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Jost Andreas von Randow an 13 Mitglieder der Fruchtbringenden Gesellschaft
[Inhaltsverzeichnis]
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210401

Jost Andreas von Randow an 13 Mitglieder der Fruchtbringenden Gesellschaft


Antwort auf 200125. Vgl. 230430.
Andreas von Randow (Der Leimende, FG 22) beantwortet ein Schreiben der FG und die Zuschrift der Übersetzung von Giovan Batista Gellis I capricci del bottaio mit einer geistreichen Auslegung seiner Imprese. Randow handelt in seinem Brief von der Mistel, ihrer Verarbeitung zu Vogelleim und ihrer Verwendung beim Vogelfang. Im Anschluß an Gellis Werk und an ein Gedicht Sandro Petris legt er auch seinen Gesellschaftsnamen aus und bezieht sich auf die Imprese Curt Dietrichs aus dem Winckel (FG 35).

Beschreibung der Quelle

Q[F. Ludwig, Hg.] Der Fruchtbringenden Gesellschafft | Abgegangenes Schreiben | An
den | Leimenden | Vnd dessen Antwort | An die gantze Gesellschafft. | auch | Des Grünen darauff erfolgter | Send-brieff. | [Holzschnitt-Vignette] | M. DC. XXIII. Bl. A ij v - [A vj]v. - HAB: Lo Kapsel 9 (2).

Anschrift

AFehlt. Vgl. 200125.

