K Wenngleich die Bedeutung der hier versammelten Tagebuch-Eintragungen für
so manche, vor allem mecklenburgische Mitglieder der FG auf der Hand
liegt, können — mangels erhaltener Korrespondenzen — die Beilagen nur
andeutend und nicht explizit
die sprachliche und wissenschaftliche Rolle
des im Mittelpunkt stehenden reformierten, aus Italien stammenden
Exulanten und Naturwissenschaftlers auch für die Akademie enthüllen. Den
Angelpunkt der begleitenden Ereignisse bildet die Regent- und
Vormundschaft, die der lutherische Hz. Adolph Friedrich I. v.
Mecklenburg-Schwerin (FG 175) nach dem Tode seines Bruders, des
reformierten Hz.s Johann Albrecht II. v. Mecklenburg-Güstrow (FG 158;
†23. 4. 1636) über den Güstrower Neffen Gustav Adolph (1633–1695,
regierte seit 1654) beanspruchte. Dieser sollte später als Dichter auch
den Gesellschaftsnamen des Gefälligen verdienen (FG 511. 1648). Vgl.
Conermann III,
646f. — Schon im Mai 1636, ohne die
für den 23. 5. a. St. angesetzte Testamentseröffnung abzuwarten, ergriff
Adolph Friedrich das Regiment im Güstrower Landesteil, obwohl das
Testament des verstorbenen Bruders die Witwe Eleonora Maria, geb. Fn. v.
Anhalt-Bernburg (1600–1657. AL 1617. TG 17; vgl. 340107 K 16), zum
Vormund des jungen Prinzen Gustav Adolph und zur Regentin bestellt und
Lgf. Wilhelm V. v. Hessen-Kassel (FG 65), Kf. Georg Wilhelm v.
Brandenburg (FG 307) und F. Ludwig als Mitvormünder vorgesehen hatte.
Nach der feierlichen Testamentseröffnung am 23. 5. beanspruchte Eleonora
Maria offiziell ihre Vormund- und Regentschaft. Beide Seiten suchten bei
Kaiser und Reich Unterstützung für ihr jeweils proklamiertes Recht. Hz.
Adolph Friedrich verlangte von Hzn. Eleonora Maria die Überstellung des
Prinzen, die Räumung der Residenz Güstrow und den Bezug des Witwensitzes
Strelitz bzw. die Übersiedlung in das sichere Rostock. Trotz restriktiver
Eingriffe in Hofstaat, Geistlichkeit und Haushalt — der reformierte
Gottesdienst wurde verboten, die 1632 gegründete reformierte Knabenschule
aufgehoben, der calvinistische Kanzler Christoph Deichmann (FG 288) der
Stadt verwiesen, die Räte und Beamten auf Adolph Friedrich vereidigt,
usw. — harrte sie in Güstrow aus. Am 13. 1. 1637 wurde „ihren
calvinischen Pfaffen das Predigen [...] verboten“, notierte Hz. Adolph
Friedrich in seinem Diarium.
Adolf Friedrich: Tageb.
(hg. Lützow), 103. Anfang März 1637 stellte man ihr — nachdem der
Hof drastisch reduziert worden war — das Ultimatum, Schloß Güstrow zu
verlassen. Auch der Regierungsrat Hans Zacharias v. Rochow (FG 303) und
der Kammerjunker Carl Gustav v. Hille (FG 302) fielen diesen Entlassungen
zum Opfer. Vgl. Steffen Stuth: Höfe und Residenzen. Untersuchungen zu den
Höfen der Herzöge von Mecklenburg im 16. u. 17. Jahrhundert. Bremen 2001,
205f. u. 230ff. Zum Fürsprecher der Interessen der Herzoginwitwe machte
sich seit Ende 1636 Hz. Franz Albrecht v. Sachsen-Lauenburg (FG 194), der
1640 Christina Margaretha (1615–1666; s. u.), Stieftochter Eleonora
Marias aus Hz. Johann Albrechts II. erster Ehe, heiratete. Auf seine
Bitte hin initiierten Kg. Christian IV. v. Dänemark und Hz. Friedrich
III. v. Schleswig-Holstein-Gottorf (FG 388) noch 1636 einen
Vermittlungsversuch, der aber fehlschlug. Um diese Zeit gelang es
Eleonora Marias Bruder, F. Christian II. v. Anhalt-Bernburg (FG 51),
während des Regensburger Kurfürstentages die Sache seiner Schwester
günstig vor dem Kaiser und dem Reichshofrat zu vertreten, obwohl es
anfangs nicht danach aussah:
„Il semble, qu’en l’affaire de Mecklenbourg on a fait tant de difficultè a cause de la
Religion, car l’on ne voudroit pas, que mon nepheu, fust nourry &
eslevè en la Religion reformèe, ains plustost
qu’il devinst Cattolique Romain, & l’Electeur
de Saxe, voudroit qu’il devinst Lutherien, ainsy le pauvre enfant sera
sujet aux persecutions.“Christian: Tageb. XIV,
252r; 23. 11. 1636; vgl. dazu auch 370517 K 4. A. a. O., Bl. 242r (17.
11. 1636):
„Ô injustitia! Gott hilf mir, vndt den meynigen zu rechtt!
weil kein recht mehr in der wellt zu finden sein will! [...]
Je trouve
que les Grands, & puissants de ceste cour Jmperiale, me deviennent
ennemis, & ceux quj ont quelque pouvoir, sur l’amitiè desquels, ie me
confiois, sont comme changèz contre moy subitement, sans cause, pr. la
hayne de la Religion.“ Vgl. auch a. a. O., 126r, 200r, 244r, 301v, 309r,
321v ff., 355v, 446r, 470r, 489r, 498v, 536v, 551v u. 596r. In der Bilanz
seines Agierens am ksl. Hof zu Regensburg 1636/37 erscheint dann aber am
24. 1. 1637 positiv als sechste von dreizehn herkulischen Arbeiten:
„Bon
acheminement des affaires de ma soeur Madame la Duchesse de Mecklenbourgk, a la cour.“
(A. a. O., 343r f.). Dort, am ksl. Hof in Regensburg, später
in Wien, wirkte
seit Dezember 1636 auch Eleonora Marias Abgesandter, der reformierte
Johann Milde, einst hzl.-güstrowscher Rat, der vor dem Haftbefehl Hz.
Adolph Friedrichs hatte fliehen können. Vgl. 371223 K 6. Der Streit
spitzte sich dramatisch zu, als Adolph Friedrich den Prinzen gegen den
Widerstand seiner Schwägerin und ihrer Familien- und Hofangehörigen am
17. 1. 1637 a. St. gewaltsam nach Bützow im Bst. Schwerin entführen ließ.
Beschönigend heißt es in des Herzogs Tagebuch: „Nach mittag habe ich ihn
[den Prinzen] ihr vom Schloß genommen und weil sie mir die Thür
verschlossen, hab ich sie öffnen lassen und ihr das Kind aus den Armen
genommen.“
Adolf Friedrich: Tageb. (hg. Lützow),
104. Der ehemalige Kanzler des verstorbenen Herzogs, Johann Cothmann (FG
168), legte dabei persönlich Hand an. Er wird übrigens im Juli 1639 um
Demission ersuchen und will auch in der Vormundschaftsssache „nicht mehr
rathen, weil die kaiserliche Urtel nicht auf meiner [Hz. Adolph
Friedrichs] Seite lautet.“ Es kam aber zu einer Einigung mit seinem
Dienst- und Landesherrn.
Adolf Friedrich: Tageb. (hg.
Lützow), 110; vgl.
