Text

380110 Fürst Ludwig an Fürst Christian II. von Anhalt-Bernburg
[Inhaltsverzeichnis]
|| [415]

380110

Fürst Ludwig an Fürst Christian II. von Anhalt-Bernburg


Antwort auf 380108, beanwortet durch 380120. — F. Ludwig (Der Nährende) schickt F. Christian II. v. Anhalt-Bernburg (FG 51. Der Unveränderliche) die drei Schreiben Hans Philipp (v.) Geuders (FG 310. Der Ergänzende) mit Dank zurück (371221A, 371223 u. 371224). Das französische (371223) sei dabei dem Stilideal der flüssigen Rede am nächsten gekommen. Das Angebot Geuders, sich an einer Übersetzung zu versuchen, sei dankend anzunehmen. Die sich auf einem (verlorenen) Zettel ankündigende Art der Übersetzung aber lasse befürchten, daß diese, wie im Falle der Sallustius-Übersetzung Wilhelms v. Kalcheim gen. Lohausen (FG 172. Der Feste), etwas grob ausfallen und eine kritische Überarbeitung ziemlich nötig haben werde. — Die Tamerlan-Übersetzung (vollendet von F. Ludwig) werde in ungefähr drei bis vier Wochen fertiggestellt sein und harre dann auch der Korrekturdurchsicht. — Falls sich F. Christian noch an weiteren Übersetzungen versuchen wolle, stehe dies in seinem Belieben. Falls gewünscht, könne F. Ludwig mit Vorschlägen aufwarten. — Abschließend berichtigt F. Ludwig F. Christians Verdeutschung der Wörter Originalia und Acta.

Beschreibung der Quelle


Q LHA Sa.-Anh./ Dessau: Abt. Köthen A 9a Nr. 167, Bl. 40rv (ältere Blattzählung „37“ gestrichen) [A: 40v]; eigenh.; Sig.

Anschrift


A Dem Unveränderlichen. zuhanden.
|| [416]

Text


Dem Unverenderlichen werden hiermit des Ergentzenden drey schreiben in unterschiedenen sprachen nechst gebührender dancksagung fur deren mittheilung wieder uberschicket1 : darunter das frantzösische am flüssigsten oder leufrichsten gestellet.2 Das erbieten zu der verdeutschung3 ist mit allem danck anzunehmen, aus dem deutschen zettlein4 aber erscheinet, das die art der verdolmetschung dürffte etwas hart und unverständlich fallen, inmassen dem festen bey dem Salustio5 auch begegnet, dan es einer gutten ubersehung woll dürfte vonnötten haben, und darbey dan das frantzösische zu mehrerer klarheit sein muss: Es wirdt verhoffentlich der Tamerlanes in ein6 drey oder vier wochen auch verdeutschet sein,7 der soll dan auch noch einst ubersehen, und an orten, do8 nöttig, verbessert werden: Will sich der Unverenderliche dan auch noch über etwas machen, stehet es zu seiner wahll ünd beliebung, und können darauff vorschläge geschehen.9 Urgichten heissen zu deutsch die peinlichen befragungen und aussagen; Originalia, heupt-brieffe, oder heupt schreiben. Acta handlungen,10 das hatt der Nehrende hiermitt zur antwort vermelden sollen, und verbleibet des Unverenderlichen allezeit
  Dienstwilliger Nehrender.

Cöthen an des Paten tag der ein kriegrischen nahmen hatt11 den zehendena des Jenners 1638.

