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371222 Diederich von dem Werder an Fürst Ludwig
[Inhaltsverzeichnis]
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371222

Diederich von dem Werder an Fürst Ludwig


Diederich v. dem Werder (FG 31. Der Vielgekörnte) schickt F. Ludwig (Der Nährende) dankend die (Abschrift zweier Lied-)Vertonungen des Samuel Scheidt zurück. Sie gingen unvollständig zurück, weil Lgf. Hermann IV. v. Hessen-Rotenburg (FG 374. 1642) eine Liedstrophe auf die Letzten Worte seiner verstorbenen Frau (Sophia Juliana) „Gott lob“ verfaßt und diese Verse seiner Schwester, der Fn. (Agnesa) v. Anhalt-Dessau (TG 25), zugesandt habe, verbunden mit der Bitte, Diederich v. dem Werder möge die Strophe überprüfen. Er, Werder, habe aber Bedenken getragen, etwas daran zu ändern, und stattdessen selbst ein Gedicht auf jene Letzten Worte aufgesetzt nach der Melodie des Liedes „Nun danket alle Gott“ (eines der beiden von Scheidt vertonten geistlichen Lieder). Nun habe er Lgf. Hermann auch die vier Stimmen (der Scheidtschen Komposition) zu seinem Gedicht mit übersenden wollen, es aber nicht mehr geschafft, sie rechtzeitig vor Aufbruch des Boten vollständig abzuschreiben, und sich daher die Freiheit genommen, dem Diskant das Fehlende aus den (von Ludwig geschickten) Scheidtschen Noten hinzuzufügen und mit seinem „Gott Lob“-Gedicht nach Kassel einzuschicken. F. Ludwig möge diesen Raub verzeihen; immerhin gereiche sein Lied der Fruchtbringenden Gesellschaft zur Ehre. Er legt sein Gedicht diesem Brief mit bei und erinnert in einem Zusatz an seine vormaligen Verbesserungsvorschläge zum Lied „Nun danket alle Gott“.

Beschreibung der Quelle


Q HM Köthen: V S 544, Bl. 344r–345v [A u. Eingangsvermerk: 345v], 345r leer; eigenh. [Handschrift: [Bl. 344r]]— Veröffentlicht in Klaus-Peter Koch: Scheidt-Miszellen: In: Samuel Scheidt. Wirkungskreis, Persönlichkeit, Werk. Bericht über eine Konferenz am 17. und 18. Oktober 1987 im Händel-Haus Halle anläßlich des 400. Geburtstages von Samuel Scheidt. Hg. Gert Richter. Halle a. d. S. 1989, 89–92, hier 89f.; ders.: Samuel Scheidt in seinen Beziehungen zur Fruchtbringenden Gesellschaft. In: Beiträge zur musikalischen Quellenforschung. Protokollband Nr. 2 der Kolloquien im Rahmen der Köstritzer Schütz-Tage. Bad Köstritz 1991, 165–184, hier S. 177f.; ohne A und mit gekürzter Datierung und Schlußkurialie schon gedruckt in KE, 146f. u. mit einer weiteren Kürzung im Zusatz in Krause: Werder, 45f. u. KL III, 119. Bibliographischer Nachweis in Bürger, S. 1439 Nr. 13 u. 14 [sic].

Anschrift


A Dem Nehrenden. Cöthen
Eingangsvermerk von unbekannter H.: Psent. ♀ 22 Decembr. 1637.
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Dem Nehrenden werden hiermit die Scheitischen thöne1 mit grossem Danck, iedoch nicht ohne schmählerung, wieder zugeschickt: Die vrsach dessen ist, das landtgraff Hermans F. G.2 ein gesetz3 sangsweise gemacht hatten, auf dero seligste gemahlin4 letzte worte, so gewesen waren „Gott Lob“ welches j. f. g. dero fraw Schwester zu dessaw F. G.5 zugesant, mit begehren, das ich etwas daran verbessern solte, dieweil ich aber bedencken hatte, etwas daran zu endern, sintemahl es albereits auf den fürstl. Sarck6 eingegraben sein soll, als machte ich mich gestern in aller eyl über dieselben letzten worte „Gott lob“ vndt satzte ein eignes liedt, auf den thon vndt Melodey des „Nuhn dancket alle etc.a auff,7 vndt war willens j. f. g. alle vier stimmen darbey abgeschrieben mitzuschicken, dieweil ich aber die lieder gestern zu langsam bekam, vndt der botte nottwendig gestern noch abgefertigt sein muste, So konte ich nicht mehr als den Choral discant abschreiben lassen, damit es aber nicht gar zu vnvolkommen wehre, vndt man zu Cassel etwas nachricht haben könte, Sob habe ich den General Bass vndt das abgesetzte8 von diesen [344v] beygefügten thönen abgenommen, vndt meinem liedtleinc beygelegt. Hoffe der Nehrende werde diesen raub, weil er im nottfall geschehen, vndt das werck an sich selbst der löblichen fruchtbringenden geselschaft zum ruhm gereicht, dem armenb Vielgekörndten verzeyhen, Er will es sein lebtage nicht mehr thun. Vndt schickt zur Straffed obgedachtes liedtgen mit seinen gewöhnlichen kleistern9 , weil man es in der eyll nicht anders haben kan, dargegen ein. Errinnert auch ferner nichts, als das der Nehrende gewis darfür halten wolle, das er keinen getreuern vndt ungetrewern geselschafter habe
als
  Dene Vielgekörndten

Reinsdorf anf des Cöhtnischen verstorbenen judens nahmenstage10 den 22. ChristMonats 1637.

