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370517 Fürst Christian II. von Anhalt-Bernburg an Fürst Ludwig
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Fürst Christian II. von Anhalt-Bernburg an Fürst Ludwig


F. Christian II. v. Anhalt-Bernburg (FG 51) freut sich über das gute Befinden F. Ludwigs und Fn. Sophias (AL 1629. TG 38). F. Ludwigs Wunsch, sich mit Christian zu treffen und zu bereden, sei ihm auch von seiner Schwester, Pzn. Anna Sophia v. Anhalt-Bernburg (AL 1617[?]. PA. TG 19), übermittelt worden. Er werde sich gern wie vorgeschlagen am 19. 5. um acht Uhr in Weddegast einfinden und sich davon nur durch zu große militärische Gefahren abhalten lassen, zumal er in seiner unglücklichen Lage gern etwas Trost und Ergötzung erfahre. — In einem Nachsatz bittet F. Christian für Hans Philipp (v.) Geuder (FG 310. 1637) um Aufnahme in die Fruchtbringende Gesellschaft.

Beschreibung der Quelle


Q HM Köthen: V S 448d, Bl. 20rv, Rückseite leer; eigenh.

Anschrift


A Fehlt.

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Hochgeborner Fürst, Gnediger geehrter Herr Vetter, vndt Gevatter. E. G. wol aufsein werde ich allezeitt gar gerne vernehmen, gestaltt ich deroselben vndt dero hl. gemahlin L.1 ein solches billich von hertzen erwünschen thue. Dieweil mir auch Meine fr. l. Schwester, Freẅlein Anne Sofie2 zu erkennen gegeben, daß E. G. aldort mich gerne sehen vndt sprechen möchten, auch zu solchem ende, den vbermorgenden Freytag also verordnett, daß ich zu Wedegast3 vormittags vmb 8 Vhr, erscheinen möchte, alß will ich mich, gegen bestimpte zeitt vndt ortt, gerne einstellen, vndt mich daran nichts außer Gottes gewaltt, vndt allzugroße Kriegesmachtt, irren noch hindern laßen, damitt E. G. ich nach dero begehren aufwartten, dero befehl vernehmen, auch mich selbst in meinem Vnglück4 durch solche erwüntzschte zusammenkunft in etwaß trösten, vndt ergetzen möge.5 E. G. hiemitt Göttl.r Allmachtt ergebende, vndt ich verbleibe,
  E. G. getreẅer dienstwilliger Vetter allezeitt,
  Christian fzAnhaltt. mppria.
  Bernburg den 17. den May 1637.

P. S. Vor den Ritter Geuder6 , wirdt gebehten, daß er in die Fruchttbr. gesellschafft möge mitt eingenommen werden.
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I
Johann Rist versetzt Fürst Ludwig auf den Helikon

Beschreibung der Quelle


Q JOHANNIS RI- | STII HOLSATI | Poetischer | Lust-Gartē| Das ist: | Allerhand anmuhtige | Gedichte auch warhafftige Ge- | schichte auß Alten vnd Newē beglaub- | ten Geschichtschreiberen/ mit fleiß außerlesen vnd | benebenst mancherley Elegien, / Sonnetten, E- | pigrammaten Oden, Graabschrifften/ | Hochzeit-Lob-Trawr- vnd Klaag- | Gedichten/ c. | Allen der Teutschen Poeteri ver- | nünftigen Liebhaberen zu sonderba- | ren gefallen hervor vnnd an den | Tag gegeben. | [Zierleiste] | Hamburg/ | Gedruckt bey Jacob Rebenlein/ Jn verlegung | Zachariæ Hertels/ Buchhändlers. Jm | Jahr M DC XXXVIII. Bl. E v r – [E vj]r. — HAB: Lo 6465.1; Yale UL (Faber du Faur, Nr. 183), Mikrofilm.

[Handschrift: [E v r]]
Ohnpartheisches Vrtheil deß
  Apollo[Handschrift: [E v v]]
Von der hohen Geschickligkeit
deß Durchleuchtigen/ Hochgebohrnen Für-
sten vnd Herren/
Herren Ludowigs/
Fürsten zu Anhalt/ Graffen zu A-
scanien vnd Bailenstät [sic]/ Herrn zu Zerbst
vnd Berenburg/ als der Autor nicht allein Jh-
rer Fürstl. Gnaden hochrühmliche Schriff-
ten gesehen/ besondern auch deroselben ho-
hen Verstandt/ auch vieler Sprachen vnnd
Künste vorteffliche Wissenschafft vnd
Erfahrunge mit grosser Verwun-
derunge selber hatte
angehöret.


