlich die todten erwecken vnd seine gleubige einsetzen in ewige
frewd vnd herrligkeit, wenn er sie zu sich in Himel bringen wird.
Diese Werck, so zum Ampt Christi als des Einigen Kniges, Hohenpriesters
vnnd Heupts seiner Kirchen gehren, schreiben wir der gantzen Person zu,
(10)welche Gott vnd Mensch ist, vnd bekennen, das gleichwie der || [C 3r:] Ewige
Son Gottes zur zeit seiner ernidrigung das Werck der Erlsung des Mensch-
lichen geschlechts in der angenommenen Menschlichen Natur volbracht hat,
also noch heutiges tages die werck seines Ampts in seiner Menscheit, die er
nimmermehr von sich leget, volbringet; auch eben durch diese Natur viel
(15)herrlicher Werck vnd Thaten, die zu seiner Kniglichen Regierung vnd
Priesterlichem Ampt gehren, vollendet vnd ausrichtet, wie er dann in der
Menschlichen Natur am Juͤngsten Tage sichtbarlich widerkomen vnd das
Gericht vber lebendige vnd todten halten wirdt, von welchem allem, weil
anderswo weitleufftiger vnd ausfuͤhrlicher gehandelt worden,11 wir auff dis-
(20)mahl auch bey dieser kurtzen anzeigung es billich bleiben lassen.
Zum Vierdten: Betreffendt in sonderheit den Artickel vom Nachtmal des
Herrn ist dieses vnser Christlich Bekentnuͤs, das wir gewis glauben vnd hal-
ten, das die gegenwart des wahren Leibs vnd Bluts Christi in seinem Abendt-
(25)mahl (welche herr Lutherus vnd dieser Lande Kirchen der Bepstischen
Transsubstantiation oder verwandelung vnd der locali inclusioni oder reum-
lichen einschliessung in das Brot, auch dem Sacramentirischen Jrthumb von
den Lehren12 vnd blossen deutzeichen zuentgegen „vnionem sacramentalem“
oder ein „Sacramentliche vereinigung“ genennet) auff kein ander Fundament
(30)zu gruͤnden sey als auff die festen, vnbeweglichen Wort der Einsetzung vnd
stifftung des Herrn Iesu Christi, welche von den Euangelisten mit grossem
vleis vnd einhelligem Consens beschrieben vnd von dem Apostel Paulo
widerholet vnd erkleret sein.
|| [C 4r:] Vnd bleiben wir bey diesem einfeltigen, richtigen vnd gewissen ver-
(35)standt derselben Wort, das wir glauben vnd halten, das der Herr Christus in
dieser Ordnung seines heiligen Abendtmals Warhafftig, lebendig, wesentlich
vnd gewis gegenwertig ist, also das er seinen Waren Leib, fuͤr vns am stamm
des Creutzes auffgeopffert, vnd sein Wahres Blut, vor vns vergossen, mit
Brot vnd Wein in diesem Sacrament vns gibt vnd hiemit bezeuget, das er vns
anneme, zu Gliedmassen seines Leibes mache vnd vns mit seinem Blut reini-
ge vnd vergebung der Suͤnden schencke vnd warhafftig in vns wohnen vnd
krefftig in vns sein wlle.
