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371221 Fürst Christian II. von Anhalt-Bernburg an Fürst Ludwig
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Fürst Christian II. von Anhalt-Bernburg an Fürst Ludwig


Antwort auf 371220. — F. Christian II. v. Anhalt-Bernburg (FG 51. Der Unveränderliche) dankt für die übersandte Namenliste (zur Identifikation der Mitglieder der Fruchtbringenden Gesellschaft), mit der er angemessen umzugehen verspricht. Er akzeptiert F. Ludwigs (Der Nährende) Impresenvorschlag für das Neumitglied Gf. Friedrich Casimir v. Ortenburg (FG 316. Der Verharrende). Die (von F. Ludwig angedrohte) „Prangerbuße“ hält Christian angesichts der winterlichen Witterung nicht für ratsam und wünscht sie auf den Sommer zu verschieben, hoffend, bis dahin vielleicht sogar Gnade zu erlangen. Er habe allerdings den Grafen in der Reihenfolge der Mitglieder nur Hans Philipp (v.) Geuder (FG 310. Der Ergänzende) vorziehen wollen. Da die Gesellschaft aber mitt-
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lerweile weiter angewachsen sei, obendrein um eine fürstliche und andere hohe Personen, die dem Grafen schwerlich würden weichen wollen, gibt Christian sein Anliegen auf. Damit könnte auch die Prangerbuße aufgehoben werden. — Die Angelegenheiten (Aufnahme in die Gesellschaft) Gf. Friedrich Casimirs v. Ortenburg werden noch Zeit beanspruchen, so daß Gelegenheit bleibt, dessen Imprese in einer chinesischen Landschaft zu visieren und durch den Gesellschaftsmaler (Christoph Rieck[e]) das Wappen, das dieser gewiß kennen werde, fertigen zu lassen. Gf. Friedrich Casimir werde zweifellos mit allen Entscheidungen einverstanden sein. — Das noch ausstehende Wappen des Hans Andreas Kessler (v. Kessel) (FG 171. Der Befördernde) könne Hans Philipp (v.) Geuder beibringen, den er mehrfach deshalb angeschrieben habe. — Da Christian aufgrund der desolaten ökonomischen Zustände sparen muß, wünscht er eine klare Kostenaufstellung des Seidenstickers. — Grüße und Weihnachtswünsche von F. Christian und seiner Frau Fn. Eleonora Sophia (Die Unveränderliche. TG 39) an F. Ludwig und seine Frau Fn. Sophia (Die Nährende. AL 1629. TG 38).

Beschreibung der Quelle


Q HM Köthen: V S 544, Bl. 122r–123v [A u. Eingangsvermerk: 123v], 123r leer; eigenh.; 3 Sig.[Handschrift: [Bl. 122r]] — Veröffentlicht in KE, 74f. Bibliographisch erfaßt in Bürger, S. 947 (o. Nr.).

Anschrift


A Dem Nehrenden zu handen, dienstlich. Cöhten.
Eingangsvermerk von F. Ludwigs H.: Pres. 21 Decemb. 1637.

