Text

371208 Martin Opitz an Friedrich von Schilling
[Inhaltsverzeichnis]
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371208

Martin Opitz an Friedrich von Schilling


Martin Opitz v. Boberfeld (FG 200) erinnert an seine Schreiben vom 1./ 10. 12. 1637 an Friedrich v. Schilling (FG 21), F. Ludwig und Diederich v. dem Werder (FG 31). — Der Obrist Miklos Fegly v. Hainshaim habe F. Ludwig schwerlich schon Opitz' Psalter aus Hamburg schicken können, doch erwarte er sein Schiff demnächst in der Stadt. — Am 1./ 10. 12. 1637 habe er von seiner bevorstehenden Heirat geschrieben. Nun habe ein Danziger Bürgerssohn dagegen mit der Behauptung Einspruch erhoben, er sei schon vorher mit dem Mädchen verlobt gewesen — wogegen die Braut nicht entschieden protestiere. Opitz erklärt seinen Verzicht, weil auf einer unter diesen Umständen geschlossenen Ehe nicht der Segen Gottes ruhe. Schilling möge F. Ludwig und D. v. dem Werder davon unterrichten und ihn ihnen empfehlen.

Beschreibung der Quelle


Q HM Köthen: V S 544, Bl. 276rv u. 278rv [A u. Eingangsvermerk: 278v]; 278r leer, [Handschrift: [276r]] darauf aufgeklebt Brief 371127; eigenhändig, Siegel. — Veröffentlicht in KE, 123f.
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Bibliographisch erfaßt in Szyrocki: Opitz (1956), 206 u. Opitz-Brieferepertorium, Nr. 237; Bürger, S. 1122 Nr. 204.

Anschrift


A A Monsieur Mons.r de Schilling. Cöthen an die Fürstliche hoffstat. Leipzig an h. George Wincklern1 zue recommendiren.
Eingangsvermerk von F. Ludwigs H.: Pres. 31 Decemb. 1637

Text


WolEdler, Gestrenger hochgeehrter herr,
Mein nechstes vom 10. diß wirdt er hoffentlich nebenst den an Jhr. Fürstl. Gn. vnsern gnädigen Fürsten vndt Herren auch den herren Obristen von dem Werder wol empfangen.2 Dem Obristen hensesheima 3 hatt der windt bißher v̈bel gefeget; wirdt schwerlich noch in Hamburg sein, vndt Jhr. Fürstl. Gn. meinen Psalter4 v̈bersendet haben. Doch meine ich, daß er dieser tage noch wirdt einlauffen. Ich schrieb vor 8 tagen von meiner heyrath5 : sehe aber daß es Gott nicht also schicken wil, angesehen ein Bürgerssohn allhier vermeinet einspruch zue thun, weil er, seinem vorgeben vndt ihrer nicht großen verleugnung nach, zuesage vndt ring vorhin ehe ich erlanget. Ohngeachtet ich nun die sache wol zue erhalten verhoffte, bedencke ich doch, daß bey solcher ehe Gottes segen vndt gueter außgang nicht allzeit zue sein pfleget. [Handschrift: [276v]] Mein hochgeehrter herr wolle Jhro Fürstl. Gn. auch h. von dem Werder mich beyderseits gebührlich, nebenst vermeldung deßen, vndt zum besten anbefehlen. Der höchste wirdt mir andere mittel, wie es sich darzue anleßt, verleihen, dem ich meinen herren zue aller wolfarth vndt segen hertzlich befehle als
  Meines hochgeehrten herren stets trewer freundt vndt diener
  M. Opitz.

Danzig den 18. 10br. newen Calenders, 1637.

I

Sonett Fürst Ludwigs auf Martin Opitz’ geplante Hochzeit

Beschreibung der Quelle


Q HM Köthen: V S 544, Bl. 283r; eigenh.[Handschrift: [283r]] — Veröffentlicht in Conermann III, 205.

Text


An dem Gekrönten1


Die Rechte krönungszeit gekrönet hatt ersehen
  Der lengst gekrönet war mit einem Lorbehrkrantz,
  Und in der liebe nun ihm' ist geglückt die schantz'
An die mitt aller lust er freudig an kan gehen.
Die krone seines leibs in Tugendt thut bestehen,
  Die schönheit, freundligkeit, und ihrer augen glantz,
  Die ziehren insgesampt nun des Gekrönten Tantz.
Es wird sein Nahm' und Ruhm' auch konnen nit vergehen,
  Wan diese krone dan ihm bringet pfläntzelein,
|| [343]


  Die seinem hohen geist in allem ähnlich sein.
Jhr woltt Gekrönter drumb den gutten wuntsch annehmen,
  Den segen Gottes auch erwarten in der zeit,
  Der wan ihr ihm vertraut von euch nicht wird sein weit,
Sich eure kron' euch kan auffs beste so bequemen.

