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371124 Hans von Dieskau an Fürst Ludwig
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371124

Hans von Dieskau an Fürst Ludwig


Hans v. Dieskau (FG 212) fand nach seiner Rückkehr von Erfurt und Arnstadt F. Ludwigs Brief vor. Der Komponist (wohl Samuel Scheidt) habe den Lobgesang (vermutlich F. Ludwigs Des Bernhardi lob und Jubelgesang) gepriesen und ihn F. Ludwigs Wunsch gemäß in einer schlichten vierstimmigen Komposition vertont. Dieskau sendet die Vertonung sowie die beiden Teile des Don Quijote an den Fürsten. — Cuno v. Alvensleben (FG 98. Der Reifende) fand sich gestern ein. Dieskau und seine Brüder werden sich morgen mit ihm bereden. — Der gewählte Erzbischof des Erzstifts Magdeburg (Hz. August v. Sachsen-Weißenfels. FG 402. 1643) dringt gegenüber den Landständen auf seine Amtseinführung und zeigt sich besonders mit dem Finanzgebahren im Erzstift unzufrieden.

Beschreibung der Quelle


Q HM Köthen: V S 544, Bl. 21r–22v [A u. Empfangsvermerk: 22v], 21v u. 22r leer;[Handschrift: [21v]] eigenh.; Sig. — Ohne A und Schlußkurialien gedruckt in KE, 29; stark gekürzt in KL III, 96f. Bibliographisch erfaßt in Bürger, S. 948 (o. Nr.).
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Anschrift


A Dem Durchlauchtigen, vnndt hochgebohrnen Fürsten, vnndt Herrn, Herrn Ludowigen Fürsten zu Anhaldt, Grafen, zu Ascanien Herrn zu Zerbst vndt Bernburgk, Meinem gnedigen Fürsten vndt Herrn.
Darunter Empfangsvermerk von unbekannter H.: ps. ☉. 25. 9b. 1637.1

Text


Durchlauchtiger vnndt Hochgebohrner Fürst,
Euer F. gnd. seindt meine vnterthenige schuldige Dienste bevohr, Gnediger Herr, Zu meiner wider zurückunfft von Erfurdt, vndt Arnstadt, habe ich vor mir funden, was Euer f. gnd. an mich zugelangen, sich gnädig, gefallen laßen wollen,
  Wie nun der Gesänge Klangtichter2 , sich alsofort zu aller vntertehnigen wilfehrigkeit, begierich erzeiget, vndt den Lobgesang3 alß wohlgerhaten, dergestaldt gepriesen, das er würdig, vf viel Stimmen, vndt Seitenspielen, vbersetzet, vndt öffters gehöret zu werden, So hat er sich daran gemacht, vndt Euer F. gnd. gnedigen begehren zufolge, selbigen vf eine schlechte4 gemeine vndt andechtige Art, so gut ihn damalß sein Geist getrieben, in 4 Stimmen vbersetzet, Welchen Euer F. gnd. hiebey, sambt beyden Theilen, des Don Cuixotes5 , von mir in vnterthenigkeit zuempfangen haben, Der Reiffende6 hat sich auch einmahl, vndt zwar gestern allererst herbey gefunden, welchen ich morgen, neben meinen Brüdern7 zusprechen, in viel wege vrsach;
  Sonsten tringet der letzterwehlte vorsteher8 , dieser Landen, sehr hart vndt zimblich vngestümb, bey etzlichen vaterländern, auf die Einführung, vndt ist sonderlich mita ietziger haußhaltung übel zufrieden9 , davon Euer F. gnd. Jch, vieleicht gönnets Got, baldt gegenwehrtig mehren bericht thue
 Wormit Euer F. gnd. Götlicher Obacht, vndt mich in dero gnade vnterthenigst treulich empfehle. Eyligc Halla10 . 24ten Wintermonatstag 1637.
  Euer Fürstl. Gnd. vntertheniger pflichtschuldiger Diener
  Hanß von Dißkaw Mppria.

I

Fürst Ludwigs Übertragung des dem heiligen Bernhard zugeschriebenen Jubilus

Beschreibung der Quelle


Q HM Köthen: V S 544, Bl. 103r–106v;[Handschrift: [103r]] Konzept von F. Ludwigs Hand mit eigenh. Korrekturen. Auszugsweise gedruckt in KL III, 320, 3191.
Ein durch die Zugabe der lateinischen Originalverse und die Angabe von Bibelstellen er-
weiterter, auch sonst gründlich überarbeiteter Text erschien im Druck 1666:
  Jubilus | S. BERNHARDI | De suavissimo Nomine | JESU. | Das ist: | Jubel und Lob- |ge-
  sang des Kirchen Lehrers Bern- | hardi von dem allerlieblichsten | NAMEN | JESVS. |
  Jn Deutsche Reimen gebracht/ | neben einer Emblematischen | Zugab auff jede [sic]
  Gesetz: | Dedicirt | Allen denen/ die den Herrn Jesum | unverruckt liebhaben. | [Zier-
  stück] | Cöthen/ gedruckt in der Fürstl. Druckerey | durch Michael Röelen/ 1666.
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HAB: Li 369, mit hs. Noten auf der Rückseite des Titelblatts.1 Ein vermutlicher Erst-
  druck ist nicht mehr nachweisbar. S. Kat. Dessau BB, Nr. 3226: „etc. Jubel- u. Lobge-
  sang des Kirchenlehrers Bernhardi von dem Namen Jesu. (In Reimen) 1640. 1 Bd. 8°.
  Ppbd.“ Kriegsverlust (nach frdl. Auskunft der ALB Dessau). Vielleicht handelte es
  sich um das Exemplar aus der einstigen Bibliothek F. Christians II. v. Anhalt-Bern-
  burg (FG 51), s. deren Bestandskatalog Catalogus secundus (Libri theologici in octa-
  vo, Nr. 68): „S. Bernhardi Reimen von den herrn Jesu.“ Da dieser Bibliothekskatalog
  nach 1662 aufgesetzt wurde, ist aber nicht auszuschließen (wenngleich höchst un-
  wahrscheinlich), daß sich die Angabe im Catalogus secundus auf den Druck von 1666
  bezieht. Dünnhaupt: Handbuch, 2618 (Art. Ludwig, Fürst von Anhalt-Köthen, Nr. F
   6) hat in Unkenntnis der Handschrift und mit irrigen Argumenten den Druck von
   1666 als Fehlattribution qualifiziert.
Wir geben im Folgenden die Fassung der Handschrift wieder. Die Dokumentation der
   vielen Textabweichungen des Druckes von 1666 würde den textkritischen Apparat
   überfrachten. Deshalb und aus Raumgründen haben wir uns entschlossen, die 48 la-
  teinischen Strophen der Ausgabe von 1666 mit der Übertragung ins Deutsche und
   den sich anschließenden versifizierten Bibeldeutungen am Ende von T I verkleinert
   und unter Verzicht auf eine optisch-graphische Wiedergabe der Gedichtform zu prä-
  sentieren. Absätze und Zeilenfall werden durch senkrechte Striche markiert. Das von
   uns herangezogene Exemplar der HAB weist einige hsl. Verbesserungen bzw. Einfü-
  gungen von unbekannter Hand in Strophe 3 auf. Sie sind durch eckige Klammern
  markiert. Den angegebenen Bibelstellen sind wir nicht nachgegangen.

Text


Erinnerungen
Bey des Bernhardi lob und Jubelgesang
Auf deutsch Reimweise
gegeben



    1.

   An Jesum dencken macht uns freud’
   Erfult das hertz mit liebligkeit2
   Ob honigseim, und was ie ward,
   Jst seine susse gegenwart.
Ach mein Herr Jesu Christ, laß nimmermehr nicht wancken3
Von deinem wort und dir mein hertz, sinna undb gedancken
  Gieb, das ich dich erkenn’, und mich in dir erfreu’,
  Ach mein Herr Jesv Christ, in dir mich mache neu.


   2.

   So lieblich man nicht singen thut
   So frolich ist kein guter muht,
   Man dencket nichts das susser wer’
   Als Jesus, Gottes Sohn mein Herr.
Wan ich die Stimm’ erheb’ Herr lasse sie erschallen
Was dir, mein Gott und Herr alleine mag gefallen:
  Hör’ ich was, denck’ ich was, das sey dahin gericht,
  Das ich meins hertzens trost vergesse nimmer nicht.
|| [309]


   3.

   Auf Jesum hoft wer buße thut,
   Wer ihn ruft an empfeht4 sein gut,
   Wer dich sucht, dem du gutig bist
   Er findet dich und nimmer mißt
Gleich wie das schif erhelt der ancker tief gesencket
Mein Heiland tröstet so mein hertz mit reu gekräncket
  Mich laß nicht sincken Herr, wan ich nun bin gar las5
  Vielmehr laß fuhlen mich, das ich dich gantz vmbfaß.


    4.

   Christ ist der Hertzen kron’ und wonn’
   Ein Brunnenquel, der Sinne Sonn’
   Du gehest über alle freud’
   Und alle die begierligkeit2
O Brunn’ o Sußigkeit daraus das leben quillet,
O licht das mein gemut mit hellem glantz’ erfullet.2
  Bleib bey mirc meine freud’, ich wuntsche mir nichts mehr
  Es ist nichts auf der welt das druber ich begehr.


   5.

   Dis mag uns preisen keine zung
   Kein buchstab oder rechenung.
   Wers hat erfaren glaubets frey,
   Was Jesum hertzlich lieben sey
Der Menschen zung ist nichts, sie kan es nicht aus sagen,
Died zahl nicht reichet ause , damit man sich möcht plagen
  Was Jesum lieben sey: Man stehet gar bald an
  Wer einmal hat geliebt, derselb’ es sagen kan.


   6.

   Jch Jesum such’ in meinemf Bett’
   Wan mein hertz gantz verschlossen steht
   Jn mir und dan auch offentlich
   Wil jch ihn suchen mechtiglich.g
Steh’ auf mein hertz’h ietzo zu suchen und zu finden
Was dich mit Jesu kan genau genug verbinden
  Dein Bett ist anders nichts dan ein verlasner platz,
  Wan du nicht Jesum hast bey dir den höchsten schatz. [Handschrift: [103v]]


   7.

   Mit dir Maria in der fruh’
   Jch Jesum suchen wil mit Muh’
   Jm Grabe mit des hertzens klag’
|| [310]



   Das aug es niti der Geist vermag.
Ich klag’ ich wein’ ach Gott, das ich den nicht kan finden
Ohn den mir meine freud’ und trost wil gantz verschwinden
  Ach öfne doch das Grab der dunckelheit, damit
  Was nit mein Auge sieht, es sehe meinj gemut’2


   8.

   Mit weinen ich anhalten wil
   Bis ich den platz mit seuftzen full’2
   Zu Jesu fußen werff’ ich mich
   Und ihn umbfahe6 kreftiglich.
Wan ich mein’ augen könt zu threnen quellen machen
So wolt’ ich tag und nacht am größten fluße wachen
  Der Schlangentretter7 steht für meiner Hertzen thur
  Komm Jesu deine fuß’ o Herr seind lieblich mir.2


   9.

   O Jesu, könig, wunderbar
   Du Edler Siegsfürst offenbar
   Die Suße welche doch kein Mann
   Gnug ruhmen oder schätzen kan.
Der Honiggeber Löw’8 ein Löwen hat bedeutet
Der überwunden hat, die Sußigkeit uns leitet2
  Jn Himmel zu der freud die nie kein aug gesehn
  Kein ohr gehört, und nicht ins Menschen hertz kan gehn.


   10.

   Ach bleib bey uns hertzlieber Herr
   Deins lichtes schein in uns vermehr’
   Abtreib des Sinnes Tunckelheit
   Full’ auf die welt mit sußigkeit.
Bleib bey uns liebster Herr, dan es wil abend werden
Dein licht laß leuchten noch auf dieser finstern Erden
  Das nicht der schein lesch’ aus der gleich uns fuhret fort,
  durch dunkeln thal des tods zur schönen Himmelspfort.


   11.

   Wan du in unser hertz kehrst ein
   So leuchtet ihm der Warheit schein
   die eitelkeit der welt vergeht
   der wahren liebe hitz’ entsteht
Herr ich bin es nit wehrt, das du bey mir einkerest,
Dich wurdigst meines dachs, mich auch die warheit lehrest.
  Fahr hin du eitelkeit fahr hin du schaum der welt,
  Mein Herr und Heiland mir alleine wol gefelt.
|| [311]



   12.

   Gantz suße Jesu lieb’ uns ist
   Und angenem zu aller frist,
   Ja tausentmal mehr als ich sag’,
   Und menschen zung’ aussprechen mag.
Der liebe ruf’ ist gut, die gutichlich entspringet
Aus Jesu mund und hertz’ in meine Seel’ eindringet,
  Wan ich der zungen viel hett’ als da Blumlein tregt
  Der fruling auch stets tut, der Mund sich kaum bewegt [Handschrift: [104r]]


   13.

   Sein leiden dask genug benehrt9 ,
   Und was sein blut unsl hat beschert
   Das wir erlöst von aller pein,
   Nun können ewig selig sein.
Das leiden und die pein, die mein herr hat getragen,
Genug von solcher lieb’ als treue zeugen sagen,
  Dadurch wir seind erlöst, das ein Mensch fur gericht
  Dar steh’ und nicht erschreck’ obm iemand ihn anficht.


   14.

   Erkennet Jesum alle leut’
   Halt seine lieb’ als eine beut’
   Such Jesum nur inbrunstiglich,
   Das feur wird schon vermehren sich.
Du liebe Seele such’, und las dich nit abwenden
Bis das du findest den der alles leid kan wenden
  Brauch nur ein flämmelein, und such’ inbrunstiglich
  Es brent schon liechter loh’ und wird vermehren sich.


   15.

   Also liebt den, der euch so liebt
   Wol dem der Lieb’ umb liebe giebt
   Zu dem Geruche lauffet hin,
   Jhm’ opfert euer hertz und sin.
Fragst du mich lieber Herr mit Petro ob ich liebe
Ja Dich allein allein; mir deine liebe giebe
  Nichts kan ich bringen mit zum opfer als ein hertz
  Das sehr geängstigt ist, und liebt dich ohne schertz.


   16.

   Ein anfang Jesus aller gnad
   Hofnung der freud’ im höchsten grad.
   Ein brun der sußigkeit und Huld
|| [312]



   Des Hertzens so lebt in Geduld.
Ich halt das Jsmael vom waßer hat getruncken,
Darin ein wenig sey vom Trinckegold gesuncken
  Weil er darvon lebt aufn , ward reich befand sich wol,
  Wer Jesum liebt den brun des golds besitzen sol.


   17.

   Mir mein freund Jesu das zu gieb
   Das ich empfinde deine lieb,
   Durch deine gegenwertigkeit
   Las sehen mich dein’ Herligkeit.
Wan ich nur einen blick der herligkeit möcht sehen,
Die auf dem hohen berg an Christo ist geschehen.
  Wird schon der schmalste weg von dornen vol, iedoch
  Stieg’o ich hinnauf, wer’ auch der berg noch eins so hoch.


   18.

   Kan ich nicht reden, wie ich wil
   Von dir, so schweig’ ich doch nicht still’,
   Aus lieb’, ichp wags, das mir ersetzt,
   Mich deine freud’ Herr hoch ergetzt.
Hett’ ich ein’ Engels zung’, ich wolte Jesum preisen,
Wie er durch alle werck thut seine güt’ erweisen,
  Erq ists der uns erlöst. Er, wer es nimt in acht,
  Hat alles wol gethan, hat alles wol bedachtr [Handschrift: [104v]]


   19.

   Herr deine lieb’ ok Jesu Christ
   Des Hertzens rechte Labung ist
   Sie machet sat doch ohn verdrus,
   Der hunger komt im uberfluß.
Bist du’s Herr, laße mich hin auf dem Waßer gehen
Zu dir, damit ich dich und dein hertz möge sehen
  Bist meine speis’ und tranck, bis in den tod verwund,
  Werd’ ich von dir genehrt, werd’ ich von dir gesund.


   20.