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Gegen dem Nehrenden, bedanckt sich der Vnverenderliche freundtfleißig, vor vberschickte begehrte Taufnahmen, der Fruchtbringenden gesellschafter1 , vndt will damitt gebührlich zu verfahren wißen. Anreichende die Einnehmung des Graffen von Ortemburgk2 , so weiß der vnverenderliche, des herren Nehrenden vorschlag nicht zu verbeßern, waß nemlich seinen Nahmen, wortt, vndt gemählde betreffen mag3 . Die Prangerbuße4 aber anlangende, so helt itztgedachter vnverenderliche davor, Sie seye in itzigem kalten wintter, nicht rahtsam, Auf künftigen Sommer, könne sichs beßer thun laßen, vndt verhofft dennoch in wehrender zeitt, gnade zu erlangen. Sonsten ist seine meynung nicht gewesen, daß ermeldter Graf dem letzten ziel der dreyhundert vndt funftzehen, sollte allerdings vorgezogen werden, sondern bloß allein dem Ergentzenden. Dieweil man aber nunmehr darinnen, daß nach Geudern, eine Fürstliche person5 , auch hohe Befehlichshaber6 , (welche andern nicht gerne zu weichen pflegen,) folgen, erleutterung erlangett, so wirdt man auch dieses ansuchen, müßen sincken vndt fallen laßen. Köndte gegen die angedrowete prangerbuße abgerechnett, vndt zugleich mitt aufgehoben werden. Es möchte ohne daß noch viel zeitt verfließen, bis die Ortemburgische Gesellschafftsache deren richtigkeitt vberkommen dörffte. Sonst müste es an dem wapen7 vndt dergleichen dingen nicht [122v] ermangelna . So kan auch die Chinesische Landtschaft, in betrachtung deren erdgewächßes, gar füglich gemahlet werden.8 Der zukünftig vndt noch verharrende, wirdt mitt allem wol zu frieden sein. Der allte gesellschaftmahler, Christof von Padua9 , wirdt sein wapen wol kennen, vndt zum Ertzschrein befördern können. Deß Befördernden wapen aber, wirdt verhoffentlich, der Ergentzende einbringen10 . Allezeitt hatt ihm der vnverenderliche fleißig drümb geschrieben. Wegen des Seidenstickers zu Cöhten aber, müste der vnverenderliche gar eigentliche vndt deutzsche erklärung11 haben, wie es rechtt anzugreiffen, dieweil
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ihme solchen kostbahren verlag12 zu thun, bey itzigen drangsähligen leuften, (da er sich selber mitt sorgen vndt borgen kümmerlich erhalten vndt außbringen muß,) gantz vnmüglich fellett. Beyde vnverenderliche laßen beyde Nehrende hinwieder dienstlich grüßen,13 vndt fröliche weyhnachten wüntzschen. Der liebe Gott wolle vnß zu allen theilen, ihm befohlen sein laßen vndt ich verbleibe,

  deß Nährendenb , diener,
  Der vnverenderliche etc.

Geben Bernburgk, an des vnglaubigen Thomaß tage, den 21. Christmonats,14 im Jahr, 1637.

