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371027 Fürst Christian II. von Anhalt-Bernburg an Fürst Ludwig
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371027

Fürst Christian II. von Anhalt-Bernburg an Fürst Ludwig


Antwort auf einen verschollenen Brief F. Ludwigs (Der Nährende), den F. Christian II. v. Anhalt-Bernburg (FG 51. Der Unveränderliche) am 26. 10. 1637 empfangen hatte. Vorliegendes Schreiben wurde beantwortet durch 371112. — F. Christian II. dankt F. Ludwig für dessen Cupido-Dichtung, die er — wahrscheinlich an das neue Mitglied Hans Philipp (v.) Geuder (FG 310) — weiterschickt. Christian sendet F. Ludwig abschriftlich ein lateinisches Werk — wohl Auszüge aus Leone Ebreos De amore dialogi tres. — Christian erkundigt sich nach dem Stand der redaktionellen Arbeiten an seiner Verdeutschung Vnterweisung Eines Christlichen Fürsten (1639): ob sie bereits vollständig einer Korrekturdurchsicht unterzogen, mit einer eigenen Vorrede versehen oder sogar schon in den Druck gegeben worden sei. — F. Christian empfiehlt die gedruckte Hohelied-Bearbeitung des jüngst verstorbenen Burggrafen und Herren Christoph zu Dohna
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(FG 20. Der Heilende), die dieser kurz vor seinem Tode Christian in einem Exemplar zugesandt hatte, für eine Neuauflage. — Der Fürst lobt das Trauer-Sonett auf Friedrich v. Schilling (FG 21. Der Langsame), weil es gut geschrieben sei und den Wandel des Verstorbenen trefflich schildere. Er habe es dem an Nachrichten der Fruchtbringenden Gesellschaft sehr interessierten Geuder zugeschickt. — Ob die Übersetzung der Sepmaines des Guillaume de Saluste sieur Du Bartas durch den verstorbenen Tobias Hübner (FG 25. Der Nutzbare) noch zu erhalten sei? — Christian empfiehlt sich F. Ludwig in seinen dringenden Geldforderungen.

Beschreibung der Quelle


Q  HM Köthen: V S 544, Bl. 111rv [Handschrift: [A: 111v]]; eigenh. — Ohne A gedruckt in KE, 71f. Bibliographisch erfaßt in Bürger, S. 947 (o. Nr., d. d. Okt. 1637).

Anschrift


A  Dem Nehrenden.

Text


Gegen dem Nehrenden, bedancktt sich der Vnverenderliche gantz freundtlich, vor den vberschickten schönen Fruchttsegen, derer so zierlich gemachten deutzschen reyme,1 vndt vberfertiget sie hinwieder bester maßen. Hatt auch dem Liebe getichte2 zu ehren, beygefügtes Lateinisches wercklein3 , abschrifftlich, mitt vbersenden wollen, mitt bitte, bey habender muße, solches vor die lange weyle zu durchlesen. Der vnverenderliche weiß nicht, wie es mitt seinem verdeutzschtem Christlichem Fürsten4 stehett, ob er außm grunde verbeßertt, mitt einer vorrede gemehret5 , vndt zum druck verfertigett worden seye. Des Sehl. verstorbenen Heylenden rechter Schwanengesang, nemlich daß Hoheliedt Salomons6 , so er dem vnverenderlichem, kurtz vor seinem ende, gar schön außgeleget, vndt in druck verfertigett, zugeschicktt, wehre auch wol werth, das es wieder aufgelegt würde. Daß Klinggetichte auf den frommen Langsahmen Sehlig gerichtett7 , hatt vnß auch gar wol gefallen, vndt ist nicht allein wol gestellett, sondern auch recht auf seinen wandel vndt thun, geeignett. Jch habe es vnserm Ritter zu Nürnbergk8 zugeschicktt, welcher nach solchen Fruchtbringenden geschichten sehr verlangett. Ob des Nutzbahren Sehlig sein Bartaß9 noch zu bekommen, möchte der vnverenderliche gern wißen. Befihlt sich hiemitt, in des Nehrenden gnade, vndt freundtwilligkeitt, auch wegen Seiner annoch hinderstelligen, zwar sehr hoch benöhtigten anforderungen zu Cöhten10 . Geben Bernburg dena Weinmonats 1637.

I

Fürst Ludwigs Sonett auf den verstorbenen Friedrich von Schilling
mit den Korrekturen Diederichs von dem Werder

Beschreibung der Quelle


Q HM Köthen: V S 544, Bl. 5rv, 5v leer.[Handschrift: [Bl. 5rv, 5v leer.]] Die früheste uns bekannte Fassung des Sonetts ist eine Abschrift von Schreiberh. mit eigenh. Korrekturvorschlägen von Diederich v. dem Werder.
Weitere Überlieferung (mit vorangestellter Sigle):
L  HM Köthen: V S 544, Bl. 4rv, 4v leer; von F. Ludwigs eigener H. Am oberen Blattrand Notiz von unbek. H.: „1637.“ Der Vergleich mit der von Werder korrigierten Fassung zeigt, daß dessen Verbesserungen in F. Ludwigs Abschrift zum großen Teil
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eingearbeitet worden sind. Für Zeile 7 wurde Werders Vorschlag indes verworfen; in Z. 3 änderte F. Ludwig die Korrektur leicht ab (s. T I b); in Z. 14 entschied er sich bei Werders Korrekturalternative für deren erste Variante. Ebenso hat der Fürst die gestrichene interlineare Verbesserung Werders zu Vers 11 (s. T I h) übernommen. L stellt eine Zwischenstufe zwischen der ursprünglichen, von Werder korrigierten Fassung und der Gedichtfassung der Leichenpredigt sowie zweier weiterer damit textlich identischer Abschriften (s. Beilage II) dar. L war zudem die Vorlage für die Veröffentlichung in KE, 71f. Daran lassen der identische Text — ausgenommen die offensichtlichen Lese- oder Druckfehler Z. 3: KE „Bestanden“ statt „Besondern“; Z. 12: KE „Ire“ statt „Irr’“; Z. 10: KE „voll bekandt“ statt „woll [d. i. wohl] bekandt“ — und die Übereinstimmungen in orthographischen Besonderheiten wie Z. 1: „gefhüret“; Z. 3: „gefhar“; Z. 7: „Jhar“ usw. keinen Zweifel.

Text


Auff des Langsamen tödlichen abgang


Mitt treu vndt redligkeitt sein leben hatt vollfhüretta
  Der zwarten1 langsam hieß, zu langsam nie doch war,
  Vielmehr in seinem dienst, gewiß vndt fertig gar,b
 An deme nimmer nicht kein vnfleis wardt gespürett.c
Er mitt bescheidenheitt den Hoff hatt woll regierett,d
  Erhalten embsig mitt auch die frucht bringe schar,e 2
  Vndt alt geworden ist fast drey vndt fünfzig Jhar,
 Drin Thugenthaftig erf stets seinen wandell fhürett
  Jn dem durchwandert’ er manch Königreich vndt landt,
Hatt er viel sprachen ihmg gemachet woll bekandt.
 Der Römer, Grieche, Turck’ ihn haben reden hörenh
  Der Schlave, Schwed’ vndt Jrr’, vndt was ligt an dem Meer
  Jn Norden, Ost vndt West, das hatt besuchett er
 Ja was dem Mittag auch für länder angehören.i

Unter dem Gedichttext die Korrekturvorschläge Diederichs v. dem Werder unter Verweis auf die Verse (zuzüglich einer interlinearen Korrektur zu V. 11, s. T I h):

3. besondern fertig stets bey wohlstandt vndt gefahr
4. in dessen diensten auch kein ———
5. hatt mit bescheidenheit den hofstaatt wohl regieret
6. Erhalten helffen auch die sehr fruchtreiche schar
7. vndt worden alt bey Sechs mahl neunen ohn’ ein jahr
14. Vndt was dem Mittag’ auch an ländern angehöret
    für länder mehr dem Mittag’
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II

Das Sonett Fürst Ludwigs zum Tode Friedrich von Schillings in
der Drucküberlieferung der Leichenpredigt

