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Fürst Christian I. von Anhalt-Bernburg an Fürst Ludwig
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Fürst Christian I. von Anhalt-Bernburg an Fürst Ludwig


F. Christian I. (FG 26) ergreift die Gelegenheit, um einen Brief an F. Ludwig nach Hamburg zu befördern, in dem er seinem Bruder für die vielen ihm geleisteten Dienste danken kann. Er legt Ludwig den Auszug eines Namenverzeichnisses und eines Buchstabenschlüssels zum Dechiffrieren politischer Depeschen bei. — Die Lektüre einer lateinischen Übersetzung von Juan Huartes Examen de ingenios hat ihm gestern seine Melancholie vertrieben. Gern würde Christian auch die (vom Übersetzer Joachim Caesar ) versprochenen sechs fehlenden Kapitel lesen. Er schreibe auch an seinen Sohn Pz. Christian II. (FG 51) um ein paar Bücher. Falls dieser schon von zu Hause abgereist sei, brauche ihm der Brief nicht nachgesandt zu werden. — Grüße an F. Ludwigs Gattin und gute Wünsche für die Rückreise.

Beschreibung der Quelle

QLHA Sachsen-Anhalt/ Oranienbaum: Abt. Köthen A 9a Nr. 28 Bd. III, Bl. 10r-12v [A: 12v; Schreiberh.]; l0v u. 12r vacant; eigenh.; Sig.; Eingangsvermerk F. Ludwigs .

Anschrift

ADem hochgebornen Fursten, herrn Ludwigen Fursten zu Anhalt, Grauen zu Ascanien,
herrn zu Bernburg vnd Zerbst etc. Vnserm freundlichen lieben herrn Bruder vnd Geuattern, Zu JLd handen.
Eingangsvermerk: Pres. 22. Septemb. 1622.

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Monsieur mon treshonnore frere
Se prèsentant vne commoditea vers Hamburg 1 J'ay bien voulu contjnuer mes tresaffectueuses remerciement[s], pour tant d'Obligatjons que Je n'oublieray point toutte ma vie: m'Jmaginant que trouuerez des depeches vous ay voulu envoyer a la haste vn Extraict des quelques mots coment aussy d'Alphabet que vous serujra pour Clef:2 Scrutjnium Jngenjorum m'a fait passer hier La melancholie, L'Autheur promet fol: 557 six chapitres3 quj peult estre ne seront pas acheuezb aultrement Je les aymerois aussy fort J'escris a mon fils s'il est ancores chez nous4 ce n'est que pour vn Libure ou deux5 s'il est partj il ne Luj fault Envoyer la lettre apres: Auec cela apres auojr dignement baise les majns a Madame Vostre Compagne Je ferayc mes veoux a Dieu pour prosperer vostre voyage Et vous amener en toutte felicite Sante Et Satisfactjon

Vostre bien humble et tresfidel frere
Christjan p: d'Anh:

ce 19me 7temb 1622.
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Chiffrierschlüssel Fürst Christians I. von
Anhalt-Bernburg

Beschreibung der Quelle


Q A. a. O., Bl. 11r; 11v vacat. Schreiberh.

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Konig in Böheimb,1683. 1684. 1685.
König in Engelland -1686.
Großhofmeister,1 1302. 1344.
Franckreich1059.
Manßfeld911.
Sedan2 -2671.
MarquisSpinola1936.
F. Christian1116.
F. Christian der Jünger1121.

Aa B.C.D.E.F.
67812.13.14
9.1011181920
15.16.17.21.2223.

GHI.K.L.M.
24.25.26.30.31.32
27.28.29.33.34.35.
36.37.38.39.40.41

NOPQ.R.S.
42.4344.484950.
45.46.47.54.5556
51.52.53.57.5859

TVWXYZ.
6061.62.66.67.68.
636465727374
69707175.76.77

Textapparat und Kommentar


Textapparat
T
a coodite mit Doppelstrich über oo
b acheueez Fehler.
c Aus f⟨ais⟩.

T I
a Tabelle liniert.

