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370305 Gabriel Voigtländer Trauergedicht auf Bodo von Bodenhausen
[Inhaltsverzeichnis]
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370305

Gabriel Voigtländer Trauergedicht auf Bodo von Bodenhausen


Das Gedicht rekapituliert den Lebensweg des verstorbenen Offiziers Bodo v. Bodenhausen (FG 152): Studien, Kavaliersreisen, Übernahme militärischer und politischer Funktionen. Es preist patriotisch die Adelstugend und die Eigenschaften und Verdienste des Toten, hebt auch seine Glaubenstreue hervor.

Beschreibung der Quelle


Q Gedicht | Auff das LeichBegängnüß | Deß HochEdlen Gestrengen Vesten vnd | Manhafften Herrn | Bodo von Bodenhausen | Auff Bodenhausen/ Niedergandern vnd | Görtzig etc. OberstenLeutenants zu Roß. | Welcher den 2 Decembris des 1636 Jahrs vmb 10 | Vhr zu Mittag in Hamburg Christseliglich entschlaffen/ sei- | nes alters 33. Jahr vnd acht Monat/ Folgends 1637 den 5 Mar- | tij daselbst bey Versamblung vieler hoch ansehlicher | Personen in die Thumkirchen Solenniter | zur Erden bestattet worden. | Gestelt durch Gabrieln Voigtländern Feld- | Trommettern vnd Musicum. | [Holzschnitt: Sarg-Abbildung] | Hamburg/ Gedruckt bey Jacob Rebenlein. [1637], 4 Bl. 8°. LHA Sa.-Anh./ Dessau: Abt. Köthen A 9a Nr. 167, Bl. 129r–132v, 132v leer (gestrichene alte Foliierung: 123–126). Weitere Exemplare des Druckes konnten wir nicht nachweisen.

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JCH werd ein Zeitlang nun der frölichen Son̄etē1
Vergessen gantz vor Leid/ dagegen mein Trom̄eten
 Auff mundern dz sie mach ein kläglich Buttesell2
 Manch mitleidēdes Hertz damit zu weckē schnell
Von meinen3 Jnstrument wil ich die Seiten reisen4
Jch wil auch meine Stimm Klaglieder singen heissen
 Jch wie Heraclitus wil Weinen weil ich spür
 Dz (was mir von den3 thun der Menschen kom̄et für)
Hinfellig alles ist/ davor hilfft keine Jugend
Kein Hoheit/ Kunst/ Verstand/ kein Manheit Stärck noch Tugend
 Wie leider ich muß sehn daß dieser Edle Held
 Von3 Menschenwürger Todt in Sarg hin ist gestelt
Der Edle der allein nicht Edel von Geblüte
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Herkommen/ sondern auch der Edel von Gemühte
 Von Geist vnd von Natur ein recht wol Edler war
 Wie es der erbarn Welt ist kund vnd offenbahr
Der welchen ehe er noch ins zwölffte Jahr war kommen
Gantz willig Phœbus hat in seine Gunst genommen
 Vnd jhn bey seiner Hand auff Helicon geführt5
 Da er gelernet wie zu leben dem gebührt
Der Gott gefallen wil vnd wie er so geleget
Den rechten Adelsgrund hat sich sein Hertz gereget
 Vnd angetrieben jhm die Welt was durch zusehn6
 Nach Lastern nicht/ viel mehr der Tugend nach zu gehn [Bl. )( ij v]
Era danckte freundlich ab der Musen Schaar in Meysen
Vnd ließ in Franckreich sich noch ferner vnterweisen7
 Doch wars jhm nicht genug der edle Geitz nach Ehr
 Der jhm3 besessen hat der trieb jhm3 an noch mehr
Der Geitz war aber nicht das eitle zu begehren
Noch Blut noch etwan sonst die Armen zubeschweren
 Nein sondern die begierd in Tugend nur bestund
 Was jhm in3 Hertzen war/ dz must rausb durch den Mund
Wie den̄ außweist sein Reim/ ach Gott hilff mir erwerben
Zu leben Ehrlich vnd denn seliglich zu sterben8
 Ach welch ein schöner Wunsch der zielet auff ein Ding
 Dagegen alles sonst zu schätzen ist gering
Nun was er hat gewünscht wornach er hat gerungen
Das hat er auch erlangt/ es ist jhm wol gelungen
 Ein jeder der jhm3 hat bey Lebenszeit gekent
 Jtzt rühmlich seinen Nahm auch nach den3 Todte nent
O Außerwehlte Frucht der Riterlichenc Ahnen
Ein werther Cavallier/ der vnter Martis Fahnen
 Mit Eisernen3 Gemüth/ vnd mit bewehrter Hand
 Die Feinded schlagen halff auß seinen3 VaterLand9
Wie Fama noch bezeugt daß ers hat dürffen wagen
Selbst dritt10 jhr zwantzig sampt den General zu jagen11