Bey dem liedt Nuhn dancket alle hette ich nichts weiter zu errinnern als was ich nächst gedachte, Nemlich
  Wohlan so tretet hehr ihr frommen
        Des schmertzens lauff
   Er lasse freude wonn’ vndt leben11

I

Diederichs von dem Werder geistliches Lied „Wohlan so kommet hehr ihr frommen“

Beschreibung der Quelle


Q HM Köthen: V S 544, Bl. 339r–340v;[Handschrift: [Bl. 339r]] Abschrift von unbek. H. mit eigenh. Korrekturen F. Ludwigs. Die Berichtigungen greifen jene Verbesserungsvorschläge auf, die Diederich v. dem Werder eingereicht hatte (s. Beil. II).
Text nach der Hs. veröffentlicht in KE, 147–149 und in Koch: Samuel Scheidt in seinen
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Beziehungen zur Fruchtbringenden Gesellschaft (s. Q), 179f. Zit. mit der Sigle K. Koch, 181 führte eigens die Korrektureinträge F. Ludwigs unter Angabe des Verbesserten an (übersah aber die Umstellung der Wortreihenfolge in Strophe 1, Zeile 7; s. Anm. T I d).
Drucküberlieferung:
Erst- und Notendruck 1637: Ein schön Lied | Auff den Spruch | Nun dancket alle GOtt/ der grosse Dinge | thut an allen Enden. | Syrach. 50. V. 24, 25. | Von einem fürnehmen Gottseligen Manne in | Reimen gebracht | Vnd | Mit 4 Stimmen componiret | Von | Samuel Scheidt Hall. | 1637. | [Zierleiste] | Leipzig/ | Gedruckt bey Gregor Ritzschen. Das einzige bislang aufgefundene Ex. in LHA Sa.-Anh./ Dessau: Abt. Köthen A 9a Nr. 167, Bl. 88r–89v, 89v leer. Beim Tode F. Ludwigs (7. 1. 1650) lagen im Köthener Schloß noch viele unverteilte Exemplare dieses Drucks. Vgl. IP, 336r: „Ein schön liedt auf den Spruch, Nu dancket alle Gott, componiret, von Samuel Scheitten ein gantz Convolut exemplariorum in folio 1637“. — In diese Druckfassung sind die genannten Verbesserungen Werders (Beil. II) eingegangen. Der Druck bietet folglich die redigierte und autorisierte Endfassung des Liedes. Er dürfte in Wahrheit wohl erst 1638 erschienen sein. Ihm fehlen die Sirach-Zitate, die in der Hs. den Strophen vorangestellt sind (Sir 50, 24–26). — Zit. mit der Sigle D.
KL III, 120–122, scheint zwar (in uneinheitlich-eigenmächtig modernisierter Orthographie, möglicherweise sogar Texteingriffen, s. etwa T I h, i) dem Wortlaut des Notendrucks zu folgen (s. T I a, b, p) oder doch dessen unmittelbarer (verlorenen) hsl. Vorlage, verzichtet aber nicht auf die genannten Sirach-Zitate.
Weitere Ausgaben:
„Ein Gesang aus dem spruche Syrachs. Nun dancket alle Gott.“ In: Etzliche Schöne | Gesänge/ | Morgends und Abends auch auf | alle Festtage und sonsten | zu singen. | [Vignette] | Gedruckt zu Cöthen im Fürstenthume | Anhalt/ | Jm Jahre 1642, 34–37. ULB Halle: AB 61119; aus Schloßbibl. Köthen: Sign. X 16. Auch hier fehlen die Sirach-Zitate, die in der Hs. den Strophen vorangestellt sind (Sir 50, 24–26) sowie die Noten. — Zit. mit der Sigle G.
„Ein Danck-Lied Auf dem spruch: Nun dancket alle Gott/ der grosse Dinge thut an allen enden. Syrach am 50. v. 24. 25. H. D. V. D. W. [...] Mit 4. Stimmen gesetzt Von Samuel Scheid zu Hall.“ In: [Martin Milagius]: Der Singende | Jesaia / | Oder | Der Prophete Jesaia/| Jn reine deutsche Reime | gebracht/ | Vnd | Jn ein hundert und vierzehen Gesänge | eingetheilt/ | Die | Nach den bekandten Frantzösischen | melodeyen der Psalme D. Ambrosii | Lobwassers gesungen werden | können: | Gefertiget | Durch den Mindernden. | Samt | Einem anhange etlicher neuen und verbes-| serten Lieder. | [Zierstück] | Gedruckt zu Bremen/ bey Berthold de | Villiers/ im Jahre 1646. (Anhang Etlicher Geistlichen/ theils gar neuen/ theils alten/ doch verbesserten Lieder Mit jhren melodeyen/ So Täglich und auf gewisse zeiten können gebrauchet werden.) S. 551–559 (mit Initialen „H. D. V. D. W.“, d. i. Herr Diederich Von Dem Werder). HAB: Lo 5456. Mit den Noten der vierstimmigen Komposition Scheidts, jedoch ohne die Sirach-Zitate. — Zit. mit der Sigle M. Vgl. 380000 K 12 u. 380504 K 14.
Lied-Nachweis unter Angabe aller Überlieferungen in SSWV, Nr. 328 (mit auszugsweiser moderner Notation), danach auch in Grove2 XXII, 457; ferner in Dünnhaupt: Handbuch, 4257 (Art. Werder, Nr. 9 u. 25) und Merzbacher: Werder, 65. Nur die Überlieferung M verzeichnet RISM A/ I/ 7: Einzeldrucke vor 1800. Red.: Karlheinz Schlager. Bd. 7. Kassel u. a. 1978, Nr. S 1364 (S. 370) und RISM B/ VIII/ 1: Das deutsche Kirchenlied DKL. Kritische Gesamtausgabe der Melodien. Hg. Konrad Ameln, Markus Jenny u. Walther Lipphardt. Bd. 1, Tl. 1: Verzeichnis der Drucke. Kassel u. a. 1975, Nr. 164608 (S. 263f).
Fehlt in: Samuel Scheidts Werke. Hg. Gottlieb Harms, Christhard Mahrenholz u. Christoph Wolff. 16 Bde. Hamburg, Leipzig 1923–1981 (SSGA). Dort aber verschiedene
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Scheidt-Konzerte auf den Sirach-Text (Sir 50, 24–26): SSWV, 30 (in Cantiones sacrae 1620; SSGA IV); SSWV, 258 (Geistliche Concerte II 1634; SSGA IX); SSWV, 333 (Geistliche Concerte IV 1640; SSGA XII) u. SSWV, i 7. Letzteres ist ein zweifelhaftes fünfchoriges Werk (Hs. „Nun dancket alle Gott“; SSGA XVI), das nicht, wie von Serauky vermutet, im Rahmen der Feierlichkeiten zur Huldigung Herzog Augusts v. Sachsen-Weißenfels (FG 402) als Administrator des Erzstifts Magdeburg am 18. 10. 1638 in Halle (vgl. 371124) zur Aufführung gelangte. Vgl. Walter Serauky: Musikgeschichte der Stadt Halle. Bd. 2.1: Von Samuel Scheidt bis in die Zeit G. F. Händels und J. S. Bachs. Mit Musikbeilagen und Abhandlungen. Halle a. d. S. 1939/40 (Ndr. Hildesheim, New York 1971), 39f.; SSGA (s. o.) XVI, 126.

