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371028 Fürst Ludwig an Freiherr Enno Wilhelm von Innhausen und Knyphausen
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371028

Fürst Ludwig an Freiherr Enno Wilhelm von Innhausen und Knyphausen


F. Ludwig (Der Nährende/ Le Nourrissant) dankt für die Beileidsbezeugung Frh. Enno Wilhelms v. Innhausen und Knyphausen (FG 238) vom 21. 10. 1637 anläßlich des Todes des Köthener Hofmeisters Friedrich v. Schilling (FG 21. Der Langsame/ Le Tardif, Le Lent) und für den Vorschlag Innhausens bzgl. des Freiherrn v. Schrattenbach. F. Ludwig befinde sich aber wegen der seit zwei Jahren andauernden (Kriegs-)Schäden in einem so beklagenswerten Zustand, daß er einen solchen Mann nicht unterhalten könne. Falls Innhausen die auf französisch verfaßte kleine Abhandlung über den Tamerlan ohne die begonnene Verdeutschung des verstorbenen Herrn Johann Joachim v. Wartensleben (FG 108) empfangen habe, könne er sie mit der gewöhnlichen Post senden. Wenn die Übersetzung beigefügt sei, möge er besser auf die Kaufleute Silm warten, die zur Frühjahrsmesse nach Leipzig reisen und diese mitnehmen werden. — Der Tod Lgf. Wilhelms V. v. Hessen-Kassel (FG 65) ist sehr beklagenswert. Hinsichtlich der Kinder und Lande des Verstorbenen hoffe man noch auf Absprachen mit dem Fürstbf. v. Würzburg und Bamberg, Franz v. Hatzfeld. Der Feldmarschall (Gf. Johann v.) Götz ist nach Hessen aufgebrochen. Wenn bei diesem Unternehmen so viele Schwierigkeiten wie im Akkord von Hanau im Hinblick auf Schlüchtern gemacht würden, sehe F. Ludwig schwarz. — Schilling hat Innhausen um einige Wappen gebeten, um sie in das Archiv der Fruchtbringenden Gesellschaft aufzunehmen. F. Ludwig bittet ebenso um jene von Claus (v.) Sehested (FG 284) und Torsten Stålhandske (FG 254). Es genügen Federzeichnungen mit Angabe der Farben. Wenn Innhausen die Liste der bisher aufgenommenen 315 Mitglieder nicht habe, werde sie ihm geschickt. — Schilling habe Ludwig 20 Jahre gedient, und 20 Jahre bestehe auch die Fruchtbringende Gesellschaft. 90 Mitglieder seien seit der Gründung bereits verstorben. — Dem Brief lege der Fürst ein deutsches Sonett auf den Langsamen bei.

Beschreibung der Quelle


Q LHA Sa.-Anh./ Dessau: Abt. Köthen A 9a Nr. 87b, Bl. 23rv; eigenh. Konzept. Am Rand hsl. Bleistift-Hinweis von späterer H. (Gottlieb Krause?) zur Tamerlan-Übersetzung. (Vgl. KL III, 183ff.).

Anschrift


A Fehlt.

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Monsieur
Vous monstrez a suffisance vostre compassion sur le decez de feu mon maistre d’hostel1 par vostre responce du 21. courant,2 et l’affection que me portez par la proposition faites en icelle, touchant le Baron de Schrotenbach3 . Je ne doubte nullement de ses bonnes qualitéz [...]a devotion, et capacité, etb vous remercie tres affectueusement du souci qu’en avez eu de moy, mais me trouvant maintenant en un si pauvre estat, a cause du degast qui m’a este faict de deux ans en ça, et continue encores iournellement, ie ne voy pour encores nul moyen d’entretenirc un tel personnage c’est pourquoy ie vous prie de ne prendre pasd mal ceste miennee [...]f , il a autant qu’il me faut estre retenu en cela, iusques a ce que mes