Text


Deß Leimenden Antwort.
HOchgeehrte gute Freunde/ vertrawte liebe Gesellen/ nach dem jhr an stat der hochlöblichen Fruchtbringenden Gesellschafft/ mir als dem geringsten unter euch die hohe fürnehme Ehr angethan/ und ein verdeutschtes Buch/ darinnen einem meines [A iij r] Tauff Namens allerhand nützliche Lehren vorgeleget werden/1 im abgewichenen Jahr zugeschrieben/ hab ich mich schüldig erkant/ auch willig befunden/ mein danckbares Gemüth in etwas zu beweisen/ hiermit dessen eine kleine Anzeige zu thun. Bedancke mich demnach zum aller höchsten/ daß jhr bey einem so löblichen Werck meiner/ als deß wenigsten eingedenck sein wollen/ vnd die Wahl dieser Zufertigung/ einer der ersten Früchte unsers wolgemeinten Fürhabens/ auff mich fallen lassen: deß Verzugs meiner bißher angestandnenen Antwort halben/ bitte ich ümb Verzeihung/ auß || [145] Vrsachen/ das jhr hochverständig leichtlich zu ermessen/ wie angezogene so viel vnd schöne Vnterweisungen von einem meines Zunamens/ in so kurtzer Zeit/ wegen mancherley mit hauffen zufallenden Anliegen/ damit er seiner Art und Natur nach/ stetig behafftet und angefochten/ nicht mögen ergründet werden. Mir nun/ auff ewer Begehren ein Gnügen zu thun/ hat ein anders nicht einfallen wollen/ als von dem jenigen zu melden/ so mein Name und Gemelde/2 bey dieser löblichen Gesellschafft/ mit sich bringet. Vnd ob es zwar außwertigen fremd und seltzam möchte fürkommen/ das ich dergleichen Namen erwehlet/ so getröste ich mich doch deß Vrtheils in ewrem Schreiben gesetzet/ darinnena jhr gnugsam zuverstehen gebet/ wie man dem Guten alleine anzuhangen und anzukleben/ dahin dann euch der beste und meiste Leim meines theils gerichtet sein sol. Zu ergetzung aber/ und damit jhr und menniglich die Eigenschafft dieser von mir angenommenen Frucht recht einnehmen und fassen möget/ sol hier angezeiget werden:b Erstlich/ wie diese Frucht deß Mispels oder Känsters/3 und wo sie wächset: Fürs ander/ wie der Vogel-Leim davon zugerichtet wird: Fürs dritte/ worzuc dieser Leim zu gebrauchen: Vnd fürs vierdte/ wie diß Wort zwar in einen andern Verstandt gezogen/ aber sich doch dessen Bedeutung fast niemand entschlagen kan/ und derjenige alleine [A iij v] der Glücklichste/ welcher seinen Leim am besten zugebrauchen und anzulegen weis.
1. Der Mispel oder Känster nun wächst auff allerhand Bäumen/ doch meistentheils auff denen so da Alt seyn: die Bäwme darauff er gefunden wird/ sind nachfolgende mit Namen: Apffell/ Birn/ Haseln und Eichbäwme/ Linden und Bircken/ als wol der alte starcke Dornbusch. Er erzeuget sich von dem Vogelschmeiß der grossen Krammetvogel. Dann wann sie allerhandt VogelBeer/ von denen sie jhre Nahrung haben/ wie auch von den weissen Beerlein so in dem Känster erwachsen/ gefressen/ auff vorgemelte Bäwme herumb fliehen/ und jhren Schmeiß darauff fallen lassen/ so wachset daraus/ vornemblich aber aus den noch überbliebenen und nicht gantz verdaweten Körnlein oder Beeren/ der Mispel/ oder Känster. Es ist auch gläublich/ das der fast abgestorbene Bawm durch diesen schleimigen/ doch warmen schmeiß/ seine wachsende Krafft zum theil wieder erlanget/ hierzu gleichsam gedünget/ angefeuchtet/ und dann der gleichen natürlichen Außtrieb desto eher mit hülffe darzu bequemlichen Wetters/ heraus kommen lässet. Allhier aber wird nur von dem/ so auff den Aepffeln und Birnbäumen wächset/ und wie derselb zu bereitung deß Vogel-Leims angewendet wird/ eigentliche Meldung geschehen: Dann was so wol dieses als anderer Bäwme Mispel natürliche Bezeichnung/ Eigenschafft/ Krafft und Wirckung ist/ wie sie zur Artzney gebraucht werden/ oder worzu sie sonsten gut seind/ solches ist billich den Naturkündigern und Aertzten/ deren Beruff und Ampt dergleichen Geheimnüsse der Natur zu wissen mit sich bringet/ anheim zu weisen/ kan auch ins künfftige mit Raht und zu thun derselben weitleufftiger außgeführet werden.
2. Wiewol nun aus andern Gewächsen/ sonderlich aber dem Stechpalmen/ oder Walddisteln (deß Grünen unse[A iiij r]rer Gesellschafft Gemälde)4 der VogelLeim auch zugerichtet wird/ so ist doch der/ so aus dem Apffel und Birn || [146] Mispel gemacht/ der beste für allen andern/ ja der in allem Wetter/ Winter und Sommers-zeit am meisten helt: Seine Zubereitung5 ist diese: Man nimmet die dickesten Stengel deß vollkommenen Känsters/ ohne die Blätter/ so darzu nicht taugen/ und lesset dieselben/ wann sie zuvor in einem Tiegel geröstet/ oder in etwas erwärmet/ und mit wenigem Leinöhl fort und fort der notturft nach angefeuchtet/ auff einer Stampmüle wol stossen/ und sie also/ wie man mit dem Rübesaat/ Lein und andern dergleichen Samen zu thun pfleget/ wol klopffen und schlagen/ das darauß der Safft gehet/ oder ein Oel gepresset wird/ welches der Leim an jhm selbsten ist: Vnd da er wol/ wie gemeldet/ sonderlich aber der Farbe halten sol/ muß er alßdann mit ein wenig Terpentin nebst dem Leinöhl angemacht6 werden.