ALs Phœbus newlich vom Parnassus kam gegangen
Mit seiner Töchter Schaar/ zu schawen mit verlangen
Auff Erden allen Fleiß/ Geschickligkeit vnnd Kunst
Die den Gelahrten giebt der weisen Pallas Gunst;
Vernahm er Frewden-voll/ wie sich die hohe Sinnen
Geübet hie vnd da/ das Kräntzlein zu gewinnen
Der grawen Ewigkeit/ er fand der Schrifften viel
So rühmlich wahren/ die ich jetzt nicht nennen wil.
Die Musen vnd jhr Häupt/ die fiengen an zu wandren
Durchs gātze Teutsche Reich vō einer Stad zur andren
Doch gäntzlich vnbekand/ nur in dem vmmegehn
Mit sonderbahrem Fleiß die Bücher zu besehn. [Handschrift: [E vj r]]
Wie sie nun manche Stadt vnd Laden durchgelauffen/
Doch Laden/ da man nur pflegt Bücher zu verkauffen/
Da sahen sie (wol mir daß ich es schreiben mag!)
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Wie Anhalts hoher Geist in klugen Blettren lag
Der Ewigkeit zum trotz: Apollo voller Frewden
Rieff: Meine Töchter jhr/ was gilts wir müssen scheidē
Deñ wañ ich diese Verß nach jhrem wehrt betracht’
Erkeñ ich dz sie nicht durch Menschen seyn gemacht/
Hie steckt wz Göttlichs in/ hie werd‘ ich nichts erlangē/
Viel minder jhr/ hie seh‘ ich solche Weißheit prangen
Die Pallas schāroht macht/ hie bin ich gleichsam blind
Sein wissen ist zu groß/ ach/ Phœbus wird ein Kind.
Wer ist wie Anhalt mit so hoher Kunst gezieret?
Er ist es warlich wehrt/ daß er den Scepter führet
Ja alles Regiment auff vnserm Helicon
Er sey an meiner Stell’/ auff Töchter vnd davon.