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moyens retournent en un meilleur estat. En cas que vous avezg receu le petit traicteh du Tamerlane en Françoisi 4 , sans la Traduction Allemande commencéej du feu sieur de Wartensleben5 , vous me le pourrez envoyer par l’ordinaire, mais si la traduction y est adjointe il sera meilleur de le differer iusques a la foire de Leipzig du nouvel an, lá ouk il pourra estre porté par les gens des marchands Heine et Clas les Silmes6 . La mort de feu monsieur le Landgrave7 est bien deplorable,l on donne esperance encores pourm des traictéz quin s’entretienent avec l’Evesque de Wirzbourg8 , et s’il se pourroit faire un bon et asseuré accord pour ses enfans et pays9 , il ne seroit qu’a souhaitter. Le Feldmarschalo Götz10 est allé vers Hessen, etp quant y seront faicts tant de difficultes, que sur l’accord de Hanau touchant Schlichter11 , i’y voisq nul effect. Feu mon maistre d’Hostel vous avoit escrit n’a gueres pour quelques armoiries de nozr Accademiques, en cas que l’eussiez recouvertes, ie les aymerois biens avoir, pour les mettre aut reservoir dicelleu Accadem[ie] fructifiante.12 J’y desire aussi les armoiries de Sested13 , et Stalhans14 , et me seroit assez les avoir tirez seulement de la plume en ancre, y notez les couleurs15 ; Pardonnez moy de la peine que ie vous en donne, si vous n’avez toute la liste quiv monte a present iusques au nombre de trois cens et quinze16 [.] Ilw vous enx sera envoyéy le defaut. Le Tardif m’avoit servi vingt ans, qu’est aussi l’age de nostre Accademie fructifiante17 , et nous en avons contéz dernierement des morts quatre vingt et dix, c’est le changement de ce monde, [23v] etaa de ceste vie Laquelle Dieu nous rend meillieure, apres l’avoir deposée la terrienne. Vous trouverez peut estre mes lignes trop longues, ou fascheuses, c’est pourquoi ie finirayab vous recommendant a la tresseure protection et sauve-garde de nostre bon Dieu, et ie suis, Monsieur
  Vostre tresaffectionné amy.
  Le Nourrissant

  De Cöten ce 28. d’Octobr. 1637.

Vous trouverez ci dedans un Sonnet Allemand faict sur la mort du feu nostre tardif ou lent.18

Textapparat und Kommentar


Textapparat
T
a
Tintenklecks, wahrscheinlich über et oder de.
b
Eingefügt bis moy
c
Folgt <telles>
d
Eingefügt für <en mau>
e
Folgt <declaration>
f
Unleserlich.
g
Eingefügt für <ayez>
h
Eingefügt für <livre>
i
Folgt <seulement>
j
Am Rand ergänzt.
k
Folgt <un de>
l
Folgt <toutesfois>
m
Folgt <quelques>
n
Folgt <se facent>
o Für 〈Le Gen〉
p
Folgt 〈s’il se faict font tant〉, wobei font ursprünglich faict ersetzt
q
Folgt 〈peu ou〉
r
Folgt 〈compagnons〉
s
Folgt 〈d’〉
t
Ersetzt 〈en son〉
u
Ersetzt 〈de l’〉
v
Eingefügt bis 〈a present〉
w
Am Rand ergänzt für 〈elle〉
x
Eingefügt.
y
Folgt unverständliches Zeichen 〈p?〉 für pour? und direkt im Anschluß 〈le reste, duquel avez〉
z
Ersetzt 〈prouvé〉
aa
Am Rand ergänzt bis 〈vie〉
ab
Folgt 〈vous priant Di〉

Kommentar

K
1
Friedrich v. Schilling (FG 21. Der Langsame/ Le Tardif/ Le Lent) verstarb am 9. 10. 1637. Vgl. 371027 nebst Beilagen I–III. Zur Überlieferung ins Französische übersetzter Gesellschaftsnamen der FG-Mitglieder vgl. 371112A K 9.
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Anscheinend nicht erhalten.
3
Der in Bremen lebende Exulant Frh. Balthasar v. Schrattenbach. S. 370902 K 12.
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4
Jean Du Becq-Crespin: Histoire du grand Empéreur Tamerlanes (erstmals Rouen 1595). S. 371112A K 4.
5
Johann Joachim v. Wartensleben (FG 108. Der Beschlossene). Er war am 21. 2. 1633 in Dresden gestorben und hatte seine Tamerlan-Übersetzung unvollendet hinterlassen. F. Ludwig schloß sie ab und brachte sie zum Druck. Vgl. 370902 K 11–13.
6
Die Tuchhändler- und Bankiersfamilie Silm (Sillem, Selm u. ä.) war in Hamburg, Amsterdam und anderenorts tätig. Vgl. Hermann Kellenbenz: Unternehmerkräfte im Hamburger Portugal- und Spanienhandel 1590–1625. Hamburg 1954, bes. S. 136–141. Vgl. auch 301001 K 1 u. 371127 K 9.
