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Gräfin Anna Sophia von Schwarzburg-Rudolstadt an Fürstin Dorothea von Anhalt-Dessau
[Inhaltsverzeichnis]
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Gräfin Anna Sophia von Schwarzburg-Rudolstadt an Fürstin Dorothea von Anhalt-Dessau


Gfn. Anna Sophia (TG 1) schlägt Fn. Dorothea (PA; TG 24) ein Bildmotiv für deren geänderte Imprese vor.

Beschreibung der Quelle

QLHA Sachsen-Anhalt/ Oranienbaum: Abt. Dessau A 9d Nr. 1;[Handschrift: [Bl. 1r]], 1v vacat; eigenh. — Beilage zu einem verschollenen Brief.

Anschrift

ANicht erhalten.

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[Handschrift: [Bl. 1r]]
NB.

Die Fürstliche Fraw Witbe zu Sanderßleben1 hat auß nothwendigen vrsachen Jhren nahmen müssen wenden lassen in der tugendlichen geselschafft, vnd ist genennet worden Die gastfreye, vnd daß wordt Jdem nach Standes gebüer,2 nuhn ist an dieselbige die frage, waß Sie vor ein gemählde, darzu haben wolle, obzwardt meinß bedünckenß nicht vnbequem were,a (daß gleichnüß von dem könige, der ein groß Abendmahl anrichtete, vnd alß die geladnen nicht komen wollten, hiesse lamen krippel vnd blinden darzu bringen,3 welcheß gar hübsch kan gemahlet werden.) so wird doch die Fürstin frindlich gebettn Jhre meinung aufs eheste schrieftlichen zueröffnen, waß Sie vor ein gemählde haben wollen.b

Deroselbigen dinstwillige Schwester
Die Getrewe.c

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Die Gastfreie im Gesellschaftsbuch der Tugendlichen
Gesellschaft

Beschreibung der Quelle


Q FB Gotha: Chart. B 831 b, [Handschrift: [Bl. 33r]] u. [Handschrift: [121]]. - GB der TG. Zu Bl. 121 die Abschrift eines Korrekturenverzeichnisses (= KV) eines Unbekannten (Wolfgang Ratke?), a. a. O., Bl. 201r: „Vnmaßgebige Erinnerungen bey ezlichen Reimen vber der Tugentlichen Geselschafft, wie dieselben in etlichen mensuren, etwa zu endern sein möchten.” (Bl. 199r-204v).

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1623. 16 Martij. 24. Fraw Dorothea , geborne Pfaltzgrävin bey Rein &c. Fürstin zu Anhalt1

[Handschrift: [Bl. 33r]]Die Gastfreye - gegen frembde
hat zum gemählte den alten Abraham, wie er im Mittage der H.
dreyfaltigkeit2
auß seiner hütten entgegen läufft, und sich bücket. Gen. 18. v. 2.
Zum beyspiele die Sunemitin. 2. Reg. 4. v. 8. [Handschrift: [121 r]]

XXIV. Von der Gastfreyen3
|| [181]

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1. Die Sale
O wenn das blinde volk, (das sunst zum bösen färtig,
Zum guten schläfrig ist,) doch were gegenwärtig,
Dem leib, und geiste nach; zusehn in dieses feld;
Jn dem Er Gastfrey uns vor äugen wiedrüm stellt
Den 1 alten 2 Abraham, wie er auß seiner 3 hütten
So bald er nur erblickt 6 drey Männer 4 kümmt geschritten
Jn eil, und 5 bücket sich! So würd es laßen auch
Den zwar landüblichen, doch schändlichen gebraucha
Der Gastverweigerung: und bald nach Ewrer Lehre
Wilfärig 6 gegen Fremd' erzeigen müglich's ehre,
Mit dem, was dann vermag sein nie-versagtes 3 Haus.
So wird ein' kluger mensch, und freyer 2 Gastwirt drauß.
Und warüm soll man nicht den fremden guts erzeigen,
Ja, wenn es künnte seyn, den Himmel selbst zueneigen?
Sind wir doch allzumal nur pilger hier auf erdenb ;
Drüm solln wir stets in zucht und lieb erfunden werden.c
Auslegung
Wie der1 alte So soll eines1 verständigen
2 Abraham2 Gastfreyen
auß der3 hütten3 haußhaltung
4 läufft,4 wilfärig seyn,
fürd denen6 drey männern und5 ehrerbietig
und sich5 bücket6 gegen Fremde[Handschrift: [121 v]]

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2. Die Gastfreye
Hat Abraham dem Herrn die Gastfreyheit,
Die gegen fremd er übt, ümsunst erzeiget?
Nein. Ey so wird der Herr mir auch geneiget
Wenn gastfrey seyn mir gleich so wol gedeyt.
Jo: manncher haust bey gästen Gottes segen,
Der wandrern folgt, und sämt sich aller wegen.

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3. Die Gastfreyheit
Was ist ein Mensch sonst hier im leben
Als ein stäts ungewisser gast?
Muß wie eine Pilgram schweben
Auff Erden ohne rast.
|| [182] Drümb ist Jhr der nur eine last,
Der mir Gastfreyheit nachzustreben
Sich nicht ergeben.

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4. Beyspiel der Gastfreyheit
Hätte, wann Elisa kommen, 2. Reg.Folgt ⟨v.⟩ 4. v. 9.
Jhn nicht Gastfrey auffgenommen
Jens reich Sunemiter Weib,
Wer' auß wunderbarem lohne
Jhrg sonst lang-verschlossner leib
Nicht erbawt mit Einem Sohne.
Die nicht Gastfrey auch auffnimmt
Selten recht zum Segen kümmt.

