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380220 Fürst Christian II. von Anhalt-Bernburg an Fürst Ludwig
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380220

Fürst Christian II. von Anhalt-Bernburg an Fürst Ludwig


Beantwortet durch 380221. — F. Christian II. v. Anhalt-Bernburg (FG 51. Der Unveränderliche) sendet F. Ludwig (Der Nährende) zur jahreszeitgemäßen Lektüre ein Exemplar des Frühlings-Gedichtes des Amtshauptmanns zu Weißenfels, (Rudolf) v. Dieskau (FG 155). Dieser sei ihm persönlich bekannt, auch wisse er, daß sein Geschlecht in der Fruchtbringenden Gesellschaft vertreten sei. Da Christian aber den Vornamen des Verfassers nicht wisse, könne er der Mitgliedschaft Dieskaus in der Gesellschaft nicht sicher sein. — In der Nachschrift berichtet F. Christian von einem Besuch Burkhards v. Erlach (FG 52. Der Gesunde), dessen Memorial er in acht nehmen werde, sobald etwas Ruhe eingekehrt sei.

Beschreibung der Quelle


Q HM Köthen: V S 544, Bl. 128r–129v [A u. Eingangsvermerk: 129v],[Handschrift: [Bl. 128r]], 128v u. 129r leer; eigenh.; 3 Sig. — Ohne A und Schlußkurialien veröffentlicht in KE, 77; stark gekürzt in KL III, 102f. Bibliographisch erfaßt in Bürger, S. 947 (o. Nr.).

Anschrift


A Dem Nehrenden, zu handen. Cöhten.
Eingangsvermerk von unbekannter H.: Præsent. ☿a 21.b Febr. 1638.

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Dem Nehrenden endtbeutt der Unverenderliche seinen dienstlichen gruß, vndt ersuchtt ihn beygefügtes Frühlingsgetichte1 , bey habender muße, vndt itzigem schönen Lentzwetter, zu lesen. Es soll es der von dyßkaw, haüptmann zu Weißenfelß gestellet haben, er hatt aber seinen Nahmen nicht melden wollen.a Jch weiß zwar wol, daß diß geschlechtt in der Fruchttbringenden gesellschaft nicht vnbekandt, weil mir aber sein Taufnahme2 vnwißendt, ob ich ihn schon vonb Seinerc person wol kenne, so habe ich billich daran, ob er ein Mittglied in vnserer Gesellschaft seye, zweifeln müßen. Hiemitt Gott befohlen. Gegeben den 20.sten Hornungstag, im Jahr, 1638.
  Deßselben, dienstwilliger allezeitt,
  Der Vnverenderliche.

P. S.
Der Gesunde3 ist auch bey mir gewesen. Seine mittgebrachte erinnerungen, sollen schon zu rechter zeitt, vndt wann wir ein wenig ruhe haben, in achtt genommen werden etc.

Textapparat und Kommentar


Textapparat
T
a
Planetensymbol für Donnerstag (dies Jovis) gebessert in Planetensymbol für Mittwoch (dies Mercurii).
b
Gebessert aus 22
a
Hier bricht die Überlieferung in KL ab.
b
Bis person eingefügt.
c
Fehlt in KE.