Text



    1.
Nuhn dancket alle Gott.
Wohlan so kommet hehr ihr frommen
Jn andacht euch nuhmehr erfreẅt
Das weinen setzet auff die Seit
Last euch kein trawren an mehr kommena
Platz platz,b der wonn’ vnndt aller lust
Die grösser ist, dan wir gewustc
Ja dachten selbst nichtd zubegehrene
Ein solch’ gut’ als vnß itzt geschichtf
Gott klärt auff vnser Angesicht
Drumbg gebet ehre seinen ehren.


    2.
Der große wunder thut an allen enden,
der vnß von Mutterleib an lebendig erhelt.
Die gutthat mus man hören laßen
So weit der Erdtkreiß Sich erstreckt
Dieweil man Sie eh sieht vnndt schmeckt
Ehh Sie ein schwacher Geist kan faßen
Der gutte Gott erhelt alzeitt
Den, der ihn liebt, vnndt gerne leidt,[Handschrift: [Bl. 339v]]
Er schützt ihn in den Kinderjahren,
Nah ist er, wan er scheinet fern’
Er läst ihm seine Sorgfalt gern’
Jm tod vnndt der gebuhrt erfahren.


    3.
Vndt thut vnß alles guttes.
Hierinnen er sich täglich übet
Das Er viel gutes denen sendt
Die für sein eigen er erkent
Vnndt denen recht sein Dienst beliebet
|| [370]

Jhr glaub’ vnndt sein verliebtes hertzi
Sein will’ vndt ihres leidens schmertz
Sich trewlich mitteinander meinen
Wann ihre Sachen übel gehn
Alßdan läst er ein Zeichen sehn
Das seine hülffe soll erscheinen.


    4.
Er gebe vnß ein fröliches Hertz.
Er laße friede freẅd’ vnndt leben
Jn vnsern hertzen gehen auffj
Vnndt hemme gantz der Schmertzenk lauffl ,
Dem wir zum raube vor ergeben. [Handschrift: [Bl. 340r]]
Die frewde, mein ich, so empfindt
Ein hertz, das sichern Zutritt findt
Bey seinem Gotte, den esm preiset
Das ein versühnter Gott ergetztn
Vnndt machett das es herrlicho schätzt
Den Dienst, den es nuhr ihm erweiset.p


    5.
Vnndt verleihe immerdar frieden
zu vnsern Zeitten
Der friede, der so gar verschwunden
Jst bey den Zeitten vnsrer tag’,
Ernewre seinen altten schlag,
Vndt werde bey vnß wieder funden.
Die Kirch’ empfinde seine Krafft
Fürst, Adell, burger, Bauerschafftq
Die wälder, felder, berg’, vnndt änger
Gott ieden standt auff wieder richt
Der Schlachten Schawplatz müß’ auch nicht
Auff deutschem boden bleiben längerr


    6.
Das seine gnade stets bey
vnß bleibe
Die gnade so vnß all’ ümbfänget
Die Sie erkent wohl vnterweißt [Handschrift: [Bl. [340v]]]
Die Sorg’ auch stets für vnsern Geist
Wan er von trübsahl wirdt bedränget.
All’ vnsre Schuldt Sie vnß verzeih,s
|| [371]

Vndt wapent vnß, zu streitenu frey
Mitt Satan, fleisch, mitt welt vnndt Sündev
Das vnß das alles nicht betrieg’,
Vnndt Sie sey vnser trost vnndt Sieg
Drauff vnser heyl allein Sich gründe.


    7.
Vnndt erlöse vnß so lange
wir leben.
Gott rett’ vnß endtlich vom Verderben,
Da wir hier sindt gesetzet einw ,
Dann was vnß leben dünckt zu sein
Jst nuhr ein immerwehrendt sterben.
Den leib auß quahl errett’ Ox Gott
Die Seel’ aus aller ihrer noth
Vnndt das gewißen von den Sünden
Für allemy rett’ vnß höchster Hortt
Das wir nicht kommen an den ortt
Da keine rettung mehr zu finden.
    Amen.z

II

Verbesserungen Diederichs von dem Werder
zu seinem Lied „Wohlan so kommet hehr ihr frommen“

Beschreibung der Quelle


Q HM Köthen: V S 544, Bl. 341rv [A: 341v]; Zettel, eigenh. mit Vermerk F. Ludwigs 341v. Eine Abschrift von Schreiberh. a. a. O., Bl. 342rv, 342v leer;[Handschrift: [Bl. [341r]]] zit. als A.
Die Verbesserungen Werders, die er F. Ludwig kurz vor oder während des Lieddruckes von 1637 (s. Beil. I Q) eingereicht haben wird, hat F. Ludwig sämtlich in die ihm vorliegende Abschrift (Beil. I) eingetragen (s. T I c, e, f, k, o, q, x).