Conermann III, 168;
Stuth, a. a. O., 205. In Bützow ließ Adolph Friedrich den Prinzen von
1637–1639, später in Schwerin (1639–1645) und Güstrow (1645–1649), mit
seinen eigenen Söhnen (Christian [Ludwig I.], Hans Georg [FG 482. 1647]
und Karl) lutherisch erziehen und unterrichten. Vgl.
Conermann III,
646f.; 370517 K 4 u. 5. Niemand vom Hof der
Herzoginwitwe durfte den Prinzen besuchen. Am 17. 2. 1637 trafen bei F.
Christian II. Klagen der Schwester aus Güstrow ein
„per la crudeltà
inaudita del Duca Adolfo Federigo, il quale glj hà levato per forza dal
braccio, il suo figlo piangendo amare lacrime. 2. L’hà costretto dj
licenziar la predica, e dj promettere dj partire da Güstro. 3. L’hà
sforzato, dj sotto scrivere un reverß, molto pregiudizioso. Ô
ingiustizja!“ (
Christian: Tageb. XIV, 363r). Am
3. und 4. 4. 1637 bestätigten sich in Anhalt die Nachrichten, daß Hz.
Adolph Friedrich das Kind gewaltsam hatte wegschaffen lassen, „wie sehr
es auch geschrien, vndt sich gewehret, wie sehr auch Meine Schwester die
hertzoginn vndt Frewlein Christina [Pzn. Christina Margaretha v.
Mecklenburg-Güstrow, s. o.] davor gebehten, vndt obschon Frewlein
Christina mittziehen wollen, hat man es ihr doch nicht verstatten wollen.
Ô nefanda barbaries, & Tyrannis inaudita!“ (A. a. O., 399r, vgl.
398r). Im Februar und März 1637 ergingen Unterlassungsmandate des röm.
Königs bzw. Kaisers Ferdinand III. an Hz. Adolph Friedrich mit der
Weisung, von Gewalttätigkeiten gegen die Herzoginwitwe und ihren Hof
abzusehen, das Kind der Mutter zurückzugeben und sie in Güstrow
unbehelligt zu lassen bis zum ksl. Endurteil. In Schwerin ging man
indessen über diese Mandate ebenso hinweg wie über die folgenden vom
April und September 1637. Als er am 14. 5. 1637 von einer schweren
Erkrankung Gustav Adolphs erfuhr, argwöhnte F. Christian II. einen
Giftanschlag:
„Je crains, que le Duc Adolfe, ce Barbare tyran, l’aura
fait empoisonner.“ (A. a. O., 424r.). Im Sommer 1637 hatten sogar Kg.
Wladislaus IV. Sigismund v. Polen und der Mainzer Ebf. und Kf. Anselm
Casimir Wambolt v. Umstadt zugunsten der Güstrower Witwe beim Kaiser
interveniert. Im September 1637 unterbreitete Eleonora Maria dem Kaiser
das Angebot, den Prinzen, um Religionsstreit zu vermeiden, zur Erziehung
dem lutherischen Hz. August d. J. v. Braunschweig-Wolfenbüttel (FG 227)
zu übergeben, bis der Streit entschieden sei. Ks. Ferdinand III. ging auf
dieses Angebot ein. Er bat am 19. 10. 1637 Hz. August, das Kind durch
Bevollmächtigte abholen zu lassen, und befahl Hz. Adolph Friedrich unter
dem gleichen Datum, das Kind den Wolfenbütteler Beauftragten
auszuliefern. Vgl. 380423 K 9. Auch wurde den Schweriner Beamten in
Güstrow befohlen, keine Präjudizien zu schaffen und die Witwe in ihren
bisherigen Rechten unangetastet zu lassen. Adolph Friedrich ignorierte
diese Aufforderung; die Gesandten Hz. Augusts mußten unverrichteter Dinge
abziehen. Am 5. 12. 1637 hielt Christian in seinen Eintragungen
briefliche Nachrichten seiner Schwester aus Güstrow fest: daß der kleine
Neffe todkrank an den Kinderpocken darnieder liege und man den Vermittler
Hz. Franz Albrecht v. Sachsen-Lauenburg nicht zu ihr auf das Schloß
gelassen habe. „Gott wolle doch vnsers iammers ein ende machen, vndt vns
nicht mehr so sehr affligiren.“ (
Christian:
Tageb. XIV, Bl. 530v). Im August 1638 erging
ein weiteres ksl.
Mandat, das die früheren bestätigte und Hz. Adolph Friedrich eine Frist
von drei Monaten zur Unterwerfung setzte; auch wurde die ksl. Belehnung
für den Güstrower Landesteil verweigert. Im November (26. 11.) setzte
Adolph Friedrich eine Rechtfertigungsschrift auf. Sie erreichte im
Februar 1639 den Kaiser, wo sie ohne die erwünschte Wirkung blieb, obwohl
Kursachsen und Kg. Christian IV. v. Dänemark als Fürsprecher des
Schweriners auftraten. Im Mai 1639 verwarf ein ksl. Endurteil Adolph
Friedrichs Rechtfertigungsschrift vom November 1638, erkannte das
Testament Hz. Johann Albrechts II. und damit die Regent- und
Vormundschaft seiner Witwe und die Mitvormundschaft des Kurfürsten v.
Brandenburg und F. Ludwigs an. Lgf. Wilhelm war inzwischen verstorben.
Den „Fürstlichen Pupillum“ habe Adolph Friedrich der Obsorge Hz. Augusts
d. J. zu überstellen und ihn „vngehindert/ auff seine [Hz. Augusts]
Abfoderung abfolgen [zu] lassen.“ Es stünde dem Schweriner Herzog
allerdings frei, gegen dieses Mandat Berufung einzulegen. S. Warhaffter
Abdruck Der Kayserlichen RESOLVTIONEN, MANDATEN, SENTENtien, Tutorij vnd
Executorialien, Jn Sachen Frawen Eleonoren Marien/ Hertzogin zu
Mechelnburg ... Wittiben. Contra Herrn Adolph Friderichen/ Hertzogen zu
Mechleburg/ &c. Jn puncto tutelæ ... Gedruckt im Jahr/ M. DC. XXXX,
22–26, Zitat S. 25 (HAB: Gm 3041 [2]; LB Schwerin: Mklb. i. 375). (Es
handelt sich hierbei um eine Sammlung der ksl. Mandate vom Juni 1636 bis
zum August 1640, die, teilweise mit kritischen Randnoten und
Erläuterungen versehen, im Auftrag Hzn. Eleonora Marias veröffentlicht
wurde.) An Hz. August d. J. erging mit eigenem Anschreiben gleichen
Datums (7. 5.) der Auftrag, Hz. Adolph Friedrich zum Gehorsam zu ermahnen
und ihm im Weigerungsfalle das ksl. Endurteil auszuhändigen. Eine ksl.
Bekanntmachung vom 10. 10. 1639 bekräftigte, daß der Kaiser mit seinem
Mandat vom 7. 5. „eine rechtmessige
definitiv vnd Endtvrthl
außgesprochen/
publiciren vnd ergehen lassen“. Zugleich trug der Kaiser
auf Wunsch der Witwe und F. Ludwigs beiden expressis verbis und in seinem
Namen die (Mit-)Vormundschaft auf. A. a. O., 26–30, Zitat S. 27. Wenige
Tage zuvor, am 4. 10. 1639 war in Exekution des Urteils vom Mai, das in
Schwerin unbefolgt geblieben war, ein strafbewehrtes ksl. Mandat an
Adolph Friedrich ergangen, innerhalb von sechs Wochen nach Erhalt dieses
Schreibens entweder dem ksl. Urteil in allem Gehorsam zu leisten oder die
Verweigerungsgründe und Einwände begründet vorzubringen. Andernfalls
verfalle er einer Strafe von 1000 Goldmark. A. a. O., 30–34. Auch die
Güstrower Landstände, Städte und Beamten sowie Bürgermeister, Rat und
Bürgerschaft der Städte Rostock und Güstrow wurden in ksl. Anweisungen
gleichen Datums über die Exekution des Urteils informiert und an ihre
Pflichten gegenüber der Herzoginwitwe als Regentin und Vormund erinnert.
