Einleitung
1. Historische Einleitung
In der Debatte um ihre
„Catechesis“ beließen es die Wittenberger nicht bei der
„Grundfest“ als Antwort auf die rasch laut werdende Kritik. Nur wenige Wochen nach ihrer
großen Verteidigungsschrift veröffentlichten sie im August 1571 die
„Wittenberger
Fragstück“. Mit dieser ebenfalls in Frage- und Antwortform konzipierten Schrift, in
deutscher Sprache und von überschaubarem Umfang, sollte die in der
„Catechesis“
vertretene Abendmahlslehre und Christologie durch zusätzliche Klärungen untermauert
werden. Zugleich richtete sich die Veröffentlichung an einen größeren Rezipientenkreis:
Auch diejenigen, die nicht des Lateinischen mächtig waren und nicht der anspruchsvollen
Argumentation der
„Grundfest“ folgen wollten, sollten sich ein Urteil über den
Wahrheitsgehalt der Vorwürfe bilden können, die gegen den Katechismus erhoben wurden.
Die
„Fragstück“ konzentrieren sich inhaltlich ganz auf einen wichtigen Teilaspekt der
Debatte: die Frage des rechten Verständnisses von Himmelfahrt und Sitzen zur Rechten des
Gottessohnes. Die
„Wittenberger Fragstück“ sind ebenso wie die
„Catechesis“ als Gemeinschaftswerk der
Wittenberger Theologen gekennzeichnet. Deshalb ist die Frage nach der Autorschaft der
Fragstück wohl nicht endgültig zu klären. Begründete Vermutungen sprechen aber für
Christoph Pezel als Autor der Schrift.
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2. Inhalt
Die
„Fragstück“ verstehen sich, wie die Titelformulierung erklärt, als Widerlegung
solcher im Kontext der laufenden Debatte vertretenen Lehren, die für sich in Anspruch
nahmen, mit der Lehre
Luthers und der des Corpus doctrinae Philippicum in Einklang zu
stehen, aber tatsächlich – in den Augen der Autoren – eine Verfälschung der Wahrheit
darstellen.Die ersten vier Fragen widmen sich dem Umstand, dass bereits im Apostolikum, ja sogar
bei den Aposteln und Evangelisten, wie auch in der Confessio Augustana die Himmelfahrt
Christi und seine Erhöhung zur Rechten Gottes als zwei unterschiedliche Glaubensartikel
angeführt werden. Die folgenden sieben Artikel behandeln die Auffahrt in den Himmel: Zuerst werden
Definitionen von Auffahrt und Himmel gegeben, dann nach der eigentlichen Bedeutung
gefragt. Als Beleg für die sichtbare und leibliche Aufhebung der menschlichen Natur
Christi von der Erde hinauf in den als Ort verstandenen Himmel wird auch hier die Stelle
Act 3,21 in passivischer
lateinischer Übersetzung angeführt. Die
„Fragstück“ erwarten
als Antworten aber nicht nur Nachweise aus der Heiligen Schrift, den altkirchlichen
Bekenntnissen und der Confessio Augustana, sondern auch aus der Tradition der
Kirchenväter bzw. -lehrer der ersten acht Jahrhunderte und aus
Martin Luthers
Äußerungen. In ähnlicher Weise wird das Sitzen zur Rechten Gottes erläutert. Der erste der fünf
Artikel fragt nach der Definition der Rechten Gottes, die folgenden erörtern die
Bedeutung dieses Artikels und die Frage, auf welche Natur Christi sich sein Sitzen zur
Rechten bezieht und wie es zu verstehen ist. Die Fragstück deuten es als ein Ablegen
aller irdischen Schwachheit, die der menschlichen Natur Christi bis dahin anhaftete,
insistieren aber zugleich darauf, dass dies in keiner Weise den klaren qualitativen
Unterschied zwischen Gottheit und Menschheit einebne.In einem Appendix werden drei Äußerungen
Luthers und ein Zitat von
Gregor von Nazianz
angeführt, die man als ausschlaggebend für die Debatte betrachtet, die aber meist nur
verstümmelt zitiert würden.
3. Ausgaben
Nachgewiesen werden können folgende Ausgaben:A:
Christliche Fragstuͤck || Von dem vnterschied || der zweyen Artickel / des
Apostolischen || Glaubens Bekentnis / Das Christus gen Hi= || mel auffgefaren sey / vnd
nuhn sitze zur Rech= || ten Gottes des Allmechtigen || Vaters / || Dorinnen ||
Warhafftig / grůndlich / vnd rich= || tig erkleret wird / was der Heiligen Schrifft / ||
vnd der gantzen Rechtgleubigen Kirchen lehre sey / von || der Himelfart Christi / vnd
von seiner Maiestet || vnd Herrligkeit / In die er nach seiner || ernidrigung ist
eingesetzt. || Gestellet || Durch die THEOLOGEN in || der Vniuersitet Witteberg. Zum
vnterricht || des Christlichen Lesers / vnd zu widerlegung der Newer= || dichten
vorfelschungen / so dieser zeit vnter dem angemasten schein der || Schrifften Lutheri /
vnd Corporis Doctrinae, von etli= || chen durch den Druck ausgesprenget || worden sind.