II

Sonett Diederichs von dem Werder auf Martin Opitz' geplante Hochzeit

Beschreibung der Quelle


Q HM Köthen: V S 544, Bl. 337rv, 337v leer; eigenh. [Handschrift: [337r]]; Fassung B, die orthographisch überarbeitete, wohl vom Autor gebilligte Fassung. — Textlich leicht abweichende Zweitüberlieferung A folgt a. a. O., Bl. 338rv (338v leer); eigenh. Abschrift nach einer verschollenen Vorlage (s. hier die auffällige doppelzählige Zeile 13, die als Abschreibfehler zu deuten ist). — Gedichtanfang (die ersten 4 Zeilen) veröffentlicht in KL III, 129 Anm.* (nach B).

Text


Dem Gekröhnten
Samt
Den Krohnen.1


  Mit einer Krohne hat, Gekröhnter, euch gekröhnet,a
  Da euch Gekröhnten Kröhnt, aufb seinem Krohnenthron,
  Erst der Gekröhnte Held Apollo, eurec Krohn,
Euch seinen Krohnenfreund.d Gekröhnt, habt ihr gefröhnet
Jhm fort üme diese Krohn:f Undg Goth der Kronen Kröhnet
  Mit einer Krohnendam’2 euch auch, zum Krohnenlohn,i
  Das mit zwo Krohnen ihr, als seinj Gekröhnter Sohn,
Undk Schön-Gekröhntel Krohn’, itzt schönm Gekröhnet Schönet.
  Zwo Krohnen Kröhnen euch, zwo Krohnen ihr auch Kröhnt:n
Jhr beyder Krohnen Krohn’, undg sie beyd’ eurec Krohnen;
  Euch Krohnen Goth also vereint kröhnt undg versöhnt,o
Das drey beysamen nuhn Gekröhnter Krohnen wohnen.
  Manch tausend Krohnenp kröhn’ euch Krohnen, es Kröhn euch
  Gekröhnte Krohnen, dort die Krohn’ im Krohnenreich.q

          Der Vielgekörnte.

III

Carl Gustav von Hille schreibt das Sonett Diederichs von dem Werder zum ewigen Lobe von Martin Opitz um

Beschreibung der Quelle


Q Hille, 199f. (Sigle H); Neumark: Palmbaum, 460f. (Sigle N).[Handschrift: [199]]
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Text


Klingreimen über des Gekrönten Kron
der Seligkeit.a


DJch hat mit einer Kron/ Gekrönter/ wol belehnet
  Der Fürsten wehrte Kron:*b Dich hat der Künste Thron/
  Durch das Gerücht/ gekrönt/ mit einer Ehrenkron’c /
Die vieler Kronen wehrt. Gekrönt/ hast du gefröhnet/
Vm solche Lorbeerkron. Nun GOtt/ der Kronen krönet/
  Giebt dir der Kronen Kron/ der Frommen höchsten Lohn/
  Daß mit drey Kronen du/ wie ein gekrönter Sohn/
Dein schöngekröntesd Haubt/ jetzt schön gekrönet/ schönet.
  Zwo Kronen krönen dich. Zwo Kronen hast gekrönt:
  Dich krönt der Teutschen Ruhm/ so deines Lieds gewöhnte .
Dich krönt die Fürsten Zunftf in dem du Früchte bringest/
  Du krönst das Teutsche Reich/ mit Kunstverbundner Schrift:
  Du hast zur Gottesfurcht so manche Kron gestift:
Dich krönt der höchste GOtt/ für dessen Thron du singest.
          Der Vielgekörnteg .

IV

Justus Georg Schottelius‘ Neufassung des Sonetts Diederichs von
dem Werder auf Martin Opitz

Beschreibung der Quelle


Q Schottelius, 1174f. [Handschrift: [1174]]

Text


Wie hoch von hohen Leuten/ auch in der Fruchtbringenden Gesellschaft dieser
Gekrönter gehalten/ erhellet aus Herrn Diedrichs von dem Werder Klingrei-
men1 / so also lauten:

Dich hat mit einer Kron/ Gekrönter/ wol bekrönet
Der Fürsten werther Kron: dich hat der künste Thron
Durch das Gerücht gekrönt mit einer Ehrenkron/
Die vieler Kronen wehrt. Gekrönt hastu gefrönet
Um solche Lorbeerkron. Nun Gott/ der Kronen krönet [Handschrift: [1175]]
Gibt dir der kronen Kron/ der Frommen höchsten Lohn
Daß mit drey Kronen du wie ein gekrönter Sohn
Dein schöngekröntes Haubt/ jtz schön gekrönet/ schönet.
Zwo Kronen krönen dich/ zwo Kronen hast gekrönt
Dich krönt der Teutschen Ruhm so deines Lieds gewohnt.
Dich krönt der Fürsten Zunft in dem du Früchte bringest.
Du krönst das Teutsche Reich mit Kunstverbundner Schrift:
Du hast zur Gottesfurcht so manche Kron gestift:
Dich krönt der höchste Gott/ vor dessen Thron du singest.
|| [345]