3. Vnd dieses Leims Gebrauch erkläret sein vorgesatzter Name/ dann er allerley gattung Vögel groß und klein/ zu fahen/ auffgehoben und angewendet wird. Wie nun deß Geflügels eine grosse Menge/ also ist auch die Weise/ sie mit dem Leim zu fahen/ mancherley. Die/ welche dem Namen am nähsten kommet/ ist die Leimstange/ so in der länge eines langen Spießes/ auff ein achtzehen werg Schu/7 den grossen Hopfstangen an der Stärcke fast gleich/ darinnen werden auff beyden Seiten die Leimruten so fein dichte und wol bestrichen/ in sonderbare durchgebohrte Löcherlein/ zwey Ellen von unden auff die höhe/ fest eingestäckt/ und die Vögel mit einem Kautzen/ und deß Vogelstellers oder Leimstänglers gepfeiffe herzu gelocket. Die Leimstange wird vom Vogelsteller durch das Holtz auff der Achsel getragen/ ist unden mit einem spitzen Eisen und Tritt beschlagen/ auff das er sie/ wo Vögel verhanden/ in das Erdreich desto baß eintretten kan/ hat darneben das Keützlein8 in der Handt/ auff einen niedriegen spitzen Stecklein/ oben [A iiij v] mit einem auffgenäheten Küßlein versehen/ ruhend.b Da er nun Vögel vermercket/ setzet er die Stange für einen Bawm abwärts ein/ das Keutzlein unden vor/ welches an einem Fuß einen langen starcken Bindtfaden angebunden/ den windet er mit einer Schnurrollen ab/ und leget sich ausser der Witterung vom wind hinter einen Strauch/ mit einem Blat im Munde/ und verstelleter Stimme/ die Vogel herzu lockend/ und das Keutzlein zu außbreitung der Fliegel/ als wann sichs wehren wolte/ mit dem Faden anziehende. Die närrischen Vögel/ so dem Kautzen von Natur gehässig/9 vermeinende denselben zuvertilgen/ da sie doch wenig Vermögen darzu haben/ kommen mit hauffen an/ stechen von allen Ecken ringsher auff jhn/ und weil sie nichts nähers als die Leimstange darauff zu sitzen und zu ruhen finden/ fallen sie unvorsichtig gleich auff dieselbe/ und bleiben also elendiglich daran bekleben und behengen:b der Vogelsteller aber hat ümb seine Mühe die Lust und den Nutzen darvon/ und werden auff diesem Weidewerg10 allerhandt Vogel groß und klein/ als Schnerren/11 Amseln/ Trusseln/ PfingstVogel/12 Blaw- undd Grünspecht/ Holtzschreyer.13 Dann von kleinen Vögeln: Meisen/ Stiglitz/ Zeising/ Henffling/ Nachtigaln/ Rothkelchen/ Bachsteltzen/ Wipstertzen/14 und andere mehr gefangen: Ja es hat sich wol zugetragen/ das zufälliger weise ein Eichhorn/ da es von einem Bawm auff den andern springen und hüpffen wollen/ und die Leimstange/ darzwischen stehend/ angetroffen/ daran behengen blieben/ und nicht loß kommen mögen. || [147] Dieser Vogelfang gehet an zu ende deß Brachmonats/ nach dem Fest Johannis deß Täuffers/15 wann die Vögel außgehecket/16 und die Alten mit den Jungen herümb fliehen/ wehret auch fortan den gantzen Sommer hindurch biß in den Herbst.
Ferner ist noch eine andere Art mit dem Leim die Meisen absonderlich zu fangen/ und wird ein Meisensprüe17 ge[A v r]nandt/ nicht mit der Eule/ aber nur an einem darzu bereiteten Ort/ mit sonderen darzu auffgeworffenen Flederwischen:18 wie auch eine andere in Welschland zur Herbstzeit gebräuchlich/ und in einem niedrigen Büschlein/ darinnen in der mitten ein selbbewachsenes Hüttlein/19 und vielerhand Lockvögel/ zugerichtet/ worauff die groben Vögel/ mit kleinen Leimruthen/ wann sie darauff fallen/ sich fangen und wann sie die Ruhten außgezogen/ bey der erden herümbflatternde leichtlich mit Händen können ergriffen werden. Weil aber die erste Art zu dem lustigen verstand deß LeimNamens/ mehr als diese und andere sich reimet/ als wil ich es für dißmal hierbey bewenden/ derer Beschreibung anstehen lassen/ unde zu den unterschiedenen Bedeutungen deß Namens schreitten.
Setze daneben abermals beyseit den Tischer/ Sattler/ Buchbinder und andern Leim und Kleister/ welcher ob er schon ebener gestalt ein anhängiges und klebriges thun ist/ so ist er doch so hoch und edel als der VogelLeim nicht zu achten/ sintemal jener von keinem lebendigen Thiere zugleich mit entstehet/ und sonsten von wegen allerhandt allzufest anhafftender Vnreinigkeit/ die nicht leichtlich abgehet/ billich von allen Adelichen Hertzen gemieden und gehasset wird/ darentgegen dieser aus vorgemelter Vrsachen seines Vorzugs/ und weil man sich seiner gar bald mit einem reinen klaren Brunnen Wasser entbrechen kan/20 der Lust und Nutzens darbey zu geschweigen/ fürnemblich zu lieben/ loben und zu preisen/