A. a. O., 34–37, 38–40 u. 41–43. Ein ähnliches Schreiben, d. d. Wien, 13.
10. 1639, erging auch an Johann Cothmann und andere „angemasseten Räthe
zu Güstrow“. A. a. O., 44–46. Cothmann scheint die Sache allmählich zu
heiß geworden zu sein, denn er bat im Juli 1639 um seine Entlassung (s.
o.). Hz. Adolph Friedrich machte freilich vom zugestandenen Recht auf
Berufung Gebrauch mit einer
Deductio Causalium oder
Deductio Nullitatis vom 1. 11. 1639, die die Position der
Herzoginwitwe und alle bisherigen ksl. Mandate als rechtswidrig
zurückwies und im Januar 1640 dem Kaiser übergeben wurde. Seine Amts- und
Lehensleute, Prälaten, Räte, Richter und alle Untertanen wies er in einer
Verfügung d. d. Schwerin 4. 11. 1639 an, den Anordnungen der Witwe keine
Folge zu leisten. S. VOn Gottes Gnaden/ Wir Adolph Friederich/ Hertzog zu
Mecklenburg ... Fügen für Vns vnd in Vormundschafft ... Herrn Gustaff
Adolphen/ Hertzogen zu Mecklenburgk ... (o. Titelbl.; HAB: 448.21 Theol.
[2]; 8 Bl. 4°). In dieser Verfügung wird noch einmal die Rechtsgültigkeit
des brüderlichen Testaments bestritten, das dem Landesrecht und Herkommen
nach ganz widrige „Weiber Regiment“ zurückgewiesen, wie auch jedwede
reformierte Religionsausübung, sei es öffentlich oder privat, verboten.
Gegen die Witwe werden schwere Vorwürfe erhoben: sie vergreife sich an
den letzten Resten des Guts der Untertanen, maße sich eigenmächtige
Eingriffe in des Herzogs landesherrliche Rechte an usw. Im Frühjahr
1640
sprach sich der Kurfürstentag in Nürnberg für Hz. Adolph Friedrich aus.
Am 20. 8. 1640 setzte Ks. Ferdinand III. in Regensburg eine weitere
Mahnung an den Schweriner Herzog auf, die Beschlagnahmung des Güstrower
Schlosses und die Bedrängung der Witwe und ihres Anhangs einzustellen.
Anlaß dazu waren die neuerlichen Klagen der Witwe beim Kaiser über
schikanöse Maßnahmen des Schwagers, die sie in einem Schreiben vortrug,
das am 7. 8. 1640 dem Reichshofrat eingereicht wurde (s. u.). Am 14. 8.
1640 notierte F. Christian II. entsprechende Nachrichten aus Güstrow,
„wie hertzog Adolf meine from
me Schwester
vnverantwortlich tractiret, ihre diener v. and
ere
so zur predigt kommen bestraffet, vndt sie wie eine gefangene helt. Gott
wolle doch mittel schigken dieser
bestia zu wiederstehen.“ (
Christian: Tageb. XV, 342r).
Müde der Auseinandersetzung hielt der Kaiser jedoch bereits Ausschau nach
Möglichkeiten zu einer gütlichen Einigung. Als Adolph Friedrich am 30. 8.
1640 die Nachricht zuging, daß der Kaiser „meine Sache dem kurfürstlichen
Collegio“ übergeben wolle, jubelte er im klaren Bewußtsein der sich
abzeichnenden Durchsetzung seiner Interessen: „Gott sey Lob und Dank!“
Adolf Friedrich: Tageb. (hg. Lützow), 112. Am
10. 11. 1640 ließ er in der Güstrower Schloßkirche lutherisch predigen —
„Gott zu Ehren, den Calvinisten zum Troz“. A. a. O., 112. Tags darauf
behandelte der Regensburger Reichstag kurz den mecklenburgischen
Vormundschaftsstreit. Hzn. Eleonora Maria ließ sich durch den
gesamtanhaltischen Rat und Zerbster Kanzler Martinus Milagius (FG 315)
sowie ihren Rat Zachari (v.) Quetz (FG 309, s. 371220 I) vertreten. Die
Schweriner Vertreter, darunter Johann Cothmann, bestritten auf dem
Reichstag der Witwe einen Vertretungsanspruch und verließen deshalb und
aufgrund eines weiteren Präzedenzstreits unter Protest die Versammlung.
Die begnügte sich damit, Protest und Gegenprotest ins Protokoll
aufzunehmen und die Sache an ihren „gehörigen Ort“ zu stellen. Vgl.
Londorp IV,
914f. Im Januar 1641 setzte der
Kaiser, der einen Bruch mit dem Kurfürstenkolleg vermeiden mußte, eine
Kommission ein, die eine gütliche Begleichung des Streits herbeiführen
sollte. In langen Druckschriften suchten beide Parteien ihr Recht zu
erhärten. Der schwerinische
Abdruck Des an Sembtliche
deß H. Römischen Reichs/ auff gegenwertigem ReichsTage Versamblete/
Höchst: Hoch: vnd Löbliche Chur: Fürsten/ vnd Stände ... Jn
VormundschafftSachen Deß ... Herrn Adolff Friderichen/ Hertzogen zu
Mecklenburg ... Wider den Newlicher Tage von einem vermeinten
Güstrowischen Abgeordneten spargirten vnd außgetheileten Druck/ vnd
demselben angehengte vnbegründete Glossen/ Von den Fürstlichen
Mecklenburgischen auff jetzigen Reichstag abgefertigten Gesandten
Vbergebenen Memorials (Regensburg 1640) [3 Bl. 80 S. 8°. HAB: Gm
3041 (3)], in Regensburg den 31. 10. 1640 von den Schweriner Räten Churd
Behr, Johann Cothmann u. Abraham Kayser gezeichnet, zeigt starke
antireformierte Polemik, bes. gegen die einstigen „calvinischen Räte“ in
Güstrow (vgl. etwa S. 8ff.). Die Entführung des Prinzen am 17. 1. 1637
wird schöngeredet, indem „der Junge Printz in einer bequemen Gutschen von
seinem vnd des Herrn Vattern Höchstseel. F. G. gewesenen Leib Medico [d.
i. Sala], wie auch der Hoffmeisterin mit zobeln Beltzen also verwahret
vnd in acht genommen worden/ daß Er in ein paar Stunden lustig vnd
frölich hinüber gekom̄en vnd zu Bützow
angelanget“. A. a. O., 14. Die gefängnisartige Einsperrung der Witwe und
ihre schikanöse Behandlung sei pures „Figmentum“ (22). Dem Memorial
wurden ein kritisch kommentierter Auszug aus Hz. Johann Albrechts II.
Testament (S. 49–67), die Fürbitte der Kurfürsten beim Kaiser zugunsten
Adolph Friedrichs, d. d. Nürnberg 7. 6. 1640 (S. 45–48), und zwei
Vermittlungsschreiben Kg. Christians IV. v. Dänemark für Adolph Friedrich
an den Kaiser bzw. die Kurfürsten, beide d. d. Flensburg 14. 4. 1640 (S.