(5)Vnd das wir viel vnnuͤtzer, gefehrlicher vnd ergerlicher Disputation vnd Fra-
gen allhie verhuͤtten vnd vbergehen, behalten wir getrewlich vnd bestendig
die Form vnd weise von diesem hohen Geheimnuͤs zu reden, wie nach den
Worten des Herrn Christi vnd nach der Erklerung des Apostels Pauli in vn-
serm Kindercatechismo des Herrn Lutheri vnd in dem Corpore doctrinae die-
(10)ser Lande Kirchen vnd sonderlich in der Augspur- || [C 4v:] gischen Confeßion
vnd Apologia, in widerholung der Schsischen Kirchen Bekentnuͤs, in den
>Locis theologicis vnd im Examine ordinandorum, auch in widerlegung der
Bayerischen inquisition Artickel dauon klerlich, deutlich vnd richtig geredt
wirdt.13 Mit welchen auch gentzlich vbereinstimmen die reden, so in dieser
(15)Lande vnd der Mechelburgischen Kirchenordnung Anno 1552 vom Herren
Philippo gefasset14 vnnd sonsten in allen Reichstgen vnd Colloquijs mit den
widersachern auff einerley Form vnd weise gebraucht vnd widerholet wor-
den, welche alle bestendiglich bezeugen, das das Sacrament des Nachtmals
Christi sey der Ware Leib vnd Blut vnsers Herrn Iesu Christi, vnter dem Brot
(20)vnd Wein vns Christen zu essen vnd zu trincken von Christo selbst einge-
setzt, oder, welches eben soviel geredt ist nach erklerung des Apostels Pauli,
das es sey eine Gemeinschafft des Leibs vnd Bluts Christi15 nach Einsetzung
vnd Ordnung des Herrn Christi, darinnen der Herr Christus vns mit den
eusserlichen sichtbarlichen Symbolis, als || [D 1r:] nemlich mit Brot vnd Wein,
(25)gewislich seinen warhafftigen Leib vnd Blut gegenwertig gibt vnd mitteilet,
vnd bestetigt hiemit seine gnedige zusage, das vns die Suͤnden gewislich
vmb seines leidens vnd sterbens willen vergeben werden, vnd das er war-
hafftig bey vns sein vnd in vns wircken wlle.
Wie denn auch die alte Kirche hieruon zu reden gepfleget vnd die gantze
(30)Christenheit singet, das vns Christus speise mit seinem Fleisch vnd mit
seinem Blute etc.16 Vnd sind bishero von den Lehrern vnserer Kirchen diese
volgende Zeugnis der alten Scribenten mit gutem bedencken auch auff den
Reichstgen vnd Colloquijs angezogen worden, als do der alte vornehme
Scribent Irenaeus spricht: „Wenn das irdische Brod durch Gottes Wort hier-
-
zu verordnet wird, so ist es nicht mehr ein gemein Brod, sondern wirdt
daraus das Sacrament oder Eucharistia, welchs zwey ding in sich helt, ein
Jrdisch vnd Himlisch.“17 Hilarius sagt: „Domini profeßione et fide nostra
vere caro est et sanguis et haec accepta et || [D 1v:] hausta faciunt, vt et Chris-
(5)tus in nobis et nos in Christo simus.“18 „So wir dieses niessen vnd trincken,
ist damit Christus in vns vnd wir in ihme.“ Chrisostomus spricht: „Singulis
fidelibus Christus per hoc mysterium se coniungit, et admiranda mysteria no-
bis data sunt, vt simus membra ex carne et os ex oßibus eius.“19 „Der Herr
Christus vereiniget sich mit einem jedem gleubigen durch dis geheimnis, vnd
(10)sind vns diese wunderbare geheimnis gegeben, das wir gliedmassen sind
seines fleisches vnd ein bein von seinem bein.“
Dergleichen spruch wird in der Apologia vnd Locis theologicis aus Cyrillo
angezogen: „Vnde considerandum est Christum non solum per dilectionem
in nobis esse, sed etiam naturali participatione, id est adesse non solum effi-
(15)cacia, sed etiam substantia.“20 Vnd in dem Colloquio zu Regenspurg21 sind
Gelasij vnd Synodi Nicenae spruͤche citirt. Gelasius sagt: „Certe sacramenta,
quae sumimus corporis et sanguinis Christi diuina res sunt, || [D 2r:] propter
quod et per eadem diuinae efficimur consortes naturae et tamen non desinit
esse substantia vel natura panis et vini.“22 „Fuͤrwar ein Gttlich ding ist es
(20)vmb die Sacramenta des Leibs vnd Bluts Christi, welche wir empfahen, da-
rumb wir auch durch dieselben der Gttlichen natur teilhafftig werden, vnd
hret aber dennoch die Substantz oder die Natur Brods vnd Weins nicht
auff.“
Nycena Synodus redet also hieruon: „Non attendamus ad panem et poculum
(25)in diuina mensa propositum, sed attollentes mentem fide, cogitemus iacere in
ea mensa agnum Dei tollentem peccata mundi.“23 „Wir sollen nicht allein
auff das Brod vnd den Kelch sehen, so auff dem Tisch Gottes fuͤrgeleget,
sondern sollen vnser gemuͤth mit glauben erheben vnd gedencken, das auff
diesem Tisch liegt das Lamb Gottes, welchs der Welt suͤnde tregt.“
(5)Diese vnd dergleichen Spruͤche halten wir, das sie in erklerung der Lehre
von der waren gegenwart des Leibs vnd Bluts Chri- || [D 2v:] sti im Abendmahl
aus gutem Christlichen bedencken von den Lehrern vnserer Kirchen auch
vor dieser zeit gebraucht vnd angezogen sind, damit beides die Bbtischen
Grewel von der gegenwart vmb des Priesterwercks willen oder ex opere
(10)operato24 in der Abgttischen Transsubstantiation, welche ist eine ertichte
verwandlung Brots vnd Weins, vnd in der anbetung, einschliessung,
vmbtragen des gesegneten Brods vnd andern abschewlichen misbreuchen
widerleget Vnd dargegen die irrige meinung der Sacramentirer verworffen
wuͤrde, welche fuͤrgeben, das der Herr Christus nicht wesentlich bey diesem
(15)seinem Nachtmahl sey noch seinen Leib vnd Blut vns gegenwertig austeile,
sagen, das nichts denn Brod vnd Wein im Nachtmahl sey vnd halten die
Sacramenta allein fuͤr eusserliche Kennzeichen, darbey die Christen ihr
bekentnis thuen vnd zu erkennen sein mgen.