Beschreibung der Quelle


Q  [Holzschnittrahmen] LeichPredigt/ | Bey der Christlichen Leichbe- | gängnüß | Des Weyland WohlEdlen/ Gestren- | gen vnd Vesten | Herren Friedrich | von Schilling/ | Erbsassen auff Hartlieb/ Fürstlichen Anhal- | tischen Raths vnd Hoffmeisters zu | Cöthen/ | Welcher daselbst den 9. Octobr. Jm Jahr 1637. in | CHristo sanfft vnd seliglich entschlaffen/ vnd folgenden | 20. Octobr. mit Christlichen und Adelichen Ceremonien | in der StadtKirchen zur Erden bestattet | worden/ | Gehalten/ Von | Daniel Sachsen / Pfarrern vnd Superin- | tendenten daselbst. | [Linie] | Gedruckt zu Zerbst/ Durch Andream Betzel/ | Jm Jahr 1637,[Handschrift: [Bl. [E iiij]r.]]
HAB: Xa 1: 40 (9); ULB Halle: Pon Ze 1460, QK. Aus der Leichenpredigt hat Beckmann VII, 266, das Gedicht veröffentlicht, jedoch mit regulierenden Eingriffen in Sprache und Orthographie.
Weitere Überlieferungen (mit vorangestellten Siglen):
C   Christian: Tageb., Bd. 14, Bl. 504r; eigenh. Abschrift. Eintrag vom Donnerstag, 26. 10. 1637. An diesem Tag erhielt F. Christian II. in einem Schreiben F. Ludwigs das Sonett auf den verstorbenen Schilling, das er sogleich in sein Tagebuch eintrug („Schreiben von Cöhten, mitt verßen, vndt auf hofmr. Schillings Tödtlichen abgang nachfolgendes Klinggetichte.“ Vgl. K 0). Die ihm zugesandte Fassung des Sonetts muß, nach Ausweis ihrer Dokumentation im Tagebuch, von F. Ludwigs oben angeführter eigener Abschrift (Textzeuge L, s. Beilage I Q) abgewichen sein: In Christians Textfassung sind die Korrekturen Diederichs v. dem Werder zwar eingegangen, jedoch mit der markanten Abweichung, daß der letzte Vers hier die zweite Variante der Werderschen Verbesserungsalternative bringt. Außerdem kehrt Christians Textzeugnis zu F. Ludwigs ursprünglicher Fassung des 11. Verses zurück. Diese Abweichungen von Ludwigs eigener korrigierter Abschrift L kehren auch in der Druckfassung der Leichenpredigt auf Schilling wieder, die als die letztgültige Fassung anzusehen ist, allerdings Virgeln statt Kommata bringt. Neben Christians Abschrift ist auch die im Folgenden angezeigte Abschrift D textgleich mit der Drucküberlieferung in der Leichenpredigt.
D   LHA Sa.-Anh./ Dessau: Abt. Köthen A9a Nr. 167, Bl. 128r; Abschrift von Schreiberh. Am oberen Blattrand Hinweis von späterer H.: „Cf. Krause Erzschrein p 71/ 72 1637“. Diese Fassung verzichtet auf die Setzung der Ellisionsapostrophe, entspricht aber ansonsten der Textfassung in Christian: Tageb. und in der gedruckten Leichenpredigt.

Text


Auff deß Langsamen tödtlichen Abganga
aus der fruchtbringenden gesellschafft.


MJt trew’ vnd redligkeit sein leben hat geführet
    Der zwarten langsamb hierb / zu langsam nie doch wahrc
    Besondern fertig stets bey wohlfahrt vnd gefahr/
Jn dessen diensten auch kein vnfleiß ward gespüret
Hat mit bescheidenheit den Hoffstatt wohl regieret/
    Erhalten helffen auch die sehr fruchtreiche schar
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    Vnd alt geworden ist fast Drey vnd Funfftzig Jahr
Drind Tugendhafftig stets er seinen wandel führet
    In dē durchwandert er manch Königreich vnd Land
   Hat er viel sprachene jhm gemachet wohl bekant
Der Römer/ Grieche/ Türck/ jhn haben reden hören
    Der Schlave/ Schwed’/ vnd Jrr’/ vnd was liegt an dem Meer
    Jn Norden/ Ost vnd West/ das hat besuchet er
Vnd was fürf Länder mehr deng Mittag angehören.

III

Aus der Lebensbeschreibung Daniel Sachses auf Friedrich von
Schilling

Beschreibung der Quelle


Q  LeichPredigt/ Bey der Christlichen Leichbegängnüß Des Weyland WohlEdlen/ Gestrengen vnd Vesten Herren Friedrich von Schilling (s. Beil. II Q[Handschrift: [Bl. [E iiij]r.]]), Bl. D iij v ff. (=Auszüge aus der Lebensbeschreibung, Bl. D ij v – E ij v)Bl. D iij v ff..
HAB: Xa 1: 40 (9); ULB Halle: Pon Ze 1460, QK.

Text


[...] So ist er denn außgegangen auß seinem Vaterland in die frembde/ in welcher er zwölff Jahr an einander herümb gereiset/ durch gantz Deutschland/ Niederland/ Engellandt/ Schottlandt/ Irrland/ Vngern/ Hispanien/ Franckreich vnd Welschland. Daselbst er sich zu Venedig zu einem Frantzösischen Gesandten/ Nahmens Herr Sansi1 / begeben/ mit demselben nach Türckey gereiset/ vnterwegens die meisten Jnseln/ im Mitterländischen Meer besichtiget/ mit gedachten Herrn Gesandten der audientz beym Türckischen Keyser2 beygewohnet/ vnd die bey solcher audientz gewöhnliche Ceremonien/ auch die Majestet vnnd Pracht dieses Potentaten mit angeschawet. Hierauff hat er sich ferner nach dem Morgenlanden begeben/ an die örther/ da Abraham ein Frembdling gewesen/ da er mit Isaac vnd Jacob in Hütten gewohnet/ welche hernach GOtt der HErr den Kindern Israel als jhr Erb vnd [Handschrift: [Bl. (Diiij) r]] Eigenthumb eingereumet: Da er jhnen daß Gesetz gegeben: da sie vber den Jordan gegangen: [...] Welche örther alle er mit fleiß besichtiget/ nicht auß einiger superstition, dadurch vergebung der Sünden zuerlangen/ wie viel einfältige dessen vberredet werden: Sondern die gedächtnüß selbiger zu vnserer seligkeit denckwürdigen geschichten in seinem Hertzen desto mehr zu erfrischen: darbey er denn zugleich bey der anschawung deß vielfältigen Aberglaubens/ so an denselben örtern getrieben wird/ in seiner wahren Religion mercklich bestetiget werdena .
  Von diesen orthen hat er sich endlich zurück begeben/ durch Arabien in Egypten gen Alkeir3 / vnd dann ferner wider herauß durch die Moldaw/ Wallachey/ Polen/ Schweden/ Norwegen/ Dennemarck/ Engelland/ Schott- vnd Irrland/ [Handschrift: [Bl. (Diiij) v]] auch durch die Niederlande/ endlich wider in Deutschlandt. Welche Lande alle er nicht allein oben hin durchreiset/ sondern aller vor-
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nehmen gedenckwürdigen geschichte derselben sich erkündiget/ auch neben seiner Muttersprach sich fast aller dieser Länder sprachen bekandt gemacht: wie er dann nach der Lateinischen/ auch die Griechische vnd Türckische wohl verstanden: zur Arabischen einen guten anfang gehabt; sonderlich aber der Schlavonischen/ Englischen/ Frantzösischen/ Italienischen/ Spanischen/ vnd Niederländischen mächtig gewesen/ vnd dieselbe geredet.
  Dahero durch solche seine grosse erfahrung vnser Gnädiger LandesFürst vnd Herr/ ihme zu S. F. G. Rath/ vnd dero Weylandt Jungen Herren vnd eintzigen Sohne/ hochseliger gedächtniß/4 zum Hoffmeister zu bestellen gnädig bewogen worden. Welches geschehen in den Ostern deß 1617. jahres. Vnd als nach dem gnädigen Rath vnd willen Gottes/ hochgedachter Junger Fürst vnd Herr durch den zeitlichen todt von dieser Welt abgefo-[Handschrift: [E(i)r]]dert worden/ haben hochgedachte S. F. Gn. Jhme/ dem Herrn Hoffmeister in Anno 1624. die obsicht vber dero gantze Hoffhaltung/ neben der Rathsstelle in dero geheimsten sachen anbefohlen. Jn welchem seinem Ambte er sich zuförderst gegen seinen GOtt/ Andächtig vnd Gottselig: gegen seinen Fürsten/ getrew/ vnd Ehrerbietig: in seinen Rathschlägen auffrichtig: in seinen verrichtungen/ Arbeitsamb: gegen seines gleichen liebreich vnd dienstwillig: gegen andere/ Demütig vnd Freundtlich dermassen erwiesen/ daß zu förderst S. F. Gn. vnd jedermänniglich darob ein gutes genügen haben können/ vnd jhn allezeit lieb vnd wehrt gehalten. [...] [Handschrift: [Bl. Eij r]] [...] Jst er in derselben Nacht [30. 9. 1637] abermahls mit seiner gewöhnlichen Kranckheit deß Steins vber-[Handschrift: [Bl. Eijv]] fallen worden: welche auch bey jhme so angehalten/ vnd vberhand genommen/ biß das er endlich am Neunten Tag hernach/ war der9. Octobris seinen geist so sanfft vnd seeliglich/ als man wol wenig Exempel hat/ seinem Himlischen Vater auffgegeben. [...]