Textapparat und Kommentar


Textapparat
T
a Die Klammern fassen zusammen, was . . . nicht vnbequem were
b Stelle von Archivstempel des ehemaligen Herzogt Anhalt. Haus- und STA Zerbst bedeckt.
c Folgt die eigenh. Notiz des anhalt. Archivars Gottlieb Krause (2. H. 19. Jh.) f[ürst] Joachim Ernst Anna Sophia von Schwarzburg Tochter

T I
a KV v. 8. l. die Landtsgewohnheit auch die böß arth vnd gebrauch
b KV v. 15. l. - Auf erden Pilger hir,
c KV v. l. drümb solln in lieb vnd Zucht stets funden werden wir.
a Statt ⟨und⟩.
a Eingefügt.
a Folgt ⟨v.⟩
b Für ⟨Sein⟩, das ursprüngliches ⟨Jhr⟩ ersetzte.

Kommentar
1 Fn. Dorothea v. Anhalt-Dessau (PA; TG 24), geb. Pgfn. v. Simmern, lebte nach dem Tode ihres Gatten, F. Johann Georgs I. v. Anhalt-Dessau (FG 9; † 24. 5. 1618), auf dem Schloß ihres Wittums Sandersleben. Vgl. 240718 K 94. S. Beckmann III, 402f. u. V, 217; Conermann TG, 621. Wie in vielen Gesellschaftsbriefen der FG redet auch in diesem Postskript das erste Oberhaupt der TG, Gfn. Anna Sophia (TG 1, Die Getreue, 5. 6. 1619), geb. Fn. v. Anhalt, Fn. Dorothea nicht persönlich an. Der Inhalt des Schreibens läßt keinen Zweifel daran zu, daß diese die Adressatin ist.
2 Fn. Dorothea wurde am 12. oder 16. 3. 1623 in die TG unter diesem Gesellschaftsnamen aufgenommen. Die hier genannte Devise und eine gezeichnete oder gemalte Imprese sind nicht in den handschriftlichen Entwürfen des GB überliefert. Vgl. Anhang I. Zur TG vgl. Dix; Wilhelm Arminius: Die Getreue. Charakterbild eines anhaltischen Fürstenkindes. In: Unser Anhaltland 1 (1901), 212-215; Conermann TG (Quellen, Lit. u. Mitgliederverz.) Populär bzw. allgemein neuerdings Detlef Ignasiak: Bemerkungen zur Tugendlichen Gesellschaft zu Rudolstadt. In: Rudolstädter Heimathefte 35 (1989), 159-164 u. ders.: Literatur und Literaturverhältnisse in Thüringen in der frühen Neuzeit - Bausteine für eine territorialhistorisch orientierte Literaturgeschichte. Diss. Jena (masch.) 1990, 126-129, vgl. 90f.
3 Mt. 22, 1-10; Lk. 14, 16-24.

K I
1 Register mit Angaben zu 73 Gesellschafterinnen, entstanden nach dem 30. 7. 1632 (spätester datierter Eintritt: Mitglied Nr. 72). In der Reihenfolge der Aufnahme der Mitglieder führt die von einer unbekannten Hand geschriebene Liste das Datum des Eintritts in die TG, die Gesellschaftsnummer (24), den Personennamen, den Gesell- || [183] schaftsnamen und die Devise (sog. Wort) der jeweiligen Gesellschafterin an. Es folgen eine Beschreibung des Impresenbilds (Gemälde) und eines biblischen Exempels. Eine andere, in den Angaben beschränkte Liste [FB Gotha: Chart. B 831 b (1), Bl. 2r-12r] führt an: „Die Gastfreÿe, gegen die Frembden, Hat die Historj von Abraham, wie Er die dreÿ Männer mit großer ehrerbietung bittet, Sie wollen beÿ ihm einkehren, Ex. an der Sunamittin, welche Elisam den Propheten aufgenommen 2. Reg: 4. v. 8.” (Bl. 4v). Nur noch die Nummer, den Gesellschaftsnamen und den Personennamen verzeichnet eine Mitgliederliste vom Mai/ Juni 1629 (LHA Sa.-Anh./ OB: Dessau A 9a Id Nr. 5, Bl. 1r-3v), welche Gfn. Anna Sophia Fn. Eleonora Sophia v. Anhalt-Bernburg (TG 39) bzw. deren Gatten F. Christian II. (FG 51) zur Weitergabe an Fn. Dorothea zugeschickt hatte. S. 290500. Vgl. außerdem Dix, 55.
2 Deutung der Abraham in 1. Mo. 18, 2 begegnenden drei fremden Männer.
3 Der Fluß Saale spricht. Die Niederschrift stammt von einer anderen unbekannten Hand. Jedem Mitglied sollte im GB neben einer Imprese (TG 24: nicht bekannt) eine Reihe von vier Gedichten, eine (auf die Gegenstände der Imprese und das erste Gedicht verweisende) Auslegung und eine „Erwägung" (Prosa) über die jeweilige Tugend gewidmet werden, jedoch gelangten nicht alle der (gleichartig gestalteten) Impresen, Gedichte, Erklärungen oder Abhandlungen zur Ausführung. Das GB wurde nicht gedruckt und ist nur in verschiedenen Fassungen, Entwürfen und Verbesserungen überliefert. (FB Gotha: Chart. B 831 b, B 831 b1 , B 831 ba usw. bis B 831 bk). Über Aufbau und Absicht des GB vgl. Conermann TG, bes. 517-519. Der zitierte Text fehlt in der Auswahl von Dix. Aufschlußreich für die Entstehung des GB, zu dessen Ergänzung oder Verbesserung die Verfasserin, Gfn. Anna Sophia , auch F. Ludwig , Wolfgang Ratke und wohl noch andere Gelehrte heranzog, ist 290614.
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