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370729 Freiherr Enno Wilhelm von Innhausen und Knyphausen an Friedrich von Schilling
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Freiherr Enno Wilhelm von Innhausen und Knyphausen an Friedrich von Schilling


Frh. Enno Wilhelm v. Innhausen u. Knyphausen (FG 238) ist sehr erfreut von Friedrich v. Schilling (FG 21) zu erfahren, daß F. Ludwig sich bei guter Gesundheit befindet und auch die Fürstinnen genesen sind. F. Christian II. v. Anhalt-Bernburg (FG 51) ist heute aus Hamburg in seine Heimat Bernburg abgereist. Er, Innhausen, habe über dessen Sekretär, Thomas Benckendorff, die Imprese seines Cousins, Frh. Philipp Wilhelm v. Innhausen u. Knyphausen (FG 241), und einige Briefe aus Bückeburg übermittelt. Das Wappen James Kings (FG 224) habe er bisher noch nicht aufgetrieben, aber sobald es in seinem Besitz sei, werde er es zusenden. — Kriegsnachrichten betreffen die von F. Friedrich Heinrich v. Oranien fortgesetzte Belagerung von Breda (Innhausen legt ein Bild bei), die Einnahme von Landrecies durch den Kardinal von La Valette und die vollständige Niederlage des Lothringers im Kampf gegen Hz. Bernhard v. Sachsen-Weimar (FG 30). — Die verbündeten Fürsten und Stände halten in Kürze eine Versammlung in Hamburg ab, um sich über die Bedingungen eines Universalfriedens abzustimmen. — Innhausen legt seinem Brief eine Stoffprobe bei (vielleicht für die Stickerei der Imprese seines Cousins, von der im Brief die Rede ist).

Beschreibung der Quelle


Q LHA Sa.-Anh./ Dessau: Abt. Köthen A 9a Nr. 87b, Bl. 139r–140v [A: 140v], 139v u. 140r leer; eigenh.; Sig.

Anschrift


A A Monsieur Monsieur Friderich de Schilling Conseiller et Maistre d’hostel de S. A. le Prince d’Anhalt etc. A Cöthen.

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MonSieur
Je suis esté tresaise d’entendre par la vostre derniere1 la bonne santé des leurs Altesses et quant et quant la reconvalescence des Princesses2 de la tresIllustre maison d’Anhalt etc. le bon Dieu les vueille trestouts maintenir en longue et bienheureuse vie. S. A. le Prince Chrestien d’Anhalt3 est party aujourdhuy d’icy pour retourner à Bernbourg, que Dieu conduise. J’ay envoyé par le Secretaire4 de S. A. l’imprese de mon Cousin5 , et quelques lettres qu’on m’avoit adressé de Buckeburg. Pour les Armoiries du Gen. Leut. King6 ie ne les ay sçeu recouvrer jusques à present, mais si tost que ie les auray ie ne manqueray de l’envoyer. Pour nouvelles il n’y a gueres poura ceste fois, si non la continuation du siege de Breda7 par le Prince d’Orange8 , dont ie vous envoye la Copie; et la prinseb de Landresis par le Cardinal de la Valette9 , comme aussi l’entiere desfaicte du Lorrain par le Duc Bernard10 etc. Les Potentats Princes et Estats Confederez tiendront en brief une Assemblée en ceste ville pour s’accorder ensemble sur les conditions d’une paix generale11 . Dieu seconde leurs conseils pour restablir une
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bonne paix en nostre Patrie, Et me recommendant à vos bonnes graces, Je demeure à jamais,
  Monsr. Vostres treshumble et tresacquis serviteur
  EWK
  D’Hambourg ce 29. Juillet 1637.

Icy enclos vous trouverez le monstre du drap12 etc.

Textapparat und Kommentar


Textapparat
T
a
Folgt gestrichenes Wort
b
Folgt <par>

Kommentar

K
1
Dieser Brief F. Ludwigs konnte nicht ermittelt werden; er muß als verloren gelten.
2
Gemeint sind hier die fl. Schwestern in Dessau, Kunigunde Juliana (PA. TG 26), Susanna Margaretha (1610–1663) und Eva Catharina (1613–1679), über deren Erkrankung Frh. Enno Wilhelm v. Innhausen u. Knyphausen (FG 238) in 370715 sein Bedauern ausdrückte. S. dort K 2.