 Fortuna lieff mit jhm/ ja gar des Himmels Gunst
 War vber jhm so das er fast nichts thet vmbsonst
Auff Ehr lieff alles auß vmb derer Vrsach eben
Wurd jhm geboten an noch meher Ehr zu geben [)( iij r]
 Esa war sein Redligkeite Auffrichtigkeit Verstand
 Bey grossen Herrn wie auch sonst jederman bekand
Weil auff der Tugend Weg er fleissig fort geschritten
Ward er geehrt/ gelobt/ geliebt vnd wol gelidten
 So das manch from̄es Hertz/ ob seinē Todt sich krenckt
 Auch wol mit vberfluß der Thränen so gedenckt
Ach wolte wolte Gott der Cavallier möcht leben
Vnd ob jhn3 keiner kan das Leben wieder geben
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 So lebt er gleichsam noch in vieler Hertz vnd Mund
 Vnd weil er auch den Lauff des Krieges wol verstund
Daß es in weiten3 nicht darinnen recht zu gehet
Das mancher vntern schein der Ehr nach nützen stehet
 Dems nicht vmb Gottes Ehr noch vmb dz VaterLand
 Zuthun ist sondern der mit hauffung eigner Schand
Nur Raubet wo er kan auch daß man so zu sagen
Nicht weiß auff welchef seit/ der jene sich soll schlagen
 Der ein Gewissen hat12 / vnd der allein nicht ist
 Ein Kriegsman̄ sondern auch dabey ein guter Christ
So hat jhm3 Gottes Geist ohn zweiffel angereget
Daß er die Waffen hat ein zeitlang abgeleget
 Zu dienen seinen3 Gott viel lieber als daß er
 Mit des Gewissens Last vnd ander Leut beschwer
Sein ohne das zuvor gnug ehrliches vermügen
Vermehren wolt/ er ließ an seinen sich genügen13
 Er hielt darvor daß der nicht recht glückselig sey
 Der sehr Reich ist vnd doch der Laster nicht ist frey [)( iij v]
Dera jene aber wol der in der Seelen drinnen
All seine Güter hat der mit standhafften Sinnen
 Den Plunder dieser Welt mit seinen Füssen trit
 Wie Seneca gemeint; er hielt es auch damit
Was eins diogenes gesagt daß dieser wehre
Der beste Mensche der den Reichthumb WollustEhre
 Das Leben vnd den Todt verachtet gantz vnd gar
 Wie denn vor seinen3 End ers also machte war
Daß es jhm galde14 gleich zu sterben vnd zu leben
Wol dem der sich so kan des Zeitlichen begeben
 Jn dem er aber sich der Vnruh thete ab
 So bald der liebe Gott jhm was zuschaffen gab
Gott hat jhm3 nun Probiert bißher in seinen3 Wandel
Vnd wurd erfunden trew in allen seinen Handel
 Nun wolte Gott jhm auch in seins Gemüthes Ruh
 Ein leiblich Vngemach mit Kranckheit schicken zu
An welchen3 endlich er zu Bette müssen liegen
Vnd also liegend Kranck/ zugleich mit müssen kriegen
 Theils wider seine Sünd/ Todt Teuffel vnd die Hell
 Bald wider Vngedult die sich denn findet schnell
Wenn Schmertzen mit der Zeit/ sich also täglich mehren
Da hat der gute Held sich erst recht müssen wehren
 Doch wie er all sein Tag bestendig jmmer war
 So wich er auch damals davon nicht vmb ein Haar
Wie er in jeder Noth die Zagheit hat gehasset
So hat er seine Seel auch mit Gedult gefasset ([)( iiij] r)
 Weila Gottes Wort jhm war tieff in dz Hertz gepflantzt
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 Hat er sich gar darein vergraben vnd verschantzt
Die Seelen Feinde die mit Sturm jhm3 angelauffen
Hat er mit dem Gebet geschlagen vbern hauffen
 Ja er hat Tag vnd Nacht mit jhnen scharmutzirt
 Vnd doch durch Gottes hülff den Sieg davon gefürt
Das heisset wol gekriegt/ gefochten vnd gestritten
Da man das Leben kriegt wenn man den Todt erlitten
 Vnd ob wol solcher Streit jhm ankam bitterlich
 Doch hat er allzeit sich gehalten Ritterlich
Er hat wie Paulus sagt den guten Kampff gekämpffet15
Vnd weil er so Gottlob die Feinde hat gedämpffet
 So ist jhm auch hinfort die Crone beygelegt
 Die heist Gerechtigkeit die er nun ewig tregt
Er wuste wol daß wer beharret biß ans Ende
Wird selig16 drumb nam Gott sein Seel in seine Hende
 Von seinen3 grossen Krieg/ schmertz vngemach vn̄ Streit
 Wird er nun ruhen auß dort in der Ewigkeit.