Kommentar

K In der erhaltenen fruchtbringerischen Korrespondenz zwischen F. Ludwig (Der Nährende) und F. Christian II. v. Anhalt-Bernburg (FG 51. Der Unveränderliche) geht dem vorliegenden Schreiben der Brief 380202 voran. Zwischen diesem und 380220 müßte zumindest noch ein heute verschollenes Antwortschreiben F. Christians geschrieben worden sein. S. 380202 K 3.
1
Rudolf v. Dieskau (FG 155), 1633–1640 kursächsischer Amtshauptmann in Weißen-
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fels. Er verfaßte einen Hofmannsspiegel in Gestalt einer Prosaschäferei im Prosimetrum unter dem Pseudonym Damian von Rudelstadt. Wie aus dem Antwortbrief F. Ludwigs hervorgeht, hatte F. Christian das Werk ebenso wie sein Oheim Ludwig in der ersten Auflage gelesen:
[1.] Frühlings-Gedichte/ | Darinnen auch zugleich mit angeführet wird | Wie | Ein rechtschaffener wah- | rer Christlicher Hoffmann müsse beschaf- | fen seyn/ der seinem Gott/ seinem Herrn/ vnd der | erbarn Welt gefallen sol. | Gefertiget | Durch Damian von Rudelstadt. | [Zierleiste] | Plin: lib: 2. | Nullus liber est tam malus, in quo non invenia- | tur aliquid boni. | Kein Buch ist nicht so schlecht/ man findt was guts darinnen/ | Wenn man jhm selber nur vernünfftig wil nachsinnen. | [Zierstück] | Altenburgk in Meissen/ | Gedruckt durch Otto Michaeln/ Jm Jahr | [Linie] | M. DC. XXXVII. *German. Nationalmuseum Nürnberg: Gs 282, m; STB Berlin — PK: Yu 4431 4°. *Inhalt: Titelbl., Rücks. leer; Bl. Aij r – [A iv] r Widmung des „Damian von Rudelstadt“ d. d. 23. 6. 1637 an Hzn. Elisabeth v. Sachsen-Altenburg; S. 1/ Bl. B r – 50/ H v „Frühlings-Gedichte/“; S. [51] Gedicht: „Der Autor redet das FrühlingsGedichte selber an.“, Rücks. leer. — Unter derselben Jahresangabe begegnet uns ein weiterer Druckzustand der soeben zitierten Ausgabe (s. nachfolgend Ziffer [2.]) sowie eine Neuausgabe (s. Ziffer [3.]).
[2.] Der jüngere Druckzustand präsentiert sich als Neuauflage und zeigt auf dem Titelblatt Abweichungen in Zeilenfall, Orthographie und Typographie: „... Ein rechtschaffener/ wa- | rer Christlicher Hoffmann | müsse ...“; „Plin: lib: 2. | Nullus liber ...“; „Erstlich Gedruckt zu Altenburg/ | Bey Otto Michaeln/ Jm Jahr | [Linie] | M. DC. XXXVII.“ Widmung Bl. A ij r – [A iv] usw. ULB Halle: AB 41 18/i, 25.
[3.] Die im Neusatz erschienene Ausgabe zeigt auf dem Titelbl. Abweichungen in Zeilenfall und Typographie und ein anderes Zierstück: „... wah- | rer Christlicher Hoffmann müsse beschaffen | seyn/ der seinem GOtt ...“. Zitatangabe „Pli: lib: 2.“; Zierleiste fehlt auf Bl. A ij r; Widmung auf Bl. A ij rv; Bl. A iij r – [E iiij]v] „Frühlings-Gedichte/“ mit angehängtem Gedicht. HAB: Yv 418. 8° Helmst. (5); UB Leipzig: Cult. Gesch. 23. Ein weiteres Exemplar dieser Ausgabe findet sich noch heute in der im 19. Jahrhundert durch den Archivar Gottlieb Krause neugeordneten Akte des LHA Sa.-Anh./ Dessau: Abt. Köthen A9a Nr. 167, Bl. 54 (die übrigen Blätter des Druckes wurden in der Akte nicht mitfoliiert), aus der auch 380221, d. i. F. Ludwigs Antwortbrief, stammt. Mit diesem schickte er F. Christians Exemplar zurück, so daß das in der genannten Akte überlieferte Exemplar eben jenes von F. Christian gewesen sein dürfte.
1638 erschien in Altenburg eine satzgleiche Titelauflage der oben kollationierten Ausgabe in der Druckvariante [2.]: „Erstlich Gedruckt zu Altenburg/ | Bey Otto Michaeln/ Jm Jahr | [Linie] | M. DC. XXXVIII. (STB Berlin - PK: Yu 4431 4°; Nds. LB Hannover: P: A 416 u. ULB Halle: Ga 153). Die Neuausgabe von 1637 (oben Ziffer [3.]) erschien ebenfalls als Titelauflage mit der Jahreszahl „M. DC. XXXVIII.“ (HAB: 44. 6 Pol. [7]). — Spätere Ausgabe Bautzen: Bartholomäus Kretzschmar 1663 (HAB: 317. 56 Theol. [9] u. T 1166. 4° Helmst. [26]; STB Berlin – PK: Yu 4432 4°; ULB Halle; UB Bonn; Württ. LB Stuttgart). Weitere Auflagen in 8° unter geändertem Titel: (In Strichrahmung) Damian von Rudelstadt/ | Frühlings-Gedancken | Darinnen | Wie ein rechtschaffener wahrer | Christlicher Hoffmann | müsse beschaffen seyn der seinem | GOtt/ seinem HErrn und der | erbarn Welt gefallen soll/ | angeführet wird. | [Linie] | Budissin / | Verlegts Bartholom. Kretzschmar/ | Jm Jahr M. DC. LXXV. | Druckts in Zittau/ Michael Hartmann.“ HAB: QuN 940 (3); Titelauflage mit der Jahreszahl „M. DC. LXXVII.“ HAB: QuN 1076 (2).
