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380328 Fürst Ludwig an Christian Ernst Knoch
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380328

Fürst Ludwig an Christian Ernst Knoch


Antwort auf 380320A, beantwortet in 380501. — F. Ludwig (Der Nährende) trägt Christian Ernst (v.) Knoch (FG 268. Der Weichende) seine Grüße an Hans v. Rochow (FG 317. 1638. Der Beliebte) auf und übermittelt diesem die gewünschten Pflänzlinge und Samen mit deren Liste. — Der Page Lattorf ist bereits seiner (Köthener Hof-)Dienste
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entlassen und wartet nur auf eine Gelegenheit, um zu Knoch zu reisen. — Kursächsische Truppen, denen die Kriegszucht eines Tamerlan fehle, drohen zumindest über die Saale zu ziehen. — F. Ludwigs Gemahlin Sophia (Die Nährende. AL 1629. TG 38) sammelt die Impresen und Wappen der Mitglieder und erwartet auch Rochows Beitrag.

Beschreibung der Quelle


Q LHA Sa.-Anh./ Dessau: Abt. Köthen A 9a Nr. 94, Bl. 11rv; eigenh. Konzept.

Anschrift


A Fehlt.

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Des Weichenden schreiben1 vom 20. dieses ist den 25.a dem Nehrenden woll uberreichet worden, daraus er unter anderm des Beliebten2 begrußung und begehren, wegen etzlicher garten gewächs vernommen, wie ihme nun die zuentbietung angenehm, also uberschicket er auch hiermit nach inliegendem Zettell die gewächß, die dem botten zusammen in Moß eingemachtt uberreichet, und dan nebenst beygefugtes Schachtlein mitt dem in dem dutlein befindlichen und darauff vom gartner verzeichneten sahmen, man wuntsche[t]b das sie woll gerahten mögen. Der Edel Knabe lattorff3 ist gantz diesesc orts abgefertiget, wartet nurtd 4 noch von Hauße auff etwas desto beßer fort zukommen, und wirdt sich dan einstellen. Es scheinet als wolle es noch einen starcken durchzug von den ChurSächsischen völckern,5 zum weinigsten uber die Sahle geben, so ohne große ungelegenheit nicht abgehet, weill des beruhmbten Partischen Keysers Kriegeszucht6 so ubell in acht genommen wirdt. Es wolle der Weichende dem Beliebten des Nehrenden gebuhrende zuentbietung [11v] hinwiedere vermelden, mitt demf ersuchen, das er mitt deme was ietzunder uberschicket also wolle vor willen nehmen. Die Nehrende7 wirdt zu ihrem Ertzschrein die gestickte gemählde und wappen mitt dancknemendem gefallen erwarten, wie dan derer von andern hohen orten auchg mehrere einkommen. Hiermitt nechst wuntschung aller gedeylichen wohlfart, verbleibet des Weichenden
  gantz williger gesellschafter
  der Nehrende.

Geben in der auff Schlavonisch vor alters genanten Kesselstadt8 an des Judischen hohenpriesters Knechts9 tage deme das ohr vom ersten vermeinten Pabste abgehauen wardt im Jhar 1638 — ist der 28. des Mertzen.

Textapparat und Kommentar


Textapparat
T
a
dieses orts unterstrichen (Streichung?).
b
Blatt am Seitenrand beschädigt.
c
Bis orts am Rand ergänzt.
d
Folgt <auff>
e
Auch Kustode.
f
Eingefügt.
g
Folgt <alhandt>

