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380320A Christian Ernst Knoch an Fürst Ludwig
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Christian Ernst Knoch an Fürst Ludwig


Beantwortet in 380328. — Nach Christian Ernst (v.) Knoch (FG 268) gedeihen Kühe im Wendland nicht, man könne daher nur Ochsen kaufen, das Paar für 30–40 Taler. — Dem Pagen v. Lattorf habe er eine Fahnenjunkersstelle offengehalten. Er bittet F. Ludwig daher, ihm den Jungen zu senden. — Knochs nach Dresden gereister Oberst Hans v. Rochow (FG 317. 1638) empfehle sich dem Fürsten, verspreche ihm demnächst die Sendung seiner Imprese und erbitte als junger Hauswirt von F. Ludwig einige pflanzliche Raritäten. — Knoch habe Generalwachtmeister Moritz Adolph v. Dehn-Rotfelder (FG 318. 1638) das von F. Ludwig und seiner Gemahlin (Fn. Sophia v. Anhalt-Köthen; AL 1629. TG 38) Gesandte übermittelt, aber noch keine Antwort empfangen. — Die Reformierten seien, zum bewaffneten Widerstand entschlossen, auf den polnischen Ständetag gezogen, so daß der (neugegründete katholische) Ritterorden Immaculatae Virginis in Polen einen Rückschlag erlitten habe. — Der schwedische Oberbefehlshaber Johan Banér (FG 222) habe sich noch nicht zu einem neuen Feldzug erhoben. — Oberst (Rüdiger) v. Waldau (Waldow) habe die schwedischen Fahnen verlassen und sich mit seinem Regiment Kurbrandenburg angedient. — Die fast gleichzeitigen Blitzeinschläge in die Marienkirchen zu Berlin und Prenzlau bedeuten nichts Gutes für den neuen Marienritterorden.

Beschreibung der Quelle


Q LHA Sa.-Anh./ Dessau: Abt. Köthen A 9a Nr. 94, Bl. 1r–2v [A u. Eingangsvermerk: 2v]; eigenh. mit einer Anredenotiz 2v; Sig.

Anschrift


A Dem durchleuchtigen hochgeborenen Fursten vnndt Herrn Herrn Ludwigen, Fürsten zue Anhalt, Graffen zu Ascanien Herrn zue Bernburgk vndt Zerbst, Meinem gnedigsten Fürsten vndt Herrn
Präsentationsvermerk von F. Ludwigs H.: Pres. 25. Martij 1638
Anredenotiz, wohl von der H. eines Schreibers: Dem Gestrengen vnd vesten vnßerm lieben besondern vnd getreuen Christian Ernst Knochen, Obristen Lieuttenant des Chursächß.a Rochauischen Regiments zu Roß