IV

Fürst Christians II. von Anhalt-Bernburg Auszug aus
Leone Ebreos De Amore Dialogi tres

Beschreibung der Quelle


Q  HM Köthen: V S 544, [Handschrift: [Bl. 113r–114v, 114r leer, 114v]] Anschrift „An den Nehrenden.“ Eigenh. Das Stück findet sich heute eingelegt in 371106 (s. dort Q). — F. Christians Vorlage war mit hoher Wahrscheinlichkeit: ARTIS | CABALISTICÆ: | HOC EST, | RECONDITÆ THEOLOGIÆ | ET Philosophiæ, | SCRIPTORVM: | Tomus I. | In quo præter PAVLI RICII, Theologicos & Philosophicos libros sunt | Latinitati penè omnes & Hebræi nonnulli praestantißimi Scriptores, qui artem commentarijs suis illustrarunt. | Opvs OMNIBVS Theologis, ET OC- | CVLTÆ ABSTRVSÆQVE PHILOSOPHIÆ STV- | diosis pernecessarium: [...] | EX D. Ioannis Pistorii, Nidani MED. | D. ET MARCHIONVM BADENSIVM | Consiliarij Bibliotheca. | [...] | [Druckersignet] | Cum Gratia & Priuilegio Cæsareæ Maiest. | BASILEÆ, | PER Sebastianvm Henricpetri. Kolophon: Basileæ, | PER SEBASTIANVM | Henricpetri: | Anno | M. D. XXCVII, Mense Aprili. HAB: 328. 1 Theol. 2° (2. Ex.: Slg. Alv. V 322 2°; vgl. Ebreo: Dialoghi d'amore/ Gebhardt, S. 115 [Bibliographie, Nr. 16]; Köppen, 197f.) Darin S. 331–608: LEONIS HEBRAEI | DOCTISSIMI, ATQVE SA-
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PIEN- | TISSIMI VIRI | DE AMORE DIALOGI TRES, | À | Ioanne Carolo Saraceno | purissima, candidissimaq́; Latinitate donati. | NEC NON AB EODEM ET SINGVLIS DIA- | logis argumenta sua præmissa, & marginales Annotatio- | nes suis quibusq; locis insertæ | fuerunt. CAROLO PERRENOTO | GRANVELLANO | Ampliss. atq́‚; Reuerendiss. Abbati Fauuerniensi, Consiliorumq́; pri- | uatorum Philippi Regis Hispaniarum Consi- | liario dignissimo, | Ioannes Carolus Saracenvs. (S. 331–336: Widmungs-Vorrede Saraceni an Carolo Perrenoto.) Zitiert als 1587. Die von F. Christian zitierte Passage auf S. 366. Seine Abschrift weist nur seltene und geringfügige Abweichungen in der Orthographie auf. Die Hervorhebungen stammen von ihm, ebenso eine vermehrte Zeichensetzung. Die Passage beginnt in 1587 mit Vnde cum amor [...]“.

Text


Cum AMOR post Ortum suum omnj ratione privetur, cæcus depingitur, & quia pulchrum appetit, & ex Ratione pulchritudinem, bonitatem, & dignitatem amatæ personæ, discernente, tanquam ex matre, originem ducit, idcircò Veneris formosissimos oculos habentis, filius esse fingitur. Cupidinem insuper nudum faciunt, nam vehemens amor, propter maximos, atque impatibiles animj cruciatus, neque ratione dissimularj, neque prudentiâ occultarj potest: Puerum eum esse, prædicant: quia prudentiâ est destitutus, nec suj regimen prudentiæ committit: Alatus formatur, quia celerrimè in animos nostros sese insinuat, & eos seipsosa despicientes, vel â seipsis divisos, ad rem amatam visendam, maxima celeritate inducit: & propterea Euripides amantem jn alieno corpore vivere affirmat. Sagittas ipsj attribuunt: quia ê longinquo jaculatur, & COR ipsum tanquam proprium scopum, sibj feriendum proponit, cuius quidem rej, ea quoque ratio reddj potest: quia amoris & sagittæ vulnera inter sese quám simillima existunt: ambo enim, os quidem exterius, habent angustum, verùm ad latentiores, profundioresque partes penetrare conspiciuntur: ambo difficilè quidem videntur: difficiliùs autemb [Handschrift: [113v]] curantur, difficillimè verò sanantur: ambo[,]c quod attinet ad speciem exteriorem, nullius videntur momentj, reipsâ autem jnterius gravissima existunt, & plerumqued in aliquod immedicabile malum convertuntur: & sicut vulnus sagittâ inflictum, etsj arcus quj eam emisit, frangatur, vel sagittarius ipse, medius disrumpatur, non tamen propterea sanarj potest: jta nullum genus voluptatum, vel â fortunâ, vel ab amatâ personâ propter amantis consolationem, atque recreationem exhibitarum: neque quod maius est, inevitabilis Mors personæ ipsius amatæ, satis aptum aut conveniens remedium esse videtur, ad vulnus â vero & vehementj illatum amore, vel perfectè curandum vel omninò consolidandum. Haud igitur tibj mirum videatur, si perfectus amor, cùm Rationis filius existat, ab ipsa tamen, nec dirigatur nec ordinetur.
  Ex Leone Hebræo, Dialogo 1o de Amore.

Textapparat und Kommentar


Textapparat
T
a
Folgt eine Lücke für das Tagesdatum. Am Briefrand eine vielleicht als Monatsdatum Dezember zu deutende Notiz, die aber aus inhaltlichen Gründen nicht den vorliegenden Brief datieren kann: X Br

T I

Orthographische und Zeichensetzung- Varianten in L werden hier übergangen, wenn sie keinen Einfluß auf Lautstand oder mitgeteilten Sinn haben.
a
L gefhüret
b
V. 3 inL: Besondern fertig stets bey wohlfart und gefhar
c
V. 4 inL: Jn dessen diensten auch
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kein unfleis ward gespüret.
d
V. 5 in L: Hatt mitt bescheidenheitt den hoffstadt wohl regieret
e
V. 6 in L: Erhalten helffen auch die sehr fruchtreicheschar
f
L stets er
g
Lies: sich
h
Gestrichener interlinearer Verbesserungsvorschlag von Werders H.: <hatt reden ihn gehöret>, übernommen in L.
i
L übernimmt Werders für diesen Vers vorgesehene erste Änderungsalternative: Und was dem Mittag’ auch an ländern angehöret.

T II

Orthographische und Zeichensetzung- Varianten in L werden hier übergangen, wenn sie keinen Einfluß auf Lautstand oder mitgeteilten Sinn haben."
a
Bis hierhin die Überschrift in D. Sie fehlt ganz in C.
b
Ein arger sinnentstellender Druckfehler für richtig hieß C, D: hieß bzw. hies
c
C war
d
D Dann (Abschreibfehler?)
e
Lies: sich
f
C vor
g
D dem

T III
 
a
Lies: worden

T IV
a
se eingefügt, folgt<se>
b
Auch Kustode.
c
Ergänzung unleserlich im Falz.
d
1587 Druckfehler plerunque