3
F. Christian II. v. Anhalt-Bernburg (FG 51) weilte im Juni und Juli 1637 verschiedentlich in Hamburg im Zusammenhang der Rückholung seiner Familie aus Plön. Vgl. Anm. 4, 370517 I u. 370715 K 4.
4
Thomas Benckendorff, Sekretär F. Christians II. (s. Anm. 3) und dessen Amtmann in Bernburg seit einer Regierungsumbildung am 17. 8. 1637. 1627 war er sein Kammer- und Küchenschreiber, seit 10. 8. 1628 sein Kammerschreiber und –diener gewesen. Vgl. 360630 K III 3; Christian: Tageb. XIV, Bl. 201v, 369v, 434v, 468v u. 472r. Benckendorff hatte Christian auf dessen Reisen nach Regensburg und Wien 1636/37 (vgl. 370517 K 4) begleitet und war im April 1637 zur weiteren Betreibung der fl.-anhaltischen Geschäfte in Wien zurückgelassen worden. Am 14. 7. 1637 traf er nach seiner Rückreise über Prag und Dresden in Hamburg bei F. Christian ein, der dort auch den Obristen Kniphausen, also Frh. Enno Wilhelm, traf, ebenso am 20. 7. in Altona die Bekanntschaft von dessen Vetter Philipp Wilhelm (s. Anm. 5) machte. Christian: Tageb. XIV, 451r, 456v, 458v. Benckendorff dürfte Christian dann auch am 22. 7. nach Plön begleitet haben. Dort brach die fl. Familie am 26. 7. zur Heimkehr nach Bernburg auf. A. a. O., 459r, 460r. Über Hamburg — wo man am Abend des 27. 7. nochmals mit Innhausen zusammentraf und sich am Nachmittag des 29. 7. von ihm verabschiedete, nachdem er der Reisegesellschaft den Schutz eines bewaffneten Begleitkonvois gewährt hatte — Soltau, Bergen, Celle, Braunschweig (s. 370828 K 1), Quedlinburg und Ballenstedt erreichte man am 12. 8. Bernburg. A. a. O., 461r ff. Schon am 2. 9. 1637 brach Benckendorff, frisch zum Amtmann in Bernburg erhoben, erneut zu einer Mission nach Wien auf. Vgl. 371112 K I 1. Dazwischen muß Benckendorff (oder ein anderer Bote) Zeit und Gelegenheit gefunden haben, die Hamburger Sendung F. Ludwig nach Köthen zuzustellen, wenn Benckendorff sie nicht auf postalischem Wege oder durch andere Überbringer bereits zuvor hatte bestellen lassen. Aus 370729 ergibt sich jedenfalls, daß F. Ludwig die Sendung wohl im Laufe des August erhalten haben wird.
5
Frh. Philipp Wilhelm v. Innhausen u. Knyphausen (FG 241). Bereits in 370715 kündigte Enno Wilhelm die Übersendung der Imprese seines Cousins an: Sie sollte an die Kammerjungfer Fn. Sophias v. Anhalt-Köthen (AL 1629. TG 38), Frl. Anna Dorothea v. Freyberg, geschickt werden. Bestätigt durch 370805, zeigt der vorliegende Brief, daß Enno Wilhelm die günstige Gelegenheit ergriff, die genannte Imprese und weitere Stücke durch den im Juli in Hamburg weilenden Sekretär F. Christians II. (s. Anm. 3), Thomas Benckendorff (s. Anm. 4), bestellen zu lassen. Vgl. außerdem 370517 K I.
6
James King (FG 224), Generallieutenant der schwedischen Reiterei und Befehlshaber eines in Niedersachsen und Westfalen operierenden schwedischen Armeekorps. Zu seiner Person und zur Beschaffung seines Wappens vgl. 370722 K 14.
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7
Zur Belagerung von Breda, das am 8. Oktober 1637 von Truppen der Vereinigten Niederlande eingenommen wurde, vgl. 370722 K 7. Die beigelegte Abbildung („pourtrait“) erwähnt Innhausen wieder in 370805.
8
F. Friedrich Heinrich v. Oranien. Vgl. 300410 K 4 u. 370722 K 6.
9
Louis de Nogaret duc d’Épernon, Cardinal de La Valette. Zu seiner Person und zur Belagerung und Einnahme von Landrecies vgl. 370722 K 8 u. 9.