   Wer dich geneust10 dem hungert sehr,
   Wer von dir trinckt dem durstet mehr,
   Sie wißen weiter keine lehr’
   Als Jesum lieben immermehr.
Wan ich soll’ eßen schon von des Eliæ speise
Davon er viertzig tag’ aus war auf seiner reise.
  So meine Seele doch blieb hungerig und mat
  Vom himmelbrote sie nur ihre Nahrung hat.
|| [313]



   21.

   Wen Christi Liebe gehet an
   Wie Jesus schmeckt recht sagen kan
   Gluck selig ist der das empfind,
   Sein hertz noch mehr zu wuntschen find.
Wer bringt mir einen trunck des wassers, so vor allen
Mir ein verlangen macht, kein tröpflein laß’ entfallen
  Du brunn zu Betlehem du lebendiger quell
  Ach wie bist du so frisch, so heilsam und so hell


   22.

   O Jesu Engelische Zier
   Wie suß’ in ohren klingst du mir,
   Du wunder honig in dem Mund
   Des Himmels Tranck durchaus gesund.
Mund, Ohren, hertz und sinn seind albereit gestillet,
Der Tranck vom himmel hat mein hertz mit lust erfull[et]s 2
  Mein mund ist aufgethan, zupreisen gottes Ehr’
  Ein ieder der da hat zu hören ohren hör’2


   23.

   Wol tausentmal schrey ich zu dir
   Herr Jesu wan komst du zu mir
   Wan du mirt gibst gewissens ruh
   Wan meine freude sättigst du,
Jch ruffe tausent mal wan werd’ ich dich Herr finden
Das meine Traurigkeit mir möge gantz verschwinden
  Die mir komt wan ich bin ohn deine gegenwart
  Wiewol ich überal gar embsig deiner wart.


   24.

   Dein immerwehrend’ heiße Lieb’
   Ohn die ich fast ermattet blieb’
   Jn Jesu honig fließend ist
   Du frucht, undu meines lebens frist.
Der Baum des lebens war vom leben selbst gesetzet
Jns mittel und verhüt, das niemand ihn verletzet:
  Der baum hangt an dem baum davon der honig treuft
  Des lebens so durch Mark und bein’ ins hertze schleuft11 . [Handschrift: [105r]]


   25.

   O Jesu höchste mildigkeit
   Meins hertzens lust und freundligkeit
   Wie unbegreiflich deine Gut
|| [314]



   Und liebe rühret mein gemut.
Ich haß’ ich laß’ ich meß’ und faß’ mit ofnen armen
Die welt, die lust, die freud dan der ist vol erbarmen
  Wan welt, lust, freud’ auf ihn allein sich hat gericht,
  Wird viel zu gros die trew’, ich faß’ und laß’ sie nicht.


   26.

   Mir ist gut das ich lieb’ allein
   Christ Jesum, und nichts anders mein’
   Jch wil mirv selbsten brechen ab,
   Das ihm’ ichw nur zu leben hab’.
Gold, geld, haab, gut, haus, hof, weib, kind, freund feind das leben,
Wans nicht kan anders sein, wil ich drein gerne geben
  Das ich erlange nur das Perlein so mir liebtx ,
  Das mein Herr Jesus ist, und er mir selber giebt.


   27.

   O Jesu meine süßigkeit
   Die Seele hoffend zu dir schreit,
   Mein’ heiße zehren suchen dich,
   Dein’ ich begehr’ ietzt inniglich.
Gleich wie der hirsch gejagt und müde heftig schreiet
Nach frischem Waßerquell’, und der ihn nur erfreuet2,
  So meine Seele schreit nach dir Herr Christ’ allein
  Ach lieber Heiland,y sol ich nitz bald bey dir sein.


   28.

   An welchem ort ich immer bin,
   Da steht zu Jesu gantz mein Sinn.
   Wie wol ist mir, wan ich ihn find,
   Wan ich ihn hab mein leid verschwind
Bin ich dan nicht gar wol nach diesem schatz gelauffen?
Hab’ angetroffen das so freuet mich mit hauffen
  Nun seine gute wird und die barmhertzigkeit
  Auf mir sein immerdar, ja bis in ewigkeit


   29.

   Als dan ich ihn umbfaß’ und kuß’,
   Es ist mir mehr als Honig suß’,
   Als dan ich glücklich an ihm hang’,
   Weh’ es mir thutaa wans wehrt nicht lang’
Ach das ich nur den Saum seins Kleides solt’ anrüren
Wie würde bald ich drauf erwüntscht[e]ab Cosung spuren?
  Er gibt mir gantz sein hertz mir ist geholffen schon,
  Nun hab ich ewiglich die rechte freud’ und wonn’
|| [315]



   30.

   Jch sehe was ich sucht’ in hitz
   Was ich begehrt’ ich schon besitz’
   O Jesu mat fur lieb’ ich bin.
   Mein hertz mir brent mein mut und sin.
Als Jacob lange hett’ im Kampfe wol gerungen
Nach seinem wuntsch’ es ihm ist endlich auch gelungen
  Jch dich nicht laß’ er sagt Herr du mich segnest dan,
  Und ward darauf gar bald mit segen angethan. [Handschrift: [105v]]


   31.

   Wo Jesus also wirdk geliebt,
   Die liebe bleibet unbetrübt2:
   Sie wird nicht lau, sie nimt kein end’
   Je mehr und mehr sie wächst und brent.
Wer kan sein mat’ und doch am gantzen hertzen brenen
Kranck bin ich nicht und mus gleichwol frey rund12 bekennen
  Das deine liebe mich, Herr, schwecht und das darbey
  Mein Hertz in liebe brenn und glimmend feurig sey


   32.

   Die liebe brent bestendiglich
   Wird suß’ und lieblich wunderlich
   Sie schmecket wol, gibt saft und kraft
   Erquicket, machet gantz glückhaft.
Der lieben Sonnen glantz mus sich gar oft verstecken
Wan sie das schwartze Kleid der wolcke thut bedecken.
  Allein die liebe die sich zwischen Christo find
  Und seinem [sic]ac kindernad , die nimmer mehr verschwinds


   33.

   Der Himmel selbst die Liebe bringt
   Durch Marck und bein die liebe dringt.
   Die liebe das gemut’ entzünd,
   Der geist da seine labung find2.
Die Gabe welche gut herab vom himmel kommet,
Und was vom Himmel ist dem Menschen mercklich from[met]s
  Die liebe gleichsfals thut, das hertz sterkt, labt den geist,
  Dadurch sie dan genug den rechten ursprung weist.


   34.

   O sehlge brunst o brennend lust
   Doch ohne Sünd als mir bewust.
   O suße Kühlung die Got gibt
|| [316]



   Dem der den Sohn von hertzen liebt
Am Pfingsfest hat der Wind und die zertheilte zungen
Gar viel genutzt, sie seind gar kreftig durchgedrungen
  Dadurch ist angedeut, wer Christum recht lieb hat,
  Kuhlung und brunst zugleich empfindet in der that.


   35.

   Der Jungfraw Marien blum Herr Christ
   Der Liebe sußigkeit uns bist.
   Dir sey lob ehr: O höchste Kraft
   Die uns das himmelreich verschaft
Ein’ art der blumen ist, die sich zur Sonnen wendet,
Und fleißig folget nach, wo sich dieselb’ hin lendet13 :
  Wer Christo folgen wil, der bringt mit sich darvon,
  Die rechte Seligkeit, dan er ist Blum und Sonn’.


   36.

   Mein liebster konig kom zu mir
   Mich zeuch14 zur herligkeit nach dir
   Erschein’ in Klarheit demae gemut
   nicht mud’ Jch werd an deiner gut’.af
Das fromme völcklein lies sein Hosianna hören,
Weil es sonst anders nicht den Herren kont verehrenag .2
  Es lobt denah derai da kam, nach dem der kommen wird
  Herr Jesu komm, nach dir steht mein hertz und begierd’. [Handschrift: [106r]]


   37.

   Viel heller bist duk dan die Sonn’
   Der beste Balsam von Sjon
   Mehr suß’ als alle Süßigkeit
   Weit vor geht deine liebligkeit
Die Kinder Jsrael da sie nicht trincken kunten15
Das bittre waßer, bald zu murren starck begunten16
  Ein holtz thet Moses nein, da ward es gut zur stund’,
  Der liebe dich befleiß’ auf das du bleibst gesund.


   38.

   Dan sein geschmack also bewegt
   Und sein geruch sich an so legt,
   Das meinem sinn’ in ihm geht ab,
   Und ich in lieb’ ein gnügen17 hab.
Als in dem Honigseim den Stab helt eingeduncket18
Der tapfre Jonathan, hat ihme drauf geduncket
  Er were wol erquickt, und seine augen rein
  Wer Jesum hat gekost der wird viel frischer sein.
|| [317]



   39.

   Jn dir mein hertz hat seine lust,
   Die liebe willig wird und just.
   Auf dich mein Ruhm ist nur gestelt,
   Du Heiland Jesu aller welt.
Jn Christo findet sich was ie gesucht ist worden
Und dis bekennet auch der gantze Christen orden.
  Die Lieb’ und hertzens lust, ja die volkommenheit,
  Von ihm’ ist uns der Ruhm und alles Heil bereit.


   40.

   Mein liebster kere wieder um,
   Besitz und nutz dein eigenthum,
   Den Feind du hast aufs haubt erlegt,
   Darumb man dir das reich an tregt.
Ach liebster Herr wie weh thut mir das bittre scheiden,
Weil ich mus sein von dir hab’ ich sehr großes leiden.
  Doch tröstet mich, das ich dort werde kommen hin
  Da du bist, das ich stets bey dir leb bleib’ und bin.


   41.

   Wohin du wilst da folg’ ich bald,
   Mir kan dich nemen nit gewalt
   Nimst du mein hertz in deinen schutz,
   Der welt, o Menschen lieb’, ich trutzaj
Der hirte sucht sein schaf, wan er eins hat verloren
Er suchts mit höchstem fleiß’, und das Ertz19 hett’ erkoren
  Hast mir genommen hin mein hertz, das ist die Sach’
  Und mich nach dir verlangt, das ich dir folge nach.


   42.

   Jhr himmel eilet auch hervor,
   Erhebet eure thor empor,
   Sagt dem Sigsfursten Jesu Christ,
   Willkommen bist du ieder frist.
So herlich kein Triumph könt’ uns gewiesen werden,
Als wan wir solten sehn, gezogen von der erden
  Wie sich der Himmel neigt, und seine demut preist,
  Den könig Jesum auch so schön wilkommen heißt. [Handschrift: [106v]]


   43.

   Der Tugend konigk auch der Ehr’
   Nichts ist, das deinen Sieg vermehr’
   Und du vergiebest unsre schuld,
|| [318]



   Den Himmel gibt uns deine Huldt.
O könig Tugendreich, o konig aller Ehren
Nichts wehret dir den Sieg, nichts kan dir ihn vermehren
  Der feind ist durch, dem Tod’ hast du gesieget ob
  Und dir gebüret drumb ein ewigs herlichs lob.


   44.

   Du brunne der barmhertzigkeit
   Dein glantz erstreckt sich weit und breit
   Die Traurigkeit treib’ ab, so trub’
   Und uns das licht der Glori gib2.
Das der held Gideon die fackeln hat gestecket
Jn irdne töpfe nein, damit hat er entdecket
  Wie das des himmels glantz auch auf der erden bleib’
  Und manche finsternus auch traurigkeit vertreib’.


   45.

   Dein lob im himmel hoch erklingt,
   Kein Chor ist der nicht von dir singt,
   Die gantze welt Christ frölich macht,
   Und uns den frieden hat gebracht.
Herr Jesu wer kont’ ie dein großes lob aussprechen
Die himmelische schar mus selbsten auch abbrechen,
  Ach mein Herr und mein Gott ich mit verwundrung sag
  Mit Thoma, dan dein lieb ich nit gnug preisen mag.


   46.

   Jm frieden Jesus herscht zur hand
   Er übertrift Sinn’ und verstand,
   Denselben mein gemut begehrt,
   Wol mir, wan seiner ich gewehrt
O lieber Jesu nim dein kreutz die kron’ und wunden,
Die Striemen und dein blut vergoßen fur die Sunden
  Die Gott zum zorn bewegt: Ach tritt doch in die mitt
  Den edlen frieden bring’ Herr Jesu fur uns bitt.


   47.

   Nun Jesus gieng zum Vater hin
   Des Himmels glantz ist mein gewin.
   Mein hertz ist weg, o wunder sach’
   Es eilt dem Herren Jesu nach.
Nun ist mein höchster schatz zum Vater hingegangen,
Und leßt mich hinter sich gantz sehnlich im verlangen,
  Mein hertz ist auch hiernach, es mir rechtschaffen gieb,
  Das deine mir auch laß’, und inniglich mich lieb’.2
|| [319]



   48.

   Den laßt uns loben mit dem Mund’
   Und mit gebett’ aus Hertzens grund,
   Auf das er uns mit sich zugleich
   Bald einfuhr’ in sein himmelreich.
Jetzt laßt uns unsre stimm’ auch Mund und hertz erheben
Die Ehre mit dem preis’ allein ihm’ ewig geben,
  Das er behute uns fur Krieges not gefahr
  Und bring ins himmelreich, das Amen sey und wahr[.]

Textapparat und Kommentar


Textapparat
T
a
Folgt <ver>

T I
a
Eingefügt.
b
Folgt <die>
c
Wort-Reihenfolge durch interlineare Ziffern umgestellt aus Bey mir bleib
d
Folgt <große> zahl <thuts>
e
reichet aus eingefügt, unsichere Lesung.
f
Von F. Ludwig gebessert aus meinen
g
Unsichere Lesung. Evtl. auch creftiglich (s. jedoch Strophe 8, Z. 4: kreftiglich)
h
Folgt eine unleserliche Streichung.
i
Wort-Reihenfolge durch interlineare Ziffern umgestellt aus Es nit das Aug
j
Eingefügt für <das>
k
Strophenziffer und Zeilenbeginn auch Kustode.
l
Wort-Reihenfolge durch interlineare Ziffern umgestellt aus Und was uns sein blut
m
Am Rande eingefügt bis anficht für unleserliche Streichungen.
n
Wort-Reihenfolge durch interlineare Ziffern geändert aus auflebt
o
Verbessert aus Steig? Unsichere Lesung.
p
Gebessert aus ichs
q
Die letzten beiden Zeilen dieser Strophe eingefügt für <Du Gott mein speis vnd tranck, ja bis in tod verwund, Werd’ ich von Dir genehrt, werd’ ich von dir gesund.>
r
Eingefügt für <gemacht>
s
Unleserlich im Falz. Konjektur in eckigen Klammern.
t
Eingefügt für eine unleserliche Streichung.
u
Unsichere Lesung, wohl gestrichen. Darüber unleserliche Einfügung.
v
Eingefügt für <mein>
w
Eingefügt für <ich>
x
Lies: beliebt
y
Folgt <wer oder vor>
z
Eingefügt.
aa
Zeile bis hierhin durch hochgestellte Ziffern umgestellt aus Es thut mir weh
ab
Vermutlich Schreibfehler: das Endungs-e ist schon aus metrischen Gründen notwendig.
ac
Folgt <lieben>
ad
Nachgebesserte Pluralendung ern bei Kindern läßt den Dativ Singular des Possessivpronomens fehlerhaft erscheinen, ursprünglich seinem Kind
ae
Eingefügt für unleserliche Streichung.
af
Wort-Reihenfolge in dieser Zeile durch hochgestellte Ziffern umgestellt aus Ich werd nicht müd’ an deiner güt’.
ag
Eingefügt für unleserliche Streichung.
ah
Gebessert aus der
ai
Gebessert aus da (?)
aj
Wort-Reihenfolge in dieser Zeile durch hochgestellte Ziffern umgestellt aus O Menschen lieb, der welt ich trutz.