Kommentar

K Zur Datierung des Briefs: Am Dienstag, den 10. 10. 1637 erhielt F. Christian II. v. Anhalt-Bernburg (FG 51. Der Unveränderliche) die Nachricht vom Tod des anhalt-köthnischen Hofmeisters Friedrich v. Schilling (FG 21. Der Langsame). Christian: Tageb. XIV, Bl. 497v: „Des herrnvetters Fürst Ludwigs Raht vndt hofmeister, Friederich Schilling, ein getreẅer diener seines herren, ist in neẅligkeitt todes verblichen.“ Etwa zwei Wochen später, am 26. 10. 1637, erreichte ihn ein (anscheinend nicht erhaltenes) Schreiben F. Ludwigs (Der Nährende), dem das Sonett auf den Verstorbenen beigelegt war, welches F. Christian umgehend in sein Tagebuch eintrug (s. Beil. I Q): „Schreiben von Cöhten, mitt verßen, vndt auf hofmr. Schillings Tödtlichen abgang nachfolgendes Klinggetichte.“ Da der vorliegende Brief im „Weinmonat“ geschrieben worden ist, kommen nur die Tage zwischen dem 26. und dem 31. 10. 1637 in Frage. In Christian: Tageb. XIV, Bl. 504r ff. wird keine Briefsendung aus dieser Zeit an F. Ludwig vermerkt (am 30. 10. wird lediglich der Eingang von Post aus Köthen notiert, a. a. O., Bl. 505v); wir datieren in der Annahme, daß Christian das Schreiben seines Onkels wie gewöhnlich zügig beantwortet haben wird, sein vorliegendes Schreiben auf den 27. 10. 1637.
1
Dem Brief liegen heute keine Verse oder sonstigen Zugaben mehr bei. Zu denken ist aber an das im folgenden erwähnte Cupido-Gedicht (s. Anm. 2) F. Ludwigs, das wahrscheinlich frisch von der Köthener Presse des Fürsten gekommen war (s. 371110). F. Christian sollte es an eine nichtgenannte Person ,übermachen‘, vielleicht an das unten genannte neue Mitglied Geuder (s. Anm. 8), dem er auch ein Sonett (s. Anm. 7) und später — nach dem Empfang von Ludwigs Sendung vom 12. 11. 1637 — noch andere Bücher der FG übermittelte (vgl. 371106, 371112 u. I, 371116 u. 371221A).
2
Fürst Ludwigs „Kurtze Erzehlung Von dem Erdichteten Cupidine“, ein Lehrgedicht in Alexandrinern, das in vier Handschriften und einem Druck überliefert ist. Drei der Handschriften befinden sich im Köthener Erzschrein (HM Köthen: V S 544): (1.) Bl. 46rv (nur die Verse 1–40; Schreiberh. mit Korrekturen F. Ludwigs); (2.) Bl. 523r–527v (Schreiberh. mit Korrekturen F. Ludwigs), (3.) Bl. 43r–45v (eigenh. Konzept F. Ludwigs mit eigenen Verbesserungen. Der vierte handschriftliche Textzeuge in LHA Sa.-Anh./ Dessau: Abt. Kö. A 9a Nr. 167, Bl. 122r–127v, 127v leer (Reinschrift von Schreiberh.). Die Hss. repräsentieren den Textzustand des Jahres 1637. Hinzu kommen zwei hsl. Listen mit Verbesserungen von Diederich v. dem Werder (FG 31), HM Köthen: V S 544, Bl. 490rv (v leer) u. 491rv. Im Druck erschien das Gedicht in 224 Alexandrinern 1643 als „Kurtze Beschreibung | Des erdichteten Cupidinis, oder Gottes der liebe“ in F. Ludwigs Übertragung: FRANCISCI PETRARCHÆ, | Des vornemen alten Florentinischen | Poe-
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ten/ | Sechs Triumphi oder | Siegesprachten/ | I. Der Liebe/ II. Der Keüschheit/ III. Des Todes/ IV. Des Gerüchtes/ V. Der Zeit/ und VI. Der Ewigkeit/ | Aus den Jtalianischen Eilfsylbigen | Jn | Deütsche zwölf und dreytzehensylbige Reime der Hel- | den art vor iahren übergesetzet: | Samt der erzelung seiner Krönung zum Poeten/ | seines lebens/ und sonderbaren erklerungen vieler | Nahmen und Geschichte: | Mit angehefteter eigentlicher Reimweise gefertigter kurtzer | Beschreibung des erdichteten Gottes der Liebe Cupidinis/ | und einem nützlichen verzeichnüs der vornemesten sachen in | diesem Wercklein begrieffen. | Von neüem übersehen/ mit beliebung und gutheissen der Frucht- | bringenden Geselschaft/ ietzo erst an den tag gegeben | und gedruckt | Zu Cöthen im Fürstenthume Anhalt/ | [Linie] | Jm Jahre 1643, 165–170. HAB: 23. 3 Eth. (4); QuN 268 (2). Mit einer Vorrede F. Ludwigs, Einleitungstexten, Kommentar, Gedichten auf Petrarca, einer übersetzten, von Sennuccio del Bene verfaßten Vita Petrarcas, der Cupido-Dichtung F. Ludwigs, Gesamtregister und Druckfehlerverzeichnis. Vgl. dazu Conermann: Ludwig und Christian II. von Anhalt, 469ff.; vgl. 371028A, 371031, 371108, 371110 u. 371226 K 4. Von der Cupido-Dichtung scheint es einen früheren Einzeldruck gegeben zu haben, denn in 371110 bestätigt Werder den Empfang des „gedruckten Liebesgötzen“. Von diesem Einzeldruck des Werkes, sechs Jahre vor dem Druck der Cupido-Dichtung in F. Ludwigs Bearbeitung der Triumphi oder Siegesprachten des Francesco Petrarca erschienen, hat sich offenbar kein Exemplar erhalten. Indessen scheinen auch Frh. Enno Wilhelm v. Innhausen und Knyphausen (FG 238; vgl. 371112A, 371117, 380125A u. 380210), Hans Philipp (v.) Geuder (FG 310; vgl. 371123), Dietlof v. Tiesenhausen (FG 208; vgl. 380207), Martin Opitz (FG 200; vgl. 380402 u. 380720) und Herr Hans Georg v. Wartenberg (FG 143; vgl. 381007) den Einzeldruck bekommen zu haben. — Wäre das Cupido-Gedicht F. Ludwigs die Übersetzung einer fremdsprachigen Vorlage, so hätte Ludwig wohl das zugrundeliegende Original bzw. seinen Verfasser kenntlich gemacht. Die Dichtung dürfte daher entweder eine eigene Schöpfung Ludwigs oder eine freie stoffliche Bearbeitung einer möglichen Vorlage (oder mehrerer) aus dem großen Strom der humanistischen Renaissance-Mythographie darstellen. Schon der Vergleich mit Natale Contis (ca. 1520–1582) enzyklopädischem Handbuch zur antiken Mythologie, seinen 10 Büchern der Mythologiae (erstmals 1568 in Venedig erschienen), zeigt, daß F. Ludwig nahezu alles dort über den Liebesgott aus verschiedenen Überlieferungssträngen Zusammengetragene herangezogen, verarbeitet und z. T. im Wortlaut zitiert hat, so daß bereits dieses Werk eine Anregung und Quelle der Cupido-Dichtung F. Ludwigs gewesen sein kann. Nach Ausweis seines Nachlaß-Verzeichnisses (s. IP, Bl. 306v) besaß er ein Exemplar der folgenden Ausgabe: NATALIS COMITIS MYTHOLOGIÆ, SIVE EXPLICATIONIS FABVLARVM, Libri decem ... Nuper ab ipso autore recogniti & locupletati. EIVSDEM LIBRI IIII DE VENATIONE. Cum Indice triplici ... ADDITA MYTHOLOGIA MVSARVM, A GEOFREDO LINOCERIO VNO LIBELLO comprehensa, & nunc recens à F. S. multis & fœdis mendis expurgata. Francofurti Apud Andreæ Wecheli heredes, Claudium Marnium & Ioan. Aubrium. M. D. XCVI. (HAB: Ho 52). Dem Liebesgott ist hier das 14. Kapitel („De Cupidine“) im 4. Buch seiner Mythologiae (S. 402–414) gewidmet. Da es nicht Aufgabe der vorliegenden Briefedition sein kann, der Frage möglicher Abhängigkeiten der Dichtung im Einzelnen nachzugehen (das wäre Gegenstand einer eigenen arbeitsintensiven Spezialuntersuchung), und da zudem Ludwigs Cupido-Dichtung im engen Kontext seiner Petrarca-Bearbeitung steht, wird eine textkritische Edition der Dichtung im zweiten Band der Werke des Fürsten Ludwig (DA Reihe II, Abt. A: Köthen, Bd. 2) erwogen. An dieser Stelle zitieren wir nur die Schlußverse der Dichtung, die in protestantischem Geist eine signifikante Distanzierung von der antik-heidnischen Mythologie vornehmen. In der Dichtung war zuvor die skeptisch-pessimistische Repräsentation sinnlicher Liebe in der Cupido-Figur dem Blick auf den himmlischen Eros gewichen. Doch genüge auch der Amore divino nicht, wie der Schluß (Z. 193ff.) der Dichtung (in der Dessauer Hs.; s. o. Nr. 4) lehrt:
|| [242]


[...]
Wiewohl nun vngeräumbt nit gar seindt die gedancken[,]
Doch großer mangel dran ist, wann man in den schrancke[n]
Wil bleiben Gottes Worts, das vns ein beßers lehrt
Vndt zu dem wahren Gott, als vnserm Schöpffer kehrt[.]
Der ist die rechte lieb in allen gantz volnkommen,
Vndt der von vnserm schutz hat niemals was genomen[,]
Das Jhme nutzen geb, er giebet ohn verdienst[,]
Er macht vndt mehret vns weit größer den gewinst[,]
Als wir mit vnserm Sinn nit können hier erreichen[,]
Weil mit der Herligkeit gar nichtes zuvergleichen,
Drumb aus genaden Er die Seinen setzen wil,
Vndt endlich bringen hin zu dem gewunschten Ziel,
Zu dem der vns geliebt last vnsre lieb einrichten,
Last fahren aber hin was vngeraumet Dichten,
Die aller eitelkeit der Welt ergeben sindt[,]
Bey denen keinen grundt man doch der warheit findt,
Vndt wann Euch kommet vor dergleichen schrift zulesen,
So möget Jhr daraus allein das beste lesen,
Gleich eine Biene thut, die aus der bittern gifftt,
Den süssen Honig zeucht, vndt drinnen vbertrifft,
Viel andre thierlein weit, dann werdet Jhr gelangen,
Auß denen banden, drin ist mancher Mensch gefangen,
Der fleischlich henget nach der schnöden liebes lust,
Vndt weltzt sich immerzu in aller sunden wust,
Nehmt Euch was höhers vor, das Jhr gen himmel steiget,
Vndt Eure Seel vndt Hertz dahin begierig neiget,
Daß einer feder gleich auff in die Höh es geht,
Da Euer Schöpffer Gott mit freuden es empfeht,
Durch seinem guten Geist zu Jhm hinauff getrieben,
Da was noch irdisch wer, hier nieden ist geblieben,
Der rechten liebe zwegk zu Gott wird dieser sein
Daß wir mit Jhme gehn zu seinen freuden ein.