Textapparat und Kommentar

T

Kommentar

K
1
Fn. Sophia v. Anhalt-Köthen (AL 1629. PA. TG 38), zweite Gemahlin F. Ludwigs.
2
Pzn. Anna Sophia v. Anhalt-Bernburg (1604–1640; AL 1617[?]. PA. TG 19); fünfte Tochter F. Christians I. v. Anhalt-Bernburg (FG 26) und Schwester F. Christians II. v. Anhalt-Bernburg (FG 51). Die Geschwister verband ein inniges Verhältnis und eine regelmäßige Korrespondenz. Anna Sophia starb unvermählt, vgl. 400902. Nach der Erstürmung und Plünderung des Bernburger Schlosses am 11. 3. 1636 (vgl. 360428 nebst Beilagen) hatte F. Christian II. seine Gemahlin Eleonora Sophia (TG 39) und die drei Kinder (Erdmann Gideon, Victor Amadeus [FG 589. 1652] u. Eleonora Hedwig) in Ahrensbök und Plön, den Schlössern seines Schwagers Hz. Joachim Ernst v. Schleswig-Holstein-Sonderburg-Plön (FG 101), in Sicherheit gebracht. Er besuchte sie dort erst im Juni und Juli 1637 und führte sie darauf nach Anhalt zurück. Seine Schwester Anna Sophia war zuvor in Köthen zurückgelassen, die anderen Schwestern bei der Ältesten, Hzn. Eleonora Maria v. Mecklenburg-Güstrow (AL 1617. TG 17), in Güstrow untergebracht worden. Zu den Schwestern vgl. 300330 K 3, 340107 K 6, 360428 K II 6. In der Folgezeit hielt sich Anna Sophia überwiegend am Köthener Hof des Onkels Ludwig auf. Vgl. 360428 K II 21; Christian: Tageb. XIV, Bl. 11v, 119v, 165r, 188r, 196v, 199r, 363r, 468v, 471r, 472r u. ö.; vgl. auch Anm. 5 und 360703 [Johann v. Mario (FG 100) an Friedrich v. Schilling (FG 21)]: „[...] daß die anderen Fürstlichen Frawelein einige in Holstein, einige in Mechelburg vertheilt sollen sein.“ Am 13. 9. 1636 erkrankte Pzn. Anna Sophia während eines Besuches in Bernburg „jusqu’a la mort“ (a. a. O., 199r). Als Christian II. am 20. 2. 1638 erfuhr, wie sehr Anna Sophia am Stein litt, notierte er: „Gott lindere doch einmahl diese vndt alle andere calamiteten vnsers bedrengten Fürstl. hauses, vndt tilge alle vnsere gebrechen, nach seiner gr. Barmhertzigkeitt.“ (559v). Am 15. 6. 1638 schrieb er ihr nach Köthen und sandte „remedia pro calculo“ (612r), da sie erneut sehr erkrankt war (vgl. 617r). Vgl. K I; ferner 231206, 240301, 260500, 260703, 270810, 300320 I, 310108 II, 320626 u. ö., bes. 380504 sowie Conermann TG, 614 u. Anm. 129ff.
3
Weddegast,Dorf und fl. Vorwerk (Gemeinde Poley), unweit Kl. Paschleben, im köthnischen Amt Nienburg, zwischen Bernburg und Köthen gelegen. Beckmann III, 391, 427 u. 458; Ritter: Lexicon 9 II, 1225. Das Treffen dort scheint am verabredeten Termin des übernächsten Tages nicht stattgefunden zu haben. S. Anm. 5.
4
Nachdem F. Christian II. im Frühjahr 1636 seine Familie aus dem erstürmten und geplünderten Schloß Bernburg evakuiert hatte (s. Anm. 2) und selbst am 21. 5. 1636 nach Bernburg zurückgekehrt war, entfloh er der desolaten Lage in Bernburg, besuchte die
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hzl. Vettern in Weimar (30. 5. – 20. 6. und 27. 9. – 11. 10. 1636) und wanderte vorwiegend im Süddeutschen hin und her. Auf die Unbeugsamkeit seines Tugendwillens im Jahre 1636 könnte die abgebildete Schaumünze aus diesem Jahr hinweisen (s. Abb. S. 148). Vor allem suchte er durch mehrfache längere Aufenthalte in Regensburg, wo sich Ks. Ferdinand II. aus Anlaß des zusammengetretenen Kurfürstentages aufhielt, und in Wien Recht und Genugtuung für den von kursächs. Truppen verübten „sacco di Bernburg“ zu erlangen (Regensburg: 15. 7. – 3. 8. 1636, 7. 11. 1636 – 11. 1. 1637; Wien: 27. 3. – 22. 4. 1637). Erfolge dieser Reisen waren eher auf der symbolischen Ebene der fl.-anhalt. Repräsentation zu verbuchen; politische Ergebnisse oder gar finanzielle Entschädigungen blieben weitgehend aus. Vgl. auch 371009 K 0. Die Rückreise von Wien führte Christian durch gefährdetes Terrain Böhmens und Meißens nach Altenburg, Jena und Weimar. Zwischen Weimar und Heldrungen wurde Christians Reisetroß am 10. 5. 1637 überfallen; er verlor Geld, Schmuck und andere Kleinodien wie goldene Gnadenpfennige, silberne Eßbestecke und sein kostbares Siegel, dazu Ausrüstung, Papiere, seine Pferde und die gerade erworbenen ksl. Schutzpatente. Tags darauf, am 11. 5. 1637, schrieb er Hz. Wilhelm IV. v. Sachsen-Weimar (FG 5) aus Heldrungen: „[...] wie vbel ich gestern mit meiner reyse angelaufen, vndt in waß vor schimpf vndt schaden ich zugleich gehezet worden, werden E. G. von dero selbst eigenen Leutten, vndt convoy vernehmen können. [...] Hette ich noch ein [d. i. ungefähr; s. 380110 K 6] 15 oder 20 Musketirer bey mir gehabtt, so hette man sich beßer als geschehen wehren können. Habe numehr weder Heller noch R. [Reichstaler] bey mir, vndt es thut mir der Schimpf, (deßen ich vielleichtt noch mehr gewarten muß) eben so wehe, als der große schade, so ich zumahl bey itzigem meinem zustandte erdulden muß.“ (Thüring. HSTA Weimar: Fl. Hausarchiv A 309, Bl. 1rv). Christians Tagebuch teilt Genaueres mit: „Vnsere convoy hielt sich schlecht, war auch starck vbermannet, also daß es schiene daß die räuber wol vier mahl fast stärcker wehren als wir. Der ChurS. Ob. L. Gaul sprach ihnen zu, sich zu bedencken, vndt sagte ihnen wer ich wehre, auch daß ich einen kayl. paß bey mir hette, kähme auch vom kayl. hoffe, es half aber alles nichts. Darvber wardt ich, vndt mein CammerJuncker [Carl Heinrich v.] Nostitz [FG 360. 