10
Die Niederlage Hz. Karls IV. v. Lothringen im Kampf gegen Hz. Bernhard v. Sachsen-Weimar (FG 30). Zu Bernhards Kriegszügen 1637 in Lothringen, Burgund und im Elsaß vgl. 370722 K 10.
11
Vgl. Innhausens Nachrichten zu Friedenspräliminarverhandlungen in 371117, 380210, 380616, s. auch 380125A u. 380810. Ein auf Initiative Papst Urbans VIII. (1568–1644) vorher nach Köln einberufener Friedenskongreß, der zunächst nur die katholischen Mächte versöhnen, dann aber auf Drängen Frankreichs um dessen protestantische Verbündete erweitert werden sollte, war gescheitert, ohne daß eine Partei die offene Absage riskiert und die Verantwortung für den Fehlschlag öffentlich übernommen hätte. Frankreich zögerte das Erscheinen seiner Delegierten immer wieder hinaus, wobei Richelieus Plan einer gemischtkonfessionellen Reichsliga mit der Funktion eines Gegenpols zum Kaiser in großer Deutlichkeit erstmals in seiner Instruktion für Köln Gestalt annnahm. Der Kaiser, gestützt auf den Prager Frieden (Mai 1635) und loyale Erklärungen des Regensburger Kurfürstentages von Ende 1636, war zwar bereit, eine Kurfürstenvertretung teilnehmen zu lassen, auch die Vereinigten Niederlande und Schweden (das sich aber von Anfang an sperrte) konnte er zur Not noch ohne Gesichtsverlust zulassen, nicht jedoch die offizielle Teilnahme Hessen-Kassels, Hz. Bernhards v. Sachsen-Weimar (FG 30) und anderer proskribierter Reichsstände (Heilbronner Bund). Auch hatten die Kurfürsten auf eine eigenständige politische Rolle verzichtet und zugunsten des Prager Friedens an dem illusionären Wunsch festgehalten, die auswärtigen Mächte ganz aus den Angelegenheiten des Reiches herauszuhalten. Schon im Juni 1637 bekannte Ks. Ferdinand III. auch nach außen das Scheitern der Kölner Kongreßpläne (Documenta Bohemica VI, Nr. 459). Zur gleichen Zeit sah Innhausen die Pläne zu Kölner Verhandlungen über einen allgemeinen Frieden in Rauch aufgehen: „[...] tellement que selon toute apparence L’Assemblée de Coulogne irà en fumée“ (Brief an Friedrich v. Schilling [FG 21] vom 2. 6. 1637. LHA Sa.-Anh./ Dessau: Abt. Kö. A 9a Nr. 87b, Bl. 133r). Die zähe Klärung von Vorbedingungen und die politische Inszenierung des Kölner Friedenstheaters wurden indes fortgesetzt. Vgl. F. Christians Tagebuch-Eintrag vom 6. 5. 1638: „[...] daß die Tractaten zu Cölln mitt machtt vor sich gehen, wie inngleichen mitt den Schweden [in Hamburg, s. u.].“ (Christian: Tageb. XIV, 589r; vgl. auch 366r, 576r u. 590r). Vier geschlagene Jahre blieb der päpstl. Legat Martio Ginetti (1585–1671) unter zähen Hinhaltungen in Köln, ohne daß man dem Kongreß näherkam. 1640 kehrte er enttäuscht nach Italien zurück. Es zeigte sich, daß der Frieden in Deutschland und Europa nur als umfassender multilateraler Universalfrieden zu gewinnen war. Vgl. zum gescheiterten Kölner Friedenskongreß Acta Pacis Westphalicae I.1, 1–16, 38–55, 193–203, 327–376; Barudio, 496f., 502; Pufendorf: Kriegs-Geschichte I, 323f., 351, 369, 409ff. u. 480; Theatrum europaeum III (2. Aufl. 1644; HAB: Ge 4° 54), 772 u. 819; (Michael Caspar Londorp:) Actorum Publicorum Dritter Theil: Das ist/ Weyland Gustavi Adolphi, Königs in Schweden etc. Wie auch