Der christlich-theologischen Reserve gegen die (verderbliche) antik-heidnische Poesie kommt F. Ludwig schon im Titel mit der Betonung der fiktionalen Götterfigur (erdichteter| Cupido) entgegen. Das allegorische Verfahren gestattete es immerhin, jenem „ungeraumet Dichten“ (Z. 206) seine gewissermaßen ästhetischen Rechte zu lassen und gleichwohl die Vorherrschaft der christlichen Lehre zu wahren, ja sogar zu verteidigen. Seltsam muß daher Johann Valentin Andreaes (FG 464. 1646) harte Kritik an der „weltlichnichtigen“ Poesie der Fruchtbringer vom 17.|9.|1646 erscheinen. S. Wilhelm Kühlmann: Poeten und Puritaner. Christliche und pagane Poesie im deutschen Humanismus. Mit einem Exkurs zur Prudentius-Rezeption in Deutschland. In: Humanismus und Theologie in der frühen Neuzeit. Hg. Hanns Kerner. Nürnberg 1993 (Pirckheimer-Jahrbuch 1993), 149–180, hier 177, vgl. auch 152 ff.
3
S. Beil. IV. Vgl. auch die Empfangsbestätigung in 380122: „Leonis Hæbræi stuck de Amore divino, daraus jungsten der Unveränderliche ein schönes spruchlein und gleichnus eingeschicket“. Es handelt sich um eine latein. Übersetzung des zuerst italienisch veröffentlichten Werks des Leone Ebreo [J(eh)uda ben Isaak Abrabanel]: DIALOGI D’AMORE DI MAE- | STRO LEONE MEDI- | CO HEBREO. [Kolophon:] Stampata in Roma per Antonio Blado d’Assola | Del. M. D. XXXV. S. Leone Ebreo: Dialoghi d’amore/ Gebhardt, 111 [Bibliographie, Nr. 1] und Reprint [ohne durchgehende Paginati-
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on]. — Die drei Dialoge zwischen Philone und Sophia feiern im spekulativen Entwurf nicht nur ein kosmologisch-metaphysisches Konzept von Liebe, die die gesamte Schöpfung von der unbelebten Materie bis zu Gott als Kraft und Ziel verbindet, sondern berühren auch viele andere philosophisch-theologische Gegenstände und Ideen, religiöse, mystische, ästhetische, ethische, psychologische. In ihrer enzyklopädischen Versammlung und Synthese von traditionell jüdischem und abendländischem Denken, jüdischarabischer mittelalterlicher Philosophie und moderner humanistischer Universalgelehrsamkeit sicherte sich das Werk enormen Einfluß auf die Zeitgenossen, auf Dichter wie Tasso, Künstler wie Michelangelo, Philosophen wie Giordano Bruno und später Spinoza. 25 Ausgaben zwischen 1535 und 1607, davon 12 in italienischer Sprache und 13 in verschiedenen Übersetzungen, bezeugen den Rang des Werkes, das freilich schon Anfang des 17. Jahrhunderts in Spanien und Portugal auf den Index der verbotenen Bücher gesetzt wurde. Vgl. Köppen, 39. Die von F. Ludwig angeregte, aber verschollene oder nicht verfaßte Übersetzung wäre die erste (und bis heute einzige) Verdeutschung gewesen. Vgl. 380122 K 3 u. 380221. — Auf die benutzte lat. Übersetzung weist der Catalogus primus der Bibliothek F. Christians I. v. Anhalt-Bernburg (FG 26) nicht explizit hin. Dort findet sich unter den „LIBRI SYSTEMATICI: Metaphysici, Physici, Medici, Chymici, Mystici, Hieroglyphici, et Emblematici IN FOLIO“ als Nr. 11: „D. J. Pistor. Nidani Recondita Theologiæ et Philosophiæ Tom. 1.“ Geht man dem Hinweis nach, erscheint der in Beil. IV Q zitierte Titel: ARTIS CABALISTICÆ: HOC EST, RECONDITÆ THEOLOGIÆ ET Philosophiæ, SCRIPTORVM: Tomus I. ... (Basileæ: Sebastianus Henricpetri 1587). Darin S.|331–608: LEONIS HEBRAEI DOCTISSIMI, ATQVE SAPIENTISSIMI VIRI DE AMORE DIALOGI TRES, À |Ioanne Carolo Saraceno purissima, candidissimaq́; Latinitate donati. Vgl. Beil. IV Q u. K IV. In den Nachlaßverzeichnissen und Bibliothekskatalogen F. Ludwigs und der Fürsten Christian I. (FG 26) und Christian II. v. Anhalt-Bernburg weist lediglich der Bibliothekskatalog F. Christians I. eigenständige Leone-Titel auf: Catalogus primus verzeichnet unter den „Libri Systematici in Octavo“ als Nr. 19: „Leo Hebræus, Italice“ und unter den „Historici in Octavo“ als Nr. 64: „Dialoghi di amore, per Leone Medico“. Vgl. Kat. Dessau BB, Nr. 11202: „Leone Medico, Dialoghi di amore etc. Vinegia, 1545, in casa de figliouli di Aldo. 1 Bd.8° Prgtbd.“ und Nr. 11203: „Leone, Dialoghi di amore etc., di nuovo corretti et ristampati. Venetia 1586. 1 Bd.8° Prgtbd.“
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[Antonio de Guevara: Libro llamado relox de príncipes (1529 u. ö.), ital. Übers. u. Bearb. v. Mambrino Roseo da Fabriano (d. i. Collenuccio Costo): L’institutione del prencipe christiano (1543 u. ö.), dt. übers. (v. F. Christian II. v. Anhalt-Bernburg) u. d. T.:] Die Vnterweisung | Eines Christlichen Fürsten/ | Aus dem Spanischen ins Jtaliänische | erstlich übergesetzt/ | Durch | MAMBRINUM ROSEUM | von Fabriano, | Vor Jahren verdeutschet durch ein Mitglied | der Fruchtbringenden Geselschaft/ | Vnd anetzo im Druck | gegeben. | [Vignette] | Cöthen im Fürstenthumb Anhalt/ | [Linie] | Jm Jahr 1639. HAB (3 Ex.): 218.4 Qu. (1), QuN 199 (2) u. Sf 310. 4°, 4 Bl., 333, (1) S., 19 Bl. (gleicher Druck in allen drei Exemplaren, vgl. etwa nach S. 206 den Fehldruck der Seitenzahl: 107). — F. Ludwig hatte die Übersetzung seines Bernburger Neffen kritisch durchgesehen und korrigiert und mit einem Widmungs-Sonett bereichert (s. Anm. 5). Bereits kurz nach seiner Aufnahme in die FG (am 25. 2. 1622) sehen wir Christian mit Übersetzungsarbeiten am Christlichen Fürsten beschäftigt, zu denen ihn F. Ludwig angeregt hatte. S. KT, 29 (FG-Aufnahme), 42, 43 u. 67, vgl. auch S. 33. Auch hatte Christian seinen Kammerjunker und späteren Stall- und Hofmeister Hermann Christian (v.) Stammer (FG 137; vgl. 360428 nebst Beilagen) zeitweilig zur Arbeit an der Übersetzung angehalten, mit mäßigem Erfolg. 1629 lag die Übersetzung zwar im Manuskript vor, die intensiven Korrekturdurchsichten durch F. Ludwig und Diederich v. dem Werder (FG 31) fanden jedoch erst 1639 mit dem Köthener Druck (und seinem Druckfehlerverzeichnis) ihren Abschluß. Vgl. 231203 K 8, 280208 K 11, 280821, 290501, 290510 u. ö.; im vorliegenden
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Band 371106, 371209 u. I u. II, 380110 K 9, 380120, 380122, 380126, 380128, 380220 K 3, 380321, 380502, 380522A, 380522B, 380602 u. I, 380606, 380608A, 380609. IP, 329 u. 334r: „Tractat Christlicher Fürsten So ebenfalß Zwey hundert Sieben undt zwantzig Exemplaria davon 26 wegkommen“; vgl. Conermann: Ludwig und Christian II. von Anhalt, 481ff.; ferner Norbert Bayrle-Sick: Gerechtigkeit als Grundlage des Friedens. Analyse zentraler politisch-moralischer Ideen in Antonio de Guevaras Fürstenspiegel. Nach der Übersetzung des Aegidius Albertinus. In: Politische Tugendlehre und Regierungskunst. Studien zum Fürstenspiegel der Frühen Neuzeit. Hg. Hans-Otto Mühleisen u. Theo Stammen. Tübingen 1990, 9–69 (ohne Hinweis auf die Übersetzung F. Christians II.); Kathleen Bollard de Broce: Judging a Literary Career: The Case of Antonio de Guevara (1480–1545). In: European Literary Careers. The Author from Antiquity to the Renaissance. Ed. Patrick Cheney & Frederick A. de Armas. Toronto u. a. 2002, 165–185, hier 168ff.; Gerhart Hoffmeister: Spanien und Deutschland. Geschichte und Dokumentation der literarischen Beziehungen. Berlin 1976, 40f. (kein Hinweis auf Christians Übersetzung); Alberto Martino: Von den Wegen und Umwegen der Verbreitung spanischer Literatur im dt. Sprachraum (1550–1750). In: Studien zur Literatur des 17. Jahrhunderts. Gedenkschrift f. Gerhard Spellerberg (1937–1996). Hg. Hans Feger. Amsterdam, Atlanta/GA 1997 (Chloe, 27), 285–344, hier 311; Christoph E. Schweitzer: Antonio de Guevara in Deutschland. Eine kritische Bibliographie. In: Romanistisches Jahrbuch 11 (1960), 328–375, hier 336f.; Adam Schneider: Spaniens Anteil an der Deutschen Litteratur des 16. u. 17. Jahrhunderts. Straßburg 1898 (kein Hinweis auf Christians Übersetzung).
