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260520
Fürst Christian II. von Anhalt-Bernburg an Fürst Ludwig
[Inhaltsverzeichnis]
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Fürst Christian II. von Anhalt-Bernburg an Fürst Ludwig


Antwort auf einen verlorenen Brief.1 Beantwortet durch 260619. F. Christian II. v. Anhalt-Bernburg (FG 51; Der Unveränderliche), der sich mit seiner Gattin Eleonora Sophia (TG 39) bei seiner Großmutter Gfn. Magdalena v. Bentheim in Schüttorf aufhält, bedankt sich bei F. Ludwig für die gereimten Glückwünsche zur Geburt seines Söhnchens Beringer . — Mit Gf. Friedrich Ludolph v. Bentheim-Alpen (FG 106; Der Ergetzende) hat sich F. Christian II. bei einem Glas Wein versöhnt. Christian hatte dem Grafen das ihm von F. Ludwig anvertraute Gesellschaftsbuch vom Jahre 1624 geliehen, welches von Friedrich v. Schilling (FG 21; Der Langsame) durch ein Verzeichnis der in der FG vertretenen Personen ergänzt worden war. Der Graf kann es nun aber nicht mehr auffinden. Ein „unwiederbringlicher Schaden", denn Christian wollte sich mit den Gesellschaftsnamen vertraut machen! Er bittet Ludwig um ein anderes erweitertes Exemplar. — In drei Nachbemerkungen entschuldigt sich F. Christian II. für den Gebrauch des lateinischen Worts ,respective', bittet seinen Oheim um Auskunft über den hl. „Adolger oder Adolarius" und bedankt sich für Ludwigs Hilfe in einer Geldangelegenheit.

Beschreibung der Quelle

QLHA Sachsen-Anhalt/ Oranienbaum: Abt. Köthen A 9a Nr. 30, Bl. 85r-86v; eigenh.; teilw. zit. in Conermann II, 47.

Anschrift

AFehlt.

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[Handschrift: [85r]]Hochgeborner Fürst, Gn. vnd freündtlicher geliebter herrvetter. E. G. frl. antworttschreiben, ist mir von Zaigern2 dieses, wol vberantwortett worden, vndt habe darauß dero gnädige zuneigung gegen mir vndt meiner frl. herzvielgeliebten Gemahlin3 , mitt mehrerm verspürt vndt vernommen. Thun vnß derwegen, beyderseits, gegen derselben, deß beschehenen gutherzigen wuntsches, vndt (respectivè) zuentbottenen grußes, dienstlichen, vndt demütig bedancken. Bitten ganz freündtlich, Sie wollen in dero wolgewogenheit, gegen vnsere Personen, freündvetterlich verharren, vndt vnß iederzeitt, in dero gnade, vndt gunsten, beynebens vnserm Kleinen Söhnlein, bestendig, anbefohlen seyn laßen. Meine frl. vielgeliebte Großfraw Mutter4 , bedanckt sich auch ganz demütig dero gnedigen andenckens, vndt zuentbottenen Grußes, wüntschet derselben, hinwiedrumb, allen ersprießlichen wolstandt, vndt [Handschrift: [85v]] gedeylichesa ergehen, beynebens anerbietung dero Mütterlichen Ehrendienste, auß trewem hertzen. Der Vnveränderliche bedanckt sich, gegen dem Nährenden, ganz trewlich, vndt dienstgesellich, vmb der ansehenlichen, schönen, wol gereimten, glückwüntschung5 willen, so er ihme zu ehren, auf die geburt seines Jungen Söhnleins gestellet. Vndt er ist solche weitt außzubreitten, vndt zu rühmen, ganz vrbietig vndt geneigt. Wirdt auch meines erachtens, wo ers nur zu marckte bringen kan, selbsten drauff antworten, vndt hat den ergezenden6 , angedeütter maßen, mitt einem gläßlein weins, im nahmen der fruchtbringenden gesellschaffter, treuherzig gegrüßet, vndt sich mitt ihme, biß auf beßeren bescheidt, verglichen vndt vertragen. Dann es hat sich ein Kläglicher fall begeben. Als nemlich der Vnver- || [495] änderliche, in dem buch, so ihme der Nährende verehret, vndt der Langsame mitt außlegung der geschlachter Nahmen, wie E. G. wol wißendt ist, mitt großem fleiß verbeßert,7 [Handschrift: [86r]] lesen, vndt embsig darauß lernen wollen, hat vnvorsehens der ergezende einen botten zu ihme geschickt, vndt vmb abfolgung deß iztgedachten buchs, mitt vngestümb, anhalten laßen. Welches ob es ihme wol zum andern, ia zum dritten mahl abgeschlagen worden, hat er doch von seinem vnzeitigen begehren, nicht abstehen, sondern daßelbige kurzümb zur abschrifft haben wollen. Vnd ob sich zwar der Vnveränderliche glimpflich geweigert, hat ers doch endtlich, weil es nur zur abschrifft angesehen gewesen, müßen geschehen, vndt sichb alß ein gast, von dem herren im hause, vbermeistern laßen. Seydthero als es der gute gesell der Vnveränderliche, mitt flehentlichem bitten wieder begertt, will sichs nicht finden, vndt sollens nun die weiber verloren haben, dann der ergezende das buch seiner Mutter8 geliehen haben soll, vndt darüber ist es wegkommen. Jch kan E. G. nicht sagen, wie schmerzlich solcher verlust dem Vnveränderlichen fürkömbt, vndt es ist ein vnwiederbringlicher [Handschrift: [86v]] Schaden. Der gute Gesell weiß auf dieser wellt keinen rath noch zuflucht, alß zu E. G. vndt bittet ganz flehentlich, Sie wollen ihme doch zu einem ebenmeßigen wie obgedacht mitt außlegung rechtverbeßertem Buch, wieder verhelffen, dann es stehet ihme seine ehre darauff, vndt sonst würde er wie ein stummer göze bey ehrlicher Gesellschafft sizen müßen, wann er seine eigene fruchtgesellen nicht zu nennen wüste. Er erbeut sich wann er die gnade haben kan, so wolle er ein solches buch sein LebTagec nicht mehr auß händen laßen. Ich weiß wol E. G. werden ihned höchlich durch solche wolthat verbinden, vndt auch dero angebornen mildigkeit nach, obengedachte bitte nicht abschlagen, gleich wie ich ihme selbsten diese vorschrifft nicht füglichen verweigern können. Thue E. G. hiemitt Göttlicher gnadenhuet, trewlich anbefehlen, vndt verbleibe,