7
Lgf. Wilhelm V. v. Hessen-Kassel (FG 65) war am 21. 9./ 1. 10. 1637 in Leer/ Ostfriesland als Geächteter gestorben. Vgl. 370422 K 1. Zu Reaktionen von FG-Mitgliedern auf den Tod des Landgrafen vgl. 370422 K 7.
8
Franz v. Hatzfeld (1596–1642), Bf. v. Würzburg und Bamberg, Bruder des ksl. Feldmarschalls Reichsgf. Melchior v. Hatzfeld u. Gleichen, s. Klaus Wittstadt: Würzburger Bischöfe 742–1979. [Würzburg] 1979, 70f. Helmut Neumaier: "Daß wir kein anderes Haupt oder von Gott eingesetzte zeitlich Obrigkeit haben". Ort Odenwald der fränk. Reichsritterschaft von den Anfängen bis zum 30jährigen Krieg. Stuttgart 2005, 142 u. 230. Nach Abschluß des Prager Friedens im Mai 1635 war Franz v. Hatzfeld als ksl. Vermittler eingesetzt worden, um Lgf. Wilhelm V. zum Friedensbeitritt zu bewegen. Da sich dieser in seinen Hauptinteressen übergangen sah, scheiterten die Verhandlungen. Vgl. 370422 K 1; Franz v. Geyso: Beiträge zur Politik und Kriegführung Hessens im Zeitalter des 30jährigen Krieges und Grundlagen zu einer Lebensgeschichte des Generalleutnants Johann Geyso. 3. Tl. In: Zeitschrift des Vereins f. hessische Geschichte u. Landeskunde 55 (1926), 1–175, hier 81ff.; Volker Press: Hessen im Zeitalter der Landesteilung (1567–1655). In: Das Werden Hessens. Hg. Walter Heinemeyer. Marburg 1986, 267–331, hier 310f.
9
Nach dem Tode Lgf. Wilhelms V. v. Hessen-Kassel (s. Anm. 7) beanspruchte Lgf. Georg II. v. Hessen-Darmstadt (1605–1661) unter Berufung auf das „ius agnati“ sowie auf die (bis dahin nicht publizierte) ksl. Achterklärung Ferdinands II. vom November 1636 und deren Bestätigung durch Ferdinand III., d. d. Wien, 24. 4. 1637, die Administration des Kasselschen Landesteils. Demgegenüber bestellte das Testament Lgf. Wilhelms V. die Witwe Amalia Elisabeth zu Regentin und Vormund Pz. Wilhelms VI. (FG 694. 1659) und die Könige von Großbritannien und Frankreich sowie die Generalstaaten zu Mitvormündern. Die Kasseler Regierung und Landstände hatten dem entsprochen und umgehend die Huldigung Wilhelms VI. eingeholt und die hessischen Truppen auf den Erbprinzen vereidigt. Die sich in der Folge anspinnenden Verhandlungen zwischen den beiden hessischen Linien wurden von Kassel zunächst hingezogen. Auch die Interventionen Kf. Johann Georgs I. v. Sachsen, Schwiegervater Lgf. Georgs II., und Hz. Georgs v. Braunschweig-Calenberg (FG 231), die die Witwe und die Kasseler Regierungsräte und Landstände aufforderten, sich dem ksl. Gebot zu unterwerfen, dem Prager Frieden beizutreten und Lgf. Georgs Administration Niederhessens zu akzeptieren, vermochten die Darmstädter Ansprüche nicht durchzusetzen. Ein Vergleich d. d. Marburg 23. 1. 