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180102
Fürst Ludwig an Herzog Johann Ernst d. J. von Sachsen-Weimar
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Fürst Ludwig an Herzog Johann Ernst d. J. von Sachsen-Weimar


Abraham de La Faye warb bei F. Ludwig im Auftrag, jedoch ohne Kreditiv Gf. Johanns VII. v. Nassau-Siegen für dessen Kriegsakademie. Wolfgang Ratke , der auch eine Antwort des Grafen auf sein Schreiben erwartet, weigerte sich deshalb, über seine Didaktik mit La Faye zu verhandeln. — Ludwig berichtete La Faye nur allgemein über seinen und Johann Ernsts (FG 3) Plan zur Einführung der Lehrkunst Ratkes in Köthen . Wie F. Ludwig bemerkt, benötige man dabei nicht die französische Grammatik La Fayes . — Ludwig bittet Johann Ernst und dessen Brüder zu Gast.

Beschreibung der Quelle

QThüring. HSTA Weimar: Fürstl. Haus A 285, Bl. lrv u. 15rv [A: 15v]; lv und 15r vacant; eigenh., Reste des Siegelabdrucks.

Anschrift

A[Handschrift: [15v]]
Dem Hochgebornen Fürsten, Herrn Johann Ernsten dem iüngern. Herzogen zu Sachßen Gülich Cleue vndt Bergk, Landtgraffen in Thüringen, Marggraffen zu Meisßen, Graffen zu der Marck vndt Rauenspurg, Herrn zu Rauenstein. Vnßerm freündtlichen vielgeliebten Vettern. Zu Sr Ld. handen.

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[Handschrift: [15r]]
Hochgeborner fürst, freundtlicher viellgeliebter herr Vetter, es ist Abraham de la Faye 1 bey mir gewesen, vndt hatt das jehnige so graff Johan von Naßaw 2 seiner Kriegsschule halber vnterzeichnet, als woll er getrucktt bey sich gehabtt, doch ohne credentz schreiben mir vorgezeigett, vndt vorzeigen laßen; Gegen E l. thue ich mich der ertheilten nachrichtt wegen, freundtlich bedancken, vndt ihr das ihrige beygefügtt wieder vbersenden. Wiewoll ich ihn wieder anhero kommen lassen, aus vrsachen das Ratichius nach leipzig vorreisett war, vndt derselbe nun wieder angelanget, so hatt doch Ratichius keine lust mitt ihm zu reden gehabtt, weill er gantz keinen schriftlichen befhelch darauff, ihn auch, als mich, nicht weinig wundertt, das gantz keine antwortt, auff Ratichij schreiben, so ehr baldt im anfang von hinnen an graff Johan gethan, bis dato kommen, als woll das er seiner Sachen halber dergestalt sich auch, ohne schreiben an mir von vorgemelten graffen erkundigen sollen. Sonsten habe ich ihme ins gemein berichtett, worauff an ietzo E l. vndt ich zu fortsetzung der neuen lherkunst geschlossen, seiner Frantzösischen Grammaticken 3 bedürffen wir nichtt, wollen doch, geliebts Gott, in dieser sprache, ohne ihn woll fortkom- || [95]
men. Es verlangen mich von E l. antwortt auff vnterschiedene schreiben zu haben, vndt das sie mitt dero gebrüdere, gebettener massen mögen herüber kommen, 4 vndt vor willen nehmen, E l. hiermitt in den schütz göttlicher Almachtt, mitt wüntschung eines friedt vndt freundenreichen neuen Jhares befhelende. Geben Cöthen den 2. des Jenners im Jhar 1618.

