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250514
Landgräfin Juliana von Hessen-Kassel(?) an Landgraf Wilhelm V. von Hessen-Kassel
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Landgräfin Juliana von Hessen-Kassel (?) an Landgraf Wilhelm V. von Hessen-Kassel


Unter vielen Entschuldigungen bittet „Diana" (PA; Juliana v. Hessen-Kassel ?) Wilhelm (FG 65; PA), ihr in Eschwege nicht erhältlichen Wein zu senden, den der Arzt Wolfgang Holstein für ihre ,Kur' und die ihrer Schwester (Magdalena ?) benötige. Wilhelm werde von der geplanten Hochzeit Hz. Wilhelms IV. v. Sachsen-Weimar (FG 5; PA) mit Pzn. Eleonora Dorothea v. Anhalt-Dessau (PA; TG 4) gehört haben, welche allerdings wieder erkrankt sei. Der magdeburgische Administrator, Mgf. Christian Wilhelm v. Brandenburg (PA), komme wohl auch ungeachtet des Widerstands „der Jungen baursche[n]” von Leipzig nach Weimar .

Beschreibung der Quelle

QSTA Marburg: 4f Sachsen-Weimar Nr. 48, 2 Bl. [A: 2v], 2r vacat; eigenh., Sig.

Anschrift

ADem Hochwurdigen Vnndt Hochgebohrnen Furstenn, Herrn Wilhelmen , Postulirten Administratorn
des Stifft Hirsfelts, Landtgraven Zu Heßen, Graven zu CatzenElnbogen, Dietz, Ziegenhain Vnndt Nidda etc. Meinem freundtlichen Vielgeliebten herrn Brudern Vndt gefattern etc.Caßell

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Hochgeborner Fursta
HochgeEhrter werdester Hertz Vielgeliebter Herr bruder1 E Ld. bitt Jch höchlich vmb Vergebung das ich sie mitt meinem vblen Schreiben molestire vndt || [420] hiermitt eine der größesten Hardiesse mich vnderwinden thue, Jch tröste mich aber einzich vndt allein E Ld. große Guttigkeitt, welche wie Jch mihr Einbilde nicht züe leßett, das E Ld. Jhrer dienerin diese freiheitt vor vbel nehmen wirdt, Gelangett demnach an E Ld. mein aller demuttigstes suchen vndt bitten das sie mihr die große gnadt vndt Freundtschaft wollen erweisen: mihr mitt, einer ohm2 starcken firnen wein3 auß züe helffen, Jch mus bekennen das eß eine der größesten kunheitt von der weldt Jst, E Ld. hierumb anzüesprechen, eß tringett mich aber hierzüe die große noht, dann Ja hierummen keiner züe bekommen Jst, So will M.holstein 4 eine Cur mitt meiner Schwester5 vndt mihr in wenich tagen vornehmen in welcher ehr hochnöttich solchen altten wein vor vnß züe trincken erachten thutt, Jch bitt nachmahlich E Ld. zum aller demudigsten vmb Gotts willen vmb Vergebung dieser meiner sehr großen vnhofflichkeitt vndt plumbigkeitt, Jch Schäme mich woll von hertzen [1v] Solch große vngezogenheitt züe begehen, Aber leider wie obgedacht die noht zwingett manchen das züe begehen welches Ehr woll nimmer gedächt züe thun[.] Sonstet6 werden E Ld. woll schondt7 albereidt wißen das Damon8 seine hochzeitt nunmehr in 10 tagen gewiß (wo anderst die Madonthe9 nicht Schwächer wirdt dann sie wieder Zimlich vbel auff) züe weymar soll gehaltten werden, der gutte Adamas10 heltt sich itzt züe Leibzich auff, ist in willens auch nach weymar züe kommen, weill ehr aber Ja von der Jungen baursche,11 nicht so gerne will gesehen werden, suchen sie alle mittelb abzüe wenden seine Ankunft, ich haltte aber darvor ehr werde sich doch nicht laßen abschrecken[.] Jch förcht mitt meiner abscheulichen Schrieft E Ld. gahr züe sehr verdrießlich zü sein bitt nochmahlichc 1000000 mahl vmb Gotts willen ELd. vmb Vergebung aller meiner fehler, Ergeb mich in sein geneigdes andencken vndt faveur verbleibe die zeitt meines Lebens

E Ld. von hertzen treu gehorsahme demudiege Schwester vndt dienerin

Diane

Eschwe 12 am 14 May Ao. 1625

Textapparat und Kommentar


Textapparat
T
a Über dem Brief ein Ornament (Chiffre?) zwischen 2 Kreuzen.
b Folgt ⟨eß⟩
c Folgt ein gestr. Wort.