Kommentar

Der Hymnus in der Drucküberlieferung von 1666 (vgl. Q I[Handschrift: [Q I]])

I. | JESU dulcis memoria, | Dans Cordi vera gaudia: | Sed super mel & omnia | Dulcis ejus præsentia. | Das ist: | An Jesum dencken bringet Freüd/ | Erfüllt das Hertz mit Liebligkeit/ | Doch ist so süs nichts auff der Welt/ | Als wann mein Jesus bey mir hält. | Johann. 20. | Ach mein Herr Jesu Christ/ laß nimmermehr nicht wancken | Von dir und deinem wort mein hertz/ sinn/ und gedancken/ | Gib daß ich dich erkenn und mich in dir erfreu/ | Ach mache mich in dir/ O mein Herr Jesu/ neu.
II. | Nil canitur suavius | Nil auditur jucundius, | Nil cogitatur dulcius, | Quam JESUS DEI Filius. | Das ist: | Nichts lieblichers man singen kan/ | Nichts angenehmers höret man/ | Nichts wird gedacht/ das süsser ist/ | Als mein Erlöser Jesus Christ. | Psalm 19. | Erheb ich meine Stimm/ O Herr/ so laß erschallen | Von mir/ was nur allein beliebet dir für allen/ | Ge-
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dancken und Gehör bloß dahin sein gericht/ | Das meines Hertzens Trost ich lasse nimmer nicht.
III. | JESU spes pœnit|entibus, | Quàm pius et petentibus, | Quàm bonus te quærentibus, | Sed quid invenientibus? l Das ist: | O Hoffnung des/ der Busse thut/ | Den Betenden bist du recht gut/ | Du liebst den/ der dich sucht mit fleiß/ | Der/ so dich findt/ erlangt den Preiß. | Matth. 8. | Gleichwie das Schif erh[ä]lt der Ancker tieff gesencket/ | So tröstet/ Jesu/ [Du] mein Hertz mit Reu gekräncket/ | Laß mich nicht sincken/ Herr/ wann ich nun bin gar laß/ | Vielmehr vergönne mir/ daß ich dich recht umbfaß.
IV. l JESU dulcedo cordium, | Fons vivus, lumen mentium, | Excedens omne gaudium, | Et omne desiderium.| Das ist: | O Hertzens Lust/ der Seelen Licht/ | O Lebensbrunn/ dem nichts gebricht/ | Du übertriffst ja alles weit/ | So da geachtet wird für Freüd. | Cant. 3. | O Süssigkeit/ O Brunn/ daraus das Leben quillet | O Licht/ daß mein Gemüht mit hellen Glantz erfüllet/ | Bleibt diese Freüde mir/ so wünsch ich gar nichts mehr/ | Nichts ich auf dieser Welt darüber sonst begehr.
V. | Nec lingua valet dicere, | Nec litera exprimere, | Expertus potest credere, | Quid sit JESUM diligere. | Das ist: | Es kan durch keiner Zungen Macht/ | Noch Feder werden fürgebracht/ | Erfahrung hilfft/ daß man versteh/ | Wie weit die Jesus-Liebe geh. | Cant. 4. | Die Zunge thut es nicht/ sie kan gar nicht aussprechen/ | So thuts auch keine Zahl/ du wirst gar bald abbrechen/ | Wann du ausrechnen wilt/ was Jesum lieben sey/ | Wer Jhn rechtschaffen liebt/ bekennt es ohne scheu.
VI. | JESUM quæro in lectulo | Clauso cordis cubiculo | Privatim & in publico | Quæram amore sedulo. | Das ist: | Mein Hertz sucht Jesum in dem Bett/ | Und ihn gern eingeschlossen het; | Bald ingeheim/ bald öffentlich/ | Wil ich/ O Jesu/ suchen dich. | Luc. 15. | Steh eilends auf/ mein hertz/ zusuchen und zufinden/| Was dich mit Jesu kan genau und fest verbinden/ | Dein Bett ist anders nichts/ als ein verlaßner Platz/ | Liegt Jesus nicht in dir/ als ein verborgner Schatz.
VII. l Cum Maria diluculo | JESUM quæram in tumulo | Clamore cordis tremulo, | Mente quæram oculo. | Das ist: | Jm Grab ich mit Maria früh | Will suchen/ Jesu/ dich mit Müh | Des Hertzens/ biß dich mein gemüht/ | Wo nicht/ das Auge/ recht ersieht. | Johann. 20. | Ach! Gott/ ich klag/ ich wein/ ach! daß ich nicht kan finden/ | Den/ ohne welchen mir wil aller Trost verschwinden/ | Ach! öffne doch/ O Herr/ das Grab der Tunckelheit/ | So wird/ wo nicht das Aug/ jedoch das Hertz erfreut.
VIII. | Tumbam profundam fletibus | Locum replens gemitibus, | JESU provolvar pedibus | Strictis hærens amplexibus. | Das ist: | Mit weinen ich anhalten wil/ | Biß ich den Platz mit Thränen füll: | Für Jesu Füsse werffen mich/ | Jhn zu umbfahen kräfftiglich. | Jerem. 9. | Könt’ ich mein’ Augen nur zu Thränen-quellen machen/ | So wolt ich Tag und Nacht an diesem Flusse wachen/ | Der Schlangentreter steht für meines Hertzens Thür/ | Komm/ mein Herr Jesu/ komm/ ich warte schon allhier.
IX. | JESU Rex admirabilis, | Et triumphator nobilis, | Dulcedo ineffabilis, | Totus inæstimabilis. | Das ist: | O König/ daß du wunderbar/ | Hat dein Triumph bezeuget klar/ | O Süssigkeit/ die hier kein Mann | Gnug rühmen oder schätzen kan. | Judic. 14. | Der Löw/ so Honig gab/ den Löwen hat bedeutet/ | Der als ein Sieges-Fürst durch Süssigkeit uns leitet/ | Zur Freüde/ die noch nie kein Auge hat gesehn/ | Kein Ohr gehört/ die nicht ins Menschen Hertz kan gehn.
X. | Mane nobiscum Domine, | Et nos illustra lumine, | Pulla mentis caligine | Mundum replens dulcedine. | Das ist: | Hertzliebster Herr/ ach bey uns bleib/ | Erleucht uns/ wehrtes Licht/ vertreib/ Jn uns des Hertzens Tunckelheit/ Die Welt füll an mit Süssigkeit. | Luc. 24. | Bleib bey uns liebster Herr/ dann es wil Abend werden/ | Dein Liecht uns leuchten laß auff dieser finstern Erden/ | Erhalt doch ja den Schein/ der uns gerade zu/ | Vom tunckeln Todes-Thal führt zu der Himmels Ruh.
XI. | Quando cor nostrum visitas, | Tum lucet ei veritas, | Mundi vilescit vanitas, | Et intus servet charitas. | Das ist: | Wann du besuchest unser Hertz/ | So leuchtet Jhm der Warheit
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Kertz/ | Die Eitelkeit der Welt vergeht/ | Die ware Liebes-Hitz entsteht. | Matth. 8. | O Herr/ ich bin nit wehrt/ daß du bey mir einkehrest/ | und würdigest mein Dach/ mich auch die Warheit lehrest/ | Fahr hin/ du Eitelkeit/ fahr hin du Schaum der Welt/ | Für meinem Heyland mir nichts überall gefällt.
XII. | Amor JESU dulcissimus, | Et verè suavissimus, | Plus millies gratissimus, | Quàm dicere sufficimus. | Das ist: | Die Jesus Lieb ist übersüß | Und lieblich/ ja sie ist gewis/ | Viel angenehmer als ich sag/ | Und menschen zung aussprechē mag. | 2. Cor. 12. | O welch ein tieffer Grund der Liebe/ so entspringet | Aus Jesus Mund und Hertz und zu mein Hertz endringet/ | Wer’ ich so Zungen-reich/ als Blumen-reich der Lentz/ | So zweifl’ ich doch/ daß ich ich [sic] dis Liebes-Lob ergäntz.
XIII. | Hoc probat ejus passio, | Et sanguinis effusio, | Per quam nobis redemtio | Datur, & Dei visio. | Das ist: | Sein Leiden es genug darthut/ | Was er vergossen hat für Blut/ | Das macht/ daß wir erlöst von Pein | Dadurch nun ewig selig sein. | Esa. 53. | Das Leiden und die Pein/ so Jesus hat getragen/ | Genug von dieser Lieb als treue Zeugen sagen/ | Dadurch wir seyn erlöst/ daß wir nun für Gericht/ | Gantz unerschrocken stehn/ wann uns der Feind anficht.
XIV. | JESUM omnes agnoscite, | Amorem ejus poscite, | JESUM ardenter quærite, | Quærendo inardescite. | Das ist: | Erkennt doch Jesum alle Leut/ | Begehret nur zu eurer Beut | Die Jesus-Lieb’ und suchet Jhn/ | Die Flam̄e wird bald aufwarts ziehn. | Luc. 15. | Such/ liebe Seele/ such/ und laß dich nicht abwenden. | Du findest dann den Schatz der alles Leid kan enden/ | Ein kleines Füncklein macht/ daß eine Flamm ensteht/ | Die brennet Lichter loh und immer weiter geht.
XV. | Sic amantem diligite, | Amoris vicem reddite, | In hunc odorem currite, | Et vota votis addite. | Das ist: | So liebet den/ der euch so liebt/ | Wol dem/ der Lieb umb Liebe giebt/ | Zu den Geruch laufft eilends hin/ | Zum Opffer richtet eüren Sinn. | Johan. 21. | Fragstu mich lieber Herr/ mit Petro/ ob ich liebe? | So sag ich frey heraus/ und es nicht lang verschiebe: | Jch liebe dich allein; Zum Opffer leg ich dar/ | Nur ein zerschlagnes Hertz/ O Jesu/ nim es wahr.
XVI. | JESUS autor clementiæ, | Totius spes lætitiæ, | Dulcoris fons & gratiæ, | Veræ cordis delitiæ. | Das ist: | O Jesu/ Ursprung aller Gnad/ | Der Freüden-hofnung höchster grad/ | Du Brunquell süsser huld und lust/ | Dem/ der ist rein- und keuscher Brust. | Genes. 21. | Hagar/ du hast deinen Sohn/ glaub ich/ aus dem quell geträncket/ | Da vom Trinck-Gold etwas muß ehmals sein hinnein versencket/ | Weil es ihn recht lebhafft macht’/ also dass er sehr nam zu. | Jesum lieben räumet uns solchen Gold-Fluß ein mit Ruh.
XVII. | JESU mi bone sentiam | Amoris tui copiam, | Da mihi per præsentiam | Tuam videre gloriam. | Das ist: | Mein lieber Jesu/ gönne mir/ | Daß ich stets deine Liebe spür/ | Laß mich aus deiner Gegenwart | Erkennen deines Glantzes Art. | Matth. 17. | Möcht ich doch einen Blick der Herrligkeit nur sehen/ | Die auff dem hohen Berg an Christo ist geschehen! | Es solte mir kein Weg so eng und dornicht sein/ | Den ich nicht lauffen wolt ümb solchen Gottheit-Schein.
XVIII. | Cum dignè loqui nequeam, | De te tamen ne sileam, | Amor facit ut audeam, | Cum solúm de te gaudeam. | Das ist: | Kan ich nicht reden/ wie ich will | Von dir/ so schweig ich doch nicht still/ | Die Liebe macht/ daß ich es wag/ | Und nur von deiner Freüde sag. | Marc. 7. | Hätt’ ich ein’ Engelzung/ so wolt’ Jch Jesum preisen | Und seiner güte werck in Famen Buch durchreisen. | Er ists/ der uns erlöst: Man nehme nur in acht/ | Wie wol doch alles sey von seiner hand gemacht.
XIX. | Tua JESU dilectio | Mentis grata refectio | Replens sine fastidio | Dans famem desiderio. | Das ist: | Herr Jesu deiner Liebe Gluth | Erquicket Leben/ Sinn’ und Muht/ | Von Jhr man wird ohn eckel sat/ | Und dennoch ferner hunger hat. | Matth. 14. | Bistu’s/ O Herr/ so laß mich auff dem Wasser gehen/ | Daß ich kom̄ hin zu dir/ sonst kan ich nicht bestehen/ | Von dir werd ich gespeist/ von dir werd ich getränckt/ | Von dir werd ich genehrt: Wer ist nun/ der mich kränckt?
XX. | Qui te gustant, esuriunt, | Qui bibunt, adhuc sitiunt, | Desiderare nesciunt | Nisi JESUM, quem diligunt. | Das ist: | Den hungert noch/ so dich geschmeckt/ | Dein tranck ihm fernern durst erweckt | Gar nichts weiß er zu wünschen mehr | Als Jesum/ den er liebt so sehr. | 1. Reg. 19. | Wann ich schon essen solt/ Elia/ von der Speise/ | So dich hat viertzig Tag erhalten auf der Reise/ | So were meine seel hieran doch nicht vergnügt/ | Wann sie vom Himmel-Brodt nicht ihre Nahrung kriegt.
XXI. l Quem tuus amor inebriat, | Novit, quid JESUS sapiat, | Quàm felix est qui sentiat, | Cor est quod ultrà cupiat. | Das ist: | Dem ist recht dein Geschmack bekant/ | O Jesu/ der in dir entbrant/ | Wol dem! der solches bey sich fühlt/ | Und dennoch nach ein mehrers zielt. | 2. Sam. 23. | Wer bringt mir einen Trunck des Wassers/ so für allen | Mir ein verlangen macht/ kein Tröpflein laß entfallen: | Du Brunn zu Bethlehem/ du lebendige Quell/ | Wie bistu doch so frisch/ so heilsam und so hell!
XXII. | JESU decus Angelicum, | In aure dulce canticum | In ore mel mirificum, | In corde nectar cœlicum, | Das ist: | Du Engel-Zier/ Herr Jesu Christ/ | Dem Mund ein Wunder-Honig bist/ | Du meiner Ohren süsser Klang; | Du meines Hertzens Himmels tranck. | Luc. 8. | Mund/ Ohren und das Hertz/ seind allbereit gestillet/ | Der Tranck vom Himmel hat mein Hertz mit Lust erfüllet/ | Mein Mund ist auffgethan/ zu preisen Gottes Ehr/ | Wer nur ein einig Ohr zu hören hat/ der hör.
XXIII. | Desidero te millies, | Mi JESU, quando venies? | Me lætum quando facies, | Me de te sic ut saties? | Das ist: | Wol tausendmal schrey ich zu dir/ | Herr JEsu/ wann kombstu zu mir? | Wann gibstu meiner Freude Krafft/ | Und sättigst mich mit deinem Safft? | Genes. 49. | Wol tausend mal ruff Jch: Wann werd ich dich finden/ | Kom̄ eilends Herr/ laß mein betrübnüs verschwinden/ | Das bey mir entstehet/ wann ich dich nicht seh/ | Ach! kom¯ doch/ Herr Jesu/ eh’ dan ich vergeh.
XXIV. | Amor tuus continuus | Mihi languor assiduus, | Mihi JESUS mellifluus | Fructus vitæ perpetuus. | Das ist: | Durch deiner Liebe steten Brand/ | Wird mir ermattet meine Hand/ | Dein Honigfluß/ Herr Jesu/ ist | Die Frucht/ so mir mein Leben frist’t. | Gen. 3. | Der Baum des Lebens war vom Leben selbst selbst [sic] gesetzet/ | Und zwar recht mitten ein/ dz er blieb unverletzet/ | Des Baumes Wurtzel zog von solchem Baum den Safft/ | Der Lebens-Honig trug und gab dem Hertzen Krafft.
XXV. | JESU summa benignitas, | Mihi cordis jucunditas, | Incomprehensa bonitas, | Tua me stringat charitas. | Das ist: | O Herr/ du höchste Mildigkeit/ | Du meines Hertzens Lust und Freud/ | Dein’ überschwänglich grosse Güt’ | Und Liebe rühre mein Gemüht. | Luc. II. | Hinweg mit dir/ O Welt/ ich hasse deine Schätze; | Und einen festen Grund auff meinen Jesum setze. | So fern sich deine Lust nach meinen Jesum richt’t/ | So faß ich sie zwar mit/ doch laß Jch Jesum nicht.
XXVI. | Bonum mihi diligere | JESUM nil ultra quærere, | Mihi prorsus diffidere. | Ut illi queam vivere. | Das ist: | Nichts ausser Jesum sucht mein sinn/ | Jhn lieben das ist mein Gewinn/ | Mir wil ich selbsten brechen ab/ | Damit ich Jhm zu leben hab. | Matth. 3. | Gold/ Geld/ Haab/ Gut/ Hauß/ Hof/ Weib/ Kind/ Freund/ Feind/ das Leben/ | Wanns nicht kan anders sein/ wil ich gar gern hin geben/ | Daß ich erlange nur das Perlein/ so mich liebt/ | Daß mein Herr Jesus ist/ daß er mir selber giebt.
XXVII. | O JESU mi dulcissime, | Spes suspirantis animæ, | Te quærunt piæ lachrymæ, | Te clamor mentis intimæ. | Das ist: | O Jesu/ meine Süssigkeit/ | Der Seelen Trost/ so zu dir schreit/ | Die heissen Zehren suchen dich | Das Hertz begehrt dein inniglich. | Psal. 42. | Gleichwie der matte Hirsch nach frischen Wasser schreyet/ | Und suchet mit Begier/ biß sich ein quell eräuget; | So schreyet meine Seel/ O Herr/ nach dir allein/ | Ach! mein Herr Jesu Christ/ laß mich bald bey dir seyn.
XXVIII. | Quocunque loco fuero, | JESUM meum desidero, | Quàm lætus cùm invenero, | Quàm felix cum tenuero! | Das ist: | An welchem Ort ich immer bin/ | Da steht zu Jesu gantz mein Sinn/ | Find ich Jhn/ Ach! wie froh bin ich? | Hab ich Jhn/ selig schätz ich mich. | 2. Tim. 4. | Bin ich nicht mit begier/ mein Schatz/ dir nach gegangen/ | Bey dem
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ich alles Heil und Wolfart kan erlangen. | Nun folgt die Himmels-Güt und die Barmhertzigkeit. | Mir nach biß an mein Grab/ ja auch nach dieser Zeit.
XXIX. | Tunc amplexus, tunc oscula | Quæ vincunt mellis pocula | Tunc felix Christi copula | Sed in his parva morula. | Das ist: | Alsdann ich Jhn ümbfah und küß´| Das ist mir mehr als Honigsüß/ | Alsdann ich glücklich an Jhm hang/ | Ach! aber solches wehrt nicht lang. | Marc. 5. | Ach daß ich nur sein Kleid möcht an dem Saum anrühren/ | Wie würd ich alsobald erwündschte Labsal spüren? | Er giebt mir ja das Hertz/ mir ist geholffen schon | Nun hab ich ewiglich die rechte Freüd und Wonn.
XXX. | Jam quod quæsivi video, | Quod concupivi teneo, | Amore JESU langueo | Et corde totus ardeo. | Das ist: | Was ich gesucht/ daß seh ich ietzt/ | Was ich begehrt mein hertz besitzt. | Vor Lieb/ Herr Jesu/ bin ich matt/ | Mein Hertz nicht wenig Hitze hat. | Genes. 32. | Als Jacob lang genug mit rechtem Ernst gerungen/ | Jst es Jhm endlich doch nach seinem Wunsch gelungen; | Jch lasse/ Herr/ dich nicht/ sprach er/ du legest dann | Mir einen Segen zu. Drauff ging das segnen an.
XXXI. | JESUS cum sic diligitur, | Hic amor non extinguitur, | Tepescit nec emoritur, | Plus crescit & accenditur. | Das ist: | Wo Jesus Lieb’ ist so bewand/ | So wird nit leicht gelöscht ihr brand/ | Sie wird nicht laulicht oder kalt/ | Vielmehr sie zunimbt mit Gewalt. | Cant. 5. | Wer kan matt sein/ und doch am gantzen Hertzen brennen? | Kranck bin ich nicht/ und muß doch gleichwol frey bekennen/ | Daß deine Liebe mich/ Herr Jesu/ mache schwach/ | Mein Hertz im Leibe brenn/ und in begierde wach.
XXXII. | Hic amor ardet jugiter, | Dulcescit mirabiliter, | Sapit delectabiliter, | Delectat & feliciter. | Das ist: | Die Liebes-Brunst beständig ist/ | Sie wird recht wunderbar versüßt/ | Sie schmecket aus der massen wol/ | Erlustigt und macht Glückes voll. | Tob. 3. | Der lieben Sonnen Glantz muß sich gar offt verstecken/ | Wann sich das schwartze Kleid der Wolcken läst ausstrecken | Allein die Liebe/ die sich zwischen Christo find/ | Und einem lieben Kind zu keiner Zeit verschwindt.
XXXIII. | Hic amor missus cœlitus | Hæret mihi medullitus, | Mentem incendit penitus, | Hoc delectatur spiritus. | Das ist: | Die Liebe kömbt von oben her/ | Rührt Marck und Bein nicht ohngefehr/ | Durchaus sie das Gemüht entzünd’t/ | Worin der Geist erquickung find’t. | Jac. I. | Allein vom Himmel her die gutte Gaben kommen/ | und was vom Himmel ist/ daß kan dem Menschen frommen. | Die Liebe thut es auch/ das Hertz/ den Geist sie stärckt/ | Dabey ihr Ursprung wird gar leichtlich abgemerckt.
XXXIV. | O beatum incendium, | Et ardens desiderium | O dulce refrigerium, | Amare Dei filium. | Das ist: | O Brunst/ die man für selig hält/ | Verlangen/ daß sich feürig stellt/ | O Süssigkeit/ die lieblich kühlt/ | O lieben/ daß auff Jesum zielt! | Act. II | Es hat der kühle Wind samt feüerigen Zungen | Am Pfingstfest viel genutzt und kräfftig durchgedrungen; | Hieraus erhellet klar/ daß Jesus Liebe sey | Der Sommer-Hitze gleich und auch dem kühlen Mey.
XXXV. | JESU flos matris virginis, | Amor nostræ dulcedinis, | Tibi laus, honor numinis, | Regnum beatitudinis. | Das ist: | O Jungfrau-Blum/ Marien Sohn/ | Du unsrer süssen Liebe Cron/ | Lob/ Ehr sey dir/ O höchste Krafft/ | Die uns das Himmelreich verschaft. | Matth. 6. | Ein Art der Blumen ist/ die sich zur Sonnen wendet/ | und fleissig folget nach/ wo sich dieselb hinlendet/ | Wer Christo folgen wil/ der bringt mit sich davon | Die rechte seligkeit/ dann Er ist blum und sonn.
XXXVI. | Veni, veni Rex optime, | Pater immensæ gloriæ, | Effulge menti clarius, | Jam expectate sæpius. | Das ist: | Komm/ kom̄/ O liebster König/ bald/ | O Vater Göttlicher Gestalt/ | Vermehre deinen Glantz bey mir/ | Der dich erwartet mit begier; | Matth. 21. | Das fromme Völcklein ließ sein Hosianna hören/ | Weil es den König sonst kont anders nicht verehren/ | Den/ der da kam/ es lobt/ und der noch kommen wird/ | Ach komm/ Herr Jesu/ komm/ ich stehe schon umbgürt’t.
XXXVII. | JESUS sole serenior, | Et balsamo suavior, | Omni dulcore dulcior, | Præ cunctis amabilior. | Das ist: | Die Sonne Jesus glantze weicht/ | Kein Balsam auch so lieblich
|| [324]
reucht/ | Die übersüsse Süssigkeit/ | Beliebet ist für allem weit. | Exod. 15. | Als Jsraels Geschlecht das bitt’re Wasser scheute/ | Und murrend/ Mose/ schrie/ rett’ uns verschmachte Leute/ | Da that er einen Baum darein/ der süsse macht/ | Halt du die Liebe drein/ so thut dir alles sacht.
XXXVIII. | Cujus gustus sic afficit, | Cujus odor sic reficit, | In quo mens mea deficit | Solus amanti sufficit. | Das ist: | Ja sein geschmack macht mich entzückt | Auch sein Geruch mich so erquickt/ | Daß ich vor Liebe fast vergeh/ | Und doch in Jhm vergnüget steh. | 1. Sam. 14. | Als in den Honigseim dort seinen stab getauchet/ | Der tapffre Jonathan/ hat er nichts mehr gebrauchet/ | Weil er sich frisch befand/ und an den Aguen rein; | Wer Jesum hat gekost’t/ wie frisch wird der wol sein?
XXXIX. | Tu mentis delectatio, | Amoris consummatio, | Tu mea gloriatio, | JESU mundi salvatio. | Das ist: | Jn dir mein Hertz hat seine Lust/ | Der Lieb ist mangel unbewust/ | Auff dich ist all mein Ruhm gestellt/ | O Jesu/ Heyland aller Welt. | Act. 14. | Jn Christo findet sich/ was je gesucht ist worden/ | und dis beken̄et auch der gantze Christen-Orden/ | Er ist des HertzenLust/ der Liebe volle Pracht/ | Jn Jhm steht unser Ruhm/ der Seelen Heil und macht.
XL. | Mi dilecte revertere | Consors paternæ dexteræ, | Hostem vicisti prosperè, | Jam cœli regno fruere. | Das ist: | Mein liebster kehre wieder umb/ | Besitze nun dein Eigenthumb/ | Den Feind hast du aufs Haupt erlegt/ | Darumb man dir das Reich anträgt. | Cant. 3. | Ach liebster Herr/ wie weh thut mir das bittre scheiden/ | Weil ich muß sein von dir/ hab Jch recht grosses leiden/ | Doch tröstet mich/ daß ich dort werde kommen hin/ | Da du nun bist/ da Jch stets bey dir leb’ und bin.
XLI. | Sequar quocunque ieris, | Mihi tolli non poteris, | Cùm meum cor abstuleris, | JESU laus nostri generis. | Das ist: | Wohin du wilt/ da folg ich bald/ | Mir nimt man dich nicht mit gewalt/ | Nimstu mein Hertz in deinen Schutz. | O Christen-Ruhm! O höchster Nutz! | Luc. 15. | Ein Hirte sucht sein Schaff/ wann er eins hat verloren/ | Er suchts mit höchsten Fleiß; du hast mein Hertz erkohren/ | O grosser Seelen-Hirt/ und es zu dir gewandt/ | Drumb folge ich dir so nach in Liebe gantz entbrandt.
XLII. | Cœli vires occurrite, | Portas vestras attollite, | Triumphatori dicite | Ave, REX JESU inlyte. | Das ist: | Jhr Himmel/ eilet auch hervor/ | Erhebet eüre Thor empor/ | Glück zu/ rufft diesem starcken Held/ | Der Triumphirend sich einstellt. | Apoc. 19. | Kein herrlicher Triumph könt’ uns gezeiget werden/ | Als wan wir solten sehn/ gezogen von der Erden/ | Wie sich der Himmel neig und seine Demuht weis’/ | Und wie er Jesum so erfreut willkommen heiß.
XLIII. | Rex Virtutum, Rex gloriæ, | Rex insignis victoriæ, | Jesu largitor veniæ. | Honor cœlestis patriæ. | Das ist: | Der Tugend König und der Ehr/ | Nichts ist/ daß deinen Sieg vermehr/ | Vergeber aller unser Schuld/ | Der Himmel gibt uns deine Huld. | 1. Corinth. 15. | O grosser Tugend-Held/ O König aller Ehren/ | Nichts wehret dir den Sieg/ nichts kan dir Jhn vermehren/ | Der Feind ist gantz erlegt/ du hast gesieget ob/ | Drumb bleibet uns die Huld/ und dir ein ewigs Lob.
XLIV. | Tu fons misericordiæ, | Tu veræ lumen patriæ, | Pelle nubem tristitiæ, | Dans nobis lumen gloriæ. | Das ist: | Du Brunquell der Barmhertzigkeit/ | Dein Glantz erstreckt sich weit und breit/ | Vertreib die schwartze Trübsals-Nacht/ | und gönn’ uns deines Lichtes pracht. | Jud. 7. | Das Gideon der Held die Fackeln hat gestecket | Jn irdene Gefäß’/ hierdurch hat er entdecket/ | Daß auch des Himmels Glantz offt auf der Erden bleib’/ | und manche Finsternüs und Traurigkeit vertreib.
XLV. | Te cœli chorus prædicat, | Et tuas laudes replicat, | JESUS orbem lætificat, | Et nos Deo pacificat. | Das ist: | Dein Lob im himmel hoch erklingt/ | Kein Chor ist/ der nicht von dir singt/ | Die gantze Welt erfreüest du/ | Herr Jesu/ mit der Himmels-Ruh. | Joh. 20. | Herr Jesu/ wer könt’ je dein grosses Lob aussprechen? | Die Himmelische Schaar muß selbsten auch abbrechen/ | Mein Herr und mein Gott/ verwunderend ich sag | Mit Thoma/ dan dein Lob ich nit gnug preisen mag.
XLVI. | JESUS in pace imperat, | Quæ omnes sensus superat. | Hanc mea mens desiderat | Et eâ frui properat. | Das ist: | Jn Friede Jesus hoch regiert/ | Der über alle Sinnen führt/ | Denselben mein Gemüht begehrt/ | Ach! würd ich dessen nur gewehrt. | Psal. 43. | Dein Creutz/ O Jesu nimb/ die Wunden samt der Krone/ | Die Striemen und dein Blut/ daß für dem Himmels-Throne | Hat Gottes Zorn gestillt: Ach tritt doch mitten ein/ | Herr Jesu/ für uns bitt/ erhalt den Friedens-Schein.
XLVII. | JESUS ad patrem rediit, | Cœleste numen subiit, | Cor meum á me transiit, | Post JESUM simul abiit. | Das ist: | Zum Vater ist mein Jesus fort/ | Zum Himmelischen Lebens-Port/ | Mein Hertz ist weg/ O Wunder-Sach! | Es eilet dir/ Herr Jesu/ nach. | Johan. 14. | Nun ist mein höchster Schatz zum Vater hingegangen/ | Und läst mich hinter sich in sehnlichem Verlangen/ | Mein Hertz folgt eilends nach/ Ach! gib/ Herr Jesu/ zu/ | Daß in dem deinen es stets habe sichre Ruh.
XLVIII. | Quem prosequemur laudibus, | Votis, hymnis & precibus, | Ut nos donet cœlestibus, | Cum ipso frui sedibus, Amen. | Das ist: | Den laßt uns loben mit dem Mund/ | und mit Gebet von Hertzen Grund/ | Auff daß er uns mit sich zugleich/ | Einführen mög’ ins Himmelreich. | Apoc. 5. | Jetzt laßt uns unsre Stim̄/ auch Mund und Hertz erheben/ | Und Jhm allein Lob/ Ehr und Preiß in Demuht geben/ | Daß er von uns abwend all’ angst/ noth und gefahr/ | Und uns den Himmel schenck’/ Ach! Amen/ daß sey wahr!