68–73), beigedruckt. Eleonora Maria reagierte darauf in der
INFORMATIO FACTI ET JURIS, Jn Vormundschafft-Sachen Der
Durchleuchtigen Hochgebornen Fürstin vnd Frawen/ Frawen Eleonoren
Marien/ Hertzogin zu Mechelnburg ... Wider das Schwerinische zu
Regenspurg außgesprengte Memorial (o. O. 1641) mit zahlreichen
Beilagen (HAB: Gm 3041 [1]). Vgl. etwa ihre Schilderung des Kindesraubs
S. 96f. Der Schweriner Herzog antwortet erneut im
PRODROMUS,
Oder Vortrab künfftiger vnd bald folgenden ...
außführlichen Widerlegung einer/ wider ... Herrn Adolph Friderichen/
Hertzogen zu Mecklenburg ... Jn Jhrer Fürstl. Gn.
Vormundschafft-Sache/ ... Schmähschrift/ tituliret: Informatio Facti
& Juris, &c. verfasset (O. O. 1641; HAB: 50.33 Jur.). Im
selben Jahr erschien noch die angekündigte ausführliche Zurückweisung
BESTENDIGE REFUTATION vnd Widerlegung Einer/ wider
Herrn Adolph Fridrichen Hertzogen zu Mecklenburg/ etc. Von der
Fürstlichen Mecklenburgischen Fraw Wittiben ... spargirten ...
Schrifft/ tituliret: Kurtze Recapitulation deß Mechlenburgischen
Vorlauffs (O. O. 1641; HAB: in 50.33 Jur.). Den 232 Seiten folgt
ein achtzigseitiger Dokumentenanhang. Die
Kurtze
Recapitulation war am 7. 8. 1640 dem Reichshofrat eingehändigt
worden. Die Kurfürsten gaben in ihrem Gutachten von Anfang 1642 Adolph
Friedrich recht. Auf dieser Grundlage wurde eine ksl. Kommission — der
König v. Dänemark, Kf. Friedrich Wilhelm v. Brandenburg (FG 401. 1643) u.
Hz. Friedrich III. v. Schleswig-Holstein-Gottorf (FG 388. 1642) —
einberufen, die im Juli 1643 in Schwerin eintraf.
Adolf Friedrich: Tageb. (hg. Lützow),
118: „Den 28. [Juli 1643
a. St.] ist die kaiserliche Commission, auf den König von Dännemarck, den
Kurfürsten zu Brandenburg und Herzog Friedrich zu Holstein gerichtet,
mich mit der Wittib zu Güstrow in Güte zu vergleichen, hier angekommen.“
Jetzt gab Eleonora Maria auf und ließ sich auf gütliche Verhandlungen
ein. Im Oktober besuchte sie den Schwager in Schwerin, am 11. 10. 1643
„ist sie mit ihrem Fräulein content geschieden“, a. a. O., 119. Eleonora
Maria verließ wohl im Juli 1644 Güstrow und bezog ihren Witwensitz in
Strelitz. Im März 1645 wurde die finanzielle Frage geklärt, die Witwe mit
einer jährlichen Apanage von 2.500 Gulden abgefunden. Vgl. a. a. O., 121;
Stuth (s. o.), 205f., 230ff. — Ihr Sohn und Erbprinz Gustav Adolph wurde
seit 1645 in Güstrow erzogen, von wo er am 3. 7. 1649 auf seine
Bildungsreise nach den Niederlanden, Frankreich und Italien aufbrach.
Vgl. Mecklenburg. LHA Schwerin: Acta tutelae et curatelae, Vol. VII–XXV;
Acta educationis principum Mecklenburgensium, Vol. II, 19–32, und Altes
Archiv — Internum (fl. Reisen), Vol. XXXV, Nr. 233–235. Am 16. 1. 1653
nach Güstrow zurückgekehrt, trat er im Jahr darauf die Regierung im
Güstrower Landesteil an. Seine Mutter starb am 7. 7. 1657 in Strelitz und
wurde in der Güstrower Domkirche neben ihrem Gemahl beigesetzt. Zu ihrem
Leichbegängnis s. auch die Akte LHA Sa.-Anh./ Dessau: Abt. Bernb. A 6 Nr.
8. — Vgl. zum Vormundschaftsstreit auch Anm. 14 u. 380423;
Beckmann V,
342; H. Schnell: Mecklenburg zur Zeit
des Dreißigjährigen Krieges 1603–1658. Berlin 1907 (Mecklenburgische
Geschichte in Einzeldarstellungen, 10), 120ff. und ausführlich,
wenngleich parteiisch Richard Stehmann: Auswärtige Politik des Herzogs
Adolf Friedrich I. v. Mecklenburg-Schwerin in den Jahren 1636–1644. In:
Jahrbücher d. Vereins f. mecklenburgische Geschichte u. Altertumskunde 72
(1907), 1–84, hier 24–38, 64–81 u. 83f.; Stuth (s. o.); Hans-Georg Kaack:
Mecklenburg und Sachsen-Lauenburg. Begegnung und Konfrontation im 17.
Jahrhundert. In: Aus tausend Jahren mecklenburgischer Geschichte. FS f.
Georg Tessin. Hg. Helge Bei der Wieden. Köln, Wien 1979, 97–128, hier
104ff. Zu Hz. Adolph Friedrichs Tagebüchern der Jahre 1637/38 s.
Mecklenburg. LHA Schwerin: Varia domestica principum, Adolph Friedrich
I., Fasc. 5.
Anfang Juni
1637 war F. Christian II. nach Plön aufgebrochen, um seine Frau, Fn. Eleonora
Sophia, geb. Hzn. v. Schleswig-Holstein-Sonderburg (TG 39), und seine Kinder
(vgl. 370517 K 2) wieder nach Bernburg heimzuholen. Plön, Residenz seines
Schwagers Hz. Joachim Ernst v. Schleswig-Holstein-Sonderburg (FG 101),
erreichte er am 11. 6. 1637; am 19. 6. brach er nach Güstrow auf, um seine
Schwestern zu besuchen: die Älteste, die verwitwete Herzogin Eleonora Maria (s.
K), dazu Sibylla Elisabeth (AL 1617. TG 18), Sophia Margaretha (AL 1631. TG
33c) und Dorothea Bathildis (AL 1634. TG 24b); vgl. 370828 K 2. Über
Travemünde, Wismar und Neukloster gelangte Christian am 21. 6. nach Bützow, das
er nur durchreiste, und nach Güstrow.
Wohl nicht der
mecklenburg-schwerin. Obrist Andreas (v.) Ihlenfeld (FG 225), sondern dessen
Bruder Fritz (FG 304), den F. Ludwig Ende 1636 auf einer norddt. Reise
vielleicht zusammen mit anderen Güstrower Hofleuten wie Olof v. der Lancken (FG
301), Carl Gustav v. Hille (FG 302; vgl. K), Hans Zacharias v. Rochow (FG 303),
Georg v. Peccatel (FG 305) und Rickmann v. der Lancken (FG 306) in die FG
aufgenommen hatte. Der Obrist Fritz (v.) Ihlenfeld, Rat Hzn. Eleonora Marias
und zeitweilig Kommandant von Güstrow, war 1636 von Hz. Adolph Friedrich I. zum
Hofmeister Pz. Gustav Adolphs ernannt worden. Vgl.
Conermann
III, 338–346.