Textapparat und Kommentar


Textapparat
T
a KE senseshaim


T II

Das in B fast durchweg gebrauchte Längungs-h in Krohne und in den Ableitungen dieses Worts fehlt allgemein in A, ebenso jedes Komma außer in V. 13. Wie die Einführung des Längungs-h weist auch die Vereinfachung des doppelten t in Got darauf hin, daß B eine überarbeitete, die Rechtschreibung systematisch reformierende Version darstellt und A eine ältere Fassung. Vgl. in A auch die ältere dt- und ew-Schreibung für d bzw. eu."
a
A Mit einer Kron’ hatt euch Gekrönter Herr belehnet Da es dem Autor offenbar auf die gehäufte Anwendung der Figura etymologica ankam, muß gekröhnet in B als spätere, gebesserte Fassung gewertet werden.
b
A auff
c
A ewre
d
Euch für <Als> A Seinen Kronenfreundt:
e
A ümb
f
A Kron’;
g
A vndt
h
A Gott
i
A Kronen lohn
j
A Sein
k
A Vndt
l
A Schöngekrönte
m
A Schön
n
A Krönt
o
In A folgt, vermutlich in Folge eines Abschreibfehlers, bereits der (hier gestrichene) zweitletzte Vers: <Manch tausent Kroonen Krön’ euch Kronen, es Krön’ euch>.
p
A tausent Kroonen
q
Dieser Vers in A wegen des abgeschnittenen unteren Blattrands nur bis Kron’ im Kron lesbar.

T III
a
N Klingreimen Uber des gekrönten Krone der Seligkeit. Orthographische oder Zeichensetzungs-Varianten, die ohne Einfluß auf die Bedeutung bleiben, werden im folgenden nur in wichtigeren Fällen mitgeteilt.
b
Nur H Marginalie *Der Nehrende.
c
N Ehrenkron
d
N schön gekröntes
e
N gewehnt
f
N Fürsten-Zunft
g
H Viergekörndte Druckfehler. Unterschrift fehlt in N.

Kommentar

K
1
Georg Winckler (1582–1654), Seidenkrämer in Leipzig, 1604 aus Salzwedel eingewandert, gehörte später zu den reichsten Handelsherren der Stadt und wurde 1650 von Ks. Ferdinand III. geadelt. Vgl. Ernst Kroker: Handelsgeschichte der Stadt Leipzig. Leipzig 1942, 142f. u. 149f.; Gerhard Fischer: Aus zwei Jahrhunderten Leipziger Handelsgeschichte 1470–1650. Leipzig 1929, 252, Anm. 1; ThHSTA Weimar: Fl. Hausarchiv 118171, Bl. 15r (DA Köthen 430410); Bircher: Merian, 709 (Brief Wincklers an den Anhalt-Köthener Kammermeister Peter Knaudt v. 14. 10. 1645). Daß Winckler den Anhaltinern gut bekannt war, zeigt auch das Zusammentreffen F. Christians II. v. Anhalt-Bernburg (FG 51) mit ihm am 22. 9. 1636 in Leipzig. Christian: Tageb. XIV, 207r. Vgl. 380207 u. 380720.
2
Die Briefe Martin Opitz’ v. Boberfeld (FG 200) an Friedrich v. Schilling (FG 21), F. Ludwig und Diederich v. dem Werder (FG 31) vom 30. 11./10. 12. 1637 sind verschollen.
3
Bei dem von Opitz Obrist Hensesheim Genannten handelt es sich um Miklos Fegly v. Hainshaim, polnischer Resident in Hamburg. Grotius: Briefwisseling XII, 728, Anm. 2 (nach STA Hamburg. Der dort abgedruckte Brief von Georg Keller an Grotius vom 9. 4. 1641 spricht von Flensheimb). Vgl. F. Ludwigs Bitte um Weiterleitung des Opitzbriefes an Hensesheim/ Hainshaim in 390310. In 380125A erkundigt sich F. Ludwig bei bei dem Hamburger Stadtkommandanten Frh. Enno Wilhelm v. Innhausen und Knyphausen (FG 238), ob sein Exemplar der Psalmen Davids von Opitz (s. Anm. 4) schon bei Hainshaim eingetroffen sei. In 380210 erfahren wir, daß der Oberst damals schon wieder seit ungefähr zwei Monaten in Hamburg weilte. Ob Fegly Opitz’ Geschenk für F. Ludwig mitgebracht hatte, sagt uns der Briefschreiber nicht. Die Poststrecke verlief seit 1629 von Danzig über Hamburg. Vgl. Gotthilf Löschin: Geschichte Danzigs. 2 Tle. Danzig 1822–23, I, 402f. In 380411 bestätigt F. Ludwig endlich die Ankunft des Psalters.
4
Die Psalmen Davids Nach den Frantzösischen Weisen gesetzt. Durch Martin Opitzen (Dantzigk: Andreas Hünefeldt 1637). S. 371030 K 4 u. ö. Zur Übersendung des Buchs s. 371126, 371127, 380125A, 380210, 380411 u. 380504.
5
Opitz mag in dem verschollenenen Brief vom 30.11. 1637 F. Ludwig den Namen der Braut genannt haben. S. auch 380402 u. 380720, vgl. Opitz-Brieferepertorium, Nr. 229 (24. 7. 1637) und Bernhard Wilhelm Nüßlers Brief an Augustus Buchner (FG 362. 1641), Buchner (1720), 731–734.
|| [346]


