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380210 Freiherr Enno Wilhelm von Innhausen und Knyphausen an Fürst Ludwig
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Freiherr Enno Wilhelm von Innhausen und Knyphausen an Fürst Ludwig


Antwort auf 380125A. — Frh. Enno Wilhelm v. Innhausen u. Knyphausen (FG 238. Der Verfolgende/ Le Poursuivant) bestätigt, daß er F. Ludwigs Brief vom 25. Januar erhalten und das für Gf. Otto V. v. Holstein-Schaumburg (FG 198. Der Werte/ Le Digne) bestimmte Schreiben (380125) demselben persönlich übergeben habe. Er bedankt sich für die Pastor Johannes Appelius betreffende Fürsprache und für die beiden Lieder. — Die Cupido–Dichtung habe er über Heinrich v. Oeynhausen(?) (FG 115) an den „Singulier“ [d. i. Ernst v. Wietersheim (FG 279. Der Einfache/ Le Simple, Le Singulier) oder Claus (v.) Sehested (FG 284. Der Sonderbare/ Le Particulier, Le Singulier) weitergegeben. Von diesem Mitglied habe er seitdem keine Nachricht erhalten. — Die Psalmen des Martin Opitz v. Boberfeld (FG 200. Der Gekrönte/ Le Couronné) sollen hier verkauft werden, er selbst habe sie aber noch nicht gesehen. Auch wisse er nicht, ob sein Bekannter, der kgl.-polnische Resident Oberst (Miklos Fegly v.) Hainsheim, diese aus Danzig mitgebracht habe. Innhausen werde sich jedoch erkundigen, zumal Hainsheim schon vor zwei Monaten nach Hamburg zurückgekehrt ist. Falls F. Ludwig ein Exemplar benötige, würde er bei erster Gelegenheit eines beilegen. — Was die Verhandlungen Daniel Mithoffs d. J. in Wien betreffe, versichert er F. Ludwig aus sicherer Quelle, daß Mithoff verbreite, daß er alle Schwierigkeiten überwunden habe und den Frieden schon in Händen halte. Innhausen bezweifle dies jedoch, da die (Allianz-)Verträge zwischen den Kronen (Schweden und Frankreich) bereits abgeschlossen bzw. kurz vor dem Abschluß sind. — Es heißt, daß (Josias v.) Rantzau eine ksl. Armee aufstelle und eine Musterung der Truppen in Schlesien bevorstehe. Außerdem gehe das Gerücht, daß Gf. Matthias Gallas Regimenter in Thüringen und Braunschweig-Lüneburg einquartieren lassen will. — Der Graf (Otto?) zur Lippe(-Brake; FG 121) sei vom Feldmarschall Gf. (Johann) v. Götz von Hamburg nach Westfalen gerufen worden, um sich dort mit diesem zu besprechen. Da man ihn aber spätestens in 15 Tagen zurückerwarte und zugleich den neuen (holstein-schaumburgischen) Kanzler, so seien die wichtigsten Angelegenheiten bis zu ihrer Ankunft zurückgestellt worden. Gfn. Elisabeth v. Holstein-Schaumburg bleibe in Pinneberg, da Gallas sein Wort gegeben habe, die Gft. Holstein-Schaumburg(?) zu verschonen. Innhausen sei angesichts der großen Besorgnis, die Gf. Otto V. v. Holstein-Schaumburg deswegen gehegt habe, sehr froh.

Beschreibung der Quelle


Q LHA Sa.-Anh./ Dessau: Abt. Köthen A 9a Nr. 87b, Bl. 81r–82v [A u. Eingangsvermerk: 82v], 82r leer; eigenh.; Sig.

Anschrift


A A Son Altesse MonSeigneur Louys Prince d’Anhalt, Comte d’Ascanie, Seigner de Zerbst et Bernburg etc. A Cöthen.
Empfangsvermerk von F. Ludwigs H.: Pres. 16 Feb. 1638.

