Text

371112A Fürst Ludwig an Freiherr Enno Wilhelm von Innhausen und Knyphausen
[Inhaltsverzeichnis]
|| [290]

371112A

Fürst Ludwig an Freiherr Enno Wilhelm von Innhausen und Knyphausen


F. Ludwig (Der Nährende/ Le Nourrissant) sendet die Mitgliederliste der Fruchtbringenden Gesellschaft und zwei Exemplare seines Erdichteten Cupido — eines davon an Frh. Enno Wilhelm v. Innhausen u. Knyphausen (FG 238), das andere an Ernst v. Wietersheim (FG 279) bzw. Claus (v.) Sehested (FG 284) (Le Singulier), damit daran die Regelmäßigkeit deutscher Verse offenbar werde. F. Ludwig hat den frz. Tamerlan empfangen, den Johann Joachim v. Wartensleben (FG 108) zwar sehr gut und flüssig übersetzte, aber nicht fertigstellen konnte. Nach Ansicht F. Ludwigs, der schon ehedem mit Wartensleben zusammen einen Teil der Übertragung gelesen hatte, müsse auch wegen des lesenswürdigen Stoffes die schon fast fertiggestellte Übersetzung zu Ende geführt werden.
|| [291]
— Es geht das Gerücht, daß der schwedische Feldmarschall Herman Wrangel eine Niederlage erlitten habe.
— Falls Johann Stöcker (FG 133. Der Vortreffliche/ L’Excellent) in oder nahe Hamburg sei, möge Innhausen ein beiliegendes Brieflein ihm ebenso wie Christoph Deichmann (FG 288. Der Lautere/ Le Pur) zukommen lassen. Der Inhalt betreffe Dinge der Fruchtbringenden Gesellschaft. Aber es wäre gut, alle Gesellschaftsnamen ins Französische zu übersetzen, um sie bei Gelegenheit gebrauchen zu können. Innhausen möge die Aufgabe übernehmen und die Übersetzung dann an F. Ludwig senden. — Heinrich Schumacher (FG 359. 1641) werde Innhausen über Köthener Neuigkeiten informieren.

Beschreibung der Quelle


Q LHA Sa.-Anh./ Dessau: Abt. Köthen A 9a Nr. 87b, Bl. 24rv, 24v leer; eigenh. Konzept.

Anschrift


A  Fehlt.

Text


Monsieur
Voici joint la liste de noz Accademiques1 dea laquelle avez eu faute, avec deux exemplaires d’une petite poisie2 , L’un desquels il vous plaira tenirb pour vous, et énvoyer [sic] l’autre au Singulier3 , pour voir en quelle façon noz rimes Allemans doibvent estre reguliers. J’ai bien receu l’histoire de Tamerlanes,4 c´est dommage que le feu sieur de Wartensleben5 n’a sçeu parachever sa traduction, laquelle estoit tres bonne et coulante, car i´en avoi leu avec lui une partie, et a ce que ie voy au livret estoit quasiment mené a la fin, neantmoins ie pense encores dec trouver quelcun qu’yd mette la main, la matiere est digne d’estre leue. Le bruict est couru d’une desfaite, qui devoit estre advenue au Feldmarschal Wrangel6 . En cas que L’Exellent7 est a Hambourg, ou prez de la, il vous plaira luy faire tenir ce petit billet, comme aussi au pur, quie est Chancelier Teichman8 ce sont choses concernantes nostre Accademie, Il ne seroit que bon de mettre aussi tous les noms de noz Accademiques en François, pourf en user aux occurrences, s’il vous plairoit d’en prendre la peine, toutes fois avec bonne commodité, et me les envoyer.9 Deg Ce qu’il y a icy de nouveau, comme il y en a peu, Schumacher10 vous en fera a part. Je prie Dieu pour vostre prosperité, et suis a iamais
Monsieur Vostre tres affectionné amy

  le nourrissant.
  De Cöten ce 12 de Novembre 1637.

Textapparat und Kommentar


Textapparat
T
a
Eingefügt.
b
Aus <re>tenir
c
Folgt <y>
d
Wohl statt qui y
e
Eingefügt bis <Teichmann>
f
Am Rand bis occurences ergänzt.
g
Eingefügt, deshalb Großschreibung des folgenden Wortes <Ce>