Diesen jrthumen ist bishero in vnsern Kirchen stets widersprochen, vnd sind
(20)zu Nothwendigem vnterricht diese zwo Regeln beiden jrthumen entgegen
gesatzt:
|| [D 3r:] Die Erste Regel ist, das nichts Sacrament ist oder sein kan ausser
dem eingesetzten gebrauch.25 Denn dieses ist gantz gewis vnd offenbar, das
keine Creatur macht habe, Sacrament zu machen oder zu verendern. Mit die-
(25)ser Regel sind viel vnchristliche Disputationes auffgehoben von der Conuer-
sion, transsubstantiation, reumlichen einschliessung, vmbtragen, anbeten,
opffern des gesegneten Brots vnd vieler andern Abgttischen greweln des
Babstumbs.
Die ander Regel ist, das der Sohn Gottes warhafftig vnd gewislich gegenwer-
(30)tig ist bey dem Ministerio oder Ampt seines heiligen Worts vnd Hochwirdi-
gen Sacrament, vnd das er in seiner Kirchen dadurch wircke vnd krefftig sey.
Derwegen die Sacrament keinesweges fuͤr lehre26 vnd blosse Zeichen zu
halten sind noch die gemeinschafft oder austeilung des Leibs vnd Bluts
Christi aus dem Heiligen Abendmahl auszuschliessen ist. Denn diese
niessung ist nicht wie ein Heidnisch Gedenckzeichen, als so man ein || [D 3v:]
Spectackel helt vom Julio Cesare oder dergleichen Helden, die da todt sein
(5)vnd haben nichts mit vns zu schaffen, sondern der lebendige Son Gottes,
Jesus Christus vnser Heilandt, ist warhafftiglich mit dieser seiner Ordnung
im Abendtmahl. Vnd zwar eben darzu ist er in dieser seiner Ordnung
warhafftig vnd wesentlich gegenwertig, das er vns in dieser niessung mit
Brod vnd Wein seinen Leib vnd Blut gibt, applicirt vns sich selbst vnd seine
(10)verheissung, macht vns Gliedmas seines Leibes vnd wircket trost in vns.
Diese wirckung geschicht durch diese Person, die Menschliche Natur an sich
genommen hat vnd wircket nun in derselben vnd vmb derselben willen in
vns vnd gibt vns Leben vnd Seligkeit.
Diese notwendige Regeln halten wir fuͤr recht vnd der Stifftung vnd einset-
(15)zung des heiligen Abendmals Christi gemes vnd gebrauchen vns derselben
billich zu widerlegung der Bebstischen vnd Sacramentirischen jrthumb Vnd
zum warhafftigen trost von der krefftigen vnd fuͤr vnd fuͤr werenden gegen-
wart vnd wirckung des Herrn Christi in den gleubigen.