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Der 25. 11. fiel im Jahr 1637 nach altem Kalender auf einen Samstag. Der den Eingang vermerkende Kanzlist muß sich im Wochentag oder im Datum geirrt haben. — Hans v. Dieskau (FG 212. Der Tilgende), aus dem angesehenen, im Magdeburgischen und Obersächsischen reich begüterten Uradelsgeschlecht (das in der Provinz Magdeburg 1746 ausstarb), war damals Mitglied des achtköpfigen „kleinen“ oder „engen“ Ausschusses der erzstiftischen Landstände und Direktor derselben im Saalkreis. Zuvor hatte Dieskau während der Regierungszeit F. Ludwigs, des schwedischen Statthalters der Stifte Magdeburg und Halberstadt (vgl. 320313, 350800), als Hauptmann des wichtigsten magdeburgischen Amtes, Giebichenstein (s. Dreyhaupt II, 851), gewirkt. Demnach muß es bei der Unterredung zwischen Alvensleben und den Dieskaus (s. Anm. 7) nicht um private oder wirtschaftliche Angelegenheiten gegangen sein; sie könnte auch der Vorbereitung des erzstiftischen Landtags im März 1638 in Calbe und der anstehenden Huldigung des postulierten Administrators Hz. August v. Sachsen-Weißenfels (FG 402. 1643) gedient haben. Vgl. Anm. 8 u. 380303. — In einer Notiz über die eigene Aufnahme in die FG am Hof in Halle a. d. S. durch Hz. August v. Sachsen-Weißenfels hob Hz. Ferdinand Albrecht v. Braunschweig-Wolfenbüttel (FG 842. Der Wunderliche) noch am 28. 8. 1673 unter den dabei anwesenden sechs Fürsten und 20 Adligen den alten Dieskau hervor: „Vnter den Cavalieren war Hans von Dieskau, Reformirter Religion, ein Man von 81 Jahren, der im 1632. iahre, von Fürst Ludwigen, als Vrheber dieses ordens, von Anhalt, zu Cöthen darein genommen.“ Die Notiz steht in Hz. Ferdinand Albrechts einstigem Exemplar von Neumark: Palmbaum, Vorsatzbl. (HAB: Ln 341). Der Aufnahmebericht vollständig wiedergegeben in Jill Bepler: Ferdinand Albrecht Duke of Braunschweig-Lüneburg (1636–1687). A Traveller and his Travelogue. Wiesbaden 1988, 263 Anm. 10 (Wolfenbütteler Arbeiten zur Barockforschung, 16); Auszüge daraus in (dies., Hg.): Barocke Sammellust. Die Bibliothek und Kunstkammer des Herzogs Ferdinand Albrecht zu Braunschweig Lüneburg (1636–1687). Weinheim 1988, 207 (Ausstellungskataloge der Herzog August Bibliothek, 57). Der Herzog veröffentlichte seinen Bericht auch in seinem Werk: Wunderliche Begebnüssen und wunderlicher Zustand Jn dieser wunderlichen verkehrten Welt. ... Durch den in der Fruchtbringenden Gesellschafft so genanten Wunderlichen im Fruchtbringen. 2 Tle. (Bevern 1678–1680: Johann Heitmüller), II, Bl. [a iv v] ff. (HAB: Lo 1388.4); Faksimiledruck hg. u. eingeleitet von Jill Bepler, Bern usw. 1988 (Nachdrucke Deutscher Literatur des 17. Jahrhunderts, 65). Die Leichenpredigt rühmt Dieskau als „Treuen Patrioten“, seinem Wesen nach „aufrichtig und nach der Al-
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ten Teutschen Art“, feind aller „Falschheit“ und „Betrüglichkeit“. S. Die Allerschönste und Edelste Erbschafft Der gläubigen Kinder GOttes. Aus der 1. Petr. I. v. 3. 4. 5 Wie solche Bey Christlich-Hochansehnlichen Leich-Begängnis Des ... HERRN Hansens von Dießkau/ Auf Dießkau und Canehna/ Hauptman̄s / und E. Hoch-Löbl. Landschafft des Saal-Creyses im Hertzogthumb Magdeburg Hoch-Meritirten DIRECTORIS, Welcher den 10. Novembris abgewichenen 1680sten Jahrs ... seine himmlische Erbschafft der Seelen nach in Besitz genommen: Der Leib aber den 12. Januarii ... in sein Neu-erbauetes Erb-Begräbnis ist eingesencket worden: Jn einer dazumahl/ in der Kirchen zu Dießkau/ gehaltenen/ ... Predigt/ ist fürgestellet worden Von TOBIA ÖRNSTERO, LIPS. Pfarrern zu Dießkau und Canehna (Halle a. d. S. [1681]: Christoph Salfelds Erben), Bl. J ii v f. u. K v (LP Stolberg 7788). Vgl. auch 510000A (Dieskaus „Vngeferlicher Auffsatz, der gebräuch welche bey Einnehmung der Mittglieder, in der Fruchtbring. Gesellschafft in acht zunehmen“); ferner Conermann III, 221ff. Zu Dieskaus Briefwechsel mit F. Ludwig s. 380302A, 380303, 381030, 390110, 390112, 390114 u. ö.
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Schon KL III, 96 erklärt hier in Klammern „Scheit“ und merkt zu dem folgends im Brief genannten „Lobgesang“ an, er sei „nicht mehr vorhanden“. Letzteres ist unzutreffend, sofern sich der „Lobgesang“ als Des Bernhardi lob und Jubelgesang Auf deutsch Reimweise gegeben (s. Beil. I) identifizieren läßt. Daß es sich bei dem im Brief genannten „Klangtichter“ um den in Halle wirkenden Komponisten Samuel Scheidt (1587–1654) handelt, gibt auch ein Brief von Hans v. Dieskau an F. Ludwig vom 12. 1. 1639 zu vermuten. Dort heißt es: „So baldt ich vf Halla komme, muß ich es [das von Martin Opitz übersetzte Weihnachtslied] dem Thondichter Scheydten, damit es mit großem Nutz an tagk komme, mittheilen“ (HM Köthen: V S 544, Bl. 24). Dieser Brief (390112) liefert im übrigen den ersten Beleg für den erst im späten 18. Jh. allgemein gewordenen Begriff „Tondichter“. Vgl. 381028 K IV 30 („Music oder thonkündigung“) u. DW XI, 757. Dagegen läßt sich das Synonym „Klangtichter“ in den einschlägigen Nachschlagewerken nicht schon vor oder um 1638 nachweisen. Für die Beziehung zu Scheidt nicht unerheblich ist, daß Hans v. Dieskau in Dieskau wohnte, dem nahgelegenen Stammsitz der Familie südöstlich von Halle (vgl. Dreyhaupt II, 893f.). Er konnte mithin gut als Vermittler zwischen Scheidt und F. Ludwig tätig werden, wie auch 390112 bezeugt. Ludwig hatte sich zudem als kgl.-schwed. Statthalter des Ebsts. Magdeburg von 1631–1635 (vgl. 320313) regelmäßig in Halle aufgehalten und dort vielleicht den Komponisten persönlich kennengelernt. Vgl. Conermann III, 221–223. Scheidt vertonte in der Tat den Jubilus des Hl. Bernhard und zwar nachgewiesenermaßen nach der früheren Verdeutschung durch Johann Arndt (vgl. K I 0 u. K I 1). Außerdem komponierte er etwa zur gleichen Zeit zwei geistliche Lieder Diederichs v. dem Werder (371222 I–III). Es ist denkbar, wenngleich nicht nachgewiesen, daß Scheidt der Komponist des Jubilus auch in der Verdeutschung durch F. Ludwig geworden ist. Freilich sind auch andere zeitgenössische Komponisten auf den Jubilus aufmerksam geworden, so der Däne Thomas Schattenberg, der im Jahre 1620 eine Komposition veröffentlichte mit dem Titel: „JUBILUS S. BERNHARDI DE NOMINE JESV CHRISTI SALVATORIS NOSTRI“. Der Text besteht hier aus 39 lateinischen Strophen, während sowohl Johann Arndt als auch F. Ludwig 48 Strophen präsentieren (s. Beil. I und K I 0). Vgl. Thomas Schattenberg: Jubilus S. Bernhardi. København 1988, 1–54 (Musik i Danmark på Christian IV’s tid. Bind VII). Eine Verbindung des Dänen zur FG oder zu F. Ludwig läßt sich aus der Korrespondenz nicht ablesen. — Zu Scheidt allgemein und in biographischer und bibliographischer Hinsicht vgl. neben MGG, Grove, SSWV und der Samuel-Scheidt-Gesamtausgabe (SSGA, s. K I 1) Arno Werner: Neue Beiträge zur Scheidt-Biographie. In: Sammelbde. d. Internat. Musik-Gesellschaft 13 (1911/12), 297–302; Rolf Hünicken: Samuel Scheidt, ein althallischer Musikus. Sein Leben und Wirken nach Urkunden hallischer Archive. Halle 1934 (Hallische Nachrichten-Bücherei, 16); Walter Serauky: Samuel Scheidt in seinen Briefen. Halle 1637; ders.: Musikgeschichte der Stadt Halle. Bd. 2.1: Von Samuel Scheidt
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bis in die Zeit Georg Friedrich Händels und Johann Sebastian Bachs. Mit Musikbeilagen und Abhandlungen. Berlin 1939/40 (Ndr. Hildesheim, New York 1971), 1–197; Klaus-Peter Koch: Samuel Scheidt in der Musikkultur seiner Zeit. In: Samuel Scheidt. Wirkungskreis, Persönlichkeit, Werk. Bericht über eine Konferenz am 17. und 18. Oktober 1987 im Händel-Haus Halle anläßlich des 400. Geburtstages von Samuel Scheidt. Hg. Gert Richter. Halle a. d. S. 1989, 22–40; jüngst Konstanze Musketa: 1654: Samuel Scheidt — ein fast vergessener „Kleinmeister“? In: Mitteldeutsches Jahrbuch für Kultur und Geschichte 11 (2004), 201–208. Zu Beziehungen zwischen Scheidt und der FG s. Reinhold Specht: Fürst Christian II. von Anhalt und der Organist Samuel Scheidt. In: Thüring.-Sächs. Zs. f. Geschichte u. Kunst 27 (1940), 85–86; Klaus-Peter Koch: Scheidt-Miszellen: In: Samuel Scheidt. A. a. O. 1989, 89–92; ders.: Samuel Scheidt in seinen Beziehungen zur Fruchtbringenden Gesellschaft. In: Beiträge zur musikalischen Quellenforschung. Protokollband Nr. 2 der Kolloquien im Rahmen der Köstritzer Schütz-Tage. Bad Köstritz 1991, 165–184. Zu Scheidt in der FG-Korrespondenz der Jahre 1637 u. 1638 vgl. 371222 u. I–III, 371226A K I 1, 371227, 380122, 380125, 380125A, 380126 u. 380210. Scheidt trat auch in Beziehung zu anderen Mitgliedern der FG, etwa durch Widmungen seiner „LXX. Symphonien. Auff Concerten manir Mit III. Stimmen/ als 2. Discant vnd Bass sampt dem Basso Generali: Vornemlich auff Violinen zu gebrauchen“ (Leipzig 1644), 4 Stimmbücher. Vgl. SSWV, Nr. 371-440. Eine Abschrift seiner Symphonien, die über 100 (verlorene) geistliche Madrigale enthalten sollte (s. 371222 K III), offerierte Scheidt am 19. 6. 1642 Hz. August d. J. v. Braunschweig-Wolfenbüttel (FG 227); s. Christhard Mahrenholz: Samuel Scheidt. Sein Leben und sein Werk. Leipzig 1924, 34; Serauky 1937 (s. o.), 12f.; SSWV, S. 118. Desgleichen dedizierte Scheidt eine Abschrift der Symphonien wohl zwischen 1642 und 1644 Hz. Wilhelm IV. v. Sachsen-Weimar (FG 5), dem späteren, zweiten Oberhaupt der FG; Adolf Aber: Die Pflege der Musik unter den Wettinern und wettinischen Ernestinern. Von den Anfängen bis zur Auflösung der Weimarer Hofkapelle 1662. Bückeburg u. Leipzig 1921, 155; SSWV, S. 118. Beim Druck widmete Scheidt das Werk schließlich dem seit 1644 in Halle residierenden Administrator des Erzstifts Magdeburg, Hz. August v. Sachsen-Weißenfels (FG 402. 1643), dem er seine erneute Ernennung (1638) zum fl. Kapellmeister verdankte. SSWV, S. 118. Empfänger von Dedikationen anderer Werke Scheidts waren der schwedische Obrist Joachim (v.) Mitzlaff (FG 223; vgl. Engerisser, 302ff. u. ö.), welcher Scheidt mehrfach in Halle lauschte und zu ihm seinen Kammerdiener Zacharias Eckhard in die Lehre schickte: Liebliche Krafft-Blümlein Aus des Heyligen Geistes Lustgarten abgebrochen ... Das ist: Herrliche Trost Sprüchlein/ in Göttlicher Schrifft ... Concert-weise/ mit zweyen Stimmen/ sampt dem General-Baß (Hall in Sachsen 1635), SSWV, Nr. 264–276, bes. S. 81f.; anläßlich eines Musizierens am Bayreuther Hof (Mgf. Christian v. Brandenburg-Bayreuth, FG 145) und einer Orgelweihe in der dortigen Stadtkirche Widmung an Hz. Friedrich Ulrich v. Braunschweig-Wolfenbüttel (FG 38) und an Heinrich Reuß Herr v. Plauen gen. Postumus (FG 201): BASSUS PRO ORGANO. PARS PRIMA CONCERTUUM SACRORUM (Hamburg 1622), SSWV, Nr. 71–84, bes. S. 34. Scheidt widmete Mgf. Christian die Tabulatura I: TABULATURA NOVA. Continens variationes aliquot PSALMORVM, FANTASIARVM, CANTILENARVM, PASSAMEZO, ET CANONES ALIQUOT (Hamburg 1624),SSWV, Nr. 102–126, bes. S. 43. Zu Martin Milagius (FG 315) s. 371222 K1, I Q u. III Q. Mit Christian Gueintz (FG 361. 1641), dem Hallenser Gymnasialrektor, hatte sich Scheidt zerstritten, s. 371226A K 6. Durch seinen Bruder Gottfried trat Scheidt auch gelegentlich in Kontakt zu den Herzögen Johann Philipp (FG 183) und Johann Wilhelm II. v. Sachsen-Altenburg (FG 188). Vgl. MGG XI, 1638. Zu den genannten Mitgliedern der FG vgl. die Kurzbiographien in Conermann III.
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Ludwigs Übersetzung Des Bernhardi lob und Jubelgesang Auf deutsch Reimweise gegeben, s. Beil. I.
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D. h. einfach, schlicht, s. 371014 K 3. Klaus-Peter Koch kommentiert diese Passage auf unsere Anfrage so: „Das heißt, der Komponist (wohl Scheidt) hatte wohl eine vielstimmige, von Instrumenten unterstützte Komposition vorgehabt, hat aber (zunächst) nur einen schlichten (Choral-)Satz ohne Instrumente komponiert. Dabei benutzte er die Textfassung des Fürsten, nicht die von Johann Arndt. Diese Fassung schickt von Dieskau dem Fürsten nun zu. Die Noten sind nicht überliefert.“
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Der berühmte Roman Don Quijote des Miguel de Cervantes Saavedra tritt in verschiedenen Anläufen in das Umfeld der FG, die damit einen Brennpunkt seiner frühen Rezeption in Deutschland darstellt. Zunächst taucht die Figur des irrenden Ritters 1613 und 1614 in Ritterspielen und Festaufzügen auf, zu denen Tobias Hübner (FG 25) höchstwahrscheinlich die deutschen Verse geliefert hatte. Vgl. 250218A V–VII. Zur Leipziger Herbstmesse 1621 und wiederholt in den Folgejahren wurde dann die erste dt. Übersetzung des Romans angezeigt: Ritterliche Thaten des wunderseltzamen Abenthewers Don Kichote de la Mantscha, zu teutsch/ Juncker Zwarckflachens aus Fleckenland/ aus Spanischer Sprach in die teutsche versetzet/ ib. [Cothonis Anhaltinorum. 1621] 8. S. CATALOGUS UNIVERSALIS Hoc est, DESIGNATIO omnium Librorum, qui hisce Nundinis Autumnalibus Francofurtensibus & Lipsiensibus ab Anno 1621. vel novi vel emendatiores & auctiores prodierunt. (Leipzig: Gottfried Grosse [1621]: Abraham Lamberg), Bl. G 3v; zit. n. Meßkataloge Leipzig (Die Titelanzeige steht innerhalb einer Gruppe angekündigter Köthener Drucke, daher die verweisende Angabe „ib idem“ bei Erscheinungsort u. -jahr). Ein physischer Nachweis dieses Werkes aus der Köthener fürstl. Offizin ist nie gelungen, jedoch könnte die erste im Druck vorliegende (unvollständige) dt. Übersetzung des ersten Teils des satirischen Ritterromans auf die annoncierte frühere Übertragung zurückgegangen sein: Don Kichote de la Mantzscha, | Das ist: | Juncker | Harnisch auß Fle- | ckenland/ | Auß Hispanischer Spraach in | hochteutsche vbersetzt. | Kauff mich: Vnd liß mich. | Rewts dich: So friß mich. | Odr ich Bezahl dich. | [Vignette] | Franckfurt/ | Jn Verlegung Thomæ Matthiæ Götzen. | 1648. Zweites Titelblatt: Erster Theil der abenthewerlichen Geschichte des … Juncker Harnisches auß Fleckenland/ Auß dem Spanischen ins Hochteutsche versetzt Durch Pahsch Basteln von der Sohle. HAB : 138. 13 Eth. (3), 152. 13 Eth. (1) u. 152. 2 Eth. (4); vgl. auch Adam Schneider: Spaniens Anteil an der Deutschen Litteratur des 16. u. 17. Jahrhunderts. Straßburg 1898, 222–231. Der Verfasser dieser Übersetzung ist Joachim Caesar (* zw. 1575 u. 1580), der in Halle a. d. S. („Sohle“!?) dem früheren Administrator des Erzstifts Magdeburg, Mgf. Christian Wilhelm v. Brandenburg (PA), als gelehrter Hofbeamter gedient hatte und, obwohl nicht Mitglied der FG, in guter Verbindung zu den Anhaltinern stand. Vgl. 220919, 231210 I, 240718 K 23 u. 240818 K 23. Nicht zuletzt hatte Caesar während F. Ludwigs Statthalterschaft in den Stiften Magdeburg und Halberstadt als Hofrat in dessen stiftischer Regierung gedient (vgl. 350800 K 10), bis er wegen gefährlicher Verdächtigungen das Land verlassen haben soll und sich seine Spur verliert. Der Staßfurter Pastor und Superintendent Jacob Möser (1597–1644) 1634: „Joachim Cäsar, Hofrath, mein alter Freund u. Schulgeselle (so bald hernach Sodomiterei halben leider in ein bös Geschrei kommen u. ausgerissen)“. Zit. n. F. Winter: Mösers Aufzeichnungen über den 30jährigen Krieg. In: Geschichts-Blätter f. Stadt u. Land Magdeburg 9 (1874), 11–69 u. 165–220, hier S. 51, vgl. zu Caesar auch S. 39. Zu Joachim Caesar und anderen Übersetzern spanischer Literatur im Kreise der FG vgl. Conermann: Lope de Vega. Ob die im vorliegenden Brief genannten, von Dieskau an F. Ludwig gesandten „beyden Theile, des Don Cuixotes“ etwas mit Caesars Übersetzung zu tun haben, die im Meßkatalog von 1621 angekündigte Übersetzung aufgreifen oder gar den eigenständigen Versuch eines anderen Übersetzers oder nur eine spanische oder andere Vorlage darstellen, muß im Dunkeln bleiben, solange nicht zusätzliche Informationen zu gewinnen sind. Leider schweigt die weitere Korrespondenz Dieskaus mit dem Oberhaupt der FG dazu (vgl. 380302A, 380303, 380904 u. 381030), auch bleiben die Hinweise auf ein „Spanisch
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buchlein“, hinter dem sich der Don Quijote verbergen dürfte, in der Korrespondenz F. Ludwigs und Christian Ernsts (v.) Knoch (FG 268) nur vage; s. 380501, 380503 u. 380509. Mit 390119 (u. 390121) taucht schließlich ein weiterer Hinweis auf die Don-Quijote-Rezeption in der FG auf: Eine von Hans Ludwig (v.) Knoch (FG 252) begonnene Übersetzung sollte auf Anweisung F. Ludwigs vollendet werden, wurde aber allem Anschein nach nicht zum Abschluß gebracht, jedenfalls nicht gedruckt. Vgl. Conermann: Lope de Vega, 69–72; Alberto Martino: Von den Wegen und Umwegen der Verbreitung spanischer Literatur im deutschen Sprachraum (1550-1750). In: Studien zur Literatur des 17. Jahrhunderts. Gedenkschrift f. Gerhard Spellerberg (1937-1996). Hg. Hans Feger. Amsterdam, Atlanta/GA 1997 (Chloe, 27), 285–344, hier 313ff. u. 331; Christian Weyers: Don Quijote poliglota: Zu einigen philologischen, onomastischen und ikonographischen Aspekten einer literarischen Migration. In: Sprachkultur und Kultursprachen. Festschr. f. Richard Baum zum 65. Geb. Hg. Georg Fehrmann u. Helmut Siepmann. Bonn 2002, 241–266.
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Cuno v. Alvensleben (FG 98), seit 1610 Domherr des Erzstifts Magdeburg, später Senior des Domkapitels, starb am 13. 3. 1638 auf dem Schloß zu Calbe. Er war einer der Gesandten, die Ende 1625 im Auftrag des Domkapitels nach Dresden reisten, um Kf. Johann Georg I. v. Sachsen die Wahl von dessen Sohn August (s. Anm. 8) zum Koadjutor des Erzstifts anzuzeigen. Ebenso nahm er an der Gesandtschaft teil, die im Frühjahr 1628 nach Wien zu Ks. Ferdinand II. aufbrach, um dessen Bestätigung der Wahl des kfl. Prinzen zum Administrator des Erzstifts einzuholen. Vgl. Georg Adalbert v. Mülverstedt: Codex diplomaticus Alvenslebianus: Urkunden-Sammlung zur Geschichte des Geschlechts von Alvensleben und seiner Besitzungen. Bd. 3: 1501-1653. Magdeburg 1895, T. 14 u. S. 431, 436, 440, 462, 476f., 482, 492 u. ö., zu Gebhard v. Alvensleben (FG 479. 1647) s. T. 14 u. S. 384, 392ff., 397, 408, 414 u. ö. Christian: Tageb. XIV, 568v (18. 3. 1638): Nachricht, „das Cuno von Almßleben, Thumbherr im Ertzstifft, ein gelehrter, wol bewanderter wackerer edelmann Zu Calbe todes verblichen. Sein Leichnam wirdt heutte alhier vber die Sahle gebrachtt, vndt vollends nacher Wittemberg, zu seiner ruhestedte geführet werden.“ Zu seiner Imprese vgl. 240717 I.
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Hieronymus v. Dieskau (FG 209), s. Conermann III, 218 (zu FG 209, Nr. 2) u. 221. In der Leichenpredigt auf Hans v. Dieskau (LP Stolberg 7788) wird tatsächlich nur ein Bruder erwähnt; es handelt sich um den genannten Hieronymus: Die Allerschönste und Edelste Erbschafft Der gläubigen Kinder GOttes ... Bey Christlich-Hochansehnlichen Leich-Begängnis Des ... HERRN Hansens von Dießkau (Halle a. d. S. [1681]; s. Anm. 1), Bl. [Jij]v: „Nachdem aber sein Vater [d. i. der kurbrandenburgische Geheime Rat Hieronymus v. D., 1565–1625] bey zunehmendem Alter sich der Oeconomischen Mühe entschlagen/ und seine Lehn-Güter bey seinem Leben seinen beyden Söhnen abtreten und einräumen wollen“. Ein Bruder Otto verstarb jung bereits 1602 (Dreyhaupt II, Beylage B: Genealogische Tabellen ... Halle 1750, 204). Daß im vorliegenden Brief dennoch von „Brüdern“ die Rede ist, erklärt sich möglicherweise daraus, daß Hans’ Vater Hieronymus die verwandten Brüder Rudolf v. Dieskau (FG 155) und Dietrich vormundschaftlich erzog. Vgl. die Leichenpredigt auf Rudolf: Christliche Leich-Predigt/ Bey dem Begängnis ... Herrn Rudolphs von Dißkau/ aus dem Hause Finsterwalda/ Ihrer Chur- und Hochfürstl: Durchl. zu Sachß: wohlbestalten Raths und Hoffemeisters seeligen welcher den 20. Julij 1656. nach Mittage auff 1. Uhr/ zu Dreßden im HErrn seelig entschlaffen/ und den 2. Novembris hernach in der Kirchen zu S. Sophien/ ... bestattet worden/ ... gefertiget/ durch M. Christianum Zimmermannen, Stadtpredigern/ und p. t. Vice- Superattendenten daselbsten (Dresden [1656]: Melchior Bergen/ Churfl. Sächß. Hoff-Buchdrucker). HAB: Xa 1: 8 (9), Bl. [D 3]v: „[...] hat Herr Hieronymus von Dießkau [...] Churfürstl. Brandenburgischer geheimbter Rath/ und sein damahliger Vormund zu sich genommen/ allwo er nebenst dessen Kindern/ ingleichen seinen jüngsten Bruder Dietrichen und andern von Adel mehr/ erzogen worden“. Dazu muß nicht
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in Widerspruch stehen, daß sich Hans v. Dieskau in 380603 sowie in 381030 ohne Hinweis auf eine engere verwandtschaftliche Bindung auf Rudolf mit dessen Gesellschaftsnamen (Der Niedrige) bezieht. Zur Familie v. Dieskau s. Adelslexikon II, 479; Dreyhaupt II, Beylage B: Genealogische Tabellen ... Halle 1750, 202–208; Siebmacher VI. 6, T. 22 u. S. 36; Walter v. Bötticher: Geschichte des Oberlausitzischen Adels und seiner Güter 1635–1815. Band 1. Görlitz 1912–1923, 302ff.
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Hz. August v. Sachsen-Weißenfels, vgl. Conermann III, 476–478; ADB I, 680f.; DA Köthen Halle I, II.1 u. II.2. Mit dem Prager Frieden vom 30. 5. 1635 (bestätigt in den Westfälischen Friedensschlüssen 1648) hatte Kf. Johann Georg I. v. Sachsen die Ansprüche seines zweitältesten Sohnes August gegen die Konkurrenten in der stiftischen Landesherrschaft, Mgf. Christian Wilhelm v. Brandenburg und Ehz. Leopold Wilhelm v. Österreich, Ks. Ferdinands II. jüngsten Prinzen, durchzusetzen vermocht. Das Ebst. Magdeburg wurde ihm auf Lebenszeit eingeräumt, ausgenommen die vier erzstiftischen Ämter Burg, Dahme, Jüterbog und Querfurt, die an das sächsische Kurhaus fielen. Vgl. BA NF II.10.4, S. 1610, aus dem Hauptvertrag des Prager Friedens vom 30. 5. 1635, Ziffer 15: „Das ertzstift Magdeburg betreffend, ist es umb des lieben friedens willen dahin gelanget, daß Kfl. Dt. zu Sachßen freundtlicher geliebter sohn, herzogs Augusti zu Sachßen, Gülich, Cleve und Berg Fstl. Gn., daßelbige auf ihre übrige lebtage innenhaben und genießen mögen. Und sollen Seine Fstl. Gn. darinnen nicht perturbiret noch gehindert werden.“ Vgl. Anm. 9 u. 380303 K 3.
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Hz. August v. Sachsen-Weißenfels (vgl. Anm. 8) drängte nach langer Wartezeit auf die im Lehensverhältnis erforderliche Besitzeinweisung im Erzstift durch bzw. im Auftrag des Kaisers. Vgl. auch 380303. Bereits im Januar 1628 hatte das Magdeburger Domkapitel den vom Kaiser nicht anerkannten, dann geächteten Administrator Mgf. Christian Wilhelm (s. Anm. 5 u. 8), der das Ebst. seit 1608 verwaltet hatte, abgesetzt und den 1625 zum Koadjutor gewählten Hz. August zum neuen Erzbischof gewählt (vgl. Anm. 6). Vgl. das Kf. Johann Georg I. v. Sachsen zugeschickte „Instrumentum Postulationis Hertzog Augusti zu Sachsen Durchl. zum Administratore des Ertzstiffts Magdeburg. De d. 25. Januar. Ao. 1628.“ Abgedr. in Dreyhaupt I, 350f. Am 10. 2. 1628 fand die öffentliche Postulation statt. Vgl. dazu: Wolf Ferbers Gedicht auf Herzog August, Erzbischof von Magdeburg. 1628. In: Deutsches Museum f. Geschichte, Literatur, Kunst und Alterthumsforschung. NF, Bd. 1 (Leipzig 1862; Ndr. Hildesheim, New York 1973), 287–294. Ks. Ferdinand II. verweigerte dem Domkapitel aber seine Zustimmung zu dieser Wahl und suchte das Erzstift seinem siebten Sohn Leopold Wilhelm mit der Hilfe Papst Urbans VIII. einzuräumen, der Augusts Wahl annullierte und den Habsburger Prinzen zum Erzbischof ernannte. Das Stift Halberstadt hatte 1628 Leopold Wilhelm zum Bischof gewählt, das Magdeburger Domkapitel hielt dagegen, durch den Widerstand Kf. Johann Georgs I. v. Sachsen gestärkt, den Kaiser hin. Mit dem Restitutionsedikt von 1629 und den massiven Rekatholisierungsversuchen spitzte sich die Lage auch im Ebst. Magdeburg zu, als der Kaiser am 5. und 6. 5. 1630 mit Pressionen und Gewalt die Huldigung seines Sohnes durchsetzte. Der Eintritt der Schweden in den „Teutschen Krieg“, die kurzfristige Rückkehr Mgf. Christian Wilhelms nach Magdeburg und die schwedische Statthalterschaft F. Ludwigs änderten die Lage erneut und zwangen Hz. August weiterhin zu Verzicht und Passivität, bis der Konflikt mit dem Prager Frieden 1635 zugunsten des Wettiners gelöst wurde (s. Anm. 8). Noch aber vereitelten Kriegsunruhen und eine instabile militärische Lage im Ebst. den Eintritt Augusts in die stiftische Landesherrschaft. Erst am 19. 10. 1638 konnte er nach der Besitzeinweisung auch die Huldigung der Stände im stark kriegszerstörten Halle a. d. S. entgegennehmen, im Dezember 1642 sich endgültig in seiner erzstiftischen Residenzstadt niederlassen. Vgl. zur Einführung und zur Huldigungszeremonie die Berichte in Theatrum europaeum III (1644; HAB: Ge 4° 54), 988f.; Dreyhaupt I, 423–430, und Gottfried Olearius: I. N. J. HALYGRAPHIÆ Topo-Chronologicæ Pars Posterior, Das ist: Ort- und Zeit-Beschrei-
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bung der Stadt Hall in Sachsen Ander Theil (Leipzig 1667), 384ff. (HAB: Gm 1935); zur Vorgeschichte Dreyhaupt I, 349ff., 368ff. u. 413; ferner die Aktenbestände LHA Sa.-Anh./ Magdeburg: Rep. A 2, Nr. 46–48 („Acta, so bey der Jntroduction und Huldigunge des Hochwürdigsten Durchlauchtigsten Hochgebornen Fürsten und Herrn, Herrn Augusti Postulirten Erzbischoffen zu Magdeburg ..., Herzog zu Sachsen ... in Jhrer Fürstl. Residenz stadt Halle ao. 1638 ... ergangen“ usw.) und Rep. A 2, Nr. 719 („Acta des Administrators August vorgehabte Huldigung und Introduction und die von der Stadt Magdeburg praetendirte Reversalen vor Leistung der Huldigung...“); außerdem 320313 K 0, 320416 K 7 u. 350800 K 10; Bircher/ Palme I, 25ff.; Conermann III, 477; Martin Bircher: Halle unter dem „Wohlgeratenen“. Hz. August von Sachsen-Weißenfels als Oberhaupt der Fruchtbringenden Gesellschaft. In: Archiv f. die Geschichte von Oberfranken 62 (1982), 207–228; Rudolf Joppen: Das Erzstift Magdeburg unter Leopold Wilhelm von Österreich (1628–1635). In: Beiträge zur Geschichte des Ebst.s Magdeburg. Hg. Franz Schrader. Leipzig 1968, 290–342; E. Neubauer: Die Wahl Hz. Augusts v. Sachsen zum Koadjutor des Erzstifts Magdeburg im Dezember 1625. In: Neue Mitteilungen aus dem Gebiet historisch-antiquarischer Forschungen 18 (Halle a. d. S. 1894), 1–22; Maik Reichel: Hz. August v. Sachsen-Weißenfels. Die Entstehung der sächs. Sekundogenitur und das Testament des Herzog-Administrators. In: Ars et Amicitia. Beiträge zum Thema Freundschaft in Geschichte, Kunst und Literatur. Festschr. f. Martin Bircher zum 60. Geb. Hg. Ferdinand van Ingen, Christian Juranek. Amsterdam, Atlanta/ GA 1998 (Chloe, 28), 427–460, hier 428ff.; Wilhelm Ernst Tentzel: Saxonia Nvmismatica Oder Medaillen-Cabinet von Gedächtniß-Müntzen und Schau-Pfenningen/ Welche Die Durchlauchtigsten Chur- und Fürsten zu Sachsen Albertinischer Haupt-Linie prägen und verfertigen laßen. Frankfurt a. M. u. Leipzig 1705, 521ff. u. T. 81 (Huldigungsmünzen 1638). Übrigens sollte Hz. August erst zu seiner (ersten) Eheschließung am 23. 11. 1647 mit Anna-Maria, Tochter Hz. Adolph Friedrichs I. v. Mecklenburg-Schwerin (FG 175), den ebfl. Titel mit dem eines Administrators vertauschen.
10
Halle a. d. Saale.