4. Weiter/ den namen deß Leimenden/ den ich mir erwehlet/ belangende/ und was etwaf von dem Leim und Leimen für ein lustiger und kurtzweiliger Verstand und Meynung erwachsen/ sollet jhr wissen/ das ich eben in diesem verdeutschten und mir zugeschriebenem Buch dergleichen gefunden/ da in dem fünfften Gespräch/ deß Zweiges gedacht wird/ den alle Menschen ins gemein haben/21 welcher sonder zweiffei in der Bedeutung auch einer von [A v v] diesem/ Leimkänster oder Mißpel gewesen/ und daher nicht unbillich ein Leimzweig zu nennen. Ja ihr wollet euch unbeschwert berichten lassen/ wie dieser Leimzweig bey allen Ständen so tapffer und weidlich/ gleich durchgehend/ sich finden lesset. Dann es Leimen ja Potentaten/ Fürsten und Herren/ da sie friedlich leben könten/ und doch Krieg haben wollen: Es Leimen alle Gelehrten/ welche die jenige für närrisch achten/ so offte am wenigsten jrren: Es Leimen meist alle Geistlichen und Pfaffen/ von wegen deß thörichten Ehrgeitzes und auffgeblasener Hoffart/ so bey jhnen ist: Es Leimen alle Soldaten/ die zum Tode ümb ein schnödes geringes Geldt in vollen bügen22 lauffen: Es Leimen alle Kauffleute/ sintemal sie jhren Zweck und Ende auff das vergengliche Goldt setzen: Ja der Leimet auch/ der mit einem grossen Schatz vieles Geldes und Gutes seine Thorheit vermeinet zu überleimen oder zu zudecken. Mit der Leimstange lauffen alle blinde Verliebten/ dann sie seind nur der Leute || [148] Affenspiel: Ja wer da lebet der Leimet/ aber noch mehr der jenige/ der seinen Leim allzu sehr verdecken und verbergen wil. Ebener gestalt Leimet der/ so da vermeinet/ er habe nicht etwas von diesem Narren oder leim zweig. Es Leimet der gemeine Pöfel/ und alle Handwercksleute/ die von den Reichen Hülffe undg Gaben hoffen. Es Leimen Knechte und BawersLeute/ die jhren Herren zur Lust noth leiden. Ja es Leimet beydes wer jmmer in Freuden und Wollust lebet/ und der sein närrisches Thun auff dieser Welt zu sehr beweinet/ oder belachet. Es Leimet der/ so sich zu sehr bemühet/ den Vndanckbaren und Mißgünstigen zu gefallen zu seyn. Wie auch der so andere tadelt/ und seine eigene Werck nicht erweget? Ja wer lieber ümb frembde Sachen/ als seine eigene Thorheit wissen wil. Es Leimet der/ welcher zu viel gläubet und liebet/ und der/ so keinen Glauben und Liebe hat. Ein Leimstengler ist der/ so sich selbst berüchtiget/ andern damit eine Ehre anzuthun/ und Nutzen zu schaffen. [(A vj)r] Ja der Leimet auch/ so da vermeineth seinen Jrrthumb mit dem Leim zubedecken. Es Leimet der/ so nimmer auff seine Sachen gedencket/ und der/ so mit allzuviel Gedancken sein Gehirn schwächet. Es Leimet der/ so das seinige ohne einzige Maß verschwendet/ und hernacher zum Spottvogel wird. Aber gar ein schlimmer nicht tügender23 Leim ist das/ wann einer die Boßheit mit der Thorheit vereiniget. Es Leimen alle Jungfrawen/ die jhren Liebhaberen ein Tod seyn / und doch den Mantel nach jedem Wind hengen. Es Leimen die Hoffleute/ so zu Hoff jhr Leben zubringen/ darmit sie hernacher in einem Sawwinckel in Noth und Elend sterben. Ja es Leimet der/ so da hoffet bey dieser Welt ein rechtschaffenes Vergnügen mitten in dieser thörichten Leymerey zu haben. Dieweil dann hierdurch der gantzen Welti bekandt ist/ daß ein jedweder dergleichen Zweig deß Leims oder Thorheit hat/ wie hette ich mich dann als der wenigste davon außschliessen sollen/ Ja ich habe viel mehr dadurch an Tag geben wollen/ das der Leim so gar böse nicht ist/ wann er nur zu rechter Zeit und nicht zur Vnzeit gebraucht wird/ ja kein lebendiger Mensch sich dessen entschlagen könne: Derhalben dann der Grüne gantz verständig das Wort Nicht ohne Leim/24 an sich genommen. Wil sonst mit meiner Antwort der hochlöblichen Gesellschafft nicht lenger verdießlich sein/ weniger anjetzt gedencken/ waß massen in den alten Geschichten vielfältige Beyspiel gefunden werden/ das auch bey hohen und tapfern Leuten zu zeiten es das ansehen gewonnen/ als wann dieselben Geleimet/ und zum Beschluß alleine noch dieses hinzu gefüget haben/ das wir vns billig dahin allesampt befleissigen sollen/ weil wir doch in diesem leben ohne den Mangel deß angebornen Leims nicht sein können/ derselbe nur zum guten/ und Nutz damit zu schaffen möge angefeuchtet/ sonsten aber alle verdrießliche Vnfläterey/ darunder ich den andern Leim/ ausser diesem/ setzen thu/ abge[(A vj v)] schaffet/ sein und bleiben. Solches ist unserer Gesellschafft Zweck und durchaus gemeß/ und ich werde mich gegen die selbe mit aller Bereitwilligkeit jederzeit erfinden lassen. Geben in meinem Leimstüblein/ den ersten Aprilis/ im Jahr 1621.