Die
hin und wieder behauptete adelige Abstammung des Angelo Sala (FG 160. Der
Lindernde) von einem Marchese Bernardino de Sala zu Vicenza (s. Weltzien [s.
u.], 155; vgl. Capobus [s. u.], 10) scheint eine nachträgliche Erfindung zu
sein. Sala unterschrieb sich zeitlebens ohne Adelsprädikat als Angelo oder
Angelus Sala. Inquisitionsakten im Staatsarchiv Venedig weisen auf Salas
Abstammung aus einer Tuchspinnerfamilie zu Vicenza hin. Auch sein Vater
Bernardino wirkte in Vicenza als Spinner, folgte aber zu einem ungewissen
Zeitpunkt in Begleitung seines Sohnes Angelo seinem Vater Angelo und seinem
älteren Bruder Giovanni Antonio als Glaubensflüchtling nach Genf. Die Frage
nach der adeligen Abstammung ist in der Forschung ebensowenig zufriedenstellend
beantwortet wie die nach dem Verhältnis der Salas aus Vicenza zur gleichnamigen
paduan. Patrizierfamilie, die viele berühmte Rechtsgelehrte und Ärzte
hervorbrachte. Auch ältere Beiträge ließen diese Fragen offen (vgl. etwa
Jöcher IV, 41;
Zedler XXXIII,
635f.). Gegen Ende seines Lebens strebte Sala eine Nobilitierung an, die ihm
postum 1640 gewährt wurde. Das Wappen seiner Nachkommen stimmt nicht mit dem
der paduan. Salas überein. Gantenbein [s. u.], 21ff.; Gelman [s. u.], 142.
Sala, der nie einen Doktorgrad erworben hatte (Gantenbein, 27), war in seiner
Zeit ein gesuchter und anerkannter Arzt. Davon zeugen ebenso zahlreiche
Neuauflagen seiner Veröffentlichungen wie auch die lateinischen Sammelausgaben
seiner Werke, die nach seinem Tode als
Opera
Medico-Chymica 1647 bei Johannes Beyer in Frankfurt a. M. (HAB: 33.2
Med. und Ma 149 [1]), nochmals ergänzt in Rouen 1650 (BSB München), erneut als
Opera Omnia Medico-Chymica wiederum bei Hermann von
Sand in Frankfurt a. M. 1682, mit Porträtstich (s. Abb. zu 371009), und 1688
(TULB Jena) erschienen; vgl. VD 17: 23: 290789Z, 12: 644033T; Gantenbein (s.
u.), 205f., 244. Herman Boerhave empfahl Salas gesammelte Werke seinen
Studenten sehr (vgl. Gantenbein, 206). In der Medizin- und Chemiegeschichte nie
ganz vergessen — vgl. etwa Christian Wilhelm Kestner: Medicinisches
Gelehrten=Lexicon (Jena 1740), 736f. (HAB: Da 258);
Hirsch IV, 954 u. Erg.bd., 414; Ferenc Szabadváry: Geschichte der
analytischen Chemie, Braunschweig 1966, 38 — wird seine Leistung innerhalb der
Iatrochemie, d. h. jener auf Paracelsus zurückgehenden chemisch gestützten
Medizin und Pharmazie in der jüngeren Forschung deutlich gewürdigt. Vor allem
sein praxis- und nutzenorientiertes, Experiment und Analyse („Anatome“/
„Anatomia“) beförderndes und Wissen popularisierendes Chemie- und
Medizinverständnis ist dazu angetan, sein undogmatisches, dem Neuen
aufgeschlossenes Profil in der Wissenschaftsgeschichte von Chemie und Medizin/
Pharmazie schärfer zu konturieren und aufklärerische Züge in der Verbindung von
Ratio und Praxisbeweis aufzudecken. Hierin manifestiert sich das
fruchtbringerische Kulturprogramm ebenso wie in der Deutschsprachigkeit der
meisten Werke des geborenen Italieners, welche im Zusammenhang mit der
Gewinnung und Förderung wissenschaftlicher Laien im Prozeß frühneuzeitlicher
Wissensgewinnung, -aneignung und -verbreitung steht. Vgl.
Conermann II, 160f.;
Dict. of Scient. Biogr.
XII, 78–80. Das Werk von Urs Leo Gantenbein: Der Chemiater Angelus Sala
1576–1637. Ein Arzt in Selbstzeugnissen und Krankengeschichten. O. O. 1992
(Zürcher medizingeschichtliche Abhandlungen, 245), enthält eine Bibliographie
und einen Quellenanhang mit Manuskripten, Lebenszeugnissen, Bestallungsurkunden
und einigen Briefen (deren Transkription nicht in allem ganz verläßlich zu sein
scheint). Vgl. auch Robert Capobus: Angelus Sala. Seine wissenschaftliche
Bedeutung als Chemiker im XVII. Jahrhundert. Berlin 1933; Zahkar E. Gelman:
Angelo Sala, an Iatrochemist of the Late Renaissance. In: Ambix. The Journal of
the Society for the History of Alchemy and
Chemistry 41 (1994), 142–160; Wolf
Lüdeke v. Weltzien: Die Reichsfreiherren und Reichsgrafen von Sala, 1576–1806.
In: Zs. f. niederdt. Familienkunde 61 (1986), 155–163 (mit z. T. fehlerhaften
Angaben). Vgl. ferner K I.
D. h. er sagt voraus, mutmaßt; zu lat. praesagire.
D. h. wenn nur der Ausgang wie erhofft eintrete und die
Gesundung nicht durch Bösartigkeit der Menschen hintertrieben werde.
Hz. Franz Albrecht v. Sachsen-Lauenburg (FG 194), der als
Vermittler in diesem Konflikt auftrat. Vgl. Anm. 0.
F. Christian II. v.
Anhalt-Bernburg (s. K) fährt fort mit einem Bericht über die Verhältnisse in
Güstrow: Auf dem Schloß und selbst für die verwitwete Hzn. Eleonora Maria
sei der reformierte Gottesdienst (durch Hz. Adolph Friedrich I. v.
Mecklenburg-Schwerin, s. K) verboten. Sie werde kümmerlich gehalten, bewohne
nur wenige Zimmer; der Zutritt zur Hofkapelle und Küche sei ihr untersagt.
Schon am 26. 8. 1636 hatte Christian von der schlechten Behandlung seiner
Schwester erfahren, die ihr durch ihren Schweriner Schwager zuteil wurde (a.
a. O., Bl. 188r).
Stiche, Sticheleien. Zu span. puntilla: Spitzenkante,
Stich.
Kniffe (
DW VII, 2373f.; aus der Fechtersprache),
Grillen (ital., vgl. 180000 K 5) bzw. Tölpelei (ital.; schon im
Vocabolario della Crusca 1623, 106 u. 119, unter Verweis
auf „Bessaggine“ als „Sciocchezza, scipitezza. Lat. stultitia, insipientia“
lexikalisiert.) Am nächsten Tag ließ Christian durch Sala bei dem Hofrat
Hartwig (v.) Passow (FG 157), der Christian der vertrauenswürdigste der
Güstrower Räte zu sein schien, wegen eines Besuchs beim jungen Neffen anfragen.
Passow bot Hilfe und Vermittlung bei Hz. Adolph Friedrich an (a. a. O., Bl.
444r).
befahren, sw. V., d. i. befürchten. S. 370422 K
II 3.
Catharina Sala, geb. v. Brockdorff aus
Holstein, welche Sala in dritter Ehe 1628 in Lübeck geheiratet hatte und die
ihn überlebte. S. Gantenbein (Anm. 3), 153, 189f., 237; Capobus (s. Anm. 3),
25; vgl. Anm. 13. Sie verließ die Reisegruppe am 27. 6. in Travemünde. Vgl.