Anschrift


A Dem Nehrenden
Vermerk von F. Ludwigs H.: Zu gedencken was beym druck des liedleins
  Wohlan so kommet her ihr Frommen
  Jn acht zunehmen und zu endern.1

Text



Diese hier aufgesetzte verbesserungen sehe
der vielgekörnte gern in das bewuste
liedt eingeruckta


Beym ersten gesetz2
6. Die grösser ist, dan wir gewust
7. ja dachten selbst nit zubegehren
|| [372]


8. Ein solch gutt, als vns itzt geschicht


Beym vierdten gesetze
3. Vndt hemme gantz der schmertzen lauff
9. vndt machet das es herrlich schätzt


Beym fünften gesetze
6. Fürst Adel bürger bawerschaft


Beym Siebenden gesetze
5. Den leib aus quaal’ errett’ O Gott.

III

Diederichs von dem Werder geistliches Lied
„JCh gläub vnd weiß diß Fürwar“


Q Ein schön Lied | Auff den Spruch | Jch weiß/ daß mein Erlöser lebt. | Job. 19. V. 25, 26, 27. | Von einem fürnehmen Gottseligen Manne in | Reimen gebracht | Vnd | Mit 4 Stimmen componiret | Von | Samuel Scheidt Hall. | 1637. | [Zierleiste] | Leipzig/ | Gedruckt bey Gregor Ritzschen. — Das einzige bislang aufgefundene Ex. in LHA Sa.-Anh./ Dessau: Abt. Köthen A 9a Nr. 167, Bl. 90r–91v, 91v leer. S. Abb. S. 373-375. — Mit moderner Notentranskription („Klavierauszug“) veröffentlicht in Koch: Samuel Scheidt in seinen Beziehungen zur Fruchtbringenden Gesellschaft (s. Q), 183f.
Weitere Druckveröffentlichungen:
„Aus den Spruch Hiobs: Jch weis daß mein Erlöser lebt.“ In: Etzliche Schöne Gesänge. 1642 (s. Beil. I Q), 49. Ohne Noten. — Zit. mit der Sigle G.
„Ein Trost=lied Auf dem spruch Jch weis/ daß mein Erlöser lebt. Hiob. am 19. v. 25. 26. 27. H. D. V. D. W. O. Nach der melodey des 47. Psalms.“ In: [Martin Milagius:] Der Singende Jesaia. 1646 (s. Beil. I Q), 549–551 (mit den Initialen „H. D. V. D. W. O.“, d. i. Herr Diederich Von Dem Werder Obrister). Diese Überlieferung löst jeden Langvers in jeweils zwei mit den Binnenreimwörtern endende Kurzverse auf, so daß jede Strophe 12 statt 6 Verse zählt. Mit den Noten einer fremden, nicht von Scheidt stammenden Psalmmelodie. — Zit. mit der Sigle M.
„Zwey und zwanzigstes Lied. Auff den Spruch: Jch weiß/ daß mein Erlöser lebet. Hiob 19.“ In: [D. v. dem Werder:] Vier und zwantzig | Freuden-reiche Trost-Lieder/ | oder | Trost-reiche | Freuden-Gesänge/ | Auff die Stunde des Todes/ oder tödt- | licher Schmertzen/ | Vermittelst gewisser Sprüche Göttlicher Schrifft/ | nach schönen und sehr beweglichen Melodeyen beqvemet | und eingerichtet. | Nur mit einer Stimme/ | Jedoch von einem gar stil-lautendem Säitenspiel | begleitet/ ein- und vorzusingen. ... | [Zierleiste] | Leipzig/ | Jn Verlegung Tobiæ Riesens | Jm Jahr 1653. (Druck: Timotheus Ritzsch in Leipzig), Bl. J[i]v – J ij r; mit Noten. HAB: 2. 7 Musica. Textlich identisch wurden auch hier die Verse zu vier zwölfzeiligen Strophen umgebrochen. Die Noten weichen sowohl von den vier Stimmen der Scheidt-Komposition als auch von der Komposition in M ab. — Zit. mit der Sigle TL.
Fehlt in der Scheidt-Werkausgabe: Samuel Scheidts Werke. Hg. Gottlieb Harms, Christhard Mahrenholz u. Christoph Wolff. 16 Bde. Hamburg, Leipzig 1923–1981 (SSGA).
Lied-Nachweis unter Angabe aller Überlieferungen und mit auszugsweiser moderner
|| [373]
|| [374]
|| [375]
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Notation in SSWV, Nr. 327; danach auch in Grove2 XXII, 457; ferner in Dünnhaupt: Handbuch, 4262, nur für die Überlieferung M (Art. Werder, Nr. 25); ebenso in Merzbacher: Werder, 65. Zu einer Madrigalkomposition Scheidts vielleicht auf Werders Text s. K III.

Text



JCh gläuba vnd weiß diß Fürwarb vnd gewiß/
Daß mein vnd der Welt Heyland/ HErr vnd Held/
Nemlich Jesus Christ Noch beyc Leben ist/
Seine Rechte steht Wunderhoch erhöht/
Drumbd ich keine Noth/ Sampte dem herben Todt/
Heutf vnd von nun an Fürchten wil noch kan.


2.
Ob mein Fleisch schon stirbt/ Vnd der Leib verdirbt/
So wird sicherlich Mein Erlöser mich
Doch denselben Tag (Dag auff einen Schlag
Erdh vnd Himmels-Pracht Er zu Nichte macht)
Bringen also fort Durch sein kräfftigi Wort
Aus des Grabes Thürj Herrlichk schön herfür.


3.
Mein Fleisch vnd Gebein Wird vmbgebenl seyn/
Eben mit der Haut/ Die man jetzom schawt/
Die ich diesen Tag An dem Leibe tragn /
Jch solo aufferstehn/ Meinen Gott zu sehn/
Vnd der ich jetzt binp / Selberq schawen jhn
Durch mein Augenliecht/ Vnd kein frembder nicht. [91r]


4.
Ja ich sol noch ehr / Als ich aufferstehs /
Strackst nachu meinem Todt Sehenv vnsern Gott/
Ey so kommew bald/ Komm mein Auffenthalt/
Eyle meinem Lauffx / Löse mich/ HErr/ auff/
Aufferweck auch michy / Anzublicken dich
Vnd deinz Herrligkeit Jn Vollkommenheit.