Merkwürdigerweise erscheint Dieskaus Werk nicht in den Verzeichnissen der nachgelassenen Bibliotheken F. Ludwigs (in IP) und der Fürsten Christian I. (FG 26) und Christian II. v. Anhalt-Bernburg (Catalogus primus und secundus). Vielleicht wurde es als Adligat darin aber bei der Verzeichnung übergangen oder, wie oben vermutet, wegen seines geringen Umfangs in den Korrespondenzakten belassen. — Die Widmungsempfängerin
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Hzn. Elisabeth v. Sachsen-Altenburg (1593–1650, TG 13), geb. Hzn. v. Braunschweig-Wolfenbüttel (Tochter Hz. Heinrich Julius’), war in ihrer zweiten Ehe mit Hz. Johann Philipp v. Sachsen-Altenburg (FG 183) vermählt (vgl. zu ihr 300320 I u. Conermann TG, 622). Dieskau führt zur Begründung seiner Widmung seinen Dank für frühere Gnaden- und Ehrenbeweise der Herzogin an, auch daß sie „die Tugend/ Ehr vnd Redligkeit“ hoch schätze und fördere. Seinen wahren Namen verschweige er wegen der „opinion der vbel fundirten Leute/ welche auß Vnwissenheit sich selbst vberreden/ Es müste jetzo alles mit dem Degen außgemacht werden/ vnd sey einem Edelmann (von welchem Handwerck ich denn auch bin) eine schande/ die Feder anzusetzen“ (Bl. A ij rf.). Zu Dieskaus satirischem Enkomium LEGATION Oder Abschickung der Esell in Parnassum, auch dies pseudonym als von Randolphus van Duysburgk erstmals 1638 in Leipzig erschienen, s. 390112 u. 390114. Vgl. Conermann III, 154ff.; Klaus Conermann: Rosenkreuzerischer Eselkönig und Bäurische Legation Oder Abschickung der Esell in Parnassum. Zwei Tiersatiren des frühen 17. Jahrhunderts. In: Daphnis 14 (1985), 721–757, 752f. Vgl. zu Dieskau 371124, 380221, 380303 K 3 u. 381030.
2
F. Christian II. hat sich vermutlich nur nicht des Vornamens Dieskaus erinnert, der in der nach Personennamen aufgeschlüsselten Mitgliederliste, die F. Ludwig zusammen mit 371220 an F. Christian gesandt hatte, nicht gefehlt hat.
3
Burkhard v. Erlach (FG 52. Der Gesunde), Hofmarschall in Bernburg — „der allte Marschall“ in den Tagebüchern F. Christians II. aus jener Zeit (Christian: Tageb. XIV, 466v). Erlach war als Abgesandter Christians am 12. 2. 1638 nach Köthen gezogen, um an der Hochzeit des „Milij“ teilzunehmen (ein nicht näher bekannter Mylius, anscheinend ein Bedienter der in Köthen lebenden Schwester Christians, Anna Sophia [AL 1617[?]. PA. TG 19; vgl. 370517], a. a. O., 570v, vgl. auch 219r). Am 19. 2. begegnet uns Erlach wieder in Bernburg: er und seine beiden Töchter sind Christians Mittagsgäste (a. a. O., 558v. Von den fünf Töchtern, die aus der Ehe Erlachs mit Ursula v. Hatzfeld zur Wildeburg hervorgingen, sind nur zwei sicher dem Vornamen nach bekannt: die älteste, Anna Lucretia, war mit Hempo v. dem Knesebeck [FG 88] verheiratet und starb bereits 1630. Vgl. 310113. Johanna Barbara soll unvermählt geblieben sein [vgl. 300410 I]. Ob Dorothea Susanna, vermählte v. Krosigk [s. 360703 K 1], eine Tochter Burkhards war, ist ungewiß.) Was für „Erinnerungen“ Erlach aus Köthen mitbrachte, ist unklar, zumal Christian weder den vorliegenden Brief, noch dessen Inhalte und Hintergründe in seiner Tagebuch-Eintragung vom 20. 2. 1638 erwähnt. Es ist denkbar, daß Erlachs Memorial Hinweise, Korrekturen o. dgl. zu F. Christians Übersetzung des Christlichen Fürsten lieferte. Vgl. 371027 K 4. Ebenso sind Mahnungen F. Ludwigs hinsichtlich des Dauerthemas Kontributionen, etwa an die kursächsische Garnison in Magdeburg unter Dam Vitzthum v. Eckstädt (FG 312), vorstellbar. Vgl. dazu 380122 K 1.

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