1638 a. St. umging eine definitive Lösung, fand aber auch nicht die Zustimmung des Kaisers. In der Folgezeit zerschlugen sich die weiteren Friedensverhandlungen mit dem Kaiser unter kurmainzischer Vermittlung, so daß Lgfn. Amalia Elisabeth im August 1639 und März 1640 ein Bündnis mit Schweden und Frankreich einging. Vgl. auch 380616 K 11 u. 13. Damit sollte es ihr gelingen, eine militärisch geschützte, selbstbewußte und offensive Hauspolitik gegen die Darmstädter Vettern durchzusetzen. Vgl. Ks. Ferdinand III.: Mandat, An alle und iede, Weyland Herrn Landgraf Wilhelms zu Hessen gewesene Landstände, Rähte und Diner, und ins gemain an alle Niderhessische Einwohner [...], Herrn Landgraf Georgens zu Hessen Fe. Gn. vor einen rechtmässigen Administratorem der Niderhessischen Lande zuerkennen [...] datirt Wien, den 27. Novembris, Anno 1637. O. O. Anno 1637 (Es folgen weitere Schreiben Lgf. Georgs II. an die Land-
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stände und Räte Hessen-Kassels und der Kasseler Räte an Lgf. Georg II. (1637). Nach: Stadtbibliothek Frankfurt a. M. Flugschriftensammlung „Discursus politici“ des Johann Maximilian Zum Jungen. Bearb. v. Paul Hohenemser. Frankfurt a. M. 1930, Ndr. Hildesheim, New York 1977, 196, 197, 198 u. 200. Vgl. ferner Pufendorf: Kriegs-Geschichte I, 391; Theatrum europaeum III (2. Aufl. 1644), 818, 864ff., 871, 880f., 887ff. u. 901ff. (HAB: Ge 4° 54); Kurt Beck: Bruderzwist im Hause Hessen. In: Die Geschichte Hessens. Hg. Uwe Schultz. Stuttgart 1983, 95–105, hier 104; Michael Conrad Curtius: Geschichte und Statistik von Hessen. Marburg 1793, 191ff.; Karl E. Demandt: Geschichte des Landes Hessen. 2., neubearb. u. erw. Aufl. Kassel u. Basel 1972, 258. Press (s. Anm. 8), 312ff.
10
Der kurbayerische Feldmarschall Gf. Johann v. Götz, s. auch 370421 K 5 u. ö. Er trat im Oktober 1637 gegenüber Hessen-Kassel offen als ksl. und Reichs-Exekutor in Erscheinung, als Lgf. Georg II. von Hessen-Darmstadt seine vom Kaiser gestützten Ansprüche auf Unterstellung des Kasseler Landesteils geltend machte. S. Anm. 9. Faktisch war damals ganz Niederhessen mit Ausnahme der Festungen Kassel und Ziegenhain sowie Hersfelds in der Hand der ksl. und Reichstruppen. Vgl. Götz’ Schreiben an die Landstände Hessen-Kassels, d. d. Arnstadt 13. 10. 1637, in welchem er seinen und seiner Truppen direkten Marsch nach Niederhessen ankündigte, das er zu „impatroniren“ gesonnen sei, um den ksl. Machtspruch durchzusetzen. Die Landstände sollten faktisch ihren soeben geleisteten Huldigungseid auf Erbprinz Wilhelm VI. v. Hessen-Kassel (FG 694. 1659) brechen, sich den ksl. Mandaten und dem Prager Frieden unterwerfen, die ksl. und Reichstruppen einquartieren, andernfalls drohe die gewaltsame Exekution. Seine Aufforderung wurde ignoriert, und er zog Ende Oktober aus Hessen ab. Theatrum europaeum III (2. Aufl. 1644), 870f., vgl. 783, 792 u. 804 (HAB: Ge 4° 54); vgl. Franz v. Geyso: Beiträge zur Politik und Kriegführung Hessens im Zeitalter des 30jährigen Krieges und Grundlagen zu einer Lebensgeschichte des Generalleutnants Johann Geyso. 3. Tl. In: Zs. des Vereins f. hessische Geschichte u. Landeskunde 55 (1926), 1–175, hier 156f.