E l. dienstwilliger treuer Vetter
Ludwig fzu Anhalt

Textapparat und Kommentar

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Kommentar
1 Abraham de La Faye , aus Grandcour (Kanton Waadt) oder Bern, Professor des Französischen und Koadjutor der „Kriegs- und Ritterschule" zu Siegen . Haag VI, 186; Bernhard Poten: Geschichte des Militär-Erziehungs- und Bildungswesens in den Landen deutscher Zunge. Bd. 2. Berlin 1891 (Monumenta Germaniae paedagogica, 11), 337. 345; Ludwig Plathner: Graf Johann von Nassau und die erste Kriegsschule. Phil. Diss. Berlin 1913, 85f.; Norbert Conrads: Ritterakademien der frühen Neuzeit. Göttingen 1982 (Schriftenreihe d. Histor. Komm, bei der Bayer. Akademie d. Wiss., 21), 132 Anm. 3; Konrad Schröder: Biographisches und bibliographisches Lexikon der Fremdsprachenlehrer des deutschsprachigen Raumes: Spätmittelalter bis 1800. Bd. 2. Augsburg 1989, 8–10. La Faye zeichnete sich u. a. in Mat. Heidelberg (7. 5. 1605; Tl. 2, 225), Mat. Jena (SS 1612; 99), Mat. Leipzig (WS 1630; Jü. Mat, Bd. 2, 102), Jü. Mat. Wittenberg (März 1606; 40) u. Mat. Marburg (2. 10. 1634; 48) ein. 1620 unterrichtete er die Prinzessinnen v. Anhalt-Bernburg in Amberg , s. 200318 K 4. La Faye bewarb sich am 24. 7. 1624 vergeblich um eine Stellung in Coburg (Die Matrikel des Gymnasium Casimirianum Academicum zu Coburg 1606–1803. Erg.hft. bearb. v. Curt Hoefner. Neustadt/Aisch 1976, 141). Seine Studien, Lehrkünste und Erfahrungen in politischen und militärischen Verrichtungen stellte La Faye in ausgewählten Zeugnissen, Empfehlungsschreiben und fürstlichen Korrespondenzen der Öffentlichkeit vor: Vidimirter Abschrifft/ vnd vnterschiedlicher Copien in der Didactica erwiesenen Proben: Wie auch etzlicher jhme aufgetragenen ... Verschickungen Documenten (Leipzig 1631). Dieser Quelle zufolge disputierte er bis 1605 über theologische Fragen an der Universität Basel , wurde am 17. 3. 1606 an der Universität Wittenberg immatrikuliert, lehrte dort Französisch, studierte bei Friedrich Taubmann , unterrichtete bis 1611 die österreichischen Herren Erasmus Praun und Julius und Wolfgang Sigismund v. Herberstein und von etwa 1613 bis 1615 die weimarischen Herzöge Johann Ernst d. J. und Friedrich (FG 4) im Französischen, stand auch bis zum 12. 12. 1613 in Diensten des Erzbischofs bzw. Bischofs von Bremen und Verden , Hz. Johann Friedrich v. Schleswig-Holstein , reiste 1620/21 im Auftrag F. Christians I. v. Anhalt-Bernburg (FG 26) und des Winterkönigs und bekleidete um 1621/23 unter Hz. Wilhelm IV. v. Sachsen-Weimar (FG 5) eine Offiziersstelle. Über sieben Jahre lang diente er Mgf. Christian v. Brandenburg-Bayreuth (FG 145) als Sprachmeister und Rat. Nach dem Zeugnis der folgenden Schriften wandte sich La Faye mit seiner Lehrkunst an den Administrator von Magdeburg , (Mgf. Christian Wilhelm v. Brandenburg ), die Altenburger und Weimarer Herzöge, eine Landgräfin von Hessen- Kassel und die Fürsten von Anhalt, unterrichtete in Halle , Wittenberg und Jena und bewarb sich auch um eine Stellung in Leipzig : Lingvæ gallicæ, et italicæ, hortvlvs amoenissimvs Consitus optimis floribus, rationem terse & eleganter in utraque lingua loquendi breuissimè & facilimè monstrantibus. ... Plaisant Jardinet... (Halæ Saxonum 1608) [von Halle aus den Prinzen Johann Philipp (FG 