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MonSeigneur
Je reçevois la sepmaine passée celle dont il a pleu à V. A. m’honorer, et le Digne1 estant en ce mesme temps chez moy ie luy ay delivré la sienne,a pour mon parti-
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culier ie remercie V. A. treshumblement tant pour l’intercession touchant le Ministre Appelius2 , que pour les chansons3 dont elle m’a voulu faire part; La Poesie de Cupidon4 a esté envoyée par moy avec Monsr. Oinhausen5 au Singulier6 , qui m’escrit l’avoir baillée à ses propres mains, mais ie n’ay eu depuis aucunes nouvelles de luy. Les Pseaumes Allemands composez par le Couronné7 se trouvent icy à vendre, mais ie ne les ay pas encores veu, aussi ne sçay ie point si le Resident du Roy de Poulogne le Colonnel Hensheim8 les a apportez de Danzig, mais luy estant de ma cognoissance, ie ne laisseray de m’en informer le premier jour, il y a desja presque deux mois qu’il est de retour en ceste ville, En cas que V. A. en desire avoir un exemplaire, ie l’envoyeray à la premiere commodité. Quant à la negotiation de Mithovius9 à Vienne, ie peux asseurer V. A. que selon les lettres qu’il escrit de là, lesquelles me furent communiquées de bonne main, ilb nous veult persuader qu’il a desia surpassé toutes les difficultez et qu’il a la Paix entre ses mains, mais ie me doubte s’il n’arriverà trop tard, les traictez entre les Couronnes10 estant desja fort advancées, si non concluës. On dict que le Mareschal de Camp Ranzou11 ferà une Armée pour l’Empereur, et qu’il aurà son rendez-vous en Silesie. Le bruict est que Gallas12 envoyerà quelques Regiments en Thuringue et aultres au pays de Brunswig et Lunenbourg pour y prendre leur Quartiers. Monsieur le Comte [81v] de Lippé13 ayant esté appellé du Mareschal de Camp Götze14 est party d’icy en Westfalie pour s’aboucher avec luy, mais on attend son retour au plus long en quinze jours et quant et quant le nouveau Chancelier15 , touts les plus importants affaires sont remis à leur venuë, Dieu veuille seconder leurs bons conseils, Madame la Comtesse16 demeure tousjours à Pinnenberg, Gallas sur la recerche qu’on en a faict, a donné sa parole de ne prendre pas Quartier dans la dicte Comté, dont ie suis tresaise pour la grande apprehension que le Digne en avoit. Et avec cecy baisant treshumblement les mains à V. A. et à Madame la Princesse sa treschere Consorte17 , en me recommendant à leurs bonnes graces, ie m’eterniseray,
De V. A.
  le treshumble et tresobeïssant serviteur.
  le poursuyvant etc.
  D’Hambourg ce 10/20 Fevr. 1638.

