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370828 Herzog August d.J. von Braunschweig-Wolfenbüttel schenkt Fürst Christian II. von Anhalt-Bernburg sein Schachbuch
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Herzog August d. J. von Braunschweig-Wolfenbüttel schenkt Fürst Christian II. von Anhalt-Bernburg sein Schachbuch


F. Christian II. v. Anhalt-Bernburg (FG 51) notiert, daß Hz. August v. Braunschweig-Wolfenbüttel (FG 227) ihm geantwortet und sein Schachbuch geschickt habe.

Beschreibung der Quelle


Q Christian: Tageb., Bd. 14,[Handschrift: [Bl. 473r]] .

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☾ den 28. Augustj. [1637]
Risposta vom herz. Augusto von Braunschweig1 co’l Seleno,2 de’ scachj.3

Textapparat und Kommentar

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Kommentar

K Der knappe Eintrag in Christian: Tageb. dokumentiert die persönliche Verbindung und den Bücheraustausch zwischen F. Christian II. v. Anhalt-Bernburg (FG 51) und Hz. August d. J. v. Braunschweig-Wolfenbüttel (FG 227), zweier FG-Mitglieder, die beide intensiv gelehrte und literarische Interessen pflegten. Vgl. zum Bücherverkehr innerhalb der FG 371112 K 1. Stellt man Christians Tagebuch-Eintrag in den Kontext jener Nachrichten, die F. Christian zu seinen einige Wochen zuvor erfolgten Besuchen am Hofe des Welfen in Braunschweig notierte, sowie jener Hinweise, die er wenig später zur Ordnung seiner eigenen Büchersammlung festhielt, erweitert sich die Bedeutung der Tagebuch-Stelle als Ausweis literarisch-gelehrter Korrespondenzzusammenhänge um buch- und bibliotheksgeschichtliche Aspekte.
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Das in Anm. 3 genannte Buchgeschenk Hz. Augusts d. J. folgte auf die Besuche F. Christians II. in Braunschweig im Frühjahr und Sommer 1637. Vgl. für das folgende Christian: Tageb. XIV, Bl. 438r–466v: Am 3. Juni war F. Christian von Bernburg aufgebrochen, um seine nach der verheerenden Erstürmung des Bernburger Schlosses durch kursächsische Truppen am 11. 3. 1636 in die holsteinische Heimat seiner Gemahlin Eleonora Sophia (TG 39) exilierte Familie (vgl. 370517 K) in Plön abzuholen und um nicht näher angegebene Gesundheits- und Finanzangelegenheiten in Hamburg (vgl. auch 370722) zu erledigen. Diese Reise hatte ihn über Helmstedt am 4. Juni auch nach Braunschweig geführt. Er schrieb unter diesem Datum in seinem Tagebuch (a. a. O., Bl. 438r): „Abends nach Hof, nach beschehener jnvitation alda Hertzogk Augustus von Braunschweig vndt Lünenb. nebst Sr. Ld. gemahlin, mich gar wol tractirt. Il a 58 ans, elle 22. belle fille de ma soeur la Duchesse de Meckl. Il est en credit a la cour Imperiale, & par l’accession de ceste Duchè, il s’est acquis beaucoup d’authoritè.“ Hz. August war 1635 in unerwarteter Erbschaft das Ft. Wolfenbüttel zugefallen. Aufgrund der anhaltenden ksl. Besetzung der Festung Wolfenbüttel hatte sich der Herzog mit seiner Gemahlin in dritter Ehe, Sophia Elisabeth, geb. Herzogin v. Mecklenburg-Güstrow (AL 1629. TG 42b; vgl. 340107) und als solche Stieftochter von Christians Schwester Eleonora Maria (AL 1617. TG 17), bis 1643/44 in Braunschweig niederlassen müssen. Als Landesherr des welfischen Teilft.s Wolfenbüttel war Hz. August zum regierenden Reichsfürsten, und als Senior des Gesamthauses Braunschweig-Lüneburg zum Kodirektor des Niedersächsischen Kreises und Mitglied der Reichsdeputation aufgestiegen. — Tags darauf, am 5. 