Textapparat und Kommentar







Textapparat
T
a
Dazu eine Anmerkung auf beiliegendem Zettel (a. a. O., Bl. 343v; 343r leer) von F. Ludwigs H.: Ein Spruch aus dem Jesu Sirach im 50. Capitell 24. 25. und 26. versikell zu finden [zu finden eingefügt über unleserl. Streichung] gesangsweis [weis eingefügt] gesetzt. Vgl. Beil. I.
b
Eingefügt.
c
KE liedelein
d
Lies: Buße
e
Den Vielgekörndten fehlt in KE.
f
Fehlt in KE bis nahmenstage

T I

Die in der Hs. eingangs der Strophen hervorgehobenen Zitate Sir. 50, 24–26, fehlen in D, G und M.
a
Schluß der Zeile in D, G und KL: mehr ankommen. In M lautet der Vers: Vnd last kein trauren mehr einkommen/
b
D Platz/ platz G Platz/ platz/ KL Platz, platz M Platz! platz! K platz
c
Die Zeile durch Streichungen und Einfügungen von F. Ludwig verbessert aus: Die Vnß schier schilt, das wir gewust
d
K Nicht selbst K
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hat wahrscheinlich die von F. Ludwig angebrachten Korrekturen, die zu der veränderten Wortfolge führen, übersehen, s. folgende Anm.
e
Die Zeile durch Streichungen und Einfügungen von F. Ludwig verbessert aus: Nicht haben selbst so zubegehren
f
Die Zeile durch Streichungen und Einfügungen von F. Ludwig verbessert aus: Das gutte, so vnß itzt geschicht. G u. M Ein solch Gut als uns ietzt geschicht K Ein solch’s gutt, als Vnß itzt geschicht
g
M Drüm
h
KL Als
i
KL Jhr glaube und sein liebend Hertz,
j
Die vorausgehenden beiden Verse lauten in M: Er gebe friede/ freud’ und leben | Jn unsern hertzen stets voll auf.
k
der Schmertzen von F. Ludwig gebessert aus des Schmertzens
l
KE des Schmertzens lauff
m
KL er
n
Zeile fehlt in KE.
o
Von F. Ludwig eingefügt für <leichter>
p
D, G, KL u. M Den Dienst/ so man nur jhm erweiset.
q
Die Zeile durch Streichungen und Einfügungen von F. Ludwig verbessert aus: Der Fürst, der Pawr, die Ritterschafft
r
Die drei vorausgehenden Verse lauten in M: Gott richte wieder auf die Ständ’/ Der schlachten schauplatz hab’ ein end’/ Vnd bleibe doch bey uns nicht länger. Im gekennzeichneten Vers in D teutschen G Deutschen
s
KE verzeiht K verZeit
t
Lies: wappne G u. KL wapne
u
KE schreiten [!]
v
M Mit Satan/ fleische/ welt und sünde/
w
M Wir sind gesetzet tief hinein/
x
Von F. Ludwig eingefügt für <vnß>
y
D, M allen
z
Fehlt in D, G, M, KE und KL.

T II
a
Die Änderungen Diederichs v. dem Werder sind sämtlich sowohl in die Gedicht-Handschrift (als nachgetragene Verbesserungen, s. Beil. I) als auch in die Textfassung des Notendrucks eingegangen.

T III
a
M glaub’ TL glaub
b
TL für war
c
M am
d
M Drüm TL Drüm̄
e
M Samt TL sam̄t
f
Zeile in M: Heut und nun fortan Fürchten will und kann.
g
M Als TL Wann
h
TL Erd- und Himmels-Pracht M umgestellte Zeilen: Er zu nichte macht | Erd und himmelspracht/
i
TL kräfftigs
j
TL Grabes-Thür
k
M Er bringt mich herfür.
l
G ümbgeben M ümgeben
m
TL itzo
n
M, TL trag’
o
TL werd
p
Zeile bis hierhin in TL: Wie ich itzo bin
q
M Soll beschauen Jhn/
r
M eh’
s
M aufersteh’
t
M Vnd
u
TL auf meinen
v
TL schauen Zeile in M Dich sehn meinen Gott/
w
Zeile in M Ey so komm mir bald/
x
Bis hierhin in G, M: Fördre meinen lauf TL meinen statt meinem
y
Halbzeile in M Vnd erwecke mich/ TL Aufferweck’
z
M dein’