Ludovici XIII. Königs in Franckreich etc. wider die ... Kays. Maiest. Ferdinandum II. & III. so dann auch andere deß Reichs Catholische vnd Evangelische Chur- Fürsten vnnd Stände/ vorgenommener KriegsExpedition, vnd deren Vrsachen/ Kriegs vnd Friedenshandlung/ Sampt von der Cron Schweden Legato Generali Axel Ochsenstirn &c. gehaltener Conventen ... Bündnissen vnd Abschieden ... Jetzo zum ersten mal ... von Anno 1629. außgangen/ vnd biß auffs 1640. Jahr continuirt Durch Nicolaum Bellum Hyst. (Frankfurt a. M.: Johann Gottfried Schönwetter 1640), Buch 7, S. 137 (HAB: Gl 56 2°); dass. 4. Teil (Frankfurt a. M. 1641), 169ff. (HAB: Gl 56
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2°); Fritz Dickmann: Der Westfälische Frieden. Münster 1965, 59–98, v. a. 82ff.; Anja Victorine Hartmann: Von Regensburg nach Hamburg. Die diplomatischen Beziehungen zwischen dem französischen König und dem Kaiser vom Regensburger Vertrag (13. 10. 1630) bis zum Hamburger Präliminarfrieden (25. 12. 1641). Münster 1998, 169ff.; Hermine Kühn-Steinhausen: Bericht eines Augenzeugen über den Kölner Kongreß (1636). In: Annalen des historischen Vereins für den Niederrhein insbesondere das alte Erzbistum Köln 133 (1938), 102–109; Klaus Malettke: Les relations entre la France et le Saint-Empire au XVIIe siècle. Paris 2001, 145ff.; Konrad Repgen: Die Hauptinstruktion Ginettis für den Kölner Kongreß (1636). (Zuerst 1954). In: K. R.: Dreißigjähriger Krieg und Westfälischer Friede. Studien u. Quellen. Hg. Franz Bosbach u. Christoph Kampmann. Paderborn [u. a.] 1998, 425–457; ders.: Fabio Chigis Instruktion für den Westfälischen Friedenskongreß. (Zuerst 1953). In: a. a. O., 458–486, 458ff. — Das Scheitern der päpstlichen Friedensvermittlung bedeutete nicht das Ende anderer zeitgleicher oder nachfolgender Friedensgespräche. Vgl. bes. in Innhausens Korrespondenz 380810 zur sachsen-lauenburgischen Vermittlung von ksl.-schwedischen Vorverhandlungen in Hamburg, denen der Kaiser parallele Friedensgespräche unter Vermittlung Kg. Christians IV. v. Dänemark zur Seite stellte. Der unter dänischer Vermittlung erreichte Hamburger Präliminarfrieden vom 15./ 25. 12. 1641 zwischen dem Kaiser (der auch Spanien vertrat), Schweden und Frankreich läutete endlich die Westfälischen Friedensverhandlungen ein, die zum Jahresende 1643 in Münster allmählich beginnen konnten. Vgl. Chemnitz IV, 71ff.; Johann Gottfried v. Meiern: ACTA PACIS WESTPHALICÆ PUBLICA. Oder Westphälische Friedens-Handlungen und Geschichte. 7 Bde. Hannover 1734–40, I, 8–10, vgl. S. 4 u. 7 (HAB: Rq 2° 7: 1); Sveriges Traktater med främmande Magter. Jemte andra dit hörande Handlingar. Femte Delens Senare Hälft: 1632–1645. Utgifven af C. Hallendorff. Stockholm 1909, Nr. 57. — Doch kehren wir nochmals kurz in den Zeitraum 1635–38 zurück. Während sich Ginetti in Köln um den Friedenskongreß bemühte, hatten Schweden und der Kaiser unter sich die Möglichkeit einer Verständigung sondiert. Stockholm war kriegsmüde, und so boten sich auf dem Wege über Kursachsen den seit September 1635 zwischen Schweden und dem Kaiser vermittelnden hzl. Brüdern Adolph Friedrich I. v. Mecklenburg-Schwerin (FG 175) und Johann