6., setzte Christian seine Reise fort. Sie führte ihn über Celle, Uelzen, Lüneburg und Winsen nach Hamburg (8. 6.). Über Rethwisch (in Stormarn), wo ihn sein Schwager Hz. Joachim Ernst v. Schleswig-Holstein-Sonderburg zu Plön (FG 101) abholte, ging die Reise am 10. und 11. 6. gemeinsam nach Plön. Hier „habe ich meine fr. hl. gemahlin vndt kinder [Erdmann Gideon, Victor Amadeus [FG 589. 1652] u. Eleonora Hedwig], Gott Lob in gutem Zustandt gefunden, nach dem wir noch nie so lange von einander gewesen, alß dißmal, nemlich vber ein Jahr.“ (A. a. O., Bl. 440v.) Von Plön aus besuchte F. Christian seine Schwestern in Güstrow — die verwitwete Eleonora Maria (s. o.), Sibylla Elisabeth (AL 1617. TG 18), Sophia Margaretha (AL 1631. TG 33c) und Dorothea Bathildis (AL 1634. TG 24b). Vgl. zu deren Aufenthalten in Mecklenburg 321201 K 11, 340107 K 6, 360428 K II 6 u. 21 sowie 370517 K 2. Christian erreichte am 27. 6. Lübeck, wo er verschiedene „sachen zu expediren“ hatte, und kehrte am 28. 6. nach Hamburg zurück (zu seinem dortigen Aufenthalt vgl. 370715 K 4). Am 21. 7. brach er erneut auf, um seine Familie aus Plön abzuholen. Dort nahm man am 25. 7. Abschied und reiste über Hamburg (dort Abreise am 29. 7., s. 370729), Harburg, Soltau, Celle, Braunschweig, Quedlinburg und Ballenstedt zurück nach Bernburg, wo die Familie am 12. 8. eintraf. Auf der Rückreise via Braunschweig (Ankunft dort am 3. 8.) kam es erneut zum Zusammentreffen mit
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Hz. August und seiner Gemahlin. Den 4. 8. verbrachte die anhaltinische Familie von Mittag bis Abend in Hz. Augusts Braunschweiger Residenz („Mosthof“, d. i. die alte Welfenburg inmitten der Stadt). „Nachmittags haben mir Jhre Ld. ihre schöne bibliothecke sehen laßen, darinnen viel schöne, vndt gute bücher gewesen.“ (A. a. O., Bl. 463r.) — Es mag sein, daß diese Besichtigung F. Christian zu einer Ordnung und Katalogisierung seiner eigenen Büchersammlung angeregt hat, s. Anm. 2. Ferner ist anzunehmen, daß in den Gesprächen mit Hz. August auch der Mecklenburger Vormundschaftsstreit zur Sprache kam, in dem Hz. August eine Art Vermittlerrolle zugedacht war. Vgl. 371009 K 0 u. 380423 K 9.
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Seleno, pseud., s. Anm. 3.F. Christians Tageb. hält am 14. 8. 1637 fest: „Franciscum [d. i. Franciscus Gericcius] habe ich ein Register meiner zusammen geraffelten bücher machen laßen“ (467r); und erneut d. d. 15. 8. 1637: „Meine bücher ferrner durch Franciscum Gericium registriren laßen.“ (468r.) Nach der Katalogisierung sollte offenbar auch eine geordnetere Aufstellung erfolgen: „Nachmittags, den Franciscum Rectorem Scholæ allhier, bey mir gehabtt, vndt die bibliothecam ihn besichtigen laßen, zu etwas beßerer ordnung.“ (Bl. 508r; Eintrag vom 1. 11. 