Christian: Tageb.
XIV, Bl. 445v; ferner Weltzien (s.
Anm. 3)
Capobus (s. Anm. 3), 24f. und
Gantenbein (s. Anm. 3), 187ff. erhellen die Todesumstände, gestützt auf
Quellen des Schweriner Landeshauptarchivs. Fern von seiner Familie und am
Besuch der reformierten Betstunden und Gottesdienste gehindert, begann sich
Salas Gesundheitszustand seit dem Juni oder Juli 1637 rapide zu verschlechtern,
wie er die Güstrower Räte am 17. 9. aus Bützow wissen ließ: „[...] Wan dan mein
solcher affectus in wenig tagen, mihr dermassen zugesetzet, undt die geschwulst
täglich also zunimbt, daß ich nicht allein gantz undt gar von kräfften kommen,
sondern auch (massen ich es bey mihr gnugsahm befinde) solches zu überwinden
menschlicher hülffe gantz verzage, Unndt aber Uns Christen ins gemein vor allen
dingen gebühren will, sich unsers gewiesen Sterbstündtleins, auch bey gesundten
tagen, augenblicklich gefast zue machen, ich auch ohne daß bey zimblichen hohen
alter, daß ich mihr nuhnmehr andere rechnung, alß dieses betrübte undt
mühsehlige Erben auffzugeben, nicht zumachen habe. Gelanget derowegen an meine
hochg.
n herrn mein gantz dienstfreundtliches suchen, dieselbe mihr einen
Pastoren unser religion (nicht alß ob ich andere verwerffe, sondern weilen ich
eine lange Zeith mit gutem gewiessen Godt hierinnen gelobet, ich nuhnmehr auch
nach dessen unwandelbahren willen Godt hierinnen sterben möchte) alß herrn
Appelum, so baldt immer müglich anher schicken wollten [...]“ (Mecklenburg. LHA
Schwerin: Hofstaatssachen, zit. n. Gantenbein, 219, vgl. 188. Der genannte
Theologe Johann Appel[ius] war der reformierte Hofprediger Hz. Johann Albrechts
II. Nach dessen Tod von Gf. Otto V. v. Holstein-Schaumburg [FG 198] zum
Hofprediger nach Bückeburg berufen, starb er auch in dieser Stellung. Vgl.
370902 K 7; Capobus (Anm. 3), 11;
DBAI, 29/ 271;
REThK [1896] XI,
519). Am 29. 9. 1637 berichtete der Bützower Schloßhauptmann Friedrich Hobe,
daß Salas Krankheit anhalte, und beschwerte sich über das Aus-
bleiben des
verlangten Seelsorgers: „Wan dan mehrgedachter herr Sala heuten fast in
disperation gerathen und wie wir umb 10. Uhren aus der kirchen gekommen, die
handt sich selbsten angeleget, und mit einem meßer in die linke seiten kurtz
unter das diaphragma, nicht wißendt, ob es verletzet sei oder nicht, sich
gestoßen.“ (Mecklenburg. LHA Schwerin, ohne Adressatenangabe und Aktentitel/
Signatur zit. in Gantenbein, 188). Am 2. 10. 1637 starb Sala. Noch am Todestag
teilte seine Frau (s. Anm. 12) Hz. Adolph Friedrich I. mit: „E. f. g. mag ich
von hertzen hochbetrübte Fraw, wehmütig klagendt nicht bergen, welchermassen
der vielfromme Godt meinen hertzlieben Ehewirth, herrn Angelum Sala, nach
vorhergegangener schweren leibes schwachheit heut zur nacht umb 2 uhren sanfft
undt seelig von hinnen abgefordert, undt mich Elende Wittibe in hertzlicher
grahm undt traurigkeit hinterlassen.“ (Mecklenburg. LHA Schwerin, zit. in
Gantenbein, 189). Am 19. 10. wurde der Leichnam nach Güstrow überführt, am 20.
10. in der dortigen Domkirche beigesetzt. Die Grabstelle ist unbekannt
(Gantenbein, 189). 1640 traf die ksl. Adelsbestätigung für den Verstorbenen und
seine Nachkommen ein. Sein Sohn Reichsfrh. Hans Christian v. Sala (um 1632 –
1693) diente Hz. Gustav Adolph v. Mecklenburg-Güstrow (s. K) als
Kammerpräsident. 1660 wurde er als Gesandter nach London geschickt, um die hzl.
Glückwünsche zur Thronbesteigung Kg. Karls II. zu überbringen. Vgl. LHA
Schwerin: Aktenbestand 2.11–2.36.2, Nr. 1104; Capobus (Anm. 3), 25f.;
Gantenbein, 190; Weltzien (s. Anm. 3), 159; zu Sala auch Stuth (s. Anm. 0),
164, 204, 206, 231, 236ff., 303.
Die mecklenburgische Angelegenheit sollte F. Christian II. und das
anhaltinische Haus noch jahrelang beschäftigen. Vgl. K. Am 16. 5. 1638
erhielt Christian wieder einmal Post aus Güstrow. Seine Bemerkung an dieser
Stelle schließt den Bogen zum Selbstmord Salas, der seine Tat wenigstens
noch bereuen und sich somit Hoffnungen auf ein seliges Ende machen konnte:
„[...] Meine Fraw Schwester die hertzoginn wollte sich in gütliche handlung
mitt hertz
ogk Adolf einlaßen. Gott gebe zu gedeyen.
Jn diesen leyder! hochbetrübten Zeitten, gibt es bey vielen Christen gar
schwehrmühtige vndt trawrige gedancken, auch hauptsverrückungen, welche
manchen zur
desperation bewegen, wie dann neẅlich der Marggräfl. Wittwen zur
Zinna ihr hofmeister, sich mitt vielen stichen selbst endtleibet. Gott
bewahre gnediglich, vor dergleichen verzweifelung, alle fromme Christen.“
(A. a. O., Bl. 595r f.). Während des 30jährigen Krieges diente das ehemalige
Kloster Zinna (b. Jüterbog) als Residenz Mgfn. Dorotheas (1596–1643; PA;
vgl. 240301 [K 8] u. ö.), der Schwester Hz. Friedrich Ulrichs v.
Braunschweig-Wolfenbüttel (FG 38) und ersten Gemahlin des 1628 als
Postulierter Administrator des Erzstifts Magdeburg entmachteten Mgf.
Christian Wilhelm v. Brandenburg (PA; vgl. 320313 K 0, 350800 [K 10], 360600
II S. 623). Dieser, inzwischen zum katholischen Glauben konvertiert, erhielt
1648 die Ämter Zinna und Loburg auf Lebenszeit zum Unterhalt und ließ sich
mit seinem Hof im Kloster Zinna nieder. Nach seinem Tod kam es den
Westfälischen Friedensschlüssen gemäß an Hz. August v. Sachsen-Weißenfels
(FG 402), bis es nach dessen Tod 1680 mit dem Erzstift bzw. Hzt. Magdeburg
an Kurbrandenburg fiel. Vgl. Georg Dehio: Handbuch der deutschen
Kunstdenkmäler. Brandenburg. Bearb. v. Gerhard Vinken u. a. München/ Berlin
2000; Marie-Luise Buchinger u. Marcus Cante: Landkreis Teltow-Fläming, Tl.
1: Stadt Jüterbog mit Kloster Zinna und Gemeinde Niedergörsdorf. Worms 2000
(Denkmale in Brandenburg, Bd. 17.1), 281, 286.