E. G. dienstwilliger vetter,
Christian der Jünger , fzAnhaltt.

Gegeben zu Schüttorf den 20. tag, des Monats May, im Jahr 1626.

[Handschrift: [85r]]e Gegen E. G. bedancke ich mich auch, zum höchsten, das sie meiner geldtsachen halber, sich so fleißig erinnert, wie auch aller andern freündtlichen bezeigungen.
[Handschrift: [86v]]e P. S. Nachschreiben. E. G. wollens mir iaf zu guete halten, das ich an dem ersten blat, das lateinische wortt respectivè gebraucht. Jch habe es nicht recht verständlich zu verdeütschen wißen, vndt es eingeschloßen gesezt, als ein vnnöhtig vberflüßig wortt.
[Handschrift: [86v]]e Nachschreiben. Jch möchte auch gerne wißen waß der Heilige Adolger oder Adolarius9 vor ein Kerll gewesen.

Textapparat und Kommentar


Textapparat
T
a gedeylichKustode.
b Eingefügt.
c Leb:Tage Worttrennung im Zeilenfall.
d Aus ih⟨m⟩e
e Absatz am Rande nachgetragen
f Aus ⟨ie⟩

Kommentar
1 || [496] Hiervon ist nur die Abschrift eines Gedichts F. Ludwigs (260520A I) erhalten. Dieses Sonett war dem verlorenen Brief beigefügt. Vgl. 260619.
2 Vorzeiger, Überbringer, Bote. DW XV, 507.
3 Fn. Eleonora Sophia v. Anhalt-Bernburg , geb. Hzn. v. Schleswig-Holstein-Sonderburg (TG 39).
4 Gfn. Magdalena v. Bentheim , Witwe Gf. Arnolds III (IV.). S. 260211 K 10, vgl. 260106 K 1, 260419, 260520A K 5 u. I u. 260619 K 5.
5 Abschrift in 260520A I. F. Christian II. v. Anhalt-Bernburg (FG 51; Der Unveränderliche) sandte sein Antwortgedicht (260520A) wohl zusammen mit dem vorliegenden Brief. Zur Geburt und Taufe Pz. Beringers , des ersten Sohns F. Christians II. , s. 260106 K 11, 260211 K 10 u. 260619 K 8. Vgl. 260500.
6 Gf. Friedrich Ludolph v. Bentheim-Alpen (FG 106; Der Ergetzende). S. 260211 K 10 u. 260419.
7 Keine Auslegung in Prosa oder Vers, sondern vielleicht ein von Friedrich v. Schilling (FG 21; Der Langsame) angefertigtes handschriftliches Verzeichnis der Personennamen der FG-Mitglieder, das F. Christians Exemplar des GB 1624 beigefügt war. Es ist auch denkbar, daß Schilling diese Mitgliedernamen unmittelbar auf den Seiten mit den Impresen der Gesellschafter eingetragen hatte. Die hier dem Worte „außlegung” gegebene Bedeutung dürfte aus lat. interpretari, „dolmetschen/ außlegen” bzw. interpres, „Dolmetscher/ Außleger” (Faber/Buchner, 487) abgeleitet sein, demnach eine Art Rückübersetzung oder Erklärung der Gesellschaftsnamen meinen. S. 260619 K 15 u. Conermann II, 47. F. Ludwig pflegte die Liste der Personennamen gewöhnlich nur Mitgliedern der Gesellschaft zukommen zu lassen. Eine gedruckte Mitgliederliste für das GB 1641 (FG 1-353) wurde nur wenigen Exemplaren der späten GBB angehängt. Vgl. Conermann II, 52f.
9 S. 260619 K 19f. Heiliger am Geburtstag Pz. Beringers , lt. Vermerk in Sigismund Ladisias Auszug Christian: Tageb. XXIV, Bl. 216r. Vgl. die betreffende „Christliche erinnerung" (S. 3) zu Adolarius unter dem 21. April in: Geistlicher Kalender. (Zerbst 1654), S. 220„Justitia vendibilis, Hinc omnis pauper flebilis. Schmeichelhanß u. Heuchelwort/ Haben die Trew und Lieb ermord.” S. 221: „Wo Treue/ und das Recht sich enden/ Da muß sich Gottes Huld wenden. Die falsche Welt GOtt nicht gefelt/ Jhr Untergang ist schon bestellt.” F. Ludwigs Antwort auf Pz. Christians Bitte läßt vermuten, daß Christian — vielleicht auf einem beigelegten (verlorenen) Zettel oder in seinem verschollenen Brief vom 30. 5. 1626 — die Frage noch erweiterte. Vgl. 260619 u. K 20.
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