Kommentar
1 Der vom Kaiser geächtete F. Christian I. (FG 26) hielt sich damals unter dem Schutz des Königs von Dänemark und Herzogs v. Schleswig-Holstein in Flensburg versteckt. Sein Bruder F. Ludwig und dessen Gemahlin, Fn. Amoena Amalia (AL 1618, || [171] TG 2), waren am 3. 9. 1622 von Anhalt aus zu ihm gereist. Am 30. 8. hatte Ludwig in Bernburg mit F. Johann Casimir v. Anhalt-Dessau (FG 10), dem Kanzler (Andreas Müller ) F. Augusts v. Anhalt-Plötzkau (FG 46) und mit Christians Sohn, Pz. Christian II. (FG 51), Gespräche geführt. Sie betrafen „1. die gefährliche Gerenrödische Sache, 2. die Sachen So man auf beforstehenden conuent zu Regenspurg zu vorhandelen vnd mir [Christian II ] mit zu geben.” Christian: Tageb.(Nr. 14a), 9; vgl. XXIV, Bl. 39v u. KT 55. Christian II. traf das fürstliche Paar schon am 27. 9. in Plötzkau . Daher wird Christian I. den vorliegenden Brief seinem Bruder nach dessen Besuch durch einen nach Hamburg reisenden Boten nachgeschickt haben. KT 56.
2 S. Beilage I.
3 Juan Huarte de San Juan: Examen de ingenios para las sciencias, übers, v. Joachim Caesar: Scrutinium ingeniorum pro ijs, qui excellere cupiunt, perpetuâ linguæ Castellanæ translatione latinitate donatum: interprete Ӕschacio Majore Dobreborano [Pseud.] (Prostat Lipsiè. In Officina Cothoniense 1622). Zu Caesar s. 240718 K 23. Die lat. Übersetzung wurde Hz. Albrecht v. Sachsen-Weimar [später S.-Eisenach] (FG 17) und F. Ludwig am 5. 5. 1622 gewidmet. Ludwig scheint seinem Bruder frisch von der Köthener Presse ein Exemplar des unvollendeten Buchs mitgebracht zu haben, das wohl auch noch nicht das kaiserliche Privileg (d. d. 20. 9. 1622 n. St.) enthielt. Vgl. S. 557 Caesars Schlußbemerkung: „Restat potißima ac præcipua hujus materiæ pars, ad quam toto hoc opere auctor collimavit. Ea sex absolvitur capitibus, ac de modô tùm generandorum tùm educandorum infantum masculorum, eorumque ingeniosorum & ad discendas omneis arteis idoneorum subtilißimè tractat. Hæc quàm primùm cum locupletißimo totius tractatus indice proditura est: quò te, Lector, remittimus atque interim primè hujus partis lectionem tibi commendamus.” Vgl. Kat. Dessau BB 1693 (verschollen; vielleicht F. Christians Exemplar). Die Fortsetzung (Kap. 18-23), der auch ein Sachregister und sechs Seiten aus Pierre Charrons Thresor de la sagesse (Lyon 1606), Livre 3, chap. 14, in Übersetzung beigegfügt wurden (S. 563-568), erschien mit fortlaufender Bogen- bzw. Seitenzählung ([Nn]r - [Ddd 7]r; paginiert 563-743), jedoch mit eigenem Titelblatt: ӔschacI Majoris scrutinii ingenior. ê linguâ Hispanâ in latiarem translati reliquarium: quî generari fieriq́; ingeniosi ac sapientes possint liberi. ... Venit Cothenis Anhaltinorum DC. XXII.
4 Bei uns, d. i. im Fst. Anhalt . Bei dem erwähnten Treffen in Plötzkau (Anm. 1) scheint F. Ludwig den Brief Christians zusammen mit Schreiben Fn. Annas v. Anhalt-Bernburg (AL 1617, TG 16) und ihrer Tochter Eleonora Maria (AL 1617, TG 17) Pz. Christian II. v. Anhalt-Bernburg übergeben zu haben. Vgl. Christian: Tageb. (Nr. 14a), 99: „Jch bin nach Plotzkau Geritten, alda ich meinem herrn Vettern F. Ludwigen vnd Sein gemahl bey F. Augusto vnd den Seinigen angesprochen, So von der reyse von Flensburg wiederkommen vnd Schreiben von herr Vattern vnd Frau Muttern vnd Schwesters Eleonora mitgebracht.” Christian II. empfing allerdings schon am 28. 9. wiederum „von Flensburg Schreiben” (a. a. O.). Der jüngere Christian war 1620 in der Schlacht am Weißen Berge in kaiserliche Gefangenschaft geraten. Erst am 7. 2. 1622 wurde ihm Urlaub erteilt. Am 6. 10. reiste er zum Kurfürsten- und Fürstentag nach Regensburg , wo ihn Ks. Ferdinand II. am 30. 12. 1622 feierlich begnadigte. KT 75f. Vgl. 221223.
5 Zusätzliche Bücher — Köthener Drucke oder vielleicht Werke aus der Bernburger Schloßbibliothek — , die dem untätig in seinem Flensburger Versteck ausharrenden Fürsten als Lesestoff dienen sollten.

K I
1 Gf. Johann Albrecht I. v. Solms-Braunfels (1563-1623), kurpfälz. Großhofmeister.
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