K I
1 In vielen
Titeln seiner Werke bezeichnete sich Angelo Sala (FG 160) als Chymiater. Die
Chemiatrie war ein auf Paracelsus zurückgehendes Therapiekonzept, das den
Einsatz chemisch hergestellter Pharmaka anstatt pflanzlicher, animalischer
oder mineralischer Naturstoffe vorsah. Nur allmählich hatte sich die
paracelsische pharmazeutische Chemie im 16. und 17. Jahrhundert gegen die
Anhänger der alten galenischen Medizin behaupten können (vgl. Alchemie:
Lexikon einer hermetischen Wissenschaft. Hg. Claus
Priesner, Karin Figala.
München 1998, 98f.). Sala verzichtete auf jede Polemik gegen letztere und
bezog ihre unbestreitbaren Leistungen und Heilwirkungen in seine eigenen
Arbeiten ein. Er setzte seine Kraft aber v. a. für die Durchsetzung und
Anerkennung der Chemiatrie oder Spagyrik ein (s. auch Anm. 5), die er v. a.
in seiner „Botanochymia“, also seinen vier spagyrischen Arbeiten zur
Pflanzen(heil)kunde, eng mit der älteren Pflanzenmedizin verband. Vgl.
Saccharologia (s. Beil. II Q), Bl. [)(viij]v).
Die Vorrede an den Leser in Salas Arbeit über den
Spiritus Vitrioli ist wissenschaftshistorisch und speziell im
Hinblick auf die FG in mindestens zweierlei Hinsicht interessant: Zunächst
manifestiert sich in ihr ein medizinisches Wissenschaftsverständnis, das
Theorien durch Erfahrung, mithin durch praktische Heilerfolge bestätigt
wissen wollte und der bloßen Spekulation eine Absage erteilte. Zweitens
verpflichtete sie die Vertreter medizinischer Fachkenntnis auf eine
allgemeine, über den Kreis der gelehrten Ärzte („Medici dogmatici“)
hinausgehende Verbreitung ihres Wissens. Der heilsame Effekt des Spiritus
Vitrioli, so beginnt Angelo Sala (FG 160) seine Vorrede, sei den meisten
Ärzten in und außerhalb Deutschlands bekannt, seine nützliche Anwendung
vielfach belegt und bestätigt. Dennoch finde man noch immer „etzliche
eigensinnige
Medicos [...] wieder die vernunfft vnd sichtbarliche/ helle
vn̄ klare erfahrung/ so unvernünfftiglich/ ohne
bescheidenheit vnd vnterscheidt von diesem
liquore vrtheilen vnd schlichten/
anders nicht/ als were er eines der gifftigsten vnd gefährlichsten
Medicamenten [...].“ Dies sei dem Ruf der verständigen und sorgfältigen
Ärzte, die ihn anwenden, abträglich, ebenso der Gesundheit der Patienten,
die sich von ihm Linderung oder Heilung versprechen könnten. Im Folgenden
verzichten wir auf eine wissenschaftsgeschichtliche Kommentierung der von
Sala benutzten Fachterminologie. Uns geht es um Salas kritisches, in dt.
Sprache vorgebrachtes Wissenschaftsverständnis, das sich mühelos
fruchtbringerischer Nützlichkeitstopik und –programmatik anschließen läßt
(vgl. oben K 3).
2 Der Appendix stellt eine
satirische Glosse dar, die in 10 Punkten ihren kritisierten Gegenstand —
geheimiskrämerische und illusionistische Spielarten der Alchemie und der
hermetischen Philosophie — ironisch aufs Podest hebt und die Vertreter einer
Alternative, nämlich einer durch die Praxis approbierten rationalen oder
vernünftigen Medizin, dem Schein nach als schlichte „
mechanici“ aburteilt.
Zu ihnen zählt sich auch Sala selbst, der am Ende des Appendix eine Summe
zieht, die wir hier wiedergeben. Daß Sala als einer der ersten die Lehren
von der Universalmedizin und der Transmutation der Metalle offen in Frage
gestellt und bekämpft hat, die doch unter Iatrochemikern in der Regel
akzeptiert und vertreten wurde, rühmte schon Capobus (s. K 13), 32 als Salas
höchstes Verdienst.
3 Durch das Feuer, hier
wohl allgemein für die chemischen Laboroperationen, die ganz überwiegend
mittels Erhitzung durchgeführt wurden, vorab die Destillation, aber auch die
Calcination, Digestion, Putrefaction, das Lösen, Schmelzen, aber auch die
Extraktion organischer Substanzen usw. Vgl. Alchemie: Lexikon einer
hermetischen Wissenschaft (s. Anm. 1), 51ff.
4 Sala widmete dieses Werk Otto
(v.) Preen (FG 159), dem 1634 verstorbenen Güstrower Geheimen Rat, der, wie
auch er selbst, Hz. Johann Albrecht II. v. Mecklenburg-Güstrow (FG 158) 1628
in dessen anhaltisches und lübisches Exil begleitet hatte. Vgl. 281215,
280620, 280726, auch 291009. Alle drei wurden in dieser Situation 1628
gemeinsam in die FG aufgenommen. Die Widmung wurde „Auß sonderbahrer
Observantz vnd schuldiger Danckbarkeit/ wegen erzeigter Großgunsten vnd
recht Adelicher
Humanität“ aufgesetzt und gezeichnet: Angelus Sala „von
Vicentz/ Fürstl. Mecklenb.
Archiater“ (Bl. ?ij r)
5 Spagyrik, zu
griech. „σπάω“ und „άγείϱω“, ziehen, zerreißen und sammeln, seit dem späten
Mittelalter Synonym für Alchemie. In dieser allgemeinen Bedeutung begegnet
der Begriff bei Paracelsus, etwa in seinem
Opus
Paramirum als Kunst, das Rechte vom Falschen, das Wesentliche vom
Unwesentlichen, das Reine vom Unreinen zu scheiden, wie
es die paracelsische
Losung „solve et coagula“ ausspricht. Das Wort Spagyrik beschreibt den
alchemischen Grundvorgang des Auftrennens (Analyse; Sala: Anatomia) eines
Stoffes in seine Grundelemente, deren Reinigung und anschließende
Neuvereinigung zu einem konzentrierten Stoff höherer Ordnung. Dies galt als
das bevorzugte Verfahren der Alchemisten wie auch des Paracelsus, der die
Medizin nur in Verbindung mit Philosophie, Astronomie und Alchemie für
wissenschaftlich und wirkungsvoll hielt. In einem engeren Sinne jedoch
meinte Spagyrik die Anwendung der Alchemie zur Arneimittelzubereitung, so
etwa bei Johann Rudolf Glauber und ebenso bei Sala, der sich im vorliegenden
Text ausdrücklich von einer Auffassung distanzierte, die spagyrische
Praktiken mit alchemistisch-spiritueller Spekulation um die Quintessenz oder
den lapis philosophorum (s. Anm. 6) bzw. mit naturmagischen Verfahren
verband. Sala verstand seine Kunst hingegen als rational begründete und
empirisch verfahrende, überprüfbare Anwendung chemischer Operationen in der
Pharmazie. Die Spagyrik in ihrer schillernd-okkulten Bedeutung sollte mit
Christian Friedrich Samuel Hahnemann (1755–1843) und seinen Nachfolgern in
die Homöopathie sowie in weitere ,alternative’ Heilmodelle einfließen. Noch
heute sind speziell hergestellte, nicht mit den homöopathischen Potenzen
vergleichbare Pflanzenessenzen u. ä. als sog. Spagyrika auf dem
Heilmittelmarkt. Vgl. Gelman (s. K 3), 145; Hans-Josef Fritschi: Spagyrik.