Textapparat und Kommentar


Textapparat
T
a
Auch Kustode.
b
Davor <vnverend>

Kommentar

K
1
Die Mitgliederliste liegt noch der Akte bei, in der auch der Brief 371220, dem sie einst mitgegeben wurde, bewahrt ist. Vgl. 371220 u. I.
2
Gf. Friedrich Casimir v. Ortenburg (FG 316) war von F. Christian II. v. Anhalt-Bernburg (FG 51) in 371219 zur Aufnahme in die FG vorgeschlagen worden. In 371220 hatte F. Ludwig seinem Bernburger Neffen eine Imprese für Gf. Friedrich Casimir vorgeschlagen, s. Anm. 3.
3
F. Ludwigs Impresenvorschlag für Gf. Friedrich Casmir v. Ortenburg in 371220: „Der Verharrende — Die wurtzell China — Jm besten wesen.“ Bei dieser Imprese ist es geblieben, als Gf. Friedrich Casimir noch Ende des Jahres 1637 in die FG aufgenommen wurde. Conermann III, 360f.
4
Zur angesprochenen „Prangerbuße“ vgl. 371220 u. allg. 371110 K 14.
5
Hz. Julius Heinrich v. Sachsen-Lauenburg (FG 311), der F. Johann Casimir v. Anhalt-Dessau (FG 10) und F. Ludwig mit seinen Brüdern Franz Carl (FG 269) und Franz Albrecht (FG 194) vom 13. – 17. 6. 1637 einen Besuch abgestattet hatte und bei dieser Gelegenheit in die FG aufgenommen worden war. Conermann III, 352f.
6
Dam Vitzthum v. Eckstädt (FG 312), seit 1635 kursächsischer Generalfeldwachtmeister, nach der Eroberung Magdeburgs im Juli 1636 Stadtkommandant und Statthalter des Erzstifts. Die Anhaltiner hatten in dieser Zeit aufgrund verlangter Unterhaltsleistungen für die Magdeburgische Garnison, verschiedener Einquartierungen und Durchzüge ständig mit ihm zu tun. Vgl. KU IV, 127ff. Am 27. 7. 1637 kam Vitzthum in Begleitung zweier Offiziere auf einer militärisch bedingten Durchreise eilig nach Köthen. Bei dieser Gelegenheit nahm F. Ludwig Vitzthum und seine Begleiter Georg Hermann v. Schweinitz (FG 313), 1634 Hauptmann, 1638 Oberstwachtmeister im kursächsischen Heer, und Johann Friedrich v. Veltheim (FG 314), dessen Rang und Funktion uns nicht bekannt ist, sowie den gesamtanhaltinischen Rat Martinus Milagius (FG 315) in die FG auf. Vgl. KU IV, 206ff.; Conermann III, 353ff. Christian: Tageb. XIV, 568r (Eintrag vom 17. 3. 1638): Nachricht, „daß der gute ehrliche ChurS. General wachmeister Damb Vitzthumb, als er vor Traumünde [recte: Warnemünde] recognosciren wollen, erschoßen worden. Jst wol schade vmb diesen tapfern, vndt sehr dißcreten cavaglier, welcher auch vnserm Fürstl. hause, wol affectionirt gewesen. Jch besorge, vnser Fürstenthumb werde es empfinden, wegen der Magdeb. garnisonsverpflegung vndt sonsten. Gott helfe, das vnß die besten freunde nicht also abgehen.“ Zu Vitzthum vgl. 370517 K 5, 370805 K 8, 371014 K 7, 371220 I, 380122 K 1, 380220 K 3, 380320A K 5, 380501 u. 380608A K 7.
7
In 371220 war F. Christian II. von F. Ludwig um die Beschaffung einer Visierung des Ortenburgischen Wappens gebeten worden, dessen Stickerei zusammen mit denen
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der Wappen (und Impresen) der übrigen FG-Mitglieder zu prächtigen Gobelins für den Köthener Schloßsaal zusammengenäht werden sollte. Vgl. dazu 371220 K 12.
8
Angesichts der Gesellschaftspflanze für Gf. Friedrich Casimir v. Ortenburg („Die wurtzell China“, s. Anm. 3) hatte F. Ludwig für die Hintergrundgestaltung des Impresengemäldes eine chinesische Landschaft vorgeschlagen, vgl. 371220.
9
Christoph Rieck(e), auch Christoph von Padua oder Christoff Maler (280425) genannt, einer der Gesellschaftsmaler, die die Impresen der FG (und auch die Mitglieder-Wappen) zeichneten und malten. Vgl. 371220 K 12; grundsätzlich dazu Conermann II, 115ff. Zum Ausdruck Erzschrein s. 371110 K 11.
10
F. Ludwig hatte in 371209 und 371220 F. Christian II. gebeten, eine Visierung des Wappens von Hans Andreas Kessler (v. Kessel) (FG 171. Der Befördernde) zu beschaffen. Christian hat nach dem Zeugnis des vorliegenden Briefes seinen Nürnberger Agenten Hans Philipp (v.) Geuder (FG 310. Der Ergänzende) damit beauftragt oder beabsichtigte dies zu tun. In der Tat mußte es Geuder leichtfallen, das Wappen des in Nürnberg aufgewachsenen und in Franken lebenden Kessler ausfindig zu machen. Dies gelang jedoch in vielen Jahren nicht, so daß am Ende Zweifel am Adelsstand Kesslers auftraten. Vgl. 371209 K 6.
11
F. Christian II. bittet hier um einen Kostenvoranschlag für die Arbeiten des Seidenstickers, welchen einzuschalten F. Ludwig in 371220 empfohlen hatte, um seine Frau Fn. Sophia (AL 1629. TG 38) zu entlasten. Seiner Anregung nach sollten die FG-Mitglieder, die Neumitglieder warben, dafür Sorge tragen, daß deren Wappenvisierungen und nach Möglichkeit auch die Wappenstickereien der FG-Geschäftsstelle eingeliefert würden.
12
Unkosten, vgl. Stieler, 1120: „Verlag / der / autem venit à Verlegen/ & exponitur: Sumtus, impensae, impendium.“
13
Grüße von F. Christian und seiner Frau Fn. Eleonora Sophia (Die Unveränderliche. TG 39) an F. Ludwig und seine Frau Fn. Sophia (Die Nährende, s. Anm. 11). Vgl. 371219 u. 371220. Zur Praxis innerhalb der FG, den Frauen die Gesellschaftsnamen der Ehemänner beizulegen, vgl. 371110 K 8.
14
Der Festtag des Apostels Thomas, der Zweifel an der Auferstehung Christi trug (Jh 20, 24–29), fällt auf den 21. Dezember. Vgl. Ökumenisches Heiligenlexikon; Kalender Herlitz 1646; Kalender Zerbst 1654, 718f.; Grotefend II, 176.

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