183), Friedrich II. (FG 103), Johann Wilhelm II. (FG 188) und Friedrich Wilhelm (FG 577) v. Sachsen-Altenburg gewidmet], als Anhang mit weiterlaufender Bogensignatur: Dialogves François et Ita- || [96] liens. Pour l'usage de ceux, qui desirent apprendre ces deux langues: Ensemble un A Diev d'amour François, & Allemand, & qu'elques Fleurs du bien dire interpretées (Halle o. J.); Institutiones Lingvæ Gallicae: Oder Gründliche Vnterweisung der Frantzösischen Sprach/ sampt etzlichen schönen Gesprächen/ vnd sonderbarer Nomenclatur (Jena 1613) [den Prinzen Johann Ernst d. J. (FG 3), Friedrich(FG 4), Wilhelm IV. (FG 5), (FG 17), Johann Friedrich (FG 18), Ernst (FG 19), Friedrich Wilhelm und Bernhard (FG 30) v. Sachsen-Weimar gewidmet; andere Aufll. Jena 1621 bzw. 1626]; Miroir des actions vertueuses d'un Jeune Prince, representées en forme de Dialogues, parsemez d'utiles sentences & prouerbes ... composéz pour l'usage des Princes & Ducs de Saxe ... Courtenants à VVeimahr. Spiegel Oder nützliche Gespräch der Tugent vnd Fürstenmässigen exercitien ([Jena 1613] u. wiederum 1620) [Dialoge in dt. und französ. Fassung, für den Gebrauch der jungen Weimarer Herzöge bestimmt, jedoch den Prinzen Georg Aribert v. Anhalt-Dessau (FG 24), Ernst v. Anhalt-Bernburg (FG 47) und Ludwig d. J. v. Anhalt-Köthen (FG 6) gewidmet]; Tableau, Ou Miroir des chastes & pudiques Amours du Prince Parthenophile & de la Princesse Cleonice representées au vif en forme de ... discours, parsemez ... de belles sentences, & raisons ... conuenables pour exprimer ses desseings en une Escarmouche Amoureuse (Jene 1613) [Lgfn. Juliana v. Hessen-Kassel gewidmete französ. Übungsgespräche; auch Jene 1620 bzw. 1626]; Prodromus, Oder Angebotener Wegweiser zu einer bißhero offtgewünschten/ möglichen Didactica oder Lehrkunst (Jena 1631).
2 Graf Johann VII. v. Nassau-Siegen (1561–1623), der Begründer der neuen, dem Studium der oranischen Kriegskunst gewidmeten Akademie, hatte La Faye zur Bekämpfung von Gerüchten und zur Werbung von Studenten auf eine Reise an viele Höfe geschickt, darunter nach Coburg , Rudolstadt , Weimar und Köthen . Ein Fürst v. Anhalt hatte schon einen Junker auf zwei Jahre nach Siegen geschickt (Plathner, 86). Die F. Ludwig wohl vorgelegte Schrift Ausführliche Beschreibung der Kriegsschul zu Siegen (Hanow 1617) zitiert großenteils Poten, a. a. O., 337–343. Der Auszug aus einem Schreiben Johanns an die unierten Fürsten v. 8. 8. 1617 in: Die Heeresreform der Oranier. Das Kriegsbuch des Grafen Johann von Nassau-Siegen. Bearb. v. Werner Hahlweg. Wiesbaden 1973 (Veröff. der Histor. Komm. f. Nassau, 20), 571-578. Einem Brief Johanns an La Faye (1. 8. 1618) zufolge trug der Weimarer Herzog Bedenken, seine Söhne [richtig: Johann Ernsts jüngere Brüder; vgl. Anm. 1] auf eine wenigbesuchte Schule zu schicken. Poten, 45.