1637). Zum Rektor der Bernburger Lateinschule, Franciscus Gericcius, vgl. 300509 K 3. — Daß Christian bei seiner Bibliotheks-Neuordnung dem Vorbild der Bibliotheca Augusta, genauer des seit 1625 geführten sog. Bücherradkatalogs folgte, muß als unwahrscheinlich gelten. Die Sachgruppen-Gliederung im später angelegten Bernburger Catalogus secundus, die dem Fächerkanon der zeitgenössischen Wissenschaft folgte, fällt gröber aus als im differenzierteren Katalog der augusteischen Büchersammlung, unterteilt aber innerhalb der Sachgruppen die Bestände ebenfalls nach Format/ Größe (Folio, Quart etc.). Die ungewöhnliche Vollständigkeit der Titelverzeichnisse im Bücherradkatalog Hz. Augusts, ergänzt um einen von Hz. August begonnenen alphabetischen Autorenindex, findet ebensowenig Entsprechung im Catalogus secundus wie das Signaturensystem, das leicht die beliebige Ergänzung des Bestands erlaubte. Der Catalogus secundus und das Inventar des Nachlasses F. Christians (s. u.) weisen jedenfalls nicht auf eine ursprüngliche systematische Signierung hin, zumindest werden keine Signaturen mitgeteilt. Innerhalb der Fachgruppen (Libri Theologici, Libri philosophici [mit weitgespanntem Fächerkanon], Libri Historici) läßt sich weder eine alphabethische Ordnung nach Titeln oder Autoren noch eine systematische nach Gegenständen oder Fächern feststellen. Vgl. JNVENTARIVM. Des weylandt Durchlauchtigen, Hochgebornen Fürsten undt Herrn, Herrn Christiani, des andern, Fürsten zu Anhalt ... Verlaßenschafft betreffende, Anno 1657. In: LHA Sa.-Anh./ Dessau: Abt. Bernb. 7a Nr. 102 („Acta, den Nachlaß des Fürsten Christian II. von Bernburg betr. 111 fol. 1656/57“), hier Bl. 9r–11v (Verzeichnis der Bücher in Christians Kabinett). Ein in dieser Akte, Bl. 55v als Beilage A zum Inventar angekündigtes eigenes Verzeichnis der Bibliothek F. Christians läßt sich in der Akte leider nicht finden. Vgl. aber Catalogus secundus. Vgl. auch Maria v. Katte: Herzog August und die Kataloge seiner Bibliothek. In: Wolfenbütteler Beiträge 1 (1972), 168–199.
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(Gustavus Selenus, d. i. Hz. August d. J. v. Braunschweig-Wolfenbüttel:) Das Schach- oder König-Spiel. Von GUSTAVO SELENO, Jn vier unterschiedene Bücher ... abgefasset (Leipzig 1616). HAB: Hn 4° 2. Lt. Catalogus secundus verwahrte F. Christian II. v. Anhalt-Bernburg das Buch in seiner eigenen Bibliothek zusammen mit Hz. Augusts Cryptographia als Nr. 26 unter den „LIBRI PHILOSOPHICI [...] IN FOLIO“: „Gustavi Seleni Cryptographia et Schachiæ Lusus“; vgl.Gustavi Seleni CRYPTOMENYTICES ET CRYPTOGRAPHIÆ Libri IX. In quibus & planißima STEGANOGRAPHIÆ à Johanne Trithemio, Abbate Spanheymensi & Herbipolensi, admirandi ingenij Viro, magicè & ænigmaticè olîm conscriptæ, Enodatio traditur. Inspersis ubiquè Authoris ac Aliorum, non contemnendis inventis (Lüneburg 1624). HAB: Fb 4° 78. Am 10. 12. 1623 hatte bereits F. Christian I. v. Anhalt-Bernburg (FG 26) Hz. August um die Übersendung beider Bücher gebeten (s. 231210). Am 6. 1. 1624 schickte August ein Exemplar seines Schach-
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buches. Die Cryptographia wurde ebenfalls in ihren bereits gedruckten Teilen überschickt, das Fehlende folgte in den kommenden Wochen, bis F. Christian I. am 6. 9. 1624 den letzten Rest und ein vollständiges Exemplar erhielt (s. 240106, 240116, 240319, 240907). Vgl. Catalogus primus, „LIBRI MILITARES IN FOLIO“, Nr. 25 und „LIBRI SYSTEMATICI […] IN FOLIO”, Nr. 19 u. 20.

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