5
Das Werk enthält keine eigene Vorrede des Übersetzers oder der Fruchtbringenden Gesellschaft. Der verdeutschten Widmung von Mambrino Roseo da Fabriano (Bl. )(ij r – )(iij v) folgen allerdings ein „Klinggedicht über dem | Christlichen Fürsten“ [Im Druckfehler-Verzeichnis verbessert zu „Klinggedichte/ über den [...]“, Bl. Zzij v] von F. Ludwig (Bl. [)(iv]r; s. 371209 I u. II) und ein Gedicht Diederichs v. dem Werder: „An dem Leser/ | Wegen verdeütschung deß Christlichen | Fürstens“ [Im Druckfehler-Verzeichnis verbessert zu „An den Leser [...]“, Bl. Zzij v] (Bl. [)(iv]v; s. 380602 I). Dem schließen sich die 35 Kapitel des Übersetzungwerks an. Den sorgfältig gedruckten Band beschließen eine Inhaltsübersicht über die 35 Kapitel (S. [334] – Bl. [Tt iv]v), ein „Verzeichnüs der vornemesten lehren/ Sprüche/ Exempel vnd Namen“ (Bl. Vu [i] r – Zz [i] v) und eine umfangreiche Druckfehlerliste (Bl. Zzijr – [Aaa ij] r). Dieser Liste vorangestellt ist eine Benachrichtigung „An den Leser wegen nachgesetzeter druckfehler und verbesserungen“. Darin heißt es: „ES möchte bey vielen der meiste theil dieser druckfehler für unnötig und überflüßig/ oder gar zu scharff gehalten werden. Darbey aber zu mercken/ daß man darinnen der angeborenen besten und ungezwungenen hoch Deutschen aussprache/ auch richtigesten wortschreibung in ungebundener rede gefolget/ wie sie ihrer rechten art/ sonderlich aber der Deutschen Sprachlehre/ (die in kurtzen/ geliebet es Gott/ an das Tageliecht kommen sol) am gemessesten ist. [...]“ (Bl. Zzij r). Hier wird explizit auf Gueintz: Sprachlehre verwiesen (s. 381105), der auch die in den folgenden Erläuterungen gebrauchte grammatische Terminologie entstammt („Nennwörter“ für Nomen usw.). F. Ludwig hatte etwa Ende 1637 das Werk bei Christian Gueintz (FG 361. 1641) in Auftrag gegeben (s. 371226A) und das Manuskript vor seinem Druck (1641 in Köthen) seit dem November 1638 unter Gesellschaftsmitgliedern und anderen Gelehrten kursieren lassen (s. Conermann III, 415). Vgl. z. B. 381226A, 390114, 390514, 390807, 391119 u. 391216. Die Kustode in der Vnterweisung, Bl. Zz [i]v: „An“ in allen drei HAB-Exemplaren belegt, daß das Druckfehlerverzeichnis wohl am Ende des laufenden Druckverfahrens mitgesetzt, nicht aber später nachgedruckt worden ist. Wann genau das Manuskript der Vnterweisung in den Druck ging, ist nicht ermittelbar, auch deshalb, weil der Briefwechsel zwischen F. Ludwig und F. Christian II. 1639 fast zum Erliegen kam und Nachrichten zur Vnterweisung im Korrespondenzjahrgang 1639 weitgehend fehlen. In
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390912 (KE, 162) klingt an, daß die Drucktypen für die Vnterweisung zumindest ausgewählt waren, wenn das Buch nicht sogar bereits gedruckt wurde. Zusammenfassend zeigt all dies, daß die Diskussionen um Gueintz: Sprachlehre 1639 so weit gediehen waren, daß ein darauf basierendes Regelwerk für das Duckfehlerverzeichnis der Vnterweisung angewendet werden konnte. Zu diesem in der oben zitierten Benachrichtigung „An den Leser ...“ vorgestellten Regelwerk s. DA Köthen I. 5. Vgl. Conermann: Ludwig und Christian II. von Anhalt, Anm. 16 mit Hinweis auf LHA Sa.-Anh./ Dessau: Abt. Kö. C 18 Nr. 55 „Die Deutsche Sprach lehr zur Lehr art verfertiget.“ 99 Bl., ohne die Gelegenheitsgedichte und die Widmung des Drucks. — Schon die italien. Übersetzung hatte Guevaras ausuferndes, buntscheckiges Werk Libro llamado relox de príncipes von 1529 gekürzt und übersichtlich in 35 Kapiteln gegliedert. Vgl. zur italien. Übersetzung auch 371106 K 4. Christian sollte das Werk dann nochmals modifizieren, indem er es auf die „Idee des tugendhaften, christlichen, gebildeten und deutschsprachigen zivilisierten Menschen“ im Sinne der FG ausrichtete. Conermann, a. a. O., 483.
6
[Burggf. u. Herr Christoph zu Dohna (FG 20):] [Holzschnittrahmen] Kurtze vnd einfältige | Betrachtungen vnd Auß- | legungen | Vber das Hohe | Lied Salomonis. | [Ziervignette] | Getruckt zu Basel/ | Durch Johann Jacob Genath/ | im Jahr Christi/ | 1635. 4°. ZB Zürich (2 Ex.): C 186 u. AB 6469. Vgl. 360630 nebst Beilagen u. Abb. des Titelblatts. Dieses Werk des in Orange am 1. 7. 1637 gestorbenen oranischen Statthalters hat F. Christian II. dann selbst in Zusammenarbeit mit Franciscus Gericcius (vgl. 300509, 360630 K I 2; 370828 K 2) erneut herausgegeben [s. 360630 K 4] und im folgenden Jahr veröffentlicht: [Holzschnittrahmen] Kurtze vnd Einfältige | Betrachtungen vnd Auß- | legungen | Vber das Hohe | Lied Salomonis. | [Vignette] | Gedruckt zu Zerbst/ | [Linie] | Durch Andream Betzeln/ | Jm Jahr CHristi/ | 1638. HAB: 491.1 Theol.; StB Braunschweig: C 4343; UB Marburg: XIX e B 1518. Kl.-4°; Titelbl., Rücks. leer; Bl. )( ij r – )( iij v „DEDICATIO.“ [Zeilentitel]; F. Christian II. v. Anhalt-Bernburg durch Franciscus Gericcius, Rector der Lateinschule zu Bernburgk, gewidmet. Bl. [)( iiij]r – [)( )( iiij]v Vorrede „An den gutherzigen Leser.“; S. 1/ Bl. A r – 159/ [V iiij]r Text: Kurtze vnd Einfältige Betrachtung vnd Anßlegung [sic] vber das hohe Lied Salomonis. Gespräch eines gläubigen Christen-menschen mit seiner Seele; S. [160] leer. Zu F. Christians Würdigung Dohnas, dessen Werk und Tod s. 360630 u. Beil. I u. III; vgl. ferner 380120, 380122, 380126, 380128 u. 380221.
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Fürst Ludwigs Trauergedicht auf seinen Hofmeister Friedrich v. Schilling (FG 21). S. Beilagen I u. II.
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Hans Philipp (v.) Geuder (FG 310), Mitglied der fränkischen Reichsritterschaft und in Nürnberg wie ein Agent F. Christians II. v. Anhalt-Bernburg wirkend. Er war am 24. 12./ 3. 1. 1637 in Regensburg vom röm. König Ferdinand, dem späteren Ks. Ferdinand III., zum Ritter geschlagen und am 25. 5. 1637 in die FG aufgenommen worden. S. 370517 K 6.
9
Tobias Hübners (FG 25) Übertragung der beiden Sepmaines des Guillaume de Saluste sieur du Bartas: Wilhelms von Saluste/ Herren zu BARTAS ... Erste Woche/ Von Erschaffung der Welt und aller Geschöpffe (Köthen 1631); Die Andere Woche Wilhelms von Saluste Herrn zu Bartas (Köthen 1622). S. 380608A K 5.
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Eine der zwischen den Anhaltinern anhängigen Finanzangelegenheiten, wahrscheinlich eine Forderung Christians oder auch eine Bitte um Kredit. Die in KU IV veröffentlichten Dokumente geben keinen Aufschluß über Art und Höhe der Forderungen F. Christians an F. Ludwig oder den Köthener Landesteil. Vgl. aber Christian: Tageb. XIV, Bl. 489v (24. 9. 1637): „P. L. [Paulus Ludwig] von Cöthen wiederkommen, hatt nur hundert Thlr. auf die Meckelb.e assignirte 500 Thlr. mittgebrachtt, vndt solche 100 Thlr. mitt großer mühe vom Bürgermeister Vlrich erhalten. F. Ludwig hat sonst befohlen, ohne vorbewust der Regierung zu Cöthen, niemanden ichtwaß abfolgen zu laßen, von Stewern, noch contributionen.“ Handelte es sich um den Köthener Anteil einer F. Chri-
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stians verwitweter Schwester, Hzn. Eleonora Maria v. Mecklenburg-Güstrow, geb. Fn. v. Anhalt-Bernburg (AL 1617. TG 17), zugesagten Unterstützung? Vielleicht sollte eine den anhalt. Ständen auferlegte Steuer die geplante Aussteuer von Pzn. Christina Margaretha, der zweiten Tochter Hzn. Eleonora Marias, bereichern, welche damals schon den askanischen Hz. Franz Albrecht v. Sachsen-Lauenburg (FG 194) heiraten wollte (erst am 21. 2. 1640 in Güstrow); s. 370902. Zugleich schwebte noch immer die Ballenstedtische Sache: Christians Gemahlin Eleonora Sophia (TG 39) erhob anscheinend Ansprüche auf das Amt; es kam im Oktober zu Verhandlungen mit F. August v. Anhalt-Plötzkau (FG 46) (vgl. etwa a. a. O., Bl. 501rf.).