Textapparat und Kommentar


Textapparat
T
a
Gebessert aus neunden

Kommentar

K
1
F. Christian II. v. Anhalt-Bernburg (FG 51. Der Unveränderliche) hatte F. Ludwig (Der Nährende) beiliegend im Brief 380108 drei Schreiben von Hans Philipp (v.) Geuder (FG 310. Der Ergänzende) zugesandt: 371221A (ital.), 371223 (frz.), 371224 (dt.). Obwohl F. Christian nur das deutsche und italienische Schreiben zurückerbat, das französische aber für den Erzschrein vorsah, schickt F. Ludwig alle drei Beilagen mit dem vorliegenden Brief zurück.
2
Zum Stilideal der flüssigen oder „(ge)läufigen“ Prosa vgl. 371209 K 3.
3
Die von Geuder beabsichtigte und begonnene Übersetzung von Francísco de Quevedos Sueños (nach der frz. Übersetzung Les Visions de Don Francisco de Quevedo Villegas durch den Sieur de la Geneste, erstmals Paris 1632) ist wohl nicht vollendet, jedenfalls nicht veröffentlicht worden, so daß erst ein anderes FG-Mitglied, Johann Michael Moscherosch (FG 436. 1645) mit einer Übersetzung dieses Werkes an die Öffentlichkeit trat: VISIONES DE DON QUEVEDO. Wunderliche vnd Warhafftige Gesichte Philanders von Sittewalt (zuerst Straßburg 1640). Vgl. 371224 K 5 u. 6 sowie 380331, in dem Geuder das Stocken seiner Übersetzungsarbeit einräumt.
4
Da mit dem „zettlein“ wohl kaum der Brief 371224 gemeint sein dürfte, ist von einer verlorenen Zettelbeilage auszugehen, die eine Probe der Geuderschen Quevedo-Übersetzung enthielt, die F. Ludwig zu seiner hier geäußerten Besorgnis veranlaßte, Geuders Übersetzung könnte grammatisch und stilistisch zu grob ausfallen. Tatsächlich scheint die dt. Lexik Geuders F. Ludwig hier und da befremdet zu haben, wie gelegentliche punktierte Unterstreichungen wohl von seiner Hand in 371224 (vgl. dort T) anzuzeigen scheinen.
5
Wilhelm v. Kalcheim gen. Lohausen (FG 172. Der Feste): C. CRISP. SAL. Von Catilinischer rottierung vnd Jugurthischem Krieg verteutscht: Sambt Etlichen Anmerckungen Vnd Angehengten KriegsDiscoursen Durch Wilhelm von Calchūm gn̄t Lohausē, Obri-
|| [417]
sten. Bremen 1629. HAB: 162. 1 Hist. Vgl. 300216; ferner 291009, 291222, 300215, 370305 K 12, 371014 u. I sowie 381028 u. I–IV.
6
Ungefähr. Zahlwort, unbest. Art. u. Pron., bezeichnet im Fnhd. auch unbestimmte Kollektivsubjekte: nonnullus, einige. S. 310224 K 41, ferner 370517 K 4, 381007 K 3 u. 381107 K 8.
7
[Jean Du Bec-Crespin: Histoire du grand Empéreur Tamerlanes; dt. v. Johann Joachim v. Wartensleben (FG 108), vollendet u. hg. v. F. Ludwig u. d. T.:] Denckwürdige Geschichte/ Des grossen Tamerlanis/ der Parthen vnd Tartern Käysers ... Für etzlichen Jahren ins Französische aus den alten gedechtnus Briefen der Araber zusammen gebracht/ vnd nun verdeütscht (1639: Cöthen). Einen Tag vor dem vorliegenden Brief, am 9. 1. 1638, war F. Ludwig durch Frh. Enno Wilhelm v. Innhausen u. Knyphausen (FG 238) in den Besitz des Manuskriptes gelangt, das Johann Joachim v. Wartensleben hinterlassen und seine Witwe Innhausen ausgehändigt hatte. S. 370902 K 12. Da das Manuskript fast vollendet und von F. Ludwig als gut und flüssig im Stil bewertet wurde, rechnete Ludwig nur mit wenigen Wochen bis zur Fertigstellung des kritisch durchzusehenen Druckmanuskriptes. Vgl. 370902 K 11, 371112A, 371224 K 6 u. 380100.
8
Do hier als räumliche oder modale Konjunktion (da, wo/ sofern). Vgl. 371110 K 15.
9