Textapparat und Kommentar


Textapparat
T
a Auch Kustode.
b Druckfehler raut
c Druckfehler Rtierlichen
d Wohl Druckfehler Feunde
e Druckfehler Religkeit
f Wohl Druckfehler welchr

Kommentar

K
1
Das Trauergedicht Gabriel Voigtländers ist das einzige uns bekannte Echo auf den Tod des Fruchtbringers Bodo v. Bodenhausen (FG 152). Frh. Enno Wilhelm v. Innhausen und Knyphausen (FG 238), der als Hamburger die Nachricht vom Tode Bodenhausens zuerst empfangen haben müßte, teilt sie in seiner Korrespondenz mit F. Ludwig nicht mit. Bodenhausens sterbliche Überreste wurden in der Hamburger Domkirche St. Marien beigesetzt. Daß Bodenhausens Grab einst ein Epitaph oder eine Grabtafel schmückte, ist anzunehmen, jedoch fehlen uns Nachrichten darüber. Die alte Domkirche wurde 1805/06 wegen Baufälligkeit abgerissen. Der Domherr Friedrich Johann Lorenz Meyer, der unmittelbar vor ihrem Abriß seinen Blick auf die Domkirche in Hamburg veröffentlichte (Hamburg 1804; Ndr. [Braunschweig 1987]) und darin die Denk- und Grabmäler der Kirche passierte (S. 55–66), erwähnt kein Grab oder Epitaph Bodenhausens. Unmittelbar vor dem Abriß, von Februar bis Juli 1805, wurden die Gebeine der im Dom und auf dem Kirchhof Bestatteten exhumiert und insgesamt etwa 250 Begräbnisstätten abgebaut. Die meisten Überreste wurden in Sammelbegräbnissen auf dem St. Michaelis-Friedhof vor dem Dammtor beigesetzt, andere, nämlich die vom Domkapitel „zu ewigen Tagen“ überlassenen Gräber, wurden protokolliert und dorthin umgebettet. Wie zu erwarten, fehlt in den Listen dieser Gräber der Name Bodo v. Bodenhausen. Auch in einer Reihe zeitgenössischer Stadtbeschreibungen und Chroniken kommen die Namen Bodenhausen und Voigtländer sowie Hinweise auf Bodenhausens Grab(tafel) nicht vor. Immerhin erfahren wir aus einem Bericht über den Abbruch: „Die Epitaphien, Fahnen und andere Denkmäler wurden von und aus den Wänden gerissen, mit denen sie sich schon assimiliert hatten.“ Zu den verauktionierten Gegenständen des Doms gehörten auch einige am 11. u. 20. 6. 1805 verkaufte „Grabsteine, größtenteils beschädigte marmorne und andere Figuren, eiserne Türen und Gitter, abgebrochene Stücke von Epitaphien“. Vgl. Joist Grolle: Ein Stachel im Gedächtnis der Stadt. Der Abriß des Hamburger Doms. In: Zs. d. Vereins f. Hamburgische Geschichte 84 (1998), 1–50, 1. Zitat n. S. 24; s. dazu auch Mathieu (s. u.), 158 sowie 183 (2. Zitat). Vgl. Conrad von Hövelen: Der Uhr-alten Deutschen ... An-See- und Handel-Stadt Hamburg ... HOHEIT/ samt
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allerhand ... Altertums Herlichen Gedächtnisse. (Lübeck: Smalherzens Erben 1668), 91–93. HAB: Gl 71. (Beschreibung der Domkirche ohne Erwähnung des Bodenhausen-Grabes); Wolfgang Heinrich Adelungk: Die annoch vorhandene Hamburgische ANTIQUITÆTEN Oder Alterthums-Gedächtnisse. (Hamburg: Conrad Neumann 1696), 27–31. HAB: Gm 1940 (6). (Dto.); Kurtz-gefaßte Hamburgische Chronica, oder: Glaubwürdige Beschreibung der meisten Denckwürdigkeiten ... Nebst einem Anhang der merckwürdigsten Antiquitäten. (Hamburg: Johann Michael Fleischer 1725), Anhang S. 10–13 (dto.) (HAB: QuN 406.1 [3]); Hans W. Hertz: Die Gräber „zu ewigen Tagen“ in der Domkirche zu Hamburg. In: Zs. d. Vereins f. Hamburgische Geschichte 55 (1969), 105–127; Kai Mathieu: Der Hamburger Dom. Untersuchungen zur Baugeschichte im 13. u. 14. Jahrhundert (1245–1329) und eine Dokumentation zum Abbruch in den Jahren 1804–1807. Hamburg 1973, 139ff., 178f., 182f., 190; Ferdinand Stöter: Die ehemalige St. Marienkirche oder der Dom zu Hamburg. Hamburg 1879. — Der Verfasser des Epicedium, Gabriel Voigtländer (Reideburg b. Halle a. d. S. um 1596 – Nykøbing/ Falster 1643), war Musiker und Dichter. Zunächst bezeugt ist er als Trompeter im Dienste Wallensteins, mit dessen Heer er vermutlich nach Lübeck gelangte, wo er Bürgerrecht erhielt und 1626 als Ratstrompeter bestallt wurde. Er diente dann in Nykøbing und Kopenhagen Pz. Christian (1603–1647), dem Erbprinzen Kg. Christians IV. v. Dänemark (1577–1648), wechselte 1633 als Trompeter und wohl auch als Sänger und Poet an den Hof des bildungs-, kunst- und musikbeflissenen Hz.s Friedrich III. v. Schleswig-Holstein-Gottorf (FG 388. 1642). Von 1636 oder 1639 bis zu seinem Tod stand er erneut im Dienst Kronpz. Christians als Trompeter, Musiker und Poet, dessen Hofkapelle in der Residenz Nykøbing/ Falster er angehörte. Der Prinz hatte sich am 5. 10. 1634 mit Pzn. Magdalena Sibylla (1617–1668; TG 67), Tochter Kf. Johann Georgs I. v. Sachsen, vermählt. An den spektakulären Feierlichkeiten dieses „Store Bilager“ in Kopenhagen im Oktober 1634 dürfte Voigtländer teilgenommen haben, auch wenn sich sein Name nicht in den Quellen findet. Vermutlich gehörte er zum Troß seines als ksl. Gesandter erschienenen Dienst- und Landesherren. Vgl. Mara R. Wade: Heinrich Schütz and „det Store Bilager“ in Copenhagen (1634). In: Schütz-Jahrbuch 11 (1989), 32–52, 38. Da Bodo v. Bodenhausen (FG 152) bis 1635 im kursächs. Heer gedient hatte (vgl. Anm. 9), könnte Voigtländers Bekanntschaft mit Bodenhausen über sächs. Verbindungen erwachsen sein, zumal auch Hz. Friedrich III. seit 1630 mit einer kursächs. Prinzessin, Maria Elisabeth (1610–1684; TG 63b), verheiratet war. Vgl. Conermann: Opitz auf der Dresdner Fürstenhochzeit. Möglicherweise sind sich Bodenhausen und Voigtländer aber auch erst im Laufe des Jahres 1636 in Hamburg begegnet (vgl. Anm. 9), wo sich Voigtländer nach der Meinung einiger Forscher zwischen 1635 und 1639 aufhielt: Dieter Lohmeier in Literatur-Lexikon XII, 55; Liselotte Krüger: Die Hamburgische Musikorganisation im XVII. Jahrhundert. 2. Aufl. Baden-Baden 1981, 60. — Das vorliegende Epicedium zeigt den talentierten Autodidakten Voigtländer, dessen populäres Liedschaffen höfisch-gelehrtem Decorum fernstand. Wenngleich es nicht die Ahnen und einzelnen Kriegstaten des Verstorbenen aufzählt, folgt das Trauergedicht doch der Chria der protestantischen Leichenpredigt, welche für Bodenhausen anscheinend fehlt. Vgl. Voigtländers berühmte Sammlung Allerhand Oden und Lieder, Sohra 1642, Ndr. Hildesheim 2004; ferner ADB XL, 213f.; DBA I, 1314/ 270–273; DBA II, 1346/ 183f.; DBL XXVI, 227f.; DBL (3. Aufl.) XV, 671f.; Grove2, XXVI, 874; Literatur-Lexikon XII, 55; MGG XIII, 1911–1913; Neumeister, 256, 485f.; RISM A I, Bd. 9, 153; SBA A 360/ 164–166; Robert Eitner: Biographisch-Bibliographisches Quellen-Lexikon der Musiker und Musikgelehrten der christlichen Zeitrechnung bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts. Bd. 10 (Leipzig 1904), 134; Heinrich W. Schwab: Zur Liedkunst Gabriel Voigtländers. In: Weltliches und Geistliches Lied des Barock. Studien zur Liedkultur in Deutschland und Skandinavien. Hg. Dieter Lohmeier. Amsterdam 1979 (Daphnis Bd. 8, H. 1 [1979]), 183–207; Mara R. Wade: Triumphus Nuptialis Danicus. German Court Culture and Denmark. The „Great Wedding“ of
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1634. Wiesbaden 1996, 96, 243, 245f., 248, 281f., 284, 286, 288; Dies.: Performance, Publication, Piracy. Gabriel Voigtländer’s Erster Theil Allerhand Oden vnnd Lieder… (1642). In: Musik und Szene. Festschr. f. Werner Braun. Hg. Bernhard Appel u. a. Saarbrücken 2001 (Saarbrücker Studien zur Musikwissenschaft, NF 9), 539–548.
2
Frz. boute-selle, m., Trompetensignal, das zum Satteln vor dem Aufsitzen aufruft. Vgl. Littré I, 401; auch Johann Gottfried Walther: Musicalisches Lexicon oder Musicalische Bibliothec (Leipzig 1732). Ndr. im Neusatz hg. Friederike Ramm. Kassel usw. 2001, 101.
3
Die hier fast durchgehende Verwechslung der Kasusendungen von Dativ und Akkusativ bei Pronomen, bei einigen attributiven Adjektiven sowie bestimmten Präpositionen (von/ vom; in/ im) zeigt wohl die im Fnhd. häufiger anzutreffende lautlich-graphische Störung der flexivischen Kasusdifferenzierung an, wenn etwa im Dativ „m“ durch „n“ ersetzt wird, und Dativ und Akkusativ Singular angeglichen werden. Die mit der fnhd. Kasusnivellierung verbundenen Unsicherheiten der Kasusmarkierung dürften dabei ebenso eine Rolle gespielt haben wie das Spannungsverhältnis zwischen determinierter und indeterminierter Adjektivflexion. Reichmann/ Wegera: Frühnhd. Grammatik, 164f., 188ff., insbes. 193, 208ff., vorab 210.
4
D. h. reissen. Vgl. das Reimwort „heissen".
5
Bezieht sich auf Bodenhausens Studium an der U. Jena, in deren Matrikel dieser sich im 1. Semester des Jahres 1614 einschrieb. Schon am 11. 1. 1609 hatte sich Bodenhausen aber in die Matrikel der U. Wittenberg eingetragen. Augustus Buchner (FG 362. 1641) verfaßte wohl kurz vor Bodenhausens Wechsel nach Jena ein Testimonium, in dem er die Immatrikulation Bodenhausens im Januar 1609 bezeugt, um dann hinzufügen, daß Bodenhausen nach einiger Zeit abgezogen, aber etwa 1611 mit einem Präzeptor auf zwei Jahre nach Wittenberg zurückgekehrt sei. Buchner, der erst 1616 den Magistergrad und die Berufung zum Poeseos Professor Publicus empfing, scheint Bodenhausen schon vorher unterrichtet zu haben. Zumindest bezeugt er neben den Tugenden und der untadeligen Lebensführung seines Schülers auch, daß dieser „bonis literis incubuit, ut qui eas non scholæ, sed vitæ & prudentiæ discebat.“ Buchner (1720), 605f. 1618 bezog Bodenhausen die U. Leipzig. S. Conermann III, 152. Vgl. auch Anm. 8 u. 9. Zu seinem älteren Bruder Cuno Ordomar (FG 69. Der Bequeme; vgl. 380000, 380423A u. I sowie 380522) und seinen weiteren Geschwistern Cuno Otto (1593–1595), Bruno Dietrich (1595–1612), Susanna Catharina (1594–1628) und Margaretha (1601–1623) s. die in Anm. 7 genannte Literatur.
