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380221 Fürst Ludwig an Fürst Christian II. von Anhalt-Bernburg
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Fürst Ludwig an Fürst Christian II. von Anhalt-Bernburg


Antwort auf 380220. — F. Ludwig (Der Nährende) dankt F. Christian II. v. Anhalt-Bernburg (FG 51. Der Unveränderliche) für die Übersendung des Frühlings-Gedichtes von 1637 und klärt ihn über den genauen Namen und die Mitgliedschaft des Verfassers Rudolf v. Dieskau (FG 155. Der Niedrige) in der Fruchtbringenden Gesellschaft auf. Christian kenne ihn, da Dieskau als kursächsischer Gesandter an der Taufe eines Sohns Christians in Harzgerode teilgenommen habe. Das Frühlings-Gedichte hat F. Ludwig schon 1637 in Leipzig erworben und gelesen, und so schickt er das von Christian gesandte Exemplar mit Dank zurück. — Zur Zeit ist F. Ludwig mit der Lektüre des Hohe-
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in der Auslegung des Burggrafen und Herren Christoph zu Dohna (FG 20. Der Heilende) beschäftigt. Er lobt es wegen der christlichen Andacht und gelungenen formalen Gestaltung des Texts. — Die De amore dialogi tres des Leone Ebreo hat F. Ludwig einem des Lateinischen kundigen Mitglied der Gesellschaft zur Übersetzung übergeben. Wenn diese vollendet sei, werde Ludwig das entliehende lateinische Werk gewiß wieder an F. Christian zurückgegeben. — F. Ludwig legt letzte Hand an seine Tamerlan-Übersetzung, die gerade für den Drucker abgeschrieben wird und diesem zwischen Ostern und Pfingsten überliefert werden soll.

Beschreibung der Quelle


Q LHA Sa.-Anh./ Dessau: Abt. Köthen A 9a Nr. 167, Bl. 47rv (ältere Blattzählung „46“ gestrichen) u. 49rv [A: 49v], 47v u. 49r leer; eigenh.; Sig.

Anschrift


A Dem Unveränderlichen Bernburg. Zu handen

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Gegen dem Unverenderlichen bedanckt sich der Nehrende wegen des uberschickten früling gedichtes des abgewichenen Jhares. Der Erfinder ist in der fruchtbringenden gesellschaft der Niedrige1 , und EL. von wegen einer bottschaft oder gesandtschaft die er auff EL. kindestauffe einst zu Hatzgeroda2 verrichtet nicht unbekandt. Der Nehrende hatt es schon im vergangenen Jhare gelesen und gehabtt, und ein stuck darvon zu leiptzig gekaufft noch beyhanden: Schicket also dieses mitt gebuhrender dancksagung wieder zu rucke. Und ist ietzo in durchlesung der auslegung des Heilenden uber das hohelied Salomonis3 , so Christlich, andechtig, und woll gesetzet. Es hatt auch der Nehrende Leons des Hebræers gespreche von der liebe zur verdeutschung an einen gesellschafter, so der lateinischen sprache woll mächtig gebracht, und wan solche verdolmetschung fertig,4 wird er nicht unterlaßen dan das geliehene Lateinische dem Unverenderlichen mitt dancke auch wieder einzuschaffena . So hatt der Nehrende auch noch mitt ubersehung des verdeutschten Tamerlani5 zuthun, der zum drucke abgeschrieben wirdt, und demselben verhoffentlich zwischen Ostern6 und Pfingsten soll untergeben werden; Das zur freundlichen antwort dem Unverenderlichen mitt empfelung göttlichen schutzes werden sollen.
  Geben Cöthen am Leonoren tage7 den 21. des Hartmonats8 im Jhar 1638.
  Des Unverenderlichen dienstwilliger
  Der Nehrende.