K I Der Handschrift-Titel „Erinnerungen Bey ...“ ist zu verstehen als „Korrekturen zu ...“. Wahrscheinlich stammen die Korrekturen nicht von F. Ludwig, sondern von einem anderen, vielleicht von Diederich v. dem Werder (FG 31), der nach dem Zeugnis vieler Briefe des vorliegenden Bandes damals der wichtigste Korrektor literarischer Hervorbringungen Ludwigs war. In diesem Falle hätte F. Ludwig die Korrekturen lediglich in sein Manuskript übertragen. — F. Ludwig bezeichnet Bernhard (von Clairvaux) bereits im Titel als Verfasser des lat. Textes und tut dies in Übereinstimmung mit der zeitgenössischen Überlieferung, die jedoch schon im 17. Jh. und erneut in jüngster Zeit in Zweifel gezogen wurde („Pseudo-Bernhard“; möglicherweise ein englischer Zisterzienser vom Ende des 12. Jahrhunderts). Vgl. etwa Wilhelm Bremme: Der Hymnus Jesu dulcis memoria in seinen lateinischen Handschriften und Nachahmungen, sowie deutschen Übersetzungen. Mainz 1899, 18. In der ursprünglichen Fassung besteht der Hymnus aus 42 Vierzeilern. Als Inicipit hat sich Jesu dulcis memoria durchgesetzt, das auch der Köthener Druck von 1666 (s. Beilage I Q) aufweist. Die Überlieferung ist außerordentlich breit. Die Forschung (Wilmart 1944, s. u.) geht von 88 Handschriften aus, wobei die Anzahl der Strophen stark schwankt (20–58). Die meisten Handschriften sind ohne Melodie überliefert, so auch jene F. Ludwigs. Es scheint die Verwendung in privater Frömmigkeitsübung überwogen zu haben. Vgl. zum Hymnus besonders B. Wachinger: Art. ‚Jesu dulcis memoria’, in: VL (2. Aufl.) IV, 518–520. Die grundlegenden Fakten in W. Höfer: Art. ‚Bernhard von Clairvaux’, in: a. a. O., I, 754–762, hier 759, welcher den Lobgesang unter der Überschrift ‚Die deutschsprachige Überlieferung der Bernhard zugeschriebe-
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nen Schriften’ behandelt. Ferner André Wilmart: Le ‚Jubilus’ dit de Saint Bernard (étude avec textes). Rom 1944; Heinrich Lausberg: Hymnologische und hagiographische Studien (I) Der Hymnus ‚Jesu dulcis memoria’. München 1967. Für dessen Studien bilden der lateinische Text und dessen moderne Edition durch André Wilmart (s. o.) sowie die Interpretation Étienne Gilsons (Les idées et les lettres. Paris 1955; darin: La Mystique cistercienne et le ‚Ieso dulcis memoria’, S. 39–57) die Grundlage. Ende des 19. Jahrhunderts wurden die Titel der bis 1891 bekannten 70 dt. Übersetzungen von Bremme (s. o.) aufgelistet und veröffentlicht. Unter deren Autoren finden sich so bekannte Namen wie Johann Arndt (1612 u. ö., s. dazu unten), Christian Knorr v. Rosenroth (1684), Nicolaus Ludwig v. Zinzendorf (1711), Franz Xaver Riedel (1773), Clemens Brentano (1835) und Karl Simrock (1850). Für die Zeit zwischen 1637 und 1666 wies Bremme vier Übersetzungen nach: (1.) 1644 vom lutherischen Kirchenlieddichter Johann Heermann (49 Strophen), (2.) 1659 vom Pastor-Substitutus Benjamin Prätorius aus Weißenfels (22 Strophen), (3.) 1659 vom Rostocker Pastor und Professor der Theologie Heinrich Müller (41 Strophen), schließlich (4.) anonym 1661 im Mainzischen Gesangbuch: Mayntzisch Gesangbuch, In welchem begriffen seynd die auszerlesenste, sowol alte, als neue Catholische, Latein und Teutsche Gesäng, ... Mayntz, Und in Franckfurt zu finden. Im Jahr 1661. (25 Strophen).
Schon bei diesen vier Titeln fällt der hohe Anteil lutherischer Übersetzungen des Hymnus auf, der eine erstaunliche Wirkung auf das protestantische Kirchenlied des 17. Jahrhunderts ausübte und Albrecht Ritschl sogar als „das Feldzeichen“ galt, „unter welchem sich Dichter in der lutherischen Kirche sammeln“ (zit. n. Ernst Koch: Die Bernhard-Rezeption im Luthertum des 16. und 17. Jahrhunderts. In: Bernhard von Clairvaux. Rezeption und Wirkung im Mittelalter und in der Neuzeit. Hg. Kaspar Elm. Wiesbaden 1994 [Wolfenbütteler Mittelalter-Studien, 6], 333–351, hier S. 349 Anm. 92); vgl. auch Bremme, S. X; Johannes Wallmann: Bernhard von Clairvaux und der deutsche Pietismus. In: Bernhard von Clairvaux. Rezeption und Wirkung (s. o.), 353–374, insbes. 358. Wallmann: „Jedenfalls müßte hier, bei der lutherischen Orthodoxie des 17. Jahrhunderts, nicht im Pietismus die eigentliche Rezeption bernhardinischer Frömmigkeit im Luthertum zu suchen sein“ (S. 374). So sind denn den bereits von Bremme (S. 21) für das Jahrhundert 1584–1684 erfaßten fünf Nachdichtungen deutscher Dichter lutherischen Bekenntnisses (Johann Arndt selbst oder Johann Moller in Arndts Paradeiß Gärtlein; Johann Heermann, Benjamin Prätorius, Heinrich Müller und Christian Knorr v. Rosenroth), weitere Namen hinzuzugesellen, Nathan Tilesius etwa und Bernhard Leupold. Vgl. Ernst Koch (s. o.), S. 349 Anm. 92. Zur Frage des Verfassers der „Jubilus“-Übersetzung im Paradeiß Gärtlein vgl. Bremme, 376f.; Johannes Wallmann: Bernhard von Clairvaux und der deutsche Pietismus (s. o.), 362 (mit Verweis auf Martin Mollers Meditationes sanctorium patrum als Quelle). Auch der protestantisch-heterodoxe „Schwärmer“ Quirinus Kuhlmann hat den Lobgesang in seinem Kühlpsalter (zuerst 1677 erschienen) übersetzt, was im Zusammenhang mit seiner radikalen Neuorientierung und der Auseinandersetzung mit Jakob Böhme geschah. Vgl. Leonard Forster: Zu den Quellen des ‚Kühlpsalters’. Der 5. Kühlpsalm und der Jubilus des Pseudo-Bernhard. Zuerst in: Euphorion 52 (1958), 256–271, erneut in L. F.: Kleine Schriften zur deutschen Literatur im 17. Jahrhundert. Amsterdam 1977, 263–284. (Daphnis 6, Beih. 1); Lausberg (s. o.), 32. Außerdem nahm sich bemerkenswerterweise auch ein Reformierter, das Oberhaupt der FG selbst, des Hymnus’ an. Weder die Handschrift F. Ludwigs noch die Drucke aus den Jahren 1640 und 1666 sind unter den von Bremme aufgelisteten Übersetzungen zu finden. Johann Arndts in seinem Paradeiß Gärtlein (zuerst 1612) veröffentlichte Übersetzung des „Jubilus“ hat dagegen die stärkste Verbreitung in Gesangbüchern gefunden und ist als Hauptquelle für das Einfließen der bernhardinischen Jesusmystik in den Protestantismus des 17. Jahrhunderts anzusehen. Vgl. Johannes Wallmann: Johann Arndt und die protestantische Frömmigkeit. In: Frömmigkeit in der Frühen Neuzeit. Studien
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zur religiösen Literatur des 17. Jahrhunderts in Deutschland. Hg. Dieter Breuer. Amsterdam 1984, 50–74 (Chloe, 2); ferner Bremme, 377; Ernst Koch, S. 349 Anm. 92; Wilhelm Koepp: Johann Arndt. Eine Untersuchung über die Mystik im Luthertum. Aalen 1973 (Ndr. der Ausgabe Berlin 1912), hier: S. 73–76. Arndt läßt, wie F. Ludwig, keinen Zweifel an der Verfasserschaft Bernhards, wenn er den Hymnus als „Jubilus Sancti Bernardi de nomine Jesu“ abdruckt. —
Welche Überlieferung des „Jubilus“ mag F. Ludwig als unmittelbare Vorlage seiner Übersetzung verwendet haben? Textvergleiche legen nahe, daß er die von Jean Gillot (16. Jahrhundert) und Jakob Merlot-Horstius (17. Jahrhundert) veröffentlichten Textfassungen, die beide 48 Strophen wiedergeben (vgl. dazu Forster, a. a. O.), mit großer Wahrscheinlichkeit nicht als Quelle benutzt hat:
1.) IUBILUS SANCTI BERnardi abbatis, in commemorationem dominicæ paßionis, qui et rhythmica constat modulatione. In: DIVI BERNARDI CLARÆVALLENSIS ABBATIS PRIMI ... OPERA OMNIA, ... PARISIIS, Apud Sebastianum Nivellium, sub Ciconiis, via Iacobæa. 1572. [Hg. Jean Gillot], Bl. 387rv. (HAB: 27.3 Theol. 2°). Vgl. Leopoldus Janauschek: Bibliographia Bernardina. Hildesheim 1959, Nr. 610.
2.) SANCTI BERNHARDI CLARÆVALLENSIS ABBATI PRIMI ... OPERA OMNIA ... Accessêre huic postremæ editioni aliquot Opuscula S. BERNARDI ê Bibliotheca RR. PP. Carthus. Erfordiensium: necnon de Passione Domini fragmenta ex Epistolis ac Tractatibus per R. P. HENRICVM SOMMALIVM ... nunquam hactenus editi. ... ANTVERPIÆ, Apud Petrum & Ioannem Belleros. M. DC. XX. [Vorwort v. Jean Gillot], Sp. 1659–1661. (Privatbesitz). Vgl. Janauschek: Bibliographia Bernardina, Nr. 898.
3.) IVBILVS IN COMMEMORATIONEM dominicæ passionis. In: DIVI BERNARDI OPERVM TOMVS TERTIVS CONTINENS TRACTATVS. PARISIIS, E TYPOGRAPHIA REGIA. M. DC. XLII. [Hg. Jakob Merlot-Horstius], S. 650–656. (HAB: A: 4.50 Theol.). Vgl. Janauschek: Bibliographia Bernardina, Nr. 1008.
Textabweichungen lassen sich in 28 der 192 Verse finden; darüber sind noch weitere, wenn auch nicht gravierende Differenzen festzustellen, die z. B. die Wortstellung betreffen (in den Strophen 18, 27 u. 46). Vgl. die Abweichungen in den Strophen 24, 36, 37, 41, 42, 46, 47 u. 48:
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Ausgaben 1–3, Str. 24, V. 3. u. 4 Mihi mellifluus fructus
Est & vitae perpetuus.
Köthen 1666, Str. 24, V. 3. u. 4 Mihi Jesus mellifluus
Fructus vitæ perpetuus.
Ausgaben 1–3, Str. 36, V. 3 Affulge menti clariùs,
Köthen 1666, Str. 36, V. 3 Effulge menti clarius,
Ausgaben 1–3, Str. 37, V. 4 Cæteris amabilior.
Köthen 1666, Str. 37, V. 4 Præ cunctis amabilior.
Ausgaben 1–3, Str. 41, V. 1 Sequar te quoque ieris,
Köthen 1666, Str. 41, V. 1 Sequar quocunque ieris,
Ausgaben 1–3, Str. 42, V. 1 Cœli ciues occurrite,
Köthen 1666, Str. 42, V. 1 Cœli vires occurrite,
Ausgaben 1–3, Str. 46, V. 2 Quæ omnem sensum superat:
Köthen 1666, Str. 46, V. 2 Quæ omnes sensus superat.
Ausgaben 1–3, Str. 47, V. 2 Cœleste regnum subiit:
Köthen 1666, Str. 47, V. 2 Cœleste numen subiit,
Ausgaben 1–3, Str. 48 Quem prosequamur laudibus,
Votis, hymnis, & precibus:
Vt nos donet cœlestibus
Secum perfrui sedibus. Amen.
Köthen 1666, Str. 48 Quem prosequemur laudibus,
Votis, hymnis, & precibus:
Vt nos donet cœlestibus
Cum ipso frui sedibus, Amen.