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Durchleuchtiger Hochgeborner Fürst, Gnediger Herr. E. fl gn. kuße ich vnterthenigk die Hende, deroselben gehorsamb berichtende daß ich mich alhier wegen des Viehes erkundigt, befinde aber daß nicht viel kühe besondern fast lautter Ochsen zu verkauffen anher kommen da das baar nach dem sie sein zue 30, 35 und wol 40 thaller gehalten werden. Von kuhen aber, weil sie hieraußen nicht dauren, werden nicht viel anher gebracht, dan sie wegen Vngewonheitt des futters- vndt Weyde alle wegfallen vndt sterben. Dem pagen Lattorffen1 habe ich die fahnen Junckers stelle offen behalten, ersuche E. fl. gn. deshalben vnterthenigk solchen mir desto ehr anherzuschicken. Werde nicht vnterlaßen, ihme so viel mogklichen fortzuehelffen. Mein h. Obriste2 , welcher gestern auf Dreßden[,] recommandirt sich E. f. gn. vnterthenigk vndt wirdt selber ehstes die Jmprese3 E fl. gn. gehorsamb vberschicken. bittet auch vnterthenigk dabey
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weil er ein Junger hauß Wirdt, vndt der zue den gärten große beliebungea [1v] Ew F. Gnaden mechten doch ihme die große gnaden weil er wol wuste daß dieselbe ein rechter liebhaber der gärten weren, erweisen, vndt ihme doch in seinem anbauen mit ezlichen  rariteten  zue Hülfe vndt steuer kommen,4 Würde sich nicht allein bey außseungkb der selben frucht, E. f. gn. gehorsamb erinern, besondern sich auch derselben vnterthenigst aufzuwarten eußerst bemuhen. Hn. General Wachmeister Dehnen5 habe ich daß mir von Ew F. gn. gn.6 mittgegebene vberschicket aber noch keine antwort erlangett. Von neuem ist sonst nichts alhier, alß daß der polnische Orden7 wieder zurück gangen sey vndt wirdt itzt der tagk zu Warschau8 gehalten dahin die reformirten mit gewaffneter handt gezogen. Banner9 ist noch gantz stille, vndt reget sich nicht. Obr. Waldau10 ist mit einem Regt. zue fuß von den Schwedischen herüber gangen Hatt sich Chur Brandenburgk presentiret ob er ihme condition machen wirdt weiß ich nicht. Sonsten hatt das Wetter in einer stunde zu Berlin vndt Brentzlau11 in die S. Marien Kirchen eingeschlagen12 ist vor der Marien Ritter13 ein bößes Omen.
  [2r] Solches ich E. f. gn. vnterthenigk hinterbringen sollen. Ergebe dieselbe beneben deroselben herzgeliebten gemahlin welcher Jch vnterthenigst die hende kuße dem gnedigen schuz vndt schirm des Allerhochsten zue beharlicher gesundtheit vndt gewunschtem furstlichen Wolergehen, mich E. f. gn. hochfurstlichen gnaden verbleibende

  Vnterthenigster gehorsamer diener
  CEKnoche mp.
  Trebel14 den 20 Marty Ao. 1638