Kommentar

K
1
Gemeint sind hier wohl zwei geistliche Lieder Diederichs v. dem Werder (FG 31. Der Vielgekörnte) in der vierstimmigen Vertonung durch den berühmten Hallenser Komponisten Samuel Scheidt (1587–1654): Auf jeden Fall das Lied „Wohlan so kommet hehr ihr frommen“ (s. Beil. I), zu dem sich Werder durch Sir 50, 24–26 („Nuhn dancket alle Gott ...“) anregen ließ, und vermutlich auch „JCh gläub vnd weiß diß Fürwar vnd gewiß“ (s. Beil. III). Zumindest ist im vorliegenden Brief von zwei zurückgesandten Liederkompositionen die Rede. Das kann sich nicht auf das unten erwähnte Gedicht (zu Anm. 7 u. 9), F. Ludwigs Jubilus-Dichtung (s. 371124 I) oder auf die spätere Vertonung eines Lieds von Martin Opitz (FG 200) beziehen (s. 390114.) Andere damals vertonte Lieder sind im anhaltischen Kreis der FG nicht überliefert oder erwähnt. Da sich Werder im vorliegenden Brief dafür entschuldigt, daß er unter Zeitdruck einen Teil der ihm von F. Ludwig (Der Nährende) gesandten Noten geplündert habe, um sie Lgf. Hermann IV. v. Hessen-Rotenburg (s. Anm. 2) schicken zu können, ergibt Werders Empfangsbestätigung in 371227 für eine (neue) komplette Notenabschrift F. Ludwigs Sinn: Es seien „die stimmen von beyden liedern wohl eingeschickt worden“, und er werde mit ihnen wie gewünscht verfahren. Später hat F. Ludwig die beiden Lieder meistens ohne Hinweise auf Verfasser und Komponist auch an F. Christian II. v. Anhalt-Bernburg (FG 51, s. 380122 u. 380126), Gf. Otto V. v. Holstein-Schaumburg (FG 198, s. 380125), Frh. Enno Wilhelm v. Innhausen und Knyphausen (FG 238, s. 380125A u. 380210) und vielleicht auch
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an Ernst v. Wietersheim (FG 279) oder Claus (v.) Sehested (FG 284, vgl. 371112A, 371117, 380125A u. 380210) gesandt. In 380125A weist F. Ludwig genau auf die Verfasserschaft Werders hin: „Je vous envoye aussi deux chansons mises en rimes par un bon poete Alleman, le Moultgrainé [Der Vielgekörnte] de nostre Accademie, et en Musique par un bon Componiste“. Auch Martin Milagius (FG 315) hat 1646 im Anhang zu seinem Singenden Jesaia beide Lieder durch Initialen Diederich v. dem Werder zugeschrieben (s. Beil. I Q u. Beil. III Q). Für Gottlieb Krause (KL III, 120) dagegen war F. Ludwig „zweifellos“ der Verfasser des Liedes „Wohlan so kommet hehr ihr frommen“. Klaus Conermann ließ die Verfasserfrage in Conermann: Nachlaßinventar, 79 noch offen, da die briefliche Aussage in 380125A einstweilen unbekannt war. Gerhard Dünnhaupt wies das Gedicht dennoch ausgerechnet unter Berufung auf diesen Aufsatz Werder zu (Dünnhaupt: Handbuch, 4257 [Art. Werder, Nr. 9]); ihm folgte darin Merzbacher: Werder, 65. Desgleichen nahm Koch: Samuel Scheidt in seinen Beziehungen zur Fruchtbringenden Gesellschaft (s. Q), 168, Werder als Dichter an, konnte aber das Problem, warum dann der Fürst dem Verfasser das Werk bzw. beide Werke sandte, noch nicht lösen. Die Antwort kann nur in dem Umstand gefunden werden, daß F. Ludwig die Vertonung der beiden Lieder in Auftrag gegeben und den Kontakt zu Scheidt hergestellt hatte oder herstellen ließ (vgl. 371124), folglich Werder die Noten (die „Scheitischen thöne“ bzw. „die stimmen von beyden liedern“) zusandte. Daß weiterhin Werder an F. Ludwig Korrekturen zu seinen beiden eigenen Liedern geschickt hatte und daran im vorliegenden Brief erinnerte (vgl. Beil. II), dürfte damit zu erklären sein, daß das Lied zu dieser Zeit bereits von F. Ludwig zum Druck vorbereitet oder sogar schon in den Druck gegeben worden war, Texteingriffe also nur noch über F. Ludwig zu lancieren waren. Vgl. Beilagen I–III, mit Berücksichtigung der Handschriften und Drucke.
2
Lgf. Hermann IV. v. Hessen-Rotenburg (FG 374. 1642). Vgl. 370421.
3
Der meistersängerlichen Tradition nach für Strophe. Andreas Heusler: Deutsche Versgeschichte. 3. Bd., Tl. IV u. V: Der frühneudeutsche Vers, der neudeutsche Vers. 2., unveränd. Aufl. Berlin 1956 (Ndr. Berlin 1968), 14. Vgl. auch Götze, 105; Stieler, 2042: „Gesetze etiam in carminibus est stropha“. S. unten K II 2, 380828 K I 53.
4
Lgfn. Sophia Juliana v. Hessen-Rotenburg (1. 4. 1607 – 15. 9. 1637), Tochter Gf. Christians v. Waldeck-Wildungen (FG 113), seit 31. 12. 1633 mit Lgf. Hermann (s. Anm. 2) vermählt. Diederichs v. dem Werder Epicedium auf die Verstorbene in 371226A I; zu ihren Letzten Worten „Gottlob“ vgl. 371226 K I 2. Vgl. auch Conermann III, 439. Auch Gf. Christian starb noch Ende 1637, am 31. 12., „sonderlich [...] auß jnnerlicher schmertzlicher Betrübnuß vber jhre vnerträgliche Kriegsbeschwerd vnd Landtverderben“. Theatrum europaeum III (1644; HAB: Ge 4° 54), 896.
5
Fn. Agnesa v. Anhalt-Dessau (TG 25), Tochter v. Lgf. Moritz v. Hessen-Kassel (FG 80) und Lgf. Hermanns (s. Anm. 2) ältere Schwester, seit 1623 vermählt mit F. Johann Casimir v. Anhalt-Dessau (FG 10).
6
Ihr Sarg wurde 1638 nach Kassel überführt und im lgfl. Erbbegräbnis der St. Martins-Kirche beigesetzt. Gruft und Zinnsarg waren bereits 1929 nicht mehr zugänglich. Vgl. 370422 K 1 (zur Gruft) u. 371226A K I 2.
7
Klaus-Peter Koch weist darauf hin: „Damit kann aus chronologischen Gründen noch nicht der protestantische Choral ,Nun danket alle Gott‘ (Text: Martin Rinckart 1636, Musik: Johann Crüger 1648) ... gemeint sein.“ Es handelt sich bei dieser Briefstelle vielmehr um einen Hinweis auf Werders „Gott lob“-Gedicht (s. 371226A I), auf dessen Reimordnung und Metrum Scheidts Komposition genau paßt.
8
Nach Koch: Samuel Scheidt in seinen Beziehungen zur Fruchtbringenden Gesellschaft (s. Q), 169, bedeutet „Choral Discant“ die Diskantstimme, „General Baß“ nur die Baßstimme (ein Generalbaß fehlt in Scheidts Komposition) und das „abgesetzte“ die beiden mittleren Stimmen. Vgl. Stieler, 2039: „Absetzen in musicis, aliàs: In die Tabulatur setzen/ transponere notas è systemate.“ D. h. die Einzelstimmen in das System der Parti-
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tur bringen. Der Ausdruck wird in der Korrespondenz auch andernorts gebraucht, vgl. 380122 u. 380125.
9
Wie schon Koch: Samuel Scheidt in seinen Beziehungen zur Fruchtbringenden Gesellschaft (s. Q), 169, annahm, ist wohl eine Abschrift von Werders neuem „Gott lob“-Gedicht gemeint, dessen Reinschrift er an Lgf. Hermann IV. (s. Anm. 2) geschickt hatte. Erwartungsgemäß und wohl auch in scherzhafter Anspielung auf F. Ludwigs Ermahnung, Papier zu sparen (s. 371108), dürfte die Abschrift noch mit allerhand Textverbesserungen versehen gewesen sein, die auf übergeklebten Papierstreifen, analog zu korrigierten Fehlern des Gesellschaftsbuchs, standen. S. Conermann II–III; KL III, 119 vermutete schon angeklebte Zettel o. dgl., wie beim angeklebten Kalenderblättchen in 371110.
10
Der „verstorbene Köthener Jude“ konnte nicht ermittelt werden. Der Kalender Zerbst 1654, 720, nennt als Tagesheilige des 22. Dezember nur „Beata sehlig“; ebenso Kalender Herlitz 1646. Das Ökumenische Heiligenlexikon führt keinen historischen Namenspatron für die evangelische Kirche an, für die katholische keine Beata.
11
Krause (KL III, 120) geht, wie erwähnt, davon aus, daß der Verfasser des Liedes auf „Nun dancket alle GOtt“ F. Ludwig ist, der die Verbesserungen Werders im vorliegenden Brief nicht akzeptiert habe. Es fragt sich, ob die drei Formulierungen Werders eigene in Erinnerung gerufene Verbesserungsvorschläge sind oder ob sie die zu verbessernden Stellen der Vorlage wiedergeben, zu denen Werder bereits Korrekturvorschläge eingereicht hatte. Für letzteres spricht, daß sich in unseren Textzeugen des Liedes (s. Beil. I Q) nirgendwo die erste und dritte Formulierung wiederfinden, die zweite aber sowohl in der Handschrift als auch im Notendruck getilgt worden ist zugunsten „der Schmertzen lauff“. In seinen eigenen Verbesserungen in Beil. II setzt Werder ebenfalls den Plural: „der schmertzen lauff“. Aber auch die zuerst genannte Erklärung kann zutreffen; sie würde voraussetzen, daß sich die drei Verbesserungsvorschläge auf eine unbekannte frühere Vorlage beziehen und entweder nicht aufgegriffen oder später ihrerseits durch Verbesserungen ersetzt wurden. Vgl. K I 0.