6
D. h.: sich die Welt etwas anzusehen.
7
Nach Abschluß der Studien in Leipzig (s. o.: „Meysen“, d. i. Meissen) zog Bodenhausen um Ostern 1623 nach Frankreich und studierte dort vielleicht bis zum Frühjahr 1626. Conermann III, 152. Vgl. auch zur Familie Anm. 5; Beckmann VII, Tafel zw. S. 198 u. 199 (Wappen); Gauhe I, 128f.; Arthur v. Bodenhausen: Stammtafeln der Familie v. Bodenhausen. Göttingen 1865, T. V; Johann Christian v. Hellbach: Adels-Lexikon. 2 Bde. Ilmenau 1825/26, I, 156f.; Gottlieb Krause: Zur Geschichte der Familie von Bodenhausen. In: MVAG 2 (1880), 465–470, hier 466.
8
Dieser Spruch scheint eine persönliche Devise Bodenhausens gewesen zu sein. Er trug den Wahlspruch eigenhändig und in Prosa-Form ins GB Kö., Bl. Pp iij v ein: „1630. Gott hilff mihr erwerben. Ehrlich Zuleben Vndt seligk Zusterben.“ Voigtländer kannte diese Eintragung kaum, dennoch erscheint sie von Interesse, weil Bodenhausen sein Reimgesetz in der FG, welches „hübschte Zirligkeit“ als Bereitschaft zur Tugend deutet, offenbar im Sinne dieser Devise auffaßte. Für seine Eintragung in das Stammbuch Fn. Sophias v. Anhalt-Köthen (AL 1629. TG 38) wählte er einen anderen Spruch. Vgl. Conermann III, 152.
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Bodo v. Bodenhausen hatte 1632 als Rittmeister unter Hz. Bernhard v. Sachsen-Weimar (FG 30) gedient und mit diesem Dienstgrad schon im Mai 1630 an den Exequien
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F. Christians I. v. Anhalt-Bernburg (FG 26) teilgenommen (s. 300509 K 2). In KU III, 96 wird er, Adressat eines Briefes F. Ludwigs vom 2. 1. 1635, Obristleutnant im kursächs. Regiment unter Oberst Taubadel genannt, vgl. auch Conermann III, 152. Dieser Angabe des Herausgebers Gottlieb Krause scheint ein Irrtum zugrunde zu liegen, da der Obrist Georg Christoph v. Taupadel (†1647) nachweislich seit 1631 äußerst loyal unter dem schwed. Generallieutenant Hz. Wilhelm IV. v. Sachsen-Weimar (FG 5), dem schwed. Feldmarschall Gustav Horn, sodann unter dem schwed. bzw. französ. General Hz. Bernhard v. Sachsen-Weimar (FG 30) diente, dessen Kavallerie er in der Schlacht bei Nördlingen im September 1634 führte und in dessen Armee er zum Generalmajor aufstieg, als welcher er im Juni 1641 die Festung Wolfenbüttel erobern half. Er stand der kursächs. Politik schon seit den frühen 1630er Jahren reserviert gegenüber. In den 1640/41 auftretenden Spannungen zwischen den Schweden und den Franzosen bzw. „Weimarern“ spielte Taupadel zum großen Verdruß Johan Banérs (FG 222) eine nicht unerhebliche Rolle. Vgl. den Bericht Hz. Wilhelms über eine erfolgreiche Militäraktion des Obristen Georg Christoffer v. Taupadel bei Eger/ Böhmen in seinem Brief an einen Ungenannten (Hz. Bernhard v. Sachsen-Weimar [?]) vom 25. 4. 1633 (UB Uppsala: E 381, unfol.); ferner AOSB SA VI, 99, 691, 801f., 808f., 814, 824f., 832, 840f.; SA VII, 9, 25, 54f., 70, 83, 91, 102, 108, 121, 124, 139, 154f., 181f., 187, 188, 189f., 214, 293, 299, 427; SA VIII, 24, 41, 80, 571; Documenta Bohemica VI, Nr. 846, 1054, 1068, 1140, 1147; Engerisser, 168ff., 212f. u. ö.; Englund, 244; Redlich I, 379f.; Johannes Kretzschmar: Der Heilbronner Bund 1632–1635. 3 Bde. Lübeck 1922, II, 19, 22ff., 73, 77f., 139, 148, 611; III, 1, 264, 266); Bernhard Röse: Herzog Bernhard der Große von Sachsen-Weimar. 