Ewer allezeit unterdienstlicher guter Freund und Gesell/
Der Leimende.
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210401I

Sandro Petri
Canto della Pazzia.

Beschreibung der Quelle

Q[Antonio Francesco Grazzini, Hg.]: [Holzschnittrahmen] TVTTI I TRIONFI, |
CARRI, MASCHEAATE [!] | ò canti Carnascialeschi | andati per Firenze, | Dal tempo del Magnifico Lorenzo vecchio | de Medici; quando egli hebbero pri- | ma cominciamento, per infino à questo anno presente 1559. | Con due tauole, vna dinanzi, e vna | dietro, da trouare agieuolmen- | te, e tosto ogni Canto, ò Mascherata. | IN FIORENZA | MDLVIIII.1 Bl. 144-146. - HAB: 70.6 Poet. - Wiederveröffentlicht in: Canti carnascialeschi, trionfi, carri e mascherate secondo l'Edizione. Con prefazione di Olindo Guerrini. Milano 1883, 107f. (zit. G).

Text

Di Sandro Petria

Canto della Pazzia.2


QVEL, che la nostra superba pazzia
Punisce nel profondo;
Vuol c'hoggi noi mostriamo à tutto 'l mondo,
Che ciascun' ha un ramo di Pazzia
(5)Pazzi tutti son ben gl'innamorati,
Perche son sempre il giuoco della gente;
Pazzi tutti i soldati,
Ch'à morir vanno quasi per niente:
Pazzo è ciascun viuente,
(10)Ma piu chi uuol coprir la sua pazzia.
Pazzi son tutti i Principi, e Signori,
Potendo stare in pace, e uoler guerra;
Gli Storici, e Dottori,
Che tengon pazzob speßo, chi manco erra:
(15)Pazzo chi crede in terra
Non hauer questo ramo di pazzia.
Pazzi i religiosi tutti quanti,
Per la pazza ambizion, che regna in loro;
Pazzi tutti i Mercanti,
(20)Perche sempre il lor fin pongon nell'oro:
Pazzo, chi col Tesoro
Pensa di ricuoprirc la sua pazzia
Pazza la plebe, e tutti gli Artigiani
Che speran da i piu ricchi aiuti, e doni;
(25)Pazzi, i Servi e i Villani
Che stentan, perche godinod i padroni:
|| [150] Pazzo, chi 'n festa e 'n suoni [145]
Viue, e chi troppo piange sua pazzia.
Pazzo chi troppo s'affatica, e spende
(30)Per dare à ingrati, e 'nuidiosi piacere;
Pazzo chiunque riprende,
Senza far prima l'opre sue uedere:
Pazzo chi uuol sapere
Piu i casi d'altri, che la sua pazzia.
(35)Pazzo chi troppo credee , chi tropp'ama,
E pazzo chi non ha fe, nef amore;
Pazzo chi se infamag
Per fare ad altri e utile, e honore:
Pazzo, chi 'l suo errore,
(40)Si crede ricoprir colla pazzia.
Pazzo chi mai à i suoi casi non pensa,
E chi troppo in pensar stilla il ceruello;
Pazzo chi 'l suo dispensa,
Senza misura, e resta poi l'uccello;
(45)Ma peggior pazzo è quello,
Ch'unisce la malizia alla pazzia.
Pazze tutte le donne, che la morte
Son di chi l'ama, e uolte à ogni uento;
Pazzo chi uiue in corte,
(50)Per morir nunah foßa poi di stento:
Pazzo chi quà contento
Spera di stare in mezzo alla pazzia.
Ma ben che la pazzia, sia dolce cosa,
E chi piu n'ha, men si conosca infetto;
(55)Quel che nel ciel si posa,
Vuol che da noi, che 'l prouiam vi sia detto:
Ch'ogni uostro difetto [146]
Non sia da lui scusato per pazzia.
Stende i suoi rami sopra i mortaii tutti,
(60)L'Alber della Pazzia; e di quel cogli e
Giouani, belli, e brutti,
E Vecchi, e Donne; e ciascun poi ne toglie
Chi ramucci, chij foglie;
Chi l'abbraccia, e chi in cima ha la Pazzia.

