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180000
Herzog Johann Ernst d. J. von Sachsen-Weimar an Fürst Ludwig
[Inhaltsverzeichnis]
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Herzog Johann Ernst d. J. von Sachsen-Weimar an Fürst Ludwig


Johann Ernst (FG 3) schickt Ludwig die Predigten Taulers in deutscher Sprache und wohl auch Giovan Batista Gellis I capricci del bottaio. Da diese ihn von der versprochenen Fertigstellung einer deutschen Übersetzung italienischer Briefe abhielten, fügt er davon nur zwei Schreiben bei. — Das gemeinsame Vorhaben mit Wolfgang Ratkes Lehrwerk. — Sendet Quittung über die Martin Zobel in Leipzig erstatteten 380 Gulden für aus Italien erwartete Obstsetzlinge. Nochmalige Bitte Johann Ernsts , Ludwig möge ihm einen Hausvogt vorschlagen.

Beschreibung der Quelle

QThüring. HSTA Weimar: Fürstl. Haus A 285, Bl. 4r, 4v vacat; eigenh. Konzept.

Anschrift

AFehlt, zweite Bogenhälfte abgeschnitten.

Text


[Handschrift: [4r]]
Hochgebohrner Fürst freundlicher vielgeliebter her vetter, demnach bey jüngster Eld. ahnwesenheit dieselbe mihr freundlichen angedeuteta woferne Jch einen Teutzschen abtrug des Tauleri Predigten1 wüste Selbigen Eld sich darinnen zuersehen freundlichen zuzusenden, Jndeme Jch nuhn bericht erlanget daß zu Jhena Jn dero gemeinen Bibliothec NBbb Buchgewarsamc 2 selbiger zu finden als hab Jch solchen abfordern vndt Jhn Eld. zusenden wollen, mus zwart3 bekennen daß mihr obgelegen Jüngst vertrosteter maßen Eld. etwas von den Jn vnsere Mutter Sprach vmbgesetztend Welschen briflein4 ehe zu vbersenden Weill mich aber hierbeygefügte grüllen5 zimlicher maßen abgehalten als hab Jch doch gleichwohl vor diesmahl derselben zwey Eld. zuzusenden mich schuldig erachtet, Will nicht zweifeln es werde Eld. der her Ratichius 6 zu dem vndt furnehmliche durch vnsren orden7 Jn etwas endworffenen, vorhaben, neben andern nützlichen vorschlegen gueten ahnlas geben, Jnmaßen Jch dan gewislichen dafür halte daß Eld. bey seinem werck wohl etwas Stadliches thuen können, vndt mich gewislichen getröste es werde dies werck doch nochf einst mahls zu dem zwegk gelangen worfur es von vielen wohlmeinenden ahngesehen worden, Jch meines wenigen ohrts wil selbiges meinen gringen verstandt vndt vermugen nach zu befordern keines weges nicht vnterlaßen wan Jch nuhr weisg wie selbigem mit nutzen konneh gedienet werden, Von den Jn welschlandti bestelten Fruchtenj 8 hab Jch noch zur zeit keine fernere nachrichtung besorge Sehr Sie werden vnbeschadet Schwerlich an kommen, die 380 f. seindt sonsten wie beygefugter schein ausweiset zu Leibzig dem zobeln 9 erstattet,k Wan Eld. Jch noch mahls bemühen durfte Sie dinstlichen zu ersuchen mihrl eine Person zum hausvogt vorzuschlagenm wolte Jch solches hiermit bester maßen gethan haben denn Jch || [93] Jn wahrheit nicht anders befinden kan als daß dero vorschlege gleicho wie siep wohlgemeint also auch nicht ohne nutz deres Jch mich nochmahls höchlichen troste vndt von Eld. wüntzsche mich iederzeit Jn der that danckbar Thu Erweisen Allermaßen Jch dan verbleibe

Eld.