|| [D 4r:] Wir vermeiden auch die frembde vnd zur einsetzung dieses Nacht-
(20)mals nicht gehrende streite, welche Herr Lutherus selber mit vleis vorhuͤten
vnd abschneiden wollen. Als do er vielmals sagt, das vom allenthalben- oder
an allen orten sein nicht sol disputirt werden. Schreibet auch: „Vom Sacra-
ment des Leibs vnd Bluts Christi haben wir noch nie geleret, lehren auch
noch nicht, das Christus vom Himel oder von der rechten handt Gottes her-
(25)nider- noch auffahre, noch sichtbarlich, noch vnsichtbarlich. Bleiben fest bey
dem Artickel des glaubens ‚Auffgefahren gen himel, sitzend zur rechten
Gottes, zukuͤnfftig etc.‘ vnd lassens Gttlicher Allmechtigkeit beuolhen sein,
wie sein Leib vnd Blut im Abendmahl vns gegeben werde, wo man aus sei-
nem beuehl zusammenkompt vnd seine einsetzung gehalten wirdt. Wir
(30)dencken da keiner Auffart noch niederfarth, die da solte geschehen, sondern
bleiben schlechts vnd einfeltig bey seinen worten: ‚Das ist mein Leib, das ist
mein Blut.‘“27 Haec Lutherus.
Wir halten es auch darfuͤr, das durch diese erklerung den gewissen am besten
gera- || [D 4v:] then werde. So lehren wir vom nutz vnd rechtem brauch dieses
(35)Sacraments auff diese richtige vnd gewisse weise, das vngezweiuelt wahr
sey, das die Niessung des heiligen Abendmals dienen sol zu sterckung des
glaubens in den bekerten vnd gleubigen, wie denn der Herr Christus selbest
sagt: „Solchs thut zu meinem gedechtnis.“ Dargegen aber, das diese niessung
nicht nuͤtze sey, wo nicht die hertzen zu Gott bekehret sind vnd warhafftig an
(5)den Herrn Christum glauben. Verwerffen demnach den schedlichen jrthumb,
darinnen sehr viel Leute stecken, als erlanget man vergebung der Suͤnden
vnd ewigs leben allein vmb des wercks willen ex opere operato, wenn man
zum Sacrament hingehet, obgleich die hertzen one bekerung zu Gott vnd one
glauben sind.
(10)Vnd hieher gehrt die Lehre S. Pauli von den vnwirdigen, do er erstlich be-
filhet, das ein jeder sich selber pruͤfen sol, vnd drawet den vnbusfertigen
grausame straffe, spricht: „Das Wer vnwirdig von diesem Brod isset oder
von diesem Kelch des Herrn || [E 1r:] trincket, der sey schuͤldig an dem Leib
vnd Blut des Herrn vnd esse vnd trincke jhme selber das Gerichte damit, das
(15)er den Leib des Herrn nicht vnterscheidet.“28 Das ist wie herr Lutherus am
selben orth es ausleget, das er den Leib Christi handelt vnd darmit vmbgehet,
als achtet ers nicht mehr dann andere speise.29 Vnd in seinem Kindercate-
chismo setzet herr Lutherus diese frage ausdruͤcklich: „Wer empfehet dis Sa-
crament wirdiglich?“ Darauff er also antwortet: „Fasten vnd leiblich sich
(20)bereiten ist wol eine feine eusserliche zucht, aber der ist recht wirdig vnd
wolgeschickt, der den glauben hat an diese wort ‚Fuͤr euch gegeben vnd ver-
gossen zur vergebung der Suͤnden.‘ Wer aber diesen worten nicht gleubet
oder zweiffelt, der ist vnwirdig vnd vngeschickt. Denn das Wort ‚fuͤr euch‘
fordert eitel gleubige hertzen.“30 Wo nun durch die Predigt des Euangelij
(25)wahre bekherung zu Gott vnd wares || [E 1v:] vertrawen an Christum in den
hertzen angezundet wirdt, denen ist die niessung dieses Sacraments ein
gewisses Sigil vnd versicherung, dadurch jhnen in sonderheit applicirt vnnd
zugeeignet werden alle wolthaten des Herrn Christi, welcher hiermit bezeu-
get, das er jhnen die suͤnde vergebe vnd das er sie mit seinem Blut gereiniget
(30)vnd zu gliedmassen seines Leibs machen vnd das er in jhnen wohnen, kreff-
tig sein vnd sie Erben machen wolle des Ewigen lebens, dieweil er fuͤr sie
gestorben ist vnd nun lebet vnnd regieret inn ewigkeit.