Diese Beispiele belegen schon ausreichend, daß der Fürst einer Vorlage in gebessertem Latein gefolgt ist oder daß er gar die mittelalterliche Sprache („Mönchslatein“) im Sinne der Renaissance selbst korrigieren wollte. Sämtliche besserungswürdigen Stellen finden sich bereits in der Edition Jean Gillots (Ausgabe 1, hiernach unsere Zitate), die vermutlich die Grundlage der Ausgaben von 1620 und 1642 bildete (vgl. Forster, 269). — Da in F. Ludwigs Bibliothek zwei Exemplare des Paradeiß Gärtlein vorhanden waren (IP, 260v: Nr. 16 „Arnds Paradiß Gärtlein 2 exla. 8to.“; vgl. in Kat. Dessau BB, S. 90 Nr. 3312 ein Exemplar der Ausgabe Leipzig: Joh. Franckes Erben u. Sam. Scheibe, Magdeburg 1627: Wendelin Pohl), liegt es nahe, auch den dort abgedruckten lat. Text als Grundlage für F. Ludwig zumindest in Betracht zu ziehen. Da sich die im Kat. Dessau BB aufgeführte Ausgabe nicht nachweisen ließ, wurden vier zeitnahe Ausgaben in der HAB verglichen: ein Magdeburger Druck von 1612 (HAB: Yv 950. 8° Helmst.; ohne Titelbl.), eine Leipziger Ausgabe von 1636 (HAB: Yv 1250. 8° Helmst.; ohne Titelbl.), eine Leidener Ausgabe von 1645 (HAB: 1241.62 Th.) und schließlich ein Lüneburger Druck von 1649 (HAB: Xb 7058). Wie auch im Druck der Übertragung F. Ludwigs 1666 besteht der latein. Text im Paradeiß Gärtlein aus 48 Strophen. Er ist in allen 4 genannten Ausgaben als 13. und vorletztes Stück unter den Lobgebeten zu finden: „Die fünffte Classis begreiffet die Lob- vnd Freude Gebetlein zu Ehre vnd Preiß des Namens Gottes“. Wir zitieren nach der Ausgabe, bei der die größte textliche Nähe zu dem Köthener Druck von 1666 besteht: „Leipzig/ Jnverlegung Johann Franckens seligen Erben vnd Samuel Scheuben. Gedruckt bey Henning Kölern. Anno M.DC.XXXVI." (Kolophon), S. 555–563, u. d. T.: „XIII. JUBILUS SANCTI | Bernhardi de nomine | JESU“. Wir fügen, um die Nähe von Arndts lat. Text zu dem F. Ludwigs zu demonstrieren, die Verse der oben genannten drei Ausgaben der Opera Omnia hinzu. Hinsichtlich Satzbau und Wortwahl weichen 11 Verse der Köthener Ausgabe von insgesamt 192 im Text Arndts ab. Bei der Bewertung blieben unterschiedliche Schreibweisen (1636: caritas, lacrymæ für 1666: charitas, lachrymæ etc.) unberücksichtigt. Einige Beispiele mögen die Qualität der Abweichungen verdeutlichen:

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Ausgaben 1–3, Str. 1, V. 4 Eius dulcis præsentia
Leipzig 1636, Str.1, V. 4 Ejus dulcis præsentia.
Köthen 1666, Str.1, V. 4 Dulcis ejus præsentia.
Ausgaben 1–3, Str. 6, V. 1 Iesum quæram in lectulo,
Leipzig 1636, Str. 6, V. 1 Jesum qværo in lectulo,
Köthen 1666, Str. 6, V. 1 JBsum [!] quæro in lectulo
Ausgabe 1–2, Str. 8, V. 1 Turbam perfundam fletibus,
Ausgabe 3, Str. 8, V. 1 Tumbam perfundam fletibus,
Leipzig 1636, Str. 8, V. 1 Tumbam profundam fletibus,
Köthen 1666, Str. 8, V. 1 Tumbam profundam fletibus
Ausgaben 1–3, Str. 9, V. 4 Totus desiderabilis.
Leipzig 1636, Str. 9, V. 4 Totus desiderabilis.
Köthen 1666, Str. 9, V. 4 Totus inæstimabilis.
Ausgaben 1–3, Str. 15, V. 4 Et vota votis reddite.
Leipzig 1636, Str. 15, V. 4 Et vota votis reddite.
Köthen 1666, Str. 15, V. 4 Et vota votis addite.
Ausgaben 1–3, Str. 16, V. 4 Veræ cordis deliciæ
Leipzig/Köthen, Str. 16, V. 4 Veræ cordis lætitiæ,
Ausgaben 1–3, Str. 18, V. 4 Cùm de te solum gaudeam.
Leipzig 1636, Str. 18, V. 4 Cum solùm de te gaudeam.
Köthen 1666, Str. 18, V. 4 Cum solúm de te gaudeam.
Ausgaben 1u.3, Str. 21 Quem tuus amor ebriat,
Nouit quid Iesus sapiat.
Quàm felix est, quem satiat?
Non est vltrà quod cupiat.
Lautgleich Ausgabe 2 außer: Nouit qui Iesus sapiat,
Leipzig 1636, Str. 21 Qvem tuus amor inebriat,
Novit, qvid JEsus sapiat,
Qvàm felix est qvi sentiat,
Cor est ultra qvod cupiat.
Köthen 1666 lautgleich außer: Cor est quod ultrà cupiat.
Ausgaben 1–3, Str. 23, V. 4 Me de te quando saties?
Leipzig 1636, Str. 23, V. 4 Me de te qvando saties.
Köthen 1666, Str. 23, V. 4 Me de te sic ut saties?