Textapparat und Kommentar


Textapparat
T
a dariunen Druckfehler.
b Druckfehler. Fragezeichen.
c worzn Druckfehler.
d uud Druckfehler.
e nnd Druckfehler.
f erwa Druckfehler.
g nn d Druckfehler.
h vermeiuet Druckfehler.
i Wekt Druckfehler.

T I
a Preti. An anderen || [151] Stellen des Buchs richtig, z. B. Bl. [a v]r u. [a vii]r.
b In G folgt chi crede in terra
c G ricoprir
d G godano
e In G folgt e chi
f G ha fede nè.
g G sè diffama.
h Lies: 'n una
i G mortal
j G ramucci e chi

Kommentar
1 Gespräche Josts mit seiner Seele in F. Ludwigs Übersetzung: Johannis Baptistæ Gelli Vornehmen Florentinischen Academici Anmutige Gespräch Capricci del Bottaio genandt. (Cöthen 1619). Vgl. 200125 K.
2 Gesellschaftsname und Imprese.
3 Mistel; vgl. 200125 K u . DW V, 779: „Kinster, Kenster, viscum album, mistel, mispel [...] auch künster, künst, ginster. im 16 jh. nd. kinster [...].” Vgl. Stieler, 1275: „Mistel/ der/ & aliô. dialectô Mispel/ viscum, metonym. dicitur à Mist/ qvia é stercore avium procrescit. Dicitur in Saxoniâ Affolter, Ab hôc est adj. Mistelicht/ viscosus.” Hieronymus Tragus gen. Bock: Kräutterbuch ... Mit vleis übersehen ... Durch Melchiorem Sebizium. (Straßburg 1630), 744: „Dann auß den Rinden der Misteln pfleget man den Vogelleim zu bereitten. Also seind die Misteln den Vögeln beide nutzlich [...].”
4 Impresenbeschreibung Curt Dietrichs aus dem Winckel (Der Grüne; FG 35) in GB 1622: „Stechpalm oder Walddisteln sampt jhren Beerlein.” Vgl. 230430.
5 Vgl. Bock, a. a. O., 746: „Der gemeinest brauch der Misteln ist der Vogelleim. Die Alten haben denselben Leim auß den vnzeitigen Mistelbeerlein im Sommer gemacht/ die mußte man zerstossen/ wann sie gedörrt waren/ vnd folgends xij tag in Wasser lassen beissen vnd faulen. Serapio lehret ein andere weiß Leim zu machen/ nemlich das die Mistel rinden/ oder schölet auff zween Monat in Wasser sollen geweichet/ vnd alsdann hefftig vnd wol gestossen werden/ das gebe den besten Vogelleim/ dise weiß Serapions gefällt mir am besten.” Auch Johann Conrad Aitinger zitiert Bock zum Teil: Kurtzer vnd einfältiger Bericht Vom Vogelstellen/ Jetzo auffs new mit Fleiß übersehen vnd vermehret ... Cassel/ Gedruckt bey Salomon Schadewitz/ Jn Verlegung Johann Schützen/ Jm Jahr 1653, 242. Vgl. Kurt Lindner: Johann Conrad Aitinger. 1577-1637. In: ders., Deutsche Jagd-Schriftsteller. Biographische und bibliographische Studien. Tl. I. Quellen u. Studien zur Geschichte der Jagd 9. Berlin 1964, 15-58. Die erste Auflage von Aitingers Werk sollte 1626 (Titelbl.) erscheinen, wurde aber wohl erst 1631 fertiggestellt, da Aitinger das Buch erst damals Lgf. Wilhelm V. v. Hessen-Kassel (FG 65) und seinen Brüdern, darunter Hermann (FG 374) und Friedrich (FG 566), widmete. Ob es in einem Zusammenhang mit dem vorliegenden Briefwechsel steht, bleibt zu erwägen. Vgl. Ludwig Heidenreichs von Callenberg (FG 66) Angebot (1623), das „hezrecht" (s. 240109) zu behandeln.
6 Aitinger, 243f.: „DEn Vogelleim legt man auff ein glatt genetzten Stein vnd Holtz/ schläget vnd klopft denselbigen gar wol mit einem höltzernen Hammer oder Holz/ auch genetzet/ thut vngefehr vnter ein Pfund Vogelleim/ ein Baum oder Welschen Nuß groß trockenes weiß Hartz/ oder Pech/ in einem Mörsel klein zerstossen/ vnd Leinöl/ darmit ihme die Nässe nicht schade/ nehmet gar ein wenig Honig darunter/ arbeitet vnd bähet ihn wohl mit den nassen Fingern/ nachdem er geklopfft/ reisst ihn von einander/ vnd arbeitet ihn/ als wenn Wachß weich gemacht wird.” Über Vogeljagd handelt auch: Trattato della agricultura di Piero de' Crescenzi. Translato nella favella Fiorentina rivisto dallo 'Nferigno. 3 Bde. Milano 1805. III, 167 (9. Buch, 93. Kapitel): Gewinnung des Vogelleims aus dem Mist der Drossel; 231 (10. Buch, 25. Kap.): Die Vogelfängerei mit der Leimrute und der Nachteule: „Anche con grandi verghe invischiate si prendono di molti grandi uccelli, e massimamente corbi e cornacchie con ajuto d'un gufo [...].” Im Besitz F. Ludwigs war die Erstauflage dieser Übersetzung seines Sprachlehrers Bastiano de' Rossi , des Sekretärs der Accademia della Crusca: Trattato dell'Agricoltvra di Piero de' Crescenzi [...] revisto dallo 'Nferigno (Firenze: Cosimo Giunti 1605). Vgl. Conermann: Akademie, 105ff. (Eine Teilhandschrift dieser Ausgabe besaß || [152] Ludwig schon 1601)