Kommentar

K
1
Eine Liste der ersten 315 FG-Mitglieder und ihrer Gesellschaftsnamen. Vgl. 371220 I. Zur signifikanten Bezeichnung „Academiques“ für Mitglieder der FG vgl. auch 280304 K 3, 280411 K 8, 290310, 371028 („Accademiques“), 371117 („Academiques“), 380423 („Accademiques fructifians“) u. 380616 („Academiques“).
2
F. Ludwigs Dichtung „Kurtze Erzehlung Von dem Erdichteten Cupidine“, von der einst ein von F. Ludwig mehrfach versandter eigenständiger Druck existiert haben muß. S. 371027 K 2. Zur Schreibweise „poisie“ vgl. Huguet VI, 46.
3
Nach einer wohl von F. Ludwig durchgesehenen Liste der ersten 449 Gesellschafts-
|| [292]
namen aus dem Jahre 1645 (HM Köthen: V S 449d) und nach Hille, 163 ist Le Singulier (bei Hille ital. Jl Singolare) die Verdeutschung des Namens des Einfachen (FG 279), der in anderen Köthener Listen auch Le Simplé, Le Simple, L’Uniquè, ital. Lo Scampio heißt. Demnach kann es sich im vorliegenden Brief bei „Le Singulier“ um den holstein-schaumburg. Drost von Pinneberg, Ernst v. Wietersheim (FG 279. 1638; 1638 vor Glückstadt ertrunken) handeln, der im fruchtbringerischen Briefwechsel 1637/38 ansonsten keine Rolle spielt. Nach derselben Namensliste von 1645 wurde „Der Sonderbahre“ (FG 284) durch frz. Le Particulier und ital. Jl Singolare (vgl. Hille, 164: Le Particulier bzw. Jl Paricolare [sic]) wiedergegeben. Dagegen findet man in einer anderen Liste der ersten 357 Mitglieder von 1641 (LHA Sa.-Anh./ Dessau: Abt. Köthen A 9a Nr. 167, Bl. 5r–8r) den Sonderbaren mit „Le Singulier“ übersetzt (Ernst v. Wietersheim erscheint dort als „Le Simplé“), so daß „Le Singulier“ im vorliegenden Brief auch Claus (v.) Sehested (FG 284), damals ebfl. Hofmarschall zu Bremen, sein könnte, zumal in 380125A von „le peculier ou Singulier“ gesprochen wird und peculier lt. Littré III, 1027 bis ins 16. Jahrhundert auch in der Bedeutung particulier erscheint, was für Sehested spräche. Vgl. auch 371117, 371222 K 1, 380125A u. 380210. F. Ludwig erwähnt den Namen „Sehstedt“ außerdem im Zusammenhang mit dessen Wappen in 380100.
4
Jean Du Bec-Crespin (um 1540–1610) : HISTOIRE | DV GRAND | TAMERLANES, | OV | SONT DESCRITS LES | RENCONTRES, ESCARMOV- | ches, batailles, sieges, assauts, escal- | lades, prinses de villes & places for- | tes, deffenduës & assaillies auec plu- | sieurs stratagemes de guerre, qu’il a | conduits & mis a fin, durant son | regne, de quarante ou cinquante | ans: Auec autres instructions pour | la guerre, qui ne doiuent estre igno- | rées de ceux qui veulent attaindre à | la science des armes. | Tirée des monumens antiques des Ara- | bes, par Meßire IEAN DV BEC, | Abbé de Mortemer. | Nouuellement reueuë, & corrigée. | [Ziervignette] | A ROVEN, | Chez Loys Lovdet, demeurant | à la ruë aux Iuifs, prés le Palais. | [Linie] | M. DC. XIIII. HAB: 589.14 Hist. 12° (4), 212 Bl. Die „Epistre av lecteur“ (Bl. A ijr – A 3r) ist gezeichnet Mortemer, 23. 3. 1594. Ihr folgen zwei französ. Gedichte, nämlich ein „Huitain“ und ein „Qvatrain“ von „Maineville“ (Bl. A 3v), sowie ein Sonett von „D. Dvthot“ (Bl. [A 4]r), das Werder als Vorlage seines eigenen Widmungssonetts für die deutsche Übersetzung des Tamerlan diente. Vgl. 380321 K 6 u. 11, 380405 I). Der Text ist in vier Kapitel untergliedert, wobei das vierte mit Ziffer „III“ fehlnumeriert ist (s. Bl. 108v). — Die Erstausgabe des insgesamt sehr seltenen Werkes erschien in Rouen 1595, vgl. Arbour, Nr. 1879. Weitere Ausgaben von 1602 bis zur genannten Ausgabe Rouen 1614 in BN XLII, 323f. Vgl. 370902 K 11; Conermann: Ludwig und Christian II. von Anhalt, 460–469.
5
Johann Joachim v. Wartensleben (FG 108), vgl. 370902 K 13.
6