Textapparat und Kommentar


Textapparat
T
a
Folgt <et> (?)
b
Folgt gestrichenes Wort, evtl. <me>

Kommentar

K
1
Gf. Otto V. v. Holstein-Schaumburg (FG 198. Der Werte/ Le Digne). F. Ludwig hatte ihm durch Frh. Enno Wilhelm v. Innhausen und Knyphausen (FG 238. Der Verfolgende/ Le Poursuivant) einen Brief (380125) zustellen lassen. Das Schreiben F. Ludwigs an Innhausen trägt die Datierungsnummer 380125A.
2
Der reformierte Pastor Johannes Appelius scheint Güstrow inzwischen verlassen und sein Amt am Bückeburger Hof angetreten zu haben. Wie in der Frage der schaumburgischen Kanzlerschaft (s. Anm. 15) spielte F. Ludwig auch bei der Besetzung der Bückeburger Hofpredigerstelle eine wichtige Rolle. In einem Brief an F. Ludwigs Hofmeister Friedrich v. Schilling (FG 21) war Innhausen am 8. 7. 1637 nachdrücklich dafür eingetreten, das vakante Predigeramt Appelius zukommen zu lassen. Es bestand zu diesem Zeit-
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punkt noch die Befürchtung einer Abwerbung nach Danzig. LHA Sa.-Anh./ Dessau: Abt. Köthen A 9a Nr. 87b, Bl. 135r–136v. Vgl. 370902 K 7.
3
Es handelt sich um die zwei Lieder Diederichs v. dem Werder (FG 31) in der vierstimmigen Vertonung durch Samuel Scheidt (1587–1654): „Wohlan so kommet hehr ihr frommen“, zu dem sich Werder durch Sir. 50, 24–26 („Nuhn dancket alle Gott ...“) anregen ließ, und „JCh gläub vnd weiß diß Fürwar vnd gewiß“, s. 371222 I–III.
4
F. Ludwigs „Kurtze Erzehlung Von dem Erdichteten Cupidine“, ein Lehrgedicht in Alexandrinern. S. 371027 I, vgl. 380125A.
5
Es könnte sich um das FG-Mitglied Heinrich v. Oeynhausen (FG 115) (um 1565–1646) handeln. Dieser diente zwischen 1628 und 1644 in Arolsen als Hofmeister Gf. Wolrads IV. v. Waldeck-Eisenberg (FG 114). Sein Aufenthaltsort im Februar 1638 ließ sich nicht ermitteln.
6
Entweder Ernst v. Wietersheim (FG 279. Der Einfache/ Le Simple, Le Singulier) oder Claus (v.) Sehested (FG 284. Der Sonderbare/ Le Particulier, Le Singulier). Vgl. 371112A K 3.
7
Die Nachdichtung des Hugenottenpsalters durch Martin Opitz v. Boberfeld (FG 200. Der Gekrönte/ Le Couronné): Die Psalmen Davids Nach den Frantzösischen Weisen gesetzt. Durch Martin Opitzen (Dantzigk: Andreas Hünefeldt 1637). S. 371030 K 4 und bes. 380828. Zur Übersendung und Vermarktung des Buchs s. 371126, 371127, 371208, 380125A, 380411 u. 380504.
8
Miklos Fegly v. Hainshaim, kgl.-polnischer Resident in Hamburg. S. 371208 K 3.
9
Daniel Mithoff d. J., Rat der Herzöge v. Sachsen-Lauenburg. Vgl. 380125A K 9. Zu den zeitgenössischen Friedensverhandlungen vgl. 370729 K 11 u. 380810 K 7.
10
Im Herbst 1635 — Schweden war damals trotz des Bündnisvertrages von Compiègne (18./ 28. 4. 1635) auf Distanz zu dem als nachlässig und säumig kritisierten Bündnispartner Frankreich gegangen — war der frz. Gesandte Saint-Chamond (s. 370715 K 15) nach Wismar gereist, um mit dem schwedischen Reichskanzler Friherre Axel Oxenstierna (FG 232) über die Forsetzung des Kriegsbündnisses beider Kronen zu beraten. Vgl. Pufendorf: Kriegs-Geschichte, 290. Ergebnis war der „auf ratification“ (Chemnitz II, 941) verabredete Wismarer Beistandspakt vom 20./ 30. 3. 1636. (Abgedruckt in: Sverges Traktater med främmande Magter. Jemte andra dit hörande Handlingar. Femte Delens Senare Hälft: 1632–1645. Utgifven af C. Hallendorff. Stockholm 1909, Nr. 44; vgl. Chemnitz II, 936ff.; Londorp IV, 566f.) Der Vertrag wurde am 2. 9. 1636 von Kg. Ludwig XIII. in Versailles ratifiziert (Sverges Traktater, s. o., S. 375f.). Schweden aber zögerte die Ratifikation auf Drängen der heimischen Friedenspartei hinaus und verhandelte mit dem Kaiser um einen Separatfrieden. Einem solchen arbeiteten die französischen Gesandten Saint-Chamond und Comte d’Avaux (s. 370715 K 16) in Hamburg entschieden entgegen. Es gelang ihnen, mit dem dort residierenden schwedischen Legaten Johan Adler Salvius (s. 370729 K 11) gegen frühere Vorbehalte Oxenstiernas und obwohl Salvius selbst als Anhänger der Friedenspartei einem schnellen Separatfrieden mit dem Kaiser zuneigte, die Fortsetzung des Kriegsbündnisses beider Kronen vertraglich zu konstituieren. Die am 24. 2./ 6. 3. 1638 in Hamburg geschlossene Allianz (Sverges Traktater, s. o., Nr. 50; Londorp IV, 689f.), die am 16. 7. 1641 verlängert wurde (Sverges Traktater, s. o., Nr. 54), erneuerte und verfestigte die verschiedenen Kooperations- und Unterstützungsverträge, die seit dem durch den Baron Hercule-Girard de Charnacé abgeschlossenen Vertrag von Bärwalde (23. 1. 1631) zwischen den Kronen Frankreich und Schweden vereinbart, wenn auch nicht immer ratifiziert worden waren. Der Hamburger Allianzvertrag vom Frühjahr 1638 setzte v. a. fest, daß die beiderlei Friedensverhandlungen vereinheitlicht werden sollten und Friedensschlüsse nur gemeinsam von beiden Partnern eingegangen werden durften. Sollte man sich nicht auf einen einzigen Verhandlungsort einigen können, sollte Frankreich in Köln, Schweden in Hamburg oder Lübeck verhandeln, jedoch in engster Absprache mit dem jeweiligen Alliierten. Der erneute Vertrag von