7 Werkschuh, Längenmaß. 0,333 m. Aitinger, 236ff. unterscheidet drei Längen der Leimrute: „ZV den mittelsten Leimbruthen gehöret eine lange schlechte leichte vnd gerade Stange/ so lang sie zu bekommen/ die wird von oben herab creutzweiß mit Löchern durchbohret/ Etzliche bohren sie schlecht vnd strack/ etzliche schrem. Diese Leimrütlein werden vnten mit ein wenig Werck bewickelt/ vnd mehr als ein Schock an die lange Stange gemacht. Diese Rütlein seynd vngefehr anderthalb oder zweyer Werckschuh lang/ Werden/ ehe sie angemacht/ mit Leimen bestrichen/ [...] Die Stange wird unten mit einer spitzigen eysernen Stachel oder Gabel versehen/ darmit sie leichtlich in die Erde zustecken/ gefast/ vnd wohl vernagelt werden. Mit dieser Leimstange läuffet man hin vnd wieder im Walde oder Vorhecken/ biß viel kleine oder grosse Vögel vernommen werden/ alsdann stecket man die Leimstange fein schnell etwas lehnig in die Erde/ also/ daß sie oben einen Baum oder Ast berühret/ vnd desto gewisser lieget/ derogestalt/ daß die Sonne nicht zu hell vnd gläntzend den Leim bescheine/ den Kautz hart neben oder darbey/ vff ein zwey oder drey Schritt/ auff sein Deller oder Klötzlein/ so mit grünen Tuch überzogen/ in die Erde/ vnd gehet alsdann der Leimstänger einen Schritt oder zwantzig zurück hinder einen Baum oder Strauch/ mit einem Stricklein auff einem Häfelein/ welches an den Kautz gebunden/ darmit er zum flattern gezupfft wird/ bladet darauff mit einem Birnbäumen Blatt/ oder in mangel dessen/ auff einen Buchen oder weidenen Blatt/ was zu bekommen/ vnd schreyet wie ein Vogel den der Kautz frisset/ wie Herr Colerus schreibt [...].” Vgl. Johannes Colerus: Colerus redivivus, sive oeconomia universalis cum calendario perpetuo ... Ein jmmerwehrender Calender/ sampt Zwantzig ... Hauß-Bücher (Franckfurt 1640), bes. S. 489f. Dazu Kurt Lindner: Das Hausbuch des Johann Coler. Druckgeschichte und Bibliographie. In: Festschrift für Claus Nissen. Wiesbaden 1973, 503-564; Gotthardt Frühsorge (Nachwort) in: Johannes Colerus: Calendarium oeconomicum & perpetuum. VOr die Haußwirt/ Ackerleut/ Apotecker vnd andere gemeine Handwercksleut/ Kauffleut/ Wanderßleut/ Weinherrn/ Gertner vnd alle diejenige so mit Wirtschafft vmbgehen. (Wittenberg 1591). Nachdr. Leipzig 1988.
8 Vgl. Anm. 7 u. Aitinger, 235: „Hierzu wird weiter ein runder Klotz oder Teller/ wie es dem Weidman oder Leimstängler beliebet/ mit einem stäblein etwan anderthalb schuhe hoch/ (etzliche brauchens auch viel höher) so vnten spitzig gemacht wird/ daß es in die Erde gestecket werden kan. Dieser Klotz wird mit grünem Tuch überzogen vnd bereitet/ darauff wird das Käutzlein gesetzet/ vnd fürters an das Lederne Riemlein eine zimlich Schnür an eine Rolle eingebunden/ daß man ihn zöpffen/ vnd flattern machen kan.”
9 Vgl. Aitinger, 232f.: „Vnd dieweil die Kautzen vngestalt seyn/ vnd sich wenig sehen lassen/ oder von den Vögeln wenig gesehen werden/ verwundern sich die Vögel ihrer/ vnd begehren sie als ein frembd vnd vngewohnt Monstrum anzusehen. [...] Etzliche aber seynd hergegen der meynung/ daß dieses nicht aus Verwunderung/ sondern aus sonderlichem Haß/ so alle Geschlecht der Vögel auff die Kautzen vnd Nachtvögel haben/ beschehe/ dieweil sie ihnen des Nachts jhr Eyer vnd Jungen/ als ihren besten Schatz/ rauben vnd auffressen.” S. Colerus, a. a. O., 469. Vgl. auch Konrad Gesner: Vogelbuch ... durch Rudolff Heußlein in hoch Teutsch versetzt/ jetzt ... verbeßert. (Franckfurt am Main 1610), 356 unter „Kautz": „Das dritte Geschlecht ist klein/ mit welchem (als auch mit dem vierdten Geschlecht) die Weydleut Vögel fahen.” S. 359: „Dieweil aber die Kautzen vngestalt sind, vnd selten von andern Vögeln vnd Thieren gesehen werden, verwunderen sich die Vögel ab jhnen, vnnd begeren sie anzuschawen, als ein new vnnd vngewohnt ding. [...] Sintemal nun die Menschen vermerckt haben, daß andere Vögel vmb diese, damit sie die sehen möchten geflogen, haben sie einen solchen list mit diesen Vögel zufahen, erdacht, daß sie diese, andern Vögeln damit herzu zu locken, fürgestellt || [153] haben, daß sie also mit Leim oder mit Netzen Vögel fahen möchten [...] Man fahet auch Vögel mit Kautzen, oder einem Katzenhaupt auff dem Kloben. Diß fahet man aber an im Herbstmonat, als auch andere Gattungen Vögel zu fahen, vnnd währet biß zu außgang desselbigen Monats. So man den Kautzen auff einen erhinen zweck stellet, vnd der Vogler stäts ein Seil oder schnürlein an sich zeucht, vnd allenthalben vmb dasselbig klebruten steckt, wirt er Lerchen, so zum Kautzen herzu fliehen, damit fahen.” S. 376 über das Fangen der Meisen: „Die weil diese Vögel scharweiß fliehen werden jhrer offt viel mit einem Kautzen gefangen.” Zur Feindschaft gegenüber dem Kautz S. 433 („Die Trostel als auch der Mistler hassen den Kautzen” ) und S. 375 („Die Meiß [...] hasset [...] den Kautzen feindtlich” ).
10 Jagdgerät, hier Leimstange mit Ruten. Die Form Weidewerk md. noch um 1800. Vgl. DW XIV.1.1, 625-628.
11 Schnarre, die Misteldrossel; Turdus viscivorus. Auch regional für den Baumläufer (Certhia familiaris) und den Wachtelkönig (Crex crex). Vgl. Hugo Suolahti: Die deutschen Vogelnamen. Eine wortgeschichtliche Untersuchung. Straßburg 1909, 60.
12 Pirol; Oriolus oriolus. Vgl. a.a.O., 173. DW VII, 1703 („die goldamsel, oriolus galbula, die gegen pfingsten bei uns eintrifft” ).
13 Eichelhäher; Garrulus glandarius. Vgl. Suolahti, 202.DW IV.2, 1780„corvus glandarius, häher, der nuszhäher, corvus caryocatacles, heiszt der türkische holzschreier.”
14 Bachstelze; Motacilla alba. Vgl. Suolahti, 89. Nach DW XIV.2, 522 md. u. nd. auch für Seidenschwanz (wohl Bombycilla garrulus), Wiedehopf (Upupa epops) und Schwanzmeise (Aegithalos caudatus).