Kommentar
1 Unter dem bukolischen Namen Diane, den in der Academie des Parfaits Amants eine Prinzessin v. Hessen-Kassel trug (s. 231206, 240301 u. 240718), verbirgt sich vielleicht Juliana (7. 10. 1608 - 11. 12. 1628), eine Schwester Wihelms V. (FG 65; PA) und Tochter des Landgrafen Moritz des Gelehrten (FG 80), nicht ihre noch jüngere, unten (s. Anm. 5) wohl erwähnte Schwester Magdalena (25. 8. 1611 - 12. 2. 1671). Die älteren, bereits vermählten Schwestern Elisabeth und Agnesa lebten nicht in Eschwege ; auch die erst neunjährige Sophia muß mit Rücksicht auf den Briefinhalt wohl außer Betracht bleiben. Auch verweist der nicht mehr kindliche Duktus der Handschrift auf Juliana . Zur PA vgl. auch 221223, 240112, 240400, 250228, 250305, 250500, 260000, 260000A, 260500 u. 281000.
2 Flüssigkeitsmaß (mlat. ama, Gefäß, Weinmaß). DW VII, 1200. Vgl. Fritz Verdenhalven: Alte Maße, Münzen und Gewichte aus dem deutschen Sprachgebiet. Neustadt a. d. Aisch 1968, 38: „(Kurhessen) = 80 Maß = 158, 75 || [421] Ltr.” Wohl kaum das in DW erwähnte Wort: „mhd. ome, om spreu, bildlich etwas unbedeutendes, nichts.”
3 Stieler, 2477: „Firnewein/ anniculum” , d. h. einjähriger Wein. DW III, 1677 auch: abgelagerter Wein.
4 Wolfgang Holstein , Arzt (*Leipzig 1591, †Kassel 1646). DBA 562, 127.
5 S. Anm. 1.
6 Sonst. Die Form sonstet fehlt unter den in DW X.1, 1732ff. aufgeführten Erweiterungen, z. B. sunstent, sonsten.
7 Schon. Mundartlich, s. DW IX, 1459.
8 Hz. Wilhelm v. Sachsen-Weimar (FG 5; PA), vgl. 240112. Die Trauung fand in Weimar am 23. 5. 1625 statt. Vgl. 250218, 250500 u. 250609.
9 Madonte: Pzn. Eleonora Dorothea v. Anhalt-Dessau (PA; TG 4), vgl. 240301, 240718 u. 250305.
10 In der Académie des Parfaits Amants Mgf. Christian Wilhelm v. Brandenburg (1587-1665), Administrator des Ebt.s Magdeburg . S. 240301 u. 240718, vgl. 250305. Christian Wilhelms Residenzstadt war Halle/ Saale .
11 Unbekannt. Falls dies kein Spitzname ist, vielleicht eine Angehörige des Geschlechts v. Baur (Bavir, Bawyr u. ä.). Vgl. Friedrich (FG 237) u. Johann Christoph (FG 125) v. Baur . Tatsächlich fehlte Mgf. Christian Wilhelm unter den Hochzeitsgästen. Vgl. Thür. HSTA Weimar: Fl. Haus A 118, Bl. 194.
12 Eschwege . Die von Lgf. Wilhelm IV. und Lgf. Moritz zu einem Renaissanceschloß umgebaute Burganlage über der Werra beschreibt u. a. Zeiller (Merian: Topographia, Topogr. Hassiae, 43). Ausführlich über die 1637 zerstörten allegorischen Darstellungen im Schloß Hermannus Fabronius: Historische Beschreibung Der Policey Tugende (Schmalkalden 1625). Aufschlußreich für den Zustand des schon 1622 von Tilly heimgesuchten Eschweger Gebiets ist im Zusammenhang mit Dianes Bitte um Wein Zeillers Hinweis auf den dort üblichen „besten Weinwachs” (S. 44). Anzumerken ist im Zusammenhang des Briefes auch, daß Julianas Vater im Jahre 1601 besonders zur Beförderung der Mäßigkeit im Trinken die Gründung des Ordens Temperantiae angeregt hatte. Vgl. Conermann TG, 538f.
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