1641], wie auch mein page Sanderßleben [s. u.], vndt der Kammerdiener Tobias Steffeck [v. Kollodey] inn- und vor der Kutsche vberfallen vndt desvalisirt, da ich dann ein 1000 Thlr. werth, an geldt vndt geldes werth, also verlohren“. Auch gegen den Fürsten ging die Rotte hart vor, zog ihm mit Gewalt die Ringe von den Fingern, bei entsicherten Pistolen und gezogenen Degen. Seine Leute wurden herumgestoßen, entkleidet, durchsucht, fast hätte man sie „ermordet [...] Die Felleisen [d. h. Ranzen, Satteltaschen] giengen mitt allem Heyl hinweg, vndt thut mir solcher vngewöhnlicher, vnerhörter Schimpf vndt schaden, sehr wehe. Gott wolle ihn resarciren anderwerts.“ Auch seine Leute hatten viel verloren, „vndt ist mir solcher poße noch nie wiederfahren.“ Am 13. 5. 1637 über Sangershausen und Eisleben nach Bernburg zurückgelangt, hatte Christian „also Gott zu dancken, daß ich noch mitt gantzer hautt, vndter solchen vnordnungen, darvon kommen bin“ (Christian: Tageb. XIV, Bl. 421v ff.). Der Überfall war auch dem Theatrum europaeum, 3. Teil (2. Aufl. Frankfurt a. M. 1644), S. 796 (HAB: Ge 4° 54), eine Mitteilung wert. Vgl. ferner Beckmann V, 363ff. und eine Schadensaufstellung zu diesem Überfall in ThHSTA Weimar: Fl. Hausarchiv A 309, Bl. 3rv u. KU IV.1, 169f. Sie zählt unter den geraubten Sachen fernerhin auf: „Eine Deutsche Bibel in Octavo, in weiß Pergament gebunden, verguldten Blettern, Zu Leiden gedruckt, welche der Ritter Johann Philipps Geuder [s. Anm. 6], hochgedachtem vnserm gnädigen Fürsten vndt Herrn verehret, vndt sich Lateinisch auffs erste Blat geschrieben“; ein Stammbuch des Kammerjunkers v. Nostitz (s. o., vgl. 360630 u. I u. III) mit Eintrag und Wappenzeichnung F. Christians und Einträgen „viel Herren vnd Cavaglieri mehr, auß Deutschlandt vndt Franckreich“; schließlich das Reisetagebuch F. Christians selbst, mit den Aufzeichnungen der Reise von Wien bis zum Überfall, u. a. m. — Kaum in Bernburg zurück, hat sich am Nachmittag des 14. 5. ein weiteres „großes vnglück zugetragen, in dem mein
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Cammerpage, Julius Adrian von Sandersleben, in der Sahle gebadet, vndt leyder darinnen ertruncken. Jch beklage ihn, vmb so viel desto mehr, dieweil er mir numehr ein Jahr hero sehr wol aufgewartett, hurtig, treẅ, vndt fleißig gewesen, vndt vber alle maßen behertztt, vndt tapfer, auch sonsten fromb, vndt gehorsam. [...] Er war ohngefehr ein 17 in 18 Jahr alltt, zimlich erwachßen, vndt geneigt zu aller Tugendt, vndt Ehr, so viel ich vermercken können. Solche citationes kommen mir sehr verdächtig vor, Gott wolle doch einmahl seine Zornsruhte inß Feẅer werffen. Amen.“ (Christian: Tageb. XIV, 423r). „Man sagt, ein gespenst der Nickardt genandt, soll den Schanderßleben hinein in den grundt deß waßers gezogen haben, Er hat sonst schwimmen können, ist auch gewarnet worden, sich wol vorzusehen, hatt aber zu seinem vnglück zu geeilett, vndt mag villeicht auch sonsten in den wirbel also kommen sein. Die bürger sagen auch, es habe sich derselbige Nickardt, wie ein Mann, gestern auf der Sahle sehen laßen, vndt es pfleget alle iahr alda iemandt zu ertrincken. Er der Page ist zwar heutte, vndt diese tage vber, allezeitt gar lustig gewesen, aber ich habe doch gestern vndt heutte die farbe in seinem angesichtt, sehr verendert gesehen, vndt diese Nachtt hat er auch, (wie mich der Kammerdiener berichtett) in lautter vnruhe zugebrachtt [...] vndt hatt immer vber hitze geklagt, auch sich gestern vndt heutte, immer nach dem kalten bade gesehnett.“ (423v; vgl. 424r). Seine Beerdigung fand unter großer Anteilnahme am 15. 5. statt. Man habe beobachtet, daß er „sich dann sehr im waßer gewehret, geruffen, vndt in die höhe gestoßen soll haben, aber man hat ihm so baldt nicht können zu hülfe kommen. Gott wolle doch, daß er sehlig gestorben seye.“ (424r). Zur deprimierenden Lage F. Christians und des Bernburger Hauses trug in dieser Zeit auch die zugespitzte Situation in Güstrow bei, wo Christians verwitwete älteste Schwester Eleonora Maria (s. Anm. 2) Pressionen durch den lutherischen Schwager Hz. Adolph Friedrich I. v. Mecklenburg-Schwerin (FG 175) ausgesetzt war. S. 371009 K 0. Hinzu kamen ständige Raubüberfälle durch marodierende Soldatesca, die Anhalt unsicher machten: „vndt müssen [wir] also, stehtigem vnfriede, vndt alarm vndterworfen sein“ (Christian: Tageb. XIV, 426r). Vgl. dazu Anm. 5.
5
Am 15. 5. 1637 erhielt F. Christian II. Post von seiner Schwester Anna Sophia (s. Anm. 2) aus Köthen. Tags darauf, am 16. 5. 1637, begab er sich nach Plötzkau zu F. August (FG 46) und dessen Familie, in der er auf willkommene Aufnahme und „große condolentz mitt meinem Zustandt“ traf (Christian: Tageb. XIV, Bl. 424v). Am 17. 5. 1637 kehrte er wieder nach Bernburg zurück, wo er ein weiteres Schreiben Anna Sophias vorfand. Er beantwortete es und setzte zugleich den vorliegenden Brief an F. Ludwig auf. Zu dem hierin avisierten Zusammentreffen am 19. 5. kam es aber nicht. Christian scheint an diesem Tag in Bernburg geblieben zu sein (vgl. Christian: Tageb. XIV, 426v f.), und auch F. Ludwig verharrte in Köthen. Am 18. 5. teilte F. Johann Casimir v. Anhalt-Dessau (FG 10) nämlich seinen Oheimen Ludwig und August v. Anhalt-Plötzkau mit, daß der (umgängliche) kursächsische Generalfeldwachtmeister Dam Vitzthum v. Eckstädt (FG 312, vgl. 371220 I), den F. Ludwig am 27. 7. 1637 in Köthen in die FG aufnehmen wird (vgl. 371221 K 6), in Zerbst eine (bald auch gesandte) Leibkompanie einquartieren wollte (Vitzthums Schreiben v. 16./17. 5. 