K I Zur Verfasserfrage s. K 1. Am Schluß des vorliegenden Briefes formuliert der Autor Diederich v. dem Werder Korrekturen zu Stellen, an denen er bereits Verbesserungen angebracht hatte (Beil. II), die aber von F. Ludwig (noch) nicht berücksichtigt wurden. Er sagt nämlich, er habe an nichts weiter zu errinnern als was er kurz zuvor moniert habe. — Die Verse Sir 50, 24–26 lauten in Biblia (Luther 1545): „Nu dancket alle Gott/ der grosse ding thut an allen enden/ Der vns von Mutterleib an lebendig erhelt/ vnd thut vns alles guts. Er gebe vns ein frölich hertz/ vnd verleihe jmerdar Friede/ zu vnser zeit in Jsrael/ vnd das seine Gnade stets bey vns bleibe/ vnd erlöse vns/ so lange wir leben.“ Der biblische Text „Nun danket alle Gott“ wurde im 17. Jahrhundert häufiger bedichtet und vertont. Am bekanntesten sind Martin Rinckarts Kirchenlied von 1636 (vgl. Walter Grundmann: Martin Rinkart „Nun danket alle Gott“. Berlin [1951]), Heinrich Schütz’ geistliches Konzert aus den Symphoniae sacrae, Teil 3 (Dresden 1650) (SWV, Nr. 418), die Motette für zwei vierstimmige Chöre und Generalbaß von Johann Pachelbel und verschiedene Kompositionen von Samuel Scheidt: Eine Motette zu 23 Stimmen (in 6 Chören) und eine Motette zu 8 Stimmen in den Cantiones Sacrae von 1620 (SSWV, Nr. 30). Vgl. Beil. I Q.

K II
1
Dieser Hinweis von F. Ludwig, der die oben angeführte Abschrift (für den Drucker?) sogar übertitelt, zeigt, daß die Korrekturen bei unmittelbar bevorstehendem oder sogar bei währendem Druck erfolgten.
2
Strophe. S. K 3.