Kommentar

K
1
Christian Ernst (v.) Knochs (FG 268. Der Weichende) Brief 380320A an F. Ludwig (Der Nährende).
2
Hans v. Rochow (FG 317. 1638. Der Beliebte), kursächsischer Obrist und Vorgesetzter Knochs. S. 380128 K 18.
3
Auf den Pagen Lattorf wartete eine Stelle als Fahnenjunker, offenbar im kursächsischen Regiment Rochows (s. Anm. 2). S. 380320A K 1. Vgl. 380501 u. 380509.
4
Nur, adv. S. 371220 K 11.
5
Anhalt war schon der Unterhalt der kursächsischen Garnison in und um Magdeburg
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auferlegt, zudem drohten Einquartierungen ksl. Verbände. Vgl. 371221 K 6; KU IV.1, 272ff. u. 288ff.). Durchzüge kursächsischer Einheiten durch anhaltisches Territorium hätten weitere Belastungen für Land und Leute bedeutet.
6
F. Ludwig hatte sich gerade mit der Übersetzung der folgenden politischen Biographie über den in mancher Hinsicht als Vorbild für die Feldherren des Dreißigjährigen Krieges verstandenen Timur Lenk (Tamerlan) beschäftigt: [Jean Du Bec-Crespin: Histoire du grand Empéreur Tamerlanes, dt. v. Johann Joachim v. Wartensleben (FG 108), vollendet u. hg. v. F. Ludwig u. d. T.:] Denckwürdige Geschichte/ Des grossen Tamerlanis/ der Parthen vnd Tartern Käysers ... Für etzlichen Jahren ins Französische aus den alten gedechtnus Briefen der Araber zusammen gebracht/ vnd nun verdeütscht (1639: Cöthen). Vgl. 370902 K 11.
7
Fn. Sophia v. Anhalt-Köthen (Die Nährende. AL 1629. TG 38), zweite Gattin F. Ludwigs. Erzschrein bezeichnet allgemein das Archiv der FG, s. 371110 K 11. Ungewöhnlicherweise wird hier geradezu von einem eigenen spezialisierten Erzschrein einer mit der FG durch ihren Gemahl bzw. das Oberhaupt der Gesellschaft verbundenen Dame zum Sammeln der Mitgliederimpresen und –wappen gesprochen. Damit oblag offenbar Fn. Sophia die Aufsicht über Herstellung, Einbringung und Sammlung der gestickten FG-Impresen und Mitglieder-Wappen für Gobelins des Köthener Schloßsaals (vgl. 371220 K 12). Hatte sie einst die Hauptarbeit des Stickens getragen, so erwarteten sie und F. Ludwig (vgl. dessen Brief 371220) nun, daß die Mitglieder — in diesem Falle Rochow (s. Anm. 2) — ihre gestickten Impresen und Wappen (oder zumindest farbige Visierungen derselben) selbst besorgten und der FG-„Geschäftsstelle“ einlieferten. Vgl. 380320A, ferner 380501, 380503 u. 380509. Sophia führte eine Zeitlang auch ihr eigenes GB 1629/30 mit Eintragungen (Ex. im NSTA Wolfenbüttel, s. Conermann II, 48).
8
Beckmann III, 412 weist auf: „Philippus Melanchthon und andere der Zeiten Gelehrte zu Wittenberg haben gewollt/ daß das Wort auf Wendisch oder Slavonisch so viel als einen Kessel bedeute/ entweder weil die Grund-Anlage der Stat gleichsam wie ein Kessel beschaffen/ oder auch/ wie nur angeführter Autor der Gräntz-Beschreibung [des Fürstl. Ampts Köhten von A. 1602] vermeinet/ weil der Ohrt Landes mit den Dreien vornehmen Wässern und dem Moraste rings herumb/ wie in einem Kessel umbründet und umbgeben ist.“ Vgl. Merian: Topographia (Superioris Saxoniae Lusatiae 1650), 36 (von „Cathon oder Cathen“, „ein Sorbwendisch Wort [...] auff Teutsch so viel/ als ein Kessel“); Zedler XV, 1386. Dementsprechend machte Krause darauf aufmerksam, daß Fürst Ludwig Köthen von Cedan ableite (KL, 97). Im wendisch-deutschen Wörterbuch wird „Kessel“ allerdings mit „Kotl“ übersetzt, vgl. Johann Georg Zwahr: Niederlausitz-wendisch-deutsches Handwörterbuch. Neudruck mit einem Vorwort v. Helmut Faßke. Bautzen 1989, 167. Zur vermutlich slawischen Herkunft des Ortsnamens „Köthen“ ausführlich Inge Bily: Ortsnamenbuch des Mittelelbegebietes. Berlin 1996, S. 227f. (Deutsch-slawische Forschungen zur Namenkunde und Siedlungsgeschichte, 38). F. Ludwig hat 1638 Köthen mehrmals „Kesselstadt“ genannt. Vgl. 380302, 380302A u. 381007.
9
Im KalenderZerbst 1654, 172f. (HAB: Ti 254) findet man am 28. März den Eintrag „Malchus Königlich Diener“. F. Ludwig scheint den Märtyrer Malchus, dem der 28. März gewidmet ist, mit dem Knecht Malchus zu verwechseln, dem Simon Petrus bei Jesu Gefangennahme nach Joh 18,10 das rechte Ohr abschlug. Vgl. zu dem Märtyrer z. B. das Ausführliche Heiligen-Lexikon, [...] Nebst beygefügtem Heiligen-Calender. Cölln und Franckfurt 1719, Sp. 1821 (HAB: Tn 208): „S. PRISCUS, Malchus und Alexander, Märtyrer zu Cæsarea in Palæstina, wurden um das Jahr 259 den Thieren vorgeworffen, und von denenselben zerrissen, und haben sich selbsten, ohne daß man sie gesucht, unter einander aufgemuntert, also zu sterben, sind in die Stadt gegangen und haben sich angegeben, dann sie waren Land-Leute. 28. Mart.“
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