Auff diesen fuͤrnembsten nutz des heiligen Abendmals folgen hernachmals
die andern fruͤchte, als das wir dardurch zur hertzlichen dancksagung zu Gott
(35)erwecket werden vnd das wir vns zur lieb vnd freundschafft gegen vnsere
Mitchristen hiermit vorpflichten, item vnsern glauben vnd bekentnis fuͤr an-
dern Leuten an tag geben vnd offentliche Christliche versamlung in der
Kirchen Gottes erhalten helffen. Von welchem allen sowol, als auch von den
abschewlichen mis- || [E 2r:] breuchen in der Bbstischen Mess vnd allen
Sacramentirischen Jrthumben anderswo in den Schrifften vnserer Kirchen,
derer wir zuuor gedacht haben,31 weiter bericht geschicht, zu denen wir vns
hiermit, wo etwas in dieser kurtzen erzehlung nicht deutlich genug gefast
(5)were, abermals referiren vnd ziehen.
Vnd haben wir hohe vnd wichtige vrsachen, worumb wir bey dieser einfelti-
gen vnd in vnser Kirchen gewnlichen Form zu lehren vnd zu reden vom
heiligen Abendmahl Christi bleiben vnd nicht den gefehrlichen reden ande-
rer, so nur verwirrung der gewissen verursachen, nachfolgen. Halten es auch
(10)gentzlich darfuͤr, das vnsere liebe Vter vnd Praeceptores, durch welche Gott
die Lehre des Euangelij vnnd den rechten brauch der Sacrament in diesen
Landen erstlich gepflantzet vnd auff vns fortgebracht hat, ernstlich dieses
gemuͤts gewesen, das sie in obgemelten Schrifften den nachkommenden eine
gewisse, wolerklerte vnd richtige Lehr von diesem Artickel fuͤrschreiben vnd
(15)wissentlich die frembden vnd ergerlichen reden hindansetzen wollen. || [E 2v:]
Vnd wird Gottlob der Kinder Catechismus des Herrn Lutheri bey vns zum
allerfleissigsten vnd trewlichsten getrieben,32 wie auch alle Ordinanden auff
die Fragen, so in Examine ordinandorum Deutsch vnd Lateinisch fuͤrgestelt,
examiniret, verhret vnd darzu verpflichtet werden.
(20)Es ist auch bishero von der zeit an, als Carolstadt aus diesen Landen hinweg
kommen,33 nie kein streit in den Kirchen vnd Schulen dieser Lande von dem
heiligen Abendmahl von jemandts erreget noch jemals, was in vorgedachten
Schrifften hiruon gefasset vnd von vns auff einerley weise stets widerholet
ist, in einigen zweifel, verdacht oder vbeldeutung gesatzt worden. Das aber
(25)dieser zeit vnruige Leut sich dawider erst anfangen auffzulegen, wie wir seit
dem Deutschen Kriege34 her auch in andern Artickeln mit schmertzen haben
erfahren muͤssen, das alles, was zuuor recht vnd vnangefochten blieben ist,
nu erst von jhnen aus muthwillen vbel gedeutet vnd verfelscht worden ist. Jn
deme haben dieser Lande Kir- || [F 1r:] chen vnd Schulen, so stets bey einerley
(30)Form der Lehre geblieben, solche vnruige Leut fuͤr jedermenniglich35 billich
zu beschuͤldigen, als die weder die warheit noch den frieden suchen, vnd
nicht weniger in diesem Artickel „Von der waren gegenwart des Leibs vnd
Bluts Christi im Abendmahl“, als in andern Artickeln gantz gefehrliche vnd
ergerliche Disputationes erregen vnd die einfeltige, gewisse Lehre mit vnge-
(35)gruͤndten vnd frembden getichten auffs scheuslichste vorderben. Denn das
durch die ertichte36 Realem oder physicam communicationem,37 daraus sich
etliche bemuͤhen, Fundamenta vnd Gruͤnde der Lehr vom Abendmahl zu
suchen, der hohe Artickel von beyden Naturen in Christo verfelschet vnd
hiergegen alle alte verdampte Ketzerey der Marcioniten, Valentinianer,
(5)Manicheer, Samosatener, Sabellianer, Arrianer, Nestorianer, Eutichianer vnd
Monotheleten38 auff die bahn gebracht werden, das ist anderswo allbereit
dargethan vnd erwiesen. Das aber hiedurch auch im grunde verderbt werde,
was bishero diese Lande von der wahren gegenwarth des Leibs vnd Bluts
Christi im Abendmahl gelehret vnd bekandt haben, ist aus folgenden
(10)vrsachen klar vnd augenscheinlich:
|| [F 1v:] Erstlich ist die ertichte physica communicatio, die man sampt der
Vbiquitet oder allenthalbenheit einfuͤhret, der gantzen rechtgleubigen Kir-
chen vnbekandt vnd in der Christenheit von anfang bis auff diese zeit nie
gehrt worden, wirdt auch zum hefftigsten von den Papisten selbst angefoch-
(15)ten vnd verworffen. So nun der grund des heiligen Nachtmals hierauff ge-
setzt werden solte, muͤste die Christenheit von anfang bis dahero keine
gewisse Lehr noch trost gehabt haben Von der gemeinschafft des Leibs vnd
Bluts Christi im Abendmahl.