K III Zur Verfasserfrage s. K 1. — Die Verse Hiob 19, 25–27, lauten in Biblia (Luther 1545): „Aber ich weis das mein Erlöser lebet/ vnd er wird mich hernach aus der Erden
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auffwecken. Vnd werde darnach mit dieser meiner haut vmbgeben werden/ vnd werde in meinem fleisch Gott sehen. Den selben werde ich mir sehen/ vnd meine augen werden jn schawen/ vnd kein frembder. Meine nieren sind verzieret in meinem schos“. — Vgl. auch F. Ludwigs Hiob-Dichtung: Das Buch Hiob/ Nach der Hebreischen Grundsprache Gottsfürchtiger vnd gelehrter Lehrer Auslegung: Jn zwölf vnd dreyzehen silbige deutsche Reime gesetzt (Wittenberg 1638: Johann Röhner). S. 381007 K 7. — Eine andere, nicht erhaltene Komposition Scheidts, der vielleicht Werders Text zugrunde lag, ist im Chorbuch der Erfurter Kaufmannskirche unter anderen Musikalien der Kirche verzeichnet: „Nro XLVI Zehen in Fol. geschriebene Madrigaliuen, à 5. Voc. sampt Instrumenten, vnd dem General.Bass verfertiget, vnd der KauffmannsKirchen verehret durch Samuel Scheidten.“, darunter „8. Jch Glaub vnd weiß diß fürwar.“ S. Ulman Weiß: Ein Chorbuch der Erfurter Kaufmannskirche aus der Bachzeit. In: Erfurter Musikkultur im Barock. Erfurt 2000, 81–114 (Kleine Schriften d. Vereins f. d. Gesch. u. Altertumskde. v. Erfurt, 4), hier 113. Vgl. auch Helga Brück: Das Chorbuch der Kaufmannskirche, der Hauskirche der Erfurter Bach-Familien. Adjuvantenmusik der Barockzeit. In: Bach-Jahrbuch 86 (2000), 167–192, bes. 168f., weiterhin Klaus-Peter Koch: Reflexion des mitteldeutschen Musiklebens in den schriftlichen Äußerungen von Samuel Scheidt, Referat auf der Händel-Konferenz in Halle 2004, Konferenzbericht im Druck. Wir danken Klaus-Peter Koch für seinen freundlichen Hinweis. Er merkt zu Scheidts Madrigal an: „Eine Vertonung in einer solchen Besetzung (in fünf Vokalstimmen, dazu noch wahrscheinlich ebenfalls fünf Instrumentalstimmen und der Bassus generalis) ist bisher nicht nachweisbar: Der Trostgesang SSWV 327 von 1637 auf den gleichen Text ist nur 4-stimmig und a cappella (d. h. ohne Instrumente und ohne Bassus generalis). Bei dem geistlichen Madrigal kann es sich entweder um eine Neuvertonung mit ganz anderer musikalischer Substanz oder um eine größere, vielstimmige Fassung von SSWV 327 handeln.“ Vgl. auch die in 371124 K 2 erwähnten geistlichen Madrigale, die Scheidt am 19. 6. 1642 Hz. August d. J. v. Braunschweig-Wolfenbüttel (FG 227) angeboten hat. Nach Koch macht die Nachricht im Erfurter Musikalienverzeichnis diese Ankündigung „konkreter, wenn auch, bis auf wahrscheinlich eines (SSWV 551–552), keines der Madrigale erhalten ist. Vier der zehn Textincipits sind in einer Scheidtschen Vertonung überhaupt nicht nachweisbar (Nr. 1–4). Von den anderen existieren zwar Kompositionen von Scheidt, jedoch ist keines dieser Textincipits mit einem fünfstimmigen Satz mit Bassus generalis verbunden, sieht man von der Nr. 10 ab, die sich offensichtlich auch im Naumburger Unger-Nachlass befunden hat. Scheidt hatte also gemäß der zitierten Eintragung im Inventarium zehn solcher Madrigale als Handschriften nach Erfurt gesandt.“ Als 19. Stück seiner Sammlung Geistlicher CONCERTEN, Mit 2. 3. vnd mehr Stimmen/ sampt den General Bass, Auff alle Fest- vnd Sontage durchs gantze Jahr/ Jn vnterschiedene Theil componiret ... Dritter Theil (Halle a. d. S. 1635) hatte Scheidt bereits zwei Hiob-Vertonungen nach dem Text von Ludwig Helmbold (1575) mit vier Stimmen und Generalbaß veröffentlicht: „Prima pars: Ich weiß, daß mein Erlöser lebt“ und „Secunda pars: Er wird hernach mich aus der Erd“. S. Samuel Scheidts Werke (SSGA), Bd. XI: Geistliche Konzerte Teil III, 2. Halbbd. Besorgt durch Adam Adrio. Hamburg 1964, Nr. 19 (S. 7ff. u. [115]). Vgl. dazu SSWV, Nr. 305 u. 306 (danach auch in Grove2 XXII, 457); RISM A/ I/ 7: Einzeldrucke vor 1800. Red.: Karlheinz Schlager Bd. 7. Kassel u. a. 1978, Nr. S 1359 (S. 369). — Andere zeitgenössische Komponisten haben Hiob 19, 25ff. ebenfalls vertont, etwa Melchior Franck (1580–1639) in einer fünfstimmigen Motette „Ich weiß, daß mein Erlöser lebt“ (Carl v. Winterfeld: Der evangelische Kirchengesang und sein Verhältnis zur Kunst des Tonsatzes. Bd. 2. Ndr. der Ausg. Leipzig 1845, Hildesheim 1966, Musikbeilage Nr. 27), Heinrich Schütz in einer siebenstimmigen Motette: „Ich weiß, daß mein Erlöser lebt“ in der Geistlichen Chormusik von 1648 (Heinrich Schütz: Neue Ausgabe sämtlicher Werke. Bd. 5. Hg. Wilhelm Kamlah. Kassel u. Basel 1955, Nr. 25), Johann Michael Bach (1648–1694) in einer vierstimmigen Motette „Ich weiß, daß mein Erlöser
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lebt“ und Johann Sebastian Bach (vierstimmige Kantate zum 1. Ostertag: „Ich weiß, daß mein Erlöser lebt“; Text von Erdmann Neumeister, BWV 160; später Georg Philipp Telemann zugeschrieben). Ebenso ging von dem Bibelvers eine große Anziehungskraft auf die Kirchenlieddichter und die Homiletik, insbesondere hinsichtlich der Leichenpredigten aus. Zu ersteren vgl. die Kirchenlieder „Ich weiß, daß mein Erlöser lebt“ von Peter Hagen (1569–1620), Paul Gerhardt (Fischer/Tümpel III, Nr. 4 u. Nr. 494) und Christoph Wegleiter (1659–1706; ebd., Bd. 5. Gütersloh 1911, Nr. 153). Zur Hiob-Homiletik vgl. etwa Johann Michael Dilherrs Sammlung: Der starckgläubige Hiob: Dargestellet in 3 Predigen [sic], über den herrlichen Spruch: Ich weiß, daß mein Erlöser lebt. Job. 19, 25 (Nürnberg 1648). HAB: 1241. 47 Theol. [2].

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