Textapparat und Kommentar


Textapparat
T
a
Eingefügt.
a
Ergänze: trägt
b
Lies: Aussäung bzw. Säung

Kommentar

K Mitglied einer anhaltischen adligen reformierten Familie (s. Conermann III, Nr. 33, Nr. 252, Nr. 268; vgl. Nr. 453), kursächsischer Obristleutnant zu Roß, Generaladjutant (KU IV.1, 244). In den 39 Briefen des vorliegenden Konvoluts, zwischen März 1638 und Februar 1641 verfaßt und fast sämtlich (36) an F. Ludwig adressiert, berichtete Christian Ernst (v.) Knoch (FG 268. 1636. Der Weichende) eigenhändig vom Fortschritt und den Wirren des Krieges. Knoch wurde später Landeshauptmann von Anhalt-Zerbst, anhaltinischer Gesamtrat, Geheimer Rat zu Köthen (1645) und 1650 Direktor der Köthener Vormundschaftregierung für Pz. Wilhelm Ludwig (FG 358. 1641). Zwei Briefe des Konvoluts stammen von Schreiberhand, ein weiterer Brief wird vom Schreiber eingeleitet und von Knoch fortgesetzt. Nur zwei Antwortkonzepte Fürst Ludwigs sind erhalten (380328 u. 380509). Sie befassen sich beide mit der Neuaufnahme von Gesellschaftsmitgliedern. Trotz der von militärischen Themen beherrschten Briefinhalte lassen sich Hinweise auf die FG und das unter ihren Mitgliedern bestehende Kontaktnetz finden. Ein gewisser Siegmund Seifried v. Promnitz (s. 380501 K 14) bildet als Briefeschreiber in der ansonsten Knoch und F. Ludwig betreffenden Korrespondenz eine Ausnahme (380503 I). Warum Promnitz — bereits von F. Ludwig mit Gesellschaftsname, -Pflanze und -Wort versehen — offenbar doch nicht in die FG aufgenommen wurde, entzieht sich unserer Kenntnis. S. 380503, 380509 u. 380605. Zu Knoch vgl. auch 380202 K 3.
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Wohl kaum einer der vier Söhne des Matthias († 4. Juli 1608) aus der uralten anhal-
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tischen Adelsfamilie der von Lattorf, Joachim Ernst, Sigmund, Hans Wilhelm und Matthias, sondern vermutlich einer seiner zahlreichen Enkel, da in 380328 u. 380501 ausdrücklich von einem „Edel Knabe[n] lattorf“ die Rede ist. Vgl. auch 380509. Eine Tochter Matthias’ d. Ä. heiratete am 14. 6. 1617 Tobias Hübner (FG 25). Beckmann VII, 235–237, hier 236. Oder ist Abraham v. Lattorf gemeint, der auch im Kreise F. Christians II. v. Anhalt-Bernburg (FG 51) begegnet?
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Als Oberstleutnant unterstand Knoch seinem Regimentschef, dem kursächsischen Obersten Hans v. Rochow (FG 317. 1638). S. 380128 K 18.
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Es dürfte sich um die gestickte FG-Imprese Hans’ v. Rochow (s. Anm. 2) handeln. Die Impresen (und Wappen) der Mitglieder hatte Fn. Sophia v. Anhalt-Köthen (AL 1629. TG 38) einst häufig selbst für Gobelins des Köthener Schloßsaals gestickt, erwartete sie nun aber wegen des steigenden Arbeitsaufwandes von den Mitgliedern. Vgl. 371220 u. 380328. In 380128 hatte F. Ludwig bereits F. Christian II. v. Anhalt-Bernburg (FG 51) Gesellschaftsnamen, Gemälde und Wort Rochows mitgeteilt.
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Zu den Rochow gesandten Pflänzlingen und Samen s. 380328 u. 380501. Vgl. 380503.
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Moritz Adolph v. Dehn-Rotfelser (FG 318. 1638), kursächsischer Generalmajor über die Reiterei, der unter Hatzfeld an der verlorenen Schlacht bei Wittstock im September 1636 teilgenommen hatte. Wenige Monate später, im Dezember 1636, bereitete ihm der schwedische Feldmarschall Johan Banér (FG 222) bei Eilenburg (nahe Merseburg) eine weitere empfindliche Niederlage. Vgl. Chemnitz III, 33, 38ff., 74. Dehn-Rotfelsers Regiment kam bei seiner Resignation Ende 1637 an Rochow. S. Conermann III, 363; Engerisser, 218, 342; Gauhe I, 314; König: Adels-Historie I, 209ff.; KU IV.1, 244; Johann Christian v. Hellbach: Adels-Lexikon. 2 Bde. Ilmenau 1825/26, I, 267. Vgl. 370113 K 1, 370805 K 5, 371220 I, 380501, 380509, 380605, 380721 u. I ; KU IV.1, 357ff. u. 223f. („Memorial, dessen sich der veste vnser lieber getrewer Cuno Ordomar von Bodenhausen [FG 69. Der Bequeme] etc. bey dem ChurSächsischen General-Feldwachmeiser Damb Vitzthumb von Eckstedt [Dam Vitzthum v. Eckstädt. FG 312. Der Abhelfende] Zu gebrauchen“). Knoch hatte Dehn-Rotfelser im Februar 1638 getroffen und mit ihm wahrscheinlich auch im Auftrag F. Ludwigs über die Aufnahme in die FG gesprochen. Vgl. F. Ludwigs Kreditiv für Knoch in KU IV.1, 244; ferner Christian: Tageb. XIV, 508r u. 512r (Dehn-Rotfelser und seine Einheiten in Blankenburg bzw. Ballenstedt, Anfang November 1637).