|| Anno CHRISTI 1571. || Mense Augusto. [20] Bl., 4° [im Kolophon: Gedruckt zu
Wittenberg durch || Lorentz Schwenck. || Anno 1571.] (VD 16 W 3716).Vorhanden in:Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek: 199 Theol. (5) [benutztes Exemplar]; Alv. Ed 54
(6)Augsburg, Staatsbibliothek: 4º Th. H. Grundfeste 1571/1Dresden, Landesbibliothek: Hist. Sax. L 199,26Gotha, Forschungsbibliothek: Th 1653 (13); Theol. 4º 658-659 (8)Halle, Universitätsbibliothek:
Ung VI 48 (4)Jena, Universitätsbibliothek: 4º Theol. XLIII,15 (5)Lüneburg, Ratsbücherei: 15 in: Inc 8º1379Wien, Österreichische Nationalbibliothek: 79. R. 119B:
Christliche Fragstuͤck || Von dem vnterschied || der zweien Artickel / des
Apostolischen || Glaubens Bekentnis / Das Christus gen Hi= || mel auffgefaren sey / vnd
nuhn sitze zur Rech= || ten Gottes des Allmechtigen || Vaters / || Dorinnen ||
Warhafftig / gruͤndlich / vnd rich= || tig erkleret wird / was der Heiligen Schrifft / ||
vnd der gantzen Rechtgleubigen Kirchen lehre sey / von || der Himelfart Christi / vnd
von seiner Maiestet || vnd Herrligkeit / In die er nach seiner || ernidrigung ist
eingesetzt. || Gestellet || Durch die THEOLOGEN in der Vni= || versitet Witteberg. Zum
vnterricht des Christlichen || Lesers / vnd zu widerlegung der Newerdichten vorfelschun=
|| gen / so dieser zeit vnter dem angemasten schein der || Schrifften Lutheri / vnd
Corporis Doctrinae, || von etlichen durch den Druck ausge= || sprenget worden || sind.
|| Anno CHRISTI 1571. || Mense Augusto. [s.l.] [20] Bl., 4° (VD 16 W 3715).Vorhanden in:Gotha, Forschungsbibliothek: Theol. 4° 629(3)Dresden, Landesbibliothek: Hist.Sax.L 199,28Jena, Universitätsbibliothek: 4ºBud.Theol.251(28)Weimar, Herzogin Anna Amalia Bibliothek: 31,4:379(n.1.); Aut.VII(15)Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek: G 94.4° Helmst. (9); 386.7 Theol. (7); Alv.: Eh
146 (2)C:
Christliche Fragstuͤck || Von dem vnterschied || der zweien Artickel / des
Apostolischen || Glaubens Bekentnis / Das Christus gen Hi= || mel auffgefaren sey / vnd
nuhn sitze zur Rech= || ten Gottes des Allmechtigen || Vaters / || Dorinnen ||
Warhafftig / gruͤndlich / vnd rich= || tig erkleret wird / was der Heiligen Schrifft / ||
vnd der gantzen Rechtgleubigen Kirchen lehre sey / von || der Himelfart Christi / vnd
von seiner Maiestet || vnd Herrligkeit / In die er nach seiner || ernidrigung ist
eingesetzt. || Gestellet || Durch die THEOLOGEN in der Vni= || versitet Witteberg. Zum
vnterricht des Christlichen || Lesers / vnd zu widerlegung der Newerdichten vorfelschun=
|| gen / so dieser zeit vnter dem angemasten schein der || Schrifften Lutheri / vnd
Corporis Doctrinae, || von etlichen durch den Druck ausge= || sprenget worden || sind.
|| Anno CHRISTI 1571. || Mense Augusto. [s.l.] [16] Bl., 4° (VD 16 W 3714)Vorhanden in:Leipzig, Universitätsbibliothek: Syst. Th. 233r/5
Aschaffenburg, Stiftsbibliothek: I-1013/1Berlin, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz: Dm 2742München, Bayerische Staatsbibliothek:
4ºPolem.1284Weimar, Herzogin Anna Amalia Bibliothek: 5,4:2c(n.3.)
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Ausgabe
B nimmt grammatikalische Korrekturen an
A vor,
die Druck
C ebenfalls aufweist,
der darüber hinaus aber noch weitere Korrekturen an
A
und
B enthält.
A hat damit als
Erstausgabe zu gelten,
B als Zweitauflage und
C als dritte Auflage des Druckes.
Einzig
A
gibt im Kolophon
Wittenberg als Erscheinungsort und
Lorenz Schwenck als Drucker an.
B
und
C sind ohne Orts- und Druckerangabe erschienen. Textgrundlage für diese Edition ist
die Erstauflage, da die Diskussion um die Wittenberger Fragstück kurze Zeit nach deren
Publikation einsetzt und
A somit als rezeptionsgeschichtlich bedeutsamste Ausgabe zu
gelten hat.
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