K I Zur Trauerdichtung auf den verstorbenen Friedrich v. Schilling (FG 21) vgl. 371028 u. 371226A K 4.
1
Zwar, adv. DW XVI, 949. Md. häufig zwarten, so auch bei dem hallischen Übersetzer Joachim Caesar in Don Kichote de la Mantzscha, Das ist Juncker Harnisch auß Fleckenland (Franckfurt: Thomas Matthias Götze 1648) [Ndr. Hamburg 1928], 16. Vgl. DW, ebd.; ,zwart’ und ,zwarten’ ablehnend Stieler, 2656. Vgl. 180000 K 3, 300320 K 8, ferner 371112, 380000, 380128, 380202, 380321, 380411, 380509, 380608A, 380828 I, 381028 u. 381116A.
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Schilling half die fruchtbringerische Korrespondenz F. Ludwigs zu führen und wurde, etwa von Johann v. Mario (FG 100;vgl. 300410, 300921 u. ö.) oder Martin Opitz v. Boberfeld (FG 200; s. im vorliegenden Band 371030 u. ö.) als Sekretär in Sachen der FG anerkannt und gesucht. Zu seinen ausgedehnten Reisen, auf die das Gedicht am Ende zu sprechen kommt, und seiner Fremdsprachenkenntnis vgl. Beilage III und Conermann III, 23f.