11
Schlüchtern, Städtchen und Amt in der Obergft. Hanau (Hanau-Münzenberg zugehörig), heute Stadt in Hessen (Main-Kinzig-Kreis). F. Ludwigs Befürchtungen beziehen sich auf die Zukunft des hessen-kasselschen Erbes. — Seit 1567/71 reklamierte das Bst. Würzburg den Besitz des 1543 nach der Augsburger Konfession reformierten ehemaligen Benediktiner-Klosters Schlüchtern. Die Hanauer Grafen hingegen beriefen sich auf ihre seit dem 14. Jahrhundert nachweisbaren Besitz- und Schutztitel an dem Amt Schlüchtern einschließlich des Klosters, auf die rechtmäßige Reformation, die das Kloster in eine evangelische Schule verwandelte, und auf den Augsburger Religionsfrieden. Die Würzburger Ansprüche gelangten vor den Kaiser, den Reichstag und das Reichskammergericht. Der Streit spitzte sich dann seit 1624 zu, als der Bischof 1626 beim Reichshofrat ein Restitutionsmandat gegen Gf. Philipp Moritz v. Hanau-Münzenberg (FG 144; vgl. 360703 K 23) und beim Kaiser ein im April 1637 publiziertes Exekutionsmandat erwirkte, welches Kurbayern und Hessen-Darmstadt mit der Durchsetzung der Restitution beauftragte. Im Februar 1638 ließen sich die Exekutionskommissare in Schlüchtern auf keine Verhandlungen oder Interpellationen ein. Dem Druck sich beugend trat Gf. Philipp Moritz das Kloster am 6. 3. 1638 an das Bst. Würzburg ab. Der Streit um die angeblich oder wirklich zum Kloster gehörenden Dörfer und Gemarkungen zog sich aber weiter hin. Er endete 1656 mit einem Vergleich: Würzburg erstattete das Kloster Schlüchtern im Austausch gegen Salzbrunnen und einige andere Besitzungen in Orb zurück. Vgl. Warhaffter Bericht/ Was es mit dem Closter Schlüchtern/ so in der Graffschafft Hanaw gelegen/ für eine Beschaffenheit habe/ Vnd Was wolermeldter Graffschafft wegen Solches Closters in den Jahren 1624. 1625. 1626. vnd 1627. durch das vom damahligen Herrn Bischoffen zu Würtzburg [...] am Keyserlichen Hoff außgewürckte Mandatum de restituendo, daruff erlangtes Vrtheil/ vnd erfolgte Execution [...] vor höchste Beschwehrungen zugezogen worden. Für 16. Jahren also verfasst/ vnd nun-
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mehr [...] in offenen Truck kommen. Jm Jahr Christi/ 1647. HAB: QuN 201 (6); Merian: Topographia (Hassiae 1665), 120; Handbuch der historischen Stätten Deutschlands. Bd. 4: Hessen. 3., überarb. Aufl. Stuttgart 1976, 405; Carl Arnd: Geschichte der Provinz Hanau und der unteren Maingegend. Hanau 1858, 251 u. 259. — Der Hanauer Akkord, den F. Ludwig im vorliegenden Brief erwähnt, geht in das Jahr 1636 zurück und hatte mit der mühsamen Restitution des 1635 von Kaiser und Reich geächteten und exilierten Gf.en Philipp Moritz v. Hanau-Münzenberg und dem Auszug der schwedischen Garnison zu tun, die Hanau seit Oktober 1631 besetzt hielt und zum Ausganspunkt zahlreicher Raub- und Streifzüge in die ganze Maingegend machte. Vgl. 360703 K 23; Theatrum europaeum III (1644), 771 u. 792 (HAB: Ge 4° 54); Rudolf Wille: Hanau im dreissigjährigen Kriege. Hanau 1886, 361ff. Sowohl Gf. Philipp Moritz als auch Hanaus Nachbarn hatten das Interesse, die lästigen Gäste loszuwerden. Im Dezember 1636 war bereits ein Übergabe- Vertrag („Accord“) unter der Leitung des ksl. Bevollmächtigten, des Ebf.s und Kf.en von Mainz, Anselm Casimir Wamboldt v. Umstadt (1583–1647; vgl. ADB I, 479f.; Handbuch der Mainzer Kirchengeschichte 2 [1997] 581), zwischen dem schwedischen Generalmajor Sir James Ramsay (Schottland 1589 – Dillenburg 29. 6. 1639; seit dem 2. 10. 