3 In F. Ludwigs Bibliothek befanden sich 1650La Fayes „Deutsche Sprüchlein” (IP 285v) [unbekannt; vgl. aber die übrigen Titel in Anm. 1 u. 3], „Dict. Fran. Jtal. Alleman de la Fay" (IP 269v) [Thesaurus copiosissimus quatuor linguarum... nimirum Gallicæ, Latinæ, Italicæ & Germanicæ, In quo vocabula omnia et singula maxime convenientibus, et vulgo usitatissimis phrasibus ... explicantur (Magdæburgi 1610), gewidmet Mgf. Christian Wilhelm v. Brandenburg, Administrator des Erzbst.s Magdeburg, und dem magdeburg. Dekan Ludwig v. Lochow] und vor allem „La Grammaire Françoise de la Fay” (4 Exemplare; IP 273r), d. i.: La grammaire francoise, selon qu'elle se prononce & escrit és cours de France (Rouen 1603) oder Horarvm svbcisivarvm Id est gallicarvm eiusdem exercitationvm, qveis ... exercuit, in celeberrima Saxonum ad Albim Academia. ... Liber Primus Qui ... Gallicæ linguæ pronunciationem aperit. ... Operâ et Impensis Authoris (Witebergæ [1611]) [gewidmet den Prinzen Georg Aribert v. Anhalt-Dessau (FG 24), Ernst v. Anhalt-Bernburg (FG 47) und Ludwig d. J. v. Anhalt-Köthen (FG 6)] und Horarum Subcisivarvm liber secvndvs Qui Facilem, novam, & hactenus nullibi visam Methodum ostendit, quo pacto Gallorum Lingua certis præceptis ac regulis comprehendatur, ut vix fieri poßit, quin is, qui Linguæ Germanicæ, & Latinæ gnarus est Gallicum quoque sermonem fere marte imbibere queat. ... Opera & impensis Auctoris [Wittenberg] (1611) [den Prinzen || [97] v. Sachsen-Weimar gewidmete Grammatik]. Die französische Version der Köthener Universalgrammatik bearbeiteten Johann Le Clerq (s. 210421; vgl. KR 57) und F. Ludwig (vgl. 190220 K 9, 190324. 190424): La Grammaire Universelle Pour La Didactiqve de Ratichius (Cöten 1619). La Faye durfte sich dennoch am 30. 9. 1620 zur Mithilfe „in fundamentis rebusque Gallis [...] praesens et absens” (KR 52) verpflichten und steuerte zum Köthener Französischunterricht einen Einblattdruck bei, dessen Titel auch auf seinen grammatischen Unterricht Bezug nimmt: ABRAHAMI DE LA FAYE Gr. H. B. C. EBRODUNENSIS, Kurtzer Vnterricht der Frantzösischen Aussprechung/ Articulorum, Nominum, Pronominum, Conjugationum, vnd beyder Verborum Auxiliarum, darinnen dann den Incipienten ... alles auff eine gantz newe Art ... in dieser Tafel vorgetragen wird/ daß sie in wenig Wochen diese Sprach ... lernen können: Auch ferners anderer Grammatick nicht bedürfftig/ da sie nur jemands dieser Sprache kündig zu consuliren/ vnd was noch im Ersten Theil seines künfftigen Collegii Gallico-Germanici &c. Anomaliam & Syntaxin betreffende/ begrieffen/ zu gebrauchen haben. ([Köthen] 1620); den jungen Weimarer Herzögen Johann Friedrich (FG 18), Ernst (FG 19) und Bernhard (FG 30) und den anhaltischen Prinzen Ludwig d. J. (FG 6), Ernst (FG 47) und Friedrich (FG 62) gewidmet. Vgl. 181225.
4 In seiner Antwort vom 3. 1. 1618 (Thür. HSTA Weimar, a. a. O., Bl. 2r) auf einen inzwischen erhaltenen Brief Johann Ernsts wiederholt Ludwig seine Einladung zu einem Besuch der Weimarer Brüder, „es geschehe nun Mittwochs oder donnerstags” . (Zum Köthener Aufenthalt der Brüder vgl. 181023. 181207. 181222. 181225. 190220. 190424.) Johann Ernst möge aber seinen Kammerrat Friedrich v. Kospoth (FG 55) und „den Neuhusen” (Magister Barthold Nihus ; vgl. 181023 u. 181225) mitbringen: „Jch will hoffen, wir wollen dan das wergk vollends zu gutter bestendigkeitt fassen.” Johann Ernst möge sich gedulden, „gegen die zeitt wirdt auch noch ein Müntzmeister hier ankommen” (Hinweis auf die geplante Einrichtung einer Münze zur Finanzierung des Köthener Lehrwerks). Ludwig bittet, einen mitgeschickten Brief nach Rudolstadt (an Ludwigs Schwester, Gräfin Anna Sophia v. Schwarzburg-Rudolstadt [TG 1]) weiterzusenden.
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