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1641 schlug dann bereits Münster und Osnabrück als Verhandlungsorte vor. Vgl. 370729 K 11; Acta Pacis Westphalicae I. 1, 194ff.; Londorp IV, 689f.; Englund, 188; Bertold Baustaedt: Richelieu und Deutschland. Von der Schlacht bei Breitenfeld bis zum Tode Bernhards von Weimar. Berlin 1936, Ndr. Vaduz/ Liechtenstein 1965, 178; Sigmund Goetze: Die Politik des schwed. Reichskanzlers Axel Oxenstierna gegenüber Kaiser u. Reich. Kiel 1971, 200f.; Anja Victorine Hartmann: Von Regensburg nach Hamburg. Die diplomatischen Beziehungen zwischen dem französ. König und dem Kaiser vom Regensburger Vertrag (13. 10. 1630) bis zum Hamburger Präliminarfrieden (25. 12. 1641). Münster 1998, 247ff.; Klaus Malettke: Les relations entre la France et le Saint-Empire au XVIIe siècle. Paris 2001, 153. An den schwedisch-französischen Verhandlungen waren i. ü. auch die Niederlande und Großbritannien beteiligt, vgl. 380616 u. KU IV, 342ff.
11
Josias v. Rantzau, vgl. 370715 K 9. Daß Rantzau im Jahre 1638 die Fronten wechselte, ist unwahrscheinlich, zumal er Ende 1637 seinen Dienst für Frankreich quittierte und sich bis 1640 auf das Gut Bothkamp in Holstein zurückgezogen zu haben scheint. In Pufendorf: Kriegs-Geschichte, 390f. findet man unter dem 11. September 1637 dazu folgenden Hinweis: „Doch nahm der Land-graff [Wilhelm V. v. Hessen-Kassel; FG 65] Ranzowens Compagnien/ die sehr übel zugerichtet waren/ mit sich; Weil er weder ihm/ noch Melandern [Gf. Peter v. Holzappel gen. Melander] wolle unterworffen seyn/ und ging in Hollstein daselbst sein Interesse zu beobachten“. Seit 1640 nahm er auf französischer Seite wieder an Kämpfen in den Spanischen Niederlanden, in Süddeutschland und abermals in Flandern und im Artois teil. Im November 1643 führte er die französisch-weimarische Armee bei Tuttlingen in eine empfindliche Niederlage gegen die ksl. und bayerischen Truppen unter den Feldmarschällen Melchior v. Hatzfeld, Franz v. Mercy (FG 364, 1642) (um 1580–1645) und Jan v. Werth. Vgl. Engerisser, 612; Wolfgang Prange: Christoph Rantzau auf Schmoel und die Schmoeler Leibeigenschaftsprozesse. Neumünster 1965, 27.
12
Der ksl. Feldmarschall Gf. Matthias Gallas, s. 370805 K 6. Daß er mit seinen Einquartierungen die Gft. Holstein-Schaumburg (u. nicht die Gft. Lippe) zu verschonen versprach, können wir nur allgemein aus F. Ludwigs Engagement für Gf. Otto V. und aus dem Kontext des vorliegenden Briefs ableiten. Am 29. 4. 1638 sollte der Erzbischof v. Bremen bei Gallas erneut gegen die Unterbringung ksl. Truppen auf seinem Gebiet protestieren. Die Schweden stünden in Lüneburg und hätten ihre Truppen gleichfalls auf ebfl. Gebiet unter dem Vorwand einquartiert, daß die Kaiserlichen seine Neutralität bereits verletzt hätten, als sie ihre Garnisonen dorthin legten. Documenta Bohemica VI, Nr. 601. Vgl. Nr. 603 u. 641. Insgesamt war Kg. Christian IV. v. Dänemark in seiner Eigenschaft als Herzog von Holstein damals eifrig darum bemüht, daß Schwedens Oberbefehlshaber Johan Banér (FG 222) die Neutralität für den gesamten Niedersächsischen Kreis und seine Mitglieder respektierte. Banér wollte am 21. 5. 1638 wissen, daß Kg. Christian IV. und andere Kreisstände Gallas die Einquartierungen in ihren Territorien abgekauft hätten. S. AOSB SA VI, 542 u. Documenta Bohemica VI, Nr. 642; vgl. 380616 K 6; Barudio, 512.
13
Eher Gf. Otto zur Lippe-Brake (FG 121), einer der ehemaligen Vormünder Gf. Ottos V. v. Holstein-Schaumburg, als Gf. Philipp zur Lippe-Alverdissen (FG 117).
14
Der kurbayerische Feldmarschall Gf. Johann v. Götz, vgl. 370421 K 5 u. ö.
15
Noch immer befindet sich der Bückeburger Hof, was die Kanzlerschaft betrifft, in einer Übergangssituation, in die F. Ludwig offensichtlich weiterhin vermittelnd eingreift. Vgl. 370715 K 12 u. 370902 K 5.
16
Gfn. Elisabeth v. Holstein-Schaumburg (1592–1646), geb. Gfn. zur Lippe, Mutter Gf. Ottos V.
17
Fn. Sophia v. Anhalt-Köthen (AL 1629. TG 38), geb. Gfn. zur Lippe, Gemahlin F. Ludwigs in dessen zweiter Ehe.

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