K I
1
Es fragt sich, wann das Gedicht, das heute im ersten Band des Erzschreins (gebunden im 19. Jh. in der Zeit des anhaltischen Bibliothekars und Archivars Gottlieb Krause) hinter F. Ludwigs Schreiben 380411 zusammen mit den Psalter-Korrekturen des Fürsten folgt, Opitz zugeschickt worden ist. Vgl. auch das ähnliche Sonett Diederichs v. dem Werder (FG 31) in Beil. II. In 380720 schreibt F. Ludwig, er habe nach der Ankündigung der Hochzeit gleich eine „abordnung“ ergehen lassen, jedoch habe „es“ nach dem Scheitern der Heiratspläne „anstehen“ müssen. Der Fürst tröstete Opitz damals mit der Aussicht auf eine andere Heirat. Da Ludwig schon am 31. 12. 1637 vom Scheitern der Ehepläne erfuhr, kann er das Sonett nur vorher geschrieben haben. Er könnte es auch an Opitz (als Antwort auf den verschollenen Brief 371130) etwa um Weihnachten gesandt haben, denn der bedankte sich in 380402 rückschauend für „die gnade, so E. Fürstl. Gn. mir hiebevor, als ich mich in heyrath zue begeben gesonnen gewesen, erzeigen wollen“. D. v. dem Werder schickte wohl dieses Gedicht F. Ludwigs in 371226A an diesen zurück.


K II
1
In seinem Brief 371226A an F. Ludwig drückt Diederich v. dem Werder (FG 31. Der Vielgekörnte) aus, daß ihm das Sonett des Fürsten auf Opitz’ geplante Hochzeit (s. Beil. I) gut gefalle und daß es keiner Korrekturen bedürfe. Wenn er selbst ein Gedicht aus diesem Anlaß beisteuern solle, brauche er mehr Zeit, da er am morgigen Tag zu einer Kindtaufe verreise. Eine Umarbeitung des Hochzeitsgedichts zum Lobgedicht auf den verstorbenen Opitz veröffentlichten Hille, Neumark und Schottelius, s. u. Beil. III u. IV. Das Sonett in Hille bzw. Neumark: Palmbaum beruht zumindest auch auf der Fassung A des Hochzeitsonetts, denn es beginnt: „DJch hat mit einer Kron/ Gekrönter/ wol belehnet“, wogegen Schottelius 1662 der Umarbeitung entweder die Fassung B zugrunde legte oder selbständig bessernd „bekrönet“ statt „belehnet“ schrieb: „Dich hat mit einer Kron/ Gekrönter/ wol bekrönet“. Vgl. 280000 K 1 u. 340912 K 3.
2
Opitz‘ Braut.

K III Hille gibt keine Quelle an. Neumark versichert a. a. O. jedoch, daß die Verfasserschaft des Vielgekörnten am Sonnet „beglaubigt“ sei. Das obige Epithalamium Werders war tatsächlich die unmittelbare Vorlage für das hier vorliegende (abgewandelte) Epicedium, wie der Textvergleich insbes. der Zeilen 1, 4 und 7ff. lehrt. Dabei zeigt sich in der ersten Zeile zwischen den beiden Überlieferungen Schottelius (s. Beil. IV) und Hille/Neumark dieselbe textliche Differenz („gekröhnet“/ „belehnet“) wie in den beiden Textüberlieferungen des Hochzeitsgedichts (vgl. T II).

K IV
1
Verse des Sonetts oder Klinggedichts.

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