2 Tle. Weimar 1828/29, I, 446. Der kursächs. Oberst und Regimentskommandeur, der in KU III, 96 nicht namentlich, jedoch als Vorgesetzter Bodenhausens genannt ist, dürfte der anfangs schwedisch gesinnte Dietrich v. Taube (†1645) gewesen sein, der 1633 gemeinsam mit Taupadel im Fränkischen gekämpft hatte. Er war ein Vertrauter des kursächs. Feldmarschalls und Generallieutenants Hans Georg v. Arnim (FG 255), zugleich kursächs. Oberstallmeister, s. BA NF II. 10, 457. (Auch Hz. Wilhelm IV. v. Sachsen-Weimar unterlief übrigens 1633 eine Verwechslung von Taube und Taupadel, s. die Richtigstellung Hz. Bernhards, AOSB SA VII, 66.) Im September 1635 erscheint Taube bereits als kursächs. Hofmarschall und Generalmajor der Reiterei, der im Oktober den im Zuge des Prager Friedens zu Feinden gewordenen Schweden Johan Banérs zusetzte und im darauffolgenden Dezember und Januar sowohl mit Banér und dem schwed. Artilleriegeneral Lennart Torstensson um einen Waffenstillstand, als auch mit dem ehemaligen kursächs. Generalleutnant Arnim (s. o.) in Wittstock verhandelte. Im August und erneut Ende September 1636 ist sein Regiment im Anhaltischen einquartiert. Sein Durchzug im April 1638, aus dem Erzstift Magdeburg kommend, wird v. a. den Köthener und Dessauer Landesteil Anhalts in Mitleidenschaft ziehen. AOSB FA XIII, 576; FA XIV, 20, 357, 381, 385; FA XV, 9, 10, 13; AOSB SA VI, 225, 265ff., 324, 695; Christian: Tageb. XIV, Bl. 188r, 200r, 210r, 575v; Documenta Bohemica VI, Nr. 155; Engerisser, 148, 174 u. 602; Georg Irmer: Hans Georg von Arnim. Lebensbild eines protestantischen Feldherrn und Staatsmannes aus der Zeit des dreißigjährigen Krieges. Leipzig 1894, 176f., 194, 181, 205, 209, 219, 312, 329, 331; Kretzschmar (s. o.), II, 66f., 71; III, 254, 264. Dazu paßt, daß ein kursächs. Obristlieutnant „Bodenhausen“, sicherlich Bodo, im Sommer 1635 Lgf. Wilhelm V. v. Hessen-Kassel (FG 65; s. 370422) drängte, dem Prager Frieden beizutreten, wie Lgf. Wilhelm dem Reichskanzler Axel Oxenstierna (FG 232) am 13. 8. 1635 berichtete: „Sonsten hat uf dess Obristen Daubens, welcher in grossem credit bey des herrn Churfürsten Ldn. ist, begehren herr Obristerlieutenant Bodenhausen unss durch schreiben gar jüngst starck zue gemüth geführet, wir sollten unss doch dem gemachten friedensschluss, nachdem wir versichert sein könten, dass wir darinnen, wie auch in der amnistia pure unndt ohne einiges beding begrieffen, ohnseumlich accomodiren, unndt, da wir noch einige gravamina, welche gentzlich unndt
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auss dem grundt zue erledigen dess herrn Churfürsten Ldn. sich höchlich ahngelegen sein lassen würden, hetten [,] dieselbige noch vor den damahls zue Dressden erwartenden keysserlichen commissarien ahnkunfft förderlichst einschicken.“ Wilhelm berichtet weiter, wie er Bodenhausen für „allerseits zue unss tragendte affection“ gedankt und ihm abschriftlich frühere Briefe an den Kurfürsten zugeschickt habe, damit er diese, falls „solche etwan underschlagen worden weren, dess herrn Churfürsten Ldn. noch etwan mit gueter gelegenheit bey- unndt vorzubringen“ sich angelegen sein lassen solle, auch Wilhelm hinterbringen möge, wie diese „gemüths erclerung“ des Landgrafen beim Kurfürsten „aufgenommen“ worden sei. AOSB SA VII, 616f.; vgl. Pufendorf: Kriegs-Geschichte I, 284. Taubes Friedensmissionen im Frühjahr 1636 wird Oxenstierna mit tiefster Skepsis und der seit den frühen Tagen der protestantischen Union bekannten antihabsburgischen Propaganda begegnen, das Haus Österreich trachte nur danach, den Fürsten und Ständen des Deutschen Reichs „einem nach dem andern dass joch der schändlichen und schwächlichen servitut vollend an hals zu werffen, und allso ihren lang vorhin concipirten dominatum absolutum einsmahls recht und vest zu stabiliren“. (Oxenstierna an Hz. Adolph Friedrich I. v. Mecklenburg-Schwerin [FG 175], 4. 