Textapparat und Kommentar


Textapparat
T
a
Gebessert aus ein<ge>schaffett <werden soll>

Kommentar

K
1
Rudolf v. Dieskau (FG 155. Der Niedrige): Frühlings-Gedichte/ Darinnen auch zugleich mit angeführet wird Wie Ein rechtschaffener/ wahrer Christlicher Hoffmann müsse beschaffen seyn (Altenburg 1637). Vgl. 380220 K 1. Ein Exemplar dieses Hofmannsspiegels in der Form einer Prosaekloge folgt in der Akte LHA Sa.-Anh./ Dessau: Abt. Köthen A9a Nr. 167. F. Christian II. v. Anhalt-Bernburg (FG 51. Der Unveränderliche) hatte in 380220 nicht den Vornamen des Verfassers anzugeben gewußt.
2
Die Taufe Pz. Erdmann Gideons (21. 1. 1632 – 4. 4. 1649) fand am 24. 1. 1632 in Harzgerode statt, jedoch „fein stille vndt eingezogen“ im engsten Familien- und Hofkreis. S. Christian: Tageb. X, 227vf. Auch Pz. Bogislaus (Harzgerode 7. 10. 1633 – Harzgerode, 7. 2. 1634) wurde in Harzgerode getauft. Vgl. AD II, 34. Sein Vater F. Christian
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II. hatte u. a. den Kurfürsten v. Sachsen zum Paten („Gevatter“) gebeten. Am Abend des 13. 11. 1633 traf neben weiteren Gästen auch „der ChurSäxische gesandte Rudolf von Dißkau, Churfürstl. Raht, vndt haüptmann zu Weißenfelß“ in Harzgerode ein (a. a. O. XII, 181v). Tags darauf fand die Tauffeierlichkeit statt: „Heutte ist das fürstl. Kindttauffen meines iüngsten Söhnleins wol vollbracht, vndt eine predigt vor der tauffe gehalten worden, das Kindt habe ich Bogislaum, dem herzog in Pommern zu ehren, nennen laßen.“ Dieskau war kursächsischer Abgesandter, die fl. Häuser Pommern, Pfalz-Zweibrücken, Kurbrandenburg, Anhalt-Dessau u. a. ließen sich ebenfalls vertreten. „Vorm kinde her, bliesen 4 Trompeter. Die psalmen wurden gesungen, vndt musicirt. Bey der Tafel ließ ich auch musiciren, vndt Schaweßen aufsetzen, ohne Silbergeschirr. Nach der abendtmalzeitt wurde getantzt vndt erstlich die vortäntze mitt den fackeln gehalten. Allerley Lerm wegen der anziehenden Schwedischen compagnien.“ A. a. O., 182rff. Dieskau blieb noch am 15. 11., allerdings gab es Meinungsverschiedenheiten: „Disparere, mitt dem ChurSächsischen gesandten, a cause des bastonnades, menaceès au Duc Johann Friedrich de Sachsen-Weimar  [FG 18] non sans cause [eingefügt: quelques apparantes] toutesfois, car il luy avoit menacè la mort, & au Duc Guillaume son frere, & a de ses serviteurs &cc.“ Nach der Abendmahlzeit zog sich Dieskau unter einem Vorwand zurück. „Il s’est autrement fort excusè s’il avoit trop parlè, attribuant au vin s’il se seroit egarè, ne venant toutesfois au fondes du propos. Autrement c’est un homme de bonnes qualitèz. NB: Er erzehlete vndter anderm, wie so gar elendt es wehre mitt des Printzen Vlrichs von Dennemargk Leiche zugegangen, eines solchen tapferen, vndt vmb die seinigen wolverdienten Fürsten, denn man die Leiche nicht allein verlohren, sondern, ob sie schon der H. von Fridlandt [Wallenstein] wieder offerirt, so hat doch, weder der König sein herrvatter, noch der Churfürst, dem er trewlich gedienet, sich drumb annehmen wollen.“ Im anscheinend grundlosen Zerbrechen eines goldenen Fußes an einem großen Kristallglas, mit dem man auf die Gesundheit des sächsischen Kurfürsten getrunken hatte, wird ein böses Omen gesehen: „Nota: Hier le pied dorè, du grand verre cristallin, duquel nous beuvions la santè de Mr. L’Electeur de Saxe seule, & le verre n’estoit deputè qu’a cela, se rompit sans apparance, ainsy que n’en osions boire aujourd’huy, ce qu’on veut tenir (paraventure par superstition) pr. un mauvais augure, comme si le fondement de l’Electorat de Saxe se devoit esbransler ou rompre. Dieu vueille conserver les Electeurs & Princes, en leurs justes possessions, & nous laisser nostre estre & splendeur meritèe, autrement j’aimerois mieux estre honnestement traittè en moindre qualitè, si Dieu ne me vouloit laisser traitter dignement en mon estat.“ A. a. O., 183f. Am nächsten Tag, den 16. 11. 1633, reiste Dieskau aus Harzgerode ab. Über das kursächsische Patengeschenk erfahren wir nichts. A. a. O., 184v.
