Text
Lob- und Leich-gedicht
zu ehren und gedächtnus
p.a Herren Eberharten vonRappoltstein1
&c.
Welcher (68-järigen alters) im̃ Augstme
des 1637.ten jars nach Gottes mäñschwerdung
sein zeitliches leben beschlossen.
[...]
Als er nun letztlich sich nach Strasburg
2
her‿verfüget
(Wie andre herren mehr/ die sonst daheym bekrieget
Und elend worden seyn/) schien er der gantzen schár
Ein ur-att
3 schier zuseyn/ gleich wie der Nestor war/
Als Griechenland zumal vor Trojen ist gelegen.
Es waren beyderseits grös‘/ ält’
4 / und witz zugegen.
Dort gieng der drejfach-alt an jaren und verstand
Den hölden allen vor: da hat in disem land [113]
Der grose Rappoltstein den ruhm darvon getragen.
Er wusste kunst-gemäs von iedem ding zusagen;
Das macht/ er hatte lang mit sonderbahrem fleiß
Der bücher sich gebraucht/ darauß man klug und weiß/
Ja mäñschreich
5 werden kan. So bald sein mund sich
reget/
Hatt‘ iedes hörers härtz sich in dem leib beweget
Durch/ weys nicht waß für/ kraft/ die in dem reden war;
Auch macht‘ erfahrenheit ihm noch mehr offenbar.
Waß ehrbars zucht-gepräng und sitten mag belangen/
Jst ihm nicht eyner wol darinnen vorgegangen.
So steht im̃ zwejfel noch/ ob er nicht manches land
Und manche frömde statt/ (nur so von frejer hand)
Nach gräntz-geländ und art hätt deutlicher gerissen/
6 Als Ptolomäus selbs/ und als Merkators wissen
Sich seither hat ersträckt. Der alten Wält geschicht
Hat er durch beispihl sein auff heitigs thun gerichtt;
Gestalt man dan darauß die besten lähren findet/
Warauff statt-wesen sich/ und reichs-beherschung/ gründet.
Die Tichtkunst eben auch/ das Himlische geschänck/
Das Göttische gespräch/ und süsse wort-gelänck
7 Lies er ihm
b
(wie es dan verdienet) hoch gefallen/
Verstuhnd‘ da auß dem grund/ waß hart-erzwungnes lallen/
Und waß dargegen reyn/ waß art-recht flüssig ist:
Er selber war so weit mit der kunst außgerüstt/
Daß er die reim-gedicht‘ auch zimlich wol geschrieben.
8 Zuforderst lies er ihm vernünfftig mit‿belieben
Daß unsre Teütsche sprách soll weder mit Latein/
Noch frömdem misch-masch sonst/ als arm/ befläkket seyn
Gleich wie ein bättelrock; dan/ welcher darmit pranget/
Der zeygt/ daß immer noch der schulsack an ihm hanget/
Und daß er nicht verdaut/ waß ihm der herr Donat
Jn seinen blöden kropff zuvil geschoppet
9 hat:
Ja bringt sich in verdacht/ es trukken ihn die sorgen/
Er möcht an dem Latein wol endlich gar erworgen/
Wan er nicht in das Teütsch stehts solche prokken speü
c /
Und weiß hiemit dem volck/ was künstlichs in ihm sey.
Ach/ wie ein hüpsche kunst/ die spráchen so zumischen!
Dan/ wan das wasser trüb/ ist trefflich gut zufischen [114]
Dargegen aber nicht/ wo hälle quällen seyn.
Versuech= versuech es doch/ und red das Teütsch allein!
Lateinisch auch also! laß sehen/ wird es klingen?
Jch förcht/ ihr werdet theyls nicht vil zuwegen bringen.
Waß raths/ wan einer auch gar nicht Lateinisch kan/
Mást doch gemischter ziehr sich in dem Teütschen an?
Ej/ da mus Spanisch/ Wälsch/ Frantzösisch/ und dergleichen
Das rad-gebrechte Teütsch durchspikken und bereichen;
Dan solche stümppelej behagt dem näuling mehr/
Als lauterkeit der red. Warumb? Es fällt ihm schwer/
(Weil er zu ungeübt) gleich wörter auffzutreiben/
Daß er kön̄t eygentlich ein iedes ding beschreiben
Wie sich nach art gebürt: drum flickt er da und dort
Mit frömbden lumpen zu/ wan nämlich Teütsche wort’
Dem ungeschickten kopff von haimat‿auß nicht kommen.
Es hat der Rappoltstein dargegen wahrgenommen/
Auch fleiß mit‿angewandt/ daß iede sprách ihr recht/
Jhr eygenschaft behalt; daß zweyerlej geschlächt/
Die wider ehr und art frech miteinander huerten/
Nicht bastart högeten
10 / und etwan mißgebuhrten.
Nun! solches lob-gerücht/ daß diser herr bekam/
Macht’/ daß fürst Ludwig es gar wol in achtung nahm/
(Den wir von Anhalt sonst und von Askanjen nennen/
Den die Frucht-bringenden für ihren schutz erkennen/
Und für ihr oberhaupt:) er lued ihn höflich eiñ/
Jn der gesellschaftzahl frucht-bringend mit‿zuseyn
Mit reyner Teütscher sprách/ mit reynen Teütschen sitten.
Der Rappoltsteiner lies sich da nicht lang erst bitten/
Begab sich in gesätz’ und recht der wehrten schár/
Da sein keñ-zaichen auch der labhaft Jmber war.
11 Weil nun unmöglich schier/ wer reim-gedichte liebet/
Daß der nicht auch zugleich die Stim̄-kunst etwan üebet:
Jm̄ fall er aber sie nicht selber üeben kan
Hat er gemeyniglich doch grosen lust daran/
Wan er sie üeben hört. Der herr/ von dem wir sagen/
Wär hie/ wan er noch lebt’/ um zeignus wol zufragen/
Weil/ wer ein ding versteht/ am̃ besten zeigen kan.
Dan/ ställt’ er underweil ein frölichs stim̄-werck an/ [115]
Und lies auff seytenspihl ein süses stück erklingen/
Auch lebhaft mit dem mund die lieder iergend singen/
So urtheilt’ er zugleich/ und stim̄te selbs mit eiñ/
Daß manchem maister wol kaum möglich möchte seyn/
Und daß Apollo sich wol selten so lasst hören.
Kurtz! waß ein groser herr für gáben nur begehren
Und gleichsam wünschen möcht/ die waren als ein schatz
Jn ihm. und nicht umsonst.
[...]
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