Herman Wrangel af Salmis, schwed. Feldmarschall, damals mit seinen Truppen in Vorpommern stehend. S. 370715 K 7 u. 370722 K 5. Von einer im Herbst 1637 verlorenen Schlacht Wrangels liegen uns keine Nachrichten vor. Wohl aber hatte sich seit Oktober 1637 die Lage für die an der pommerschen „Seekante“ stehenden Schweden unter den Befehlshabern Johan Banér (FG 222; s. 370715 K 6) und Wrangel bedrohlich zugespitzt. Bis zum Ende des Jahres wurden sie durch das Vordringen der Kaiserlichen unter Gf. Matthias Gallas auf einen schmalen Küstensaum in Hinterpommern zurückgedrängt; sogar Usedom und Wolgast gingen zwischenzeitlich verloren. Vgl. 370805 K 6. Auch nach dem Rückzug Gallas’ aus Vorpommern (Ende Dezember 1637) und der Wiedereinnahme der kurz zuvor dort verlorenen Stellungen blieb die Lage des schwedischen Heeres desolat. Es herrschte in den ausgemergelten pommerschen Winterquartieren an allem Mangel und zudem große Gefahr der Meuterei. Zwar hatten die Kaiserlichen mit Klitzings Eroberung von Gartz (21. 2. 1638) und der kursächsischen Eroberung der Warnemünder Schanze im März 1638 einige militärische Erfolge, jedoch setzten auch ihnen Hunger und Krankheit enorm zu. Erst im Sommer 1638, durch schwedische Lieferungen verstärkt, wendete sich das Glück, als Banér mit über 20.000 Mann zu Fuß und
|| [293]
Roß zum Feldzug aufbrach und Gallas zurücktrieb — bis ins Magdeburgische, wobei Tausende ksl. Soldaten zugrunde gingen. Vgl. Pufendorf: Kriegs-Geschichte, 395ff., 427, 434ff.; Englund, 162ff.
7
Johann Stöcker (FG 133. Der Vortreffliche/ L’Excellent).
8
Christoph Deichmann (FG 288. Der Lautere/ Le Pur).
9
Listen, welche die Mitglieder chronologisch mit ihren deutschen und ins Französische übersetzten Gesellschaftsnamen aufführen, liegen im fruchtbringerischen Aktenbestand der Köthener Periode mehrfach vor.
I. HM Köthen: V S 449d: „Nahmen der Fruchtbringenden Gesellschafft. Les Noms des Accademiques Fructifians“ (chronologisch Nr. 1–449, d. h. Mitgliederstand 1645; Schreiberh., wohl von F. Ludwig durchgesehen);
II. HM Köthen: V S 449e: „Jn Privatis: den 1. Octobr. 1645:“ (chronologisch Nr. 440–457, d. h. Stand 1646; Nr. 450 und 451 nur mit dt. Gesellschaftsnamen; F. Ludwigs H.);
III. HM Köthen: V S 449g: Eine an Christian Ernst (v.) Knoch gesandte kurze Liste von F. Ludwigs H. (22 Namen; vgl. dazu 380202);
IV. LHA Sa.-Anh./ Dessau: Abt. Köthen A 9a Nr. 167, Bl. 5r–8r: „Nahmen der Fruchtbringenden Gesellschafft. Les Noms des Accademiques Fructifians“ (chronologisch geordnet Nr. 1–357, d. h. Stand 1641; Schreiberh.); 390909I
V. A. a. O., Bl. 11r (chronologisch Nr. 324–353, d. h. Stand 1641; Schreiberh.);
VI. Eine nicht von F. Ludwig approbierte Liste der Gesellschaftsmitglieder Nr. 1–457 mit den dt. Gesellschaftsnamen und den französischen., italienischen und lateinischen Übersetzungen derselben in Hille, 145–175 (Stand 1646).
Listen allein der französischen Gesellschaftsnamen:
VII. HM Köthen: V S 449f. (das chronologisch letzte hier aufgeführte Mitglied ist Nr. 449: Le Tournant, wie oben in Liste I., also Stand 1645; Schreiberh. ?);
VIII. LHA Sa.-Anh./ Dessau: Abt. Köthen A 9a Nr. 167, Bl. 9r–10v: „Les Noms des Accademiques Fructifians. En François.“ (Chronologisch Nr. 1–339, also Stand 1639, Nr. 1–317 Schreiberh. mit Ergänzungen von F. Christian II. v. Anhalt-Bernburg [FG 51]; Nr. 318–339 F. Christians II. H.; vgl. dazu 380202).
Neben Hille (s. o., Nr. VI.) liegen weitere gedruckte Listen der französischen Gesellschaftsnamen nicht vor. Vgl. Conermann II, 52f.
Innhausen hat seine Absicht, dem Wunsch F. Ludwigs zufolge eine vollständige Liste der ins Französische übersetzten Gesellschaftsnamen vorzulegen, nicht verwirklichen können. Mit 380202 übersandte F. Ludwig eine bereits in Zusammenarbeit mit Christian Ernst (v.) Knoch (FG 268) erarbeitete frz. Liste seinem Neffen, F. Christian II. v. Anhalt-Bernburg, mit der Bitte um Korrekturdurchsicht. Innhausen entschuldigte sich selbst noch einmal in 380616 für sein Versäumnis. Zur Übersetzung der FG-Gesellschaftsnamen ins Französische vgl. außerdem 371117, 380100, 380202 u. 380423. Zu Mitgliederlisten und ihrer Zirkulation in der FG allgemein vgl. auch 371028 K 16.
10
Heinrich Schumacher (FG 359. 1641). Am 1. 10. 1637 wurde Schumacher, der vermutlich mit F. Ludwigs Sohn Wilhelm Ludwig (FG 358. 1641) in die FG aufgenommen wurde, Hofrat in Köthen, s. Conermann III, 412.

XML: http://diglib.hab.de/edoc/ed000214/briefe/371112A.xml
XSLT: http://diglib.hab.de/edoc/ed000214/tei-transcript.xsl
PDF: http://diglib.hab.de/edoc/ed000214/download/371112A .pdf