1634 schwed. Kommandant in Hanau) und den ksl. Räten und Obristen Burggf. u. Herr Heinrich zu Dohna und Johann Christoph v. Hegnenberg (vgl. Andreas Thiele: Erzählende genealog. Stammtafeln zur europ. Geschichte. Bd. I.1. Frankfurt a. M. 21993, T. 127a) aufgesetzt und am 5. 12. in Regensburg von Ks. Ferdinand II. ratifiziert worden. Dessen Tod am 15. 2. 1637 brachte die Durchführung der Vertragsbestimmungen ins Stocken, bis am 21./ 31. 8. 1637 in Mainz ein neuer Vertrag aufgesetzt wurde (im Wortlaut abgedruckt in Wille, s. o., 714–719). Diesen handelten Kurmainz, Vertreter Hessen-Darmstadts und der Stadt Frankfurt a. M., Gf. Albrecht Otto v. Solms-Laubach als Vertreter Gf. Philipp Moritz’ und Dr. N. Haßmann, Rat und Stadtschreiber Hanaus als Bevollmächtigter Ramsays, aus. Die Übergabe-Vereinbarung sah die völlige Rehabilitation und Restitution Gf. Philipp Moritz’ durch Vermittlung von Kurmainz beim Kaiser, seine Aufnahme in den Prager Frieden und die damit verbundene Amnestie, und zwar ohne Bekenntniszwang zur Augsburger Konfession, die Befreiung der Alt-und Neustadt Hanau von fremder Einquartierung u. a. m. vor. Ramsay sollten drei Güter in Mecklenburg (die ihm 1632 von Kg. Gustav II. Adolf v. Schweden geschenkt worden waren) bestätigt und eine Summe von 50.000 Reichstalern ausgezahlt werden. Alle Feindseligkeiten sollten sofort eingestellt und die Bestimmungen Stück für Stück vollzogen werden. Die ksl. Ratifikation des Übergabe-Vertrages erfolgte am 14. 9. 1637. S. Londorp IV, 687f.; vgl. Theatrum europaeum III (1644), 818 (HAB: Ge 4° 54); Wille, s. o., 720f. Sie nahm jedoch einige signifikante Veränderungen am Text der Vereinbarungen vor, u. a. Schlüchtern betreffend. Der Punkt 2 des Mainzer Vertrages hatte nämlich Gf. Philipp Moritz und seinen rechtmäßigen Nachfahren den ungeschmälerten Besitz und Genuß aller Länder und Rechte eingeräumt, „Vndt in specie auch dem Closter Schlüchtern, alß welches Vor dem Passawischen Vertrag reformirt Worden, ruhig nit allein gelaßen, sondern auch da bey dießem Krigsweßen etwas vorheroccupirt vndt entzogen worden, widerumb gäntzlichen ohne entgelt Vndt Verzug restituirt werden.“ Zit. n. Wille, s. o., 716. (Der Passauer Vertrag von 1552 lieferte im Prager Frieden das Stichdatum, vor welchem der Einzug geistlicher Güter und Stifter in der Reformation anerkannt wurde. S. BA II.10, 1606f.). Dieser Mainzer Vertragspunkt fehlte aber völlig in der ksl. Ratifikation (s. Londorp, a. a. O.). Ramsay bemerkte diese und andere Verfälschungen, wartete vergeblich auf die Erfüllung der ihm gemachten Zusagen und sah sich hintergangen. Schon bevor er die Unstimmigkeiten der ksl. Ratifikation bemerkte, hatte er Hz. Bernhard v. Sachsen-Weimar (FG 30), der Hanau als Stützpunkt für seine geplanten Kriegszüge ins Reich unbedingt erhalten wissen wollte, versichert, die Vereinbarungen seien für ihre Partei sehr günstig, abgesehen davon traue er „aber dem Keyser das geringste nicht, bis das ich alle ding in händen halte“ (Hanau,