1637 an F. Johann Casimir) und daß am Vortage (nicht identifizierte) Verbände „hinauf ins Fürstenthumb gangen (dahero dann E. Fürst Ludwigs Lbd. sich sonderlich wohl in acht Zu nehmen haben)“ (KU IV.1, 355). Am 20. 5. treffen wir F. Christian erneut in Plötzkau an, folgenden Tags ist er schon wieder in Bernburg (Christian: Tageb. XIV, 424v ff.). Erst am 23. 5. gelangte Christian — nicht ohne Schwierigkeiten — nach Köthen, wo er „bey dem herren vetter Fürst Ludwig, vndt seiner gemahlin, wie auch Schwester Annen Sophien gar willkomb gewesen“ (429v). Die nächsten drei Tage blieb er dort und verbrachte die Zeit mit „Discours, Pourmenades in die schönen gärten mitt dem herrenvetter, vndt den Dames“, mit gemeinsamem Kirchgang (24. bzw. 25. 5.; 430r) und allerlei Gesprächen, auch vertraulichen („confidenter“), mit F. Ludwig, mit „Christof Mahler“ [Ch. Rieck(e)], dem kranken Hofmeister Friedrich v. Schilling (FG 21; vgl. 371027) sowie mit Spielen und Spaziergängen (430r ff.) Am
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27. 5. brach Christian nach Bernburg auf, bis zur Domäne Weddegast eskortiert von F. Ludwig und köthnischem Adel (431r). Das dringlichste Thema in den Unterredungen, noch vor der gerade ausgestandenen Reise F. Christians (s. Anm. 4), dürfte die Beteiligung des besetzten und bedrückten bernburgischen Anteils an der vom kursächsischen Obristen Zehmen (vgl. 380608A K 7) verlangten anhaltischen Kontribution gewesen sein. Vgl. Christians abwehrende Argumentation im Brief an seinen Oheim August vom 29. 5.: „Nun ist Reichskundig, das kein ortt im gantzen Fürstenthumb durch den Krieg so übell mitgenommen worden, Alß vnser Fürstl. Antheil, Jnsonderheit aber Ambt vndt Stadt Bernburgk, Es haben Zu 4 vnterschiedenen mahlen 4 starcke Armeen daselbst gelegen, vndt alles Zu grunde ruinirt, 14 gantzer Wochen vber haben Zwey Regimenter Schwedische in der Stadt Bernburgk logiret, Jm Schloß seindt ChurSachsische, in der Stadt aber Schwedische Völcker in besatzung gewesen, so hostiliteten gegen einander verübet, Unsere Stadt Bernburgk nebst dem Berge [hochgelegener Stadtteil Bernburgs] ist Zu vnterschiedenen mahlen außgeplündert, welches alles gleichwohl keinem andern ortte wiederfahren.“ (KU IV.1, 168). Am 27. 5. brachte der aus Mecklenburg zurückgekehrte anhaltinische Gesamtrat Martinus Milagius (FG 315, s. 371220 I) gute Nachrichten in der Güstrower Erb- und Vormundschaftssache mit. Vgl. schon KU IV.1, 161 [Brief Heinrichs v. Börstel (FG 78) v. 25. 5.] und 371009 K 0.
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Hans Philipp (v.) Geuder (v. Heroldsberg gen. Rabensteiner); FG 310. 1637. S. auch 371220 I. Geuder hatte Kg. Gustav II. Adolf v. Schweden als Kriegsrat und Kommissar im Fränkischen Kreis gedient. Da sein aus dem Nürnberger Patriziat stammender Vater Jacob (1575–1616) 1611 sein Bürgerrecht aufgab, sich in der fränkischen Reichritterschaft immatrikulieren ließ, 1613 zum reformierten Bekenntnis übertrat und kurpfälzischer Rat und Landrichter zu Amberg unter F. Christian I. v. Anhalt-Bernburg (FG 26) wurde, war der spätere Lebensweg Hans Philipps (1597–1650) im Reformiertentum und in anhaltischen und reichsritterschaftlichen Funktionen vorgezeichnet. Auf seinen Schlössern Heroldsberg und Neunhof nahe Nürnberg bot er den Reformierten Nürnbergs und der Nachbarschaft, darunter vielen Exulanten, Gottesdienst und Abendmahl. Erst 1648 beugte sich die Stadt, die in der Pfarrkirche zu Heroldsberg ihr Patronatsrecht behauptete, dem Faktum eines quasi-öffentlichen Privatgottesdienstes. Vom Anfang der 20er Jahre an bis 1626 hatte Hans Philipp Geuder Gf. Wolfgang Ernst v. Löwenstein-Wertheim als Ritterrat gedient, vertrat 1628 als Gesandter der fränkischen Reichsritterschaft deren bedrohte Rechte, auch das der Religionsfreiheit, vor dem Kaiser (seine „legation ad aulam caesaream ao. 1628“ im STA Nürnberg: Archiv der Geuder-Rabensteiner, Nr. 1282). Seit 1631 vertrat er seine Standesgenossen im schwedischen Consilium formatum, wiederum um Reichsfreiheit, religiöse Selbstbestimmung und Erleichterung der Kontributions- und Einquartierungslasten bemüht. 1635 gab er sein Amt als schwedischer Oberkommissar des Fränkischen Kreises auf, betonte seine Reichstreue und die Interessengemeinschaft von Kaisertum und Reichsritterschaft. In deren Diensten stieg er vom Rat und Hauptmann des ritterschaftlichen Orts Gebürg zum Direktor des reichsritterschaftlichen Corpus der drei Kreise Franken, Schwaben und am Rheinstrom auf. Nach Abschluß des Prager Friedens im Mai 1635 trat Geuder als Rat und Hofmeister in den Dienst F. Christians II., des Sohns des kurpfälzischen Amberger Statthalters F. Christian I. (s. o.). Für Christian II. bewies Geuder v. a. auf der Reise des Fürsten nach Regensburg und Süddeutschland 1636/37 (s. Anm. 4) und danach als Agent in Nürnberg seine Treue. Vgl. auch Geuders Brief an Christian, „Heroltzberg den 14ten Novemb. Ao. 1643“, in dem er F. Christian auf vertrautem Fuße zur Geburt des Sohnes Ferdinand Christian (23. 8. 1643 – 14. 3. 1645) gratuliert und über die Betreibung seiner politischen und finanziellen Aufträge berichtet. LHA Sa.-Anh./ Dessau: Abt. Bernburg A 10 Nr. 264 (1 Bl., Akte unfoliiert). Später soll er lt. Beckmann zusätzlich die Funktion eines kurbrandenburg. Rats (von Haus aus) wahrgenommen haben. Vgl. allgemein Beckmann VII, 227f.; Conermann III, 350ff.; Engerisser, 208; Johann Gottfried Biedermann: Ge-