Zum andern ist es der Ordnung vnd stifftung des heiligen Abendmals gantz
(20)vngemes, das in wahrem brauch desselben eine gegenwart sein sol per mo-
dum vbiquitatis, das ist, das Christus im Abendmahl anders nicht sein sol als
sonsten an allen orten, in Steinen vnd holtz, gleich als wie man sonsten von
der praesentia vniuersali oder allgemeinen gegenwart redet, darmit Gott in
allen Creaturen gegenwertig ist, so doch die Sacramentliche vereinigung des
(25)Leibs Christi mit dem Brodt (wie es herr Lutherus in formula concordiae,
mit den Oberlendischen Theologen Anno 36 gestalt, selbst nennet)39 eigent-
lich gehret in die besondere gegenwart des Herrn Christi, darmit vnd dar-
|| [F 2r:] durch er im heiligen Ministerio in der gleubigen Menschen hertzen
krefftig sein wil.
(30)Zum dritten, so werden durch das geticht40 von der physica communicatione
oder wesentlicher mitteilung der Gttlichen eigenschafften die hertzen abge-
fuͤhret von den wahren, vngezweifelten worten der einsetzung Christi, wel-
che der einige grund der Lehr vom heiligen Abendmahl in der Christlichen
Kirchen sein vnd bleiben muͤssen, werden aber dagegen angeweiset auff ein
(35)vnbestendiges, zweiuelhafftiges Fundament, von welchen auch die, so sol-
chem geticht sich anhengig machen, keinesweges miteinander selbst einig
sein. Sintemahl sie vngewis, ob alle Gttliche eigenschafften oder nur etli-
-
che, item ob vor oder nach der vorklerung die Gttlichen eigenschafften der
Menscheit Christi wesentlich mitgeteilt sein sollen.
Zum Vierdten, das vor wenig Jahren Caspar Schwenckfeld41 die ertichte
allenthalbenheit des Leibs Christi gleicher gestalt gestritten vnd darmit seine
(5)irrige meinung von einer newen, frembden vnd zuuor vnerhrten gegenwart
des Leibs vnd Bluts Christi im Abendmahl wider die Lehre dieser Kirchen
von diesem hohen vnd grossen Geheimnis darthuen wollen.
|| [F 2v:] Zum fuͤnfften, das keine grssere Sacramentschwermerey sein kan
denn die, Artickel Christliches glaubens entweder vmbzustossen oder vnge-
(10)wis zu machen, sinthemahl die Sacrament Sigel vnd bestetigung sein des
glaubens. Vnd do die Artickel des glaubens verwirret oder zunichte gemacht
werden, lesset man von den Sacramenten allein die huͤlsen vbrig one den
rechten Kern. Weil dann die physica communicatio vnd ertichtete vbiquitas
in alle Artickel des Glaubens von Christo schreckliche verfelschunge bringet
(15)vnd den vnterscheid Gttlicher vnd Menschlicher Natur in Christo zu grund
auffhebet, kan jhe die richtige vnd wolgefaste Lehr dieser Kirchen von der
wahren gegenwart des Leibs vnd Bluts Christi im Abendmahl grewlicher
nicht geschendet werden, als so man den modum praesentiae auff die ertich-
ten speculationes gruͤndet von der vbiquitet vnd physica Communicatione
(20)Idiomatum.