1. 1636; AOSB FA XV, 9–14, Zitat S. 13.) Vgl. auch die Leichenpredigt auf Bodos Bruder Cuno Ordomar v. Bodenhausen (FG 69), in der es lediglich auf Bl. J iij v von Bodo heißt, er sei — im Gegensatz zu Cuno Ordomar — „dem Kriegswesen gefolget“. S. Mors piorum, finis omnium malorum ... Bey ... Leichbestattung ... Cuno Ordemars von Bodenhausen/ daselbsten und auff Niedergandern/ Görtzig und Rhode Erbsassen. Welcher den 2. Octobris/ ... 1654. ... entschlaffen; Wie auch bey Leichbestattung seines hertzgeliebten Jüngsten Sohnes/ ... Ernst Lebrecht von Bodenhausen/ Der verwichenen 4. Julij des 1654. Jahres/ ... seinen Geist selig aufgegeben. ... Gehalten durch Martinum Beutnitz ... Gedruckt Jm Jahr 1655. LP Stolberg 6356/ 6357 und HAB: Slg. Alv. Nh 203 (7). Nach dem August 1635 scheint Bodo seine kursächs. Militärstellung aufgegeben zu haben und nach Anhalt zurückgekehrt zu sein. F. Ludwig schickte ihn als Gesandten am 15. 1. 1636 an die schwed. Besatzer in Bernburg. S. KU III, 462; vgl. 360428 u. I u. II. Was Bodo im weiteren Verlauf des Jahres 1636 nach Hamburg führte, entzieht sich unserer Kenntnis.
10
Lies: selbdritt.
11
Unbekannte Episode aus Bodenhausens Militärzeit.
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Vor diesem Dilemma standen etliche protestantische dt. Fürsten (vgl. 320313 K 0, S. 435 u. Pufendorf: Kriegs-Geschichte I, 266) und viele patriotische dt. Offiziere nach dem Prager Frieden, solche in schwed. Diensten, wie etwa Wilhelm v. Kalcheim gen. Lohausen (FG 172; vgl. 371014 K 7), wie solche in kursächsischen wie Hans Georg v. Arnim (FG 255; vgl. 340912 K 0) und offenbar auch Bodenhausen (s. Anm. 1). Ende der 30er Jahre wird sich mit Hessen-Kassel, Braunschweig-Lüneburg, Mecklenburg-Schwerin u. a. Reichsständen die sowohl mit der ksl. als der schwed.-französ. Politik unzufriedene sogenannte „dritte“ Partei im Kriegsgeschehen bilden. Vgl. 370729 K 11.
13
D. h.: er begnügte sich mit dem Seinigen.
14
D. h.: galt (3. Pers. Sg. Imp. von gelten).
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2. Ti 4 v. 7 (nach Biblia [Luther 1545]): „Jch hab einen guten Kampff gekempfett/ Jch hab den Laufft volendet/ ich hab glauben gehalten.“
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Mt 24 v. 13 (nach Biblia [Luther 1545]): „Wer aber beharret bis ans Ende/ der wird selig.“ Dieser Satz steht im Kontext der Frage nach der Endzeit vor der Wiederkunft Christi, die die Jünger Jesus stellten, und die dieser mit der Schilderung der endzeitlichen Schrecken — Kriege, Revolten, Pest, Teuerung und Naturkatastrophen — beantwortete. Wer diese Schrecken im Glauben übersteht, geht in die Seligkeit ein. Die Beharrung in der Anfechtung ist ein Kernstück reformierter Glaubenslehre und -praxis. So steht das Zitat denn auch prominent auf dem Titelblatt eines wichtigen Übersetzungswerks F. Christians II. v. Anhalt-Bernburg (FG 51), Von der Beharligkeit der Außerwehlten (Köthen 1641) nach Charles Drelincourt d. Ä. Vgl. 380110 K 9.
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