K II  Zwei Exemplare der Leichenpredigt auf Friedrich v. Schilling (FG 21) fanden sich im Nachlaß F. Ludwigs. IP, Bl. 399r: „h. Friedrich von Schillings Leichpredig [sic], alle beide ungebunden.“

K III Vgl. auch Beckmann VII, 266, der sich auf die Angaben der Leichenpredigt stützt.
1
Achille de Harlay sieur de Sancy (1581–1646), Sohn des Nicolas de Harlay sieur de Sancy (1546–1629), der bereits als Gesandter Frankreichs in der Schweiz (1579–1582) und in Gesandtschaften nach der Schweiz, Deutschland und England (1589ff.) sowie in kgl. Hofämtern bis hin zum Oberhofmarschall unter Kg. Heinrich IV. hervorgetreten war. Die Harlays stammten ursprünglich aus der Franche-Comté und hatten sich in verschiedene Zweige geteilt, darunter den protestantischen de Sancy. Einst Sekretär des Hugenottenführers Coligny, hatte Nicolas’ mehrfacher Religionswechsel die Polemik des Théodore Agrippa d’Aubigné hervorgerufen. Harlays ausgleichende Politik in Religionsfragen hatte jedoch François de la Noue zum Lobe veranlaßt, und (der Genfer Prediger) Simon Goulart de Senlis hatte ihm seine Seneca-Übertragungen gewidmet (Schrenck, s. u., 125f.). Auch seine kostbaren Diamanten hatten ihn durch ganz Europa berühmt werden lassen, darunter der größte von 55 Karat, der nach wechselvollem Schicksal den Namen „Sancy“ trägt. Nicolas de Harlay soll ihn um 1570 in Konstantinopel erworben, jedoch aufgrund hoher Schulden und nach Verlust seiner königlichen Ämter um 1600 wieder zu Geld gemacht haben. Vgl. ABF I 503/ 214ff.; DBF XVII, 667f.; J. C. F. Hoefer: Nouvelle Biographie Générale. 46 Bde., Bd. 43 (Paris 1864), 269f.; Otto Mittler: Die militärisch-diplomatischen Sendungen des Seigneur von Sancy nach der Schweiz und nach Deutschland in den Jahren 1589–1591. Zürich 1919 (Schweizer Studien zur Geschichtswissenschaft, XI), 13, 21; Gilbert Schrenck: Nicolas de Harlay, sieur de Sancy (1546–1629): l’antagoniste d’Agrippa d’Aubigné. Étude biographique et con-
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texte pamphlétaire. Paris 2000, 203ff. (dazu die Rezension von Gilles Banderier in Bibliothèque d’Humanisme et Renaissance 63 [2001], 675–678). Nicolas’ Sohn Achille schlug nach seinem Studium der Philosophie, Jurisprudenz und Theologie 1601 zunächst eine militärische Laufbahn ein, diente 1611–1618 (oder 1620) als Botschafter Frankreichs an der Hohen Pforte bzw. allgemein als „ambassadeur au Levant sous Louis XIII“ (Schrenck [s. o.], 41 Anm. 3). Von 1619 bis 1640 übte, von einer Unterbrechung (1632/33) abgesehen, sein Bruder Philippe de Harlay comte de Césy, dieses Amt in Konstantinopel aus (Spuler III, 355f.; Tongas, 12ff.), während Achille weitere Gesandtschaften übernahm. 1631 wurde er Bischof von Saint-Malo, 1635 Vorsitzender der bretonischen Ständevertretung. Er war ein Sammler orientalischer Manuskripte, die sich heute im Besitz der BN Paris befinden. Abraham de Wicquefort würdigte ihn sehr ehrenvoll: „Le caractere d’Achille de Harlay, Baron de Sancy [...] se trouve dans les relations de Pietro della Valle, qui en parle en ces termes: „C’estoit un Seigneur d’environ trente ans, c’est à dire fort jeune, & qui en cet âge avoit achevé les Cours de Philosophie, de Theologie & de Droit, comme ayant esté destiné à la robe: mais s’estant fait d’espée, il estoit appliqué aux Mathematiques, où il avoit fait des progrés qui lui avoient donné une tres-grande reputation, comme il estoit en effet un des premiers hommes de cette profession.“ Die Schilderung fährt fort mit Harlays profunden Kenntnissen in Pharmazie, Chemie und in Fremdsprachen: Italienisch, Spanisch, Deutsch, Alt- und Neugriechisch, Latein, auch Hebräisch, das er in Konstantinopel, wenngleich mit Mühe, erlernt habe. Hervorragende Kenntnisse in der Geschichte aller Zeiten und Völker hätten ihn zu einem perfekten Fürsten- und Staatsdiener, Beamten und Botschafter gemacht. Abraham de Wicquefort: L’AMBASSADEUR ET SES FONCTIONS ... DERNIERE EDITION, Augmentée des REFLEXIONS sur les MEMOIRES pour les Ambassadeurs, de la Reponse à l’Auteur. ET DU DISCOURS HISTORIQUE de L’ELECTION de l’EMPEREUR, & des Electeurs par le meme auteur. (2 Tle.) (Köln 1690 und 1698), I, 87f.; vgl. 227 (HAB: O 179. 4° Helmst.). Leider scheint es ein Itinerarium von Schillings Orient-Reise nicht zu geben, so daß die zeitlich ungenauen Angaben der Leichenpredigt die einzige Quelle darstellen. Die dort genannte Reise Schillings nach Konstantinopel muß nach 1609 stattgefunden haben, da er sich noch am 18. 12. dieses Jahres in Lyon immatrikulierte und erst danach die Türkei, Palästina und Ägypten bereiste, wie der LP zu entnehmen ist. Das nächste gesicherte Datum Ostern 1617 liefert Schillings Anstellung durch F. Ludwig als Hofmeister (s. Anm. 3). Vgl. Conermann III, 23ff. Vor diesem Hintergrund ist es gut möglich, daß er jenem Troß angehörte, der im September 1611 mit Achille de Harlay als künftigem französ. Botschafter und 16 Personen in Konstantinopel eintraf und ehrenvoll vom Sultan (s. Anm. 2) empfangen wurde. In der Relation des venezian. Gesandten Simon Contarini von 1612 heißt es nur kurz zu Harlay: „Monsignor di Sansi nuovo ambasciatore di Sua Maestà Cristianissima, poco in prima del mio partire, mi disse però che egli intorno a quel negozio non voleva stare a quanto il signore di Salagnac avea aggiustato con l’ambasciatore anglo; ond’io mi credo per questo, e per altri principii di nuove scontentezze, delle quali avvisai pure questo Eccellentissimo Senato, torneranno in sui primi e maggiori disgusti ben presto. Io ho poco trattato questo signore, tuttavia da qualche ragionamento, che ho passato seco, m’è paruto cavaliere moltopronto di buon ingegno, e ben intenzionato verso il servizio della Serenità Vostra: quello che non mi accorsi mai fosse il precessor suo; con il qual signore di Sansi trovandomi io innanzi il mio partire dalla Porta, con grande affetto mi disse: che oltre i primi ordini avuti da Sua Maestà Cristianissima in Francia, mentre doveva incamminarsi per Costantinopoli, altri caldissimi ne gli erano giunti perchè egli avesse con singolar amore ed attenzione a proteggere sempre gli interessi di Vostra Serenità; e mi promise appunto l’avrebbe fatto di quel modo gli era commesso.“ Simon Contarini: Relazione l’anno 1612. In: Relazioni di Ambasciatori Veneti al Senato. Tratte dalle migliori edizioni disponibili e ordinate cronologicamente. A cura di Luigi Firpo. Vol. XIII: Constantinopoli (1590–1793). Torino
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1984, 473–602, hier 558, vgl. auch 562 u. 571f. Vgl. ABF 503/ 208ff.; DBF XVII, 662f.; J. C. F. Hoefer: Nouvelle Biographie Générale. 46 Bde., Bd. 43 (Paris 1864), 270f.; Bertold Spuler: Die europäische Diplomatie in Konstantinopel bis zum Frieden von Belgrad (1739). Tl. 3: Listen der in Konstantinopel anwesenden Gesandten bis in die Mitte des 18. Jdts. In: Jahrbücher f. Kultur u. Geschichte der Slaven, N. F. Bd. XI (1935), 313–366, 354f. (Tl. 1, ebd., 53–115; Tl. 2, ebd., 171–222); Gérard Tongas: Les relations de la France avec l’Empire ottoman durant la première moitié du XVIIe siècle et l’Ambassade a Constantinople de Philippe de Harlay, Comte de Césy (1619–1640). Toulouse 1942, 10–12 (zu Achille de Harlay); Johann Wilhelm Zinkeisen: Geschichte des Osmanischen Reiches in Europa. 4. Tl.: Zunehmender Verfall und neuer Aufschwung des Reiches bis zu dem Frieden von Vasvar und dem Falle von Candia in den Jahren 1664 und 1669. Gotha 1856, 217; dass. 3. Tl.: Das innere Leben und angehender Verfall des Reiches bis zum Jahre 1623. Gotha 1855, 652 Anm. 1 u. 653. Vgl. ferner Larousse Du XXe Siècle en six Volumes. Publié sous la direction de Paul Augé. Tome VI (Paris 1933), 172; Schrenck (s. o.), 206ff., zu Achille S. 41 Anm. 3. Übrigens war der noch jugendliche F. Christian I. v. Anhalt-Bernburg (FG 26) bereits im Sommer 1582 von seinem Vater F. Joachim Ernst einer ksl. Gesandtschaft nach Konstantinopel beigegeben worden. Vgl. Frank Kreißler: Eine Kavalierstour an das Goldene Horn. Bemerkungen zur Konstantinopelreise des Fürsten Christian I. v. Anhalt-Bernburg (1582). In: MVAL 2 (1993), 80–94. Kreißlers Leipziger Diplomarbeit von 1989 (Deutsche Reisende nach Konstantinopel zwischen 1396 und 1611. Vorarbeit für eine prosopographische Untersuchung von Reise- und Erlebnisberichten deutscher Konstantinopelreisender), konnten wir leider nicht einsehen. In den späten 20er und frühen 30er Jahren zog der Patriarch Kyrillos I. Lukaris v. Konstantinopel aufgrund seiner Confessio das Interesse ganz Europas und vor allem der Reformierten auf sich. Mancher Gesandte und Reisende im bzw. nach dem Orient suchte die sich bietenden Chancen im Auftrag eines antirömischen Religionsbündnisses mit der Ostkirche. Vgl. 291028 u. 300725.
2
Sultan Achmed I. (1590–1617), regierte das Osmanische Reich seit 1603.
3
Kairo, arab. Masr al Kahira, frz. Le Caire, span. El Cairo, lat. Cairus oder Alcairus. „Alkair oder Kairo ist die Hauptstadt [...] des gantzen Egiptens“ (Olfert Dapper: Umbständliche und Eigentliche Beschreibung von AFRICA, Und denen darzu gehörigen Königreichen und Landschaften/ als Egypten/ Barbarien/ Libyen/ Biledulgerid/ dem Lande der Negros ... (Amsterdam 1670; HAB: Cd 17 4°), 76 (auch Ndr. Stuttgart 1964). Vgl. ferner: Türkischer Landstürtzer/ oder Neue Beschreibung Der fürnehmsten/ Türkischen Städte/ und Vestungen/ durch Ungarn/ Thracien/ und Egypten: Darinnen nicht allein Gran/ Ofen/ Griechisch-Weissenburg/ Sophia/ Philippolis/ Adrianopel/ Constantinopel/ Galata/ Alexandrien/ Alkair/ samt andern ausführlich beschrieben: Sondern auch allerley berühmte Flüsse/ Brucken/ Seehäfen ... bemerket werden. Wie solches alles Christian von Wallsdorff/ Als welcher im Jahr 1660 in der Ragotzischen Schlacht bey Clausenburg gefangen/ in die Türkey verkaufft/ und bald wieder ausgelöset worden/ auf seiner dreyjährigen Reise erfahren/ und ... verzeichnet. O. O. 1664, S. 23 (HAB: Gv 954; 150. 17 Hist. [5]): „Alkair“, die „Weltberühmte Hauptstadt in Egypten“ und „allergröste und fürnehmste Handelstadt in gantz Türkey“. Vgl. auch Hieronymus Dicelius: Geographisches DICTIONARIVM, Darinnen Die Königreiche/ Landschafften/ Städte/ Flüsse/ und mehr andere merckwürdige Sachen der Welt enthalten ... in Französischer Sprach zu Brüssel 1694. bey Frantz Foppens gedruckt ... Anjetzo ... ins Hoch=Teutsche übersetzet ... (Cölln 1696), 201 (HAB: Ca 83); Carolus Stephanus [d. i. Charles Estienne]: DICTIONARIVM HISTORICVM, GEOGRAPHICVM, POETICVM. (Genf 1638; HAB: 2. 8 Geogr.), 522.
4
F. Ludwig d. J. v. Anhalt-Köthen (1607–1624. FG 6), Sohn aus F. Ludwigs erster Ehe mit Fn. Amoena Amalia, geb. Gfn. v. Bentheim (1586–1625. AL 1618. PA. TG 2).
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K IV Vgl. K 3. Die von F. Christian wortgetreu zitierte Passage aus dem Munde Philones behandelt die künstlerische und poetische Gestaltung Cupidos und die Ähnlichkeit der Wunden, welche von der Liebe und von Pfeilen beigebracht werden.

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