Zum Sechsten, das es ein offenbarliche implicatio contradictionis ist, welche
mit der Gttlichen Ewigen warheit streitet, das Christus im Heiligen Abend-
mahl vns seinen warhafftigen Leib gibt vnd das er doch keinen waren
Menschlichen leib nach seiner verklerung haben sol, wel- || [F 3r:] ches one
(25)mittel42 folget, wo die allenthalbenheit sampt der wesentlichen ausgiessung der
Gttlichen eigenschafften in die Menscheit Christi eingefuͤhret werden sol.
Aus diesen vnd dergleichen vrsachen kan jedermenniglich vernehmen, das
die jrrigen trewme, so wider das bekentnis der allgemeinen rechtgleubigen
Kirchen Von der Maiestet des Herrn Christi von vielen dieser zeit mit gros-
(30)sem geschrey vnd falscher beschuͤldigung trewer vnschuͤldiger Lehrer getrie-
ben werden, nicht allein zur eussersten schmach der Ehre des Sons Gottes
gereichen, welcher als wahrer Gott vnd warer Mensch wil erkandt werden,
sondern auch die gantze Lehr vom Abendmahl auffs scheuslichste verder-
ben, schenden vnd lestern. Solcher grossen vnd gefehrlichen vnrichtigkeit
(35)knnen vnd sollen wir vns keinesweges teilhafftig machen, bleiben demnach
bey richtiger vnd wolgefaster Lehr, so in allgemeinen bekentnuͤssen dieser
Lande Kirchen vnd Schulen vns trewlich hinderlassen ist. Vnd wie die lieben
Aposteln in dem ersten Abendmahl es schlecht vnd einfeltig bleiben lassen
bey der Einsetzung vnd Ordnung Christi, do der Leib des Herrn noch nicht
(5)verkleret noch zur rechten Gottes erhhet || [F 3v:] war, also mengen wir die
vnterschiedene Artickel nicht vntereinander, warnen vnsere Zuhrer vor den
fuͤrwitzigen fragen in diesem Geheimnis vnd fuͤr gefehrlichen reden, so zu
misbrauch vrsach geben vnd die gewissen vnd hertzen verwirren mgen.
Diese vnsere bekentnis vnterwerffen wir dem vrteil aller Gelerten, verstendi-
(10)gen vnd Gottfuͤrchtigen Leut vnd referiren vns in diesen vnd andern stuͤcken
vnserer Christlichen Religion auff das gantze Corpus doctrinae dieser Lande,
welches wir halten fuͤr den einhelligen Consens, den Schrifften der Prophe-
ten vnd Aposteln vnd den Bekentnissen der allgemeinen rechtgleubigen Kir-
chen gemes. Damit auch aller misuerstandt vnnd vbeldeutung verhuͤtet
(15)werde, wollen wir dis vnser Bekentnis anders nicht verstanden haben als wie
die einhellige Lehr, so in dieser Land Kirchen vnd Schulen nun in die 40
oder 50 Jar gefuͤhret worden, ausweiset vnd in vnserm Kinder Catechismo
des Herrn Lutheri ausdruͤcklich gesetzt vnd erklert wirdt, wie wir denn auch
hiermit, was diesem zuentgegen ist, verwerffen.
(20) || [F 4r:] Vnd bitten den Ewigen Son Gottes, vnsern trewen Knig vnd Hohen-
priester, das er vns in seiner warheit heiligen vnd in vieler Leut hertzen das
Liecht der reinen Lehr anzuͤnden vnd seiner armen vnd hochbetruͤbten Kir-
chen in diesem letzten alter der Welt friede vnd einigkeit verleihen vnd jhme
in diesen Landen fuͤr vnd fuͤr einen heiligen Sahmen erhalten vnd bewahren
wlle. Amen.
[Holzschnitt: Putto mit Fähnlein und kursächsischem zweiteiligen Wappen:
rechts: gekreuzte Schwerter auf geteiltem Schild: Reichs-Erzmarschall;
links: Rautenkranz über schwarz-goldenen Balken: Sachsen]
(30)
c Gedruckt in Churfuͤrstlicher Schsischer Druckerey
durch Matthes Stckel vnd
Gimel Bergen.1571.c