15 24. Juni. Vgl. Aitinger, 241: „DJß Weidwerck gehet an vmb Johannis/ nachdem die Jahre gut/ vnd der Vogel gehecket/ vnd wehret bey etzlichen so lange/ biß vmb Bartholomei oder Michaelis/ oder so lange das Laub recht frisch vnd grün bleibet/ [...].”
16 Ausgebrütet. DW I, 883, vgl. IV.2, 745f. u. Stieler, 727f.
17 S. Colerus, 471: „Jtem/ mit der Sprühe fehet man sie bald vierzehen Tage nach Iacobi oder vmb Laurentii biß auff Michaelis/ wenn der Vogel sehr zeuhet. Da muß man sehen/ wo sie die Flucht haben/ da stellet man nur mit der Sprühe/ (denn also heist mans) wenn sie geflogen kommen vber das Elsenholtz/ so wirff nur einen Hut in die höhe/ vnnd sprühe mit dem Munde/ so fallen sie flugs vnter sich/ vnd dencken/ es ist der Sperber/ darnach kriechen sie auff den Zweigen jmmer wieder auffwartz/ vnd wollen sehen wo der Sperber blieben/ vnd kommen in die Leimspindeln.” Vgl. Aitinger, 326.
18 Eigentlich Gansflügel zum Abkehren, DW III, 1747: „zuweilen federwisch geschrieben” . Stieler, 2563: „Flederwisch/ ala anserina, verriculum plumitale.”
19 Vgl. Aitinger, 240: „Wann man in Wald oder Busch kömpt/ häwet man einen feinen trauselechten Strauch/ etwa ein wenig höher als eine Mannspersohn/ streiffelt das Laub darvon/ beschneidet denselbigen fein/ jedoch also/ daß er die meisten vnd stärckesten Aestlein behalte/ etwa einen Schuch oder Hand lang/ schneidet darinnen feine tieffe Kimmen/ oder schlägt sie mit einem scharffen Meysel/ stecket die Rühtlein darin/ vnd verhält sich sonst allermassen/ wie mit andern Leimruhten. Eine Hütte ist nicht böß darbey/ wenn kein Kloben vorhanden/ Weil aber die Hütte vnd Fallbäumchen zugleich zutragen sehr Mühesamb/ so machen etzliche nur halbe Hütten/ so viel/ daß sie forne her nicht von den Vögeln gesehen werden/ die können sie auff einer Achsel fortbringen. [...] Es ist gar fein darmit/ allein wann die Vögelein darauff sitzen/ fallen sie mit den kleinen Spindelein auffs Erdreich oder Graß/ vnd wird der Vogelleim daran voll Vnflats/ Erde/ Laub/ Graß vnd Federn/ daß an demselbigen gnug wiederumb zu waschen vnd auszuklopffen. Sonst fliegen die Vögel überaus gerne darauff/ ja vielmehr als auff die lange Stangen [...].” Vgl. S. 324 und Colerus, 469. Zum Bau dieser mobilen, scheinbar natürlich bewachsenen Tarnhütte vgl. Aitinger, 246f., u. a.: „Die Hütte muß alle Morgen/ oder deß Abends gar spat mit grünen Büchen oder Hainbüchenen Laub recht artig bestecket werden/ als wann es ein || [154] gewachsener Busch were/ die bletter gantz nicht vmbkehren/ denn der grobe Vogel sonderlich dieses sehr mercket.”
20 Vgl. Colerus, 489: „Wenn der Leim ein Woche oder sechs gebrauchet worden/ vnd viel Feddern hinein kommen seyn/ so kan man jhn daheimen widerumb rein machen/ denn man zeucht jhn in einem warmen Wasser widerumb von den Rühtlein/ vnd schlegt jn vmb/ wie ein wachs/ so wäschet sich dz schwartze fein aus [...].”
21 Gelli: Anmutige Gespräch Capricci del Bottaio genandt, 86: Die Seele findet im Gespräch mit Jost insoweit überall Torheit, als „ein jeder Mensch einen Zweig darvon hat/ du weißt ja wol/ daß bey einem der Schoß grösser/ als beim andern ist. Vnd ist dieses der Vnterscheid zwischen den Klugen vnd Närrischen/ daß die Klugen den Zweig verdecken/ die Narren aber gantz frey in der Faust oder auff dem Hute tragen/ daß ihn jederman sehen kan.” Die Vorlage für die folgende Passage bildet Sandro Petris „Canto della Pazzia"; s. Anhang I.
22 Zu bug, m. s. DW II, 494: „gelenk, wodurch arm und schulter, schenkel und hüfte, knie und fusz verbunden und biegsam werden, dann auch schulterblatt und schenkel selbst [...]: Zerbino rannt durchs holz aus vollen bügen | demselben nach, der ihm hat wollen schmach zufügen. | Werders Ariost 20, 114 [vgl. 22, 12] ... eine hindin kam in vollen bügen gerennt. Lohenst. Arm. 1, 766; [...] der sinn ist freilich in vollem lauf, in vollen Sprüngen, mit ganzer kraft von mann und Pferd; aber meint es die stärke der Schenkel oder seines reiters?”
23 Zu tügen, v. taugen, Kraft haben. Götze, 57.
24 Motto Curt Dietrichs aus dem Winckel in GB 1622: „Nicht ohne Leim.” Vgl. 230430.

K I
1 Der Herausgeber des Buchs, Anton Francesco Grazzini gen. II Lasca (1503-1585), gehörte 1582 zu den Gründern der Accademia della Crusca. Die vorliegende Ausgabe fand sich 1650 vielleicht auch in F. Ludwigs Bibliothek: „Frionfi [Trionfi], canti, mascherate, canti carnascialeschi andati per Firenza 1559" (IP 322 v). Aus dieser Angabe läßt sich nicht entnehmen, ob Ludwig die zitierte purgierte Ausgabe oder die sehr seltene vollständige Fassung mit den Gedichten von Giovanni Battista dell'Ottonaio besaß, die von Hz. Cosimo I. v. Toscana unterdrückt worden war.
2 F. Ludwig erwähnte in einem „Verzeichnis der schrifften aus der Fruchtbringenden Geselschaft entsprossen." (E I, 107): „Die Zuschrift an den Leimenden, so aus dem Canto di pazzia, dem Jtalianischen meistentheils genommen [...].” Vgl. Kat. Dessau BB 16495, Nr. 18 „Canto della Pazzia" (verschollene Handschrift, ehedem zusammengebunden mit politischen Relationen des späten 16. u. des frühen 17. Jahrhunderts).
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