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schlechtsregister des Hochadelichen Patriciats zu Nürnberg. Bayreuth 1748, Ndr. Neustadt a. d. Aisch (1988), Tab. LII–LIII; (Heinz Zirnbauer:) Die Geuder von Heroldsberg. Aus der Geschichte einer Nürnberger Patrizierfamilie. Ausstellungskatalog der Stadtbibliothek Nürnberg 48 (1965), Nr. 105 u. 122 (Aufzeichnungen v. 1614 u. 1615 über G.s Reisen) u. 121ff.; Ewald Glückert: Schloß Neunhof bei Lauf als Gottesdienststätte reformierter Glaubensflüchtlinge. In: Frankenland 38 (1986), 311–316; Georg Kuhr: Ritterschaftliches Pfarrerbuch Franken. Neustadt a. d. Aisch 1979, s. v. Geuder; Hans Neidiger: Die Entstehung der evangelisch-reformierten Gemeinde in Nürnberg als rechtsgeschichtliches Problem. In: Mitteilungen d. Vereins f. Geschichte der Stadt Nürnberg 43 (1952), 225–340; Matthias Simon: Evangelische Kirchengeschichte Bayerns. 2 Bde. München 1942, I, 363; II 490f. (zum Pietismus der von Geuder in Heroldsberg um 1700); Andreas Wachter: Die Geuder v. Heroldsberg im 17. u. 18. Jh. Mag.-Arb. U. Erlangen-Nürnberg 1993; ders.: Geschichte der Reformierten in Bayern von ihren Anfängen bis in die Gegenwart. Nürnberg 1994, 10f. (nur knapp). — Die Tagebucheinträge F. Christians II. unterrichten ausführlich über Geuder. Während Christians Aufenthalten in Nürnberg im Juli und Oktober 1636 traf er verschiedentlich mit Geuder zusammen (Christian: Tageb. XIV, Bl. 144r, 151v, 154r, 228vf.), der ihn dann am 5./ 15. 11. in Hilpoltstein zu seinem zweiten längeren Aufenthalt in Regensburg 1636 (vgl. Anm. 4) abholte. Dort betrieb Christian seine verschiedenen Angelegenheiten beim Kaiser und bei den (u. a. zur römischen Königswahl Ehz. Ferdinands) versammelten Kurfürsten mit Unterstützung Geuders („mein itziger Hofmeister“, Eintrag vom 18./ 28. 11. 1636; a. a. O., 244r), den Christian an die kfl. Vertretungen von Bayern, Brandenburg, Köln und Mainz schickte (233rf., 238v, 244r, 253r, 256rf., 271r, 280v, 286r u. ö.). Unter dem Datum des 16./ 26. 11. 1636 erfahren wir erstmals vom Wunsch, Geuder zum Ritter schlagen zu lassen (284r, vgl. 288v). Dem schienen sich Widerstände entgegenzustellen, wie Christian am 17./ 27. 12. 1636 in der ksl. Anticamera hintertragen wurde: „Geyder wehre ein patritius von Nürnberg, würde solcher gestaltt, [der Ritterschlag] nicht angehen. Jch beantwortet es also, Er hette zwar in Nürnberg gewohnet, wie andere mehr vom Adel, wehre aber nicht ein patritius denn vor zeitten vmb der vnsicherheitt willen, wie auch noch, viel vom adel vom Lande, sich in die Städte retiriren müßen. So wehre er auch in der Fränckischen Ritterschaft, ein Mittgliedt vndt ihr abgeordneter [...].“ (288vf.) Tags darauf aber hat sich Geuder „vndter die iehnigen, so da sollen zu Rittern geschlagen werden, beym ReichsMarschalck, auch müßen enrolliren laßen“ (291r). Vgl. zu Gf. u. Herr Maximilian v. Pappenheim, Lgf. v. Stühlingen (1580–1639), der vom Calvinismus zum Luthertum gewechselt und seit 1607 Reichserbmarschall war, als solcher offenbar auch verantwortlich für die formale und logistische Organisation des Regensburger Kurfürstentages 1636/37, Hans Schwackenhofer: Die Reichserbmarschälle, Grafen und Herren von und zu Pappenheim. Zur Geschichte eines Reichministerialengeschlechtes. Treuchtlingen u. Berlin 2002, S. 164ff., T. VI und Abb. 25. Die ksl. Gunst trug Christian und seinem Hofmeister zwar Neid und Mißgunst ein (21./ 31. 12. 1636; Bl. 299v), am 20. 12./ 3. 1. 1637 aber wurden 18 Personen vom römischen Kg. Ferdinand, dem baldigen Ks. Ferdinand III., in Regensburg zum Ritter geschlagen, unter ihnen — auf Christians Interzession hin — Geuder (Bl. 297v; vgl. 305r, Eintrag vom 24. 12. 1636: „Johann Philips Geuder, mein Raht, hofmeister, auch der freyen Fränckischen Ritterschafft abgeordneter.“). Bei einem Zwischenaufenthalt in Eger resümierte Christian am 24. 1./ 3. 2. 1637 die Ergebnisse seiner Reise zum Kaiser nach Regensburg. Unter den 13 Erfolgspunkten, die Christian mit den „13. labeurs d’Hercules“ vergleicht, rangiert auch das gewonnene Ansehen beim römischen König, dem künftigen Kaiser, „il a fait mon maistre d’hostel, Chevallier“ (343v). Sogar das Theatrum europaeum, 3. Tl. (1644), 745f. (HAB: Ge 4° 54) vermeldet zum Regensburger Wahltag auch die „Namen deren/ so zu Rittern geschlagen worden“; an 17. Stelle erscheint „Johann Philips Geuder“. Am 24./ 25. 5. 1637 bezeugte Christian die Anwesenheit einiger FG-
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Mitglieder in Köthen (s. Anm. 5): Caspar Ernst (v.) Knoch (FG 33), Cuno Hartwig v. dem Werder (FG 164), Wolf (v.) Schlegel (FG 72) (?), Hans Ernst v. Freyberg (FG 140) (?) (430r). Möglicherweise hat es ein Gesellschaftertreffen in solcher kleinen Runde gegeben, die am 25. 5. die Aufnahme Geuders in die FG vornahm: „Mein Raht vndt hofmr. Geuder, ist in die fruchtbringende Gesellschaft (zwar absens) mitt eingenommen worden. Sein Nahme ist: Der ergäntzende, sein Krautt: Sanickell, sein wortt: waß verwundett.“ (430v). Der wohl nicht erhaltene Brief, den F. Christian am 26. 5. an Geuder schrieb, dürfte auch die Nachricht von der erfolgten FG-Aufnahme beinhaltet haben (Christian: Tageb. XIV, 430v). Zu Geuder s. auch 371027, 371106, 371112 u. I, 371116, 371120, 371123, 371208A, 371209, 371219, 371221, 371221A, 371223, 371224, 380108, 380110, 380120, 380310, 380312, 380331, 380410, 380606 u. 380609.