Taul
gril
brif
Schein10

An F Ludwig

Textapparat und Kommentar


Textapparat
T
a Eingefügt
b Am Rande.
c Am Rande.
d Folgt ⟨Teutschew⟩
e vndt furnehmlich eingefügt
f Eingefügt.
g Überwüste
h Aus konnt⟨e⟩
i Jn welschlandt eingefügt.
j Folgt ⟨aus⟩
k Folgt ⟨vnser CammerV⟩
l mihr bis zum für ⟨wer etwa zu einen⟩.
m Folgt ⟨würden Sie mihr⟩
n Lies denn
o Eingefügt.
p Eingefügt.

Kommentar
K Dieses Konzept dürfte kaum um die Jahreswende 1617/18 entstanden sein, da Weihnachts- oder Neujahrswünsche fehlen. Da es zweifellos in der Vorbereitungsphase des Köthener Lehrwerks geschrieben wurde, muß es vor der Verpflichtung der Mitarbeiter der ratichianischen Reform (6. 11. 1618; KR 49-52) abgefaßt worden sein.
2 Neologismus für „Bibliothec” ; „gewarsam” im Sinne einer sicheren Räumlichkeit (UB Jena): DW IV.1.3, 4884.
3 zwar. Stieler, 2656.
4 Diese Übersetzung des unbekannten italienischen Briefwerks oder einer Reihe von Einzelbriefen kann als eine von Ludwig zur Übung des jungen Herzogs angeregte Arbeit verstanden werden, die im Einklang mit den Bestrebungen der FG stand. Da „derselben” sich im folgenden Satz nicht auf die dort genannten ,Grillen' Johann Ernsts beziehen kann (vgl. unten die Liste der Beilagen), muß der Herzog zwei Briefe mitgesandt haben
5 Die beigefügten „grüllen” (Grillen) sind wahrscheinlich Giovan Batista Gellis I capricci del bottaio. F. Ludwig ließ sie 1619 in Köthen zusammen mit seiner Übersetzung und seinem Kommentar drucken. S. 190707 K4, 200125 u.ö. Vgl. DA II A: Ludwig I.
6 Wolfgang Ratke (1571 - 1635), Pädagoge. Unterstützt von Hz. Johann Emst , begann F. Ludwig im selben Jahr, in Köthen nach Ratkes Vorstellungen und mit dessen Hilfe eine Schul- und Bildungsreform in die Wege zu leiten. Vgl. die folgenden Briefe und KR. Ratke traf am 10. 4. 1618in Köthen ein. Gideon Vogt: Wolfgang Ratichius, der Vorgänger des Amos Comenius. Langensalza 1894 (Die Klassiker der Pädagogik, 17), 51.
7 Die Verbindung Ludwigs und Johann Emsts zur Unterstützung des Lehrwerks, wohl nicht die FG. Zu „orden" vgl. Stieler, 1400 u. DW VII, 1316-1319.
8 Zu F. Ludwigs Bezug von Setzlingen aus Italien vgl. Conermann II, 10.
9 Martin Zobel (1566 - 1525) u. Gesellschafter, ein || [94] Augsburger Handelshaus, das auch in Leipzig geschäftlich tätig war. Vgl . Anton Mayr: Die großen Augsburger Vermögen in der Zeit v. 1618-1717. Augsburg 1931, 98-103. Gerhard Fischer: Aus zwei Jahrhunderten Leipziger Handelsgeschichte. 1470-1650. Leipzig 1929, 455 Anm. 1. Den Zahlungsverkehr F. Ludwigs mit seinem Florentiner Agenten Giovanmaria Bissini wickelte Zobels Firma ebenfalls ab. Vgl. z. B. LHA Sa.-Anh. /OB: Kö. A 9a Nr. 93, Bl. 1 u. 16r.
10 Abkürzende Bezeichnung der Beilagen, als Anweisung an einen Sekretär.
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