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20./ 30. 9. 1637; zit. nach Wille: Urkundliche Beiträge [s. u.], 57). Sein Mißtrauen wurde bestätigt, und so fühlte er sich nun an seine eigenen Zusagen auch nicht mehr gebunden. Für das Theatrum europaeum war der Schotte allerdings der Schuldige: „Vnd gleichwol hatte der Opiniatrirische [d. h. widerspenstige] Commendant in Hanaw noch wenig im Sinn/ den Orth zuverlassen/ oder von dannen mit seiner Schwedischen Soldatesca außzuziehen.“ Theatrum europaeum III (1644), 838. Auch Innhausen selbst berichtete Schilling am 14. 10. 1637: „Les traictez de paix [vgl. 370729 K 11] vont par tout en fumée, comme aussi l’accord de Hanau“ (LHA Sa.-Anh./ Dessau: Abt. Kö. A 9a Nr. 87b, Bl. 149r). Nachdem Gf. Philipp Moritz am 25. 11./ 5. 12. 1637 nach dreijährigem Exil und der sich abzeichnenden Aussöhnung mit dem Kaiser wieder in seine Residenz eingezogen war, wurden er und Gf. Albrecht Otto v. Solms-Laubach von Ramsay gefangengesetzt. Vgl. Theatrum europaeum III (1644), 887; Pufendorf: Kriegs-Geschichte I, 393f.; Christian: Tageb. XIV, 543r: Nachricht, „Daß der Graf von Hanaw, vom Ramsay, in seinem hause gefangen gehalten werde.“ (Eintrag vom 1. 1. 1638). Vgl. a. a. O., 561v. Erst ein am 11./ 21. 2. 1638 mit auswärtiger Hilfe unter Führung von Gf. Ludwig Heinrich v. Nassau-Dillenburg (1594–1661), ksl. Generalwachtmeister, durchgeführter Anschlag auf die schwedische Besatzung Hanaus brachte Gf. Philipp Moritz in den Besitz seiner Residenzstadt. Ramsay wurde dabei schwer verwundet und gefangen genommen. Er verschied am 29. 6. 1639 in Dillenburger Haft. Vgl. Christian: Tageb. XIV, 561v. Gf. Philipp Moritz starb schon am 3. 8. 1638. Seine Witwe, Gfn. Sibylla Christina, geb. Fn. v. Anhalt-Dessau (1603–1686; PA), führte die Regierung in Vormundschaft des sechsjährigen Sohns Philipp Ludwig weiter. Mit ihm starb die Münzenberger Hauptlinie der Hanauer Grafen am 22. 11. 1641 aus. Vgl. ADB XXVII, 220ff. (Ramsay); Engerisser, 338 u. ö.(Ramsay); Londorp IV, 690ff.; Pufendorf: Kriegs-Geschichte I, 449; Redlich I, 380f. (Ramsay); Rössler/ Franz, 2253 (Ramsay); Theatrum europaeum III (1644), 909ff.; Eigentlicher Bericht, von Einnemung und Eroberung der beyden Stätt und Vestungen Hanaw (o. O. 1638); Vortrab Hanawischer deduction Uber Die Ramsaysche ungefügte vorgenohmene Proceduren (o. O. 1638), beide Titel zit. nach Hohenemser (s. Anm. 9), 199 u. 201; Dieter Dörner: Hanau im Spiegelbild des Dreißigjährigen Krieges und die Belagerung durch Lamboy. In: Reise durch Hanaus Geschichte. stadtzeit. Geschichtsmagazin anläßlich des Jubiläums „400 Jahre Wallonisch- Niederländische Gemeinde und Neustadt Hanau“. 1597–1997. Hg. Magistrat der Stadt Hanau [u. a.]. Red.: Lars-Oliver Renftel. [Hanau 1997], 24–29, hier 25f.; Karl E. Demandt: Geschichte des Landes Hessen (s. Anm. 9), 297; Franz v. Geyso: Beiträge zur Politik und Kriegführung Hessens im Zeitalter des 30jährigen Krieges und Grundlagen zu einer Lebensgeschichte des Generalleutnants Johann Geyso. Zeitschrift des Vereins f. hessische Geschichte u. Landeskunde. 3. Tl. In: Zeitschrift des Vereins f. hessische Geschichte u. Landeskunde 55 (1926), 1–175; hier 81ff.; W. Junghans: Kurze Geschichte der Stadt und des Kreises Hanau. Hanau 1887, 43ff.; Art. „Jakob von Ramsay“ in: Karl Siebert: Hanauer Biographien aus drei Jahrhunderten. Hanau 1919 (Hanauer Geschichtsblätter NF 3/4 [1919]), 157–159; Wille (s. o.), 436ff.; ders.: Urkundliche Beiträge zur Geschichte Hanaus im dreissigjährigen Kriege aus dem Nachlaß Herzog Bernhards von Weimar. Hanau 1888, 17ff., 43ff.
12
Archiv oder Erzschrein der FG. Vgl. archive in 380423. Von den uns erhaltenen Belegen her zu schließen, bürgerte sich die Bezeichnung ertzschrein schnell seit dem Jahre 1637 in der FG ein. S. 371110 K 11. Vgl. zur üblichen Bezeichnung „Academiques“ für Mitglieder der FG 371112A K 1.
13
Claus (v.) Sehested (FG 284), vgl. auch 371112A, 371117, 371222 K 1, 380100, 380125A u. 380210.