K I   Das Gedicht könnte im Zusammenhang mit einer „ODE TROCHAICA“ entstanden sein, die Rist unter dem Eindruck eines Zusammentreffens mit F. Ludwigs hochbegabter Nichte Pzn. Anna Sophia v. Anhalt-Bernburg (AL 1617 (?). PA. TG 19) verfaßte: „An die Durchleuchtige/ Hochgebohrne Fürstin vnd Fräwlein/ Fräwlein Anna Sophia/ Fürstiñe zu Anhalt ... Vber etliche mit jhrer Fürstl. Gnaden gehaltenen Gesprechen vnd vnterredungen/ etc.“ (a. a. O., Bl. D r – D iiij r). Wann und wo diese Gespräche stattfanden und Rist in die Gegenwart F. Ludwigs gelangte, ist nur ungefähr zu bestimmen. Da Rists erste Gedichtsammlung Musa Teutonica (Hamburg 1634), die er in Heide am 1. 4. 1634 dem holstein-schaumburg. Drosten Ernst v. Wietersheim (FG 279. 1636) und einigen anderen Notabeln widmete, die beiden Gedichte noch nicht enthält, dürften sie im Zeitraum 1634/37 entstanden sein, denn sie erschienen zuerst in Rists Sammlung Poetischer Lust-Garten, welche Rist am 31. 12. 1637 dem bfl.-lübischen Großvogt und Domherrn Gabriel v. Wietersheim (FG 285. 1636) und anderen widmete. Rist, der 1635 mit dem Pastorat in Wedel betraut wurde, könnte F. Ludwig auf dessen norddeutscher Reise Oktober 1636 – Januar 1637 in Hamburg oder in der Umgebung (z. B. Pinneberg, Eutin, Lübeck, Plön, Ahrensbök u. Rethwisch) getroffen haben, als auch die Wietersheim, Christian, Detlev und Paul v. Rantzau (FG 278, 280 u. 291. 1636), Gf. Christian (v.) Pentz (FG 281. 1636), Bf. Hans v. Lübeck, Hz. v. Schleswig-Holstein (FG 286. 1636) und andere in die FG aufgenommen wurden (s. Conermannn III, 311ff.). Da Pzn. Anna Sophia sich überwiegend am Köthener Hof des Onkels Ludwig aufhielt, konnte sie F. Ludwig nach Hamburg und Holstein begleiten. Eine Bestätigung dieser Annahme ließ sich anhand der verfügbaren biographischen Daten allerdings nicht erbringen. Am 21. 1. 1637 erwartete Frh. Enno Wilhelm v. Innhausen u. Knyphausen (FG 238) Nachrichten von der Ankunft F. Ludwigs in Köthen und machte Mitteilung, daß Gf. Otto V. v. Holstein-Schaumburg (FG 198) am 20. Januar aus Hamburg nach Bückeburg abgefahren sei. Damit sind Zeitpunkt und Gegend des Zusammentreffens des Fürsten und seiner Nichte mit Rist ungefähr eingegrenzt. Zu dem Kreis der damals in und bei Hamburg weilenden Fruchtbringer, die F. Ludwig wohl auf seiner Reise traf, ist neben den Genannten auch Frh. Philipp Wilhelm v. Innhausen und Knyphausen (FG 241) zu erwähnen (vgl. 370715, 370729 u. 370805). Als F. Christian II. v. Anhalt-Bernburg (FG 51) ein halbes Jahr später mehrfach in Hamburg Station machte (s. K 2), besuchte er diesen in Altona (20. 7. 1637; Christian: Tageb. XIV, Bl. 460v), traf auch wiederholt mit dessen Vetter Enno Wilhelm zusammen, dem Obristen der Hamburger Garnison, schwed. Kriegsrat (s. 370715 K) und Agenten F. Ludwigs. Christians norddeutsche Reise führte ihn wie seinen Oheim auch nach Güstrow zu den oben genannten Schwestern. Über den Leibarzt Hzn. Eleonora Marias, Angelo Sala (FG 160), hat Rist in seiner Gedichtsammlung auch ein Ehrengedicht veröffentlicht: „Vber die vortrefliche vnd sehr nutzbahre Artzneybücher/ welche der Hochgelahrter vnd weitberühmbter Chy-
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micus Angelus Sala von Vincentz Fürstl. Mecklenburgischer Hoff- vnd LeibArtz [sic]/ nun eine zeitlang hat hervor gegeben.“ S. 371009 III. Rists früheres Studium im nahen Rostock und sein starkes Interesse an den Naturwissenschaften verlangen allerdings kaum, daß wir hinter dem Poem mehr als eine Buchbekanntschaft vermuten. F. Ludwig könnte er dagegen aus einem konkreten Anlaß getroffen haben, denn dessen Besuch im Norden galt auch der Durchführung der Huldigung für sein Mündel, den Grafen Otto V. v. Holstein-Schaumburg. Dazu verfaßte Rist sein Gelegenheitsgedicht
An den Hoch- vnd Wolgebohrnen