3
[Burggf. u. Herr Christoph zu Dohna (FG 20. Der Heilende)]: Kurtze vnd einfältige Betrachtungen vnd Außlegungen Vber das Hohe Lied Salomonis (Johann Jacob Genath 1635: Basel). Vgl. 360630 nebst Beilagen u. Abb. des Titelblatts. F. Christian II. brachte das Werk in Zusammenarbeit mit Franciscus Gericcius (vgl. 380128 K 11) 1638 erneut heraus: Kurtze vnd Einfältige Betrachtungen vnd Außlegungen Vber das Hohe Lied Salomonis. (Zerbst 1638: Andreas Betzel). HAB: 491.1 Theol. Vgl. 371027 K 6 u. 380122 K 7. Ein Exemplar der Zerbster Neuauflage von 1638 sandte F. Christian mit 380126 an F. Ludwig, der sich dafür in 380128 bei seinem Neffen bedankte.
4
Das Hauptwerk des Leone Ebreo, die Dialoghi d’amore, erstmals postum 1535 und in vielen weiteren italienischen, lateinischen, französischen, spanischen, portugiesischen und hebräischen Ausgaben erschienen, ist niemals in deutscher Übertragung veröffentlicht worden. Vgl. 380122 K 3. Auch haben sich weder im Köthener Erzschrein noch in Christian: Tageb. oder an einer anderen uns bekannten Stelle Angaben über die Verdeutschung durch den Ungenannten (wohl ein Mitglied der FG) erhalten: Leone Ebreo: Dialoghi d’amore, lat. u. d. T.: LEONIS HEBRAEI ... DE AMORE DIALOGI TRES, À Ioanne Carolo Saraceno ... Latinitate donati. In: ARTIS CABALISTICÆ: HOC EST, RECONDITÆ THEOLOGIÆ ET Philosophiæ, SCRIPTORVM: Tomus I. ... EX D.
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Ioannis Pistorii, Nidani ... Bibliotheca. (Basileae: Sebastianus Henricpetri 1587), 331–608. Vgl. IV Q u. K 3.
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[Jean Du Bec-Crespin: Histoire du grand Empéreur Tamerlanes (erstmals Rouen 1595); ins Deutsche übers. von Johann Joachim v. Wartensleben (FG 108), vollendet u. veröffentlicht von F. Ludwig u. d. T.:] Denckwürdige Geschichte/ Des grossen Tamerlanis/ der Parthen vnd Tartern Käysers ... Für etzlichen Jahren ins Französische aus den alten gedechtnus Briefen der Araber zusammen gebracht/ vnd nun verdeütscht (1639: Cöthen). Vgl. 370902 K 11.
6
Der Ostersonntag fiel im Jahre 1638 recht früh auf den 25. März. Vgl. Grotefend I, Tafeln S. (40); Lothar Franke: Kalender der Jahre 1000–2100. Zur Zeitrechnung im deutschen Sprachraum. Wiedemar 1998, 28 u. 41.
7
Lt. Kalender Herlitz 1646 und Kalender Herlitz 1651 war der 21. 2. der Festtag der hl. Leonore.
8
Die alte deutsche Monatsbezeichnung Hartmonat (auch Hartung, Hartmand, Hartmond etc.) lt. Faber/ Buchner I, 1057, Götze, 116, Grotefend I, 79f. und Karl Weinhold: Die deutschen Monatnamen. Halle 1869, 40f. für Januar (vereinzelt auch für November bzw. Dezember), ebenso Hermann Brinkmann: Alte und neue Zeitrechnung. Kalenderkunde für jedermann. Datumschlüssel für den Sippenforscher. Görlitz [1938], 16 u. 124 („Hartung“ oder „Hartmant“ für Januar). Bei Schottelius, 264 und Stieler, 1290 hingegen wird Februar/ Hornung angegeben. Uneindeutig Lexer: Taschenwb., 82: „hartmân, -mânôt stm. wintermonat (november, dezember, januar, februar)“, und Diefenbach, 650, der für „hartmonat“ je nach Quelle unterschiedliche Monatsbezeichnungen anführt: Dezember, Januar, Februar. — Aufgrund der Identifikation des Leonorentages (s. Anm. 7) und inhaltlicher Zusammenhänge ist der vorliegende Brief als unmittelbare Antwort auf 380220 eindeutig in den Monat Februar zu setzen.

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