Bis dahin hatte F. Christian II., von kleineren Gelegenheitsdichtungen wie 270925 III, 300330 I oder 370715 I abgesehen, an literarischen Arbeiten nur seine Guevara-Übersetzung Die Vnterweisung Eines Christlichen Fürsten (Cöthen 1639) abgeschlossen und bereits 1629 im Manuskript vorgelegt. Die intensiven Korrekturdurchsichten durch F. Ludwig und Diederich v. dem Werder (FG 31) fanden mit dem Druck in Köthen und der Veröffentlichung jedoch erst 1639 ihren Abschluß. Vgl. 371027 K 4. Obwohl Christian in 380120 weitere literarische Arbeiten vorerst ausschloß, sollte er noch Ende 1640 seine Übersetzung eines calvinistischen Erbauungswerkes druckfrisch aus der Köthener Fl. Offizin empfangen: [Charles Drelincourt d. Ä.: De la Persévéranve des Saincts, ou de la fermeté de l’amour de Dieu (Charenton 1625), ins Deutsche übers. von F. Christian II. u. d. T.:] Von der Beharligkeit der | Außerwehlten. | Oder | Von Besten- | digkeit der Liebe Gottes. | Anfangs im Jahre | 1625. | Durch Carlen Drelincourt, Pre- | diger und diener am worte Gottes/ in | der Reformirten Kirche zu Pariß Fran- | tzösisch geschrieben: | Nachgehendes aber ihme selbst/ und den | Seinigen/ auch andern frommen Chri- | sten zu nützlicher erbauligkeit/ | Zusamt den letzten Stunden des Herren von | Plessis Mornay, verdeutschet | Durch ein Mitglied der Frucht- | bringenden Gesellschaft. | [Linie] | Gedruckt zu Cöthen im Fürstenthume | Anhalt/ | Jm Jahre unsers HErren/ | 1641. | Wer beharret biß ans ende/ der wird selig. HAB: 1293.11 Theol.; Lm 1133. Von der Drelincourt-Übersetzung hat sich ein eigenhändiges Ms. Christians im LHA Sa.-Anh./ Dessau erhalten: Abt. Bernburg A 9b Nr. 15; 105 Bl. Vgl. 370305 K 16; Conermann: Editionsdesiderate, 479f.; Herz: Tagebücher F. Christians II., 987 f. u. 1022 ff.; vgl. auch 381204 K 5. — Im Todesjahr F. Ludwigs, aber noch von ihm approbiert, erschien F. Christians Übersetzung eines byzantin. Fürstenspiegels: [Ks. Manuel II. Palaiologus: Ύπονκαι βασιλιϰής ἁγώγής, aus der anonym erschienenen frz. Übertragung Cent Praeceptes Royaux de l’Emp. Manvel Palaelogue (Paris 1632) ins Deutsche übers. von F. Christian II. u. d. T.:] Hundert | Königliche Lehren/ vnd Vä- | terliche Gebotte/ | Welche | Keyser Emanuel | Palæologus/ seinem Sohne | Johanni Palæologo/ (der ihm in dem | Griechischen Keyserthume nachfolgen sollen) | gegeben und fürgeleget/ | Neben | Einer beschreibung des Frülings | Und | Einem gespräche des Tamerlanis und | Baiazeths/ nach dem dieser von ienem überwun- | den/ und gefangen gehalten | worden/ | Welche beyde erstgemeldeter Keyser zu-| gleich mit fürgestellet. | Alles | Aus der Frantzösischen Sprache in die | Hochdeutsche treülich über- | setzet/ | Durch ein Mitgliedt der Fruchtbringen- | den Gesellschafft. | [Linie] | Jm Jahr/ 1650. HAB: Lg 1468. Vgl. Conermann: Ludwig und Christian II. von Anhalt, 479ff.
|| [418]
10
F. Ludwigs Korrekturen der abweichenden Verdeutschungsvorschläge F. Christians II. in 380108. S. dort.
11
Der 10. Januar ist, neben dem Festtag des Papstes Agatho, auch der des Paulus von Theben (Paulus Eremita), der als Einsiedler im 3./ 4. Jahrhundert lebte. Kalender Herlitz 1646 („Paul Einsidel“); Kalender Zerbst 1654, 22f. („Paulus Weinig“) mit dem Tagesspruch: „Weil Mars ist still und schleffrig/ Erregt der Satan Federkrieg“. Vgl. auch Grotefend II.2, 150; Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon u. Ökumenisches Heiligenlexikon. Nun wäre die Erinnerung an diesen Namen hier auch fehl am Platze, wenn F. Ludwigs Umschreibung nicht wörtlich zu nehmen wäre. Nicht der Eremit hat sich in seinem Leben einen kriegerischen Namen verdient, sondern der hl. Apostel Paulus mit dem Attribut des Schwerts, mit dem er nach einem Leben voller Nöte und Abenteuer wie ein wirklicher Streiter Christi wegen seines Glaubens hingerichtet wurde. Da Paulus als römischer Bürger einen lateinischen Namen trug, könnte der Fürst auch, weil es ihm letztlich nur um den Namen ging, an einen der römischen Paulli, besonders den Triumphator im dritten Makedonischen Krieg (168 v. Chr.), L. Aemilius Paullus (Macedonicus), gedacht haben.

XML: http://diglib.hab.de/edoc/ed000214/briefe/380110.xml
XSLT: http://diglib.hab.de/edoc/ed000214/tei-transcript.xsl
PDF: http://diglib.hab.de/edoc/ed000214/download/380110 .pdf