Albrecht II. v. Mecklenburg-Güstrow (FG 158; †April 1636), zunächst aussichtsreiche Chancen. Vgl. Londorp IV, 523–550; (Michael Caspar Londorp:) Actorum Publicorum Dritter Theil: Das ist/ Weyland Gustavi Adolphi, Königs in Schweden etc. Wie auch Ludovici XIII. Königs in Franckreich etc. wider die ... Kays. Maiest. Ferdinandum II. & III. (Frankfurt a. M.: Johann Gottfried Schönwetter 1640), Buch 7, S. 4ff., 47 u. 105; auch 371014 K 7. Wien hatte seinerseits ein Interesse, einen Keil zwischen die ihm feindlich gesonnenen Kronen Schweden und Frankreich zu treiben. Bis zum Dezember 1635 nährten, zumal wegen der seit dem Vertrag von Compiègne (18./ 28. 4. 1635) eingetretenen Verstimmung Schwedens über den als nachlässig und säumig kritisierten Bündnispartner Frankreich, die Vermittlungsreisen Hz. Adolph Friedrichs zum Kurfürsten v. Sachsen (etwa im Oktober) Erwartungen an einen günstigen Ausgang. Streitpunkte blieben aber u. a. die Beteiligung der von der Amnestie des Prager Friedens ausgeschlossenen Reichsstände, die Satisfaktion Schwedens und die ehrenhafte Abfindung seiner Offiziere und Soldaten. Zu Beginn des Jahres 1636 trat zudem Kg. Christian IV. v. Dänemark als durchaus nicht uneigennütziger Friedensmahner auf den Plan, vom Kaiser unterstützt, aber von Schweden vereitelt. Dennoch schien ein Ausgleich zwischen Schweden und Kaiser möglich. Indessen kamen trotz wiederholter Anläufe des Mecklenburgers, des Dänen, Mgf. Siegmunds v. Brandenburg (FG 308), Hz. Georgs v. Braunschweig-Calenberg (FG 231) und Ende 1636 Hz. Augusts d. J. v. Braunschweig-(Wolfenbüttel) (FG 227) die Friedensgespräche nicht recht voran. Vgl. C. T. Odhner: Die Politik Schwedens im Westphälischen Friedenscongress und die Gründung der schwedischen Herrschaft in Deutschland. Gotha 1877, 55. Im März 1636 gewann daher eine Allianz mit Frankreich für die Schweden an Attraktivi-
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tät, entwarf deren Kriegsdirektor Friherre Axel Oxenstierna (FG 232) in Wismar mit dem französischen Gesandten Saint-Chamond (s. 370715 K 15) einen Bündnisvertrag, der aber von der schwedischen Regierung nicht ratifiziert wurde, da die mehrheitliche Friedenspartei im schwedischen Reichsrat ein schnelles Kriegsende vorzog, das nur über einen Separatfrieden mit dem Kaiser zu erreichen war. Somit verhandelten die Schweden bis zum Hamburger Allianzvertrag vom 24. 2./ 6. 3. 1638 (s. 380210 K 10), selbst darüber hinaus, weiterhin nach beiden Seiten. Hz. Adolph Friedrich I. hatte seine Vermittlungsversuche erneuert, aber Dänen und Schweden vergeblich für den 15. 6. 1637 zu einem Konvent nach Lübeck eingeladen. Da Dänemark kein Fürsprecher der schwedischen Forderungen nach Entschädigung sowie Restitution der proskribierten Reichsstände war, Kaiser und Kursachsen auch kein rechtes Interesse an dieser Intervention zeigten, gerieten die Sondierungen ins Stocken. Innhausen an Schilling, d. d. 6. 10. 1637: „Le Duc de Meckelnbourg recommence ses traictez de Paix, toutesfois avec peu d’esperance d’un bon succez.“ (LHA Sa.