14
Torsten Stålhandske [Stahlhandschuh] (FG 254), mit Pappenheim und Stakenbroeck einer der fähigsten Reiterführer des 30jährigen Krieges, berühmt-berüchtigter Kommandeur südfinnischer Bauernreiter, auch wenn Johan Banér (FG 222) 1638 „vielleicht wegen alters“ nachlassendes „judicio und gedechntnus“ bei ihm bemängelte. AOSB SA VI, 569. 1629 Oberstleutnant unter Åke Tott, 1630 mit Kg. Gustav II. Adolf
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v. Schweden nach Deutschland gekommen, erwarb er sich in vielen Schlachten als Obrist (1632), Generalmajor (1634) und am Ende als Generalleutnant der Kavallerie unter Feldmarschall Lennart Torstensson militärische Verdienste und hohes Ansehen. Seine Einheiten erhielten aufgrund ihrer Unerbittlichkeit und ausdauernden Kampfbereitschaft den Namen „Hakkapeliitta“, eingedeutscht Hakkapeliter, ein Name, der zurückgeht auf das neulat. Kunstwort haccapeli, das den finn. Stamm hakkaa päälle (hau drauf, schlag zu) reflektiert. S. Conermann III, 280f.; Engerisser, 28; Redlich I, 415 u. 434; SBA B 318/001ff.; Detlev Pleiss: ‚Wer zählt die Völker, nennt die Namen...’. In: Frankenland. Zs. f. fränkische Landeskunde u. Kulturpflege 52 (2000) H. 5, 341–352, hier 348. — Über die näheren Umstände seiner FG-Aufnahme ist nichts bekannt. Vgl. auch 370715 K 6, 380100 u. 380423.
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Zum FG-Gebrauch, die Wappen (wie auch die Impresen) aller Mitglieder auf Seide gestickt zu sammeln und in Gobelins für den Köthener Schloßsaal zusammenzunähen vgl. 371220 K 12.
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Bis auf Martinus Milagius (FG 315. 1637). Eine solche Liste wurde Innhausen von F. Ludwig zusammen mit 371112A zugeschickt. Zur Nachfrage und Zirkulation von Mitgliederlisten in der fruchtbringerischen Korrespondenz vgl. 271209 I, 280216A I, 470117A. Für die Korrespondenzjahrgänge 1637/38 vgl. 371117, 371211, 371220 u. I, 371221, 380202, 390514 (=KE, 136); zu Listen mit den ins Französische übersetzten Gesellschaftsnamen vgl. 371112A K 9.
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Jüngst ist der Gründungsbericht der FG, wonach diese am 24. August 1617 in Weimar gegründet worden ist, zu Unrecht als „Legende“ bezeichnet und die Gründung selbst in das Jahr 1622 verschoben worden. S. Klaus Manger: Teutschhertziger Kulturpatriotismus in der Fruchtbringenden Gesellschaft. In: Die Fruchtbringer — eine Teutschhertzige Gesellschaft. Hg. K. M. Heidelberg 2001, 79–104, hier 95ff.; übernommen von Georg Schmidt: Die Anfänge der Fruchtbringenden Gesellschaft als politisch motivierte Sammlungsbewegung und höfische Akademie. In: ebd., 5–37, 15ff., Herbert Jaumann: Sprachgesellschaft. In: Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft. Hg. Jan-Dirk Müller. Bd. 3 (Berlin 2003), 476–479, hier 477 und anderen. Zum Gründungsbericht der FG vgl. Kurtzer Bericht der Fruchtbringenden Gesellschafft Zweck und Vorhaben. Gedruckt zu Cöthen/ Jm Jahr/ 1622. Ndr. in: DA Köthen II. 1, [7]–[10], hier [8]; Hille, 6ff. Im GB 1646 erscheint im „Bericht“, Bl. ¶ ii r, erstmals das genaue Datum des 24. Augusts 1617 als Gründungstermin; danach Neumark: Palmbaum, 9. Gegen die Fiktionalisierung des Gründungsberichts hat quellengestützt Einspruch erhoben, ohne allerdings die Quellen im Einzelnen nachzuweisen: Frank Boblenz: Legendenbildung oder Wirklichkeit? Vor 385 Jahren wurde in Weimar die Fruchtbringende Gesellschaft initiiert. In: Palmbaum. Literarisches Journal aus Thüringen. 10 (2002), 162–170. Quellen (ThHSTA Weimar: Fl. Haus A 558 u. 559) und eine Reihe von Indizien zur Stützung des offiziellen Gründungsberichts der FG wie das im vorliegenden Brief genannte Gründungsjahr 1617 sind aufgeführt in Herz/ Ball, S. 138 Anm. 1. Dagegen erneut Schmidt: Kulturbedeutung, Musenhof und „Land der Residenzen“. In: Matthias Werner (Hg.): Im Spannungsfeld von Wissenschaft u. Politik. 150 Jahre Landesgeschichtsforschung in Thüringen. Köln u.a. 2005,343-376, 370.
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Das Sonett F. Ludwigs auf seinen Hofmeister in 371027 I–II.

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