6
Gemeint sind F. Ludwig und dessen Gemahlin Fn. Sophia v. Anhalt-Köthen (AL 1629. TG 38). Vgl. 380328.
7
Der 1637 von Kg. Wladislaus IV. Sigismund v. Polen geplante, aber auf dem polnischen Reichstag von 1638 gescheiterte Ordo equestris Immaculatae Virginis. Vgl. 380207 K 5.
8
Der Reichstag, der u. a. über die Erhebung von Steuern und einen Seezoll beriet, dauerte vom 10. 3. bis zum 1. 5. 1638 n. St. Der Danziger Israel Köhne-Jaski schrieb am 6. 5. 1638 an Hugo Grotius: „On dit aussy qu’on a arresté que l’ordre immaculatæ Virginis, qu’on a voulu introduire en Pologne, doit estre cassé.” Grotius: Briefwisseling IX, 96, 172 (Anm. 9) u. 263.
9
Der schwedische Feldmarschall Johan Banér (FG 222), der sich zum Jahreswechsel 1637/38 zwar aus einer immer bedrohlicheren feindlichen Umklammerung an der pommerschen Küste hatte befreien können, aber erst im Sommer 1638 aufgrund frischen Geldes und frischer Truppen zu einem neuen Feldzug aufbrechen konnte. Während Banér in seinen Quartieren verharrte, wurde er von seinen Gegnern argwöhnisch beobachtet. Zur Lage Banérs auf dem nordöstlichen Kriegsschauplatz vgl. 370715 K 6, 370805 K 6, 370902 K 18, 371112A K 6, 380501 K 8 u. 380503.
10
Rüdiger v. Waldau (auch Walldau, Walldow, Waldow). Ein Träger dieses Namens stammte aus der Neumark und war mit Bestallung d. d. Cölln a. d. Spree, 29. 10. 1630 als
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Festungsbaudirektor für Spandau und Küstrin tätig. Er soll sich 1636 durch Gf. Adam v. Schwarzenberg von Regensburg aus Kf. Georg Wilhelm v. Brandenburg (FG 307) angeboten haben, wurde zeitig im Jahr 1637 als Infanterieoberst eingestellt, erreichte bei der Musterung in Crossen im Juni 1638 mit seinen Werbungen in Franken aber mitnichten die vorgesehene Sollstärke von 2000 Mann und brannte 1639 mit Werbe- und Kontributionsgeldern durch. Vgl. Mörner, 241f. u. passim; SBA B 353, 366; Curt Jany: Geschichte der Preußischen Armee vom 15. Jahrhundert bis 1914. 2. erg. Aufl. Osnabrück 1967, I, 83. Zu dieser dubiosen und schwer greifbaren marsianischen Existenz passen weitere Nachrichten über einen schwedischen Artillerie-Oberstleutnant Rüdiger v. Waldau, der in die mit dem Namen des Obersten Joachim (v.) Mitzlaff (FG 223) (vgl. Engerisser, 302ff.) verbundenen meutereiartigen Händel von Offizieren der schwedischen „Fränkischen Armee“ gegen ihren Feldmarschall Gustav Horn (seit Mai 1633) verstrickt war. Als aufrührerischer Intrigant sollte sich Waldau, so versicherte Horn aus seiner Gefangenschaft nach der Nördlinger Niederlage 1634, auch der Erpressung und Veruntreuung von Geldern schuldig gemacht haben usw. Vgl. AOSB SA VIII, 248ff. Wie im Falle Mitzlaffs, aber dauerhafter, konnte sich Waldau anscheinend das Vertrauen Hz. Bernhards v. Sachsen-Weimar (FG 30) sichern, denn wir treffen ihn im November 1633 und den Folgemonaten als Obristleutnant des grünen Leibregiments des Herzogs in der Oberpfalz an, und in dieser Charge nahm er auch an der verlorenen Schlacht bei Nördlingen im September 1634 teil, in deren Verlauf sein Regiment vollständig aufgerieben wurde. Im Anschluß daran nahm er militärische Aufgaben im Norden Stuttgarts wahr. S. Engerisser, 205, 224, 231, 239, 300, 338f. u. 347.
11
Prenzlau in der Uckermark. Vgl. Emil Schwartz: Geschichte der Uckermärkischen Hauptstadt Prenzlau. Göttingen 1975, Anhang S. 38.
12
Christian: Tageb. XIV, Bl. 569 (Eintrag vom 20. 3. 1638): „Das in neẅligkeitt baldt nacheinander das wetter eingeschlagen in Thürme vndt sonsten, zu Bremen, Braunschweig, Brentzlaw, Berlin, etc.“
13
Der neugegründete polnische Orden, s. Anm. 7 u. 8.
14
Dorf im Wendland. Ritter: Lexikon9 II, 787. Knochs Regiment sollte offenbar die linke Elbseite vor der von kursächs.-kurbrandenburgischen Truppen gehaltenen Festung Dömitz (vgl. 370805 K 8) sichern.

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