Lehr- und Arbeitsbuch. Ulm usw. 1997; Alchemie: Lexikon einer hermetischen
Wissenschaft (s. Anm. 1), 56f., 98f., 151; Hermann E. Helmrich: Spagyrik.
Alter Wein in neuen Schläuchen. Heidelberg 1977, 16, 189, 201ff.; Axel
Helmstädter: Spagyrische Arzneimittel. Pharmazie und Alchemie der Neuzeit.
Stuttgart 1990, 15ff.; Spagyrische Arzneimittel-Lehre. Wissenschaftliche
Abt. der Chem.-Pharmazeut. Fabrik Göppingen. Göppingen 1938. Sala selbst in
seiner
Chrysologia, Seu Examen Auri Chymicum
(Hamburg: Heinrich Carstens 1622), S. 2: „Ars spagyrica sid [sit] illa
chymiæ pars, quae pro subiecto habet corpora naturalia vegetabilium
videlicet animalium ac mineralium: in quibus quidquid operator id ad utilem
in medicina finem tendit.“ Zit. nach Capobus (s. K 3), 40.
6 In der Alchemie das
arkane Allheilmittel, die Prima Materia, Quinta Essentia, der Lapis
Philosophorum oder das Aurum potabile, das alle Gebrechen heilen sollte.
Vgl. Alchemie: Lexikon einer hermetischen Wissenschaft (s. Anm. 1), 263f.;
Helmstädter (s. Anm. 5), 131. Sala setzt sich kritisch von diesen
Spekulationen ab.
7 Medizinische Instrumente, wohl auch Verfahren. Vgl. Lexicon manuale ad
scriptores mediae et infimae latinitatis ... par W.-H. Maigne d'Arnis.
Publié par M. L’Abbé Migne. Paris 1858 (Ndr. Hildesheim 1977), 1369, s. v.
manualis „instrumentum medicorum quoddam“.
8 Der Vorrede folgt in neun Abteilungen, geordnet nach
Wirkungsweisen (Vomitiva, Laxativa, Purgativa usw.), die Beschreibung einer
großen Anzahl von Medikamenten, deren Aussehen, Eigenschaften,
therapeutische Wirkungen, Dosis, Gebrauch, sinnvolle Begleittherapien und
Gegenanzeigen („cautio“), teilweise auch Herstellungs- und
Konservierungsmethoden angegeben werden. Der im Titel angezeigte Anhang
erläutert die Herstellung nützlicher Hausmittel wie allerlei Arten von
Fruchtsirup und Honig, Getränke, Brühen, Gurgellösungen, Klistiere,
Zäpfchen, Bäder, Kräuterkissen, Umschläge, Öle und Salben. Den
handbuchartigen Gebrauch des Werkes durch Mediziner wie Laien erleichtern
Register der Medikamente und der Krankheiten.
9 Wie
sein Schwiegervater, Lgf. Moritz v. Hessen-Kassel (FG 80), dem Sala seine
Anatomia Antimonii (1617) gewidmet hatte, ließ
auch Hz. Johann Albrecht II. v. Mecklenburg-Güstrow in seiner Residenz ein
Laboratorium einrichten, in dem er nach Salas Unterweisung Arzneimittel
zubereitete. Capobus (s. K 3), 19. Vgl. auch Mecklenburg. LHA Schwerin:
Stein der Weisen (Acta de lapide philosophorum): 8 nicht eigens numerierte
archival. Einheiten.
10 Im Mhd. und vereinzelt im frühen Nhd.
„wërdekeit“ bzw. „werdikeit“ für Ansehen, Ehre, Würdigkeit.
Benecke/ Müller/ Zarncke III, 604f.;
Lexer: Handwb. III, 795f.;
DW
XIV.1.2, 484; vgl. XIII, 2175f. Die nur bei
Steinbach II, 935f. belegten weiblichen Nomina „Wart“ und
„Wärtigkeit“, als „essentia“, welch letzteres sich heute nur in den
Komposita Gegen- und Widerwärtigkeit erhalten hat, ergäbe zwar an dieser
Stelle gewissen Sinn. Vermutlich handelt es sich aber um eine nd. Form, die
Sala an das Nhd. angenähert hat, wie das vielleicht auch in den seltenen
angeführten fnhd. Formen geschehen sein mag. S
. Mnd.
Wb. V, 676 und
Mnd. Handwb., 573 s. v.
„werdicheit“/ „werdichheit“: Würdigkeit, Bedeutung; Würde;
Ansehen.
K II Die
Saccharologia
bezeichnet Sala in seiner Vorrede, d. d. Güstrow, 24. 2. 1637, als
vierten und letzten Teil seiner „Botanochymia“, welchem die
Essentiarum Vegetabilium Anatome (1630 u. 1635;
vgl. Beil. I), die
Tartarologia (1632 u. 1636)
und
Hydrælæologia (1625, 1633 u. 1639)
vorangingen. Nach der Widmungszuschrift und der „Vorrede“, die i. W. die
üblichen gnoseologischen Bescheidenheitstopoi und Bitten um faire, nicht
schmähsüchtige Beurteilung vorbringt, aber auch das Nützlichkeitsanliegen
und das Bemühen um vollständige, genaue und redliche Beschreibung der
Prozeduren betont (kein Arcanum!), behandelt der Haupttext der
Saccharologia in zwei Teilen den Zucker, seine
Eigenschaften, Unterschiede, Herstellung und Raffinerie, seinen Nutzen
und Schaden (u. a. Zahnfäule) und seine Anwendung in der Pharmazie,
sodann die Analyse und Destillation des Zuckers, verschiedene Rezepturen
für Getränke, heilsame Zubereitungen u. a. m. Inhaltsverzeichnis,
Sachregister, Druckfehlerverzeichnis und ein Kolophon beschließen den
Band. — Obwohl Sala die FG in seiner Dedikation nicht erwähnt, stellt
diese als eine Physikotheologie der „Vegetabilien“ eine weitere,
theologisch überhöhte Variation der in der FG gebräuchlichen Feier der
Schönheit und Nützlichkeit der Pflanzenwelt dar, aus welcher sich das
Symbolreservoir der fruchtbringerischen Impresen ganz wesentlich
speiste.
1 Trotz angestrengter Recherchen und
Beiziehung neulateinischen Fach- und Sachverstandes ist es uns nicht
gelungen, den zitierten „Christlichen Teutschen Poeten“ zu
identifizieren und sein latein. Gedicht in Primär- oder
Sekundärquellen zu ermitteln.
K III
1 Auch die
Scheidekunst und die Heilkunde wurden zuweilen Hermes/ Mercurius
zugeschrieben.
Hederich, 1597. Vielleicht ist
hier aber auch nur an die Herleitung von Mercurius/ Quecksilber zu
denken.
2 D. h.: das wird
vor Feuer und Wasser Bestand haben, Feuer und Wasser
überdauern.
3 Der Kolben, die Kolbe, m.
und f., mhd. kolbe, eigentlich Stange mit dickem Ende, Keule; gemeint
hier sicher der (Destillier-)Kolben. Bei
Stieler, 909, nur als Femininum, in diesem Genus im Md. noch
im 18. und 19. Jh. vorherrschend.
DW V,
1602ff.;
Paul Wb., 549 u.
Steinbach I, 893.
4 Phoebus Apollo
galt u. a. auch als Erfinder der Heilkunst.
Hederich, 328 u. 333.