-Anh./ Dessau: Abt. Kö. A 9a Nr. 87b, Bl. 147v). Vgl. Chemnitz II, 937f., 1030f., 1035ff.; Pufendorf: Kriegs-Geschichte I, 278f., 287, 290, 296ff., 321ff., 338, 349ff. u. 365f.; H. Schnell: Mecklenburg zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges 1603–1658. Berlin 1907 (Mecklenburgische Geschichte in Einzeldarstellungen, 10), 85ff.; Richard Stehmann: Auswärtige Politik des Herzogs Adolph Friedrich I. v. Mecklenburg-Schwerin in den Jahren 1636–1644. In: Jahrbücher des Vereins f. mecklenburg. Geschichte u. Altertumskunde. 72 (1907), 1–84, hier: 10, 12 u. 21f. — Den Schweden bot sich als Standort das Handels-, Finanz- und Informationszentrum Hamburg an, wo der 1629 geadelte Johan Adler Salvius (1590–1652) von 1630–34 und erneut seit 1636 als schwedischer Resident und Legat wirkte. Nach der Abreise Oxenstiernas nach Schweden Anfang Juli 1636 und nach dem Tode des schwedischen Generallegaten in Deutschland, Reichsrat Steno Svantesson Bielke d. Ä. (1598–1638; SBL IV, 223–230), wuchs seine Bedeutung für die schwedische Diplomatie. Vgl. die Instruktionen für Bielke und Salvius in Acta Pacis Westphalicae I.1, 205–230. Vgl. Armin Reese: Pax sit Christiana. Die westfäl. Friedensverhandlungen als europ. Ereignis. Düsseldorf 1988, 120–124; vgl. ferner AOSB FA XV, 546ff. u. 596ff.; Pufendorf: Kriegs-Geschichte I, 351. Salvius, Generalbevollmächtigter Schwedens in Deutschland, fungierte schließlich auch seit 1643 als der bedeutendste schwedische Unterhändler bei den Westfälischen Friedensverhandlungen. Vgl. 320416 K 2 u. 340421 K 1; Barudio, 496ff.; Englund, 181ff.; Findeisen, 413; Heinz Duchhardt, Gerd Dethlefs, Hermann Queckenstedt: „... zu einem stets währenden Gedächtnis“. Die Friedenssäle in Münster u. Osnabrück u. ihre Gesandtenporträts. Bramsche 1996, 216f. — Vor dem Abschluß der schwedisch-französischen Allianz hatten Ks. Ferdinand II. und der Regensburger Kurfürstentag (15. 9. 1636 – 23. 1. 1637) aufgrund der damals unangefochtenen Dominanz Habsburgs das Friedenswerk mit dem Ziel neu situiert, auf der Grundlage des Prager Friedens die auswärtigen Mächte durch Separatfrieden aus dem Reich zu schaffen. Mgf. Siegmund v. Brandenburg (FG 308; vgl. Documenta Bohemica VI, Nr. 472) war als Vermittler berufen worden, der den Schweden im Auftrag der Kurfürsten im Januar und Februar 1637 einen Waffenstillstand sowie Friedensverhandlungen vorschlug. Erste Verhandlungen mit Bielke fanden im März 1637 statt. Im Frühjahr 1637 ließ auch Hz. August d. J. v. Braunschweig-Wolfenbüttel (FG 227) durch seinen Unterhändler Johann Angelius v. Werdenhagen (1581–1652; vgl. ADB XLI, 759–762) heimlich Verhandlungen mit Salvius in Hamburg anknüpfen. Seine Forderung, alle friedenswilligen Reichsstände in einen Universalfrieden aufzunehmen und den Prager Frieden damit zu überbieten, stieß in Wien auf strikte Ablehnung (vgl. Pufendorf: Kriegs-Geschichte I, 405f.). Etwa zur gleichen Zeit, seit dem Frühjahr 1637, drangen die Herzöge von Sachsen-Lauenburg auf einen Frieden zwischen Schweden und dem Kaiser (s. 380810 K 7). Am 1./ 11. Juni fand die erste Sitzung der kaiserlichen und schwedischen Deputierten in Hamburg statt; die zweite war für den 26. 6. angesetzt. (Documenta Bohemica VI, Nr. 480). Die Klärung der Präliminarien verlief schleppend.