Graffen vnd Herren/ Herren Otten/ Graffen zu Holstein/ Schaumburg vnd Sternberg/
Herren zu Gehmen vnnd Bergen/ Als jhre Hoch-Gräffliche Gnade in deroselben Graff-
schafft Holstein die Hüldigung von jren getrewen Vnterthanen hatte angenom̃en / wel-
ches geschehen den 8. Tag Novembris/ im Jahr 1636. (Bl. L iiij r – [L vij]r). In: Poetischer
Lust-Garten
(s. Beil. I Q). In dem Gedicht heißt es u. a.:
Dieß wil nun nöhtig seyn/ diß wil sich jetzt geziemen/
Daß wir die grosse Zucht vnd Edle Tugend rühmen/
Die Tugend so an euch der Fürsten Schaar beliebt
Wovon Fürst Ludowig ein trefligs Zeugniß gibt/
Anhalt der thewre Fürst/ den alle Welt muß preisen
So weit die liechte Sonn’ am Himmel pflegt zu reisen/
So weit auch als der Mond sich legt zu ruhen hin/
Weil seine Weißheit geht fast über Menschen Siñ.
Nun dieser tapffrer Fürst’ hat euch zū Freund’ erkohrē
Als’ einem der dem Neid zum Trotz’ allein gebohren/
[...]. (Bl. L v v)

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