Zwar stimmen die Vorlagen Arndts und F. Ludwigs in mancher Einzelheit überein, jedoch benutzte der Fürst einen anderen lat. Text als Arndt oder verbesserte denselben in dem oben festgestellten Sinne, auch in metrischer Hinsicht. F. Ludwig muß den Arndtschen Text nicht gekannt haben, sondern kann eine beiden Autoren vorliegende Fassung bearbeitet haben. Was die dt. Übersetzungen betrifft, ähnelt keine jener von F. Ludwig, auch nicht die sehr freie Arndts. Wie im obigen Paralleldruck deutlich wird, bietet die dichterische Bearbeitung des Fürsten nach jeder lateinischen Strophe (diese nur im Druck von 1666 nachweisbar) nicht nur deren recht genaue Übersetzung, sondern legt auch eine Bibelstelle (nur im Druck von 1666 genannt) in vier weiteren Versen aus (die im Titelblatt von 1666 sog. „emblematische Zugab“). Diese findet allem Anschein nach nirgendwo eine Entsprechung und muß daher als originäre Zugabe F. Ludwigs verstanden werden. Da F. Ludwig zudem 48 lat. Strophen übertrug, konnte er in der Mehrzahl der Strophen sowieso nicht auf die Übersetzung im Paradeiß Gärtlein zurückblicken, da diese seit dessen Erstausgabe 1612 (und auch in den von uns eingesehenen vier späteren Ausgaben) nur 18 textlich identische Strophen zu jeweils vier vierhebig jambischen Versen umfaßt, und zwar Strophe I, IV, XII, XVI, XIX, XXII, XXV–XXVIII, XXX, XXXI, XXXV, XXXIX, XLIV–XLVII. Vgl. Bremme, 156–158 u. 356f.
1
Zwei von dieser Notation abweichende Scheidt-Kompositionen auf die „Jubilus“-Übersetzung im Paradeiß Gärtlein (1612) des anhaltischen Erbauungsschriftstellers Johann Arndt (s. Anm. 0 u. K 2) mit 18 Strophen (s. o.) verzeichnet in SSWV, Nr. 329–330; in Text und moderner Notenschrift veröffentlicht in SSGA=Samuel Scheidts Werke. Hg. Gottlieb Harms, Christhard Mahrenholz u. Christoph Wolff. 16 Bde. Hamburg 1923–1937 u. Leipzig 1953–1981, Bd. 12: Geistliche Konzerte, Tl. 4. Besorgt durch Er-
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ika Gessner. Hamburg 1965, Nr. I bzw. II, beide à 3 voc. u. Bassus generalis. Lt. SSWV, S. 173 war für Scheidts geplante, aber verschollene Geistliche Konzerte VI unter Nr. 24 ein „Jubilus Bernhardi, O Jesu süß“ vorgesehen, der jedoch nicht die Vertonung von F. Ludwigs Dichtung meinen kann, da die Anzeige dieses Werks bereits 1634 in Scheidts Geistlicher CONCERTEN, Mit 2. 3. vnd mehr Stimmen/ sampt den General Bass ... Ander Theil (Hall in Sachsen 1634) erschien. S. SSGA Bd. 9: Geistliche Konzerte Teil II. Hg. Christhard Mahrenholz u. Adam Adrio. Leipzig 1976 (Abb. „Verzeichnüß Derer Geistlichen CONCERTEN ...“). Vermutlich war, auch aufgrund des Incipit oder des Titels, damit eine weitere Vertonung der Übersetzung aus Arndts Paradeiß Gärtlein angezeigt. Die im HAB-Exemplar Li 369 des Jubilus S. BERNHARDI De suavissimo Nomine JESU. Das ist: Jubel und Lobgesang des Kirchen Lehrers Bernhardi auf der Titelrückseite von nichtbestimmter Hand eingetragene Notenhandschrift (ohne Text) stellt demnach eine bisher unbekannte Vertonung der Jubilus-Dichtung F. Ludwigs dar. Ob sie tatsächlich von Scheidt stammt und außerdem die im vorliegenden Brief bezeugte (vierte) Komposition des „Jubilus“ darstellt, wagen wir nicht zu entscheiden. Einschränkend ist auch zu bemerken, daß die Handschrift nur den Diskant der lt. Titel vierstimmig gesetzten Dichtung wiedergibt und zwar die Komposition der ersten vier Verse der Strophe — als „1.“ bezeichnet — unter dem Violinschlüssel und die der folgenden vier Verse — als „2.“ bezeichnet — unter dem Sopran-Schlüssel. S. Abb. S. 307. — Freundlicherweise erklärte auf unsere Anfrage Klaus-Peter Koch: „Die Melodiestimme ist nicht verwandt mit einem anderen Scheidt-Noten-Incipit, auch nicht mit den beiden anderen Jubilus-Vertonungen Scheidts, es existiert keine vergleichbare Scheidt-Melodie, es gibt kein Vergleichsmaterial.
Die überlieferte Komposition ist nur einstimmig. Ist gemäß der Notation die Komposition als Wechselgesang angelegt? Die Sopranstimme im Violinschlüssel (in der Handschrift ohne Textunterlegung) passt 1. sowohl zu dem lateinischen Pseudo-Bernhard-Originaltext „Jesu dulcis memoria“ wie auch 2. zu der deutschen Übersetzung „An Jesum dencken bringet Freüd“, die Sopranstimme im Sopranschlüssel (ebenfalls ohne Textunterlegung) passt 3. zur sinngemäßen und kommentierenden Dichtung „Ach mein Herr Jesu Christ“. Es ist nicht erklärbar, weshalb eine Sopranstimme das eine Mal im Violin-(G-)Schlüssel, das andere Mal im Sopran-(C-)Schlüssel notiert worden ist. (Wechsel von Kinderstimme zu Frauenstimme? Andeutung, dass die eine Hälfte einstimmig, die andere Hälfte mehrstimmig gedacht war? wohin aber wären die anderen Stimmen dann notiert?)
Der Choralductus lässt sich in der Zeit nicht einem bestimmten Komponisten zuordnen. Die handschriftliche Eintragung der Noten muss ohnehin nach dem Druckdatum, also 1666 oder danach gemacht worden sein, als Scheidt schon geraume Zeit (1654) tot war, deshalb kann auch nicht Scheidts Handschrift vorliegen, aufgrund der zeitlichen Umstände ist es eher unwahrscheinlich, dass Scheidt überhaupt der Komponist ist.“
2
Beachte den unreinen Reim „freud’“/ „...-keit“; ebenso in Strophe 4, dort auch „quillet“/ „erfüllet“; Strophe 7: „damit“/ „gemüt’“; Strophe 8: „wil“/ „füll’“ usw. Vgl. 371031 K 5.
3
Die Auslegungen der im Druck von 1666 angezeigten Bibelstellen sind freie Paraphrasierungen und Deutungen der Bibeltexte, oftmals ohne direkte Anlehnungen an den Wortlaut der Episoden.
4
empfängt, vgl. DW III, 421f.
5
Baufeld, 157; Götze, 146: „laß adj. nachlässig, müde“; Paul Wb., 588: „lasch ... schlaff, träge ohne Energie ... nach gleichbed. mnd. las(ch)“. Stieler, 1073: „Laß/ Laßer/ Laßester/ adject. speciali significatione etiam dicitur defessus, negligens, otiosus, lassus, langvidus, flaccidus, defatigatus, utpote talis, qvi prae langvore derelinqvit opus suum.
6
umfassen, umfangen; mhd. umbevâhen (Lexer: Taschenwb., 244). Stieler, 394: „Umfahen/ complecti, amplecti.“ Götze, 215, kennt das Verbum nur in der Bedeutung „in Obhut nehmen“; DW XI.2, 851, 865ff.: „umfangen und umfahen“.
7
Lk 10, 19 nach Biblia (Luther 1545): „Sehet/ Jch habe euch macht gegeben/ zu tret-
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ten auff Schlangen vnd Scorpion/ vnd vber alle gewalt des Feindes/ vnd nichts wird euch beschedigen.“
8
Ri 14: Simsons Kampf mit dem Löwen, in dessen Kadaver sich ein Bienenschwarm einnistet und Honig sammelt.
9
Fnhd. Wb. III, 1270: „benären“, „den Lebensunterhalt erwerben, verdienen“ (mit einem Berner Beleg aus dem 15. Jh.).
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3. Sg. Ind. Präs. vgl. mhd. geniezen, d. i. genießen, stv. der 2. Klasse, das seit Beginn des Fnhd. im Md. eine vokalische „Wechselflexion“ im Singular aufweist, indem die 1. Sg. Ind. noch den Stammvokal ie, in 2. und 3. Sg. Ind. aber Vokalalternation aufweist, die sich erst später, im Anfang bis zur Mitte des 17. Jdts., im Rahmen einer Vokalharmonisierung zugunsten des Stammvokals ie verliert. Reichmann/ Wegera: Frühnhd. Grammatik, 253ff. Stieler, 1352: „Neuß/ nießen/ pro qvo tamen magis in usu est geneuß/ genießen/ Ich genieße/ du geneußest/ er geneust/ wir genießen/ etc. Jch genoß/ ich genöße/ genoßen/ Frui, vesci, commodum, utilitatem, fructum percipere, merere, carpere, ferre, colligere, capere.“ Vgl. auch 290529 K 33.
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3. Sg. Ind. Präs. von schliefen, mhd. sliefen, eine gleitende, einschleichende Bewegung bezeichnend, ähnlich wie „schleifen“, das auch gleiten, schlüpfen bedeutet hatte. Baufeld, 208 („schlupfen, schliffen, schlüfen, schlüifen, slupfen swv. schlüpfen, gleiten, schleichen“); Götze, 190; Lexer: Handwb. II, 974f.; Paul Wb., 851 u. 856. „Schliefen“ berührte sich in der Bedeutung „sehr nahe mit schleifen. der unterschied, der indes nicht strenge inne gehalten wird, besteht darin, dasz schleifen mehr das leichte hingleiten über eine fläche, schliefen das hindurchgleiten durch ein loch, eine öffnung bezeichnet; der begriff einer leichten, leisen, geschmeidigen bewegung ist beiden gemeinsam. [...] schliefen bildet ein causativ schlaufen und eine steigerungsform schlüpfen, schlupfen, durch die es jetzt selbst ganz verdrängt ist.“ DW IX, 680. Im Fnhd. des 15. u. 16 Jdts. noch „sehr gewöhnlich“, wird es im 17. „merklich seltener und stirbt gegen ende desselben aus (681; vgl. 680–686). Die Flexion von „schliefen“ zeigt in der 2. u. 3. Sg. Ind. Präs. und der 2. Sg. Imp. Vokalwechsel im Stammvokal zu iu, seit dem 15. Jdt. zu eu; später kommt es zu einer Vokalharmonisierung zugunsten von ie (681). Vgl. auch Stieler, 1808 („Schleifen“), 1810 („Schlüpfen“, „dicitur etiam Schluffen“).
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Offen, klar, einfach, deutlich, vgl. DW VIII, 1502f.; Paul Wb., 813 rund Nr. 4. Stieler, 1647: „Rund etiam exponitur accuratus, verus, sincerus, simplex, aptus, concinnus, & verè, sincerè, simpliciter, aptè, concinnè. Eine runde Antwort [...] Etwas rund heraus sagen [...].“
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3. Sg. Ind. Präs. von hinlenden, d. i. hinlenken, hinwenden. Götze, 150; vgl. 280600 K 3 (lenden)u. 310411 K 11 (anlenden).
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Imp. Sg. von ziehen, mhd. zîhen, stv. der 2. Klasse mit Stammvokalwechsel von ie zu iu/eu, die den Imperativ ohne Schluß-e bildet. Vgl. Reichmann/ Wegera: Frühnhd. Grammatik, 242 u. 254f. Die ältere Flexion von ziehen mit Vokalalternation im Singular (vgl. Anm. 11) war bis in die erste Hälfte des 18. Jhs. auch in gewöhnlicher Prosa üblich, später nur noch poetisch, vgl. Paul Wb., 1202 u. 171 (s. v. „bieten“).
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Bis ins 17. Jahrhundert hinein lautet das Präteritum von können noch kunde, kun(n)te bzw. verkürzt kunt (Paul Wb., 556), und noch im 18. Jh. sind diese Formen nicht ungewöhnlich. Vgl. Reichmann/ Wegera: Frühnhd. Grammatik, 299f.
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3. Pl. Ind. Imp. von beginnen, im vorliegenden Vers wie auch im Mhd. im Pl. Prät. noch schwach flektiert: begunten. Vgl. Paul Wb., 145; Reichmann/ Wegera: Frühnhd. Grammatik, 279ff. Stieler, 630.
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Die Genüge, das Genügen, subst. zu genug, DW IV.1.2, 3503ff., 3510ff. Stieler, 678: „Genüglichkeit/ Genügsamkeit/ & Genüge/ die/ sufficientia, abundantia, satisfactio,it.jucunditas, svavitas, oblectamentum.“ Zwar gibt Stieler bei den Beispielen auch die Bedeutung von Vergnügen an, jedoch ebenso das ausreichende Maß an Zufriedenstellung: „Er hat ihm eine gute Genüge getahn/ contentum reddidit eum, satisfecit ei pro meritô“,
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zumal er „Gnug/ & Genug/ adverb. Sat, satis, affatim, abunde“ von „Genügen“ ableitet (a. a. O., 677). Der Druck von 1666 formuliert die Verse in Richtung „Vergnügen“ um. Das neutrale Genus setzt sich zulasten des Femininums erst im Laufe des 17. Jahrhunderts durch. Vgl. DW IV.1.2, 3503; Paul Wb., 397 (s. v. „genug“); ferner Baufeld, 106; Götze, 102.
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3. Sg. Ind. Perfekt von (ein)dunken, Baufeld, 59; (ein)tunken, d. i. eintunken, eintauchen.
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Erz, hier wohl als Synonym für Mensch zu verstehen, vgl. auch Jeremia 6, 27 u. 28 nach Biblia (Luther 1545): „Jch habe dich zum Schmeltzer gesetzt/ vnter mein Volck/ das so hart ist/ das du jr wesen erfaren vnd prüfen solt. Sie sind allzumal abtrünnige/ vnd wandeln verrheterisch/ Sie sind eitel verdorben ertz und eisen.“

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