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Am 10. 10. 1637 bevollmächtigte Ks. Ferdinand III. zwar Mgf. Siegmund erneut zu Vorverhandlungen mit Bielke (Documenta Bohemica VI, Nr. 509 u. 516, vgl. Nr. 480), viel Grund zur Hoffnung bestand aber nicht mehr. Auch schienen die neuen Mediationsbemühungen des Schweriner Herzogs vielversprechender als jene Mgf. Siegmunds, v. a. als sich im November 1637, alarmiert von den Vorbereitungen zu einer schwedisch-französischen Allianz in Hamburg (s. o.), der Reichsvizekanzler und Reichshofrat Frh. Ferdinand Sigismund Kurz v. Senftenau (1591–1658; seit 26. 6. 1638 Reichsgraf; vgl. ADB XVII, 429f.) als ksl. Unterhändler nach Norden auf den Weg machte. S. Documenta Bohemica VI, Nr. 519 (Vollmachterteilung November 1637); vgl. Stehmann (s. o.), 45; allg. zu Kurz: Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- u. Staatsarchivs. Hg. L. Bittner. 1. Bd. (Wien 1936), 353, 359, 588, 593; IV (Wien 1938), 9. Da Wien durch ihn jedoch keine neuen Friedensangebote unterbreitete, blieb sein Auftritt noch im selben Monat bei Salvius ohne nennenswertes Ergebnis. Salvius hatte zwar, bestürmt von Hz. Adolph Friedrich, die bei ihm eingetroffene kgl.-schwedische Ratifikation der Allianz mit Frankreich einige Wochen insgeheim zurückzuhalten vermocht, doch mußte er die Urkunde am 24. 2./ 6. 3. 1638 den französischen Geschäftsträgern in Hamburg überreichen. Alle weiteren Versuche des Schweriner Herzogs und Kg. Christians IV., der nochmals Verhandlungen für Anfang April 1638 in Lübeck vorschlug, trugen nichts mehr ein, obgleich Kaiser und Schweden dem Vorschlag zustimmten. F. Ludwig wies am 10. 6. 1638 Innhausen auf das entscheidende Defizit exklusiver, mißtrauensäender Sondierungen hin: „On parle d’une assemblée que le Roy de Dennemarque eust intimé a aulcuns Electeurs et Princes, plaira Dieu que ces nouvelles levées ne causent plus d’inconveniens, et que les traictés d’une paix generale, s’avancent a bon escient.“ (LHA Sa.-Anh./ Dessau: Abt. Kö. A 9a Nr. 87b, Bl. 20r). Das Tagebuch F. Christians II. v. Anhalt-Bernburg (FG 51) vermeldet, daß die wenig aussichtsreichen Friedensbemühungen dennoch ihren Fortgang nahmen (vgl. Christian: Tageb., XIV, 553r, 557vf., 570v, 595r, 601v u. 625v). Als Gf. Kurz am 12. 10. 1638 endlich die Festsetzung des Termins für den Lübecker Kongreß forderte, lehnten Salvius und sein französischer Verhandlungspartner Comte d’Avaux (s. 370715 K 16) ab. Bis zum Kriegsende war die französisch-schwedische Bundesgenossenschaft nicht mehr auseinander zu bringen. Vgl. Richelieu: Papiers III, 290f.; Acta Pacis Westphalicae I.1, 1–16, 193–203, 327–357; Adolf Friedrich: Tageb. (hg. Lützow), 106f., Pufendorf: Kriegs-Geschichte I, 365, 370f., 375, 403, 407ff., 464ff. u. 475; Dickmann (s. o.), 59–98; Hartmann (s. o.), 372ff.; Wilhelm Jesse: Mecklenburg und der Prager Friede 1635. In: Jahrbücher d. Vereins f. mecklenburg. Geschichte u. Altertumskunde 76 (1911), 161–282, hier 269ff.; Hans-Georg Kaack: Mecklenburg und Sachsen-Lauenburg. Begegnung und Konfrontation im 17. Jahrhundert. In: Aus tausend Jahren mecklenburgischer Geschichte. FS f. Georg Tessin. Hg. Helge Bei der Wieden. Köln, Wien 1979, 97–128, hier 104; Hermann Kellenbenz: Hamburg und die französisch-schwedische Zusammenarbeit im 30j. Krieg. In: Zs. des Vereins f. Hamburgische Geschichte 49/50 (1964), 83–107, bes. 94ff.; Helmut Lahrkamp: Dreißigjähriger Krieg und Westfälischer Frieden. Münster o. J., 240f.; Hans-Dieter Loose: Vorspiele zum Westfälischen Frieden in Hamburg. In: Der Krieg vor den Toren. Hamburg im Dreißigjährigen Krieg 1618–1648. Hg. Martin Knauer u. Sven Tode unter Mitarb. v. Niels Wiecker. Hamburg 2000, 269–285, insbes. 275ff.; Gottfried Lorenz: Die dän. Friedensvermittlung beim Westfälischen Friedenskongreß. In: Forschungen und Quellen zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges. Münster 1981, 31–61, insbes. 34; Rainer Postel: Hamburg zur Zeit des Westfälischen Friedens. In: Krieg und FriedenII, 337–343, hier 343; Konrad Repgen: Die Westfälischen Friedensverhandlungen. Überblick und Hauptprobleme. In: Krieg und Frieden II, 355–372, hier 355f.; Stehmann (s. o.), 41–63 u. 81ff.
12
Stoffprobe. Nicot, 906: „La monstre, de quelque chose & eschantillon specimen, Spectamē, Exemplum“.
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