Text

260500
Zwischen Fürstin Anna Sophia von Anhalt-Bernburg und Fürst Christian II. von Anhalt-Bernburg gewechselte Gedichte
[Inhaltsverzeichnis]
|| [488]

260500

Zwischen Fürstin Anna Sophia von Anhalt-Bernburg und Fürst Christian II. von Anhalt-Bernburg gewechselte Gedichte


F. Christian (FG 51; Der Unveränderliche) beantwortet ein Sonett seiner Schwester Anna Sophia (AL 1617[?]; PA, Célidée; TG 19) auf die Geburt seines Sohnes Beringer mit einem eigenen ,Klinggedicht'.

Beschreibung der Quelle

QEhemals Fürstl. Dohna'sches Majoratsarchiv, Schlobitten, Fasc. 19/3 [u. 47/3 ?] (verschollen). Zit. nach Chroust, 9-10 (Nr. 3-4).

Text


Kling- und wiege Getichte der Celideae (id est frewlein A. S. F. Z A.) an ihren bruder.1
Waß hat der Liebe Gott euch geben hie zu wiegen?
Ein jungen Sohn2 hör' ich, dabey ihr nunmehr sitzt,
Den ihr so fleißig wiegt, das ihr drob offtmals schwitzt,
Und also achtung gebt, damitt er still thue liegen.

(5) Wie mancher anschlag wirdt darbey herumbher fliegen?
Das eim auch wohl der Kopff möcht werden gantz erhitztt.
Gott geb, daß diß ewr Kindt im alter sey verschmitztt,
Dann in der Jugendt sein werdt ihrs bey Zeitten biegen.

Drumb Gottes segen ich euch wunsch, das er reichlich
(10)Jn ihm sich mehren woll sambt allem glück täglich,
Damitt ihr Elltern beydt an ihm groß freud erlebett,

Einsmahls den Schwestern sein, wann ihm die Gott beschehrt,
Mag seim herr vatter gleich er sich ihn machen werth,
Das bey ihm stehts alsdann die Tugendt oben schwebett.3


Folget hiernechst die antwortt des Unveränderlichen auf seiner lieben Schwester Wiegegetichte.

Antwortt auf das Kling- und Wiegegedichte der Celideae.

Waß dörfft ihr mich nun wohl außspotten mitt meim wiegen?
Hatt mir ein Jungen Heldt der liebe Gott bescheert,
So ists ia billich auch, das er bleib unversehrt,
Damitt er dermal eins sein feinden mög obsiegen.

(5) Jch wolt genueg itzundt zu thun im felde Kriegen,4
Das doch dabey fein sollt die welt sein wohl gemehrt,
|| [489] Aber was hilffts? die Zucht des Kriegs ist verunehrt,
Das meine waffen nun mitt mir sich müßen schmiegen

Biß auf ein beßre zeitt. Ewr wunsch ist mir sehr lieb.
(10) Jch bitte herzlich auch: O herre mein Gott gib,
Daß er erfüllet werd und spende deinen segen

Uber die freunde all, so unß viel gutts begehrt,
Das sie doch mögen auch ihrer bitt sein gewehrt
Und waß ihn sehlig ist, das thu, Herr, auf sie legen.


Mercks wol: Obgedachte auf vorigem blatt undten geschriebene anmerckung des Unverenderlichen5 ist alhier ebenmeßig in acht zu nehmen undt zu wiederholen.

Textapparat und Kommentar

T

Kommentar
1 Dieses und das folgende Sonett bilden das dritte und vierte Stück einer von Chroust nach den beiden angegebenen Faszikeln zusammengestellten Reihe von zehn durchnumerierten Gedichten (Chroust, 8-12), die F. Christian II. (FG 51) wohl eigenhändig, nach Chrousts Vermutung im Jahre 1629, mit einer zusätzlichen Erklärung versah und Burggf. und Herr Christoph zu Dohna (FG 20) abschriftlich mitteilte (Chroust, 5). Vgl. 260520A, 270915 I-IV u. 250705 I. Nr. 1-4 (Nr. 1-2, s. 260520A I; Nr. 3-4 vorliegend) und 5-9 (s. 270915) beziehen sich auf zwei verschiedene Ereignisse aus den Jahren 1626 und 1627, während Nr. 10 (250705 I) bei anderer Gelegenheit entstanden und überschickt worden sein mag. Leider verzichtete Chroust auf eine Beschreibung seiner Vorlagen, verzeichnete auch nicht die Verteilung der Gedichte auf die beiden Faszikel. Da nur unter jedem der ersten vier Gedichte ein von Christian später hinzugefügter deutscher Kommentar steht — die Vorbemerkungen zu den Gedichten gehen z. Tl. wohl auf Überschriften zurück, die bald nach der Abfassung der Gedichte geschrieben wurden (vgl. 250520A mit 250520 AI) — , befanden sich wenigstens diese Stücke in demselben Faszikel und zwar, wie die Anmerkung hinter Nr. 4 zeigt, auf zwei folgenden Seiten oder Blättern. Celidea ist die latinisierte Form des literarischen Rollennamens Célidée, den Pzn. Anna Sophia (A[nna] S[ophia] F[ürstin] Z[u] A[nhalt]) nach dem Vorbild von Honoré d'Urfes Roman L'Astree in der PA trug. S. 231206 u. 240301. Vgl. 250702, 260106 K 1, 260500 u. 260703.
2 Pz. Beringer v. Anhalt-Bernburg , erster kurzlebiger Sohn F. Christians und seiner Gattin Eleonora Sophia , geb. Hzn. v. Schleswig-Holstein- Sonderburg (TG 39). Zu seiner Geburt (21. 4. 1626) und Taufe s. 260106 K 11. 260211 K 10. 260520. 260520A. 260619.
3 Anspielung auf die Devise F. Christians II. Seine Eintragung im GBKö. lautet „Tugendt schwebt oben” ; s. Conermann I, Nr. 51 u. III, 55.
4 Nur vordergründig im Sinne von ,bekommen'. Da Christian , der tapfere Obrist in der Schlacht am Weißen Berge (1620), nach seiner Erlösung aus kaiserlicher Gefangenschaft (1622) nicht gegen das Haupt des Reiches zu Felde ziehen durfte, litt er — wie aus Passagen seines Tagebuchs, seiner Briefe und aus Gedichten wie diesem hervorgeht — an der erzwungenen Untätigkeit. Anna Sophias Spott über die ,Anschläge' (Pläne, die gelegentlich sogar den Dienst für den Kaiser einschlössen) traf einen wunden Punkt Christians . Vgl. Conermann II, 77 ff.
5 S. 260520A I (Anm. zum 2. Gedicht).
Seite drucken

XML: http://diglib.hab.de/edoc/ed000213/briefe/260500.xml
XSLT: http://diglib.hab.de/edoc/ed000213/tei-transcript.xsl